Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen und europäischen Privatrecht: Ein Vergleich anlässlich des Vorschlags für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht [1 ed.] 9783428543441, 9783428143443

Marcel Gade vergleicht die AGB-Vorschriften des BGB und des UN-Kaufrechts (CISG) mit denen der nichtstaatlichen Regelwer

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German Pages 386 Year 2014

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Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen und europäischen Privatrecht: Ein Vergleich anlässlich des Vorschlags für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht [1 ed.]
 9783428543441, 9783428143443

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Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Band 60

Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen und europäischen Privatrecht Ein Vergleich anlässlich des Vorschlags für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht

Von

Marcel Gade

Duncker & Humblot · Berlin

MARCEL GADE

Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen und europäischen Privatrecht

Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Begründet von Professor Dr. Wolfgang Blomeyer † und Professor Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Band 60

Allgemeine Geschäftsbedingungen im internationalen und europäischen Privatrecht Ein Vergleich anlässlich des Vorschlags für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht

Von

Marcel Gade

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Jahre 2013 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0947-2452 ISBN 978-3-428-14344-3 (Print) ISBN 978-3-428-54344-1 (E-Book) ISBN 978-3-428-84344-2 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2013 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Mainz als Dissertation angenommen. Das Manuskript hat den Stand Juli 2013. Rechtsprechung und Schrifttum konnten größtenteils noch bis Mitte Dezember 2013 nachgetragen werden. Großen Dank schulde ich meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Peter Huber, der bei mir während des Studiums das Interesse am Internationalen Privatrecht mit all seinen unionsrechtlichen Ausprägungen geweckt hat. Ebenso möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Urs Peter Gruber bedanken, an dessen Lehrstuhl ich seit August 2011 arbeiten darf und der mir neben der universitären Arbeit ausreichend Freiraum für die zügige Fertigstellung dieser Arbeit gelassen hat. Darüber hinaus gebührt ihm großer Dank für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Herzlich danken möchte ich aber vor allem meinen Eltern für ihre fortwährende Unterstützung während des Studiums, während der Promotion und nunmehr während des Referendariats sowie für das rasche und gründliche Korrekturlesen. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Mainz, im Dezember 2013

Marcel Gade

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Fortschreitende Rechtsvereinheitlichung in der EU: Kein Europäisches Zivilgesetzbuch, aber ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht – vorerst jedenfalls 24 III. Schlussfolgerungen für die Untersuchung und Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . 26 B. Der Siegeszug allgemeiner Geschäftsbedingungen im Wirtschaftsverkehr . . . . . . 27 I. Wirtschaftlicher Hintergrund von AGB und Notwendigkeit ihrer Kontrolle . . . 27 II. Rechtsgeschichtliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Entstehung und Entwicklung der behandelten internationalen Regelwerke . . . . 30 I. PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 II. PECL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 III. DCFR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 IV. GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 D. Anwendungsbereich der Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 I. CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 II. PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 III. PECL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 IV. DCFR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 V. GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Grenzübergreifende Verträge, Art. 4 GEK-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Zulässige Vertragstypen, Art. 5 GEK-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3. Vertragsparteien, Art. 7 GEK-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

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Inhaltsverzeichnis 4. Vereinbarung über die Verwendung des GEK, Art. 8 GEK-VO . . . . . . . . . . . 46 a) Verbraucherverträge (b2c) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 b) Unternehmerverträge (b2b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 c) Vereinbarung des GEK außerhalb seines Anwendungsbereichs . . . . . . . . . 48 5. Folgen der Verwendung des GEK, Art. 11 GEK-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 6. Verhältnis des GEK zu IPR und CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Verhältnis zur Rom I-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 b) Verhältnis zum CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 7. Der sog. „Blue-Button“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 VI. Zusammenfassung zu den Anwendungsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

E. Vertragsschluss nach den Regelwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 F. Die jeweiligen AGB-Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 I. AGB und nicht im Einzelnen ausgehandelte Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 II. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 III. CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 IV. PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 V. PECL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 VI. DCFR und Machbarkeitsstudie zum Europäischen Vertragsrecht für Verbraucher und Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 VII. GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 VIII. Zusammenfassung zu den AGB-Begriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 I. Maßgebliche Vorschriften für die Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. Hinweisobliegenheit und Möglichkeit der Kenntnisnahme . . . . . . . . . . . . . . . 75 a) BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 aa) AGB in Verbraucherverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (1) Hinweis, § 305 II Nr. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

Inhaltsverzeichnis (2) Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme, § 305 II Nr. 2 BGB

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(3) Einverständnis des Empfängers, § 305 II a.E. BGB . . . . . . . . . . . . 78 (4) Rahmenvereinbarung, § 305 III BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 bb) AGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 (1) Branchenüblichkeit und laufende Geschäftsbeziehung . . . . . . . . . 80 (2) Handelsbrauch (§ 346 HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (3) Möglichkeit zur Kenntnisnahme der AGB: Erkundigungsobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 cc) Besonderheiten bei Vertragsschluss und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (1) Vertragsschluss im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 (2) Herkömmlicher Vertragsschluss und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 b) CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 aa) Einbeziehung nach Art. 14 I, 8 II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (1) Hinweiserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (2) Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme von den AGB . . . . . 87 (a) Übersendungsobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (b) Kritik am Übersendungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (c) Folgen der Übersendungsobliegenheit für die Praxis . . . . . . . . 91 (d) Anderweitiges Zugänglichmachen – insbesondere im Internet

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(aa) Vertragsschluss über das Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (bb) Vertragsschluss außerhalb des Internets und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 bb) Wiederholter Vertragsschluss und Einbeziehung nach Art. 14 I, 8 III, 9 (Gebräuche und Gepflogenheiten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (1) Gebräuche und Gepflogenheiten i.S.d. Art. 9 I CISG . . . . . . . . . . 101 (2) Gebräuche i.S.d. Art. 9 II CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 c) PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 aa) Hinweisobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 bb) Möglichkeit der Kenntnisnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (1) Übersendungsobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (2) Kritik an der Übersendungsobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 cc) Vertragsschluss im Internet und herkömmlicher Vertragsschluss mit Abrufmöglichkeit der AGB im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

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Inhaltsverzeichnis dd) Verhältnis der PICC zu den Einbeziehungsvorschriften des eigentlich anwendbaren nationalen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 d) PECL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Hinweisobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Möglichkeit der Kenntnisnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (1) Übersendungsobliegenheit – ja oder nein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (2) „Andere Schritte“ für die Einbeziehung – Vertragsschluss im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 (a) Vertragsschluss über das Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (b) „Herkömmlicher“ Vertragsschluss und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 cc) Ausreichen eines bloßen Hinweises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 dd) Verhältnis der PECL zu den Einbeziehungsvorschriften des eigentlich anwendbaren nationalen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 e) DCFR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 aa) Hinweisobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 bb) Möglichkeit der Kenntnisnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 (1) Keine generelle Übersendungsobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (2) Anderweitiges Zugänglichmachen – Vertragsschluss im Internet . 116 (a) Vertragsschluss im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (b) „Herkömmlicher“ Vertragsschluss und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 cc) Ausreichen eines bloßen Hinweises und stillschweigende Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 dd) Keine Modifikation für b2c-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 ee) Verhältnis des DCFR zu den Einbeziehungsvorschriften des eigentlich anwendbaren nationalen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 ff) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 f) Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 aa) Hinweisobliegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Möglichkeit der Kenntnisnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (1) Übersendungsobliegenheit nur bei Verbraucherverträgen (b2c) . . 120 (2) Anderweitiges Zugänglichmachen – Vertragsschluss im Internet . 122 (a) Vertragsschluss im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Inhaltsverzeichnis

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(b) „Herkömmlicher“ Vertragsschluss und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 cc) Verhältnis der Einbeziehungsvorschriften des GEK zum unvereinheitlichten nationalen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 g) Zusammenfassung zu Hinweisobliegenheit und Möglichkeit der Kenntnisnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Schweigen des Empfängers und kaufmännisches Bestätigungsschreiben . . . . 128 a) BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 aa) Schweigen und das Einverständnis gemäß § 305 II a.E. BGB . . . . . . . 129 bb) Anerkannte Fälle der Erklärungswirkung des Schweigens . . . . . . . . . 129 cc) Das kaufmännische Bestätigungsschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (1) Erfasster Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (2) Hinweiserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (3) Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (a) Widerspruch oder ablehnende Haltung des Empfängers während der Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (b) Vom Vereinbarten wesentlich abweichende Klauseln . . . . . . . 133 (c) Beschränkung auf branchenübliche, nicht ungewöhnliche oder nur unerheblich vom dispositiven Recht abweichende Klauseln – Verhältnis zu § 305c I BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (d) „Praktische“ Gegenausnahme: Die Beweislast im Prozess . . . 136 (4) Verhältnis zu Individualabreden nach § 305b BGB . . . . . . . . . . . . 136 (5) Sich kreuzende Bestätigungsschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Schweigen hinsichtlich der Einbeziehung von AGB . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Erklärungswirkung trotz Schweigens im CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 cc) Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben im CISG

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(1) Einordnung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens in die Systematik des CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (a) Ablehnung des Instituts bei der Ausarbeitung der Konvention 140 (b) Keine Rechtswirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens infolge der Lückenfüllung nach Art. 7 II CISG . . . 141 (c) Keine Rechtswirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens nach Art. 19 II CISG analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

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Inhaltsverzeichnis (d) Rechtswirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens durch Derogation nach Art. 6 CISG oder aufgrund Vorbehalts nach Art. 92 CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (e) Rechtswirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens im Rahmen von Art. 9 CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (aa) Gebräuche und Gepflogenheiten nach Art. 9 I CISG . . . . 146 (bb) Gebräuche nach Art. 9 II CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (f) Voraussetzungen und Reichweite der Wirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens im CISG . . . . . . . . . . . . . 149 (2) Einbeziehung von AGB mit Hilfe des kaufmännischen Bestätigungsschreibens im CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 (3) Das kaufmännische Bestätigungsschreiben als Beweismittel für die Einbeziehung von AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 c) PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 aa) Schweigen auf den Einbeziehungshinweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Erklärungswirkung trotz Schweigens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 cc) Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben . . . . . . . . . 153 (1) Bestätigungsschreiben nach Art. 2.1.12 PICC . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (2) Gebräuche und Gepflogenheiten nach Art. 1.9 PICC . . . . . . . . . . . 154 dd) Einbeziehung von AGB mithilfe eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 d) PECL und DCFR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 e) Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 f) Zusammenfassung zu Schweigen und kaufmännischem Bestätigungsschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3. Die Sprache von Hinweis und AGB-Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 a) BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 aa) Systematische Einordnung der Sprachenfrage bei AGB . . . . . . . . . . . 160 (1) Allgemeine Einordnung bei Willenserklärungen . . . . . . . . . . . . . . 160 (a) Anknüpfung an ein „Sprachenstatut“

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

(b) Die Behandlung als Formfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (c) Die Sprache als Zugangsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 (2) AGB-spezifische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 bb) Die zulässige(n) Sprache(n) für die Einbeziehung im Einzelnen . . . . 164 (1) Ausgangspunkt: Verhandlungs- und Vertragssprache . . . . . . . . . . . 164

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(2) Verhandlungs- und Vertragssprache bei AGB, Sprachunkundigkeit 167 (a) Hinweis auf die AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (b) AGB-Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (3) Weitere Sprachen und „Weltsprachen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 cc) Folgen der Verwendung einer unverständlichen Sprache . . . . . . . . . . . 174 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 b) CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Die Sprachenfrage als Regelungsgegenstand des CISG . . . . . . . . . . . . 176 bb) Die zulässigen Sprachen für die AGB-Verwendung im CISG . . . . . . . 178 (1) Verhandlungs- und Vertragssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 (2) Weitere Sprachen, „Weltsprachen“ und Übersetzungsobliegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) PICC, PECL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 d) DCFR, Machbarkeitsstudie, GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 e) Zusammenfassung zur Sprache von Hinweis und AGB-Text . . . . . . . . . . . 187 4. Überraschende Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 a) BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 aa) Verhältnis von § 305c I BGB zur Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . 190 bb) Verhältnis von § 305c I BGB zur Einbeziehung von AGB durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 cc) Voraussetzungen des § 305c I BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (1) Ungewöhnlichkeit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (2) „Überrumpelungseffekt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 (3) Kritik und Alternativvorschlag der Literatur zum Prüfungsmaßstab 193 (4) Anwendbarkeit auf b2b-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 (5) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 dd) Verhältnis zur Auslegungsregel des § 305c II BGB . . . . . . . . . . . . . . . 195 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 aa) Überraschende Klauseln als Regelungsgegenstand des CISG . . . . . . . 197 (1) § 305c I BGB – negative Einbeziehungsvoraussetzung und keine Frage der Gültigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (2) Keine externe Lücke beim Schutz vor überraschenden Klauseln . 198

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Inhaltsverzeichnis bb) Der Schutz vor überraschenden Klauseln gemäß Art. 8 II, III i.V.m. Art. 7 I CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 c) PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 aa) Systematische Einordnung von Art. 2.1.20 PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 bb) Schutz vor überraschenden Klauseln im Rahmen der PICC . . . . . . . . 204 (1) Anwendbarkeit der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (2) Erfasste Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (3) Sprachliche Fassung und Erscheinungsbild der Klausel . . . . . . . . 206 (4) Entfallen der überraschenden Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 d) PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . 208 aa) Schutzmöglichkeiten innerhalb der Regelwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 (1) Keine ausreichende Berücksichtigung im Rahmen der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 (2) Erhöhte Anforderungen im Rahmen der „allgemeinen“ Einbeziehungskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 bb) Voraussetzungen für eine Überraschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 cc) Entfallen der überraschenden Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 dd) Unterschiede zwischen Unternehmern und Verbrauchern . . . . . . . . . . 213 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 e) Zusammenfassung zum Schutz vor überraschenden Klauseln . . . . . . . . . . 213 5. Kollidierende AGB-Klauseln („battle of the forms“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 a) BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 aa) Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 bb) Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (1) Lösungsweg der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 (2) Lösungsweg im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 (3) „Ergänzende Regelungen“, insbesondere Eigentumsvorbehalte . . 220 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 b) CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 aa) Vorliegen einer Kollisionslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 bb) Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 cc) Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (1) Theorie des letzten Wortes („last-shot-rule“) . . . . . . . . . . . . . . . . 227

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(2) Restgültigkeitslösung („knock-out-rule“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 (3) „Ergänzende Regelungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 c) PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 aa) Vorliegen einer Kollisionslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 bb) Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 cc) Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (1) Regelfall: Anwendung der knock-out-rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (2) Ausnahmsweise Anwendung der last-shot-rule . . . . . . . . . . . . . . . 235 (3) „Ergänzende Regelungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 d) PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . 236 aa) Vorliegen einer Kollisionslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 bb) Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 cc) Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (1) Regelfall: Anwendung der knock-out-rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (2) Ausnahmsweise Anwendung der last-shot-rule . . . . . . . . . . . . . . . 239 (3) „Ergänzende Regelungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 e) Zusammenfassung zu kollidierenden AGB-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 III. Einbeziehung von AGB im Rahmen der Annahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 IV. „Einbeziehung“ von AGB nach Vertragsschluss: Vertragsänderung . . . . . . . . . . 245 1. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 2. CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3. PICC, PECL, DCFR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 4. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 V. Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung von AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 1. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 2. CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 3. PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 4. PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

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Inhaltsverzeichnis 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 VI. Vorrang der Individualabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 1. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 2. CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 3. PICC, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . 263 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

H. Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 I. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 1. Anwendungsbereich der Inhaltskontrollnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2. Klauselverbote mit und ohne Wertungsmöglichkeit, §§ 308, 309 BGB . . . . . 270 3. Generalklausel des § 307 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 a) § 307 I BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 aa) Benachteiligung des Vertragspartners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 bb) Unangemessenheit der Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 cc) Das Transparenzgebot, § 307 I 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (1) Anforderungen des Transparenzgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (2) Intransparenz als unangemessene Benachteiligung . . . . . . . . . . . . 277 b) Sondertatbestände des § 307 II BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 aa) Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der abbedungenen gesetzlichen Regelung (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 (1) Begriff der gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 (2) Wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung . . . . . . . . 282 (3) Unvereinbarkeit der Abweichung mit den wesentlichen Grundgedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 bb) Gefährdung des Vertragszwecks durch Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 (1) Wesentliche Rechte und Pflichten aus der Natur des Vertrages . . . 286 (2) Einschränkung der wesentlichen Rechte und Pflichten . . . . . . . . . 287 (3) Gefährdung des Vertragszwecks als Folge der Einschränkung . . . 288 c) Handhabung von § 307 I 1 BGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr 289 aa) Unterschiedlicher Schutzbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 bb) Die Regelung des § 310 I 2 Hs. 1 BGB: Berücksichtigung der §§ 308, 309 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

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cc) Berücksichtigung von Gewohnheiten und Gebräuchen, § 310 I 2 Hs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 4. Sondervorschrift des § 475 BGB bei Verbrauchsgüterkaufverträgen . . . . . . . 297 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 II. CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 III. PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 1. Eigene Kontrollvorschriften der PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 2. Rückgriff auf nationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 3. Kontrolle der PICC als AGB des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 IV. PECL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 1. Kontrolle nach Art. 4:110 PECL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 2. Verhältnis zur Inhaltskontrolle nach dem an sich anwendbaren Recht . . . . . . 307 3. Kontrolle der PECL als AGB des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 V. DCFR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 1. Anwendungsbereich und zwingender Charakter der Vorschriften . . . . . . . . . 309 2. Transparenzgebot (Art. II.-9:407 I und II.-9:402 DCFR) . . . . . . . . . . . . . . . . 310 3. Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern (b2c) . . . . . . . . . . . . . . . 311 a) Art. II.-9:403 DCFR – Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 b) Art. II.-9:410 DCFR – Bedingungen, bei denen die Unangemessenheit vermutet wird („graue Liste“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 c) Art. II.-9:409 DCFR – Grundsätzliches Verbot eines ausschließlichen Gerichtsstands am Unternehmersitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 4. Verträge zwischen Unternehmern (b2b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 5. Verträge zwischen Nichtunternehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 6. Verhältnis der Inhaltskontrollvorschriften zum anwendbaren Recht . . . . . . . . 318 7. Kontrolle der DCFR-Vorschriften als AGB des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . 318 8. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 VI. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 1. Anwendungsbereich und zwingender Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

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Inhaltsverzeichnis 2. Verbraucherverträge (b2c) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 a) Transparenzgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 b) Generalklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 c) Per se unfaire Vertragsbestimmungen („schwarze Liste“) und Vermutungsregeln („graue Liste“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 3. Unternehmerverträge (b2b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 4. Keine Regelung für Nichtunternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 5. Keine Übernahme von Abschnitt 4 der Machbarkeitsstudie . . . . . . . . . . . . . . 329 6. Verhältnis der Inhaltskontrollvorschriften des GEK zum anwendbaren nationalen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 7. Kontrolle der GEK-Vorschriften als AGB des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 8. Fazit zur Inhaltskontrolle im GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 9. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 VII. Zusammenfassung zur Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 VIII. Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 1. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 2. CISG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 3. PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 a) Eigene Kontrollvorschriften der PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 aa) Art. 3.2.7 PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 (1) Anfechtung der Vertragsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 (2) Kritik am Erfordernis der Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 (3) Folgen der Anfechtung für die AGB und den Vertrag im Übrigen 346 (4) Füllung der durch die Anfechtung entstandenen Lücke . . . . . . . . . 346 (5) Anpassung der Bedingung: Zulässigkeit der geltungserhaltenden Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 bb) Art. 7.4.13 PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 cc) Art. 7.1.6 PICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 b) Rückgriff auf die Inhaltskontrollvorschriften des nationalen Rechts . . . . . 347 4. PECL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 5. DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351

I. Abschließende Bewertung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354

Inhaltsverzeichnis

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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381

Abkürzungsverzeichnis ACQP CISG

Acquis Principles United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods CISG-online http://www.cisg-online.ch (Entscheidungssammlung) DCFR Draft Common Frame of Reference ERPL European Review of Private Law FAS Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung GEK-VO Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (Art. 1 – 16) GEK-Vorschlag Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (Anhang I) Klauselrichtlinie Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen Machbarkeitsstudie Machbarkeitsstudie zum Europäischen Vertragsrecht für Verbraucher und Unternehmer PECL Principles of European Contract Law („Lando-Principles“) PICC UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts rechtspraak.nl http://www.rechtspraak.nl (Entscheidungssammlung) URL Uniform Resource Locator ZG Zivilgericht (Schweiz) Hinsichtlich der weiteren Abkürzungen wird verwiesen auf Kirchner, Hildebert: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 7. Aufl., Berlin 2013.

A. Einleitung I. Ausgangspunkt Allgemeine Geschäftsbedingungen – oder kurz AGB – lassen sich aus den heutigen Geschäftsbeziehungen nicht mehr wegdenken. Dies hat insbesondere ökonomische Gründe.1 Verwendet werden sie daher nicht nur in Verträgen zwischen Unternehmern, sondern auch als Verbraucher hat man es bei Rechtsgeschäften regelmäßig mit dem Klauselwerk eines Unternehmers zu tun. Dadurch kann dieser die Vertragsbeziehung in bestimmten Bereichen nach seiner Vorstellung und zu seinen Gunsten ausgestalten. Dementsprechend breit gefächert sind auch die in AGB typischerweise geregelten Bereiche. So enthalten sie beispielsweise die Modalitäten von Zahlung, Lieferung oder Erstattung, Gefahrübergang sowie Haftungsbeschränkungen oder -ausschlüsse. Die damit verbundenen Fragestellungen und Probleme beschränken sich nicht auf den inländischen Rechtsverkehr, sondern treten ebenso in grenzüberschreitenden Geschäfts-beziehungen auf. Bei internationalen Sachverhalten hängt ihre Lösung maßgeblich vom jeweils anwendbaren Recht ab. Häufig handelt es sich dabei um unvereinheitlichtes nationales Recht. Vertragsstatut kann aber auch materielles Einheitsrecht sein. In Betracht kommt insbesondere das Wiener UN-Kaufrecht (CISG),2 das mittlerweile von fast allen großen Wirtschaftsmächten ratifiziert wurde.3 In den letzten Jahrzehnten wurden aber auch mehrere Regelwerke ausgearbeitet, die zwar größtenteils nicht rechtsverbindlich sind, aber durchaus als Vertragsstatut dienen könnten: die UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (PICC), die Principles of European Contract Law (PECL) und der Draft Common Frame of Reference (DCFR). Alle diese Werke sind das Ergebnis einer langen und umfassenden rechtsvergleichenden Arbeit ihrer jeweiligen wissenschaftlichen Kommissionen. Die Bezeichnung als „Principles“ verdeutlicht, dass die Werke selbst nicht als eigene Rechtsordnung, sondern als Grundregeln verstanden werden sollen.4 1

Dazu näher unten B. I. „UN Convention on Contracts for the International Sale of Goods“ vom 11. 04. 1980, BGBl. 1989 II, 588. 3 Derzeit haben 78 Staaten das CISG ratifiziert (Stand: 06. 03. 2013). Unter http://www.cisg. law.pace.edu/cisg/countries/cntries.html sind alle Vertragsstaaten mit ihren jeweiligen Vorbehalten aufgeführt (Stand: 30. 07. 2013). Das Vereinigte Königreich fehlt bislang (instruktiv dazu: Hofmann, 22 Pace Int’l. L. Rev., 145 ff.). 4 Vgl. Zimmermann, JZ 1995, 477 (478); ders., ZEuP 1995, 731 (732). 2

24

A. Einleitung

Grundregeln sind jedoch ein wichtiger Ausgangspunkt für die Schaffung neuer, einheitlicher Rechtsvorschriften. Gerade wenn – wie im Falle der EU – eine Vielzahl von verschiedenen Rechtsordnungen zur Verfügung steht, fällt die Entscheidung für eine bestimmte Regelungstechnik und –weise nicht immer einfach und wird vor allem auch nicht kritiklos hingenommen. Die Idee einer grenzüberschreitenden Analyse der verschiedenen Rechtsordnungen ist daher hilfreich, um einen möglichst weitreichenden Konsens zu erzielen.5

II. Fortschreitende Rechtsvereinheitlichung in der EU: Kein Europäisches Zivilgesetzbuch, aber ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht – vorerst jedenfalls Die Rechtsvereinheitlichung innerhalb der EU hat bereits große Fortschritte im Bereich des Kollisionsrechts gemacht: Für vertragliche Schuldverhältnisse ist nun die Rom I-VO6 maßgeblich, für außervertragliche die Rom II-VO.7 Für das Unterhaltsrecht gilt seit 18. 06. 2011 die EuUnthVO,8 für die Ehescheidung seit 21. 06. 2012 die Rom III-VO.9 Auch für das Erbrecht gibt es mittlerweile eine eigene Verordnung (sog. EuErbVO)10 und für das Güterrecht ist eine weitere in Planung.11 In Anbetracht dieser Entwicklungen liegt der Gedanke nahe, neben dem Kollisionsrecht auch das materielle Recht zu vereinheitlichen. Am Ende könnte sich daraus ein Europäisches Zivilgesetzbuch entwickeln. Das Europäische Parlament hat bereits zweimal von der Kommission gefordert, die für ein solches Projekt notwendigen Vorbereitungen zu treffen.12 Von Seiten der Kommission selbst ist bisher jedoch wenig geschehen. Nicht verschweigen darf man in diesem Zusammenhang aber, dass die Kommission durchaus Sympathien für eine materielle Rechtsvereinheitlichung hat erkennen lassen.13 Den Forschungsprojekten, aus denen die PECL und der DCFR hervorgegangen sind, stand sie sehr wohlwollend gegenüber – was

5

Vgl. Zimmermann, ZEuP 1995, 731 (732). VO (EG) Nr. 593/2008, ABl. EG 2008 Nr. L 177/6. 7 VO (EG) Nr. 864/2007, ABl. EG 2007 Nr. L 199/40. 8 VO (EG) Nr. 4/2009, ABl. EG 2009 Nr. L 7/1. 9 VO (EU) Nr. 1259/2010. Die VO gilt jedoch nicht in allen Mitgliedstaaten. 10 VO (EU) Nr. 650/2012. Die VO gilt ab dem 17. 08. 2015. 11 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts vom 16. 03. 2011, KOM(2011) 126 endgültig. 12 ABl. EG 1989 Nr. C 158/400 und 1994 Nr. C 205/518. 13 Vgl. aber auch Beale, Juridica International XIV (2008), 10 (11): „European Commission has vigorously denied that its aim is a unification of contract law across Europe“. 6

II. Fortschreitende Rechtsvereinheitlichung in der EU

25

man nicht zuletzt an der großzügigen finanziellen Förderung dieser Projekte erkennen konnte.14 Das europäische Schrifttum hält sich gegenüber der Idee eines Europäischen Zivilgesetzbuches entweder sehr bedeckt oder lehnt sie aus verschiedenen Gründen von vornherein ab.15 Mitunter gibt es aber auch Befürworter, die vor allem die Vorteile einer systematisch in sich abgeschlossenen Kodifikation hervorheben.16 Jedenfalls gegenwärtig ist aber nicht mit einer umfassenden Europäischen Kodifikation des Privatrechts zu rechnen, da schon die Kompetenz der EU hierfür fraglich erscheint.17 Erfolgsversprechender und leichter zu realisieren ist daher der u. a. von EU-Justizkommissarin Viviane Reding befürwortete Vorstoß, ein optionales europäisches Vertragsrecht für Verbraucher und Unternehmer zu schaffen.18 Dieses ist als sog. „28. Rechtsordnung“19 gedacht, die neben die bisherigen 27 mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen treten soll und von den Parteien für ihr Vertragsverhältnis gewählt werden kann.20 Unabhängig vom Inhalt wird vor allem die Kompetenzgrundlage des Art. 114 AEUV, auf die sich die EU-Kommission beruft, stark kritisiert.21 Der Bundestag hat sich deswegen am 01. 12. 2012 sogar dazu entschlossen, eine Subsidiaritätsrüge zu erheben.22 Zum Streit um die Kompetenz der EU kommen noch vielfältige Kritikpunkte inhaltlicher Art hinzu.23 Ob und in wel-

14

Näher dazu unten C. II. und III. s. etwa Jansen/Zimmermann, NJW 2009, 3401 (3401 f.); Eidenmüller/Faust/Grigoleit/ Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529 (530); Beale, Juridica International XIV (2008), 10 (17); Wagner, ZEuP 2007, 180 (182 ff.); vgl. auch Heiner-Lehne, S. 190; Eidenmüller/Jansen/ Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (269). 16 So etwa Hondius, S. 3 ff.; von Bar, FS Henrich, S. 1 ff.; Hesselink, ERPL 2004, 397 (402; 417 ff.); von Bar/Lando/Swann, ERPL 2002, 183 (231 ff.); Müller-Graff, NJW 1993, 13 (23); vgl. auch Buschmann, S. 198 f.; von Bar, Funktionen des Gemeinsamen Referenzrahmens, S. 28 f.; Hesselink, 83 Tulane L. Rev. (2009), 919 (923 f.). 17 Vgl. Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529 (530); vgl. auch Beale, Juridica International XIV (2008), 10 (11). Noch deutlicher Heiner-Lehne, S. 190. 18 Reding, S. 1 ff.; dies., ZEuP 2011, 1 ff.; dies., Gastkommentar im Handelsblatt vom 5./ 6. 11. 2010 (Nr. 215), S. 72. 19 Zur unterschiedlichen Bezeichnung als 28. oder – auch nach hier vertretener Auffassung befürwortet – 2. Rechtsordnung s. unten D. V. 6. a). 20 Reding, ZEuP 2011, 1 (3). 21 Die Frage nach der Kompetenzgrundlage soll in dieser Arbeit dahingestellt bleiben. s. hierzu ausführlich Daiber, S. 205 ff.; Grigoleit, S. 75 ff.; Schmidt-Kessel, Einleitung, S. 9 ff.; Müller-Graff, S. 57 ff.; Perner, S. 33 ff.; Ludwigs, EuZW 2012, 608 (608 ff.) mit Ausführungen zum Verfahren der Subsidiaritätsrüge; vgl. auch schon Max Planck Institut, RabelsZ 75 (2011), 371 (386 ff.); zur Auffassung der EU-Kommission Reding, S. 3 ff.; Staudenmayer, Bedarf, Mehrwert und Reichweite, S. 37; ders., NJW 2011, 3491 (3495 f.). 22 Zu den Gründen s. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 30. 11. 2011, BT-Drucks. 17/8000. 23 s. stellvertretend Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 ff. 15

26

A. Einleitung

cher Ausgestaltung das optionale Vertragsrecht endgültig erscheinen wird, ist daher momentan offen.

III. Schlussfolgerungen für die Untersuchung und Ziel der Arbeit Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, die wirtschaftlich und rechtlich äußerst relevante AGB-Problematik24 in Bezug zu dieser Rechtsentwicklung in Europa zu setzen. Anlässlich der Veröffentlichung des GEK-Vorschlags sollen die darin enthaltenen AGB-Vorschriften und die der anderen oben genannten Regelwerke dargestellt und analysiert werden. Dadurch lässt sich feststellen, ob die Regelungen des Vorschlags für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht in diesem Bereich tatsächlich das hohe Verbraucherschutzniveau erreichen, das dem Vorschlag allgemein zugeschrieben wird,25 oder ob nicht eine abweichende Regelung besser geeignet wäre. Ziel der Arbeit ist es dagegen nicht, das Für und Wider nichtstaatlicher oder supranationaler Kodifikationen zu erörtern. Ob das Funktionieren des europäischen Binnenmarktes also nur durch ein optionales Vertragsrecht gewährleistet werden kann, soll deswegen in dieser Arbeit ausgeklammert bleiben. Zum besseren Hintergrundverständnis der AGB-Thematik werden zunächst kurz die Entwicklung der AGB als solcher (unten B.) und der Entstehungsprozess der behandelten Regelwerke erörtert (unten C.). Danach wird auf die verschiedenen Anwendungsbereiche der jeweiligen Werke eingegangen (unten D.) und kurz umrissen, wie sich das Zustandekommen eines Vertrages jeweils vollzieht (unten E.). Als notwendige „Vorfrage“ für die Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle muss auch geklärt werden, was jeweils begrifflich überhaupt als AGB gilt (unten F.). Daran schließen sich die Hauptpunkte dieser Arbeit, die Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle, an (unten G. bzw. H.), bevor die gefundenen Ergebnisse abschließend ausgewertet werden (unten I.).

24

Diese Relevanz wird durch die Anzahl der dazu ergangenen Urteile bestätigt. Eine Suchabfrage bei juris allein nach Urteilen aus den Jahren 2011 und 2012, die sich mit § 305 BGB beschäftigen, führt zu 733 Treffern. Bei einer Suche nach § 307 BGB sind es sogar 2403 (Stand: 30. 07. 2013). 25 s. Erwägungsgrund (10) der GEK-VO sowie besonders deutlich Schulte-Nölke, Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, S. 28 ff.

B. Der Siegeszug allgemeiner Geschäftsbedingungen im Wirtschaftsverkehr I. Wirtschaftlicher Hintergrund von AGB und Notwendigkeit ihrer Kontrolle Die Verwendung von AGB vereinfacht den Vertragsschluss: Der Vertragsinhalt muss nicht jeweils einzeln vollständig ausgehandelt werden, sondern es genügt die Einigung über die Hauptbestandteile des Vertrages (also etwa Kaufgegenstand und Kaufpreis). Dieses Vorgehen ist ökonomisch sinnvoll, denn es verringert den notwendigen Umfang der Vertragsverhandlungen und damit auch deren Dauer. Diese Beschleunigung macht Massengeschäfte überhaupt erst möglich und wirtschaftlich erschwinglich. Durch die AGB können zusätzlich Bestimmungen in die Verträge aufgenommen werden, auf die man nicht verzichten möchte. Sämtliche Verträge können so einheitlich gestaltet und vorhersehbare Probleme bei ihrer Abwicklung von vornherein vermieden werden. Dazu konkretisieren AGB regelmäßig die gesetzlichen Bestimmungen oder enthalten weitergehend sogar Regelungen für Lebenssachverhalte, die das Gesetz entweder nicht oder nicht genau genug erfasst. Daneben gibt es auch Konstellationen, die vom gesetzlichen Regelfall so stark abweichen, dass sich nur mit einer eigenständigen Regelung sinn- und wirkungsvolle Ergebnisse erzielen lassen. Daher hebt Großmann-Doerth zu Recht hervor, dass solche Regelwerke „naturgemäß oft dem staatlichen Recht überlegen [sind], schon wegen der stärkeren Verbundenheit der für die Rechtssetzung maßgeblichen Menschen mit dem Leben.“1 Freilich eng damit verbunden ist das Bestreben des AGB-Verwenders, die Bedingungen möglichst zu seinen Gunsten auszugestalten.2 Allen AGB-Definitionen in den Regelwerken ist gemein, dass die Klauseln einseitig vorgegeben werden und dementsprechend die andere Partei ihren Inhalt nicht beeinflussen kann.3 Dadurch besteht aber die Gefahr, dass diese überlegene Stellung zum Nachteil des Klauselgegners ausgenutzt wird. Hat der Verwender zusätzlich noch eine Monopolstellung – wie es beispielsweise bei den Eisenbahngesellschaften im 19. Jahrhundert für den

1 2 3

Großmann-Doerth, S. 19. Vgl. Möll, S. 65. Zu den verschiedenen AGB-Definitionen s. unten F.

28

B. Siegeszug allgemeiner Geschäftsbedingungen im Wirtschaftsverkehr

Gütertransport auf der Schiene der Fall war –, lassen sich mitunter sogar Bestimmungen durchsetzen, die einem vollständigen Haftungsausschluss gleichkommen.4 Gerade im unternehmerischen Verkehr ist es oft wenig sinnvoll, weitere Verhandlungen über den Vertragsinhalt zu führen. Je mehr Zeit die Vertragsverhandlungen einnehmen und je länger der Vertragsschluss dadurch hinausgezögert wird, desto höher werden die Transaktionskosten der Parteien, sei es infolge von Rechercheaufgaben, Preisanstiegen bei der Ware oder den Transportkosten oder durch sonstige Mehrkosten aufgrund der Zeitverzögerung. Die an sich bestehende Vertragsfreiheit der Parteien kann daher nicht in vollem Umfang wahrgenommen werden. Dementsprechend kommt es im Bereich der AGB zu einem „partiellen Marktversagen“.5 Deswegen sieht das Gesetz Kontrollmöglichkeiten vor, die entweder bei der Einbeziehung von Klauseln in den Vertrag oder bei einer Kontrolle des Inhalts der Bedingungen zum Tragen kommen. Die Möglichkeit des einseitigen Missbrauchs der Gestaltungsmacht ist aber kein Problem des innerdeutschen oder -europäischen Rechtsverkehrs, sondern eine allgemeine Konsequenz der weltweiten Verwendung von AGB.

II. Rechtsgeschichtliche Entwicklung6 Bei der rechtsgeschichtlichen Entwicklung der AGB fällt auf, dass diese parallel zum Aufkommen von Massengeschäften stattgefunden hat: Vorformulierte Klauseln entstanden dort, wo sich ein Bedarf nach einer Vielzahl von Verträgen ergab. Den größten Schub erlebte die AGB-Verwendung daher ab dem 19. Jahrhundert im Zuge der industriellen Revolution. Benutzt werden AGB aber schon weit länger.7 Ihre Anfänge lassen sich bis ins Römische Recht zurückverfolgen.8 Bereits damals verwendeten Vermieter in ihren Verträgen einseitig begünstigende Klauseln.9 Des Weiteren finden sich auch einige Quellen aus dem 14. und 15. Jahrhundert:10 Die Entwicklung der oberitalienischen Stadtstaaten während der Renaissance führte zu einem regen Handel untereinander sowie auch zu Handelsbeziehungen mit den Nachbarländern. Allerdings ließen sich in dieser Zeit durch den Transport von Waren über Land mangels eines ausreichenden Wegenetzes und entsprechend großer Transportmittel nicht dieselben Gewinnmargen erzielen wie beim Seehandel. Dieser 4

B. II. 5

Vgl. dazu Pohlhausen, S. 2 ff. Zur geschichtlichen Entwicklung von AGB sogleich unten

Basedow, in: MüKo-BGB, vor § 305 Rn. 5. Ausführlich zum 19., 20. und 21. Jahrhundert: Hellwege, S. 1 ff. 7 Anders Roloff, in: Erman, Vor § 305 Rn. 1, die die Ursprünge erst im modernen Massenverkehr sieht. 8 Hellwege, S. 2. 9 Frier, S. 63. 10 Cordes, in: FAS v. 19. 06. 2011, S. 44; Raiser, S. 26. 6

II. Rechtsgeschichtliche Entwicklung

29

erlangte deswegen die größte Bedeutung, barg aber gleichzeitig auch erheblich mehr Risiken als heutzutage.11 Dementsprechend wurde nicht nur massenhaft Ladung verschifft, sondern die Kaufleute sicherten sich daneben auch mit einer Versicherung gegen den Verlust der Ladung ab. Damit die Versicherer ihr Risiko und ihren Gewinn genau berechnen konnten, mussten diese Seeversicherungsverträge standardisiert werden. So entstanden Musterverträge, die im Zweifelsfall sogar von Gerichten an einem anderen Handelsplatz herangezogen wurden.12 Mit den Warenströmen verbreitete sich die Seeversicherung und wurde im 16. Jahrhundert auch in deutschen Hafenstädten abgeschlossen.13 Das massenhafte Aufkommen von AGB in weiteren Bereichen erfolgte aber erst mit der starken wirtschaftlichen Entwicklung und Zunahme des Geschäftsverkehrs während der Industrialisierung. Durch die technischen Fortschritte profitierte insbesondere der Transportsektor. Waren anfangs noch Muskelund Pferdekraft für den Warentransport unersetzlich, konnte deren Notwendigkeit mit Erfindung der Dampfmaschine deutlich reduziert werden. Besonders bedeutsam wurde dabei die Einrichtung von Bahnverbindungen zwischen wichtigen Handelsknoten. Durch diese Trassen verlagerte sich der Warenverkehr schnell auf die Schiene und die Eisenbahn stieg zum wichtigsten Transportmittel auf, so dass es auch hier zu einer großen Zahl von Beförderungs- sowie Versicherungsverträgen kam. Der erhöhte Warentransport führte im Transportgewerbe schließlich unter anderem zur Entwicklung der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp). Während früher jedoch vornehmlich nur der eigentliche Transport von Waren ein Massengeschäft war, sind inzwischen viele andere Bereiche hinzugekommen, allen voran der Warenabsatz an Endverbraucher. Daneben hat sich über die Jahrzehnte auch der Inhalt der AGB-Vorschriften stetig geändert. Eine gewichtige Rolle spielten dabei Änderungen der Rechtslage14 oder Gerichtsurteile, auf die die Klauselverwender reagierten.

11 Wobei aber auch heutzutage noch bzw. wieder ernstzunehmende Risiken im Seehandel bestehen. Neben den Wetterbedingungen und menschlichem Fehlverhalten zählt dazu insbesondere auch die Piraterie. 12 Goldschmidt, S. 375. 13 Cordes, in: FAS v. 19. 06. 2011, S. 44. 14 Insbesondere durch das europäische Richtlinienrecht mit der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (kurz: Klauselrichtlinie).

C. Entstehung und Entwicklung der behandelten internationalen Regelwerke Zum besseren Verständnis des Regelungsgehaltes der einzelnen Regelwerke soll deren Sinn und Zweck sowie ihre Entstehungsgeschichte erläutert werden. Die Entstehungsgeschichte des CISG ist bereits mehrfach ausführlich im Schrifttum nachgezeichnet worden, so dass hier darauf verzichtet wird.1

I. PICC Die PICC wurden in den Jahren von 1980 bis 2004 von einer internationalen Arbeitsgruppe ausgearbeitet. Seinen Anfang nahm das Projekt mit einem Beschluss des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts (UNIDROIT) aus dem Jahr 1971. Zunächst noch gedacht als Kodifizierung eines Welthandelsrechts, wurde es dann umbenannt in „Ausarbeitung von Regeln für internationale Handelsverträge“.2 Auf den Beschluss folgten erste Vorarbeiten durch drei Professoren aus allen damals bedeutenden Rechtssystemen: René David aus Paris für das civil law, Clive M. Schmitthof aus London für das common law und Tudor Popescu aus Bukarest für das sozialistische System der damaligen UdSSR.3 Die eigentliche Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Michael Joachim Bonell wurde wegen vorrangiger Arbeiten erst ab 1980 tätig. Sie bestand aus Rechtswissenschaftlern mit Schwerpunkten im Handels- und Vertragsrecht und einem einzigen Praktiker,4 wobei alle Mitglieder nicht im Auftrag ihrer jeweiligen Regierungen, sondern selbstständig tätig waren.5 In der Arbeitsgruppe erarbeiteten zunächst einzelne Berichterstatter für ihren jeweiligen Bereich eigenständig einen Entwurf samt Erläuterungen, der dann von der gesamten Gruppe diskutiert und entsprechend den beschlossenen Änderungen überarbeitet wurde.6 Inhaltlich sollten diejenigen Regelungen gefunden werden, die 1 Ausführlich zu ihr etwa Schlechtriem, Einheitliches Kaufrecht und nationales Obligationenrecht, S. 27 ff. 2 Bonell, RabelsZ 56 (1992), 274 (277). 3 UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, S. XXII. 4 Die vollständige Besetzung ist abgedruckt in UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, S. XXVI f. 5 UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, S. XXI; Vogenauer, ZEuP 2013, 7 (9); Bonell, RabelsZ 56 (1992), 274 (278). 6 Bonell, RabelsZ 56 (1992), 274 (278).

I. PICC

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als am besten geeignet für den internationalen Handelsverkehr erschienen – auch wenn es sich dabei im Vergleich der nationalen Rechtsordnungen nicht um die allgemeine Auffassung handelte.7 Um die Principles auch für juristische Laien zugänglich zu machen, war man bei der Abfassung auf eine klare, leicht verständliche Sprache bedacht.8 Zudem sollten im Sinne einer „lingua franca“ international einheitliche Begriffe verwendet werden, die nicht mit speziellen nationalen Rechtsinstituten verwechselt werden konnten.9 Bei der Arbeit wurde auf eine Vielzahl von Quellen zurückgegriffen:10 Besonders relevant waren nationale Rechtsordnungen – insbesondere erst kürzlich kodifizierte wie das Buergerlijk Wetboek der Niederlande oder der Code Civil von Québec –, aber auch internationales Einheitsrecht wie das CISG. Die Tätigkeiten der Arbeitsgruppe sind mit der Vorgehensweise bei den US-amerikanischen „Restatements of the Law“ durch das American Law Institute (ALI) vergleichbar.11 Das ALI wurde 1923 gemeinsam von Professoren, Anwälten und Richtern mit dem Ziel gegründet, die vielfältigen Rechtsregeln in den Vereinigten Staaten systematisch und übersichtlich zusammenzustellen.12 Das bedeutet, die „Restatements“ geben ein Abbild der gegenwärtigen Rechtslage.13 Allerdings vereinfacht diese Sichtweise das tatsächliche Ergebnis der „Restatements“ zu stark. Auch die einzelnen Staaten der USA weichen in ihrer Gesetzgebung und Rechtsprechung mitunter stark voneinander ab, so dass sich nicht immer ein gemeinsames Prinzip ausmachen lässt. Die „Restatements“ beschränken sich daher nicht auf eine bloße Wiedergabe, sondern sind das Ergebnis einer rechtspolitischen Auswahl durch ihre Autoren.14 Ebenso verhält es sich mit den PICC:15 Auch deren Bearbeiter trafen an verschiedenen Stellen eine Auswahl oder entwickelten im Sinne der bestgeeigneten Lösung ganz neue Regeln.16 Mit den PICC werden vielfältige Ziele verfolgt:17 Gedacht sind sie als Auslegungshilfe für internationale Rechtsverhältnisse und als Orientierungspunkte bei der Abfassung von Verträgen. Daneben sollen sie nationalen 7 UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, S. XXIII; Bonell, International Restatement, S. 24. 8 Bonell, International Restatement, S. 23. 9 Bonell, International Restatement, S. 23. 10 Zum Folgenden Bonell, RabelsZ 56 (1992), 274 (280 ff.); Vogenauer, in: Vogenauer/ Kleinheisterkamp, Introduction, Rn. 21 f. 11 Vogenauer, ZEuP 2013, 7 (9); Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580 (585); Boele-Woelki, IPRax 1997, 161 (162). 12 Zweigert/Kötz, S. 246. 13 Zimmermann, JZ 1995, 477 (478 f.); Herman, S. 71 f. 14 Lando, Regeln, S. 573. 15 Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580 (587). 16 Bonell, Unif. L. Rev. 1996, 26 (30); Drobnig, FS Steindorff, S. 1151. 17 Zum Folgenden UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, S. XXIII; Bonell, RabelsZ 56 (1992), 274 (283 ff.).

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C. Entstehung und Entwicklung der behandelten internationalen Regelwerke

Gesetzgebern als Vorbild bei der Abfassung von Verträgen dienen und schließlich auch als wählbares Vertragsstatut zur Verfügung stehen. 1994 wurde der erste Teil der PICC fertiggestellt. Zeitgleich begann eine weitere Arbeitsgruppe mit den Arbeiten an Teil 2, deren Ergebnisse 2004 veröffentlicht wurden. Im selben Jahr erschien auch eine überarbeitete Gesamtausgabe.18 Mittlerweile hat die Arbeitsgruppe neue Kapitel u. a. zu Erstattung bei gescheiterten Verträgen, Rechtswidrigkeit, Mehrheit von Gläubigern und Schuldnern sowie Bedingungen erarbeitet, die am 10. Mai 2011 vom Direktionsrat gebilligt wurden.19 Kurz darauf erschien auch die neue Ausgabe der UNIDROIT-Principles 2010.20

II. PECL Parallel zu den PICC wurden in den Jahren 1980 bis 2003 die PECL ausgearbeitet. Auch sie stammen nicht von einer staatlichen Institution, sondern entstanden in privater rechtswissenschaftlicher Arbeit. Verantwortlich war die Kommission für Europäisches Vertragsrecht unter Vorsitz des dänischen Rechtswissenschaftlers Ole Lando. Häufig spricht man deswegen auch von der „Lando-Kommission“ und den „Lando-Principles“. Zusammengesetzt war die Kommission aus Wissenschaftlern und Praktikern aller (damaligen) EU-Mitgliedstaaten, von denen einige gleichzeitig auch der UNIDROIT-Arbeitsgruppe angehörten.21 Ihren Anfang nahmen die Arbeiten 1976 mit dem Vorschlag Landos auf einer Tagung in Florenz, man solle doch eine Art „europäischen Uniform Commercial Code“, ein einheitliches HGB für Europa entwerfen22 und zwar auch hier in der gleichen Arbeitsweise, wie schon bei den US-amerikanischen „Restatements of the Law“.23 Wie die PICC gehen auch die PECL über eine bloße Wiedergabe der bestehenden Gesetzeslage hinaus: Übernommen wurden diejenigen Regeln, die für die euro-

18

UNIDROIT, UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts, 2004. Siehe dazu http://www.unidroit.org/english/workprogramme/study050/main.htm (Stand: 30. 07. 2013). 20 UNIDROIT, UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts, 2010. Der Text der Principles (black letter rules) sowie die offizielle Kommentierung (integral version) sind in mehreren Sprachen abrufbar unter: http://www.unidroit.org/english/principles/contracts/ main.htm (Stand: 30. 07. 2013). Eingehend zu den Neuregelungen Vogenauer, ZEuP 2013, 7 (18 ff.). 21 Zu nennen sind hier vor allem Ole Lando selbst, Ulrich Drobnig (Deutschland) sowie Michael Joachim Bonell (Italien), s. Zimmermann, JZ 1995, 477 (480). 22 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, S. XV; Bonell, International Restatement, S. 335 f.; Zimmermann, JZ 1995, 477 (478). 23 Zimmermann, JBl 2012, 2 (5); ders., ZEuP 1995, 731 (731); Lando, Regeln, S. 572. 19

III. DCFR

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päischen Verhältnisse als am besten geeignet angesehen wurden.24 Es handelt sich daher wiederum um eine gestalterische Zusammenstellung de lege ferenda25 – im Unterschied zu den PICC aber einerseits mit einer rein EU-bezogenen Perspektive26 und andererseits einem größeren Anwendungsbereich. Die PICC erfassen sachlich nur Handelsverträge, die PECL dagegen das gesamte (europäische) Vertragsrecht.27 Primäres Ziel der Arbeiten war die Grundsteinlegung für ein Europäisches Vertragsgesetzbuch.28 Daneben sollten die Principles auch als Auslegungshilfe für vereinheitlichtes Recht, als Richtlinien für den nationalen Gesetzgeber und als Beitrag zur lex mercatoria im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit dienen.29 Der Vorschlag traf auch in Brüssel auf offene Ohren, so dass die Arbeiten 1982 mit finanzieller Unterstützung der EU-Kommission beginnen konnten. Diese Förderung wurde aber 1995 wieder eingestellt.30 Finanzielle Unterstützung erhielt die Arbeitsgruppe anschließend durch das Europäische Parlament.31 Die Principles untergliedern sich in drei Teile, die in den Jahren 1995, 1999 und schließlich 2003 fertiggestellt wurden.32 Die Teile I und II wurden 2000 in einer Gesamtausgabe zusammengefasst und systematisch neu gegliedert.33

III. DCFR Der DCFR entstand in den Jahren 2004 bis 2009 unter Beteiligung von insgesamt acht Forschergruppen.34 Nach außen vornehmlich in Erscheinung getreten sind dabei die „Study Group on a European Civil Code“ (Study Group) unter der Leitung von Christian von Bar (Osnabrück), die „Research Group on the Existing EC Private Law“ (Acquis Group) unter Leitung von Hans Schulte-Nölke (Osnabrück, vormals 24

Lando, RabelsZ 56 (1992), 261 (267); ders., Regeln, S. 570. Nach Ansicht einiger Autoren handelt es sich deswegen eher um sog. „prestatements“, vgl. Krüger, S. 23; Berger, Transnational Law, S. 13; vgl. auch zu den PICC Vogenauer, ZEuP 2013, 7 (11). 26 Zimmermann, JZ 1995, 477 (480). 27 Michaels, RabelsZ 62 (1998), 580 (582). 28 Lando, RabelsZ 56 (1992), 261 (265); Bonell, International Restatement, S. 357 f. 29 Lando, RabelsZ 56 (1992), 261 (265); Zimmermann, JZ 1995, 477 (478). 30 Dazu und zu den möglichen Hintergründen vgl. Tilmann, ZEuP 1995, 534 (541 f.). 31 Tilmann, ZEuP 1995, 534 (542 f.). 32 Lando/Beale, Principles of European Contract Law, Part I, 1995; Lando/Clive/Prüm/ Zimmermann, Principles of European Contract Law, Part III, 2003 (Anmerkung: Teil II wurde nicht separat publiziert). 33 Lando/Beale, The principles of European Contract Law, Parts I and II. Die deutsche Übersetzung erschien 2002 (von Bar/Zimmermann, Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts, Teile I und II). Eine Gesamtausgabe aller drei Teile ist abrufbar unter: http://frontpage. cbs.dk/law/commission_on_european_contract_law/ (Stand: 30. 07. 2013). 34 Vollständige Auflistung bei Leible, BB 2008, 1469 (1471). 25

34

C. Entstehung und Entwicklung der behandelten internationalen Regelwerke

Bielefeld) und die „Project Group on the Restatement of European Insurance Contract Law“ (Versicherungsrechtsgruppe) unter Leitung von Helmut Heiss (Zürich). Von ihnen stammen die Entwürfe und auch die „Vollversion“ des DCFR, weswegen man sie auch als „Principle Drafting Groups“ bezeichnet.35 Die Study Group wurde bereits 1998 gegründet und begann 1999 mit ihren rechtsvergleichenden Arbeiten.36 Als Nachfolgerin der Kommission für europäisches Vertragsrecht (Lando-Kommission) setzte sie deren Arbeiten fort.37 Auch die meisten anderen Gruppen bestanden schon vor Beginn der Arbeiten am DCFR.38 Die Study Group unterteilt sich in ein „Steering Committee“, eine Koordinierungsgruppe und mehrere „Working Groups“ für die einzelnen Rechtsgebiete.39 Bei der Arbeit am DCFR befasste sie sich mit dem besonderen Vertragsrecht und Teilen des sonstigen Vermögensrechts40 und damit Feldern, die von den PECL noch nicht abgedeckt waren.41 Als Quellen dienten dabei die Rechtsordnungen der verschiedenen Mitgliedstaaten, das Gemeinschaftsrecht und internationales Einheitsrecht wie das CISG.42 Die Acquis Group war vornehmlich für das allgemeine Vertragsrecht und allgemeine Fragen von Wettbewerb und Lauterkeit zuständig. Dabei zog sie vor allem den acquis communautaire und darauf beruhende Urteile des EuGH und der mitgliedstaatlichen Gerichte heran, aber auch die jeweiligen nationalen Gesetze zur Umsetzung von Richtlinien.43 An einigen Stellen dieser Arbeit wird auch auf die von der Acquis Group zusammengestellten Principles of the Existing EC Contract Law – die sog. Acquis Principles (ACQP) – eingegangen. Die Versicherungsrechtsgruppe arbeitete an einer Zusammenstellung des Versicherungsrechts und dafür relevanten Teilen des allgemeinen Vertragsrechts.44 Als Quellen dienten wiederum das Gemeinschaftsrecht und die Rechtsordnungen der

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Schulte-Nölke, Ziele und Arbeitsweisen, S. 10. von Bar, FS Henrich, S. 2. Siehe auch die Homepage der Study Group unter http://www. sgecc.net/ (Stand: 30. 07. 2013). 37 Lando, RIW 2005, 1 (1 f.); Schmidt-Kessel, in: Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, S. 1454; vgl. auch Clive, Juridica International XIV (2008), 18 (18). 38 Das gilt insbesondere für Acquis Group und Versicherungsrechtsgruppe, vgl. von Bar/ Schulte-Nölke, ZRP 2005, 165 (168). Ebenso bestanden schon die Association Henri Capitant, die Common Core Group und die Academy of European Law. 39 Vollständige Auflistung bei Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529 (532). 40 Schulte-Nölke, Ziele und Arbeitsweisen, S. 11. 41 Schulte-Nölke, Ziele und Arbeitsweisen, S. 12. 42 Schulte-Nölke, Ziele und Arbeitsweisen, S. 11. 43 Schulte-Nölke, Ziele und Arbeitsweisen, S. 11. 44 Schulte-Nölke, Ziele und Arbeitsweisen, S. 11. 36

III. DCFR

35

Mitgliedstaaten sowie Klauseln aus der Vertragspraxis wie etwa die Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen.45 2005 wurden diese drei Gruppen zusammen mit vier weiteren im Rahmen des 6. Forschungsrahmenprogramms46 in einem „Exzellenznetzwerk“ (Joint Network on European Private Law) zusammengefasst.47 Da das Netzwerk seine Ergebnisse in Form von „Common Principles of European Contract Law“ vorstellen sollte, wird es auch mit „CoPECL“ abgekürzt.48 Durch das Forschungsrahmenprogramm erhielten die Gruppen eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 4,3 Mio. E. Die Gesamtkosten des DCFR beliefen sich auf 10,7 Mio. E.49 Im Jahr 2008 erschien zunächst eine Interim Outline Edition des DCFR. Im Februar 2009 dann eine überarbeitete und erweiterte Outline Edition sowie im darauffolgenden Oktober eine sechsbändige Full Edition, die neben den Artikeln und Definitionen auch Kommentierungen (Comments) und rechtsvergleichende Anmerkungen (Notes) enthält. Wie die verschiedenen Principles soll auch der DCFR mehrere Funktionen erfüllen:50 Am wichtigsten ist die rechtsvergleichende Zugangs- und Erkenntnisfunktion. Die Anmerkungen der Full Edition sollen Erkenntnisse darüber ermöglichen, wie die in der jeweiligen Vorschrift behandelte Rechtsfrage in den anderen Mitgliedstaaten der EU oder im Unionsrecht selbst gehandhabt wird und so auch einen Überblick über das Gesamtbild der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen vermitteln.51 Daneben soll der Gemeinsame Referenzrahmen der Rechtsprechung als Orientierungshilfe bei der Entscheidungsfindung dienen (Orientierungsfunktion).52 Ein Gericht kann dadurch die Rechtslage in den anderen Mitgliedstaaten berücksichtigen und so auch unterstützend rechtsvergleichende Argumente heranziehen, ohne zuvor ein Rechtsgutachten einholen zu müssen. Eine solche Vorgehensweise spart vor allem Zeit und fördert den internationalen Entscheidungseinklang. Schließlich wird dem DCFR auch eine relative Vollständigkeits- oder auch Falllösungsfunktion zugeschrieben. Anhand des DCFR – so jedenfalls die Hoffnung 45

Schulte-Nölke, Ziele und Arbeitsweisen, S. 11 f. Das 6. Forschungsrahmenprogramm begann 2002 und lief 2006 aus. Informationen sind weiterhin abrufbar unter: http://cordis.europa.eu/fp6/ (Stand: 30. 07. 2013). 47 Zimmermann, JBl 2012, 2 (6). 48 Weitere Informationen unter http://www.copecl.org/ (Stand: 30. 07. 2013). 49 Project Fact Sheet, abrufbar unter: http://cordis.europa.eu/fp6/>Search> Suchbegriff: COPECL (Stand: 30. 07. 2013). 50 Tabellarische Übersicht der Funktionen von ACQP, PECL, PEL und DCFR bei SchulteNölke, Ziele und Arbeitsweisen, S. 15; zum Folgenden auch Beale, Juridica International XIV (2008), 10 (11 ff.). 51 Schulte-Nölke, Ziele und Arbeitsweisen, S. 15. 52 Schulte-Nölke, Ziele und Arbeitsweisen, S. 16. 46

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C. Entstehung und Entwicklung der behandelten internationalen Regelwerke

der Autoren – sollen Vorlesungen gehalten und Fälle gelöst werden.53 Primär soll der DCFR so „europäisches Privatrecht lehrbar“ machen54 und so auch an den Universitäten rechtsvergleichendes Denken und Aufgeschlossenheit gegenüber den Lösungswegen der anderen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen fördern. Für die nationale und supranationale Gesetzgebung bildet der Gemeinsame Referenzrahmen ein Modell, auf das bei Bedarf zurückgegriffen werden oder an dem sich diese bei ihrer Arbeit zumindest orientieren kann (sog. Toolbox).55 Eng damit verbunden ist die Quellenfunktion des DCFR bei der Ausarbeitung des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts durch die EU-Kommission.56 In der diesbezüglichen Machbarkeitsstudie der Expertenkommission vom 03. 05. 2011, dem darauf aufbauenden ersten Entwurf und dem im Oktober 2011 veröffentlichten Vorschlag, finden sich viele Regelungen – insbesondere bei den AGB-Vorschriften –, die wörtlich dem DCFR entnommen wurden.

IV. GEK-Vorschlag Die Fertigstellung des DCFR war zugleich der Ausgangspunkt für den Vorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (im Folgenden: GEK-Vorschlag).57 Vorausgegangen war im Jahr 2001 eine Mitteilung der Europäischen Kommission zum Europäischen Vertragsrecht, die als Option IV ein fakultatives europäisches Vertragsrecht vorsah.58 2003 folgte dann der Aktionsplan zur Verbesserung von Qualität und Kohärenz des europäischen Vertragsrechts durch den CFR,59 mit dem die Entwicklung des DCFR auf den Weg gebracht wurde. Daneben wurde auch über eine Vollharmonisierung und Zusammenfassung der Inhalte von vier verbraucherschützenden Richtlinien60 in einer einzelnen Richtlinie

53 von Bar, Funktionen des Gemeinsamen Referenzrahmens, S. 33; Schulte-Nölke, NJW 2009, 2161 (2164 f.). 54 von Bar, Funktionen des Gemeinsamen Referenzrahmens, S. 33. 55 DCFR (OE), Intr. 80; von Bar, Funktionen des Gemeinsamen Referenzrahmens, S. 28; Leible/Müller, KuR 2009, 7 (8). Vgl. auch KOM(2004) 651 endgültig, S. 5. 56 Reding, ZEuP 2011, 1 (4 f.); von Bar/Schulte-Nölke, ZRP 2005, 165 (167). 57 Zum Folgenden Doralt, AcP 211 (2011), 1 (5 ff.). 58 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zum Europäischen Vertragsrecht vom 11. 07. 2001, KOM(2001) 398 endgültig. 59 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Ein kohärentes Europäisches Vertragsrecht – Ein Aktionsplan vom 12. 02. 2003, KOM(2003) 68 endgültig. 60 Im Einzelnen die Richtlinien 85/577/EWG über außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, 97/ 7/EWG über Vertragsabschlüsse im Fernabsatz und 1999/44/EG über den Verbrauchsgüterkauf und Garantien für Verbrauchsgüter.

IV. GEK-Vorschlag

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nachgedacht (sog. horizontales Instrument).61 Dieses Vorhaben wurde aus mehreren Gründen heftig kritisiert und daher zunächst nicht realisiert.62 Die Überlegungen der Kommission zu einer Vollharmonisierung beschränkten sich deswegen zunächst auf den Bereich des Fernabsatzes – und dort insbesondere des e-commerce –, mit der Möglichkeit, das Konzept bei Erfolg auch auf andere Bereiche auszuweiten.63 In diesem Zusammenhang wurde auch das „optionale Instrument für ein einheitliches Vertragsrecht“ wieder diskutiert, denn mittlerweile war auch der dafür als Vorlage vorgesehene DCFR64 fertiggestellt. Die dazugehörige Konsultation und die danach veröffentlichte Machbarkeitsstudie boten jeweils Gelegenheit, eine wissenschaftliche Diskussion über den DCFR und ein optionales Vertragsrecht zu führen. Für eine richtige Diskussion war der gesteckte Zeitrahmen indes zu knapp bemessen.65 Die Kommission veröffentlichte direkt nach Abschluss der Arbeiten einen Entwurf auf Grundlage der Machbarkeitsstudie. Die darin fehlenden Inhalte (insbesondere der erste Abschnitt mit dem Anwendungsbereich des optionalen Instruments) wurden bis zur Veröffentlichung des endgültigen Vorschlages vollständig überarbeitet.66 Am 11. 10. 2011 erfolgte schließlich die Veröffentlichung und Präsentation des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht.67 Anfang 2012 erschien auch eine erste Textausgabe des Vorschlags.68 Ins Auge fällt insbesondere der Aufbau des GEKVorschlags. Dieser besteht aus der eigentlichen Verordnung mit 37 Erwägungsgründen und 16 Artikeln (im Folgenden abgekürzt als GEK-VO), einem Anhang I mit den eigentlichen kaufrechtlichen Vorschriften (im Folgenden abgekürzt als GEK-Vorschlag) sowie einem Anhang II mit einem Muster des Standard-Informationsblattes. Die GEK-VO, teilweise auch als „Chapeau-Verordnung“ oder „Cha-

61 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher vom 08. 10. 2008, KOM(2008) 614 endgültig. 62 s. die Aufzählung der Kritiker bei Herresthal, EuZW 2011, 7 (7 Fn. 8 f.). Mittlerweile wurde die Richtlinie mit Änderungen jedoch erlassen, s. dazu Möll, S. 80 ff. 63 Vgl. dazu die Rede von EU-Justizkommissarin Viviane Reding anlässlich des Europäischen Verbrauchertages am 15. 03. 2010, SPEECH/10/91. 64 Vgl. dazu die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Europäisches Vertragsrecht und Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands – weiteres Vorgehen vom 11. 10. 2004, KOM(2004) 651 endgültig. 65 Sehr kritisch Stabentheiner, S. 5 f.; Droese, IHR 2013, 50 (51); Doralt, AcP 211 (2011), 1 (8). Vgl. auch Zimmermann, JBl 2012, 2 (8, 10) sowie Lehmann, GPR 2011, 218 (218) zum Zeitdruck, dem die Expertengruppe ausgesetzt war. 66 Die Machbarkeitsstudie ist als Vorentwurf zum GEK logischerweise nicht als eigenständiges Regelwerk gedacht. Sie wird dennoch in dieser Arbeit mitbehandelt, um nachzuvollziehen, in welchem Umfang die Kommission Änderungen bei den AGB-Vorschriften vorgenommen hat. 67 KOM(2011) 635 endgültig. 68 Staudenmayer (Hrsg.), Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, 2012.

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C. Entstehung und Entwicklung der behandelten internationalen Regelwerke

peau-Rules“ bezeichnet,69 enthält die Vorschriften zum Anwendungsbereich des GEK70 und verschiedene Definitionen. Unmittelbar nach der Veröffentlichung begann auch die fachliche Diskussion des Vorschlags mit Stellungnahmen verschiedenster Institutionen,71 auf Tagungen72 und in Aufsätzen.73 Bisher sind auch schon mehrere Bücher mit Analysen zum Regelungsinhalt erschienen.74 Bereits erschienen bzw. in Vorbereitung sind auch mehrere Kommentare.75 Mittlerweile hat sich auch der Rechtsausschuss des EU-Parlaments mit dem Vorschlag befasst und am 20. 02. 2013 einen Berichtsentwurf mit Änderungsvorschlägen veröffentlicht, der viele der bisherigen Kritikpunkte aufgreift.76

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s. etwa Stabentheiner, S. 11; Mankowski, RIW 2012, 97 (98). Dazu unten D. V. 71 s. etwa Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer gegenüber dem Bundesministerium der Justiz, in: IHR 2012, 53 ff.; Stellungnahme des Deutschen Notarvereins vom 07. 12. 2011, abrufbar unter http://www.dnotv.de/Dokumente/Stellungnahmen.html. Weitere Stellungnahmen sind abrufbar unter: http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoe rungen/archiv/16_Europaeisches_Kaufrecht/04_Stellungnahmen/ und http://gesetzgebung.beck. de/node/1017055 (jeweils abgrufen am 30. 07. 2013). Stellungnahmen verschiedener österreichischer Institutionen finden sich bei Wendehorst/Zöchling-Jud, Am Vorabend eines Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, 2012, S. 269 ff. 72 Erschienen sind bisher folgende Tagungsbände: Gebauer, Gemeinsames Europäisches Kaufrecht – Anwendungsbereich und kollisionsrechtliche Einbettung, 2013; Hahn (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, 2012; Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, 2012; Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend eines Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, 2012. 73 Unter anderem Hellwege, IHR 2012, 221 ff.; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/ Zimmermann, JZ 2012, 269 ff.; Balthasar, RIW 2012, 361 ff.; Looschelders, AcP 212 (2012), 581 ff.; Mankowski, IHR 2012, 1 ff.; 45 ff.; ders., RIW 2012, 97 ff.; Kroll-Ludwigs, GPR 2012, 181 ff.; Ludwigs, EuZW 2012, 608 ff.; Riesenhuber, GPR 2012, 2 ff.; Staudenmayer, NJW 2011, 3491 ff.; von Westphalen, ZIP 2011, 1985 ff. 74 Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012; Schulte-Nölke/ Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, 2012. 75 Schulze (Hrsg.), Common European Sales Law, 2012; Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Entwurf für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (geplant für Juni 2014); Staudenmayer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (geplant für 2016). 76 Abrufbar unter http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/juri/pr/ 927/927290/927290en.pdf (Stand: 30. 07. 2013). 70

D. Anwendungsbereich der Regelwerke I. CISG Der Anwendungsbereich des CISG ist in den Art. 1 ff. geregelt. Die Konvention findet Anwendung auf Kaufverträge über Waren. In räumlich-persönlicher Hinsicht müssen die Vertragsparteien gemäß Art. 1 I CISG entweder ihre Niederlassung1 in verschiedenen Vertragsstaaten des Übereinkommens haben (lit. a) oder die Regeln des IPR müssen auf das Recht eines Vertragsstaats verweisen (lit. b).2

II. PICC Wann die PICC auf internationale3 Handelsverträge – und damit also nicht nur Kaufverträge4 – Anwendung finden, ergibt sich aus ihrer Präambel: Die Parteien können die Geltung der PICC ausdrücklich vereinbaren (Abs. 2). Es genügt aber auch, wenn sie die Geltung allgemeiner Rechtsgrundsätze, der lex mercatoria oder ähnlicher Instrumente vereinbaren (Abs. 3). Die PICC sind ebenfalls anwendbar, wenn die Parteien keinerlei Rechtswahl getroffen haben (Abs. 4) oder als Mittel zur Interpretation und Ergänzung internationalen Einheitsrechts (Abs. 5). Des Weiteren können sie auch für die Interpretation oder Ergänzung unvereinheitlichten nationalen Rechts herangezogen werden (Abs. 6). Der persönliche Anwendungsbereich der PICC ist – anders als beispielsweise im CISG – nicht in einer eigenen Vorschrift geregelt, sondern ebenfalls der Präambel zu entnehmen. Da diese Handelsverträge voraussetzt, beschränkt er sich grundsätzlich auf Kaufleute.5 Deswegen existieren auch keine verbraucherrechtlichen Vorschriften. Nichtsdestotrotz steht es aber auch Privatleuten frei, die PICC zu wählen.6 Für den größten Teil dieser Arbeit wird für eine einfachere Vergleichbarkeit unterstellt, dass die PICC selbst als Vertragsstatut gewählt werden könnten. Da aber – 1 Zum bisher noch nicht diskutierten Problem der Erkennbarkeit einer ausländischen Niederlassung nach Art. 1 II CISG im elektronischen Geschäftsverkehr Schrammen, S. 235 ff. 2 Ausführlich dazu und zu den übrigen Voraussetzungen P. Huber, in: Huber/Mullis, S. 41 ff. 3 Diese Voraussetzung ist weitestmöglich auszulegen, s. UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, Preamble, Comment 1. 4 Spruß, S. 578. 5 Spruß, S. 578; vgl. auch Boele-Woelki, IPRax 1997, 161 (162). 6 UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Preamble Comment 3.

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D. Anwendungsbereich der Regelwerke

jedenfalls nach dem europäischen Kollisionsrecht der Rom I-VO – nur die Wahl staatlichen Rechts zulässig ist,7 bewirkt die Vereinbarung der PICC im Regelfall nur deren Einbeziehung als AGB in den Vertrag.8 Diese Einbeziehung richtet sich dann nach den Regeln des maßgeblichen Vertragsstatuts. Im Falle deutschen Rechts entscheiden also die §§ 305 ff. BGB über die Anwendbarkeit der PICC.9 In Schiedsverfahren können die PICC dagegen häufig durchaus als alleinige anwendbare Rechtsordnung vereinbart werden.10 Das Gleiche gilt, sofern das maßgebliche Kollisionsrecht nicht zwingend die Wahl staatlichen Rechts erfordert. Aus dem Charakter der PICC als nichtstaatliches Regelwerk ergeben sich noch weitere dogmatische Probleme und Feinheiten, die sich in AGB-Fällen auswirken. Diese werden an den jeweiligen Stellen erläutert.

III. PECL Für die PECL ist der Anwendungsbereich in Art. 1:101 festgelegt. Nach dessen Abs. 1 sind sie als allgemeine Regeln des Vertragsrechts in der EU gedacht. Gemäß Abs. 2 finden sie (zwingend) Anwendung, wenn die Parteien die PECL in ihren Vertrag aufnehmen oder sie als Vertragsstatut wählen. Nach Art. 1:101 III PECL ist ihre fakultative Anwendung möglich, wenn die Parteien vereinbart haben, dass allgemeine Rechtsgrundsätze, die lex mercatoria o.Ä. den Vertrag beherrschen sollen oder sie keine Rechtsordnung oder Rechtsregeln für den Vertrag gewählt haben. Ihre Anwendung soll auch bei Streitfragen möglich sein, für die die anwendbaren Rechtsordnungen oder -regeln keine Lösung anbieten. Für die PECL gilt das Gleiche wie schon für die PICC. Auch sie sind nichtstaatliche Regelwerke und als solche grundsätzlich nicht als eigentliches Vertragsstatut wählbar.11 Daher führt auch ihre Vereinbarung nach europäischem Kollisionsrecht nur zur Einbeziehung als AGB. Bei ihrer Anwendung stellen sich daher vergleichbare Probleme wie bei den PICC.

7

Ausführlich Möll, S. 19 ff.; Leible, S. 21 f. m.w.N.; s. auch Vogenauer, ZEuP 2013, 7 (16) mit Hinweis auf den Vorschlag der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht in Fn. 53. 8 UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Preamble Comment 4 a); Michaels, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Preamble Rn. 29 ff.; vgl. auch Beale, Juridica International XIV (2008), 10 (11) zu den PECL. Denkbar ist allerdings auch eine beiderseitige Vereinbarung der PICC, so dass diese nicht als AGB, sondern als Individualvereinbarungen einbezogen werden, s. unten G. II. 1. c) dd). Das gilt auch für PECL und DCFR. 9 Zu den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB unten G. II. 1. a). 10 Lando, CESL or CISG, S. 19; Scherer, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Preamble II Rn. 1; Bonell, International Restatement, S. 192 f. 11 Beale, Juridica International XIV (2008), 10 (11). Etwas anderes gilt wiederum für Schiedsverfahren, s. die Nachweise in der vorherigen Fußnote.

V. GEK-Vorschlag

41

IV. DCFR Art. I.-1:101 DCFR enthält keine Aufzählung wie die PICC und PECL und insofern auch keinen eigentlichen Anwendungsbereich. Das ist insofern verständlich, als der DCFR selbst gerade nicht als anwendbares Recht gedacht ist.12 Festgelegt sind nur die intendierten Anwendungsfelder, von denen für die vorliegende Arbeit insbesondere die Verträge relevant sind. Wie schon bei PICC und PECL handelt es sich auch beim DCFR um ein nichtstaatliches Regelwerk, das als solches jedenfalls nach der Rom I-VO nicht als Vertragsstatut gewählt werden kann. Auch seine Vorschriften wären daher grundsätzlich lediglich als AGB anwendbar, wenn die Parteien sie vereinbaren. In der Anwendung der AGB-Vorschriften stellen sich daher wieder die gleichen Probleme wie bei PICC und PECL.

V. GEK-Vorschlag Die Machbarkeitsstudie und der daraus vorläufig erstellte GEK-Entwurf enthielten noch keine Vorschriften zum Anwendungsbereich, wodurch insbesondere die persönliche Anwendbarkeit unklar blieb. Die im Schrifttum teilweise erhobene Forderung, die Reichweite des Instrumentes klarzustellen,13 wurde von der Kommission aufgenommen und im aktuellen Vorschlag14 umgesetzt. Da das GEK einen optionalen Charakter hat (sog. Opt-In), ist seine individuelle Vereinbarung notwendige Voraussetzung für die Anwendbarkeit auf den konkreten Vertrag.15 Art. 3 GEK-VO legt fest, dass eine solche Parteivereinbarung für den Kauf von Waren, die Bereitstellung digitaler Inhalte und die Erbringung verbundener Dienstleistungen innerhalb des Anwendungsbereichs des GEK zulässig ist.16 Der Anwendungsbereich wird in den Art. 4 bis 7 der Verordnung geregelt. Art. 8 enthält schließlich die Anforderungen, denen die wirksame Vereinbarung des GEK genügen muss. 1. Grenzübergreifende Verträge, Art. 4 GEK-VO Der räumliche Anwendungsbereich wird in Art. 4 der GEK-VO abgesteckt. Erforderlich sind grenzübergreifende Verträge (Abs. 1). Diese werden in Abs. 2 und Abs. 3 für b2b- bzw. b2c-Verträge definiert. Unternehmer (i.S.d. Art. 2 lit. e) GEKVO) müssen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in verschiedenen Staaten haben und 12

s. zu den Funktionen des DCFR bereits oben C. III. So insbesondere Schulze, EuZW 2011, 569 (570). 14 KOM(2011) 635 endgültig. 15 Das wird in Art. 8 I 1 GEK-VO nochmals ausdrücklich klargestellt: „Die Verwendung des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts muss von den Parteien vereinbart werden.“ 16 Der Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments vom 20. 02. 2013 ergänzt Art. 3 GEK-VO noch um den Zusatz: „subject to the requirements laid down in Articles 8 and 9“. Hierbei handelt es sich indes nur um eine sprachliche Klarstellung. 13

42

D. Anwendungsbereich der Regelwerke

zumindest einer davon muss ein EU-Mitgliedstaat sein.17 Bei Verbraucherverträgen müssen der gewöhnliche Aufenthalt des Unternehmers und die (Liefer-/Rechnungs-) Anschrift des Verbrauchers in verschiedenen Staaten liegen, wovon wiederum einer ein EU-Mitgliedstaat sein muss. Abs. 4 und 5 definieren den gewöhnlichen Aufenthalt für Unternehmer und im Falle sonstiger Niederlassungen. Abs. 6 legt schließlich den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung fest. Rein nationale Sachverhalte sind also grundsätzlich vom Anwendungsbereich ausgenommen. Allerdings sieht Art. 13 lit. a) GEK-VO in diesem Punkt eine Option für die Mitgliedstaaten vor, wonach diese die Anwendbarkeit auch im „Binnenhandel“ zwischen Unternehmern oder mit Verbrauchern erlauben können.18 Auch wenn ein Mitgliedstaat von dieser Option nicht Gebrauch macht, sind die Vertragsparteien nicht gehindert, das GEK dennoch zu vereinbaren.19 Anwendbares Recht für die betreffende Vertragsbeziehung bleibt dann aber das nach dem IPR des Forums maßgebliche nationale Recht bzw. Einheitsrecht. Die Vereinbarung wirkt lediglich als materiellrechtlicher Verweis, durch den die GEK-Bestimmungen in den Vertrag einbezogen werden.20 Bei Widersprüchen zwischen Bestimmungen des anwendbaren Rechts und denen des GEK genießen dann Letztere als individuelle Vereinbarungen den Vorrang, sofern Erstere nicht zwingendes Recht sind.21 Art. 4 GEK-VO erfasst aber auch teilweise Sachverhalte mit Bezug zu Nicht-EUStaaten. Da lediglich einer der Vertragspartner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der EU haben muss, kann der andere aus jedem anderen Land der Welt kommen. Es besteht also die Möglichkeit, dass das GEK nicht nur im Binnenmarkt Wirkung entfaltet, sondern auch im Welthandel.22 17

Kritisch zum Erfordernis einer „doppelte[n] Verbindung des Vertrages mit Mitgliedstaaten“ Hellwege, IHR 2012, 180 (186); ablehnend auch Basedow, S. 19 f. 18 Für eine Inanspruchnahme dieser Option durch die Bundesrepublik Hellwege, IHR 2012, 221 (222); von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1985). Noch weitergehend für eine Öffnung des GEK für den innerstaatlichen Handel ohne Notwendigkeit einer Option Budde/Eckhoff, S. 116; Abend/Geier, S. 137; Perner, S. 25; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (275); Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401 (410); ebenso Wagner, ZEuP 2012, 455 (458 f.), da eine bloße Optionsmöglichkeit seiner Ansicht nach das Ziel des Vorschlags, die Transaktionskosten der Parteien zu senken, sehr wahrscheinlich konterkarieren wird; ähnliche Argumentation auch bei Leible, S. 33; von Westphalen, a.a.O. (1985 f.); Herresthal, ZIP 2011, 1347 (1348) führt darüber hinaus noch die Vorteile einer häufigeren Anwendung für die „judikative Aufarbeitung“ an. Nach Müller-Graff, S. 62 f. wäre mit der Erweiterung auf rein nationale Sachverhalte ein „zusätzliches, schwer überwindbares Kompetenzproblem“ verbunden. Die Mitgliedstaaten könnten aber das GEK kraft ihrer eigenen Souveränität überschießend auch auf nationale Sachverhalte anwenden. 19 A.A. Wendehorst, in: Schulze, Art. 4 GEK-VO Rn. 12 a.E. 20 Mankowski, RIW 2012, 97 (98 f.); ders., IHR 2012, 1 (2). 21 Mankowski, IHR 2012, 1 (2). Insoweit stellen sich dann die gleichen Probleme wie bei PICC, PECL und DCFR (s. insbesondere unten G. II. 1. c) dd) und H. IV. 2.). 22 Skeptisch für Verbraucherverträge mit Personen aus Drittstaaten Budde/Eckhoff, S. 115. Wegen der Möglichkeit als „‘neutrale‘ Vertragsrechtsordnung“ zu fungieren für eine gänzliche

V. GEK-Vorschlag

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2. Zulässige Vertragstypen, Art. 5 GEK-VO In sachlicher Hinsicht erfasst das GEK gemäß Art. 5 GEK-VO Kaufverträge, Verträge über die Bereitstellung digitaler Inhalte und Verträge über verbundene Dienstleistungen.23 Diesbezüglich soll das GEK nach Aussage der EU-Kommission den „ganzen Lebenszyklus“ des Vertrages erfassen.24 Der GEK-Vorschlag enthält daher wie die übrigen Regelwerke insbesondere Regelungen zum Vertragsschluss und zu den daraus erwachsenden Rechten und Pflichten der Parteien. Die unter anderem erwogene25 – und im Schrifttum stark kritisierte26 – Möglichkeit der Beschränkung auf Online-Verträge wurde nicht in den Vorschlag aufgenommen. Ob es letztendlich dabei bleibt, wird die weitere Entwicklung des Projekts zeigen. Der Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 sieht in diesem Zusammenhang aber eine Neuformulierung der Einleitung von Art. 5 GEK-VO vor. Danach darf das GEK für Fernabsatzverträge, einschließlich Online-Verträgen verwendet werden, bei denen es sich um Kaufverträge, Verträge über die Bereitstellung digitaler Inhalte und Verträge über verbundene Dienstleistungen handelt. Zudem wird klargestellt, dass auch ein herkömmlicher Vertragsschluss erfasst wird, sofern die Vertragsverhandlungen und vorbereitenden Schritte ausschließlich über Fernkommunikationsmittel durchgeführt bzw. unternommen wurden. Ausweislich der Begründung des Berichtsentwurfs steht vor allem der schnell wachsende Internethandel im Vordergrund. Dementsprechend ist zumindest eine Tendenz zu einer Beschränkung auf reine Online-Verträge erkennbar. Diese wurde aber noch bewusst offengelassen, um eine diesbezügliche Diskussion zu ermöglichen.27 Nach Art. 6 GEK-VO sind sog. Mischverträge aus dem sachlichen Anwendungsbereich des Vorschlags ausgenommen. Gemeint sind Verträge mit weiteren als in Art. 5 genannten Elementen sowie Verträge, die zusätzlich mit einem Verbraucherkredit verbunden sind.28 Auch diese Vorschrift wird im Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EUParlaments vom 20. 02. 2013 grundlegend umgestaltet. Anstelle eines vollständigen Aufhebung des mitgliedstaatlichen Bezugs Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401 (422 f.); in diesem Sinne auch Droese, IHR 2013, 50 (55). 23 Zu den einzelnen Voraussetzungen Schmidt-Kessel, Anwendungsbereich, S. 30 ff.; Wendehorst, in: Schulze, Art. 5 GEK-VO Rn. 3 ff. s. dazu auch die kritische Feststellung von Mankowski, IHR 2012, 45 (45). 24 s. KOM(2011) 635 endgültig, S. 4, 11; Erwägungsgrund (6) der GEK-VO. 25 s. Grünbuch der Kommission – Optionen für die Einführung eines Europäischen Vertragsrechts für Verbraucher und Unternehmen, KOM(2010) 348 endgültig, S. 13. 26 Doralt, AcP 211 (2011), 1 (24 ff.); Max Planck Institut, RabelsZ 75 (2011), 371 (425); vgl. auch Lehmann, GPR 2011, 218 (222). 27 Eine solche Beschränkung befürwortend etwa Pisulin´ski, GPR 2013, 254 (255 f.). 28 Kritsch Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (275); Wendehorst, in: Schulze, Art. 6 GEK-VO Rn. 12 f.; Stabentheiner, S. 9.

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D. Anwendungsbereich der Regelwerke

Verbots von verbundenen und Mischverträgen sollen diese nun zugelassen und das Verbot der Verbindung mit einem Verbraucherkredit in Art. 6 II GEK-VO vollständig aufgehoben werden. Die in Art. 5 GEK-VO aufgezählten Vertragstypen dürfen mit jeglichen anderen Verträgen verbunden werden. Auf einen verbundenen Vertrag soll das anwendbare nationale Recht Anwendung finden. Diesem Recht unterliegen auch die Auswirkungen, die die Ausübung von Rechten, Abhilfen und Einwänden in Bezug auf den GEK-Vertrag für den verbundenen Vertrag mit sich bringt. Umgekehrt sollen solche Rechtsmittel hinsichtlich des verbundenen Vertrags sowie dessen Unwirksamkeit für den GEK-Vertrag grundsätzlich unbeachtlich bleiben, es sei denn, Letzterer wäre sonst überhaupt nicht oder nur zu grundlegend anderen Bedingungen abgeschlossen worden. In diesen Ausnahmefällen soll die betreffende Partei ein Beendigungsrecht hinsichtlich des GEK-Vertrags erhalten. Mischverträge sollen zulässig sein, sofern sich die in Art. 5 GEK-VO aufgezählten von den zusätzlichen Elementen trennen lassen und sich deren Preis ebenfalls aufschlüsseln lässt. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, werden die zusätzlichen Elemente so behandelt, als ob sie in einem verbundenen Vertrag vereinbart worden wären. Es gelten daher die obigen Ausführungen zu den verbundenen Verträgen entsprechend. Ist eine Teilung der Elemente und des Preises dagegen nicht möglich, soll das GEK auf einen solchen Vertrag nicht anwendbar sein.

3. Vertragsparteien, Art. 7 GEK-VO Im GEK-Vorschlag sind als Vertragsparteien Verbraucher und Unternehmer vorgesehen, die in Art. 2 lit. e) bzw. f) GEK-VO definiert werden.29 Nach Art. 7 I 1 GEK-VO muss der Verkäufer/Lieferant bei Verbraucherverträgen aber zwingend ein Unternehmer sein („darf nur verwendet werden“). Dementsprechend sind Verträge zwischen Verbrauchern (c2c) ausnahmslos aus dem persönlichen Anwendungsbereich ausgenommen.30 In Unternehmerverträgen (b2b) muss gemäß Abs. 1 S. 2 mindestens eine der Parteien ein sog. „KMU“ (Kleines oder mittleres Unternehmen) sein.31 Damit ist das GEK auch nicht zwischen Unternehmen mit mehr als 250 29 Kritisch zum Erfordernis einer ausschließlich privaten Nutzung der Kaufsache in Art. 2 lit. f) GEK-VO Billen, S. 64; Lorenz, AcP 212 (2012), 706 (715 f.). Der Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 sieht nunmehr eine Erweiterung der Definition für Fälle des „dual use“ vor. Die Verbrauchereigenschaft wird danach nicht ausgeschlossen, wenn der auch unternehmerische Zweck des Vertrages nicht überwiegt. 30 Nach Ansicht von Stabentheiner, S. 9, bleibe den einzelnen Mitgliedstaaten eine dahingehende Erweiterung aber möglich, ohne dass die EU dies verhindern könnte; a.A. Perner, S. 30; vgl. auch A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (490). 31 Sehr kritisch Ernst, S. 102 („eine Inkonsequenz und Absurdität“); Unverständnis auch bei Basedow, S. 17 ff.; Lando, CESL or CISG, S. 20; Leible, S. 32; Schmidt-Kessel, Anwendungsbereich, S. 33; Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (593); Herresthal, ZIP 2011, 1347 (1348); vgl. auch Perner, S. 29, der die Einschränkung zwar für „rechtspolitisch unhaltbar“, aber praktisch kaum relevant erachtet; vgl. dagegen befürwortend Beale, Juridica International XIV (2008), 10 (15).

V. GEK-Vorschlag

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Beschäftigten oder mehr als 50 Mio. Euro Jahresumsatz anwendbar.32 Vom Erfordernis der Beteiligung mindestens eines KMU können die Mitgliedstaaten nach Art. 13 lit. b) GEK-VO jedoch abweichen.33 Diese Einschränkungen werden damit begründet, dass in den ausgenommenen Konstellationen kein „nachweisbarer Bedarf“ für die Anwendung des GEK besteht.34 Für große Unternehmen mag dies zutreffen, da diese entweder eine eigene Rechtsabteilung oder bereits ständig beratende Anwälte im Einsatz haben und somit nicht in gleichem Maße schutzbedürftig sind.35 Nicht nachvollziehbar ist diese Begründung aber für grenzüberschreitende c2cVerträge.36 Bei solchen Verträgen ist Art. 6 Rom I-VO mangels Unternehmereigenschaft des Verkäufers nicht anwendbar. Die maßgebliche Vertragsrechtsordnung bestimmt sich daher nach den allgemeinen Vorschriften in Art. 3 und 4 Rom I-VO, die jedenfalls keinen so hohen Schutz wie Art. 6 I, II Rom I-VO gewähren, wenn der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Nicht-EU-Staat hat.37 Für die Anwendbarkeit des GEK kommt es dagegen nur darauf an, dass irgendeine der Vertragsparteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-Mitgliedstaat hat. Daher wäre ein in der EU ansässiger Verbraucher jedenfalls besser vor benachteiligenden ausländischen Rechtsregeln geschützt, wenn das GEK vereinbart werden könnte. Im GEK besteht nämlich kein Vorrang der Nacherfüllung. Der Käufer kann bei einer wesentlichen Nichterfüllung gemäß Art. 114 I i.V.m. Art. 87 II GEKVorschlag direkt den Vertrag beenden und Kaufpreis zurückverlangen.38 Zudem sind durch den restriktiven Parteienbegriff nur natürliche Personen erfasst, nicht aber etwa nichtunternehmerisch tätige Vereine.39 Die Einbeziehung reiner Verbraucherverträge 32

Kritisch zu dieser „primär subventionsrechtlich relevante[n] Begriffsbestimmung“ A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (489 f.); Schmidt-Kessel, Einleitung, S. 8; Budde/Eckhoff, S. 116 f.; Abend/Geier, S. 138; Pfeiffer, S. 38 f.; Droese, IHR 2013, 50 (54); Zimmermann, JBl 2012, 2 (17 f.). 33 Zu den kollisionsrechtlichen Auswirkungen, wenn ein Mitgliedstaat von dieser Option Gebrauch macht, Pfeiffer, S. 42. 34 KOM(2011) 635 endgültig, S. 11. 35 Für eine Anwendbarkeit auf größere Unternehmen Lando, CESL or CISG, S. 20; Grädler/Köchel, GPR 2012, 106 (108); in diesem Sinne auch von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1985); Ernst, S. 102. 36 Ebenso Schmidt-Kessel, Anwendungsbereich, S. 32 f.; Abend/Geier, S. 138; A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (488); vgl. aber auch Maultzsch, S. 16. 37 Innerhalb der EU stellt sich das Problem nicht, da das Kaufvertragsrecht durch die Vorgaben der verschiedenen Richtlinien mittlerweile sehr homogenisiert wurde. 38 Sehr kritisch zu dieser Möglichkeit etwa Buschmann, S. 194 f. Gerade wegen dieser Regelung würde die Anwendbarkeit des GEK auch sehr wahrscheinlich nie von ausländischen Privatverkäufern angestrebt. Insofern könnte man für c2c-Verträge über eine Art. 6 II Rom I-VO ähnliche Regelung nachdenken. Dies dürfte allerdings nicht im Sinne der EU-Kommission sein, vgl. A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (475 f.). 39 Hellwege, IHR 2012, 221 (223); A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (488); Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (845).

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D. Anwendungsbereich der Regelwerke

oder entsprechende Optionsmöglichkeiten für die Mitgliedstaaten sind daher durchaus wünschenswert.40 Wird das GEK dennoch vereinbart, obwohl die persönlichen Voraussetzungen auf einer oder beiden Seiten nicht vorhanden sind, führt dies lediglich zu einer materiellrechtlichen Einbeziehung der GEK-Vorschriften.41 4. Vereinbarung über die Verwendung des GEK, Art. 8 GEK-VO Das Bestehen und die Gültigkeit der Vereinbarung über die Verwendung des GEK bestimmen sich ausweislich Art. 8 I GEK-VO nach dessen Absätzen 2 und 3, Art. 9 GEK-VO und den einschlägigen Bestimmungen des GEK.42 a) Verbraucherverträge (b2c) Bei Verbraucherverträgen (b2c) muss die Vereinbarung ausdrücklich und gesondert vom eigentlichen Vertragsschluss erfolgen (Abs. 2 S. 1), wobei allein die Geltung des gesamten GEK vereinbart werden darf (Abs. 3). Das Erfordernis einer ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers dient nach Erwägungsgrund (22) GEK-VO dazu, diesem zu verdeutlichen, dass er von seiner eigenen Rechtsordnung abweichende Rechtsregeln vereinbart.43 Dementsprechend ist bei Verbraucherverträgen auch keine Vereinbarung des GEK in den AGB des eigentlichen Vertrags zulässig.44 Zudem ließe sich durch einen Hinweis auf die Vereinbarung des GEK in den AGB das erforderliche ausdrückliche Einverständnis kaum erreichen, da AGB regelmäßig nie explizit zugestimmt wird.45 Nichtsdestotrotz dürfte das Angebot zur Vereinbarung des GEK durch den Unternehmer aber systematisch als AGB einzuordnen sein.46 40

So im Ergebnis auch A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (488); Pfeiffer, S. 39; ders., ERPL 2011, 835 (845); Herresthal, EuZW 2011, 7 (10); in diesem Sinne auch Möslein, S. 267; Gebauer, GPR 2011, 227 (228); ablehnend dagegen Wagner, ZEuP 2012, 455 (458). 41 Mankowski, IHR 2012, 1 (3); vgl. auch Budde/Eckhoff, S. 115. s. schon oben D. V. 1. 42 Zu den Folgen von Fehlern bei der Vereinbarung Busch, S. 96 ff. 43 Kritisch zu dieser Begründung Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401 ( 434 f.); vgl. aber auch A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (497). 44 Auch wenn Erwägungsgrund (22) der GEK-VO einerseits mit „soll“ formuliert ist und andererseits keine den Rechtsanwender bindende Entscheidung trifft, ist nach Sinn und Zweck ein Verbot gemeint, s. Staudenmayer, Einführung, S. XVII; ders., NJW 2011, 3491 (3494); Grädler/Köchel, GPR 2012, 106 (107); Mankowski, RIW 2012, 97 (103); ablehnend Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (276, 286). Ebenfalls ablehnend Wagner, ZEuP 2012, 455 (459), der hervorhebt, dass der Verbraucher wegen des hohen Schutzniveaus des GEK-Vorschlags vor dessen Vereinbarung doch gar nicht geschützt werden müsste. 45 Schmidt-Kessel, Anwendungsbereich, S. 41; vgl. unten G. 2. a) aa). 46 Vgl. zutreffend A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (495).

V. GEK-Vorschlag

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Bei Verbraucherverträgen muss der Unternehmer zusätzlich vor der Vereinbarung47 durch Übermittlung des Formblattes aus Anhang II der VO deutlich auf die Verwendung des GEK hinweisen (Art. 9 I 1 GEK-VO).48 Kann wegen der Art des Vertragsschlusses das Formblatt nicht übermittelt werden, so bindet die Vereinbarung den Verbraucher erst, wenn er das Informationsblatt zusammen mit der Bestätigung nach Art. 8 II GEK-VO erhält und zudem erneut ausdrücklich (!) zustimmt (Art. 9 I 2 GEK-VO).49 Abs. 2 enthält Voraussetzungen für elektronische Vertragsschlüsse. Die deutsche Übersetzung dieser Vorschrift kann man guten Gewissens als misslungen bezeichnen.50 Ausgehend von der englischen Fassung ist Folgendes gemeint: Wird das Informationsblatt in elektronischer Form zur Verfügung gestellt, soll es entweder einen Hyperlink enthalten oder – in allen anderen Fällen – eine Webseite aufführen, über die der Text des GEK jeweils kostenfrei abgerufen werden kann. Da die Vereinbarung des GEK getrennt vom eigentlichen Vertragsschluss erfolgt, besteht also die Möglichkeit, dass der Verbraucher zwar den Kaufvertrag abschließt, sich aber dem Vertrag über die Vereinbarung des GEK verweigert. In diesem Fall bleibt das nach dem IPR des Forums anwendbare unvereinheitlichte Recht maßgeblich,51 was wiederum die Vorhersehbarkeit und Standardisierung der Vertragsbedingungen konterkariert.52 Offen bleibt auch, ob das GEK auch nachträglich noch vereinbart werden kann.53 b) Unternehmerverträge (b2b) Unternehmer (b2b) können im Umkehrschluss aus Art. 8 II 1 GEK-VO die Maßgeblichkeit des GEK auch stillschweigend,54 in den AGB des eigentlichen Vertrages, und vor allem auch nur teilweise vereinbaren.55 Eine Teilwahl steht al47

Ergänze: „des GEK“ (arg. e Art. 9 I 2 GEK-VO). Zum Standard-Informationsblatt Riesenhuber, GPR 2012, 2 ff. Nach A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (496) kann man darauf „in der derzeitigen Form […] gut und gerne komplett verzichten“. Der Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 ergänzt in der Neufassung von Art. 8 II GEK-VO ausdrücklich noch, dass die Anforderungen nach Art. 9 GEK-VO ebenfalls erfüllt sein müssen. Auch hierbei handelt es sich um eine rein deklaratorische Ergänzung. 49 Kritisch Leible, S. 31 („übertrieben“); ebenso Perner, S. 32. 50 Die Übersetzung verkennt, dass es hier nicht um das Zugänglichmachen des Formblattes selbst geht, sondern um den Volltext des GEK, s. schon Leible, S. 31; A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (496 Fn. 109). Kritisch zu den „Unbeholfenheiten“ der deutschen Übersetzung des Vorschlags insgesamt Zimmermann, JBl 2012, 2 (20). 51 Schmidt-Kessel, Anwendungsbereich, S. 42; offenlassend Zimmermann, JBl 2012, 2 (19). 52 Vgl. Wagner, ZEuP 2012, 455 (459). 53 Vgl. A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (497 f.). 54 Grädler/Köchel, GPR 2012, 106 (107). 55 Hesselink, ERPL 2012, 195 (207); zurückhaltend Schmidt-Kessel, Anwendungsbereich, S. 40. 48

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D. Anwendungsbereich der Regelwerke

lerdings unter dem Vorbehalt des Art. 8 I GEK-VO. Da sich die Vereinbarung des GEK auch „nach den einschlägigen Bestimmungen des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts“ (also den Vorschriften in Anhang I) bestimmt, muss deren Vorgaben immer auch bei einer teilweisen Wahl durch Unternehmer Rechnung getragen werden. Ließe man bei Unternehmern eine unbeschränkte Teilwahl zu, so könnten diese auch von für sie zwingenden Vorschriften abweichen (beispielsweise Art. 70 GEK-Vorschlag für die Einbeziehung von AGB und Art. 79 ff. über unfaire Vertragsbestimmungen).56 An dieser Stelle kommt Art. 1 II GEK-Vorschlag ins Spiel, der sowohl für Verbraucher- als auch Unternehmerverträge gilt. Danach können die Parteien die Awendung von Bestimmungen des GEK ausschließen, davon abweichen oder ihre Wirkungen abändern, sofern in diesen Bestimmungen nichts anderes bestimmt ist. Das bedeutet, gemäß Art. 8 I GEK-VO, 1 II GEK-Vorschlag ist eine teilweise Wahl des GEK unwirksam, sofern sie zu einer Abwahl der auch für Unternehmer zwingenden Vorschriften führt.57 Art. 8 III GEK-VO gewährt folglich keine vollständige Abwahlmöglichkeit und schränkt daher die Vertragsfreiheit auch für den unternehmerischen Verkehr erheblich ein.58 c) Vereinbarung des GEK außerhalb seines Anwendungsbereichs Auch wenn es der Wortlaut der Vorschriften in der GEK-VO anders nahelegt, kann das GEK außerhalb seines Anwendungsbereichs für die betreffende Vertragsbeziehung „vereinbart“ werden. Das ist einerseits möglich, wenn ausländisches Kollisionsrecht – anders als die Rom I-VO – die Wahl nichtstaatlichen Rechts als Vertragsstatut erlaubt.59 Andererseits können seine Vorschriften aber auch schlicht im Wege der oben beschriebenen materiellen Verweisung als AGB in den Vertrag inkorporiert werden, sofern und soweit dies die zwingenden Vorschriften des Vertragsstatuts zulassen.60 Das GEK stünde in diesem Fall auf einer Stufe mit den PICC, PECL oder dem DCFR.61 Eine interessante Frage stellt sich im Zusammenhang mit der Möglichkeit des Verbrauchers, sich der Vereinbarung des GEK zu verweigern, gleichzeitig aber den Vertrag zu schließen. Logischerweise unterliegt der Vertrag dann dem anwendbaren nationalen Recht. Zu klären bleibt aber, ob das Angebot zur Vereinbarung des GEK durch den Unternehmer bei Ablehnung durch den Verbraucher so zu verstehen ist, 56

Wendehorst, in: Schulze, Art. 8 GEK-VO Rn. 11. Wendehorst, in: Schulze, Art. 8 GEK-VO Rn. 12. 58 Dies stellt nunmehr auch die Ergänzung von Art. 8 III GEK-VO im Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 klar: „In relations between traders, the Common European Sales Law may be chosen partially, provided that exclusion of the respective provisions is not prohibited therein.“ 59 A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (490). 60 A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (490); Gebauer, GPR 2011, 227 (233); vgl. auch Pfeiffer, S. 39; Stürner, GPR 2011, 236 (237). 61 A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (490); vgl. auch Stürner, GPR 2011, 236 (237). 57

V. GEK-Vorschlag

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dass die GEK-Vorschriften dann als AGB vereinbart werden sollen. Das hängt davon ab, ob sich der Vertragserklärung des Verwenders – unter Umständen durch Auslegung – ein dahingehender Wille entnehmen lässt. Ist dies zu bejahen, entscheiden die Vorschriften des anwendbaren nationalen Rechts über die Wirksamkeit der Einbeziehung. Auch in diesem Fall läge wieder nur eine materiell-rechtliche Verweisung vor. Die GEK-Vorschriften wären dementsprechend den zwingenden Vorschriften des anwendbaren Rechts unterworfen. 5. Folgen der Verwendung des GEK, Art. 11 GEK-VO Wurde die Verwendung des GEK unter den oben dargelegten Voraussetzungen wirksam vereinbart, so ist gemäß Art. 11 S. 1 GEK-VO das GEK abschließend für die darin geregelten Fragen maßgeblich. Für den Rechtsanwender möglicherweise überraschend – aber letztlich konsequent –, gilt das GEK dann auch rückwirkend für die Erfüllung vorvertraglicher Informationspflichten und Abhilfen bei deren Verletzung (S. 2). Dementsprechend muss bereits bei der Vertragsanbahnung und somit noch bevor eine wirksame Vereinbarung über die Verwendung des GEK getroffen wurde, schon nach Maßgabe der dortigen Bestimmungen aufgeklärt werden.62 Dies könnte bereits eine der kritischen Stellen sein, an denen die Ansichten von Verkäufer und Käufer auseinandergehen und gerichtliche Klärung erfordern. Auch Art. 11 GEK-VO wird im Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EUParlaments vom 20. 02. 2013 geändert. Die Geltung des GEK für alle Fragen innerhalb seines Regelungsbereiches sowie die vorvertragliche Haftung wird beibehalten. Sie soll allerdings nicht erst mit dem tatsächlichen Vertragsschluss eingreifen, sondern schon, wenn in den Vertragsverhandlungen auf das GEK Bezug genommen wird. Daneben soll die Anwendung des GEK zudem eine vorvertragliche Haftung nach nationalem Recht unbeschadet lassen, wenn der Unternehmer auch auf andere rechtliche Regelwerke Bezug genommen und sich nicht von vornherein auf das GEK festgelegt hat. Des Weiteren soll in einen neuen Art. 11a GEK-VO eine Aufzählung der im GEK geregelten (Abs. 1) und der ausgenommenen Rechtsfragen (Abs. 2) aufgenommen werden. Zwingende Vorschriften von Drittstaaten, deren Recht nach dem IPR des Forums anwendbar ist, sollen ebenfalls unbeschadet bleiben (Abs. 3). 6. Verhältnis des GEK zu IPR und CISG Durch die Ausgestaltung des GEK als Verordnung i.S.d. Art. 288 II AEUV wird es zum Sekundärrecht erhoben, das unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt. Insofern 62 Für eine Anwendbarkeit des GEK auf vorvertragliche Pflichten als hypothetisches Vertragsstatut unabhängig von einem späteren Hauptvertragsschluss nach Vorbild des Art. 12 I Rom I-VO Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401 (436 f.).

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D. Anwendungsbereich der Regelwerke

stellt sich die Frage, was daraus für die ebenfalls unmittelbar geltende Rom I-VO und das durch Transformationsgesetz zu nationalem Recht gewordene CISG bedeutet.63 a) Verhältnis zur Rom I-VO Betrachtet man die Vereinbarung des GEK nach Art. 8 GEK-VO unbefangen, so hat diese große Ähnlichkeit mit einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO. Allerdings ergibt sich sowohl aus der Begründung des Kommissionsvorschlags64 als auch aus Erwägungsgrund (10) der GEK-VO, dass dessen Vereinbarung weder mit einer Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO noch mit einer Wahl i.S.d. IPR gleichzusetzen ist.65 Dies wird nochmals durch die Art. 3, 8 und 11 GEK-VO verdeutlicht. Ein Rückgriff auf die Rechtswahlvorschriften der Rom I-VO soll demnach ausgeschlossen sein.66 Vielmehr erfolgt die Vereinbarung des GEK auf Grundlage eines nationalen Rechts, das nach dem IPR des Forums anwendbar ist.67 Dies verwundert auf den ersten Blick, da das GEK als Verordnung gemäß Art. 288 II AEUVeigentlich Vorrang vor dem unvereinheitlichten nationalen Recht hat. Von der Kommission ist aber zunächst ein Vorrang der Rom I-VO bezweckt (sog. „Vorschaltlösung“),68 nach der das anwendbare nationale Recht bestimmt wird und erst daraufhin bei dessen prinzipieller Anwendbarkeit die Voraussetzungen des Art. 8 GEK-VO geprüft werden.69 Insofern kann dann tatsächlich von einem zweiten Vertragsrechtsregime gesprochen werden,70 da für einen Kaufvertrag zwei Möglichkeiten bestehen: entweder gilt das unvereinheitlichte nationale Recht eines Mitgliedstaats71 bzw. das CISG – jeweils automatisch anwendbar – oder das GEK, bei dessen Wahl das andere Kaufrecht quasi „abgewählt“ wird („Binnenwahl“72). Bemängelt wird unter anderem, dass dieser wichtige kollisionsrechtliche Aspekt 63

Zum Verhältnis zur Rom II-VO eingehend Wendelstein, GPR 2013, 70 ff. KOM(2011) 635 endgültig, S. 9. 65 s. zu einem anderen Ansatz aber Schinkels, S. 40 ff. 66 Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401 (409); ablehnend Herresthal, ZIP 2011, 1347 (1349). 67 s. Erwägungsgrund (10) der GEK-VO sowie KOM(2011) 635 endgültig, S. 9. 68 Maultzsch, S. 12; Stürner, S. 67; Leible, S. 24; Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401 (419); Mankowski, RIW 2012, 97 (100); Balthasar, RIW 2012, 361 (362). 69 Wendehorst, in: Schulze, Art. 3 GEK-VO Rn. 7; vgl. auch Moser, S. 13. 70 Instruktiv zu den Begriffen „28.“ und „2. Vertragsrechtsregime“ Leible, S. 22 ff.; Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401 (407 ff.); Schmidt-Kessel, Anwendungsbereich, S. 37; Hesselink, ERPL 2012, 195 (198 ff.); a.A. wohl Wagner, ZEuP 2012, 455 (455): „wohl ausschließlich kompetenzrechtlich motiviert“; ebenfalls ablehnend Stabentheiner, S. 10: „wird […] Bestandteil des Unionsrechts sein und bleiben“; vgl. auch Leible, S. 25 zur Stellungnahme des österreichischen Bundesrats vom 1.12. 2011; vgl. auch schon Beale, Juridica International XIV (2008), 10 (15). 71 Die Anwendbarkeit eines mitgliedstaatlichen Rechts ist wegen der Vorschaltlösung zwingende Voraussetzung, s. Schmidt-Kessel, Anwendungsbereich, S. 36; Leible, S. 24; A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (482). 72 Mankowski, RIW 2012, 97 (100). 64

V. GEK-Vorschlag

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lediglich in der Kommissionsbegründung und den unverbindlichen Erwägungsgründen Erwähnung findet.73 Kollisionsrechtliche Probleme bei der Vereinbarung des GEK können sich in verschiedener Hinsicht ergeben. Der betreffende Sachverhalt kann beispielsweise einen Bezug zu einem Drittstaat aufweisen, dessen Kollisionsrecht Einschränkungen bei der Anwendbarkeit oder Wahl eines mitgliedstaatlichen Rechts vorsieht.74 Darüber hinaus beißt sich die von der Kommission vorgesehene Vorschaltlösung mit den Erweiterungen in Art. 4 II und III GEK-Vorschlag.75 Auch ist das Verhältnis des GEK zum Günstigkeitsvergleich nach Art. 6 II Rom I-VO keineswegs unproblematisch.76 Bei diesen Punkten bleibt abzuwarten, ob die Kommission bei den entsprechenden Vorschriften noch „nachbessert“.77 b) Verhältnis zum CISG Als Staatsvertrag genießt das CISG ebenso wie Rechtsakte der EU gemäß Art. 288 II AEUV Vorrang vor den unvereinheitlichten nationalen Rechtsvorschriften. Allerdings handelt es sich um materielles Einheitsrecht, das – im Fall des Art. 1 I lit. a) CISG – bereits einer kollisionsrechtlichen Anknüpfung des anwendbaren Rechts vorgeht oder im Fall des Art. 1 I lit. b) CISG jedenfalls Vorrang vor sonstigem unvereinheitlichten nationalen Recht hat.78 Art. 6 CISG sieht aber auch die Möglichkeit einer Abwahl vor („opt-out“). Da das GEK umgekehrt nur bei einer ausdrücklichen Vereinbarung der Vertragsparteien anwendbar ist („opt-in“), sollte in dieser Vereinbarung zugleich eine (stillschweigende) Abwahl des CISG gesehen werden.79 Das bedeutet, beide Regelwerke sind im Regelfall lediglich alternativ anwendbar.80 73 Hellwege, IHR 2012, 180 (185 f.); Mankowski, RIW 2012, 97 (100); Eidenmüller/ Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (273 ff.); Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401 (419), jeweils mit weiteren Kritikpunkten; vgl. auch Stabentheiner, S. 9. 74 Eingehend A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (482 f.); Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401 (424 f.); Mankowski, RIW 2012, 97 (101 f.; 104 f.). 75 Vgl. Leible, S. 27 f.; A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (482 f.); Eidenmüller/Jansen/ Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (274). 76 Dazu sehr kritisch A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (478 ff.); Mankowski, RIW 2012, 97 (101 f.); Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (273 f.); vgl. auch Wojcik, S. 56 ff.; Schmidt-Kessel, Anwendungsbereich, S. 39 f.; Kroll-Ludwigs, GPR 2012, 181 (184); Zimmermann, JBl 2012, 2 (16). 77 Für die Möglichkeit einer kollisionsrechtlichen unmittelbaren Wahl des GEK A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (483). 78 Westermann, in: MüKo-BGB, vor Art. 1 Rn. 1; Ferrari, in: Schlechtriem/Schwenzer, vor Art. 1 Rn. 5. 79 So Erwägungsgrund (25) der GEK-VO; Staudenmayer, Einführung, S. XX; ders., NJW 2011, 3491 (3495); ebenso Moser, S. 13; Hellwege, IHR 2012, 180 (185); Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401 (428); Leible, BB 2008, 1469 (1474); im Grundsatz auch Hesselink, ERPL 2012, 195 (201); a.A. Mankowski, IHR 2012, 45 (47); ders., S. 422 f.: Lösung über Art. 90 CISG.

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D. Anwendungsbereich der Regelwerke

Allerdings darf man nicht übersehen, dass sich die Voraussetzungen und Wirksamkeit einer Abwahl des CISG auch – und vor allem: nur – nach dessen Regeln richten, da es wegen seines Vorrangs eben das primär anwendbare Recht ist.81 Das CISG lässt den Parteien bei der Abwahl viel Freiheit, so dass die Konvention insgesamt oder aber auch nur einzelne Bestimmungen abgewählt werden können. Daher können Teile des CISG und des GEK unter Umständen auch nebeneinander anwendbar sein. Das mag in vielen Fällen unproblematisch sein, kann aber wegen der unterschiedlichen Systematik und Struktur beider Regelwerke auch zu erheblichen Problemen führen, wenn sich beispielsweise gewählte Vorschriften des GEK auf andere Teile der Verordnung beziehen, die von den Parteien aber nicht gewählt wurden.82 Bei der Vertragsgestaltung empfiehlt sich daher ein klarstellender Hinweis, dass die Wahl des GEK zugleich eine Abwahl des CISG beinhaltet.83 Wollen die Vertragspartner wirklich nur einzelne Teile des GEK wählen,84 dann sollten sie im Voraus klären, wie mit Widersprüchen oder Lücken umgegangen werden soll. 7. Der sog. „Blue-Button“ Für eine Vereinbarung des (damals noch als „optionales Instrument“ bezeichneten) GEK wurde auch eine sog. „Blue Button“-Methode ins Spiel gebracht. Dadurch sollte der Kunde bei Abschluss eines Geschäfts im Internet mit einem Klick auf eine Grafik der EU-Flagge automatisch die optionale Rechtsordnung als Vertragsstatut wählen können.85 Eine solche Ausgestaltung des „Blue Button“ bezeichnet aber nunmehr sein eigener Erfinder als „Missverständnis“ und als „weder notwendig noch hilfreich“.86 Der Idee wurden auch im Schrifttum – zu Recht – geringe Realisierungschancen zugestanden:87 Einerseits interessiere sich der Verbraucher nicht für die anwendbare Rechtsordnung88 und habe nicht die Zeit, sich mit ihren Vor- und

80 Probleme können sich allerdings durch die Möglichkeit eines Vorbehalts nach Art. 96 CISG ergeben, wenn dadurch weitergehende Anforderungen für die Abwahl des CISG gelten als für die Vereinbarung des GEK, vgl. Schmidt-Kessel, Einleitung, S. 22; A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (491). Zudem kann die Abwahlvereinbarung den Anforderungen des CISG nicht genügen, s. Leible, S. 32 f. Letzteres ist insbesondere möglich, wenn die Abwahl des CISG in nicht übersandten AGB erfolgen soll, vgl. Schmidt-Kessel, Einleitung, S. 22 [Stichwort: Übersendungsobliegenheit, s. unten G. II. 1. b) aa) (2)]. 81 Zutreffend Hesselink, ERPL 2012, 195 (201). 82 Vgl. Hesselink, ERPL 2012, 195 (202). 83 Hesselink, ERPL 2012, 195 (202). 84 Mit den oben unter D. V. 4. b) genannten Einschränkungen. 85 Dazu Beale, Juridica International XIV (2008), 10 (16); Schulte-Nölke, ERCL 2007, 332 (348 f.); ders., How to realise the ,Blue Button‘?, S. 89 ff. 86 Schulte-Nölke, ZEuP 2011, 749 (754). 87 Zum Folgenden Max Planck Institut, RabelsZ 75 (2011), 371 (413 f.). 88 Vgl. auch Beale, Juridica International XIV (2008), 10 (15).

V. GEK-Vorschlag

53

Nachteilen auseinanderzusetzen.89 Andererseits würde bei einer Wahlmöglichkeit die Rechtswahl bereits in den AGB des Verkäufers getroffen – und zwar sehr wahrscheinlich zugunsten einer nationalen Rechtsordnung. Gerade der letzte Punkt hängt eng mit den wirtschaftlichen Überlegungen zusammen, die ein Unternehmer bei der Wahl des anwendbaren Rechts anstellen wird. Dieses ist für ihn nur attraktiv, wenn es ihm tatsächlich eine Kostenersparnis gegenüber dem bisherigen Rechtszustand bringt.90 Das setzt voraus, dass er insgesamt, also auch bei Inlandsgeschäften, die optionale Rechtsordnung verwenden kann.91 Sollte das nicht der Fall sein, müsste er weiterhin AGB und Gewährleistungen für mehrere Rechtsordnungen anbieten, was für ihn mehr Fluch als Segen wäre.92 Aus pragmatischen Erwägungen befürwortet die EU-Justizkommissarin eine Beschränkung auf grenzüberschreitende Geschäfte.93 Auch das Europäische Parlament hat sich in seiner Entschließung vom 08. 06. 2011 für eine Begrenzung auf den grenzüberschreitenden Handel ausgesprochen.94 Der Vorschlag vom 11. 10. 2011 geht insoweit einen Kompromiss ein, indem er grundsätzlich nur den grenzüberschreitenden Handel erfasst, den Mitgliedstaaten aber die Wahl lässt, ob sie das GEK auch für Inlandsgeschäfte vorsehen wollen.95 Es erscheint auch realistisch, dass die Verbraucher ihre (theoretische) Wahlmöglichkeit praktisch nicht ausüben können.96 Die Rechtswahl wird regelmäßig in den AGB des Verkäufers getroffen.97 Auch wenn das im Fall des GEK-Vorschlags nicht möglich ist, entscheidet dieser letztlich dennoch darüber, ob das optionale Instrument anwendbar sein soll oder nicht. Diese Entscheidung hängt wie bereits oben dargelegt von rein wirtschaftlichen Faktoren ab, so dass im Endeffekt nichts von 89 Nach Billen, S. 64 liege das Problem vielmehr darin, dass Verbraucher nicht alle Informationen über den Vertrag in ihrer Sprache erhielten. 90 Ausführlich Budde/Eckhoff, S. 113 ff.; Wernicke/Groß, S. 161 ff.; Ackermann, S. 49 ff.; Hellwege, IHR 2012, 221 (221 ff.); Kroll-Ludwigs, GPR 2012, 181 (186 ff.); Doralt, AcP 211 (2011), 1 (14); vgl. auch Balthasar, RIW 2012, 361 (361); Zimmermann, JBl 2012, 2 (17); Reding, S. 2; Staudenmayer, Bedarf, Mehrwert und Reichweite, S. 33 f. 91 Dafür Herresthal, EuZW 2011, 7 (10); Doralt, AcP 211 (2011), 1 (14); Leible/Müller, KuR 2009, 7 (13). Dagegen aber der Bundesverband der deutschen Industrie in seiner Stellungnahme auf S. 3, abrufbar unter http://bdi.eu/Europaeisches-Vertragsrecht.htm (Stand: 30. 07. 2013). 92 Doralt, AcP 211 (2011), 1 (15). Dieses Problems ist sich auch die Kommission bewusst, vgl. Grünbuch der Kommission – Optionen für die Einführung eines optionalen Vertragsrechts für Verbraucher und Unternehmen vom 01. 07. 2010, KOM(2010) 348 endgültig, S. 10. 93 s. Reding, SPEECH/11/539: „This is the time for small, pragmatic and efficient steps […]. This is why I want to limit the initiative to cross-border sales law.“ 94 Verfahren 2011/2013(INI). 95 s. bereits oben unter D. V. 1. 96 Deutlich Staudenmayer, Need and Design, S. 29 f. Zum Folgenden Doralt, AcP 211 (2011), 1 (15 f.); vgl. auch Billen, S. 64. 97 Stürner, GPR 2011, 236 (240); vgl. auch A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (495); Zimmermann, JBl 2012, 2 (17).

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D. Anwendungsbereich der Regelwerke

der Wahlmöglichkeit des Verbrauchers übrigbleibt. Dieser Entwicklung könnte man durch eine Vorschrift begegnen, wonach dem Verbraucher trotz einer Rechtswahlklausel nach wie vor die Wahlmöglichkeit zugunsten des Optionalen Instruments verbleiben muss. Diese Überlegung dürfte jedoch kaum Unterstützer finden oder jedenfalls zu Enthaltungen führen, was den Nutzen des Projekts insgesamt in Frage stellen würde.98 Eine andere Frage wäre auch die Verhältnismäßigkeit eines solchen Eingriffs in die Privatautonomie.99 Die Idee des Wahlrechts durch Klick auf die Grafik der EU-Flagge lässt sich daher nicht problemlos realisieren. Der Begriff „Blue Button“ ist im Zusammenhang mit dem Vorschlag für das Gemeinsame Europäische Kaufrecht lediglich dahingehend zu verstehen, dass der Verkäufer seine Verträge dem GEK unterstellt und dies durch Anbringen der entsprechenden Grafik auf Formularen oder dem Webauftritt für potentielle Kunden deutlich macht.100

VI. Zusammenfassung zu den Anwendungsbereichen Die Anwendungsbereiche der verschiedenen Regelwerke weisen inhaltlich viele Übereinstimmungen auf. Allerdings bestehen auch grundlegende Unterschiede, denen bei der Entscheidung für oder gegen die betreffenden Vorschriften erhebliches Gewicht zukommt. Gemeinsam ist allen Regelwerken, dass sie thematisch auf Kaufverträge Anwendung finden und diesbezüglich Regeln zum Vertragsschluss und den daraus erwachsenden Rechten und Pflichten enthalten.101 Der auffälligste und auch schwerwiegendste Unterschied liegt im rechtlichen Charakter der Regelwerke und – damit verbunden – der Art und Weise wie sie vereinbart werden können. Während das BGB und letztlich auch das CISG staatliches Recht bilden und daher grundsätzlich ohne weiteres nach dem Kollisionsrecht der Rom I-VO als Vertragsstatut zur Anwendung kommen können, sind PICC, PECL und DCFR von Forschergruppen kodifiziert worden und können deswegen als nichtstaatliches Recht im Anwendungsbereich der Rom I-VO nicht als eigentliches Vertragsstatut berufen werden. Vielmehr bewirkt ihre einseitige Vorgabe letztlich nur 98

(17). 99

Ablehnend auch Doralt, AcP 211 (2011), 1 (17 f.); vgl. auch Zimmermann, JBl 2012, 2

Vgl. Doralt, AcP 211 (2011), 1 (17 f.). Vgl. Schulte-Nölke, ZEuP 2011, 749 (754 f.); Schulte-Nölke, Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, S. 30, 32. Anderenfalls wäre der Titel des Aufsatzes („Der Blue Button kommt“) doch sehr widersprüchlich. 101 Im Vergleich zu GEK-Vorschlag und CISG gehen PICC, PECL und DCFR allerdings noch weiter und enthalten beispielsweise auch Regeln zur Vertretungsmacht. Den größten Regelungsgehalt bei den nichtstaatlichen Regelwerken weist insoweit der DCFR auf, der u. a. noch Vorschriften zu Werkverträgen, Darlehen, Schenkung, Deliktsrecht und ungerechtfertiger Bereicherung enthält und damit schon fast an den Regelungsumfang des BGB heranreicht. 100

VI. Zusammenfassung zu den Anwendungsbereichen

55

eine Einbeziehung als AGB. Insofern gilt daneben noch das an sich anwendbare nationale Recht mit seinen zwingenden Bestimmungen, was eventuell nicht gewollt ist. Das GEK geht bei seiner Vereinbarung und auch an mehreren anderen Stellen einen Sonderweg. Obwohl es als Verordnung i.S.d. Art. 288 II AEUV konzipiert ist und insofern an sich unmittelbar in den Mitgliedstaaten gilt, ist es kollisionsrechtlich nicht wählbar. Seine Vereinbarung folgt vielmehr einem umfangreichen und komplizierten Prozedere, das dem Vertragspartner erstaunlicherweise sogar die Möglichkeit bietet, zwar den Vertrag zu schließen, die Geltung des GEK hierfür aber abzulehnen. Stattdessen gilt dann doch das kollisionsrechtlich maßgebliche Recht, was die bezweckte Senkung der Transaktionskosten gerade im Hinblick auf die Standardisierung der AGB auf eine „Rechtsordnung“ innerhalb der EU konterkariert. Daneben lässt sich das Ziel einheitlicher AGB und verringerter Transaktionskosten nur erreichen, wenn das GEK auch im inländischen Verkehr verwendet werden kann, da sich nur wenige Verkäufer allein auf grenzüberschreitende Verkäufe spezialisieren. Die GEK-VO sieht zwar eine diesbezügliche Option für die Mitgliedstaaten vor, jedoch sollte das Erfordernis des grenzübergreifenden Vertrages aus den genannten Gründen generell gestrichen werden. Dementsprechend ist auch nicht nachvollziehbar, dass das GEK grundsätzlich nur bei Beteiligung eines KMU anwendbar sein soll und nicht von vornherein sämtlichen Unternehmern offensteht. Des Weiteren wäre es auch sinnvoll, neben Verbrauchern und Unternehmern auch juristische Personen, die keiner unternehmerischen Tätigkeit nachgehen, in den Anwendungsbereich einzubeziehen. Die Einschränkungen des Anwendungsbereichs des GEK-Vorschlags – und etwa auch die grundsätzliche „Beschränkung“ der PICC auf Verträge zwischen Kaufleuten – lassen sich natürlich dadurch umgehen, dass die Regelwerke nicht „regulär“, sondern im Rahmen der Vertragsfreiheit außerhalb ihres eigentlichen Anwendungsbereichs vereinbart werden (materiellrechtliche Verweisung). Dadurch erlangen sie entweder den Status von individuell vereinbarten Vertragsbestimmungen oder aber von AGB. In beiden Fällen ist das aber häufig keine befriedigende Lösung, da es nach wie vor bei der Maßgeblichkeit des kollisionsrechtlich anwendbaren staatlichen Rechts und damit seiner zwingenden Einschränkungen verbleibt. Der Anwendungsbereich des GEK ist vor dem Hintergrund der damit verfolgten Zwecke zu beschränkt und sollte in einer endgültigen Fassung unbedingt angepasst werden.102

102 Ebenso A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (494); Schulte-Nölke, Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, S. 25.

E. Vertragsschluss nach den Regelwerken Die Einbeziehung von AGB in einen Vertrag gehört systematisch zum Vertragsschluss. Zum besseren Verständnis der Einbeziehungskontrolle sollen daher kurz die Modalitäten des Vertragsschlusses in den jeweiligen Regelwerken dargestellt werden. Vergleicht man BGB, CISG, PICC, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEKVorschlag fallen deutliche Gemeinsamkeiten auf: Alle Regelwerke enthalten Vorschriften über Angebot und Annahme (§§ 145 ff. BGB, Art. 14 ff. CISG, Art. 2.1.1 ff. PICC, Art. 2:101 ff. PECL, Art. II.-4:101 ff. DCFR, Art. 29 ff. Machbarkeitsstudie und Art. 30 ff. GEK-Vorschlag1). Der Vertragsschluss durch diese zwei wechselseitig korrespondierenden Willenserklärungen ist im rechtsgeschäftlichen Verkehr der Regelfall. Allerdings kann der Vertrag auch auf andere Weise zustande kommen. Man denke hier insbesondere an das kaufmännische Bestätigungsschreiben oder an langwierige Vertragsverhandlungen mit gegenseitigem Nachgeben, so dass sich letztlich nicht mehr feststellen lässt, wer eigentlich das Angebot abgegeben hat.2 Entscheidend ist für diese Situationen nur, dass sich die Vertragsparteien einig sind. Ein solcher Konsens drückt sich beispielsweise in vertragsgemäßem Parteiverhalten oder spätestens durch Vornahme einer Leistungshandlung aus.3 Diese Möglichkeit des Vertragsschlusses ist nur in Art. 2.1.1 PICC, Art. 29 II Machbarkeitsstudie und Art. 30 II 2 GEK-Vorschlag ausdrücklich geregelt.4 Bei den PECL und im DCFR ist sie aber vorausgesetzt, wie sich der Klarstellung in Art. 2:211 bzw. Art. II.-4:211 entnehmen lässt. Im CISG gestaltet sich die Situation nicht ganz so einfach. Auch dort sollte ursprünglich eine entsprechende Regelung aufgenommen werden. Vorgeschlagen wurde ein zusätzlicher Absatz in Art. 8 CISG, wonach ein Vertrag mit gegenseitiger Zustimmung der Parteien als geschlossen gilt, selbst wenn diese sich nicht in Form 1 Näher zu den Vertragsschlussvorschriften des GEK-Vorschlags im Vergleich mit CISG, PICC, PECL und DCFR Gebauer, S. 121 ff., Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (605 ff.) sowie mit Ausführungen zur Machbarkeitsstudie Lurger, S. 73 ff. 2 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 6; Schroeter, in: Schlechtriem/ Schwenzer, vor Artt. 14 – 24 Rn. 15; Luig, S. 33. 3 Das ist allgemein anerkannt, vgl. etwa § 151 BGB, § 864 I ABGB, Art. 6 Schweizer Obligationenrecht, Art. 1327 Codice Civile. 4 Nach dem Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 soll die Klarstellung in Art. 30 II 2 GEK-Vorschlag gestrichen werden, da sich die Möglichkeit eines stillschweigenden Vertragsschlusses bereits aus Art. 34 I GEK-Vorschlag ergebe.

E. Vertragsschluss nach den Regelwerken

57

von Angebot und Annahme niederschlägt.5 Auf den Vorschlag konnte man sich aber nicht einigen, da er Widersprüche zu Art. 12, 13 II und 17 des CISG-Entwurfs von 19786 (jetzige Art. 14, 15 II und 19) hervorgerufen hätte.7 Kritik rührte auch daher, dass eine solche Art des Vertragsschlusses mit mehreren nationalen Rechtsordnungen schwer in Einklang zu bringen war. Die eingesetzte Arbeitsgruppe versuchte noch durch mehrere Vorschläge eine allseits akzeptable Regelung zu entwerfen, zog die Vorschläge aber letztendlich insgesamt zurück, weil keine geeignete Formulierung gefunden werden konnte.8 Dennoch ist auch für das CISG mittlerweile anerkannt, dass der Vertragsschluss nicht zwingend über Angebot und Annahme erfolgen muss.9 Lassen sich die Vertragsverhandlungen der Parteien nicht in das Schema von Angebot und Annahme einordnen, wird vorgeschlagen, von einer konkludenten Abbedingung der Art. 14 – 24 CISG gemäß Art. 6 auszugehen10 und die Lücke gemäß Art. 7 mit den der Konvention zugrundeliegenden Grundsätzen zu schließen.11 Diese Auffassung überzeugt, denn letztendlich kommt es nicht darauf an, wie sich die Parteien geeinigt haben, sondern nur, ob sie es getan haben.

5

UNCITRAL Yearbook IX (1978), S. 38 f., Nr. 94. Abrufbar unter: http://www.cisg.law.pace.edu/cisg/1978draft.html (Stand: 30. 07. 2013). 7 UNCITRAL Yearbook IX (1978), S. 39, Nr. 96. 8 UNCITRAL Yearbook IX (1978), S. 39, Nr. 103 f. 9 Gruber, in: MüKo-BGB, vor Art. 14 CISG Rn. 3; Magnus, in: Staudinger, Art. 18 Rn. 4; Bonell, RIW 1990, 693 (695); Luig, S. 36; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (456). 10 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 CISG Rn. 6. 11 Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, vor Artt. 14 – 24 Rn. 23. 6

F. Die jeweiligen AGB-Begriffe I. AGB und nicht im Einzelnen ausgehandelte Klauseln Die Vorschriften für Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle von AGB sind nur anwendbar, wenn es sich bei den betreffenden Klauseln auch tatsächlich um AGB handelt. Der Kontrollumfang hängt demnach davon ab, wie man AGB definiert. Ein einheitlicher (europäischer) AGB-Begriff existiert nicht. AGB sind auch gar nicht in allen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen vorgesehen. Vielmehr lassen sich zwei Systeme von Vertragsbedingungen unterscheiden: einerseits AGB, wie sie auch das BGB kennt, und andererseits die „nicht im Einzelnen ausgehandelten Klauseln“.1 Die Klauselrichtlinie greift diese Systematik ebenfalls auf und spricht in Art. 3 ausschließlich von nicht im Einzelnen ausgehandelten Klauseln. Auch in fast allen der für diese Arbeit relevanten internationalen Regelwerke findet sich diese Unterscheidung. Diese beiden Arten von Vertragsbedingungen stehen zueinander im Verhältnis der Spezialität. AGB dürfen zwar ebenfalls nicht individuell ausgehandelt sein, haben aber darüber hinaus noch weitere Voraussetzungen. Dementsprechend sind also alle AGB gleichzeitig auch nicht individuell ausgehandelte Klauseln,2 während umgekehrt nicht jede nicht individuell ausgehandelte Klausel auch zwingend eine AGB ist. Wegen dieser systematischen Nähe gelten logischerweise sämtliche Vorschriften in den hier angesprochenen Regelwerken, die auf das Vorliegen einer nicht individuell ausgehandelten Klausel abstellen, auch für AGB. Dieser Umstand rechtfertigt es, den Fokus dieser Arbeit allein auf AGB zu legen. Dementsprechend werden die Begriffe „Klausel“ oder „Bedingung“ in der folgenden Arbeit als Synonym für AGB im technischen Sinn verwendet. Sofern es an einer Stelle zwingend auf die Unterscheidung zwischen AGB einerseits und nicht individuell ausgehandelter Klausel andererseits ankommt, wird dies ausreichend deutlich gemacht.

II. BGB Nach der Legaldefinition in § 305 I 1 BGB sind AGB vorformulierte Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen gelten sollen. Durch sie wird der

1 2

Hellwege, S. 353; ders., in: Handwörterbuch des europäischen Privatrechts, S. 29 f. Vgl. Schauer, S. 59.

II. BGB

59

Vertrag also über die gesetzlichen Vorschriften hinaus inhaltlich ausgestaltet.3 Der Begriff der Vertragsbedingungen ist weit zu verstehen. Erfasst sind sämtliche Abreden des jeweiligen Rechtsgeschäfts.4 Nicht maßgeblich ist dabei, welche Bedeutung sie jeweils für den Vertrag haben (Bestimmung der Hauptleistung, Nebenabrede, Regelungen für die Zeit vor dem Vertragsschluss etc.).5 Da die Vorschrift ausdrücklich Vertragsbedingungen6 erfordert, sind einseitige Rechtsgeschäfte grundsätzlich nicht erfasst. Die h.M. macht jedoch eine Ausnahme für einseitige Rechtsgeschäfte des Vertragspartners, die der Verwender vorformuliert hat.7 Dafür sprechen die Klauselverbote in § 308 Nr. 1 und 5 und § 309 Nr. 12 lit. b) BGB,8 denn diese sind nach Sinn und Zweck gerade für solche Fälle ausgelegt. Vorformuliert bedeutet, dass die Bedingungen bereits vor Vertragsschluss in irgendeiner Weise für die mehrfache Verwendung festgehalten sind.9 Das kann und wird im Regelfall schriftlich sein, muss es aber nicht.10 Es reicht daher schon, wenn die Bedingungen im maßgeblichen Zeitpunkt aus dem Gedächtnis des Verwenders abgerufen werden können.11 § 305 I 2 BGB stellt diesbezüglich klar, dass die äußerliche Gestaltung des AGBTextes und seine Stellung im Vertragsgefüge (inkorporiert, separate Blätter etc.) für die AGB-Qualität unerheblich sind. Die Klauseln dürfen nicht nur für einen einzigen Vertrag, sondern müssen für eine Vielzahl davon gedacht sein. Das bedeutet konkret: entweder für unbestimmt viele oder zumindest eine große Anzahl von Vertragsschlüssen.12 Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es allein auf die entsprechende Absicht im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und nicht auf die tatsächlich erfolgte Anzahl der Verwendungen

3

BGHZ 148, 74 (76); 101, 271 (274); Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 4. Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 4 f.; Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 4. 5 BGHZ 109, 197 (200); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 7; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/ B/H, § 305 Rn. 15. 6 Hervorhebung durch den Verfasser. 7 BGHZ 141, 124 (126 f.); 98, 24 (28); NJW 1987, 2011 (2011); Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 8. 8 Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 9; Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 5; SchulteNölke, in: Hk-BGB, § 305 Rn. 2; Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 7. 9 BGHZ 141, 108 (109 f.); NJW 1998, 2600 (2600); Becker, in: Bamberger/Roth, § 305 Rn. 16. 10 BGHZ 148, 74 (77); WM 2005, 1373 (1375); 1988, 410 (410); A. Stadler, in: Jauernig, § 305 Rn. 5. Es genügt daher insbesondere auch eine digitale Aufbewahrung und Präsentation, s. Schrammen, S. 286. 11 BGH NJW 2005, 2543 (2544); OLG Frankfurt NJW-RR 2001, 55; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 20; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 14; Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 9. 12 BGH NJW 1998, 2600 (2600). 4

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F. Die jeweiligen AGB-Begriffe

ankommt.13 Diesbezüglich ist grundsätzlich auf die Intention des Verwenders der AGB abzustellen,14 jedoch kann auch die Absicht eines Dritten maßgeblich sein.15 Man denke hier etwa an Vorlagen einer Verbraucherzentrale oder eines Hauseigentümerverbandes.16 Als Mindestanzahl werden drei Verträge genannt.17 Dementsprechend sind die §§ 305 ff. BGB regelmäßig nicht bei einer einmaligen Verwendung anwendbar. Eine Ausnahme gilt nach § 310 III Nr. 2 BGB aber für Verbraucherverträge. Dies rechtfertigt sich aus der typischerweise unterlegenen Stellung und geschäftlichen Unerfahrenheit des Verbrauchers, der deswegen stärker geschützt werden muss und regelmäßig mit Unternehmern kontrahiert. Zusätzlich müssen die AGB dem Kunden gegenüber „gestellt“ werden. Das setzt voraus, dass die Klauseln nicht Inhalt der Vertragsverhandlungen sind, sondern durch den Verwender einseitig vorgegeben werden.18 Damit einher geht die fehlende Einflussmöglichkeit des AGB-Empfängers auf die Verwendung als solche und den Inhalt der Klauseln. Insofern bildet diese Voraussetzung das Gegenstück zu § 305 I 3 BGB, der sich mit individuell ausgehandelten Klauseln befasst. Für Verbraucherverträge fingiert § 310 III Nr. 1 BGB das „Stellen“ durch den Unternehmer, da dies im rechtsgeschäftlichen Verkehr dem Regelfall entspricht. Beim „Steller“ muss es sich um eine Vertragspartei handeln. Das ist häufig unproblematisch, da Verwender und Ausarbeitender regelmäßig (institutionell) identisch oder zumindest als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind. Anders verhält es sich aber, wenn ein neutraler Dritter die Klauseln vorbereitet hat und ihre Verwendung keiner der Vertragsparteien zugerechnet werden kann.19 In einem solchen Fall fehlt es grundsätzlich an einem „Stellen“ im maßgeblichen Sinne, so dass die §§ 305 ff. BGB nicht anwendbar sind. Für Verbraucherverträge sieht § 310 III Nr. 1 BGB diesbezüglich wieder eine Sonderregel vor, nach der das Stellen durch den Unternehmer (widerleglich) vermutet wird. Soweit die Bedingungen im Einzelnen ausgehandelt wurden, fehlt ihnen gemäß § 305 I 3 BGB ebenfalls die AGB-Eigenschaft. Die AGB-spezifischen Vorschriften bei einer solchen Individualabrede nicht anzuwenden, rechtfertigt sich aus der Parteiautonomie: Wenn die Parteien gleichberechtigt auf den Vertragsinhalt Einfluss 13 BGH NJW-RR 2002, 13 (14); NJW 2000, 2988 (2989); Becker, in: Bamberger/Roth, § 305 Rn. 24; Stoffels, Rn. 127; Coester, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Rn. 24; von Westphalen, in: von Westphalen, Individualvereinbarung, Rn. 5. 14 BGH NJW-RR 2002, 13 (14). 15 BGH NJW 2000, 2988 (2989); 1991, 843 (843). 16 Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 19; Neideck, JA 2011, 492 (494). 17 BGH NJW 2004, 1454 (1454 f.); 2002, 138 (139); 1998, 2286 (2287); Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 20. 18 BGHZ 130, 50 (57); 83, 56 (58); Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 21. 19 BGH NJW 1992, 2817 (2817); Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 22 f.; Berger, in: PWW, § 305 Rn. 7; A. Stadler, in: Jauernig, § 305 Rn. 6.

II. BGB

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nehmen konnten, besteht kein Schutzbedürfnis mehr. Erforderlich ist aber, dass der Vertragspartner eine dementsprechend starke Position innehatte. Nach ständiger Rechtsprechung ist „Aushandeln“ nicht mit „Verhandeln“ gleichzusetzen.20 Vielmehr muss der Verwender den Inhalt einer bestimmten oder aller Klauseln „ernsthaft zur Disposition“ stellen, damit der AGB-Empfänger die Möglichkeit hat, diesen tatsächlich zu beeinflussen.21 Ob der AGB-Text dabei letztlich verändert wird oder nicht, ist nach zutreffender Ansicht unerheblich.22 Da jedoch eine Textänderung das stärkste und oftmals einzige Indiz für die erforderliche Dispositionsbereitschaft darstellt,23 muss Letztere bei unveränderter Übernahme des AGB-Textes anderweitig nachgewiesen werden.24 Der diesbezüglich beweisbelastete Verwender25 kann etwa einen entsprechenden Zusatz in den Vertrag aufnehmen, der das Ergebnis des Aushandelns dokumentiert, und diesen – zur Sicherheit – noch separat vom Klauselgegner unterzeichnen lassen.26 Zusätzlich sollten in jedem Fall der diesbezügliche Austausch von Schriftsätzen und die internen Aktenvermerke aufbewahrt werden.27 20 Zustimmend von Westphalen, in: von Westphalen, Individualvereinbarung, Rn. 1; W. Müller/Griebeler/Pfeil, BB 2009, 2658 (2661). Anders der vom Zivilrechtsausschuss des DAV vorgelegte Reformvorschlag für den unternehmerischen Geschäftsverkehr. Danach soll es für die Abgrenzung zwischen AGB und Individualvereinbarung auf das Vorliegen einer „selbstbestimmten unternehmerischen Entscheidung“ ankommen. Diese könne insbesondere schon dann vorliegen, wenn der Vertragspartner zu den AGB oder dem Vertrag insgesamt keinerlei Änderungsvorschläge unterbreitet, obwohl er vor Vertragsschluss die Gelegenheit dazu hatte; dazu von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (441 ff.). Zu weiteren Vorschlägen im Schrifttum ders., ZIP 2010, 1110 (1113 f.). Kritisch zur Sichtweise des BGH auch Drygala, JZ 2012, 983 (983 ff.); Leuschner, JZ 2012, 875 (882 f.); W. Müller/Schilling, BB 2012, 2319 (2323). 21 BGHZ 150, 299 (302 f.); 143, 103 (111 f.); NJW 2005, 2543 (2544); Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 36; von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (443); ausführlich Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 17 ff.; von Westphalen, in: von Westphalen, Individualvereinbarung, Rn. 9 ff.; kritisch zu einem solchen „realitätsfremden“ Ansatz der Rechtsprechung Berger, NJW 2010, 465 (467 ff.); ders./Kleine, BB 2007, 2137 (2137); ders., ZIP 2006, 2149 (2152 f.). 22 BGHZ 143, 103 (112); 84, 109 (111 f.); NJW-RR 1987, 144 (145); Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 20. 23 Dementsprechend fehlt es bisher auch an (höchst-)richterlichen Entscheidungen, die ein Aushandeln bei unveränderter Textübernahme bejaht haben, vgl. W. Müller/Griebeler/Pfeil, BB 2009, 2658 (2660); von Westphalen, NJW 2009, 2977 (2982). 24 BGHZ 153, 311 (321); 143, 103 (112); NJW 2005, 2543 (2544); von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (441; 444). Einen gesetzlichen „Kriterienkatalog“ für Aushandeln fordern W. Müller/ Griebeler/Pfeil, BB 2009, 2658 (2661 f.); zustimmend Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309 (314); für eine gesetzliche Regelung des Aushandelns auch Berger, NJW 2010, 465 (467 ff.); ablehnend von Westphalen, BB 2009, 195 (197 ff.). Für eine generelle Vermutung des Aushandelns im Unternehmerverkehr de lege ferenda Kollmann, NJOZ 2011, 625 (629). 25 BGHZ 83, 56 (58); NJW 1998, 2600 (2601); Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 28. 26 Ungenügend ist dagegen eine nicht näher ausgeführte Behauptung des Verwenders, die Klauseln seien ausgehandelt worden, auch wenn der Klauselgegner sie unterschrieben hat, vgl. von Westphalen, in: von Westphalen, Individualvereinbarung, Rn. 2. 27 Vgl. BGHZ 153, 311 (322); kritisch zu diesem „Dokumentationszwang“ Berger/Kleine, BB 2007, 2137 (2137); ders., ZIP 2006, 2149 (2152).

62

F. Die jeweiligen AGB-Begriffe

III. CISG Das CISG enthält keine Definition des AGB-Begriffs. Dies erscheint auf den ersten Blick problematisch, weil so eine Abgrenzung zu sonstigen Vertragsabreden (insbesondere Individualvereinbarungen) erschwert wird. Teilweise wird vorgeschlagen, den AGB-Begriff der PICC heranzuziehen.28 Das ist insofern nachvollziehbar, als die PICC gemäß Abs. 5 ihrer Präambel grundsätzlich zur Interpretation und Ergänzung internationalen Einheitsrechts gedacht sind. Allerdings bedarf es dafür richtigerweise auch noch eines Anknüpfungspunktes innerhalb des CISG.29 In Betracht kommen Art. 7 I und II sowie Art. 9 II CISG.30 Gegen die „Anknüpfung“ über Art. 7 II CISG spricht dessen Wortlaut, der zur Interpretation allein die dem CISG zugrundeliegenden Grundsätze beruft und bei deren Fehlen auf das nach dem IPR maßgebliche unvereinheitlichte Recht verweist. Internationale Regelwerke werden gerade nicht erwähnt.31 Auch handelt es sich bei CISG und PICC um zwei getrennte Regelwerke, die von verschiedenen Institutionen erstellt wurden. Vor allem entstand das CISG zeitlich weit vor den PICC.32 Ob sich das jeweilige Verständnis des Begriffes deckt, ist deshalb fraglich. Von Bedeutung ist ebenfalls, dass die PICC keine reinen „Restatements“ sind, sondern gerade auch eigene Wertentscheidungen ihrer Verfasser enthalten.33 Deswegen wird teilweise auch eine Anwendung über Art. 7 I und 9 II CISG abgelehnt.34 Sinnvollerweise müsste man daher unterscheiden: Dort wo die PICC letztlich „Restatements“ sind, können sie herangezogen werden, nicht aber wo eine wertende Auswahl ihrer Verfasser stattgefunden hat. Allerdings ist das nur ein scheinbar hilfreicher Lösungsansatz: Einerseits wurden die Materialien zu den Principles von 1994 nicht veröffentlicht, die als Anhaltspunkte dienen könnten, inwiefern bei der betreffenden Vorschrift eine Wertentscheidung getroffen wurde.35 Andererseits liegt immer schon dann eine Wertentscheidung vor, wenn auch nur eine der herangezogenen Rechtsordnungen eine abweichende Regelung enthält. Diesbezügliche Nachforschungen in den betreffenden Rechtsordnungen sind für Gerichte weder zeitlich noch finanziell sinnvoll und je nach Verfahren oftmals auch gar nicht zu bewerkstelligen.

28

Luig, S. 227. Janssen, IHR 2004, 194 (198). 30 Burkart, S. 211 ff.; Janssen, IHR 2004, 194 (198). 31 Gruber, Methoden, S. 302 f.; vgl. auch Vogenauer, ZEuP 2013, 7 (15). 32 Kritisch zu diesem Argument Basedow, Unif. L. Rev. 2000, 129 (136 f.). 33 Vogenauer, ZEuP 2013, 7 (10 f.); Janssen, IHR 2004, 194 (198); Magnus, RabelsZ 59 (1995), 469 (492). s. dazu schon oben C. I. 34 Janssen, IHR 2004, 194 (199); a.A. jedenfalls für Art. 7 I CISG Burkart, S. 211 ff. 35 Auch bei der offiziellen Kommentierung der PICC verhält es sich nicht anders als bei der von PECL und DCFR, vgl. Zimmermann, JBl 2012, 2 (11). 29

III. CISG

63

Die Ansicht verschiedener Autoren, die PICC seien als Verkörperung der dem CISG zugrundeliegenden allgemeinen Grundsätze einzustufen,36 stößt in dieser Pauschalität ebenfalls auf Bedenken. Denn die Verfasser der PICC haben sich an manchen Stellen für die nach ihrer Ansicht am besten geeignete Lösung eines Problems entschieden37 und gerade nicht für die des CISG.38 Da sich die Einbeziehung von AGB aber ebenso wie sonstige Vereinbarungen der Parteien nach den Art. 14 ff. CISG richtet, ist eine genaue Begriffsbestimmung von AGB für die Einbeziehung gar nicht notwendig. Es genügt insoweit von „vorformulierten Regelungen“ zu sprechen,39 um jedenfalls sprachlich die Unterscheidung zu den anderen Vertragsinhalten zu ermöglichen. Daran ändert auch die nach h.M. für AGB bestehende Übersendungsobliegenheit nichts.40 Diese stellt letztlich nur klar, dass AGB wie auch die sonstigen Bestandteile des Angebots dem Vertragspartner bei Vertragsschluss vorliegen müssen. Auch der Schutz vor überraschenden AGB ist ohne genaue Begriffsbestimmung gewährleistet.41 Von Bedeutung ist der AGB-Begriff aber für die Inhaltskontrolle, die über die Wirksamkeit der Klauseln und damit über die Gültigkeit von Vertragsbestimmungen entscheidet. Gültigkeitsfragen regelt das CISG nach Art. 4 S. 2 lit. a) jedoch gerade nicht. Daher gilt im Übrigen ein nationaler AGB-Begriff. Deswegen überzeugt auch das angeführte Argument für die Anwendung des PICC-Begriffs42 nicht: Die Abgrenzung zu Individualklauseln erfolgt durch die jeweilige Definition der AGB im anwendbaren nationalen Recht, das dadurch den Prüfungsumfang vorgibt. Im Falle der Berufung deutschen Rechts durch das IPR wäre das wiederum § 305 I 1 BGB. Von diesem Verständnis gehen auch die deutsche Rechtsprechung und das deutsche Schrifttum bei ihren Ausführungen aus. Wie im BGB genießt eine zwischen den Parteien erfolgte Individualvereinbarung im CISG ebenfalls Vorrang vor AGB.43 Art. 8 I CISG besagt nämlich, dass Erklärungen nach dem Willen der Parteien auszulegen sind. Soweit sie also eine – dem deutschen Aushandeln vergleichbare – Vereinbarung getroffen haben, ist auch hier nicht von AGB auszugehen.44 Der Vergleich zum deutschen „Aushandeln“ recht36 Basedow, Unif. L. Rev. 2000, 129 (135 ff.); Bonell, Unif. L. Rev. 1996, 26 (36); Vorsichtiger Magnus, RabelsZ 59 (1995), 469 (492), der die PICC „ergänzend als weitere Grundsätze des CISG“ heranziehen will. 37 Gruber, Methoden, S. 303 f.; Bonell, Unif. L. Rev. 1996, 26 (30); Drobnig, FS Steindorff, S. 1151. s. dazu schon oben C. I. 38 Janssen, IHR 2004, 194 (198). 39 So Piltz, Rn. 3 – 79; ders., IHR 2004, 133 (133). 40 Zu ihr ausführlich unten G. II. 1. b) aa) (2). 41 s. unten G. II. 4 b). 42 Luig, S. 227. 43 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 21; Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/ Schwenzer, Art. 8 Rn. 58; Piltz, Rn. 3 – 81; ders., IHR 2004, 133 (134). 44 Schmidt-Kessel/Meyer, IHR 2008, 177 (179).

64

F. Die jeweiligen AGB-Begriffe

fertigt sich aus der Überlegung, dass ein solcher Parteiwille beim AGB-Empfänger regelmäßig nur dann angenommen werden kann, wenn dieser zumindest die Möglichkeit hatte, den Klauselinhalt zu beeinflussen, und damit nicht mehr auf die bei AGB gewährten Schutzmechanismen angewiesen ist. Er weiß dann schließlich, was ihn erwartet.

IV. PICC Die PICC enthalten in Art. 2.1.19 II eine Legaldefinition von AGB. Danach handelt es sich um Regeln, die im Voraus für allgemeine und wiederholte Benutzung durch eine Partei vorbereitet worden sind und die tatsächlich ohne Verhandlung mit der anderen Partei benutzt werden.45 Auch diese Definition enthält noch weitere auslegungsbedürftige Merkmale. Zunächst fällt auf, dass die PICC den weiteren Begriff des „Vorbereitens“ verwenden („provisions prepared in advance“), während das BGB enger von „vorformulierten Vertragsbedingungen“ spricht. Da im deutschen Recht diese Voraussetzung aber sehr weit ausgelegt wird und gerade keine physische Fixierung erfordert, ergibt sich aus der abweichenden Formulierung kein nennenswerter Unterschied. Das ist auch die Sichtweise der offiziellen Kommentierung: Danach ist die Form der Bedingungen nicht entscheidend und als Beispiel wird die Präsentation in einer elektronischen Datei angeführt.46 Das „Vorbereiten“ ist daher genauso weit zu verstehen wie „vorformuliert“ im BGB und erfasst auch eine geistige Vorbereitung. Schwieriger wird es beim Erfordernis der „allgemeine[n] und wiederholte[n] Benutzung“ („for general and repeated use by one party“). Maßgeblich ist auch hier wieder allein die entsprechende Absicht bei Vertragsschluss.47 „By one party“ macht zudem deutlich, dass die Absicht zwingend bei der verwendenden Vertragspartei vorliegen muss. Die Absicht eines (neutralen) Dritten genügt im Gegensatz zum BGB nicht.48 „Allgemein“ bedeutet logischerweise wiederum, dass die Klauseln allen Verträgen zugrundegelegt werden, für die sie jeweils konzipiert sind. Anderenfalls ergäben sich Widersprüche, wenn ein Verwender zwei Klauselwerke für bestimmte Geschäfte verwendet, ein anderer dagegen nur eines für sämtliche seiner Verträge. Fraglich bleibt aber, wann ein „wiederholter Gebrauch“ im Sinne der Vorschrift vorliegt. Wiederholen bedeutet dem Wortsinn nach, etwas erneut vornehmen. Das ist 45 „Standard terms are provisions which are prepared in advance for general and repeated use by one party and which are actually used without negotiation with the other party.“ Die deutsche Übersetzung der PICC 2004 ist abgedruckt bei Vogenauer, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, S. CXLII. Die deutsche Übersetzung der PICC 2010 ist im Internet abrufbar (s. oben C. Fn. 20). 46 UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, Art. 2.1.19 Comment 2. 47 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 2. 48 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 2 a.E.

IV. PICC

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schon bei einem zweiten Vertragsschluss mit denselben AGB zu bejahen. Im Gegensatz zum BGB legt die Wortwahl auch nicht nahe, dass es mehr als zwei Vertragsschlüsse geben muss. Daher genügt schon die zweimalige Verwendung.49 Der letzte Halbsatz der Vorschrift grenzt die AGB wieder von der Individualvereinbarung ab („and which are actually used without negotiation with the other party“). Unklar ist aber, ob „negotiation“ wie in § 305 I 3 BGB im Sinne von „Aushandeln“ zu verstehen ist.50 Die deutsche Übersetzung der PICC51 verwendet das von der Bedeutung her schwächere „Verhandeln“. Schon während der Ausarbeitung der PICC wurde diskutiert, wie „negotiation“ zu verstehen ist, jedoch ohne eindeutiges Ergebnis.52 Eine klarstellende Vorschrift wie im DCFR und der Machbarkeitsstudie fehlt leider.53 Auch die jeweilige französische, italienische und spanische Fassung („négociation“, „oggetto di trattative“, „negociación“) sowie die offizielle Kommentierung helfen nicht weiter. Zur Lösung des Problems wird von Stimmen in der Literatur auf den persönlichen Anwendungsbereich der PICC verwiesen. Da diese nur für Kaufleute gelten,54 müssten auch die dort verwendeten Begriffe aus kaufmännischer Sicht beurteilt werden.55 Ein einfaches Verhandeln über die Klauseln genüge daher bereits, um sie aus dem Anwendungsbereich der Art. 2.1.19 ff. PICC auszunehmen.56 Allerdings wird zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht alleine auf den Wortlaut von „Verhandeln“ abgestellt werden darf.57 Die Autoren waren sich schließlich selbst nicht einig, wie „negotiated“ überhaupt zu verstehen ist.58 Dass es durchaus dem deutschen „Aushandeln“ gleichstehen kann, zeigt etwa die Auslegung von „not individually negotiated“ in Art. II.-1:110 DCFR.59 Insofern erscheint es konsequenter, an dieser Stelle wiederum auf die Einordnung von AGB als Unterfall der nicht im Einzelnen ausgehandelten Klauseln abzustellen. Deren Definition kann auch im Rahmen der PICC herangezogen werden. Dementsprechend kommt es für eine Bejahung des letzten Halbsatzes darauf an, dass der

49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59

In diesem Sinne auch Spruß, S. 580. So auch Köhler, S. 58. s. oben C. Fn. 20. Vgl. (1994) PC – Misc 19, S. 94. Dazu sogleich VI. s. oben D. II. Berger, NJW 2001, 2152 (2153). Spruß, S. 580; Berger, NJW 2001, 2152 (2153). Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 3. s. soeben Fn. 52. s. unten VI.

66

F. Die jeweiligen AGB-Begriffe

AGB-Empfänger den Inhalt der Klauseln nicht beeinflussen konnte.60 „Negotiation“ ist daher mit dem „Aushandeln” im deutschen Recht gleichzusetzen.

V. PECL Die PECL verwenden sowohl den Begriff der nicht im Einzelnen ausgehandelten Klauseln als auch den der AGB. Von AGB wird jedoch nur in Art. 2:209 in Zusammenhang mit der AGB-Kollision (battle of the forms) gesprochen, während in den übrigen Vorschriften auf die nicht im Einzelnen ausgehandelten Klauseln abgestellt wird. Art. 2:209 III PECL definiert AGB als Bedingungen, die im Voraus für eine unbestimmte Anzahl von Verträgen bestimmter Art formuliert und die nicht von den Parteien individuell ausgehandelt worden sind. Die offizielle Kommentierung enthält leider keine Ausführungen, wie die einzelnen Voraussetzungen jeweils auszulegen sind. Auch die PECL bedienen sich des Begriffs „im Voraus […] formuliert“ („formulated in advance“). Vom Wortlaut ausgehend ist in jedem Fall eine schriftliche Abfassung der AGB erfasst. Allerdings lässt der Wortsinn ebenso eine sonstige Formulierung zu, die auch geistig erfolgen kann. Die Schriftform wird gerade nicht gefordert. Dementsprechend kann die Voraussetzung auch bei den PECL weit ausgelegt werden. Problematisch ist aber das Erfordernis einer „unbestimmten Anzahl von Verträgen“ („indefinite number of contracts“). Klar ist jedenfalls, dass ein einzelner Vertrag hierfür nicht ausreicht. Darüber hinaus ergibt sich aus der Formulierung, dass bei den PECL ebenfalls nicht auf die Anzahl der tatsächlichen, sondern auf die der beabsichtigten Verträge abzustellen ist. Das ist logisch zwingend, da ansonsten die erstmalige Verwendung wiederum nicht erfasst wäre. Allerdings ist die Verwendung des Adjektivs „unbestimmt“ im Hinblick auf Sinn und Zweck der AGB-Vorschriften bedenklich. Aus der Kommentierung und den Anmerkungen geht nicht hervor, warum dieser Begriff gewählt wurde. Wahrscheinlich sollte damit lediglich ausgedrückt werden, dass jedenfalls mehrere gleichartige Geschäfte erforderlich sind. Wenn dem so ist, dann haben die Autoren dafür jedoch eine unglückliche Formulierung gewählt. Der eindeutige Wortsinn verbietet nämlich eine vorab bestimmte Anzahl von Verträgen. Die Anwendbarkeit der AGB-Vorschriften läge somit in der Hand des Verwenders, indem dieser (nachweisbar) eine Höchstzahl von Vertragsschlüssen festsetzt.61 60

Vgl. Art. 3 II der Klauselrichtlinie. Diese Definition ist über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus verallgemeinerungsfähig. 61 Ablehnend gegenüber dieser Beschränkung in den PECL auch DCFR (Full), Art. II.1:109 Note 1.

VI. DCFR und Machbarkeitsstudie zum Europäischen Vertragsrecht

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Letztlich handelt es sich hierbei aber – jedenfalls bei Verbraucherverträgen – nur um ein Scheinproblem,62 das vor allem durch das Begriffsverständnis im BGB geprägt ist. Dort gilt: Liegen keine AGB vor, gibt es auch keine spezielle Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle. Bei den PECL sind AGB dagegen allein für die Anwendbarkeit von Art. 2:209 vorausgesetzt. Die für Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle relevanten Vorschriften (Art. 2:104 bzw. Art. 4:110 PECL) gelten dagegen für sämtliche nicht individuell ausgehandelten Klauseln und hängen somit von einem Kriterium ab, das der Verwender gerade nicht einseitig beeinflussen kann. Der Schutz des Geschäftspartners ist daher auch bei einer bestimmten Anzahl von Geschäften gewährleistet. Die Problematik wirkt sich aber bei der Kollision von AGB nach Art. 2:209 PECL aus, da die Anwendbarkeit dieser Vorschrift mit dem Vorliegen von AGB steht und fällt.63 Wann die Bedingungen nicht individuell ausgehandelt sind, erläutern auch die PECL nicht selbst. Art. 2:104 ist zwar mit „Nicht individuell ausgehandelte Bedingungen“ überschrieben, enthält jedoch keine Definition, sondern setzt den Begriff wie die anderen Vorschriften bereits voraus. Eine Definition enthält aber die offizielle Kommentierung zu Art. 4:110 PECL.64 Danach kommt es darauf an, ob die betreffende Bestimmung „ausdrücklich Gegenstand von Verhandlungen zwischen den Parteien gewesen ist“, unabhängig davon ob sie letztlich inhaltlich geändert wird.65 Dementsprechend ist also auch bei den PECL entscheidend, ob der Vertragspartner die Möglichkeit hatte, den Klauselinhalt zu beeinflussen oder nicht.66

VI. DCFR und Machbarkeitsstudie zum Europäischen Vertragsrecht für Verbraucher und Unternehmer Auch im DCFR und der Machbarkeitsstudie wird zwischen AGB und nicht im Einzelnen ausgehandelten Klauseln unterschieden. Die AGB-Eigenschaft ist wiederum nur für bestimmte Vorschriften relevant,67 während im Übrigen – insbesondere bei der Einbeziehung (Art. II.-9:103 DCFR bzw. Art. 86 Machbarkeisstudie) – allgemein nur auf das Erfordernis einer nicht im Einzelnen ausgehandelten Klausel abgestellt wird.68 62 Nicht ganz so weitgehend Köhler, S. 58, der aber zumindest das Ausmaß der Schutzlücke als begrenzt ansieht. Ihm folgend Luig, S. 228. 63 Zur AGB-Kollision ausführlich unten G. II. 5. d). 64 Zu Art. 4:110 PECL unten bei der Inhaltskontrolle (H. IV. 1.). 65 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 4:110 Kommentar F. 66 Wolf, S. 114 f. 67 Art. II.-4:209 (battle of the forms) und II.-9:404 f. DCFR bzw. Art. 5 III, 38 und 87 Machbarkeitsstudie. 68 Vgl. Pfeiffer, GS Wolf, S. 119.

68

F. Die jeweiligen AGB-Begriffe

Die AGB-Definitionen in Art. II.-1:109 DCFR und Art. 2 XVII der Machbarkeitsstudie sind inhaltlich identisch und unterscheiden sich nur ganz geringfügig in der Wortwahl: „A ,standard term‘ is a term which has been formulated in advance for several transactions involving different parties and which has not been individually negotiated by the parties“ (die Machbarkeitsstudie verwendet den Plural). Was die Vorformulierung betrifft, lassen sich keine Unterschiede zu den anderen Regelwerken erkennen. Daher sei diesbezüglich auf die dortigen Ausführungen verwiesen. Der DCFR und die Machbarkeitsstudie verlangen weiter, dass die Bedingungen für „several transactions“ vorformuliert wurden. Auch „several“ hat mehrere Bedeutungen: „mehrere“, „etliche“ oder „einige“. Am treffendsten erscheint in diesem Zusammenhang die erste Übersetzung. Im Vergleich zu den PECL ist „mehrere“ jedenfalls schwächer als die „unbestimmte Anzahl“. Eine Parallele kann aber zur „Vielzahl“ im BGB gezogen werden, wofür bereits drei Vertragsschlüsse ausreichen.69 Diese Mindestanzahl lässt sich mit dem Begriff „several“ bzw. „mehrere“ gut vereinbaren. Anders als beispielsweise im deutschen Recht genügt es aber offenbar nicht, die AGB nur für Verträge mit einer bestimmten Partei zu verfassen, da das Erfordernis verschiedener Parteien in einem „Atemzug“ mit dem mehrerer Geschäfte genannt wird.70 Allerdings dürfte sich dies praktisch nur ganz selten auswirken, da speziell auf eine Partei zugeschnittene Klauselwerke den Rationalisierungeffekt von AGB doch deutlich schmälern und daher die Ausnahme bilden.71 Im Gegensatz zu PICC und PECL enthalten DCFR und Machbarkeitsstudie in Art. II.-1:110 I bzw. Art. 5 I eine Definition, wann AGB nicht individuell ausgehandelt wurden. Wie schon in den bisherigen Regelwerken kommt es darauf an, ob die andere Partei ihren Inhalt beeinflussen konnte. Der AGB-Empfänger muss also eine wirkliche Möglichkeit gehabt haben, die Bedingung zu verändern („negotiations […] which offer a real opportunity to change the term“).72 Davon kann man nur sprechen, wenn die diesbezüglichen Verhandlungen zwischen den Parteien eine bestimmte Qualität und Bedeutung hatten.73 Das erfordert die Bereitschaft des Verwenders, seine Bedingungen gänzlich auf den Prüfstand zu stellen und ist daher 69

Oben F. II. Vgl. den Wortlaut von Art. II.-1:109 DCFR und Art. 2 XVII Machbarkeitsstudie: „for several transactions involving different parties“. Natürlich könnte man diesen Teil der Vorschriften auch dahingehend verstehen, dass hierdurch nochmals das Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung zwischen zwei verschiedenen Personen wiederholt wird. Dann wäre der Textteil aber schlicht überflüssig, da dies offensichtlich ist und deswegen keiner eigenständigen Erwähnung mehr bedarf. 71 Vgl. auch zum GEK-Vorschlag von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1987), allerdings nur für Verbraucherverträge; offengelassen von W. Müller/Schilling, BB 2012, 2319 (2322). 72 So für den DCFR: DCFR (Full), Art. II.-1:110 Comment B.; Pfeiffer, Non-Negotiated Terms, S. 190. 73 Vgl. Möslein, S. 267 f. (zum GEK-Vorschlag). 70

VII. GEK-Vorschlag

69

vergleichbar mit dem „Ernsthaft-zur-Disposition-Stellen“ im Rahmen von § 305 I 3 BGB. Damit einher geht wiederum das Erfordernis des „Stellens“ („supplied“). Darunter ist auch hier die einseitige Vorgabe durch den Verwender zu verstehen. Für Verbraucherverträge wird das Stellen durch den Unternehmer gemäß Art. II.1:110 V DCFR bzw. Art. 5 V Machbarkeitsstudie vermutet. Auffällig ist aber, dass nicht die Definition von AGB selbst, sondern schon das darin enthaltene Element „nicht individuell ausgehandelt“ an das Element des Stellens gekoppelt wird (vgl. Art. II.-1:110 DCFR bzw. Art. 5 I Machbarkeitsstudie).74 Dieser Umstand wirkt sich in Unternehmerverträgen aus, bei denen die Vermutung in Art. II.-1:110 V DCFR bzw. Art. 5 V Machbarkeitsstudie nicht gilt. Wurden die Bedingungen daher von einem Dritten ausgearbeitet und vorgegeben, dessen Tätigwerden aber gleichzeitig keiner Vertragspartei zugerechnet werden kann, fehlt es – wie schon im BGB75 – an einer Voraussetzung für die Klauselkontrolle und verringert den Schutz des Klauselgegners. Das Merkmal des Stellens sollte deswegen aus der Definition von „nicht individuell ausgehandelt“ gestrichen werden,76 da es ohnehin noch mehrfach an anderer Stelle angesprochen wird.77

VII. GEK-Vorschlag Der GEK-Vorschlag enthält in Art. 2 lit. d) GEK-VO eine Definition der „Standardvertragsbestimmungen“ („standard contract terms“).78 Wie schon in den anderen Regelwerken, wird auch hier nur in wenigen Vorschriften auf sie Bezug genommen (Art. 7 III und 39 GEK-Vorschlag). Die übrigen Vorschriften verlangen wiederum nur allgemein „Vertragsbestimmungen“, gegebenenfalls ergänzt um zusätzliche Erfordernisse. Standardvertragsbestimmungen sind nach Art. 2 lit. d) der GEK-VO „Vertragsbestimmungen, die vorab für mehrere Geschäfte und verschiedene Vertragsparteien verfasst und im Sinne von Artikel 7 des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts nicht individuell von den Vertragsparteien ausgehandelt wurden.“79 74

Zur gleichen Problematik im GEK-Vorschlag Möslein, S. 268. s. oben F. II. 76 Vgl. Möslein, S. 269 zur parallelen Regelung in Art. 7 GEK-Vorschlag. 77 Beispielsweise in Art. II.-9:403 ff. DCFR bzw. Art. 81 I, 85 Machbarkeitsstudie. 78 Die Definition soll nach dem Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 wörtlich unverändert in einen neuen Art. 2 lit. ff) verschoben werden. 79 In der englischen Fassung: „contract terms which have been drafted in advance for several transactions involving different parties, and which have not been individually negotiated by the parties within the meaning of Article 7 of the Common European Sales Law.“ Kritisch ist aber anzumerken, dass die Definition der Standardvertragsbestimmungen in der GEK-VO verortet ist und nicht etwa bei Art. 7 GEK-Vorschlag. Dadurch wird in der Tat „Zusammengehöriges 75

70

F. Die jeweiligen AGB-Begriffe

Von der Wortwahl lehnt sich diese Definition an die des DCFR und der Machbarkeitsstudie an. Anstatt von „formulated“ spricht die GEK-VO in der englischen Version zwar von „drafted“, was jedoch in der deutschen Übersetzung und (wichtiger) in der Sache keinen Unterschied macht. „Verfasst“ erfasst insofern sämtliche Möglichkeiten wie „vorformuliert“ im BGB.80 Ebenso werden auch hier „mehrere Geschäfte“ gefordert. Dementsprechend können die obigen Ausführungen jeweils entsprechend übertragen werden. Auch im GEK-Vorschlag genügt es ausgehend vom Wortlaut offenbar nicht, die AGB nur für Verträge mit einer bestimmten Partei abzufassen.81 Jedoch sind auch hier die Auswirkungen wegen des angestrebten Rationalisierungseffekts gering.82 Wann die Bestimmungen nicht individuell ausgehandelt wurden, klärt die GEKVO nicht selbst, sondern verweist in der AGB-Definition insoweit auf die in Anhang I abgedruckten Vertragsrechtsbestimmungen des GEK.83 Nach deren Art. 7 I ist „eine Vertragsbestimmung […] nicht individuell ausgehandelt, wenn sie von einer Partei gestellt wurde und die andere Partei nicht in der Lage war, ihren Inhalt zu beeinflussen.“ Das entspricht inhaltlich Art. II.-1:110 I DCFR, Art. 5 I der Machbarkeitsstudie und vor allem auch dem Verständnis des deutschen § 305 I 3 BGB,84 so dass auch die Ausführungen dazu entsprechend herangezogen werden können.85 Maßgeblich ist daher wieder, ob eine wirkliche Möglichkeit des Klauselgegners bestanden hat, auf den Inhalt der Bestimmung Einfluss zu nehmen. Nr. 2 stellt in dieser Hinsicht klar, dass die Auswahl der betreffenden Bestimmung aus mehreren anderen noch nicht als individuelles Aushandeln angesehen wird. Der Wortlaut macht ebenfalls deutlich, dass es auch im GEK nicht genügt, pauschal über den Vertrag zu verhandeln, sondern jede Klausel für sich genommen im Fokus stehen muss.86 auseinander gerissen“, vgl. Schauer, S. 45; Ernst, S. 95 f.; Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (588). 80 s. oben F. II. 81 Vgl. den Wortlaut: „für […] verschiedene Vertragsparteien verfasst […]“. Auch hier ist allerdings noch eine andere Lesart denkbar, die den Textteil aber überflüssig machen würde, s. soeben Fn. 70. 82 Vgl. auch von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1987), allerdings nur für Verbraucherverträge; offengelassen von W. Müller/Schilling, BB 2012, 2319 (2322). 83 Kritisch dazu und zur separaten Definition von AGB Wendehorst, in: Schulze, Art. 2 GEK-VO Rn. 9, 11. 84 von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (442 f.); s. oben F. II. 85 Einschränkend zur Verwendung der Materialien zu PICC, PECL und DCFR für die Interpretation des GEK-Vorschlags Zimmermann, JBl 2012, 2 (11). 86 Möslein, S. 268; von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (443). Insofern nicht nachvollziehbar Drygala, JZ 2012, 983 (985 f.), der die deutsche Übersetzung von Art. 7 GEK allein auf die Orientierung an § 305 I 3 BGB zurückführt und der englischen Fassung unterstellt, sie verzichte „auf eine feinsinnigere Differenzierung zwischen Verhandlungen auf der einen Seite und einer qualifizierteren Form des Gesprächs über die Bedingungen.“ Auch in der englischen Fassung ist nach Art. 7 I GEK die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Bedingungsinhalt relevant.

VIII. Zusammenfassung zu den AGB-Begriffen

71

Da die Vorschriften nahezu mit denen des DCFR identisch sind, gelten auch die dortigen Ausführungen zum Merkmal „von einer Vertragspartei gestellt“ entsprechend.87 Gemäß Art. 7 V GEK-Vorschlag wird das Stellen der Bedingungen durch den Unternehmer in Verbraucherverträgen vermutet. Wie schon beim DCFR und der Machbarkeitsstudie stellt sich aber auch hier wieder die Frage, ob die Definition von nicht individuell ausgehandelt auch gleichzeitig davon abhängig gemacht werden muss, dass die Bedingungen gestellt wurden.88 Obwohl diese Voraussetzung bereits in Art. 7 GEK-Vorschlag enthalten ist, wird sie auch im GEK-Vorschlag überflüssigerweise bei der Inhaltskontrolle erneut als Tatbestandsmerkmal aufgeführt.89 Die AGB-Definition im GEK-Vorschlag bewegt sich also auf der Linie der bisherigen Regelwerke, so dass – jedenfalls an dieser Stelle – keine neuen Fragen auftauchen.90

VIII. Zusammenfassung zu den AGB-Begriffen Auch hinsichtlich der AGB-Definition lässt sich bei allen Regelwerken eine gemeinsame Linie erkennen. Einzig das CISG enthält keine Defintion dieses Begriffs, was jedoch wie dargelegt in der praktischen Anwendung unproblematisch ist. Aus deutscher Perspektive fällt auf, dass die Regelwerke vor allem mit dem Begriff der nicht individuell ausgehandelten Klauseln arbeiten und weniger mit dem speziellen Begriff der AGB. Letzterer ist größtenteils nur für die Vorschriften zu kollidierenden Vertragsbestimmungen relevant, im DCFR und der Machbarkeitsstudie darüber hinaus auch noch teilweise bei der Inhaltskontrolle. Der Grund hierfür ist in der Klauselrichtlinie zu suchen, die den Verfassern an vielen Stellen als Leitbild gedient hat. Diese spricht ebenfalls nicht von AGB, sondern verwendet den Begriff der nicht im Einzelnen ausgehandelten Klauseln. Da die Klauselkontrolle bei PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag, anders als im BGB,91 nur davon abhängt, dass nicht individuell ausgehandelte Klauseln vorliegen, ergibt sich jedenfalls allein wegen dieser unterschiedlichen Begrifflichkeiten grundsätzlich keine Einschränkung des Schutzumfangs. Alle AGB-Definitionen stimmen zunächst darin überein, dass es nicht zwingend einer physischen Fixierung des Klauselinhalts vor Vertragsschluss bedarf, sondern jede Art des Vorbereitens, insbesondere in elektronischer Weise, genügt. 87 Kritisch zur teilweise umständlichen Regelungstechnik Wendehorst, in: Schulze, Art. 2 GEK-VO Rn. 9; Möslein, S. 268 f. 88 Möslein, S. 268 f.; vgl. oben F. VI. 89 s. Art. 83, 86 GEK-Vorschlag. Dazu ausführlich unten H. VI. 90 Vgl. auch von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1987). 91 Das CISG nimmt wie dargestellt insofern eine Sonderrolle ein, da sich im Regelfall die Einbeziehung sämtlicher Vertragserklärungen – unabhängig vom AGB-Charakter – nach seinen Vertragsschlussvorschriften vollzieht. Allein bei der inhaltlichen Gültigkeit ist es von den nationalen Rechten abhängig.

72

F. Die jeweiligen AGB-Begriffe

Eine erste Abweichung ergibt sich aber bei der Absicht einer mehrfachen Verwendung. Während im BGB auch die Absicht eines Dritten genügt, ist bei den PICC zwingend erforderlich, dass gerade der Verwender die AGB wiederholt nutzen möchte. Zudem genügt dort auch schon die zweifache Verwendung, während das BGB und auch die anderen Regelwerke durch ihren Wortlaut eine größere Anzahl erfordern, die jedoch schon bei drei Vertragsschlüssen angenommen wird. Das Erfordernis eines weiteren Vertragsschlusses mag ein nur marginaler Unterschied sein, hat aber gerade bei der Kollision von AGB entscheidende Bedeutung, wenn es um die Anwendbarkeit der diesbezüglichen Vorschriften geht. Da PICC, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag nur im Falle der Kollision von AGB – und gerade nicht bei der Kollision aller nicht individuell ausgehandelten Klauseln – von einer grundsätzlichen Anwendung der „knock-out-rule“ ausgehen, kann der Verwender dieses Ergebnis einseitig nur über den AGB-Begriff beeinflussen. Offensichtlich wird dies vor allem beim Erfordernis der PECL, dass die AGB für eine „unbestimmte Anzahl“ von Verträgen verwendet werden müssen. Legt der Verwender nachweislich eine bestimmte Anzahl von beabsichtigten Vertragsschlüssen fest, scheitert die Anwendung des Art. 2:209 PECL für die Kollision von AGB. Diesbezüglich weisen die PECL daher einen starken Nachteil auf. Alle AGB-Definitionen gehen auch davon aus, dass ein schlichtes Verhandeln über den Inhalt der Bedingungen unschädlich ist. Die AGB-Eigenschaft entfällt erst, wenn der Inhalt der betreffenden Vereinbarung individuell ausgehandelt wurde. Teilweise ist dies nicht ganz offensichtlich, da die fremdsprachlichen Originalfassungen den mehrdeutigen Begriff „negotiation“ verwenden, der im Falle der PICC etwa mit „Verhandeln“ ins Deutsche übersetzt wurde. Da „Aushandeln“ und „Verhandeln“ (jedenfalls nach deutschem Verständnis) nicht dieselbe Bedeutung haben, wird auch hier eine Schwäche der offiziellen Kommentierungen offenbar. Diese wiederholen an vielen Stellen lediglich den Wortlaut der entsprechenden Vorschriften und geben teilweise nur vage Beispiele. Weitergehende Ausführungen vermisst man aber.92 DCFR, Machbarkeitsstudie und auch der GEK-Vorschlag stellen dagegen lobenswerterweise klar, dass es – wie im deutschen Recht und letztlich auch bei den PICC – auf die Möglichkeit der inhaltlichen Einflussnahme durch den Klauselgegner ankommt. DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag schränken den Anwendungsbereich der Vorschriften, die speziell nur für AGB gelten, darüber hinaus noch durch das Erfordernis der Abfassung für „verschiedene Vertragsparteien“ ein. Diese Voraussetzung wird man wohl dahingehend zu verstehen haben, dass die AGB nicht nur für die Verwendung gegenüber einer bestimmten Partei gedacht sein dürfen.93 Die Einschränkung wird sich wie dargestellt praktisch zwar kaum auswirken, schränkt

92 Vgl. auch Zimmermann, JBl 2012, 2 (11); Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (271). 93 Die andere Lesart würde den Textteil schlicht überflüssig machen, s. soeben Fn. 70.

VIII. Zusammenfassung zu den AGB-Begriffen

73

aber die Vertragsfreiheit aus einem nicht nachvollziehbaren Grund ein. In der endgültigen Fassung des GEK sollte sie daher gestrichen werden. Darüber hinaus ist auch nicht ganz nachvollziehbar, warum die EU-Kommission für die AGB-Definition einen so komplizierten Weg gegangen ist. Es erschließt sich nicht, warum AGB zwar in Art. 2 lit. d) GEK-VO definiert werden, aber dafür trotzdem noch auf Art. 7 GEK-Vorschlag verwiesen wird. Da von AGB im GEK überhaupt nur an zwei Stellen die Rede ist und sich diese ausschließlich bei den Vorschriften des GEK-Vorschlags befinden, sollte daher auch die gesamte Definition dort untergebracht werden. Eine Definition in der eigentlichen Verordnung ist zwar neuerdings auf EU-Ebene der Regefall,94 jedoch nur dann sinnvoll, wenn die Verordnung nicht in mehrere Bereiche aufgeteilt wird.

94

Vgl. etwa Art. 2 EuUnthVO oder Art. 3 Rom III-VO.

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB Die Einbeziehung von AGB ist bei allen behandelten Regelwerken nicht als einseitiges Rechtsgeschäft ausgestaltet, sondern setzt eine Parteivereinbarung voraus. Als Grundsatz gilt daher das Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung der Klauseln. Dementsprechend kann die Einbeziehung auch in allen Stadien des Vertragsschlusses erfolgen: Bereits mit dem Angebot des Verwenders, aber auch mit dessen Annahme bei einem Angebot der Gegenseite. Darüber hinaus kann auch das Bedürfnis bestehen, AGB nachträglich in einen bereits bestehenden Vertrag einzubeziehen.

I. Maßgebliche Vorschriften für die Einbeziehung Im BGB befinden sich die Einbeziehungsregeln für AGB in den §§ 305 ff.1 Bei Verträgen mit Unternehmern finden die besonderen Formerfordernisse des § 305 II BGB und auch dessen Absatz 3 keine Anwendung (§ 310 I BGB). Hinter dem Verzicht auf diese Schutzvorschriften steht die Überlegung, dass Vertragsschlüsse im unternehmerischen Verkehr möglichst zügig zustande kommen und vor allem nicht unnötig erschwert werden sollen.2 Insbesondere können an Unternehmer wegen ihrer größeren Geschäftserfahrung – im Gegensatz zu Verbrauchern – höhere Anforderungen gestellt werden.3 Weitere Ausnahmen finden sich in §§ 305a und 310 IV BGB. Das CISG enthält dagegen keine speziellen Vorschriften für die Einbeziehung von AGB. Nach allgemeiner Ansicht richtet sich diese aber nach den allgemeinen Vertragsschlussregeln in Art. 14 ff. CISG.4 Nach Art. 2 lit. a) findet das CISG keine Anwendung auf Käufe zum privaten Gebrauch. Maßgeblich ist die Intention des Käufers bei Vertragsschluss. Verbraucherverträge sind daher insgesamt ausgenom-

1 Kritisch zur dogmatischen Einordnung im allgemeinen Schuldrecht etwa Wolf/Pfeiffer, ZRP 2001, 303 ff. 2 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 310 I Rn. 4; K. Schmidt, § 1 IV 2 b) (noch zu § 24 AGBG). 3 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 172; Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 46. 4 BGHZ 149, 113 (116); Hoge Raad, 28. 01. 2005, CISG-online Nr. 1002; OGH, 17. 12. 2003, CISG-online Nr. 828; Ferrari, in: MüKo-HGB, Art. 14 Rn. 38. Dies ergibt sich auch eindeutig aus dem Protokoll der UNCITRAL-Arbeitsgruppe, vgl. UNCITRAL Yearbook 1978, S. 81, Nr. 278.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

75

men, selbst wenn die Ware entgegen der ursprünglichen Entscheidung später beruflich oder gewerblich genutzt wird.5 Auch bei den PICC finden gemäß Art. 2.1.19 I die allgemeinen Regeln des Vertragsschlusses Anwendung, vorbehaltlich der Art. 2.1.20 bis 2.1.22. Für die Einbeziehung ist davon Art. 2.1.20 PICC relevant. Die PECL wiederum haben mit Art. 2:104 eine eigene Vorschrift für die Einbeziehung von nicht im Einzelnen ausgehandelten Klauseln, die daher ebenso für AGB gilt.6 Auch der DCFR stellt in Art. II.-9:103 Voraussetzungen für die Einbeziehung von nicht im Einzelnen ausgehandelten Klauseln auf. Allerdings ist die Vorschrift im Zusammenhang mit den allgemeinen Regeln zum Vertragsschluss (insbesondere Art. II.-4:101 und II.-4:103 DCFR) zu sehen und soll diese lediglich ergänzen.7 Ebenso verhält es sich bei Art. 86 Machbarkeitsstudie8 und Art. 70 GEK-Vorschlag. Die Normen sind größtenteils an den DCFR angelehnt und müssen daher ebenfalls in Verbindung mit den allgemeinen Regeln zum Vertragsschluss gesehen werden.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots In den meisten Fällen wird der Verwender bereits in seinem Angebot darauf hinwirken, dass seine AGB-Klauseln Vertragsbestandteil werden. 1. Hinweisobliegenheit und Möglichkeit der Kenntnisnahme Damit ein Konsens über die AGB-Verwendung hergestellt werden kann, muss der Vertragspartner zunächst überhaupt von deren Existenz und ihrem Inhalt wissen. a) BGB Im BGB muss für die Anforderungen der Einbeziehung zwischen Verträgen mit Verbrauchern (b2c) und Unternehmern (b2b) unterschieden werden. Für Letztere finden nach § 310 I BGB die Voraussetzungen in § 305 II und III BGB keine Anwendung (s. o. I.).

5 Ganz h.M., s. Ferrari, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 2 Rn. 12 a.E.; Magnus, in: Staudinger, Art. 2 Rn. 17; Saenger, in: Ferrari/Kieninger, Art. 2 Rn. 3; a.A. Lüderitz/Fenge, in: Soergel, Art. 2 Rn. 3. Differenzierend Spohnheimer, in: Kröll/M/PV, Art. 2 Rn. 14. 6 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:104 Kommentar A.; Hellwege, S. 373. s. schon oben F. V. 7 DCFR (Full), Art. II.-9:103 Comment A. 8 A.A. Hellwege/Miller, S. 433, 440 (nur Teil der Fairnesskontrolle).

76

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

aa) AGB in Verbraucherverträgen Für Verbraucherverträge enthält § 305 II BGB die Voraussetzungen einer Einbeziehung. (1) Hinweis, § 305 II Nr. 1 BGB Gemäß § 305 II Nr. 1 BGB muss der Verwender bei Vertragsschluss ausdrücklich darauf hinweisen, dass er dem Vertrag seine AGB zugrunde legt. Das gilt sowohl für Verträge unter Anwesenden als auch im Fernabsatz.9 Des Weiteren muss aus dem Hinweis hervorgehen, welche Klauseln einbezogen werden sollen.10 Teilweise wird dieses Erfordernis ungenau als Pflicht des Verwenders bezeichnet.11 Das ist zwar insofern richtig, als der Hinweis für die erfolgreiche Einbeziehung grundsätzlich unabdingbar ist. Jedoch kann der Klauselgegner den Hinweis nicht einfordern und das Unterlassen entfaltet nur für den Verwender rechtlich nachteilige Wirkungen. Richtigerweise handelt es sich daher um eine Obliegenheit. Der Hinweis kann sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen,12 wobei sich aus Beweisgründen aber für den Regelfall die Schriftform empfiehlt. Gestalterisch bietet sich eine Reihe von Möglichkeiten, einen Hinweis im Vertrag unterzubringen. Er muss jedoch als solcher klar erkennbar sein und darf nicht versteckt werden.13 Dementsprechend ist den Anforderungen nicht Genüge getan, wenn eine akribische Suche nach dem Hinweistext erforderlich wird und der Vertragspartner ihn nicht bereits bei einmaligem Lesen findet („flüchtige Betrachtung“).14 Ist ein Hinweis unverhältnismäßig erschwert oder gar nicht möglich (Paradebeispiel: Massengeschäfte ohne Personenkontakt an einem Automaten15), dann genügt auch ein deutlich sichtbarer Aushang am Ort des Vertragsschlusses. (2) Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme, § 305 II Nr. 2 BGB Des Weiteren muss der Verwender dem Empfänger ermöglichen, sich bei Vertragsschluss ein Bild vom Inhalt der Bedingungen machen zu können. § 305 II Nr. 2 BGB verlangt, dass sich diese Möglichkeit im Rahmen des Zumutbaren bewegt. Die Voraussetzung muss deswegen vor dem Hintergrund des Schutzzwecks und der Verbrauchereigenschaft des Empfängers ausgelegt werden. In Betracht kommt als

9

Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 27. Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 37; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 49. 11 So etwa Hubert Schmidt, NJW 2011, 1633 (1634). 12 BGH NJW 1983, 816 (817). 13 Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 58; Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 27; Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 106. 14 BGH NJW-RR 1987, 112 (114); Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305 Rn. 12. 15 A. Stadler, in: Jauernig, § 305 Rn. 13. 10

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

77

zumutbare Möglichkeit zunächst die Übergabe des vollständigen Klauselwerkes.16 Wird nur ein Teil der Klauseln zugänglich gemacht („Auszug“), dann werden auch nur die darin enthaltenen Klauseln einbezogen.17 Allerdings ist die tatsächliche Übergabe nicht ausdrücklich erforderlich. Schließlich kommt es ja nur auf die „Möglichkeit“ der Kenntnisnahme an, von der der Geschäftspartner keinen Gebrauch machen muss. Die AGB müssen aber so verfügbar sein, dass dieser sie einfach erlangen kann. Eine beispielsweise papier-, zeit- und kostensparende Möglichkeit ist die Zusendung per E-Mail oder der Abruf im Internet. Letzteres bietet sich vor allem beim Vertragsschluss per Telefon an: Dabei ist der Hinweis auf die AGB unproblematisch möglich. Probleme bereitet jedoch die Möglichkeit der Kenntnisnahme bei Vertragsschluss, da die Klauseln bei Übersendung erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt eintreffen und ein Vorlesen regelmäßig zu lange dauern würde und für den Verbraucher häufig auch unzumutbar wäre. Die h.M. geht daher bei telefonischen Vertragsschlüssen von einer stillschweigenden Abbedingung von § 305 II Nr. 2 BGB aus, wenn der Vertragspartner nach dem AGB-Hinweis schweigt.18 Fraglich ist aber, ob heutzutage noch in jedem Fall dieser Weg gegangen werden muss.19 Da mittlerweile die überwiegende Zahl von Haushalten und Unternehmen über einen Internetanschluss verfügt, bietet es sich an, dass der jeweilige Sachbearbeiter die Bedingungen schon während der Vertragsverhandlungen an den Kunden schickt. Dieser kann sie dadurch noch während des Gesprächs zur Kenntnis nehmen. Allerdings stellt sich dabei ebenfalls die Frage der Zumutbarkeit. Im Unterschied zum Vertragsschluss im Internet besteht bei telefonischen Verhandlungen ein gewisser Zeitdruck, der eine gründliche Lektüre schwerlich zulässt. Braucht der Kunde Bedenkzeit oder will er die AGB tatsächlich erst ausführlich lesen, dann kann er den Vertrag erst später abschließen. Das mag in vielen Fällen praxisfern erscheinen – insbesondere bei mengenmäßig begrenzten Warenangeboten. Hier wird aber wiederum relevant, dass nur die Möglichkeit der Kenntnisnahme gegeben werden muss. Das ist mit der E-Mail gewährleistet. Zudem handelt es sich bei diesen Geschäften regelmäßig um Warenkäufe im Fernabsatzverkehr, so dass dem Kunden immer noch ein Widerrufsrecht zusteht, wenn er mit den entsprechenden AGB nicht einverstanden ist. Sofern möglich sollte daher bei telefonischen Vertragsschlüssen die umgehende Übersendung der AGB per E-Mail angeboten werden.

16

BGH NJW 2006, 1585 (1587). LG Frankfurt NJW 1984, 1626; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 68; Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 37. 18 LG Braunschweig NJW-RR 1986, 639; Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 35; Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 67; Stoffels, Rn. 280; von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 15. 19 In diesem Sinne auch Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 72 f. 17

78

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Eine zumutbare Kenntnisnahme setzt auch voraus, dass die Klauseln ausreichend transparent präsentiert werden.20 Während im Rahmen des § 307 I 2 BGB die inhaltliche Zulässigkeit der einzelnen Bedingungen auf dem Prüfstand steht,21 kommt es bei der Einbeziehungskontrolle richtigerweise allein auf die optische Gestaltung der betreffenden AGB an.22 Diese muss sich an dem orientieren, was einem durchschnittlichen Klauselempfänger abverlangt werden darf.23 Erforderlich sind daher ein entsprechend großer Schriftgrad und Zeilenabstand, damit eine mühelose Lesbarkeit gewährleistet ist.24 Genauso muss sich die Länge der einzelnen Vorschriften und des Klauselwerkes insgesamt im Rahmen des Geschäftes halten, für das sie gedacht sind.25 Dagegen ist bei der Einbeziehungskontrolle nicht relevant, ob die AGB in sprachlicher Hinsicht für den Klauselgegner verständlich sind.26 Wortwahl und Satzkonstruktion sind vielmehr Fragen der Inhaltskontrolle nach § 307 I 2 BGB. Dafür sprechen bereits dessen Wortlaut und die systematische Stellung bei der Inhaltskontrolle. Aber auch die Zielsetzung der Einbeziehungskontrolle rechtfertigt diese Einschränkung. Durch sie soll lediglich gewährleistet werden, dass man vom Inhalt der AGB Kenntnis nehmen kann, nicht jedoch, dass man diesen Inhalt auch in allen Einzelheiten versteht.27 Ansonsten hätte die Bezugnahme auf die unangemessene Benachteiligung durch Intransparenz in § 307 I 2 BGB keine eigenständige Bedeutung mehr. (3) Einverständnis des Empfängers, § 305 II a.E. BGB Als letzte Voraussetzung darf der Empfänger der Verwendung der AGB nicht widersprechen, sondern muss mit ihr einverstanden sein. Dabei handelt es sich wie

20 Thüsing, in: von Westphalen, Transparenzgebot, Rn. 4; A. Stadler, in: Jauernig, § 305 Rn. 14; von Westphalen, NJW 2002, 12 (17); vgl. auch Stoffels, Rn. 562; ablehnend SchulteNölke, in: Hk-BGB, § 305 Rn. 16: Transparenzkontrolle bei der Einbeziehung sollte unterbleiben; ebenso Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 68. 21 Dazu unten H. I. 3. a) cc). 22 Vgl. BGH NJW-RR 1986, 1311 (1311); NJW 1983, 2772 (2773); OLG Saarbrücken NJW-RR 2009, 989; vgl. auch Kling, S. 513; teilweise abweichend Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 73. 23 A. Stadler, in: Jauernig, § 305 Rn. 14; Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 73. 24 BGH NJW-RR 1986, 1311 (1311); NJW 1983, 2772 (2773); OLG Saarbrücken NJW-RR 2009, 989; OLG Schleswig NJW 1995, 2858 (2859); Thüsing, in: von Westphalen, Transparenzgebot, Rn. 5; vgl. auch Saare/Sein, Juridica International XIX (2012), 59 (61). 25 OLG Schleswig NJW 1995, 2858 (2859); Stoffels, Rn. 283. 26 Zutreffend Gottschalk, AcP 206 (2006), 555 (571); A. Stadler, in: Jauernig, § 305 Rn. 14; a.A. OLG Schleswig NJW 1995, 2858 (2859); Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 73; Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 39; Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 38; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 150 ff. 27 Vgl. Gottschalk, AcP 206 (2006), 555 (571 f.): „abstrakte Wahrnehmbarkeit“.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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bei § 305 I 2 BGB letztlich um eine reine Klarstellung, da ein volles Einverständnis mit dem Angebot ohnehin Voraussetzung eines wirksamen Vertragsschlusses ist.28 (4) Rahmenvereinbarung, § 305 III BGB Unter den Voraussetzungen des Abs. 2 kann die Einbeziehung auch im Voraus für eine Vielzahl von Rechtsgeschäften bestimmter Art vereinbart werden. In diesem Fall muss der (einmalige) Hinweis zweistufig ausgestaltet sein: Es muss einerseits auf die Verwendung von AGB im konkreten – ersten – Vertrag hingewiesen werden und andererseits auf die beabsichtigte Verwendung in Folgeverträgen. Dabei gelten dieselben Voraussetzungen wie bei § 305 II BGB. Zudem müssen die jeweiligen AGB schon beim ersten Vertragsschluss endgültig bestimmt sein, was einen dynamischen Verweis („in ihrer jeweils gültigen Fassung“) ausschließt.29 bb) AGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr Auch bei Unternehmern ist vorrangig maßgeblich, ob sich die Vertragsparteien entweder ausdrücklich oder konkludent über die Einbeziehung der AGB geeinigt haben.30 Für die Annahme einer stillschweigenden Einigung muss ein dahingehender Wille aus dem Vertragsangebot hervorgehen (§§ 133, 157 BGB)31 und der Empfänger darf der Einbeziehung ebenfalls nicht widersprechen.32 Da die Verwendung von AGB im unternehmerischen Verkehr der Regelfall ist, kann von einem Einbeziehungswillen schon dann ausgegangen werden, wenn die AGB ohne weiteren Hinweis dem Angebot beigelegt werden.33 Umgekehrt genügt es auch, wenn alleine auf die Geltung der AGB hingewiesen wird, selbst wenn diese nicht beigelegt werden.34 Zwischen Unternehmern kann ebenfalls eine Rahmenvereinbarung getroffen werden. In b2b-Verträgen ist eine solche Vereinbarung sogar weitaus wahrscheinlicher als bei Verbraucherverträgen. Im Unterschied zu § 305 III BGB ist im unternehmerischen Verkehr aber auch ein dynamischer Verweis auf die jeweils aktu-

28 BGH WM 1982, 444 (445); Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 159; Stoffels, Rn. 290 a.E. 29 Berger, ZGS 2004, 329 (334); Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 90 f.; von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 62. 30 BGHZ 117, 190 (194 f.); NJW-RR 2003, 754 (755); NJW 1985, 1838 (1839). 31 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 170; Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 51. 32 BGHZ 117, 190 (194); NJW-RR 2003, 754 (755); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 125. 33 Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 47; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 170; Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 82; Hubert Schmidt, NJW 2011, 3329 (3331 f.); a.A. von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 25 m.w.N.; Kling, S. 535. 34 H.M., s. sogleich unter (3).

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

ellen AGB zulässig. Der Vertragspartner braucht dann nur noch deutlich informiert zu werden, dass es eine neue Fassung gibt.35 (1) Branchenüblichkeit und laufende Geschäftsbeziehung Ist die Verwendung bestimmter AGB bei Verträgen innerhalb einer Unternehmerbranche üblich (etwa im Bank- oder Versicherungswesen), so werden diese grundsätzlich stillschweigend Vertragsinhalt, wenn ein Einverständnis des Vertragspartners zu erwarten ist.36 Anderes gilt etwa, wenn der Empfänger ihrer Geltung im Vorfeld widerspricht.37 Im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung kann sich eine stillschweigende Einbeziehung auch aus einem zwischen den Parteien entstandenen Gebrauch ergeben.38 Von einer solchen Geschäftsbeziehung kann aber nur gesprochen werden, wenn die Parteien mehrere Geschäfte über einen bestimmten längeren Zeitraum hinweg abschließen.39 Dabei müssen die Vertragsschlüsse zunächst unter Bezugnahme auf die maßgeblichen AGB erfolgt und es muss dabei deutlich geworden sein, dass der Verwender auch immer nur auf ihrer Grundlage kontrahieren will.40 Hat der Empfänger den AGB jeweils nicht widersprochen, so kann – wenn sich nicht aus dem konkreten Einzelfall andere Umstände ergeben – von einer stillschweigenden Einbeziehung der AGB in Folgeverträge ausgegangen werden.41 In diesem Zusammenhang ist daher auch eine andere Bewertung von nach Vertragsschluss abgesandten Rechnungen und Lieferscheinen mit umseitig abgedruckten AGB möglich.42 (2) Handelsbrauch (§ 346 HGB) Besteht ein Handelsbrauch i.S.d. § 346 HGB, demzufolge bestimmte AGB in Geschäften der betreffenden Art als vereinbart gelten, so können die AGB ebenfalls ohne ausdrücklichen Hinweis einbezogen werden. Auf die subjektive Kenntnis des Brauchs kommt es dabei nicht an.43 Allerdings ist die Verwendung bestimmter 35

Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 102. BGH NJW-RR 1992, 626 (626 f.); NJW 1985, 1838 (1840); von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 72. 37 BGH NJW 1990, 513 (514); 1971, 2126 (2127); Berger, in: PWW, § 305 Rn. 43. So verhält es sich nach h.M. etwa bei den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp), vgl. BGHZ 96, 136 (138); 12, 136 (142); 9, 1 (3); NJW-RR 1989, 481 (481). 38 Becker, in: Bamberger/Roth, § 305 Rn. 80; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305 Rn. 19; Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 48; einschränkend von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 26. 39 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 176; Berger, ZGS 2004, 415 (417). Nach BGH NJW 1978, 2243 (2244 a.E.) reichen drei Vertragsschlüsse innerhalb von acht Tagen noch nicht aus. 40 BGHZ 117, 190 (195); NJW-RR 2005, 1518 (1520). 41 BGHZ 42, 53 (55); NJW 1978, 2243 (2243); Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 48. 42 Vgl. von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 27. 43 OLG Köln NJW-RR 1998, 926; Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 346 Rn. 8. 36

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Klauseln bisher erst in wenigen Fällen als Handelsbrauch – also gleichsam Gewohnheitsrecht44 – anerkannt worden. Erfasst sind etwa die Tegernseer Gebräuche im Holzhandel45 oder die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen.46 In anderen Fällen ist höchstens noch eine Branchenüblichkeit der Klauseln denkbar.47 (3) Möglichkeit zur Kenntnisnahme der AGB: Erkundigungsobliegenheit Auch wenn § 305 II Nr. 2 BGB nicht gilt, muss dennoch auch unter Unternehmern die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der AGB bestehen.48 Aufgrund der höheren Anforderungen, die an unternehmerisch tätige Personen gestellt werden können, wird diesem Erfordernis aber nicht erst mit Übersendung der Klauseln durch den Verwender genügt.49 Der Empfänger hat vielmehr selbst die Aufgabe, die AGB entweder anzufordern oder sie sich auf andere Weise zu beschaffen.50 Dementsprechend ist es auch zulässig, die Klauseln erst auf Wunsch zu übermitteln.51 Fordert der Vertragspartner die AGB beim Verwender an, dann muss dieser sie ihm zusenden, wenn keine einfachere Beschaffungsmöglichkeit besteht.52 Nach der Gegenansicht soll der bloße Hinweis auf die AGB nur zulässig sein, wenn die AGB branchenüblich sind, die Parteien bereits eine vorherige Geschäftsbeziehung hatten oder im Zuge eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens53 auf sie Bezug genommen wird.54 Wegen der höheren Anforderungen und der Üblichkeit von AGB im Unternehmerverkehr sollte ein einfacher Hinweis regelmäßig aber genügen. Erfolgt der Vertragsschluss mündlich in den Geschäftsräumen des Verwenders, so müssen die AGB dort entweder deutlich sichtbar ausgehängt oder zumindest für den

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Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 188. BGH NJW-RR 1987, 94 (95); OLG Koblenz BB 1988, 1138 (1138). 46 Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 57; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 181. 47 OLG Hamm VersR 1994, 1374 verneint beides für die ADSp. Teilweise anders die h.M., s. soeben Fn. 37. 48 BGHZ 102, 293 (304); NJW-RR 1989, 1104 (1104); Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 157. 49 BGHZ 108, 172 (174); A. Stadler, in: Jauernig, § 305 Rn. 20; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 131; Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 87. 50 BGHZ 149, 113 (118); NJW-RR 1989, 1104 (1104); BB 1985, 884 (884); NJW 1982, 1749 (1750); Berger, in: PWW, § 305 Rn. 36; Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 157; Ulmer/ Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 169; von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 25. 51 OLG Düsseldorf VersR 1996, 1394 (1394); Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 53. 52 OLG Hamm DB 1983, 2619; Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 53; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305 Rn. 19; von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 25. 53 Dazu unten G. II. 2. a) cc). 54 Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 99. 45

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Geschäftspartner greifbar ausgelegt sein.55 Eine Einbeziehung scheitert in einem solchen Fall nur bei dessen unverzüglichem Widerspruch.56 In formaler Hinsicht müssen die AGB in einer angemessenen, ohne Hilfsmittel gut lesbaren Schriftgröße sowie in angemessener Druckqualität vorliegen oder zugänglich gemacht werden.57 cc) Besonderheiten bei Vertragsschluss und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet Gerade Verbraucher nutzen das Internet mittlerweile sehr häufig für ihre Einkäufe. Der Online-Kauf verringert den Aufwand für den Verbraucher, denn er kann bequem von zuhause aus bestellen und sich die Ware dorthin liefern lassen. Doch auch für die Verkäufer sind Internetgeschäfte vorteilhaft. Insbesondere bei reinen Internetshops entfallen etwa die Kosten für die Unterhaltung von Ladengeschäften und Filialen. Auch die Öffnungszeiten spielen im Internet keine Rolle, da eine Webseite im Regelfall Tag und Nacht abrufbar ist. Dementsprechend gibt es auch hier eine Vielzahl von Vertragsschlüssen. Um dabei wieder ökonomisch arbeiten zu können, wollen die Händler auch im Internet nicht auf die Vorteile von standardisierten Verträgen verzichten und legen den Geschäften ihre AGB zugrunde. Auch der unternehmerische Verkehr hat den Nutzen des Internethandels für sich erkannt.58 Gerade im grenzüberschreitenden Handel sind Onlineshops und E-MailVerkehr wegen der unterschiedlichen Zeitzonen, der (mitunter immer noch hohen) Gebühren für Auslandsgespräche und langen Postwege eine lohnende Alternative zum herkömmlichen Vertragsschluss. Daher ist die Einbeziehung von AGB bei Vertragsschlüssen über das Internet ebenfalls von erheblicher praktischer Relevanz. Im Zusammenhang mit dem Internet muss man zwischen dem Vertragsschluss im Internet (typischerweise per E-Mail oder in einem Onlineshop) und dem herkömmlichen Vertragsschluss unterscheiden, bei dem auf im Internet bereitgestellte AGB verwiesen wird. (1) Vertragsschluss im Internet Die Besonderheit beim Vertragsschluss im Internet liegt darin, dass der Verkäufer durch Präsentation der Waren in seinem Internetauftritt nur zur Abgabe eines Angebots auffordert und erst der Kunde das eigentliche Angebot abgibt, wenn er die Waren bestellt. Daher müssen die AGB bereits Bestandteil dieser Offerte sein, um

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Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 170; Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 47. OLG Frankfurt BB 1984, 177. 57 BGH NJW 1983, 2772 (2773); WM 1986, 769 (770); OLG Hamm NJW-RR 1988, 944 (944); Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 158. 58 Dazu schon von Bernstorff, RIW 2002, 179 (179 Fn. 3). 56

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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den Vertrag inklusive der AGB schon durch Annahme des Verkäufers zu schließen.59 Im elektronischen Geschäftsverkehr – wozu auch der Internethandel zählt60 – ist auch § 312 g I Nr. 4 BGB zu beachten. Danach muss der Kunde schon bei Vertragsschluss die Möglichkeit haben, den Inhalt der AGB abzurufen und in wiedergabefähiger Form abzuspeichern. § 312 g V 2 BGB stellt klar, dass mit „Kunde“ in diesem Sinne nicht nur ein Verbraucher, sondern auch ein Unternehmer und Kaufmann gemeint ist und dieses Erfordernis auch nicht durch Parteivereinbarung abbedungen werden kann. Bei § 312 g I Nr. 4 BGB handelt es sich jedoch nicht um eine (zusätzliche) Einbeziehungsvoraussetzung.61 Die AGB-Klauseln werden daher auch bei einem Verstoß gegen § 312 g I Nr. 4 BGB immer noch Bestandteil des jeweiligen Vertrages.62 Zu beachten ist auch hier, dass Hinweis und Möglichkeit der Kenntnisnahme rechtzeitig, sprich spätestens bei Vertragsschluss, erfolgen bzw. gewährt werden müssen. Dementsprechend muss auf die AGB-Verwendung in einer E-Mail bzw. im Bestellformular selbst hingewiesen werden.63 Eine (automatische) Bestätigung nach dem eigentlichen Vertragsschluss, die den Hinweis und den AGB-Text enthält, kommt dagegen zu spät. Ebenso genügt es richtigerweise auch nicht, wenn der AGBHinweis – jeweils losgelöst vom eigentlichen Bestellvorgang – allgemein auf der Homepage oder auf einer Webseite enthalten ist, die das betreffende Produkt anpreist und beschreibt.64 Die Möglichkeit einer zumutbaren Kenntnisnahme wird etwa (bei kurzen AGBTexten) durch Einarbeiten in das Bestellformular65 oder sonst durch Platzieren eines gut sichtbaren Hyperlinks zu den AGB gewährleistet.66 Ebenso können die AGB direkt in den Fließtext der E-Mail integriert, als separate Textdatei angehängt oder durch einen Hyperlink auf ihre Veröffentlichung im Internet zugänglich gemacht werden.67 Im unternehmerischen Geschäftsverkehr genügt es wegen der bestehenden Erkundigungsobliegenheit auch, wenn während des Bestellvorgangs oder in der EMail-Korrespondenz nur auf die beabsichtigte Verwendung der AGB hingewiesen wird und der AGB-Text auf der Homepage des Verwenders über einen direkten Hyperlink abgerufen werden kann. 59

Anderenfalls würde der Verkäufer ein neues Angebot abgeben, s.u. G. III. BT-Drucks. 14/6040, S. 169. 61 Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 60. 62 Es bestehen jedoch Reaktionsmöglichkeiten nach allgemeinem Schuldrecht (beispielsweise ein verlängertes Widerrufsrecht), s. Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 312 g Rn. 89 ff. 63 Schrammen, S. 288 f. 64 Schrammen, S. 288 f.; vgl. auch von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 13. 65 Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 29; Schrammen, S. 291. 66 BGH NJW 2006, 2976 (2977); LG Essen NJW-RR 2003, 1207 (1207); Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 151; Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 56. 67 Schrammen, S. 290 f. 60

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Die Möglichkeit eines zusätzlichen Ausdrucks der AGB ist nicht immer erforderlich, da sich kurze Texte am Bildschirm noch ausreichend erfassen lassen.68 Das gilt insbesondere wegen der – im Gegensatz zur Präsentation als Bildschirmtext – weitergehenden Lese- und Navigationsmöglichkeiten im Internetbrowser oder .pdfReader.69 Zusätzlich ist eine Druckmöglichkeit bei allen gängigen Internetbrowsern ohnehin standardmäßig vorgesehen, so dass der Ausdruck des Textes regelmäßig ebenfalls als Option zur Verfügung steht. Probleme können sich dabei allenfalls aufgrund der Darstellung des AGB-Textes im Browser ergeben:70 Regelmäßig wird durch Klicken auf den entsprechenden Hyperlink ein neues Fenster geöffnet (sog. Pop-Up), in dem die AGB dann angezeigt werden. Diese Fenster sind häufig so gestaltet, dass die entsprechenden Menüleisten fehlen und gegebenenfalls nur die Bildlaufleisten („Scrollbars“) vorhanden sind. Die Druckmöglichkeit wird dadurch zwar nicht ausgeschlossen, jedoch ist die dafür notwendige Tastenkombination möglicherweise nicht hinlänglich bekannt. Meines Erachtens darf das jedoch nicht zum Nachteil des Verkäufers ausgelegt werden. Wer im Internet einkauft, muss auch dafür Sorge tragen, dass er sich mit den grundlegenden Funktionen und Befehlen seines Browsers auskennt.71 In der Praxis hat es sich – insbesondere auch aus Beweisgründen – eingebürgert, den Kunden durch Setzen eines Häkchens in ein Kästchen bestätigen zu lassen, dass er die AGB zur Kenntnis genommen hat.72 (2) Herkömmlicher Vertragsschluss und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet Bei einem herkömmlichen Vertragsschluss mit Verweis auf AGB, die auf der Homepage des Verwenders abrufbar sind, verhält es sich bei Unternehmern nicht anders als beim Vertragsschluss über das Internet selbst. Im Ergebnis bleibt es daher auch hier bei der Erkundigungsobliegenheit.73 Da sich der Unternehmer aber nicht freiwillig auf das Medium Internet eingelassen hat, ist einschränkend erforderlich, dass er erkennbar über eine E-Mail-Adresse oder Homepage verfügt, mit denen er im Geschäftsverkehr auftritt, und der Verwender die genaue URL74 seiner Webseite bzw. der Datei mit dem AGB-Text angibt. 68 Vgl. OLG Köln NJW-RR 1998, 1277 (1278) – AGB auf 7 Seiten; Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 36; Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 64. 69 Schrammen, S. 291 f. 70 Zum Folgenden Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 77. 71 Zumal der Käufer die Möglichkeit hat, sich an der Menüleiste im ursprünglichen Browserfenster zu orientieren und dort unter „Datei > Drucken“ auch die entsprechende Tastenkombination angezeigt wird. 72 Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 62. 73 OLG Bremen NJOZ 2004, 2854 (2856). 74 Kurz für Uniform Resource Locator, die Zeichenfolge, die in die Adresszeile des Browsers eingegeben wird.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Ob eine solche Abrufmöglichkeit auch für Verbrauchergeschäfte ausreicht, ist an § 305 II Nr. 2 BGB zu messen. Es kommt entscheidend darauf an, ob der Verweis auf im Internet zum Abruf bereitgestellte AGB als Möglichkeit einer zumutbaren Kenntnisnahme eingeordnet werden kann. Wird eine Abrufmöglichkeit gewährt – also die entsprechende URL der Webseite des Verwenders bzw. der Datei mit den AGB angegeben –, dann besteht jedenfalls die „Möglichkeit“ der Kenntnisnahme, sofern der Verbraucher auch erkennbar über eine E-Mail-Adresse verfügt. Fraglich erscheint aber, ob das notwendige vorherige Tätigwerden (z. B. Aufrufen der Homepage des Verwenders) dem Verbraucher auch zumutbar ist. Zudem ist der Verbraucher bei einem herkömmlichen Vertragsschluss häufig nicht sofort in der Lage, die Klauseln im Internet abzurufen.75 Insofern ist der Verweis auf die Abrufmöglichkeit bei Verbraucherverträgen im Regelfall ungenügend. Da die Problematik aber mit der Einbeziehung von AGB bei Vertragsschlüssen im telefonischen Fernabsatz vergleichbar ist,76 liegt es nahe, auch hier bei Schweigen bzw. fehlendem Widerspruch des Verbrauchers von einer Abbedingung des § 305 II Nr. 2 BGB auszugehen. dd) Zusammenfassung Bei der Einbeziehung von AGB im BGB muss zwischen Verbraucher- und Unternehmergeschäften unterschieden werden. Für Erstere enthält § 305 II BGB die maßgeblichen Voraussetzungen. Erforderlich ist einerseits ein gut erkennbarer Hinweis auf die beabsichtigte AGB-Verwendung. Andererseits muss der Klauselgegner in die Lage versetzt werden, die AGB in zumutbarer Weise zur Kenntnis nehmen zu können. Das kann durch ihre Übersendung bzw. Übergabe bewerkstelligt werden. Da eine physische Übermittlung in manchen Situationen allerdings nicht praktikabel ist, kann der Klauselgegner auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme bei Vertragsschluss auch verzichten. Alternativ bietet sich in solchen Situationen aber die Zusendung des AGB-Textes per E-Mail oder der Verweis auf eine Abrufmöglichkeit im Internet an. Ebenfalls zur Kenntnisnahmemöglichkeit gehört auch eine optisch-transparente Gestaltung der Bedingungen, die deren mühelose Lesbarkeit gewährleistet. Das weiter erforderliche Einverständnis des Vertragspartners mit den AGB ist eine Wiederholung des allgemeinen Einverständnisses mit dem Angebot und insofern rein deklaratorisch. Sofern der Klauselgegner auf die beabsichtigte Geltung der AGB in Folgeverträgen hingewiesen wurde, entfaltet diese Vereinbarung der AGB nach § 305 III BGB auch Wirkung auf weitere Verträge zwischen den Parteien, ohne dass bei deren Abschluss erneut auf die AGB Bezug genommen werden muss. Bei Verbraucherverträgen kann im Rahmen des § 305 III BGB allerdings kein dynamischer Verweis auf die jeweils gültige Fassung der AGB erfolgen. 75

Insbesondere wenn der Vertragsschluss (wie meistens) nicht beim Verbraucher zuhause stattfindet. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Internetanschluss hat die Verbreitung internetfähiger Mobiltelefone gerade erst begonnen. 76 s. oben G. II. 1. a) aa) (2).

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Auch im unternehmerischen Verkehr muss der Verwender auf die AGB hinweisen und dem Klauselgegner die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme einräumen. Wegen der Üblichkeit von AGB sind die Anforderungen allerdings abgesenkt. Der Einbeziehungswille wird bereits durch bloßes Beilegen der Klauseln ohne weiteren Hinweis zum Ausdruck gebracht. Es genügt zudem, wenn der Verwender schlicht auf die Verwendung seiner AGB hinweist. Es ist dann Sache des Vertragspartners, sich nach ihrem Inhalt zu erkundigen. Sofern er die Klauseln aber beim Verwender anfordert, muss dieser sie grundsätzlich übersenden. Wie bei Verbrauchern kann auch eine Rahmenvereinbarung der AGB für Folgeverträge getroffen werden. Bei Unternehmern ist auch ein dynamischer Verweis auf die aktuell gültigen Bedingungen zulässig. Daneben können AGB auch stillschweigend Vertragsinhalt werden, wenn ihre Verwendung in einer bestimmten Branche üblich ist. Zwischen den Parteien kann zudem ein dahingehender Gebrauch entstehen, der aber richtigerweise mehrere Geschäfte und eine längere Geschäftsbeziehung voraussetzt. In ganz seltenen Fällen finden AGB darüber hinaus als Handelsbrauch i.S.d. § 346 BGB Anwendung. Für die optische Gestaltung gelten bei Unternehmern dieselben Voraussetzungen wie bei Verbrauchern. Auch bei einem Vertragsschluss im Internet sind grundsätzlich dieselben Voraussetzungen wie bei einem herkömmlichen Vertragsschluss zu beachten. Der im Regelfall erforderliche Hinweis muss vor Vertragsschluss, also in der entsprechenden Angebots-E-Mail bzw. im Bestellformular erfolgen. Ein späterer oder ein vom Bestellvorgang losgelöster Hinweis genügt dagegen nicht. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme kann hier auf mehrere Arten erfüllt werden. Es genügt das Einarbeiten der AGB in das Bestellformular oder das Setzen eines gut sichtbaren Hyperlinks. Bei E-Mails kann der AGB-Text in den Fließtext integriert, als Textdatei angehängt oder ebenfalls verlinkt werden. Bei Unternehmerverträgen genügt darüber hinaus ein einfacher Hinweis in E-Mail oder Bestellformular, sofern die AGB auf der Homepage des Verwenders abgerufen werden können. Ob für die AGB eine Druckfunktion erforderlich ist, hängt im Einzelfall von der Länge des Klauselwerks ab. In jedem Fall muss es dem Vertragspartner, egal ob Verbraucher oder Unternehmer, aber ermöglicht werden, die AGB abzuspeichern. Erfolgt der Vertragsschluss herkömmlich, sprich außerhalb des Internets, und wird auf die Abrufmöglichkeit der AGB im Internet verwiesen, genügt dies bei Verbraucherverträgen grundsätzlich nicht. Ohne Widerspruch ist allerdings wie im telefonischen Fernabsatz von einer Abbedingung des § 305 II Nr. 2 BGB auszugehen. Bei Unternehmern besteht insofern kein Unterschied zum herkömmlichen Vertragsschluss. Es bleibt auch hier bei ihrer Erkundigungsobliegenheit. Da der eigentliche Vertragsschluss aber gerade nicht im Internet stattgefunden hat, ist einschränkend erforderlich, dass der Klauselgegner erkennbar über eine geschäftliche E-Mail-Adresse oder Homepage verfügt und der Verwender die genaue URL der betreffenden Webseite bzw. Datei angibt.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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b) CISG Auch im CISG ist entscheidend, ob die AGB wirksamer Bestandteil des Angebots geworden sind und vom Vertragspartner durch dessen Annahme akzeptiert wurden.77 aa) Einbeziehung nach Art. 14 I, 8 II Dies ist durch Auslegung gemäß Art. 14 I, 8 II zu ermitteln. Entscheidend ist also, ob ein objektiver vernünftiger Dritter davon ausgehen musste, dass die AGB Teil des Antrags sein sollen. (1) Hinweiserfordernis AGB sind – besonders im internationalen Handel – häufig derart umfangreich, dass sie verständlicherweise überhaupt nicht in das Angebotsschreiben aufgenommen werden können und daher oftmals in separaten Katalogen enthalten sind. Um solche Bedingungen aber als Teil des Angebots behandeln zu können, ist ein dahingehender und erkennbarer Wille des Offerenten notwendig.78 Wie im BGB bedarf es eines deutlichen Hinweises, der die Geltung der AGB für den konkreten Vertrag zum Ausdruck bringt79 und der in einer verständlichen Sprache gehalten ist.80 Ohne einen solchen werden auch auf der Rückseite des Vertragsangebots abgedruckte AGB nicht Bestandteil des Angebots.81 (2) Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme von den AGB Aufgrund der oben aufgezeigten Problematik umfangreicher Regelwerke reicht aber ein deutlicher Hinweis allein grundsätzlich nicht aus. Der Empfänger muss darüber hinaus vom Text der AGB in zumutbarer Weise Kenntnis nehmen können.82 Die Meinungen gehen jedoch im Einzelnen auseinander, wie diesem Erfordernis nachgekommen werden kann.

77 BGHZ 149, 113 (119); OGH, 17. 12. 2003, CISG-online Nr. 828; Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 14 Rn. 36; Piltz, Rn. 3 – 82. 78 BGHZ 149, 113 (117); OGH, 31. 08. 2005, CISG-online Nr. 1093. 79 CSS Antenna, Inc. v. Amphenol-Tuchel Electronics, GmbH (U.S. District Court of Maryland), 08. 02. 2011, CISG-online Nr. 2177; OLG Karlsruhe, 20. 07. 2004, CISG-online Nr. 858; Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 26; Schroeter, in: Schlechtriem/ Schwenzer, Art. 14 Rn. 37. 80 Dazu ausführlich unten G. II. 3. b). 81 OLG Düsseldorf, 30. 01. 2004, CISG-online Nr. 821; LG Hannover IHR 2012, 59 (61); Cour d’appel de Paris, 13. 12. 1995, CISG-online Nr. 312. 82 BGHZ 149, 113 (117); OGH, 17. 12. 2003, CISG-online Nr. 828; Magnus, in: Staudinger, Art. 14 Rn. 41; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 14 Rn. 29.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

(a) Übersendungsobliegenheit Grundsätzlich liegt der Schluss nahe, ähnlich wie nach unvereinheitlichtem deutschem Recht83 auch hier höhere Anforderungen an den Empfänger zu stellen, da das CISG ja letztlich ein reines Unternehmerrecht ist.84 Dass für die beteiligten Parteien höhere Anforderungen gelten, wird insbesondere durch die vermutete stillschweigende Bezugnahme auf weithin bekannte und regelmäßig beachtete Gebräuche i.S.d. Art. 9 II CISG deutlich. Diese finden nicht nur Anwendung, wenn die Vertragsparteien sie kannten, sondern bereits wenn sie sie kennen mussten.85 Auch die Folgen einer unterlassenen Mängelrüge nach Art. 39 I CISG treffen – anders als nach deutschem HGB – nicht nur Kaufleute, sondern sämtliche unternehmerisch tätigen Personen (vgl. Art. 1 III CISG).86 Trotzdem verlangen die deutsche Rechtsprechung und auch der überwiegende Teil des Schrifttums, dass der Anbietende die AGB generell zusenden oder anderweitig zugänglich machen muss.87 Den AGB-Verwender trifft also eine Textverschaffungsobliegenheit.88 Begründet wird dies unter anderem wie folgt: Es sei mit dem Grundsatz des Guten Glaubens im internationalen Handel (Art. 7 I CISG) und der allgemeinen Kooperations- und Informationspflicht der Parteien nicht vereinbar, dem Empfänger nach erfolgtem Hinweis eine Erkundigungsobliegenheit aufzuerlegen.89 Der Unterschied zur Handhabung im Inlandsverkehr rechtfertige sich dadurch, dass die AGB dort vielfach ähnlich ausgestaltet und in der Regel bekannt seien.90 Dagegen wirke sich im internationalen Rechtsverkehr die Verschiedenheit der nationalen Rechtsordnungen auch auf die jeweiligen AGB-Klauseln aus, so dass

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Vgl. oben G. II. 1. a) bb) (3). s. oben D. I. 85 s. unten G. II. 1. b) bb) (2). 86 Und möglicherweise sogar Verbraucher, wenn die beabsichtigte Nutzung für den Verkäufer i.S.d. Art. 2 lit. a) CISG bei Vertragsschluss nicht erkennbar war. 87 BGHZ 149, 113 (117); OLG Naumburg IHR 2013, 158 (160); OLG Düsseldorf IHR 2012, 237 (239 f.); OLG Jena IHR 2011, 79 (81); LG Hannover IHR 2012, 59 (61); LG Neubrandenburg IHR 2006, 26 (27); von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 73; Möll, S. 114 f.; Schultheiß, S. 14; Schrammen, S. 255; Ferrari, in: MüKo-HGB, Art. 14 Rn. 39; Saenger, in: Bamberger/Roth, Art. 14 Rn. 7; Magnus, FS Kritzer, S. 320; Schillo, IHR 2003, 257 (261); Janssen, IHR 2004, 194 (199); Ventsch/Kluth, IHR 2003, 61 (62). Für eine Übersendung auch Koller, FS Honsell, S. 237; Drasch, S. 6 ff. s. auch aus den Niederlanden Rechtbank Arnhem, 23. 05. 2012, Rechtspraak.nl Nr. 215878 sowie Rechtbank’s Hertogenbosch, 28. 03. 2012, Rechtspraak.nl Nr. 96068. 88 Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 14 Rn. 40; Lohmann, S. 215; Piltz, Rn. 3 – 84; ders., IHR 2004, 133 (134); P. Huber/Kröll, IPRax 2003, 309 (311). 89 BGHZ 149, 113 (118); Schultheiß, S. 14; Hennemann, S. 73; Teklote, S. 113 f.; Janssen, IHR 2004, 194 (199 f.). 90 BGHZ 149, 113 (118); Schultheiß, S. 14; Hennemann, S. 74. 84

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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deren Inhalt nicht immer absehbar sei und mitunter große Unterschiede aufweise.91 Daher bestehe ein besonderes Bedürfnis, die häufig umfangreichen und komplexen AGB-Werke zur Durchsicht vorliegen zu haben.92 (b) Kritik am Übersendungserfordernis Gegen diese Auffassung bestehen jedoch durchgreifende Bedenken. Zunächst sind teilweise (erhebliche) Unterschiede auch bei national verwendeten, unvereinheitlichten Klauselwerken nicht ausgeschlossen. Dass AGB im internationalen Verkehr inhaltlich voneinander abweichen, beruht daher nicht immer auf einer ausländischen Rechtsordnung.93 Konsequenterweise müssten deshalb für standardisierte Klauseln – wie etwa die INCOTERMS der Internationalen Handelskammer94 – Ausnahmen gemacht werden.95 Diese sind nämlich gerade von den nationalen Rechtsordnungen unabhängig. Es erscheint zwar nicht ausgeschlossen, dass die Rechtsprechung im Falle der INCOTERMS wegen ihrer Bekanntheit eine Ausnahme machen würde; ein entsprechendes obiter dictum enthält die BGH-Entscheidung jedoch nicht. Darüber hinaus beachten die Befürworter der Übersendungsobliegenheit ihren eigenen Prüfungsmaßstab nicht: Ob die AGB Bestandteil des Angebots geworden sind, soll durch Auslegung nach Art. 8 II CISG bestimmt werden.96 Also danach, ob ein vernünftiger Dritter in der Position des Empfängers das Angebot in seiner tatsächlichen Form so verstehen musste, dass die AGB des Verwenders Vertragsbestandteil werden sollen. Hat der Anbietende auf die Bedingungen in seiner Offerte hingewiesen, dann muss ein solcher Dritter von einem Einbeziehungsinteresse ausgehen und sich durch Nachfrage Gewissheit verschaffen.97 Das gilt insbesondere, wenn ein Kaufmann einen grenzüberschreitenden Handelsvertrag eingeht. Gerade hier muss er mit der Einbeziehung von AGB rechnen und das freiwillig und bewusst eingegangene Risiko fremder Klauseln und Rechtsordnungen tragen.98

91 BGHZ 149, 113 (117); LG Neubrandenburg IHR 2006, 26 (27 f.); Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 28; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 14 Rn. 29; Schrammen, S. 252 f.; Teklote, S. 114; Magnus, FS Kritzer, S. 320 f. 92 Schultheiß, S. 14. 93 Berger, FS Horn, S. 9. 94 Aktuelle Fassung 2010. Weitere Informationen unter http://www.iccwbo.org/incoterms/ (Stand: 30. 07. 2013). 95 Schmidt-Kessel, NJW 2002, 3444 (3446); Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 99 a.E.; vgl. auch P. Huber/Kröll, IPRax 2003, 309 (311); Lohmann, S. 219 a.E. Befürwortend auch Schrammen, S. 253. 96 Ausdrücklich BGHZ 149, 113 (117). s. die vorherigen Ausführungen. 97 Kindler, FS Heldrich, S. 229; Schmidt-Kessel, NJW 2002, 3444 (3445); Pötter/Hübner, EWiR 2002, 339 (340); Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 8; Schneider, S. 218. In diese Richtung auch Hennemann, S. 73. 98 Berger, FS Horn, S. 14; Kindler, FS Heldrich, S. 229; Stadler, S. 95.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Zu Recht wird auch der voreilige Rückgriff auf den Grundsatz des guten Glaubens im internationalen Handel aus Art. 7 I CISG gerügt.99 Die Vorschrift besagt nämlich auch, dass bei der Auslegung der Konvention insbesondere die Notwendigkeit ihrer einheitlichen Anwendung und deswegen auch die Rechtsprechung anderer Vertragsstaaten zu berücksichtigen sind.100 Es existieren einige Urteile, die eine Übersendung nicht voraussetzen und teilweise schon den bloßen Hinweis auf die AGB für eine wirksame Einbeziehung ausreichen lassen.101 Mit ihnen hat sich jedoch insbesondere der BGH in seiner Grundsatzentscheidung überhaupt nicht auseinandergesetzt.102 Für die Übersendungsobliegenheit wird weiter angeführt, ein bloßer Hinweis schütze den Empfänger nicht ausreichend. Das CISG sehe nämlich wegen Art. 4 S. 2 lit. a) keine Inhaltskontrolle vor, sondern verweise diesbezüglich auf das nach dem IPR maßgebliche nationale Recht.103 Eine Inhaltskontrolle sei aber nicht nach allen nationalen Rechtsordnungen gewährleistet.104 Die Ausklammerung der Inhaltskontrolle nach Art. 4 S. 2 lit. a) kann jedoch nicht für die Auslegung des CISG herangezogen werden.105 Einerseits haben sich die Verfasser dadurch nicht gegen die Inhaltskontrolle als solche entschieden, sondern ausdrücklich nur gegen ihre Regelung innerhalb der Konvention.106 Andererseits läuft ein Ersatz der Inhaltskontrolle durch eine stärkere Einbeziehungskontrolle letztendlich auf eine „versteckte Inhaltskontrolle“ und damit auf eine nicht gerechtfertigte Ausweitung des Geltungsbereichs der Konvention hinaus.107 Zudem besteht dafür auch kein Bedürfnis, da das CISG beispielsweise bereits selbst einen Schutz vor überraschenden Klauseln gewährt.108 Angeführt wird auch noch ein ökonomischer Aspekt. Durch eine Erkundigungsobliegenheit würde der Geschäftsabschluss unnötig verzögert, woran die

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Kindler, FS Heldrich, S. 228. Kindler, FS Heldrich, S. 233; Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 8 Rn. 53a; ders./Meyer, IHR 2008, 177 (178); Pötter/Hübner, EWiR 2002, 339 (340). 101 Ausdrücklich Tribunal commercial de Nivelles, 19. 09. 1995, CISG-online Nr. 366; OLG Zweibrücken, 31. 03. 1998, CISG-online Nr. 481; s. auch LG Heilbronn, 15. 09. 1997, CISG-online Nr. 562; OGH, 06. 02. 1996, CISG-online Nr. 224. – Aus der Zeit nach BGHZ 149, 113: LG Coburg IHR 2007, 117 (118 f.); OLG Linz, 08. 08. 2005, CISG-online Nr. 1087. 102 Vgl. dagegen OLG Naumburg IHR 2013, 158 (160). 103 Lohmann, S. 215 f.; Magnus, in: Staudinger, Art. 14 Rn. 42; Janssen, IHR 2004, 194 (200); Ventsch/Kluth, IHR 2003, 61 (63). 104 BGHZ 149, 113 (117 f.); LG Neubrandenburg IHR 2006, 26 (28); Schrammen, S. 252 f.; Janssen, IHR 2004, 194 (200). 105 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 29; Mittmann, IHR 2006, 103 (105). 106 Mittmann, IHR 2006, 103 (105); Schmidt-Kessel, NJW 2002, 3444 (3445). 107 Berger, FS Horn, S. 13; Stadler, S. 94 f.; Mittmann, IHR 2006, 103 (105). 108 Stadler, S. 95. Dazu unten G. II. 4 b). 100

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Vertragsparteien kein Interesse haben könnten.109 Der Verwender könne seine AGB aber bereits dem Angebot hinzufügen und damit den Abschluss beschleunigen.110 Diese Problematik kann sich allerdings ebenso im inländischen Rechtsverkehr stellen. Zudem ist nicht ersichtlich, warum über die Parteiautonomie hinweg der Vertragsschluss – quasi durch „Bevormundung“ der Vertragsparteien – beschleunigt werden soll.111 Wollte der Anbietende mögliche Verzögerungen durch Rückfragen hinsichtlich seiner AGB ausschließen, so hätte er sie seiner Erklärung beigefügt112 und alles getan, was für ein einfaches „Ja!“ zur Annahme notwendig ist. Umgekehrt können Verzögerungen natürlich auch für den anderen Teil ungünstig sein, wenn dieser – wie häufig – auf schnellstmögliche Lieferung der Ware angewiesen ist. Allerdings sind diesbezügliche Rückfragen aufgrund der technischen Fortschritte im Bereich der Telekommunikation leicht möglich und regelmäßig mit nur minimalen Verzögerungen verbunden. Auf diese Mittel kann der Empfänger genauso wie der Anbietende113 zurückgreifen.114 Natürlich werden nicht immer sämtliche technischen Möglichkeiten zur Verfügung stehen.115 Ein vollständiges Fehlen solcher Geräte ist bei internationalen Handelsbeziehungen aber kaum noch denkbar, sondern wirkt heutzutage vielmehr gekünstelt. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass es erst aufgrund der Übersendungsobliegenheit zu den befürchteten Verzögerungen kommt.116 Deswegen ist eine Übersendungsobliegenheit für das CISG richtigerweise abzulehnen. (c) Folgen der Übersendungsobliegenheit für die Praxis Da die deutsche Rechtsprechung nach wie vor am Übersendungserfordernis festhält,117 sollten aus- und inländische Unternehmer im eigenen Interesse dessen Voraussetzungen erfüllen, wenn mit einem Gerichtsstand in Deutschland zu rechnen ist. Dementsprechend ist allein ein Hinweis auf die dem Angebot nicht beigefügten

109

BGHZ 149, 113 (118); Schultheiß, S. 14; Teklote, S. 114; Janssen, IHR 2004, 194 (199). BGHZ 149, 113 (118); LG Neubrandenburg IHR 2006, 26 (28); Ventsch/Kluth, IHR 2003, 61 (63). 111 Berger, FS Horn, S. 13. 112 Kindler, FS Heldrich, S. 229 f.; Schmidt-Kessel, NJW 2002, 3444 (3445). 113 Piltz, IHR 2004, 133 (134). 114 Pötter/Hübner, EWiR 2002, 339 (340). 115 Hennemann (S. 74) geht z. B. davon aus, dass ein Telefax nicht immer vorhanden sei. Dass er andere technische Geräte (noch) nicht in Erwägung zieht, ist wohl der Entstehungszeit der Arbeit (2001) zuzuschreiben. 116 Hammerschmidt, S. 36. 117 Zuletzt OLG Naumburg IHR 2013, 158 (160 f.); OLG Düsseldorf IHR 2012, 237 (239 f.); OLG Jena IHR 2011, 79 (80 f.); LG Aachen IHR 2011, 82 (85); OLG Celle IHR 2010, 81 (83). 110

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

AGB unzureichend.118 Allerdings ist nicht erforderlich, dass die Klauseln getrennt beigelegt werden. Vielmehr reicht es wie im BGB aus, sie auf der Rückseite des Angebotsschreibens abzudrucken und darauf auf der Vorderseite deutlich hinzuweisen.119 Dies gilt jedoch nur für das Angebotsschreiben, denn Hinweis und Textverschaffung müssen auch im CISG spätestens bei Abschluss des Vertrages erfolgt sein.120 Eine Rechnung, die einen solchen Hinweis enthält und auf der Rückseite die AGB aufführt, genügt dem Erfordernis dagegen nicht.121 Ist die Rechnung aber gleichzeitig die Auftragsbestätigung bzw. Annahme des Verwenders, gelten die Voraussetzungen für eine Einbeziehung im Rahmen der Annahme.122 Formal müssen die AGB für die zumutbare Kenntnisnahme wiederum gut lesbar und dementsprechend groß gedruckt123 sowie in einer verständlichen Sprache abgefasst sein.124 Nicht übersehen darf man allerdings, dass es dem Klauselgegner immer auch freisteht, auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme zu verzichten. Dieser Verzicht ist nicht mit einer Abwahl nach Art. 6 CISG zu verwechseln, da er nur auf einer einseitigen Entscheidung beruht. Die Vielzahl an AGB-Fällen zum CISG macht aber deutlich, dass ein ausdrücklicher Verzicht so gut wie nie vorkommt. Dieser ist allerdings auch stillschweigend möglich. Da Schweigen im CISG gemäß Art. 18 I 2 allerdings grundsätzlich kein Erklärungswert zukommt, müssen für die Annahme eines stillschweigenden Verzichts noch weitere Umstände hinzukommen. Insofern entscheidet die Situation des konkreten Einzelfalles (Art. 8 II, III CISG), inwieweit dem Verhalten des Klauselgegners eine solche stillschweigende Erklärung entnommen werden kann. Dass ein Verzicht auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme sinnvoll ist, wird in der Situation eines fernmündlichen Vertragsschlusses deutlich. Nach herrschender Meinung genügt dort der Hinweis, die AGB auf Wunsch zuzusenden, anders als im deutschen Recht nicht.125 Auch soll es nicht genügen, die AGB bei einer bestimmten Institution (z. B. bei Gericht oder einer Handelskammer) zu hinterlegen und auf die 118 BGHZ 149, 113 (117); OLG Oldenburg, 20. 12. 2007, CISG-online Nr. 1644; OLG Düsseldorf, 25. 07. 2003, CISG-online Nr. 919; LG Trier, 08. 01. 2004, CISG-online Nr. 910. 119 OLG Karlsruhe, 20. 07. 2004, CISG-online Nr. 858; vgl. auch Gerechtshof Arnhem, 20. 09. 2011, Rechtspraak.nl Nr. 200.045.006/01. 120 Vgl. Rechtbank Oost-Brabant, 23.01.0213, Rechtspraak.nl Nr. 251200; Rechtbank Arnhem, 23. 05. 2012, Rechtspraak.nl Nr. 215878. 121 LG Neubrandenburg IHR 2006, 26 (28); LG Trier, 08. 01. 2004, CISG-online Nr. 910; Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 9. 122 Dazu unten G. III. 123 Rechtbank Mechelen, 18. 01. 2002, CISG-online Nr. 1432. 124 Zur Sprache ausführlich unten G. II. 3. b). 125 Vgl. BGHZ 149, 113 (118); LG Neubrandenburg IHR 2006, 26 (28); anders aber LG Coburg IHR 2007, 117 (119), allerdings ohne auf die abweichende BGH-Rechtsprechung überhaupt einzugehen – dementsprechend kritisch die Anmerkung von Piltz, IHR 2007, 121 ff.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Möglichkeit der dortigen Einsichtnahme zu verweisen.126 In beiden Fällen ist demnach die Übersendung erforderlich. Das ist aber insofern misslich, als die Möglichkeit der Kenntnisnahme bei Vertragsschluss gewährleistet sein muss. Das bedeutet, der Vertrag kann nicht geschlossen werden, bis die Klauseln beim Vertragspartner eingetroffen sind. Anderenfalls besteht die begründete Gefahr, dass die Rechtsprechung im Streitfall ihre Einbeziehung als unwirksam ansieht. Gerade für diese Fälle sehen Rechtsprechung und Schrifttum zum BGB eine Ausnahme vor.127 Der praktische Nutzen des Verzichts auf die vorherige Übermittlung tritt im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr noch deutlicher zutage. Daher sollte diese Ausnahme auch auf den fernmündlichen Vertragsschluss im CISG übertragen werden, zumal auch im CISG Parteiautonomie herrscht (vgl. Art. 6). Schweigt der Käufer nach dem telefonischen Hinweis auf die Geltung von AGB, verzichtet er stillschweigend auf die Möglichkeit, sie vor Vertragsschluss zur Kenntnis nehmen zu können. Da ihn der Verwender durch den telefonischen Hinweis auch auf die AGB aufmerksam gemacht hat, ist das Schweigen des Käufers meines Erachtens aber ebenfalls als genereller Verzicht auf deren Übermittlung auszulegen. Möchte er dagegen die Klauseln einsehen, kann er dies dem Verkäufer einfach mitteilen und so auf deren Übersendung hinwirken oder von ihm Informationen über eine eventuell einfachere Einsichtsmöglichkeit erhalten. (d) Anderweitiges Zugänglichmachen – insbesondere im Internet Entschärft wird die Übersendungsproblematik durch die von der herrschenden Meinung ebenfalls gewährte Möglichkeit, die AGB „anderweitig zugänglich“ zu machen. Darunter fallen zunächst alle Konstellationen, in denen die AGB letztlich physisch beim Vertragspartner verfügbar sind, aber gerade nicht übersandt wurden.128 Dies kann etwa bei einem Vertragsschluss unter Anwesenden wie im BGB durch Übergabe der Klauseln oder ihren deutlich sichtbaren Aushang in den Geschäftsräumen geschehen.129 Besondere Bedeutung erlangen in diesem Zusammenhang die Kommunikationsmöglichkeiten über das Internet. Insofern muss man zwischen dem Vertragsschluss über das Internet und dem außerhalb („herkömmlich“) unterscheiden. (aa) Vertragsschluss über das Internet Auch wenn zur Zeit der Entstehung des CISG nur in begrenztem Maße an elektronische Vertragsschlüsse zu denken war (vgl. Art. 13 CISG), erfasst die Konvention richtigerweise aber auch alle modernen Formen des elektronischen 126

So etwa eine in den Niederlanden verbreitete Praxis, vgl. Gerechtshof Arnhem, 27. 04. 1999, CISG-online Nr. 741; Rechtbank Hasselt, 02. 12. 1998, CISG-online Nr. 761. 127 s. oben G. II. 1. a) aa) (2). 128 Karollus, LM H. 3/2002 CISG Nr. 9. 129 Karollus, LM H. 3/2002 CISG Nr. 9; Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 14 Rn. 48; Magnus, in: Staudinger, Art. 14 Rn. 41b.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Geschäftsverkehrs, durch die ein Vertragsschluss herbeigeführt werden kann.130 Rechtsprechung speziell zur Einbeziehung von AGB beim Vertragsschluss über das Internet existiert im Bereich des CISG soweit ersichtlich nach wie vor nicht.131 Im Schrifttum wird überwiegend angenommen, es sei wie im BGB ausreichend, die AGB schon in das Bestellformular einzuarbeiten oder dort durch einen Hyperlink auf sie hinzuweisen.132 Ausreichen soll ebenfalls eine Angebots-E-Mail mit einem Link zu oder dem AGB-Text im Inhalt bzw. als Dokument im Anhang.133 Ein Hyperlink in einer E-Mail wird teilweise der Übersendung der Klauseln als Dateianhang gleichgestellt.134 Bei übersichtlicher Seitengestaltung soll auch das bloße Bereitstellen der Klauseln auf der Homepage des Verwenders ausreichen.135 Wichtig ist bei allen diesen Punkten, dass der Hinweis auf die gewünschte Geltung der AGB und deren Abrufbarkeit auch rechtzeitig erfolgt bzw. ermöglicht wird. Dies muss vor Abschluss des Bestellprozesses geschehen, da anderenfalls nur noch eine nachträgliche Einbeziehung der AGB möglich ist.136 Bedenken gegen eine digitale Bereitstellung der AGB werden unter anderem wegen anfallender Providerkosten, besonders aber wegen der Kosten für den Ausdruck der AGB hervorgebracht.137 Dies kann letztlich jedoch nicht ausschlaggebend sein, da sich der Vertragspartner freiwillig auf dieses Medium eingelassen hat.138 Auch die Providerkosten lassen sich heutzutage im „Flatrate-Zeitalter“ niedrig halten. Mittlerweile gibt es Flatrate-Pakete auch für Geschäftskunden. Das Internet

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s. im Einzelnen CISG-AC Opinion No. 1, Electronic Communications under CISG, 15 August 2003. 131 Auch im Fall des OLG Jena IHR 2011, 79 ff. hatte tatsächlich kein Vertragsschluss über das Internet stattgefunden. Die Beklagte hat diesen Themenbereich nur in ihrer Berufung als Argument gegen die BGH-Entscheidung zur Übersendungsobliegenheit aufgegriffen. Zum Vertragsschluss via E-Mail im Kontext des Lugano-Übereinkommens: OLG Dresden IHR 2009, 266 ff. 132 Schrammen, S. 257; Schwenzer/Mohs, IHR 2006, 239 (241); Stiegele/Halter, IHR 2003, 169; Magnus, ZEuP 2002, 523 (532); Schultheiß, S. 31. 133 U.S. District Court, Eastern District of California, 21. 01. 2010, CISG-online Nr. 2089; Magnus, in: Staudinger, Art. 14 Rn. 41a; ders., FS Kritzer, S. 323; ders., ZEuP 2013, 111 (124); Schrammen, S. 256; Schwenzer/Mohs, IHR 2006, 239 (241). Dafür sprechen auch Art. 5 und Art. 5 bis des UNCITRAL Model Law on Electronic Commerce. 134 OLG Dresden IHR 2009, 266 (268) – allerdings zu Art. 17 I 2 lit. a) LugÜ; Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 12; Smyrek, IHR 2009, 269 (269). 135 Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 14 Rn. 30. 136 Schrammen, S. 250. Zur Einbeziehung von AGB nach Vertragsschluss unten G. IV. 2. 137 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 34 f. So auch Ventsch/Kluth, IHR 2003, 224 (225) zur Abrufmöglichkeit im Internet. Das Argument lässt sich jedoch auch hier vorbringen. 138 Schultheiß, S. 32. Ein Argument, das bei einem herkömmlichen Vertragsschluss aber versagt, s. sogleich (bb).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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soll zudem ein schnelles Zustandekommen des Vertrages ermöglichen, was durch eine herkömmliche Übersendung der AGB erschwert würde.139 Hinsichtlich der digitalen Präsentation der Klauseln bestehen auch keine Bedenken. Wer Verträge über das Internet abschließt, darf auch als so vertraut mit der Materie angesehen werden, dass er mit elektronischen Versionen von AGB umgehen kann. Ein weiteres Risiko wird in der Möglichkeit einer fremden Sprachfassung von Homepage und AGB-Text gesehen.140 Im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr ist dies in der Tat kein unwahrscheinliches Szenario. Unproblematisch ist der Fall, wenn zwischen verschiedenen Sprachversionen ausgewählt werden kann, etwa mit einem Klick auf die entsprechende Nationalflagge. Dann muss der Käufer das für ihn relevante Land auswählen, was ihm meines Erachtens auch zuzumuten ist. Ist die Heimatsprache des Käufers nicht verfügbar oder der gesamte Internetauftritt nur in der des Verkäufers gestaltet, kommt es für eine erfolgreiche Einbeziehung – wie bei Hinweis und AGB-Text selbst – darauf an, ob eine andere bzw. diese Sprache auch die Vertrags- oder Verhandlungssprache ist.141 Das von Magnus142 diesbezüglich befürchtete Risiko für den Empfänger ist daher doch eher gering. Berechtigt ist jedoch der Einwand, bei im Internet bereitgestellten AGB fehle es an einer hinreichenden Veränderungssicherheit.143 Tatsächlich hat der Verwender jederzeit die Möglichkeit, seine AGB nachträglich zu verändern und so den Vertragspartner in Beweisschwierigkeiten zu bringen. Im BGB stellt sich dieses Problem wegen § 312 g I Nr. 4 BGB grundsätzlich nicht, da der Kunde die AGB abspeichern können muss.144 Im CISG kann zunächst der Ausdruck der AGB eine gewisse Sicherheit bieten, da dabei Internetadresse der betreffenden Webseite bzw. Datei und das Datum auf Papier festgehalten werden. Werden die AGB dagegen nur am Bildschirm erfasst, ist ein Nachweis von späteren Änderungen kaum möglich.145 Dementsprechend muss dem Vertragspartner die Möglichkeit gewährt werden, die Klauseln auszudrucken oder abzuspeichern. Sofern die AGB nicht bereits als .pdfDokument zur Verfügung gestellt werden, kann mit bestimmten Programmen auch eine solche erzeugt werden (Stichwort „Drucken als pdf“). Das bietet dem Klauselgegner die Möglichkeit, sich eine digitale Kopie zu erzeugen, die erst bei Bedarf 139 Smyrek, IHR 2009, 269 (269); Schmidt-Kessel/Meyer, IHR 2008, 177 (178); Stiegele/ Halter, IHR 2003, 169. 140 Magnus, in: Staudinger, Art. 14 Rn. 41a; ders., FS Kritzer, S. 323. 141 Ausführlich hierzu unten G. II. 3. b). 142 Magnus, in: Staudinger, Art. 14 Rn. 41a; ders., FS Kritzer, S. 323. 143 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 34; Magnus, in: Staudinger, Art. 14 Rn. 41a; ders., FS Kritzer, S. 323; Schultheiß, S. 35; in diese Richtung auch Ventsch/Kluth, IHR 2003, 224 (225). 144 Es sei hier aber nochmals darauf hingewiesen, dass die Missachtung dieser Vorschrift eine wirksame Einbeziehung der AGB nicht verhindert, s. schon oben G. II. 1. a) cc) (1). 145 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 34.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

auf Papier ausgedruckt werden muss. Unzulässig wäre es daher, wenn der Verwender etwa in einer .pdf-Datei bzw. auf einer Webseite mit dem AGB-Text die Druckfunktion, den Rechtsklick oder die Kopieren & Einfügen-Funktion („copy & paste“) deaktiviert. Ideal wäre es auch, wenn der (regelmäßig) automatisch generierten Bestätigungsmail immer auch der AGB-Text als Datei angehängt würde. Sofern der Kunde aber im oben genannten Sinne die Möglichkeit hatte, sich selbst eine Kopie anzufertigen, ist das nicht zwingend erforderlich. Für den Verwender empfiehlt es sich aber, die AGB aus Beweisgründen immer noch zusätzlich im Anhang einer solchen Bestätigungs-E-Mail zu versenden.146 Denn umgekehrt besteht ebenso die Möglichkeit einer Manipulation durch den Käufer.147 Dieser ist diesbezüglich zumindest etwas im Vorteil, da das CISG nach allgemeiner Ansicht auch die Beweislastverteilung regelt.148 Regelmäßig muss daher der Verwender den Inhalt seiner AGB bei Vertragsschluss beweisen.149 Allerdings wird das dem Verwender meistens auch gelingen. Hatte der Vertragspartner dagegen keine Möglichkeit, die AGB auszudrucken oder abzuspeichern,150 kann sich der Verkäufer darüber hinaus sogar relativ gefahrlos auf angeblich vereinbarte, für ihn noch günstigere Klauseln berufen. Mangels Ausdrucks oder digitaler Kopie kann der Käufer der Beweisführung des Verkäufers dann nichts entgegensetzen. Selbst wenn man – wie hier vertreten – die Übersendungsobliegenheit der h.M. ablehnt, ist ein solches Ergebnis nicht haltbar, da der Käufer bereits von vornherein keine eigene Beweissicherung vornehmen konnte. Deswegen sollte die Einbeziehung von AGB bei Vertragsschlüssen im Internet richtigerweise immer scheitern, wenn der Verwender nicht die technischen Voraussetzungen für Ausdruck oder Abspeichern seiner AGB sicherstellt. Diese radikale Konsequenz ist sachgerecht, weil der Verwender diese Voraussetzungen mit äußerst geringem Aufwand schaffen kann. Ob der Käufer die Möglichkeiten letztlich auch nutzt, ist wiederum unerheblich. Maßgeblich ist nur, dass er dazu in die Lage versetzt wurde. (bb) Vertragsschluss außerhalb des Internets und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet Denkbar ist auch, dass der Vertrag „herkömmlich“ geschlossen wird, der Verwender aber die AGB auf seinem Internetauftritt zum Abruf bereitstellt. Dabei bestehen gewisse Parallelen zum Hinterlegen der AGB – hier zwar nicht physisch, 146

Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 12; Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 36. 147 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 36. 148 BGH NJW 2004, 3181 (3182); 2002, 1651 (1653); Magnus, in: Staudinger, Art. 4 Rn. 63 ff. 149 OLG Düsseldorf, 25. 07. 2003, CISG-online Nr. 919; LG Memmingen, 13. 09. 2000, CISG-online Nr. 820; Ventsch/Kluth, IHR 2003, 224 (225). Anders kann es liegen, wenn bei beiderseitiger AGB-Verwendung die AGB der Gegenseite günstiger sind, vgl. BGH NJW 2002, 1651 (1652). 150 Und zwar aus Gründen, die in der Sphäre des Verwenders liegen.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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jedoch virtuell auf einem Server im Web. Fraglich ist daher, ob auch die Abrufmöglichkeit unzulässig ist, denn sie setzt ja wiederum ein „Aktivwerden“ des Klauselgegners voraus.151 Die deutsche Rechtsprechung verneint dies im Anschluss an die BGH-Rechtsprechung zur Übersendungsobliegenheit konsequent.152 Im Schrifttum sind die Meinungen dazu gespalten. Teilweise wird vertreten, das anderweitige Zugänglichmachen erfasse die Abrufmöglichkeit der AGB im Internet, wenn bei Vertragsschluss die entsprechende URL vollständig angegeben wird.153 Die geringe eigene Tätigkeit sei nicht als Fall der Erkundigungsobliegenheit einzuordnen. Auf diese Weise könnten insbesondere Verzögerungen vermieden werden, da Abruf und Ausdruck grundsätzlich innerhalb von Sekunden zu bewerkstelligen seien. Auch verfügten alle international tätigen Vertragspartner über einen Internetzugang. Davon sei insbesondere auszugehen, wenn die entsprechende Partei mit einer Internet- oder E-Mail Adresse im Geschäftsverkehr auftrete.154 Kritisiert wird an dieser Ansicht, dass der Vertragsschluss regelmäßig eben nicht im Internet stattfinde, sondern noch telefonisch oder schriftlich. Dementsprechend gebe es kein freiwilliges Einlassen auf das Medium Internet.155 Daher soll nicht einmal die Angabe der URL in einem Schriftstück oder ein Hyperlink in einer Angebots-E-Mail für eine erfolgreiche Einbeziehung ausreichen.156 Im Ergebnis käme der Verweis auf AGB im Internet durchaus einer Erkundigungsobliegenheit gleich, denn meistens seien die Webseiten unübersichtlich und in einer fremden Sprache gehalten.157 Vor allem fehle die Möglichkeit des direkten Abrufs des AGBTextes.158 Des Weiteren würden AGB häufig als .pdf-Dateien zur Verfügung gestellt, was zunächst die Installation eines entsprechenden Programmes voraussetze, um den Text betrachten zu können.159 Wenn der Text im HTML-Code der Webseite eingearbeitet sei, ergäben sich möglicherweise Darstellungsprobleme beim Ausdruck. Eine Kenntnisnahme allein am Bildschirm reiche in den meisten Fällen aber nicht aus. In jedem Fall setze das Drucken ein gewisses technisches Know-How voraus. 151

Deswegen ablehnend Ferrari, in: Kröll/M/PV, Art. 14 Rn. 40. OLG Celle IHR 2010, 81 (83). 153 Hubert Schmidt, NJW 2011, 3329 (3334); Stiegele/Halter, IHR 2003, 169; dahingehend auch Stadler, S. 95 Fn. 176; skeptisch P. Huber, 13 Vindobona J. Int’l Com. L. & Arb. (2009), 123 (133). 154 Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 14 Rn. 31; Stiegele/Halter, IHR 2003, 169. 155 Ventsch/Kluth, IHR 2003, 224 (224). 156 Ventsch/Kluth, IHR 2003, 224 (225); Piltz, IHR 2004, 133 (134); Ferrari, in: MüKoHGB, Art. 14 Rn. 39; ders., in: Kröll/M/PV, Art. 14 Rn. 40; Schroeter, in: Schlechtriem/ Schwenzer, Art. 14 Rn. 50; Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 12 a.E. 157 Magnus, in: Staudinger, Art. 14 Rn. 41a. 158 Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 12. 159 Zum Folgenden Ventsch/Kluth, IHR 2003, 224 (224 f.). 152

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Zudem entstünden erhebliche Provider- und ggf. Einwahlkosten. Auch sei ein Internetzugang des Klauselgegners nicht immer selbstverständlich.160 Möglicherweise habe nicht jeder dortige Mitarbeiter einen eigenen Internetzugang, selbst wenn er eine eigene firmenbezogene E-Mail Adresse habe. Daneben seien technische Defekte auf beiden Seiten nicht auszuschließen, wodurch eine Einwahl ins Internet oder der Abruf der Webseite unmöglich würden.161 Diese – heutzutage teilweise auch nicht mehr ganz nachvollziehbaren – Argumente überzeugen jedenfalls in den allermeisten Fällen nicht.162 Ausgehend vom Wortsinn ist „anderweitig zugänglich machen“ nicht gleichzusetzen mit „Übersenden“. Vielmehr muss nur ein Zugang zu den Klauseln ermöglicht werden. Das erfordert nicht zwingend eine direkte Übermittlung oder Übergabe, sondern schließt auch eine gewisse Eigeninitiative des Vertragspartners mit ein. Sonst ist wirklich fraglich, welcher Anwendungsbereich für die vom BGH erwähnte zweite Alternative überhaupt noch bleiben soll.163 Die Möglichkeiten einer persönlichen Übergabe und des Aushangs in den Geschäftsräumen sind im internationalen Geschäftsverkehr für die weit überwiegende Zahl der Vertragsschlüsse bedeutungslos. Vor allem ist ein Verweis auf die Abrufbarkeit der Klauseln im Internet kein Fall der Erkundigungsobliegenheit.164 Die Geschäftspartner müssen die AGB gerade nicht mehr beim Verwender anfordern und dieser sendet sie dann erst auf Wunsch zu. Vielmehr wird eine solche Abhängigkeit gerade vermieden. Mit dem Einstellen ins Internet hat der Verwender die Voraussetzungen geschaffen, dass seine Vertragspartner die Klauseln jederzeit abrufen können, ohne noch weiter auf ihn angewiesen zu sein.165 Sollte das Internet nicht funktionieren oder eine Webseite nicht abrufbar sein, verhält es sich nicht anders als bei sonstigen Auswirkungen des allgemeinen Lebensrisikos. Auch eine Übersendung der gedruckten AGB birgt Gefahren, da diese auf dem Transport untergehen können oder der Beförderer aus irgendwelchen Gründen erst verzögert zustellt. Insbesondere bei Stromausfällen funktionieren auch die meisten herkömmlichen Übermittlungseinrichtungen nicht, so dass dort ebenfalls (noch längere) Verzögerungen eintreten.

160

(225). 161

Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 14 Rn. 50; Ventsch/Kluth, IHR 2003, 224

Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 12. Man muss einigen Verfassern auch zu Gute halten, dass die technischen Fortschritte etwa im Jahr 2003 und früher noch nicht so weit gediehen waren wie heute. 163 Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 12, der allerdings die Abrufmöglichkeit nur für Online-Verträge für zulässig hält. 164 Ebenso Stiegele/Halter, IHR 2003, 169. 165 Karollus, LM H. 3/2002 CISG Nr. 9. 162

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Ein .pdf-Reader ist mittlerweile nahezu jeder Software – seien es Computerspiele oder Arbeitsprogramme – beigelegt.166 In den meisten Fällen gibt es nämlich kein gedrucktes Benutzerhandbuch mehr, sondern eine .pdf-Datei, die man sich bei Bedarf selbst ausdrucken muss. Solche Programme sind wegen der weiten Verbreitung von .pdf-Dokumenten häufig auch schon vorinstalliert. Das HTML-Argument hat immer noch seine Berechtigung – insbesondere wenn die Webseite selbst erstellt und gestaltungstechnisch sehr einfach gehalten wurde. Bei unternehmerischen Webseiten sind jedoch seit geraumer Zeit überwiegend phpbasierte Gestaltungen im Einsatz. Diese bieten gegenüber HTML viele Vorteile, insbesondere eine leichte Aktualisierung der Inhalte ohne Kenntnisse im Webdesign. Die Seitengestaltung kann bei den meisten „Webhostern“ direkt aus einem Vorlagenkatalog ausgewählt werden und ist mit einer Druckansicht-Funktion ausgestattet, die den Text so in den Druckbereich einpasst, dass es kaum noch zu Darstellungsfehlern kommt. Zudem sind die Webseiten größtenteils sehr übersichtlich gestaltet, so dass meistens ein Hyperlink zu den AGBs in der Fußzeile zu finden ist. Auch das erforderliche technische Know-how für Druckaufträge ist gering. Darüber hinaus schreiben Händler und Firmen ihre Briefe und Formulare nicht mehr auf einer Schreibmaschine, sondern in einem Textverarbeitungsprogramm. Diese Seiten müssen schließlich auch irgendwie gedruckt werden. Daher dürfte eigentlich immer ein Drucker verfügbar sein. Es mutet in diesem Zusammenhang auch befremdlich an, dass man der betreffenden Partei zwar die technischen Fertigkeiten für die Rügeobliegenheit des Art. 39 CISG zutraut, aber dagegen nicht, wie man ein Dokument ausdruckt oder eine Datei im Internet abruft. Besonders seltsam erscheint das Argument mit dem Internetzugang.167 Zugegeben, auch heute hat nicht jeder Betrieb einen Internetzugang. Doch im grenzüberschreitenden Handelsverkehr, den das CISG voraussetzt, erscheint das als eher antiquierte Annahme.168 Internationale Wettbewerbsfähigkeit ist ohne Internetzugang nicht mehr möglich. Zutreffend ist daher die Auffassung, die auf das Vorhandensein von E-Mail-Adresse oder Homepage abstellt.169 Dies lässt sich Briefen oder Werbung des betreffenden Unternehmens entnehmen. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob jeder Mitarbeiter einen Internetzugang hat. Maßgeblich ist, ob der betreffende Ansprechpartner (z. B. ein Prokurist) mit einer E-Mail Adresse nach außen auftritt. Dann darf man voraussetzen, dass man mit ihm elektronisch korrespondieren und auch auf wichtige Dokumente per E-Mail hinweisen kann. Ist ihm ein regelmäßiger E-Mail Abruf dennoch nicht möglich, liegt ein Fall schlechter Unternehmensorganisation vor, was gerade nicht dem Verwender angelastet werden kann. 166 Vgl. auch Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 35 („keine ungewöhnlichen Programme“). 167 Für die Providerkosten gilt auch hier das oben unter (aa) Gesagte. 168 Vgl. dazu auch schon Karollus, LM H. 3/2002 CISG Nr. 9. 169 s. soeben Fn. 154.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Daher reicht nach der hier vertretenen Ansicht die Abrufmöglichkeit auf einer Webseite für eine erfolgreiche Einbeziehung aus, wenn die vollständige URL der betreffenden Webseite oder Datei angegeben wird und der Geschäftspartner auch erkennbar über eine E-Mail-Adresse oder Homepage verfügt, mit denen er im Geschäftsverkehr auftritt. Es reicht auch aus, wenn die AGB über einen direkten und eindeutig bezeichneten Link auf der Index- oder Hauptseite des Verwenders abrufbar sind. Eine darüber hinausgehende Suche auf Unterseiten der Homepage kann jedoch nicht verlangt werden.170 Die obigen Ausführungen zur Sprachfassung der Homepage gelten auch hier.171 bb) Wiederholter Vertragsschluss und Einbeziehung nach Art. 14 I, 8 III, 9 (Gebräuche und Gepflogenheiten) Haben die Parteien schon zuvor einen oder mehrere Verträge unter Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen abgeschlossen und dabei die Voraussetzungen einer wirksamen Einbeziehung erfüllt, können die Klauseln bei einem erneuten Vertragsschluss allein durch einen neuen Hinweis einbezogen werden. Eine nochmalige Übersendung ist nicht erforderlich.172 Allerdings gilt das nur, wenn die AGB zwischenzeitlich nicht geändert wurden und mit den bereits übersandten bzw. zur Verfügung gestellten Bedingungen identisch sind. Nach Art. 8 III CISG sind für die Auslegung des Angebots insbesondere auch zwischen den Parteien vereinbarte Gebräuche und entstandene Gepflogenheiten i.S.d. Art. 9 I CISG relevant. Insoweit können die AGB danach als Bestandteil des Angebots angesehen werden, selbst wenn es an einem Hinweis oder ihrer Übersendung fehlt.173 Das CISG enthält, wie schon beim AGB-Begriff, selbst keine Definition des Gebrauchs oder der Gepflogenheit. Die Begriffe sind daher, wie auch sonst in der Konvention, autonom auszulegen.174

170 A.A. Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 14 Rn. 30 unter der Voraussetzung, dass die Webseite „hinreichend übersichtlich“ gestaltet ist. 171 s. oben (aa). 172 OLG Linz, 08. 08. 2005, CISG-online Nr. 1087; LG Coburg IHR 2007, 117 (118 f.); Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 13; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 14 Rn. 31. 173 OGH, 31. 08. 2005, CISG-online Nr. 1093; Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 14 Rn. 69; Schultheiß, S. 25; Teklote, S. 138. 174 Melis, in: Honsell, Art. 9 Rn. 3; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (465); Ferrari, EuLF 2002, 273 (274).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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(1) Gebräuche und Gepflogenheiten i.S.d. Art. 9 I CISG Vereinbart werden können insbesondere Bräuche, die in bestimmten Ländern oder Gegenden anerkannt sind (z. B. die Tegernseer Gebräuche im Holzhandel), aber genauso gut auch Vertragsregeln wie die INCOTERMS.175 Als Gepflogenheit ist jegliches Parteiverhalten einzuordnen – also abweichend von Art. 18 I 2 CISG auch Schweigen –, das auf individueller Übung beruht. Die Berücksichtigung solcher Verhaltensweisen ist letztlich nichts anderes als eine positivrechtliche Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben im internationalen Handel (Art. 7 I CISG).176 Die Annahme eines Vertrauenstatbestands im maßgeblichen Sinne ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn auch tatsächlich eine Übung „entstanden“ ist. Entgegen der Auffassung des OGH177 genügt eine einmalige Verwendung der betreffenden AGB dafür aber noch nicht. Vielmehr zeigt der zutreffende Vergleich mit dem „course of dealing“ in § 1 – 205 I UCC, dass das Verhalten wiederholt erfolgt sein muss („sequence of previous conduct“).178 Von einer Gepflogenheit kann daher erst gesprochen werden, wenn die AGB im Rahmen einer längeren Geschäftsbeziehung mehrfach verwendet und akzeptiert wurden.179 Im Ergebnis ist die Gepflogenheit also mit der „laufenden Geschäftsbeziehung“ im deutschen Recht vergleichbar. Darin liegt auch der Unterschied zum wiederholten Vertragsschluss: Dieser ist notwendige Voraussetzung, aber allein noch nicht ausreichend für die Annahme einer Gepflogenheit. Man kann ihn daher als „Vorstufe“ einer Gepflogenheit verstehen. (2) Gebräuche i.S.d. Art. 9 II CISG Nach Art. 9 II CISG sind ebenfalls Gebräuche zu berücksichtigen, die im internationalen Handel den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig weithin bekannt sind und von ihnen regelmäßig beachtet werden.180 Es kommt also darauf an, dass sich Kaufleute in einer bestimmten Branche oder für 175

Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 9 Rn. 6; Perales Viscasillas, in: K/M/ PV, Art. 9 Rn. 15 f.; Saenger, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rn. 2. 176 Saenger, in: Ferrari/Kieninger, Art. 9 Rn. 3; Melis, in: Honsell, Art. 9 Rn. 4. 177 OGH, 31. 08. 2005, CISG-online Nr. 1093; ders., 06. 02. 1996, CISG-online Nr. 224. 178 Perales Viscasillas, in: K/M/PV, Art. 9 Rn. 8 Fn. 15; Esser, ZfRVgl 1988, 167 (187); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (450 f.). 179 AG Duisburg, 13. 04. 2000, CISG-online Nr. 659; ZG Basel-Stadt, 03. 12. 1997, CISGonline Nr. 346; Ferrari, in: MüKo-HGB, Art. 9 Rn. 7; Westermann, in: MüKo-BGB, Art. 9 Rn. 3; Magnus, ZEuP 1997, 823 (837 Fn. 119); Holl/Keßler, RIW 1995, 457 (457); Lohmann, S. 219; Schultheiß, S. 26 ff.; Spruß, S. 525; Drasch, S. 16; vgl. auch LG Zwickau, 19. 03. 1999, CISG-online Nr. 519. Nach Drasch erfolgt in diesem Fall die Einbeziehung nach Art. 8 II CISG, da wegen der Vorverhandlungen mit der Einbeziehung von AGB zu rechnen war. Unklar bleibt dabei aber das Verhältnis zur von ihm befürworteten Übersendungsobliegenheit (vgl. oben Fn. 87). 180 Zur Entstehungsgeschichte und den Einwänden gegen die Vorschrift Westermann, in: MüKo-BGB, Art. 9 Rn. 1 sowie Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (467 f.) m.w.N.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

bestimmte Geschäfte regelmäßig an gewisse Regeln halten – die dadurch quasi eine rechtsverbindliche Wirkung entfalten181 – und der Vertragspartner wegen dieser Üblichkeit auch mit ihrer Anwendung zu rechnen hat.182 Aus dem Wortlaut folgt dabei, dass nicht der Brauch selbst international sein muss, sondern maßgeblich auf die jeweilige Parteibeziehung abzustellen ist („im internationalen Handel“).183 Allerdings muss der Gebrauch in dem betreffenden Geschäftszweig weithin bekannt sein, also letztlich doch einen gewissen Grad von „Internationalität“ aufweisen. Davon kann man zumindest dann ausgehen, wenn er der Mehrheit der darin tätigen Kaufleute bekannt ist.184 Das ist bei Gebräuchen, die sich nur an einem bestimmten Ort oder innerhalb eines Landes entwickelt haben, regelmäßig nicht der Fall,185 aber auch nicht per se ausgeschlossen.186 Daneben kommt es aber auch darauf an, ob die Vertragsparteien die Bräuche kannten oder zumindest kennen mussten. Dieses Erfordernis rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass nur eine Bekanntheit „weithin“ und nicht „weltweit“ gefordert ist187 und deswegen nicht jeder Kaufmann sämtliche relevanten Gebräuche in seinem Geschäftszweig kennen kann.188 Im Vergleich zu § 346 HGB sind die Anforderungen damit deutlich verschärft, was letztlich auch auf die bei der Ausarbeitung der Vorschrift vorgebrachten Einwände zurückzuführen ist. Deswegen kann Art. 9 II CISG nicht zur Einbeziehung individueller AGB führen,189 da allein schon deren Bekanntheit „weithin“ äußerst unwahrscheinlich ist. Ein Anwendungsbereich verbleibt aber für die Einbeziehung von Regelungen, die – wie etwa die INCOTERMS – von einer internationalen Institution ausgearbeitet und ihren Mitgliedern oder der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wurden.190 Voraussetzung ist aber, dass diese wirklich im maßgeblichen Sinne bekannt sind und beachtet werden, also auch regelmäßig den Warenkaufverträgen zugrunde gelegt werden. An dieser Voraussetzung dürfte auch die Anwendung von PICC und PECL als Gebrauch scheitern. 181

Perales Viscasillas, in: K/M/PV, Art. 9 Rn. 20. Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 9 Rn. 11; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (468). 183 OGH IHR 2001, 40 (41); ders., 15. 10. 1998, CISG-online Nr. 380; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (470); a.A. Holl/Keßler, RIW 1995, 457 (459). 184 OGH IHR 2001, 40 (41); ders., 15. 10. 1998, CISG-online Nr. 380; Magnus, in: Staudinger, Art. 9 Rn. 22; Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 9 Rn. 16. 185 OLG Graz, 09. 11. 1995, CISG-online Nr. 308; Westermann, in: MüKo-BGB, Art. 9 Rn. 5. 186 Vgl. Saenger, in: Ferrari/Kieninger, Art. 9 Rn. 5; Teklote, S. 135; Bonell, JBl 1985, 385 (391). 187 Ferrari, in: MüKo-HGB, Art. 9 Rn. 11; Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 9 Rn. 18. 188 Saenger, in: Bamberger/Roth, Art. 9 Rn. 5. 189 Ebenso Schultheiß, S. 26. 190 Schultheiß, S. 26. 182

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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cc) Zusammenfassung Die wirksame Einbeziehung von AGB erfordert auch im CISG grundsätzlich einen Hinweis auf die beabsichtigte Verwendung und die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme von ihrem Inhalt. Entgegen der herrschenden Meinung ist für Letzeres jedoch keine generelle Übersendung des AGB-Textes erforderlich, sondern es besteht auch hier eine Erkundigungsobliegenheit. Bei einem Vertragsschluss im Internet genügt die digitale Bereitstellung der AGB auf einer Webseite oder in einer E-Mail. Der Verwender muss aber sicherstellen, dass der Klauselgegner den Text der Klauseln zu Beweiszwecken abspeichern oder ausdrucken kann. Bei einem herkömmlichen Vertragsschluss reicht die Abrufmöglichkeit im Internet ebenfalls aus, wenn der Klauselgegner erkennbar über eine E-Mail-Adresse oder eine Homepage verfügt, mit der er geschäftlich auftritt, und zudem die vollständige URL der Webseite oder Datei angegeben wird, unter der man die AGB finden kann. Die Einbeziehung mittels eines bloßen Hinweises auf die Klauseln kann bei einem wiederholten Vertragsschluss oder einer entsprechenden Parteigepflogenheit i.S.d. Art. 9 I CISG erfolgen. Eine Einbeziehung von AGB über Art. 9 II CISG scheidet jedoch regelmäßig aus, da diese nicht die Voraussetzungen eines weithin bekannten und beachteten Gebrauchs erfüllen. c) PICC Gemäß der offiziellen Kommentierung zu Art. 2.1.19 PICC ist nicht immer eine ausdrückliche Bezugnahme auf die AGB notwendig, vielmehr entscheiden die Umstände des Einzelfalles darüber.191 aa) Hinweisobliegenheit Ob ein Hinweis auf die Klauseln erforderlich ist, hängt davon ab, wo sich diese im Vertragsgefüge befinden.192 Sind die AGB im Vertragsdokument selbst – und zwar oberhalb der Unterschrift – aufgeführt, so bedarf es keines weiteren Hinweises.193 Dann kann nämlich vorausgesetzt werden, dass sie mit den übrigen Vertragsbestimmungen zur Kenntnis genommen wurden. Befinden sich die Klauseln dagegen unterhalb der Unterschrift, auf der Rückseite oder in einem separaten Dokument, muss ausdrücklich auf ihre Verwendung hingewiesen werden. Der Hinweis muss indes nicht zwingend im Angebot selbst gemacht werden. Ausreichend ist auch schon ein (mündlicher) Hinweis während der Vertragsverhandlungen.194 Ein still191

UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, Art. 2.1.19 Comment 3. Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 10. 193 UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, Art. 2.1.19 Comment 3. Dort auch zum Folgenden. 194 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 13. 192

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

schweigender Einbeziehungshinweis soll dagegen grundsätzlich nur ausreichen, wenn ein entsprechendes Parteiverhalten oder ein dahingehender Handelsbrauch besteht.195 Zu Verständlichkeit und Klarheit des Hinweises finden sich in der offiziellen Kommentierung keine Ausführungen. Da auch noch keine diesbezügliche Rechtsprechung zu den PICC besteht, ziehen andere Stimmen deswegen Urteile und Schrifttum zum CISG heran.196 Das verwundert, da ja eigentlich die PICC das CISG ergänzen sollen197 und nicht umgekehrt. Beide Instrumente gleichen sich jedoch darin, dass für die Einbeziehung von AGB die allgemeinen Regeln zum Vertragsschluss maßgeblich sind und diese viele Parallelen aufweisen. Insofern bietet sich diese Vorgehensweise an. Wie bereits dargestellt, muss daher deutlich gemacht werden, dass und vor allem welche AGB einbezogen werden sollen. Zeitlich muss der Hinweis vor oder spätestens bei Vertragsschluss erfolgen.198 Danach kann eine einseitige Einbeziehung der Klauseln lediglich unter den Voraussetzungen des Art. 2.1.12 PICC erreicht werden. Sind diese nicht erfüllt, kommt allenfalls noch eine Einbeziehung im Rahmen der Annahme in Betracht.199 bb) Möglichkeit der Kenntnisnahme Die Möglichkeit der Kenntnisnahme von den AGB wird weder in Art. 2.1.19 PICC noch in der offiziellen Kommentierung ausdrücklich gefordert.200 Das Erfordernis wird aber aus den allgemeinen Regeln des Vertragsschlusses herausgelesen.201 Während der Ausarbeitung der PICC wurde dieses Problem bereits thematisiert und ursprünglich war auch eine Vorschrift dazu vorgesehen, wonach schon der bloße Hinweis auf die AGB für die Einbeziehung ausreichen sollte.202 Die Beweggründe für die ursprüngliche Aufnahme der Vorschrift und ihre letztendliche Streichung wurden aber leider nicht offengelegt. Im Schrifttum wird die Problematik auch deswegen nach wie vor kontrovers diskutiert.

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Bonell, International Restatement, S. 154. Vgl. Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 14 ff., 17 ff. Offengelassen von Spruß, S. 581. 197 Vgl. die Diskussion unter F. III. 198 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 15. 199 Dazu unten G. III. 200 Hellwege, S. 375; Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 22. 201 Luig, S. 227. Nicht gänzlich überzeugt davon Hellwege, S. 375. 202 Zum Folgenden: Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 16. 196

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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(1) Übersendungsobliegenheit Teilweise wird vertreten, die Einbeziehungsvoraussetzungen seien identisch mit denen der PECL, so dass eine Übersendung erforderlich ist.203 Nach anderer Ansicht seien die Voraussetzungen der PECL strenger als die der PICC. Eine Einbeziehung sei bei Letzteren daher auch durch bloßen Hinweis auf die AGB möglich.204 Eine dritte Ansicht differenziert:205 Für den Regelfall soll eine Obliegenheit zur Übersendung bestehen. Begründet wird das mit der Beachtung des guten Glaubens im internationalen Handel (Art. 1.7) und der allgemeinen Kooperationspflicht der Parteien. Auch sei es einfacher, die Bedingungen bereits dem Angebot beizulegen. Eine Erkundigungsobliegenheit brächte dagegen Verzögerungen mit sich. Des Weiteren werde Rechtssicherheit gewährleistet. Die Erkundigung sei nur dann vernünftig, wenn – wie im nationalen Rechtsverkehr – die Bedingungen regelmäßig bekannt seien. Zudem gäbe es wie im CISG auch in den PICC keine speziellen Vorschriften zur Inhaltskontrolle von AGB, was gerade eine strengere Einbeziehungskontrolle rechtfertige. Eine Erkundigungsobliegenheit sei auch nicht mit dem allgemein anerkannten Erfordernis vereinbar, dass die AGB in einer dem Empfänger verständlichen Sprache präsentiert werden müssen.206 Denn sonst müsste der Geschäftspartner eine Übersetzung anfordern, wenn ihm der Verwender (insofern überobligationsmäßig) den Text zwar übersendet, allerdings in einer unverständlichen Sprache.207 (2) Kritik an der Übersendungsobliegenheit Viele dieser Argumente haben bereits beim CISG nicht überzeugt.208 Allerdings müssen sie wegen der teilweise doch vorhandenen strukturellen Unterschiede bei den PICC an dieser Stelle nochmals untersucht werden. Besonderheiten ergeben sich bei den PICC in Bezug auf die Argumentation mit der fehlenden Inhaltskontrolle. In der Tat enthalten diese keine allgemeine Regelung zu „unfair terms“, „substantive unfairness“ o.Ä.209 Insoweit ist daher zu klären, ob die Argumente zum CISG gegen eine „versteckte Inhaltskontrolle“ auch hierher übertragen werden können. Art. 3.1 PICC 2004 sprach nicht wie Art. 4 S. 2 lit. a) CISG von „Gültigkeit“, sondern schloss im Einzelnen nur die Rechts- und Geschäftsfähigkeit (lit. a) sowie die Sittenwidrigkeit und Rechtswidrigkeit (lit. b) aus dem Anwendungsbereich der 203 So ohne Begründung Wittwer, S. 184. Zu den Voraussetzungen nach den PECL sogleich unten d). 204 Bonell, International Restatement, S. 154; Luig, S. 227. 205 Zum Folgenden: Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 18 ff. 206 Zum Problem der Sprache ausführlich unten G. II. 3. c). 207 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 21. 208 s. oben G. II. 1. b) aa) (2) (b). 209 Kritisch dazu Zimmermann, ZEuP 2005, 264 (287).

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

PICC aus. Dementsprechend waren also nicht sämtliche Fragen der Gültigkeit des Vertrages von den PICC erfasst. In der Neufassung der PICC wurde das Kapitel über die Gültigkeit grundlegend überarbeitet. Der neue Art. 3.1.1 PICC 2010 klammert nur noch die Rechts- und Geschäftsfähigkeit aus. Die Rechtswidrigkeit hat einen eigenen Abschnitt erhalten (Art. 3.3.1 f. PICC). Der Begriff der Sittenwidrigkeit taucht dagegen in den ganzen PICC 2010 nicht mehr auf. Dass die Sittenwidrigkeit schlicht vergessen wurde, erscheint unwahrscheinlich. Mangels eines ausdrücklichen Ausschlusses ist sie daher als von den PICC geregelte Materie anzusehen. Im Gegensatz zu den PICC 2004 besitzen die PICC 2010 daher keinen dem Art. 4 S. 2 lit. a) CISG vergleichbaren Ansatzpunkt mehr. Die Argumente gegen eine „versteckte Einbeziehungskontrolle“ können deswegen nicht auf die PICC übertragen werden. Im Gegensatz zum CISG enthalten die PICC mit Art. 3.2.7 (ex Art. 3.10), 7.1.6 und 7.4.13 aber mehrere Vorschriften, die sich mit einzelnen inhaltlich problematischen Vertragsklauseln befassen.210 Zudem gewähren sie durch Art. 2.1.20 PICC auch einen Schutz vor überraschenden Klauseln.211 Angesichts dieser Vorkehrungen erscheint eine verstärkte Einbeziehungskontrolle nicht geboten. Auch das Erfordernis einer verständlichen Sprachfassung und die Erkundigungsobliegenheit sind miteinander vereinbar. Dem oben dargestellten Argument liegt folgende Überlegung zugrunde: Da der Empfänger selbst dafür verantwortlich ist, sich die AGB zu besorgen, folgt aus der Erkundigungsobliegenheit zwangsläufig auch eine Übersetzungsobliegenheit, wenn der Inhalt für ihn unverständlich ist. Nach dieser Auffassung muss er also zusätzlich zum physischen Beschaffen der Klauseln gegebenenfalls auch noch Erkundigungen hinsichtlich ihres Inhalts anstellen. Zwischen beiden Punkten muss aber klar unterschieden werden. Die Erkundigungsobliegenheit betrifft allein die Frage, ob die AGB dem Vertragspartner vorliegen. Wurden sie ihm auf Anfrage oder sogar unaufgefordert übersandt, dann sind sie physisch vorhanden. Die einzelnen Formulierungen und auch die Sprache der Klauseln fallen dagegen in den Risikobereich des Verwenders. Anderenfalls käme es zur bizarren Situation, dass der Klauselgegner gleichsam „Nacherfüllung für mangelhafte (sprich fremdsprachige) AGB“ verlangen müsste. Der gute Glaube im internationalen Handel nach Art. 1.7 PICC rechtfertigt aber gerade keine unbekannte Sprache.212 Daher ist eine Übersendungsobliegenheit auch für die PICC abzulehnen.

210 Dazu im Einzelnen Bonell, International Restatement, S. 158 ff.; Kramer, ZEuP 1999, 209 (210 f., 214 f., 221 ff.). 211 Dazu unten G. II. 4. c). 212 Dazu ausführlich unten G. II. 3. c).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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cc) Vertragsschluss im Internet und herkömmlicher Vertragsschluss mit Abrufmöglichkeit der AGB im Internet Der Internetverkehr kann auch für die PICC relevant werden. Dabei muss erneut zwischen dem Vertragsschluss über und außerhalb des Internets unterschieden werden. Die offizielle Kommentierung enthält zum elektronischen Geschäftsverkehr keine Ausführungen. Jedoch wird auch hier auf die Diskussion zum CISG zurückgegriffen.213 Nach zutreffender Ansicht ist deswegen eine digitale Bereitstellung der AGB immer ausreichend, wenn der Vertragsschluss im Internet stattgefunden hat und die AGB gespeichert sowie beliebig reproduziert werden können.214 Bei einem herkömmlichen Vertragsschluss ist einschränkend erforderlich, dass der Klauselgegner nach außen ersichtlich mit einer E-Mail-Adresse oder einer Homepage geschäftlich auftritt und ihm die Webseite des Verwenders mit der Abrufmöglichkeit mitgeteilt wurde. Darüber hinaus muss der AGB-Text dort über einen gut sichtbaren, direkten Hyperlink auf der Hauptseite zu finden sein. dd) Verhältnis der PICC zu den Einbeziehungsvorschriften des eigentlich anwendbaren nationalen Rechts Die oben dargestellten Einbeziehungsvoraussetzungen gelten allerdings nur, wenn sich die Einbeziehung von AGB auch tatsächlich nach den PICC richtet. Das setzt voraus, dass sie wirksam als anwendbares Recht vereinbart werden konnten. Da innerhalb der EU die Wahl nichtstaatlichen Rechts nicht möglich ist,215 erlangen die Einbeziehungsvorschriften der PICC dementsprechend nur Bedeutung, wenn entweder ein maßgebliches außereuropäisches Kollisionsrecht die Wahl nichtstaatlichen Rechts zulässt oder die PICC in Schiedsverfahren Anwendung finden. In den übrigen Fällen werden die PICC lediglich selbst als AGB in den Vertrag einbezogen. Dass AGB Vorgaben über die Einbeziehung (weiterer216) AGB machen, ist grundsätzlich möglich, falls die Vorschriften des nationalen Rechts in dieser Hinsicht dispositiv sind. Soweit die Einbeziehungsvorschriften des anwendbaren nationalen Rechts allerdings zwingend sind, können diese auch nicht durch AGB modifiziert werden, da nichtstaatliches Recht nur soweit Wirkung entfalten kann, wie es das staatliche Recht zulässt. Die Einbeziehungsvorschriften der PICC wären daher 213

s. oben G. II. 1. b) aa) (2) (d). Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 22 unter Bezugnahme auf Art. 10 III der „Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“ (2000/31/EG) vom 08. 06. 2000. Vgl. auch die Argumentation zum CISG, oben G. II. 1. b) aa) (2) (d). 215 s. schon oben D. II. 216 Die erstmalige Einbeziehung der PICC als AGB muss sich logischerweise nach dem grundsätzlich anwendbaren Recht richten. 214

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

bei Geltung des deutschen Rechts unwirksam217 und weiterhin nur die §§ 305 ff. BGB maßgeblich. Daran ändert sich auch nichts, wenn beide Vertragsparteien die PICC einbeziehen wollen und sie dadurch den Status einer Individualvereinbarung erlangen. In diesem Fall unterliegen die PICC zwar keiner speziellen Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle des nationalen Rechts, sondern nur den allgemeinen Unwirksamkeitsgründen für vertragliche Abreden. Zwingendes nationales Recht genießt aber dennoch Vorrang vor individuellen Abreden. ee) Zusammenfassung Auch die PICC setzen für die Einbeziehung von AGB im Regelfall einen Hinweis und die Möglichkeit der Kenntnisnahme voraus. Der Hinweis ist allerdings entbehrlich, wenn die Klauseln oberhalb der Unterschrift in das Vertragsdokument eingearbeitet sind oder die Voraussetzungen einer stillschweigenden Einbeziehung durch Parteiverhalten oder durch einen Handelsbrauch vorliegen. Richtigerweise besteht auch bei den PICC keine allgemeine Übersendungs-, sondern nur eine Erkundigungsobliegenheit. Bei einem Vertragsschluss im Internet genügt jegliche digitale Bereitstellung der AGB den Anforderungen, sofern diese zu Beweiszwecken abgespeichert und beliebig reproduziert werden können. Bei einem Vertragsschluss außerhalb des Internets reicht eine digitale Abrufmöglichkeit aus, wenn der Vertragspartner erkennbar über eine geschäftliche E-Mail-Adresse oder Homepage verfügt und ihm die URL der Webseite oder Datei vollständig mitgeteilt wurde. Bei der Einbeziehung wirkt sich allerdings der nichtstaatliche Charakter der PICC erheblich aus. Ihre Einbeziehungsvorschriften sind nämlich nur dann maßgeblich, wenn die PICC wirksam als anwendbares Recht vereinbart werden konnten. Finden die PICC lediglich selbst als AGB oder Individualvereinbarung Eingang in den Vertrag, treten sie hinter den zwingenden Einbeziehungsvorschriften des anwendbaren nationalen Rechts zurück. d) PECL Die PECL enthalten in Art. 2:104 I eine Regelung über die Einbeziehung von nicht individuell ausgehandelten Bedingungen. Wie bereits gezeigt ist dies der Überbegriff und die Vorschrift damit auch für AGB relevant. Sowohl in der Vorschrift selbst als auch in der offiziellen Kommentierung wird nicht zwischen Verbrauchern und Unternehmern unterschieden.

217

Vgl. unten H. III. 2.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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aa) Hinweisobliegenheit Nach Art. 2:104 PECL können AGB gegenüber einer Partei, die sie nicht gekannt hat, nur dann geltend gemacht werden, wenn die sich auf sie berufende Partei vernünftige218 Maßnahmen ergriffen hat, um die andere Partei vor oder bei Vertragsschluss auf sie aufmerksam zu machen. Bloßes Beilegen der Klauseln ohne Bezugnahme im Angebotsschreiben genügt dafür nicht.219 Demnach besteht also eine grundsätzliche Hinweisobliegenheit des Verwenders. bb) Möglichkeit der Kenntnisnahme Art. 2:104 II PECL stellt weitergehend klar, dass der bloße Hinweis auf die AGB für eine Einbeziehung – jedenfalls grundsätzlich – nicht genügt.220 Vielmehr soll der Vertragspartner „nur an Bedingungen gebunden sein, bezüglich derer die erstere Partei angemessene Schritte unternommen hat, um sie davon vor dem oder im Zeitpunkt der Annahme des Vertrages in Kenntnis zu setzen“.221 Um angemessene Schritte in diesem Sinne handelt es sich nach Ansicht der Autoren etwa, wenn die Bedingungen Teil des Vertragsdokuments selbst, auf dessen Rückseite abgedruckt oder als Anlage beigefügt sind. In den beiden letzten Fällen muss zusätzlich noch ein Hinweis im Angebotsschreiben gemacht werden. Festzuhalten ist also, dass für die Autoren unter „aufmerksam machen“ nicht nur der Hinweis als solcher fällt, sondern zusätzlich auch die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom AGB-Text gewährt werden muss.222 Auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme kann der Empfänger selbstverständlich auch verzichten.223 Das ist insofern vergleichbar mit der Abbedingung von § 305 II Nr. 2 BGB beim telefonischen Vertragsschluss. (1) Übersendungsobliegenheit – ja oder nein? Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob den Verfassern eine Übersendungsobliegenheit für AGB vorschwebt. Gemäß der offiziellen Kommentierung müssen dem Vertragspartner unbekannte Bedingungen entweder im Vertragsdokument selbst enthalten sein oder andere Schritte unternommen werden, um ihn davon in Kenntnis zu setzen.224 Diese Formulierung erinnert stark an die 218

s. hierzu Art. 1:302 PECL. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:104 Kommentar A. a.E. 220 Zweifelnd, ob Abs. 2 diese Aussage entnommen werden kann Hellwege, S. 374. 221 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:104 Kommentar A. 222 Zum wahrscheinlichen Hintergrund der Formulierung und kritisch zur Wortwahl für die Vorschrift Hellwege, S. 374. 223 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:104 Kommentar C. 224 Vgl. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:104 Kommentar A. 219

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

BGH-Rechtsprechung zur Einbeziehung im CISG.225 Wenn die Verfasser fordern, dass der unbekannte AGB-Text „im Vertragsdokument enthalten sein“ muss, liegt darin zugleich ein Übersenden des Textes i.S.d. vom BGH geforderten ersten Alternative zur Einbeziehung im CISG. Das spricht dafür, dass die Autoren der PECL ebenfalls von einer Übersendungsobliegenheit des Verwenders ausgegangen sind.226 Wie schon erwähnt, kann der Klauselgegner aber auf eine Übersendung der unbekannten AGB verzichten. Ein solcher Verzicht ist auch stillschweigend möglich. Nach der offiziellen Kommentierung soll ein stillschweigender Verzicht aber nur angenommen werden, „wenn es nach den gegebenen Umständen nicht angemessen wäre, eine derartige Information zu verlangen.“227 Da eine Information über den AGB-Inhalt – unabhängig davon, wie sie letztlich bewerkstelligt wird – im Regelfall angemessen ist, muss die Möglichkeit eines stillschweigenden Verzichts also sehr restriktiv gehandhabt werden. Die Übersendungsobliegenheit wird daher regelmäßig bestehen bleiben. Allerdings ist diese Sichtweise aus den schon zum CISG genannten Gründen jedenfalls für Unternehmerverträge zu eng. Vielmehr sollte auch im Rahmen der PECL bei b2b-Geschäften nicht von einer Übersendungsobliegenheit ausgegangen werden. (2) „Andere Schritte“ für die Einbeziehung – Vertragsschluss im Internet Für Verbraucherverträge – und wenn man sich der hier vertretenen Auffassung nicht anschließt auch für Unternehmerverträge – ist deswegen relevant, welche anderen Möglichkeiten für die Kenntnisverschaffung zulässig sind. Die in der Kommentierung erwähnten „anderen Schritte“ müssen wahrscheinlich vor dem Hintergrund des restriktiven Verständnisses von „aufmerksam machen“ gesehen werden. Dementsprechend sind wohl nur Möglichkeiten erfasst, die einer Übersendung gleichstehen, also insbesondere die Übergabe der Klauseln beim Vertragsschluss unter Anwesenden oder ein deutlich sichtbarer Aushang in den Geschäftsräumen. Daneben kann der Kunde – wie schon im deutschen Recht228 – bei einem telefonischen Vertragsschluss auch auf den Einbeziehungshinweis schweigen und damit auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme verzichten.229 Zu empfehlen wäre aber auch hier wieder, die AGB bereits während des Verkaufsgesprächs an die E-Mail-Adresse des Klauselgegners zu schicken, sofern dies möglich ist. Ob der Begriff „andere Schritte“ aber auch die Bereitstellung der AGB im Internet erlaubt, hängt entscheidend davon ab, welche Reichweite ihm zuerkannt wird. 225 226 227 228 229

s. oben G. II. 1. b) aa) (2) (a). Von einer „Kenntnisverschaffungsobliegenheit“ spricht auch Spruß, S. 488. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:104 Kommentar C. s. oben G. II. 1. a) aa) (2). Vgl. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:104 Kommentar C.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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(a) Vertragsschluss über das Internet In dieser Hinsicht unproblematisch ist wiederum der Vertragsschluss über das Internet. Unter den beim CISG dargestellten Voraussetzungen ist grundsätzlich auch den strengen Anforderungen des „Aufmerksammachens“ i.S.d. PECL genügt. Das bedeutet, die AGB werden wirksam einbezogen, wenn sie direkt in das Bestellformular eingearbeitet wurden oder dort ein Hyperlink auf sie hinweist und über diesen der AGB-Text auch tatsächlich aufgerufen werden kann. Sind die AGB einer Angebots-E-Mail angehängt, steht dies einer physischen Übersendung gleich. Allerdings muss in der E-Mail auf die Bedingungen auch Bezug genommen werden.230 Des Weiteren muss der Verwender wegen der fehlenden Veränderungssicherheit gewährleisten, dass der Vertragspartner die AGB abspeichern und bei Bedarf auch ausdrucken kann. Ob ein Hinweis auf die AGB während des Bestellvorgangs oder in einer E-Mail mit pauschalem Verweis auf die Abrufmöglichkeit auf der Homepage des Verwenders den Voraussetzungen der PECL genügt, ist nicht ganz klar. Ausgehend von der restriktiven Auslegung des Art. 2:104 PECL ist dies vermutlich als bloßer Hinweis i.S.d. Abs. 2 einzuordnen.231 Diese Sichtweise ist allerdings nicht zwingend, da es für den Klauselgegener durchaus einen Unterschied macht, ob der Verweis lediglich lautet „Es gelten unsere AGB.“ oder aber „Es gelten die auf unserer Homepage (Angabe der URL) abrufbaren AGB.“ Es handelt sich hier um einen Grenzfall, der sich mit den bestehenden Materialien leider nicht vollständig aufklären lässt. Nach hier vertretener Ansicht sollte jedenfalls bei b2b-Geschäften ein Verweis mit Angabe der Homepage ausreichen, wenn die AGB auf der Hauptseite direkt verlinkt sind. Sofern der Hinweis aber gleichzeitig einen direkten, funktionsfähigen Hyperlink enthält, ist dies richtigerweise einer Übersendung der Klauseln gleichzustellen und genügt daher in jedem Fall auch bei Verbraucherverträgen.232 (b) „Herkömmlicher“ Vertragsschluss und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet Größeren Bedenken begegnet aber die Konstellation, in der der Vertragsschluss außerhalb des Internets stattfindet. Die AGB sind in diesem Fall nicht Teil des (analogen) Vertragsdokumentes. Selbst wenn die entsprechende URL vollständig angegeben wird, handelt es sich strenggenommen um einen bloßen Verweis auf die Klauseln – auch wenn der Vertragspartner nur die Adresse in seinem Webbrowser eingeben muss und sofort die Klauseln erhält. Die offizielle Kommentierung der PECL legt nahe, dass die dazu erforderliche – wenn auch geringe – Eigeninitiative bereits das zulässige Maß überschreitet. Zudem handelt es sich in der Konstellation 230

Da die E-Mail die elektronische Variante eines Briefes ist, gilt dieses Erfordernis (oben Fn. 219) auch für sie. 231 Das dürfte selbst dann der Fall sein, wenn auf der Hauptseite ein direkter Link zum AGBText führt. 232 So für das CISG Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 12.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

des herkömmlichen Vertragsschlusses beim Internet um ein zusätzliches Medium, auf das sich der Vertragspartner vor allem nicht freiwillig eingelassen hat. Die Abrufmöglichkeit der AGB-Klauseln im Internet genügt daher im Anwendungsbereich der PECL bei einem Vertragsschluss außerhalb des Internets grundsätzlich nicht für ihre erfolgreiche Einbeziehung in einen Verbrauchervertrag. Bei Unternehmerverträgen lassen sich aber die schon zum „anderweitigem Zugänglichmachen“ im CISG genannten Argumente233 entsprechend auf die „anderen Schritte“ der PECL übertragen. Richtigerweise sollte es daher auch bei den PECL genügen, wenn der Geschäftspartner nach außen ersichtlich mit einer E-MailAdresse oder einer Homepage geschäftlich auftritt und die vollständige URL der Webseite mit dem AGB-Text oder der Datei, die ihn enthält, angegeben wird. Daneben besteht auch hier sowohl bei b2c- als auch b2b-Verträgen die Möglichkeit eines Verzichts auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme.234 Diesen wird man nach der offiziellen Kommentierung aber ohne weitere Umstände nicht stillschweigend annehmen können, da es bei einem herkömmlichen Vertragsschluss durchaus angemessen ist, die Gewährung der Kenntnisnahmemöglichkeit zu verlangen. cc) Ausreichen eines bloßen Hinweises Ein bloßer Hinweis auf die AGB reicht laut der offiziellen Kommentierung für die Einbeziehung nur aus, wenn der Vertragspartner die Bedingungen kannte oder er auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme verzichtet hat.235 Zusätzlich kommt gemäß Art. 1:105 PECL noch ein Handelsbrauch oder ein Geschäftsgebrauch zwischen den Parteien in Betracht. dd) Verhältnis der PECL zu den Einbeziehungsvorschriften des eigentlich anwendbaren nationalen Rechts Für die PECL gilt wegen ihres nichtstaatlichen Charakters dasselbe wie schon für die PICC.236 Sind die Einbeziehungsvorschriften des anwendbaren nationalen Rechts zwingend ausgestaltet, können sie nicht durch AGB modifiziert werden. Sofern also die PECL im Sinne einer kollisionsrechtlichen Rechtswahl oder Schiedsvereinbarung nicht wirksam als anwendbare Rechtsordnung vereinbart werden können, sind ihre Einbeziehungsvorschriften unwirksam.

233

s. oben G. II. 1. b) aa) (2) (d) (aa). Vgl. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:104 Kommentar C. 235 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:104 Kommentar A., C. Ungenau daher Luig, S. 229. 236 s. oben G. II. 1. c) dd). 234

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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ee) Zusammenfassung Auch die PECL liegen größtenteils auf der Linie der bisherigen Regelwerke. Für die Einbeziehung von AGB sind im Regelfall ein ausdrücklicher Hinweis und die Möglichkeit der Kenntnisnahme ihres Inhalts erforderlich. Aus Art. 2:104 PECL selbst lässt sich nicht genau entnehmen, ob eine Übersendungsobliegenheit besteht. Nach den Ausführungen in der offiziellen Kommentierung wird man allerdings bei Verbraucherverträgen davon ausgehen müssen. Bei Unternehmergeschäften gilt nach hier vertretener Ansicht hingegen eine Erkundigungsobliegenheit. Da bei den PECL der Begriff „aufmerksam machen“ insgesamt eher restriktiv verstanden wird, sind andere Möglichkeiten der Kenntnisverschaffung nur soweit erfasst, wie sie einer Übersendung gleichstehen. Sowohl bei Verbrauchern als auch Unternehmern kommt aber, wie auch die offizielle Kommentierung hervorhebt, ein Verzicht auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme in Betracht. Daneben genügt ein bloßer Hinweis für die Einbeziehung, wenn ein entsprechender Handels- oder Geschäftsgebrauch besteht. Für die Einbeziehung von AGB bei einem Vertragsschluss im Internet gilt dasselbe wie etwa schon bei CISG und PICC. Der Vertragspartner wird in ausreichendem Maße aufmerksam gemacht, wenn die Klauseln bereits im Bestellformular bzw. einer E-Mail (auch als Dateianhang) enthalten sind oder darin verlinkt werden und sowohl abgespeichert als auch gedruckt werden können. Ein pauschaler Verweis auf die Abrufbarkeit der AGB auf der Homepage des Verwenders während des Bestellvorgangs oder in einer E-Mail genügt, wenn die vollständige URL angegeben wird und die AGB auf der Hauptseite direkt verlinkt sind. Für Verbraucherverträge muss der Verweis gleichzeitig einen funktionsfähigen Hyperlink enthalten. Erfolgt der Vertragsschluss gerade nicht im Internet, sondern herkömmlich, reicht der Verweis auf die Abrufbarkeit der AGB im Internet bei Verbraucherverträgen grundsätzlich nicht aus. Bei Unternehmern kommt es darauf an, ob der Klauselgegner erkennbar mit E-Mail-Adresse oder Homepage geschäftlich auftritt und die vollständige URL von Webseite bzw. Datei angegeben wird. Sowohl bei Verbrauchern als auch Unternehmern ist zudem an einen Verzicht auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme zu denken. Wie die Einbeziehungsvorschriften der PICC können auch die der PECL nur Wirkung entfalten, soweit das nationale Recht dies zulässt. Sie sind dementsprechend unwirksam, sofern die PECL nicht wirksam als anwendbares Recht vereinbart werden konnten und die Einbeziehungsvorschriften des nationalen Rechts zwingenden Charakter haben. e) DCFR Der DCFR behandelt in Art. II.-9:103 die Einbeziehung von nicht individuell ausgehandelten Bedingungen.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

aa) Hinweisobliegenheit Nach Art. II.-9:103 I DCFR können nicht individuell ausgehandelte Bedingungen gegen die andere Partei nur geltend gemacht werden, wenn diese bei Vertragsschluss von ihnen wusste („was aware of them“)237 oder wenn der Verwender vernünftige238 Schritte unternommen hat, um die Aufmerksamkeit des Vertragspartners darauf zu lenken („took reasonable steps to draw the other party’s attention to them“). Daraus folgt also grundsätzlich wieder eine Hinweisobliegenheit des Verwenders. bb) Möglichkeit der Kenntnisnahme Art. II.-9:103 III lit. b) DCFR entspricht in seiner Formulierung Art. 2:104 II PECL und stellt klar, dass ein bloßer Hinweis auf die Bedingungen in einem Vertragsdokument nicht ausreicht, selbst wenn die Gegenseite es unterschrieben hat. Dass ein bloßer Hinweis in aller Regel nicht genügt, wird nochmals ausdrücklich in der offiziellen Kommentierung dargelegt.239 Der Verwender muss den Vertragspartner vielmehr durch vernünftige Schritte auf die AGB aufmerksam machen. Vernünftigkeit ist nach Art. I.-1:104 DCFR objektiv unter Berücksichtigung der Art und des Zwecks der Handlung, den Umständen des Einzelfalles sowie aller relevanten Gebräuche und Gepflogenheiten zu bestimmen. Nach der offiziellen Kommentierung ist das der Fall, wenn die andere Partei durch die Maßnahmen des Verwenders erfährt, dass AGB existieren und wo diese zu finden sind.240 Daneben müssen die AGB aber auch in irgendeiner Form „übermittelt“ werden („communicated the terms to the other party“). Übermittlung dürfte in diesem Zusammenhang die treffende Übersetzung für „communicate“ sein, da dieser Begriff sowohl eine physische Übersendung als auch andere Möglichkeiten miteinschließt. Die offizielle Kommentierung enthält vier Beispiele, wann den Erfordernissen genüge getan ist. Danach wird es als ausreichend erachtet, wenn die Bedingungen im betreffenden Vertragsdokument eingearbeitet, auf dessen Rückseite abgedruckt oder dem Angebot oder Vertragsdokument separat beigefügt sind. Weiterhin reicht es nach der Full Edition auch aus, wenn die AGB der anderen Partei übermittelt werden und der Vertrag oder die Vertragserklärungen sich auf die Klauseln beziehen, so dass ausreichend klar wird, dass die Bedingungen einbezogen werden sollen. 237 Eine andere Frage ist aber, wie der Verwender die Kenntnis des Vertragspartners nachweisen kann. Vgl. zur insoweit parallelen Problematik bei Art. 70 GEK-Vorschlag Kieninger, in: Schulze, Art. 70 GEK Rn. 14. 238 „Reasonable“ kann zulässigerweise auch mit „angemessen“ übersetzt werden (so geschehen bei Art. 70 I GEK-Vorschlag, s. unten G. II. 1. f) bb). Da die PECL den DCFR maßgeblich geprägt haben, bietet sich aber die Übernahme der dortigen Übersetzung an. 239 DCFR (Full), Art. II.-9:103 Comment A. 240 Zum Folgenden DCFR (Full), Art. II.-9:103 Comment D („steps which under normal circumstances, are sufficient to let the other party know that there are non-negotiated terms and where to find them“).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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(1) Keine generelle Übersendungsobliegenheit Diese Beispiele legen nahe, dass auch der DCFR eine Übersendungsobliegenheit für nicht individuell ausgehandelte Bedingungen vorsieht. Die Übersendung der Klauseln ist ein vernünftiger Schritt, um die Aufmerksamkeit des Vertragspartners auf die AGB zu lenken. Das zeigen auch die ersten drei Beispiele in der offiziellen Kommentierung.241 Allerdings kommen dafür auch noch andere Möglichkeiten in Betracht. Die beispielhafte Aufzählung in der Full Edition beginnt nämlich mit dem Idealfall, in dem die AGB im Vertragsdokument selbst oberhalb der Unterschrift enthalten sind. Danach werden die Anforderungen mit dem Abdruck auf der Rückseite und dem separat beigefügten Dokument allmählich abgesenkt. Dementsprechend darf die im vierten Spiegelstrich angesprochene Übermittlung nicht lediglich als physische Übersendung der Klauseln verstanden werden. Denn eine solche erfassen bereits die drei anderen Beispiele. Das folgt auch im Umkehrschluss aus dem zweiten Halbsatz der Erläuterung zu den vernünftigen Schritten.242 Wenn es schon ausreicht den Vertragspartner wissen zu lassen, wo die AGB zu finden sind, kann logischerweise mit „communicated“ im Halbsatz davor nicht die Übersendung der Klauseln gemeint sein. Auch die ausdrückliche Klarstellung in Art. II.-9:103 II DCFR legt diesen Rückschluss nahe.243 Der Absatz wäre überflüssig, wenn die Bedingungen immer in Textform zur Verfügung gestellt werden müssten. Es handelt sich bei „communicated“ vielmehr um eine (nochmalige und etwas verklausulierte) Klarstellung, dass ein bloßer Hinweis auf die AGB für die Einbeziehung nicht genügt. Den Autoren kommt es nicht darauf an, dass die AGB immer im Volltext übermittelt werden. Sie wollen vielmehr sicherstellen, dass der Klauselgegner sie auch wirklich zur Kenntnis nehmen kann, wenn er dies wünscht. Das ist auch die Grundaussage des in Art. II.-9:402 DCFR enthaltenen Transparenzgebots. Dieses soll sicherstellen, dass der Klauselgegner schon vor Vertragsschluss die Möglichkeit hat, sich mit dem Vertragsinhalt vertraut zu machen.244 Das wird auch gewährleistet, wenn der Vertragspartner eine gewisse Eigeninitiative entwickeln muss, um den Volltext der Bedingungen zu erhalten.245 Der dargestellten Analyse von Art. II.-9:103 DCFR und der dazugehörigen offiziellen Kommentierung lässt sich also entnehmen, dass für den DCFR keine generelle Übersendungsobliegenheit besteht. 241

DCFR (Full), Art. II.-9:103 Comment D. Spiegelstriche 1 bis 3. s. oben Fn. 240. 243 Dazu sogleich unter (2) (a). 244 DCFR (Full), Art. II.-9:402 Comment A. 245 Dagegen spricht auch nicht, dass der Klauselgegner seine Rechte und Verpflichtungen ohne fremde Hilfe („unaided“) feststellen können soll, s. DCFR (Full), Art. II.-9:402 Comment A. Dieser Satz bezieht sich allein auf eine intransparente Abfassung der Klauseln. 242

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

(2) Anderweitiges Zugänglichmachen – Vertragsschluss im Internet Der relativ weite Begriff der vernünftigen Schritte lässt dem Verwender neben den oben genannten Maßnahmen noch weitere Möglichkeiten, die AGB zur Verfügung zu stellen. Ebenfalls ausreichend sind wiederum die persönliche Übergabe beim Vertragsschluss unter Anwesenden und der deutliche Aushang in den Geschäftsräumen des Verwenders. Wie schon bei den PECL ist auch im DCFR ein Verzicht auf die grundsätzlich zu gewährende Möglichkeit der Kenntnisnahme möglich.246 Dementsprechend kann bei einem telefonischen Vertragsschluss wieder auf den Einbeziehungshinweis geschwiegen werden, ohne dass dies die Einbeziehung der Klauseln verhindert. Auch im Bereich des DCFR ist – im Vorgriff für das Gemeinsame Europäische Kaufrecht – interessant, wie es sich mit der Einbeziehung von AGB und dem Zugänglichmachen im Internet verhält. (a) Vertragsschluss im Internet Für den Vertragsschluss im Internet enthält Art. II.-9:103 II DCFR eine Art. 6:201 IV ACQP entsprechende Regelung für die Einbeziehung von AGB. Soll ein Vertrag über elektronische Mittel („by electronic means“) geschlossen werden, können nicht individuell ausgehandelte Bedingungen der anderen Partei nur dann entgegengehalten werden, wenn sie ihr in Textform zur Verfügung gestellt wurden. Was mit „elektronisch“ gemeint ist, erläutert Art. I.-1:107 V DCFR.247 Darunter fallen insbesondere digitale und drahtlose Mittel. Der typische Vertragsschluss über das Internet wird folglich davon erfasst. In dieser Hinsicht genügt es auch im Rahmen des DCFR, wenn die Vertragsbedingungen in das Bestellformular eingearbeitet oder dort gut sichtbar verlinkt werden. Beim Vertragsschluss per E-Mail genügt es ebenfalls wieder, die Klauseln in die Mail selbst aufzunehmen oder als Datei anzuhängen. Zusätzlich muss der Verwender auch sicherstellen, dass der Klauselgegner die AGB abspeichern und beliebig reproduzieren kann. Im Hinblick auf Art. II.-9:103 III lit. b) DCFR stellt sich aber wie bei den PECL die Frage, ob es für die Einbeziehung ausreicht, wenn der Verwender zwar die Geltung der eigenen AGB deutlich macht, jedoch nur auf die Abrufbarkeit auf der eigenen Webseite verweist. Dies sollte in jedem Fall ausreichen, wenn der Verweis einen direkten Hyperlink zur entsprechenden Webseite oder Datei enthält. Es genügt aber auch hier, wenn die vollständige URL der Webseite angegeben wird und die AGB dort auf der Hauptseite direkt verlinkt sind.

246

DCFR (Full), Art. II.-9:402 Comment E. Auch wenn die Definition dem Wortlaut nach nur für den betreffenden Artikel anwendbar sein soll, wird in der offiziellen Kommentierung darauf Bezug genommen, vgl. DCFR (Full), Art. II.-9:103 Comment H. 247

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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(b) „Herkömmlicher“ Vertragsschluss und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet Wie gesehen, hält der DCFR eine gewisse Eigeninitiative des Vertragspartners bei der Möglichkeit der Kenntnisnahme von den AGB für zulässig.248 Allerdings ist wieder fraglich, ob bei einem herkömmlichen Vertragsschluss der Hinweis auf die Abrufmöglichkeit im Internet als bloßer Verweis i.S.d. Art. II.-9:103 III lit. b) DCFR und damit als nicht ausreichend für die Einbeziehung einzuordnen ist. Art. II.-9:103 II DCFR ist in diesem Zusammenhang irrelevant, da der Vertrag gerade nicht mit elektronischen Mitteln geschlossen wird.249 Durch einen Verweis auf die Homepage mit Angabe der genauen URL zum Abruf weiß die andere Vertragspartei, wo sie die AGB finden kann. Damit wurde auch ihre Aufmerksamkeit auf die Klauseln gelenkt. Ob sie ihr dadurch auch im Sinne des vierten Spiegelstrichs in der offiziellen Kommentierung zu den vernünftigen Schritten250 übermittelt wurden, hängt davon ab, ob man den Abruf auf der Homepage letztlich nur als Verweis einordnet oder wegen der URL-Angabe der Übersendung als Dateianhang gleichstellt. Wegen der insgesamt großzügigeren Beurteilung des „Aufmerksammachens“ im DCFR ist meines Erachtens Letzteres vorzuziehen. Ein Verweis auf die Homepage, die einen direkten Link zu den AGB enthält, oder mit genauer Angabe der URL genügt daher auch für die wirksame Einbeziehung bei einem herkömmlichen Vertragsschluss. Einschränkend ist aber wiederum erforderlich, dass der Vertragspartner ersichtlich mit E-Mail-Adresse oder Homepage im Geschäftsverkehr auftritt. Denn im Unterschied zum Vertragsschluss im Internet hat er sich nicht freiwillig auf dieses Medium eingelassen. Darüber hinaus kommt in diesem Zusammenhang auch ein Verzicht des Klauselgegners auf die Kenntnisnahmemöglichkeit in Betracht, wenn er sich nicht gegen die ausschließliche Bereitstellung der AGB im Internet wendet. cc) Ausreichen eines bloßen Hinweises und stillschweigende Einbeziehung Ein bloßer Hinweis auf die AGB reicht wiederum aus, wenn der Vertragspartner die AGB bereits kennt, zwischen den Parteien ein dementsprechender Gebrauch i.S.d. Art. II.-1:104 DCFR besteht oder er wirksam auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme verzichtet hat. Daneben kann eine stillschweigende Einbeziehung auch durch einen Handelsbrauch erfolgen.

248 249 250

s. soeben (1). Das Erfordernis der Textform der AGB wäre aber ohnehin erfüllt. DCFR (Full), Art. II.-9:103 Comment D.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

dd) Keine Modifikation für b2c-Verträge Der DCFR behandelt Verbraucherverträge bei der Einbeziehung von AGB grundsätzlich nicht anders als Verträge zwischen Unternehmern.251 Im Gegensatz zu Art. 6:201 IV ACQP wird selbst für Verbraucher nicht verlangt, dass diese vor Vertragsschluss eine wirkliche Möglichkeit haben müssen, sich mit dem Inhalt der AGB vertraut zu machen. Auch bei Verbraucherverträgen besteht folglich keine Übersendungsobliegenheit. Bei einem herkömmlichen Vertragsschluss mit Verweis auf die Abrufbarkeit der AGB im Internet gelten aber richtigerweise die gleichen Einschränkungen wie bei Unternehmern, da sich der Verbraucher ebenfalls nicht freiwillig auf das Medium Internet eingelassen hat. Dementsprechend genügt der Verweis nur, wenn der Verbraucher erkennbar über eine private E-Mail oder Homepage verfügt und die URL der Webseite bzw. Datei mit dem AGB-Text vollständig angegeben wird. Daneben besteht auch die Möglichkeit eines Verzichts auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme. Die Anforderungen des DCFR sind insofern bei Verbraucherverträgen jedenfalls vor Vertragsschluss geringer als bei den PECL oder den ACQP.252 Jedoch wird gemäß Art. II.-9:407 II DCFR im Rahmen der Inhaltskontrolle nach Art. II.-9:403 DCFR als weiterer Umstand berücksichtigt, ob der Verbraucher ausreichend Gelegenheit hatte, sich mit den Klauseln vertraut zu machen.253 ee) Verhältnis des DCFR zu den Einbeziehungsvorschriften des eigentlich anwendbaren nationalen Rechts Auch für den DCFR gelten die Ausführungen zu PICC und PECL entsprechend.254 Lässt das maßgebliche Kollisionsrecht die Wahl nichtstaatlichen Rechts nicht zu und sind die Einbeziehungsvorschriften des anwendbaren nationalen Rechts zwingend ausgestaltet, können sie durch die als AGB einbezogenen Vorschriften des DCFR nicht modifiziert werden. Dasselbe gilt bei einer individuellen Vereinbarung über die Geltung des DCFR. Dadurch ist zwar eine Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle nach nationalem Recht ausgeschlossen, der zwingende Charakter der Einbeziehungsvorschriften bleibt jedoch unberührt. ff) Zusammenfassung Auch der DCFR erfordert für die Einbeziehung von AGB grundsätzlich einen Hinweis und die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Klauselinhalt. Der Hinweis erübrigt sich, wenn die AGB dem Vertragspartner bereits bekannt sind, er auf ihre 251 252 253 254

Zum Folgenden DCFR (Full), Art. II.-9:103 Comment I. Pfeiffer, GS Wolf, S. 119; ders., Non-Negotiated Terms, S. 186; Willet, S. 54 Fn. 3. Dazu unten H. V. 3. a). s. oben G. II. 1. c) dd) bzw. d) dd).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Kenntnisnahme verzichtet hat oder die Voraussetzungen eines Handelsbrauchs vorliegen. Der Analyse von Art. II.-9:103 DCFR und den Ausführungen der offiziellen Kommentierung lässt sich entnehmen, dass der DCFR die Einbeziehung von AGB insgesamt großzügiger handhabt als etwa die PECL und keine Übersendungsobliegenheit vorsieht. Auffällig ist auch, dass der DCFR keine Unterscheidung zwischen Verbraucher- und Unternehmerverträgen vornimmt. Beim Vertragsschluss im Internet genügt wiederum die Aufnahme der AGB in das Bestellformular oder den Fließtext bzw. Anhang einer E-Mail, sofern sie auch abgespeichert und ausgedruckt werden können. Auch ein bloßer Verweis auf die Abrufbarkeit der AGB im Internet erfüllt die Anforderungen bei dieser Vertragsschlusssituation, wenn zumindest ein direkter Hyperlink auf der Hauptseite zu den AGB führt. Bei einem herkömmlichen Vertragsschluss ist ein Verweis auf die Bereitstellung der Klauseln im Internet sowohl bei Verbraucher- als auch Unternehmerverträgen ausreichend, wenn der Vertragspartner ersichtlich über eine E-Mail Adresse oder Homepage verfügt und der Verwender die vollständige URL der Webseite oder Datei mit dem Text der AGB angibt. Da es sich auch beim DCFR um nichtstaatliches Recht handelt, gilt für das Verhältnis seiner Einbeziehungsvorschriften zu denen des nationalen Rechts dasselbe wie bei PICC und PECL. Die Einbeziehungsvorschriften des DCFR sind unwirksam, sofern er nicht wirksam als anwendbares Recht vereinbart werden konnte und die Einbeziehungsvorschriften des anwendbaren nationalen Rechts zwingend ausgestaltet sind. f) Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag In Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag wird die Einbeziehung von nicht im Einzelnen ausgehandelten Klauseln in Art. 86, 77 I255 bzw. Art. 70 geregelt. Art. 70 GEK-Vorschlag übernimmt die Vorschriften der Machbarkeitsstudie und Art. II.9:103 DCFR inhaltlich vollständig, enthält aber zusätzlich noch einen dritten Absatz. Dieser verbietet einen Ausschluss, eine Abweichung oder Änderung seiner Wirkungen sowohl für Verbraucher- als auch Unternehmerverträge – unabhängig davon, ob diese sich zum Vor- oder Nachteil des Vertragspartners auswirken. Der Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 sieht eine Aufhebung von Art. 70 GEK-Vorschlag vor und will die Einbeziehung – mit einigen Änderungen und beschränkt auf b2c-Verträge – in einem neuen Art. 76a regeln. In einem neuen geplanten Absatz soll auch klargestellt werden, welche Maßnahmen der Verwender genau zu treffen hat.

255 Nach Auffassung von Hellwege/Miller, S. 433, 440 handelt es sich bei Art. 86 Machbarkeitsstudie um eine reine Vorschrift der Fairnesskontrolle.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

aa) Hinweisobliegenheit Da Art. 86 I Machbarkeitsstudie und Art. 70 I GEK-Vorschlag inhaltlich identisch mit Art. II.-9:103 I DCFR sind, besteht also grundsätzlich auch jeweils eine Hinweisobliegenheit. Dies wird im Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EUParlaments vom 20. 02. 2013 nochmals klargestellt.256 Die Hinweisobliegenheit entfällt aber, wenn die andere Partei die Bedingungen kannte. Es handelt sich wie bei Art. II.-9:103 DCFR um ein bewusst gewähltes „Zweistufenmodell“.257 Auch hier stellt sich aber im Anschluss die Frage, wie der Verwender die Kenntnis des Vertragspartners von den Bedingungen nachweisen kann.258 bb) Möglichkeit der Kenntnisnahme Aus Art. 86 I Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 I GEK-Vorschlag folgt zugleich, dass der Verwender dem Klauselgegner auch die Möglichkeit der Kenntnisnahme gewähren muss.259 Bei der deutschen Version des GEK-Vorschlags hat man sich dafür entschieden, „reasonable“ nicht wie bei den PECL mit „vernünftig“, sondern mit „angemessen“ zu übersetzen. Allein daraus ergibt sich inhaltlich jedoch noch kein Unterschied, da auch die jeweilige Definition von Angemessenheit in Art. 4 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 5 I GEK-Vorschlag nahezu identisch mit der in Art. I.1:104 DCFR ist.260 Ein deutlicher inhaltlicher Unterschied zum DCFR liegt aber darin, dass Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag die Anforderungen für die Möglichkeit der Kenntnisnahme bei Verbraucher- und Unternehmerverträgen unterschiedlich ausgestalten. (1) Übersendungsobliegenheit nur bei Verbraucherverträgen (b2c) Art. 86 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 II GEK-Vorschlag261 stellen wie die entsprechenden Vorschriften bei PECL und DCFR klar, dass ein bloßer Hinweis auf die eigenen Klauseln grundsätzlich nicht für eine wirksame Einbeziehung genügt262 – allerdings nur bei Verträgen zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer 256

Vgl. den vorgeschlagenen Art. 76a II lit. a). Kieninger, in: Schulze, Art. 70 GEK Rn. 9. 258 Kieninger, in: Schulze, Art. 70 GEK Rn. 14. 259 von Westphalen, EU-Kaufrecht und CISG, S. 193. 260 Kritisiert wird aber, dass der GEK-Vorschlag nicht selbst vorgibt, was angemessene Schritte sind, s. Kieninger, in: Schulze, Art. 70 GEK Rn. 10, 18; ebenso Wendehorst, S. 96; Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (649); Lehmann, GPR 2011, 218 (225); vgl. auch Ackermann, S. 59 f. 261 Im Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 nunmehr Art. 76a III. 262 Insofern unklar von Westphalen, Auswirkungen, S. 50. 257

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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(b2c). Im Umkehrschluss genügt also in den übrigen Fällen der bloße Verweis bereits beim ersten geschäftlichen Kontakt. Einer Gepflogenheit oder längeren Geschäftsbeziehung bedarf es nicht.263 Unter den Voraussetzungen der Art. 65 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 67 GEK-Vorschlag ist bei Unternehmern auch eine stillschweigende Einbeziehung möglich. Dementsprechend ist überhaupt nur in b2c-Verträgen eine Übersendungsobliegenheit denkbar. An sich ließen sich dieselben Gründe wie bei Art. II.-9:103 I DCFR anführen, um eine solche Obliegenheit abzulehnen. Damit würde man aber zwei grundlegende und ausschlaggebende Unterschiede übersehen. Erstens folgt die hier vertretene Ablehnung einer Übersendungsobliegenheit beim DCFR aus einer Analyse der Vorschrift und der Kommentierung in dessen Full Edition. Letztere ist auf den DCFR zugeschnitten und kann deswegen auch nur „behutsam“ auf Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag angewendet werden. Für den GEK-Vorschlag besteht (noch) keine offizielle Kommentierung mit den gleichen Ausführungen. Zweitens steht der GEK-Vorschlag – und auch die Machbarkeitsstudie als Vorläufer – ganz im Zeichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus.264 Wenn man die Übersendungsobliegenheit im CISG ablehnt, geschieht das mit dem berechtigten Grund, dass dort eben nur wirtschaftlich erfahrene Personen (bzw. solche bei denen man eine solche Erfahrung voraussetzen darf) tätig werden. Verbraucher sind dagegen typischerweise nicht derart geschäftserfahren und daher schutzbedürftig. Der GEK-Vorschlag ist von seinem Anwendungsbereich primär auf grenzüberschreitende Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern zugeschnitten. Zwar ist auch im BGB gegenüber Verbrauchern nicht zwingend eine Übersendungsobliegenheit vorgesehen. Für das deutsche Recht haben die Gerichte jedoch in den Jahrzehnten seit Einführung des AGBG Gelegenheit gehabt, konkrete Leitlinien für die Einbeziehung von AGB herauszubilden. Daran fehlt es beim GEK-Vorschlag bisher. Zudem wird im BGB auch nur die „Möglichkeit“ der Kenntnisnahme gefordert. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag sind mit ihrer Formulierung aber auf der Linie der PECL und des DCFR und verlangen, dass die Vertragspartei „aufmerksam“ gemacht wird. Vor diesem Hintergrund muss auch das Verständnis dieser Formulierung in den PECL und dem DCFR bei der Auslegung eine vorrangige Rolle spielen. Dementsprechend besteht in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag bei b2cVerträgen eine Übersendungsobliegenheit des Klauselverwenders. Diese Sichtweise wird durch den Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 263

Für geringere Anforderungen bei Unternehmern auch Kieninger, in: Schulze, Art. 70 GEK Rn. 12, 19; Looschelders/Makowsky, S. 240; Wendehorst, S. 95; Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (649). 264 s. Erwägungsgrund (11) der GEK-VO.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

20. 02. 2013 bestätigt, wonach einerseits der vorgeschlagene Art. 76a ausschließlich auf Verbraucherverträge Anwendung finden soll und andererseits in Art. 76a II lit. b) ausdrücklich darauf abgestellt wird, dass der Verbraucher die AGB vor Vertragsschluss einsehen kann. (2) Anderweitiges Zugänglichmachen – Vertragsschluss im Internet Allerdings sind Art. 86 II Machbarkeitsstudie und Art. 70 II GEK-Vorschlag durchaus offen formuliert, sodass „angemessene Schritte“ des Verwenders nicht zwingend eine Übersendung der Klauseln voraussetzen. Vielmehr wären auch in Verbraucherverträgen die persönliche Übergabe beim Vertragsschluss unter Anwesenden und der deutliche Aushang in den Geschäftsräumen des Verwenders erfasst. Diese beiden Möglichkeiten kommen aber realistischerweise nur dann in Betracht, wenn ein Mitgliedstaat von der Option des Art. 13 lit. a) GEK-VO Gebrauch gemacht hat. Denn bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt – besonders wenn ein Verbraucher Vertragspartner ist – dürften diese Fälle geringe Bedeutung haben. Insbesondere in den typischen Situationen eines Einkaufs im Geschäft eines ausländischen Einzelhändlers wird dieser nicht erst das GEK als Vertragsstatut vereinbaren, sondern es beim nach dem Kollisionsrecht anwendbaren nationalen Recht belassen. Weitaus häufiger – und vor allem durch die Einführung des GEK bezweckt – ist der grenzüberschreitende Vertragsschluss im Fernabsatz und dabei insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet.265 Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, telefonisch einen Kaufvertrag abzuschließen. Soll das GEK auf einen Kaufvertrag Anwendung finden, der durch eine telefonische Bestellung abgeschlossen wird, ergeben sich aber im Gegensatz zu den bisherigen Regelwerken Probleme. Gemäß Art. 70 III GEK-Vorschlag sind die Einbeziehungsanforderungen – wie schon in Art. 79 Machbarkeitsstudie – zwingend ausgestaltet.266 Der Kunde kann daher nicht wirksam auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme verzichten. Nimmt man daher, wie hier vertreten, für Verbraucherverträge in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag eine Übersendungsobliegenheit an und werden dem Verbraucher die AGB nicht am Telefon vorgelesen, scheitert deren Einbeziehung grundsätzlich. Sollen also sowohl das GEK als auch die AGB des Verwenders im telefonischen Fernabsatz Anwendung finden, ist in diesen Fällen eine Übersendung per E-Mail noch während des Verkaufsgesprächs die einzig rettende Lösung. Im Unternehmerverkehr genügt dagegen ein einfacher Hinweis, wo die betreffenden AGB zu finden sind. 265

Vgl. die Gründe und Ziele des Vorschlags, KOM(2011) 635 endgültig, S. 4. Die zwingende Ausgestaltung wird auch im Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 beibehalten, sofern es sich um eine für den Verbraucher nachteilige Abweichung handelt (vgl. Art. 76a IV). 266

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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(a) Vertragsschluss im Internet Die Regelung des Art. II.-9:103 II DCFR für den Vertragsschluss über elektronische Mittel wurde nicht in Art. 86 Machbarkeitsstudie und Art. 70 GEK-Vorschlag übernommen. Dafür enthalten Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag jedoch in den Art. 20 bis 22 und 26 bzw. Art. 24 bis 27 Bestimmungen über zusätzliche Informationspflichten beim Abschluss von Fernabsatzverträgen auf elektronischem Wege. Art. 26 III lit. e) Machbarkeitsstudie bzw. Art. 24 III lit. e) GEK-Vorschlag verpflichten den Unternehmer, die andere Partei vor deren Angebot oder Annahme über die Vertragsbestimmungen zu informieren. Zu diesen Vertragsbestimmungen gehören auch die AGB. In Anlehnung an Art. II.-9:103 II DCFR ist nach Art. 26 IV Machbarkeitsstudie bzw. Art. 24 IV GEK-Vorschlag unter anderem erforderlich, dass die Vertragsbestimmungen „in Buchstaben oder anderen verständlichen Zeichen auf einem dauerhaften Datenträger“ präsentiert werden. Eine Verletzung dieser Informationspflichten führt aber gemäß Art. 25 I Machbarkeitsstudie bzw. Art. 29 I GEK-Vorschlag „lediglich“ zu einer Haftung für „jeden Verlust, der der anderen Partei durch diese Pflichtverletzung entsteht“ und hindert damit nicht die wirksame Einbeziehung der Klauseln. Dementsprechend können die Vertragsbedingungen wieder in das Bestellformular eingearbeitet oder dort gut sichtbar verlinkt werden oder beim Vertragsschluss per E-Mail in den Nachrichtentext selbst übernommen oder als Datei angehängt werden. Zusätzlich muss der Verwender wiederum sicherstellen, dass der AGB-Text abgespeichert und beliebig ausgedruckt werden kann. Bei Verbraucherverträgen reicht es wegen Art. 86 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 II GEK-Vorschlag – parallel zu Art. 2:104 II PECL – wiederum nicht aus, wenn zwar während des Bestellvorgangs oder in einer E-Mail auf die Geltung der eigenen AGB hingewiesen, aber für die Abrufbarkeit nur pauschal auf die eigene Homepage verwiesen wird. Dadurch wird der Verbraucher nicht in angemessener Weise auf die Klauseln aufmerksam gemacht. Insofern müssen die entsprechende Webseite oder das Dokument mit dem AGB-Text direkt verlinkt werden. (b) „Herkömmlicher“ Vertragsschluss und Abrufmöglichkeit der AGB im Internet Anders als beim DCFR muss in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag bei einem herkömmlichen Vertragsschluss und dem Hinweis auf die Abrufmöglichkeit im Internet zwischen Verbraucher- und sonstigen Verträgen unterschieden werden. Bei Verbraucherverträgen scheitert diese Möglichkeit an Art. 86 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 II GEK-Vorschlag. Der bloße Verweis, selbst mit vollständiger Angabe der betreffenden URL, dürfte in beiden Regelwerken nicht genügen, um den Verbraucher im maßgeblichen Sinne auf die Bestimmungen aufmerksam zu machen. Anders als bei PECL und DCFR267 kann die Möglichkeit der 267

s. oben G. II. 1. d) bb) (2) bzw. e) bb) (2).

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Kenntnisnahme gemäß Art. 79 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 III GEK-Vorschlag auch nicht wirksam abbedungen werden. Bei Verträgen zwischen Unternehmern kann dagegen eine gewisse Eigeninitiative verlangt werden, auch wenn es sich „nur“ um ein KMU handelt. Durch Angabe der entsprechenden Homepage mit direktem Link oder der URL kann die andere Vertragspartei mit relativ geringem Aufwand an den Volltext der jeweiligen AGB gelangen. Zur grundsätzlichen Zulässigkeit des Verweises auf die Abrufmöglichkeit kann auf die Argumentation zum CISG verwiesen werden.268 Einschränkend ist aber wiederum erforderlich, dass der Vertragspartner erkennbar über eine geschäftliche E-Mail-Adresse oder eine Homepage verfügt und die AGB über einen direkten Hyperlink auf der Hauptseite des Verwenders aufgerufen werden können. cc) Verhältnis der Einbeziehungsvorschriften des GEK zum unvereinheitlichten nationalen Recht Haben die Vertragsparteien sämtliche Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des GEK erfüllt, so sind auch ausschließlich dessen Einbeziehungsvorschriften maßgeblich. Sowohl in Verbraucher- als auch Unternehmerverträgen ist wegen Art. 8 III GEK-VO bzw. Art. 8 III GEK-VO i.V.m. Art. 1 II, 70 III GEK-Vorschlag eine Abwahl der Einbeziehungsvorschriften zugunsten des unvereinheitlichten nationalen Rechts ausgeschlossen. Anders verhält es sich aber nach den Änderungen im Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments. Da der geplante Art. 76a GEK-Vorschlag nur für Verbraucherverträge gelten soll, wäre dieser für Unternehmer kein zwingendes Recht mehr. Dementsprechend könnte sich die Einbeziehung daher in b2b-Verträgen durchaus nach nationalem Recht richten. Konnte das GEK dagegen nicht wirksam vereinbart werden, etwa weil die persönlichen oder sachlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, können dessen Vorschriften im Regelfall nur noch als AGB in den Vertrag einbezogen. Über die Wirksamkeit der Einbeziehung entscheiden dann die Vorschriften des anwendbaren nationalen Rechts. Wollen dagegen beide Seiten „die Geltung“ des GEK, obwohl die Voraussetzungen für eine Anwendbarkeit nicht vorliegen, können die GEK-Vorschriften auch als Individualvereinbarung Eingang in den Vertrag finden. Wie schon bei PICC, PECL und DCFR verhindert dies jedoch nur, dass die GEK-Vorschriften einer Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle nach nationalem Recht unterworfen werden. Die Einbeziehungskontrolle von AGB findet hingegen weiterhin nach dem unvereinheitlichten nationalen Recht statt, wenn dessen diesbezügliche Vorschriften zwingend ausgestaltet sind.

268

Oben G. II. 1. b) aa) (2) (d) (bb).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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dd) Zusammenfassung Die Machbarkeitsstudie und der GEK-Vorschlag bauen auf dem DCFR auf, weichen aber an wichtigen Stellen von den dortigen Voraussetzungen ab. Grundsätzlich sind auch hier wiederum ein Hinweis auf die beabsichtigte Verwendung der AGB und die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme von ihrem Inhalt erforderlich. Im Gegensatz zu den übrigen nichtstaatlichen Regelwerken wird aber deutlich zwischen Verbraucher- und Unternehmerverträgen unterschieden. Während im Umkehrschluss aus Art. 86 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 II GEK-Vorschlag bei b2b-Geschäften der bloße Hinweis für die Einbeziehung von AGB ausreicht, besteht bei b2c-Verträgen eine Übersendungsobliegenheit. Neben einer Übersendung der Klauseln kommen bei Verbraucherverträgen auch die Übergabe der AGB oder etwa ein Aushang in den Geschäftsräumen in Betracht. Bei Vertragsschlüssen im Internet genügt es wiederum, wenn die AGB bereits in das Bestellformular bzw. die E-Mail eingearbeitet oder dort verlinkt bzw. als Datei angehängt werden. Zudem muss es dem Klauselgegner möglich sein, die AGB abzuspeichern und nach Belieben auszudrucken. Ein pauschaler Hinweis auf die Abrufbarkeit der Klauseln auf der Homepage des Verwenders während des Bestellvorgangs ist bei Verbraucherverträgen nur dann ausreichend, wenn der Verweis einen direkten Hyperlink enthält. Bei einem herkömmlichen Vertragsschluss ist ein Hinweis auf die Abrufbarkeit der AGB im Internet in Verbraucherverträgen mangels freiwilligen Einlassens auf dieses Medium immer ungenügend. Im Umkehrschluss aus Art. 86 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 II GEK-Vorschlag kann diese Vorgehensweise bei Unternehmern allerdings zulässigerweise gewählt werden. Da sich aber auch der unternehmerische Vertragspartner nicht freiwillig auf das Medium Internet eingelassen hat, ist hier wiederum einschränkend erforderlich, dass er erkennbar über eine geschäftliche E-Mail-Adresse oder eine Homepage verfügt und die AGB über einen direkten Hyperlink auf der Hauptseite des Verwenders aufgerufen werden können. Sowohl bei Verbraucher- als auch bei Unternehmerverträgen ist nach Art. 79 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 III GEK-Vorschlag ein Abweichen von den Einbeziehungsvorschriften generell unzulässig. Für den Verbraucherverkehr folgt daraus die generelle Unzulässigkeit eines Verzichts auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme. Mangels Verzichtsmöglichkeit scheitert deswegen im telefonischen Fernabsatz eine Einbeziehung der AGB, wenn diese nicht während des Bestellvorgangs (etwa per E-Mail) zugänglich gemacht werden. Sofern das GEK wirksam als Vertragsstatut vereinbart wurde, sind ausschließlich dessen Einbeziehungsvorschriften maßgeblich und können gemäß Art. 8 III GEK-VO bzw. Art. 8 III GEK-VO i.V.m. Art. 1 II, 70 III GEK-Vorschlag nicht zugunsten des unvereinheitlichten nationalen Rechts abgewählt werden. In den übrigen Fällen haben die GEK-Vorschriften lediglich den Charakter von Vertragsbestimmungen. Für die Einbeziehung ist deswegen weiterhin das unver-

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

einheitlichte nationale Recht maßgeblich, sofern dessen Einbeziehungsvorschriften zwingend ausgestaltet sind. Sollten die im Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 vorgesehenen Änderungen Eingang in den endgültigen Vorschlag finden, ergäbe sich ein deutlicher Unterschied zum bisherigen Vorschlag. Die Einbeziehungsregeln des GEK wären in diesem Fall in b2b-Situationen nicht mehr zwingend ausgestaltet, so dass sich die Einbeziehung von AGB auch nach nationalem Recht richten kann, wenn das GEK nicht in seiner Gesamtheit vereinbart wurde. g) Zusammenfassung zu Hinweisobliegenheit und Möglichkeit der Kenntnisnahme Die Einbeziehung von AGB erfordert grundsätzlich in allen Regelwerken einen entsprechenden Hinweis und die Möglichkeit einer zumutbaren Kenntnisnahme vom AGB-Text. Die Anforderungen im Einzelnen sind teilweise davon abhängig, ob es sich beim Klauselgegner um einen Verbraucher oder einen Unternehmer (BGB, Machbarkeitsstudie, GEK-Vorschlag) handelt oder wo im Vertragsgefüge sich die Klauseln befinden (PICC). Teilweise wird aber auch gar nicht differenziert (PECL, DCFR). Der Hinweis auf die AGB-Verwendung ist immer erforderlich, wenn dem Vertragspartner Geltung und Inhalt der Klauseln nicht schon anderweitig bekannt sind. Möglich ist daher auch eine stillschweigende Einbeziehung, wenn dahingehende Parteigepflogenheiten oder auch Handelsbräuche bestehen. Unterschiedliche Anforderungen mit weit reichenden Konsequenzen gelten aber bei der Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme. Diese setzt einerseits voraus, dass die AGB überhaupt wahrgenommen werden können, also entsprechend gut lesbar sind. Andererseits soll sie den Vertragspartner über den Inhalt der Klauseln in Kenntnis setzen. Dies wird durch eine Übergabe oder Übersendung der Bedingungen gewährleistet. Allerdings ist eine Übersendung nicht in jedem Fall praktisch und auch erforderlich. Darüber hinaus kommt es nur darauf an, dem anderen Teil die „Möglichkeit“ zur Kenntnisnahme zu geben, die dieser jedoch nicht wahrnehmen muss. Deswegen überzeugt es gerade im Geltungsbereich des CISG nicht, wenn die h.M. dem Verwender eine Übersendungsobliegenheit auferlegt, obwohl die Konvention rein auf den unternehmerischen Verkehr zugeschnitten ist. Gleiches gilt für die PICC. Die besseren Gründe sprechen nämlich dafür, eine Übersendungsobliegenheit bei Unternehmerverträgen generell abzulehnen. Das ist auch die Sichtweise von BGB, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag. Im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern bestehen wegen des unterschiedlichen Schutzbedürfnisses dagegen keine Bedenken, den Verwender zu einer Übersendung anzuhalten, damit seine Bedingungen wirksam einbezogen werden. Neben einer Übersendung genügen aber – nach h.M. auch im CISG – durchaus noch andere Maßnahmen, um die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme zu

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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gewährleisten. In dieser Hinsicht sind vor allem die Übergabe oder der Aushang in einem Ladenlokal zu nennen, sofern der Vertragsschluss unter Anwesenden erfolgt. Bedeutung erlangen aber auch die mit dem Fernabsatz einhergehenden Möglichkeiten. Bei telefonischem Vertragsschluss ist grundsätzlich in allen Regelwerken das Schweigen auf den erfolgten Einbeziehungshinweis als Verzicht auf die Kenntnisnahmemöglichkeit bei Vertragsschluss auszulegen. Eine Ausnahme gilt in dieser Hinsicht aber für den GEK-Vorschlag, der nach Art. 70 III – wie schon die Machbarkeitsstudie nach Art. 79 – sowohl in Verbraucher- als auch in Unternehmerverträgen kein Abweichen von seinen Einbeziehungsvorschriften zulässt. Dementsprechend ist die Einbeziehung von AGB bei telefonischen Vertragsschlüssen mit Verbrauchern dort nur machbar, wenn die Bedingungen elektronisch, insbesondere per E-Mail, noch während des Verkaufsgesprächs übersandt werden. Bei Unternehmern genügt hingegen im Umkehrschluss aus Art. 70 II GEK-Vorschlag der bloße Hinweis auf die beabsichtigte Geltung der AGB. Beim Vertragsschluss im Internet können die Klauseln zulässigerweise in das Bestellformular eingearbeitet werden. Darüber hinaus genügt auch ein Hyperlink in besagtem Formular, der direkt zu einer Webseite mit den AGB als Text oder zu einer entsprechenden Datei führt. Daneben genügt es bei Vertragsschlüssen per E-Mail auch, wenn die AGB im Text der E-Mail selbst bzw. in einer angehängten Datei enthalten sind oder ein darin enthaltener Hyperlink wieder direkt auf ihren Fundort im Internet verweist. Die Gegenauffassung bedient sich größtenteils einiger Argumente, die heutzutage nicht mehr überzeugen können. Vor allem lässt sich der Vertragspartner bei einem Vertragsschluss im Internet bewusst und freiwillig auf dieses Medium ein und darf daher als so erfahren angesehen werden, dass er mit den technischen Möglichkeiten der AGB-Präsentation umgehen kann. Ein berechtigter Einwand besteht indes bei der fehlenden Veränderungssicherheit des Klauselinhalts, wenn die AGB nur digital präsentiert werden. Diesbezüglich muss daher einschränkend gefordert werden, dass für den Klauselgegner die Möglichkeit besteht, die AGB zu drucken und abzuspeichern. Sind diese Funktionen in einer Datei oder auf einer Webseite deaktiviert, werden die entsprechenden Bedingungen nicht einbezogen. Grundsätzlich möglich ist auch ein Verweis auf im Internet abrufbare AGB, obwohl der Vertragsschluss „herkömmlich“, also außerhalb des Internets erfolgt. Probleme ergeben sich allerdings dadurch, dass der Verweis auf die Abrufmöglichkeit im Internet letztlich nichts anderes als ein bloßer Verweis auf den AGB-Text selbst ist. Dies ist nach allen Regelwerken grundsätzlich unzulässig. Darüber hinaus hat der eigentliche Vertragsschluss gerade nicht im Internet stattgefunden, so dass sich der Klauselgegner auch nicht freiwillig auf eine digitale Bereitstellung der AGB eingelassen hat. Richtigerweise muss deswegen zwischen b2c- und b2b-Verträgen unterschieden werden. Bei Verbraucherverträgen ist der Verweis auf die Abrufmöglichkeit bei einem herkömmlichen Vertragsschluss im Regelfall für die Einbeziehung von AGB nicht

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

ausreichend. Allerdings kommt in dieser Situation bei BGB und PECL – im Gegensatz zu Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag – eventuell ein Verzicht auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme in Betracht. Für den DCFR gilt an dieser Stelle eine Besonderheit, da dieser selbst nicht zwischen Verbraucher- und Unternehmergeschäften unterscheidet. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise hängt dort letztlich davon ab, ob der Verbraucher-Klauselgegner erkennbar über eine E-Mail-Adresse oder Homepage verfügt. Ist dies gewährleistet, darf man auch davon ausgehen, dass er über einen Internetzugang verfügt und die Klauseln entsprechend abrufen kann. Da der Vertragsschluss nach wie vor herkömmlich erfolgt ist, muss der Verwender die vollständige URL der Webseite bzw. Datei angeben, die die Bedingungen enthält. Es sollte allerdings auch ausreichen, wenn auf der Index- oder Hauptseite ein eindeutig bezeichneter, direkter Hyperlink zum AGB-Text führt. Bei Unternehmerverträgen besteht nach hier vertretener Ansicht in sämtlichen Regelwerken eine Erkundigungsobliegenheit. Dementsprechend ist auch ein Verweis auf die Abrufmöglichkeit der AGB im Internet bei einem herkömmlichen Vertragsschluss grundsätzlich zulässig. Eine Einschränkung folgt wiederum daraus, dass sich der Unternehmer ebenfalls nicht freiwillig auf das Medium Internet eingelassen hat. Insofern ist einschränkend erforderlich, dass der Klauselgegner über eine geschäftlich genutzte E-Mail-Adresse bzw. Homepage verfügt und der Verwender entweder auf der Index- oder Hauptseite einen direkten Hyperlink zu den AGB gesetzt bzw. die vollständige URL der Webseite oder Datei mit dem AGB-Text mitgeteilt hat. Prüfen muss man vor der Anwendung der eben geschilderten Grundsätze allerdings, ob die jeweiligen Einbeziehungsvorschriften der Regelwerke im konkreten Fall auch tatsächlich maßgeblich sind. Das gilt vor allem für PICC, PECL und DCFR.269 Diese sind als nichtstaatliche Regelwerke im Anwendungsbereich der Rom I-VO nicht als Vertragsstatut wählbar und können daher lediglich als AGB oder durch eine Individualvereinbarung in den Vertrag einbezogen werden. Diese Vereinbarung richtet sich dann aber logischerweise nach den Vorschriften des anwendbaren nationalen Rechts. Dasselbe gilt auch für das GEK, wenn die Voraussetzungen für seine Anwendbarkeit nicht erfüllt sind. 2. Schweigen des Empfängers und kaufmännisches Bestätigungsschreiben Da die Einbeziehung von AGB in allen behandelten Regelwerken eine vertragliche Vereinbarung voraussetzt, muss der Empfänger ihrer Geltung zustimmen. Das geschieht aber regelmäßig nicht ausdrücklich. Oft wird sich sich der Empfänger überhaupt nicht zu den AGB äußern, sondern zu diesem Punkt schweigen.

269 An sich auch für die Machbarkeitsstudie, die als Vorläufer des GEK in der Praxis aber insofern keine eigenständige Bedeutung erlangen wird.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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a) BGB Grundsätzlich hat das Schweigen des Empfängers im deutschen Privatrecht keinerlei rechtliche Bedeutung – und zwar unabhängig davon, ob er Verbraucher oder Unternehmer ist.270 aa) Schweigen und das Einverständnis gemäß § 305 II a.E. BGB Schweigt der Klauselgegner auf den Einbeziehungshinweis des Verwenders, ist das jedenfalls dann unproblematisch, wenn der Hinweis zusammen mit dem eigentlichen Vertragsangebot erfolgt ist. Das nach § 305 II a.E. BGB erforderliche Einverständnis mit den AGB wiederholt lediglich das allgemeine Konsenserfordernis für einen wirksamen Vertragsschluss.271 Der Empfänger muss sich daher nicht speziell zu den AGB erklären, sondern seine Zustimmung zum Vertragsschluss bezieht sich nach objektiver Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB auch auf die Einbeziehung der Klauseln als Teil des Vertragsangebots. In diesen Fällen hindert also ein Schweigen hinsichtlich der beabsichtigten AGB-Verwendung nicht deren erfolgreiche Einbeziehung in den Vertrag. Schweigt der Empfänger dagegen zum Angebot insgesamt, liegt nach dem oben Gesagten überhaupt kein Konsens vor. Mangels Vertragsschlusses wurden dann logischerweise auch keine AGB einbezogen. bb) Anerkannte Fälle der Erklärungswirkung des Schweigens Allerdings gibt es auch enumerative Ausnahmen, in denen dem Schweigen des Empfängers auf ein Angebot ein Erklärungswert zuerkannt wird. Darunter fallen das sog. beredte Schweigen der Parteien aufgrund einer Vereinbarung,272 das gesetzlich normierte Schweigen273 und das Schweigen, obwohl der Empfänger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zum Handeln verpflichtet gewesen ist.274 Die ersten zwei Fälle sind für die Einbeziehung von AGB im Rahmen des Angebots indes nur mittelbar relevant. Sie behandeln Konstellationen, in denen eine zustimmende Reaktion zum Vertragsangebot insgesamt entbehrlich ist und der Vertrag trotz Schweigens des Empfängers als geschlossen gilt. Das Angebot muss

270 BGHZ 101, 357 (364); 61, 282 (285); von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 28; Dörner, in: Hk-BGB, vor § 116 Rn. 2. 271 s. bereits oben G. II. 1. a) aa) (3). 272 BGH NJW 1995, 1281 (1281); OLG Düsseldorf NJW 2005, 1515 (1516); Armbrüster, in: MüKo-BGB, vor § 116 Rn. 8. 273 Etwa in §§ 108 II 2, 177 II 2, 1943 BGB. s. weiter Ellenberger, in: Palandt, Einf vor § 116 Rn. 9. 274 BGHZ 1, 353 (355); NJW 1990, 1601 (1601 f.); 1975, 1358 (1359).

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

aber auch dann entsprechend den oben dargestellten Voraussetzungen275 zu einer wirksamen Einbeziehung der AGB führen können. Schweigt der Empfänger hingegen auf einen isolierten, also nach dem eigentlichen Vertragsschluss erfolgten Einbeziehungshinweis, handelt es sich vielmehr um einen Fall der nachträglichen Vereinbarung von AGB.276 cc) Das kaufmännische Bestätigungsschreiben Bedeutsam für die Einbeziehung von AGB im Rahmen des Angebots ist jedoch die letzte Fallgruppe, nach der eine Erklärungspflicht aufgrund von Treu und Glauben besteht. Der wichtigste Fall ist dabei das kaufmännische Bestätigungsschreiben.277 Dieses fasst den Inhalt der Vertragsverhandlungen oder eines bereits als geschlossen erachteten Vertrages nochmals schriftlich und wahrheitsgemäß zusammen.278 Nach h.M. handelt es sich dabei um Gewohnheitsrecht, das über § 346 HGB als Handelsbrauch Anwendung findet.279 Nicht als Bestätigungsschreiben in diesem Sinne ist die sog. modifizierende Auftragsbestätigung einzuordnen. Dabei handelt es sich – anders als die Bezeichnung vermuten lässt – um eine Annahme des Angebots, jedoch mit Änderungen. Dementsprechend ist sie nach der allgemeinen Regel des § 150 II BGB als neues Angebot einzuordnen.280 Dem bloßen Schweigen des ursprünglichen Anbietenden (und nunmehrigen Empfängers) hierauf kommt dabei wiederum keinerlei Erklärungswirkung zu.281 Das Schrifttum unterscheidet zwischen mehreren Formen des Bestätigungsschreibens, vornehmlich zwischen dem deklaratorischen und dem konstitutiven.282 Das deklaratorische Bestätigungsschreiben beschränkt sich auf eine reine Darstellung des Vertragsschlusses mit allen bei den Verhandlungen angesprochenen Punkten. Insofern ergeben sich dabei für die Einbeziehung von AGB keine Neuerungen, da dann bereits bei Vertragsschluss die oben dargestellten Voraussetzungen erfüllt gewesen sein müssen. 275

Oben G. II. 1. a). Dazu unten G. IV 1. 277 Allgemein kann aber auch das Entstehen eines entsprechenden Vertrauenstatbestandes zwischen den Parteien genügen, vgl. Ellenberger, in: Palandt, Einf vor § 116 Rn. 10. 278 BGHZ 61, 282 (285); 54, 236 (239); 40, 42 (45); Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 178. 279 BGHZ 40, 42 (45); 18, 212 (216); 11, 1 (5); K. Schmidt, § 19 III 2; von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 29; sehr str. Zu weiteren Ansichten s. Kröll/ Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (451) m.w.N. 280 BGHZ 61, 282 (284); NJW 1995, 1671 (1672). 281 BGHZ 61, 282 (285); 18, 212 (216); NJW 1995, 1671 (1672); 1963, 1248 (1248); Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 47; Spruß, S. 341. 282 Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (451); Lindacher, WM 1981, 702 (702 f.). Für eine noch weitergehende Untergliederung vgl. K. Schmidt, § 19 III 3 einerseits und Canaris, Handelsrecht, § 23 II 2 andererseits. 276

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Anders verhält es sich aber im Fall des konstitutiven Bestätigungsschreibens. Auch hiermit wird der Vertragsschluss nochmals bestätigt und zusammengefasst. Darüber hinaus kann damit aber auch der Inhalt des Vertrages noch ergänzt oder geändert werden,283 da typischerweise während den Vertragsverhandlungen nur die essentalia negotii und eventuell einige wenige andere Punkte angesprochen wurden.284 Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben setzt für seine Wirksamkeit aber u. a.285 voraus, dass der Absender redlich ist, also nicht bewusst einen unrichtigen Inhalt wiedergibt.286 Zudem dürfen nur solche Änderungen oder Erweiterungen aufgenommen werden, bei denen man mit dem Einverständnis der anderen Seite rechnen darf.287 Das ist erfahrungsgemäß nur bei Nebenpunkten oder inhaltlichen Klarstellungen der Fall, nicht dagegen bei Änderungen der Hauptleistungspflichten.288 Bei der Vereinbarung von AGB handelt es sich um eine Nebenabrede des eigentlichen Vertragsschlusses, die unter Kaufleuten – gerade wegen Eigentumsvorbehalten und Verarbeitungsklauseln – zum Regelfall gehört.289 Insofern kann der Hinweis auf die eigenen AGB daher grundsätzlich als konsensfähige Ergänzung angesehen werden. In einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben kann also zulässigerweise auch auf bisher nicht angesprochene AGB Bezug genommen werden.290 Widerspricht der Adressat dem Schreiben dann nicht unverzüglich, werden die Klauseln gleichwohl noch Vertragsinhalt,291 obwohl das Schreiben dem eigentlichen Vertragsschluss nachfolgt.292 (1) Erfasster Personenkreis Wie sich der Bezeichnung und der Einordnung als Handelsbrauch entnehmen lässt, gelten die Wirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens grundsätzlich auch nur im Rahmen von Handelsgeschäften, also unter Kaufleuten.293 Die h.M. bezieht darüber hinaus sämtliche Personen ein, die in kaufmännischer Weise am 283

Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (451). Lindacher, WM 1981, 702 (703) spricht daher treffend vom „vertragsinhaltskonkretisierende[n] und -ergänzende[n] kaufmännische[n] Bestätigungsschreiben“. 285 Zu den Voraussetzungen ausführlich K. Schmidt, in: MüKo-HGB, § 346 Rn. 146 ff. 286 K. Schmidt, in: MüKo-HGB, § 346 Rn. 162. 287 BGHZ 93, 338 (343); 38, 183 (185); 33, 216 (219); NJW 1994, 1288; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 179; K. Schmidt, § 19 III 5 b; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (452). 288 Lindacher, WM 1981, 702 (704). 289 Lindacher, WM 1981, 702 (707). 290 K. Schmidt, § 19 III 3 b); Spruß, S. 340. 291 BGHZ 18, 212 (215 f.); 7, 187 (190 f.); NJW 1982, 1751; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 135. 292 von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 29. 293 BGH NJW 1975, 1358 (1358). 284

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Geschäftsverkehr teilnehmen.294 Vor dem Hintergrund des mit der Klauselrichtlinie bezweckten Schutzes vor missbräuchlichen Klauseln muss dabei jedoch auch den allgemeinen Einbeziehungsvoraussetzungen Rechnung getragen werden. Dementsprechend kann der Personenkreis nicht über den des § 310 I BGB erweitert werden.295 Eine Anwendung auf Verbraucher als Empfänger des Bestätigungsschreibens ist damit ausgeschlossen.296 (2) Hinweiserfordernis Erforderlich ist aber, dass im kaufmännischen Bestätigungsschreiben ausdrücklich im bereits dargestellten Sinne auf die AGB hingewiesen wird. Es reicht nicht aus, diese ohne Hinweis dem Schreiben beizufügen.297 Umgekehrt müssen sie wegen der Erkundigungsobliegenheit des Empfängers aber auch gar nicht beigefügt werden.298 (3) Einschränkungen Wie bereits angesprochen, gilt die konstitutive Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens allerdings nicht unbeschränkt. Insbesondere dürfen die AGB nicht derart von den gesetzlichen Vorschriften oder dem Verhandlungsergebnis abweichen, dass der Verwender nicht mit einem Einverständnis des Empfängers rechnen kann.299 (a) Widerspruch oder ablehnende Haltung des Empfängers während der Vertragsverhandlungen So verhält es sich etwa, wenn der Empfänger bestimmten Regelungen bereits bei den Verhandlungen widersprochen hat oder dem Verwender die ablehnende Haltung des Empfängers aus anderen Gründen bekannt ist.300

294 BGHZ 40, 42 (44); NJW 1987, 1940 (1941); 1975, 1358 (1359); 1964, 1223 (1223); Wolf, in: Soergel, § 147 Rn. 40. 295 So zutreffend Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 177; Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 202. 296 A.A. Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 135. Ob umgekehrt ein Verbraucher tauglicher Absender eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens sein kann, ist ebenfalls umstritten, vgl. K. Schmidt, in: MüKo-HGB, § 346 Rn. 156 m.w.N. 297 BGHZ 7, 187 (190); OLG Düsseldorf NJW 1965, 761 (762); Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 104. 298 Allg. Ansicht, s. etwa BGHZ 7, 187 (190); 18, 212 (216); Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 199; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 104; a.A. Lindacher, WM 1981, 702 (707). Nach K. Schmidt (§ 19 III 4 a) gelte das jedenfalls bei branchenüblichen Klauseln, ansonsten entschieden die Umstände des Einzelfalles darüber, ob eine Übersendung zusammen mit dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben erforderlich sei. 299 s. soeben Fn. 287. 300 BGH NJW 1982, 1751; Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 198.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

133

Hat der Empfänger bereits während der Vertragsverhandlungen auf seine eigenen AGB verwiesen, hat er regelmäßig kein Interesse an der Einbeziehung der Klauseln des Absenders. Ein Einverständnis mit dessen AGB ist daher nicht zu erwarten.301 Nach anderer Ansicht soll diese Konstellation aber nicht automatisch unter die genannte Ausnahme fallen. Es müsse erst noch ermittelt werden, inwieweit die jeweiligen AGB voneinander abweichen.302 Damit wird an dieser Stelle eine Parallele zum Lösungsansatz bei kollidierenden Standardbedingungen und sich kreuzenden kaufmännischen Bestätigungsschreiben gezogen.303 Dieser Auffassung kann jedoch nur einschränkend gefolgt werden. Die Fälle der kollidierenden AGB sind dadurch gekennzeichnet, dass sowohl Angebot und Annahme jeweils einen Hinweis auf die AGB ihres entsprechenden Absenders enthalten.304 Der Unterschied liegt aber darin, dass ein konstitutives Bestätigungsschreiben das Verhandlungsergebnis vollständig und zutreffend wiedergeben muss.305 Dementsprechend müsste der Absender auch die in den Verhandlungen angesprochenen AGB der Gegenseite erwähnen und nicht nur seine eigenen. Daher kann man bereits an seiner Redlichkeit zweifeln, wenn er dieses Verhandlungsergebnis verschweigt. Unabhängig davon darf der Absender meines Erachtens aber in dieser Konstellation nicht ein Einverständnis der Gegenseite mit der Geltung seiner eigenen AGB erwarten, wenn er diese nicht auch schon während der Vertragsverhandlungen zur Sprache gebracht hat. Zudem wäre es mit der Konstitutivwirkung nicht vereinbar, wenn die AGB des Empfängers noch teilweise Bestandteil des Vertrages würden, obwohl sie weder im Bestätigungsschreiben erwähnt wurden noch der Empfänger dem Schreiben widersprochen hat. Hat der Empfänger also bereits während der Vertragsverhandlungen auf seine AGB Bezug genommen, ist ein Hinweis des Absenders allein auf die eigenen Klauseln im kaufmännischen Bestätigungsschreiben grundsätzlich wirkungslos.306 Eine Lösung nach den Grundsätzen der kollidierenden AGB kommt nur in Betracht, wenn die während der Vertragsverhandlungen erfolgte Bezugnahme auf die Klauseln des Empfängers im Bestätigungsschreiben aufgeführt wird.307 (b) Vom Vereinbarten wesentlich abweichende Klauseln Ein Einverständnis kann richtigerweise ebenfalls nicht erwartet werden, wenn die ursprünglich vereinbarten AGB im Bestätigungsschreiben durch andere, wesentlich 301

BGHZ 61, 282 (285 f.); Hubert Schmidt, NJW 2011, 3329 (3333). Spruß, S. 350. 303 In diesem Sinne auch Hubert Schmidt, NJW 2011, 3329 (3333). 304 s. im Einzelnen unten G. II. 5. a). So verhält es sich auch bei sich kreuzenden kaufmännisches Bestätigungsschreiben, vgl. unten (5). 305 Vgl. soeben vor (1). Insoweit ist diese Konstellation daher auch nicht identisch mit dem Fall sich kreuzender kaufmännischer Bestätigungsschreiben. 306 So zutreffend auch Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 179. 307 Im Ergebnis entspricht diese Situation der Konstellation von sich kreuzenden Bestätigungsschreiben, s. sogleich (5). 302

134

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

davon abweichende Klauseln ersetzt werden.308 Hat der Absender diese Änderung – wie im Regelfall – bewusst vorgenommen, ist er zudem unredlich. Die Einbeziehung von AGB als solche durch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ist jedoch wegen der Üblichkeit ihrer Verwendung nicht als wesentliche Abweichung vom mündlich Vereinbarten anzusehen.309 (c) Beschränkung auf branchenübliche, nicht ungewöhnliche oder nur unerheblich vom dispositiven Recht abweichende Klauseln – Verhältnis zu § 305c I BGB Nach herrschender Ansicht kann mit einem Einverständnis zudem nur dann gerechnet werden, wenn es sich bei den AGB um branchenübliche oder nicht ungewöhnliche Klauseln handelt oder jedenfalls um solche, die nur unerheblich vom dispositiven Recht oder dem Ergebnis der Vertragsverhandlungen abweichen.310 Dasselbe gilt bei Verweis auf andere AGB als die in den Vertragsverhandlungen Erwähnten.311 Im Schrifttum wird vereinzelt angezweifelt, ob die Wirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens tatsächlich nur bei solchen Bedingungen gelten sollen. Dass etwa eine bestimmte Klausel nicht branchenüblich ist, lasse nämlich noch nicht darauf schließen, dass sie überraschend oder unangemessen sei.312 Diese Aussage ist zwar richtig, erweckt aber gleichzeitig auch den Eindruck, die Branchenüblichkeit sei zwingende Voraussetzung für eine wirksame Einbeziehung von AGB durch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben. Das ist nicht der Fall, wie sich den zwei anderen Ausnahmen entnehmen lässt. Die erwähnten Einschränkungen der h.M. haben Ähnlichkeit mit dem Einbeziehungshindernis des § 305c I BGB.313 Fällt eine Klausel unter die Ausnahme des kaufmännischen Bestätigungsschreibens, dann ist sie höchstwahrscheinlich auch „überraschend“ i.S.d. Vorschrift. Daher könnte man überlegen, auf die spezifischen Klauselbeschränkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zu verzichten und stattdessen nur § 305c I BGB anzuwenden.314 Allerdings haben die Ausnahmen des Bestätigungsschreibens und § 305c I BGB unterschiedliche Beurteilungsgrundlagen und vor allem nicht dieselbe Rechtsfolge:315 Nach § 305c I BGB wird die einzelne AGB-Bestimmung ins Blickfeld genommen und im Falle der Überraschung auch nur sie allein nicht wirksam einbe308 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 135; vgl. auch Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 105. 309 A.A. wohl Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 105 a.E. 310 Ulmer/Schäfer, in Ulmer/B/H, § 305c Rn. 56; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 135; Spruß, S. 351. s. auch schon oben Fn. 287. 311 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 135. 312 Hubert Schmidt, NJW 2011, 3329 (3333). 313 Dazu ausführlich unten G. II. 4. a). 314 Vgl. Spruß, S. 352. 315 Spruß, S. 351 ff.; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 56.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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zogen.316 Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben kann daher immer noch seine Funktion erfüllen und den Vertragsinhalt wie gewünscht ausgestalten, also auch die AGB des Absenders noch einbeziehen – mit Ausnahme derjenigen Klauseln, die § 305c I BGB widersprechen.317 Bei der Ausnahme des kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist dagegen das Klauselwerk in seiner Gesamtheit maßgeblich.318 Theoretisch kann dieses insgesamt sowohl überraschend i.S.d. § 305c I BGB sein319 als auch so erheblich vom Verhandlungsergebnis abweichen, dass die Grundvoraussetzung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens – nämlich das zu erwartende Einverständnis des Empfängers mit dem Vertragsschluss insgesamt – nicht mehr erfüllt ist.320 Das führt u. U. dazu, dass das Bestätigungsschreiben wegen der AGB überhaupt keine Wirkung mehr hat und der Vertragsschluss scheitert.321 In diesem Fall geht die Rechtsfolge sogar über § 305c I BGB hinaus, was nach Sinn und Zweck des kaufmännischen Bestätigungsschreibens auch sachgerecht ist. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben ist eine eng umgrenzte, ungeschriebene Ausnahme von der allgemeinen Regel, dass Schweigen kein Erklärungswert zuerkannt wird.322 Verhält sich der Klauselverwender daher treuwidrig, indem er eine branchenunübliche, ungewöhnliche oder erheblich vom dispositiven Recht abweichende Klausel einbeziehen will, sind die Voraussetzungen dieser engen Ausnahme nicht mehr erfüllt. Würde in diesem Fall aber nur § 305c I BGB angewendet, wäre zwar die betreffende Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden, der Vertragsschluss aber dennoch erfolgt, obwohl er nach den Wertungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens am mangelnden Einverständnis des Empfängers hätte scheitern müssen. Die Einschränkung der h.M. auf branchenübliche oder nicht ungewöhnliche Klauseln und solche, die nur unerheblich vom dispositiven Recht abweichen, ist deswegen hilfreich, um den Grad der Abweichung vom Verhandlungsergebnis bestimmen zu können. Diese Ansicht trägt auch dem Umstand Rechnung, dass dem Klauselverwender möglicherweise das Zustandekommen des Vertrages wichtiger ist, als die Einbeziehung der AGB.323 Den Vertragsschluss können die Parteien nach wie vor herbeiführen, etwa stillschweigend durch Erbringen ihrer jeweiligen Leistungen. Der

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Spruß, S. 351. Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 56. 318 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 135; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 56; Spruß, S. 351; a.A. Schlosser, in: Staudinger, § 305c Rn. 1, der auch hier eine Prüfung der einzelnen Klauseln annimmt. 319 Also nach der Wertung des § 305c I BGB jede einzelne Klausel für sich gesehen. 320 Vgl. Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 56; Spruß, S. 352. 321 A.A. Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 135: nur die AGB-Einbeziehung scheitert. 322 s. bereits oben G. II. 2. a) bb). 323 Vergleichbar der typischen Situation bei kollidierenden AGB. Dazu unten G. II. 5. a). 317

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Unterschied besteht nur darin, dass er eben nicht durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben erfolgt ist. Die Einschränkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens und § 305c I BGB haben insofern eine eigene Existenzberechtigung und sind daher nach zutreffender Ansicht nebeneinander anwendbar.324 Regelmäßig besteht zwischen beiden Regelungen auch ein Gleichlauf.325 Die eigenständige Funktion des § 305c I BGB kommt aber gerade dann zur Geltung, wenn das Klauselwerk insgesamt den Einschränkungen der Einbeziehung durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben standhält. In diesem Fall ist es immer noch möglich, dass eine einzelne Klausel überraschend ist.326 Deren Einbeziehung wird dann durch § 305c I BGB verhindert. (d) „Praktische“ Gegenausnahme: Die Beweislast im Prozess Selbst wenn tatsächlich eine der oben genannten Ausnahmen vorliegt, bringt dies dem Empfänger keinen Vorteil, wenn er sie nicht im Prozess beweisen kann. Während dies in Bezug auf die Branchenüblichkeit, Ungewöhnlichkeit oder die Abweichung vom dispositiven Recht leicht festzustellen ist, wird ihm die Abweichung vom tatsächlichen Verhandlungsergebnis nur in den wenigsten Fällen möglich sein. Hat er es dann versäumt, dem Schreiben unverzüglich zu widersprechen, kommt die Konstitutivwirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens in vollem Umfang zur Geltung. (4) Verhältnis zu Individualabreden nach § 305b BGB Wurden nach § 305b BGB über bestimmte Punkte Individualabreden getroffen, treten anderslautende AGB, auf die im kaufmännischen Bestätigungsschreiben hingewiesen wurde, dahinter zurück.327 Diese Vorschrift gilt auch im Rechtsverkehr mit Unternehmern.328 Der Verwender kann daher grundsätzlich nicht über den Umweg des kaufmännischen Bestätigungsschreibens eine für ihn möglicherweise ungünstige, individuell verabredete Bestimmung durch (nachträgliche) Vorgabe einer für ihn günstigen Bestimmung aushebeln. Allerdings muss an dieser Stelle wiederum die Konstitutivwirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens beachtet werden.329 Da das Bestätigungsschreiben die (widerlegbare) Richtigkeits324

Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 55; Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 97a; Spruß, S. 352. 325 Vgl. Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 97a: „im Verhältnis einander überschneidender Kreise“. 326 A.A. Schlosser, in: Staudinger, § 305c Rn. 1 (s. schon oben Fn. 318). 327 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 135; differenzierend Schlosser, in: Staudinger, § 305b Rn. 16 ff. 328 BGH NJW-RR 1990, 613 (613 a.E.) zur wortgleichen Vorgängernorm des § 4 AGBG; Roloff, in: Erman, § 305b Rn. 16. 329 A.A. Batsch, NJW 1980, 1731 (1732), der für nicht angesprochene Punkte „automatisch“ das dispositive Recht als vereinbart ansieht und daher im Ergebnis (mangels verbliebenen

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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vermutung hinsichtlich des Verhandlungsergebnisses für sich in Anspruch nimmt, müssen entgegenstehende Individualabreden nach § 305b BGB von demjenigen bewiesen werden, der sich darauf beruft.330 Haben die Parteien also mündlich etwas Bestimmtes vereinbart, was aber nicht im kaufmännischen Bestätigungsschreiben erwähnt wurde und zu dem auch die standardmäßig aufgeführten AGB des Absenders in Widerspruch stehen,331 wäre an sich ein Fall des § 305b BGB gegeben.332 Diese Individualvereinbarung muss vom Empfänger aber bewiesen werden.333 Ist ihm dies nicht möglich, bliebe an sich nur der unverzügliche Widerspruch, dessen Frist jedoch meistens bereits abgelaufen sein dürfte. In vielen Fällen erweist sich die Ausnahme nach § 305b BGB daher als „zahnloser Tiger“. Dass es der Absender des Bestätigungsschreibens in diesen Fällen unterlassen hat, das Verhandlungsergebnis vollständig und wahrheitsgemäß darzustellen und also auch schon ohne § 305b BGB eine Ausnahme von der Konstitutivwirkung gegeben wäre,334 hilft ebenfalls nicht weiter. Auch diese Ausnahme muss vom Empfänger bewiesen werden.335 Anders verhält es sich dagegen, wenn der Absender im kaufmännischen Bestätigungsschreiben auf Individualvereinbarungen Bezug nimmt.336 In diesem Fall kommt § 305b BGB vollständig zum Tragen. AGB des Absenders, die den genannten Vereinbarungen entgegenstehen, werden nicht Vertragsbestandteil. (5) Sich kreuzende Bestätigungsschreiben Senden beide Vertragsparteien jeweils ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ab, in dem sie jeweils auf ihre eigenen AGB verweisen, spricht man von sich kreuzenden Bestätigungsschreiben. Diese Situation ist mit der allgemeinen Kollision von AGB in Angebot und Annahme identisch,337 so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann.338

Anwendungsbereichs) das Institut des kaufmännischen Bestätigungsschreibens als solches „verabschiedet“. 330 Spruß, S. 353 f. 331 Zu weiteren Konstellationen s. Spruß, S. 354 ff. 332 Spruß, S. 355. 333 Lindacher, WM 1981, 702 (708); Spruß, S. 355. 334 Ebenso Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, 305b Rn. 51. In diesem Sinne dürfte auch BGHZ 93, 338 (342 f.) zu verstehen sein. 335 s. soeben (d). 336 BGH NJW-RR 1995, 179 (180); OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 374 (375); Roloff, in: Erman, § 305b Rn. 16; Ellenberger, in: Palandt, § 147 Rn. 11; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305b Rn. 51; Spruß, S. 354 f. 337 BGHZ 61, 282 (286 f.); NJW 1982, 1751; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 183; Spruß, S. 356. 338 s. unten G. II. 5. a).

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

dd) Zusammenfassung Für die wirksame Einbeziehung von AGB ist neben den bisher diskutierten Voraussetzungen auch das Einverständnis des Klauselgegners erforderlich. Dieses wird regelmäßig nicht ausdrücklich zu den AGB erklärt, sondern erfasst als Zustimmung zum Vertragsschluss insgesamt nach §§ 133, 157 BGB auch die AGB als Bestandteil des Angebots. Sofern sich der Vertragspartner überhaupt nicht zum Angebot äußert, liegt grundsätzlich mangels Vertragsschlusses keine Einbeziehung von AGB vor, denn Schweigen besitzt im deutschen Recht grundsätzlich keinen Erklärungswert. Eine Ausnahme gilt aber unter anderem für das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das den Inhalt der Vertragsverhandlungen oder eines bereits als geschlossen erachteten Vertrages nochmals schriftlich und wahrheitsgemäß zusammenfasst. In seiner konstitutiven Form ermöglicht es auch die inhaltliche Erweiterung und Änderung eines an sich schon geschlossenen Vertrages, sofern der Vertragspartner dem Schreiben nicht unverzüglich widerspricht. Ein solches Schreiben kann daher zur Einbeziehung bisher nicht angesprochener AGB des Absenders führen. Vertragspartei können nach h.M. nicht nur Kaufleute werden, sondern sämtliche Personen, die in kaufmännischer Weise am Geschäftsverkehr teilnehmen. Verbraucher scheiden insofern generell als Adressaten des Schreibens aus. Ein taugliches kaufmännisches Bestätigungsschreiben muss einen ausdrücklichen Hinweis auf die Einbeziehung der AGB enthalten. Wegen der Erkundigungsobliegenheit müssen diese jedoch nicht beigefügt werden. Sofern eine Einbeziehung der betreffenden AGB schon aufgrund ihrer Branchenüblichkeit erfolgt ist, hat der Hinweis letztlich rein deklaratorische Funktion. Ohne Hinweis wird diese Branchenüblichkeit jedoch durch die konstitutive Wirkung des Bestätigungsschreibens überlagert und verhindert die sonst erfolgte stillschweigende Einbeziehung. Der Absender darf indes nur Inhalte aufnehmen, bei denen mit einem Einverständnis der Gegenseite zu rechnen ist. Ist ihm also eine ablehnende Haltung des Empfängers bekannt oder hat dieser dem Inhalt des Schreibens schon in den Verhandlungen widersprochen, entfaltet das Bestätigungsschreiben keinerlei Wirkung. Dies gilt richtigerweise auch, wenn der Empfänger bereits während der Vertragsverhandlungen auf seine AGB Bezug genommen hat und der Absender nun in einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben lediglich auf seine eigenen AGB verweist. Ein Einverständnis ist ebenfalls nicht zu erwarten, wenn die ursprünglich vereinbarten AGB im Bestätigungsschreiben durch andere, wesentlich davon abweichende Klauseln ersetzt werden. Nach h.M. gilt die Konstitutivwirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens auch nur für branchenübliche oder nicht ungewöhnliche Klauseln oder solche, die nur unerheblich vom dispositiven Recht oder dem Ergebnis der Vertragsverhandlungen abweichen. Diese Einschränkung der h.M.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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hat eine eigenständige Bedeutung und ist deswegen nach hier vertretener Ansicht nicht durch die Regelung des § 305c I BGB entbehrlich geworden. Der Empfänger kann die Konstitutivwirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens durch einen unverzüglichen Widerspruch verhindern. Versäumt er den Widerspruch, wird sein Inhalt als zutreffend angesehen, unabhängig davon, ob er tatsächlich mit dem Verhandlungsergebnis übereinstimmt. Die Wirkung des Bestätigungsschreibens kann zwar in einem späteren Prozess bestritten werden, allerdings obliegt es dann dem Empfänger, die Abweichung vom Verhandlungsergebnis nachzuweisen. Dasselbe gilt, wenn der Absender mit den im kaufmännischen Bestätigungsschreiben erwähnten AGB getroffene Individualabreden nach § 305b BGB konterkariert. Sofern beide Parteien ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben absenden, in dem sie jeweils auf ihre eigenen AGB Bezug nehmen, liegt ein Fall der sich kreuzenden Bestätigungsschreiben vor. Diese Situation ist wie die allgemeine Kollision von AGB aufzulösen.339 b) CISG Auch im CISG führen nach Art. 18 I 2 Schweigen und Untätigkeit allein grundsätzlich nicht zu einer Annahme des Angebots und damit Einbeziehung der AGB. aa) Schweigen hinsichtlich der Einbeziehung von AGB Unproblematisch ist wiederum das Schweigen auf den Einbeziehungshinweis selbst. Da die AGB Teil des Vertragsangebots sind, bezieht sich dessen Annahme nach Art. 8 I – oder hilfsweise jedenfalls II – CISG auch darauf.340 bb) Erklärungswirkung trotz Schweigens im CISG Dem Schweigen kann aber dennoch eine Erklärungswirkung entnommen werden, wenn aufgrund besonderer Umstände ein Annahmewille zum Ausdruck gebracht wird.341 Dies kann insbesondere stillschweigend durch Erbringen der geschuldeten Leistung geschehen.342 Allerdings genügt selbst bei einer ständigen Geschäftsbeziehung das bloße Schweigen auf einseitig vorgegebene Vertragsbedingungen, die zum ersten Mal gestellt werden, nicht für deren erfolgreiche Einbeziehung in den Vertrag.343 339

Dazu unten G. II. 5. a). Vgl. insoweit die Ausführungen zum BGB, oben G. II. 2. a) aa). 341 Ferrari, in: MüKo-HGB, Art. 18 Rn. 9; Magnus, in: Staudinger, Art. 18 Rn. 12. 342 Vgl. OLG Koblenz, 04. 10. 2002, CISG-online Nr. 716 (Bezahlen der Rechnung). 343 OLG Jena IHR 2011, 79 (81); Hof’s Hertogenbosch, 29. 05. 2007, CISG-online Nr. 1550; Magnus, in: Staudinger, Art. 18 Rn. 13. 340

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Für solche Fälle können die Vertragsparteien aber vorab vereinbaren, dass Schweigen bestimmte rechtliche Wirkungen haben soll (beredtes Schweigen) oder zwischen ihnen können sich dahingehende Gebräuche oder Gepflogenheiten nach Art. 9 I CISG entwickelt haben. Auch ein Gebrauch i.S.d. Art. 9 II CISG kann zu einer von der Grundregel des Art. 18 I 2 CISG abweichenden Beurteilung von Schweigen oder Untätigkeit führen.344 cc) Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben im CISG In diesem Zusammenhang stellt sich daher die Frage nach den Wirkungen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens im Anwendungsbereich des CISG. Eine ausdrückliche Regelung hierzu enthält die Konvention nicht. (1) Einordnung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens in die Systematik des CISG Insofern ist zunächst zu klären, ob und inwieweit das kaufmännische Bestätigungsschreiben im CISG überhaupt Wirkung entfalten kann. (a) Ablehnung des Instituts bei der Ausarbeitung der Konvention Die deutsche Delegation hatte während der Ausarbeitung des Vorläuferabkommens EAG345 erfolglos versucht, die Aufnahme einer Vorschrift zu erreichen, die einem Bestätigungsschreiben die gleichen Wirkungen wie nach unvereinheitlichtem deutschen Recht verliehen hätte.346 In das EAG wurde letztlich eine abgeschwächte Form aufgenommen. Nach dessen Art. 2 I konnten kaufmännische Bestätigungsschreiben in internationalen Kaufverträgen als „Gebräuche“ Wirkung erlangen.347 Daher wurde über das Institut des kaufmännischen Bestätigungsschreibens auch bei der Ausarbeitung des CISG erneut beraten. Vom Sekretariat wurde ein alternativer Art. 7 (jetzt Art. 19) vorgeschlagen, der einen diesbezüglichen dritten Absatz enthielt.348 Danach sollten zusätzliche oder abgeänderte Bedingungen in einer innerhalb angemessener Zeit nach Vertragsschluss abgesandten Bestätigung noch Vertragsinhalt werden, sofern sie den Vertrag nicht wesentlich änderten oder dem Schreiben 344

Magnus, in: Staudinger, Art. 18 Rn. 12; Farnsworth, in: Bianca/Bonell, Art. 18 Anm. 2.3; Achilles, Art. 18 Rn. 3. 345 Haager Übereinkommen zur Einführung eines Einheitlichen Gesetzes über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen vom 01. 07. 1964, BGBl. 1973 II, 919. 346 von Caemmerer, RabelsZ 29 (1965), 101 (125 f.). 347 s. dazu OLG Hamburg RIW 1981, 262 (263); Esser, ZfRVgl 1988, 167 (183 f.); von Caemmerer, RabelsZ 29 (1965), 101 (114; 125 f.); Schlechtriem bei Flechtner, 18 J. L. & Com. (1999), 191 (245 f.). Art. 2 II EAG, wonach der Anbietende dem Schweigen des Empfängers nicht einseitig eine rechtliche Erklärungswirkung zuweisen konnte, stand dem nicht entgegen, vgl. Teklote, S. 126; Ebenroth, ZVglRWiss 77 (1978), 161 (183). 348 s. UNCITRAL Yearbook VIII (1977), S. 82, Nr. 105.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

141

nicht unverzüglich widersprochen wurde. Begründet wurde der Vorschlag mit der „weitverbreiteten Praxis“ solcher Bestätigungsschreiben.349 Trotzdem stieß er von Anfang an auf Ablehnung,350 wobei jedoch der eigentliche Kritikpunkt meines Erachtens nicht offen genannt wurde. Dem Jahrbuch nach waren dieselben Beweggründe wie beim Sekretariatsvorschlag zu Art. 7 II lit. b) des Entwurfs von 1978 maßgeblich.351 Dort wird kritisiert, dass eine Annahme mit wesentlichen Änderungen nicht als Ablehnung des ursprünglichen Angebots verstanden wird, sondern den Vertrag mit diesen Änderungen zustande bringt, wenn der Anbietende nicht ohne Verzögerung widerspricht.352 Das leuchtet insofern nicht ein, als der vorgeschlagene Art. 7 III CISG-E 1978 gerade eine Ausnahme für den Fall der wesentlichen Änderung vorsah.353 Ausschlaggebender dürfte vielmehr die Überzeugung gewesen sein, dass Änderungen jeglicher Art nach Vertragsschluss nur durch einen Konsens beider Parteien herbeigeführt werden können.354 Die Vorschrift fand deswegen keinen Eingang in den endgültigen Text der Konvention. (b) Keine Rechtswirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens infolge der Lückenfüllung nach Art. 7 II CISG Da das kaufmännische Bestätigungsschreiben systematisch zum Vertragsschluss gehört, ist es aber zumindest in einen vom CISG erfassten Regelungsbereich einzuordnen.355 Mangels einer diesbezüglichen Regelung liegt mithin eine interne Lücke vor, die nach Art. 7 II CISG zu schließen ist.356 Danach sind für die Lückenfüllung zunächst die allgemeinen Grundsätze heranzuziehen, die dem CISG zugrunde liegen, und erst, wenn diese fehlen, ist auf das nach dem IPR anwendbare unvereinheitlichte Sachrecht zurückzugreifen. Aus der Gesetzgebungsgeschichte folgt lediglich, dass das kaufmännische Bestätigungsschreiben im CISG selbst nicht geregelt und der Lösungsweg über Art. 7 II CISG daher nicht versperrt ist.357

349

UNCITRAL Yearbook VIII (1977), S. 82, Nr. 111. UNCITRAL Yearbook VIII (1977), S. 82, Nr. 112. 351 „[…] the same reasons as were expressed in relation to paragraph (2) (b).“ 352 UNCITRAL Yearbook VIII (1977), S. 82, Nr. 110. 353 „[…] unless they materially alter it, or notification of objection to them is given without delay after receipt of the confirmation.“ 354 Damit wurde letztendlich die Streichung des Absatzes begründet, s. UNCITRAL Yearbook IX (1978), S. 78, Nr. 228. 355 Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (455 a.E.). Das gilt momentan jedoch nicht in Norwegen, das einen Vorbehalt nach Art. 92 CISG erklärt hat und für das Zustandekommen von Verträgen die unvereinheitlichte lex fori heranzieht, vgl. Fogt, IPRax 2001, 358 (359 ff.). Dänemark, Finnland und Schweden haben ihren bisherigen Vorbehalt mittlerweile zurückgenommen, s. Magnus, ZEuP 2013, 111 (114). 356 Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (456); grundsätzlich ebenso Fogt, IPRax 2001, 358 (363). 357 Fogt, IPRax 2001, 358 (362 f.). 350

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Allerdings wird die Lückenfüllung anhand der allgemeinen Grundsätze i.S.d. Art. 7 II CISG vereinzelt als unmöglich angesehen, weil solche für „Vertragsänderung und/oder konstitutiven Vertragsschluss“ nicht vorhanden seien, und daher unter Anwendung der zweiten Alternative auf das unvereinheitlichte Sachrecht abgestellt.358 Nur so könne vermieden werden, dass sich Gerichte u. U. von ihren nationalen Regelungen zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben leiten ließen, wenn die CISG-konforme Lösung zu einem abweichenden Ergebnis führte, und so eine Rechtszersplitterung entstünde.359 Diese Auffassung überzeugt bereits insofern nicht, als Art. 29 CISG eine ausdrückliche Regelung für die Vertragsänderung enthält, aus der sich auch ein entsprechendes Prinzip ableiten lässt.360 Auch ist die Formulierung „konstitutiver Vertragsschluss“ verfehlt, da ein Vertragsschluss immer rechtsbegründend und inhaltsgestaltend („konstitutiv“) ist. Den Art. 14 bis 24 und Art. 29 CISG liegt das Erfordernis einer Einigung zwischen den Parteien als allgemeines Prinzip zugrunde.361 Dementsprechend ist die subsidiäre zweite Alternative des Art. 7 II CISG nicht anwendbar. Ebenfalls nicht überzeugen können die Ausführungen zur befürchteten Rechtszersplitterung. Durch den Rückgriff auf unvereinheitlichtes nationales Recht wird diese nicht vermieden, sondern vielmehr vergrößert.362 Deutlich wird das etwa, wenn man die jeweiligen diesbezüglichen Regelungen bzw. Gerichtsentscheidungen vergleicht.363 Vor allem setzt die Argumentation Fogts voraus, dass die befassten Gerichte konventionswidrig entscheiden364 und dies weder von der betroffenen Prozesspartei gerügt noch von der nächsthöheren Instanz korrigiert wird. Zur Lückenfüllung kann auch nicht Art. 2.1.12 (ex 2.12) PICC herangezogen werden.365 Dagegen spricht bereits die von Art. 7 II CISG vorgegebene Reihenfolge zur Lückenfüllung. Hinzu kommt, dass die PICC wegen ihrer bereits dargestellten Entstehungsgeschichte und dem Verfahren bei ihrer Ausarbeitung nicht zur Auslegung des CISG herangezogen werden können.366 Ein Rückgriff auf das nationale Recht und die PICC ist daher unzulässig und eine – trotz der Gesetzgebungsgeschichte – mögliche Lösung innerhalb der Konvention

358

Fogt, ZEuP 2002, 580 (584 f.); ders., IPRax 2001, 358 (363). Fogt, IPRax 2001, 358 (363 f.) 360 Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (458). Dazu sogleich. 361 Magnus, FS Kritzer, S. 311 f., 318; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (457). s. bereits die Ausführungen zum Vertragsschluss, oben E. 362 Zutreffend Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (458). 363 Dazu Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (478 f.). 364 Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (458). 365 So aber Garro, 69 Tulane L. Rev. (1995), 1149 (1168); Schilf, Unif. L. Rev. 1999, 1004 (1009); zustimmend auch Luig, S. 162. Zu Art. 2.1.12 PICC ausführlich unten G. II. 2. c) cc) (1). 366 Vgl. oben F. III. 359

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

143

zu suchen.367 Insbesondere ist im Absenden eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens richtigerweise auch keine (Teil-)Abwahl zugunsten des unvereinheitlichten nationalen Rechts zu sehen.368 Für das kaufmännische Bestätigungsschreiben gilt daher – wie allgemein für den Vertragsschluss im CISG – das Erfordernis des Konsenses zwischen den Parteien.369 Vor diesem Hintergrund kann daher dem bloßen Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben im CISG grundsätzlich keine rechtliche Bedeutung zuerkannt werden.370 Diese Form der inhaltlichen Ausgestaltung des Vertrages ist nämlich gerade nicht das Ergebnis einer Einigung zwischen den Parteien.371 (c) Keine Rechtswirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens nach Art. 19 II CISG analog Diese aus deutscher Sicht unbefriedigende Situation wollen einige Stimmen im Schrifttum über eine analoge Anwendung von Art. 19 II CISG lösen.372 Diese Vorschrift regelt unmittelbar die Annahme unter Änderungen, die nicht wesentlich sind und auch nicht vom Anbietenden unverzüglich gerügt werden. Diese Ähnlichkeit spreche für eine Parallele zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben.373 Vor allem sei der Geschäftsverkehr sehr daran interessiert, rasch und unkompliziert Klarheit über die Vertragsbedingungen zu schaffen. Die Analogie stehe damit auch im Einklang mit Art. 7 II CISG,374 denn der Grundsatz von Treu und Glauben im internationalen Handel verbiete einerseits wesentliche Abweichungen vom Angebot, verlange andererseits aber auch vom Empfänger bei unwesentlichen Abweichungen zu widersprechen.375 Allerdings gelte das nur in Fällen des vertragsändernden Be-

367 Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (456); Holl/Keßler, RIW 1995, 457 (459); Lohmann, S. 204; Luig, S. 148; Teklote, S. 123; a.A. noch U. Huber, RabelsZ 43 (1979), 413 (449). Vgl. auch OLG Dresden IHR 2011, 142 (144). 368 Teklote, S. 121 m.w.N.; Hennemann, S. 77; Schultheiß, S. 21. 369 Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (458). 370 Bundesgericht, 05. 04. 2005, CISG-online Nr. 1012; OLG Graz IHR 2003, 71 (72); Dornis, in: Honsell, Art. 18 Rn. 28; Magnus, in: Staudinger, Art. 19 Rn. 26; Gruber, in: MüKoBGB, Art. 18 Rn. 24; a.A. OLG Saarbrücken IHR 2001, 64 (64) und 13. 01. 1993, CISG-online Nr. 83 – die Entscheidungen gehen ohne Begründung von der Geltung der deutschen Grundsätze aus. 371 Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (459). 372 Luig, S. 153; Rehbinder, S. 170; Holl/Keßler, RIW 1995, 457 (460); Esser, ZfRVgl 1988, 167 (190 f.); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (456); Bonell, JBl 1985, 385 (390 Fn. 32). 373 Zum Folgenden Esser, ZfRVgl 1988, 167 (190); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (456). 374 Holl/Keßler, RIW 1995, 457 (460). 375 Luig, S. 153; Holl/Keßler, RIW 1995, 457 (460); Esser, ZfRVgl 1988, 167 (190); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (456); Bonell, JBl 1985, 385 (390 Fn. 32).

144

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

stätigungsschreibens.376 Art. 19 II CISG sei dadurch gekennzeichnet, dass es Willenserklärungen beider Parteien in Form von Angebot bzw. Annahme gebe.377 Bei einem Bestätigungsschreiben, das den Vertragsschluss überhaupt erst herbeiführe, hätten die Parteien dagegen bis dahin nur verhandelt und ihren Bindungswillen noch nicht durch entsprechende Erklärungen deutlich gemacht.378 Für diese Ausnahme spreche auch Art. 12 I des PICC-Entwurfs von 1987 (nun Art. 2.1.12 PICC). Dieser erfasse nur Bestätigungsschreiben, die nach Abschluss eines Kaufvertrages abgesandt wurden.379 Darüber hinaus seien auch die Einschränkungen des Art. 19 II und III CISG selbst zu beachten.380 Diese Sichtweise überzeugt jedoch aus mehreren Gründen nicht. Zuallererst liegen die Voraussetzungen einer Analogie nicht vor. Diese erfordert zwingend eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage. Dass eine Lücke besteht, wurde bereits dargelegt.381 Jedoch ist diese nicht planwidrig. Bei Ausarbeitung des CISG wurde – wie schon beim EAG – die Aufnahme einer konstitutiv wirkenden Vorschrift zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben beantragt und letztlich abgelehnt. Die fehlende Regelung des Bestätigungsschreibens ist daher eine bewusste Entscheidung der Verfasser und deswegen hinzunehmen.382 Aber selbst bei Planwidrigkeit wäre die Lückenfüllung vorrangig anhand des bereits in der Konvention vorgesehenen Mittels in Art. 7 II Alt. 1 CISG vorzunehmen.383 Dementsprechend müsste wiederum auf das dem CISG zugrundeliegende Konsensprinzip zurückgegriffen werden.384 Aus all diesen Gründen kann folglich für die Rechtswirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens keine Analogie zu Art. 19 II CISG gebildet werden.385 Auch wenn man im theoretischen Gedankenspiel die Analogie zuließe, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Nach Auffassung von Kröll/Hennecke bedürfte es – die 376

Insofern ist die Darstellung von Luig (S. 152) etwas ungenau. Die „vertragskonstitutive Wirkung“ des kaufmännischen Bestätigungsschreibens erfasst nicht nur die Herbeiführung des Vertragsschlusses selbst, sondern auch die inhaltliche Änderung eines bereits geschlossenen Vertrages. 377 Rehbinder, S. 170; Esser, ZfRVgl 1988, 167 (190); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (456 f.). 378 Esser, ZfRVgl 1988, 167 (190); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (456). 379 Esser, ZfRVgl 1988, 167 (191); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (457 f.). Zur Vorschrift ausführlich unten G. II. 2. c) cc) (1). 380 Rehbinder, S. 170; Esser, ZfRVgl 1988, 167 (190 f.); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (457). 381 s. oben G. II. 2. b) cc) (a). 382 Ludwig, S. 356; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (460); Gruber, in: MüKoBGB, Art. 18 Rn. 24. In diesem Sinne auch Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 19 Rn. 4; Drasch, S. 29. 383 Zutreffend Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (460). 384 s. dazu bereits soeben (b). 385 Im Ergebnis auch Drasch, S. 28.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Planwidrigkeit der Lücke unterstellt – nicht der oben genannten Ausklammerung des vertragsbegründenden Bestätigungsschreibens:386 Sinn und Zweck des Art. 19 II CISG sei es, doch noch einen Vertragsschluss zu ermöglichen, wenn die Änderungen des Annehmenden bloß unwesentlich sind. Gerade das passe aber als im CISG bereits vorgesehene, „eng umgrenzte Ausnahme vom Konsensprinzip“ vielmehr zum vertragsbegründenden kaufmännischen Bestätigungsschreiben als zum vertragsändernden. Dagegen leuchte es nicht ein, dass eine Partei nach Vertragsschluss noch einseitig auf den Vertragsinhalt Einfluss nehmen könne. Das sei lediglich durch Konsens beider Vertragsparteien möglich. Dieser Auffassung kann meines Erachtens nur teilweise gefolgt werden. Das vertragsbegründende Bestätigungsschreiben wird aus den oben dargestellten Gründen zu Recht per se aus der (abzulehnenden – das sei nochmals betont) Analogie ausgenommen. Allerdings ist darüber hinaus – bei unterstellter planwidriger Regelungslücke – zutreffend auch das vertragsändernde Bestätigungsschreiben auszunehmen, da Art. 29 CISG eine Vertragsänderung nur durch Einigung erlaubt. Im Ergebnis wären daher die Einschränkungen beider Ansichten einschlägig und miteinander zu kombinieren: Selbst bei Annahme einer planwidrigen Regelungslücke läge keine vergleichbare Interessenlage vor, da sowohl das vertragsbegründende als auch das vertragsändernde Bestätigungsschreiben dem System des CISG zuwiderlaufen. (d) Rechtswirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens durch Derogation nach Art. 6 CISG oder aufgrund Vorbehalts nach Art. 92 CISG Selbstverständlich bleibt es den Parteien unbenommen (stillschweigend) Teil II der Konvention nach Art. 6 CISG abzubedingen und so das nach dem IPR des Forums anwendbare unvereinheitlichte Sachrecht für das Zustandekommen des Vertrages zur Anwendung zu bringen.387 Unabhängig von einer Derogation der Parteien ergibt sich dieselbe Situation, wenn die Anknüpfung zu einer Rechtsordnung führt, bei der noch der Vorbehalt des Art. 92 CISG eingreift und Teil II deswegen nicht anwendbar ist. Sieht das unvereinheitlichte nationale Recht das Institut des kaufmännischen Bestätigungsschreibens vor, kann es so zur Wirkung gelangen.388 (e) Rechtswirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens im Rahmen von Art. 9 CISG Darüber hinaus können sich rechtliche Wirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens aber auch aus Art. 9 CISG ergeben. 386

Zum Folgenden Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (460). Vgl. Luig, S. 153; Drasch, S. 29 f.; Esser, ZfRVgl 1988, 167 (186); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (449 f.). 388 So war etwa die Situation in Dänemark, als der Vorbehalt des Art. 92 CISG noch galt. Vgl. auch noch unten (e) (bb). 387

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

(aa) Gebräuche und Gepflogenheiten nach Art. 9 I CISG Denkbar erscheint insofern wieder, dass zwischen den Parteien Gebräuche oder Gepflogenheiten i.S.d. Art. 9 I CISG389 vereinbart wurden bzw. entstanden sind, nach denen das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben Erklärungswert besitzt. Als vereinbarter Gebrauch kommt etwa eine Einigung auf die deutschen Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens in Betracht. Bei den Gepflogenheiten ist wieder maßgeblich, ob in der individuellen Geschäftsbeziehung eine dementsprechende Übung über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden ist.390 Für die erforderliche Anzahl der Verträge und Dauer der Geschäftsbeziehung gilt das oben Gesagte:391 Die einmalige Verwendung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens kann noch keine Gepflogenheit begründen, sondern der Vertrag muss mehrfach auf diese Weise zustande gekommen bzw. durch Einbeziehung von AGB inhaltlich ausgestaltet worden sein.392 Dementsprechend dürfte eine Anwendung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens über Art. 9 I CISG regelmäßig zu verneinen sein393 – vor allem in der häufigen Situation, dass der Klauselgegner bereits beim ersten Vertrag die Einbeziehung über das kaufmännische Bestätigungsschreiben rügt. (bb) Gebräuche nach Art. 9 II CISG Da die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens nicht bloß auf den deutschen Rechtskreis beschränkt sind, kommt aber auch die Anwendung als Handelsbrauch i.S.d. Art. 9 II CISG in Betracht. Auch in anderen Ländern bestehen mit diesem Rechtsinstitut – zumindest im Ansatz – vergleichbare Regelungen.394 Zu nennen sind hier insbesondere die Schweiz und Dänemark.395 Die österreichische Rechtsprechung hatte ursprünglich die „deutschen“ Grundsätze zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben vollständig übernommen,396 was jedoch im österreichischen Schrifttum harsche Kritik auslöste.397 Diese Kritik zeigte schließlich Wirkung und veranlasste den OGH 1974 zur Aufgabe seiner bisherigen Rechts389

Zur Definition dieser Begriffe s. oben G. II. 1. b) bb). Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (465); Ferrari, EuLF 2002, 273 (274). 391 Vgl. die Ausführungen unter G. II. 1. b) bb) (1). 392 OLG München WM 1977, 1361 (1363); Ferrari, EuLF 2002, 273 (274); Esser, ZfRVgl 1988, 167 (187); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (450 f.). 393 Ebenso Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (465); Schultheiß, S. 23. 394 Für einen rechtsvergleichenden Überblick zu ausgewählten Staaten s. Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (477 ff.); Esser, ZfRVgl 1988, 167 (168 ff.). 395 Im Rahmen des CISG war für Dänemark bis zum 01. 02. 2013 noch der Vorbehalt des Art. 92 zu beachten (vgl. dazu soeben (d) sowie schon Fn. 355). 396 OGH JBl 1970, 478 (478 f.). Zusammenfassung dieser Entwicklung bei Esser, ZfRVgl 1988, 167 (173 ff.). 397 Als Wortführer ist hier insbesondere Franz Bydlinski zu nennen, s. seine Rezension zur Entscheidung des OGH (oben Fn. 396), JBl 1970, 479 und schon zuvor ders., 194 ff. 390

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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auffassung.398 Seitdem wird in ständiger Rechtsprechung des OGH dem Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben mit inhaltlichen Ergänzungen keine rechtliche Wirkung mehr zuerkannt.399 Die Entwicklung in Österreich macht deutlich, dass selbst in benachbarten Ländern unterschiedliche Auffassungen über die Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens bestehen. Die Rechtsvergleiche von Esser und Kröll/Hennecke zeigen darüber hinaus, dass die österreichische Auffassung international sogar der Mehrheit entspricht. Es bereitet daher einige Probleme, die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens als „weithin bekannt“400 einzuordnen.401 Diese Voraussetzung ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht erfüllt, wenn das kaufmännische Bestätigungsschreiben allein im Staat des Empfängers anerkannt ist.402 Grundsätzlich, wenn auch in äußerst seltenen Fällen, kann über Art. 9 II CISG auch ein lokaler Brauch zur Geltung gelangen. Das setzt jedoch voraus, dass er über diesen räumlichen Bereich hinaus auch der Mehrheit der ausländischen Handeltreibenden bekannt ist. Allein die Kenntnis beim (ausländischen) Absender genügt noch nicht. Da die konstitutive Wirkung eines Bestätigungsschreibens international kaum verbreitet ist, fehlt es insoweit regelmäßig an der maßgeblichen Bekanntheit. Ob die Geltung der Grundsätze sowohl im Absender- als auch im Empfängerstaat für eine Anwendung über Art. 9 II CISG ausreicht,403 erscheint vor diesem Hintergrund ebenfalls zweifelhaft. Gegner dieser Ansicht argumentieren mit Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschrift:404 Aus dem Erfordernis der Bekanntheit „weithin“ folge gerade, dass solche rein lokalen Handelsbräuche ausgenommen bleiben sollten.405 Aufgrund der geringen Verbreitung in den ausländischen 398

OGH JBl 1975, 89 (90 f.) mit zust. Anmerkung Bydlinski, 91 f. OGH JBl 1993, 782 (784); 1977, 593 (593 f.); Bollenberger, in: Koziol/B/B, § 861 Rn. 9; Esser, ZfRVgl 1988, 167 (174 f.); a.A. Perales Viscasillas, 14 Pace Int’l. L. Rev. (2002), 153 (160). 400 Dazu oben G. II. 1. b) bb) (2). 401 Vgl. von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 75. 402 OLG Frankfurt, 05. 07. 1995, CISG-online Nr. 258; ZG Basel-Stadt, 21. 12. 1992, CISGonline Nr. 55; Magnus, in: Staudinger, Art. 9 Rn. 28; Ferrari, in: MüKo-HGB, vor Art. 14 Rn. 9; ders., EuLF 2002, 273 (276); Holl/Keßler, RIW 1995, 457 (459); Esser, ZfRVgl 1988, 167 (188); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (452); Spruß, S. 539; Müller, S. 55; Hennemann, S. 82; Ludwig, S. 357; Teklote, S. 135; Rehbinder, S. 170; a.A. LG Kiel IPRax 2007, 451 (452); Ebenroth, JBl 1986, 161 (187). 403 So OLG Frankfurt, 05. 07. 1995, CISG-online Nr. 258; ZG Basel-Stadt, 21. 12. 1992, CISG-online Nr. 55; Magnus, in: Staudinger, Art. 9 Rn. 27; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 18 Rn. 25; Herber/Czerwenka, Art. 9 Rn. 12; Spruß, S. 539; Schultheiß, S. 23; Teklote, S. 135; Lohmann, S. 205; Schneider, S. 219; Drasch, S. 31; Rehbinder, S. 169; Holl/Keßler, RIW 1995, 457 (459); Bonell, JBl 1985, 385 (390); auch Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (475) mit drei weiteren Szenarien für die Geltung. 404 Vgl. die Darstellung bei Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (467 f.). 405 Ludwig, S. 357 f.; Esser, ZfRVgl 1988, 167 (188). Luig (S. 155) fordert eine „allgemeine Beachtung im ,Welthandel‘“. Esser (188 f.) hebt jedenfalls zutreffend hervor, dass es im 399

148

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Rechtsordnungen kann die konstitutive Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens jedenfalls nicht als allgemeiner Handelsbrauch eingeordnet werden. Teilweise wird zwar vertreten, aufgrund der ausdrücklichen Regelung des Bestätigungsschreibens in Art. 2.1.12 PICC seien dessen Grundsätze als Ausdruck eines internationalen Handelsbrauchs i.S.d. Art. 9 II CISG anzusehen.406 Diese Auffassung verkennt jedoch, dass die PICC gerade nicht eine zutreffende Zusammenfassung und Wiedergabe der weltweiten Handelsregeln sind, sondern auf einer Auswahl ihrer Autoren beruhen.407 Die Einordnung als Handelsbrauch lässt sich daher nicht allein auf Art. 2.1.12 PICC stützen.408 Auch in ihrer deklaratorischen Funktion als Beweismittel für den tatsächlich abgesprochenen Vertragsschluss und -inhalt sind kaufmännische Bestätigungsschreiben nicht allgemein im internationalen Handelsverkehr verbreitet.409 Insoweit handelt es sich bereits um den größtmöglichen gemeinsamen Nenner, wenn die konstitutive Wirkung in den Rechtsordnungen der Vertragsparteien anerkannt ist. Verlangte man jedoch darüber hinaus die Geltung in weiteren Ländern, würde der Anwendung des konstitutiven Bestätigungsschreibens als Handelsbrauch letztlich vollständig die Grundlage entzogen.410 Das allein ist jedoch noch kein ausreichendes Argument für die Anerkennung im Rahmen von Art. 9 II CISG. Die Vorschrift hat deswegen ausgesprochen hohe Hürden für die Anerkennung eines Handelsbrauchs, damit der Vertragspartner nicht von ihm unbekannten Gebräuchen überrascht wird, mit denen er nicht rechnen musste.411 Dieses Schutzes bedarf er aber gerade dann nicht, wenn die beteiligten Parteien die Wirkungen des Brauches kennen bzw. damit rechnen mussten, dass sie zur Anwendung gelangen.412 Als Kaufleute müssen die Vertragspartner von der Anwendung solcher branchentypischer Handelsregeln aus ihrem eigenen Rechtskreis ausgehen.413 Die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens können daher über Art. 9 II CISG als Gebrauch Anwendung finden, wenn sie in den beiden betreffenden Vertragsstaaten anerkannt sind.

Rahmen des CISG unerheblich ist, ob das kaufmännische Bestätigungsschreiben im nationalen Recht als Handelsbrauch oder als richterliche Rechtsfortbildung eingeordnet wird. 406 So Schilf, Unif. L. Rev. 1999, 1004 (1007). 407 Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (489). Dazu bereits oben F. III. 408 Ebenso Luig, S. 157; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 18 Rn. 24; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (489). 409 Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 18 Rn. 24; a.A. Perales Viscasillas, 14 Pace Int’l. L. Rev. (2002), 153 (159); Ebenroth, ZVglRWiss 77 (1978), 161 (186); wohl auch Fogt, ZEuP 2002, 580 (585). 410 Schultheiß, S. 23. 411 Schultheiß, S. 23; Holl/Keßler, RIW 1995, 457 (459); Rehbinder, S. 169. 412 Schultheiß, S. 23 f.; Teklote, S. 135. 413 Schultheiß, S. 23; Hennemann, S. 83.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

149

(f) Voraussetzungen und Reichweite der Wirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens im CISG In Schrifttum und Rechtsprechung finden sich bisher kaum Ausführungen zu den eigentlichen sachlichen Voraussetzungen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens, wenn es über Art. 9 II CISG Anwendung findet. Aufgrund der Anwendung als Gebrauch, gibt es keine CISG-spezifischen Voraussetzungen. Maßgeblich sind daher die dazu geltenden Regeln in den zwei betreffenden Vertragsstaaten.414 Weisen diese in ihren Voraussetzungen oder in ihrer Reichweite Unterschiede auf, so ist aus Schutzgründen grundsätzlich auf die restriktivere Rechtsordnung abzustellen.415 Etwas anderes könnte man jedenfalls dann annehmen, wenn die andere Partei mit den extensiveren Voraussetzungen oder Wirkungen vertraut ist. Das ist letztlich eine Frage des Beweises. Beweisbelastet ist dann derjenige, der sich auf die (für ihn günstigeren) weitergehenden Voraussetzungen oder Wirkungen berufen möchte.416 (2) Einbeziehung von AGB mit Hilfe des kaufmännischen Bestätigungsschreibens im CISG Die Anforderungen für die Einbeziehung von AGB mithilfe des kaufmännischen Bestätigungsschreibens richten sich entsprechend dem oben Gesagten ebenfalls nach den zwischen den Parteien vereinbarten oder nach den jeweiligen nationalen Voraussetzungen, wobei in letzterem Falle wiederum das ärgere Recht den Ausschlag gibt. Zu überlegen ist allerdings, ob die nach h.M. bestehende Übersendungsobliegenheit für AGB417 auch im Rahmen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens einzuhalten ist, selbst wenn nach den nationalen Rechten nur ein Hinweis auf die Klauseln ausreichen würde.418 Das ist meines Erachtens abzulehnen. Während man beim „herkömmlichen“ Vertragsschluss zumindest noch mit dem Schutz des Angebotsempfängers argumentieren kann, fehlt dafür bei einem Gebrauch nach Art. 9 II CISG die Grundlage. Liegen die Voraussetzungen der Vorschrift vor, musste der Empfänger des kaufmännischen Bestätigungsschreibens dessen Wirkungen zu-

414

will.

Insoweit unklar Teklote, S. 136, der wohl allein die deutschen Grundsätze anwenden

415 So auch Schultheiß, S. 24; Hennemann, S. 84; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 18 Rn. 25; vgl. auch Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (490). 416 Vgl. Hepting/Müller, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Art. 9 CISG Rn. 7; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (477); Drasch, S. 33; Esser, ZfRVgl 1988, 167 (189); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (454). 417 Dazu oben G. II. 1. b) aa) (2) (a). 418 Dafür Drasch, S. 32; Teklote, S. 137.

150

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

mindest kennen419 und wird daher auch nicht überrascht, wenn lediglich auf die AGB verwiesen wird. Die Anwendung von Gebräuchen überlagert dementsprechend das nach h.M. bestehende Erfordernis der Übersendung der AGB. Möglicherweise folgt eine Übersendungsobliegenheit aber aus der Anwendung des ärgeren Rechts, wenn dessen Regeln über das kaufmännische Bestätigungsschreiben – abweichend von den deutschen Grundsätzen420 – eine Übersendung der AGB erfordern. Sofern die deutschen Grundsätze zur Anwendung gelangen, stellt sich auch noch die Frage, wie die Branchenüblichkeit der Klauseln zu beurteilen ist, damit noch mit einem Einverständnis des Empfängers gerechnet werden kann.421 Denkbar wäre einerseits, es bei einer Beurteilung aus Sicht der deutschen Branche zu belassen, oder aber andererseits auf die international in dem betreffenden Geschäftsfeld üblichen AGB abzustellen.422 Für die erste Variante ließe sich anführen, dass ja die deutschen Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens Anwendung finden und – wegen der Kenntnis bzw. des Kennenmüssens dieser Grundsätze auf Seiten des Empfängers – daher auch auf die Branchenüblichkeit aus deutscher Sicht abzustellen sei. Das überzeugt jedoch nicht. Allein aus der (unterstellten) Kenntnis des Handelsbrauchs und seiner Voraussetzungen folgt noch nicht, dass der Empfänger auch mit den in Deutschland üblichen Klauseln vertraut ist. Die Einschränkung der Branchenüblichkeit ist ein von der individuellen Kenntnis unabhängiger Schutzfaktor. Insofern muss aus Schutzgesichtspunkten auf die internationale Perspektive abgestellt werden. Ein Vergleich, um das ärgere Recht hinsichtlich der Branchenüblichkeit herauszufinden, ist dagegen praktisch schwerer zu bewerkstelligen. Im Rahmen des CISG müssen die in Bezug genommenen Klauseln daher international branchenüblich sein. International branchenübliche Bedingungen sind aber auch heute noch sehr selten,423 so dass diese Einschränkung den möglichen Anwendungsbereich des kaufmännischen Bestätigungsschreibens im CISG noch weiter verringert. (3) Das kaufmännische Bestätigungsschreiben als Beweismittel für die Einbeziehung von AGB Sofern die geschilderten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, führt der in einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben enthaltene erstmalige Verweis auf die AGB des Absenders nicht zu deren wirksamer Einbeziehung in den Vertrag. Nichtsdestotrotz kann das Bestätigungsschreiben aber noch als Beweismittel in einem späteren

419

Schließlich wird nach überwiegender und auch hier vertretener Ansicht vorausgesetzt, dass die Regeln über das kaufmännische Bestätigungsschreiben an den Niederlassungen beider Parteien anerkannt sind, s. soeben (e) (bb). 420 s. oben G. II. 2. a) cc). 421 s. oben G. II. 2. a) cc) (c). 422 In letzterem Sinne (allerdings ohne Begründung) Hennemann, S. 84 f. 423 Vgl. Hennemann, S. 84.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

151

Prozess fungieren,424 wenn das nationale Prozessrecht dies zulässt.425 Lässt sich also etwa nachweisen, dass ein Vertragsschluss stattgefunden hat, dann kann für den Vertragsinhalt auf den Inhalt des Bestätigungsschreiben abgestellt werden.426 Enthält das kaufmännische Bestätigungsschreiben daher einen Hinweis auf die AGB des Absenders und besteht Streit über ihre Einbeziehung, so kann mithilfe des Bestätigungsschreibens eventuell Beweis darüber erbracht werden. Lässt die lex fori das kaufmännische Bestätigungsschreiben als Beweismittel hierfür zu, kann es also letztlich doch noch in gewissem Maße vertragsinhaltsgestaltende Wirkung haben.427 dd) Zusammenfassung Auch im CISG ist das Einverständnis des Vertragspartners mit der Geltung der gegnerischen AGB eine weitere Voraussetzung für deren wirksame Einbeziehung. Dieses muss nicht ausdrücklich erfolgen, sondern kommt bereits in der Annahme des Angebots zum Ausdruck. Da auch im CISG gemäß Art. 18 I 2 die Grundregel gilt, dass dem Schweigen auf das Angebot insgesamt im Regelfall keinerlei Erklärungswirkung zukommt, kann die Einbeziehung von AGB nur in bestimmten Ausnahmefällen erfolgen, wenn sich der Vertragspartner überhaupt nicht zum Angebot der Gegenseite äußert. Einen solchen Ausnahmefall bildet auch hier wieder das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben. Eine ausdrückliche Regelung ist bei der Ausarbeitung des CISG unterblieben. Richtigerweise handelt es sich aber um eine Frage des Vertragsschlusses und damit um einen vom Anwendungsbereich der Konvention erfassten Regelungsgegenstand. Eine Geltung lässt sich nach hier vertretener Auffassung jedoch nicht durch eine Lückenfüllung nach Art. 7 II CISG oder eine analoge Anwendung von Art. 19 II CISG erreichen. Das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben entfaltet im Anwendungsbereich der Konvention nur dann Wirkung, wenn die Parteien deren Teil II nach Art. 6 CISG abbedingen oder derselbe Effekt aufgrund des – momentan nur noch für Norwegen geltenden – Vorbehalts nach Art. 92 CISG eingreift und das maßgebliche unvereinheitlichte nationale Recht das Institut des kaufmännischen Bestätigungsschreibens vorsieht. Ebenso kann sich eine Anwendbarkeit aus Art. 9 I CISG ergeben, sofern zwischen Vertragsparteien Gebräuche und Gepflogenheiten vereinbart wurden bzw. entstanden sind, nach denen das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben Erklärungswert besitzt. Eine Wirkung als Ge424 LG Hamburg RIW 1997, 873 (873); OLG Frankfurt, 05. 07. 1995, CISG-online Nr. 258; OLG Köln RIW 1994, 972 (972). 425 Luig, S. 159; Achilles, Art. 18 Rn. 3; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 18 Rn. 26; Kröll/ Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (461); Esser, ZfRVgl 1988, 167 (193); ders., 18 Ga. J. Int’l & Comp. L. (1988), 427 (459). 426 OLG Frankfurt, 05. 07. 1995, CISG-online Nr. 258; Müller, S. 55; Gruber, in: MüKoBGB, Art. 18 Rn. 26. 427 Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 18 Rn. 26 a.E.

152

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

brauch i.S.d. Art. 9 II CISG ist nur möglich, wenn das Institut in den beiden betreffenden Vertragsstaaten anerkannt ist. In diesem Fall sollte für die Voraussetzungen des Bestätigungsschreibens grundsätzlich auf die diesbezüglich restriktivere Rechtsordnung abgestellt werden. Die konkreten Voraussetzungen für eine Einbeziehung mithilfe eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens richten sich also nach dem zwischen den Parteien vereinbarten oder den nach dem nationalen Recht vorgesehenen Voraussetzungen, wobei sich das gegebenenfalls restriktivere Recht durchsetzt. Die nach h.M. für das CISG geltende Übersendungsobliegenheit hat im Rahmen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens grundsätzlich keine Bedeutung. Eine Ausnahme ist auch nach hier vertretener Auffassung aber dann zu machen, wenn sie vereinbart wurde oder die Regeln zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben in der anzuwendenden restriktiveren Rechtsordnung die Übersendung der AGB erfordern. Richtigerweise muss aber allgemein bei nationalen Voraussetzungen auch der internationale Charakter des CISG berücksichtigt werden. Sofern also die deutschen Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zur Anwendung gelangen, ist deswegen die erforderliche Branchenüblichkeit der Klauseln aus internationaler Sicht zu bestimmen. Selbst wenn die Voraussetzungen für eine Einbeziehung von AGB mithilfe dieses Instituts nicht vorliegen, besteht dennoch die Möglichkeit, dass die lex fori ein solches Schreiben als Beweismittel für den Nachweis des Vertragsinhaltes zulässt und ihm insoweit doch noch eine quasi vertragsinhaltsgestaltende Wirkung zuerkannt wird. c) PICC Auch Art. 2.1.6 I 2 PICC erkennt Schweigen und Untätigkeit allein grundsätzlich keine rechtliche Wirkung zu. aa) Schweigen auf den Einbeziehungshinweis Schweigt der Vertragspartner allein hinsichtlich des Einbeziehungshinweises oder, falls dieser nicht erforderlich ist,428 allein hinsichtlich der im Dokument enthaltenen AGB-Klauseln, liegt wie im CISG eine Zustimmung zum Angebot insgesamt vor. bb) Erklärungswirkung trotz Schweigens Parallel zum CISG kann das Schweigen des Empfängers auch unter Geltung der PICC Erklärungsgehalt haben. Aufgrund ihrer Vertragsfreiheit (Art. 1.1) können die Parteien rechtliche Wirkungen des Schweigens vereinbaren (beredtes Schweigen). In

428

Vgl. oben G. II. 1. c) aa).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

153

Betracht kommen ebenso wieder dahingehende Gebräuche oder Gepflogenheiten nach Art. 1.9 PICC. cc) Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben Anders als BGB und CISG, enthalten die PICC in Art. 2.1.12 eine ausdrückliche Regelung für schriftliche Bestätigungsschreiben. Darüber hinaus können aber auch wieder Gepflogenheiten oder Gebräuche relevant werden, die andere Voraussetzungen für ein Bestätigungsschreiben festlegen. (1) Bestätigungsschreiben nach Art. 2.1.12 PICC Art. 2.1.12 PICC regelt die rechtlichen Wirkungen von Bestätigungsschreiben, die dem Vertragsschluss nachfolgen und den weiteren Vertragsinhalt festlegen. Die Vorschrift setzt also ausdrücklich voraus, dass der Vertrag bereits geschlossen wurde. Das wird durch die offizielle Kommentierung nochmals bestätigt.429 Daraus folgt aber gleichzeitig auch, dass der Absender den Vertragsschluss beweisen können muss, damit das Schreiben seine Wirkung entfalten kann.430 Andere Stimmen im Schrifttum wollen dagegen Art. 2.1.12 PICC auch dann anwenden, wenn der Vertragsschluss lediglich (im Schreiben selbst) behauptet wird. Die PICC sähen nämlich sowohl für das vertragsergänzende Bestätigungsschreiben als auch für die modifizierende Auftragsbestätigung dieselben Rechtsfolgen vor.431 Die Vergleichbarkeit bestehe aber nur, wenn der Empfänger des Bestätigungsschreibens seinen Bindungswillen durch ein vorheriges Angebot zum Ausdruck gebracht habe.432 Diese Auffassung verstößt jedoch gegen den (insoweit eindeutigen) Wortlaut des Art. 2.1.12 PICC, der sich gerade durch das Erfordernis des Vertragsschlusses von Art. 2.1.11 PICC unterscheidet.433 Die Vorschrift gilt daher nur für vertragsergänzende Bestätigungsschreiben, wodurch die Konstitutivwirkung des Bestätigungsschreibens bei den PICC deutlich eingeschränkt wird.434 In Fällen des nicht beweisbaren oder nur behaupteten Vertragsschlusses greifen stattdessen die allgemeinen Vertragsschlussregeln ein. Hat der Empfänger des Bestätigungsschreibens zuvor ein wirksames Angebot abgegeben, kommt Art. 2.1.11 PICC zur Anwendung.435 Noch einfacher gestaltet sich die Situation, wenn das Bestätigungsschreiben selbst die erste Erklärung mit Bindungswillen darstellt. Dann 429 430 431 432 433

Rn. 3.

UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, Art. 2.1.12 Comment 1. Kleinheisterkamp, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.12 Rn. 3, 11. Schlosser, FS Medicus, S. 548; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (486). Schlosser, FS Medicus, S. 548; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (486). Ebenso Luig, S. 161; Kleinheisterkamp, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.12

434 Kleinheisterkamp, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.12 Rn. 3; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 (2003), 448 (486). Ungenau Luig, S. 160 (vgl. schon Fn. 376). 435 Kleinheisterkamp, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.12 Rn. 3.

154

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

liegt ein ganz normales Angebot vor, das vom Empfänger angenommen werden muss.436 Nach der offiziellen Kommentierung ist die Vorschrift ebenfalls nicht anwendbar, wenn der Absender ausdrücklich eine Reaktion des Empfängers verlangt.437 Inhaltlich darf das Bestätigungsschreiben zu keiner wesentlichen Änderung des Vertrages führen („material alteration“). Dafür ist eine Einzelfallbetrachtung erforderlich.438 Insoweit kann man als Faustregel auf das deutsche Verständnis zurückgreifen439 und eine wesentliche Änderung dann verneinen, wenn vernünftigerweise noch mit einem Einverständnis der Gegenseite gerechnet werden kann.440 Als Grundsatz mag das zutreffen, jedoch kann auch etwas, womit man in einer bestimmten Branche vernünftigerweise rechnen muss, den Vertragsinhalt doch erheblich ändern – beispielsweise eine Gerichtsstands- oder Schiedsklausel.441 Insofern ist daher der Einzelfall ausschlaggebend. Wie im deutschen Recht muss der Absender im Rahmen des Art. 2.1.12 PICC redlich sein. Er muss dementsprechend das Verhandlungsergebnis vollständig und zutreffend wiedergeben und darf auch nicht versuchen, eine bereits abgelehnte Vertragsbedingung mit Hilfe des Bestätigungsschreibens wieder in den Vertrag aufzunehmen.442 Des Weiteren muss auch ein Bedürfnis für ein Bestätigungsschreiben bestehen. So verhält es sich etwa, wenn aufgrund nur mündlicher Verhandlungen keine schriftlichen Aufzeichnungen der Verhandlungsergebnisse vorhanden sind.443 In diesem Zusammenhang gibt dann die bereits angesprochene Beweisbelastung des Absenders den Ausschlag, ob die Vorschrift letztlich zur Anwendung kommt. (2) Gebräuche und Gepflogenheiten nach Art. 1.9 PICC Abgesehen vom ausdrücklich geregelten Fall des Art. 2.1.12 PICC können die Regeln für ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben auch kraft Parteivereinbarung (Art. 1.1 PICC) und im Rahmen von Gebräuchen und Gepflogenheiten zur Anwendung kommen. Art. 1.9 PICC ist zwar nicht wortwörtlich, jedoch inhaltlich mit Art. 9 CISG identisch, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann.444 Sofern 436 437 438 439 440 441 442 443 444

Dazu oben G. II. 1. c). UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, Art. 2.1.12 Comment 1. UNIDROIT, UNIDROIT Principles 2010, Art. 2.1.12 Comment 1. Vgl. oben G. II. 2. a) cc) (3) (b). Luig, S. 161, unter Berufung auf Schlosser, FS Medicus, S. 545, 546. Schlosser, FS Medicus, S. 546. Kleinheisterkamp, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.12 Rn. 6 a.E. Kleinheisterkamp, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.12 Rn. 4. s. oben G. II. 2. b) cc) (1) (e).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

155

die entsprechenden Gebräuche die vertragsschließende Funktion des Bestätigungsschreibens kennen oder die Parteien diese Funktion vereinbaren, können Bestätigungsschreiben daher auch unter Geltung der PICC den Vertragsschluss überhaupt erst herbeiführen. dd) Einbeziehung von AGB mithilfe eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens Damit die Einbeziehung von AGB mittels eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens nach Art. 2.1.12 PICC bewerkstelligt werden kann, muss der Verwender im Schreiben auf ihre beabsichtigte Geltung hinweisen. Eine Übersendung der Klauseln ist nach hier vertretener Ansicht jedoch nicht notwendig. Die Verwendung von AGB als solche stellt noch keine wesentliche Änderung i.S.d. Art. 2.1.12 PICC dar, die die inhaltsergänzende Wirkung des Schreibens ausschließt. Anders verhält es sich, wenn die im Bestätigungsschreiben aufgeführten Bedingungen von den ursprünglich vereinbarten Klauseln oder dem Verhandlungsergebnis insgesamt wesentlich abweichen. Die Einbeziehung scheitert ebenfalls, wenn der Empfänger der Geltung anderer AGB bereits im Vorfeld widersprochen hat. Dasselbe gilt, wenn der Empfänger des Bestätigungsschreibens bereits bei Vertragsschluss auf seine eigenen AGB verwiesen hat und der Absender dieses Verhandlungsergebnis im Bestätigungsschreiben verschweigt.445 Ist der Hinweis auf die gegnerischen AGB hingegen aufgeführt oder liegt ein Fall sich kreuzender Bestätigungsschreiben vor, finden die Regeln für kollidierende AGB Anwendung.446 Kommen bei einer Geltung als Gebrauch nach Art. 1.9 PICC die deutschen Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zur Anwendung, gelten die diesbezüglichen Ausführungen zum CISG entsprechend. Gleiches gilt für die eventuelle Nutzung des Bestätigungsschreibens als Beweismittel.447 d) PECL und DCFR Auch im Rahmen der PECL und des DCFR haben Schweigen und Untätigkeit gemäß Art. 2:204 II PECL bzw. Art. II.-4:204 II DCFR grundsätzlich keine rechtliche Bedeutung. Wie bei CISG und PICC können aber Rechtswirkungen des Schweigens nach Art. 1:102 II PECL bzw. Art. II.-1:102 II DCFR vereinbart werden oder durch Gebräuche oder Gepflogenheiten i.S.d. Art. 1:105 PECL bzw. Art. II.1:105 DCFR zur Anwendung kommen. Wie die PICC enthalten auch die PECL in Art. 2:210 und der DCFR in Art. II.4:210 eigene Vorschriften für Bestätigungsschreiben. Der Wortlaut und die offizielle Kommentierung der beiden Vorschriften sind jeweils identisch. Die Regeln zum 445 446 447

Vgl. zum BGB oben G. II. 2. a) cc) (3) (a). Dazu unten G. II. 5. c). s. oben G. II. 2. b) cc) (3).

156

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Bestätigungsschreiben finden aber ausdrücklich nur bei Parteien Anwendung, die „in Ausübung ihrer Berufstätigkeit“ („between businesses“) handeln. Dass Art. 2.1.12 PICC eine solche Klarstellung nicht enthält, liegt an den unterschiedlichen persönlichen Anwendungsbereichen der Regelwerke:448 Die PICC erfassen von vornherein nur Handelsverträge, während PECL und DCFR auch auf Verbraucherverträge und rein private Verträge anwendbar sind. Art. 2:210 PECL und Art. II.-4:210 DCFR finden daher bei den Letztgenannten keine Anwendung.449 Ansonsten sind die Vorschriften nahezu identisch mit Art. 2.1.12 PICC, so dass die obigen Ausführungen entsprechend gelten. Insbesondere ist auch hier erforderlich, dass ein vorheriger Vertragsschluss vom Absender bewiesen werden kann. Eine vertragsschlussbegründende Wirkung des Bestätigungsschreibens anzunehmen verstieße auch im Rahmen der PECL und des DCFR gegen den eindeutigen Wortlaut der jeweiligen Vorschriften. Weitergehende Wirkungen können Bestätigungsschreiben wiederum kraft Parteivereinbarung nach Art. 1:102 II PECL bzw. Art. II.-1:102 II DCFR oder aufgrund einer entsprechenden Gepflogenheit oder eines Gebrauchs nach Art. 1:105 PECL bzw. Art. II.-1:105 DCFR zukommen. Diesbezüglich kann ebenfalls auf die Ausführungen zu den PICC bzw. zum CISG verwiesen werden. Auch für die Einbeziehung von AGB mittels eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens im Speziellen gilt dasselbe wie bei den PICC. Wegen der Konstitutivwirkung des Schreibens bedarf es in jedem Fall eines Hinweises, auch wenn dieser ansonsten entbehrlich wäre. Eine Übersendung des AGB-Textes ist nach hier vertretener Ansicht bei den PECL und im DCFR allgemein nicht erforderlich. Eine wesentliche Änderung des Vertrages liegt wiederum vor, wenn die im Bestätigungsschreiben aufgeführten Bedingungen von den ursprünglich vereinbarten Klauseln oder dem Verhandlungsergebnis insgesamt wesentlich abweichen. Das Gleiche gilt, sofern der Empfänger der Geltung anderer AGB bereits im Vorfeld widersprochen hat. Ebenfalls im Bestätigungsschreiben erwähnt werden muss, ob der Empfänger bereits in den Verhandlungen auf seine AGB verwiesen hat. Ansonsten entfaltet der Einbeziehungshinweis keine Wirkung. Erfolgt der Hinweis oder liegen sich kreuzende Bestätigungsschreiben vor, ist der Konflikt wie bei kollidierenden AGB zu lösen.450 Sind bei einer Geltung als Gebrauch die deutschen Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens maßgeblich, gelten die diesbezüglichen Ausführungen zu CISG und PICC entsprechend. Gleiches gilt für die Geltung als Beweismittel.451

448

Vgl. oben D. II, III. und IV. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:210 Kommentar B.; DCFR (Full), Art. II.4:210 Comment B. 450 Dazu unten G. II. 5. d). 451 s. oben G. II. 2. b) cc) (3) bzw. c) dd). 449

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

157

e) Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag Auch Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag erkennen dem Schweigen grundsätzlich keine Erklärungswirkung zu (Art. 33 II bzw. Art. 34 II). Anders als PICC, PECL und DCFR enthalten sie jedoch keine spezielle Vorschrift für kaufmännische Bestätigungsschreiben.452 Insoweit kommt daher wie im CISG nur eine Geltung kraft Parteivereinbarung oder aufgrund von Gebräuchen und Gepflogenheiten in Betracht. In beiden Regelwerken herrscht zunächst Vertragsfreiheit (Art. 7 II Machbarkeitsstudie, Art. 1 II GEK-Vorschlag), so dass die Parteien die rechtlichen Wirkungen für das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben grundsätzlich vereinbaren können, sofern nicht zwingende Vorschriften entgegenstehen. Unterschiede ergeben sich aber bei der Wortwahl für die Geltung von Gebräuchen und Gepflogenheiten. Art. 67 GEK-Vorschlag findet – anders als Art. 65 der Machbarkeitsstudie – ausdrücklich nur auf Verträge zwischen Unternehmern Anwendung. Vor dem Hintergrund des beabsichtigten hohen Schutzniveaus für Verbraucher ist diese Einschränkung zwar nachvollziehbar und interessengerecht, aber jedenfalls im Bereich des kaufmännischen Bestätigungsschreibens letztlich rein deklaratorisch. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben kommt als Gebrauch oder Gepflogenheit nur in geschäftlichen Beziehungen zum Tragen. Insoweit ergibt sich aus dem Zusatz kein Unterschied zur Machbarkeitsstudie. Art. 65 II der Machbarkeitsstudie und Art. 67 II GEK-Vorschlag sind im Gegensatz zu Art. 9 II CISG deutlich offener formuliert. Allerdings darf daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass der Kreis der erfassten Gebräuche weiter ist als im CISG. Vielmehr bedarf es der Einschränkungen im CISG („weithin bekannt“, „regelmäßig beachtet“ etc.) nicht, da die Anwendbarkeit der Regelwerke an sich bereits deutlich beschränkt und – zumindest beim GEK-Vorschlag ausdrücklich klargestellt – die Vorschrift nur im unternehmerischen Verkehr anwendbar ist. Im Ergebnis kommen daher auch nur solche Gebräuche in Betracht, die auch nach dem CISG anwendbar wären. Eine grundsätzliche Anwendbarkeit des kaufmännischen Bestätigungsschreibens über Art. 65 II Machbarkeitsstudie und Art. 67 II GEK-Vorschlag ist also möglich.453 In beiden Regelwerken ist jedoch eine Ausnahme von der Geltung der Gebräuche und Gepflogenheiten vorgesehen, wenn diese individuellen Vereinbarungen oder zwingenden Bestimmungen zuwiderlaufen (Art. 65 III Machbarkeitsstudie bzw. Art. 67 III GEK-Vorschlag). Zu zwingenden Bestimmungen i.S.d. Machbarkeitsstudie bzw. des GEK-Vorschlags zählt auch die Einbeziehung von nicht individuell ausgehandelten Klauseln nach Art. 86 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 I GEK452

Zu den möglichen Gründen hierfür Gebauer, S. 124; kritisch Terryn, in: Schulze, Art. 38 GEK Rn. 13; Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (617); vgl. auch Kamphausen, S. 177. 453 Ebenso für den GEK-Vorschlag Gebauer, S. 124 f.; Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (617).

158

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Vorschlag, wie sich aus Art. 79 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 III GEK-Vorschlag ergibt. Dementsprechend können jedenfalls AGB in beiden Regelwerken nicht über ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben einbezogen werden.454 Auch hier ergäbe sich allerdings eine Änderung, falls die im Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 geplante Neuregelung der Einbeziehung von AGB in den endgültigen Vorschlag übernommen wird. Der designierte Art. 76a GEK-Vorschlag, der die Einbeziehungsregeln enthält und Art. 70 ersetzen soll, wäre nur auf Verbraucherverträge anwendbar und dementsprechend auch nur für diese gemäß Abs. 4 zwingend. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben könnte daher über Art. 67 II GEK-Vorschlag als Gebrauch Wirkung entfalten und zur Einbeziehung von AGB genutzt werden. f) Zusammenfassung zu Schweigen und kaufmännischem Bestätigungsschreiben Wie im BGB gilt auch in sämtlichen anderen Regelwerken, dass AGB zwar einseitig durch den Verwender vorgegeben werden können, ihre Einbeziehung jedoch im Regelfall auch die Mitwirkung des Klauselgegners voraussetzt, indem dieser ihrer Geltung zustimmt. Eine solche Zustimmung lässt sich nach allgemeiner Auffassung einem Schweigen des Vertragspartners auf das Angebot insgesamt grundsätzlich nicht entnehmen. Vielmehr ist dies nur ausnahmsweise möglich. Als Ausnahmen in diesem Sinne kommen neben einer Vereinbarung (beredtes Schweigen) auch zwischen den Parteien entstandene Gepflogenheiten oder Gebräuche in Betracht. Relevant wird aber vor allem die Einbeziehung von AGB durch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben. Einzig PICC, PECL und DCFR enthalten hierzu eigene Vorschriften. Diese setzen aber allesamt voraus, dass bereits (nachweislich) ein Vertragsschluss stattgefunden hat. Anders als nach der im BGB als Gewohnheitsrecht anerkannten Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens kann der Vertrag bei PICC, PECL und DCFR durch ein solches Schreiben nicht zustande gebracht werden. Seine konstitutive Wirkung ist dort deswegen im Vergleich sehr eingeschränkt. Allerdings besteht daneben noch die Möglichkeit, dass die Grundsätze eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens durch Parteigepflogenheit und als Handelsbrauch zur Geltung kommen. Das ist richtigerweise – neben einer Derogation nach Art. 6 CISG oder der Geltung nationalen Rechts für den Vertragsschluss infolge eines Vorbehalts nach Art. 92 CISG – auch im CISG die einzige weitere Möglichkeit, damit ein solches Schreiben Wirkung entfalten kann. Ein Handelsbrauch muss indes sowohl für Art. 9 II CISG als auch die anderen entsprechenden Vorschriften weithin bekannt sein und beachtet werden. Wie der Vergleich mit Österreich und weiteren 454 Ebenso Ackermann, S. 59; a.A. für den bisherigen GEK-Vorschlag von Westphalen, EUKaufrecht und CISG, S. 195 f.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

159

Ländern zeigt, ist eine konstitutive Wirkung des kaufmännischen Bestätigungsschreibens international aber nicht sehr weit verbreitet. Dementsprechend kommen dessen Wirkungen nach hier vertretener Auffassung nur dann zur Geltung, wenn die Grundsätze eines solchen Bestätigungsschreibens sowohl im Absender- als auch im Empfängerstaat anerkannt sind. Sowohl die Voraussetzungen und Einschränkungen der Wirkung des Schreibens richten sich dann nach den nationalen Rechten, wobei im Regelfall auf die restriktivere Rechtsordnung abzustellen ist. Die Kenntnis oder das Kennenmüssens weitergehender Wirkungen nach der anderen Rechtsordnung ist dann eine Frage des Beweises. Insbesondere ist bei Geltung der Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens über einen Handelsbrauch richtigerweise in jedem Fall kein Raum für eine eventuelle Übersendungsobliegenheit, es sei denn, der Brauch selbst setzt eine Übersendung der AGB voraus. Auch wenn ein Bestätigungsschreiben nach dem bisher Gesagten möglicherweise keine konstitutive Wirkung entfaltet, kann es aber unter Umständen dennoch als Beweismittel dienen, wenn die jeweilige lex fori dies zulässt. Bei Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag ist die Einbeziehung von AGB mit Hilfe eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens dagegen sowohl bei Verbraucher- als auch Unternehmerverträgen ausgeschlossen. Beide Regelwerke enthalten keine eigene Vorschrift für kaufmännische Bestätigungsschreiben, so dass Bestätigungsschreiben nur als Parteigepflogenheit und Gebrauch zur Geltung gelangen können, es sei denn, dies widerspräche zwingenden Vorschriften. Die Einbeziehungsvorschriften für AGB stellen solche zwingenden Bestimmungen dar und schließen somit eine Einbeziehung von AGB aufgrund von Parteigepflogenheiten und Gebräuchen aus. Dieses Ergebnis ist für Unternehmerverträge erneut nicht nachvollziehbar. Gerade weil die GEK-VO in Art. 13 lit. b) die Möglichkeit einer Ausnahme vom Erfordernis mindestens eines KMU vorsieht, sollten insofern auch unternehmerische Gebräuche erlaubt werden, mit denen AGB einbezogen werden können. Durch das hier befürwortete Erfordernis der Bekanntheit des kaufmännischen Bestätigungsschreibens in beiden beteiligten Staaten ist nämlich für einen ausreichenden Schutz des Klauselgegners gesorgt. Diesbezüglich ist daher zu begrüßen, dass der Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 die zwingende Wirkung der Einbeziehungsregeln auf Verbrauchergeschäfte begrenzen will und damit den Weg für eine Einbeziehung von AGB mittels eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens im unternehmerischen Verkehr öffnet.

3. Die Sprache von Hinweis und AGB-Text Ob AGB wirksamer Bestandteil des Angebots und somit auch des Vertrages geworden sind, hängt aber nicht allein von den bereits dargestellten Voraussetzungen ab. Damit der Hinweis und die Möglichkeit der Kenntnisnahme von den AGB ihre Schutz- und Informationsfunktion erfüllen können, muss der Klauselgegner auch in

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

der Lage sein, Hinweis und AGB-Text überhaupt als solche zu erkennen und zu verstehen. Neben einer möglichst klaren Ausdrucksweise und einer übersichtlichen Gliederung der Klauseln kommt es auch entscheidend darauf an, welcher Sprache sich der Verwender bedient – oder vielmehr: bedienen darf. a) BGB Regelmäßig werden die Parteien bei Maßgeblichkeit der §§ 305 ff. BGB auch in Deutschland ansässig und daher zumindest der deutschen Sprache mächtig sein. Unterschiedliche Sprachkenntnisse sind daher hauptsächlich im internationalen Rechtsverkehr zu erwarten, insbesondere wenn das an sich anwendbare CISG zugunsten von BGB/HGB abgewählt wird oder der Klauselgegner nicht aus Deutschland stammt.455 Es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein in- oder ausländischer Unternehmer anderssprachige AGB gegenüber deutschen Kunden verwendet.456 Möglicherweise hat aber auch ein inländischer Vertragspartner gar keine oder nur schlechte Deutsch- bzw. Fremdsprachenkenntnisse. aa) Systematische Einordnung der Sprachenfrage bei AGB Damit die Anforderungen an die verwendbare Sprache herausgearbeitet werden können, muss das Sprachenproblem im System der AGB verortet werden. Von dieser Einordnung hängen auch die Rechtsfolgen bei Verwendung einer unzulässigen Sprache ab. Denkbar ist dafür entweder ein Rückgriff auf die allgemein zur Sprache von Willenserklärungen vertretenen Ansichten oder ein rein AGB-spezifischer Ansatz. (1) Allgemeine Einordnung bei Willenserklärungen Bei Willenserklärungen wird die Sprache teilweise als Problem der Form,457 des Zugangs458 oder auch als eigenes Rechtsgeschäft eingeordnet.459 In Fällen mit Auslandsberührung wird auch eine gesonderte Anknüpfung der Sprache erwogen („Sprachenstatut“),460 mitunter ausdrücklich nur an das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Empfängers.461 455

Und vorausgesetzt, die einschlägigen Kollisionsnormen der Rom I-VO berufen deutsches Recht als Vertragsstatut. 456 Vgl. OLG Karlsruhe NJW 1972, 2185. 457 Dreißigacker, S. 60 ff.; Schütze, DB 1978, 2301 (2304); Reinhart, RIW 1977, 16 (19). 458 Spellenberg, FS Ferid, S. 475; Schlechtriem, FG Weitnauer, S. 136. So ist richtigerweise auch Flume, § 15 I 5 zu verstehen. 459 Schäfer, JZ 2003, 879 (883). 460 Beckmann/Sandrock, in: Sandrock, B. Rn. 183 ff. 461 Jayme, FS Bärmann, S. 515; Drobnig, FS Mann, S. 607 (insbesondere für fremdsprachliche AGB).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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(a) Anknüpfung an ein „Sprachenstatut“ Eine eigene Kollisionsnorm für die Sprache von Willenserklärungen existiert im deutschen IPR nicht. Daher kann die Sprachenfrage höchstens akzessorisch angeknüpft werden. Zudem hat die Sprache bei einem Rechtsgeschäft eine umfassende Funktion. Sie dient der Verständigung, reproduzierbaren Darstellung und Fixierung seines gesamten Inhalts. Daher stellt sich die Sprachenfrage nicht nur an einem bestimmten Punkt bei der Prüfung eines Rechtsgeschäfts, sondern wirft schon Fragen hinsichtlich der Einigung (z. B. Dissens?) oder des Zugangs auf und führt unter Umständen auch zu Irrtümern.462 Das macht die eigenständige Anknüpfung aber gerade unmöglich.463 Darüber hinaus hätte die Anknüpfung an das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Empfängers überhaupt nur dann wesentliche Wirkung, wenn dieses die Verwendung einer bestimmten Sprache anordnet.464 Eine solche Regelung ist jedoch selten vorhanden.465 Dagegen erscheint es auch nicht immer folgerichtig, allein auf die in dem betreffenden Land gebrauchte Sprache abzustellen, da der Vertragspartner durchaus auch andere ausreichende Sprachkenntnisse haben kann. Den Parteien steht es ebenfalls frei, (stillschweigend) eine eigene verbindliche Sprache für ihre Geschäftsbeziehung festzulegen. Anderenfalls würde man sie ohne ersichtlichen Grund in ihrer Parteiautonomie einschränken. Insofern ist die Sprachenfrage vielmehr ein Annex zum eigentlichen Vertragsstatut, was jedoch noch nichts darüber aussagt, welche Sprache im Einzelnen verwendet werden kann. (b) Die Behandlung als Formfrage Die Einordnung als Formfrage ist für die AGB-Problematik ebenfalls ungeeignet. Bei Formmängeln sieht § 125 BGB die Nichtigkeit der Willenserklärung vor. Eine gesetzliche Regelung zur Verwendung einer oder mehrerer bestimmter Sprachen existiert in Deutschland nur für Teilzeit-Wohnrechtsverträge, Verträge über langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungs- und Tauschsystemverträge in § 483 BGB.466 Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Norm kommt daher nur die Nichtigkeit mangels Einhaltung einer rechtsgeschäftlich bestimmten Form nach § 125 S. 2 BGB in Betracht. Das bedeutet also, das Angebot des Verwenders wäre im Zweifel insgesamt nichtig, wenn Hinweis und/oder AGB-Text in einer Sprache gehalten sind, die der Empfänger nicht versteht. Unabhängig davon, ob und wie sich die Parteien auf die Verwendung einer bestimmten Sprache geeinigt haben,467 läuft diese 462

Dreißigacker, S. 48 f. Spellenberg, FS Ferid, S. 466. 464 Ablehnend auch Schlechtriem, FG Weitnauer, S. 135. 465 Vgl. etwa für Frankreich Art. 2 des Gesetz Nr. 94 – 665 vom 4. August 1994 über die Verwendung von Französisch. Vgl. auch die folgende Fn. 466 Eine zumindest ansatzweise ähnliche Regelung enthielt auch § 43 I HGB, der aber 1985 aufgehoben wurde. 467 Dazu unten G. II. 3. a) bb). 463

162

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Rechtsfolge aber in der überwiegenden Zahl der Fälle dem Parteiinteresse zuwider. Nach § 306 I BGB führt die erfolglose Einbeziehung von AGB lediglich dazu, dass der Vertrag ohne sie zustande kommt.468 Das ist insofern sachgerecht, da ein Scheitern des gesamten Vertrages für beide Seiten häufig mit unnötigen Kosten (unter Umständen auch Schadensersatzpflichten) verbunden und daher nicht zweckdienlich ist.469 Aus diesem Grund dürfte jedenfalls die Zweifelsregel des § 125 S. 2 BGB regelmäßig widerlegt sein.470 Im Fall einer unverständlichen Sprache für Hinweis und AGB-Text stattdessen eine Teilnichtigkeit nach § 139 BGB anzunehmen, ist in Anbetracht der Rechtsfolge des § 306 I BGB ebenfalls nicht überzeugend. Aus all diesen Gründen handelt es sich bei der Sprache daher nicht um ein Formproblem.471 (c) Die Sprache als Zugangsproblem Die Sprache als Zugangsproblem zu qualifizieren erscheint demgegenüber naheliegend, wenn man sich die Definition des Zugangs im deutschen Recht ansieht. Eine Willenserklärung geht dann zu, wenn sie derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass unter gewöhnlichen Umständen mit ihrer Kenntnisnahme zu rechnen ist.472 Entscheidend ist daher, was genau in diesem Zusammenhang mit „Kenntnisnahme“ gemeint ist. Ist die Möglichkeit der Kenntnisnahme im maßgeblichen Sinne nur gewährleistet, wenn der Empfänger die Erklärung inhaltlich verstehen kann?473 Dafür käme es wie bereits gesagt, nicht nur auf die Formulierung im Einzelnen an,474 sondern auch auf die verwendete Sprache. Eine solche Sichtweise erfordert also für den Zugang, dass der Vertragspartner der verwendeten Sprache mächtig ist. Kann der Empfänger die entsprechende Sprache nicht verstehen, verhält es sich folglich so, als ob ihn die Erklärung überhaupt nicht erreicht. In beiden Fällen ist es ihm nicht möglich, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Demgegenüber lässt sich aber genauso gut vertreten, dass Kenntnisnahme nicht im Sinne von „voller Bedeutungskenntnis“ zu verstehen ist. Für die Bejahung des Zugangs ist daher nicht erforderlich, dass der volle Inhalt der Erklärung erfasst werden kann, sondern nur die Erkenntnis, eine rechtserhebliche Erklärung erhalten zu haben. Anderenfalls könnten beispielsweise einem Analphabeten nie schriftliche 468

Ausführlich unten G. V. 1. Vgl. auch die Argumente für die vorzugswürdige Restgültigkeitslösung bei widersprechenden AGB, unten G. II. 5. a) bb) (2). 470 Die Einbeziehung von AGB ist auch als „wesentliche“ Nebenabrede einzuordnen, so dass die Nichtigkeit die Willenserklärung insgesamt erfasst, vgl. Dreißigacker, S. 62. 471 Ebenso Kling, S. 311. 472 BGHZ 67, 271 (275); NJW-RR 2011, 1184 (1185); NJW 2004, 1320 (1320); Ellenberger, in: Palandt, § 130 Rn. 5. 473 In diesem Sinne Spellenberg, FS Ferid, S. 475. 474 Was jedoch die Verwendung von Fach- und juristischen Begriffen nicht ausschließt, vgl. oben G. II. 1. a) aa) (2). 469

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

163

Erklärungen (etwa eine Kündigung) zugehen, obwohl er bewusst am Rechtsverkehr teilnimmt und deswegen von ihm erwartet werden kann, sich Schriftstücke vorlesen zu lassen.475 Ebenso ergäbe sich ein Problem, wenn der Verwender für das eigentliche Angebot mit dem Hinweis eine für den Vertragspartner verständliche Sprache verwendet, für die AGB selbst jedoch eine nicht verständliche. Man könnte in diesem Fall zwar einen teilweisen Zugang des Angebots annehmen: Das Angebot selbst geht zu, der Hinweis auf die AGB läuft jedoch ins Leere, da die mitgeschickten AGB in fremder Sprache gehalten waren und deswegen keine Kenntnisnahme erfolgen konnte. Eine solche Aufspaltung im Rahmen des Zugangs wirkt jedoch bei Willenserklärungen unter Abwesenden gekünstelt. Dasselbe Ergebnis erreicht man nämlich auch durch einfache Anwendung der AGB-Vorschriften (vgl. §§ 305 II, 306 I BGB). Daher ist auch der Zugang einer Willenserklärung nicht der richtige Ort für die Behandlung der Sprachenfrage. Die Lösung ist stattdessen bei den AGB-Vorschriften zu suchen. (2) AGB-spezifische Lösung Die Sprache, in der Hinweis und AGB-Text abgefasst sind, ist ein Unterfall des im AGB-Recht allgemein geltenden Prinzips der Transparenz.476 Dementsprechend könnte die Sprachwahl ein im Rahmen des § 307 BGB zu berücksichtigender Faktor sein. Behält man aber die Anforderungen des § 305 II BGB für Verbraucherverträge und die Entsprechungen für Unternehmerverträge im Blick, erscheint es nicht gerechtfertigt, die für das Verständnis der Klauseln so wichtige Sprachenfrage erst bei der Inhaltskontrolle anzusprechen. Richtigerweise muss die Sprachfassung bereits bei der Einbeziehungskontrolle berücksichtigt werden. Zudem erfolgt bei der Inhaltskontrolle keine einzelfallbezogene, sondern eine verallgemeinernde Prüfung.477 Die konkrete Sprachkenntnis des Vertragspartners ist daher grundsätzlich nicht relevant. Eine Lösung über § 307 BGB ist deswegen abzulehnen. In Betracht kommt auch eine Lösung über § 305c I BGB. Fremdsprachige AGB dürften für viele Vertragspartner sicherlich überraschend sein. Jedoch folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift selbst, dass die „Bestimmung“ ungewöhnlich sein muss. Damit ist also der eigentliche Klauselinhalt gemeint. Des Weiteren wird auch hier wieder ein allgemeiner Maßstab angesetzt, wobei insbesondere auf den Vertragstyp abgestellt wird.478 Daher scheidet auch § 305c I BGB aus. Es verbleibt daher nur die Anwendung von § 305 II Nr. 1 und Nr. 2 BGB bzw. der entsprechenden Kriterien bei Unternehmern. Werden die dortigen Voraussetzungen 475 Und zwar unabhängig davon, ob der Absender Kenntnis von der fehlenden Lesefähigkeit hat oder nicht. 476 Vgl. Dreißigacker, S. 101 f. 477 Schäfer, JZ 2003, 879 (881). 478 Schäfer, JZ 2003, 879 (882).

164

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

nicht eingehalten, werden auch die AGB nicht einbezogen. Diese Rechtsfolge ist auch bei einem fremdsprachlichen und deswegen unverständlichen Hinweis und AGB-Text angemessen. Unter Anwendung der Einbeziehungsvorschriften muss also die zu verwendende Sprache gewährleisten, dass der Hinweis als solcher deutlich ersichtlich und auch eine zumutbare Kenntnisnahme vom Klauselinhalt gewährleistet ist. bb) Die zulässige(n) Sprache(n) für die Einbeziehung im Einzelnen Die systematische Einordnung der Sprachenfrage allein gibt aber noch keine Auskunft darüber, welche Sprache im jeweiligen Einzelfall auch tatsächlich benutzt werden kann oder sogar muss. Dafür haben Rechtsprechung und Schrifttum in Jahrzehnten mehrere, teils stark kritisierte Leitlinien aufgestellt. (1) Ausgangspunkt: Verhandlungs- und Vertragssprache Damit ein Rechtsgeschäft überhaupt zustande kommen kann, müssen die Parteien miteinander kommunizieren. Das kann entweder mündlich oder schriftlich geschehen. Meistens sind sich die Vertragspartner auch nicht sofort über alle Einzelheiten des Geschäfts einig, sondern verhandeln länger über den jeweiligen Inhalt. Am Ende dieses Prozesses steht schließlich der Vertragsschluss. Dieses Ergebnis eignet sich als Ausgangspunkt für die zulässige Sprache von Hinweis und AGB-Text. Ein Vertragsschluss erfordert den Konsens beider Parteien. Ein solcher liegt aber wiederum nur dann vor, wenn auch jeweils verstanden wurde, was genau die andere Partei möchte. Daher lässt sich aus dem Zustandekommen des Vertrages folgern, dass jedenfalls die in den Vertragsverhandlungen verwendete Sprache für beide Seiten verständlich ist.479 Diese Sprache kann im Vorfeld ausdrücklich vereinbart werden. Dabei handelt es sich um ein eigenes Rechtsgeschäft ohne primäre Leistungspflichten.480 Gebraucht einer der Beteiligten dann eine andere Sprache, verletzt er grundsätzlich seine Nebenpflicht aus § 241 II BGB und haftet vorvertraglich aus c.i.c. auf Schadensersatz (insbesondere für die Kosten einer notwendigen Übersetzung). Das setzt aber voraus, dass die Parteien eine ausschließliche Vereinbarung getroffen haben. Anderenfalls können durchaus auch andere Sprachen verwendet werden, ohne Schadensersatzpflichten auszulösen.481 Eine ausdrückliche Sprachwahl ist allenfalls bei anwaltlich beratenen Parteien zu erwarten und daher in der Praxis nicht die Regel.482 Weitaus häufiger benutzen die Parteien einfach übereinstimmend eine bestimmte Sprache ohne sich ausdrücklich 479

Zutreffend BGHZ 87, 112 (114); OLG Nürnberg NJW 1991, 232 (235); OLG München NJW 1974, 2181 (2181); Berger, in: PWW, § 305 Rn. 37; Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 57; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 89. 480 Schäfer, JZ 2003, 879 (883). 481 s. dazu sogleich. 482 Spellenberg, FS Ferid, S. 484. Das ist auch heute noch der Fall.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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darüber zu einigen. Nicht überzeugend ist es aber, in diesem Fall die Wahl einer Verhandlungssprache pauschal abzulehnen.483 Die Sprachwahl erfolgt dann vielmehr stillschweigend. Antwortet der Vertragspartner in derselben Sprache auf ein Schreiben der Gegenseite, ohne auf den Gebrauch einer anderen Sprache hinzuwirken oder Bedenken anzumelden, ist er offensichtlich mit ihrer Verwendung einverstanden. Da diese Sprache unter Umständen der „kleinste gemeinsame Nenner“ ist, liegt ihr Gebrauch insbesondere im Interesse der Partei, die über keine weiteren Sprachkenntnisse verfügt. Daraus folgt aber ebenfalls noch nicht, dass diese Sprache dann die einzig zulässige ist. Gerade bei einer stillschweigenden Sprachwahl wird es immer an der erforderlichen Ausschließlichkeit fehlen, so dass auch weitere Sprachen verwendet werden können.484 Eine Einigung auf die Verhandlungssprache kann auch dadurch zustande kommen, dass sich eine Partei auf eine ihr unbekannte Sprache einlässt, etwa indem sie ebenfalls in dieser Sprache antwortet. Das Sprachrisiko485 geht dadurch auf sie über.486 Ein Einlassen in diesem Sinne liegt ebenso vor, wenn in einer anderen Sprache geantwortet wird, jedoch unter Bezugnahme auf den Inhalt des Schreibens in der „unbekannten“ Sprache. Dadurch ist ersichtlich, dass die entsprechende Mitteilung verstanden werden konnte. Insofern können daher auch mehrere Sprachen als Verhandlungssprache im maßgeblichen Sinne dienen, etwa wenn in den Verhandlungen jeder Beteiligte für seine Erklärungen die eigene Heimatsprache verwendet hat und dies von der Gegenseite jeweils nicht beanstandet wurde.487 Darüber hinaus wird der Vertragsschluss in den wenigsten Fällen allein durch mündliche Vereinbarungen oder per Handschlag besiegelt. Die Ergebnisse der Verhandlungen werden regelmäßig in einer schriftlichen Urkunde festgehalten, die beide Seiten schließlich unterzeichnen. Auch ein solches Dokument muss in einer Sprache abgefasst sein. Das kann die gleiche Sprache sein, die während der Verhandlungen gebraucht wurde, aber ebenso gut eine andere.488 Mit ihrer Unterschrift haben die Vertragspartner dann zu erkennen gegeben, dass sie auch das Vertragsdokument zur Kenntnis nehmen konnten.489 Daher überzeugt die Ansicht nicht, aus dem Unterschreiben einer Urkunde folge nicht notwendig eine entsprechende

483

So aber Spellenberg, FS Ferid, S. 484. Dazu sogleich (3). Möglicherweise lehnt Spellenberg das Vorliegen einer Sprachwahl ab, um dadurch die Anwendbarkeit weiterer Sprachen zu gewährleisten. Wie gesehen, hindert eine Sprachwahl die Verwendung weiterer Sprachen aber nur dann, wenn sie ausschließliche Wirkung hat. 485 Als Sprachrisiko bezeichnet man die Frage, welche Vertragspartei die Folgen sprachlicher Un- und Missverständlichkeit zu tragen hat, vgl. Kling, S. 5 f. 486 BGH NJW 1995, 190 (190); Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 236; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305 Rn. 11; Berger, ZGS 2004, 415 (417). 487 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 89; Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 105. 488 Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 105. 489 Weimar, DB 1978, 243; vorsichtiger OLG Stuttgart IPRax 1988, 293 (294). 484

166

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Sprachkenntnis.490 Aus Sicht eines objektiven Dritten in der Position des Vertragspartners ist eine trotz Unterschrift behauptete Sprachunkundigkeit widersprüchlich (venire contra factum proprium). Unter gewöhnlichen Umständen unterschreibt nämlich niemand ein Dokument, das er nicht lesen bzw. verstehen kann. Erfolgt die Unterzeichnung irrtümlich oder nicht aus freien Stücken, ist das systematisch über die §§ 119, 123 und 138 BGB zu lösen. Unerheblich ist deswegen auch, ob der Vertragspartner zukünftige Erklärungen im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung nicht in dieser Sprache abgeben oder entgegennehmen will, wenn er dies der anderen Seite nicht mitteilt.491 Wenn die betreffende Sprache ersichtlich verstanden wurde, darf sie mangels gegenteiliger Anzeichen auch für die nachfolgende Korrespondenz und Folgegeschäfte genutzt werden. Davon unberührt bleibt natürlich die Möglichkeit, aus nachvollziehbaren Gründen auf eine Änderung der Vertragssprache hinzuwirken. Allerdings ist es für die den Vertrag ausfertigende Partei häufig wirtschaftlich nicht sinnvoll, für einen einzelnen Kunden das gesamte Vertragswerk übersetzen zu lassen. Näher liegt daher eine Übersetzung durch die andere Seite, deren Kosten im Rahmen des Geschäfts etwa preismindernd berücksichtigt werden können. Das Abstellen auf die Verhandlungs- und Vertragssprache ist also gerade wegen des leichten Nachweises ihrer Verständlichkeit und aus Gründen der Rechtssicherheit sowie der Kostenersparnis gerechtfertigt.492 Die widerlegliche Vermutung des Verstehenkönnens widerspricht auch nicht dem Grundsatz, dass Schweigen im deutschen Recht keinen Erklärungswert hat.493 Denn wie bereits gesehen, müssen noch weitere Umstände hinzukommen, die auf ein Verständnis schließen lassen. Dagegen überzeugt die Annahme eines generellen Gleichlaufs zwischen Vertragsstatut und der zu verwendenden Sprache494 überhaupt nicht. Es widerspricht der Parteiautonomie, dass Verhandlungs- und Vertragssprache automatisch immer (alleine bzw. auch) diejenige sein soll, die zum jeweils anwendbaren Recht gehört. Die Vertragsparteien sind – sofern keine diesbezüglichen Vorschriften bestehen495 – nicht verpflichtet, die Sprache des Vertragsstatuts zu verwenden.496 Auch lässt sich dem IPR in Bezug auf die Sprache eines Rechtsgeschäfts kein solches Prinzip entnehmen.497

490

Spellenberg, FS Ferid, S. 485. A.A. Spellenberg, FS Ferid, S. 485 am Beispiel der deutschen Sprache. 492 Im Ergebnis ebenso Schäfer, JZ 2003, 879 (883). 493 Vgl. oben G. II. 2. a). 494 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2512, 2514. 495 Vgl. oben Fn. 465. 496 Spellenberg, FS Ferid, S. 482; vgl. auch Kling, S. 517. 497 Dreißigacker, S. 103. Nicht überzeugend ist allerdings dessen Argumentation mit Art. 29a EGBGB a.F. Der Vorschrift lässt sich (auch mittelbar) nichts zur Sprachenfrage entnehmen. Wie hier auch Kling, S. 527. 491

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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(2) Verhandlungs- und Vertragssprache bei AGB, Sprachunkundigkeit (a) Hinweis auf die AGB Nach dem bisher Gesagten reicht es folglich aus, wenn der Hinweis auf die AGB in der Verhandlungssprache gemacht wird und zwar unabhängig davon, ob diese Sprache gleichzeitig die Heimatsprache des Klauselgegners ist.498 Das gilt richtigerweise auch bei Verbrauchern. Wurde eine Wahl im oben beschriebenen Sinne getroffen, darf der Verwender nach Treu und Glauben annehmen, dass auch ein Hinweis bezüglich der AGB-Einbeziehung in dieser Sprache verstanden wird.499 Erst wenn eine mangelnde Sprachkenntnis erkennbar ist, sind weitere Maßnahmen erforderlich, um den Voraussetzungen des § 305 II Nr. 1 BGB gerecht zu werden. Benutzen Verwender und Klauselgegner in den Verhandlungen jeweils eine andere Sprache (etwa ihre jeweilige Heimatsprache), kann der Hinweis zulässigerweise in der betreffenden Sprache des Verwenders gemacht werden.500 Wie oben ausgeführt, folgt aus der Angebotsannahme durch den Klauselgegner, dass er die im Angebot verwendete Sprache beherrscht.501 Das gilt richtigerweise ebenfalls, wenn der Klauselgegner Verbraucher ist. Eine Ausnahme ist nur dann angebracht, wenn der Vertragspartner die Sprache (trotz Annahme des Angebots) nachweisbar nicht versteht.502 Daraus folgt aber zugleich, dass der Verwender die oder zumindest eine der zulässigen Verhandlungssprachen einseitig festlegen kann. Die andere Seite muss daher reagieren, wenn sie die von ihm benutzte Sprache nicht gelten lassen möchte. Das ist insofern konsequent, als man sich aus Treuegesichtspunkten an tatsächlich vorhandenen Sprachkenntnissen oder an solchen, deren Vorhandensein man in zurechenbarer Weise vorgegeben hat, festhalten lassen muss. Eine einfache Reaktion wäre etwa, in der eigenen bevorzugten Sprache zu antworten, dass man die andere nicht (ausreichend) beherrscht und deswegen eine andere verwenden möchte. Finden alle Vorgänge des betreffenden Geschäfts in Deutschland statt, kann sich ein Auslandsbezug i.S.d. Art. 3 EGBGB aus der Staatsangehörigkeit eines der Beteiligten ergeben. Das Sprachrisiko liegt in diesem Fall grundsätzlich beim ausländischen Vertragspartner, wenn er den Eindruck erweckt, die deutsche Sprache

498

BGHZ 87, 112 (114); von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 7; Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 Rn. 14, 16; Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 38; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 71; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 110; Spruß, S. 167; Kling, S. 518, 535. 499 Spruß, S. 167 f. Vgl. auch OLG Stuttgart IPRax 1988, 293 (294). 500 Vgl. BGH NJW 1971, 2126 (2127 f.); Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 105; Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 38. 501 Daher wohl a.A. Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 71: Fehle eine gemeinsame Verhandlungssprache, dann sei die Heimatsprache des Kunden oder ein eindeutiges Zeichen erforderlich. „Gemeinsam“ ist in diesem Zusammenhang wohl im Sinne von „einheitlich“ gemeint. 502 Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 40.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

ausreichend zu verstehen. Folgt ein „Auslandsbezug“503 allein daraus, dass der Vertragspartner der deutschen Sprache wider Erwarten nicht mächtig ist, trägt dieser regelmäßig das Sprachrisiko.504 Bei reinen Inlandsgeschäften darf schließlich ohne weiteres die Landessprache verwendet werden. Anders ist dabei wiederum zu entscheiden, wenn die sprachlichen Probleme für den Verwender erkennbar sind. Erfolgt der Hinweis auf die AGB schon im Angebot, stellt sich aber ein Problem: Zu diesem Zeitpunkt liegt erst eine Willenserklärung vor, da sich die andere Partei noch nicht geäußert hat. Dementsprechend hat sich auch noch keine Verhandlungssprache herauskristallisieren können. Grundsätzlich kann daher bei einem solchen Erstkontakt jede beliebige Sprache verwendet werden. Allerdings muss sich der Anbietende dabei die Frage stellen, ob die Verwendung einer bestimmten Sprache auch wirklich sinnvoll ist. Einige Sprachen scheiden generell aus, da ihre Kenntnis beim Adressaten unwahrscheinlich ist. Der Verwender wird folglich eine Sprache wählen, mit deren Kenntnis er beim Empfänger rechnen kann. Geht dieser auf das Angebot ein, hat sich seine Vermutung bestätigt. Bis dahin besteht aber ein Restrisiko, dass die Bemühungen wegen sprachlichen Unverständnisses ins Leere laufen. Gerade bei einem Erstkontakt wird regelmäßig niemand auf fremdsprachliche Schreiben reagieren oder jedenfalls nicht so, wie es die Gegenseite erwartet. Wenn keine Reaktion auf das Angebot erfolgt, geht der in einem solchen Schreiben enthaltene Einbeziehungshinweis mangels Vertragsschlusses ebenfalls ins Leere. Ist i.S.d. § 305 II Nr. 1 BGB ein Aushang von Hinweis und AGB zulässig, dann kann dafür ebenfalls die Verhandlungssprache verwendet werden.505 Bei einem reinen Inlandsgeschäft ist auch eine Fassung auf Deutsch ausreichend.506 Sprachprobleme stellen sich insbesondere auch bei Distanzgeschäften, die über das Internet abgeschlossen werden. Probleme sind bei diesen Geschäften umso mehr zu erwarten, da man innerhalb kürzester Zeit mit Menschen und Firmen auf der ganzen Welt in Kontakt treten kann. Bei einem Vertragsschluss durch E-Mail ergeben sich keine Unterschiede zu gewöhnlichen Vertragsverhandlungen, so dass diesbezüglich auf die vorherigen Ausführungen verwiesen werden kann. Bei Vertragsschlüssen, die durch Ausfüllen eines Online-Formulars zustande kommen, kann der Hinweis in der Sprache erfolgen, in der auch das restliche Formular und sehr wahrscheinlich auch der ganze Onlineauftritt gehalten ist.507 Die Kenntnis der betreffenden Sprache darf vermutet werden, wenn der Kunde es zutreffend ausgefüllt hat. Das gilt ebenso, wenn ihm dies nur durch Probieren und Erraten der jeweiligen Wortbedeutung gelungen ist. Weist das Formular dann keine 503

Ein tatsächlicher Auslandsbezug i.S.d. Art. 3 EGBGB liegt bei einem Inlandsgeschäft und gleicher Staatsangehörigkeit nicht vor. 504 Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 41; Schäfer, JZ 2003, 879 (883); Spruß, S. 168. 505 Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 41; Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 Rn. 14. 506 Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 41; a.A. Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 Rn. 14: nur, wenn Deutsch Verhandlungssprache ist. 507 Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 40; Kling, S. 526.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

169

Auffälligkeiten auf, die auf mangelnde Sprachkenntnis hindeuten (z. B. bei der Ortsangabe ist fälschlich der Name des Empfängers eingetragen), dann muss sich der Klauselgegner den Schein der Sprachkundigkeit zurechnen lassen. Die Vertragssprache genügt für den AGB-Hinweis in jedem Fall, wenn der Vertragspartner sie beherrscht.508 Teilweise wird einschränkend gefordert, dass er sie „mühelos“ verstehen muss.509 Was genau mit „mühelos“ gemeint ist, wird jedoch offengelassen. Die Einschränkung ist allerdings auch nicht erforderlich, da sie sich nicht genau bestimmen lässt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die wesentlichen Gesichtspunkte des Vertrages – also auch der Hinweis510 – verstanden werden können. Das ist bereits bei guten bis sehr guten Kenntnissen – eventuell sogar bei Grundkenntnissen – der entsprechenden Sprache gewährleistet und insofern eine Frage des jeweiligen Einzelfalles. Auch für die Vertragssprache gilt eine (widerlegliche) Vermutung, dass sie ausreichend verstanden wird, wenn der Vertragspartner das Dokument ohne Einwände unterschreibt.511 Dies gilt auch für Verbraucher.512 Ist für den Verwender dagegen erkennbar, dass die Vertragssprache nicht in ausreichendem Maße verstanden wird, muss er weitere Maßnahmen ergreifen, um die Verständlichkeit des Hinweises zu gewährleisten – beispielsweise durch einen Hinweis in der Verhandlungssprache. Anderenfalls gilt der Hinweis als nicht erfolgt. (b) AGB-Text Die Feststellung von Spruß, dass allein aus der Verständlichkeit des Hinweises nicht auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme geschlossen werden kann,513 ist insofern richtig, als es dafür wie schon gesehen nicht allein auf die Sprache ankommt.514 Das Sprachrisiko ist aber wegen der Vermutungswirkung zugunsten der Verhandlungs- und Vertragssprache auch beim AGB-Text auf dieselbe Weise zu verteilen wie schon beim Hinweis.

508 BGHZ 87, 112 (114); OLG Stuttgart IPRax 1988, 293 (294); Schwarz, IPRax 1988, 278 (280); in diesem Sinne auch von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 7. 509 Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 105; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 71; Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 Rn. 14. 510 Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 Rn. 14. 511 Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 38; vgl. auch Kling, S. 532; a.A. Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 105. 512 Vgl. von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 7; weiter einschränkend Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 41: nur bei nachweislicher Kenntnis des Verbrauchers, wenn der Verwender die Vertragssprache gewählt hat und diese nicht mit der Verhandlungssprache und der Heimatsprache des Verwenders übereinstimmt. 513 Spruß, S. 195. 514 s. die Ausführungen zur Einbeziehung oben G. II. 1. a).

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Entsprechend dem bisher Gesagten genügt auch für die Abfassung der AGB die Verhandlungssprache.515 Das bedeutet konkret, die AGB dürfen jedenfalls dann auf Deutsch zur Verfügung gestellt werden, wenn die Vertragsverhandlungen auf Deutsch stattfinden und auch der Vertrag in deutscher Sprache abgefasst ist.516 Problematisch ist dabei allerdings, dass unter Umständen die Verhandlungen zwar auf Deutsch geführt werden, gleichzeitig aber die Deutschkenntnisse des Klauselgegners nicht ausreichen, um den gesamten Verhandlungsinhalt inklusive Hinweis auf die AGB und diese selbst zu erfassen. In diesem Zusammenhang kommt es daher darauf an, was noch „zumutbar“ i.S.d. § 305 II Nr. 2 BGB ist. Diese Beurteilung kann jedoch sehr schwierig sein. Besitzt jemand mangelhafte Deutschkenntnisse, wird das bei mündlichen Verhandlungen sehr schnell deutlich.517 Bei schriftlichen Erklärungen ist das aber nur dann erkennbar, wenn diese nicht standardisiert und im Wesentlichen vorgefertigt ablaufen, also auch selbstständig formuliert werden muss. Eine mögliche Sprachunkundigkeit könnte deswegen im Wege einer Kenntnisverschaffungsobliegenheit des Verwenders zu berücksichtigen sein.518 Vorgeschlagen wird insofern eine analoge Anwendung der Sonderregel des § 305 II Nr. 2 BGB für erkennbare körperliche Behinderungen auf Fälle der mangelnden Sprachkenntnis.519 Dagegen sprechen aber Schutzzweck und System dieser Vorschrift.520 Einerseits ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass körperliche Beeinträchtigungen als einzige Ausnahme gedacht sind.521 Andererseits ist Sprachunkundigkeit kein ausschließliches Problem der Kenntnisnahmemöglichkeit, sondern u. a. schon des Vertragsschlusses.522 Vor allem ist die Ausnahme auch nur anwendbar auf erkennbare Beeinträchtigungen. Wie bereits dargelegt, kann der Verwender sprachliche Defizite aber nicht immer erkennen. Aus den genannten Gründen ist die analoge Anwendung von § 305 II Nr. 2 BGB daher abzulehnen. Vielmehr liegt es näher, das Sprachrisiko demjenigen aufzuerlegen, der die verwendete Sprache nicht

515

Nach OLG Naumburg NJOZ 2004, 14 (21) kann der AGB-Text grundsätzlich auch in jeder beliebigen Sprache abgefasst sein. Er müsse „allenfalls dann in der Verhandlungssprache“ vorgelegt werden, wenn dies vom Vertragspartner ausdrücklich verlangt wird; ebenso Lapp/ Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 110 a.E. 516 BGHZ 87, 112 (114); OLG Stuttgart IPRax 1988, 293 (294); Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 141; vgl. auch Spruß, S. 197. 517 Vgl. OLG Stuttgart IPRax 1988, 293 (294). 518 von Westphalen, NJW 2002, 12 (14). 519 Berger, ZGS 2004, 329 (334 f.); andeutungsweise auch schon von Westphalen, NJW 2002, 12 (14). Nach Auffassung von Spruß (S. 196 f.) ist eine solche Anwendung nur dann möglich, wenn man eine Anwendbarkeit der Grundsätze von Treu und Glauben ablehnt. 520 Kling, S. 515; Schäfer, JZ 2003, 879 (880 f.). Ablehnend auch Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 141. 521 Vgl. RegE BT-Drucks. 14/6040, S. 150 f.; Kling, S. 515 f.; Schäfer, JZ 2003, 879 (880 f.). 522 Schäfer, JZ 2003, 879 (881). Vgl. bereits oben G. II. 3. a) aa) (1).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

171

spricht. Dieser kann seine Sprachfertigkeiten selbst besser einschätzen523 und dies der anderen Seite mitteilen. Der AGB-Text kann aber ebenso in der Vertragssprache abgefasst sein. Deren Benutzung ist auch dann zulässig, wenn der Hinweis selbst in der abweichenden Verhandlungssprache erfolgt ist.524 Der Verwender darf sich aller im Rahmen der Geschäftsbeziehung verwendeten Sprachen bedienen, sofern er mit seinem Vertragspartner keine andere Vereinbarung getroffen hat.525 Wie schon beim Hinweis kann sich auch beim AGB-Text das Problem stellen, dass noch keine Verhandlungs- oder Vertragssprache besteht, wenn die AGB bereits mit dem Angebot übersandt wurden. Hier gilt dasselbe wie für den Hinweis.526 Es kann also zulässigerweise irgendeine Sprache gewählt werden. Allerdings sollte der Verwender im Eigeninteresse eine Sprache wählen, deren Kenntnis wahrscheinlich ist. Bei Verbraucherverträgen muss der AGB-Text – wie schon der Hinweis – nicht zwingend in der Heimatsprache des Verbrauchers abgefasst sein.527 Kann bei diesem aufgrund seiner Unterschrift vermutet werden, dass er die Vertragssprache versteht, genügen daher in der Vertragssprache abgefasste AGB-Klauseln528 – unabhängig davon, ob diese Sprache mit der Verhandlungssprache übereinstimmt und ob die AGB in das Vertragsdokument selbst eingearbeitet oder als separater Katalog beigefügt waren. In bestimmten Fällen ist es aber bereits aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten empfehlenswert, die Heimatsprache des Klauselgegners zu verwenden.529 In Ausnahmefällen kann das Gewähren der Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme bei Vertragsschlüssen unter Anwesenden sowohl bei Verbrauchern als auch bei Unternehmern weitere Maßnahmen erfordern (z. B. Hinzuziehen eines Dolmetschers oder Bereithalten von Übersetzungen), wiederum vorausgesetzt, dass die Verständnisschwierigkeiten für den Verwender erkennbar sind.530 Bei Internetgeschäften ist, wie schon für den Hinweis, die Sprache des Webauftritts maßgeblich.531 Probleme können sich dann ergeben, wenn die Webseite in 523

Schäfer, JZ 2003, 879 (883). Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 141; Kling, S. 536 f.; vgl. auch Schwarz, IPRax 1988, 278 (280); Weimar, DB 1978, 243. 525 Daher ist auch die Einschränkung von Schlosser (vorherige Fn.) abzulehnen, die Unterschrift unter ein nicht in der Verhandlungssprache abgefasstes Formular genüge nicht, wenn der Hinweis nicht in der Verhandlungssprache erfolgt sei. 526 s. soeben (a). 527 Zutreffend Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 141; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 236. 528 Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 141. 529 Vgl. Spruß, S. 196. 530 Vgl. Spruß, S. 195 f. 531 Vgl. Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 75; Kling, S. 526. 524

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

mehreren Sprachen angezeigt werden kann und der Verwender auch freiwillig532 mehrere Sprachfassungen der AGB für seine Kunden bereithält. Maßgeblich ist in diesem Fall die Version in der Heimatsprache des Klauselgegners. Ist diese nicht vorhanden, bestimmt sich die maßgebliche Sprache wieder nach den oben aufgeführten Kriterien. Die Besonderheit besteht aber darin, dass der Vertragspartner nun selbst aus einem Kreis von Sprachen die für die Vertragsbeziehung maßgebliche auswählen kann. Denn alleine aus dem Bereithalten verschiedener Sprachfassungen folgt noch nicht, dass diese auch allesamt für die jeweilige Geschäftsbeziehung maßgeblich sind. Allerdings können die verschiedenen Sprachfassungen insbesondere durch unterschiedliche Begriffsverständnisse auch inhaltlich voneinander abweichen.533 In diesem Fall könnte man wieder auf die Maßgeblichkeit der heimatsprachlichen Version verweisen.534 Dem ist zuzustimmen, wenn diese Version für den Vertragspartner günstiger ist. Möglicherweise ist es aber auch gerade umgekehrt. Daher sollte hier eine Parallele zur Auslegungsregel des § 305c II BGB gezogen werden. Abweichende Fassungen sollten immer zu Lasten des Verwenders gehen. Zwar wird der Kunde die abweichenden Fassungen mangels Sprachkenntnis nicht gelesen haben. Für § 305c II BGB kommt es aber ebenfalls nicht darauf an, ob er sich über die möglichen Auslegungen der in Frage stehenden Klausel Gedanken gemacht hat. Dementsprechend ist bei inhaltlich abweichenden Sprachfassungen der AGB immer die günstigste maßgeblich, unabhängig davon, ob der Kunde die entsprechende Sprache beherrscht. Das festzustellen kann zugegebenermaßen im Einzelfall sehr aufwendig sein. (3) Weitere Sprachen und „Weltsprachen“ Fehlt es an einer gemeinsamen Verhandlungssprache oder einem Einlassen der anderen Partei auf die vom Verwender gewählte Sprache, dann genügen sowohl die Muttersprache des Empfängers als auch eine für ihn ohne weiteres verständliche Sprache.535 Dasselbe gilt auch, wenn eine (nicht ausschließliche) Verhandlungs- und Vertragssprache gewählt wurde. Allerdings muss das Verständnis in diesen Fällen vom Verwender nachgewiesen werden, denn anders als bei Verhandlungs- und Vertragssprache liegen häufig keine Anzeichen für die Sprachkenntnis vor. Daneben soll nach häufig vertretener Auffassung im internationalen Geschäftsverkehr auch eine allgemein gebräuchliche oder sogenannte „Weltsprache“ genü-

532

Vgl. zutreffend Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 89 a.E. Das gilt ebenso, wenn verschiedene Sprachfassungen gedruckt vorgehalten werden. Allerdings sind AGB-Fassungen in mehr als zwei oder drei Sprachen regelmäßig nur bei Internetgeschäften zu erwarten. 534 Berger, ZGS 2004, 329 (335). 535 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 71; Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 105, 141; Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 38; Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 75; Kling, S. 518. 533

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

173

gen.536 Allerdings stellt sich die Frage, was als Weltsprache in diesem Sinne verstanden werden kann. Vornehmlich wird dabei auf Englisch,537 mitunter auch auf Französisch,538 Spanisch oder Deutsch abgestellt.539 Teilweise wird aber auch keine Beschränkung auf eine bestimmte Sprache vorgenommen540 oder allein auf die „allgemeine Gebräuchlichkeit“ im jeweiligen Geschäftsverkehr abgestellt.541 Allerdings überzeugt es nicht, die generelle Verständlichkeit einer Weltsprache anzunehmen. Die Kenntnis einer ausländischen und sogar der englischen Sprache kann weder bei Verbrauchern542 noch unter Unternehmern ohne weiteres vorausgesetzt werden.543 Entscheidend ist allein, ob der Geschäftspartner die von der Verhandlungs- und Vertragssprache abweichende Sprache tatsächlich ausreichend beherrscht.544 Sollte sich der Empfänger hingegen freiwillig auf eine ihm unbekannte Sprache eingelassen haben, dann kann man von ihm verlangen, sich selbst um eine Übersetzung zu bemühen.545 Kann er das nicht, muss er zumindest eine Übersetzung beim Verwender anfordern. Diesem eine Übersetzungsobliegenheit aufzuerlegen ist insbesondere dann sachgerecht, wenn er von der an sich maßgeblichen Verhandlungs- oder Vertragssprache einseitig abgewichen ist. Der Verwender darf sich also zulässigerweise sämtlicher Sprachen bedienen, die der Empfänger tatsächlich versteht oder zu verstehen scheint.546 Die Kenntnis bestimmter Sprachen kann jedoch ohne weitere Anzeichen weder Verbrauchern noch Unternehmern pauschal unterstellt werden. 536 OLG Koblenz IPRax 1994, 46 (48); OLG Naumburg NJOZ 2004, 14 (20 f.); OLG Hamburg NJW 1980, 1232 (1233); Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 58; Wurmnest, in: MüKoBGB, § 307 Rn. 236; Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 Rn. 16; Kollmann, in: NKBGB, § 305 Rn. 116; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 110; Drobnig, FS Mann, S. 595; Reinhart, RIW 1977, 16 (20). 537 OLG Naumburg NJOZ 2004, 14 (21); A. Stadler, in: Jauernig, § 305 Rn. 14; Berger, in: PWW, § 305 Rn. 37; ders., ZGS 2004, 415 (417); Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 Rn. 14 a.E.; Drobnig, FS Mann, S. 595; Reinhart, RIW 1977, 16 (20). 538 Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 Rn. 14 a.E.; Drobnig, FS Mann, S. 595; Reinhart, RIW 1977, 16 (20). 539 Schrammen, S. 297. 540 OLG Hamburg NJW 1980, 1232 (1233); Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 236. 541 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 71; Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 Rn. 15. 542 Zutreffend OLG Frankfurt NJW-RR 2003, 704 (706); Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 236; Berger, ZGS 2004, 329 (335); vgl. auch Kling, S. 533 f.; a.A. aber wohl Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 Rn. 14 a.E. 543 Kling, S. 305, 539 f.; Dreißigacker, S. 64; Becker, in: Bamberger/Roth, § 305 Rn. 61; Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 38; einschränkend Berger, ZGS 2004, 415 (417): Verständnis von Englisch kann vorausgesetzt werden. 544 Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 141. 545 BGHZ 87, 112 (114 f.); OLG Nürnberg NJW 1991, 232 (235); Berger, ZGS 2004, 415 (417). 546 Spellenberg, FS Ferid, S. 486; noch offen gelassen von OLG Frankfurt RIW 1981, 411 (411).

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

cc) Folgen der Verwendung einer unverständlichen Sprache Kann der Klauselgegner die verwendete Sprache nicht verstehen, hat der Verwender die Anforderungen des § 305 II BGB bzw. ihre Entsprechung bei Unternehmern nicht erfüllt. Die AGB wurden daher nicht wirksam einbezogen. Da allerdings für die Verständlichkeit von Verhandlungs- und Vertragssprache wie dargelegt eine Vermutung besteht,547 muss der Klauselgegner diesbezügliche Sprachschwierigkeiten nachweisen. Eine Sprachunkenntnis des Klauselgegners ist aber jedenfalls dann irrelevant, wenn der Verwender nicht mit ihr rechnen musste, also insbesondere, wenn sie verschwiegen oder auf Nachfrage nicht offengelegt wird.548 Genauso verdient der Sprachunkundige dann keinen Schutz, wenn er entweder von einer sprachkundigen Person begleitet oder sogar vertreten (§ 166 I BGB) wird.549 In diesem Fall muss er sich am gesetzten Schein festhalten und eine ihm unbekannte Sprache gegen sich gelten lassen, wenn er dem Verwender seine Sprachunkundigkeit nicht mitteilt. Sobald der Verwender allerdings davon erfährt, muss dieser wiederum durch weitergehende Maßnahmen – wie etwa eine Aufklärung des Klauselgegners in einer ihm verständlichen Sprache, gegebenenfalls seiner Heimatsprache, oder eine Übersetzung des Vertrages und der AGB selbst – sicherstellen, dass der Hinweis verstanden und die Möglichkeit der Kenntnisnahme gewährt wird. Vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht, auf Sprachunkundige generell die gleiche Regel wie in Art. 10 II Rom I-VO für die Rechtswirkung des Schweigens anzuwenden.550 Eine Anknüpfung an das Heimatrecht des Empfängers oder das Recht seines gewöhnlichen Aufenthalts zur Sprachbestimmung ist nur dann sinnvoll, wenn dort auch Regeln zur verwendbaren Sprache vorhanden sind.551 Aber auch wenn es dort solche Regeln gibt, bedarf es immer noch eines Schutzbedürfnisses. Art. 10 II Rom I-VO ist eine Sonderanknüpfung zu Abs. 1 und setzt voraus, dass eine Anknüpfung an das Vertragsstatut für die Frage der Zustimmung aus Billigkeitsgründen ungerechtfertigt wäre.552 Übertragen auf die Sprachenfrage setzt die analoge Anwendung des Art. 10 II Rom I-VO daher voraus, dass es unbillig wäre, den Vertragspartner an einer ihm unbekannten Sprache festzuhalten. Das ist aber, wie oben ausgeführt, bei der Verhandlungs- und Vertragssprache selten der Fall. Der Klauselgegner muss dementsprechend die mangelnde/fehlende Sprachkenntnis nachweisen. Gelingt ihm dies, spricht nichts gegen die Anwendung der Sprachenregelung seines Heimatrechts bzw. des Rechts seines gewöhnlichen Aufenthalts. 547

Vgl. soeben (bb) (1). Spellenberg, FS Ferid, S. 476 f. 549 OLG Bremen WM 1973, 1228 (1229); Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 63; Hau, in: Wolf/L/P, IntGV Rn. 38 a.E.; Spellenberg, FS Ferid, S. 473; Berger, ZGS 2004, 329 (335); Weimar, DB 1978, 243. 550 Vgl. zu dieser Überlegung Weimar, DB 1978, 243 (noch zu § 12 AGBG). 551 Vgl. soeben aa) (1) (a). 552 Statt aller Ferrari, in: Ferrari/Kieninger, Art. 10 Rom I-VO Rn. 16. 548

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Eine generelle Anwendung dieser Sprachenregelungen, unabhängig von den Sprachkenntnissen des Empfängers, ist dagegen aus den genannten Gründen abzulehnen. dd) Zusammenfassung Die Sprachenfrage bei AGB ist im BGB systematisch bei der Möglichkeit der Kenntnisnahme im Rahmen der Einbeziehungskontrolle einzuordnen. Ausgangspunkt bilden die Verhandlungs- und Vertragssprache, auf die sich die Parteien im Regelfall stillschweigend einigen. Sofern also keine ausschließliche Sprachwahl vorliegt, können Hinweis und AGB-Text grundsätzlich sowohl in der Verhandlungsals auch Vertragssprache erfolgen bzw. zur Verfügung gestellt werden, unabhängig davon, ob es sich um einen Verbraucher- oder Unternehmervertrag handelt. Verhandlungs- und Vertragssprache können dabei auch mehrere Sprachen sein, wenn ersichtlich ist, dass die andere Partei sie jeweils versteht. Vor allem müssen Hinweis und AGB-Text nicht in derselben Sprache gehalten sein. Für die Verständlichkeit von Verhandlungs- und Vertragssprache besteht eine Vermutung. Dementsprechend muss der Klauselgegner seine Sprachunkenntnis beweisen, sofern sie für den Verwender nicht bereits aus den Umständen des Vertragsschlusses oder den Vertragsverhandlungen erkennbar war. Fehlen dem Klauselgegner erkennbar die erforderlichen Sprachkenntnisse, so muss der Verwender weitere Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass der Hinweis verstanden und die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom AGB-Text gewährt wird. Welche Maßnahmen erforderlich sind, hängt vom Einzelfall ab. So kann in bestimmten Fällen bereits eine Erläuterung des Vertragsdokuments und der AGB selbst in der Verhandlungssprache genügen, wenn etwa allein die Vertragssprache für den Klauselgegner unverständlich ist. Es kann aber unter Umständen auch erforderlich sein, den Klauselgegner in seiner Heimatsprache auf die beabsichtigte Einbeziehung der AGB hinzuweisen und ihm den AGB-Text in seiner Heimatsprache zu überlassen. In diesem Fall muss der Verwender entweder einen Dolmetscher einsetzen oder eine Übersetzung der Dokumente anfertigen lassen. Hat sich noch keine Verhandlungs- oder Vertragssprache herauskristallisieren können, kann für einen Erstkontakt zwischen den späteren Vertragsparteien grundsätzlich jede beliebige Sprache verwendet werden. Der Verwender sollte hier allerdings eine Sprache wählen, deren Kenntnis beim Empfänger wahrscheinlich ist, damit dieser überhaupt oder wie angedacht reagiert. Sofern der Klauselgegner nicht auf das Angebot des Verwenders reagiert, weil er die Sprache nicht versteht, geht der in einem solchen Schreiben enthaltene Einbeziehungshinweis mangels Vertragsschlusses ins Leere. Reagiert der Klauselgegner dagegen mit dem Hinweis, er verstehe die verwendete Sprache nicht, muss der Verwender sein Angebot und die AGB in der Sprache zur Verfügung stellen, die der Empfänger für seine Reaktion benutzt hat, da dessen Schreiben die Verständlichkeit indiziert. Sofern der Klauselgegner oder eine für ihn handelnde Person den Schein der Sprachkundigkeit gesetzt hat, muss er sich diesen zurechnen lassen, es sei denn, die

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Sprachunkundigkeit war für den Verwender aus den Umständen des Vertragsschlusses oder den Vertragsverhandlungen erkennbar. Der Verwender kann sich somit einer tatsächlich für den Klauselgegner unverständlichen Sprache bedienen, wenn dieser ihn nicht von der Sprachunkenntnis informiert. In letzterem Fall treffen den Verwender wieder die soeben dargestellten Obliegenheiten, damit der Hinweis verstanden und die Möglichkeit der Kenntnisnahme in ausreichendem Maße gewährt wird. Diese Ausführungen gelten auch für Vertragsschlüsse im Internet. Stellt der Verwender den AGB-Text auf seiner Webseite in mehreren Sprachfassungen zur Verfügung, genießt die Heimatsprache des Klauselgegners – soweit vorhanden – den Vorzug. Sofern die verschiedenen Sprachfassungen der AGB-Texte aber inhaltlich voneinander abweichen, sollte dies parallel zu § 305c II BGB ausschließlich zu Lasten des Verwenders gehen und die jeweils für den Vertragspartner günstigste Fassung Anwendung finden. Neben Verhandlungs- und Vertragssprache genügt auch jede Sprache, die der Klauselgegner nachweislich versteht, also insbesondere dessen Muttersprache. Die pauschal zu unterstellende Kenntnis sog. „Weltsprachen“ ist sowohl bei Verbrauchern als auch Unternehmern abzulehnen. Vielmehr liegt es am Verwender, sich einer nachweislich beherrschten Sprache zu bedienen. Ein richtiges „Sprachenproblem“ stellt sich für den Verwender von AGB in den allermeisten Fällen nicht. Für die Verständlichkeit von Verhandlungs- und Vertragssprache besteht zutreffenderweise eine widerlegliche Vermutung. Daneben sind aber auch weitere vorhandene Sprachkenntnisse zu berücksichtigen, so dass sich der Kreis der verwendbaren Sprachen erweitern kann. Abzulehnen ist hingegen die pauschale Annahme eines Sprachverständnisses allein wegen der weiten Verbreitung oder Bedeutung einer Sprache im Handel. b) CISG Die Anwendbarkeit des CISG setzt gemäß Art. 1 I voraus, dass die Vertragsparteien in verschiedenen Staaten niedergelassen sind. In der Mehrzahl der Fälle werden sie also verschiedene Muttersprachen haben, so dass sich mindestens eine Seite mit einer Fremdsprache auseinandersetzen muss. Daher kommt auch hier der Sprachenfrage bei AGB große Bedeutung zu. aa) Die Sprachenfrage als Regelungsgegenstand des CISG Wie im BGB ist auch im UN-Kaufrecht keine ausdrückliche Regelung der Sprachenfrage vorhanden. Deswegen ist zunächst zu klären, ob dieses Problem zu den Regelungsgegenständen des CISG gehört. Dies muss – wie immer – autonom bestimmt werden. Die Rechtsprechung und der Großteil der Literatur diskutieren diesen Punkt überhaupt nicht. Dahinter steht, wie schon bei der Einbeziehung von

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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AGB selbst, die richtige Einordnung der Sprache als „äußerer Teil“ der Willenserklärung und damit als Frage des äußeren Konsenses, den die Konvention in den Art. 14 – 24 selbst regelt.553 Bei der dogmatischen Einordnung der Sprachenfrage kann nicht einfach auf die Ausführungen zum BGB verwiesen werden. Vielmehr muss hier ebenfalls autonom vorgegangen werden. Eine AGB-spezifische Lösung scheidet aber mangels diesbezüglicher Vorschriften von vornherein aus. Teilweise wird eine Einordnung als Formfrage vertreten.554 Allerdings vermag die Begründung mit der im Common Law geltenden „posting rule“/„mailbox rule“, die in Art. 19 II und 20 I CISG ihren Niederschlag gefunden hat,555 aus zweierlei Gründen nicht zu überzeugen: Das CISG folgt nämlich einem völlig anderen Ansatz und erfordert für die Wirksamkeit eines Angebots auch seinen Zugang (vgl. Art. 15 I CISG).556 Die Art. 19 II und 20 I CISG sind dagegen lediglich als beschränkte Ausnahmen zu dieser allgemeinen Regel konzipiert.557 Darüber hinaus hat der Anbietende gemäß Art. 11 CISG die freie Wahl hinsichtlich der Mittel für seine Erklärungen. Daher lässt sich über die Form schon keine Beschränkung der zulässigen Sprachen herbeiführen.558 Nach anderer Ansicht handelt es sich bei der Sprachwahl um eine Vereinbarung gemäß Art. 6 CISG.559 Auch wenn letztlich mit der übereinstimmenden Verwendung einer Sprache eine Sprachwahl der Parteien vorliegt,560 handelt es sich dabei jedoch nicht zwingend um eine Vereinbarung i.S.d. Art. 6 CISG. Abgesehen davon, dass schon für eine solche Einigung zuerst eine zulässige Sprache ermittelt werden müsste,561 hat eine Sprachwahl auch nicht die Wirkungen, die mit einer Vereinbarung nach Art. 6 CISG typischerweise bezweckt werden: Es wird dadurch weder die Anwendung des Übereinkommens ausgeschlossen noch von seinen Bestimmungen abgewichen oder deren Wirkung geändert, denn das CISG äußert sich ja nicht zur Sprachenfrage. So richtig es ist, in der übereinstimmenden Verwendung einer

553

Teklote, S. 117; Hennemann, S. 75. Reinhart, Art. 11 Rn. 6. 555 Danach kommt es für die Wirksamkeit einer Willenserklärung allein auf ihre Abgabe an, s. Restatement (Second) of Contracts § 63 (1981) – „as soon as put out of the offeree’s possession“. Da das UN-Kaufrecht in Art. 19 II und 20 I 1 CISG für das Wirksamwerden der Willenserklärung auf ihre Absendung abstellt, zieht Reinhart daraus den Schluss, dass auch schon bei Absendung der Willenserklärungen feststehen müsse, „in welcher Sprache sie abgegeben werden könne[n], um die im UN-Kaufrecht vorgesehenen Wirkungen hervorzubringen.“ Daher handele es sich um ein Problem der Form, s. Reinhart, Art. 11 Rn. 6. 556 Teklote, S. 117 f.; Hennemann, S. 76. 557 Luig, S. 105. 558 Vgl. Teklote, S. 118; Hennemann, S. 76. 559 Teklote, S. 118. 560 Vgl. oben zum BGB G. II. 3. a) bb) (1). 561 Vgl. Hennemann, S. 76. 554

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Sprache eine konkludente Sprachwahl zu sehen, so unnötig ist dafür der Weg über Art. 6 CISG.562 Sind Willenserklärungen in einer fremden Sprache gehalten und deswegen unverständlich, verneint die h.M. einen Zugang nach Art. 24 CISG.563 Diese Sichtweise wird teilweise auf fremdsprachige AGB übertragen.564 Letztlich vermag aber auch diese Ansicht – wie schon beim BGB – nicht zu überzeugen.565 Zwar fehlt es an einer § 306 I BGB entsprechenden Vorschrift, jedoch hat ein gescheiterter Einbeziehungsversuch im CISG dieselben Folgen: Die AGB werden nicht Vertragsbestandteil. Davon bleibt jedoch der Zugang des übrigen, sprachlich verständlichen Angebots unberührt.566 Bei AGB ist die verwendete Sprachfassung vielmehr auch im CISG ausschlaggebend dafür, ob von ihrem Inhalt in zumutbarer Weise Kenntnis genommen werden kann.567 Dementsprechend handelt es sich hier ebenfalls um eine Frage der Einbeziehung nach Art. 14 CISG, für die es letztlich auf die Auslegung des Angebots nach Art. 8 CISG ankommt.568 Maßgeblich ist also wiederum, ob ein objektiver Dritter verstehen kann, dass die AGB Bestandteil des Vertrages werden sollen. bb) Die zulässigen Sprachen für die AGB-Verwendung im CISG Die Voraussetzungen des Art. 8 I CISG sind indes für die Sprachenfrage nicht ergiebig. Für die Ermittlung der verwendbaren Sprachen ist daher auf Art. 8 II und III CISG abzustellen. Eine bestimmte Sprache kann danach zulässigerweise verwendet werden, wenn eine vernünftige Person der gleichen Art wie die andere Partei sie unter den gleichen Umständen verstanden hätte. Kurz gesagt muss die entsprechende Sprache also objektiv betrachtet für den Klauselgegner verständlich gewesen sein.569 (1) Verhandlungs- und Vertragssprache Die Ausgangsüberlegungen zum BGB lassen sich auch auf das CISG übertragen. Nach Art. 8 III CISG sind für die Auslegung des Angebots insbesondere die Ver562

Zutreffend Hennemann, S. 76. OLG Hamm IPRax 1996, 197 (198); LG Aachen IHR 2011, 82 (85); Magnus, in: Staudinger, Art. 24 Rn. 20; Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 24 Rn. 36; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 24 Rn. 19; Luig, S. 106. 564 Achilles, Art. 24 Rn. 8. 565 Im Ergebnis ebenso Kühl/Hingst, FG Herber, S. 53. 566 Teklote, S. 119 f.; vgl. auch Kühl/Hingst, FG Herber, S. 53. 567 A.A. wohl Lohmann, S. 220. Seiner Formulierung nach handelt es sich bei sprachlicher Verständlichkeit und Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme um verschiedene Aspekte. 568 Hennemann, S. 76. 569 OLG Düsseldorf, 21. 04. 2004, CISG-online Nr. 915; LG Aachen IHR 2011, 82 (85); OGH, 17. 12. 2003, CISG-online Nr. 828; Kühl/Hingst, FG Herber, S. 52; Teklote, S. 118; Koller, FS Honsell, S. 237. 563

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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tragsverhandlungen der Parteien maßgeblich. Dementsprechend darf auch im CISG aus dem übereinstimmenden Gebrauch einer Sprache in den Vertragsverhandlungen und dem dadurch erzielten Konsens570 gefolgert werden, dass beide Vertragspartner sie verstehen.571 Dabei handelt es sich um eine (konkludente) Wahl der Verhandlungssprache.572 Wie im BGB ist die Zahl der möglichen Verhandlungssprachen nicht auf eine beschränkt, sondern kann auch zwei oder mehr erfassen.573 Dieselben Überlegungen gelten auch für die Vertragssprache. Mit seiner Unterschrift begründet der Klauselgegner eine widerlegliche Vermutung, dass er die verwendete Sprache verstehen kann.574 Bestreitet der Vertragspartner nach erfolgter Unterschrift die Sprachkenntnis, so verstößt er damit im Regelfall gegen die Grundsätze von Treu und Glauben im internationalen Handel (Art. 7 I CISG).575 Das Gleiche gilt, wenn für ihn Verhandlungsgehilfen oder Vertreter handeln.576 Dementsprechend kann also der Hinweis auf die Einbeziehung der Klauseln in der Verhandlungs- und der Vertragssprache gemacht werden.577 Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, ob in den Vertragsverhandlungen sprachliche Defizite erkennbar wurden, die ein Verstehen des Hinweises als zweifelhaft erscheinen lassen. Der AGB-Text darf im CISG ebenfalls sowohl in der Verhandlungs-578 als auch in der Vertragssprache abgefasst werden.579 Auch im UN-Kaufrecht besteht ein gewisses Risiko, dass die verwendete Sprache für den Empfänger nicht verständlich ist, wenn der Hinweis bereits im Angebot erfolgt und zu diesem Zeitpunkt noch keine Verhandlungs- oder Vertragssprache 570

Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 42; Schultheiß, S. 18 a.E. OLG Linz, 08. 08. 2005, CISG-online Nr. 1087; LG Memmingen, 13. 09. 2000, CISGonline Nr. 820; Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 14; Hennemann, S. 76; Stadler, S. 86; Drasch, S. 9 f.; Teklote, S. 119; Piltz, NJW 2007, 2159 (2161); Schwenzer/Mohs, IHR 2006, 239 (241). 572 Achilles, Art. 8 Rn. 5; Magnus, in: Staudinger, Art. 8 Rn. 28. 573 Witz, in: Witz/S/L, vor Art. 14 Rn. 13; Schultheiß, S. 17; Ventsch/Kluth, IHR 2003, 61 (65); vgl. auch Teklote, S. 118 f.; Stadler, S. 86. 574 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 42. 575 Vorbehaltlich einer Anfechtungsmöglichkeit nach nationalem Recht, vgl. Koller, FS Honsell, S. 237. 576 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 42. 577 Achilles, Art. 24 Rn. 8; Hennemann, S. 76; Lohmann, S. 220; Drasch, S. 9 f.; Teklote, S. 119; P. Huber, 13 Vindobona J. Int’l Com. L. & Arb. (2009), 123 (128); Piltz, IHR 2004, 133 (135). Die Rechtsprechung und auch das überwiegende Schrifttum unterscheiden bei ihren Ausführungen nicht zwischen Hinweis und eigentlichem AGB-Text, vgl. OGH, 17. 12. 2003, CISG-online Nr. 828; OLG Hamm IPRax 1996, 197 (198); Witz, in: Witz/S/L, vor Art. 14 Rn. 13. 578 A.A. wohl LG Hannover IHR 2012, 59 (61): nur in der Vertragssprache. 579 Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 8 Rn. 54a; Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 14; Schrammen, S. 255; Stadler, S. 86; Drasch, S. 9 f.; Kühl/Hingst, FG Herber, S. 52 f.; a.A. wohl Witz, in: Witz/S/L, vor Art. 14 Rn. 13: nur in der Verhandlungssprache. 571

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

erkennbar ist. Das Gleiche gilt selbstverständlich auch für den schon mitgesandten AGB-Text. Diesbezüglich sind wiederum dieselben Überlegungen wie beim BGB anzustellen.580 Der Verwender muss sich Gedanken machen, welche Sprache der Klauselgegner aller Wahrscheinlichkeit nach verstehen kann.581 Benutzt er für den Hinweis eine unverständliche Sprache, ist das für ihn ein Risiko.582 Reagiert der Vertragspartner überhaupt nicht auf das Angebot, dann kommt auch kein Vertrag zustande. Eine solche Vorgehensweise des Vertragspartners ist auch zulässig, denn außerhalb bestehender Geschäftsbeziehungen besteht keine Pflicht, auf fremdsprachige Angebote zu reagieren.583 Das Ergebnis ist nur dann ausschließlich im Interesse des Klauselgegners, wenn dieser wirklich keinen Wert auf das Zustandekommen des Vertrages legt. Will er hingegen den Vertrag abschließen, muss er bei seiner Antwort auf die sprachliche Unverständlichkeit des Hinweises aufmerksam machen. Unterlässt er das nämlich und beginnt er die Verhandlungen, sieht er sich der Vermutungswirkung ausgesetzt und muss diese dann widerlegen, wenn vor Gericht über die wirksame Einbeziehung der AGB entschieden wird. Weist er dagegen gleich auf die Unverständlichkeit hin, hat er beweisrechtlich eine bessere Ausgangsposition und der Verwender muss entsprechend reagieren, um die Einbeziehung doch noch zu erreichen. (2) Weitere Sprachen, „Weltsprachen“ und Übersetzungsobliegenheiten Abgesehen von der Verhandlungs- und Vertragssprache darf für Hinweis und AGB-Text auch jede sonstige Sprache verwendet werden, die der Vertragspartner beherrscht,584 also insbesondere dessen Muttersprache.585 Des Weiteren ist auch die Sprachkenntnis eingesetzter Vertreter oder Mitarbeiter ausschlaggebend.586 Richtigerweise kommt es aber darauf an, dass es sich um Mitarbeiter mit Kundenkontakt, wie etwa einen Prokuristen handelt.587 Der Klauselgegner muss auch dafür einstehen, 580 581 582 583

(361).

Vgl. oben G. II. 3. a) bb) (2). Vgl. Witz, in: Witz/S/L, Art. 24 Rn. 15. Achilles, Art. 24 Rn. 8. Achilles, Art. 8 Rn. 6; Witz, in: Witz/S/L, vor Art. 14 Rn. 15; Fogt, IPRax 2001, 358

584 Vgl. Magnus, in: Staudinger, Art. 8 Rn. 28, Art. 14 Rn. 41; Achilles, Art. 24 Rn. 8; von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 73; Hennemann, S. 76; Lohmann, S. 220; Schneider, S. 216; P. Huber, 13 Vindobona J. Int’l Com. L. & Arb. (2009), 123 (128); Piltz, IHR 2004, 133 (135). 585 OGH, 17. 12. 2003, CISG-online Nr. 828; Mankowski, in Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 42 a.E.; P. Huber, in: Huber/Mullis, S. 33; Schrammen, S. 255; Schultheiß, S. 17, 19; Piltz, NJW 2007, 2159 (2161); wohl auch DiMatteo, S. 64. Unklar insoweit Ferrari, in: Kröll/M/PV, Art. 14 Rn. 40 („sowohl in der Heimatsprache des Verwenders als auch des Empfängers“). 586 OLG Düsseldorf, 21. 04. 2004, CISG-online Nr. 915; OGH, 17. 12. 2003, CISG-online Nr. 828; OLG Innsbruck, 01. 02. 2005, CISG-online Nr. 1130; Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 8 Rn. 54a. 587 Vgl. Sauthoff, IHR 2005, 21 (23): „verantwortlichen Mitarbeiter“.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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wenn entweder er selbst oder das Verhalten seiner Gehilfen und Vertreter den Anschein von Sprachkenntnis erweckt hat,588 z. B. durch stillschweigendes Einlassen auf eine fremde Sprache. Die Beweislast für weitere scheinbare oder tatsächliche Sprachkenntnisse trifft den Verwender.589 Dabei kann insbesondere die mehrfache Akzeptanz in der Vergangenheit ausschlaggebend sein, was als stillschweigende Einlassung ausgelegt werden darf.590 Vor diesem Hintergrund überzeugt es daher nicht, wenn auf Deutsch abgefasste AGB allein deswegen nicht Vertragsbestandteil werden, weil die Vertragssprache Italienisch war.591 Diese Begründung ist zu pauschal. Wenn der AGB-Text in einer anderen Sprache als der Verhandlungs- oder Vertragssprache abgefasst ist, schließt dies nur dann die Einbeziehung der AGB generell aus, wenn die ausschließliche Verwendung der Verhandlungs- oder Vertragssprache vereinbart wurde. Maßgeblich wäre in der genannten Konstellation vielmehr gewesen, ob der Klauselgegner der deutschen Sprache mächtig war.592 Dies hätte den allgemeinen Beweislastregeln folgend allerdings der Verwender beweisen müssen.593 Die Verwendung einer bestimmten Sprache kann auch kraft Parteigepflogenheit oder Handelsbrauchs nach Art. 9 CISG zulässig sein.594 Allerdings dürfte eine Sprache kraft Gepflogenheit regelmäßig mit einer Verhandlungssprache übereinstimmen, so dass ihr keine eigenständige Bedeutung zukommt. Ein Handelsbrauch kann u. U. in einer bestimmten Branche oder zwischen einzelnen Ländern bestehen.595 Unabhängig davon soll auch im CISG die Verwendung einer „Weltsprache“ immer dem Verständlichkeitserfordernis genügen596 und der Vertragspartner müsse unverzüglich widersprechen, falls er sie wider Erwarten doch nicht verstehe.597

588

Achilles, Art. 24 Rn. 8; Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 42; SchmidtKessel/Meyer, IHR 2008, 177 (179); vgl. auch P. Huber, 13 Vindobona J. Int’l Com. L. & Arb. (2009), 123 (128). A.A. wohl Magnus, FS Kritzer, S. 325: tatsächliches Verständnis erforderlich („in fact understands“). 589 LG Aachen IHR 2011, 82 (85); Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 42 a.E.; Schmidt-Kessel/Meyer, IHR 2008, 177 (179). 590 OGH IHR 2006, 31 (33); Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 42; Magnus, FS Kritzer, S. 325. 591 So AG Kehl NJW-RR 1996, 565 (566). 592 Zutreffend LG Aachen IHR 2011, 82 (85). 593 Vgl. LG Aachen IHR 2011, 82 (85). 594 Achilles, Art. 8 Rn. 5; Piltz, IHR 2004, 133 (135). 595 Ferrari, in: Kröll/M/PV, Art. 14 Rn. 41, Art. 24 Rn. 8; Hennemann, S. 76. 596 OLG München IHR 2009, 201 (204); OGH, 17. 12. 2003, CISG-online Nr. 828; OLG Linz, 08. 08. 2005, CISG-online Nr. 1087; Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 44; Hennemann, S. 76; Teklote, S. 119; Kühl/Hingst, FG Herber, S. 53; zweifelnd P. Huber, in: Huber/Mullis, S. 33; ders., 13 Vindobona J. Int’l Com. L. & Arb. (2009), 123 (128). 597 Stadler, S. 86.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Teilweise wird dabei auf Englisch598 und zusätzlich Französisch,599 teilweise sogar auf Deutsch abgestellt.600 Mitunter wird der Kreis noch um die amtlichen Fassungen des CISG,601 also Arabisch, Chinesisch, Russisch und Spanisch erweitert.602 Gegen Letzteres spricht bereits, dass es für den internationalen Handel nicht auf den Status als Amtssprache der Vereinten Nationen ankommt, sondern auf die tatsächliche Bedeutung der Sprache für den internationalen Welthandel.603 Aber selbst bei Französisch, Englisch und besonders bei Deutsch wird wiederum deutlich, dass man keineswegs – auch nicht im internationalen Handel – ohne konkrete Anzeichen von der Kenntnis und damit Verständlichkeit jeder dieser Sprachen für Unternehmer aus allen Vertragsstaaten ausgehen kann.604 Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Verwender bei Benutzung einer „Weltsprache“ eine Übersetzung bereitstellen oder ob sich der Klauselgegner selbst um eine solche bemühen muss. Einige Stimmen im Schrifttum gehen bei international Handeltreibenden von Letzterem aus. Von solchen Personen könne man erwarten, dass sie imstande sind, sich eine Übersetzung zu verschaffen.605 Als völkerrechtliches Abkommen sei das CISG schließlich geradezu auf die Verwendung verschiedener Sprachen ausgerichtet.606 Diese Auffassung geht ersichtlich davon aus, dass der Empfänger die entsprechende Weltsprache zu verstehen hat. Wie bereits dargelegt, ist die pauschale Zuordnung von Sprachkenntnissen jedoch abzulehnen. Zudem verlagert sie in unzulässiger Weise die Aufgaben bei der Einbeziehung von AGB. Es obliegt dem Verwender für eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme von den AGB-Klauseln zu sorgen. Dagegen ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des Klauselgegners, sich selbst darum zu bemühen.

598 OLG München IHR 2009, 201 (204); OLG Düsseldorf, 30. 01. 2004, CISG-online Nr. 821; OLG Hamm IPRax 1996, 197 (198); Lüderitz/Fenge, in: Soergel, Art. 14 Rn. 10; Kühl/ Hingst, FG Herber, S. 53 („Juristenenglisch/-amerikanisch“). Ausschließlich für Englisch: Hennemann, S. 76; Schwenzer/Mohs, IHR 2006, 239 (241); wohl auch Schrammen, S. 255. 599 Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 BGB Rn. 14 a.E.; Mankowski, in: Ferrari/ Kieninger, vor Art. 14 Rn. 44. 600 OGH, 17. 12. 2003, CISG-online Nr. 828; OLG Linz, 08.08. 2005, CISG-online Nr. 1087; OLG Innsbruck, 01. 02. 2005, CISG-online Nr. 1130. 601 s. die Unterzeichnungsklausel des CISG. 602 Überlegung von Schultheiß, S. 17. In diesem Sinne auch Teklote, S. 119. 603 Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 14 Rn. 66; ablehnend auch Schultheiß, S. 17. 604 Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 8 Rn. 54a; Ferrari, in: Kröll/M/PV, Art. 24 Rn. 8 a.E.; Schultheiß, S. 17 f.; Luig, S. 106 f.; Drasch, S. 10; Piltz, Rn. 3 – 86; Ventsch/ Kluth, IHR 2003, 61 (65); Schilf, Unif. L. Rev. 1999, 1004 (1009). 605 Reinhart, Art. 11 Rn. 7; Witz, in: Witz/S/L, Art. 24 Rn. 15; Hennemann, S. 76; Teklote, S. 119. 606 Vgl. Teklote, S. 119; Reinhart, Art. 11 Rn. 8.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

183

Andere Autoren nehmen daher keine generelle Übersetzungsobliegenheit an.607 Maßgeblich seien vielmehr bestimmte Faktoren wie etwa Länge, Intensität und wirtschaftliche Bedeutung der Geschäftsbeziehung.608 Diese Kriterien sind im Einzelnen jedoch schwer zu bestimmen, insbesondere ab wann eine Geschäftsbeziehung die notwendige wirtschaftliche Bedeutung oder Länge hat. Vor allem ist auch dann zu berücksichtigen, dass es nicht zu einer Verschiebung der AGB-spezifischen Rollenverteilung kommen darf. Insofern ist eine generelle Übersetzungsobliegenheit des Klauselgegners in Bezug auf fremdsprachliche AGB grundsätzlich abzulehnen.609 Unabhängig davon steht es ihm allerdings frei, eine Übersetzung anzufordern.610 Da es aber Aufgabe des Verwenders ist, eine verständliche Sprache zu benutzen, muss dessen Vertragspartner von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen. Vor allem setzt ein Aktivwerden voraus, dass der Hinweis und die AGB trotz fremder Sprache überhaupt als solche erkannt wurden. Anderenfalls musste der Empfänger nach objektiver Auslegung gemäß Art. 8 II CISG schon gar nicht mit einer Einbeziehung rechnen und es fehlt bereits an der Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme. Eine Übersetzungsobliegenheit des Klauselgegners ist jedoch dann angebracht, wenn dieser scheinbar über bestimmte Sprachkenntnisse verfügt und den Verwender auch in diesem Glauben lässt.611 Ein diesbezüglich gesetzter Schein geht vollständig zu seinen Lasten. Wie oben bereits erwähnt, muss jedoch erst vom Verwender nachgewiesen werden, dass der Klauselgegner einen solchen Schein gesetzt hat. Ebenso ist zu verfahren, wenn die Geltung fremdsprachiger AGB für den konkreten Vertrag ausdrücklich vereinbart worden ist.612 Auch dann ist es sachgerecht, dass sich der Empfänger selbst um deren Übersetzung kümmert. In diesem Fall hat er sich nämlich freiwillig auf die ihm unbekannte Sprache eingelassen. cc) Zusammenfassung Im CISG ist die Sprachenfrage bei AGB systematisch ebenfalls als Frage der Verständlichkeit des Hinweises und Möglichkeit einer zumutbaren Kenntnisnahme vom AGB-Text und damit der Einbeziehung einzuordnen. Maßgeblich ist also 607

Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 14, Art. 24 Rn. 38; Achilles, Art. 24 Rn. 8; a.A. für rechtserhebliche Erklärungen Witz, in: Witz/S/L, Art. 24 Rn. 15. 608 So OGH, 31. 08. 2005, CISG-online Nr. 1093; ders., 17. 12. 2003, CISG-online Nr. 828; vgl. auch Hennemann, S. 76; Dornis, in: Honsell, vor Art. 14 Rn. 14; Mankowski, in: Ferrari/ Kieninger, vor Art. 14 Rn. 43. In diesem Sinne auch Magnus, FS Kritzer, S. 325. 609 Im Ergebnis etwas abweichend Stadler, S. 86. 610 Diese Möglichkeit eröffnen OGH, 31. 08. 2005, CISG-online Nr. 1093 und ders., 17. 12. 2003, CISG-online Nr. 828 ebenfalls. 611 Vgl. auch Achilles, Art. 8 Rn. 6. 612 Vgl. Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 8 Rn. 54a a.E.; Schultheiß, S. 18.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

wiederum, ob ein objektiver Dritter verstehen konnte, dass die AGB Bestandteil des Vertrages werden sollen. Dies ist durch Auslegung nach Art. 8 CISG zu bestimmen. Da die bereits zum BGB angestellten Überlegungen allgemein übertragbar sind, genügt es deswegen auch im CISG sowohl für herkömmliche als auch OnlineVerträge grundsätzlich, wenn Hinweis und AGB-Text in der Verhandlungs- oder Vertragssprache erfolgen bzw. zur Verfügung gestellt werden. Ohne ausdrückliche Einschränkung können wiederum mehrere Sprachen als maßgebliche Verhandlungsund Vertragssprache einzuordnen sein. Für die diesbezügliche Sprachunkenntnis ist wegen der Vermutungswirkung auch hier der Klauselgegner nachweispflichtig, es sei denn, der Verwender konnte sie erkennen. Neben der Verhandlungs- und Vertragssprache genügt auch hier jede für den Vertragspartner nachweislich verständliche Sprache. Dagegen ist die pauschal unterstellte Verständlichkeit einer sog. Weltsprache nach hier vertretener Auffassung auch im Rahmen des international ausgerichteten CISG abzulehnen. Der Klauselgegner muss sich aber unter Umständen einen selbst oder durch andere Personen zurechenbar gesetzten Schein der Sprachkenntnis zurechnen lassen. Nur in diesen Fällen und bei widerspruchslosem Einlassen auf eine unbekannte Sprache ist auch eine ihn treffende Übersetzungsobliegenheit gerechtfertigt. c) PICC, PECL Die Sprachenfrage bei PICC und PECL kann entsprechend den bisherigen Ausführungen beantwortet werden. Dogmatisch ist die sprachliche Abfassung bei PICC und PECL, wie im BGB und im CISG, eine Frage der Einbeziehung. Maßgeblich ist demnach wiederum, ob der Verwender die Anforderungen an Hinweis und Möglichkeit der Kenntnisnahme in ausreichendem Maße erfüllt hat. Dafür ist entscheidend auf die Auslegung der Parteierklärungen zurückzugreifen. Gegen die Einordnung als Formfrage spricht auch hier die Formfreiheit für Erklärungen (Art. 1.2 PICC, Art. 1:303 I PECL). Die Sprache der AGB als Zugangshindernis einzuordnen, ist aus denselben Gründen wie bei BGB und CISG abzulehnen. Bei der erforderlichen Auslegung der Parteierklärungen sind nach Art. 4.3 PICC bzw. Art. 5:102 PECL insbesondere vorausgegangene Verhandlungen (jeweils lit. a), Parteigepflogenheiten (lit. b bzw. lit. d), das Verhalten nach Vertragsschluss (lit. c bzw. lit. b) und Gebräuche (jeweils lit. f) zu beachten. Dementsprechend kann der Hinweis auch bei PICC und PECL in der Verhandlungs- oder Vertragssprache gemacht werden.613 Daneben kann sich die zulässige Sprache aus Gebräuchen oder entstandenen Gepflogenheiten ergeben. Im Ergebnis kann daher wieder jede Sprache

613 Für die PICC: Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 14. Die offizielle Kommentierung der PECL enthält diesbezüglich leider keine Ausführungen.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

185

verwendet werden, die der Klauselgegner versteht.614 Aus den bereits genannten Gründen ist auch für diese Regelwerke die pauschale Annahme der Verständlichkeit einer „Weltsprache“ abzulehnen.615 Die Ausführungen gelten auch für den AGB-Text selbst.616 Die Beweislast für die Verständlichkeit der verwendeten Sprache trägt wiederum der Verwender.617 Eine allgemeine Übersetzungsobliegenheit des Klauselgegners ist auch im Rahmen von PICC und PECL abzulehnen und ebenfalls nur in bestimmten Ausnahmefällen anzunehmen. Bei den PICC wirkt sich die Sprachenfrage aber nicht nur im Rahmen der allgemeinen Einbeziehung nach Art. 2.1.19, 2.1.1 ff. aus. Gemäß Art. 2.1.20 II PICC kann eine falsche Sprachfassung auch dazu führen, dass die Klausel überraschend ist.618 d) DCFR, Machbarkeitsstudie, GEK-Vorschlag Die bisherigen Überlegungen können auch auf den DCFR, die Machbarkeitsstudie und den GEK-Vorschlag übertragen werden. Dogmatisch ist die zu verwendende Sprache für Hinweis und AGB-Text wiederum nicht als Formfrage (arg. e Art. II.-1:106 I DCFR, Art. 9 Machbarkeitsstudie, Art. 6 GEK-Vorschlag) oder Zugangshindernis einzuordnen. Maßgeblich ist vielmehr wie in den anderen Regelwerken, ob die verwendete Sprache den Anforderungen der jeweiligen Einbeziehungsvorschriften an Hinweis und Möglichkeit der Kenntnisnahme genügt. Maßgeblich bei der Auslegung zu berücksichtigende Umstände sind dabei wieder insbesondere die vorausgegangenen Verhandlungen, Gepflogenheiten und Gebräuche (s. Art. II.-8:102 DCFR, Art. 57 Machbarkeitsstudie, Art. 59 GEK-Vorschlag). Erwägungsgrund (27) der GEK-VO verweist für die Bestimmung der Vertragssprache auf die nach dem Kollisionsrecht maßgebliche Rechtsordnung. Da wie bereits gesehen jedoch nur in wenigen Fällen innerstaatliche Regelungen bezüglich der zu verwendenden Sprache bestehen,619 ist das Abstellen auf die Einbeziehungsvoraussetzungen erfolgsversprechender.620 Die ausdrückliche Regelung zur Sprache in Art. II.-9:109 DCFR, Art. 73 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 76 GEK-Vorschlag ist für die Einbeziehung von AGB im Rahmen des Angebots dagegen nicht anwendbar. Die Vorschrift gilt für die 614

Für die PICC: Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 14. In diesem Sinne auch für die PICC: Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 23 a.E. 616 Für die PICC: Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 18. 617 Für die PICC: Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.19 Rn. 23. 618 Dazu ausführlich unten G. II. 4. c) bb) (3). 619 Beispiele etwa bei Looschelders/Makowsky, S. 246 Fn. 80; vgl. dazu schon oben G. II. 3. a) aa) (1) (a). 620 Für eine umfassende Regelung der Vertragssprache im GEK Kieninger, in: Schulze, Art. 76 GEK Rn. 7 m.w.N. 615

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

„Kommunikation in Bezug auf den Vertrag oder daraus entstehende Rechte und Verpflichtungen“. Damit ist die „weitere vertragsbezogene Kommunikation“621 angesprochen und gerade nicht die eigentlichen Vertragsverhandlungen, die den Vertragsschluss herbeiführen.622 Die Normen haben insoweit aber Bedeutung für die Sprache bei der nachträglichen Einbeziehung von AGB, sofern die Sprache nicht anderweitig bestimmt werden kann.623 Nichtsdestotrotz können die Prinzipien dieser Vorschriften durchaus auch auf die Einbeziehung von AGB bei Vertragsschluss übertragen werden. Denn warum soll die Bestimmung der Sprache für die spätere Kommunikation auf anderen Prinzipien beruhen als die Bestimmung der Sprache für den eigentlichen Vertragsschluss? Für die vertragsbezogene Kommunikation kommt es auf die Sprache an, „die für das Zustandekommen des Vertrages verwendet wurde“ („used for the conclusion of the contract“),624 also sowohl für die Verhandlungen als auch für das Vertragsdokument selbst (sofern vorhanden). Die Vorschriften enthalten daher wieder einen Verweis auf die Verhandlungs- und Vertragssprache,625 sofern die zu verwendende Sprache nicht schon anderweitig bestimmt werden kann. Anders als die Machbarkeitsstudie und der GEK-Vorschlag spezifiziert der DCFR diese anderweitigen Möglichkeiten noch näher. Vorrangig sind danach die Parteivereinbarung, eine sonstige Rechtsregel oder Bräuche und Gepflogenheiten. Die Formulierung ist teilweise etwas unglücklich, da ja durch die übereinstimmende Verwendung einer bestimmten Sprache immer schon eine konkludente Parteivereinbarung vorliegt.626 Indes handelt es sich hierbei nur um eine sprachliche Ungenauigkeit, die sich letztlich aber nicht auswirkt. Darüber hinaus sollte meines Erachtens aber auch hier wieder jede Sprache ausreichen, die der Klauselgegner versteht. Die Beweislast liegt diesbezüglich ja beim Verwender. Die Geltung von Weltsprachen ist dagegen auch hier abzulehnen, da dies insbesondere nicht mit dem beabsichtigten hohen Schutzniveau des GEKVorschlags vereinbar ist. Für die Übersetzungsobliegenheit des Verwenders und des Klauselgegners gelten die Ausführungen zu den anderen Regelwerken entsprechend.

621

So für den GEK-Vorschlag Looschelders/Makowsky, S. 246; vgl. auch Kieninger, in: Schulze, Art. 76 GEK Rn. 3. 622 Vgl. auch Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (587 f.). 623 Zur Einbeziehung nach Vertragsschluss unten G. IV. 4. 624 Unklar insofern Billen, S. 64. 625 Vgl. Kieninger, in: Schulze, Art. 76 GEK Rn. 4. Das folgt auch aus den zitierten Kommentarstellen zum CISG und den deutschen Gerichtsentscheidungen bei DCFR (Full), Art. II.-9:109 Note 1. 626 So auch für den GEK-Vorschlag Looschelders/Makowsky, S. 247 – jedenfalls für den unternehmerischen Geschäftsverkehr; in diese Richtung auch Kieninger, in: Schulze, Art. 76 GEK Rn. 4 a.E. Vgl. zum Vorliegen einer konkludenten Sprachwahl oben G. II. 3. a) bb) (1).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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e) Zusammenfassung zur Sprache von Hinweis und AGB-Text Der Hinweis und die Möglichkeit der Kenntnisnahme sind nur dann in ausreichendem Maße gegeben bzw. gewährt worden, wenn sie als solche erkennbar bzw. zumutbar waren. Das hängt neben den bereits geschilderten Voraussetzungen insbesondere von der dafür verwendeten Sprache ab. Systematisch ist die Sprachenfrage für AGB bei allen Regelwerken bei der Einbeziehungskontrolle zu verorten. Zur sprachlichen Abfassung von Vertragserklärungen enthalten einige Regelwerke jeweils eine spezielle Vorschrift (vgl. etwa Art. II.-9:109 DCFR, Art. 76 GEKVorschlag). Diese sind allerdings nicht auf die Einbeziehung von AGB im Rahmen des Angebots anwendbar, sondern beziehen sich auf die weitere Kommunikation in Bezug zum Vertrag. Diesen Vorschriften kann aber ein allgemeines Prinzip entnommen werden, das sich so ebenfalls den übrigen Regelwerken ohne entsprechende Vorschrift entnehmen lässt. Die Auslegungsvorschriften der Regelwerke nehmen vor allem Bezug auf die dem Vertragsschluss vorausgegangenen Verhandlungen. Der Vertragsschluss steht am Ende der Verhandlungen und drückt den darin erzielten Konsens aus. Daher eignet sich dieses Ergebnis allgemein als Ausgangspunkt zur Bestimmung der zulässigen Sprachen in einer vertraglichen Beziehung, da ein Vertragsschluss immer nur dann erfolgt, wenn auch die jeweiligen Erklärungen verstanden wurden. Zulässig ist daher immer die von den Parteien (stillschweigend) gewählte Verhandlungssprache. Darunter fällt richtigerweise auch eine der anderen Partei unbekannte Sprache, wenn sich die sprachunkundige Partei widerspruchslos auf sie eingelassen und so das Sprachrisiko übernommen hat. Verhandlungssprache können auch mehrere Sprachen sein, wenn deren Verwendung jeweils nicht beanstandet wurde und ersichtlich ist, dass sie auch vom jeweiligen Adressaten verstanden werden. Daneben genügt auch die Vertragssprache, die nicht zwingend mit der Verhandlungssprache identisch sein muss. Die Unterschrift unter das Vertragsformular macht deutlich, dass diese Sprache verstanden wurde. Die gegenteilige Auffassung überzeugt hingegen nicht, da ein Dokument regelmäßig nur unterschrieben wird, wenn es inhaltlich verstanden wurde. Die sonstigen Fälle sind systematisch über die Regeln zu Irrtum, Täuschung, Drohung und Übervorteilung zu lösen. Wurden Verhandlungs- und Vertragssprache daher verstanden, können diese grundsätzlich auch für die weitere Kommunikation verwendet werden. Beherrschen nur Mitarbeiter mit Kundenkontakt oder Vertreter des Vertragspartners die entsprechenden Sprachen oder haben sie einen entsprechenden Schein der Sprachkenntnis gesetzt, muss sich der Vertragspartner deren Sprachkenntnis bzw. diesen Schein grundsätzlich auch zurechnen lassen. Darüber hinaus kann auch jede andere Sprache benutzt werden, die für den Vertragspartner verständlich ist. Richtigerweise abzulehnen ist aber eine pauschal zu

188

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

unterstellende Kenntnis sog. „Weltsprachen“ wie etwa Englisch oder Französisch. Solche Sprachen genügen nur, wenn sie nachweislich verstanden werden. In AGB-Fällen reicht es daher aus, wenn Hinweis und AGB-Text in der Verhandlungs- oder Vertragssprache abgefasst werden. Das gilt grundsätzlich sowohl für Verbraucher- als auch Unternehmerverträge, selbst wenn es sich dabei nicht um die Heimatsprache des Klauselgegners handelt. Nur bei Anzeichen für unzureichende Sprachkenntnisse muss der Verwender gegebenenfalls weitere Maßnahmen ergreifen. Verwenden beide Parteien für ihre Erklärungen jeweils unterschiedliche Sprachen, die aber dennoch jeweils verstanden werden, können Hinweis und AGB-Text auch allein in der Sprache des Verwenders gemacht bzw. zur Verfügung gestellt werden. Zudem dürfen für Hinweis und AGB-Text grundsätzlich auch jeweils unterschiedliche Sprache benutzt werden. Dem Verwender steht es im Regelfall frei, alle zulässigen Sprachen zu benutzen, sofern keine anderslautende Vereinbarung getroffen wurde. Im elektronischen Geschäftsverkehr per E-Mail verhält es sich genauso wie bei einem „herkömmlichen“ Vertragsschluss, so dass die bisherigen Ausführungen entsprechend gelten. Bei einem Vertragsschluss mithilfe eines Online-Formulars genügen Hinweis und Abfassung des AGB-Texts in der Sprache des Onlineauftritts, sofern nicht offensichtlich ist, dass diese Sprache nicht verstanden wurde. Hält der Verwender die AGB in mehreren Sprachfassungen vor, so ist primär die Version in der Heimatsprache des Klauselgegners maßgeblich. Ansonsten reichen auch hier wieder die Verhandlungs- oder Vertragssprache sowie jede weitere verständliche Sprache aus. Weichen die verschiedenen sprachlichen Fassungen der AGB aber inhaltlich voneinander ab, so ist auch hier im Sinne der Auslegung contra proferentem immer die jeweils für den Klauselgegner günstigere, anderssprachige Fassung zugrunde zu legen. Benutzt der Verwender für Hinweis oder AGB-Text unverständliche Sprachen, werden die AGB nicht wirksam in den Vertrag einbezogen. Für die Verständlichkeit der Verhandlungs- und Vertragssprache gilt aber wie dargestellt eine gewisse Vermutungswirkung. Dementsprechend muss bei diesen Sprachen die Sprachunkenntnis vom Klauselgegner bewiesen werden. Sonstige Sprachkenntnisse hat hingegen der Verwender nachzuweisen. Insofern trifft den Klauselgegner auch keine generelle Übersetzungobliegenheit. Eine Übersetzung muss er sich nur anfertigen lassen, wenn er sich entweder widerspruchslos auf eine ihm unbekannte Sprache eingelassen hat oder er sich den Schein der Sprachkenntnis zurechnen lassen muss. 4. Überraschende Klauseln Gelegentlich werden die AGB des Verwenders Klauseln enthalten, die so überraschend sind, dass mit ihnen nicht gerechnet werden musste. Die bisher erörterten

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

189

Fragen der Einbeziehungskontrolle helfen in diesem Punkt nicht weiter. Der Hinweis und die Möglichkeit der Kenntnisnahme sagen noch nichts darüber aus, ob der AGBText auch tatsächlich gelesen wurde. Diesbezüglich hat der Klauselgegner bekanntlich die freie Wahl, sich im Vorfeld mit den AGB auseinanderzusetzen oder eben nicht.627 Dementsprechend könnte man ihm eigentlich auch überraschende Klauseln entgegenhalten, da er ja immerhin die Möglichkeit hatte, sie zur Kenntnis zu nehmen. Doch böte dies dem Klauselgegner nicht immer einen angemessenen Schutz. Auch beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben628 wirkt sich die mangelnde Aufmerksamkeit einer Vertragspartei nicht immer nachteilig für sie aus. Maßgeblich ist vielmehr auch, ob sich der andere Teil auf die „Nachlässigkeit“ seines Vertragspartners berufen darf und insoweit schutzwürdig ist. Das ist nicht der Fall, wenn er seinerseits wider Treu und Glauben handelt. In diesem Zusammenhang muss man sich vergegenwärtigen, dass der Inhalt von AGB ja gerade nicht individuell ausgehandelt ist, sondern einseitig vorgegeben wird.629 Im Vergleich zu einem in allen Punkten einzeln ausgehandelten Vertrag kommt der Einbeziehungsvereinbarung mangels Einflussmöglichkeiten des Klauselgegners daher ein geringeres Gewicht zu.630 Deswegen ist wie schon im Rahmen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens eine Einschränkung aus Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes geboten.631 Selbst wenn das Klauselwerk nicht gelesen wird, darf man doch allgemein erwarten, dass sich dessen Regelungen im Rahmen des Vorhersehbaren halten und nicht völlig willkürlich erscheinen.632 Deswegen stellen alle in dieser Arbeit behandelten Regelwerke sicher, dass sich überraschende Klauseln nicht zu Lasten des Klauselgegners auswirken. Allerdings wird das im Einzelnen auf unterschiedliche Weise bewerkstelligt. a) BGB Nach § 305c I BGB werden überraschende AGB-Klauseln bereits nicht wirksam in den Vertrag einbezogen, auch wenn der Verwender sonst alle anderen Anforderungen erfüllt hat. Die Vorschrift kommt also nur dann zur Anwendung, wenn die AGB nach § 305 II BGB bzw. den entsprechenden Voraussetzungen im unternehmerischen Verkehr an sich einbezogen wurden.633 In dogmatischer Hinsicht handelt 627

Vgl. Basedow, in: MüKo-BGB, § 305c Rn. 1; Stoffels, Rn. 324. s. oben G. II. 2. 629 Zu den einzelnen AGB-Begriffen oben F. 630 Vgl. Grüneberg, in: Palandt, § 305c Rn. 2; Roloff, in: Erman, § 305c Rn. 2. 631 Stoffels, Rn. 324; Spruß, S. 292; vgl. auch Berger, ZGS 2004, 329 (336). 632 Vgl. auch die Begründung zu § 305c (ex § 3 AGBG) in BT-Drucks. 7/3919, S. 19: „[…] dass sich die Regelungen im Rahmen dessen halten, was nach den Umständen bei Abschluss des Vertrages erwartet werden kann“. 633 Roloff, in: Erman, § 305c Rn. 6; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305c Rn. 9; a.A. Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 9. 628

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

es sich daher bei § 305c I BGB um eine weitere, insoweit jedoch „negative Einbeziehungsvoraussetzung“.634 aa) Verhältnis von § 305c I BGB zur Inhaltskontrolle Systematisch ist bei überraschenden Klauseln eine Inhaltskontrolle nicht mehr notwendig, da sie schon gar nicht Vertragsbestandteil geworden sind.635 Die Rechtsprechung neigt jedoch dazu, zusätzlich noch eine Inhaltskontrolle durchzuführen, da überraschende Klauseln erfahrungsgemäß auch (wenn auch nicht zwingend636) inhaltlich unangemessen sind.637 Dieses Vorgehen hat einerseits den Vorteil, dass man sich nicht festlegen muss, aus welchem Grund die entsprechende AGBKlausel keine Wirkung entfaltet. Zudem sieht man sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt, über § 305c I BGB vor einer schwierigeren Inhaltskontrolle „zu flüchten“.638 Andererseits dienen die Ausführungen zur inhaltlichen Angemessenheit der Rechtsfortbildung und als Orientierungshilfe für die Kautelarpraxis. Vor allem kann eine Klausel im Überschneidungsbereich zwischen Überraschungs- und Inhaltskontrolle liegen.639 Gerade wenn mehrere Möglichkeiten für die Unwirksamkeit bestehen, sollte die Entscheidung im Interesse der Prozessparteien möglichst überzeugend und „rechtsmittelfest“ ergehen und daher auch Fragen zur inhaltlichen Angemessenheit beantworten.640 bb) Verhältnis von § 305c I BGB zur Einbeziehung von AGB durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben Wie bereits dargestellt, decken sich die hinter § 305c I BGB und den Einschränkungen beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben stehenden Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes. § 305c I BGB ist daher richtigerweise auch im

634

Grüneberg, in: Palandt, § 305c Rn. 1; Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 4. Darstellung abweichender (und überholter) Ansichten bei Spruß, S. 293 ff. 635 Stoffels, Rn. 330; Schlosser, in: Staudinger, § 305c Rn. 2; Lapp/Salamon, in: jurisPKBGB, § 305c Rn. 13. Nichtsdestotrotz bestehen zwischen § 305c und §§ 307 ff. BGB durchaus Überschneidungen, s. Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 6. 636 Schlosser, in: Staudinger, § 305c Rn. 2; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305c Rn. 1; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305c Rn. 12, 14; Grüneberg, in: Palandt, § 305c Rn. 3. 637 Vgl. BGHZ 130, 19 (23 ff.); 110, 88 (97 f.); NJW 2009, 3295 (3296); 2002, 3627 (3627 f.); 1996, 249 (249); 1989, 222 (223); LG Frankfurt NJW-RR 1987, 745 (746 f.); von Westphalen, AGB und EKG, S. 58. Vgl. auch zu den PICC Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 1 a.E. 638 Vgl. Stoffels, Rn. 330. 639 Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 6; Stoffels, Rn. 330. 640 Schlosser, in: Staudinger, § 305c Rn. 2; Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 7; einschränkend Roloff, in: Erman, § 305c Rn. 6: nur aus Gründen der Prozessökonomie zulässig.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Rahmen der Einbeziehung von AGB durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben anwendbar und entfaltet dabei eine eigenständige Schutzfunktion.641 cc) Voraussetzungen des § 305c I BGB § 305c I BGB zielt auf AGB-Klauseln ab, die „so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders nicht mit ihnen zu rechnen braucht“. Aus Abs. 1 ergibt sich daher eine zweigeteilte Prüfung:642 Die betreffende Geschäftsbedingung muss einerseits ungewöhnlich sein und andererseits muss der Vertragspartner durch sie überrascht – oder treffender – „überrumpelt“ werden. (1) Ungewöhnlichkeit der Klausel Ungewöhnlich ist eine Klausel nach h.M., wenn ihr Inhalt derart von den Erwartungen eines Durchschnittskunden abweicht, dass dieser nach den Gesamtumständen vernünftigerweise nicht mit ihr rechnen muss.643 Die individuelle Erwartungshaltung des Vertragspartners ist nur ausnahmsweise relevant und muss auch dann objektiviert beurteilt werden.644 Nichtsdestotrotz sind neben allgemeinen auch individuelle Umstände für die Beurteilung der Ungewöhnlichkeit maßgeblich.645 Als einen zu berücksichtigenden allgemeinen646 Umstand nennt § 305c I BGB beispielhaft („insbesondere“) das äußere Erscheinungsbild des Vertrags.647 Weiter relevant sind etwa der konkrete Vertragstyp und sein gesetzliches „Leitbild“,648 die Branchenüblichkeit der Klausel649 und inwieweit sie sich vom dispositiven Recht entfernt.650

641

Dazu oben G. II. 2. a) cc) (3) (c). Abweichend Schlosser, in: Staudinger, § 305c Rn. 1 a.E. 642 H.M.; Alternativvorschlag bei Basedow, in: MüKo-BGB, § 305c Rn. 5 ff. 643 BGHZ 130, 19 (25 f.); 126, 174 (176); NJW-RR 2004, 780 (781); 2001, 439 (440); NJW 1994, 1656 (1657); Berger, in: PWW, § 305c Rn. 5; A. Stadler, in: Jauernig, § 305c Rn. 2; Lapp/ Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305c Rn. 18. 644 Vgl. BGH NJW 1981, 117 (118); Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305c Rn. 14. 645 BGHZ 109, 197 (201); NJW-RR 2004, 780 (781); NJW 2001, 1416 (1416 f.); Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305c Rn. 15. 646 A.A. Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305c Rn. 17: individueller Umstand. Wegen der Standardisierung der Verträge ist dies m. E. aber nur dann ein individueller Umstand, wenn der Vertrag für den Einzelfall abgefasst wurde. 647 BGHZ 102, 152 (158 f.); NJW 2010, 3152 (3153); BAG NJW 2000, 3299 (3300); Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305c Rn. 2. 648 BGHZ 121, 107 (113); NJW 2009, 3295 (3296); Kollmann, in: NK-BGB, § 305c Rn. 8. 649 BGHZ 101, 29 (33); NJW 1988, 558 (560). 650 BGHZ 130, 19 (25); 110, 88 (92); NJW-RR 2001, 195 (196); NJW 1992, 1234 (1235); 1988, 558 (560); Roloff, in: Erman, § 305c Rn. 9.

192

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Auch die durch das Verhalten des Verwenders vor oder bei Vertragsschluss651 (beispielsweise durch Werbeaussagen652) geweckten Erwartungen des redlichen Verkehrs sowie der Verlauf der Vertragsverhandlungen653 und sonstige Umstände des konkreten Vertragsschlusses654 können als individuelle Kriterien zur Einstufung einer Klausel als objektiv ungewöhnlich führen. (2) „Überrumpelungseffekt“ Zusätzlich muss die Klausel einen „Überrumpelungseffekt“ haben, der sich aus dem Unterschied zwischen der Erwartung eines objektiven Vertragspartners und dem tatsächlichen Klauselinhalt ergibt.655 Die betreffende Klausel muss also in Widerspruch zu den Vertragsverhandlungen stehen.656 Anzulegen ist dabei ein allgemeiner Maßstab, der durch die Erkenntnismöglichkeiten des Kunden bestimmt wird.657 Maßgeblich sind dabei grundsätzlich die für den Verwender ersichtlichen Erkenntnismöglichkeiten eines typischen Durchschnittskunden in der relevanten Zielgruppe,658 wobei jedoch auch individuelle Vorkommnisse und subjektive Umstände ausschlaggebend sind.659 Das Überraschungsmoment folgt dementsprechend nicht zwangsläufig aus der Ungewöhnlichkeit der Klausel, sondern kann auch bei typischen Bedingungen vorliegen – etwa wenn der Verwender erklärt hat, auf eine bestimmte gewöhnliche AGB zu verzichten.660 Daneben ist auch kein zwingender Rückschluss von der Ungewöhnlichkeit auf den Überrumpelungseffekt möglich.661

651

BGH NJW 1987, 2011 (2011 f.). BGHZ 61, 275 (279 ff.). 653 BGH NJW 2004, 780 (781); 1992, 1234 (1236); Berger, ZGS 2004, 329 (336). 654 BGH NJW 1990, 576 (577); BAG NJW 2000, 3299 (3300); Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/ H, § 305c Rn. 12; Grüneberg, in: Palandt, § 305c Rn. 3. 655 BGHZ 130, 19 (25); 109, 197 (201); NJW-RR 2004, 1397 (1398); 2002, 485 (486); Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305c Rn. 20. 656 BGHZ 130, 150 (154); 109, 197 (201); 102, 152 (159); NJW-RR 2002, 485 (486). 657 Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 22. 658 BGHZ 130, 150 (154); 121, 107 (113); 106, 42 (49); Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 35, 37; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 13; Grüneberg, in: Palandt, § 305c Rn. 4. 659 A. Stadler, in: Jauernig, § 305c Rn. 2; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 13a; Berger/Kleine, BB 2007, 2137 (2139). 660 BGH NJW 1987, 2011 (2011 f.); Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305c Rn. 2; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305c Rn. 23; Roloff, in: Erman, § 305c Rn. 11. 661 BGH NJW 1997, 2677 (2677); OLG Celle NJW 1999, 82 (83); Schlosser, in: Staudinger, § 305c Rn. 7; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305c Rn. 18. 652

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Auf der anderen Seite kann der Überraschungseffekt bei einer ungewöhnlichen Klausel auch durch Maßnahmen des Verwenders entfallen.662 Die diesbezüglichen Anforderungen hängen davon ab, wie ungewöhnlich die jeweilige Klausel ist.663 So kann unter Umständen bei einigen Klauseln eine einfache textliche Hervorhebung oder ein deutlicher Hinweis genügen,664 während andere Regelungen eventuell darüber hinaus noch erklärungsbedürftig sind.665 (3) Kritik und Alternativvorschlag der Literatur zum Prüfungsmaßstab Der dargestellte Prüfungsmaßstab für die jeweiligen Voraussetzungen ist jedoch in sich widersprüchlich und deshalb nicht unumstritten. Stimmen im Schrifttum kritisieren, dass das Prüfungsschema objektive und subjektive Momente miteinander vermische und sich die einzelnen Tatbestandsmerkmale dadurch kaum noch logisch voneinander trennen ließen.666 Als (skizzenhaftes) Alternativmodell667 wird deswegen vorgeschlagen, zunächst rein objektiv anhand der Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners im betreffenden Geschäftsbereich die Ungewöhnlichkeit zu bestimmen, wobei insbesondere auf das äußere Erscheinungsbild des Vertrags abzustellen sei. Dazu zählten die für den betreffenden Vertragstyp „charakteristischen Grundzüge und die besonderen in die Augen fallenden Vertragsbestimmungen“, wobei sowohl deren Inhalt als auch ihre Platzierung und typographische Darstellung im Dokument zu berücksichtigen sei. Je nach Ergebnis dieser Ungewöhnlichkeitsprüfung ergäben sich dann zwei Möglichkeiten: Sei die Klausel nach dem obigen Prüfungsschema ungewöhnlich, müsse sie noch einen Überrumpelungseffekt aufweisen. Dafür müsse man die konkreten Umstände des Vertragsschlusses berücksichtigen. Relevant seien dabei insbesondere mündliche Erläuterungen und Hinweise zu den AGB wie auch Sonderwissen oder geschäftliche Übung und die möglicherweise schon wiederholte Verwendung dieser Klausel. Falle die Ungewöhnlichkeitsprüfung dagegen negativ aus, könne sich immer noch eine subjektive Überraschung des Vertragspartners ergeben. Etwa dann, wenn aufgrund der Vertragsverhandlungen und dem Verhalten des Verwenders mit einer an sich gewöhnlichen Bestimmung überhaupt nicht zu rechnen war. 662

BGH NJW 1992, 746 (746); OLG Celle MDR 2008, 756 (757); Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 38 ff.; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 13a; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305c Rn. 27. 663 Vgl. BGH ZIP 2001, 1408 (1410); LG Aschaffenburg NJW-RR 2007, 1128 (1129); Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 24; Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 42. 664 BGH ZIP 2001, 1408 (1410); NJW 1985, 848 (849); Roloff, in: Erman, § 305c Rn. 12; Grüneberg, in: Palandt, § 305c Rn. 4; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 23. 665 BGHZ 109, 197 (202 f.); NJW 1992, 1822 (1823). Generell für strenge Anforderungen Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305c Rn. 19. 666 Stoffels, Rn. 335; Spruß, S. 297. 667 Zum Folgenden Stoffels, Rn. 336; ebenso befürwortet von Spruß, S. 297 f.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Das Alternativmodell versucht eine klare Trennung zwischen den objektiven und subjektiven Umständen im Rahmen des § 305c I BGB zu erreichen.668 In der Fallbearbeitung kommt diese Auffassung aber letztlich zum gleichen Ergebnis wie die h.M.669 Insofern unterscheidet sich das Alternativmodell allein in der Herangehensweise. Gerade dafür verdient diese Auffassung jedoch Zustimmung. Die Vorschrift selbst gibt die maßgeblichen Prüfungspunkte vor und teilt diese in Ungewöhnlichkeit und Überraschungseffekt auf. Die Ungewöhnlichkeit ist rein objektiv zu bestimmen, so dass weder vorherige Geschäftsabschlüsse noch sonstige individuelle Umstände des Klauselgegners beachtlich sind. Zwar ließe sich argumentieren, dass eine Klausel beispielsweise dann nicht mehr ungewöhnlich ist, wenn sie schon in vorherigen Verträgen mit demselben Vertragspartner verwendet wurde. Eine solche Sichtweise vermischt jedoch die zwei Ebenen, die im Rahmen des § 305c I BGB zu prüfen sind. Ob die Klausel der anderen Seite bekannt ist, ist allein eine Frage des Überraschungseffekts und hat nichts mit der Frage der Ungewöhnlichkeit zu tun. Ansonsten wäre ein zweigeteiltes Prüfungsschema gar nicht erst notwendig, sondern man könnte sich einfach auf einen Prüfungspunkt beschränken und ihn mit subjektiven und objektiven Kriterien versehen. Nichts anderes macht die h.M., auch wenn sie sich an das zweigeteilte Schema der Vorschrift zu halten versucht. Allein die Tatsache, dass das gefundene Ergebnis stimmig ist, rechtfertigt jedoch noch nicht eine systematisch unsaubere Herangehensweise – insbesondere, wenn die andere Herangehensweise keinen Mehraufwand birgt. Das Alternativmodell verdient deswegen den Vorzug. (4) Anwendbarkeit auf b2b-Verträge Der Schutz vor überraschenden Klauseln wird durch § 310 I BGB nicht ausgeschlossen und gilt deswegen auch für Unternehmer und Kaufleute.670 Wegen ihrer Geschäftserfahrung und den Besonderheiten im Handelsverkehr ist aber insgesamt ein besonderer Maßstab anzusetzen.671 Daraus darf allerdings nicht der Schluss gezogen werden, dass sich der Verwender den Einsatz ungewöhnlicher Klauseln im unternehmerischen Verkehr eher erlauben kann.672 Vielmehr ändern sich allgemein nur die für den Beurteilungsmaßstab relevanten Vergleichsgruppen. Was für einen 668

Vgl. Spruß, S. 298. Das gibt auch Stoffels, Rn. 335 a.E. unumwunden zu („wenngleich die erzielten Ergebnisse durchweg zu überzeugen vermögen“). 670 BGHZ 109, 197 (202); 102, 152 (162); NJW 1988, 558 (560); Lindacher/Hau, in: Wolf/ L/P, § 305c Rn. 95; Schlosser, in: Staudinger, § 305c Rn. 4; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305c Rn. 9. 671 BGHZ 109, 197 (201 f.); 102, 152 (162); 100, 82 (85 f.); OLG Oldenburg NJOZ 2007, 5937 (5943); NJW-RR 1987, 1003 (1005); OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 1112 (1114); Basedow, in: MüKo-BGB, § 305c Rn. 1; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 54; Roloff, in: Erman, § 305c Rn. 5; Stoffels, Rn. 333. 672 Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 95; vgl. auch Hubert Schmidt, in: Bamberger/ Roth, § 305c Rn. 4. 669

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Verbraucher ungewöhnlich ist, mag für einen Kaufmann dagegen der Normalfall sein. Nichtsdestotrotz können auch in diesem Geschäftsverkehr „exotische“ Klauseln auftauchen, die trotz größerer Geschäftserfahrung des Klauselgegners von den generell verwendeten Bestimmungen sehr stark abweichen. Auch in subjektiver Hinsicht ändert sich allein der Vergleichsmaßstab. Der Vertragspartner kann nach wie vor durch individuelle Umstände von einer grundsätzlich gewöhnlichen Klausel im konkreten Vertrag überrumpelt werden.673 Die Prüfung des § 305c I BGB muss daher auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr genauso sorgfältig vorgenommen werden wie bei Verbraucherverträgen. (5) Beweislast Die Beweislast für die Ungewöhnlichkeit und den Überrumpelungseffekt trägt den allgemeinen Grundsätzen folgend der Klauselgegner.674 Ihm obliegt es darzulegen, dass die Klausel von den durchschnittlichen Erwartungen eklatant abweicht und er persönlich nicht damit rechnen musste. Während Letzteres mit Hilfe von Verhandlungsunterlagen und Protokollen noch verhältnismäßig leicht zu bewerkstelligen ist, erfordert der Nachweis der Ungewöhnlichkeit unter Umständen erheblichen Rechercheaufwand. Bei größeren Unternehmen lässt sich die Arbeit auf mehrere Leute und vor allem Spezialisten aufteilen. Für einen Verbraucher ist der Beweis dagegen viel schwieriger zu erbringen. Dementsprechend ist § 305c I BGB zwar ein nicht zu unterschätzendes Geschütz für den Klauselgegner, das sich aber nicht immer einfach in Stellung bringen lässt. Ist dem Klauselgegner der Beweis geglückt, muss der Verwender nachweisen, dass die Voraussetzungen des § 305c I BGB beispielsweise wegen eines Hinweises oder Kenntnis des Vertragspartners nicht eingreifen.675 dd) Verhältnis zur Auslegungsregel des § 305c II BGB Um die Ungewöhnlichkeit einer Klausel festzustellen, muss zunächst ihr Sinngehalt ermittelt werden.676 Daraus folgt ein logisch zwingender Vorrang der Auslegung und der dafür vorhandenen Regeln.677 Die Unklarheitenregel des § 305c II BGB greift erst dann ein, wenn einer Klausel nach erfolgter Auslegung noch mehr als eine Bedeutung beigelegt werden kann.678 Die dort festgelegte Wirkung zu Lasten des Verwenders führt zur Einbeziehungsprüfung anhand der kundenfeindlichsten 673

Vgl. Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305c Rn. 4. BGHZ 143, 95 (102 f.); NJW 2001, 1417 (1419) sowie 1416 (1417); Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 25; Grüneberg, in: Palandt, § 305c Rn. 14. 675 BGHZ 109, 197 (203); 83, 56 (60); NJW 1992, 1822 (1823); Roloff, in: Erman, § 305c Rn. 33; Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305c Rn. 39. 676 Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305c Rn. 40; Stoffels, Rn. 331. 677 Vgl. BGHZ 103, 72 (80); Berger, in: PWW, § 305c Rn. 16. 678 BGHZ 112, 65 (68); NJW-RR 2010, 63 (64); A. Stadler, in: Jauernig, § 305c Rn. 6. 674

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Deutungsmöglichkeit,679 die dann auf ihre Ungewöhnlichkeit hin zu untersuchen ist. Durch die Auslegung nach Maßgabe von § 305c II BGB kann der vermeintliche Überraschungseffekt zudem auch wieder entfallen.680 Die Unklarheitenregel ist daher vorrangig vor dem Einbeziehungshindernis in Abs. 1 zu prüfen.681 ee) Zusammenfassung Der Schutz vor überraschenden Klauseln gehört im BGB zur Einbeziehungskontrolle. Auch wenn die sonstigen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt sind, werden überraschende Klauseln nach § 305c I BGB nicht Vertragsbestandteil. Eine Inhaltskontrolle ist deswegen systematisch nicht mehr erforderlich. § 305c I BGB gibt ein zweigeteiltes Prüfungsschema vor, für dessen Voraussetzungen der Klauselgegner beweispflichtig ist. In einem ersten Schritt ist die Ungewöhnlichkeit der betreffenden Klausel festzustellen. Eine AGB ist dann ungewöhnlich, wenn ihr Inhalt derart von den Erwartungen eines Durchschnittskunden abweicht, dass dieser nach den Gesamtumständen vernünftigerweise nicht mit ihr rechnen muss. Hierfür sind nach zustimmenswerter Auffassung ausschließlich objektive Umstände relevant. Eine Ungewöhnlichkeit lässt sich aber unter Umständen schon durch die vorrangig vorzunehmende einfache Auslegung und – bei mehrdeutigem Auslegungsbefund – durch die weitere Auslegung zu Lasten des Verwenders nach § 305c II BGB beseitigen. In einem zweiten Schritt gilt es dann den Überrumpelungseffekt der Bedingung festzustellen. Das bedeutet, der Regelungsgehalt muss in Widerspruch zu den Erwartungen des Klauselgegners stehen. Hierfür sind sowohl objektive als auch subjektive Umstände ausschlaggebend. Ein zwingender Rückschluss von der Ungewöhnlichkeit auf den Überrumpelungseffekt ist indes nicht möglich, da sich die Überraschung nicht allein aus dem Regelungsgehalt der Bedingung, sondern etwa auch aus Aussagen des Verwenders ergeben kann. Umgekehrt kann der Verwender einer ungewöhnlichen Klausel durch Aufklärung auch ihren Überraschungseffekt nehmen, wobei der Umfang der hierfür erforderlichen Verwendertätigkeit vom Grad der Ungewöhnlichkeit abhängt. § 305c I BGB gilt ebenso für reine Unternehmerverträge. Der einzige Unterschied besteht darin, dass sich die für Ungewöhnlichkeit und Überrumpelungseffekt maßgeblichen Vergleichsgruppen und Umstände verändern.

679

BGHZ 158, 149 (155); NJW 2009, 2051 (2051); 2008, 2172 (2173); 2003, 1237 (1238); Grüneberg, in: Palandt, § 305c Rn. 18; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305c Rn. 77. 680 BGHZ 103, 72 (80); Roloff, in: Erman, § 305c Rn. 6 a.E. 681 BGH NJW 2004, 2589 (2590); 1999, 1633 (1634); Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 3; Spruß, S. 308.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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b) CISG Die Behandlung überraschender Klauseln gestaltet sich im CISG wesentlich schwieriger, da es auch hierfür an einer speziellen Vorschrift fehlt. aa) Überraschende Klauseln als Regelungsgegenstand des CISG Deswegen ist umstritten, ob der Schutz vor überraschenden Klauseln überhaupt zum Regelungsbereich des CISG gehört. Das wird teilweise abgelehnt und – bei Anwendbarkeit deutschen Rechts – diesbezüglich auf § 305c I BGB (bzw. den ehemaligen § 3 AGBG) zurückgegriffen. Die Beurteilung des Überraschungscharakters sei nämlich eine Frage nach der Gültigkeit der betreffenden Klausel und könne gemäß Art. 4 S. 2 lit. a) nicht nach dem CISG, sondern nur nach dem unvereinheitlichten nationalen Recht bestimmt werden.682 Diese Argumentation geht von zwei Voraussetzungen aus, die von den Vertretern im Schrifttum jedoch nicht immer deutlich herausgearbeitet werden: Zunächst muss es sich beim Schutz vor überraschenden Klauseln um eine externe Lücke handeln, so dass überhaupt auf das unvereinheitlichte nationale Recht zurückgegriffen werden kann. Zweite Voraussetzung wäre dann, dass § 305c I BGB tatsächlich eine Gültigkeitsvorschrift i.S.d. Art. 4 S. 2 lit. a) CISG ist. Beide Voraussetzungen sind zwar eng miteinander verzahnt, systematisch aber trotzdem voneinander zu trennen. (1) § 305c I BGB – negative Einbeziehungsvoraussetzung und keine Frage der Gültigkeit Der Einfachheit halber soll zunächst die externe Lücke unterstellt und mit der behaupteten Einordnung von § 305c I BGB als Gültigkeitsvorschrift begonnen werden. Steht fest, dass eine externe Lücke des CISG vorliegt, darf der Gesetzesanwender diese über das anwendbare unvereinheitlichte nationale Recht schließen. Bei diesem Rückgriff gilt die autonome Auslegung des CISG nicht mehr. Sobald man den Anwendungsbereich des Einheitsrechts verlässt, ist vielmehr auf die Auslegungsgrundsätze der unvereinheitlichten Rechtsordnung abzustellen. Dementsprechend ist auch deren Systemverständnis zugrunde zu legen. Das CISG gibt insoweit nur den Rahmen vor, innerhalb dessen mit dem unvereinheitlichten Recht gearbeitet werden kann. Nach Vorgabe des Art. 4 S. 2 lit. a) CISG bedarf es in diesem Zusammenhang also einer Vorschrift betreffend die Gültigkeit einer Vertragsbestimmung. Was „Gültigkeit“ in diesem Sinne bedeutet, ist autonom nach dem CISG zu bestimmen.683 682

Westermann, in: MüKo-BGB, Art. 4 Rn. 5 a.E.; Saenger, in: Ferrari/Kieninger, Art. 4 Rn. 23; Magnus, in: Staudinger, Art. 4 Rn. 25; Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, vor Artt. 14 – 24 Rn. 5; Piltz, Rn. 3 – 91; Schultheiß, S. 60; noch zum wortlautgleichen § 3 AGBG: OLG Düsseldorf, 21. 04. 2004, CISG-online Nr. 915; Witz, in: Witz/S/L, vor Art. 14 Rn. 11 a.E.; Kühl/Hingst, FG Herber, S. 61; Schlechtriem, JZ 1988, 1037 (1040 Fn. 28). 683 Djordjevic, in: Kröll/M/PV, Art. 4 Rn. 14.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Gemeint sind Unwirksamkeitsgründe, also insbesondere aufgrund von gesetzlichen Verboten, Sittenwidrigkeit aber auch speziell wegen ihrer inhaltlichen Unangemessenheit.684 Ob die betreffende nationale Vorschrift, die zur Lückenschließung herangezogen werden soll, diese Prämisse erfüllt, ist dagegen meines Erachtens nicht autonom nach dem CISG zu bestimmen.685 Maßgeblich ist stattdessen die Einordnung nach dem Systemverständnis der nationalen Rechtsordnung. Das ist insofern einleuchtend, als die Verfasser des CISG kompetenzrechtlich keine Entscheidung darüber fällen können, wie nationales Recht systematisch zu verstehen ist, sondern lediglich, ob sich das nationale Verständnis mit dem autonomen Begriff der „Gültigkeit“ deckt. § 305c I BGB (bzw. § 3 AGBG) führt im Ergebnis aber gerade nicht zur Unwirksamkeit einer Klausel, sondern allein zu deren Nichteinbeziehung in den Vertrag. Es geht daher beim Schutz vor überraschenden Klauseln nicht um die Gültigkeit von AGB und damit letztlich eine Inhaltskontrolle.686 Als „negative Einbeziehungsvoraussetzung“687 ist die Vorschrift funktional bereits der Einbeziehungskontrolle zuzuordnen.688 Die Einbeziehung von AGB ist jedoch kein Fall der „Gültigkeit“ nach Art. 4 S. 2 lit. a) CISG, sondern gehört bereits zum – vorbehaltlich Art. 6 und Art. 92 CISG – ausschließlichen Anwendungsbereich der Konvention. § 305c I BGB und funktional vergleichbare Vorschriften in anderen unvereinheitlichten Rechtsordnungen können daher nicht zur Schließung einer (vermeintlichen) Lücke herangezogen werden.689 (2) Keine externe Lücke beim Schutz vor überraschenden Klauseln Für die soeben angestellten Überlegungen wurde eine externe Lücke hinsichtlich des Schutzes vor überraschenden Klauseln unterstellt. Zu klären bleibt deswegen, ob tatsächlich eine Lücke besteht oder ob der Rückgriff auf das unvereinheitlichte nationale Recht nicht schon an ihrem Fehlen scheitert. Nach deutschem Verständnis gehört der Schutz vor überraschenden Klauseln zur Einbeziehungskontrolle. Dieses Verständnis kann wegen der erforderlichen auto684 Barbara Berry, S.A. de C.V. v. Ken M. Spooner Farms, Inc. (U.S. District Court, Western District of Washington at Tacoma), 13. 04. 2007, CISG-online Nr. 1354; Ferrari, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 4 Rn. 18 ff.; P. Huber, in: Huber/Mullis, S. 22. 685 A.A. Magnus, in: Staudinger, Art. 4 Rn. 25: „aus dem Blickwinkel der Konvention zu beantworten“. 686 Abweichend Schultheiß, S. 60. 687 s. bereits oben Fn. 634. 688 LG Landshut IHR 2008, 184 (187); wohl ebenso – da nicht beanstandet – die Berufungsinstanz OLG München IHR 2009, 201 ff.; Lohmann, S. 224; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 14 Rn. 35. Noch zu § 3 AGBG: Sistermann, S. 39 ff.; Drasch, S. 11 f.; Drobnig, FS Mann, S. 614. 689 Vgl. zur – aus den genannten Gründen ebenfalls abzulehnenden – teilweisen Anwendung von § 305c I BGB bei der Inhaltskontrolle und so als Gültigkeitsvorschrift Schultheiß, S. 58 ff. Wie hier ablehnend Spruß, S. 549 f.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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nomen Auslegung nicht unmittelbar auf das CISG übertragen werden.690 Abzustellen ist dementsprechend auf die dortige systematische Einordnung.691 Ob eine Klausel überraschenden Charakter hat, ist nach Auffassung einiger Autoren eine „inhaltliche Wertungsfrage“, weswegen man das unvereinheitlichte Recht heranziehen sollte.692 Das wirft allerdings die Frage auf, warum man gerade diese Wertungsfrage aus dem CISG herausnimmt. Eine einheitliche Wertung für überraschende Klauseln in allen Vertragsstaaten wäre jedenfalls erstrebenswert. Auch bei der Feststellung, ob eine Vertragsverletzung i.S.d. Art. 25 CISG wesentlich ist, handelt es sich letztlich um nichts anderes als eine Wertungsfrage. Das Gleiche gilt etwa für die Feststellung der Vertragsmäßigkeit der Ware nach Art. 35 II lit. a) und b), den Erwartungshorizont bei Art. 79 I oder die Angemessenheit bei Art. 85 CISG. Für alle diese Voraussetzungen bestehen zwar spezielle Vorschriften. Die maßgeblichen Umstände werden jedoch nur allgemein definiert und müssen nach wie vor bewertet werden. Die Feststellung des überraschenden Charakters einer AGB-Klausel fällt daher keineswegs aus dem Rahmen, sondern entspricht durchaus dem Regelungssystem des CISG. Auch dass es sich dabei (zumindest teilweise) um eine inhaltliche Frage handelt, spricht nicht gegen eine Lösung innerhalb des CISG. Fragen nach dem Vertragsinhalt werden auch in Art. 3 II oder Art. 55 CISG angesprochen. Vor allem geht es in Teil II der Konvention um den Vertragsschluss, der notwendigerweise den Vertragsinhalt festlegt. In diesem Zusammenhang sollte man deswegen auch nicht zwingend die Bedeutung von „Gültigkeit“ in Art. 4 S. 2 lit. a) im weitest möglichen Sinne interpretieren. Von „gültig“ spricht nämlich auch Art. 55 CISG, der eine Auslegungsvorschrift für die Bestimmung des Preises enthält693 – also einen Umstand der für den Vertragsschluss notwendig ist. Der Charakter als inhaltliche Wertungsfrage schließt es somit nicht aus, den Schutz vor überraschenden Klauseln innerhalb des CISG zu verorten. Ebenso wenig überzeugt auch die Vorgehensweise von Koller, der zwar das Erfordernis einer autonomen Interpretation des CISG hervorhebt, davon aber dann eine Ausnahme machen will, wenn das anwendbare unvereinheitlichte nationale Recht den Schutz vor überraschenden Klauseln „eindeutig dem Konsensbereich zuordnet“.694 In diesem Fall müsse die Ungewöhnlichkeitsprüfung dem Regelungsbereich des CISG zugeordnet bleiben, da die Behandlung als Frage der Inhaltskontrolle den 690 Anders aber – soweit ersichtlich – die meisten befürwortenden Stimmen im Schrifttum, vgl. oben Fn. 688. 691 LG Landshut IHR 2008, 184 (187). Zumindest im Grundsatz ebenso Koller, FS Honsell, S. 241. 692 Westermann, in: MüKo-BGB, Art. 4 Rn. 5 a.E.; Saenger, in: Ferrari/Kieninger, Art. 4 Rn. 23; Magnus, in: Staudinger, Art. 4 Rn. 25; Witz, in: Witz/S/L, vor Art. 14 Rn. 11. 693 Eingehend zu den Problemen, die diese Vorschrift aufwirft P. Huber, in: Huber/Mullis, S. 75 ff. 694 Zum Folgenden Koller, FS Honsell, S. 241.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Wertungen des nationalen Rechts widerspräche. Die systematische Einordnung würde nach dieser Sichtweise also letztlich durch das unvereinheitlichte nationale Recht entschieden. Eine solche Interpretation missachtet jedoch die nach Art. 7 I CISG anzustrebende einheitliche Anwendung der Konvention, da die nationalen Rechte den Schutz vor ungewöhnlichen Klauseln systematisch sehr unterschiedlich behandeln.695 Vor allem hilft dieser Ansatz auch nicht weiter, wenn das nationale Recht gar keinen speziellen Schutz vor ungewöhnlichen Klauseln bietet, sondern man sich insofern allein mit der Inhaltskontrolle behelfen kann.696 Das erst subsidiär anwendbare nationale Recht hat deswegen außer Acht zu bleiben, wenn die Reichweite des CISG festgestellt werden soll. Es verwundert, dass die Befürworter der Übersendungsobliegenheit697 den Schutz vor überraschenden Klauseln aus dem Anwendungsbereich der Konvention ausnehmen wollen.698 Die Nichteinbeziehung von überraschenden AGB würde nämlich die Übersendungsobliegenheit sinnvoll ergänzen, da durch Letztere, wie bereits gesehen, allenfalls die Möglichkeit der Kenntnisnahme noch weitergehend sichergestellt werden kann, nicht aber die tatsächliche Kenntnisnahme. Vor allem argumentieren die Vertreter dieser Auffassung ja unter anderem damit, dass nicht jedes unvereinheitlichte nationale Recht eine Inhaltskontrolle vorsehe und deswegen der Schutz bereits bei der Einbeziehung verstärkt werden müsse.699 Warum dies im Fall überraschender Klauseln nicht erforderlich sein soll, erschließt sich nicht. Gerade weil AGB-Klauseln einseitig vorgegeben werden und die Einflussmöglichkeiten des Klauselgegners im Regelfall verschwindend gering sind, ist es nur konsequent – insbesondere, wenn man mit der hier vertretenen Auffassung das Bestehen einer Übersendungsobliegenheit ablehnt700 – im Rahmen der Einbeziehung auch gewisse Einschränkungen vorzunehmen. Eine Überraschung des Klauselgegners kann sowohl aus dem Inhalt der AGB herrühren, genauso gut aber aus äußeren Umständen der Einbeziehung.701 Die Überraschungskontrolle liegt somit grundsätzlich in einem Überschneidungsbereich zwischen Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle. Eine Trennung wie im BGB zwischen § 305c I und §§ 307 ff. lässt sich aber auch für das CISG herstellen, indem man lediglich äußere Gesichtspunkte der betreffenden Klausel berücksichtigt.

695

Beispielsweise gilt der Schutz vor überraschenden Klauseln in England – das allerdings bisher kein CISG-Mitgliedstaat ist – bei Unternehmerverträgen nicht, wenn der Klauselgegner den Vertrag unterschrieben hat, s. DCFR (Full), Art. II.-9:103 Note 12. 696 Vgl. etwa für das spanische Recht Trillmich, S. 231 ff. Diesen Fall lässt Koller, FS Honsell, S. 241 ganz bewusst dahinstehen. 697 Dazu oben G. II. 1. b) aa) (2) (a). 698 Statt aller Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, vor Artt. 14 – 24 Rn. 5. 699 s. oben Fn. 104. 700 s. oben G. II. 1. b) aa) (2) (b). 701 LG Landshut IHR 2008, 184 (187).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Im CISG gibt es zwar keine spezielle Vorschrift für überraschende Klauseln, jedoch lässt sich der Schutz vor überraschenden Klauseln in das allgemeine System des Vertragsschlusses einordnen.702 Ob AGB ungewöhnlich sind und der Vertragspartner deswegen von ihnen überrascht wird, ist – wie letztlich auch im nationalen Recht – nichts anderes als eine Frage der Auslegung. Art. 8 CISG hält daher auch für diese Frage die Antwort bereit.703 Die Konvention bietet also selbst im Rahmen der Einbeziehung einen Schutz vor überraschenden Klauseln.704 Es fehlt somit bereits an der externen Lücke für die Anwendung von § 305c I BGB bzw. entsprechender Regelungen in anderen nationalen Rechtsordnungen. bb) Der Schutz vor überraschenden Klauseln gemäß Art. 8 II, III i.V.m. Art. 7 I CISG Der Überraschungscharakter einer Klausel ist demnach im Wege der Auslegung nach Art. 8 CISG zu ermitteln. Primär wäre daher dessen Abs. 1 maßgeblich. Dieser setzt voraus, dass die andere Partei den Willen des Verwenders kannte oder zumindest kennen musste. Trifft das allerdings zu, verliert eine Klausel ihren möglicherweise überraschenden Charakter und wird letztendlich doch wirksam einbezogen. Denn wer den hinter der betreffenden Klausel stehenden Willen des Verwenders kennt, kann von der darin getroffenen einseitigen Regelung logischerweise nicht mehr überrascht werden. Die Klausel muss dem Vertragspartner daher immer unbekannt sein, da ansonsten für die Anwendung von Abs. 2 und 3 mit ihren wertenden Kriterien kein Raum mehr ist.705 Nach Art. 8 II CISG kommt es also darauf an, wie eine vernünftige Person der gleichen Art die Bestimmung unter den gleichen Umständen aufgefasst hätte. Dieses Prüfungsprogramm lässt sich noch präziser auf die (Einbeziehungs-)Kontrolle von AGB zuschneiden: Entscheidend ist, ob die betreffende Klausel wegen ihres Regelungsgegenstands, ihrer Formulierung oder sonstiger äußerer Umstände – wie beispielsweise der drucktechnischen Gestaltung des Vertrags und damit einhergehend der Platzierung der AGB im Vertragsgefüge – vernünftigerweise nicht zu erwarten war.706 Insoweit handelt es sich auch um eine weitere Ausprägung der in Art. 7 I CISG geforderten Wahrung von Treu und Glauben im internationalen Handel.707 702

Vgl. Stadler, S. 95. Schmidt-Kessel/Meyer, IHR 2008, 177 (179). 704 Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 14 Rn. 35; Herber/Czerwenka, vor 14 Rn. 15; Spruß, S. 552; Lohmann, S. 224; Luig, S. 230; Drasch, S. 6, 11 f.; Sistermann, S. 39 f.; Schwenzer/ Mohs, IHR 2006, 239 (241). 705 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, vor Art. 14 Rn. 46; Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/ Schwenzer, Art. 8 Rn. 57; ders./Meyer, IHR 2008, 177 (179). 706 Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 8 Rn. 57. 707 Vgl. Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 14 Rn. 35. 703

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Vergleichsobjekt ist dabei immer ein objektiver und vor allem fachkundiger Vertragspartner in der Position des Klauselgegners.708 Dementsprechend sind auch branchentypische Besonderheiten zu berücksichtigen. Da sich im CISG lediglich Unternehmer gegenüber stehen, sind die Anforderungen an eine Überraschung – wie schon im BGB für Unternehmer709 – daher erhöht.710 Für die Bewertung sind auch hier wieder nach Art. 8 III CISG alle erheblichen Umstände einzubeziehen, also insbesondere bisherige Verhandlungen und Vertragsinhalte sowie die Parteigepflogenheiten.711 Um den von Art. 4 S. 2 lit. a) CISG erlaubten Rahmen nicht zu verlassen, ist aber Vorsicht geboten, wenn die Überraschung (zumindest auch) aus inhaltlichen Fragen herrührt. Die Konvention erlaubt bei der Überraschungsprüfung allein die Frage, „was“ eine Klausel inhaltlich regelt. Das „Wie“ ist demgegenüber der Inhaltskontrolle vorbehalten. Daher kann beispielsweise eine formularmäßige Abwahl des CISG nach Art. 6 durchaus überraschenden Charakter haben – aber eben nur mit der Begründung, dass eine Abwahl zugunsten eines bestimmten unvereinheitlichten nationalen Rechts aus Sicht des Vertragspartners nicht zu erwarten war, da dies beispielsweise der bisherigen Vertragspraxis widerspricht.712 Dass dadurch die Anwendung unliebsamer Regeln der Konvention vermieden werden soll, ist demgegenüber eine Frage der materiellen Angemessenheit der Klausel und damit ihrer inhaltlichen Wirksamkeit. Dieser Umstand darf nicht unter dem Deckmantel der Einbeziehungskontrolle korrigiert werden.713 cc) Zusammenfassung Das CISG enthält keine spezielle Vorschrift zum Schutz vor überraschenden Klauseln. Richtigerweise handelt es sich aber nicht um eine Frage der Gültigkeit nach Art. 4 S. 2 lit. a) CISG. Vielmehr ist auch dieses Problem durch eine Auslegung nach Art. 8 CISG zu lösen. Eine Auslegung nach dem Verwenderwillen gemäß Art. 8 I CISG scheidet logischerweise aus, da bei dessen Kenntnis eine Überraschung nicht möglich ist. Nach Art. 8 II CISG ist deswegen auf die Sichtweise eines objektiven durchschnittlichen Vertragspartners in der Position des Klauselgegners abzustellen und danach zu fragen, ob dieser mit der betreffenden Klausel vernünftigerweise nicht zu

708 Lohmann, S. 224; Kühl/Hingst, FG Herber, S. 52; Drasch, S. 12; vgl. auch Junge, in: Schlechtriem, 3. Aufl., Art. 8 Rn. 9 a.E. 709 Vgl. oben G. II. 4. a) cc) (4). 710 Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 8 Rn. 57; Mankowski, in: Ferrari/ Kieninger, vor Art. 14 Rn. 46; Schmidt-Kessel /Meyer, IHR 2008, 177 (179). 711 Drasch, S. 12. 712 Lohmann, S. 225. 713 Deswegen nicht überzeugend Drasch, S. 12. Zutreffend dagegen Lohmann, S. 225.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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rechnen brauchte. Nach Art. 8 III CISG sind in diese Bewertung alle erheblichen Umstände, wie etwa bisherige Verhandlungen oder Gepflogenheiten einzubeziehen. Begrenzt wird die Überraschungsprüfung aber durch den Anwendungsbereich der Konvention. Art. 4 S. 2 lit. a) CISG ist insofern doch relevant, als die Überraschung sich (auch) auf inhaltliche Fragen gründet. Die Kontrolle muss sich folglich darauf beschränken, ob das, „was“ die betreffende AGB regelt, also gewissermaßen das Thema der Klausel, überraschenden Charakter hat. Das „wie“, also die konkrete Ausgestaltung der Klausel, ist dagegen eine Frage der Inhaltskontrolle. c) PICC Die PICC wiederum haben mit Art. 2.1.20 eine eigene Vorschrift zum Schutz vor überraschenden Bedingungen. aa) Systematische Einordnung von Art. 2.1.20 PICC Problematisch ist die Einordnung von Art. 2.1.20 PICC in das System der AGBKontrolle. Während § 305c I BGB bei einer überraschenden Klausel ausdrücklich anordnet, dass sie gar nicht erst Vertragsbestandteil wird, führt der überraschende Charakter nach Art. 2.1.20 I PICC zur „Unwirksamkeit“ der betreffenden Bedingung („No term […] is effective […]“). Trotz dieser Wortlautdiskrepanz bestehen aber auch Gemeinsamkeiten in der Formulierung.714 Vom Wortsinn her kann „unwirksam“ grundsätzlich ebenfalls bedeuten, dass die AGB nicht in den Vertrag einbezogen wird, denn was nicht Vertragsinhalt geworden ist, kann logischerweise auch keine Wirkung entfalten. Andererseits ist das Begriffspaar „Wirksamkeit – Unwirksamkeit“ aber typischerweise mit der Inhaltskontrolle von AGB verbunden. Vor allem bestehen auch im Englischen deutlichere Formulierungen, um die Zugehörigkeit einer Thematik zur Einbeziehungskontrolle herauszustellen (etwa „incorporation“ oder „form part of the contract“).715 Auch die offizielle Kommentierung enthält keine diesbezügliche Klarstellung. Dort heißt es nur, die andere Partei sei nicht an überraschende Klauseln im Sinne der Norm „gebunden“ („is not bound“).716 Diese Formulierung ist ebenso zweideutig, da die Inhaltskontrolle praktisch denselben Effekt hat.717 Der Wortlaut hilft daher an dieser Stelle nicht weiter. In systematischer Hinsicht ist die Stellung der Vorschrift im Abschnitt „Vertragsschluss“ von Bedeutung,718 in dem sich auch alle anderen AGB-bezogenen

714

Spruß, S. 583. s. etwa Art. II.-4:209 I 2 DCFR. 716 UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 2.1.20 Comment 1. 717 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 1 geht dagegen ohne Weiteres davon aus, dass der Wortsinn mit der deutschen Regelung in § 305c I BGB übereinstimmt. 718 Spruß, S. 583. 715

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Vorschriften der PICC befinden. Inhaltlich geht es bei diesen ausschließlich um Fragen der Einbeziehung.719 Für die Qualifikation als Frage der Einbeziehungskontrolle spricht auch Art. 2.1.20 I letzter Halbsatz PICC, der eine Ausnahme von der Unwirksamkeit vorsieht, wenn die Partei die überraschende Bedingung ausdrücklich angenommen hat.720 Die Norm soll den Vertragspartner davor schützen, dass der Verwender seine Möglichkeit zur einseitigen Vorgabe von Vertragsbedingungen treuwidrig ausnutzt und Klauseln stellt, die jener bei Kenntnis davon niemals angenommen hätte.721 Im Vordergrund steht daher nicht etwa ein allgemeiner inhaltlicher Schutz des Vertragspartners, sondern die Aufklärung über den Vertragsinhalt. Eine Rückausnahme für inhaltlich unangemessene Klauseln wäre dagegen nach Sinn und Zweck der Inhaltskontrolle äußerst fragwürdig und vor allem untypisch. Dementsprechend geht es also in Art. 2.1.20 PICC nicht um Aspekte der Inhalts-, sondern der Einbeziehungskontrolle. bb) Schutz vor überraschenden Klauseln im Rahmen der PICC Der Vertragspartner wird nach Art. 2.1.20 I PICC vor einer Klausel geschützt, „die von der Art ist, dass die andere Partei sie vernünftigerweise nicht zu erwarten brauchte.“ Dabei sind nach Abs. 2 der Inhalt, die sprachliche Fassung und das Erscheinungsbild der in Frage stehenden Bedingung zu berücksichtigen. Auch die PICC gehen insoweit von einem gemischten Prüfungsschema aus, dass einerseits anhand objektiver Gesichtspunkte die Ungewöhnlichkeit der Klausel und anhand subjektiver die Überraschung bestimmt. Insoweit entspricht das Vorgehen dem der Prüfung im BGB.722 (1) Anwendbarkeit der Vorschrift Der Wortlaut von Art. 2.1.20 PICC enthält keinerlei Einschränkungen, so dass der Schutz vor überraschenden Klauseln für alle Verträge im Rahmen der PICC gilt. Teilweise wird jedoch eine Unanwendbarkeit vorgeschlagen, wenn der Verwender davon ausgehen durfte, dass die AGB auch tatsächlich gelesen werden.723 Eine solche Ausnahme ist meines Erachtens eher zweifelhaft und letztlich auch unnötig. Der Verwender kann sich etwa nicht allein dadurch von der Überraschungsprüfung befreien, dass er den Klauselgegner dazu auffordert, die AGB auch wirklich zu lesen und dieser dies zusichert. Hintergrund der Vorschrift ist ja gerade die Tatsache, dass 719

Wolf/Pfeiffer, ZRP 2001, 303 (305 Fn. 16); Kramer, ZEuP 1999, 209 (210); vgl. auch Luig, S. 233. 720 Spruß, S. 582. 721 UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 2.1.20 Comment 1; Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 2; Luig, S. 231. 722 Spruß, S. 583 f. 723 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 1.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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AGB regelmäßig eben nicht gelesen werden – unabhängig davon, ob der Vertragspartner dies verspricht oder nicht. Vor allem besteht auch keine Pflicht dazu, die AGB tatsächlich zur Kenntnis zu nehmen. Ferner gebietet es der Grundsatz von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs (Art. 1.7 PICC), auch in solchen Fällen die Gestaltungsfreiheit des Verwenders zu beschränken und keinen Freibrief zu erteilen. Die Einschränkung ist schließlich auch unnötig, da Art. 2.1.20 I PICC im letzten Halbsatz selbst eine Ausnahme vorsieht, wenn der andere Teil die Klausel ausdrücklich angenommen hat.724 (2) Erfasste Klauseln Was die Überraschungskontrolle angeht, so gilt auch hier die Regel, dass dafür allein der Gegenstand der Klausel berücksichtigt werden darf, und nicht, wie der Inhalt im Einzelnen ausgestaltet ist.725 Für die inhaltliche Kontrolle einer AGB sehen die PICC eigene Kontrollvorschriften wie etwa Art. 3.2.7 und Art. 7.1.6 vor und erlauben parallel dazu den Rückgriff auf die Inhaltskontrollvorschriften des unvereinheitlichten nationalen Rechts.726 Die Principles enthalten insofern eine klare Wertentscheidung dahingehend, dass die inhaltliche Kontrolle einer Klausel nicht über Art. 2.1.20 PICC erfolgen soll. Vergleichsmaßstab für die Ungewöhnlichkeit der Bedingung sind wiederum die gewöhnlichen Vertragsbestimmungen in der betreffenden Branche, wobei aber auch die individuellen Vertragsverhandlungen Auswirkungen haben können.727 In subjektiver Hinsicht ist für die Überraschung auf die Sichtweise eines objektiven Dritten in der Position des Vertragspartners abzustellen.728 Insoweit können auch die Ausführungen zu BGB und CISG mitherangezogen werden.729 Als ungewöhnlich sind daher Klauseln einzustufen, die im Widerspruch zum Inhalt der vorherigen Vertragsverhandlungen stehen, die insbesondere auch durch Werbeaussagen und anderweitige (schriftliche) Vereinbarungen beeinflusst werden. Genauso liegt es bei Bestimmungen, die den Vertragscharakter wesentlich, u. U. sogar bis ins Gegenteil verändern, etwa weil sie dem Klauselgegner weitere Pflichten aufbürden. Gerade dabei muss auch wieder dem Grad der Abweichung vom dispositiven Recht und der praktischen Bedeutung dieser Vorschriften Rechnung getragen werden. Unter Berücksichtigung von Vertragsinhalt, -zweck und -parteien sind deswegen auch Regelungen, die nach ihrem Sinn und Zweck weder verständlich sind noch zum Vertrag passen, ungewöhnlich. 724

Ausführlich dazu sogleich (4). Vgl. die Ausführungen zum CISG, oben G. II. 4. b) aa). 726 Dazu unten H. III. 727 Zum Folgenden Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 7 ff.; UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 2.1.20 Comment 2. 728 UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 2.1.20 Comment 2. 729 s. oben G. II. 4. a) cc) bzw. b) bb). 725

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

In subjektiver Hinsicht können wiederum an sich gewöhnliche Regelungen unerwartet sein, weil ein objektiver Dritter in der Position des Vertragspartners nicht damit vertraut ist. Logischerweise kann sich der Vertragspartner aber nicht auf den überraschenden Charakter einer Vertragsbestimmung berufen, wenn er sie selbst (wenn auch nicht zwingend im gleichen Wortlaut) in seinen eigenen AGB zur Anwendung bringen will oder er von ihnen Kenntnis hat. (3) Sprachliche Fassung und Erscheinungsbild der Klausel Nach Art. 2.1.20 II PICC kann der überraschende Effekt einer AGB-Klausel auch von ihrer Sprache oder typographischen Erscheinung herrühren. Interessanterweise gibt die offizielle Kommentierung für diese zwei Punkte ausdrücklich ein gestuftes Prüfungsschema vor: Zunächst ist auf die beruflichen Fähigkeiten und Erfahrungen einer objektiven Vergleichsperson abzustellen und erst dann allgemein ein Vergleich mit der branchenüblichen Gestaltung anzustellen.730 Da eine verständliche Sprache jedoch schon eine Einbeziehungsvoraussetzung ist,731 bleibt für die Überraschung allein durch eine fremde Sprache so gut wie kein Anwendungsbereich.732 Für das Schriftbild gilt wie schon für die Gestaltung beim BGB733 das Gebot der Transparenz. So können die Schriftgröße734 oder auch eine unübersichtliche Gestaltung der AGB insgesamt oder bestimmter Abschnitte und die Aufteilung einer an sich zusammenhängenden Regelung auf mehrere, eventuell voneinander räumlich getrennte Bestimmungen, einen Überraschungseffekt haben.735 (4) Entfallen der überraschenden Wirkung Die überraschende Wirkung einer oder mehrerer AGB entfällt verständlicherweise, wenn diese dem Vertragspartner etwa aus den Verhandlungen, vorherigen Verträgen oder aus anderen Gründen bekannt sind. Neben diesen allgemeinen Möglichkeiten sieht Art. 2.1.20 I PICC im letzten Halbsatz aber auch eine Ausnahme vor, wenn die andere Partei die überraschende Klausel ausdrücklich angenommen hat. Erforderlich ist dafür, dass der Verwender vorher die Aufmerksamkeit seines Vertragspartners darauf lenkt und dieser nun die Bestimmung ausdrücklich akzeptiert.736 Dafür genügt es jedoch noch nicht, dass die Bestimmung nur durch Fettdruck

730 731 732 733 734 735 736

UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 2.1.20 Comment 3. s. oben G. II. 3. c). Vgl. das Beispiel bei UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 2.1.20 Comment 3. Oben G. II. 1. a) aa) (2). UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 2.1.20 Comment 3. Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 15. UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 2.1.20 Comment 4.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

207

optisch hervorgehoben wird.737 Erforderlich ist vielmehr, dass ein individueller Hinweis auf die Klausel außerhalb des Fließtextes der AGB erfolgt.738 Die zusätzlich erforderliche Zustimmung des Vertragspartners muss nach dem Wortlaut der Vorschrift und den Ausführungen der offiziellen Kommentierung für jede überraschende Klausel gesondert erfolgen.739 Ein solcher Formalismus ist meines Erachtens jedoch nicht angebracht. In der Tat wäre es nämlich widersprüchlich, wenn der Verwender auf die Bedingung hingewiesen hat und die Parteien den Vertrag durchführen, aber die Klausel mangels ausdrücklicher Annahme dennoch nicht wirksam wäre.740 Dies wäre nicht nur ein Verstoß gegen Grundsatz von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs (Art. 1.7 PICC), sondern ließe auch die Möglichkeit einer stillschweigenden Annahme außer Betracht.741 Der Wortlaut spricht zwar nur von „ausdrücklich“, jedoch sollte davon dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn der Vertragspartner von der Klausel nicht mehr überrascht werden kann. Weitergehend sollte es auch genügen, wenn der Klauselgegner nach einem ausdrücklichen Hinweis auf mehrere überraschende Klauseln eine allgemeine Zustimmung abgibt und nicht speziell zu jeder einzelnen Bedingung.742 Ob die Ausnahme im Streitfall eingreift, ist letztlich eine Frage der Beweislast. Während die Beweislast für den überraschenden Charakter beim Klauselgegner liegt, muss die Annahme vom Verwender bewiesen werden.743 Dementsprechend sollte dieser geeignete Maßnahmen zur Dokumentation ergreifen und beispielsweise einen diesbezüglichen Passus in den Vertrag aufnehmen, den der Vertragspartner unterzeichnet. cc) Zusammenfassung Die PICC enthalten für den Schutz vor überraschenden Klauseln in Art. 2.1.20 PICC eine eigene Vorschrift, die systematisch zur Einbeziehungskontrolle gehört. Wie im BGB hat auch hier wieder eine zweigeteilte Prüfung hinsichtlich der Ungewöhnlichkeit und des Überrumpelungseffekts zu erfolgen. Die Ungewöhnlichkeit bestimmt sich durch objektive Umstände, insbesondere einen Vergleich mit dem dispositiven Recht, während für den Überrumpelungseffekt subjektive Kriterien – vor allem die Vertragsverhandlungen – relevant sind. Auch im Rahmen der PICC kann aber nicht allein aufgrund der Ungewöhnlichkeit auf den Überrumpelungsef-

737 738 739 740 741 742 743

Ebenso Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 18. Vgl. Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 17; Hellwege, S. 376. UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 2.1.20 Comment 4. So das Beispiel von Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 17. Vgl. Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 17. Ebenso Hellwege, S. 376. Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 19.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

fekt geschlossen werden, da dieser etwa durch Aufklärungsmaßnahmen des Verwenders beseitigt werden kann. Des Weiteren bleibt die an sich überraschende Klausel nach Art. 2.1.20 PICC wirksam, wenn der Klauselgegner sie ausdrücklich angenommen hat. Dafür ist aber erforderlich, dass der Verwender individuell auf diese Bestimmung hinweist. Sofern mehrere überraschende AGB existieren, genügt meines Erachtens auch eine gesammelte Annahme sämtlicher Klauseln. Nach hier vertretener Auffassung sollte das Ausdrücklichkeitserfordernis allerdings dahingehend eingeschränkt werden, dass auch eine stillschweigende Annahme ausreicht, wenn der Vertragspartner aufgrund eines erfolgten Hinweises nicht mehr überrascht werden kann. Nach Art. 2.1.20 II PICC kann sich der überraschende Effekt einer AGB aber auch aus ihrer Sprache oder typographischen Gestaltung ergeben. Da eine verständliche Sprache jedoch schon eine Einbeziehungsvoraussetzung ist, bleibt für die Überraschung allein durch eine fremde Sprache so gut wie kein Anwendungsbereich. Weitaus relevanter ist dagegen die Überraschung aufgrund der typographischen Gestaltung. Diese greift insbesondere bei einer unübersichtlichen Gestaltung und willkürlichen Trennung zusammengehöriger Regelungen ein. d) PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag Im Gegensatz zu den PICC enthalten PECL, DCFR und GEK-Vorschlag jeweils keine ausdrückliche Vorschrift zu überraschenden Klauseln. Da sich die Problematik überraschender Klauseln jedoch immer stellen kann, wenn standardisierte Bedingungen verwendet werden, wird die fehlende Regelung im Schrifttum teilweise äußerst kritisch gesehen.744 Vor allem verwundert das Fehlen einer Regelung beim GEK-Vorschlag, da in Art. 87 der Machbarkeitsstudie eine ausdrückliche Regelung zu überraschenden Klauseln vorgesehen ist. Art. 87 der Machbarkeitsstudie stimmt größtenteils mit Art. 2.1.20 PICC überein und unterscheidet sich nur geringfügig in der Wortwahl. Diesbezüglich kann also auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.745 aa) Schutzmöglichkeiten innerhalb der Regelwerke Um auch im Anwendungsbereich von PECL, DCFR und GEK-Vorschlag einen möglichst weitreichenden Schutz vor überraschenden Klauseln gewährleisten zu können, werden mehrere Möglichkeiten vorgeschlagen.

744 Zu den PECL Wilhelmsson, S. 437; Ulmer, FS Tilmann, S. 1006; Hellwege, S. 375; zum DCFR ders., AcP 211 (2011), 665 (682). 745 s. oben G. II. 4. c).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

209

(1) Keine ausreichende Berücksichtigung im Rahmen der Inhaltskontrolle Eine erste Lösungsmöglichkeit wäre die Erfassung überraschender AGB im Rahmen der Inhaltskontrolle. Diese Überlegung bietet sich jedenfalls dann an, wenn eine Bestimmung auch inhaltlich überraschenden und damit unangemessenen Charakter hat.746 Wenn es sich allein um eine „formelle“ Überraschung – also ein, die sich allein aufgrund der Stellung im Klauselwerk oder der typographischen Gestaltung ergibt – handelt und an der Bedingung inhaltlich nichts auszusetzen ist, wird über eine Verletzung des Transparenzgebots in Art. II.-9:402 DCFR bzw. Art. 82 GEK-Vorschlag747 nachgedacht.748 Allerdings sollen die Vorschriften zur Transparenz lediglich sicherstellen, dass die AGB möglichst klar und verständlich formuliert sind, so dass der Vertragspartner erkennen kann, was überhaupt und wie der betreffende Umstand geregelt ist. Bei der Überraschungskontrolle geht es jedoch vornehmlich nicht um Verständnisprobleme, sondern um die bloße Existenz einer entsprechenden einseitigen Regelung und den Ort im Klauselwerk, an dem sie sich befindet. Eine Überraschung allein durch unklare sprachliche Gestaltung ist zwar denkbar, dürfte aber nur in sehr seltenen Fällen vorliegen, da auch AGB und die damit bezweckten Regelungen den Gebrauch eines bestimmten Vokabulars voraussetzen, das auf die Zielsetzung des Verwenders schließen lässt. Ein mit dem BGB und den PICC vergleichbarer Schutz ließe sich eventuell erreichen, wenn die jeweiligen Vorschriften zur eigentlichen Inhaltskontrolle (Art. 4:110 PECL, Art. II.-9:403 ff. DCFR bzw. Art. 83, 86 GEK-Vorschlag) auch eine „klassische“ Überraschungskontrolle ermöglichen.749 Das hängt maßgeblich davon ab, ob der darin gebrauchte Begriff „unfair“ auf eine rein inhaltliche Kontrolle der betreffenden Regelung („wie“) beschränkt ist oder auch den Gegenstand der AGB sowie ihre Platzierung und äußerliche Gestaltung im Klauselwerk erfasst. Vom Wortlaut sind die Vorschriften nicht völlig identisch. Allen gemeinsam ist jedoch die Grundaussage, dass die betreffenden Klauseln den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben750 wesentlich, erheblich bzw. signifikant benachteiligen müssen.751 Auch das ist jedoch keine Überraschungskontrolle im eigentlichen Sinne, sondern eine Überprüfung der inhaltlichen Angemessenheit.752 Nicht 746

Vgl. zum DCFR Spruß, S. 510. Dieser gilt allerdings nur für Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern. 748 Zum DCFR Spruß, S. 510. 749 In diesem Sinne für die PECL, jedoch nur bei inhaltlicher Überraschung Spruß, S. 490. 750 Bei den PECL und in Art. 86 GEK-Vorschlag noch ergänzt durch die Gebote des redlichen Geschäftsverkehrs. 751 Im Einzelnen dazu bei der Inhaltskontrolle, unten H. IV., V. und VI. 752 Vgl. auch die Ausführungen von Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 83 GEK Rn. 6 ff. und Art. 86 GEK-Vorschlag Rn. 4 f. 747

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

erfasst wird wiederum eine Klausel, die zwar inhaltlich ohne weiteres als fair zu beurteilen ist, aber eben angesichts einer mündlichen Zusage des Verwenders überhaupt nicht in den AGB auftauchen dürfte. Die Generalklauseln können daher bereits wegen ihrer Zielsetzung keine derartige Überraschungskontrolle gewährleisten, wie das BGB und die PICC es tun. Für die PECL ergibt sich ein weiteres Argument gegen diese Lösung. Während der DCFR, die Machbarkeitsstudie und der GEK-Vorschlag als Rechtsfolge die Unwirksamkeit der unfairen Vertragsklauseln vorsehen, gewähren die PECL dem Vertragspartner dagegen nur ein Anfechtungsrecht, setzen also dessen Aktivwerden voraus. Wie bereits dargestellt, ist das insofern misslich, als die überraschende Bedingung häufig erst dann zutage tritt, wenn die Parteien bereits mit der Vertragsdurchführung begonnen haben. Allerdings beschränkt sich die Anfechtung einer oder mehrerer einzelner Klauseln bei den PECL gemäß Art. 4:116 im Regelfall auch nur auf diese Klauseln, während der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt. Im Gegensatz zu einer Anfechtung des ganzen Vertrages bleibt dem Klauselgegner die damit einhergehende Rückabwicklung grundsätzlich erspart und er kann bei Leistungsstörungen auf vertraglicher Grundlage gegen den Verwender vorgehen. Nichtsdestotrotz ist ein Anfechtungserfordernis eine zusätzliche Hürde.753 In Anbetracht des Hintergrundes der AGB-Kontrolle – dem Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs – bedarf es eines Automatismus.754 Das Erfordernis eines fristgebundenden755 Aktivwerdens des Vertragspartners ist meines Erachtens nicht zu rechtfertigen. Für die PECL ist eine Lösung über Art. 4:110 daher auch aus diesem Grund abzulehnen. Allein eine inhaltliche Überprüfung bietet daher bei PECL, DCFR und GEKVorschlag keinen ausreichenden Schutz vor überraschenden Klauseln. Die Lösung ist vielmehr im Rahmen der Einbeziehung zu suchen. (2) Erhöhte Anforderungen im Rahmen der „allgemeinen“ Einbeziehungskontrolle Eine überraschende AGB könnte modifizierende Wirkung i.S.d. Art. 2:208 I PECL, Art. II.-4:208 I DCFR bzw. Art. 38 I GEK-Vorschlag haben, so dass im Ergebnis ein neues Angebot des Verwenders vorläge und der Klauselgegner insofern geschützt würde, als er es und damit auch die AGB ausdrücklich annehmen muss.756 Diese Lösung wäre aber in den meisten Fällen kontraproduktiv. Zunächst stellt sich die Frage, ob jede überraschende Klausel gleichzeitig auch so schwer wiegt, dass sie eine erhebliche Änderung des Angebots darstellt.757 Schon die gleichzeitige Existenz 753 754 755 756 757

Kritisch auch Wolf, S. 117 f. Ebenso Wolf, S. 118. Vgl. Art. 4:113 II PECL. Zum DCFR Spruß, S. 509. So jedenfalls Spruß, S. 491 (zu den PECL).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

211

von Vorschriften zur Annahme unter Änderungen und zu überraschenden Klauseln in BGB und PICC zeigt, dass dies nicht der Regelfall ist. Noch schwerer wiegt allerdings der durch das erneute Annahmeerfordernis ausgelöste Schwebezustand des Vertrages. Dieser bereitet beispielsweise dann Probleme, wenn die Vertragsparteien im Glauben an einem wirksamen Vertrag bereits mit der Vornahme ihrer Leistungen beginnen und dann Leistungsstörungen auftreten. Dem Klauselgegner ist deswegen vielmehr an einem wirksamen Vertrag unter Ausschluss der überraschenden AGB gelegen als an einem Schwebezustand, den beide Parteien möglicherweise erst bemerken, wenn es bereits zu spät ist. Die Lösung über die Vorschriften zur modifizierenden Annahme ist daher ebenfalls nicht überzeugend. Bei BGB, CISG und PICC wird der Schutz vor überraschenden Klauseln im Rahmen der Einbeziehungskontrolle vorgenommen. Die rechtsvergleichenden Anmerkungen in der offiziellen Kommentierung zu Art. 2:104 PECL und Art. II.-9:103 DCFR zitieren mehrere nationale Regelungen bzw. Gerichtsurteile zur sog. „red hand-rule“, darunter auch den damaligen § 3 AGBG (§ 305c I BGB n.F.).758 Man darf davon ausgehen, dass diese Regelungen zu den überraschenden Klauseln nicht grundlos als Anmerkung zur Einbeziehungsvorschrift der PECL und des DCFR gesetzt wurden. Vielmehr lässt sich daraus folgern, dass der Schutz vor überraschenden AGB in die allgemeinen Einbeziehungsvoraussetzungen der PECL und des DCFR hineingelesen werden kann.759 Dieselbe Überlegung wird (zurückhaltend) auch für Art. 70 GEK-Vorschlag angestellt.760 Die Rechtsfolge – Nichteinbeziehung der betreffenden überraschenden Klausel – ist jeweils vom Wortlaut der Vorschriften gedeckt. Zusammen mit Art. 4:110 PECL, Art. II.-9:403 ff. DCFR bzw. Art. 83, 86 GEK-Vorschlag wäre daher ein umfassender Schutz sowohl vor formell als auch vor inhaltlich überraschenden Klauseln gewährleistet.761 Entsprechend den in der Anmerkung zitierten Vorschriften sowie den englischen und schottischen Entscheidungen zur „red hand rule“762 sind daher an die Einbeziehung überraschender Klauseln höhere Anforderungen zu stellen.763 Erforderlich ist – wie bei BGB und PICC – zumindest ein gesonderter klarer und deutlicher 758 Als „red hand rule“ bezeichnen die Autoren der PECL und des DCFR die gesteigerte Obliegenheit des Verwenders zur Aufklärung seines Vertragspartners über ungewöhnlich belastende Klauseln, s. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:104 Anmerkung 2; DCFR (Full), Art. II.-9:103 Note 11 f. Interessanterweise zitiert auch der zeitlich nach der Schuldrechtsreform erschienene DCFR noch § 3 AGBG. 759 Das übersieht Spruß, S. 490 ff. Für die PECL Wilhelmsson, S. 437 f.; Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 1. Für den DCFR Hellwege, AcP 211 (2011), 665 (682); eher zweifelnd Ulmer, FS Tilmann, S. 1006. 760 Ernst, S. 98. 761 Vgl. für die PECL Spruß, S. 490 ff., der die Anwendbarkeit von Art. 2:104 PECL auf überraschende Klauseln allerdings nicht diskutiert. 762 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:104 Anmerkung 2; DCFR (Full), Art. II.9:103 Note 12. 763 Hellwege, AcP 211 (2011), 665 (682); Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.20 Rn. 1.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Hinweis innerhalb des Angebots auf die überraschende Klausel.764 Dem Verwender steht es selbstverständlich frei, zusätzlich noch darüber hinausgehende Maßnahmen zu treffen (beispielsweise Hervorhebung wichtiger Passagen der in Frage stehenden AGB). Auch bei PECL, DCFR und GEK-Vorschlag ist, wie schon bei den anderen Regelwerken, darauf zu achten, dass im Rahmen der Überraschungskontrolle wiederum nur berücksichtigt wird, „was“ die betreffende Klausel regelt, während die inhaltliche Kontrolle des „wie“ den eigenen Vorschriften zur Inhaltskontrolle bzw. denen des unvereinheitlichten nationalen Rechts überlassen bleibt. bb) Voraussetzungen für eine Überraschung Als Folgeproblem stellt sich aber die Frage, in welchen Fällen ein solcher ausdrücklicher Hinweis bzw. erhöhte Anforderungen an die Einbeziehung zu machen sind. Mangels einer entsprechenden Vorschrift finden sich in PECL, DCFR und GEK-Vorschlag keine Definitionen für eine überraschende Klausel. Die Voraussetzungen des Art. 87 der Machbarkeitsstudie entsprechen wie bereits dargestellt denen der PICC. Erfasst werden also wiederum Klauseln, die von einer solch überraschenden Natur sind, dass die andere Partei sie nicht erwarten konnte („[…] which is of such a surprising nature that the other party could not have expected it, […]“). Diese Voraussetzungen sind verallgemeinerungsfähig, unabhängig davon, dass Art. 87 Machbarkeitsstudie im GEK-Vorschlag letztlich keinen Niederschlag gefunden hat. Für eine Überraschungskontrolle ist die Trennung in objektive Überraschung/Ungewöhnlichkeit und subjektive Erwartungshaltung sachgerecht und trägt den Anforderungen des redlichen Geschäftsverkehrs am besten Rechnung. Dementsprechend gelten die Ausführungen zu den PICC hier entsprechend. Für eine Überraschung allein aufgrund der Sprache der AGB verbleibt wie bei den PICC gesehen kein Anwendungsbereich mehr. Jedoch sollte bei der Überraschungsprüfung im Rahmen von PECL, DCFR, GEK-Vorschlag und Art. 87 Machbarkeitsstudie – auch wenn dieser kein Pendant zu Art. 2.1.20 II PICC enthält –, auch die typographische Gestaltung der AGB eine Rolle spielen. cc) Entfallen der überraschenden Wirkung Die überraschende Wirkung einer Klausel entfällt wiederum bei Kenntnis des Vertragspartners. Wie bei den PICC und in Art. 87 Machbarkeitsstudie a.E. entfällt sie richtigerweise auch, wenn der Klauselgegner die AGB nach dem erfolgten Hinweis ausdrücklich angenommen hat. Die zu den PICC angestellten Überlegungen hinsichtlich der „Ausdrücklichkeit“ gelten auch hier entsprechend.765 764 765

Für die PECL Hellwege, S. 375; vgl. auch Wilhelmsson, S. 437. s. im Einzelnen oben G. II. 4. c) bb) (4).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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dd) Unterschiede zwischen Unternehmern und Verbrauchern Unterschiede zwischen Verbrauchern und Unternehmern ergeben sich wiederum bei den Anforderungen an die objektiven und subjektiven Umstände. Im Einzelnen kann hierzu auf die Ausführungen zum BGB verwiesen werden.766 ee) Zusammenfassung PECL, DCFR und GEK-Vorschlag enthalten wie das CISG keine eigene Vorschrift zum Schutz vor überraschenden Klauseln. Für den GEK-Vorschlag verwundert dieser Umstand insofern, als die Machbarkeitsstudie in Art. 87 eine entsprechende Regelung enthält, die inhaltlich mit Art. 2.1.20 I PICC übereinstimmt. Richtigerweise ist die Problematik überraschender AGB auch bei PECL, DCFR und GEK-Vorschlag nicht im Rahmen der Inhalts-, sondern der Einbeziehungskontrolle zu behandeln. Abzulehnen ist aber eine allgemeine Anwendung der Vorschriften über die modifizierende Annahme. Vielmehr sind nach hier vertretener Auffassung schlicht die Anforderungen der Einbeziehung zu erhöhen. Das bedeutet, in Anlehnung an BGB und PICC muss der Verwender auf überraschende Klauseln zumindest klar und deutlich hinweisen und gegebenenfalls auch noch darüber hinausgehende Maßnahmen treffen, um den Klauselgegner von ihrer Existenz in Kenntnis zu setzen. Wie bei den PICC entfällt die überraschende Wirkung dementsprechend, wenn der Vertragspartner nicht mehr von der AGB überrascht werden kann. Dafür kommt nach hier vertretener Auffassung auch eine stillschweigende Annahme der Klausel in Betracht. Davon zu unterscheiden ist die Frage, wann es sich im Sinne dieser Regelwerke überhaupt um eine überraschende Klausel handelt. Die in Art. 87 Machbarkeitsstudie enthaltenen Voraussetzungen stimmen wie erwähnt mit denen der PICC überein und können auch als allgemeines Prinzip zugrunde gelegt werden. Maßgeblich ist daher wiederum, ob eine Klausel von einer solch überraschenden Natur ist, dass die andere Partei sie nicht erwarten konnte. Daraus folgt zugleich wieder die Aufteilung der Prüfung in eine objektiv zu bestimmende Ungewöhnlichkeit und subjektiv zu bestimmende Überrumpelung. Für Verbraucher und Unternehmer gelten dabei die gleichen Voraussetzungen. Es ändern sich aber wiederum die maßgeblichen Vergleichsgruppen. e) Zusammenfassung zum Schutz vor überraschenden Klauseln Der Behandlung überraschender Klauseln widmen BGB, PICC und auch die Machbarkeitsstudie eigene Vorschriften. CISG, PECL, DCFR und GEK-Vorschlag enthalten hingegen keine ausdrücklichen Regeln zum Umgang mit diesem Problembereich. Der Schutz vor überraschenden Standardbedingungen ist aber richti766

s. oben G. II. 4. a) cc) (4).

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

gerweise unabhängig davon, ob eine spezielle Vorschrift besteht, als Problem der Einbeziehungskontrolle zu qualifizieren. Die alleinige Einordnung bei der Inhaltskontrolle überzeugt schon deshalb nicht, da Überraschung nicht zwingend mit inhaltlicher Unangemessenheit bzw. Unfairness gleichzusetzen ist. Allerdings sind natürlich durchaus auch Überschneidungen zwischen Überraschungs- und Inhaltskontrolle möglich. Dementsprechend fällt die Überraschungskontrolle also auch in den Anwendungsbereich des CISG und ist im Wege der Auslegung gemäß Art. 8 II, III i.V.m. 7 I CISG zu bewerkstelligen. Nicht überzeugend ist es dagegen, eine dahingehende externe Lücke zu unterstellen und auf das unvereinheitliche nationale Recht – also beispielsweise § 305c I BGB – zurückzugreifen. Durch die systematische Verortung bei der Einbeziehungskontrolle ist zugleich die Rechtsfolge einer überraschenden Wirkung vorgezeichnet. Wie im BGB wird die betreffende Klausel auch bei den übrigen Regelwerken nicht wirksam einbezogen. Nach hier vertretener Auffassung erfolgt die Überraschungsprüfung bei allen Regelwerken in zwei Schritten. Zunächst ist die Ungewöhnlichkeit der betreffenden Klausel festzustellen. Dies geschieht allein anhand objektiver Umstände. Danach gilt es in einem zweiten Schritt die Überraschung des Vertragspartners festzustellen. Die Feststellung des dafür notwendigen Überrumpelungseffekts erfolgt ausschließlich nach subjektiven Kriterien, wobei auch besondere Umstände in der Person des Vertragspartners zu berücksichtigen sind. Aber selbst wenn die Ungewöhnlichkeitsprüfung einer Klausel negativ ausfällt, kann der Klauselgegner nach zutreffender Auffassung dennoch überrumpelt werden, da er unter Umständen nicht mit der Verwendung der Klausel rechnen musste. Bei allen Regelwerken ist aber darauf zu achten, dass die Überraschungsprüfung nicht über ihren Anwendungsbereich hinaus zu einer Inhaltskontrolle ausgeweitet wird, wenn (auch) inhaltliche Aspekte für die Ungewöhnlichkeit oder Überraschung relevant sind. Im Rahmen der Überraschungskontrolle ist nur der Gegenstand der Klausel, also das, „was“ sie thematisch regelt, zu berücksichtigen. Ob hingegen ihre konkrete Ausgestaltung – das „wie“ – zulässig ist, bleibt der jeweiligen inhaltlichen Kontrolle mit ihrem abweichenden Maßstab vorbehalten. Die Überraschungskontrolle unterscheidet sich bei Verbraucher- und Unternehmerverträgen hinsichtlich des anzulegenden Bewertungsmaßstabs. Daraus darf jedoch nicht der Rückschluss gezogen werden, in Unternehmerverträgen sei die Verwendung ungewöhnlicher Klauseln eher erlaubt als im Verkehr mit Verbrauchern. Auch zwischen Unternehmern ist die Verwendung überraschender Klauseln generell unzulässig. Es ändern sich allein die Bewertungsmaßstäbe für die Ungewöhnlichkeit. Gegebenenfalls sind in subjektiver Hinsicht ein Sonderwissen oder weitere Umstände, wie etwa eine bestehende Geschäftsbeziehung, zu berücksichtigen.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

215

Die überraschende Wirkung kann allerdings in bestimmten Situationen entfallen. Das gilt insbesondere bei Kenntnis des Vertragspartners von ihrer Existenz und ihrem Regelungsinhalt. Diese Kenntnis kann aus Maßnahmen des Verwenders folgen – beispielsweise, indem er auf diese Regelung gesondert hinweist. Es genügt aber auch schon, wenn der Klauselgegner von selbst, etwa durch Lesen der AGB, darauf aufmerksam wird. Letzteres wird praktisch aber davon abhängen, ob der Verwender die selbstständig erlangte Kenntnis seines Vertragspartners auch beweisen kann. Die PICC und die Machbarkeitsstudie sehen in ihrer jeweiligen Vorschrift eine besondere Ausnahme von der Überraschungswirkung vor, wenn die entsprechende Klausel ausdrücklich von der Gegenseite angenommen wurde. Dafür ist einerseits ein gesonderter Hinweis des Verwenders auf die entsprechende Vorschrift notwendig. Andererseits bedarf es ausweislich des Wortlauts und der offiziellen Kommentierung zu den PICC zudem einer gesonderten Zustimmung des Klauselgegners für jede einzelne überraschende Klausel. Das geht nach hier vertretener Auffassung allerdings zu weit. Vielmehr sollte es genügen, wenn der Verwender seiner verstärkten Hinweispflicht nachgekommen ist und der Vertrag dann etwa durch Vornahme der Leistungshandlungen (stillschweigend) geschlossen wird. Ausreichen sollte auch eine allgemeine Zustimmung des Vertragspartners, die sich auf alle vom Verwender besonders hervorgehobenen überraschenden Klauseln im betreffenden Vertrag bezieht. Letztlich folgt daher auch die Kontrolle überraschender Klauseln demselben Muster wie im BGB. Nicht nachvollziehbar ist allerdings, warum die spezielle Vorschrift in Art. 87 Machbarbkeitsstudie nicht in den GEK-Vorschlag übernommen wurde. Der Lösungsweg wird dadurch zwar nicht versperrt, wäre aber mit eigener Vorschrift deutlich einfacher herzuleiten und würde helfen, eine bis zur ersten gerichtlichen Klärung bestehende Unsicherheit zu beseitigen. 5. Kollidierende AGB-Klauseln („battle of the forms“) Im unternehmerischen Verkehr werden häufig beide Vertragsparteien eigene, für sie günstige AGB bereithalten und diese auch in ihre Verträge einbeziehen wollen.767 Daher kommt es unter Umständen dazu, dass der Empfänger zwar das Angebot und die darin enthaltenen AGB des Verwenders annimmt, gleichzeitig aber in der Annahme zusätzlich seine eigenen AGB zum Vertragsinhalt erklärt.

767 Die Problematik kann sich theoretisch auch stellen, wenn ein Verbraucher beteiligt ist. Dass ein Verbraucher eigene AGB in den Vertrag einbeziehen will, ist aber derart unwahrscheinlich, dass diese Möglichkeit guten Gewissens in der Diskussion vernachlässigt werden kann. Vgl. auch Spruß, S. 325.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

a) BGB In diesem Zusammenhang muss man allerdings im Auge behalten, dass nicht jede beiderseitige Verwendung von „AGB“ zu einer problematischen Kollisionslage führt. Daran fehlt es insbesondere schon, wenn eine Vertragspartei die Einbeziehungsvoraussetzungen nicht erfüllt hat und die Klauseln für sich betrachtet schon gar nicht Vertragsbestandteil werden konnten. Daneben kann es durchaus vorkommen, dass beide Seiten gar nicht eigene und daher jeweils voneinander abweichende AGB einbeziehen wollen, sondern vielmehr dasselbe Klauselwerk. Typischerweise handelt es sich dann um AGB, die von einem Dritten für bestimmte Geschäfte entwickelt wurden (z. B. die INCOTERMS). Diese Konstellation unterscheidet sich insofern vom typischen Fall der AGB-Verwendung, als beide Seiten letztlich dieselben Vorgaben machen. Es fehlt also das charakteristische Merkmal der einseitigen Vorgabe ohne Einflussmöglichkeit der Gegenseite. Dementsprechend handelt es sich in diesem Fall überhaupt nicht um eine AGBKollision, da bereits die Voraussetzungen des § 305 I 1 BGB nicht erfüllt sind.768 Da die Vertragspartner vielmehr einen übereinstimmenden Willen haben, werden die eigentlich als AGB gedachten Bestimmungen zu individuell vereinbarten Vertragsbestimmungen.769 Eine Kollisionslage liegt nur vor, wenn sich die jeweils verwendeten AGB (teilweise) widersprechen. Treten dann bei der Vertragsabwicklung Probleme auf, stellt sich die Frage, ob diese Kollision der Klauseln bereits einem Vertragsschluss entgegensteht und, falls nicht, welchen Inhalt der Vertrag letztlich hat. Wird die Kollision durch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben mit Einbeziehungshinweis hervorgerufen, das auf ein Vertragsangebot mit einem solchen Hinweis ergeht, finden die allgemeinen Regeln über den Vertragsschluss mittels eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens Anwendung.770 Liegt daher bisher wirklich nur ein Vertragsangebot der einen Seite vor, dann hat das Schreiben mangels Bestätigungsbedarfs keine Wirkung. Im Falle zweier Bestätigungsschreiben mit jeweiligem Einbeziehungshinweis gelten, wie bereits angesprochen,771 die Voraussetzungen für sich kreuzende Bestätigungsschreiben, die mit der allgemeinen Kollision von AGB in Angebot und Annahme übereinstimmen.772 Die folgenden Ausführungen gelten daher auch für sich kreuzende Bestätigungsschreiben, sofern diese jeweils die Anforderungen an wirksame kaufmännische Bestätigungsschreiben erfüllen.

768 769 770 771 772

Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 11. Ungenau Spruß, S. 325. Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 11. Oben G. II. 2. a) cc). Oben G. II. 2. a) cc) (5). Vgl. Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 104 und oben G. II. 2 a) cc) (5).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

217

aa) Vertragsschluss Rechtsprechung und Schrifttum773 gehen seit jeher davon aus, dass die Parteien trotz Kollision einen wirksamen Vertrag geschlossen haben. Die Zweifelsregel des § 154 I bzw. des § 155 BGB774 wird dadurch widerlegt, dass die Parteien mit der Durchführung des Vertrages beginnen und so trotz fehlender Einigung über die AGB den Vertrag als geschlossen erachten.775 Dies entspricht auch dem Rechtsgedanken des § 306 I BGB, wonach die Einbeziehung von AGB die Wirksamkeit des Vertrages grundsätzlich nicht beeinflusst.776 Eine Anwendung von § 150 II BGB ist allerdings dann sachgerecht, wenn für eine Vertragspartei die Einbeziehung ihrer eigenen AGB derart wichtig ist, dass der Vertragsschluss damit stehen und fallen soll und der andere Teil dies akzeptiert.777 In so einem Fall würde das Angebot des Anbietenden abgelehnt und das der Gegenseite, die die uneingeschränkte Einbeziehung ihrer eigenen AGB fordert, als neues Angebot gewertet. Der ursprünglich Anbietende kann dieses neue Angebot dann entweder ausdrücklich oder stillschweigend annehmen – und auf die Geltung der eigenen AGB verzichten – oder seinerseits eine modifizierte Annahme mit Verweis auf die gewünschte uneingeschränkte Geltung seiner AGB absenden. Dann hat der Vertragspartner die Wahl, ob er weiter auf die Einbeziehung seiner eigenen AGB beharrt oder sich den AGB des ursprünglich Anbietenden unterwirft. Der Vertrag ist folglich solange nicht geschlossen, bis eine der Parteien auf die uneingeschränkte Geltung ihrer AGB verzichtet. § 150 II BGB ist zudem anzuwenden, wenn es (noch) an Vorbereitungs-/ Durchführungshandlungen beider Parteien fehlt, aus denen auf einen Konsens hinsichtlich der Hauptpunkte des Vertrages geschlossen werden kann. bb) Vertragsinhalt Durch die Verwendung von AGB zeigen beide Parteien ihren Willen, von den gesetzlichen Vorschriften abzuweichen. Daher wäre es mit dem Parteiinteresse nicht zu vereinbaren, kollidierende Bestimmungen per se zu ignorieren und ausschließlich 773

Anders noch Ebel, NJW 1978, 1033 (1034 f.). Vgl. Möll, S. 93. 775 Die Rechtsprechung bemüht für dieses Ergebnis allerdings teilweise auch § 242 BGB (Berufen auf Nichtzustandekommen des Vertrages ist bei erfolgtem Leistungsaustausch treuwidrig), vgl. BGHZ 61, 282 (288 f.) oder hält eine Abwehrklausel für notwendig, so BGH NJWRR 2001, 484 (485); NJW 1991, 2633 (2634 f.); 1985, 1838 (1839); WM 1990, 1671 (1672); OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 946 (947); ebenso Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 54. Wie hier Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 106; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 188; Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 206; Stoffels, Rn. 320; Berger, ZGS 2004, 415 (419). 776 Stoffels, Rn. 320; Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 54. 777 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 189; vgl. auch Stoffels, Rn. 320; Spruß, S. 332. 774

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

dispositives Recht anzuwenden. Vielfach stimmt sogar ein Großteil der jeweiligen Klauseln miteinander überein oder steht jedenfalls nicht zueinander in Widerspruch, so dass sich die Parteien über die Hauptgesichtspunkte des Vertrages hinaus auch über diese weiteren Aspekte einig sind.778 (1) Lösungsweg der Rechtsprechung Der BGH hielt sich bei solchen Kollisionsfällen anfangs ausschließlich an die Vorgaben des § 150 II BGB. In der Annahme unter Verweis auf die eigenen AGB lag für ihn ein neues Angebot.779 Die darauffolgende Durchführung des Vertrages wurde als stillschweigende Annahme dieser Willenserklärung und der zugehörigen Klauseln gesehen. Diese sogenannte „Theorie des letzten Wortes“ bewirkte daher die Einbeziehung derjenigen AGB, auf die zuletzt ohne Widerspruch verwiesen wurde.780 Eine solche vom Zufall abhängige Regelung781 wird jedoch den Parteiinteressen nicht vollständig gerecht. Insbesondere kann der „unterlegenen“ Partei ein Einverständnis mit den fremden AGB nicht pauschal unterstellt werden.782 Aus diesem Grund soll § 150 II BGB nach neuer ständiger Rechtsprechung jedenfalls dann keine Anwendung finden, wenn der Anbietende eine „Abwehrklausel“ in seine AGB aufgenommen hat.783 Diese mache deutlich, dass er ausschließlich zu seinen eigenen Bedingungen kontrahieren wolle.784 Unter dieser Voraussetzung werden daher die jeweiligen AGB nur Vertragsbestandteil, soweit sie sich nicht widersprechen („Kongruenzgeltung“), und an die Stelle der widersprechenden Klauseln tritt das dispositive Gesetzesrecht.785 Bei Fehlen einer Abwehrklausel bleibt es aber nach wie vor bei der Anwendung von § 150 II BGB.786

778

Stoffels, Rn. 321. BGHZ 18, 212 (215); DB 1973, 2135 (2135); 1971, 2106; NJW 1963, 1248 (1248). 780 Zustimmend Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 54; in dieser „Reinform“ teilweise auch noch vertreten von Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 138. 781 Stoffels, Rn. 319. 782 Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 54; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305 Rn. 20. 783 Etwa: „Auch wenn der Auftrag abweichend von unseren Bedingungen bestätigt wird, gelten allein unsere Bedingungen, selbst wenn wir nicht widersprechen.“, vgl. BGH NJW 1985, 1838 (1838 f.). 784 BGH NJW 1991, 2633 (2635); NJW-RR 1986, 984 (985); NJW 1985, 1838 (1839). 785 BGH NJW 1991, 2633 (2634); 1604 (1606); 1985, 1838 (1839); OLG Düsseldorf NJWRR 1997, 946 (947). 786 Vgl. BGH NJW-RR 2001, 484 (485); Möll, S. 94 f.; von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 35. Daher zu optimistisch Witz, in: Witz/S/L, Art. 19 Rn. 16. Kritisch Stoffels, Rn. 319; vgl. auch de Lousannof, NJW 1982, 1727 (1729 f.). 779

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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(2) Lösungsweg im Schrifttum Eine Abwehrklausel auf Seiten des Offerenten als notwendige Voraussetzung für ein Abweichen von § 150 II BGB überzeugt jedoch nicht.787 Vielmehr macht bereits das Verwenden eigener AGB deutlich, dass allein diese (vorteilhaften) Klauseln für den Vertrag maßgeblich sein sollen.788 Richtigerweise geht daher die herrschende Ansicht im Schrifttum davon aus, dass AGB immer insoweit Vertragsbestandteil werden, als sie einander entsprechen.789 Dem Rechtsgedanken des § 306 II BGB folgend, werden die sich widersprechenden Klauseln durch das dispositive Gesetzesrecht ersetzt.790 Zu klären bleibt indes, was genau unter „einander entsprechen“ zu verstehen ist. Damit kann einerseits eine völlige inhaltliche Übereinstimmung gemeint sein,791 andererseits aber auch eine Reduktion der abweichenden Bestimmungen auf einen gemeinsamen Nenner. Festhalten kann man zunächst, dass beide Parteien den in den AGB angesprochenen Punkt als durch das Gesetz nicht ausreichend geregelt angesehen haben und deswegen durch die Aufnahme einer entsprechenden Regelung in ihren Bedingungen eine vom dispositiven Recht abweichende Regelung anstreben. Insofern liegt eine vollständige Unwirksamkeit der betreffenden Bestimmungen nicht in ihrem Interesse. Andererseits ist es unrealistisch, dass Klauseln denselben Gegenstand inhaltlich völlig identisch regeln. Vielmehr werden sie u. a. abweichende Werte oder Fristen vorsehen, die gerade auf die Situation ihres jeweiligen Verwenders zugeschnitten sind.792 Daher kann nicht generell davon ausgegangen werden, dass beide Parteien mit einer Reduktion auf das gemeinsame Minimum – und damit letztlich der Geltung der jeweils weniger weit reichenden AGB-Klausel –

787 Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 207; von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 40; vgl. auch Berger, in: PWW, § 305 Rn. 40; von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1991). Insoweit generell gegen die Anwendung von § 150 II BGB: OLG Köln BB 1980, 1237 (1239 f.); LG Düsseldorf WM 1980, 1272 (1272). 788 Ebenso Möll, S. 97 f. 789 Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 106; Berger, in: PWW, § 305 Rn. 45; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 107. So auch schon Raiser, S. 223; a.A. wohl Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 54 (Abwehrklausel erforderlich); ebenso Becker, in: Bamberger/Roth, § 305 Rn. 82; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 140; insoweit unklar Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305 Rn. 20 und Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 54 („insbesondere, wenn“); teilweise abweichend auch Berger, ZGS 2004, 415 (419). Eher kritisch, weil dadurch das in sich geschlossene Konzept eines Klauselwerkes gestört wird, Spruß, S. 329 f. 790 Stoffels, Rn. 321 a.E.; Berger, in: PWW, § 305 Rn. 41; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/ H, § 305 Rn. 193; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 107 a.E.; Berger, ZGS 2004, 415 (419). Für eine vollständige Anwendung des dispositiven Rechts, wenn eine Partei deutlich gemacht hat, dass sie ihre AGB nur insgesamt gelten lassen will, Spruß, S. 331. 791 Die sprachliche Übereinstimmung ist hingegen grundsätzlich nicht relevant, s. etwa Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 142; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 192. 792 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 142; Möll, S. 102.

220

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

einverstanden sind, sondern es muss anhand der Parteiinteressen im konkreten Einzelfall entschieden werden.793 (3) „Ergänzende Regelungen“, insbesondere Eigentumsvorbehalte Denkbar ist auch, dass die Klauseln einer Vertragspartei eine „ergänzende“ Regelung enthalten, zu der es in den AGB der Gegenseite keine Entsprechung gibt. Solche Regelungen sind typischerweise besonders günstig für die Verwenderseite ausgestaltet oder erfassen beispielsweise einen Punkt, den der Vertragspartner ganz anders geregelt haben möchte.794 Ergänzende Regelungen werden deswegen nach h.M. durch eine Abwehrklausel grundsätzlich miterfasst und somit nicht einbezogen.795 Sowohl mit als auch ohne Abwehrklausel kommt es aber richtigerweise entscheidend auch darauf an, ob die Einbeziehung einer solchen „Ergänzung“ dem Willen des Vertragspartners entspricht und dementsprechend sein stillschweigendes Einverständnis dazu vorliegt.796 Davon kann man aber nur ausgehen, wenn die Regelung diesen begünstigt und isoliert neben den anderen (widersprechenden) Klauseln steht.797 Deswegen ist auch bei einer handelsüblichen AGB nicht automatisch ein Einverständnis der anderen Vertragspartei anzunehmen.798 Gerade das Fehlen einer entsprechenden Klausel auf der Gegenseite deutet eventuell darauf hin, dass die Klausel gar nicht handelsüblich ist799 oder der Vertragspartner ganz bewusst von der allgemeinen Handelspraxis abweichen wollte. Eine Ausnahme wird aber besonders bei (internationalen) Warenkäufen gemacht, wenn in den AGB des Verwenders ein einfacher Eigentumsvorbehalt erklärt ist. Nach h.M. wird dieser bei Kenntnis oder Kennenmüssen800 des Klauselgegners still-

793 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 192; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 142; Möll, S. 102 f.; vgl. auch Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 209; a.A. Bunte, ZIP 1982, 449 (450). 794 Aus der Nichtregelung darf aber nicht zwingend eine ablehnende Haltung des Klauselgegners abgeleitet werden, vgl. Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 194. 795 BGH NJW-RR 2001, 484 (485); NJW 1991, 2633 (2635); 1985, 1838 (1839 f.); Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 54; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 144; Berger, in: PWW, § 305 Rn. 40; von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 48. Nach Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 105 muss diese Wirkung in der Klausel notwendigerweise zusätzlich angesprochen werden; in diese Richtung auch Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 194; Stoffels, Rn. 322 a.E. 796 Vgl. BGH NJW 1985, 1838 (1839 a.E.); von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 47; vgl. auch Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 55. 797 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 144; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 194. 798 Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 209; Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 55 a.E.; a.A. Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 194. 799 Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 209. 800 Für teilweise darüber hinausgehende Anforderungen siehe BGH NJW 1982, 1749 (1750); Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 56; Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 107.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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schweigend einbezogen und entfaltet auf der dinglichen Ebene801 seine volle Wirkung, selbst wenn die AGB der Gegenseite eine allgemeine Abwehrklausel enthalten.802 Um die Wirkungen des Eigentumsvorbehalts zu vermeiden, muss der Vertragspartner diesen daher ausdrücklich ablehnen.803 Das ist folgerichtig, weil die Eigentumsübertragung einseitig verhindert werden kann.804 Vor allem handelt es sich hierbei schlicht um eine Auswirkung des Trennungsprinzips.805 Auch wenn der Eigentumsvorbehalt schuldrechtlich nicht wirksam ist, ist die dingliche Ebene getrennt zu betrachten. Wurde die dingliche Einigung bedingt erklärt, muss der Vertragspartner gerichtlich gegen den Verwender vorgehen, um unbedingter Eigentümer zu werden.806 Dem Ergebnis ist aber auch aus wirtschaftlicher Sicht zuzustimmen, da der Vorbehaltsverkäufer ohne diese Sicherheit möglicherweise nicht zu liefern bereit gewesen wäre und dies der anderen – ebenfalls unternehmerisch tätigen – Seite auch bewusst sein muss. Demgegenüber besteht Einigkeit, dass der verlängerte Eigentumsvorbehalt bei Vorhandensein einer Abwehrklausel grundsätzlich nicht wirksam wird.807 Ist die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts in AGB als Handelsbrauch i.S.d. § 346 HGB einzuordnen,808 gilt das hierzu bereits Gesagte.809

801 Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 107; Stoffels, Rn. 323; Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 209. 802 BGH NJW-RR 1991, 357 (357); Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 108; Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 56 a.E.; Berger ZGS 2004, 415 (419 f.); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 305 Rn. 144 a.E.; vgl. auch BGHZ 104, 129 (137); a.A. bei Vorhandensein einer Abwehrklausel BGH NJW 1985, 1838 (1840); wohl auch Kollmann, § 305 Rn. 107; ausdrücklich offengelassen von BGH NJW 1982, 1749 (1750). 803 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 195; vgl. auch Spruß, S. 333. 804 Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 108; Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 55; Schlosser, in: Staudinger, § 305 Rn. 209. 805 Becker, in: Bamberger/Roth, § 305 Rn. 83; Stoffels, Rn. 323; Roloff, in: Erman, § 305 Rn. 56; Spruß, S. 333; vgl. auch de Lousannof, NJW 1982, 1727 (1728). 806 Stoffels, Rn. 323. 807 BGH NJW-RR 1991, 357 (357); 1986, 984 (985); NJW 1985, 1838 (1840); OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 946 (947), das die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts letzlich aber bejaht; Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 55; Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 108; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 195; von Westphalen, in: von Westphalen, Vertragsabschlussklauseln, Rn. 49; Becker, in: Bamberger/Roth, § 305 Rn. 83; Pfeiffer, in: Wolf/L/ P, § 305 Rn. 144 a.E.; Stoffels, Rn. 323; Spruß, S. 334. 808 Vgl. LG Marburg NJW-RR 1993, 1505; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/B/H, § 305 Rn. 195. Zum verlängerten Eigentumsvorbehalt vgl. BGH NJW-RR 2004, 555 (555); Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 108 a.E.; Becker, in: Bamberger/Roth, § 305 Rn. 83. 809 Oben G. II. 1. a) bb) (2).

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

cc) Zusammenfassung Zur Kollision von AGB enthält das BGB keine eigene Vorschrift. Die Lösung dieses Problembereichs hat sich vielmehr durch Rechtsprechung und Literatur entwickelt. Die Lösungsansätze sind auch bei der Verwendung sich kreuzender kaufmännischer Bestätigungsschreiben relevant. Im Regelfall liegt trotz AGB-Kollision ein wirksamer Vertragsschluss vor. Durch die Vornahme der Vertragshandlungen geben die Parteien zu erkennen, dass sie den Vertrag trotz des partiellen Dissenses als geschlossen erachten. Die Anwendung des § 150 II BGB ist aber dann angebracht, wenn für eine Vertragspartei die Einbeziehung ihrer AGB erkennbar derart wichtig ist, dass der Vertrag damit stehen oder fallen soll und die Gegenseite dies akzeptiert. Das Gleiche gilt, wenn die Parteien noch nicht erkennbar mit der Vorbereitung bzw. Durchführung der Vertragshandlungen begonnen haben. In inhaltlicher Hinsicht macht die beiderseitige Verwendung von AGB deutlich, dass die Parteien vom dispositiven Recht abweichen wollen. Ausgehend davon widerspräche es also dem Parteiinteresse, die AGB insgesamt unbeachtet zu lassen. Die Rechtsprechung hält nach wie vor im Grundsatz an der Anwendung von § 150 II BGB fest und geht nach der sog. Theorie des letzten Wortes davon aus, dass die zuletzt unwidersprochen gebliebenen AGB vollständig in den Vertrag einbezogen werden. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der ursprünglich Anbietende eine Abwehrklausel in seine AGB aufgenommen hat, die deutlich macht, dass er ausschließlich zu seinen Bedingungen kontrahieren möchte. In diesem Fall werden die jeweiligen Bedingungen soweit einbezogen, wie sie sich inhaltlich decken (Kongruenzgeltung). An die Stelle der sich widersprechenden Bedingungen tritt nach § 306 II BGB das dispositive Recht. Richtigerweise ist bei kollidierenden AGB jedoch immer von einer Kongruenzgeltung auszugehen, auch wenn keine Abwehrklausel vorliegt. Nach hier vertretener Auffassung setzt das aber grundsätzlich eine vollständige inhaltliche Übereinstimmung der AGB voraus. Es genügt im Regelfall nicht, eine Reduktion auf das gemeinsame Minimum vorzunehmen, wenn beide Parteien zwar denselben Punkt, aber in unterschiedlichem Ausmaß geregelt haben, es sei denn, der zu ermittelnde Parteiwille führt zu einem anderen Ergebnis. Sofern eine Regelung nur in den AGB einer Seite enthalten ist (sog. ergänzende Regelung), entscheidet allein der Wille des jeweiligen Klauselgegners über ihre Einbeziehung. Dieser kommt insbesondere in einer Abwehrklausel zum Ausdruck. Ein abweichender Wille ist aber dann anzunehmen, wenn die Klausel den Vertragspartner begünstigt und nicht mit den einander widersprechenden Klauseln in einem untrennbaren Zusammenhang steht. Aus diesem Grund ist auch kein automatischer Rückschluss von der Handelsüblichkeit einer ergänzenden Regelung auf ein stillschweigendes Einverständnis des Klauselgegners möglich. Im Regelfall scheitert daher die Einbeziehung einer solchen Klausel.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

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Eine Ausnahme gilt aber für den in AGB erklärten einfachen Eigentumsvorbehalt. Selbst wenn die AGB der Gegenseite eine Abwehrklausel enthalten, der Vertragspartner aber mit einem solchen Vorbehalt zumindest rechnen musste, entfaltet dieser auf dinglicher Ebene seine Wirksamkeit. Dies ergibt sich bereits aus dem im Sachenrecht geltenden Trennungsprinzip, das die Eigentumsübertragung von der schuldrechtlichen Ebene entkoppelt. b) CISG Der Problemkreis zu kollidierenden AGB ist kein spezifisch deutsches Phänomen, sondern taucht überall dort auf, wo vorformulierte Standardbedingungen im geschäftlichen Verkehr Verwendung finden. Dementsprechend kann es auch im internationalen Warenkauf unter Geltung des CISG zu einer Kollision der Bedingungen von Verkäufer und Käufer kommen. Eine ausdrückliche Vorschrift wie sie PICC, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und der GEK-Vorschlag aufweisen, ist in der Konvention allerdings nicht vorhanden. Nach mittlerweile allgemeiner Auffassung ist die Lösung des Kollisionsproblems im CISG aber in Art. 19 zu suchen.810 Eine ehemals vertretene Auffassung, nach der das vom IPR des Forums berufene nationale Recht anzuwenden sei,811 überzeugt hingegen nicht. Denn bei der Einbeziehung von AGB – und um nichts anderes geht es bei der beabsichtigten beiderseitigen Verwendung vorformulierter Klauseln – handelt es sich nicht um eine Gültigkeitsfrage i.S.d. Art. 4 S. 2 lit. a) CISG, sondern um das Zustandekommen des Vertrages, den sogenannten „äußeren Konsens“.812 Dafür gelten die Regeln des CISG.813 Die Frage der Gültigkeit, also die Inhaltskontrolle der nach Auflösung der Kollisionslage eventuell einbezogenen Klauseln, muss davon deutlich getrennt werden. Die Kollision Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist auch keine interne Regelungslücke des CISG, die nach Art. 7 II zu schließen wäre.814 Bereits bei Entstehung der Vorschrift wurde das Problem gesehen und als über Art. 19 lösbar erachtet.815 810 BGH NJW 2002, 1651 (1652); OLG Linz, 23. 03. 2005, CISG-online Nr. 1376; Magnus, in: Staudinger, Art. 19 Rn. 20; Dornis, in: Honsell, Art. 19 Rn. 37; Ferrari, in: Kröll/M/PV, Art. 19 Rn. 15. 811 Ebenroth, JBl 1986, 681 (686); U. Huber, RabelsZ 43 (1979), 413 (444 f.). So auch noch in jüngerer Zeit Rechtbank Rotterdam, 25. 01. 2001, NIPR 2001, 280 (281). 812 Hammerschmidt, S. 48; Lohmann, S. 229; Schultheiß, S. 161; Teklote, S. 149. 813 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, Art. 19 Rn. 32; Ferrari, in: Kröll/M/PV, Art. 19 Rn. 14 a.E.; Schultheiß, S. 161; Lohmann, S. 229; Spruß, S. 555. s. schon oben allgemein für die Einbeziehung von AGB G. II. 1. b) und speziell für überraschende Klauseln G. II. 4. b). 814 Hoge Raad, 28. 01. 2005, CISG-online Nr. 1002; OLG Linz, 23. 03. 2005, CISG-online Nr. 1376; Dornis, in: Honsell, Art. 19 Rn. 37; Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, Art. 19 Rn. 32 f.; Schultheiß, S. 160 ff.; Kühl/Hingst, FG Herber, S. 55; a.A. etwa Schneider, S. 246 ff. und Burkart, S. 225 f. (interne Lücke und Rückgriff auf die PICC). 815 Nachweise hierzu bei Dornis, in: Honsell, Art. 19 Rn. 37; Perales Viscasillas, 10 Pace Int’l. L. Rev. (1998), 97 (140 f.); Schultheiß, S. 162 f.

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G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Art. 19 CISG führt – wie § 150 II BGB – dazu, dass eine Annahme unter Änderungen des ursprünglichen Angebots als neues Angebot der Gegenseite aufgefasst wird. Allerdings stellen die Vorschriften jeweils auf unterschiedliche Aspekte ab. Während für das BGB bereits jegliche Änderung genügt, um aus einer Annahme ein neues Gegenangebot zu machen, erfordert das CISG eine Abweichung, die das ursprüngliche Angebot „wesentlich“ ändert. aa) Vorliegen einer Kollisionslage Nach einer teilweise vertretenen Auffassung soll eine Kollisionslage nicht per se bei beiderseitiger Verwendung von AGB vorliegen, sondern erst wenn diese Verwendung anhand der Kriterien in Art. 19 III CISG als wesentliche Änderung des Angebots einzustufen ist.816 Dem ist insofern zuzustimmen, als nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht jede minimale Änderung ein neues Angebot und damit ein erneutes Annahmeerfordernis schaffen soll.817 Die Auffassung lässt allerdings unbeachtet, dass Art. 19 III CISG lediglich beispielhaften Charakter hat („insbesondere“).818 Vielmehr kann auch unabhängig von den dort genannten Kriterien durchaus eine wesentliche Änderung vorliegen, die sich aber rein nach dem Parteiwillen oder objektiver Auslegung bestimmt. Art. 8 I, II CISG haben insoweit Vorrang vor Art. 19 CISG.819 Darüber hinaus behandeln AGB fast ausnahmslos Fragen der Streitbeilegung (z. B. Gerichtsstand, Schiedsklauseln) oder des Haftungsumfangs (z. B. Haftungsausschlüsse, verschärfte Rügepflichten), also in Art. 19 III CISG aufgeführte Umstände.820 Daher kann im Regelfall bereits allein die Reaktion der Gegenseite mit dem Verweis auf die eigenen AGB als wesentliche Änderung gesehen werden. Anders liegt es nur im eher unwahrscheinlichen Fall, dass sich die AGB lediglich sprachlich oder rein formal voneinander unterscheiden821 oder dann, wenn – wahrscheinlicher – identische Klauselwerke verwendet werden.822 Hätten die AGB einer Seite nach den bereits dargestellten Voraussetzungen jeweils für sich gesehen aber schon gar nicht wirksam einbezogen werden können, 816 Magnus, in: Staudinger, Art. 19 Rn. 21; Dornis, in: Honsell, Art. 19 Rn. 38; Herber/ Czerwenka, Art. 19 Rn. 18; Spruß, S. 556; Hammerschmidt, S. 55; Schultheiß, S. 165; Drasch, S. 20. Offenlassend Lohmann, S. 229 f. Fn. 137. 817 Vgl. Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, Art. 19 Rn. 26. 818 Farnsworth, in: Bianca/Bonell, Art. 19 Anm. 1.1.; Schneider, S. 223; Hammerschmidt, S. 54 f.; Teklote, S. 145. 819 Drasch, S. 19; vgl. auch Schultheiß, S. 173 f.; Piltz, IHR 2004, 133 (137). 820 Herber/Czerwenka, Art. 19 Rn. 18; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 19 Rn. 26; Schneider, S. 227; Hammerschmidt, S. 52; Kühl/Hingst, FG Herber, S. 55 f.; Teklote, S. 145; Möll, S. 117; Piltz, IHR 2004, 133 (136); Rühl, 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. (2003), 189 (197). Dies gestehen letztlich auch Spruß (S. 556), Schultheiß (S. 165) und Drasch (S. 20) ein. 821 Dornis, in: Honsell, Art. 19 Rn. 38. 822 Schnyder/Straub, in: Honsell, 1. Aufl., Art. 19 Rn. 37; Hammerschmidt, S. 55 f.; Schmidt-Kessel/Meyer, IHR 2008, 177 (179).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

225

fehlt es an der erforderlichen Kollisionslage.823 Dementsprechend gelten in solchen Fällen entweder die allgemeinen Regeln für die Einbeziehung von AGB im Rahmen des Angebots oder im Rahmen der Annahme.824 Ebenfalls kein Fall der AGB-Kollision, sondern eine Individualvereinbarung, liegt bei der Vereinbarung identischer Klauselwerke vor. bb) Vertragsschluss Auch im CISG wird ein Vertragsschluss immer dann angenommen, wenn die Parteien mit der Durchführung des Vertrages begonnen und dadurch Art. 19 CISG (stillschweigend) abbedungen haben.825 Ausreichend ist dafür schon eine Teilleistung, die vom Geschäftspartner widerspruchslos entgegengenommen wird,826 oder wenn dieser die übersandte Rechnung anstandslos bezahlt.827 Diesem Lösungsweg wird entgegengehalten, dass die Vertragsparteien regelmäßig keinen entsprechenden Willen hinsichtlich einer Abwahl von Art. 19 CISG hätten, da ihnen die Kollision ihrer AGB häufig verborgen bliebe. Ein entsprechendes Parteibewusstsein sei dementsprechend nur konstruiert.828 Diese Kritik übersieht jedoch einen entscheidenden Punkt und auch die als Alternativen angebotenen Lösungen überzeugen jeweils nicht. Wie bereits dargestellt, besteht bei der Kollision von AGB keine interne Lücke, die nach Art. 7 II CISG unter Rückgriff auf die PICC zu lösen wäre.829 Der andere Vorschlag stimmt im Ergebnis mit der hier vertretenen Ansicht überein. Die Auslegung der Parteierklärungen nach Art. 8 CISG ergebe, dass beide Seiten die jeweiligen AGB nicht als wesentliche Änderungen i.S.d. Art. 19 I, III CISG sähen.830 Jedoch lässt sich auch dieser Auslegung entgegenhalten, sie sei nur fingiert. Wenn den Parteien verborgen bleibt, dass ihre AGB in Widerspruch zueinander stehen, dann kann auch ihren jeweiligen Willenserklärungen keine diesbezügliche Aussage entnommen werden. Daneben kann mit dieser Ansicht auch das mutmaßlich gewollte Ergebnis beim Vertragsinhalt nicht sauber begründet werden, denn man muss sich dafür trotzdem einer Abbedingung von Art. 19 CISG bedie-

823

Schultheiß, S. 146. s. oben G. II. 1. b) bzw. unten G. III. 825 BGH NJW 2002, 1651 (1652); AG Kehl NJW-RR 1996, 565 (565); Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, Art. 19 Rn. 35; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 19 Rn. 20; Schrammen, S. 260 f.; Lohmann, S. 235; P. Huber, 13 Vindobona J. Int’l Com. L. & Arb. (2009), 123 (130); Ventsch/Kluth, IHR 2003, 61 (63); ebenso OLG Frankfurt, 26. 06. 2006, CISG-online Nr. 1385, jedoch mit unzutreffender Begründung über § 306 BGB. 826 OLG Hamm, 22. 09. 1992, CISG-online Nr. 57; Witz, in: Witz/S/L, Art. 19 Rn. 16; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 19 Rn. 20; Spruß, S. 556 f. 827 OLG Linz, 23. 03. 2005, CISG-online Nr. 1376; OLG Koblenz, 04. 10. 2002, CISGonline Nr. 716; Spruß, S. 556 f. 828 Schneider, S. 243 f.; Schultheiß, S. 173; ablehnend auch Hammerschmidt, S. 99. 829 So aber Schneider, S. 246 ff. 830 Schultheiß, S. 173. 824

226

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

nen.831 Diese kann aber ausschließlich nach Art. 6 CISG erfolgen. Es ist deswegen überzeugender, in der Durchführung des Vertrages eine Abbedingung von Art. 19 CISG zu sehen. Auch wenn sich der Wille der Vertragsparteien erst durch nachfolgende Handlungen ermitteln lässt, ist der maßgebliche Zeitpunkt für den Vertragsschluss, wie schon im BGB, derjenige der Annahme des Angebots. Fehlt es wegen noch nicht erfolgter Vertragsdurchführung an solchen Indizien für den Parteiwillen, ist der Vertrag bei (wesentlichen) Abweichungen gemäß Art. 19 CISG noch nicht geschlossen.832 Kritisiert wird daran, dass sich eine Partei so ohne weiteres von einem für sie schlechten Geschäft abwenden kann, obwohl bereits ein „Kernvertrag“ mit den essentalia negotii geschlossen wurde.833 Diese Ansicht überzeugt schon deshalb nicht, da bei Eingreifen von Art. 19 I CISG bisher überhaupt kein wirksamer Vertrag vorliegt.834 Dass die Parteien zwar im Grundsatz Einigkeit über die Hauptpunkte erzielt haben, rechtfertigt es allein noch nicht, von den Vertragsschlussregeln der Konvention abzuweichen. Anders verhält es sich nur, wenn beide Parteien835 nachweislich schon Vorbereitungen für die Durchführung des Vertrages getroffen haben836 und dadurch ihren Willen zur Abwahl von Art. 19 CISG gemäß Art. 6 CISG offenlegen. Anderenfalls lässt sich noch nicht feststellen, dass das Interesse der Geschäftspartner an der Vertragsdurchführung wirklich größer ist als der Wille, die AGB zum Vertragsgegenstand zu machen. Deren Verwendung deutet ja gerade auf das Gegenteil hin.837 Dagegen liegt in Fällen des Art. 19 II CISG immer ein Vertragsschluss vor, wenn der ursprünglich Anbietende keinen Widerspruch erhebt.838 Diese Situation ist aber, wie bereits oben angesprochen,839 nicht der Regelfall.840 831

s. sogleich cc) (2). Dornis, in: Honsell, Art. 19 Rn. 42; Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 19 Rn. 32; Witz, in: Witz/S/L, Art. 19 Rn. 15; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 19 Rn. 26; Schneider, S. 230; vgl. auch Farnsworth, in: Bianca/Bonell, Art. 19 Anm. 2.5. 833 Schultheiß, S. 167 f.; Kröll/Hennecke, RIW 2001, 736 (739); in diesem Sinne auch Drasch, S. 24. 834 Vgl. Spruß, S. 557; ablehnend auch Lohmann, S. 230. 835 Vgl. Farnsworth, in: Bianca/Bonell, Art. 19 Anm. 2.5.; Dornis, in: Honsell, Art. 19 Rn. 42; Drasch, S. 22; Lohmann, S. 231. 836 Schroeter, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 19 Rn. 31; Witz, in: Witz/S/L, Art. 19 Rn. 19; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 19 Rn. 27. Vgl. auch Schultheiß, S. 179. Auf S. 168 (s. oben Fn. 833) geht er darauf jedoch nicht ein. 837 So auch Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 19 Rn. 27; Lohmann, S. 232; Teklote, S. 154; vgl. auch Schrammen, S. 259; Hammerschmidt, S. 107. Kritisch zur Argumentation mit diesem Umstand Piltz, IHR 2004, 133 (137). 838 OGH, 13. 09. 2001, CISG-online Nr. 644 – auch wenn der dortige Sachverhalt richtigerweise kein Fall des Art. 19 II CISG ist [s. sogleich cc) (2)]; Magnus, in: Staudinger, Art. 19 Rn. 21. 839 s. soeben aa). 840 Schneider, S. 227; Kühl/Hingst, FG Herber, S. 56; Lohmann, S. 230; Schultheiß, S. 164 f.; Schlechtriem, FG Herber, S. 37 f.; vgl. auch Dornis, in: Honsell, Art. 19 Rn. 39, der 832

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

227

Eine Abwehrklausel in den Bedingungen des Anbietenden schließt als vorweggenommener Widerspruch zu den AGB des Angebotsempfängers den Vertragsschluss grundsätzlich aus, wenn die Gegenseite ebenfalls ihre Bedingungen einbeziehen will.841 Der Anbietende muss dementsprechend seinen abweichenden Willen durch die Vertragsdurchführung oder auf irgendeine andere Weise zum Ausdruck bringen, damit die Abwehrklausel ihre Wirkung verliert.842 cc) Vertragsinhalt Wenn der Vertrag geschlossen wurde, stellt sich wieder die Frage nach dessen Inhalt. (1) Theorie des letzten Wortes („last-shot-rule“) Dem Wortlaut des Art. 19 CISG entspricht die „Theorie des letzten Wortes“. Danach werden wiederum diejenigen AGB Vertragsinhalt, die als letzte unwidersprochen geblieben sind.843 Reagiert also der ursprünglich Anbietende auf das geänderte und damit neue Angebot der Gegenseite widerspruchslos, wird darin seine Annahme und deswegen die alleinige Geltung der gegnerischen AGB gesehen. Die beim BGB dagegen geäußerte Kritik lässt sich auf das CISG übertragen. Welche Partei den „letzten Schuss“ abgegeben hat, hängt regelmäßig vom Zufall ab.844 Insbesondere müsste jede Erklärung einen Verweis auf die eigenen AGB enthalten, damit man ein Obsiegen der anderen Klauseln vermeidet.845 Darüber hinaus wird die Unterwerfung der anderen Partei unter die Bedingungen der Gegenseite nur fingiert.846 Regelmäßig wird der Vertrag nämlich als schon bestehend angesehen und durch ein Schreiben ohne AGB-Verweis lediglich bestätigt.847 Daher entspricht ein Verfahren streng nach Art. 19 CISG in den allermeisten Fällen nicht dem Interesse deswegen auch eine Auslegung von Abwehrklauseln als vorweggenommenen Widerspruch i.S.d. Art. 19 II CISG als überflüssig erachtet. 841 Witz, in: Witz/S/L, Art. 19 Rn. 15. 842 Vgl. BGH NJW 2002, 1651 (1652). 843 OLG Köln, 24. 05. 2006, CISG-online Nr. 1232; Farnsworth, in: Bianca/Bonell, Art. 19 Anm. 2.5; Schnyder/Straub, in: Honsell, 1. Aufl., Art. 19 Rn. 37 f.; Herber/Czerwenka, Art. 19 Rn. 18; Ferrari, in: MüKo-HGB, Art. 19 Rn. 15; Reinhart, Art. 19 Rn. 8; Piltz, IHR 2004, 133 (137). 844 Lüderitz/Fenge, in: Soergel, Art. 19 Rn. 5; Schrammen, S. 259 f.; Lohmann, S. 232; Schultheiß, S. 167; Drasch, S. 23; Ventsch/Kluth, IHR 2003, 61 (64); Kröll/Hennecke, RIW 2001, 736 (739). 845 Schultheiß, S. 168. Wegen der Bekanntheit des Kollisionsproblems in der Praxis, sieht Dornis, in: Honsell, Art. 19 Rn. 40 den Willen jeder Partei, das letzte Wort zu haben, als den Regelfall an; ebenso Piltz, IHR 2004, 133 (137). Zu den Folgen für die Transaktionskosten Rühl, 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. (2003), 189 (212 ff.). 846 Vgl. Drasch, S. 25. 847 Schultheiß, S. 169.

228

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

der Vertragsparteien.848 Diese haben mit der Durchführung des Vertrages zu erkennen gegeben, dass sein Abschluss prinzipiell wichtiger ist als die Einbeziehung der AGB und Art. 19 CISG (stillschweigend) abbedungen.849 Die „Theorie des letzten Wortes“ ist deswegen auch im CISG grundsätzlich abzulehnen. Auch Art. 19 II CISG zwingt nicht zu einer anderen Beurteilung.850 Sind die in den AGB enthaltenen Regelungen tatsächlich unwesentlich, gilt bei fehlender Beanstandung nicht nur – wie bereits dargestellt – der Vertrag als geschlossen, sondern es werden auch die AGB des Annehmenden einbezogen. Allerdings bedeutet das nicht, dass dadurch nur diese AGB Vertragsbestandteil werden. Gemäß Art. 19 II 2 CISG sind auch die AGB des Anbietenden dann Vertragsinhalt geworden, werden aber durch die AGB des Annehmenden modifiziert.851 Das ist jedoch nicht der eigentliche Effekt der „last-shot-rule“. Ein solcher Fall wäre im Rahmen des Art. 19 II CISG nur durch eine Abwehrklausel in den AGB des Annehmenden zu konstruieren. Eine Abwehrklausel bewirkt aber eine wesentliche Änderung, so dass Art. 19 II CISG auf diesen Fall schon gar nicht anwendbar ist. (2) Restgültigkeitslösung („knock-out-rule“) Dem Problem der widerstreitenden AGB kann insofern durch die Anwendung einer „Restgültigkeitslösung“ besser begegnet werden. Wie bei der „Kongruenzgeltung“ im BGB werden danach die jeweiligen AGB-Klauseln Vertragsbestandteil, soweit sie sich nicht widersprechen; ansonsten gilt das dispositive Gesetzesrecht.852 Dazu dürfen die Klauseln nicht isoliert betrachtet werden, sondern es muss eine „Gesamtwürdigung aller einschlägigen Regelungen“ erfolgen.853 Diesem Lösungsansatz wird jedoch entgegengehalten, dass er wegen der Ablehnung eines belgischen Vorschlags zur Aufnahme der „knock-out-rule“ in die Konvention ausgeschlossen sei.854 Allerdings wurde auf der besagten Konferenz – zumindest größtenteils – nicht die Theorie als solche verworfen,855 sondern vielmehr nur der belgische Vorschlag

848 Schultheiß, S. 166; Drasch, S. 25 f.; Rühl, 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. (2003), 189 (211); Kröll/Hennecke, RIW 2001, 736 (740); a.A. Piltz, IHR 2004, 133 (137). 849 Vgl. die Ausführungen unter G. II. 5. b) bb). 850 Abweichend, wenn der Anbietende seine eigenen Interessen durch mangelnde Klausellektüre nicht ausreichend wahrnimmt Dornis, in: Honsell, Art. 19 Rn. 40. 851 Drasch, S. 19; Rühl, 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. (2003), 189 (196). 852 OLG Düsseldorf, 25. 07. 2003, CISG-online Nr. 919; Magnus, in: Staudinger, Art. 19 Rn. 24; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 19 Rn. 24; Achilles, Art. 19 Rn. 5; Drasch, S. 24; im Ergebnis zwar auch BGH NJW 2002, 1651 (1653), allerdings korrigiert dieser dazu die „lastshot-rule“ über Art. 7 I CISG (Treu und Glauben). Teilweise abweichen Teklote, S. 154. 853 BGH NJW 2002, 1651 (1653); Lohmann, S. 233. 854 Ludwig, S. 414. Bedenken hinsichtlich ihrer internationalen Durchsetzbarkeit bei Piltz, IHR 2004, 133 (137). 855 A.A. Piltz, IHR 2004, 133 (137); in diesem Sinne auch auch Möll, S. 123 f.; vgl. auch Schnyder/Straub, in: Honsell, 1. Aufl., Art. 19 Rn. 37.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

229

aufgrund seiner Einzelheiten.856 Insoweit lässt sich daraus nur folgern, dass die Konvention keine Regeln zum „battle of the forms“ enthält, gleichwohl aber nicht die Anwendung der „knock-out-rule“ ausschließt.857 Hinsichtlich der Möglichkeit einer Reduktion unterschiedlich weit reichender AGB auf das gemeinsame Minimum gilt auch im CISG das Gleiche wie schon im BGB.858 Eine Reduktion ist nicht generell möglich, sondern nur, wenn dies den Parteiinteressen im Einzelfall entspricht. Natürlich kann es auch dazu kommen, dass sich eine Vertragspartei auf die modifizierte Annahme der anderen Seite mit deren AGB einlässt. Wenn sie dieses neue Angebot vorbehaltlos annimmt und auch nachweislich859 deutlich macht, dass sie die alleinige Geltung der gegnerischen Klauseln akzeptiert, entspricht die Anwendung der „knock-out-rule“ nicht dem tatsächlichen Parteiwillen.860 Es ist daher Art. 19 I CISG und damit die dort verankerte „last-shot-rule“ uneingeschränkt anzuwenden.861 An dieser Stelle wird auch deutlich, dass die oben dargestellte abweichende Lösung über eine Auslegung der Parteierklärungen nach Art. 8 CISG862 nicht ohne Schwierigkeiten zu diesem Ergebnis kommt. Geht man davon aus, dass die Parteien in ihren jeweiligen AGB keine wesentlichen Änderungen i.S.d. Art. 19 I, III CISG sehen, so findet Art. 19 II CISG Anwendung. Danach würde also das Angebot mit den Änderungen in der Annahme Vertragsinhalt. Da die AGB nach dem unterstellten Parteiwillen nicht als wesentlich erachtet werden, schließen sich widersprechende AGB dementsprechend nicht automatisch aus. Schlägt also die eine Seite in ihrem Angebot beispielsweise „Mainz“ als Gerichtsstand vor, die andere Partei in ihrer Annahme dagegen „Genua“, so würde bei strikter Anwendung von Art. 19 II CISG die Gerichtsstandsklausel in „Genua“ geändert. Ob dies tatsächlich dem Parteiwillen am nächsten kommt, kann man guten Gewissens bezweifeln. Eine Anwendung der knock-out-rule kann nach dieser Auffassung daher wegen der Anwendbarkeit von Art. 19 II CISG nur durch dessen Abwahl bzw. Änderung nach Art. 6 CISG erreicht werden.863 Auch deswegen ist es sinnvoller, diesen Weg bereits von Anfang an zu gehen.

856

Eingehend dazu Schneider, S. 254 ff.; Schultheiß, S. 171. Kühl/Hingst, FG Herber, S. 57; Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, Art. 19 Rn. 40; Lohmann, S. 234 f.; Teklote, S. 147; Kröll/Hennecke, RIW 2001, 736 (743). 858 s. oben G. II. 5. a) bb) (2). 859 Vgl. Lohmann, S. 231. 860 Zutreffend Piltz, IHR 2004, 133 (137). 861 Schneider, S. 239; Drasch, S. 21; Teklote, S. 155. 862 s. oben G. II. 5 b) bb). 863 Unzutreffend deswegen Hammerschmidt, S. 88 („Art. 19 CISG greift nicht.“). 857

230

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

(3) „Ergänzende Regelungen“ „Ergänzende Regelungen“ werden generell Vertragsbestandteil, wenn der Anbietende seine Zustimmung dazu signalisiert. Teilweise wird auch angenommen, solche AGB würden bei Fehlen einer Abwehrklausel immer Vertragsbestandteil, da schon keine „echte“ Kollision vorliege und sich insofern die jeweiligen AGB gar nicht widersprächen.864 Ein Beispiel hierfür sei ein nur in den AGB des Annehmenden erklärter Eigentumsvorbehalt.865 Mangels einer den Eigentumsvorbehalt ausdrücklich ablehnenden Abwehrklausel sei darin eine nicht „ausdrücklich genehmigungsbedürftige ,Abweichung‘“ zu sehen. Daran ist richtig, dass Art. 19 I CISG infolge einer Derogation nach Art. 6 CISG866 nicht anwendbar ist und Änderungen des Angebotes in der Annahme dementsprechend grundsätzlich nicht ein neues Gegenangebot erzeugen. Die daraus gezogene Schlussfolgerung überzeugt aber dennoch nicht. Eine Kollisionslage liegt regelmäßig bereits in der beiderseitigen Verwendung von AGB.867 Ob die AGB sich inhaltlich entsprechen oder überhaupt ein Pendant auf der Gegenseite haben, ist dagegen bei der Auflösung des Problems zu klären. Darüber hinaus hat der Offerent mit der Durchführung des Vertrages zwar deutlich gemacht, dass es ihm letztendlich nicht auf die Einbeziehung seiner eigenen AGB ankommt. Daraus kann man jedoch nicht automatisch folgern, dass er gleichzeitig immer mit der Geltung anderer und vor allem zusätzlicher AGB einverstanden ist. Vielmehr sollte auch bei ergänzenden Regelungen im Sinne der Restgültigkeitstheorie nicht davon ausgegangen werden, dass sich einzelne AGB immer einseitig durchsetzen.868 Wie schon beim BGB ist deswegen das Verhalten im Einzelfall ausschlaggebend. Lässt sich daraus ein Widerspruch ableiten, dann scheitert eine Einbeziehung der zusätzlichen Bedingungen auf der Gegenseite. Das ist immer dann anzunehmen, wenn die ergänzenden Regelungen für diese Seite ungünstig sind. Dasselbe gilt bei Vorhandensein einer allgemeinen Abwehrklausel.869 Ebenso verhält es sich grundsätzlich auch bei allen Arten eines Eigentumsvorbehalts. Die abweichende Behandlung im CISG steht auch nicht im Widerspruch zu den obigen Ausführungen zum BGB.870 Zuallererst gehören Eigentumsfragen gemäß Art. 4 S. 2 lit. b) nicht zum Anwendungsbereich des CISG. Die maßgebliche Rechtsordnung für alle sachenrechtlichen Aspekte der Vertragsbeziehung ist daher nach dem Kollisionsrecht des Forums zu bestimmen. Das Trennungs- und Ab864 Schultheiß, S. 183; in diese Richtung auch Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 19 Rn. 21; Schlechtriem, FG Herber, S. 39. 865 So der Sachverhalt bei OGH, 13. 09. 2011, CISG-online Nr. 644. 866 Konkludent mit Durchführung des Vertrages, s. oben G. II. 5 b) bb). 867 s. oben G. II. 5. b) aa). 868 Vgl. Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 19 Rn. 24. 869 Mankowski, in: Ferrari/Kieninger, Art. 19 Rn. 43; Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 19 Rn. 21. 870 Oben G. II. 5. a) bb) (3).

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

231

straktionsprinzip ist aber eine rein deutsche Besonderheit, so dass ein Auseinanderfallen von schuldrechtlicher und dinglicher Ebene in anderen Rechtsordnungen höchstwahrscheinlich nicht vorkommen wird. Ist jedoch in Anwendung der Art. 8 und 9 CISG aufgrund der Vertragsverhandlungen oder von Gepflogenheiten und Gebräuchen mit einem Eigentumsvorbehalt in AGB zu rechnen gewesen, musste sich der Klauselgegner darauf einstellen. Wendet er sich daher nicht ausdrücklich gegen eine solche Regelung in den Bedingungen der Gegenseite – etwa mit einer speziellen Abwehrklausel –, dann ist seine stillschweigende Zustimmung zu unterstellen.871 Auch für das CISG ist diese Einschränkung folgerichtig, da Sicherheiten auch im grenzüberschreitenden Verkehr eine erhebliche Bedeutung haben und sich Käufer – noch dazu Unternehmer und Kaufleute – dessen bewusst sein müssen. dd) Zusammenfassung Auch im CISG ist das Problem sich widersprechender AGB nicht eigenständig geregelt. Nach mittlerweile allgemeiner Auffassung folgt die Lösung aber aus der Anwendung von Art. 19 CISG. Erforderlich ist daher wiederum eine Kollisionslage. Daran fehlt es, wenn die AGB einer Seite theoretisch betrachtet schon gar nicht Vertragsbestandteil hätten werden können, weil die Einbeziehungsvoraussetzungen fehlen, oder wenn bei identischen Klauselwerken tatsächlich eine Individualvereinbarung vorliegt. Eine AGB-Kollision hängt auch nicht zwingend davon ab, dass die AGB Änderungen i.S.d. Art. 19 III CISG zur Folge haben. Denn die Wesentlichkeit kann sich auch aus dem Parteiwillen oder durch objektive Auslegung ergeben. Dementsprechend kann im Regelfall allein in der Verwendung von AGB eine wesentliche Änderung des Angebots gesehen werden. Wie schon im BGB findet trotz kollidierender AGB richtigerweise ein Vertragsschluss statt, indem Art. 19 I CISG durch die beiderseitige Durchführung des Vertrages abbedungen wird. Sofern es an Indizien für ein Abweichen von Art. 19 I CISG fehlt, ist der Vertrag folglich noch nicht geschlossen und daher auch die einseitige Abwendung vom betreffenden Geschäft zulässig. Etwas anderes gilt, wenn die AGB nach Art. 19 II CISG nur als unwesentliche Änderung des Angebots einzustufen sind. Hier scheitert ein Vertragsschluss nur bei Widerspruch des ursprünglich Anbietenden. Die Anwendung der last-shot-rule (Theorie des letzten Wortes) ist im CISG genauso abzulehnen, zumal die Parteien für einen wirksamen Vertragsschluss im Regelfall bereits Art. 19 CISG abbedungen haben. Im Falle des Art. 19 II CISG gilt aber ebenfalls nicht die Theorie des letzten Wortes, sondern es werden auch die AGB des ursprünglich Anbietenden einbezogen, im Ergebnis aber durch die AGB des 871

Drasch, S. 18.

232

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Annehmenden modifiziert. Auch im CISG werden deswegen kollidierende AGB grundsätzlich soweit Vertragsbestandteil, als sie sich inhaltlich decken (knock-outrule/Kongruenzgeltung). An die Stelle der sich widersprechenden Bedingungen tritt das dispositive Recht. Eine Reduktion unterschiedlich weit reichender AGB ist auch im CISG nicht generell möglich, sondern nur, wenn dies den Parteiinteressen im Einzelfall entspricht. Die Einbeziehung ergänzender Regelungen hängt ebenfalls vom Willen des jeweiligen Klauselgegners ab, der sich insbesondere in einer Abwehrklausel niederschlägt. Dies gilt auch für den einfachen Eigentumsvorbehalt, der nur in den AGB der Gegenseite erklärt ist. Dieser wird vor allem im Regelfall nicht automatisch Vertragsbestandteil, wenn es an einer Abwehrklausel fehlt. Vielmehr muss der Eigentumsvorbehalt schon deshalb wie sonstige ergänzende Regelungen behandelt werden, da die Trennung von schuldrechtlicher und dinglicher Ebene eine deutsche Besonderheit ist. Ein Eigentumsvorbehalt in AGB wird als ergänzende Regelung jedoch dann wirksam einbezogen, wenn mit ihm gemäß Art. 8 oder 9 CISG zu rechnen war. c) PICC Bei den PICC stellt sich die Situation einfacher dar als in BGB und CISG. Die Verfasser der PICC haben der Kollision von AGB in Art. 2.1.22 eine eigene Regelung gewidmet, der man berechtigterweise eine Vorbildrolle für eine mögliche künftige Reform des AGB-Rechts in Deutschland zusprechen kann. aa) Vorliegen einer Kollisionslage Art. 2.1.22 PICC ist eine Ausnahme zur allgemeinen Vorschrift des Art. 2.1.11. Letzterer regelt die Auswirkungen einer geänderten Annahme und stimmt inhaltlich mit § 150 II BGB und Art. 19 I, II CISG überein. Auch bei den PICC wirkt eine Annahme unter wesentlicher Änderung des Angebots grundsätzlich als Ablehnung und Abgabe eines Gegenangebots. Um zur Anwendung von Art. 2.1.22 PICC zu gelangen, muss dementsprechend durch die beiderseitige Verwendung von AGB eine Kollisionslage i.S.d. Art. 2.1.11 I PICC ausgelöst werden. Das setzt wiederum als Erstes voraus, dass die AGB beider Parteien jeweils für sich betrachtet auch tatsächlich Vertragsinhalt werden könnten, also sämtliche Voraussetzungen für ihre Einbeziehung erfüllt sind.872 Dies ergibt sich bereits aus Art. 2.1.11 I PICC, da anderenfalls gar keine Kollisionslage entstehen kann. Das Erfordernis der beiderseitigen Benutzung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Art. 2.1.22 PICC dient insoweit der Klarstellung, wann die Rechtsfolgen dieser Vorschrift Anwendung finden sollen. Hat daher eine Partei nicht sämtliche Vor-

872

Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.22 Rn. 3.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

233

aussetzungen für die Einbeziehung erfüllt, gelten die allgemeinen Vorschriften für eine Einbeziehung im Rahmen des Angebots bzw. der Annahme.873 Wie Art. 19 II CISG geht auch Art. 2.1.11 II PICC nicht von einem Kollisionsproblem aus, wenn die bewirkte Änderung des Angebots lediglich unwesentlichen Charakter hat – wenn also der gegnerische Verweis auf die Einbeziehung der eigenen AGB das Angebot nicht wesentlich ändert – und die andere Seite nicht unverzüglich widerspricht. Die PICC verzichten allerdings im Gegensatz zu Art. 19 III CISG auf eine beispielhafte Aufzählung, bei welchen Umständen von einer wesentlichen Änderung auszugehen ist. An dieser Stelle lassen sich aber die obigen Ausführungen entsprechend übertragen.874 Eine wesentliche Änderung im maßgeblichen Sinne kann daher auch bei den PICC regelmäßig bereits im Verweis auf die eigenen AGB gesehen werden, da diese typischerweise Fragen der Rechtswahl, des Gerichtsstands oder des Haftungsumfangs ansprechen. Ausnahmen gelten etwa wiederum bei rein sprachlichen Unterschieden oder wenn in den AGB schlicht das dispositive Recht wiederholt wird. bb) Vertragsschluss Nach Art. 2.1.22 PICC gilt der Vertrag im Fall der beiderseitigen Verwendung von AGB immer mit Zugang der Annahme875 als geschlossen, wenn sich beide Seiten im Übrigen geeinigt haben. Auf Indizien für den Bindungswillen, wie etwa den Beginn von Ausführungshandlungen, kommt es dementsprechend nicht mehr an. Die Rechtsfolge tritt vielmehr automatisch mit der Einigung über die essentalia negotii und weitere Nebenpunkte (ausgenommen die AGB) ein. Dies stärkt die Rechtssicherheit, da sich eine solche Einigung relativ leicht nachweisen lässt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine Partei eindeutig im Voraus oder später und unverzüglich mitteilt, dass sie durch solch einen Vertrag nicht gebunden sein will. Auch diese Ausnahme folgt aus Gründen der Rechtssicherheit strengen Regeln. Das „Eindeutigkeitserfordernis“ trägt dem Umstand Rechnung, dass AGB regelmäßig nicht gelesen und daher dort enthaltene Vorbehalte nicht rechtzeitig zur Kenntnis genommen werden.876 Nach der offiziellen Kommentierung hat daher ein in den AGB erklärter Wille im oben genannten Sinn – sprich eine Abwehrklausel – keinerlei Wirkung, sondern muss separat ausgedrückt werden.877 Ebenfalls aus Gründen der

873

s. oben G. II. 1. c) bzw. unten G. III. Oben G. II. 5. b) aa). 875 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.22 Rn. 7. 876 Hammerschmidt, S. 68. 877 UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 2.1.22 Comment 3 vor Illustration 2; zustimmend Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.22 Rn. 6; Hammerschmidt, S. 68; Rühl, 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. (2003), 189 (208); Schlechtriem, FG Herber, S. 41; im Ergebnis auch Schneider (S. 200), der allerdings unzutreffend behauptet, der offizielle Kommentar äußere sich hierzu nicht. 874

234

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Rechtssicherheit ist daher auch ein späterer Widerspruch nur möglich, wenn er unverzüglich nach Zugang der entsprechenden Annahme erfolgt.878 Richtigerweise hat ein vorher erklärter Widerspruch im maßgeblichen Sinne jedoch dann keine Wirkung mehr, wenn die Parteien mit der Durchführung des Vertrages begonnen oder ihn bereits abgewickelt haben und sich dann etwa herausstellt, dass es für den ursprünglich Widersprechenden ein Minusgeschäft war.879 Eine Berufung auf den vorher erklärten Widerspruch verstößt einerseits gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs nach Art. 1.7 PICC, andererseits liegt darin auch ein widersprüchliches Verhalten i.S.d. Art. 1.8 PICC. Wenn trotz des Widerspruchs die vertraglich geschuldeten Handlungen vorgenommen wurden, darf die andere Seite vernünftigerweise einen diesbezüglichen Sinneswandel des Vertragspartners annehmen. Vor allem liegen eine Vertragsdurchführung und ein Angebot mit vorherigem Widerspruch nach Art. 2.1.22 PICC in ihren Rechtswirkungen so weit auseinander, dass die Auslegung des Angebots nicht mehr gemäß Art. 4.2 I PICC nach dem Willen der erklärenden Partei erfolgen kann. Die andere Seite kann sich nicht mehr sicher sein, dass der ursprünglich erklärte Wille weiterhin gelten soll. Dementsprechend muss das Verhalten des Anbietenden nach Art. 4.2 PICC aus objektiver Sicht beurteilt werden. Ein objektiver Beobachter muss bei einem solchen Verhalten ebenfalls von einem Sinneswandel des Widersprechenden ausgehen. cc) Vertragsinhalt Art. 2.1.22 PICC enthält darüber hinaus auch die Rechtsfolge für den Vertragsinhalt. (1) Regelfall: Anwendung der knock-out-rule Hinsichtlich des Vertragsinhalts sieht Art. 2.1.22 PICC grundsätzlich die Anwendung der knock-out-rule vor: Die AGB, „die in der Sache übereinstimmen“, werden Vertragsinhalt. Die übrigen Klauseln werden nicht einbezogen. Allerdings fehlt den PICC eine § 306 BGB entsprechende Vorschrift, die darüber Auskunft gibt, welche Regeln anstelle der kollidierenden AGB anzuwenden sind. Auch die offizielle Kommentierung schweigt hierzu. Logische Rechtsfolge ist aber auch hier wiederum, dass anstelle der individuellen Regeln die allgemeinen Vorschriften anzuwenden sind. Das bedeutet, es finden – sofern vorhanden – weitere individuelle Abreden wie etwa Rahmenvereinbarungen und Gepflogenheiten Anwendung, ebenso wie Gebräuche und schließlich die allgemeinen Regeln der PICC.880

878

Vgl. zur gleichlautenden Vorschrift des Art. 39 GEK-Vorschlag Terryn, in: Schulze, Art. 39 GEK Rn. 8. 879 Vgl. Schlechtriem, FG Herber, S. 41 a.E.; vgl. auch Schneider, S. 199 f. Zustimmend Luig, S. 247. 880 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.22 Rn. 9; Schneider, S. 201.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

235

Ob AGB „in der Sache übereinstimmen“ bestimmt sich nach dem Regelungsgegenstand und ihrer Wirkung.881 „In der Sache“882 übereinstimmen bedeutet aber vom Wortlaut her nicht notwendig, dass die Bedingungen inhaltlich völlig identisch sein müssen, sondern dass auch unterschiedlich weit reichende AGB-Regelungen noch von der Rechtsfolge des Art. 2.1.22 PICC erfasst werden. Die Vorschrift wäre dann dahingehend zu verstehen, dass die AGB einbezogen werden, soweit sie „in der Sache übereinstimmen“.883 Das bedeutet also prinzipiell eine Reduktion auf das gemeinsame Minimum. Wie schon oben zum BGB dargestellt, darf den Parteien aber nicht pauschal unterstellt werden, sie seien mit der Geltung der jeweils weniger weit reichenden AGB einverstanden.884 Auch wenn beide Seiten erkennbar in dem in der betreffenden Klausel geregelten Punkt vom dispositiven Recht abweichen wollen, entscheidet trotz der Art. 2.1.22 PICC innewohnenden Tendenz immer noch die Interessenlage des konkreten Einzelfalls über eine Reduktion auf das gemeinsame Minimum. (2) Ausnahmsweise Anwendung der last-shot-rule Trotz der eindeutigen Regelung in Art. 2.1.22 PICC bestehen vor dem Hintergrund der Parteiautonomie (Art. 1.1 PICC) keine Bedenken, in gewissen Fällen dennoch die last-shot-rule anzuwenden. Dies gilt etwa, wenn eine Partei im Vorfeld wirksam den Rechtsfolgen des Art. 2.1.22 PICC widersprochen und der Vertragspartner sich hierauf eingelassen hat.885 Dabei ist vor allem unerheblich, ob Letzterer in der Annahme auf seine eigenen AGB verwiesen hat. Es gelten allein die AGB des Anbietenden.886 Die objektive Auslegung eines solchen Verhaltens lässt darauf schließen, dass der Annehmende nicht mehr an der Einbeziehung der eigenen AGB festhalten möchte. Ebenso verhält es sich, wenn sich eine Partei eindeutig auf die Annahme unter Änderungen der Gegenseite einlässt und sich dadurch deren AGB widerspruchslos unterwirft. (3) „Ergänzende Regelungen“ Auch bei den PICC sind ergänzende Regelungen richtigerweise ein Fall der AGBKollision.887 Da solche Bedingungen allerdings keinen Niederschlag in den Klauseln der Gegenseite gefunden haben, können sie auch nicht „in der Sache übereinstim881

Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.22 Rn. 8. Hervorhebung durch den Verfasser. 883 So Schneider, S. 201. 884 s. oben G. II. 5. a) bb) (2). 885 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.22 Rn. 5. 886 UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 2.1.22 Illustration 3; zweifelnd Köhler, S. 63 Fn. 84. 887 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.22 Rn. 4. 882

236

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

men“. Ergänzende Regelungen werden daher im Rahmen des Art. 2.1.22 PICC nicht Vertragsbestandteil.888 Das ist auch folgerichtig, da die andere Vertragspartei die darin angesprochenen Punkte regelmäßig als vom dispositiven Recht ausreichend geregelt angesehen hat.889 Anderenfalls hätte sie sehr wahrscheinlich eigene, abweichende Regelungen getroffen. dd) Zusammenfassung Die PICC enthalten für die Behandlung kollidierender AGB in Art. 2.1.22 eine eigene Vorschrift. Sofern sich die Parteien über die Hauptpunkte des Vertrages geeinigt haben, gilt dieser nach Art. 2.1.22 PICC bei einem Fall der beiderseitigen Verwendung von AGB immer als im Zeitpunkt der Annahme geschlossen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine Partei eindeutig im Voraus oder nach Zugang der Annahme unverzüglich mitteilt, dass sie durch solch einen Vertrag nicht gebunden sein will. Die Verwendung einer Abwehrklausel ist im Rahmen der PICC aber wirkungslos, da ein vorheriger Widerspruch nicht in den eigenen AGB erklärt werden kann. Ein vorheriger Widerspruch verliert seine Wirkung nach hier vertretener Ansicht zudem wieder, wenn die Parteien mit der Durchführung des Vertrages beginnen oder diesen bereits abgewickelt haben. Inhaltlich sieht Art. 2.1.22 PICC im Regelfall eine Anwendung der knock-outrule vor. Die AGB werden somit Vertragsinhalt, soweit sie in der Sache übereinstimmen, im Übrigen gilt das dispositive Recht. Auch hier ist aber eine Reduktion unterschiedlich weit reichender AGB auf das gemeinsame Minimum nicht generell, sondern nur bei entsprechendem Parteiwillen möglich. Die last-shot-rule kommt demgegenüber zur Anwendung, wenn den Wirkungen von Art. 2.1.22 PICC im Vorfeld wirksam widersprochen wurde und der Vertragspartner dies akzeptiert hat. Umgekehrt kann sich auch der ursprünglich Anbietende den AGB der Gegenseite unterwerfen und damit auf die Geltung seiner eigenen Bedingungen verzichten. Ergänzende Regelungen können mangels eines Pendants auf der Gegenseite nicht in der Sache übereinstimmen. Sie werden dementsprechend von Art. 2.1.22 PICC nicht erfasst und daher im Rahmen der PICC generell nicht in den Vertrag einbezogen. d) PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag Auch die PECL (Art. 2:209 I und II), der DCFR (Art. II.-4:209), die Machbarkeitsstudie (Art. 38) und der GEK-Vorschlag (Art. 39) enthalten jeweils eine eigene Vorschrift für den Umgang mit kollidierenden AGB. Diese Vorschriften sind in888 889

Schneider, S. 201. Vgl. Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.22 Rn. 8.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

237

haltlich miteinander vollkommen identisch und stimmen auch fast vollständig mit Art. 2.1.22 PICC überein. aa) Vorliegen einer Kollisionslage Wie schon Art. 2.1.22 PICC sind die Vorschriften zu kollidierenden AGB Ausnahmen zur jeweiligen allgemeinen Regelung über eine modifizierte Annahme in Art. 2:208 PECL, Art. II.-4:208 DCFR, Art. 37 Machbarkeitsstudie und Art. 38 GEK-Vorschlag.890 Dementsprechend gilt auch hier wieder das Erfordernis einer Kollisionslage, ausgelöst durch die beiderseitige Verwendung von AGB. Die Parteien müssen daher notwendigerweise wiederum jeweils sämtliche Einbeziehungsvoraussetzungen erfüllt haben.891 Anderenfalls gelten die allgemeinen Vorschriften für eine Einbeziehung im Rahmen des Angebots bzw. der Annahme.892 Die jeweils gegenüber den PICC abweichende Formulierung („auf einander widersprechende allgemeine Geschäftsbedingungen beziehen“)893 führt in dieser Hinsicht nicht zu Unterschieden. Ein Kollisionsproblem liegt wie schon bei Art. 2.1.11 II PICC und Art. 19 II CISG jeweils nicht vor, wenn der Verweis auf die eigenen AGB das Angebot nicht erheblich ändert und der Vertragspartner der Änderung nicht unverzüglich widerspricht (Art. 2:208 II PECL, Art. II.-4:208 II DCFR, Art. 37 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 38 III GEK-Vorschlag). Die meisten Regelwerke verzichten aber wie die PICC auf eine Vorschrift, die Umstände für eine erhebliche Änderung beispielhaft aufzählt. Einzig der GEK-Vorschlag enthält in Art. 38 III einen solchen Katalog. Dieser bewegt sich inhaltlich auf der Linie von Art. 19 III CISG. Dementsprechend kann diesbezüglich, aber auch für die anderen Regelwerke auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.894 Wegen der typischerweise in AGB angesprochenen Fragen der Rechtswahl, des Gerichtsstands oder des Haftungsumfangs liegt daher auch im Rahmen der PECL, des DCFR, der Machbarkeitsstudie und des GEK-Vorschlags regelmäßig bereits in der Annahme mit Verweis auf die eigenen AGB eine wesentliche Änderung des Angebots. Anders verhält es sich dagegen wieder bei rein sprachlichen Unterschieden oder wenn in den AGB schlicht das dispositive Recht wiederholt wird.895

890 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:209 Comment C. 1.; DCFR (Full), Art. II.4:209 Comment C.; Terryn, in: Schulze, Art. 39 GEK Rn. 1. 891 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:209 Comment B.; DCFR (Full), Art. II.4:209 Comment B.; Terryn, in: Schulze, Art. 39 GEK Rn. 4; Schneider, S. 208. 892 s. oben G. II. 1. d), e) und f) bzw. unten G. III. 893 In den englischen Fassungen: „refer to conflicting standard terms“. 894 Oben G. II. 5. b) aa). 895 Vgl. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:209 Comment B.; DCFR (Full), Art. II.-4:209 Comment B.

238

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

bb) Vertragsschluss Haben sich die Parteien auf die Hauptpunkte und eventuelle weitere Nebenpunkte des Vertrags geeinigt und nur nicht hinsichtlich ihrer widersprechenden AGB, gilt der Vertrag auch bei PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag als im Zeitpunkt des Zugangs der Annahme896 geschlossen. Der Beginn von Ausführungshandlungen und andere Indizien für den Bindungswillen sind auch hier nicht mehr notwendig, um dieses Ergebnis zu begründen.897 Eine Ausnahme gilt wiederum, wenn eine Partei entweder im Voraus oder unverzüglich nach Zugang der Annahme dieser Wirkung widerspricht. Im Gegensatz zu Art. 2.1.22 PICC stellen aber alle Vorschriften bereits im Wortlaut klar, dass ein vorheriger Widerspruch nicht in den AGB erfolgen kann. Abwehrklauseln haben daher auch hier keinerlei Rechtswirkung, sondern es muss eine separate Vertragsbestimmung aufgesetzt werden.898 Ebenfalls keine Wirkung hat ein vorheriger Widerspruch, wenn die Vertragsausführung schon begonnen oder bereits abgeschlossen wurde und sich dann der nachteilige Charakter des Rechtsgeschäfts für eine Seite herausstellt.899 Es gilt hier dasselbe wie für die PICC.900 cc) Vertragsinhalt Auch hinsichtlich des Vertragsinhalts kommen PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag zum gleichen Ergebnis wie die PICC. (1) Regelfall: Anwendung der knock-out-rule Letztlich werden auch bei PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag diejenigen AGB wirksam einbezogen, „die sich der Sache nach decken“, die übrigen nicht. Für diese Beurteilung ist wiederum die „Übereinstimmung im Ergebnis“ maßgeblich.901 Das bedeutet, es ist ebenfalls auf den Regelungsgegenstand und die Wirkung der entsprechenden Klauseln abzustellen und nicht auf die Formulierung im Einzelnen. Die deutsche Übersetzung des Art. 39 GEK-Vorschlag bringt dies sprachlich noch klarer zum Ausdruck („inhaltlich decken“). Gleichzeitig 896

s. Art. 2:205 I PECL, Art. II.-4:205 I DCFR, Art. 34 I Machbarkeitsstudie bzw. Art. 35 I GEK-Vorschlag. 897 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:209 Comment C. 1.; DCFR (Full), Art. II.4:209 Comment C. 898 Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (617); vgl. auch von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1991). 899 Vgl. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:209 Comment A.; DCFR (Full), Art. II.-4:209 Comment A.; Schneider, S. 208; Luig, S. 247. 900 s. oben G. II. 5. c) bb). 901 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:209 Comment C. 2.; DCFR (Full), Art. II.4:209 Comment C.; Terryn, in: Schulze, Art. 39 GEK Rn. 7

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

239

erlaubt es der Worlaut wie schon bei Art. 2.1.22 PICC grundsätzlich wieder, unterschiedlich weit reichende AGB auf das gemeinsame Minimum zu reduzieren. Wie schon bei BGB und PICC902 verbietet sich aber auch hier eine pauschale Annahme, die Parteien seien mit der Geltung der jeweils weniger weit reichenden AGB einverstanden.903 Allerdings fehlt bei sämtlichen Regelwerken – wie schon bei den PICC – eine Vorschrift, die festlegt, wie die entstehenden Lücken zu füllen sind. Die offiziellen Kommentare zu PECL und DCFR empfehlen904 die Anwendung der allgemeinen Vorschriften und ergänzend hierzu Gebräuche und Gepflogenheiten zu berücksichtigen. Fehlen solche, sollen auch die Natur und der Zweck des Vertrages und der Grundsatz von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs Berücksichtigung finden.905 Dieser Lösungsweg bietet sich auch für Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag an.906 (2) Ausnahmsweise Anwendung der last-shot-rule Aufgrund der Parteiautonomie (Art. 1:102 PECL, Art. II.-1:102 DCFR, Art. 7 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 1 GEK-Vorschlag) kann wie schon bei den zuvor behandelten Regelwerken in bestimmten Fällen dennoch die last-shot-rule angewendet werden. Etwa dann, wenn eine Partei der Rechtsfolge der jeweiligen Vorschrift zu kollidierenden AGB im Voraus wirksam widersprochen und sich der Vertragspartner erkennbar den gegnerischen Klauseln unterworfen hat. Wie bei den PICC sollte dabei außer Acht bleiben, ob der Annehmende ebenfalls AGB einbeziehen wollte.907 Des Weiteren kann sich der ursprünglich Anbietende auch widerspruchslos auf die Änderungen der Gegenseite einlassen und dadurch deren Klauseln alleinige Geltung verschaffen. (3) „Ergänzende Regelungen“ „Ergänzende Regelungen“ sind auch bei PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag als Kollision von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu behan902

s. oben G. II. 5. a) bb) (2) bzw. c) cc) (1). Ebenso Ernst, S. 97. 904 Die Verwendung von „kann“ und „may“ legt nahe, dass es sich eher um eine Empfehlung handelt und andere Vorgehensweisen wohl nicht kategorisch ausgeschlossen werden sollen, vgl. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:209 Comment C. 2.; DCFR (Full), Art. II.4:209 Comment C. 905 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:209 Comment C. 2.; DCFR (Full), Art. II.4:209 Comment C. 906 Die Kommentierung von Terryn, in: Schulze, Art. 39 GEK Rn. 10 ff. äußert sich lediglich zu den Folgen kollidierender Rechtswahlklauseln. 907 s. oben G. II. 5. c) cc) (2). 903

240

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

deln. Das ergibt sich für PECL und DCFR aus den offiziellen Kommentaren.908 Wegen der Vorbildfunktion gilt das Gleiche aber auch im Rahmen der Machbarkeitsstudie und des GEK-Vorschlags.909 Allerdings „decken“ sich solche Regelungen mangels Gegenstück in den AGB des Vertragspartners nicht „in der Sache“. Dementsprechend werden sie auch hier nicht wirksamer Vertragsbestandteil, da die andere Seite für die geregelten Gegenstände typischerweise die Vorgaben des dispositiven Rechts angewendet wissen wollte.910 dd) Zusammenfassung Wie die PICC enthalten auch PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEKVorschlag ausdrückliche und inhaltlich identische Regelungen zum Problembereich der kollidierenden AGB. Erforderlich ist zunächst wieder das Vorliegen einer Kollisionslage infolge der beiderseitigen Verwendung von AGB. Dementsprechend müssen die AGB beider Seiten für sich gesehen wirksamer Vertragsbestandteil werden können. Eine Kollision ist zudem wiederum dann ausgeschlossen, wenn identische Klauselwerke vereinbart werden. Wie bei den PICC gilt auch bei PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEKVorschlag der Vertrag als im Zeitpunkt der Annahme geschlossen, wenn die Parteien sich zumindest über die Hauptpunkte des Vertrages geeinigt haben. Anders verhält es sich, wenn eine Partei entweder im Voraus oder unverzüglich nach Zugang der Annahme dieser Wirkung widerspricht. Ein vorheriger Widerspruch kann wie bei den PICC ebenfalls nicht in den AGB selbst erfolgen, so dass Abwehrklauseln keinerlei Wirkung entfalten. Nach hier vertretener Ansicht entfällt die Wirkung eines erfolgten Widerspruches aber wieder, wenn die Vertragsausführung schon begonnen oder bereits abgeschlossen wurde. Für den Vertragsinhalt findet bei PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEKVorschlag im Regelfall ebenfalls die knock-out-rule Anwendung. Die AGB beider Seiten werden also insoweit Vertragsbestandteil, als sie sich der Sache nach decken, im Übrigen gilt das dispositive Recht. Die Reduktion unterschiedlich weit reichender AGB auf das gemeinsame Minimum ist auch bei diesen Regelwerken nicht pauschal möglich, sondern hängt vom Parteiwillen ab. Eine ausnahmsweise Anwendung der last-shot-rule ist wiederum dann angebracht, wenn der Anwendung der knock-outrule im Voraus widersprochen wurde und die Gegenseite dies akzeptiert hat oder wenn sich der ursprünglich Anbietende den AGB des Annehmenden unterwirft und auf die Geltung seiner eigenen AGB verzichtet. Wie bei den PICC lässt der Wortlaut

908

von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:209 Comment B.; DCFR (Full), Art. II.4:209 Comment B. 909 Ebenso Ernst, S. 97, der das Ergebnis jedoch ablehnt. 910 Vgl. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:209 Comment B.; DCFR (Full), Art. II.-4:209 Comment B.

II. Einbeziehung im Rahmen des Angebots

241

der jeweiligen Vorschriften auch bei PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEKVorschlag die Einbeziehung ergänzender Regelungen generell nicht zu. e) Zusammenfassung zu kollidierenden AGB-Klauseln Für den Problembereich der kollidierenden AGB enthalten PICC, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag eine eigene Vorschrift. Bei BGB und zutreffenderweise auch beim CISG ist das Problem dagegen innerhalb der allgemeinen Vertragsschlussvorschriften zu lösen. Als Erstes muss allerdings immer festgestellt werden, ob die beiderseitige Verwendung von AGB wirklich zu einer Kollisionslage führt. Das setzt voraus, dass die jeweiligen Klauseln für sich betrachtet tatsächlich Vertragsinhalt werden können. Sofern eine Partei also nicht alle Einbeziehungsvoraussetzungen erfüllt, stellt sich das Problem nicht. Dasselbe gilt auch, wenn die Parteien identische Klauselwerke verwenden. In diesem Fall handelt es sich vielmehr um eine Individualvereinbarung. Wurde eine Kollisionslage festgestellt, ist zunächst relevant, ob dies einem wirksamen Vertragsschluss entgegensteht. Bei Maßgeblichkeit von BGB und CISG ist von einem wirksamen Vertragsschluss auszugehen, wenn die Parteien mit der Durchführung des Vertrags beginnen. Im CISG ist dieser Umstand systematisch als Abbedingung von Art. 19 zu interpretieren. Fehlt es dagegen an solchen vertragsbezogenen Handlungen, lässt sich noch nicht erkennen, ob den Parteien der Vertrag als solcher wichtiger ist als die Einbeziehung der AGB. So ist auch die Situation, wenn eine oder beide Seiten eine Abwehrklausel verwenden und keine Anzeichen vorliegen, die ein Abrücken vom darin ausgedrückten Willen vermuten lassen. Anders verhält es sich bei den übrigen Regelwerken, die eine ausdrückliche Regelung zu kollidierenden AGB vorsehen. Danach gilt der Vertrag als im Zeitpunkt des Zugangs der Annahme geschlossen, sofern sich die Parteien im Übrigen geeinigt haben. Weitere Indizien für den Parteiwillen sind nicht erforderlich, er wird vielmehr fingiert. Diese automatische Rechtsfolge kann allerdings durch einen ausdrücklichen Widerspruch im Voraus oder später, also unverzüglich nach Zugang der Annahme, die den Vertrag grundsätzlich zustandebringt, ausgeschlossen werden. In diesem Fall ist der Vertrag noch nicht geschlossen und die einseitige Abwendung vom Geschäft zulässig. Ein solcher Widerspruch ist indes nicht durch AGB möglich, so dass eine Abwehrklausel im Rahmen von PICC, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEKVorschlag letztlich keine Wirkung entfaltet. Darüber hinaus ist ein Widerspruch nach hier vertretener Auffassung auch dann unbeachtlich, wenn beide Seiten schon mit den Ausführungshandlungen begonnen haben oder der Vertrag bereits abgewickelt wurde.

242

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Beim Vertragsinhalt stehen sich grundsätzlich zwei Lösungsansätze gegenüber:911 Die Theorie des letzten Wortes (last-shot-rule), nach der die zuletzt unwidersprochen gebliebenen AGB einbezogen werden, oder die Restgültigkeitslösung (knock-outrule), die zur Einbeziehung derjenigen AGB führt, die inhaltlich miteinander übereinstimmen.912 Im Ergebnis ist grundsätzlich der Restgültigkeitslösung zu folgen. Das gilt auch für das CISG. Auch wenn dort ein belgischer Vorschlag zur Aufnahme einer dementsprechenden Vorschrift gescheitert ist, folgt daraus nach hier vertretener Ansicht nicht zugleich eine Ablehnung der Restgültigkeitslösung. Auch die speziellen Vorschriften in PICC, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEKVorschlag gehen im Regelfall von einer Auflösung der AGB-Kollision nach der Restgültigkeitslösung aus. Die Theorie des letzten Wortes hat zwar in bestimmten Fällen, insbesondere bei Unterwerfung des Vertragspartners unter die gegnerischen AGB, ihre Berechtigung, entspricht aber im Regelfall nicht dem Parteiwillen und hängt in ihrem Ergebnis auch häufig zu stark vom Zufall ab. Bei PICC, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag kommt sie deswegen auch nur ausnahmsweise zum Einsatz, wenn – wie schon oben beim Vertragsschluss erwähnt – den Wirkungen der jeweiligen Vorschrift zu kollidierenden AGB ausdrücklich im Voraus oder unverzüglich nach Vertragsschluss widersprochen wird. Bei BGB und CISG ist ihre Anwendung sachgerecht, wenn der Vertragsschluss für eine Partei mit der Einbeziehung ihrer eigenen AGB stehen und fallen soll und die andere Partei sich diesem Willen beugt. Auch bei ergänzenden Regelungen, die kein Pendant auf der Gegenseite haben, handelt es sich um ein Kollisionsproblem. Solche AGB werden richtigerweise nicht automatisch einbezogen. Ein pauschales Einverständnis mit solchen Bedingungen kann der Gegenseite nicht unterstellt werden, da sie es ansonsten an diesem Punkt nicht bei der Anwendung des dispositiven Rechts belassen hätte. Die Einbeziehung hängt dementsprechend vom Parteiwillen ab, der insbesondere aus der Verwendung einer Abwehrklausel hervorgehen kann. Eine Besonderheit gilt diesbezüglich im BGB für den einfachen Eigentumsvorbehalt. Wegen des Trennungs- und Abstraktionsprinzips ist eine einseitige Verhinderung des Eigentumsübergangs unabhängig vom schuldrechtlichen Vertrag möglich. Bei Kenntnis oder Kennenmüssen wird der Eigentumsvorbehalt daher trotz einer Abwehrklausel wirksam. Im CISG ist diese Situation grundsätzlich anders zu beurteilen, da Eigentumsfragen gemäß Art. 4 S. 2 lit. b) aus dem Anwendungsbereich ausgenommen und nach unvereinheitlichtem nationalen Recht zu beurteilen sind. Da es sich bei Trennungs- und Abstraktionsprinzip um eine deutsche Besonderheit handelt, sind die Voraussetzungen der Eigentumsübertragung in anderen Rechtsordnungen regelmäßig an das schuldrechtliche Geschäft gekoppelt. 911

Vgl. zu einem weiteren Vorschlag („best-shot-rule“): Rühl, 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. (2003), 183 (221 ff.). 912 Wirtschaftliche Analyse beider Theorien bei Rühl, 24 U. Pa. J. Int’l Econ. L. (2003), 183 (209 ff.).

III. Einbeziehung von AGB im Rahmen der Annahme

243

Anders verhält es sich in dieser Hinsicht bei PICC, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag. Nach dem Wortlaut der jeweiligen Vorschrift zu kollidierenden AGB werden diese einbezogen, soweit sie „in der Sache übereinstimmen“. Da es zu ergänzenden Regelungen aber keine Entsprechung auf der Gegenseite gibt, können diese folglich nicht übereinstimmen und werden daher generell nicht einbezogen. Für die Frage, ob die AGB im Sinne der Restgültigkeitslösung „in der Sache übereinstimmen“, ist auf die inhaltliche Wirkung der jeweiligen Bedingungen abzustellen. Sofern diese unterschiedlich weit reichen, ist richtigerweise nicht per se auf die weniger weit reichende Klausel abzustellen. Auch wenn die Parteien durch die jeweilige AGB-Verwendung deutlich gemacht haben, dass sie den betreffenden Punkt lieber abweichend vom dispositiven Recht regeln möchten, ist eine solche Reduktion „auf den kleinsten gemeinsamen Nenner“ nicht immer interessengerecht. Vielmehr entscheidet auch hier der Parteiwille im Einzelfall. Mit Ausnahme des BGB enthalten die übrigen Regelwerke allerdings keine ausdrücklichen Ausführungen dazu, wie die durch den „knock-out“ der kollidierenden AGB entstandene Lücke zu füllen ist. Insofern gilt aber systematisch dasselbe Prinzip wie in § 306 II BGB. Statt der individuellen Abrede kommen die allgemeinen Vorschriften zum Zuge. Dementsprechend gilt also das dispositive Recht, ergänzt durch eventuelle Rahmenvereinbarungen, Parteigepflogenheiten und Handelsbräuche. Wie gesehen, gelangen also sämtliche Regelwerke im Regelfall zur Anwendung der Restgültigkeitslösung und greifen nur in Ausnahmefällen auf die Theorie des letzten Wortes zurück. Allerdings erleichtert die Aufnahme einer speziellen Vorschrift zu kollidierenden AGB die Problemlösung. Eine ausdrückliche Regelung ist vor allem deswegen empfehlenswert, da die Restgültigkeitslösung nach wie vor noch keine weltweite Anerkennung gefunden hat.913 Gerade im CISG ist dieser Umstand misslich, weil unterschiedliche nationale Auffassungen die einheitliche Anwendung verhindern können.914 Insbesondere an diesem Punkt kann man daher durchaus über eine offizielle Kommentierung des CISG nachdenken.915 Darüber hinaus spricht auch nichts gegen die Aufnahme einer entsprechenden Vorschrift zu kollidierenden AGB in die §§ 305 ff. BGB.

III. Einbeziehung von AGB im Rahmen der Annahme Denkbar ist auch, dass ein Vorschlag zum Vertragsschluss vom Käufer ausgeht, etwa indem dieser um die Lieferung bestimmter Waren zu einem konkreten Preis 913

Vgl. Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 19 CISG Rn. 25; Piltz, IHR 2004, 133 (136 f.). Möll, S. 122 ff. 915 DiMatteo, S. 75 m.w.N. Ob diese allerdings für die Restgültigkeitslösung votieren würde, sei dahingestellt. 914

244

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

ersucht,916 und der Verkäufer darauf eingeht. Häufig wird dieser dann in der Annahme oder „Auftragsbestätigung“ auf die Geltung seiner AGB verweisen. Da lediglich eine Seite auf ihre Standardbestimmungen verweist, besteht dementsprechend keine Kollisionslage und somit auch kein Fall der kollidierenden AGB. Alle Regelwerke sehen vor, dass eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen und sonstigen Änderungen grundsätzlich als Ablehnung und neues Angebot verstanden wird (§ 150 II BGB, Art. 19 CISG, Art. 2.1.11 PICC, Art. 2:208 PECL, Art. 37 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 38 GEK-Vorschlag). Ausnahmen gelten – außer im BGB – dann, wenn die Änderungen nicht wesentlich bzw. nicht erheblich sind.917 Wie bereits mehrfach angesprochen, sind AGB im Regelfall einseitig begünstigend für ihren Verwender und enthalten deswegen meist Änderungen hinsichtlich des anwendbaren Rechts, des Gerichtsstands, des Haftungsumfangs oder der Zahlungsmodalitäten. Es ist daher zwar möglich, aber eher unwahrscheinlich, dass bei ihrer Einbeziehung keine wesentliche bzw. erhebliche Änderung vorliegt. Folglich handelt es sich bei einer solchen Annahme um ein neues Angebot und die Einbeziehung richtet sich nach den bereits aufgezeigten Regeln für eine Einbeziehung im Rahmen des Angebots.918 Führen die AGB dagegen tatsächlich nur zu einer unwesentlichen bzw. unerheblichen Änderung des Angebots, behält die Willenserklärung des Vertragspartners weiterhin ihren Annahmecharakter. Der Vertrag wird geschlossen und die gegnerischen, nur geringfügig abweichenden Geschäftsbedingungen werden zusätzlich Vertragsbestandteil. Dieses Ergebnis kann der Anbietende nur dadurch vermeiden, dass er die Abweichungen in der Annahme unverzüglich beanstandet bzw. ihnen unverzüglich widerspricht (§ 150 II BGB, Art. 19 II CISG, Art. 2.1.11 II PICC, Art. 2:208 III lit. b) PECL, Art. 37 III lit. b) Machbarkeitsstudie bzw. Art. 38 IV lit. b) GEK-Vorschlag). Die PECL (Art. 2:208 III lit. c), die Machbarkeitsstudie (Art. 37 III lit. b) und der GEK-Vorschlag (Art. 38 IV lit. c) sehen zusätzlich noch vor, dass der Annehmende seine Annahme von der Zustimmung des anderen Teils zu den zusätzlichen Bedingungen abhängig machen kann. In diesem Fall muss der Anbietende in angemessener Zeit noch auf die Annahme reagieren, ansonsten kommt der Vertrag nicht zustande. Im Fall unerheblich abweichender AGB erzeugt diese Möglichkeit jedoch eine unnötige Schwebezeit und ist damit der Rechtssicherheit abträglich. Aus praktischer Sicht ist es daher für den AGB-Verwender nicht empfehlenswert, von dieser Option Gebrauch zu machen.

916

Ohne Preis fehlen die für ein Angebot notwendigen Angaben und es liegt nur eine invitatio ad offerendum vor. Das Angebot wird in diesen Fällen wieder vom Verkäufer ausgehen und es gelten die oben dargestellten Voraussetzungen (G. II.). 917 Dazu bereits oben bei den Ausführungen zu kollidierenden AGB, G. II. 5. 918 s. oben G. II.

IV. „Einbeziehung“ von AGB nach Vertragsschluss: Vertragsänderung

245

IV. „Einbeziehung“ von AGB nach Vertragsschluss: Vertragsänderung Alle behandelten Regelwerke stimmen darin überein, dass die einseitige Einbeziehung von AGB nur bis zum Vertragsschluss möglich ist („vor oder bei Vertragsschluss“). Danach kann eine Einbeziehung zwar immer noch stattfinden, ist aber wegen des bereits erfolgten Vertragsschlusses nicht mehr einseitig möglich. Sollen daher die AGB in diesem Stadium des Vertrages noch Wirkung erlangen, muss dieser nachträglich geändert werden. 1. BGB Aus § 311 I BGB ergibt sich, dass die Parteien ihren bestehenden Vertrag jederzeit durch eine neue Vereinbarung inhaltlich ändern dürfen. Dementsprechend können dadurch auch AGB-Klauseln noch nachträglich zum Vertragsinhalt gemacht werden. Dabei handelt es sich regelmäßig um eine rückwirkende Änderung, damit die Klauseln bereits mit Beginn der Vertragsbeziehung gelten und nicht erst ab dem Zeitpunkt des Änderungsvertrages. Trotz der schuldrechtlichen Vertragsfreiheit muss ein solcher Änderungsvertrag, der die nachträgliche Einbeziehung von AGB bezweckt, den Anforderungen des § 305 II BGB bzw. den entsprechenden Voraussetzungen für die Einbeziehung zwischen Unternehmern genügen.919 Der Verwender hat also bei Abschluss des Änderungsvertrages920 ausdrücklich auf die AGB hinzuweisen und seinem Vertragspartner die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme von ihrem Inhalt zu gewähren.921 Das Einverständnis des Vertragspartners unterliegt jedoch strengeren Voraussetzungen. Sein Schweigen hinsichtlich des Änderungsvertrages hat keinerlei Erklärungswirkung und kann deswegen nicht als Zustimmung zu den AGB ausgelegt werden.922 Dies gilt insbesondere auch, wenn die AGB in diesem Stadium des Vertrages durch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben einbezogen werden sollen und dadurch eventuell vertragliche Vereinbarungen konterkarieren würden.923 Wie bereits dargestellt, führt das Schweigen des Klauselgegners auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben im unternehmerischen Geschäftsverkehr zwar grundsätzlich zur wirksamen Einbeziehung der AGB.924 Allerdings gilt dies nur für Fälle, in denen der Vertrag zwar als bereits geschlossen angesehen wird, in denen aber noch ein Bestätigungsbedarf besteht (etwa weil der Vertragsschluss mündlich 919 BGHZ 86, 135 (137); NJW 2010, 864 (867 Rn. 39 a.E.); NJW-RR 1987, 112 (114); A. Stadler, in: Jauernig, § 305 Rn. 12; Berger, in: PWW, § 305 Rn. 14. 920 KG NJW-RR 1994, 1265 (1265); Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 108. 921 Im Einzelnen dazu oben G. II. 1. a). 922 Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 79; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 89. 923 BGHZ 61, 282 (287). 924 Ausführlich oben G. II. 2. a) cc).

246

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

erfolgt ist). Darin liegt der Unterschied zur hier angesprochenen Situation der nachträglichen Einbeziehung mittels einer Vertragsänderung: In diesem Fall besteht kein Bestätigungsbedarf, da der Vertrag bereits schriftlich vorliegt und als vollständig abgefasst angesehen werden darf. Dementsprechend ist keine kaufmännische Bestätigung mehr nötig. Schickt daher eine Partei trotz schriftlich ausgearbeiteten Vertrages noch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, um ihre AGB einzubeziehen, entfaltet das Schweigen der Gegenseite diesbezüglich keine Wirkung. Auch bei Unternehmern ist deswegen ein ausdrückliches Einverständnis mit den angestrebten Änderungen erforderlich.925 Dieses kann etwa durch Unterschreiben der AGB zum Ausdruck gebracht werden.926 Allerdings muss dann ein diesbezüglicher Annahmewille vorhanden sein, der aber nur anzunehmen ist, wenn der Vertragspartner die Tragweite seiner Zustimmung mittels Unterschrift erkannt hat.927 Grundsätzlich nicht möglich ist dagegen gemäß § 308 Nr. 5 BGB die Fiktion der Zustimmung zu einem Änderungsvertrag in den AGB des bereits geschlossenen Vertrages, es sei denn, die in der Vorschrift aufgeführten Ausnahmen sind kumulativ erfüllt. Ansonsten ist eine solche Zustimmungsklausel unwirksam. Die nachträgliche Einbeziehung kann also nicht mehr einseitig durch den Abdruck auf Rechnungen oder Lieferscheinen erfolgen, sondern bedarf der Mitwirkung des anderen Teils.928 Das ist folgerichtig, da für die Einbeziehung von AGB der Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsschlusses entscheidend ist und der Vertragspartner danach auch grundsätzlich nicht mehr damit rechnen muss, dass die Gegenseite ihre Klauseln einbeziehen will. Den Vertragspartner treffen zwar nach § 241 II BGB Schutzpflichten, die ihn auch zur Kenntnisnahme von nachträglichen Erklärungen des Vertragspartners zwingen. Daraus folgt aber nicht, dass er nach Vertragsschluss noch einseitig gestellte Bedingungen zu seinem Nachteil akzeptieren muss. Deswegen braucht er Bedingungen, die auf der Rückseite nachträglich übersandter Schreiben abgedruckt sind, ohne ausdrücklichen Hinweis auf die beabsichtigte Vertragserklärung keine Bedeutung beimessen. Auch seine Unterschrift führt hier mangels Hinweises nicht zur wirksamen nachträglichen Einbeziehung von AGB. Bei Änderungsverträgen muss aber immer geprüft werden, ob es tatsächlich um die Einbeziehung von AGB geht. Möglicherweise sind die nachträglichen Verhandlungen so intensiv, dass es sich bei den ursprünglichen Klauseln nunmehr um Individualvereinbarungen i.S.d. § 305 I 3 BGB handelt.929 Gerade wenn der eigentliche Vertrag bereits geschlossen ist, ist ein Aushandeln der Bedingungen 925

KG NJW-RR 1994, 1265 (1265); Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 46; Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 79. 926 Kollmann, in: NK-BGB, § 305 Rn. 108; im Grundsatz auch Basedow, in: MüKo-BGB, § 305 Rn. 80; Grüneberg, in: Palandt, § 305 Rn. 46. 927 KG NJW-RR 1994, 1265 (1265 f.); Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305 Rn. 89. 928 BGHZ 86, 135 (137); Becker, in: Bamberger/Roth, § 305 Rn. 65. 929 Berger, in: PWW, § 305 Rn. 14.

IV. „Einbeziehung“ von AGB nach Vertragsschluss: Vertragsänderung

247

wahrscheinlicher. Durch den Vertragsschluss hat sich die bisher schwächere Position des Klauselgegners deutlich verstärkt, da der Verwender den Vertrag im Regelfall nicht mehr einseitig aufkündigen kann, ohne eigene Nachteile befürchten zu müssen. Liegt daher eine Individualvereinbarung vor, finden die speziellen Anforderungen für die Einbeziehung von AGB keine Anwendung, sondern es gelten allein die allgemeinen Regelungen zum Zustandekommen von Verträgen. 2. CISG Das CISG stellt in Art. 29 I klar, dass ein Vertrag bereits durch bloße Parteivereinbarung (rückwirkend) geändert werden kann.930 Die Notwendigkeit der Schriftform für Änderungen kann sich aber nach Art. 29 II CISG aus einem vereinbarten Formerfordernis in einem schriftlichen Vertrag ergeben. Zudem sieht Art. 12 i.V.m. Art. 96 CISG wiederum die Möglichkeit eines Vorbehalts für solche Länder vor, nach deren Recht der Vertragsschluss und daher auch eine Vertragsänderung schriftlich festgehalten sein müssen, um rechtlich wirksam zu sein. Gemäß Art. 12 S. 2 CISG dürfen die Parteien von diesem Artikel weder abweichen noch dessen Wirkungen ändern. Stammt daher eine der Parteien aus einem Vertragsstaat, der einen solchen Vorbehalt erklärt hat,931 bestimmt sich das für eine Vertragsänderung maßgebliche Recht nach dem IPR des Forums.932 Die Gegenansicht,933 wonach die Formvorschriften des Vorbehaltsstaats in jedem Fall maßgeblich sein sollen, überzeugt sowohl in Anbetracht des Wortlauts von Art. 12 CISG als auch systematisch nicht.934 Art. 29 CISG kann dementsprechend dann zur Anwendung kommen, wenn das IPR des Forums auf das Recht eines Staates ohne entsprechenden Vorbehalt verweist.935 Für eine nachträgliche Änderung des bisherigen Vertrages hinsichtlich der Geltung von AGB muss ein dementsprechender Wille aus den Erklärungen beider Seiten hervorgehen.936 Erforderlich ist daher wieder, dass Verwender in seinem Änderungsangebot ausdrücklich auf die angestrebte Geltung der AGB hinweist und der anderen Seite die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme von den

930

Für das Zustandekommen dieser Einigung gelten wieder die Voraussetzungen der Art. 14 ff. CISG, vorbehaltlich der Einschränkungen in Art. 92 CISG, der mittlerweile aber nur noch Norwegen betrifft, s. Magnus, ZEuP 2013, 111 (114). 931 So beispielsweise China und die Russische Föderation. 932 Westermann, in: MüKo-BGB, Art. 12 Rn. 2; Melis, in: Honsell, Art. 12 Rn. 4; Magnus, in: Staudinger, Art. 12 Rn. 8. 933 Etwa Reinhart, Art. 12 Rn. 3. 934 Im Einzelnen Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 12 Rn. 2. 935 s. Gruber, in: MüKo-BGB, Art. 29 Rn. 6 m.w.N. 936 Schmidt-Kessel/Meyer, IHR 2008, 177 (179).

248

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

AGB gewährt.937 Ein Wille zur Änderung des Vertrages kann aber beim (vermeintlichen) Verwender nicht schon deshalb angenommen werden, weil er für Rechnung oder Lieferschein sein Standardformular mit einfachem Hinweis und rückseitig abgedruckten AGB benutzt.938 Möglicherweise hat er dieses nur unbewusst oder der Einfachheit halber verwendet. Anderenfalls würde man ihm unter Umständen pauschal unterstellen, dadurch Individualvereinbarungen konterkarieren zu wollen. Auch auf Empfängerseite gelten hohe Anforderungen, da die Einbeziehung von AGB regelmäßig zu einer nachträglichen Schlechterstellung des Klauselgegners führt.939 So kann etwa das Bezahlen der übersandten Rechnung mit AGB-Verweis und umseitig abgedruckten Klauseln nicht per se als konkludentes Einverständnis mit der Vertragsänderung angesehen werden.940 Der Vertragspartner wird diesen Punkten in der Rechnung oftmals überhaupt keine Aufmerksamkeit schenken und will durch Begleichen des offenen Betrages lediglich seine bisherigen vertraglichen Pflichten erfüllen.941 Gleiches gilt für das Unterschreiben eines Lieferscheins mit umseitig abgedruckten AGB.942 Notwendig ist daher im Regelfall die ausdrückliche Zustimmung des anderen Teils. Eine konkludente Annahme der nachteiligen AGB wird dagegen im Regelfall nicht nachzuweisen sein. Vor allem gilt auch hier Art. 18 I 2 CISG, wonach Schweigen des Vertragspartners keinerlei Erklärungswert hat.943 Für die Situationen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens gelten die bereits dargestellten Ausnahmen.944 Allerdings muss auch im Rahmen des CISG darauf geachtet werden, ob überhaupt ein Bestätigungsbedarf vorliegt.945 Gehen die Vertragsparteien aber ersichtlich auf die neuen Klauseln ein und verhalten sich dementsprechend, dann liegt auf beiden Seiten ein entsprechender Änderungswille vor und die AGB werden nunmehr zum Bestandteil des Vertrages.946 Besonderer Beachtung bedarf aber hierbei wiederum die Frage, ob es tatsächlich um die nachträgliche Einbeziehung von AGB geht oder nicht vielmehr um 937 Diesbezüglich gelten die bereits dargestellten Voraussetzungen für eine Einbeziehung im Rahmen des Angebots, oben G. II. 1. b). 938 Vgl. Schmidt-Kessel/Meyer, IHR 2008, 177 (179). 939 OLG Jena IHR 2011, 79 (81); Hennemann, S. 71; Schmidt-Kessel/Meyer, IHR 2008, 177 (179 f.). 940 Vgl. OLG Köln IHR 2013, 155 (157). 941 Chateau des Charmes Wines Ltd. vs. Sabaté USA Inc. (Ontario Superior Court of Justice), 28. 10. 2005, CISG-online Nr. 1139; LG Trier, 08. 01. 2004, CISG-online Nr. 910; Hennemann, S. 71; Schmidt-Kessel/Meyer, IHR 2008, 177 (179 f.). 942 OLG Düsseldorf IHR 2012, 237 (241). 943 OLG Jena IHR 2011, 79 (81). 944 Hennemann, S. 71. Dazu oben G. II. 2. b) cc) (2). 945 Vgl. zum BGB oben G. IV. 1. 946 Schmidt-Kessel/Meyer, IHR 2008, 177 (180).

IV. „Einbeziehung“ von AGB nach Vertragsschluss: Vertragsänderung

249

die Vereinbarung individueller Abreden. Gerade weil sich der Vertragspartner nachträglich durch AGB schlechter stellt, wird er dies häufig nicht ohne Gegenleistung in Kauf nehmen. Dann fehlt es aber möglicherweise an der notwendigen einseitigen Vorgabe und es liegt eine Individualabrede vor, die der AGB-Kontrolle entzogen ist. 3. PICC, PECL, DCFR PICC, PECL und DCFR enthalten keine Art. 29 I CISG entsprechende Vorschrift. Die Möglichkeit, den Vertrag nachträglich abzuändern, folgt bei ihnen aber schon aus der gewährleisteten Parteiautonomie (Art. 1.1 PICC, Art. 1:102 PECL bzw. Art. II.1:102 I DCFR). Im Ergebnis können daher die Ausführungen zu BGB und CISG entsprechend auf diese Regelwerke übertragen werden. Sofern der ursprüngliche Vertrag eine wirksame Schriftformklausel enthält, ist zusätzlich noch Art. 2.1.18 PICC, Art. 2:106 PECL bzw. Art. II.-4:105 DCFR zu beachten. 4. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag Die gleiche Situation ergibt sich bei Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag. Auch bei diesen Regelwerken besteht grundsätzlich Vertragsfreiheit (Art. 7 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 1 GEK-Vorschlag) vorbehaltlich zwingender Vorschriften. Folglich ist auch hier eine nachträgliche Vertragsänderung grundsätzlich möglich. Dagegen spricht auch nicht das Fehlen von Regelungen zu Schriftformklauseln. Die Möglichkeit einer Vertragsänderung folgt vielmehr bereits aus der Parteiautonomie und wird durch die Zulässigkeit von Schriftformklauseln lediglich noch einmal verdeutlicht und konkretisiert.947 Die grundsätzliche Möglichkeit einer Vertragsänderung bedeutet aber noch nicht automatisch, dass sich dadurch auch eine nachträgliche Einbeziehung von AGB bewerkstelligen lässt. Art. 86 I Machbarkeitsstudie und Art. 70 I GEK-Vorschlag verlangen vom Verwender, dass er den Klauselgegner vor oder bei Vertragsschluss auf die AGB aufmerksam macht. Ist damit nach Sinn und Zweck der eigentliche Vertragsschluss und nicht der Abschluss des späteren Änderungsvertrages gemeint, wäre eine nachträgliche Einbeziehung niemals möglich. Dieses zeitliche Erfordernis dient aber – ebenso wie das Verbot des Abweichens von den Einbeziehungsvorschriften gemäß Art. 79 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 III GEK-Vorschlag – dem Schutz des Klauselgegners, damit dieser spätestens bei Vertragsschluss einen Überblick über sämtliche vertraglichen Regelungen hat. Bei einer Vertragsänderung ist daher für Art. 86 I Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 I GEK-Vorschlag der Ab947

Eine andere Frage ist die Zulässigkeit von Schriftformklauseln im Rahmen der Machbarkeitsstudie und des GEK-Vorschlags. Diese ist m. E. zu verneinen, da sich dem Verzicht auf eine Übernahme der in CISG, PICC, PECL und DCFR jeweils enthaltenen Vorschriften eine bewusste Entscheidung zugunsten der grundsätzlichen Formfreiheit entnehmen lässt. Offenlassend Gebauer, S. 125 f.

250

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

schluss des Änderungsvertrags maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung. Der Vertragspartner erfährt hierbei den gleichen Schutz wie bei einer Einbeziehung der Klauseln bei Abschluss des ursprünglichen Vertrags. Dementsprechend sind auch bei Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag eine nachträgliche Einbeziehung von AGB sowie spätere Individualvereinbarungen möglich. Im Übrigen gelten die Ausführungen zu den anderen Regelwerken entsprechend. 5. Zusammenfassung In allen behandelten Regelwerken gilt grundsätzlich Parteiautonomie, sofern nicht zwingende Vorschriften entgegenstehen. Damit einher geht die Möglichkeit, einen bereits geschlossenen Vertrag nachträglich abzuändern. In BGB und CISG ist dies sogar ausdrücklich normiert. Im Regelfall sind die Parteien auch frei darin, in welcher Form sie ihre Änderungen vereinbaren. Einschränkungen können sich dabei insbesondere durch Schriftformklauseln oder diesbezügliche Vereinbarungen ergeben. Im CISG ist zusätzlich noch die Möglichkeit eines Vorbehalts nach Art. 12 i.V.m. Art. 96 zu beachten. Durch den Vertragsschluss besteht eine grundsätzliche Vermutung dafür, dass sich die Parteien über alle wichtigen Punkte geeinigt haben. Deswegen können Änderungen nicht mehr ohne Zustimmung der anderen Partei vorgenommen werden. Speziell für AGB folgt daraus, dass die einseitige Vorgabe durch den Verwender nicht mehr ohne weiteres möglich ist. Der Klauselgegner muss sich zwar auch bei der „normalen“ Einbeziehung im Rahmen des Angebots mit der Klauselverwendung einverstanden erklären. Der Unterschied liegt aber darin, dass das fehlende Einverständnis mit den AGB dann zugleich auch den Vertragsschluss verhindert. Bei einer nachträglichen Einbeziehung kann der Vertragspartner die Klauseln dagegen gefahrlos ablehnen. Das ändert aber nichts an der (theoretischen) Möglichkeit einer nachträglichen Einbeziehung durch Vertragsänderung. Auch Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag erlauben die nachträgliche Einbeziehung von AGB. Nach Sinn und Zweck von Art. 86 I Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 I GEK-Vorschlag kommt es für die Erfüllung der Einbeziehungsvoraussetzungen insofern auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Änderungsvertrags an. Für eine wirksame Änderung des Vertrags müssen wiederum sämtliche Einbeziehungsvoraussetzungen erfüllt werden. Da mit AGB aber regelmäßig eine Schlechterstellung des Klauselgegners einhergeht, sind an dessen Einverständnis hohe Anforderungen zu stellen. Während man bei der Einbeziehung im Rahmen des Angebots in bestimmten Fällen ein stillschweigendes Einverständnis durch vertragsbezogene Handlungen annehmen konnte, ist bei einer nachträglichen Einbeziehung dagegen äußerste Vorsicht geboten. In vielen Fällen fehlt schon das Bewusstsein, eine rechtsverbindliche Erklärung abzugeben, da der Vertrag nach Vorstellung des Klauselgegners ja bereits geschlossen ist. Insofern ist grundsätzlich sowohl bei Verbrauchern und Unternehmern ein ausdrückliches Einverständnis er-

V. Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung von AGB

251

forderlich. Vor allem entfaltet das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben keine Wirkung mehr.

V. Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung von AGB Scheitert die Einbeziehung der AGB, ist zu klären, ob und inwiefern der übrige Vertrag davon beeinträchtigt wird. 1. BGB Das BGB erfordert für einen wirksamen Vertragsschluss lediglich eine Einigung über die wesentlichen Vertragspunkte. Der Vertrag wird daher durch einen erfolglosen Einbeziehungsversuch nicht berührt, sondern bleibt als solcher wirksam und bindend. Das stellt auch § 306 I BGB klar. Diese Vorschrift ist eine Ausnahme zur allgemeinen Zweifelsregel des § 139 BGB948 und gilt sowohl für Verbraucher- als auch Unternehmergeschäfte.949 Da es sich jedoch bei der Nichteinbeziehung von AGB systematisch nicht um einen Fall der Nichtigkeit handelt – die Klauseln waren noch nie Bestandteil des Vertrages –, hat § 306 I BGB hier die Funktion, dem Verwender die Möglichkeit einer eventuellen Anfechtung des Vertrages zu entziehen.950 Woran die Einbeziehung letztlich scheitert (Erfordernisse des § 305 II BGB bzw. der Entsprechung auf Unternehmerseite oder § 305 c I BGB), ist unerheblich.951 Erforderlich ist aber ein im Übrigen wirksamer Vertragsschluss.952 Enthalten die AGB daher teilweise auch die essentalia negotii des Vertrages, liegen die Voraussetzungen des § 306 I BGB nicht vor, da schon gar kein Vertrag zustande gekommen ist.953 Umstritten ist, ob die Vorschrift auch angewendet werden kann, wenn die Einbeziehungsabrede isoliert oder jedenfalls einzelne Klauseln angefochten werden. Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Norm sollte dies zugelassen werden.954 948

Berger, in: PWW, § 306 Rn. 1; Grüneberg, in: Palandt, § 306 Rn. 1; Roloff, in: Erman, § 306 Rn. 1; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 306 Rn. 2. 949 Schlosser, in: Staudinger, § 306 Rn. 2; Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 56; Stoffels, Rn. 635. 950 Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 306 Rn. 5. 951 Berger, in: PWW, § 306 Rn. 2; Roloff, in: Erman, § 306 Rn. 4; Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 7; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 306 Rn. 7. 952 BGHZ 130, 150 (156); Schlosser, in: Staudinger, § 306 Rn. 2; Lindacher/Hau, in: Wolf/ L/P, § 306 Rn. 54. 953 BGHZ 130, 150 (156); 123, 83 (84); Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 10; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 306 Rn. 3; a.A. OLG Karlsruhe NJOZ 2006, 1134 (1137); Schlosser, in: Staudinger, § 306 Rn. 2; Grüneberg, in: Palandt, § 306 Rn. 3. 954 Ebenso Roloff, in: Erman, § 306 Rn. 4; einschränkend Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 18; Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 306 Rn. 9: nur wenn Verwender für den Anfechtungsgrund verantwortlich ist.

252

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Anstelle der beabsichtigten AGB-Klauseln gelten gemäß § 306 II BGB die gesetzlichen Vorschriften.955 Falls die Klauseln Regelungen enthielten, zu denen kein entsprechendes dispositives Recht besteht, fallen sie also sozusagen „ersatzlos“ weg.956 Zur Vermeidung eines dadurch eventuell entstehenden vertraglichen Ungleichgewichts kann aber eine ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen werden.957 Stellt das Festhalten am ohne AGB bestehenden Vertrag trotz Anwendung dispositiven Rechts oder bei Unmöglichkeit der ergänzenden Vertragsauslegung für eine Seite eine unzumutbare Härte dar, ist der Vertrag gemäß § 306 III BGB insgesamt unwirksam. Wie sich aus dem Wortlaut („Festhalten“) ergibt, ist für die diesbezügliche Beurteilung auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die jeweiligen Ansprüche geltend gemacht werden.958 Da diese Rechtsfolge jedoch von der eigentlich angestrebten Erhaltung des Restvertrages abweicht, handelt es sich um eine restriktiv zu handhabende Ausnahmeregelung.959 Allein eine nachteilige Situation des Verwenders aufgrund der fehlgeschlagenen Einbeziehung seiner AGB genügt hierfür nicht. Das eigene „Verschulden“ hinsichtlich der erfolglosen Einbeziehung muss er sich nämlich nach der Grundaussage des Abs. 1 regelmäßig zurechnen lassen.960 Erforderlich ist vielmehr eine besonders starke Störung des vertraglichen Gleichgewichts.961 Umgekehrt ist die Situation fehlender AGB für den Klauselgegner häufig sehr vorteilhaft.962 Eine unzumutbare Härte kann aber dann vorliegen, wenn durch den Wegfall der AGB der Vertragsinhalt sowie seine Rechte und Pflichten nicht mehr eindeutig erkennbar sind.963 955

Die Vorschrift hat aber insoweit nur eine rein deklaratorische Funktion, s. Stoffels, Rn. 609. 956 BGH NJW-RR 1985, 852 (852 f.); OLG Oldenburg NJW-RR 1996, 1054 (1054); Schlosser, in: Staudinger, § 306 Rn. 11 a.E.; Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 11; Berger, in: PWW, § 306 Rn. 13; Grüneberg, in: Palandt, § 306 Rn. 12; Stoffels, Rn. 591. 957 BGHZ 137, 153 (157); 117, 92 (98); 103, 228 (234); 96, 18 (26); NJW 2012, 2501 (2503); 2011, 50 (54); 2010, 298 (302); Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 26 ff.; Schlosser, in: Staudinger, § 306 Rn. 12 ff.; Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 306 Rn. 15 ff. jeweils m.w.N. 958 BGHZ 130 115 (122); NJW 1996, 2092 (2094); Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 31; Roloff, in: Erman, § 306 Rn. 18; kritisch von Westphalen, NJW 2012, 1770 (1771). 959 BGH NJW 1996, 2092 (2094); 1213 (1216); NJW-RR 2002, 1136 (1137); 1996, 1009 (1010); vgl. auch Grüneberg, in: Palandt, § 306 Rn. 16. 960 Vgl. BGH NJW 1986, 928 (930); Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 306 Rn. 62; Kollmann, in: NK-BGB, § 306 Rn. 34; Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 32; Harry Schmidt, in: Ulmer/ B/H, § 306 Rn. 46. 961 BGH NJW-RR 2002, 1136 (1137); 1996, 1009 (1010); Stoffels, Rn. 634; Roloff, in: Erman, § 306 Rn. 16; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 306 Rn. 31; Thüsing, in: von Westphalen, Rechtsfolgen, Rn. 51 f. 962 Stoffels, Rn. 632. 963 BGH NJW-RR 2003, 1056 (1060); OLG Dresden NJW-RR 1998, 1351 (1351 f.); Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 33; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 306 Rn. 30.

V. Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung von AGB

253

Unter Umständen kann sich eine Unwirksamkeit des gesamten Vertrages außer im Fall des Abs. 3 auch daraus ergeben, dass kein dispositives Recht zur Lückenfüllung verfügbar ist und auch der verbliebene Rest des Vertrages für sich genommen keine ausreichenden Regelungsinhalte mehr aufweist, um bestehen zu bleiben.964 Die Verwendung einer salvatorischen Klausel, wonach bei Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen der Vertrag im Übrigen bestehen bleiben soll (sog. Erhaltungsklausel), ist letztlich überflüssig, denn § 306 I BGB ordnet genau diese Rechtsfolge bereits an.965 Sie erlangt daher lediglich bei teilweiser Unwirksamkeit von Individualvereinbarungen eigenständige Bedeutung, da § 306 BGB darauf nicht anwendbar ist.966 2. CISG Das CISG enthält keine § 306 BGB entsprechende Vorschrift. Wurden die AGB unter seiner Geltung nicht wirksam einbezogen, so kommt der Vertrag nach den allgemeinen Vertragsschlussvorschriften der Art. 14 ff. CISG im Regelfall ohne sie zustande. Allerdings kann die Auslegung der Willenserklärung des Verwenders auch ergeben, dass ein Vertragsschluss ohne AGB nicht gewollt ist.967 Ein solcher Wille ist im BGB wegen der klaren Regel des § 306 I BGB unbeachtlich, sofern nicht zusätzlich die Voraussetzungen des § 306 III BGB vorliegen. Das CISG geht insofern ebenfalls von einer grundsätzlichen Wirksamkeit des Vertrages trotz fehlgeschlagener AGB-Einbeziehung aus. Da es jedoch keine grundlegende Wertung hinsichtlich der Vertragserhaltung wie in § 306 I BGB gibt, kann der Vertragsschluss auch an der fehlenden Vereinbarung von AGB scheitern. Im Endeffekt hat es der Verwender daher in der Hand, den Vertrag stehen und fallen zu lassen, wenn er ausreichend deutlich macht, nur unter Zugrundelegung seiner Klauseln kontrahieren zu wollen. Das Risiko der fehlgeschlagenen Einbeziehung geht dementsprechend zu Lasten des Klauselgegners. Aus Gründen der Rechtssicherheit kann sich der Verwender aber nicht mehr auf die erfolglose Einbeziehung der AGB berufen, wenn er bereits ohne Einschränkungen mit der Vertragsdurchführung begonnen hat.968 In diesem Fall führt die Auslegung seines Verhaltens zu einem Erhaltungswillen. Daher ist im CISG die Verwendung einer Erhaltungsklausel durchaus sinnvoll und empfehlenswert. Eine Vertragserhaltung ohne AGB scheitert jedoch mangels Vertragsschlusses zwangsläufig immer, wenn die Klauseln den Kaufgegenstand festlegen, da es sich hierbei um einen der notwendigen Hauptbestandteile des Angebots handelt. Dagegen 964

Im Einzelnen Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 8 m.w.N. Zu den Folgen einer solchen Klausel für die Darlegungs- und Beweislast BGH NJW 2003, 347 (347); Stoffels, Rn. 627. 966 Roloff, in: Erman, § 306 Rn. 20; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 306 Rn. 18 ff. m.w.N. zu anderen salvatorischen Klauseln. 967 Spruß, S. 553. 968 Spruß, S. 553. 965

254

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

ist eine in den AGB enthaltene Preisfestsetzung im Regelfall unschädlich. Hier kann in den allermeisten Fällen eine Lückenschließung anhand von Art. 55 CISG stattfinden.969 Entspricht ein Vertrag ohne AGB noch dem primär maßgeblichen Willen des Verwenders, kommt anstelle der nichteinbezogenen AGB das dispositive Recht zur Anwendung, also entweder das CISG selbst inklusive eventueller Gebräuche oder Gepflogenheiten, die ihm zugrundeliegenden Grundsätze oder – wenn es sich um eine in Art. 4 S. 2 lit. a), b) oder Art. 5 geregelte Materie handelt – das nach dem IPR des Forums maßgebliche Recht. Letzteres entscheidet auch darüber, ob und gegebenenfalls wie eine ergänzende Vertragsauslegung stattzufinden hat, wenn der relevante Umstand vom CISG nicht geregelt wird und der ersatzlose Wegfall der betreffenden Klausel zu einem vertraglichen Ungleichgewicht führen würde. 3. PICC Auch die PICC enthalten keine ausdrückliche Regelung zu den Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung von AGB. Da sich die Einbeziehung aber wie beim CISG nach den allgemeinen Vertragsschlussregeln vollzieht, können die dortigen Ausführungen entsprechend herangezogen werden. Grundsätzlich bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam, auch wenn die Einbeziehung fehlgeschlagen ist. Ein durch Auslegung der Willenserklärung nach Art. 4.2 I PICC erkennbar abweichender Wille des Verwenders kann jedoch zur vollständigen Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts führen. Wie schon im CISG besteht keine erhöhte Schwelle wie in § 306 I, III BGB, um die vertraglichen Bindungen auflösen zu können. Wurde allerdings anstandslos mit der Vertragsdurchführung begonnen, muss sich der Verwender an einem Vertrag ohne seine AGB festhalten lassen. Aus Sicherheitsgründen empfiehlt sich deswegen auch bei den PICC die Verwendung einer Erhaltungsklausel. Logischerweise bedarf es aber wiederum eines ohne AGB wirksamen Vertragsschlusses. Dementsprechend müssen die Hauptleistungspflichten des Vertrages im eigentlichen Vertragstext aufgeführt sein. Wie im CISG gilt jedoch eine Ausnahme für den Preis, der in der Regel anhand von Art. 5.1.7 PICC bestimmt werden kann. Soll nach dem Willen des Verwenders der Vertrag ohne die AGB erhalten bleiben, gilt an deren Stelle das dispositive Recht. Neben den eigentlichen Vorschriften der PICC, kommen über Art. 1.9 Gebräuche und Gepflogenheiten hinzu. Ein Rückgriff auf das nach dem IPR des Forums maßgebliche Recht ist gemäß Art. 1.6 II PICC wie im CISG erst dann möglich, wenn es um Fragen außerhalb des sachlichen Anwendungsbereichs der Principles geht. Im Falle eines vertraglichen Ungleichgewichts durch die fehlgeschlagene Einbeziehung von AGB kann anhand von Art. 4.8 PICC eine ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen werden.

969

s. dazu den Nachweis in Fn. 693.

V. Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung von AGB

255

4. PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag Nach Art. 2:104 I PECL, Art. II.-9:103 I DCFR, Art. 86 I, 77 I Machbarkeitsstudie und Art. 70 I GEK-Vorschlag können von einer Partei gestellte Bedingungen nicht gegenüber der anderen Partei geltend gemacht werden bzw. kann sich der Verwender nicht auf solche Bedingungen berufen, wenn die jeweiligen Einbeziehungsvoraussetzungen nicht erfüllt wurden („may be invoked against the other party only“).970 Im Umkehrschluss folgt daraus aber auch, dass sich der Klauselgegner sehr wohl auf die AGB berufen kann.971 Die offizielle Kommentierung des DCFR bringt dies deutlich zum Ausdruck.972 Nicht geklärt wird allerdings, in welchem Ausmaß dies möglich ist. Denkbar wäre zunächst, dem Klauselgegner die Berufung auf einzelne, für ihn günstige Klauseln zuzulassen. Eine solche „Rosinentheorie“ ist jedenfalls mit dem weiten Wortlaut der Vorschrift vereinbar.973 Auch Sinn und Zweck der Einbeziehungsvorschriften und der „contra proferentem-Regeln“,974 nämlich bei Nichteinhalten der Anforderungen allein zu Lasten des Verwenders zu gehen, lassen ein solches Ergebnis durchaus zu. Daneben entspricht dies auch der Zielvorgabe des GEK-Vorschlags, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen.975 Allerdings gilt die Vorschrift in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag – jedenfalls bisher976 – genauso zwingend für Unternehmer. Ein solches „Rosinenpicken“ auch im unternehmerischen Verkehr zu gewähren, erscheint wegen der geringeren Schutzbedürftigkeit sehr zweifelhaft. Darüber hinaus befindet sich die Vorschrift bei PECL und GEK-Vorschlag in systematischer Hinsicht jeweils bei den Regeln zum Vertragsschluss.977 Diese sollen auch für den Verwender der AGB Rechtssicherheit über das Zustandekommen des Vertrages – und besonders mit welchem Inhalt – bieten. Daher muss sich bei Vertragsschluss absehen lassen können, ob und welche AGB einbezogen sind.978 Es ist nämlich nicht selbstverständlich, dass sich der Vertrags970 Kritisch zur „kryptischen Formulierung“ von Art. 70 GEK-Vorschlag Kieninger, in: Schulze, Art. 70 GEK Rn. 17. 971 Looschelders/Makowsky, S. 240 (zum GEK-Vorschlag). 972 DCFR (Full), Art. II.-9:103 Comment G.: „If a party has not taken appropriate steps to bring the terms to the other party’s attention the contract is treated as having been made without the terms, if the other party wishes this result.“ Zustimmend für die gleichlautende Formulierung des GEK-Vorschlags Kieninger, in: Schulze, Art. 70 GEK Rn. 8. 973 Vgl. zu PECL und DCFR Hellwege, S. 593. 974 Vgl. Art. 5:103 PECL, Art. II.-8:103 DCFR, Art. 62 f. Machbarkeitsstudie bzw. Art. 64 f. GEK-Vorschlag. 975 s. Erwägungsgrund (11) der GEK-VO. 976 Vgl. die geplanten Änderungen im Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EUParlaments vom 20. 02. 2013 [oben G. II. 1. f)]. 977 Zu PECL und DCFR Hellwege, S. 593. 978 Zu PECL und DCFR Hellwege, S. 593.

256

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

partner immer auf für ihn günstige Klauseln berufen möchte. Auch die Wortwahl in der offiziellen Kommentierung des DCFR legt nahe, dass sich die (Nicht-)Einbeziehung nicht auf einzelne Klauseln, sondern das ganze Klauselwerk erstrecken soll.979 Insofern muss man vielmehr davon ausgehen, dass sich der Klauselgegner nur entweder auf das ganze Klauselwerk berufen oder es als Ganzes ablehnen kann.980 Die Bezugnahme auf einzelne Vorschriften ist ihm dagegen verwehrt. Diese Sichtweise ist in dogmatischer Hinsicht allerdings ebenfalls nicht über jeden Zweifel erhaben.981 Gerade hier handelt es sich wieder um einen Punkt, an dem unterschiedliche nationale Auffassungen unter Umständen eine einheitliche Anwendung des zukünftigen GEK gefährden können. Deswegen sollte die Rechtsfolge für den GEK-Vorschlag wie in § 306 I BGB eindeutig normiert werden. Da sich die jeweiligen Einbeziehungsvorschriften ausdrücklich nur mit dem Schicksal der AGB beschäftigen, folgt daraus im Umkehrschluss, dass sich der erfolglose Einbeziehungsversuch im Ergebnis auch bei diesen Regelwerken grundsätzlich nicht auf die Wirksamkeit bzw. das Zustandekommen des Vertrages auswirkt. Das wird durch die offiziellen Kommentierungen zu PECL und DCFR bestätigt.982 Ein Scheitern des gesamten Vertrages wegen eines abweichenden Verwenderwillens ist lediglich bei PECL (Art. 5:101 II) und DCFR (Art. II.-8:101) möglich. Ein ähnliches Ergebnis könnte an sich auch bei der Machbarkeitsstudie wegen ihres Art. 56 II erzielt werden. Allerdings verbieten sowohl Art. 79 der Machbarkeitsstudie als auch Art. 70 III des GEK-Vorschlags ein Abweichen der Parteien von den Einbeziehungsvoraussetzungen. Auch die Auslegungsregel in Art. 58 II GEK-Vorschlag hat in diesem Zusammenhang Bedeutung. Danach kann lediglich ein bestimmtes einseitiges Begriffsverständnis für die Auslegung relevant werden, während ein einseitiger Wille unerheblich und stattdessen nach Art. 58 I GEK-Vorschlag der gemeinsame Wille ausschlaggebend ist. PECL und DCFR enthalten dagegen keine solchen Vorgaben für die Einbeziehung und können durch den Willen des Verwenders, ohne AGB keinen Vertrag abschließen zu wollen, quasi verdrängt werden. In Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag geht die fehlgeschlagene Einbeziehung von AGB also ausnahmslos zu Lasten des Verwenders, der dadurch nicht einseitig den Vertragsschluss verhindern kann. Die Beachtlichkeit eines anderweitigen Willens des Verwenders würde die Schutzfunktion der Art. 79 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 III GEK-Vorschlag unterlaufen. Die Aufnahme einer Erhaltungsklausel ist daher in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag entbehrlich. Wegen der Unerheblichkeit eines einseitigen Willens ändert sich an der dargestellten Problematik auch nichts, wenn die Einbeziehungskontrolle für Unternehmer 979

s. oben Fn. 972. So für PECL und DCFR Hellwege, S. 593 f. 981 Vgl. zu PECL und DCFR Hellwege, S. 594. 982 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 2:209 Comment E.; DCFR (Full), Art. II.9:103 Comment G. 980

V. Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung von AGB

257

nach dem Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 nicht mehr zwingend ausgestaltet ist.983 Zu weitestgehend gleichen Ergebnissen kommt auch Spruß, der aus den Vorschriften zur Einbeziehung,984 der teilweisen Vertragsaufhebung985 und zu kollidierenden AGB986 ein allgemeines Prinzip entnehmen will, wonach der Vertrag ohne die AGB zustandekommt.987 Diese Auffassung berücksichtigt allerdings nicht ausreichend, dass sich der Klauselgegner nach dem Willen der Verfasser durchaus noch auf die AGB berufen können soll, wenn er dies wünscht. Selbstverständlich muss auch bei PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEKVorschlag unabhängig von den AGB ein wirksamer Vertragsschluss vorliegen. Keines der Regelwerke verbietet die Aufnahme der Hauptpunkte des Vertrages in AGB, so dass sich dasselbe Problem wie schon bei BGB, CISG und PICC stellen kann. Daher scheitert der Vertragsschluss mangels Bestimmtheit des Angebots, wenn die Hauptpunkte nur in den AGB angesprochen werden. Ausnahmen gelten jeweils wiederum, wenn die Bestimmung des Preises anderweitig möglich ist (Art. 6:104 PECL, Art. II.-9:104 DCFR, Art. 70 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 73 GEK-Vorschlag). Anstelle der nicht einbezogenen AGB gilt das dispositive Recht. Den eigentlichen Vorschriften der jeweiligen Regelwerke gehen maßgebliche Gebräuche und Gepflogenheiten vor (Art. 1:105 PECL, II.-1:104 DCFR, Art. 65 Machbarkeitsstudie und – nur für Unternehmerverträge – Art. 67 GEK-Vorschlag). Sofern erforderlich, kann im Falle eines vertraglichen Ungleichgewichts eine ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen werden. Bei PECL und DCFR hat diese grundsätzlich ausschließlich nach den jeweils zugrundeliegenden Prinzipien zu erfolgen (Art. 1:106 PECL, Art. II.-1:102 IV DCFR). Ein Rückgriff auf das nach dem IPR maßgebliche nationale Recht ist nur in Art. 1:106 II 2 PECL vorgesehen. Bei Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag ist eine ergänzende Vertragsauslegung nach Maßgabe von Art. 64 lit. d), 66 bzw. Art. 66 lit. d), 68 möglich.988 Für den GEK-Vorschlag ist gemäß Erwägungsgrund (27) der VO und im Umkehrschluss aus Art. 4 II GEKVorschlag das kollisionsrechtlich maßgebliche Recht lediglich zur Schließung ex-

983

Vgl. oben G. II. 1. f). Art. 2:104 PECL, Art. II.-9:103 I DCFR, Art. 86, 77 I Machbarkeitsstudie bzw. Art. 70 I GEK-Vorschlag. 985 Art. 4:116 PECL, Art. II.-7:213 DCFR, 119, 140 Machbarkeitsstudie bzw. 117, 137 GEK-Vorschlag. 986 Art. 2:209 PECL, Art. II.-4:209 DCFR, Art. 38 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 39 GEKVorschlag. 987 Für die PECL Spruß, S. 492. 988 Zur Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung im GEK Wendehorst, S. 93; Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (641 ff.). 984

258

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

terner Lücken heranzuziehen.989 Das wäre beispielsweise für eigentumsrechtliche Fragen der Fall (etwa AGB-typische Eigentumsvorbehalte).990 5. Zusammenfassung Auch bei den Rechtsfolgen der fehlgeschlagenen Einbeziehung von AGB liegen die Regelwerke im Ergebnis zwar in vielen Punkten nah beieinander. In einigen Punkten ergeben sich jedoch Abweichungen, die insbesondere aus deutscher Perspektive etwas befremdlich wirken. Das BGB enthält für die Rechtsfolgen der fehlgeschlagenen AGB-Einbeziehung eine eigene Vorschrift. Nach § 306 I BGB bleibt der Vertrag grundsätzlich wirksam. Eine Erhaltungsklausel in den AGB ist daher nicht erforderlich, es sei denn, diese gilt auch für eventuell unwirksame Individualvereinbarungen. Statt der AGB kommt dann nach § 306 II BGB das dispositive Recht zur Anwendung. Unter Umständen fallen bestimmte Klauseln auch ersatzlos weg, wenn für den betreffenden Regelungsbereich keine gesetzliche Vorschrift existiert. Gegebenenfalls ist auch eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht zu ziehen. Stellt das Festhalten am ohne AGB bestehenden Vertrag trotz der Anwendung dispositiven Rechts eine unzumutbare Härte dar, kann in Ausnahmefällen auch der ganze Vertrag nach § 306 III BGB unwirksam sein. Dafür bedarf es einer besonders starken Störung des vertraglichen Gleichgewichts, die aber nicht allein wegen der fehlgeschlagenen Einbeziehung der Klauseln angenommen werden darf. Denkbar ist auch eine Unwirksamkeit außerhalb der in § 306 III BGB genannten Gründe, wenn kein dispositives Recht zur Lückenfüllung vorhanden ist und der Vertrag auch sonst keinen Regelungsinhalt mehr aufweist. Da sich bei CISG und PICC das Zustandekommen des Vertrages ebenfalls nach den allgemeinen Vorschriften vollzieht, ist dessen Wirksamkeit trotz fehlgeschlagener AGB-Einbeziehung ebenfalls der Regelfall. Anders als im BGB fehlt aber eine grundlegende Wertung zugunsten der Vertragserhaltung. Deswegen kann ein Vertragsschluss durchaus daran scheitern, dass der Verwender allein unter Verwendung seiner AGB kontrahieren will und dies über Art. 8 I CISG bzw. Art. 4.2 I PICC auch aus seiner Willenserklärung hervorgeht. Sein entgegenstehender Wille ist aber dann unbeachtlich, wenn mit der Vertragsdurchführung begonnen wurde. Für CISG und PICC empfiehlt sich aufgrund dieses Gesamtbildes die Aufnahme einer Erhaltungsklausel in die AGB. Anstelle der nichteinbezogenen AGB gilt als allgemeine Folge der Einbeziehung nach den Vertragsschlussregeln das dispositive Recht. Es gelten somit entweder die Vorschriften des CISG bzw. der PICC selbst, samt eventueller Gepflogenheiten und Gebräuche, oder – außerhalb ihres jeweiligen Anwendungsbereichs – das maßgebliche unvereinheitlichte nationale Recht. 989

Stürner, S. 67; schon zur Machbarkeitsstudie ders., GPR 2011, 236 (241). Staudenmayer, Einführung, S. XIX; Schulte-Nölke, in: Schulze, Art. 4 GEK Rn. 9; Balthasar, RIW 2012, 361 (363); Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401 (438). 990

V. Rechtsfolgen der Nichteinbeziehung von AGB

259

Eine etwas abweichende Regelung findet sich bei PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag. Nach dem Wortlaut der jeweiligen Einbeziehungsvorschriften kann sich der Verwender nicht auf seine Klauseln berufen, wenn er die Anforderungen für eine wirksame Einbeziehung nicht erfüllt hat. Im Umkehrschluss ist dies aber dem Klauselgegner möglich. Allerdings kann sich dieser nach hier vertretener Ansicht aus Gründen der Rechtssicherheit nur auf das ganze Klauselwerk berufen oder es in seiner Gesamtheit ablehnen und zwar unabhängig davon, ob er Verbraucher oder Unternehmer ist. Ein „Rosinenpicken“ bei einzelnen Klauseln sollte nicht stattfinden. Gerade in dieser Hinsicht sollte die Einbeziehungsvorschrift des GEK klarer formuliert werden, damit eine einheitliche Anwendung bei den Rechtsfolgen gewährleistet ist. Auch bei PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag bleibt der Vertrag bei fehlgeschlagener Einbeziehung von AGB im Übrigen wirksam. Ein Scheitern des Vertragsschlusses wegen eines entgegenstehenden Verwenderwillens – wie bei CISG und PICC – ist nur bei PECL und DCFR möglich (Art. 5:101 II bzw. Art. II.-8:101). Bei Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag ist ein solches Abweichen von der Rechtsfolge der Einbeziehungsvorschriften nach Art. 79 bzw. Art. 70 III unzulässig. Für PECL und DCFR empfiehlt sich dementsprechend wieder die Aufnahme einer Erhaltungsklausel. Anstelle der nichteinbezogenen Klauseln gelten das dispositive Recht und, sofern vorhanden, Gepflogenheiten und Gebräuche. Kommt es aufgrund der Nichteinbeziehung der AGB zu einer starken Störung des vertraglichen Gleichgewichts, kann eine ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen werden. Diese ist bei PECL und DCFR grundsätzlich nur nach den jeweils zugrundeliegenden Prinzipien möglich, während PICC, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag hierfür eigene Auslegungsvorschriften enthalten. Auf das nationale Recht kann bei Letzteren nur zum Schließen externer Lücken zurückgegriffen werden. Auch im CISG ist bei einer ergänzenden Vertragsauslegung wegen starker Störung des vertraglichen Gleichgewichts nur dann auf das nationale Recht zurückzugreifen, wenn die ersatzlos weggefallene Klausel einen Umstand regelt, der nicht vom Anwendungsbereich der Konvention erfasst wird. Auffällig ist die Bedeutung, die CISG, PICC, PECL und DCFR dem Willen des Verwenders beimessen. Diesem ist es theoretisch möglich, den Vertragsschluss allein wegen der fehlgeschlagenen Einbeziehung seiner AGB scheitern zu lassen. Die Voraussetzungen hierfür liegen weit unterhalb der Schwelle des § 306 III BGB.991 Bei Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag geht die gescheiterte Einbeziehung der AGB dagegen ausnahmslos zu Lasten des Verwenders, der den Vertragsschluss nicht einseitig verhindern kann.

991

Vgl. zu den PECL Ulmer, FS Tilmann, S. 1009.

260

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

VI. Vorrang der Individualabrede Alle untersuchten Regelwerke enthalten auch Regelungen für die Kollision von AGB mit Individualabreden. 1. BGB Die Inhaltskontrolle im BGB kann nur begrenzt davor schützen, dass der Verwender eine individuelle Vereinbarung mit seinen AGB zu konterkarieren versucht oder schlicht übersehen hat, dass er eine entgegenstehende Klausel verwendet. Macht die Vereinbarung einen wesentlichen Aspekt des Vertrages aus, greift unter Umständen § 307 II Nr. 2 BGB ein. Im Übrigen liegt aber wegen des objektiv-generalisierenden Maßstabs der Inhaltskontrolle grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung vor, wenn der Verwender die Klausel selbst nicht treuwidrig ausgestaltet hat.992 Deswegen haben individuelle Vertragsabreden nach § 305b BGB Vorrang vor AGB. Die systematische Einordnung der Vorschrift ist allerdings umstritten. So wird sie teilweise als Auslegungsregel verstanden993 oder jedenfalls nach der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle geprüft, da nur eine an sich wirksame Klausel einen Konflikt mit einer Individualabrede auslösen könne.994 Dagegen spricht aber einerseits die systematische Stellung innerhalb der Einbeziehungsregeln.995 Andererseits geht die Vorschrift ersichtlich davon aus, dass eine Auslegung der jeweiligen Regelungen stattgefunden hat.996 Denn ein Konflikt kann nur bejaht werden, wenn die jeweiligen Regelungsinhalte klar ermittelt wurden. Darüber hinaus gilt § 305b BGB auch bei nachträglichen Individualabreden.997 Deswegen überzeugt es mehr, den Vorrang der Individualabrede bei der Einbeziehung von AGB einzuordnen.998 Allerdings ist die Rechtsfolge „Vorrang“ nicht mit der Nichteinbeziehung999 oder Unwirksamkeit der betreffenden AGB gleichzusetzen.1000 Dafür spricht schon ein 992

Zur Inhaltskontrolle ausführlich unten H. I. So etwa Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305b Rn. 7 ff.; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305b Rn. 1. 994 Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305b Rn. 2a; Roloff, in: Erman, § 305b Rn. 2. 995 Stoffels, Rn. 346. 996 Basedow, in: MüKo-BGB, § 305b Rn. 2; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305b Rn. 7; Stoffels, Rn. 346. 997 Roloff, in: Erman, § 305b Rn. 1 a.E.; A. Stadler, in: Jauernig, § 305b Rn. 2; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305b Rn. 9; Stoffels, Rn. 347. 998 Ebenso Stoffels, Rn. 346; vgl. auch BGH NJW 1984, 48 (48 f.), der die Frage zwar offenlässt, aber einen logischen Vorrang nicht ausschließt. 999 A.A. Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305b Rn. 2; Stoffels, Rn. 346; Zoller, JZ 1991, 850 (854, 855 sub V. 4.). 1000 Vgl. BAG NJW 2009, 316 (318); Kollmann, in: NK-BGB, § 305b Rn. 3; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305b Rn. 2; Schlosser, in: Staudinger, § 305b Rn. 11 a.E.; grundsätzlich auch Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305b Rn. 11, 46; a.A. BGH NJW 2007, 993

VI. Vorrang der Individualabrede

261

Vergleich mit dem Wortlaut von § 305c I BGB. Der Gesetzgeber hat in den §§ 305 ff. BGB klar zum Ausdruck gebracht, in welchen Fällen die AGB nicht einbezogen werden sollen. Anderenfalls bestünde eine Regelungslücke, wenn die Individualvereinbarung selbst unwirksam ist oder aus einem sonstigen Grund nachträglich aufgehoben wird.1001 Eine solche Lücke könnte allerdings genauso nach § 306 II BGB geschlossen werden.1002 Es wäre jedoch sehr konstruiert, allein die Einbeziehung eines bestimmten Halbsatzes einer umfangreichen AGB zu verneinen, wenn die Individualabrede nur diesen Teilausschnitt umfasst. Zudem wäre ein „Vorrang“ schon logisch nicht möglich, wenn eine AGB gar nicht erst Vertragsbestandteil geworden ist.1003 Das Einverständnis mit der Einbeziehung von AGB bezieht sich daher richtigerweise auch bei Kollision mit einer individuellen Vereinbarung auf die AGB als Ganzes.1004 § 305b BGB ist vielmehr als Konkurrenzregel zu verstehen,1005 die lediglich die Einbeziehung der AGB voraussetzt, aber ohne Rücksicht auf die inhaltliche Zulässigkeit per se deren Zurücktreten hinter einer Individualabrede festlegt.1006 In Abgrenzung zu AGB ist unter einer Individualabrede eine wirksame1007 Parteivereinbarung zu verstehen, die i.S.v. § 305 I 3 BGB auf irgendeine Weise indidivuell ausgehandelt wurde.1008 Die AGB muss dem Regelungsgehalt dieser Vertragsbestimmung widersprechen, unabhängig davon, ob und für wen diese letztlich günstiger ist.1009 Es spielt für § 305b BGB auch keine Rolle, wann die Individualabrede 2036 (2037); NJW-RR 1990, 613 (613 f.); OLG Saarbrücken BB 2008, 2649 (2650); Grüneberg, in: Palandt, § 305b Rn. 3; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305b Rn. 4; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305b Rn. 1, 21 (insoweit widersprüchlich zu § 306 Rn. 8: Nichteinbeziehung). 1001 Kollmann, in: NK-BGB Rn. 3; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305b Rn. 11a, 46; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305b Rn. 2. 1002 Zoller, JZ 1991, 850 (854) unterscheidet noch weiter zwischen ex nunc- und ex tuncUnwirksamkeit der Individualabrede; abweichend Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305b Rn. 31. 1003 Roloff, in: Erman, § 305b Rn. 2; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305b Rn. 2; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305b Rn. 8; Berger, in: PWW, § 305b Rn. 1. 1004 Vgl. auch Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305b Rn. 2 a.E. 1005 Vgl. Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305b Rn. 2; A. Stadler, in: Jauernig, § 305b Rn. 1 a.E.; Zoller, JZ 1991, 850 (852 f.). 1006 Für ein gleichwertiges Verhältnis von § 305b BGB und Inhaltskontrolle Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305b Rn. 8; Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305b Rn. 4; Schlosser, in: Staudinger, § 305b Rn. 2; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305b Rn. 6. 1007 Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305b Rn. 11; Roloff, in: Erman, § 305b Rn. 1, 5; Basedow, in: MüKo-BGB, § 305b Rn. 5. 1008 Kollmann, in: NK-BGB, § 305b Rn. 5; Stoffels, Rn. 347; noch weitergehend Roloff, in: Erman, § 305b Rn. 4; Grüneberg, in: Palandt, § 305b Rn. 2; Schlosser, in: Staudinger, § 305b Rn. 12 f.; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305b Rn. 8 ff. Zu den Auswirkungen einer Schriftformklausel s. im Einzelnen Basedow, in: MüKo-BGB, § 305b Rn. 11 ff. 1009 BGH NJW 1995, 1494 (1496); NJW-RR 1990, 613 (614); Stoffels, Rn. 348; Kollmann, in: NK-BGB Rn. 3; Grüneberg, in: Palandt, § 305b Rn. 1, 3 f.; Roloff, in: Erman, § 305b Rn. 14; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305b Rn. 1. Eine teilweise vorgenommene Un-

262

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

vereinbart wurde1010 und wie sie im Einzelnen ausgestaltet ist. Selbst im unwahrscheinlichen Fall, dass die AGB im Ergebnis für den Klauselgegner günstiger wäre als die Individualabrede, bliebe es bei deren Vorrang. § 305b BGB bringt insofern das „funktionelle Rangverhältnis“ zwischen individuellen Vereinbarungen und einseitig vorgegebenen AGB zum Ausdruck,1011 da Letztere eben nur zur Ergänzung vertraglicher Abreden gedacht sind.1012 Im Ergebnis führt § 305b BGB somit nicht zur Unwirksamkeit der betreffenden AGB, sondern verdrängt ihre Wirkung nur soweit und solange die Individualabrede reicht bzw. besteht.1013 Das gilt auch für Unternehmerverträge.1014 2. CISG Das CISG enthält, wie schon für die Einbeziehung allgemein, keine ausdrückliche Vorschrift zum Vorrang der Individualabrede. Daher stellt sich wieder die Frage, ob das CISG hierfür überhaupt selbst maßgeblich ist oder die Entscheidung nicht dem unvereinheitlichten nationalen Recht überlässt. Die hier vertretene Einordnung des § 305b BGB bei den Einbeziehungsvorschriften1015 kann wegen des Grundsatzes der autonomen Auslegung nicht unbesehen auf das CISG übertragen werden. Die Frage hängt wesentlich davon ab, welche Wirkung dem „Vorrang“ zukommt. Versteht man darunter die Nichteinbeziehung einer entgegenstehenden Vorschrift oder eine Auslegungsfrage, handelt es sich um den nach Art. 4 S. 1 CISG von der Konvention erfassten Regelungsbereich. Führt die Kollision dagegen zur Unwirksamkeit nach erfolgter Einbeziehung, läge eine Gültigkeitsfrage i.S.d. Art. 4 S. 2 lit. a) CISG vor.1016 Da der Vorrang einer individuellen Abrede darüber Auskunft gibt, welche Rechte und Pflichten eine oder beide Vertragsparteien letztendlich terscheidung zwischen direkten und mittelbaren Widersprüchen ist unnötig, s. statt aller Basedow, in: MüKo-BGB, § 305b Rn. 6. 1010 BGH NJW-RR 1995, 179 (180); Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 305b Rn. 14. 1011 BAG NJW 2009, 316 (318); Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305b Rn. 7; Grüneberg, in: Palandt, § 305b Rn. 1; Stoffels, Rn. 344; deutlich Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305b Rn. 1 („drückt zur Klarstellung eine pure Selbstverständlichkeit aus“). 1012 BGHZ 164, 133 (137); Basedow, in: MüKo-BGB, § 305b Rn. 1; Schulte-Nölke, in: HkBGB, § 305b Rn. 2; Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305b Rn. 1. 1013 BAG NJW 2009, 316 (318); Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305b Rn. 2; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305b Rn. 8, 46; Kollmann, in: NK-BGB, § 305b Rn. 3; Roloff, in: Erman, § 305b Rn. 14; A. Stadler, in: Jauernig, § 305b Rn. 2; Schlosser, in: Staudinger, § 305b Rn. 11 a.E.; a.A. (Unwirksamkeit) BGH NJW 2007, 2036 (2037); NJW-RR 1990, 613 (613 f.); Grüneberg, in: Palandt, § 305b Rn. 3; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 305b Rn. 4; Zoller, JZ 1991, 850 (854). 1014 BGH NJW-RR 1990, 613 (613 a.E.); Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 305b Rn. 50; Roloff, in: Erman, § 305b Rn. 3, 16; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 305b Rn. 3; Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 305b Rn. 51; Stoffels, Rn. 345. 1015 Oben G. VI. 1. 1016 Vgl. oben G. II. 4. b) aa) (1).

VI. Vorrang der Individualabrede

263

haben, ist im Rahmen des CISG von einer Auslegungsfrage auszugehen.1017 Daraus ergibt sich indes, abweichend von den Vorschriften in den anderen Regelwerken, keine unwiderlegliche Vorrangwirkung.1018 Vielmehr entscheidet nach Art. 8 I CISG primär der Parteiwille darüber, welcher Vertragsbestimmung der Vorrang gebührt. Doch wird dies regelmäßig die Individualvereinbarung sein. Auch die subsidiäre objektive Auslegung nach Art. 8 II CISG dürfte nur in seltenen Fällen zu einem anderen Ergebnis führen.1019 Was die Charakterisierung einer Individualabrede als solche und den erforderlichen Widerspruch zwischen ihr und einer AGB angeht, kann auf die Ausführungen zum BGB verwiesen werden.1020 Insbesondere ist wegen der Formfreiheit des Art. 11 CISG grundsätzlich irrelevant, wie die Individualvereinbarung zustande gekommen ist.1021 3. PICC, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag Die übrigen Regelwerke enthalten jeweils eine ausdrückliche Vorschrift zum Vorrang einer Individualabrede gegenüber AGB (Art. 2.1.21 PICC, Art. 5:104 PECL, Art. II.-8:104 DCFR, Art. 60 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 62 GEK-Vorschlag). Allerdings lassen sich keiner der entsprechenden Kommentierungen Anhaltspunkte zur systematischen Einordnung der Vorschriften und ihrer genauen Rechtsfolgen entnehmen. Nahezu alle betreffenden Normen sind in den jeweiligen Kapiteln zur Auslegung eingeordnet. Einzig Art. 2.1.21 PICC steht im zweiten Kapitel der Principles, das sich mit dem Zustandekommen des Vertrages beschäftigt. Allerdings dürfte dies lediglich damit zusammenhängen, dass die AGB-Vorschriften innerhalb der PICC räumlich zusammengehalten werden sollten. Denn auch Art. 2.1.21 PICC ist eine Auslegungsvorschrift. Insofern ist der Vorrang der Individualvereinbarung wie schon beim CISG auch in den anderen Regelwerken als Auslegungsfrage zu qualifizieren, die die betreffende AGB hinter der Individualvereinbarung zurücktreten lässt. Diese Sichtweise wird auch von der offiziellen Kommentierung zu Art. 6:202 ACQP gestützt, die ebenfalls nicht von einer Unwirksamkeit der kollidierenden AGB ausgeht, sondern nur von deren Verdrängung.1022

1017

So auch Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 8 Rn. 58. Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 8 Rn. 58. 1019 Vgl. Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 8 Rn. 58. 1020 s. oben G. VI. 1. 1021 Schmidt-Kessel, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 8 Rn. 58 a.E. Zu beachten ist aber eventuell wieder der Vorbehalt nach Art. 12 i.V.m. Art. 96 CISG, s. oben G. IV. 2. 1022 Vgl. Pfeiffer/Ebers, in: ACQP, Art. 6:202 Rn. 3 f. 1018

264

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Inhaltlich erfordern nahezu alle Vorschriften, dass die vorrangigen Vertragsbestimmungen individuell ausgehandelt wurden („[Contract] terms which have been individually negotiated“). Eine Ausnahme macht wiederum Art. 2.1.21 PICC. Dieser gewährt nicht nur individuell ausgehandelten Vertragsabreden Vorrang, sondern sämtlichen Vertragsbestimmungen, „welche keine allgemeine[n] Geschäftsbedingung[en sind]“. Auf ein individuelles Aushandeln wie bei PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag stellt der Wortlaut der Vorschrift nicht ab.1023 Die offizielle Kommentierung der PICC geht dagegen offenbar ohne weiteres davon aus, dass die nach Art. 2.1.21 vorgehenden Vertragsbestimmungen individuell ausgehandelt sein müssen.1024 Das ist jedoch – in Anbetracht der AGB-Definition in Art. 2.1.19 II – unzutreffend. Auch einseitig vorgegebene und nicht individuell ausgehandelte Vertragsbestimmungen sind keine AGB, solange sie nicht für eine wiederholte Benutzung gedacht sind. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift unbeabsichtigt zu weit gefasst wurde.1025 Dementsprechend scheidet eine einschränkende Auslegung aus. Die PICC gehen folglich weiter als die übrigen Regelwerke, was unter Umständen zu Missbrauch verleiten kann.1026 Die Kontrollvorschriften für die Einbeziehung setzen nämlich – anders als etwa die PECL und der DCFR – zwingend voraus, dass es sich um AGB handelt. Für nicht individuell ausgehandelte Bedingungen, die nicht zugleich AGB sind, gibt es keine speziellen Vorschriften. Wie schon bei BGB und CISG ist grundsätzlich auch bedeutungslos, ob die betreffende Vertragsbestimmung schriftlich, mündlich1027 oder sogar konkludent vereinbart wurde1028 und ob dies vor oder nach Vertragsschluss geschehen ist.1029 Richtigerweise ist aber die „Umwidmung“ einer einbezogenen oder noch einzubeziehenden AGB durch Zusätze oder sonstige Änderungen in allen Regelwerken nicht als Fall des Vorrangs einer Individualvereinbarung zu behandeln.1030 Durch die Veränderung wird nämlich die AGB-Eigenschaft der betreffenden Bestimmung (nachträglich) aufgehoben. Es liegt dann nur noch eine individuelle Abrede vor, so dass es schon an einer Kollisionslage fehlt.1031 Sämtliche Vorschriften setzen logi1023

Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.21 Rn. 4. Vgl. UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Comment zu Art. 2.1.21. 1025 Vgl. (1994) PC – Misc 19, S. 93: „The rule simply wanted to make clear that whatever was different from a standard term should prevail.“ 1026 Sofern die Vertragsbestimmung deswegen nicht aus anderen Gründen wirkungslos ist. 1027 von Bar/Zimmermann, Comment zu Art. 5:104; DCFR (Full), Comment zu Art. II.8:104; differenzierend Wendehorst, in: Schulze, Art. 62 GEK Rn. 4, 6. 1028 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.21 Rn. 6 f. 1029 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 2.1.21 Rn. 5. 1030 A.A. offensichtlich von Bar/Zimmermann, Comment zu Art. 5:104; DCFR (Full), Comment zu Art. II.-8:104. 1031 Zutreffend Wendehorst, in: Schulze, Art. 62 GEK Rn. 3. 1024

VI. Vorrang der Individualabrede

265

scherweise nicht nur eine wirksame individuelle Abrede, sondern auch wirksam einbezogene AGB voraus.1032 Der Vorrang gilt wiederum unabhängig davon, ob sich die Parteien der entgegenstehenden AGB überhaupt bewusst sind.1033 Da es sich aber um eine widerlegbare Auslegungsregel handelt,1034 kann die Vorrangwirkung durch einen entgegenstehenden Parteiwillen oder andere Anzeichen ausgeschlossen werden. 4. Zusammenfassung Der Vorrang einer Individualabrede schützt den Klauselgegner davor, dass der Verwender individuelle Vereinbarungen über entgegenstehende AGB auszuhebeln versucht. Das BGB enthält mit § 305b auch für diesen Problemkreis eine eigene Vorschrift. Nach hier vertretener Ansicht gehört diese systematisch zur Einbeziehungskontrolle und führt weder zur Nichteinbeziehung noch zur Unwirksamkeit der betreffenden AGB. Vielmehr handelt es sich um eine Konkurrenzregel, die die einbezogene Klausel schlicht hinter der Individualvereinbarung zurücktreten lässt. Dabei ist unerheblich, wann die individuelle Vereinbarung getroffen wurde oder ob die AGB im Ergebnis günstiger ist. Im CISG fehlt es an einer speziellen Vorschrift für die Vorrangwirkung. Systematisch handelt es sich aber um eine Auslegungsfrage nach Art. 8 CISG. Dementsprechend ist der vermutete Vorrang – anders als im BGB – widerleglich. Allerdings dürfte die Auslegung der Parteierklärungen regelmäßig zugunsten der individuellen Abrede ausfallen. Das Gleiche gilt grundsätzlich auch für PICC, PECL, DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag, die alle eine eigene Vorschrift zur Vorrangwirkung enthalten. Diese sind systematisch als Auslegungsregeln zu qualifizieren. Dementsprechend entscheidet auch hier die Auslegung, ob die betreffende AGB hinter der Individualvereinbarung zurücktritt. Die PICC fallen allerdings hinsichtlich des Anwendungsbereichs aus dem Rahmen. Bei ihnen gilt der Vorrang nicht nur für individuell ausgehandelte Bestimmungen, sondern allgemeiner für alle Vertragsbestimmungen, die nicht AGB sind. Entgegen der Ansicht der offiziellen Kommentierung ist diese Formulierung jedoch nicht mit „individuell ausgehandelt“ gleichzusetzen. Bei den PICC genießen daher auch nicht individuell ausgehandelte Vertragsbestimmungen Vorrang vor AGB. Dieses Ergebnis ist aus rechtspolitischer Sicht nicht überzeugend und eröffnet dem Verwender insofern Missbrauchsmöglichkeiten, als die Kontrollvorschriften nur für AGB gelten. 1032

Wendehorst, in: Schulze, Art. 62 GEK Rn. 5. Wendehorst, in: Schulze, Art. 62 GEK Rn. 5 a.E. 1034 von Bar/Zimmermann, Comment zu Art. 5:104; DCFR (Full), Comment zu Art. II.8:104; vgl. auch Wendehorst, in: Schulze, Art. 62 GEK Rn. 2. 1033

266

G. Die Einbeziehungskontrolle bei AGB

Wird eine ursprünglich als AGB gedachte Vertragsbestimmung vor oder nach Vertragsschluss so „umgewidmet“, dass sie nun eine Individualvereinbarung darstellt, handelt es sich richtigerweise nicht mehr um eine Frage der Vorrangwirkung. Vielmehr wurde die ursprüngliche AGB-Eigenschaft aufgehoben, so dass gar keine kollidierende Klausel mehr vorhanden ist.

H. Inhaltskontrolle Hat der Verwender die im vorherigen Teil dieser Arbeit dargestellten Voraussetzungen erfüllt, werden seine AGB wirksam in den jeweiligen Vertrag einbezogen. Das bedeutet jedoch nicht, dass er sich tatsächlich auf jede einzelne Klausel berufen kann. Die Einbeziehungskontrolle stellt nur sicher, dass die Gegenseite Kenntnis von den Bedingungen erlangt und überblicken kann, mit welchen vertraglichen Vereinbarungen sie konfrontiert wird. Damit ist jedoch noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob eine oder mehrere AGB inhaltlich überhaupt gestellt werden durften. Gerade die Möglichkeit der einseitigen Vorgabe und die damit einhergehende Tendenz des Verwenders, möglichst vorteilhafte Klauseln zu nutzen,1 führt immer wieder dazu, dass viele Bestimmungen als inhaltlich unangemessen eingestuft werden. Um den Klauselgegner vor unredlichem Verhalten seines Vertragspartners zu schützen, wird vor Gericht neben der Frage der wirksamen Einbeziehung in einem zweiten Schritt auch die inhaltliche Wirksamkeit der Klauseln geprüft. Mit Ausnahme der PICC stimmen alle Regelwerke insoweit überein, als auch eine inhaltliche Kontrolle der AGB vorgesehen ist. Im Einzelnen bestehen aber bei den dafür maßgeblichen Vorschriften und den Rechtsfolgen erhebliche Unterschiede, die gerade bei der Vertragsgestaltung den Ausschlag geben können, sich für oder gegen das Regelwerk als anwendbares Recht zu entscheiden, wenn es zum wählbaren Kreis der Vertragsrechte gehört.

I. BGB Die Vorschriften zur Inhaltskontrolle finden sich im BGB in den §§ 307 bis 309 und sind eine spezielle Ausprägung der allgemeinen Kontrollnormen des Bürgerlichen Rechts, wie beispielsweise §§ 134 und 138 BGB.2 Sie schränken damit die Gestaltungsmöglichkeiten der Parteien – oder im praktischen Ergebnis einer Partei, nämlich des Verwenders3 – ein.4

1

Gottschalk, AcP 206 (2006), 555 (559). Stoffels, Rn. 382; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 10 ff. Zur dogmatischen Kritik an der Einordnung der Vorschriften im allgemeinen Schuldrecht Wolf/Pfeiffer, ZRP 2001, 303 ff. Allgemeine Kritik an Aufbau und Umfang der Vorschriften übt Weick, JZ 2002, 442 ff. 3 von Hoyningen-Huene, Rn. 17; vgl. auch Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 97. 4 A. Stadler, in: Jauernig, vor § 307 Rn. 1; Fuchs, in: Ulmer/B/H, vor § 307 Rn. 1; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 2; Gottschalk, AcP 206 (2006), 555 (561). 2

268

H. Inhaltskontrolle

Die Prüfungsreihenfolge folgt nicht der gesetzlichen Aufzählung, sondern führt über §§ 309 und 308 BGB zu § 307 II und gegebenenfalls noch zu § 307 I BGB.5 An dieser Reihenfolge orientiert sich auch die nachfolgende Darstellung. 1. Anwendungsbereich der Inhaltskontrollnormen Eine Inhaltskontrolle wird immer von Amts wegen vorgenommen, also auch wenn sich der Klauselgegner nicht auf ihre Unwirksamkeit beruft.6 Sie kann aber nur dann erfolgen, wenn auch ihre Voraussetzungen erfüllt sind. In sachlicher Hinsicht muss es sich bei den in Frage stehenden Bestimmungen überhaupt um AGB i.S.d. § 305 I BGB handeln.7 Eine Ausnahme gilt nach § 310 III Nr. 2 BGB aber für Bestimmungen in Verbraucherverträgen.8 Selbst wenn der Unternehmer diese nur einmalig verwenden will, werden sie dennoch wie AGB behandelt, soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Handelt es sich um AGB oder wird die Anwendbarkeit zumindest fingiert, kommt es weiterhin darauf an, dass die Klauseln auch wirksam in das Vertragswerk einbezogen wurden. Anderenfalls ist die inhaltliche Wirksamkeit der Bestimmungen unerheblich, da sie gar keine Wirkung entfalten könnten.9 Steht die Wirksamkeit der Einbeziehung fest, müssen die AGB zunächst ausgelegt werden, um den für die Inhaltskontrolle zugrundezulegenden Inhalt festzustellen.10 Dies geschieht nach den allgemeinen Auslegungsregeln.11 Führt die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, erfolgt gemäß § 305c II BGB eine Auslegung zu Lasten des Verwenders. Das bedeutet, bei zwei Auslegungsmöglichkeiten wird die

5

Coester, in: Staudinger, vor § 307 Rn. 23. Coester, in: Staudinger, vor § 307 Rn. 25; Fuchs, in: Ulmer/B/H, vor § 307 Rn. 2. Eventuell muss der Klauselgegner im Rechtsstreit aber trotzdem bestimmte Umstände darlegen, vgl. Coester, a.a.O. 7 Zum AGB-Begriff oben F. 8 Die Fiktion des § 310 III Nr. 2 BGB ist insoweit systematisch keine Ausnahme zum Erfordernis von AGB. Vielmehr sorgt sie nur dafür, dass das Erfordernis des Stellens ohne nähere Prüfung angenommen werden darf. 9 Fuchs, in: Ulmer/B/H, vor § 307 Rn. 12 m.w.N.; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 15. In der Rechtsprechung wird die Frage der wirksamen Einbeziehung aus ökonomischen Gründen teilweise offengelassen und direkt die inhaltliche Prüfung vorgenommen, so etwa BGH NJW-RR 2009, 1416 (1417); NJW 1983, 2632 (2632). 10 BGHZ 159, 360 (362); 123, 83 (85); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 7, 48; Kollmann, in: NK-BGB, vor § 307 Rn. 8, 12; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 3; Roloff, in: Erman, vor § 307 Rn. 9; Stoffels, Rn. 367. 11 BGHZ 112, 65 (69); NJW 2011, 2122 (2123); 2007, 504 (506); Grüneberg, in: Palandt, § 305c Rn. 15. 6

I. BGB

269

Inhaltskontrolle anhand derjenigen vorgenommen, die für den Klauselgegner am nachteiligsten wäre.12 Dies gilt sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmer.13 Die Inhaltskontrolle ist jedoch nicht auf alle Arten von Verträgen anwendbar. So sind vor allem Individualverträge von einer verstärkten inhaltlichen Kontrolle ausgenommen. Das folgt logischerweise daraus, dass es sich bei den dort festgehaltenen Bestimmungen nicht um AGB handelt und – auch im Falle von Verbraucherverträgen14 – auf ihren Inhalt Einfluss genommen werden konnte.15 Für diese gelten nur die Schranken der allgemeinen Vorschriften.16 Darüber hinaus findet nach § 307 III 1 BGB auch keine Inhaltskontrolle statt, wenn die AGB lediglich die gesetzlichen Vorschriften wiedergeben (deklaratorische Klauseln).17 Dasselbe gilt grundsätzlich auch für einfache (negative) Leistungsbeschreibungen und Preisabsprachen in AGB.18 Weitere Ausnahmen enthält § 310 IV BGB. In persönlicher Hinsicht findet die Inhaltskontrolle sowohl bei Verbraucherverträgen als auch bei Verträgen zwischen Unternehmern Anwendung. Für Unternehmerverträge gelten allerdings wegen des geringeren Schutzbedürfnisses bestimmte Besonderheiten.19 Nach § 310 I 1 BGB sind die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB dort grundsätzlich nicht anwendbar. § 310 I 2 Hs. 1 BGB relativiert diese Einschränkung aber insoweit, als die in den Vorschriften genannten speziellen Klauselverbote teilweise in die allgemeine Kontrolle der Angemessenheit nach § 307 I BGB einfließen.20 Darüber hinaus muss nach § 310 I 2 Hs. 2 BGB auch auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht genommen werden.

12 BGHZ 176, 244 (250); 175, 76 (80); Roloff, in: Erman, § 305c Rn. 28; Stoffels, Rn. 375. Hält die Klausel auch nach dieser Lesart der Inhaltskontrolle stand, so wird die Klausel zwar als wirksam behandelt aber – wiederum nach Maßgabe des § 305c II BGB – nun die für den Klauselgegner weniger nachteilige Lesart zugrundegelegt. 13 BGH NJW-RR 1988, 113 (113 f.); Berger, in: PWW, § 305c Rn. 16; Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 305c Rn. 104. 14 Vgl. § 310 III Nr. 2 BGB. 15 Stoffels, Rn. 383; vgl. auch Fuchs, in: Ulmer/B/H, vor § 307 Rn. 3. 16 Wurmnest, in: MüKo-BGB, vor § 307 Rn. 8; Fuchs, in: Ulmer/B/H, vor § 307 Rn. 3. 17 BGHZ 150, 269 (272); 147, 354 (358); Coester, in: Staudinger, vor § 307 Rn. 19; A. Stadler, in: Jauernig, vor § 307 Rn. 3; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 1, 6 ff.; Stoffels, Rn. 431 ff.; vgl. auch BGH NJW-RR 2003, 1056 (1059). 18 BGHZ 147, 354 (360); 141, 137 (141); 93, 358 (360); NJW 2001, 1934 (1935); SchulteNölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 7 f.; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 41; Stoffels, Rn. 439 ff. m.w.N. 19 Vgl. BGH NJW 2003, 886 (887 f.); Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 1; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 29 f.; Fuchs, in: Ulmer/B/H, vor § 307 Rn. 49. 20 BGHZ 103, 316 (328); 90, 273 (278); NJW 2007, 3774 (3775); Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 86; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 3; Kollmann, in: NKBGB, § 310 Rn. 11; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 40; Stoffels, Rn. 554; einschränkend Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 14. Dazu näher unten H. I. 3. c) bb).

270

H. Inhaltskontrolle

2. Klauselverbote mit und ohne Wertungsmöglichkeit, §§ 308, 309 BGB Die §§ 308 und 309 BGB enthalten jeweils eine katalogartige Aufzählung bestimmter Klauseltypen, die im rechtsgeschäftlichen Verkehr als unangemessen eingestuft werden (können). Es handelt sich insoweit um Konkretisierungen der Generalklausel des § 307 BGB für besonders praxisrelevante Bereiche.21 Ihnen kommt daher auch eine Indizfunktion bei der Prüfung von AGB anhand der Generalklausel zu.22 Aus der Vereinbarkeit einer Bestimmung mit den Tatbeständen des § 309 oder § 308 BGB folgt jedoch nicht zwangsläufig auch die Wirksamkeit bei einer Kontrolle anhand der Generalklausel. Die betreffende Klausel kann immer noch wegen zusätzlicher oder anderer Aspekte gemäß § 307 I oder II BGB unwirksam sein.23 Die in § 308 BGB aufgezählten beispielhaften Klauselverbote enthalten eine Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen (etwa „unangemessen lange“, „nicht hinreichend bestimmt“, „sachlich gerechtfertigt“). Dadurch kann der Rechtsanwender bei der Bewertung der Angemessenheit der Klausel auch die Umstände des Einzelfalles in besonders starkem Maße einfließen lassen.24 Denn ob eine bestimmte Fragestellung beispielweise nicht hinreichend bestimmt ist, lässt sich nur dann zutreffend beurteilen, wenn auch die konkreten Umstände des Falles ausgewertet werden können. Es handelt sich somit um Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit. Die Unangemessenheit wird hier also nicht generell vermutet, sondern anhand der Klauselwirkungen im konkreten Vertragsverhältnis positiv festgestellt.25 Anders gestaltet sich die Situation bei § 309 BGB. Dieser enthält nach der amtlichen Überschrift „Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit“. Die Unangemessenheit wird demnach generell vermutet, wenn eine Klausel unter einen oder mehrere der dort enumerativ aufgezählten Tatbestände fällt, ohne dass die Möglichkeit einer wertenden Korrektur besteht. Im Ergebnis ist diese Vorschrift aber ebenfalls nicht völlig frei von Wertungsmöglichkeiten, auch wenn im Vergleich zu § 308 BGB die Abwägung anhand des Einzelfalles fast völlig zurückgedrängt wird.26

21

Vgl. RegE BT-Drucks. 7/3919, S. 23; Coester, in: Staudinger, vor § 307 Rn. 21; Grüneberg, in: Palandt, § 308 Rn. 1; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 309 Rn. 1; Stoffels, Rn. 576. 22 Stoffels, Rn. 576. 23 BGHZ 100, 373 (375); 90, 280 (283 f.); NJW 1997, 739 (740); Coester, in: Staudinger, vor § 307 Rn. 21, 23; Roloff, in: Erman, vor § 307 Rn. 2; Stoffels, Rn. 577. 24 Fuchs, in: Ulmer/B/H, vor § 307 Rn. 7; Grüneberg, in: Palandt, § 308 Rn. 1; Stoffels, Rn. 579. 25 Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 308 Rn. 1. 26 Wurmnest, in: MüKo-BGB, vor § 307 Rn. 5, § 307 Rn. 22; Roloff, in: Erman, vor § 307 Rn. 2; Coester, in: Staudinger, vor § 307 Rn. 22; Fuchs, in: Ulmer/B/H, vor § 307 Rn. 7; Grüneberg, in: Palandt, § 309 Rn. 1; Stoffels, Rn. 580.

I. BGB

271

Wegen dieser Einschränkungen ist § 309 BGB daher vorrangig vor § 308 BGB zu prüfen.27 Für die Rechtssicherheit bieten solche Klauselkataloge einen erheblichen Nutzen. Einerseits zeigen sie dem Anwender bereits auf, was (tendenziell) als erlaubt angesehen wird und geben ihm Indizien bzw. konkrete Beispiele an die Hand, die sonst erst im Rahmen einer Wertung mühsam herausgearbeitet werden müssten.28 Andererseits bieten die Aufzählungen auch für die Kautelarpraxis eine nicht zu unterschätzende Hilfe. 3. Generalklausel des § 307 BGB § 307 BGB enthält die allgemeinen Vorgaben, anhand derer die Kontrolle der inhaltlichen Angemessenheit von AGB vorzunehmen ist.29 Die Norm kommt einerseits als einzige Kontrollvorschrift zur Anwendung, wenn auf die §§ 308, 309 BGB von vornherein nicht zurückgegriffen werden kann. Andererseits wirkt sie aber auch als „Auffangvorschrift“, wenn die konkretisierten Klauselverbote der §§ 308, 309 entweder thematisch nicht einschlägig sind (beispielsweise bei Fehlen einer gesetzlichen Regelung) oder die Klausel deren Anforderungen genügt, jedoch noch andere „Angriffspunkte“ bestehen.30 a) § 307 I BGB § 307 I BGB enthält die allgemeine Kernaussage der Inhaltskontrolle, wonach AGB-Bestimmungen unwirksam sind, wenn sie den anderen Teil entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die Vorschrift gibt dem Anwender also ein zweistufiges Prüfungsprogramm vor.31 aa) Benachteiligung des Vertragspartners Zunächst muss in einem ersten Schritt eine Benachteiligung des Klauselgegners selbst festgestellt werden.32 Dies geschieht durch einen Vergleich der Rechtsstellung des Vertragspartners bei Geltung der betreffenden Klausel mit derjenigen, die nach

27

Coester, in: Staudinger, vor § 307 Rn. 23; Fuchs, in: Ulmer/B/H, vor § 307 Rn. 8. Stoffels, Rn. 576. 29 Coester, in: Staudinger, vor § 307 Rn. 20. 30 Coester, in: Staudinger, vor § 307, Rn. 20, § 307 Rn. 8; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 95; Roloff, in: Erman, vor § 307 Rn. 2; von Hoyningen-Huene, Rn. 16; Stoffels, Rn. 577; s. soeben 2. 31 Stoffels, Rn. 466; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 98; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 90 ff. 32 BGH NJW 1982, 178 (180); Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 93. 28

272

H. Inhaltskontrolle

den gesetzlichen Vorschriften bestünde.33 Abzustellen ist dabei – wie insgesamt im Rahmen des § 307 BGB – auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses.34 Eine Benachteiligung liegt dann vor, wenn sich die Rechtsstellung durch die entsprechende Bestimmung gegenüber der „Ausgangssituation“ verschlechtert.35 Diese Schlechterstellung des Vertragspartners muss ein gewisses Gewicht haben. Es darf sich nicht lediglich um eine Bagatelle handeln.36 bb) Unangemessenheit der Klausel Der Vergleich der möglichen Rechtstellungen hat jedoch rein feststellenden Charakter und ist insofern noch wertungsneutral. Die Benachteiligung des Vertragspartners ist also notwendige, aber noch nicht hinreichende Bedingung für die Unwirksamkeit einer AGB, da unter Umständen an anderer Stelle ein Ausgleich vorgesehen sein kann.37 Hinzukommen muss die Unangemessenheit der getroffenen Regelung. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Klausel unangemessen, „wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne dessen Interessen hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen“.38 Die Rechtsstellung des Vertragspartners muss demnach durch die AGB-Regelung in Widerspruch zu Treu und Glauben gesetzt werden.39 Das bedeutet im Umkehrschluss, die Benachteiligung ist dann nicht unangemessen, wenn die Interessen des Verwenders entweder höherrangig als die des Klauselgegners oder ihnen zumindest gleichwertig sind.40 Die Unangemessenheitsprüfung macht daher eine umfängliche Abwägung aller kollidierenden Interessen der Vertragsparteien notwendig.41

33 BGH NJW 1994, 1069 (1070); Stoffels, Rn. 467; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 90; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 8; von Hoyningen-Huene, Rn. 134. 34 BGHZ 185, 133 (145); 112, 115 (118); NJW 2009, 1491 (1493); Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 7; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 6; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 39. 35 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 98. 36 BGH NJW 2005, 2919 (2922); OLG Hamm NJW 1981, 1049 (1050); Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 91; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 101; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 8; vgl. auch BGH NJW 1982, 178 (180). 37 Vgl. BGHZ 143, 103 (113); NJW 2008, 1064 (1065); 2005, 1774 (1775); Stoffels, Rn. 468; Schultheiß, S. 53. 38 BGHZ 185, 133 (142); 136, 27 (30 f.); 120, 108 (118); 90, 280 (284); NJW 2012, 2501 (2502); 1993, 2738 (2738). 39 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 97; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 102. 40 BGHZ 114, 238 (242); NJW 2005, 1774 (1775); vgl. auch BGHZ 110, 241 (243). 41 BGHZ 153, 344 (350); 82, 238 (240 f.); NJW 2005, 1774 (1775); 16; 45 (1648); Stoffels, Rn. 468, 470; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 102; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 96; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 307 Rn. 37; vgl. auch von Hoyningen-Huene, Rn. 137 f. („Die Leerformel Angemessenheit muß daher mit Wertung ausgefüllt werden.“) und Rn. 154.

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Rechtsprechung und Schrifttum beziehen in diesen Abwägungsvorgang eine Vielzahl von Kriterien ein.42 Besondere Bedeutung hat hierfür unter anderem das Zusammenspiel der Bedingung mit dem übrigen Vertragsinhalt. Konkret geht es dabei um das Zusammenwirken der Klausel mit den anderen Vertragsbedingungen und den sonstigen Absprachen mit Blick auf den eigentlichen Vertragszweck.43 So kann etwa die Kombination zweier oder mehrerer jeweils nicht unangemessener AGB zu einer nicht gerechtfertigten Beeinträchtigung der Interessen des Klauselgegners führen (sog. „Summierungs- oder Verstärkungseffekt“).44 Umgekehrt kann das Zusammenspiel mehrerer Klauseln die in einer einzelnen von ihnen liegende Benachteiligung aber möglicherweise auch ausgleichen.45 Allerdings genügt es richtigerweise nicht, nur an irgendeiner anderen Stelle des Klauselwerks einen Vorteil zu gewähren. Eine wirkliche Kompensation der Benachteiligung liegt nur vor, wenn die Ausgleichsbestimmung einerseits in einem sachlichen Zusammenhang mit der relevanten AGB steht46 und sich ihr Regelungsgehalt tatsächlich auch derart positiv für den Klauselgegner auswirkt, dass die übermäßig belastende Wirkung im Ergebnis nicht mehr vorhanden ist.47 Das Erfordernis eines sachlichen Zusammenhangs ist nicht etwa überflüssig, weil eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen wird.48 Vielmehr stellt es sicher, dass die konkrete Benachteiligung auch wirklich kompensiert wird. Eine Regelung ohne Sachzusammenhang kann sich zwar positiv für den Klauselgegner auswirken, genügt aber unter Umständen nicht, um genau diese durch die AGB-Regelung hervorgerufene unangemessene Benachteiligung auszugleichen. Denn die Gewährung eines „angemessenen wirtschaftlichen Ausgleich(s)“49 – etwa bei einem in AGB vorgesehenen Rabatt für die nächste Bestellung, wenn bei der vorherigen irgendwelche Unannehmlichkeiten auftreten – bringt dem Klauselgegner nur dann etwas, wenn er diesen auch in Anspruch nehmen kann. Will der Kunde im genannten Beispiel wegen seiner Erfahrungen nicht mehr bestellen, läuft das Rabattangebot leer und die Benachteiligung wurde nur theoretisch kompensiert. Das alleinige Abstellen auf einen wirtschaftlichen Ausgleich birgt die Gefahr, dass der Verwender zwar eine oder mehrere günstige Regelungen vorsieht, diese im Endeffekt für den Klauselgegner aber nutzlos 42

s. im Einzelnen Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 140 ff. Vgl. BGHZ 136, 27 (30); 106, 259 (265 f.); NJW 1993, 532 (532); Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 12; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 103. 44 BGH NJW 2007, 997 (999); 2006, 2116 (2117); Wurmnest, in: Müko-BGB, § 307 Rn. 35; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 155. 45 BGHZ 82, 238 (241 f.); NJW 1999, 942 (943); Wurmnest, in: Müko-BGB, § 307 Rn. 36; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 14; von Hoyningen-Huene, Rn. 171. 46 A.A. Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 307 Rn. 39; von Hoyningen-Huene, Rn. 173 f. 47 BGHZ 153, 93 (102); 114, 238 (246); 94, 105 (113 ff.); Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 125; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 14; Stoffels, Rn. 487; vgl. auch BGHZ 136, 27 (32); NJW 2002, 894 (894); kritisch W. Müller/Schilling, BB 2012, 2319 (2324). 48 So aber von Hoyningen-Huene, Rn. 173; ähnlich Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 307 Rn. 39. 49 von Hoyningen-Huene, Rn. 174. 43

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H. Inhaltskontrolle

sind. Könnte er dadurch aber die unangemessene Benachteiligung ausgleichen, liefe dies dem Sinn und Zweck der Inhaltskontrolle zuwider. Bedeutung haben auch der angestrebte Rationalisierungseffekt der Klausel für weitere Verträge,50 die Fragen der Risikobeherrschung51 und Versicherbarkeit52 sowie verfassungsrechtliche Wertungen. § 307 BGB ist eine der Generalklauseln, durch die die Grundrechte ihre mittelbare Drittwirkung im Privatrecht entfalten können.53 Nach allgemeiner Auffassung ist bei der Identifizierung und Abwägung der betroffenen Interessen grundsätzlich ein überindividuell-generalisierender und typisierender Maßstab anzulegen.54 Da AGB nicht für Einzelfälle gedacht sind, sondern vielmehr für eine Vielzahl von Verträgen, darf es nicht auf ein einzelnes Vertragsverhältnis ankommmen, sondern es muss auch die Vielzahl an Vertragspartnern berücksichtigt werden.55 Deswegen sind für die Untersuchung nur objektive Merkmale des Rechtsgeschäfts relevant, nicht aber das Verhältnis der Parteien zueinander oder die Anwendung einer Klauselregelung im individuellen Vertragsverhältnis (beispielsweise ein Absehen von in AGB angedrohten Rechtsnachteilen).56 Die in Frage stehende Regelung muss den typischen Interessen eines Durchschnittskunden in angemessener Weise Rechnung tragen.57 Etwas Anderes gilt allerdings für Verbraucherverträge, da nach § 310 III Nr. 3 BGB für die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB auch die Umstände des Vertragsschlusses entsprechend zu berücksichtigen sind. Das bedeutet, für diese Verträge ist ergänzend zur Anwendung des generellen Maßstabs auch ein konkret-individueller Maßstab anzulegen.58

50 BGH NJW 2008, 2495 (2495); 1996, 988 (989); Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 121; Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 13; Stoffels, Rn. 489; von Hoyningen-Huene, Rn. 188. 51 Vgl. BGHZ 149, 89 (98); NJW 2005, 422 (424); 1988, 1785 (1787); Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 13; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 48 f.; von Hoyningen-Huene, Rn. 190 ff. 52 BGHZ 149, 89 (99); 135, 116 (122 f.); 114, 238 (246); eingehend Wurmnest, in: MüKoBGB, § 307 Rn. 45 ff.; von Hoyningen-Huene, Rn. 216 ff. 53 Vgl. BGH NJW-RR 2007, 1243 (1243 ff.); NJW 2006, 3057 (3057 f.); Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 53; von Hoyningen-Huene, Rn. 144. 54 BGHZ 110, 241 (244); NJW 2002, 1713 (1715); 2000, 2106 (2107); Kollmann, in: NKBGB, § 307 Rn. 2; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 29; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 9. 55 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 110; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 109. 56 BGHZ 82, 121 (128); NJW 1997, 193 (195); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 80; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 37; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 110; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 110. 57 Vgl. BGHZ 110, 241 (243); 98, 303 (308); NJW 1997, 3022 (3023); Kollmann, in: NKBGB, § 307 Rn. 8; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 109. 58 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 116; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 89 ff. jeweils m.w.N.

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cc) Das Transparenzgebot, § 307 I 2 BGB Nach § 307 I 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass eine AGB-Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Dieses Transparenzgebot wurde ursprünglich von der Rechtsprechung entwickelt und ist seit der Schuldrechtsmodernisierung – auch als Umsetzung der Vorgaben in der Klauselrichtlinie59 – im Gesetz verankert.60 Es gilt nach § 307 III 2 BGB für sämtliche AGB, selbst wenn diese an sich von der Inhaltskontrolle ausgenommen sind. (1) Anforderungen des Transparenzgebots Ausreichende Transparenz erfordert klar und verständlich formulierte Vertragsbedingungen. Der Verwender muss also die Rechte und Pflichten des Klauselgegners so klar und durchschaubar darstellen, dass dieser sie soweit möglich aus sich heraus verstehen kann und dem Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume verbleiben.61 Das schließt zwar die Verwendung eines juristischen Sprachstils und von Fremdwörtern oder Fachbegriffen nicht aus,62 jedoch müssen diese gegebenenfalls noch erläutert werden, damit auch Laien sie verstehen.63 Insbesondere dürfen Sinn und vor allem negative Folgen der Klauselregelungen nicht durch sprachliche Unklarheiten und Zweideutigkeiten „verschleiert“ werden,64 so dass der Vertragspartner einen Vertrag abschließt, den er bei Wissen um die Bedeutung der AGB gar nicht eingegangen wäre.65 Ein „Verschleiern“ im maßgeblichen Sinne liegt auch in der willkürlichen Aufspaltung zusammengehöriger Regelungen auf einzelne Klauseln an systematisch verschiedenen Stellen des Klauselwerks oder durch Platzieren von Regelungen an Stellen oder in Klauseln, die mit dem Regelungsge-

59

Vgl. Art. 5 S. 1 der Richtlinie 93/13/EWG. Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 323 ff. m.w.N.; Stoffels, Rn. 560; vgl. dazu EuGH NJW 2001, 2244 (2245). 61 BGHZ 164, 11 (16); NJW 2008, 1438 (1438); 2007, 3632 (3635); 1198 (1202); 2004, 1738 (1738); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 259. 62 Vgl. BGH NJW 2006, 3558 (3559); 1994, 1004 (1005); Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 307 Rn. 93; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 22; a.A. offensichtlich Saare/Sein, Juridica International XIX (2012), 59 (60). 63 Vgl. BGHZ 106, 259 (265); OLG Köln NJW-RR 1989, 1266 (1268); OLG Schleswig NJW 1995, 2858 (2859); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 254; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 344; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 21; von Hoyningen-Huene, Rn. 200; vgl. auch Kollmann, in: NK-BGB, 307 Rn. 18; von Westphalen, NJW 2002, 12 (16). 64 BGHZ 183, 299 (306); 165, 12 (22 f.); 162, 210 (213 f.); 153, 344 (352); 147, 373 (378); NJW 2011, 1801 (1802); 2010, 3152 (3154); 2006, 2545 (2547); 2001, 1132 (1133); 1989, 222 (224); Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 61; Stoffels, Rn. 569; vgl. auch BGH NJW 1994, 1004 (1005). 65 A. Stadler, in: Jauernig, § 307 Rn. 6; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 187; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 338; Stoffels, Rn. 569. 60

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genstand in keinerlei Zusammenhang stehen.66 Genauso müssen die Bedingungen das geltende Recht zutreffend darstellen.67 Unzulässig sind deswegen falsche oder irreführende Klauselbestimmungen, die dazu gedacht oder sogar bloß objektiv geeignet sind,68 den Geschäftspartner von der Geltendmachung seiner gesetzlich gewährten und auch tatsächlich bestehenden Rechte abzuhalten.69 Daraus folgt beispielsweise auch das Erfordernis einer vollständigen und wörtlichen Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen, wenn diese in die AGB aufgenommen werden.70 Maßgeblich für die Beurteilung ist wieder die Sichtweise eines Durchschnittskunden, es gilt also ein überindividuell-generalisierender Maßstab.71 Für Unternehmer sind dabei wegen ihrer Geschäftserfahrung und den branchentypischen Besonderheiten wiederum geringere Anforderungen zu stellen als bei Verbrauchern.72 Dementsprechend darf bei ihnen auch ein durchschnittliches „Fachwissen“ vorausgesetzt werden.73 Ein sonstiges Sonderwissen, das der Durchschnittskunde gerade nicht aufweist, ist dagegen sowohl bei Unternehmern als auch bei Verbrauchern grundsätzlich unbeachtlich.74 Der objektive Maßstab ist aber nicht allein maßgeblich, sondern wird durch Einzelfallumstände ergänzt. So lässt es die h.M. ausreichen, wenn der Verwender den Vertragspartner über unklare oder unverständliche AGB noch vor oder bei Vertragsschluss individuell und ausreichend aufklärt.75 Dass solche Vorgänge ent66

BGH NJW-RR 2005, 902 (903); NJW 1993, 2052 (2054); Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 335a; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 43; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 21; Stoffels, Rn. 569; vgl. auch Pfeiffer, NJW 2011, 1 (5). 67 Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 16; von Hoyningen-Huene, Rn. 204. 68 Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 43; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 27; Gottschalk, AcP 206 (2006), 555 (584); vgl. auch BGH NJW 1994, 1004 (1005). 69 BGHZ 165, 12 (22); 145, 203 (220); 128, 54 (60 f.); 119, 152 (170 f.); 104, 82 (93); NJW 2006, 211 (213); 2000, 2103 (2106); Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 27; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 14; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 267; Stoffels, Rn. 572; vgl. auch BGH NJW 2007, 3632 (3635); Koller, FS Steindorff, S. 677. 70 Vgl. Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 343. 71 BGHZ 165, 12 (22); 116, 1 (7); 112, 115 (118); NJW 2010, 3152 (3154); 2007, 1198 (1202); Berger, in: PWW, § 307 Rn. 13; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 245; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 307 Rn. 97; Stoffels, Rn. 566. 72 BGHZ 140, 241 (247); 124, 351 (361); NJW 2010, 3152 (3154); 2007, 2176 (2177); Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 345; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 206; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 15; Stoffels, Rn. 567. 73 Vgl. BGHZ 165, 12 (22); Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 62; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 206; vgl. auch Berger/Kleine, NJW 2007, 3526 (3529 f.); insoweit unklar Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 21. 74 BGHZ 116, 1 (7); 112, 115 (119); 106, 42 (49); OLG Köln NJW-RR 1989, 1266 (1267); Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 21; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 204; Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 18; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 21. 75 Vgl. BGHZ 116, 1 (5); 106, 42 (51); NJW 1992, 1097 (1098); 1991, 1889; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 203; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 346; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 47; teilweise einschränkend Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 242.

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scheidungserheblich sind, folgt für Verbraucher bereits aus der Berücksichtigung der Umstände des Vertragsschlusses nach § 310 III Nr. 3 BGB; dies wird von der h.M. auch auf Unternehmer übertragen.76 Anders als etwa beim Einbeziehungshinweis muss die Klauselformulierung aber nicht auf die Eignung zur flüchtigen Lektüre ausgerichtet werden. Vielmehr darf der Verwender annehmen, dass sich der Klauselgegner aufmerksam und sorgfältig mit den Bedingungen auseinandersetzt.77 Das Transparenzgebot findet seine Grenze allerdings im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren.78 Es hängt unter anderem vom Geschäftstyp und dessen Umfang, aber auch vom Regelungsgegenstand der AGB ab, wie weit die Anforderungen im Einzelnen gehen.79 Da AGB eben „allgemein“ gehalten sind, kann logischerweise keine auf jeden Einzelfall zugeschnittene Erklärung bereitgestellt werden.80 Vor allem sind auch Sinn und Zweck der AGB-Verwendung im Blick zu behalten. Die Vereinfachung des Rechtsverkehrs bleibt auf der Strecke, wenn die Gestaltungsfreiheit des Verwenders über Gebühr eingeschränkt wird.81 Insbesondere bedeuten vollumfängliche Information und Aufklärung nicht zwangsläufig auch einen hohen Grad an Transparenz.82 (2) Intransparenz als unangemessene Benachteiligung Da es sich bei Klarheit und Verständlichkeit lediglich um formale Aspekte handelt, gehen die Meinungen darüber auseinander, ob allein eine intransparente Formulierung für die Unwirksamkeit der Klausel genügt oder ob daraus auch noch eine materielle Benachteiligung des Klauselgegners folgen muss. Für Letzteres spricht schon der Wortlaut des § 307 I 2 BGB. Dieser besagt nämlich nur, dass eine unangemessene Benachteiligung eine mögliche, nicht jedoch zwingende Konsequenz einer unklaren oder unverständlichen AGB ist.83 Ein pauschales Unwirksamkeitsverdikt würde dagegen auch diejenigen Klauseln erfassen, die im Ergebnis für den Vertragspartner vorteilhaft sind und über § 305c II BGB auch tatsächlich zu

76 Vgl. Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 203; Stoffels, Rn. 566; a.A. wohl Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 21 (nur für Verbraucherverträge). 77 Thüsing, in: von Westphalen, Transparenzgebot, Rn. 2; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 23; Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 18; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 21; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 307 Rn. 100. 78 BGHZ 164, 11 (16); 112, 115 (119); NJW 2004, 1738 (1738); 1598 (1600); 1998, 3114 (3116); Stoffels, Rn. 573. 79 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 180; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 348. 80 BGH NJW-RR 2011, 1618 (1621); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 248 f. 81 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 349. 82 BGHZ 111, 388 (391); NJW 2005, 1183 (1184); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 253; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 349; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 195. 83 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 174; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 330; vgl. auch Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 19; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 44; von Westphalen, NJW 2002, 12 (17); a.A. Stoffels, Rn. 564: unwiderlegliche Vermutung.

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seinen Gunsten wirken können.84 Zudem war das Transparenzgebot im Regierungsentwurf zur Schuldrechtsmodernisierung ursprünglich als dritter Fall des § 307 II BGB vorgesehen.85 Es wurde aber schließlich als „möglicher Fall einer unangemessenen Benachteiligung“ in § 307 I BGB eingefügt, damit gerade in Fällen intransparenter AGB § 305c II BGB noch zur Anwendung gelangen kann.86 Auch diese gesetzgeberische Intention spricht dafür, Unklarheit und Unverständlichkeit zunächst als Indizien zu werten und nicht immer automatisch von einer Unwirksamkeit auszugehen.87 Allerdings folgt aus intransparenten AGB regelmäßig auch eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners, da keine Klarheit über den Regelungsumfang und – im schlimmsten Fall – den ganzen Regelungsinhalt herrscht.88 Daher bedarf es richtigerweise im Regelfall keiner weiteren Prüfung der unangemessenen Benachteiligung. Vielmehr kann diese schon in der Intransparenz selbst begründet liegen.89 Enthält ein Vertrag intransparente AGB, kann der Vertragspartner die Klauseln nur sehr schwer oder möglicherweise gar nicht mit denen anderer Vertragswerke vergleichen und sich die günstigsten Konditionen heraussuchen („Abschlusstransparenz“),90 unabhängig davon ob dies im Einzelfall überhaupt geschieht.91 Ebenso kann er durch irreführende oder missverständliche AGB daran gehindert werden, seine tatsächlich bestehenden Rechte geltend zu machen („Abwicklungstransparenz“).92 Bei konsequenter Handhabung der oben genannten Kriterien liegt letztlich in nahezu jeder unklaren oder unverständlichen Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners. Denn diesem wird beispielsweise immer der Vergleich mit anderen Verträgen erschwert, wenn auch nur eine Vertragsbedingung 84 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 174; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/7052, S. 188. 85 Vgl. RegE BT-Drucks. 14/6040, S. 154. 86 s. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14/7052, S. 188. 87 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 174; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 330; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 44; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 56; Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 19; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 22; von Westphalen, NJW 2002, 12 (17). 88 Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 24; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 331; Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 19; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 174; Stoffels, Rn. 564. 89 BGHZ 147, 354 (361 f.); 141, 137 (143 f.); 136, 394 (401 f.); NJW-RR 2008, 189 (190 f.); Thüsing, in: von Westphalen, Transparenzgebot, Rn. 19; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 56; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 22; Kling, S. 584; vgl. auch Berger, in: PWW, § 307 Rn. 14; in diesem Sinne wohl auch A. Stadler, in: Jauernig, § 307 Rn. 6 a.E.; a.A. Gottschalk, AcP 206 (2006), 555 (587, 590); vgl. auch OLG Saarbrücken NJW-RR 2009, 816 (818). Ausführlich zum Folgenden Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 174 ff. 90 BGHZ 112, 115 (117 f.); 106, 42 (51); NJW 2005, 3559 (3565); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 250; Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 18. 91 Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 20; Stoffels, Rn. 564. 92 Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 24; Stoffels, Rn. 564.

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intransparent ist. Der Streitstand hat daher überhaupt nur praktische Relevanz, wenn es sich um intransparente, aber insgesamt für den Klauselgegner vorteilhafte Regelungen handelt.93 Da diese vorteilhaften Wirkungen wie bereits dargestellt über die Auslegung nach § 305c II BGB dem Klauselgegner im Ergebnis auch zugute kommen können, ist daher bei § 307 I 2 BGB nicht von einer unwiderleglichen Vermutung für eine unangemessene Benachteiligung auszugehen. b) Sondertatbestände des § 307 II BGB Nach § 307 II BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (Nr. 1) oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (Nr. 2). Die Vorschrift enthält also typisierende Kriterien, die den Maßstab der unangemessenen Benachteiligung zumindest etwas konkretisieren.94 Dementsprechend geht die Prüfung von Abs. 2 der des Abs. 1 vor.95 aa) Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der abbedungenen gesetzlichen Regelung (Nr. 1) § 307 II Nr. 1 BGB konkretisiert den Maßstab der inhaltlichen Kontrolle anhand des dispositiven Rechts. Das ist sinnvoll, da dieses vom Gesetzgeber ja bereits mit dem Ziel eines gerechten Interessenausgleichs erlassen wurde.96 Diese Zielsetzung kommt auch in § 306 II BGB zum Ausdruck, der die Geltung des dispositiven Rechts anstelle unwirksamer oder nicht einbezogener Klauseln vorsieht.97 Daher ist innerhalb des Abs. 2 die Nr. 1 vor Nr. 2 zu prüfen.98 (1) Begriff der gesetzlichen Regelung In einem ersten Schritt muss für § 307 II Nr. 1 BGB das „gesetzliche Leitbild“ ermittelt werden, das den Vergleichsmaßstab für die AGB-rechtliche Prüfung bildet. Dabei ist vom Verständnis des Art. 2 EGBGB auszugehen.99 Erfasst sind also grundsätzlich alle Rechtsnormen, die im relevanten Zeitpunkt in Deutschland gelten, 93

Vgl. Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 250. Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 220; Canaris, FS Ulmer, S. 1075. 95 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 3; Stoffels, Rn. 496; von Hoyningen-Huene, Rn. 132. 96 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 229; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 221. s. zu dieser „Leitbildfunktion“ auch schon Raiser, S. 281 ff. sowie die Rechtsprechung aus der Zeit vor Schaffung des AGBG, etwa BGHZ 54, 106 (109 f.); 41, 151 (154 f.). 97 Dazu oben G. V. 1. 98 von Hoyningen-Huene, Rn. 282. 99 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 231; Stoffels, Rn. 506. 94

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also etwa auch Gewohnheitsrecht100 oder das CISG als völkervertragliche Regelung,101 nicht aber etwa das GEK, selbst wenn es das Vorschlagsstadium verlassen hat.102 Unerheblich ist auch, ob eine Vorschrift auf eine bestimmte Rechtsfrage direkt oder nur analog angewendet wird.103 Der Begriff der „gesetzlichen Regelung“ darf auch nicht so eng verstanden werden, dass ein entsprechendes Leitbild zwingend unmittelbar aus einer Einzelvorschrift folgen muss. Es kann sich genauso gut auch aus mehreren zusammenwirkenden Vorschriften ergeben.104 Erfasst wird allerdings nur dispositives Recht,105 denn Abweichungen von zwingenden Rechtsvorschriften sind entweder direkt oder über Verbotsnormen wie § 134 BGB unwirksam.106 Eine AGB-rechtliche Prüfung erübrigt sich deswegen.107 Uneinigkeit besteht jedoch darüber, ob auch ungeschriebene Rechtsgrundsätze oder Richterrecht als „gesetzliche Regelung“ eingeordnet werden können.108 Ungeschriebene Rechtsgrundsätze lassen sich mit dem Wortlaut der „wesentlichen Grundgedanken“ jedenfalls noch in Einklang bringen.109 Bei richterrechtlichen Leitlinien wird es schon schwieriger. Art. 2 EGBGB ordnet ungeschriebene Rechtsgrundsätze nur dann als „Gesetz“ ein, „wenn sie sich im Wege der Rechtsanalogie aus dem positiven Recht zuverlässig und als Rechtssatz formulierbar entwickeln lassen.“110 Dementsprechend wird auch Urteilen überwiegend nicht die gleiche Wirkung wie Gesetzen zuerkannt.111 100

Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 207. Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 238. Zur Maßgeblichkeit des CISG im Rahmen des § 307 BGB unten H. II. 102 Das folgt logischerweise aus der Ausgestaltung seines Anwendungsbereichs als opt-inInstrument (s. o. D. V.). A.A. Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 238. 103 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 231; Stoffels, Rn. 506 m.w.N.; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 307 Rn. 52. 104 Vgl. BGHZ 115, 38 (42); NJW 1991, 1750 (1752); Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 231. 105 BGHZ 115, 38 (42); 114, 238 (240); 89, 206 (211); Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 232; Stoffels, Rn. 507; a.A. Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 24; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 111. Zur teilweise abweichenden Praxis der Gerichte im Verbandsklageverfahren s. etwa BGHZ 153, 6 (16); 152, 121 (133); 95, 362 (366); 1983, 1612 (1614); 1320 (1322). 106 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 208; von Hoyningen-Huene, Rn. 252. 107 Becker, S. 103 f.; a.A. Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 24; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 111. 108 Bejahend die h.M. BGHZ 121, 13 (18); 115, 38 (42); 114, 238 (240); 100, 157 (163); NJW 2001, 3480 (3482); 1998, 1640 (1642); 1983, 1671 (1672); Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 234; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 108; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 16; A. Stadler, in: Jauernig, § 307 Rn. 10; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 52; Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 24; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 24; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 20; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 307 Rn. 52; ablehnend Stoffels, Rn. 510 ff.; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 206; Becker, S. 84. 109 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 234. 110 Merten, in: Staudinger, Art. 2 EGBGB Rn. 112; Stoffels, Rn. 510; von HoyningenHuene, Rn. 250. 101

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Die h.M. entfernt sich dagegen vom Gesetzesbegriff des Art. 2 EGBGB und argumentiert hinsichtlich des Richterrechts mit der Funktion des § 307 II Nr. 2. Da dieser bei nichtgeregelten Vertragstypen ja gerade eine richterliche Rechtsfortbildung erfordere, sei daraus auch die generelle Zulässigkeit und Anwendbarkeit im Rahmen der Nr. 1 zu entnehmen.112 Gegen diesen Rückschluss spricht aber, dass die Nummern nicht umsonst unterschiedlich ausgestaltet worden sind und Nr. 2 gerade für solche Fälle ohne gesetzliche Regelung gedacht ist. Im Umkehrschluss folgt daraus vielmehr, dass der Begriff „gesetzliche“ mit Bedacht gewählt wurde. Der Gesetzgeber hat den Begriff der gesetzlichen Vorschriften im BGB überwiegend dahingehend verstanden, dass nur gesetzlich festgelegte Vorschriften – direkt oder analog angewandt – und auch anerkannte ungeschriebene Rechtsgrundsätze erfasst sein sollen. Als Beispiele sind hier vor allem die §§ 134 ff. BGB zu nennen. Neben dem gesetzlichen Veräußerungsverbot des § 135 BGB gibt es auch ein behördliches in § 136 BGB. Das macht deutlich, dass der Begriff „gesetzlich“ aus Sicht des Gesetzgebers gerade keine anderen Bereiche außerhalb der Legislative erfasst. Vor allem stellt sich bei Richterrecht immer auch die Frage, ab wann eine verbindliche Festlegung der Gerichte vorliegt. Bereits wenn dies ständige Rechtsprechung der Amtsgerichte ist? Oder erst ab LG, OLG, BGH, BVerfG oder sogar EuGH? Ebenso besteht die Gefahr, dass eine jahrelange ständige Rechtsprechung plötzlich aufgegeben wird. Dies ist der Rechtssicherheit gerade in AGB-Fällen nicht förderlich, da die Verwender Zeit benötigen um auf „Gesetzes“-änderungen reagieren zu können und vor allem auch auf ausreichende Informationen angewiesen sind, wie sie nur ein Gesetzgebungsverfahren mit seinen Materialien bieten kann. Richterrecht ist daher nach hier vertretener Ansicht nicht als „gesetzliche Regelung“ im Sinne der Nr. 1 anzusehen, sondern vielmehr ein Fall der Nr. 2.113 Für die Berücksichtigung ungeschriebener Rechtsgrundsätze sollten jedenfalls strenge Voraussetzungen beachtet werden,114 wenn man sie überhaupt im Rahmen der Nr. 1 berücksichtigen will.115 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob sich entsprechende gesetzliche Leitbilder aus den AGB-rechtlichen Vorschriften selbst entnehmen lassen.116 Das ist richtigerweise zu verneinen. Die §§ 308, 309 BGB sind, soweit anwendbar, vorrangig und § 307 II BGB gar nicht mehr relevant.117 Sind sie nicht anwendbar oder einschlägig, können sie für den Regelungsgegenstand der entsprechenden AGB 111

Vgl. statt aller Stoffels, Rn. 510; Merten, in: Staudinger, Art. 2 EGBGB Rn. 40 m.w.N. Vgl. Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 236. 113 Wie hier Stoffels, Rn. 510; von Hoyningen-Huene, Rn. 249. 114 s. im Einzelnen Stoffels, Rn. 511 ff.; einschränkend Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 213. 115 Vgl. Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 212. 116 In diesem Sinne etwa BGH NJW-RR 1987, 45 (45 f.); NJW 1983, 1853 (1854); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 111; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 24. 117 Stoffels, Rn. 508; von Hoyningen-Huene, Rn. 257a. 112

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schon gar kein Leitbild i.S.d. Nr. 1 bilden, von dem abgewichen werden könnte.118 Eine Leitbildfunktion kommt ihnen in diesem Fall nur im Rahmen der Abwägung nach § 307 I BGB zu119 und das nach hier vertretener Ansicht auch nur dann, wenn nicht schon § 307 II Nr. 1 oder 2 BGB einschlägig ist. Die Einbeziehungsvorschriften der §§ 305 ff. BGB sind zwingendes Recht und scheiden deswegen ebenfalls aus.120 Gelten sie nicht, liegt keine AGB, sondern eine Individualvereinbarung vor, auf die § 307 BGB schon per se nicht anwendbar ist.121 (2) Wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung Die Festlegung auf „wesentliche Grundgedanken“ der gesetzlichen Regelung verengt den Grad der notwendigen Abweichung, ab dem § 307 II Nr. 1 BGB eingreift.122 Im Kern geht es daher ausgehend von der allgemeinen Formel des Abs. 1 um Regelungsinhalte, die das Gleichgewicht der Vertragspartner im Blick haben und daher auf einen gerechten Interessenausgleich abzielen.123 Nach Auffassung der Rechtsprechung sind deswegen nur gesetzliche Regelungen maßgeblich, bei denen es sich letztlich um Ausprägungen des Gerechtigkeitsgebotes handelt und die nicht lediglich auf reinen Zweckmäßigkeitserwägungen beruhen.124 Auch wenn sich diese Unterscheidung praktisch nur schwer durchführen lässt,125 macht sie die maßgebliche Sichtweise deutlich. Entscheidend ist, ob die Vorschrift den Vertragspartner schützen soll.126 118 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 242; Stoffels, Rn. 508; von Hoyningen-Huene, Rn. 257a. 119 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 242; in diesem Sinne auch von Hoyningen-Huene, Rn. 257a. 120 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 210; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 241; von Hoyningen-Huene, Rn. 256; vgl. auch Becker, S. 107 ff.; a.A. BGH NJW-RR 1987, 45 (45 f.); NJW 1983, 1853 (1854); Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 24. 121 Stoffels, Rn. 508. 122 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 247. 123 Becker, S. 126; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 221; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 248. 124 BGHZ 115, 38 (42); 114, 238 (240); 89, 206 (211); NJW-RR 2004, 1206 (1207); NJW 2001, 3480 (3481 f.); zustimmend Berger, in: PWW, § 307 Rn. 20; kritisch Pfeiffer, in: Wolf/L/ P, § 307 Rn. 117; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 222; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 249; Stoffels, Rn. 503. 125 Becker, S. 121 f. hebt zutreffend hervor, dass letztlich jede Vorschrift in irgendeiner Weise einer gerechten Entscheidungsfindung dient und auch die Rechtsprechung bisher noch keine reinen Zweckmäßigkeitsregelungen benennen konnte; zustimmend von HoyningenHuene, Rn. 243. Ablehnend auch Stoffels, Rn. 503; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 249; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 117. von Hoyningen-Huene, Rn. 242 sieht die Unterscheidungsformel der Rechtsprechung im Rahmen des § 9 II AGBG a.F. sogar als gänzlich irrelevant an. 126 Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 30; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 117; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 222 f.; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 55; vgl. auch Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 24.

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Besondere Bedeutung kommt hier Gesetzesänderungen zu. Denn dadurch können bisherige Grundgedanken verändert und Abweichungen davon nun zulässig oder unzulässig werden.127 Daher ist keine pauschale Aussage zu den Grundgedanken möglich, sondern es bedarf einer gesonderten Analyse, ob und welche „Leitlinien“ sich den gesetzlichen Vorschriften entnehmen lassen.128 Dementsprechend wird im Schrifttum auch gefordert, die wesentlichen Grundgedanken nicht als selbstständiges Tatbestandsmerkmal, sondern innerhalb der Interessenabwägung als Richtschnur bei der „Unvereinbarkeit“ zu begreifen.129 Aber das ist letztlich keine Lösung, sondern nur eine Verlagerung der Fragestellung.130 Ob die Schutzrichtung der Vorschriften stimmt, muss auch bei der Interessenabwägung noch auf irgendeine Weise ermittelt werden. Wie dies nun geschieht, ob als eigenständiges Merkmal oder bei anderen Voraussetzungen, spielt keine Rolle. Entscheidend ist nur, dass die Zielsetzung der jeweiligen Vorschriften sorgfältig analysiert wird und untaugliche Normen herausgefiltert werden.131 Dabei muss insbesondere beachtet werden, welches Gewicht die Vorschriften in ihrem systematischen Bereich haben (z. B. § 439 BGB im Rahmen der Mängelgewährleistung oder § 377 HGB bei Kaufleuten) und ob diese vielleicht wegen ihrer Eigenart nur spezifisch auf ihren Vertragstyp oder bestimmte Personengruppen bezogen werden können.132 Rechtsprechung und Literatur haben mittlerweile eine Vielzahl von Vorschriften dahingehend untersucht (etwa §§ 652, 537 I 2 oder 767 I 3 BGB), so dass bereits auf bestimmte Leitbilder zurückgegriffen werden kann.133 (3) Unvereinbarkeit der Abweichung mit den wesentlichen Grundgedanken Ein Abweichen von der gesetzlichen Regelung liegt ausgehend vom Wortlaut in jeder Veränderung, egal ob sie durch Entfernen, Hinzufügen oder eine sonstige inhaltliche Änderung, wie etwa ein Abändern der Rechtsfolge, hervorgerufen wird.134 Eine Abweichung liegt grundsätzlich auch dann vor, wenn die Änderungen für den Klauselgegner vorteilhaft sind. Da es sich allerdings bei § 307 II BGB um eine Konkretisierung des Abs. 1 handelt, ist auch dort das Erfordernis einer unangemessenen Benachteiligung immanent. Das macht auch der Wortlaut nochmals

127 Vgl. insbesondere zu den Änderungen aufgrund der Schuldrechtsmodernisierung Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 251; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 233 ff. 128 Im Einzelnen Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 251. 129 Stoffels, Rn. 504. 130 Ablehnend auch Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 222. 131 Vgl. Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 223. 132 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 118; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 224; vgl. auch die weiteren Einschränkungen bei Becker, S. 134 f. 133 s. die Aufzählungen bei Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 225; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 27 ff.; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 120 ff.; Stoffels, Rn. 521. 134 Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 26; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 244; Stoffels, Rn. 516; Becker, S. 90 f.; von Hoyningen-Huene, Rn. 263.

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deutlich. Die Abweichung muss daher für den Vertragspartner nachteilig sein,135 wobei auch hier Bagatellen wieder ausgeschlossen sind.136 Wie bei § 307 I 1 BGB müssen also zwei Rechtslagen miteinander verglichen werden.137 Ebenso wie bei der Benachteiligung in § 307 I 1 BGB, genügt auch in § 307 II Nr. 1 BGB nicht jede nachteilige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild für eine Unwirksamkeit der Klausel. Notwendig ist ein „unvereinbarer Widerspruch“ zwischen den Grundgedanken und der gesetzlichen Regelung.138 Es kommt also darauf an, ob der Vergleich zwischen der „AGB-Situation“ und der gesetzlichen Ausgangslage bei ersterer eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners erkennen lässt und dies den wesentlichen Grundgedanken „diametral widerspricht“.139 Mit der Zweifelsregel hat der Gesetzgeber in gewissem Umfang bereits selbst eine Tendenz zur Unvereinbarkeit einer abweichenden Regelung mit dem dispositiven Recht vorgezeichnet.140 Die Interessenabwägung hat daher, bildlich gesprochen, schon zu Beginn ein Übergewicht bei der Waagschale zugunsten der Unwirksamkeit.141 Deswegen kommt es besonders auf die Sicht und die Interessen des Verwenders an, da nur diese noch einen Ausschlag in die andere Richtung geben können.142 Hier ist etwa relevant, ob die gesetzlich vorgesehene Risikoverteilung auch für den konkreten Fall sinnvoll angewendet werden kann oder doch den Bedürfnissen angepasst werden muss.143 Ebenso ist bedeutsam, ob der Verwender dieselbe Risikoverteilung einfach nur auf andere Weise bewerkstelligt.144 Denn soweit das Ergebnis nicht zu beanstanden ist, bedarf es richtigerweise auch keiner Einschränkung der 135 Becker, S. 91; Stoffels, Rn. 516; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 52; lediglich auf die inhaltliche Änderung stellt Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 244 ab. 136 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 128; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 227; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 26; vgl. auch Berger, in: PWW, § 307 Rn. 20. 137 Stoffels, Rn. 516; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 243; von Hoyningen-Huene, Rn. 263; vgl. oben H. I. 3. a) aa). Teilweise abweichend Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 228 („einheitlich wertender Vergleich“). 138 Stoffels, Rn. 518. Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 227 spricht insofern von einer „doppelten Erheblichkeitsschwelle in Bezug auf Gegenstand und Ausmaß der Abweichung“. 139 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 229; vgl. auch von Hoyningen-Huene, Rn. 265. 140 Stoffels, Rn. 518; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 231; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 253 f.; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 20; vgl. auch Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 16. 141 Hieraus folgt auch der von von Hoyningen-Huene, Rn. 267 und Becker, S. 131 f. vermisste Unterschied zur umfassenden Interessenabwägung nach § 307 I BGB. 142 BGHZ 141, 391 (397 f.); NJW-RR 1991, 1013 (1015); 1990, 2065 (2066); Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 253, 259; Stoffels Rn. 519; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 230; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 26; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 129 ff. 143 Stoffels, Rn. 519; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 255 f. 144 Vgl. Stoffels, Rn. 520 m.w.N.; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 229; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 254; Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 27; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 126 f.; Becker, S. 133 f.

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Parteiautonomie. Vor allem – und das gilt besonders im Kaufrecht – ist zu beachten, ob es sich beim Klauselgegner um einen Verbraucher oder einen Unternehmer handelt.145 Da die Vorschrift seit Einführung des AGBG jedenfalls im Wortlaut unverändert besteht, hat sich mittlerweile auch zur Unvereinbarkeit eine umfangreiche Kasuistik herausgebildet.146 bb) Gefährdung des Vertragszwecks durch Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten (Nr. 2) Die Kontrollvorschrift des § 307 II Nr. 1 BGB ist nur anwendbar, wenn das Leitbild für die Inhaltskontrolle einer gesetzlichen Regelung entnommen werden kann. Ist dies nicht möglich – was nicht nur bei vollständigem Fehlen einer Vorschrift, sondern auch aus anderen Gründen denkbar ist147 –, greift aber unter Umständen das sog. „Aushöhlungsverbot“ des § 307 II Nr. 2 BGB ein.148 Obwohl die Vorschrift strukturell mit Nr. 1 vergleichbar ist, verbleibt ihr trotz Überschneidungen mit Nr. 1 insoweit ein eigenständiger Anwendungsbereich.149 Der Gesetzgeber macht durch die Bezugnahme auf die Erfolgschancen der Vertragsabwicklung und die aus dem Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten deutlich, dass mit dem Klauselverbot des § 307 II Nr. 2 BGB ein durch den Vertragsschluss gewecktes Vertrauen des Klauselgegners geschützt werden soll.150 Auch ohne gesetzliches Leitbild soll der Verwender nicht durch die „Hintertür“ mit Hilfe von AGBs das verhindern können, wozu er sich vordergründig eigentlich verpflichtet hat.151 Die Regelung weist damit eine Parallele zum Verbot des widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) auf, das die Rechtsprechung aus § 242 BGB ableitet.152 Die dazu entwickelten Rechtsgedanken können deswegen in gewissem Umfang bei der Anwendung von § 307 II Nr. 2 BGB herangezogen werden.153 Da das Verbot widersprüchlichen Verhaltens aber systematisch bei der Ausübungskontrolle verortet ist,154 muss man sich auch die Unterschiede zur Inhaltskontrolle verge145

s. Stoffels, Rn. 521 unter (10). Zur Sondervorschrift des § 475 BGB unten H. I. 4. s. im Einzelnen die Aufzählungen bei Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 56 ff. 147 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 238. 148 Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 33; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 261 f.; von Hoyningen-Huene, Rn. 276. 149 Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 31; Fuchs, in: Ulmer/B/H/, § 307 Rn. 243; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 261 f.; von Hoyningen-Huene, Rn. 282; Becker, S. 188 f. 150 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 272; Stoffels, Rn. 528. 151 Vgl. Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 240; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 272. 152 s. etwa BGH NJW 2009, 1343 (1346); 2005, 1045 (1045 f.); 2002, 3110 (3111); NJWRR 1987, 1194 (1195). 153 Im Einzelnen Stoffels, Rn. 523 ff. 154 Stoffels, Rn. 525; Roth/Schubert, in: MüKo-BGB, § 242 Rn. 284. 146

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H. Inhaltskontrolle

genwärtigen, die unter anderem bei der Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts für das entstandene Vertrauen relevant werden.155 (1) Wesentliche Rechte und Pflichten aus der Natur des Vertrages Um ein schützenswertes Vertrauen des Vertragspartners begründen zu können, bedarf es eines vertrauensbegründenden Umstandes. Diese Funktion erfüllt der Vertragsschluss mit den daraus erwachsenden Rechten des Klauselgegners und Pflichten des Verwenders.156 Da ohne vertragliches Leitbild die maßgeblichen Elemente nicht festgestellt werden können, müssen die wesentlichen Rechte und Pflichten sowie die Natur des Vertrages daher als einheitliches Tatbestandsmerkmal behandelt werden.157 Dabei ist allerdings zu klären, was genau unter „Natur des Vertrages“ zu verstehen ist. Aus dem Begriff der „Natur“ folgt ein zunächst objektiver Ansatz bei der weiteren Vorgehensweise. Es ist nicht der konkret abgeschlossene Vertrag zugrunde zu legen, sondern das objektive Modell des entsprechenden Vertragstyps („Idealstatut“),158 um eine eventuell schon ohne AGB bestehende unangemessene Benachteiligung berücksichtigen zu können. Bei ausschließlicher Orientierung am konkreten Einzelvertrag ließe sich sonst nämlich nie eine unangemessene Benachteiligung erkennen, da die AGB dann zwangsläufig auf einer Linie mit dem schon benachteiligenden Vertrag wären.159 Der Rechtsanwender muss daher ermitteln, welche „Leistungs- und Schutzerwartungen“160 der Klauselgegner haben darf, also welche leistungs- und nichtleistungsbezogenen Rechte und Pflichten der Vertragstyp enthält.161 Insofern schlägt sich in § 307 II Nr. 2 BGB die vor dem AGBG entwickelte Rechtsprechung zur „Aushöhlung der Kardinalpflichten“ nieder.162 Maßgeblich ist der Erwartungshorizont des bei Verträgen der betreffenden Art zu erwartenden Durchschnittskunden.163 Allerdings muss dieser überindividuell-generalisierende Maßstab notwendigerweise noch ergänzt werden. Bei der Leitbildkonkretisierung sind auch bestimmte Einzelabreden zu berücksichtigen, wenn sie für

155

Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 242. Vgl. Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 272. 157 Stoffels, Rn. 529; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 267. 158 Stoffels, Rn. 529; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 269; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 244; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 32; von Hoyningen-Huene, Rn. 283 ff. 159 Vgl. Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 268. 160 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 272; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 240. 161 Vgl. BGHZ 164, 11 (36); NJW-RR 1993, 560 (561); 1986, 271 (272); NJW 1985, 3016 (3018); Becker, S. 180 f.; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 32; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 249; Stoffels, Rn. 531. 162 Vgl. BGHZ 164, 11 (36); 2001, 292 (301 f.); im Einzelnen Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 276 m.w.N.; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 132; von Hoyningen-Huene, Rn. 277. 163 BGH NJW 1986, 2428 (2429); Stoffels, Rn. 532; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 247. 156

I. BGB

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die Parteien und damit deren Vertragsverständnis Bedeutung haben.164 Auch wenn die AGB-Kontrolle vornehmlich abstrakt erfolgt, muss man dennoch der Parteiautonomie bei der Ermittlung des Vertrauenstatbestandes Rechnung tragen.165 Vor allem kann nur durch den Rückgriff auf individuelle Vertragsabreden überhaupt bestimmt werden, was für ein Vertragstyp vorliegt, wenn dieser gesetzlich nicht kodifiziert ist.166 Der Rechte- und Pflichtenkatalog kann dadurch noch erheblich erweitert werden. Als „wesentlich“ sind dabei solche Rechte und Pflichten einzuordnen, die „conditio sine qua non“ für den Eintritt des vertraglichen Erfolgs sind.167 Zentrale Elemente in diesem Sinne sind daher insbesondere die Hauptleistungspflichten des Verwenders.168 In Betracht kommen aber auch Nebenleistungspflichten, etwa wenn sie die Hauptleistungspflichten notwendig ergänzen.169 Auch reine Nebenpflichten können wesentlich sein, so beispielsweise wenn durch die Vertragsdurchführung das Integritätsinteresse des Klauselgegners betroffen wird.170 (2) Einschränkung der wesentlichen Rechte und Pflichten Durch eine Veränderung der wesentlichen Rechte und Pflichten mittels AGB setzt sich der Verwender in Widerspruch zu dem bei Vertragsschluss vereinbarten Rechteund Pflichtenkatalog.171 Entscheidend ist wieder, ob der Klauselgegner bei Wirksamkeit der maßgeblichen AGB-Regelung schlechter steht also ohne sie.172 Ein164 BGH NJW 1993, 532 (532); Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 246; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 32; Stoffels, Rn. 532; vgl. auch Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 29 f.; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 135 f.; von Hoyningen-Huene, Rn. 286. 165 Vgl. Stoffels, Rn. 532. 166 Bei der Leitbildentwicklung für gesetzlich nicht geregelte Vertragstypen orientiert sich das Schrifttum oftmals auch am Vorgehen bei einer ergänzenden Vertragsauslegung, s. etwa Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 255 f. 167 BGHZ 174, 1 (6); 164, 11 (36); 145, 203 (244); NJW 1993, 335 (335); NJW–RR 1993, 560 (561); 1986, 271 (272); NJW 1985, 3016 (3018); Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 33. 168 BGHZ 149, 89 (96 f.); NJW 2005, 1774 (1774); 2002, 673 (675); NJW-RR 2000, 998 (999); NJW 1985, 3016 (3018); Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 35; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 248, 260; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 273; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 307 Rn. 72. 169 BGHZ 83, 301 (308); NJW 1985, 915 (916); Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 35; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 273; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 249, 260; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 74; Hennemann, S. 115. 170 Vgl. BGHZ 103, 316 (322); 89, 363 (367 f.); 71, 167 (173); NJW 1985, 3016 (3018); Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 249; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 17; Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 30; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 33; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 64; vgl. auch BGH NJW-RR 1986, 271 (272); OLG München NJW-RR 1994, 742 (742 f.). Zu den besonders relevanten Nebenpflichten beim Kaufvertrag Wurmnest, in: MüKoBGB, § 307 Rn. 72. 171 Stoffels, Rn. 545. 172 Stoffels, Rn. 545; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 259; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 277.

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H. Inhaltskontrolle

schränkung muss in diesem Zusammenhang denkbar weit verstanden werden.173 Auch wenn der Verwender eine wesentliche Pflicht pro forma aufrechterhält, sich in den AGB aber von jeglicher Haftung für diesbezügliche Verstöße befreit, liegt darin eine Einschränkung des vertraglichen Pflichtenkreises.174 Dieser Umstand wird als Einschränkung der vertraglichen Haftung nach § 280 BGB aber auch von § 307 II Nr. 1 BGB erfasst.175 Eine Einschränkung ist auch gegeben, wenn eine AGB letztlich nur eine Verbesserung der Rechtsstellung des Verwenders suggeriert. Faktisch ist nämlich jede Besserstellung der einen Vertragspartei mit einer Benachteiligung der anderen verbunden.176 (3) Gefährdung des Vertragszwecks als Folge der Einschränkung Die letzte Voraussetzung der Nr. 2 verdeutlicht, dass nicht jede Einschränkung der wesentlichen Rechte und Pflichten ausreicht, sondern nur eine, die den Vertragszweck gefährdet.177 Der für die Beurteilung maßgebliche Vertragszweck ist in diesem Zusammenhang allein aus Sicht des Klauselgegners zu bestimmen.178 Gemeint ist also der von ihm durch den Vertrag angestrebte Erfolg.179 Die in der betreffenden AGB enthaltene Einschränkung muss sich darauf in irgendeiner Weise nachteilig auswirken können.180 Erfasst ist jedoch nicht nur die vollständige Vereitelung des bezweckten Erfolgs, sondern auch dessen erhebliche Einschränkung oder das Herbeiführen einer ebensolchen Unsicherheit über das „Ob“ seines Eintritts.181 Dementsprechend muss die Wirkungsweise der Klausel im Zusammenspiel mit den sonstigen Vertragsumständen (beispielsweise Rügefristen oder Gefahrtragungs- und

173

Stoffels, Rn. 545; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 277. BGHZ 149, 89 (98 f.); 145, 203 (244); Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 259; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 145; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 277; vgl. auch BGHZ 71, 167 (171); 49, 356 (363). Im Einzelnen Kollmann, in: NK-BGB, § 3037 Rn. 34. 175 Zutreffend Becker, S. 165. 176 Vgl. BGHZ 145, 203 (244 f.); Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 31; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 277; vgl. auch Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 146; von HoyningenHuene, Rn. 292 a.E. 177 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 261 spricht diesbezüglich von einer „qualifizierten“ Einschränkung. 178 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 132. Die Einschränkung eines gemeinsamen Ziels von Verwender und Klauselgegner wird dagegen eher der Ausnahmefall sein, vgl. aber von Hoyningen-Huene, Rn. 294. 179 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 278; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 262; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 34. 180 Vgl. Stoffels, Rn. 548. 181 Vgl. BGHZ 103, 316 (322); Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 147; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 307 Rn. 74; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 17; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 36; Schultheiß, S. 56; von Hoyningen-Huene, Rn. 295; differenzierend Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 262. 174

I. BGB

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Haftungsregeln) gesehen werden.182 Bei diesem letzten Tatbestandsmerkmal findet also eine umfassende Interessenabwägung statt, die nach h.M. abschließend ist.183 Da § 307 II Nr. 2 BGB aber nur dann eingreift, wenn der Vertragszweck durch die Einschränkung auch tatsächlich gefährdet wird,184 kann eine bestimmte Einschränkung unter Umständen auch sanktionslos bleiben. Es ist nämlich denkbar, dass sie sich letztlich gar nicht auf den Vertragszweck auswirkt, etwa weil sie durch bestimmte Umstände oder eine andere günstige Regelung ausgeglichen wird.185 Eine Einschränkung von Rechten und Pflichten im Rahmen der Nr. 2 kann demnach unerheblich sein, obwohl sie zu einer Benachteiligung Klauselgegners führt. Dieser wird dadurch aber nicht schutzlos gestellt. Betrifft die Einschränkung wesentliche Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung, greift § 307 II Nr. 1 BGB ein.186 Nr. 2 ist insoweit aber subsidiär.187 Und auch wenn eine Einschränkung den Vertragszweck nicht gefährdet, kann sie immer noch zu einer unangemessenen Benachteiligung nach der Generalklausel des § 307 I 1 BGB führen. Wie schon zu § 307 II Nr. 1 BGB kann mittlerweile auch zu Nr. 2 auf eine umfangreiche Kasuistik zurückgegriffen werden.188 c) Handhabung von § 307 I 1 BGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr Wie bereits dargestellt, sind die §§ 308, 309 BGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr bei der Inhaltskontrolle gemäß § 310 I 1 BGB nicht eigenständig anwendbar. Es bleibt insoweit allein bei der Anwendung von § 307 BGB mit seinem auch hier objektiv-generalisierenden Maßstab.189

182

Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 280. BGHZ 153, 344 (350); 103, 316 (327); 100, 157 (165); NJW 2005, 1645 (1648); 1275 (1276); Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 261; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 278. 184 BGHZ 103, 316 (324); Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 34; Hubert Schmidt, in: Bamberger/ Roth, § 307 Rn. 66; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 25. 185 Vgl. BGHZ 103, 316 (325 f.); Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 280; Stoffels, Rn. 548; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 264; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 34 a.E. 186 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 133; vgl. auch Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 17; Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 307 Rn. 70. 187 Becker, S. 191 ff.; in diesem Sinne auch Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 133; differenzierend Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 263 ff. 188 s. etwa die Übersichten bei Stoffels, Rn. 549 sowie Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 280. 189 BGH NJW 2005, 2006 (2008); Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 372; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 39; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 186; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 29; Stoffels, Rn. 552. 183

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H. Inhaltskontrolle

aa) Unterschiedlicher Schutzbedarf Allerdings muss dieser Beurteilungsmaßstab wie schon bei der Einbeziehung aus mehreren Gründen angepasst werden.190 Einerseits haben Unternehmer typischerweise viel häufiger und noch dazu regelmäßig geschäftlichen Kontakt (etwa mit Zulieferern und Kunden).191 Dementsprechend schließen sie viel mehr Rahmen- oder sonstige Verträge unter Einbeziehung von AGB als ein Verbraucher.192 Andererseits folgt der Handels- und Unternehmerverkehr eigenen Besonderheiten und Gesetzmäßigkeiten. Es müssen daher schon wegen der teilweise nur für Verbraucher anwendbaren gesetzlichen Vorschriften und den verschiedenen Bedürfnissen mehr (abweichende) Regelungen in AGB getroffen werden (z. B. ein verlängerter Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel).193 Vor allem ist der unternehmerische Geschäftsverkehr in noch stärkerem Maße dem Wettbewerb und Bedürfniswandel unterworfen, was sich insbesondere in der Herausbildung neuer Geschäftsmodelle und Absatzformen niederschlägt und auch die Anpassung und Entwicklung neuer AGB notwendig macht.194 Da jedoch auch hier nicht immer ein völliges Gleichgewicht der Vertragspartner herrscht195 und wegen des bereits angesprochenen „partiellen Marktversagens“196 die gleichen Gefahren einer einseitigen Klauselvorgabe wie im Privatverkehr bestehen, muss eine inhaltliche Kontrolle gewährleistet sein. Diese darf jedoch nicht derart streng ausfallen, dass die unternehmerische Bewegungsfreiheit über Gebühr eingeschränkt wird.197 Gerade in diesem Zusammenhang mehren sich seit Jahren kritische Stimmen im Schrifttum, die teilweise auch die vollständige Abschaffung der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr fordern.198 Das Problem im unternehmerischen Geschäftsverkehr liegt aber nicht bei der Inhaltskontrolle als solcher, sondern in ihrer

190

Vgl. oben G. II. 1. a) bb). Vgl. Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 372; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 39; Stoffels, Rn. 552. 192 Berger/Kleine, BB 2007, 2137 (2138); ders., ZIP 2006, 2149 (2151). 193 Vgl. Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 372. 194 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 373. 195 Gegen die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Unterlegenheit insbesondere Leuschner, JZ 2012, 875 (878). 196 s. oben B. I. 197 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 373 spricht insofern treffend von einer notwendigen „Flexibilisierung der AGB-Kontrolle“; vgl. auch Stoffels, Rn. 552 („stäkere Elastizität“). 198 So etwa Kollmann, NJOZ 2011, 625 (629); Leuschner, JZ 2010, 875 (883 f.), falls die Transaktionskosten durch eine Inhaltskontrolle außer Verhältnis zum Vertragsvolumen stehen; ebenso Drygala, JZ 2012, 983 (986 f.); moderater W. Müller, BB 2013, 1355 (1357), ders./ Schilling, BB 2012, 2319 (2324), ders./Griebeler/Pfeil, BB 2009, 2658 (2658 ff.) und Berger, NJW 2010, 465 (466 ff.), die aber jeweils ein gesetzgeberisches Tätigwerden als notwendig erachten. 191

I. BGB

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konkreten Handhabung.199 Wegen der oben erwähnten Unterschiede zum Verbraucherverkehr ist es notwendig, bei der Kontrolle noch stärker zu differenzieren.200 § 307 BGB bietet in seinen beiden Absätzen viel Spielraum für Wertungen, in die eine Vielzahl von objektiven – und eingeschränkt auch subjektiven201 – Kriterien einbezogen werden können. Dadurch lässt sich berücksichtigen, welche Anforderungen und Umstände bei bestimmten Branchen oder Geschäftsmodellen gelten bzw. bestehen und worin sich diese von anderen Geschäftsformen unterscheiden.202 Diese Umstände sind auch bei der Leitbildkonkretisierung nach § 307 II Nr. 1 BGB zu beachten.203 Insofern ist für jede Klausel gesondert zu prüfen, welche Interessen sie berührt und inwieweit ein Schutz gegen eine solche Regelung erforderlich ist, da der Klauselgegner unter Umständen schon durch eine Versicherung, die Gefahrtragungsregeln oder sonstige Ausprägungen der Risikoverteilung abgesichert sein kann.204 Entscheidend ist also auch, ob der Klauselgegner nur mit Unternehmern in vertraglicher Beziehung steht (etwa ein Großhändler im Vergleich zu einem Einzelhändler).205 Insofern bietet sich eine „gruppenspezifische“ Unterscheidung an, da nicht alle Unternehmen in gleichem Umfang Haftungsrisiken unterliegen, und daher auch nicht in gleichem Maße mit den Risiken bei Geschäften der betreffenden Art vertraut sind.206 Des Weiteren kann auch hier das Rationalisierungsinteresse ausschlaggebend sein, da etwa durch pauschalierten Schadensersatz die Abwick-

199 Auch die meisten Kritiker stellen deswegen das Institut als solches nicht in Frage, s. W. Müller/Schilling, BB 2012, 2319 (2324); W. Müller/Griebeler/Pfeil, BB 2009, 2658 (2658 ff.); Lankaitis/Löwisch, ZIP 2009, 441 (445 ff.); Berger/Kleine, BB 2007, 2137 (2138 ff.). 200 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 374; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 185 ff.; Stoffels, Rn. 553; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309 (314); Kessel/Stomps, BB 2009, 2666 (2671 ff.); Berger/Kleine, BB 2007, 2137 (2138 ff.); ders., ZIP 2006, 2149 (2155 f.); a.A. wohl Basedow, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 8. 201 Vgl. oben H. I. 3. b) cc) (1). 202 Vgl. Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 373. 203 Im Einzelnen Berger, ZIP 2006, 2149 (2155 f.). Gänzlich gegen die Vermutungswirkung von § 307 II BGB im unternehmerischen Verkehr de lege ferenda Drygala, JZ 2012, 983 (988 ff.). 204 Im Einzelnen Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 186 ff.; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 380; Berger, ZIP 2006, 2149 (2153 f.). 205 Vgl. zur Einschränkung des Unternehmerregresses nach § 478 BGB bei Basedow, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 8; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 192; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 379; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 40; von Hoyningen-Huene, Rn. 307; Berger, ZIP 2006, 2149 (2154). 206 Vgl. BGH NJW 2005, 2006 (2007); Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 375; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 39; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 196 ff.; Berger/Kleine, NJW 2007, 3526 (3527); dies., BB 2007, 2137 (2138 f.); Berger, ZIP 2006, 2149 (2155); ablehnend von Westphalen, NJW 2009, 2977 (2980).

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H. Inhaltskontrolle

lungsprozesse (u. a. eine eventuell umfangreiche Sachverhaltsermittlung etc.) beschleunigt werden können.207 Eine Differenzierung ist aber vor allem dann nicht notwendig, wenn eine Regelung sowohl Verbraucher als auch Unternehmer in gleicher Weise berührt, weil sie nahezu identisch am Markt auftreten.208 So verhält es sich etwa bei einer unzulässigen Schönheitsreparaturklausel in einem Mietvertrag.209 Mietverträge gehören regelmäßig zum notwendigen, aber eben nicht eigentlichen Geschäftsbereich eines Unternehmers, so dass dieser nicht weniger schutzwürdig als ein Wohnraummieter erscheint.210 Vor allem ist es in dieser Konstellation unerheblich, ob ein unerfahrener Einzelunternehmer handelt oder eine große Gesellschaft. Denn unabhängig vom Vertragspartner versteht sich die Inhaltskontrolle als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben.211 Dementsprechend ist allein das Vorliegen eines treuwidrigen Verhaltens relevant und gerade nicht, wem gegenüber es sich äußert.212 bb) Die Regelung des § 310 I 2 Hs. 1 BGB: Berücksichtigung der §§ 308, 309 BGB Die von den Kritikern bemängelte Gefahr einer ungerechtfertigten Gleichbehandlung der Inhaltskontrolle bei Unternehmer- und Verbraucherverträgen wird aber vor allem durch § 310 I 2 Hs. 1 BGB befeuert.213 Danach findet § 307 BGB bei Unternehmerverträgen „auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in den §§ 308 und 309 genannten Vertragsbestimmungen führt“. Diese doch etwas kryptische Formulierung wird allgemein so verstanden, dass den speziellen Klauselverboten bestimmte Wertungen und Leitlinien für § 307 BGB entnommen werden können, sofern sie nach Sinn und Zweck auch auf Unternehmerverträge anwendbar sind.214 207 Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 39; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 375; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 35; Berger, ZIP 2006, 2149 (2154). 208 Vgl. Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 378. 209 Ob es dabei nun um Wohnraum oder Gewerberäume geht, macht letztlich keinen Unterschied, s. BGH NJW 2005, 2006 (2007 f.) zu Geschäftsräumen und NJW 2003, 2234 (2235) zu Wohnräumen. 210 Zutreffend Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 378; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 307 Rn. 187; vgl. auch Basedow, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 8; Schlosser, in: Staudinger, § 310 Rn. 12; Berger, ZIP 2006, 2149 (2155). 211 RegE BT-Drucks. 7/3919, S. 43; Stoffels, Rn. 551 a.E. 212 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Begründung zur Unwirksamkeit eines umfassenden Haftungsausschlusses nach § 309 Nr. 7 BGB gegenüber einem Unternehmer in BGHZ 174, 1 (5 f.) sowie RegE BT-Drucks. 7/3919, S. 43. 213 Nach Ansicht von Schlosser, in: Staudinger, § 310 Rn. 12 liegt die Ursache vielmehr in der ausschweifenden Anwendung von § 307 BGB in seinem „originären Anwendungsbereich“; ihm zustimmend Stoffels, Rn. 558; ähnlich von Westphalen, NJW 2009, 2977 (2978). 214 BGHZ 174, 1 (4); 90, 273 (278); Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 381; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 14 a.E.; Stoffels, Rn. 555. Nach Ansicht von Lankaitis/Löwisch, ZIP

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Für jedes Klauselverbot muss also individuell festgestellt werden, ob dieses speziell für die Verbrauchersituation zugeschnitten oder doch so verallgemeinerungsfähig ist, dass es auf bestimmte Situationen unabhängig von den beteiligten Personen angewendet werden kann.215 Diesbezüglich ergeben sich vor allem Unterschiede zwischen § 308 und § 309 BGB. Bei den Klauselverboten mit Wertungsmöglichkeit in § 308 BGB sind eine Reihe von geschäftlichen Interessen berührt, die auch im unternehmerischen Verkehr bedeutsam sind.216 Andererseits sind für eben diese Einschränkungen häufig vertragliche Ausgleichsmechanismen vorgesehen, die in die abschließende Wertung miteinbezogen werden können.217 Daher sind die Verbote des § 308 BGB grundsätzlich uneingeschränkt zur Leitbildkonkretisierung verwendbar, sofern die unternehmerische Situation – beispielsweise bei § 308 Nr. 5218 oder Nr. 8 BGB219 – bei der Interessenabwägung auch ausreichend gewürdigt wird.220 Problematischer sind aber die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit in § 309 BGB. Die h.M. gesteht ihnen eine allgemeine Indizwirkung für die Unangemessenheit auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu, schränkt dies aber insoweit ein, als die dortigen „besonderen Interessen und Bedürfnisse […] ausnahmsweise“ eine andere Beurteilung erfordern.221 Diese Indizwirkung des § 309 BGB für den unternehmerischen Verkehr ist in der Tat zu ausufernd, wenn sie wirklich nur „ausnahmsweise“ nicht durchgreifen soll.222 Vielmehr muss § 309 BGB meines 2009, 441 (445 ff.) soll § 310 I 2 Hs. 1 BGB auf seine „Grundaussage“ reduziert werden und keines der Klauselverbote Berücksichtigung finden; es gelte umgekehrt vielmehr eine „primafacie-Vermutung unternehmerischer Angemessenheit“; gegen den Vorschlag und eine solche pauschale Wertung nachdrücklich von Westphalen, BB 2009, 195 (195 ff.); ders., NJW 2009, 2977 (2980). Der Reformvorschlag des DAV sähe eine vollständigen Anwendungsausschluss der §§ 308, 309 BGB im unternehmerischen Verkehr vor, s. von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (444). 215 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 310 Abs. 1 Rn. 22; Berger, ZIP 2006, 2149 (2153). 216 Vgl. Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 383. 217 Stoffels, Rn. 556. 218 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 310 Abs. 1 Rn. 20. 219 Im Einzelnen Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 383 m.w.N. 220 Stoffels, Rn. 556; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 40. 221 Vgl. BGHZ 174, 1 (5); 103, 316 (328 f.); 90, 273 (278); Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 40; Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 310 Rn. 27; Basedow, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 8; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 30; von Westphalen, NJW 2009, 2977 (2978); vgl. auch BGH NJW 2003, 886 (887); in diese Richtung auch von Hoyningen-Huene, Rn. 306; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 307 Rn. 3; für eine uneingeschränkte Indizwirkung, sofern die einzelnen Verbote übertragbar sind Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 310 Rn. 12. 222 Ebenfalls kritisch Stoffels, Rn. 557; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 382; Kollmann, in: NK-BGB, § 310 Rn. 11; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 310 Abs. 1 Rn. 22; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 14; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 36; W. Müller/Schilling, BB 2012, 2319 (2323); Berger/Kleine, BB 2012, 2137 (2137); ders., NJW 2010, 465 (465); Kessel/Stomps, BB 2009, 2666 (2668); Lankaitis/Löwisch, ZIP 2009, 441 (445); Berger, ZIP 2006, 2149 (2150). Anders

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H. Inhaltskontrolle

Erachtens bei der Inhaltskontrolle von Unternehmerverträgen ebenso behandelt werden wie § 308 BGB.223 Das wirkt auf den ersten Blick widersprüchlich, da wegen der Wertungsmöglichkeit in § 308 BGB bereits eine unterschiedliche Behandlung der Vorschriften vorgezeichnet ist. Bedenken muss man aber, dass diese eben nicht (direkt) anwendbar sind, sondern § 307 I BGB die maßgebliche Inhaltskontrollnorm bildet.224 Dementsprechend muss das Hauptaugenmerk auch auf der dort vorzunehmenden Interessenabwägung liegen, in die die Verbote der §§ 308, 309 BGB lediglich als Kriterien einbezogen werden. § 310 I 2 Hs. 1 BGB besagt nämlich nur, dass man aus der Unanwendbarkeit der §§ 308, 309 BGB gemäß S. 1 nicht schließen darf, alle dort aufgeführten Klauselregelungen seien im Unternehmerverkehr zulässig.225 Die Generalklausel soll auch die genannten AGB-Gestaltungen in Unternehmerverträgen erfassen, obwohl die speziellen Klauselverbote auf Verbraucherverträge ausgerichtet sind.226 Die Regierungsbegründung zum AGBG-Entwurf spricht ausdrücklich davon, dass AGB, die unter die Verbote der damaligen §§ 9 und 10 fallen, „im Einzelfall“ auch im kaufmännischen Verkehr unwirksam sein können.227 Die speziellen Klauselverbote sollen also gerade nicht im Regelfall, sondern nur im Einzelfall bei der Interessenabwägung nach § 307 I BGB durchschlagen. An dieser Sichtweise wurde auch bei Neufassung des AGB-Rechts festgehalten.228 Dementsprechend muss auch § 309 BGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr wie ein Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit behandelt werden. Erst die Interessenabwägung nach § 307 I BGB ermöglicht eine zuverlässige Aussage über die Übertragbarkeit der Klauselverbote in § 309 BGB auf Verträge zwischen Unternehmern und Kaufleuten.229 Eine Vermutungswirkung zugunsten der Unwirksamkeit allein bei Erfüllung einer der Nummern ist dagegen verfehlt.230 Auf die unternehmerische Situation ist etwa § 309 Nr. 1 BGB nicht anwendbar, weil sich eine lange Preisbindung aufgrund der mitunter starken Schwankungen von dagegen von Westphalen, NJW 2009, 2977 (2978), der hervorhebt, dass dies bisher „nur für relativ unspektakuläre Fälle anerkannt worden“ sei. 223 Ähnlich Hennemann, S. 116 für die Berücksichtigung bei CISG-Fällen. 224 Vgl. Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 310 Abs. 1 Rn. 21; vgl. auch Lankaitis/Löwisch, ZIP 2009, 441 (445). 225 Schlosser, in: Staudinger, § 310 Rn. 12; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 310 Abs. 1 Rn. 21; Roloff, in: Erman, § 310 Rn. 7; Becker, in: Bamberger/Roth, § 310 Rn. 2; s. auch schon RegE BT-Drucks. 7/3919, S. 43 zum nahezu wortlautgleichen § 12 AGBG-Entwurf. 226 Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 382; RegE BT-Drucks. 7/3919, S. 43 f. 227 RegE BT-Drucks. 7/3919, S. 43 f. 228 Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 14/7052, S. 189) enthält keine Aussagen, die eine Änderung nahelegen. 229 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 310 Abs. 1 Rn. 23. 230 Ebenso Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 382; Stoffels, Rn. 557; von Hoyningen-Huene, Rn. 301 a.E. Fuchs und Stoffels sprechen insofern von „Aufgreifkriterien für eine eingehende Inhaltskontrolle“; eher „neutral“ Becker, in: Bamberger/Roth, § 310 Rn. 2.

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Angebot und Nachfrage kontraproduktiv auswirkt231 und auch der Wettbewerb zu transparenter Preisgestaltung drängt.232 Ebenso kann zulässigerweise auch ein Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen und stattdessen eine Vorleistungspflicht vereinbart werden (§ 309 Nr. 2 BGB).233 Auch Vertragsstrafen haben im Unternehmerund Handelsverkehr ihre Berechtigung (§ 309 Nr. 6 BGB),234 genauso wie eine Beschränkung des Haftungsumfangs zumindest für (leicht) fahrlässig verursachte vertragstypische und vorhersehbare Schäden (§ 309 Nr. 7 BGB).235 Wie bereits dargelegt, bedarf es daher für jedes Klauselverbot einer sorgfältigen Prüfung, bevor dieses auf den unternehmerischen und kaufmännisches Geschäftsverkehr übertragen wird.236 cc) Berücksichtigung von Gewohnheiten und Gebräuchen, § 310 I 2 Hs. 2 BGB Gemäß § 310 I 2 Hs. 2 BGB ist bei der Inhaltskontrolle auch noch „auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen.“237 Herausgebildete Gewohnheiten und Gebräuche können daher eine auf den ersten Blick als unangemessen einzustufende Regelung wegen ihrer Üblichkeit in der Praxis aufrechterhalten.238 Eine Grenze besteht aber dort, wo die Gewohnheit oder der Gebrauch ihrerseits als treuwidrig anzusehen sind.239 Denn allein die Üblichkeit einer Regelung im Geschäftsverkehr sagt noch nichts darüber aus, ob sie auch selbst inhaltlich zulässig ist.240 231

Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 32. BGHZ 92, 200 (203 f.); Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 309 Nr. Rn. 45 ff.; Berger, ZIP 2006, 2149 (2154). 233 BGH NJW 1985, 319 (320); Roloff, in: Erman, § 309 Rn. 26; Coester-Waltjen, in: Staudinger, § 309 Nr. 2 Rn. 10; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 385. 234 Grüneberg, in: Palandt, § 309 Rn. 38; Roloff, in: Erman, § 309 Rn. 58; Fuchs, in: Ulmer/ B/H, § 307 Rn. 385; Berger, ZIP 2006, 2149 (2154). 235 Vgl. BGHZ 174, 1 (5 f.); Wurmnest, in: MüKo-BGB, § 309 Nr. 7 Rn. 33 ff.; Christensen, in: Ulmer/B/H, § 309 Nr. 7 Rn. 46; vgl. auch Berger/Kleine, BB 2007, 2137 (2138); ders., ZIP 2006, 2149 (2154 f.). 236 s. zur Übertragbarkeit der Verbote im Einzelnen etwa Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 384 f. sowie die dortige Kommentierung der §§ 308 f.; Dammann, in: Wolf/L/P, § 308 Nr. 1 ff.; Coester-Waltjen, in: Staudinger, § 308 Nr. 1 ff. 237 Kritisch zur Vorschrift als solcher W. Müller/Griebeler/Pfeil, BB 2009, 2658 (2658 f.). Kritisch zur mangelnden Berücksichtigung durch die Rechtsprechung W. Müller/Schilling, BB 2012, 2319 (2319 ff.); Leuschner, JZ 2010, 875 (876 f.); Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309 (310); Kessel/Stomps, BB 2009, 2666 (2668 ff.); Lenkaitis/Löwisch, ZIP 2009, 441 (442 ff.); Berger/Kleine, BB 2007, 2137 (2138 ff.); Berger, ZIP 2006, 2149 (2151 ff.). Ein „Schattendasein“ der Vorschrift gesteht auch von Westphalen, BB 2010, 195 (195) ein, das jedoch nicht „der Judikatur anzulasten“ sei. 238 Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 310 Abs. 1 Rn. 25. 239 Vgl. BGHZ 91, 316 (319 a.E.); Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 39; Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 36; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 310 Abs. 1 Rn. 25; von Hoyningen-Huene, Rn. 303. 240 BGHZ 106, 259 (267); 62, 71 (82); Kling, S. 606. 232

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H. Inhaltskontrolle

Als maßgebliche „Gewohnheiten und Gebräuche“ kommen auch Handelsbräuche i.S.d. § 346 HGB in Betracht.241 Allerdings muss man diesbezüglich unterscheiden: Liegt ein anerkannter Handelsbrauch i.S.d. § 346 HGB vor, kann dieser selbst mangels AGB-Eigenschaft auch nicht nach § 307 BGB kontrolliert werden.242 Hier erfolgt die Kontrolle nach den allgemeinen Unwirksamkeitsvorschriften. Vollzieht sich lediglich die Einbeziehung von AGB durch einen Handelsbrauch,243 unterliegen die auf diesem Weg zum Vertragsinhalt gewordenen AGB – vorbehaltlich der AGB-spezifischen Einschränkungen – vollumfänglich der Inhaltskontrolle. Des Weiteren bleibt die Wirkung von Handelsbräuchen durch § 310 I 2 Hs. 2 BGB nicht mehr auf Kaufleute beschränkt, sondern kann – aber eben nur im Rahmen der Inhaltskontrolle – auf sämtliche Unternehmer erweitert werden,244 sofern dies die Art des Brauchs zulässt.245 Somit können AGB, die einem bestehenden Handelsbrauch widersprechen, nach § 307 I 1 BGB unwirksam sein.246 Da die Berücksichtigung eines Handelsbrauchs im Rahmen der Interessenabwägung nach § 307 I BGB aber nicht zwingend ist,247 kann der Richter auch von einer Anwendung absehen, wenn sie ihm etwa in Anbetracht der betreffenden Branche oder der Geschäftsart als unangemessen erscheint.248 Auch wenn die Wirkung von § 310 I 2 Hs. 2 BGB mitunter in Frage gestellt wird,249 kann dadurch den unternehmerischen Interessen ausreichend Rechnung getragen werden, sofern dies mit der nötigen Aufmerksamkeit und dem erforderlichen Problembewusstsein geschieht.250

241

Allgemeine Ansicht, s. nur Basedow, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 9; Roloff, in: Erman, § 310 Rn. 8; Schlosser, in: Staudinger, § 310 Rn. 13; Berger, in: PWW, § 307 Rn. 30; Becker, in: Bamberger/Roth, § 310 Rn. 4; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 310 Abs. 1 Rn. 24; von Westphalen, BB 2010, 195 (195); vgl. auch Kollmann, in: NK-BGB, § 310 Rn. 7 f. 242 BGH NJW-RR 1987, 94 (95); Schlosser, in: Staudinger, § 310 Rn. 13 m.w.N.; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 39; von Hoyningen-Huene, Rn. 304. 243 Dazu oben G. II. 1. a) bb) (2). 244 Basedow, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 9; Pfeiffer, in: Wolf/L/P, § 310 Abs. 1 Rn. 24. 245 Vgl. Kollmann, in: NK-BGB, § 310 Rn. 7. 246 von Westphalen, BB 2010, 195 (195); vgl. auch Roloff, in: Erman, § 310 Rn. 8; Basedow, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 10; Schlosser, in: Staudinger, § 310 Rn. 13. 247 Vgl. den Wortlaut von § 310 I 2 Hs. 2 BGB. 248 Vgl. Basedow, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 9. 249 So vor allem W. Müller/Griebeler/Pfeil, BB 2009, 2658 (2658 f.). 250 Ebenso Kollmann, in: NK-BGB, § 310 Rn. 8 a.E.; Basedow, in: MüKo-BGB, § 310 Rn. 9; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309 (312).

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4. Sondervorschrift des § 475 BGB bei Verbrauchsgüterkaufverträgen § 475 BGB schränkt die Gestaltungsfreiheit des Verkäufers bei Verbrauchsgüterkaufverträgen i.S.d. § 474 BGB erheblich ein. So kann beispielsweise das Wahlrecht des Käufers zwischen Nachbesserung und Nachlieferung aus § 439 I BGB nicht im Voraus verkürzt werden. Ebenso ist es unzulässig, auf Verbrauchsgüterkäufe die Gefahrtragungsregel des § 447 BGB bei Versendung der Ware anzuwenden oder eine dem § 377 HGB ähnliche Rügeobliegenheit einzuführen. Auch Umgehungsmöglichkeiten – wie etwa das sog. Agenturgeschäft beim Gebrauchtwagenverkauf251 – werden nach § 475 I 2 BGB erfasst.252 § 475 BGB entfaltet seine Wirkung also sowohl bei Individualvereinbarungen als auch bei AGB.253 Obwohl die Vorschrift damit letztlich eine inhaltliche Beschränkung der Klauseln des Verwenders vornimmt, gehört sie nicht zur eigentlichen Inhaltskontrolle. Es handelt sich vielmehr um eine § 134 BGB gleichzustellende Verbotsnorm, die bereits außerhalb des AGBRechts eingreift.254 Eine (deklaratorische)255 Ausnahme gilt aber nach § 475 III BGB für den Ausschluss oder die Beschränkung von Schadensersatzansprüchen. Diese sind grundsätzlich zulässig, unterliegen aber der AGB-Kontrolle nach den §§ 307 ff. BGB und selbstverständlich auch den §§ 305 ff. BGB, um festzustellen, ob es sich überhaupt um AGB handelt und ob sie wirksam einbezogen wurden. § 475 III BGB darf indes nicht dahingehend missverstanden werden, dass das AGB-Recht bei Verbrauchsgüterkäufen nur in dem dort beschriebenen Rahmen gilt. Diese unterliegen ebenfalls vollständig den §§ 305 ff. BGB.256 § 475 BGB ist als Sondervorschrift jedoch vorrangig, so dass man bei bestimmten Klauseln gar nicht mehr zu einer AGB-rechtlichen Prüfung gelangt.257 5. Zusammenfassung Die Inhaltskontrolle von AGB ist im BGB in den §§ 307 bis 309 geregelt und im Rechtsstreit von Amts wegen vorzunehmen. Individualvereinbarungen unterliegen sowohl in Verbraucher- als auch Unternehmerverträgen hingegen nur den allgemeinen Verbotsvorschriften. Vor der eigentlichen Inhaltskontrolle sind die betreffenden Klauseln zunächst auszulegen, um den dafür relevanten Inhalt festzustellen. Sofern sich dabei kein 251 Zu den Voraussetzungen BGH NJW 2006, 1066 (1067); 2005, 1039 (1040); Faust, in: Bamberger/Roth, § 474 Rn. 7. 252 Weidenkaff, in: Palandt, § 475 Rn. 6 ff.; Lorenz, in: MüKo-BGB, § 475 Rn. 26 ff. 253 Saenger, in: Hk-BGB, § 475 Rn. 1; Lorenz, in: MüKo-BGB, § 475 Rn. 7. 254 Vgl. Lorenz, in: MüKo-BGB, § 475 Rn. 25. 255 Büdenbender, in: NK-BGB, § 475 Rn. 18, 30; Lorenz, in: MüKo-BGB, § 475 Rn. 15. 256 Büdenbender, in: NK-BGB, § 475 Rn. 18; Lorenz, in: MüKo-BGB, § 475 Rn. 15; Saenger, in: Hk-BGB, § 475 Rn. 1; Grunewald, in: Erman, § 475 Rn. 12. 257 Vgl. Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 307 Rn. 53 a.E.

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eindeutiges Ergebnis ausmachen lässt, ist in Anwendung der contra-proferentemRegel des § 305c II BGB für die Inhaltskontrolle die kundenfeindlichste Deutung der AGB zugrunde zu legen. Falls die Klauseln nur den Wortlaut des Gesetzes wiedergeben (deklaratorische Klauseln), sind sie der inhaltlichen Kontrolle ebenso entzogen wie insbesondere (negative) Leistungsbeschreibungen und Preisabsprachen in AGB. Die speziellen Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB zählen katalogartig bestimmte AGB-Typen auf, bei denen die Unangemessenheit vermutet wird. Sofern einer der in § 309 BGB aufgeführten Tatbestände erfüllt ist, wird die Klausel ohne weitergehende Wertung als unzulässig eingestuft (sog. Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit). § 308 BGB enthält hingegen Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, die einerseits nur beispielhaften Charakter haben und andererseits Spielraum für eine Wertung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles lassen, durch die die Vermutung der Unangemessenheit widerlegt werden kann. Die Generalklausel in § 307 BGB kommt als einzige Kontrollvorschrift zur Anwendung, wenn die §§ 308, 309 BGB nicht angewendet werden können oder fungiert als Auffangvorschrift, wenn eine Klausel thematisch nicht den speziellen Wertungen dieser Klauselverbote unterfällt oder ihnen standgehalten hat. Eine AGB ist nach der Wertung des § 307 I BGB unangemessen, wenn sie den anderen Teil entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Daraus folgt ein zweistufiges Prüfungsprogramm. In einem ersten Schritt gilt es, eine nicht nur bagatellhafte Benachteiligung des Vertragspartners festzustellen. Dies geschieht durch einen Vergleich seiner Rechtsstellung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei Geltung der betreffenden Klausel mit derjenigen, die nach den gesetzlichen Vorschriften bestünde. Die festgestellte Benachteiligung des Vertragspartners ist unangemessen, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne dessen Interessen hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Im Ergebnis müssen daher die mit der Verwendung der betreffenden AGB verfolgten Interessen des Verwenders entweder höherrangig als die Interessen des Klauselgegners oder ihnen zumindest gleichrangig sein. Das erfordert eine umfängliche Abwägung aller kollidierenden Interessen der Vertragsparteien. Bei diesem Abwägungsvorgang ist grundsätzlich ein überindividuell-generalisierender und typisierender Maßstab anzulegen, also auf die typischen Interessen eines Durchschnittskunden abzustellen. Für Verbraucherverträge gilt aufgrund von § 310 III Nr. 3 BGB zusätzlich ein konkret-individueller Maßstab. Für das Unangemessenheitsurteil ist insbesondere relevant, wie die Bedingung mit den übrigen Vertragsklauseln und weiteren Abreden zusammenwirkt. So kann sich die Unangemessenheit beispielsweise erst aus dem Zusammenspiel zweier AGB ergeben oder umgekehrt auch durch die Regelung in einer anderen Bedingung wieder ausgeglichen werden. Richtigerweise muss eine Ausgleichsbestimmung aber in

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einem sachlichen Zusammenhang zur betreffenden AGB stehen und die übermäßig belastende Wirkung im Ergebnis vollständig beseitigen können. Im unternehmerischen Verkehr ergeben sich bei der Inhaltskontrolle nach § 307 I 1 BGB allerdings einige Besonderheiten. Dies gilt zunächst für den anzuwendenden Beurteilungsmaßstab. Auch hier findet zwar grundsätzlich eine objektiv-generalisierende Betrachtungsweise statt, die aber aufgrund der abweichenden unternehmerischen Interessenlage modifiziert werden muss. Für jede Klausel sind deswegen gesondert das berührte Interesse und der konkrete Schutzbedarf des Klauselgegners zu ermitteln. Sofern eine AGB aber Verbraucher und Unternehmer in gleicher Weise betrifft, also typischerweise außerhalb des eigenen Geschäftsbereichs, ist eine Differenzierung hingegen unangebracht. Eine weitere Besonderheit folgt für Unternehmerverträge aus § 310 I 2 Hs. 1 BGB, wonach § 307 BGB im b2b-Verkehr auch insoweit Anwendung findet, als dies zur Unwirksamkeit von in den §§ 308 und 309 genannten Vertragsbestimmungen führt. Das bedeutet, den speziellen Klauselverboten können bestimmte Wertungen und Leitlinien für § 307 BGB entnommen werden, sofern diese nach Sinn und Zweck auch auf Unternehmerverträge übertragbar sind. Dies gilt für § 308 BGB uneingeschränkt, sofern im Rahmen der Wertungsmöglichkeit der unternehmerischen Situation ausreichend Rechnung getragen wird. Dasselbe gilt für § 309 BGB. Entgegen der h.M. ist dieser im Rahmen der Anwendung nach § 310 I 2 Hs. 1 BGB ebenfalls als Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit zu behandeln. Über § 310 I 2 Hs. 2 BGB sind bei § 307 BGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr zudem auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen. Eine unangemessene Benachteiligung kann gemäß § 307 I 2 BGB auch aus einer Verletzung des Transparenzgebots folgen. Dieses gilt nach § 307 III 2 BGB für sämtliche AGB, selbst wenn diese an sich von der Inhaltskontrolle ausgenommen sind. Ausreichende Transparenz im maßgeblichen Sinne erfordert, dass der Verwender die Rechte und Pflichten des Klauselgegners so klar und durchschaubar darstellt, dass dieser sie soweit möglich aus sich heraus verstehen kann und dem Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume verbleiben. Des Weiteren dürfen Sinn und auch negative Folgen der AGB nicht verschleiert und geltendes Recht muss zutreffend dargestellt werden. Für diese Bewertung ist wiederum die Sichtweise eines Durchschnittskunden zugrunde zu legen. Bei Unternehmern darf insofern auch ein durchschnittliches Fachwissen vorausgesetzt werden. Sonstiges Sonderwissen ist aber sowohl bei Verbrauchern als auch Unternehmern grundsätzlich unbeachtlich. Seine Grenze findet das Transparenzgebot im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Nach hier vertretener Ansicht bedarf es bei Intransparenz einer AGB im Regelfall zudem keiner weiteren Prüfung, ob der Klauselgegner hierdurch unangemessen benachteiligt wird. Da eine intransparente, aber gleichzeitig für den Klauselgegner vorteilhafte Regelung über § 305c II BGB auch zu dessen Gunsten wirken kann,

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H. Inhaltskontrolle

begründet § 307 I 2 BGB aber jedenfalls keine unwiderlegliche Vermutung für eine unangemessene Benachteiligung. Neben der Generalklausel in Abs. 1 enthält § 307 BGB in seinem zweiten Absatz auch zwei Sondertatbestände zur Feststellung, ob eine unangemessene Benachteiligung vorliegt. Nach § 307 II Nr. 1 BGB gilt dies zunächst, wenn eine Klausel mit den wesentlichen Grundgedanken der abbedungenen gesetzlichen Regelung unvereinbar ist. Als gesetzliches Leitbild kommen grundsätzlich alle dispositiven Rechtsnormen in Betracht, die im relevanten Zeitpunkt in Deutschland gelten. Ungeschriebene Rechtsgrundsätze sind nur ausnahmsweise erfasst, wenn sie sich im Wege der Rechtsanalogie aus dem positiven Recht zuverlässig und als Rechtssatz formulierbar entwickeln lassen. Entgegen der h.M. handelt es sich dagegen bei Richterrecht nach zustimmenswerter Auffassung nicht um eine gesetzliche Regelung i.S.d. § 307 II Nr. 1 BGB, sondern um einen Fall der Nr. 2. Auch die AGB-rechtlichen Vorschriften selbst können nicht als gesetzliches Leitbild fungieren. Mit den wesentlichen Grundgedanken sind Regelungsinhalte umschrieben, die das Gleichgewicht der Vertragspartner im Blick haben und daher auf einen gerechten Interessenausgleich abzielen. Im Ergebnis kommt es also darauf an, ob die Vorschrift den Klauselgegner schützen soll. Die Abweichung von den gesetzlichen Grundgedanken bestimmt sich wieder durch einen Vergleich der Rechtslage bei Geltung der AGB mit der gesetzlichen Ausgangssituation, wobei bagatellhafte Nachteile unberücksichtigt bleiben. Ob die festgestellte Abweichung letztlich auch mit den gesetzlichen Grundgedanken unvereinbar ist, wird durch eine umfassende und endgültige Interessenabwägung festgestellt. Da der Gesetzgeber das dispositive Recht bereits mit dem Ziel eines gerechten Interessenausgleichs erlassen hat, besteht eine gewisse Vermutung für die Unvereinbarkeit einer von dessen wesentlichen Grundgedanken abweichenden AGB. Dementsprechend müssen die Interessen des Verwenders gegenüber denen des Klauselgegners als höherrangig einzustufen sein. Der zweite Tatbestand des § 307 II BGB sieht die Unwirksamkeit einer AGB vor, wenn sie durch die Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, das Erreichen des Vertragszwecks gefährdet. Es kommt folglich darauf an, welche leistungs- und nichtleistungsbezogenen Rechte und Pflichten der betreffende Vertragstyp objektiv gesehen enthält. Die objektive Beurteilung muss aber dann durchbrochen werden, wenn bestimmte Einzelabreden das Vertragsverständnis der Parteien prägen oder es sich um einen gesetzlich nicht geregelten Vertragstyp handelt. Wesentlich sind solche Rechte und Pflichten, die für den Eintritt des vertraglichen Erfolges unverzichtbar sind, also vor allem die Hauptleistungspflichten, in bestimmten Fällen aber auch Nebenleistungs- oder reine Nebenpflichten. § 307 II Nr. 2 BGB erfordert aber eine Einschränkung des vertraglichen Rechts- und Pflichtenkreises, die tatsächlich den Eintritt des aus Sicht des Klauselgegners zu bestimmenden vertraglichen Erfolges gefährdet. Eventuell wirkt sich eine solche AGB aber gar nicht auf den Vertragszweck aus, da sie anderweitig

II. CISG

301

ausgeglichen wird. Deswegen ist auch an dieser Stelle wiederum eine umfassende und abschließende Interessenabwägung erforderlich.

II. CISG Das CISG enthält keine eigenen Regeln zur Inhaltskontrolle. Die Gültigkeit von Vertragsbestimmungen ist nach Art. 4 S. 2 lit. a) CISG aus dem Anwendungsbereich der Konvention ausgenommen. Wie bereits dargestellt, bedeutet das jedoch nicht, dass das CISG keine Inhaltskontrolle zulassen möchte.258 Es überlässt die Entscheidung über ob und wie der inhaltlichen Kontrolle vielmehr dem nach den Kollisionsnormen des Forums anwendbaren Recht.259 Führen diese Normen zur Anwendbarkeit deutschen Rechts, gelten die soeben dargestellten Voraussetzungen auch für Klauseln in Verträgen, die dem CISG unterliegen.260 Wegen der Unternehmereigenschaft der Vertragsparteien – auch in Fällen des Art. 2 lit. a) CISG, wenn der Verkäufer nicht von einer persönlichen Gebrauchsabsicht ausgehen musste – ist die Ausnahme des § 310 I BGB einschlägig, so dass die §§ 308, 309 BGB nicht anwendbar sind, sondern höchstens ihre „Indizwirkung“ entfalten können.261 Bei der Feststellung im Rahmen des § 307 III 1 BGB, ob es sich bei einer Bestimmung lediglich um eine der Inhaltskontrolle entzogene deklaratorische Klausel handelt, ist zudem nicht auf die Vorschriften des BGB, sondern die des CISG abzustellen.262 Das mag auf den ersten Blick verwirrend erscheinen, da die Konvention ja an sich sämtliche Fragen der Gültigkeit, also auch in welchem Umfang überprüft werden kann, dem unvereinheitlichten nationalen Recht überlassen will.263 Dennoch ist ein Abstellen auf die Vorschriften des CISG zutreffend. Gibt eine AGB nämlich tatsächlich nur den Inhalt einer Vorschrift des CISG wieder, würde ein deutsches Gericht nicht nur die Gültigkeit der Klausel, sondern vielmehr auch die Gültigkeit der Vorschrift des CISG überprüfen, obwohl es zu einer (inhaltlichen) Prüfung – und vor allem Verwerfung – der Konvention als solcher überhaupt nicht befugt ist. Es stellt sich hier somit eine dem verfassungsrechtlichen Konflikt bei der Kontrolle deklaratorischer Klauseln im BGB264 vergleichbare Situation.

258

s. die Nachweise oben G. Fn. 106. LG Neubrandenburg, 03. 08. 2005, CISG-online Nr. 1190; Kühl/Hingst, FG Herber, S. 58; Schultheiß, S. 49; Hennemann, S. 108; vgl. auch Magnus, in: Staudinger, Art. 4 Rn. 5; teilweise einschränkend Djordjevic, in: Kröll/M/PV, Art. 4 Rn. 25. 260 Beispiele (allerdings noch anhand des alten AGBG) bei Kühl/Hingst, FG Herber, S. 60 f. 261 Westermann, in: MüKo-BGB, Art. 4 Rn. 6; Hennemann, S. 115; vgl. schon zum EKG und §§ 10, 11 AGBG Schlechtriem, GS Rödig, S. 257. Dazu oben H. I. 3. c) bb). 262 Schultheiß, S. 53 f.; Hennemann, S. 108 f.; Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, Anh. § 305 Rn. 10; a.A. Westermann, in: MüKo-BGB, Art. 4 Rn. 6. 263 So die Argumentation von Westermann, in: MüKo-BGB, Art. 4 Rn. 6. 264 Vgl. Coester, in: Staudinger, vor § 307 Rn. 19. 259

302

H. Inhaltskontrolle

Ebenso müssen das gesetzliche Leitbild im Rahmen von § 307 I 1 BGB sowie die wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung im Rahmen des § 307 II Nr. 1 BGB den Vorschriften des CISG entnommen werden, wenn sie in dessen Anwendungsbereich fallen.265 Vor allem bei Annahme einer Indizwirkung der Klauselkataloge in §§ 308, 309 BGB ist Vorsicht geboten. Da die Konvention per se auf Unternehmergeschäfte ausgerichtet ist, muss noch genauer als im BGB darauf geachtet werden, ob die Grundgedanken der speziellen Klauselverbote nach Sinn und Zweck auch auf das CISG übertragen werden können.266 Auch das Gebot der Rücksichtnahme auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche in § 310 I 2 Hs. 2 BGB erlangt im internationalen Geschäftsverkehr möglicherweise größere Bedeutung, da jene dort weiter verbreitet sind und daher auch mehr Beachtung finden.267 Sieht das anwendbare unvereinheitlichte Recht dagegen keine Inhaltskontrolle von AGB vor,268 handelt es sich im Ergebnis ebenfalls um eine Entscheidung des Konventionsgebers, die der Rechtsanwender hinzunehmen hat und nicht anderweitig umgehen darf. Dementsprechend ist eine „versteckte Inhaltskontrolle“ durch eine verstärkte Einbeziehungskontrolle unzulässig, da sie den Anwendungsbereich des CISG überdehnen würde.269

III. PICC Die PICC regeln zwar ausdrücklich die Einbeziehung von AGB, enthalten jedoch keine generellen Vorschriften zur Inhaltskontrolle.270 Allerdings gibt es mehrere Vorschriften, die sich mit der Zulässigkeit bestimmter Regelungen befassen. Dabei handelt es sich um Punkte, die typischerweise in AGB zu finden sind oder jedenfalls auch dort vorkommen können. In beschränktem Umfang ermöglichen die PICC daher auch eine eigene inhaltliche Kontrolle.

265 OGH, 07. 09. 2000, CISG-online Nr. 642 (noch zu § 8 AGBG); Ferrari, in: Schlechtriem/Schwenzer, Art. 4 Rn. 20; Westermann, in: MüKo-BGB, Art. 4 Rn. 6; Saenger, in: Ferrari/ Kieninger, Art. 4 Rn. 23, Art. 6 Rn. 8; Magnus, in: Staudinger, Art. 4 Rn. 26; Pfeiffer, in: Wolf/ L/P, § 307 Rn. 107; Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 225; Möll, S. 115; Schultheiß, S. 54; Hennemann, S. 111 f., 114. 266 Zur Übertragbarkeit der einzelnen Klauselverbote der alten §§ 10, 11 AGBG ausführlich Hennemann, S. 115 ff. 267 Vgl. auch Hennemann, S. 115. 268 Dieses Ergebnis ist wegen der Richtlinie 93/13/EWG jedenfalls innerhalb der EU nicht zu erwarten. Daran hat sich auch durch die Änderungen infolge der Richtlinie 2011/83/EU (ABl. EU 2011 Nr. L 304/64) nichts geändert. 269 Dazu schon oben G. II. 1. b) aa) (2) (b). 270 Naudé, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, vor Art. 2.1.19 Rn. 2; Bonell, International Restatement, S. 158 f.; Vogenauer, ZEuP 2013, 7 (40); Wolf/Pfeiffer, ZRP 2001, 303 (305 Fn. 16.); Kramer, ZEuP 1999, 209 (210); kritisch Zimmermann, ZEuP 2005, 264 (287).

III. PICC

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1. Eigene Kontrollvorschriften der PICC Zunächst trifft das auf Art. 3.2.7 PICC zu, der sich mit groben Missverhältnissen beschäftigt.271 Danach kann eine Partei eine einzelne Bedingung anfechten, wenn diese der anderen Partei bei Vertragsschluss unberechtigt einen übermäßigen Vorteil verschafft. Es geht also um ein grobes Missverhältnis zwischen den Verpflichtungen der jeweiligen Parteien.272 Dafür kommt es insbesondere auf die Natur und den Zweck des Vertrages an (lit. b). Daneben sind aber auch Abhängigkeit und wirtschaftliche Notlagen oder sogar mangelndes Verhandlungsgeschick zu berücksichtigen (lit. a). Gerade diese Aufzählung in lit. a) zeigt bereits, dass es sich trotz der Bezugnahme auf einzelne Bedingungen eher um eine auf den ganzen Vertrag ausgerichtete Bestimmung handelt, die von Formulierung und Zweck her große Ähnlichkeit mit § 138 II BGB aufweist.273 Allerdings fehlen Ausführungen und Angaben dazu, ob bei Art. 3.2.7 PICC auch subjektive Umstände zu prüfen sind, z. B. ob der Verwender die Umstände i.S.d. lit. a) gekannt haben muss. Für eine notwendige Kenntnis des Verwenders spricht die Verwendung des Adjektivs „unredlich“.274 Da die Vorschrift inhaltlich mehr auf die Anfechtung bzw. Anpassung des ganzen Vertrages angelegt ist, wird sie den Bedürfnissen einer Klauselkontrolle nur sehr bedingt gerecht. Das Erfordernis eines „übermäßigen Vorteils“ setzt eine hohe Schwelle, die bei einzelnen – obwohl unangemessenen – AGB nur selten eingreifen wird. Selbst ein erhebliches Missverhältnis genügt nämlich nicht, sondern der Vorteil muss geradezu schockierende Wirkung auf einen unbefangenen Betrachter haben.275 Als weitere Vorschrift kommt Art. 7.1.6 PICC in Betracht. Diese Vorschrift behandelt Klauseln, die entweder die Haftung für Nichterfüllung beschränken oder ausschließen oder es ermöglichen, eine wesentlich andere Leistung zu erbringen. Die Berufung auf solche Freizeichnungsklauseln ist ausgeschlossen, wenn dies unter Berücksichtigung des Vertragszwecks grob unredlich wäre. Grob unredlich ist eine Freizeichnungsklausel nach der offiziellen Kommentierung, wenn die Bedingung schon selbst unangemessen ist und ihre Anwendung zu einem offensichtlichen Ungleichgewicht zwischen den Leistungen der Parteien führen würde.276 Es kann aber auch genügen, wenn die Bedingung selbst nicht zu beanstanden ist, die Unangemessenheit aber durch andere Umstände ausgelöst wird.277 Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung ist dabei derjenige der Nichtleistung.278 271 In den Versionen von 2004 und 1994 war die Vorschrift noch als Art. 3.10 PICC nummeriert. 272 UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 3.2.7 Comment 1. 273 Wolf, S. 109; ders./Pfeiffer, ZRP 2001, 303 (305 Fn. 16); Kramer, ZEuP 1999, 209 (210). 274 Bonell, International Restatement, S. 170. Für das Erfordernis einer Kenntnis auch Wolf, S. 111; Kramer, ZEuP 1999, 209 (223). 275 Vgl. UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 3.2.7 Comment 1. 276 UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 7.1.6 Comment 5. 277 UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 7.1.6 Comment 5. 278 Schelhaas, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 7.1.6 Rn. 13.

304

H. Inhaltskontrolle

Zuletzt hat auch Art. 7.4.13 II PICC einen AGB-rechtlichen Bezug, auch wenn es sich nicht um eine Inhaltskontrollvorschrift handelt. Die Vorschrift ist nicht auf AGB oder nicht individuell ausgehandelte Bestimmungen beschränkt, sondern sieht die Möglichkeit einer gerichtlichen Anpassung aller vertraglichen Vereinbarungen über eine Strafe im Fall der Nichterfüllung vor.279 Bei Art. 7.4.13 PICC geht es aber nicht um die Frage der Zulässigkeit einer vertraglichen Regelung oder AGB über einen pauschalierten Schadensersatz bei Nichterfüllung, denn deren Zulässigkeit wird bereits durch die Existenz der Vorschrift indiziert. Im Fall einer Vertragsstrafenklausel setzt Art. 7.4.13 PICC somit bereits voraus, dass die betreffende Bedingung mit den Kontrollvorschriften der PICC vereinbar ist und bildet insofern eine zusätzliche Korrekturmöglichkeit außerhalb des AGB-Rechts. Der in der Bedingung festgelegte Betrag kann durch das Gericht reduziert werden, „wenn er im Verhältnis zu dem aus der Nichterfüllung entstandenen Schaden und den anderen Umständen stark überhöht ist.“ Eine Herabsetzung nach Art. 7.4.13 II PICC kommt also nicht allein deswegen in Frage, weil die Summe höher als der erlittene Schaden ist.280 Vor allem kommt es nach Art. 7.4.13 I PICC gar nicht darauf an, dass überhaupt ein Schaden eingetreten ist. Vielmehr muss die Summe „stark“ überhöht sein. Nach der offiziellen Kommentierung ist maßgeblich, ob irgendein objektiver Dritter die Summe ohne weiteres als überhöht ansehen würde.281 Wie gesehen, handelt es sich bei Art. 3.2.4, Art. 7.1.6 und 7.4.13 PICC um sehr speziell ausgerichtete Kontrollvorschriften. Insgesamt gewährleisten die PICC folglich nur in ganz geringem Umfang eine inhaltliche Kontrolle von AGB. 2. Rückgriff auf nationales Recht Im Übrigen stellt sich auch bei den PICC die Frage nach einer Inhaltskontrolle anhand der unvereinheitlichten nationalen Rechtsvorschriften. Eine vorrangige Ergänzung der PICC entsprechend der Vorgaben des Art. 1.6 II ist meines Erachtens nicht möglich, da die Inhaltskontrolle von AGB trotz der oben genannten Vorschriften nicht zum sachlichen Anwendungsbereich der Principles gehört.282 Dementsprechend kann ein sofortiger Rückgriff auf nationales Recht erfolgen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang wiederum der Charakter der PICC als „nichtstaatliche Rechtsordnung“ zu beachten. Da die PICC jedenfalls nach dem europäischen Kollisionsrecht der Rom I-VO nicht als Vertragsstatut gewählt werden können,283 sind sie letztlich ebenfalls nur AGB des Vertrages. Das bedeutet, das 279

Vgl. Kramer, ZEuP 1999, 209 (215): „richterliches Moderationsrecht“. McKendrick, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 7.4.13 Rn. 17. 281 Vgl. UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Art. 7.4.13 Comment 3 („i. e. that it would clearly appear to be so to any reasonable person.“). 282 Vgl. Michaels, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Preamble I Rn. 17. 283 s. schon oben D. II. 280

III. PICC

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eigentliche Vertragsstatut ist eine nationale Rechtsordnung oder eventuell das CISG als deren Bestandteil. Im Falle der Anwendbarkeit unvereinheitlichten deutschen Rechts wäre dann grundsätzlich auch § 310 I BGB einschlägig, da die PICC an sich nur für Handelsbeziehungen gelten. Allerdings ist es auch möglich, dass sie von Privatleuten verwendet werden, so dass die Inhaltskontrolle unter Umständen vollumfänglich durchgeführt werden kann.284 Wegen des AGB-Charakters der PICC ist für die Fragen des gesetzlichen Leitbilds in § 307 I 1 BGB und der wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in § 307 II Nr. 1 BGB sowie für die deklaratorischen Klauseln in § 307 III BGB auf das deutsche Recht bzw. das CISG (sofern anwendbar) abzustellen. Die PICC wirken zwar wie ein Vertragsrecht, sind aber systematisch „lediglich“ Vertragsbedingungen und können daher nicht den Maßstab für die Inhaltskontrollvorschriften bilden. Wie schon bei der Einbeziehung stellt sich auch hier die Frage, inwieweit eine Kontrolle anhand der oben genannten Vorschriften der PICC erfolgen kann, wenn doch im Übrigen eine Inhaltskontrolle nach nationalem Recht erfolgt.285 Die Situation ist hier allerdings anders als bei der Einbeziehung. Während die Einbeziehungsvorschriften der PICC systematisch als Modifikation der entsprechenden Vorschriften des nationalen Rechts zu werten sind, schließen die oben genannten Kontrollvorschriften dagegen die nationale Kontrolle nicht aus, sondern erweitern sie bzw. stellen einen zusätzlichen Maßstab bereit. Die Inhaltskontrolle nach nationalem Recht kann davon unberührt vorgenommen werden. Die Kontrollvorschriften der PICC sind daher grundsätzlich neben der Inhaltskontrolle nach nationalem Recht anwendbar. Nicht anders verhält es sich, wenn die Parteien bei nationalem Recht als Vertragsstatut die entsprechenden Vorschriften der PICC als ausschließliche Kontrollnormen vorsehen und einen Rückgriff auf die Kontrollnormen des Vertragsstatuts ausschließen. Sind die Inhaltskontrollvorschriften des anwendbaren nationalen Rechts zwingend ausgestaltet, können sie auch nicht durch AGB modifiziert werden. Die entsprechende Klausel mit dem Ausschließlichkeitshinweis ist folglich unwirksam. Dasselbe gilt auch, wenn nicht ein unvereinheitliches Recht anwendbar ist, sondern das CISG. 3. Kontrolle der PICC als AGB des Vertrages Werden die PICC als AGB in den Vertrag einbezogen, unterliegen sie selbst ebenfalls der Inhaltskontrolle. Auch hier sind die maßgeblichen Wertungen allein dem anwendbaren nationalen Recht zu entnehmen. Sofern die Geltung der PICC für den konkreten Vertrag individuell vereinbart wurde, erfolgt logischerweise keine Inhaltskontrolle nach nationalem Recht. Die PICC unterliegen dann als Vertrags284 285

UNIDROIT, UNIDROIT-Principles 2010, Preamble Comment 3. Vgl. oben G. II. 1. c) dd).

306

H. Inhaltskontrolle

bestimmungen nur den zwingenden Unwirksamkeitsgründen des ansonsten maßgeblichen nationalen Rechts. 4. Zusammenfassung Die PICC enthalten keine eigenen Vorschriften zur eigentlichen Inhaltskontrolle, sondern mit Art. 3.2.4, Art. 7.1.6 und Art. 7.4.13 lediglich mehrere Vorschriften, die sich mit der Zulässigkeit bestimmter typischer AGB-Regelungen befassen. Diese sind aber entweder größtenteils primär auf die Kontrolle des gesamten Vertrages oder eine nur punktuelle Kontrolle von Vertragsbedingungen ausgerichtet und genügen daher den Anforderungen an eine allgemeine Inhaltskontrolle nicht. Insofern muss bei den PICC für eine umfassende inhaltliche Kontrolle von AGB auf das anwendbare nationale Recht zurückgegriffen werden. Da sie im Regelfall aber nur als AGB Vertragsbestandteil werden können, bestimmen sich die Wertungen im Rahmen der Inhaltskontrolle nur nach dem anwendbaren nationalen Recht. Die eigenen Kontrollvorschriften der PICC können aber daneben zur Anwendung kommen. Ein Ausschluss oder eine Modifikation der nationalen Inhaltskontrolle ist jedenfalls dann möglich, wenn diese nicht zwingend ausgestaltet ist und dementsprechend abbedungen werden kann. Wurden die PICC als AGB vereinbart, unterliegen sie zudem selbst der Inhaltskontrolle des anwendbaren nationalen Rechts. Bei ihrer individuellen Vereinbarung sind dagegen allein die allgemeinen Unwirksamkeitsgründe maßgeblich.

IV. PECL Art. 4:110 PECL erfasst die inhaltliche Kontrolle sämtlicher Vertragsbestimmungen, die nicht individuell ausgehandelt wurden und gilt daher auch für AGB. Die Vorschrift ist zudem einheitlich auf Verbraucher- und Unternehmerverträge anwendbar. 1. Kontrolle nach Art. 4:110 PECL Die eigentliche Kontrollvorschrift enthält Art. 4:110 I PECL. Nach Aussage der offiziellen Kommentierung handelt es sich dabei um eine Erweiterung der Klauselrichtlinie auf Geschäfte zwischen Verbrauchern und auf Handelsgeschäfte.286 Kontrolliert wird, ob die Bedingung „entgegen den Geboten von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs zu einem wesentlichen Ungleichgewicht der vertraglichen Rechte und Pflichten zum Nachteil“ einer Vertragspartei führt. Anders als BGB, DCFR und GEK-Vorschlag verzichten die PECL auf eine (beispielhafte) Aufzählung unangemessener Klauseln. Allerdings erlaubt die offizielle Kommen-

286

von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 4:110 Kommentar A.

IV. PECL

307

tierung ausdrücklich einen Rückgriff auf die im Anhang der Klauselrichtlinie abgedruckte Liste.287 Damit eine Klausel als unangemessen gilt, muss sie also ein wesentliches Ungleichgewicht der vertraglichen Rechte und Pflichten hervorrufen. Dieses Ungleichgewicht kann gemäß der offiziellen Kommentierung sowohl wirtschaftlicher Natur sein (erheblich belastende Konsequenzen), als auch auf rechtlicher Ebene wirken (Einräumung zusätzlicher Rechte für den Verwender).288 Von der Zielrichtung stimmt die Vorschrift daher mit dem deutschen Verständnis der Abweichung von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung und der Gefährdung des Vertragszwecks in § 307 II Nr. 1 bzw. Nr. 2 BGB überein.289 Daher können die obigen Ausführungen auch hier entsprechend herangezogen werden.290 Wie im deutschen Recht ist für die Inhaltskontrolle in Anwendung von Art. 5:103 PECL ebenfalls die kundenfeindlichste Deutungsmöglichkeit einer unklaren AGB zugrunde zu legen. Art. 4:110 II PECL legt die von einer Kontrolle ausgenommenen Bereiche fest und ist dementsprechend eng auszulegen.291 Nach lit. b) erfolgt kein wertmäßiger Vergleich von Leistung und Gegenleistung.292 Zudem sind nach lit. a) wie schon im BGB reine Leistungsbeschreibungen ausgenommen. Allerdings gilt das nur, soweit eine entsprechende Bedingung in einfacher und verständlicher Sprache abgefasst, also ausreichend transparent ist.293 Das bedeutet, selbst wenn eine Bedingung nicht nach Art. 4:110 PECL kontrolliert werden kann, findet zuvor in jedem Fall eine Transparenzkontrolle statt. Das gilt, wie schon erwähnt, nicht nur für AGB, sondern auch für alle anderen nicht individuell ausgehandelten Bedingungen. 2. Verhältnis zur Inhaltskontrolle nach dem an sich anwendbaren Recht Sofern die PECL wirksam als anwendbares Recht vereinbart werden, ist Art. 4:110 PECL als abschließende Regelung der Inhaltskontrolle von AGB zu verstehen. Im Gegensatz zu den punktuellen Kontrollvorschriften der PICC ist die Vorschrift als Generalklausel ausgestaltet und erfasst dementsprechend sämtliche AGB des Vertrages. Einer Ergänzung durch das nationale Recht bedarf es deswegen nicht.294 287

von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 4:110 Kommentar B. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 4:110 Kommentar G. 289 Noch zu § 9 AGBG Wolf, S. 117. 290 s. oben H. I. 3. b). 291 von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 4:110 Kommentar D. 292 In solchen Fällen ist daher Art. 4:109 PECL die maßgebliche Kontrollvorschrift. 293 Vgl. Wolf, S. 114. 294 Dafür sprechen auch die Ausführungen der offiziellen Kommentierung, vgl. von Bar/ Zimmermann, Grundregeln, Art. 4:110 Kommentar C. und J. 288

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H. Inhaltskontrolle

Können die PECL aufgrund ihres Charakters als nichtstaatliches Recht dagegen nicht wirksam als anwendbares Recht vereinbart werden und finden sie daher lediglich als AGB Eingang in den Vertrag, stellt sich wiederum wie bei den Einbeziehungsvorschriften die Frage,295 wie sich Art. 4:110 PECL zu den Inhaltskontrollvorschriften des anwendbaren nationalen Rechts verhält. Die Situation ist hier die Gleiche wie bei den PICC, wenn die Inhaltskontrollvorschriften des nationalen Rechts zwingend ausgestaltet sind.296 Art. 4:110 PECL ist dann als zusätzliche inhaltliche Kontrolle zu qualifizieren, die die eigentlichen AGB-Inhaltskontrollvorschriften des nationalen Rechts ergänzen soll. Sofern die Vorschriften des nationalen Rechts allerdings zum selben Ergebnis kommen, sollten sie auch vorrangig angewendet werden. Gerade im Falle der §§ 307 ff. BGB bietet sich das an, da Art. 4:110 PECL von der Rechtsfolge her deutlich schwächer ist.297 Daran ändert sich auch nichts, wenn die Parteien Art. 4:110 PECL als ausschließliche Kontrollnorm vorsehen. Bei Maßgeblichkeit eines unvereinheitlichten Rechts als Vertragsstatut ist die entsprechende Klausel mit dem Ausschließlichkeitshinweis unwirksam, wenn die Inhaltskontrollvorschriften des nationalen Rechts zwingend ausgestaltet sind. Dasselbe gilt, wenn die PECL ergänzend zum CISG vereinbart wurden. 3. Kontrolle der PECL als AGB des Vertrages Wie die PICC unterliegen auch die PECL selbst der Inhaltskontrolle nach nationalem Recht, wenn sie als AGB in den Vertrag einbezogen wurden. Die für die nationale Inhaltskontrolle maßgeblichen Wertungen sind wiederum allein dem anwendbaren nationalen Recht zu entnehmen. Bei einer Indivudalvereinbarung der PECL als (zusätzliche) Vertragsbestimmungen, unterliegen diese keiner Inhaltskontrolle nach nationalem Recht, sondern nur den allgemeinen Unwirksamkeitsgründen. 4. Zusammenfassung Die PECL sehen in Art. 4:110 eine eigene Kontrollvorschrift für AGB und sonstige nicht individuell ausgehandelte Bedingungen vor. Danach sind AGB sowohl in Verbraucher- als auch Unternehmerverträgen unzulässig, die entgegen den Geboten von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs zu einem wesentlichen Ungleichgewicht der vertraglichen Rechte und Pflichten zum Nachteil einer Vertragspartei führen. Dies entspricht im Ergebnis dem deutschen Verständnis von § 307 II Nr. 1 und Nr. 2 BGB. Nicht kontrolliert werden wiederum in AGB enthaltene Preisabsprachen oder reine Leistungsbeschreibungen, sofern diese ausreichend transparent sind. 295 296 297

Vgl. oben G. II. 1. d) dd). s. oben H. III. 2. Dazu unten H. VII. 4.

V. DCFR

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Wie bei den PICC richtet sich die Inhaltskontrolle wegen des nichtstaatlichen Charakters der PECL aber zusätzlich auch nach dem anwendbaren nationalen Recht. Art. 4:110 PECL ist als alleinige Inhaltskontrollnorm nur dann anwendbar, wenn die Inhaltskontrollvorschriften des nationalen Rechts dispositiv sind. Die PECL unterliegen zudem selbst der Inhaltskontrolle nach dem anwendbaren nationalen Recht, wenn sie als AGB vereinbart wurden. Bei ihrer individuellen Vereinbarung unterliegen sie hingegen nur den allgemeinen Unwirksamkeitsgründen.

V. DCFR Der DCFR behandelt die Inhaltskontrolle von AGB in den Art. II.-9:401 ff. Die Vorschriften richten sich teilweise an unterschiedliche Personengruppen,298 was – anders als in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag – nicht durch weitere Unterteilungen des Abschnitts, sondern nur durch die Überschriften verdeutlicht wird. 1. Anwendungsbereich und zwingender Charakter der Vorschriften Der Anwendungsbereich wird auch im DCFR negativ, also mit den von einer Kontrolle ausgenommenen Bereichen definiert. Nach Art. II.-9:406 I lit. a) DCFR unterliegen Vertragsbedingungen nicht der Inhaltskontrolle, wenn sie auf dem anwendbaren Recht basieren. Wie in BGB und PECL werden also gesetzeswiederholende Bedingungen nicht kontrolliert. Nach lit. b) gilt dies auch für Klauseln, die Vorschriften internationaler Übereinkommen wiederholen, denen die Mitgliedstaaten der Parteien oder die EU selbst angehören. An sich könnte man meinen, lit. b) sei wegen lit. a) schon überflüssig, etwa wenn das CISG als Teil des nationalen Rechts das Vertragsstatut bildet. Das ist zutreffend, wenn dieses auch tatsächlich für die Vertragsbeziehung maßgeblich ist. Findet es jedoch keine Anwendung (beispielsweise durch eine Abwahl nach Art. 6 CISG), stellt lit. b) sicher, dass auch AGB, die CISG-Vorschriften wiederholen, nicht kontrolliert werden. Nach lit. c) werden schließlich Bedingungen nicht kontrolliert, die Vorschriften des DCFR selbst wiedergeben. Art. II.-9:406 I DCFR drückt letztlich eine Selbstverständlichkeit aus. Denn die Kontroll- und Verwerfungsbefugnis für staatliche Rechtsakte und internationales Einheitsrecht liegt nur beim jeweiligen Gesetzgeber.299 Einzig lit. c) ist wirklich notwendig, da der DCFR jedenfalls nach europäischem Kollisionsrecht keine wählbare Rechtsordnung oder ein entsprechendes Übereinkommen ist und daher 298 Deswegen eignen sich die Vorschriften des DCFR nach Auffassung von Kessel/Stomps, BB 2009, 2666 (2670 f.) auch für Überlegungen zur Klauselkontrolle im BGB. Kritisch zu der dadurch erforderlichen mehrfachen Definition der Unfairness Pfeiffer, Non-Negotiated Terms, S. 185; ders., ERPL 2011, 835 (844). 299 Vgl. auch DCFR (Full), Art. II.-9:406 Comment A.

310

H. Inhaltskontrolle

nicht schon unter lit. a) und b) fallen kann. Insofern wären Bedingungen, die Vorschriften des DCFR wiederholen, nach nationalem Recht grundsätzlich vollständig kontrollierbar. Wie im BGB und bei den PECL findet gemäß Art. II.-9:406 II DCFR auch keine Kontrolle von Leistungsbeschreibungen und der Preisäquivalenz statt, sofern die entsprechenden Vertragsbestimmungen in einfacher und verständlicher Sprache abgefasst sind.300 Der DCFR erstreckt also das Transparenzgebot auch auf Bestimmungen für den zu zahlenden Preis und geht damit über die PECL hinaus. Das ist allerdings unnötig, da die Preisäquivalenz letztlich in einer Zahl und nicht schriftlich ausgedrückt wird und sich insofern keine Transparenzprobleme stellen.301 Für die Inhaltskontrolle ist – wie bei BGB und PECL – nach Art. II.-8:103 DCFR immer die kundenfeindlichste Deutungsmöglichkeit einer unklaren AGB zugrunde zu legen. Darüber hinaus sind sämtliche Vorschriften des vierten Abschnitts nach Art. II.-9:401 DCFR zwingend und können daher von den Parteien weder abbedungen noch in ihrer Wirkung abgeändert werden. 2. Transparenzgebot (Art. II.-9:407 I und II.-9:402 DCFR) Nach Art. II.-9:402 DCFR ist der Verwender verpflichtet, nicht individuell ausgehandelte Bedingungen in einfacher, verständlicher Sprache zu verfassen und mitzuteilen. Dieses Transparenzgebot ist gemäß Art. II.-9:407 I DCFR ein in allen Inhaltskontrollvorschriften des DCFR für das Unangemessenheitsurteil mit zu berücksichtigender Faktor. Für Verbraucherverträge (b2c) enthält Art. II.-9:402 II DCFR noch eine Sondervorschrift. Danach kann schon ein alleiniger Verstoß gegen das Transparenzgebot die Unangemessenheit der Klausel begründen. Im Umkehrschluss folgt daher bei Unternehmer- (b2b) und reinen Verbraucherverträgen (c2c) aus der Intransparenz noch keine endgültige Entscheidung über das Schicksal der Klausel.302 Durch das Transparenzgebot soll der Klauselgegner in die Lage versetzt werden, seine Rechte und Verpflichtungen ohne (fremde) Hilfe aus dem Vertrag und den dazugehörigen Bedingungen ablesen zu können.303 Das erfordert nicht nur die Verwendung einer klaren und verständlichen Sprache, sondern auch eine logische und zusammenhängende Ordnung der einzelnen Bedingungen sowie vollständige

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Eingehend zur Ausnahme der Preisäquivalenz Willet, S. 65 ff. Intransparent kann dagegen die Preisberechnung sein, etwa wenn nicht klar ersichtlich ist, aus welchen Leistungen und Elementen sich der Endpreis zusammensetzt. Das ist aber wiederum eine Frage der Transparenz der Leistungsbeschreibungen und daher schon nach Art. II.-9:406 II Alt. 1 DCFR überprüfbar. 302 Vgl. DCFR (Full), Art. II.-9:402, Comment C.; Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (847 a.E.). Vgl. auch schon die ähnliche Problematik bei § 307 I 2 BGB, oben H. I. 3. a) cc) (2). 303 DCFR (Full), Art. II.-9:402, Comment A., B. 301

V. DCFR

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und zutreffende Angaben.304 Die offizielle Kommentierung enthält allerdings keine Ausführungen zur Reichweite des Transparenzgebotes. Wie im BGB sollte dieses allerdings auch beim DCFR nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren gefordert werden.305 Logischerweise gelten auch im DCFR unterschiedliche Anforderungen an die Transparenz, je nachdem ob es sich um einen reinen Unternehmervertrag handelt oder ob noch ein Verbraucher beteiligt ist.306 Im Übrigen kann wegen der Parallelität der Probleme auf die Ausführungen zum BGB verwiesen werden.307 3. Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern (b2c) Die meisten Inhaltskontrollvorschriften des DCFR beziehen sich auf das Verhältnis von Unternehmern und Verbrauchern. a) Art. II.-9:403 DCFR – Generalklausel Nach Art. II.-9:403 DCFR ist eine Bedingung unfair, wenn sie vom Unternehmer gestellt wurde und den Verbraucher unter Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs erheblich benachteiligt. Über die Reichweite der Vorschrift besteht Streit zwischen der Acquis-Group und der Study-Group. Während Letztere die Klauselkontrolle auf sämtliche Vertragsbestimmungen ausdehnen will, soll nach Ansicht der Acquis-Group nur eine Klauselkontrolle bei nicht individuell ausgehandelten Klauseln gewährleistet werden.308 Deswegen steht der Zusatz „nicht individuell ausgehandelt“ in eckigen Klammern. Praktisch wirkt sich dieser Streit nur in geringem Maße aus, da die Beweislast für das individuelle Aushandeln einer Bedingung nach Art. II.-1:110 IV DCFR beim Unternehmer liegt309 und ihm dieser Nachweis nicht immer gelingen wird.310 Nichtsdestotrotz sollte die Kontrolle der Angemessenheit im Sinne der Acquis-Group nur auf nicht individuell ausgehandelte Bedingungen beschränkt und nicht zu einer allgemeinen Kontrolle des Vertragsinhalts ausgeweitet werden.311 Auch Art. II.-9:403 DCFR gibt wie schon § 307 I 1 BGB ein zweistufiges Prüfungsprogramm vor. Zunächst gilt es, eine „erhebliche Benachteiligung“ des Ver304

DCFR (Full), Art. II.-9:402, Comment B. Vgl. oben H. I. 3. a) cc) (1). 306 DCFR (Full), Art. II.-9:401 Comment B. nach Illustration 1. 307 Oben H. I. 3. a) cc). 308 DCFR (Full), Art. II.-9:403 Comment A. Dazu Pfeiffer, GS Wolf, S. 120 f. 309 DCFR (Full), Art. II.-9:403 Comment A. a.E. 310 Vgl. schon die Kritik im BGB am hierfür erforderlichen „Dokumentationsaufwand“, oben F. II. 311 In diesem Sinne auch Pfeiffer, Non-Negotiated Terms, S. 190. 305

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H. Inhaltskontrolle

brauchers festzustellen, und in einem zweiten Schritt dann, ob dies einen Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs darstellt.312 Eine erhebliche Benachteiligung ergibt sich wie im BGB aus einem Rechtslagenvergleich. Die Rechtsstellung des Verbrauchers bei Geltung der betreffenden Vertragsbestimmung muss mit derjenigen bei Awendung des dispositiven Rechts verglichen werden.313 Das dispositive Recht bildet also auch hier das gesetzliche Leitbild der Inhaltskontrolle.314 Da die Benachteiligung „erheblich“ sein muss, genügen im DCFR bagatellhafte Nachteile ebenfalls nicht.315 Weitergehende Ausführungen lassen sich der offiziellen Kommentierung allerdings nicht entnehmen. Relevanter Zeitpunkt für die Beurteilung ist auch hier richtigerweise der des Vertragsschlusses. Wie bereits dargestellt, ist die erhebliche Benachteiligung auch im DCFR eine notwendige, aber noch nicht hinreichende Bedingung für die Unangemessenheit einer Klausel. Um einen Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs festzustellen, ist wiederum eine umfassende Interessenabwägung erforderlich.316 Nach Art. II.-9:407 I DCFR sind darin einzubeziehende Faktoren die Beachtung des Transparenzgebots, die Umstände des Vertragsschlusses, das Zusammenwirken mit anderen Vertragsbestimmungen oder mit Bedingungen anderer zusammenhängender Verträge. Wegen der Ähnlichkeit zu § 307 BGB bietet sich darüber hinaus ein Rückgriff auf die dort verwendeten Kriterien an.317 Maßgeblich ist daher auch, ob für den durch die Bedingung verursachten Nachteil an anderer Stelle ein – richtigerweise in sachlichem Zusammenhang stehender318 – Vorteil gewährt wird. Ebenso sind wiederum der angestrebte Rationalisierungseffekt sowie Fragen der Risikobeherrschung und Versicherbarkeit relevant. Wie bei der AGB-Kontrolle üblich, ist für die Beurteilung grundsätzlich ein überindividuell-generalisierender Maßstab anzulegen. Allerdings sind nach Art. II.9:407 I DCFR auch die Umstände des Vertragsschlusses zu berücksichtigen. Es gilt also wieder ein zusätzlicher konkret-individueller Maßstab. Für Verbraucherverträge ist nach Art. II.-9:407 II DCFR auch bedeutsam, in welchem Ausmaß der Verbraucher vor Vertragsschluss die Möglichkeit hatte, sich mit dem Inhalt der in Frage stehenden Klausel vertraut zu machen.

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DCFR (Full), Art. II.-9:403 Comment B. DCFR (Full), Art. II.-9:403 Comment B. 314 Zurückhaltend Hellwege/Miller, S. 445. s. zur parallelen Problematik bei Verbraucherverträgen in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag unten H. VI. 2. b). 315 Vgl. von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1989) zum GEK-Vorschlag. 316 Ernst, S. 101 (zum GEK-Vorschlag). 317 s. oben H. I. 3. a) bb). Vgl. auch von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1989) zum GEKVorschlag. 318 s. oben H. I. 3. a) bb). 313

V. DCFR

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b) Art. II.-9:410 DCFR – Bedingungen, bei denen die Unangemessenheit vermutet wird („graue Liste“) Der DCFR enthält für Verbraucherverträge in Art. II.-9:410 eine nicht abschließende Aufzählung von 16 Bedingungen, die typischerweise als unangemessen i.S.d. Art. II.-9:403 DCFR zu werten sind.319 Ihre Unangemessenheit wird aber lediglich „vermutet“ („presumed“), weswegen die Vorschrift auch als „graue Liste“ bezeichnet wird. Nach deutschem Verständnis kann man dies mit den Klauselverboten mit Wertungsmöglichkeit in § 308 BGB vergleichen. Eine Vertragsbedingung ist daher noch nicht zwingend als unangemessen zu behandeln, wenn sie einen der Buchstaben der Vorschrift erfüllt.320 Die offizielle Kommentierung enthält allerdings keine Ausführungen, wie die vermutete Unangemessenheit noch widerlegt werden kann. Wie schon in § 308 BGB verwenden auch viele Aufzählungen in Art. II.-9:410 DCFR unbestimmte Rechtsbegriffe („inappropriately“, „compensation of equivalent amount“, „without reasonable notice“, „unreasonably early deadline“),321 einige aber auch nicht.322 Es sind daher auch hier die Umstände des Einzelfalles für das Unangemessenheitsurteil wertend zu berücksichtigen.323 Insofern können die Klauselverbote auch auf Unternehmerverträge übertragen werden, wenn wie im deutschen Recht324 die Übertragbarkeit auf die unternehmerische Situation in ausreichendem Maße berücksichtigt wird. c) Art. II.-9:409 DCFR – Grundsätzliches Verbot eines ausschließlichen Gerichtsstands am Unternehmersitz Während die „graue Liste“ in Art. II.-9:410 DCFR noch Raum zur Widerlegung der dort aufgezählten Klauselverbote lässt, enthält Art. II.-9:409 I DCFR ein zwingendes Klauselverbot, auch „schwarze Liste“ genannt.325 Diese regelt allerdings nur einen einzigen Fall, nämlich eine Gerichtsstandsklausel, die den Sitz des Unternehmers als ausschließlichen Gerichtsstand für sämtliche Streitigkeiten aus dem Vertrag festlegt.326 Eine Ausnahme gilt gemäß Absatz 2 nur, wenn es sich dabei gleichzeitig auch um den Verbrauchergerichtsstand handelt. Wegen dieses eindeu319 DCFR (Full), Art. II.-9:410 Comment A. Die Ausnahmen in Abs. 2 sind für die vorliegende Arbeit nicht von Interesse. 320 Vgl. Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (851) zur grauen Liste in Art. 84 Machbarkeitsstudie. 321 von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1987). 322 Vgl. die Darstellung von Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (851) zur grauen Liste in Art. 84 Machbarkeitsstudie. 323 Vgl. oben H. I. 2. Für eine Trennung der „zwei unterschiedliche[n] Tatbestände“ in Art. 84 Machbarkeitsstudie Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (853). 324 s. oben H. I. 3. c) bb). 325 DCFR (Full), Art. II.-9:410 Comment B. 326 Diese Vorschrift basiert auf einem diesbezüglichen Urteil des EuGH vom 27. 06. 2000, verb. Rechtssachen C-240/98 bis C-244/98, Slg. 2000, I-4941 – Océano.

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H. Inhaltskontrolle

tigen Zuschnitts auf die Verbrauchersituation ist eine Übertragung der schwarzen Liste auf den Unternehmerverkehr richtigerweise ausgeschlossen. Einen weiteren Fall eines absoluten Klauselverbotes enthält Art. III.-3:105 I DCFR. Diese Vorschrift ist nicht auf Verbraucherverträge beschränkt. Danach ist eine Bedingung unwirksam, wenn sie die Haftung auf Schadensersatz für vorsätzliche oder grob fahrlässig verursachte Personenschäden ausschließen oder einschränken soll. 4. Verträge zwischen Unternehmern (b2b) Für Unternehmerverträge ist Art. II.-9:405 DCFR maßgeblich. Dieser unterscheidet sich von Art. II.-9:403 DCFR bereits dadurch, dass nur AGB i.S.d. Art. II.1:109 DCFR kontrolliert werden können („if it is a term forming part of standard terms“). Unnötigerweise wird auch nochmals klargestellt, dass die Bedingung gestellt worden sein muss. Das Stellen ist bereits Bestandteil der Definition von „nicht individuell ausgehandelt“ in Art. II.-1:110 DCFR, auf den die AGB-Definition Bezug nimmt. Im unternehmerischen Verkehr gilt eine AGB als unangemessen, wenn sie so beschaffen ist, dass ihr Gebrauch unter Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs gröblich von der guten Handelspraxis abweicht.327 Zu diesen Kriterien enthält die offizielle Kommentierung allerdings keine Ausführungen. Unter Gebrauch ist in diesem Zusammenhang nicht erst die Berufung auf die entsprechende Klausel zu verstehen. Vielmehr kommt es allein darauf an, dass die entsprechende Bedingung überhaupt als AGB verwendet wird. Daraus folgt zugleich, dass für die Beurteilung wieder der Zeitpunkt des Vertragsschlusses relevant ist. Das Prüfungsprogramm unterscheidet sich deutlich von dem des Art. II.-9:403 DCFR. Die veränderte Wortwahl trägt dem Umstand Rechnung, dass in b2b-Verträgen nur eine „beschränkte Klauselkontrolle“ erfolgen soll.328 Man kann daher nicht denselben Maßstab wie in b2c-Verträgen anlegen. Die Schwelle der Unangemessenheit ist erheblich höher angesetzt.329 Fraglich ist aber, ob der DCFR im unternehmerischen Rechtsverkehr eine Leitbildkontrolle vorsieht. Denn die offizielle Kommentierung des DCFR macht die Verwendung des dispositiven Rechts als gesetzliches Leitbild der Inhaltskontrolle in Art. II.-9:403 DCFR ausdrücklich am Erfordernis der „erheblichen Benachteiligung“ fest.330 Diesen Prüfungspunkt sieht Art. II.-9:405 DCFR jedoch nicht mehr vor und auch die dazugehörige offizielle Kommentierung enthält keine Angaben zu 327 „[…] of such a nature that its use grossly deviates from good commercial practice, contrary to good faith and fair dealing.“ 328 Vgl. DCFR (Full), Art. II.-9:405 Comment A. 329 Pfeiffer, GS Wolf, S. 116. 330 s. oben H. V. 3. a).

V. DCFR

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einem Vergleich mit den „default rules“. Die Abweichung von der „guten Handelspraxis“ wird also letztlich nicht als zusätzliches, sondern praktisch als einziges Tatbestandsmerkmal der Klauselkontrolle im Unternehmerverkehr verstanden.331 Daher gehen Stimmen im Schrifftum davon aus, für Unternehmerverträge komme es einzig und allein darauf an, ob die Verwendung der Klausel von der „guten Handelspraxis“ abweicht. Unerheblich sei dagegen, ob die Klausel in Widerspruch zum dispositiven Recht des DCFR stehe.332 Diese Sichtweise bereitet aber erhebliche Probleme und ist meines Erachtens auch nicht ganz zutreffend. Zunächst lassen sich das „gröbliche Abweichen von der guten Handelspraxis“ und der „Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs“ nicht sauber voneinander trennen. Insofern kann man sie nur als einheitliches Tatbestandsmerkmal behandeln, will man sich nicht in Abgrenzungsversuchen verlieren.333 Zu klären bleibt dann aber, was dieser Gesamttatbestand genau bedeutet. „Gute Handelspraxis“ legt nahe, dass es auf das Gebahren und Verhalten des allgemeinen kaufmännischen Verkehrs ankommt. Erfasst wären dann also sämtliche Branchenbesonderheiten, Handelsbräuche und eben auch die allgemeinen Regeln des Geschäftsverkehrs. Da aber, wie schon beim BGB gesehen, allein das Bestehen eines Handelsbrauchs noch nicht bedeutet, dass dieser auch zulässig ist,334 kann jedenfalls nicht jeder Gebrauch genügen.335 Wo genau aber die Grenze zu ziehen ist, bleibt unklar.336 Darüber hinaus kann auch eine entsprechende Handelspraxis für den betreffenden Regelungsgegenstand der Klausel – und das ist gerade der maßgebliche Anknüpfungspunkt der Kontrolle! – fehlen.337 Entschärft wird das Dilemma aber durch die verschiedenen zu berücksichtigenden Faktoren in Art. II.-9:407 I DCFR. Diese gelten auch für Unternehmerverträge. In die Kontrolle werden dadurch auch individuelle Umstände einbezogen.338 Gerade die Frage nach dem, was nach der Natur des Vertrages gewährt werden muss, legt einen Bezug zum dispositiven Recht nahe. Denn das Wesen des Vertragsgegen-

331 Vgl. Möslein, S. 284; Ernst, S. 103; Hellwege, IHR 2012, 221 (227), jeweils zum gleichlautenden Art. 86 GEK-Vorschlag. Zur parallelen Problematik bei Unternehmerverträgen in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag unten H. VI. 3. 332 Vgl. Ernst, S. 103; Hellwege, IHR 2012, 221 (227), jeweils zu Art. 86 GEK-Vorschlag. 333 Vgl. von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (447), der aber deswegen entgegen der hier vertretenen Auffassung dem Merkmal der „guten Handelspraxis“ eine „extrem gering[e]“ praktische Relevanz attestiert (446); in diesem Sinne auch Drygala, JZ 2012, 983 (990); wie hier Ernst, S. 102 f.; grundsätzlich auch Hellwege, IHR 2012, 221 (227 f.), der aber keine Behandlung als einheitliches Tatbestandsmerkmal vorsieht (alle jeweils zu Art. 86 GEKVorschlag). 334 s. oben H. I. 3. c) cc). 335 Vgl. von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (446) zu Art. 86 GEK-Vorschlag. 336 Vgl. Hellwege, IHR 2012, 221 (228) zu Art. 86 GEK-Vorschlag. 337 Vgl. zutreffend Ernst, S. 103 zu Art. 86 GEK-Vorschlag. 338 Vgl. auch Möslein, S. 284 zu Art. 86 GEK-Vorschlag.

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H. Inhaltskontrolle

standes339 kann auch nur durch Vergleich mit den „default rules“ richtig bestimmt werden.340 Darüber hinaus würde die Beurteilung der Unangemessenheit allein anhand des Abweichens von der „guten Handelspraxis“ die einheitliche Anwendung der Vorschrift in verschiedenen Ländern unmöglich machen, da die Handelspraxis allgemein unterschiedlich ausfällt.341 Im Ergebnis wäre die Inhaltskontrolle in Unternehmerverträgen daher in weitem Maße unberechenbar. Deswegen sollte man sich auch beim Vorgehen nach Art. II.-9:405 DCFR an Art. II.-9:403 DCFR zu b2c-Verträgen orientieren.342 Zunächst muss eine Benachteiligung des Klauselgegners durch die AGB-Verwendung festgestellt werden. Das geschieht wieder durch einen Vergleich der Rechtslage bei Anwendung der AGB mit der bei Anwendung des dispositiven Rechts. Auch hier bedarf es wieder einer „erheblichen“ Benachteiligung, um Bagatellen von vornherein auszuschließen. Im zweiten Schritt ist wiederum eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. An dieser Stelle wird aber die Bezugnahme auf die „gute Handelspraxis“ relevant.343 Das bedeutet, die Interessen des Klauselgegners müssen deutlich stärker zu gewichten sein, um die Kontrolle zu seinen Gunsten entscheiden zu können. Maßgeblich sind für diese Beurteilung wiederum das Zusammenwirken der Klausel mit anderen AGB („Summierungseffekt“), eventuelle Vorteile, Risikobeherrschung, Versicherbarkeit und Rationalisierungseffekte.344 Hinzu kommen noch Erwägungen einer „vernünftigen unternehmerischen Praxis unter Beachtung von Branchenbesonderheiten“345 sowie die in Art. II.-9:407 I DCFR genannten Kriterien. Erst wenn die Interessen des Verwenders im Vergleich zu denen seines Vertragspartners außer Verhältnis stehen, kann man von einem „gröblichen Abweichen von der guten Handelspraxis“ sprechen.346 Im Ergebnis erfolgt also auch beim DCFR die Inhaltskontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr anhand des dispositiven Rechts als gesetzliches Leitbild. Im Vergleich zu Verbraucherverträgen ist der Maßstab aber dadurch deutlich abgeschwächt, dass die umfassende Interessenabwägung stärker die unternehmeri339 So die m. E. unpassende Übersetzung zur gleichlautenden Vorschrift in Art. 86 II lit. a) GEK-Vorschlag. 340 Ähnlich von Westphalen, EU-Kaufrecht und CISG, S. 199 ff. sowie ders., NJOZ 2012, 441 (446), der die Beachtlichkeit des dispositiven Rechts für Art. 86 GEK-Vorschlag aus der Bezugnahme auf die das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs herleitet. 341 Vgl. Hellwege, IHR 2012, 221 (227 f.) zu Art. 86 GEK-Vorschlag. 342 Vgl. auch Möslein, S. 284 f.; von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (447); a.A. Ernst, S. 103; Hellwege, IHR 2012, 221 (227), jeweils zu Art. 86 GEK-Vorschlag. 343 Ebenso Möslein, S. 284 f. zu Art. 86 GEK-Vorschlag: „Handelsüblichkeit als Korrektiv“. 344 Vgl. von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (447 f.) zu Art. 86 II GEK-Vorschlag. 345 Pfeiffer, GS Wolf, S. 116. 346 Vgl. von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (447); anderer Ansatz bei Hellwege, IHR 2012, 221 (227 f.), jeweils zu Art. 86 GEK-Vorschlag.

V. DCFR

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schen Interessen berücksichtigt, indem vor allem die unternehmerische Praxis und Branchenbesonderheiten in die Wertung mit einbezogen werden müssen. 5. Verträge zwischen Nichtunternehmern Anders als die bisher behandelten Regelwerke sieht der DCFR in Art. II.-9:404 auch eine eigene Vorschrift für die Klauselkontrolle in Verträgen zwischen Nichtunternehmern vor. Die Norm ist eine Mischung der Kontrollvorschriften für b2c- und b2b-Verträge.347 Erforderlich ist wieder die AGB-Eigenschaft der betreffenden Klausel (inklusive der unnötigen Ausführungen zum Stellenserfordernis). Wie in Art. II.-9:403 DCFR genügt eine erhebliche Benachteiligung unter Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs. In personeller Hinsicht findet die Vorschrift Anwendung auf Verträge zwischen Verbrauchern (c2c) sowie zwischen sonstigen Organisationen, die weder als Verbraucher noch als Unternehmer eingeordnet werden können.348 Allerdings stellt sich die Frage, welche Vorschrift anwendbar ist, wenn lediglich eine Partei nicht als Verbraucher oder Unternehmer qualifiziert werden kann. Für solche Fälle bedarf es daher einer analogen Anwendung der Kontrollvorschriften. Meines Erachtens bietet sich eine analoge Anwendung von Art. II.-9:403 bzw. II.-9:404 DCFR an, je nachdem ob es sich beim Verwender um einen Unternehmer oder Verbraucher handelt.349 Es fehlen auch Ausführungen zu Stellvertretungsfällen, etwa wenn ein Nichtunternehmer einen Unternehmer für sich handeln lässt.350 Bei offener Stellvertretung sollte meiner Ansicht nach allein auf die vertretene Partei abgestellt werden, so dass die Unternehmereigenschaft des Handelnden außer Betracht zu bleiben hat. Da die Vorschrift eine erhebliche Benachteiligung unter Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs erfordert, gilt an dieser Stelle das oben zur Klauselkontrolle nach Art. II.-9:403 DCFR Gesagte entsprechend. Ein Unterschied ergibt sich durch die beteiligten Parteien. Anders als bei b2c-Verträgen, besteht im Falle zweier Nichtunternehmer grundsätzlich keine ungleiche Verhandlungsposition und daher die Möglichkeit einer gleichberechtigten Einflussnahme auf den Vertragsinhalt.351 Dementsprechend ist im Rahmen der Interessenabwägung die Schwelle für die Unangemessenheit im Regelfall etwas höher anzusetzen als bei Art. II.-9:403 DCFR.

347 348 349 350 351

DCFR (Full), Art. II.-9:404 Comment A. DCFR (Full), Art. II.-9:404 Comment B. Ebenso Hellwege/Miller, S. 455. Vgl. Reich/Micklitz, Juridica International XIV (2008), 58 (64). DCFR (Full), Art. II.-9:404 Comment C.

318

H. Inhaltskontrolle

6. Verhältnis der Inhaltskontrollvorschriften zum anwendbaren Recht Für die Inhaltskontrollvorschriften des DCFR gilt das Gleiche wie für die PECL.352 Sofern der DCFR wirksam als anwendbares Recht vereinbart werden kann, sind die Art. II.-9:401 ff. als abschließende Regelung der Inhaltskontrolle zu verstehen. Dies folgt einerseits aus ihrer zwingenden Natur und andererseits aus ihrem in sich geschlossenen System. Da aber auch der DCFR ein nichtstaatliches Regelwerk ist, können seine Vorschriften jedenfalls innerhalb der EU nur als AGB Eingang in einen Vertrag finden. Dementsprechend müssen sich die DCFR-Vorschriften als AGB den zwingenden Regeln des nationalen Rechts unterordnen. Die Art. II.-9:401 ff. DCFR können daher die Inhaltskontrollnormen des nationalen Rechts im Regelfall nur ergänzen. Eine zusätzliche Klausel, die bei Vereinbarung des DCFR als AGB den Rückgriff auf die nationalen Kontrollvorschriften sperrt, ist unwirksam, wenn die Vorschriften des nationalen Rechts zwingend ausgestaltet sind. Dasselbe gilt bei Anwendbarkeit des CISG, das durch den DCFR inhaltlich ergänzt werden soll. 7. Kontrolle der DCFR-Vorschriften als AGB des Vertrages Sofern die Vorschriften des DCFR als AGB vereinbart werden, unterliegen sie selbst vollumfänglich der Inhaltskontrolle nach dem anwendbaren nationalen Recht. Auch die für die nationale Inhaltskontrolle maßgeblichen Wertungen bestimmen sich dementsprechend allein nach dem anwendbaren nationalen Recht. Bei ihrer individuellen Vereinbarung müssen sie sich hingegen wiederum nur an den zwingenden Unwirksamkeitsgründen des ansonsten maßgeblichen nationalen Rechts messen lassen. 8. Zusammenfassung Der DCFR regelt die als zwingend ausgestaltete Inhaltskontrolle in den Art. II.9:401 ff. und unterscheidet hierbei, ob es sich um Unternehmerverträge, Verbraucherverträge oder Verträge zwischen Nichtunternehmern (c2c) handelt. Von der Inhaltskontrolle sind wie schon in den anderen Regelwerken reine Leistungsbeschreibungen und Preisabsprachen in AGB ausgenommen, sofern diese in einfacher und verständlicher Sprache abgefasst sind. Darüber hinaus findet keine Kontrolle von AGB statt, die schlicht das anwendbare Recht, Vorschriften internationaler Übereinkommen, denen die Mitgliedstaaten der Parteien oder die EU angehören, oder Vorschriften des DCFR wiederholen. Für Verbraucherverträge ist eine Generalklausel, eine § 308 BGB vergleichbare sog. graue Liste und eine § 309 BGB vergleichbare sog. schwarze Liste vorgesehen. Nach der Generalklausel in Art. II.-9:403 DCFR ist eine AGB unfair, wenn sie vom 352

s. oben H. IV. 2.

V. DCFR

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Unternehmer gestellt wurde und den Verbraucher unter Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs erheblich benachteiligt. Wie in § 307 I 1 BGB ist demnach auch hier eine zweistufige Prüfung vorzunehmen. Eine erhebliche Benachteiligung liegt vor, wenn die Rechtslage bei Geltung der AGB verglichen mit der „gesetzlichen“ Ausgangssituation zu einer nicht nur bagatellhaften Schlechterstellung des Vertragspartners führt. Ob diese erhebliche Benachteiligung gegen Treu und Glauben verstößt, ist schließlich erneut im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung festzustellen. Diese erfolgt grundsätzlich nach einem überindividuell-generalisierendem Maßstab. Jedoch gilt gemäß Art. II.-9:407 I DCFR zusätzlich auch ein konkret-individueller Maßstab. Die graue Liste in Art. II.-9:410 DCFR enthält eine beispielhafte Aufzählung von Tatbeständen, deren vermutete Unangemessenheit aber im Rahmen einer Wertung wie bei § 308 BGB noch widerlegt werden kann. Die schwarze Liste des Art. II.9:409 I DCFR enthält ein einziges zwingendes Klauselverbot. Für die inhaltliche Kontrolle von AGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist Art. II.-9:405 DCFR die maßgebliche Generalklausel. Danach gilt eine AGB als unangemessen, wenn sie so beschaffen ist, dass ihr Gebrauch unter Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs gröblich von der guten Handelspraxis abweicht. Trotz der gegenüber den Verbraucherverträgen geänderten Wortwahl fungiert nach hier vertretener Auffassung auch in b2b-Verträgen das dispositive Recht als gesetzliches Leitbild der Inhaltskontrolle. Dementsprechend vollzieht sich die Prüfung wie bei Verbraucherverträgen, nur hier unter Bezugnahme auf die gute Handelspraxis, also mit einem stärkeren Fokus auf die unternehmerischen Interessen. Die graue Liste des Art. II.-9:410 DCFR kann nach hier vertretener Auffassung auch auf Unternehmerverträge angewendet werden, sofern die unternehmerische Situation in ausreichendem Maße gewürdigt wird. Als einziges Regelwerk enthält der DCFR zudem eine eigene Generalklausel für die Inhaltskontrolle in Verträgen zwischen Nichtunternehmern, also zwei Verbrauchern oder Organisationen, die weder als Verbraucher noch als Unternehmer eingeordnet werden können. Im Gegensatz zu b2c-Verträgen liegt hier jedoch keine ungleiche Verhandlungsposition vor, so dass die Schwelle der Unangemessenheit höher anzusetzen ist als in Art. II.-9:403 DCFR. Sofern allein der Klauselgegner weder als Verbraucher noch als Unternehmer eingeordnet werden kann, ist eine analoge Anwendung von Art. II.-9:403 bzw. II.9:404 DCFR angebracht, je nachdem wer als Verwender fungiert. Im Fall einer offenen Stellvertretung des Verwenders durch einen Unternehmer ist nach hier vertretener Auffassung auch nur die Verbraucher- oder Unternehmereigenschaft des Vertretenen maßgeblich. Ein alleiniger Verstoß gegen das Transparenzgebot begründet gemäß Art. II.9:402 DCFR nur bei Verbraucherverträgen das Unangemessenheitsurteil. In den übrigen Fällen handelt es sich nach Art. II.-9:407 I DCFR lediglich um einen bei

320

H. Inhaltskontrolle

jeder inhaltlichen Kontrolle der AGB zu berücksichtigender Faktor für das Unangemessenheitsurteil. Wegen des nichtstaatlichen Charakters des DCFR sind die Art. II.-9:401 ff. ebenfalls nur neben dem anwendbaren nationalen Recht anwendbar, wenn dessen Inhaltskontrollvorschriften zwingend ausgestaltet sind. Sofern die DCFR-Vorschriften als AGB vereinbart wurden, unterliegen sie auch selbst der Inhaltskontrolle nach nationalem Recht. Bei ihrer individuellen Vereinbarung gelten hingegen nur die allgemeinen Unwirksamkeitsgründe.

VI. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag Der GEK-Vorschlag behandelt im 8. Kapitel (Art. 79 bis 86) den Umgang mit unfairen Vertragsbestimmungen. Das Kapitel unterteilt sich in Allgemeine Bestimmungen (Art. 79 bis 81) sowie vier Vorschriften für Verbraucher- und eine für Unternehmerverträge (Art. 82 bis 85 bzw. Art. 86). Der Vorschlag folgt damit fast vollständig den Art. 77 bis 87 der Machbarkeitsstudie,353 unterscheidet sich aber in mehreren Punkten vom DCFR.354 1. Anwendungsbereich und zwingender Charakter Wie PECL und DCFR umschreiben auch Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag den Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle negativ. Nach Art. 80 I GEKVorschlag sind Klauseln ausgenommen, die lediglich dispositive Vorschriften des GEK-Vorschlags wiederholen und deswegen schon einmal – nämlich durch die Verfasser selbst – auf ihre Angemessenheit überprüft wurden.355 Art. 78 I Machbarkeitsstudie ist demgegenüber noch anders formuliert und stellt darauf ab, ob die Klauseln Vorschriften des sonst anwendbaren Rechts wiederholen. Diese abweichende Formulierung dürfte darin begründet liegen, dass die Machbarkeitsstudie noch keine Vorschriften zum Anwendungsbereich enthält. Das GEK kann, wie bereits dargestellt, in b2c-Verträgen gemäß Art. 8 III GEK-VO nur vollständig vereinbart werden,356 so dass es bei diesen Verträgen dann auch gleichzeitig das anwendbare Recht ist. In Unternehmerverträgen ist dagegen auch eine partielle Vereinbarung des GEK erlaubt. In diesen Fällen bewirkt Art. 80 I GEKVorschlag nur eine Ausnahme für Klauseln, die GEK-Vorschriften wiederholen. Sonstige deklaratorische Klauseln, also vor allem solche, die nationale Rechtsvor353

Kritisch zu den Inhaltskontrollvorschriften in der Machbarkeitsstudie Mazeaud, S. 123 ff. 354 Vgl. Möslein, S. 262. 355 Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 80 GEK Rn. 4. Sehr kritisch zur ausdrücklichen Normierung dieser Ausnahme Ernst, S. 99 („geradezu idiotisch“). 356 s. oben D. V. 4. a).

VI. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag

321

schriften wiederholen, dürften daher inhaltlich überprüft werden.357 Das ist jedoch meines Erachtens nicht zu rechtfertigen und daher wohl als Redaktionsversehen einzuordnen. Wie schon beim CISG angesprochen, muss die Kontrolle sämtlicher gesetzeswiederholender Vorschriften ausgeschlossen sein.358 Dementsprechend muss Art. 80 I GEK-Vorschlag sinngemäß über den GEK-Vorschlag hinaus auf sämtliche Vorschriften des anwendbaren Rechts ausgeweitet werden.359 Gemäß Art. 78 II, III Machbarkeitsstudie bzw. Art. 80 II, III GEK-Vorschlag sind ebenfalls wieder reine Leistungsbeschreibungen und die Preisäquivalenz von einer Kontrolle ausgenommen,360 sofern diese ausreichend transparent abgefasst sind. Im GEK-Vorschlag gilt diese letzte Einschränkung aber nur für Verbraucherverträge.361 Wie schon in Art. II.-9:401 DCFR sind auch nach Art. 79 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 81 GEK-Vorschlag sämtliche Inhaltskontrollvorschriften zwingend anzuwenden und können nicht ausgeschlossen oder sonstwie abgeändert werden.362 2. Verbraucherverträge (b2c) Wie im DCFR betreffen auch die meisten Vorschriften in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern. a) Transparenzgebot Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag sehen in Art. 80 bzw. Art. 82 ein Transparenzgebot vor.363 Darüber hinaus haben sich die Verfasser von Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag gegen eine Übernahme von Art. II.-9:402 II DCFR entschieden, wonach allein die Intransparenz einer Bedingung in b2c-Verträgen für das Unangemessenheitsurteil genügt.364 Auch das ist wegen des angestrebten hohen Verbraucherschutzniveaus nicht ganz nachvollziehbar.

357

In diesem Sinne Möslein, S. 271. s. oben H. II. 359 Grundsätzlich a.A. Möslein, S. 271, der aber eine Ausnahme für die im GEK-Vorschlag ungeregelten Bereiche zulassen will. 360 Zu den Hintergründen Möslein, S. 272. 361 Art. 78 II Machbarkeitsstudie verweist nicht auf das dortige Transparenzgebot in Art. 82, sondern wiederholt dessen Definition. 362 Für eine Abdingbarkeit durch Individualvereinbarung Möslein, S. 273. 363 Kritisch zur Ausgestaltung des Transparenzgebots in Art. 80 Machbarkeitsstudie Mazeaud, S. 127. 364 Vgl. Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 82 GEK Rn. 4 a.E.; zweifelnd dagegen Möslein, S. 281. 358

322

H. Inhaltskontrolle

b) Generalklausel Die Generalklausel für die inhaltliche Kontrolle in Verbraucherverträgen findet sich in Art. 81 I Machbarkeitsstudie bzw. Art. 83 I GEK-Vorschlag. Danach sind nicht individuell ausgehandelte und vom Unternehmer gestellte Bedingungen unfair, wenn sie „entgegen dem Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs in Bezug auf die vertraglichen Rechte und Verpflichtungen der Vertragsparteien ein erhebliches Ungleichgewicht zu Lasten des Verbrauchers“ erzeugen. Art. 81 I der Machbarkeitsstudie erfordert für Verbraucherverträge dagegen nicht, dass die Bedingungen nicht individuell ausgehandelt wurden;365 dies ist lediglich einer der nach Art. 82 zu berücksichtigenden Faktoren. Der geänderte Anwendungsbereich von Art. 83 I GEK-Vorschlag gegenüber Art. 81 I Machbarkeitsstudie wird teilweise kritisiert, da sich der Schutz des Verbrauchers dadurch verringere.366 Die Beschränkung auf nicht individuell ausgehandelte Bestimmungen ist aber nach Sinn und Zweck der Klauselkontrolle folgerichtig.367 Nach Art. 81 II Machbarkeitsstudie werden sogar Bedingungen kontrolliert, die ursprünglich gestellt wurden, aber in der Folge noch Gegenstand von Vertragsverhandlungen geworden sind. Diese Bestimmung wurde zu Recht nicht in den GEKVorschlag übernommen.368 Die Vertragsfreiheit erlaubt es den Parteien, die AGBEigenschaft auch nachträglich noch aufzuheben. Ist dies nachweislich geschehen, besteht kein Grund, die Klauselkontrolle nun auch auf solche Individualvereinbarungen zu erstrecken.369 In der Sache stimmt das Prüfungsprogramm – bei Art. 81 I Machbarkeitsstudie sogar wörtlich – mit dem des Art. II.-9:403 DCFR überein.370 Auch in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag ist also wieder ein zweistufiges Vorgehen notwendig.371 Diesbezüglich kann daher auf die Ausführungen zum DCFR verwiesen werden.372 In Anwendung der contra-proferentem Regel in Art. 62 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 64 GEK-Vorschlag ist im Rahmen der Inhaltskontrolle bei unklaren AGB wieder die kundenfeindlichste Auslegungsmöglichkeit zugrunde zu legen.373 365

Ablehnend Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (836; 844; 852). So Wendehorst, S. 99 f. 367 Daher ist der erweiterte Anwendungsbereich der „schwarzen“ und „grauen Liste“ bedenklich, s. unten H. VI. 2. c). 368 Eher ablehnend auch Lehmann, GPR 2011, 218 (225). 369 Vgl. zu den Gründen der Beschränkung der Klauselkontrolle auf nicht individuell ausgehandelte Bedingungen Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (838 ff.). 370 Vgl. Hellwege, IHR 2012, 221 (227); Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (837). 371 Offengelassen von Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 83 GEK Rn. 6 ff. 372 Oben H. V. 3. a). s. zu einem etwas anderen Vorgehen von Westphalen, Auswirkungen, S. 52. 373 Nach dem Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 soll Art. 64 GEK-Vorschlag aus Vereinfachungsgründen aufgehoben und die Regelung in einen neuen Art. 61b übernommen werden. 366

VI. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag

323

Relevante Faktoren für die umfassende Interessenabwägung374 sind nach Art. 82 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 83 II GEK-Vorschlag neben der Einhaltung des bereits erwähnten Transparenzgebots wiederum das Wesen des Vertragsgegenstands, die Umstände des Vertragsschlusses,375 die übrigen Bestimmungen des Vertrages und die Bestimmungen sonstiger Verträge, von denen der Vertrag abhängt. Es gilt daher zusätzlich zum überindividuell-generalisierenden ein konkret-individueller Maßstab.376 Kritisiert wird das Erfordernis eines Verstoßes gegen das Gebot von Treu und Glauben, da dies dem Klauselgegner die Beweislast hierfür aufbürde und dadurch den Schutz der Vorschrift verringere.377 Diese Kritik verkennt aber die Bedeutung dieses Erfordernisses für die Inhaltskontrolle. Dadurch wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass nicht jede (erhebliche) Benachteiligung in AGB für das Unwirksamkeitsverdikt ausreicht. Vielmehr muss diese so stark gewichtet sein, dass es Treu und Glauben widerspricht.378 Denn die Inhaltskontrolle ist letztlich – wie sämtliche Unwirksamkeitsvorschriften – nichts anderes als eine Ausprägung von Treu und Glauben. Auch die Beweislast hierfür folgt dem zivilrechtlichen Grundsatz, dass jeder die für ihn günstigen Tatsachen beweisen muss. Wie man an den §§ 307 ff. BGB erkennen kann, hat dies nicht zu einem „Schattendasein“ der Inhaltskontrollvorschriften oder gar einem schwächeren Schutz geführt.379 Darüber hinaus wird der Vorschrift auch vorgeworfen, die Faktoren des Art. 83 II GEK-Vorschlag nähmen keinen Bezug auf die dispositiven Vorschriften des GEKVorschlags als gesetzliches Leitbild der Inhaltskontrolle.380 Nach anderer Ansicht folgt dies aber aus der Bezugnahme auf die vertraglichen Rechte und Verpflichtungen der Vertragsparteien in Art. 83 I GEK-Vorschlag und der Definition von Treu und Glauben in Art. 2 lit. b) GEK-VO,381 so dass die Vorschrift im Ergebnis auch mit § 307 II Nr. 1 BGB vergleichbar sei.382 Diese Auffassung geht zugegebenermaßen stark vom deutschen Verständnis der AGB-Inhaltskontrolle aus.383 Art. 83 GEKVorschlag ist nicht derart klar formuliert wie § 307 II Nr. 1 BGB. Insofern könnte man den Verweis auf die vertraglichen Rechte und Pflichten auch bloß im Sinne eines 374

Ernst, S. 101; Budde/Eckhoff, S. 130. Kritisch, da die Bedeutung dieser Umstände unklar bleibt, Möslein, S. 281. 376 Vgl. von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1989). 377 Mazeaud, S. 128. 378 Vgl. auch Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (849): „zivilistische Begriffstradition“. 379 Anderenfalls gäbe es auch keine Kritik an der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr, vgl. oben H. I. 3. c). 380 Ernst, S. 102; Möslein, S. 279; vgl. auch Hellwege/Miller, S. 445. 381 von Westphalen, Auswirkungen, S. 51 f.; ders., ZIP 2011, 1985 (1988 f.). Nach dem Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 soll die Definition teilweise wörtlich verändert in einen neuen Art. 2 lit. fe) verschoben werden. 382 Vgl. zur parallelen Problematik bei Art. 86 GEK-Vorschlag von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (448) sowie sogleich unter 3. 383 So auch Hellwege, IHR 2012, 221 (226 f.); vgl. auch ders./Miller, S. 445. 375

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H. Inhaltskontrolle

Verweises auf die zwingenden Regeln des GEK-Vorschlags verstehen. Da jedoch nach Art. 4 I GEK-Vorschlag eine rein autonome Auslegung vorgeschrieben ist, dürfte sich das Leitbild der richterlichen Kontrolle an allen Vorschriften des GEKVorschlags, also auch den dispositiven, orientieren.384 Darüber hinaus hilft an dieser Stelle auch ein Blick auf die parallele Problematik im DCFR. Dort ergibt sich die Berücksichtigung des dispositiven Rechts aus dem Erfordernis der „erheblichen Benachteiligung“.385 Darauf stellen auch Art. 81 Machbarkeitsstudie („significantly disadvantages the consumer“) bzw. Art. 83 GEK-Vorschlag („erhebliches Ungleichgewicht zu Lasten des Verbrauchers“) maßgeblich ab. Dementsprechend bildet das dispositive Recht auch bei Verbraucherverträgen in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag das gesetzliche Leitbild der Inhaltskontrolle. Nichtsdestotrotz sollte die Vorschrift in dieser Hinsicht aber klarer formuliert werden, um Abweichungen in der Anwendung durch die Gerichte der anderen 27 Mitgliestaaten zu vermeiden.386 c) Per se unfaire Vertragsbestimmungen („schwarze Liste“) und Vermutungsregeln („graue Liste“) Art. 83 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 84 GEK-Vorschlag enthalten einen Klauselkatalog, bei dem die Unfairness der betreffenden Bestimmung unwiderlegbar vermutet wird („schwarze Liste“).387 Eine Prüfung wie sie die Generalklausel in Art. 81 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 83 GEK-Vorschlag erfordert, ist daher nicht notwendig.388 Der GEK-Vorschlag übernimmt nahezu vollständig den Katalog der Machbarkeitsstudie.389 Gleichzeitig stellt diese Erweiterung nach Vorbild des § 309 BGB auch einen deutlichen Fortschritt gegenüber den nur spärlichen Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit des DCFR dar.390 Wie schon der DCFR enthalten Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag in Art. 84 bzw. Art. 85 auch einen Klauselkatalog, bei dem die Unfairness zwar vermutet wird, aber durch weitere Umstände ebenso widerlegt werden kann („graue

384

Vgl. Möslein, S. 280. Man könnte die Bezugnahme auf die Vorschriften des GEKVorschlags auch in das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs i.S.d. Art. 2 lit. b) GEK-VO hineinlesen. 385 s. oben H. V. 3. a). 386 Ebenso Ernst, S. 102; Möslein, S. 280. 387 Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 84 GEK Rn. 1. 388 Vgl. von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (447). 389 Einzig lit. h) in Art. 83 Machbarkeitsstudie wird nicht übernommen. Teilweise kritisch zu den einzelnen Buchstaben Mazeaud, S. 128; Möslein, S. 282; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (278 f.). 390 Zu den Buchstaben im Einzelnen Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 84 GEK Rn. 3 ff.; von Westphalen, Auswirkungen, S. 53 ff.; ders., ZIP 2011, 1985 (1987).

VI. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag

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Liste“).391 Gegenüber Art. II.-9:410 DCFR wurde diese Liste um neun Punkte erweitert.392 An dieser Stelle wird aber ebenfalls ein Manko der Vorschriften der Machbarkeitsstudie und des GEK-Vorschlags deutlich. Der Anwendungsbereich der einzelnen b2c-Kontrollvorschriften wird nämlich nicht einheitlich definiert. Während die jeweiligen Generalklauseln ausdrücklich nur die Kontrolle nicht individuell ausgehandelter Vertragsbestimmungen erfassen, sprechen die Klauselkataloge jeweils nur von Vertragsbestimmungen. Kritisiert wird an dieser Formulierung, dass sie offenlasse, in welcher Beziehung die graue und die schwarze Liste zu den Generalklauseln stünden, und ob die Aufzählung der verschiedenen Faktoren in Art. 82 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 83 II GEK-Vorschlag nur für die Bewertung nach der Generalklausel gelte.393 Meines Erachtens sind Art. 84 und Art. 85 GEK-Vorschlag dahingehend zu verstehen, dass die Klauselkataloge über nicht individuell ausgehandelte Bedingungen hinaus sämtliche Vertragsbestimmungen erfassen.394 Dass die Verfasser des GEK-Vorschlags die Klarstellung in Art. 81 II Machbarkeitsstudie nicht übernommen haben und auch in Art. 85 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 86 GEK-Vorschlag ausdrücklich nicht individuell ausgehandelte Klauseln fordern, lässt auf eine bewusste Entscheidung für den Wortlaut der grauen und schwarzen Liste schließen. Dementsprechend haben diese Vorschriften – im Gegensatz zu den §§ 308 f. BGB und im Ergebnis auch nicht nachvollziehbar – einen weiteren Anwendungsbereich als die eigentliche Generalklausel. Die Faktoren des Art. 82 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 83 II GEK-Vorschlag können aber auch im Rahmen der Art. 84 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 85 GEKVorschlag („graue Liste“) herangezogen werden.395 Der Wortlaut bezieht sich auf die „Unfairness einer Vertragsbestimmung für die Zwecke dieses Abschnitts“,396 so dass alle Vorschriften des zweiten Abschnitts angesprochen sind. Logischerweise sind die Faktoren aber nicht auf die schwarze Liste anzuwenden.397

391 Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 85 GEK Rn. 1; von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1987); Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (851 f.). Kritisch zur Regelungstechnik von Art. 85 GEK-Vorschlag Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (280 Fn. 131); Überarbeitungsbedarf sieht auch Zöchling-Jud, AcP 212 (2012), 550 (570). 392 Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 85 GEK Rn. 2. Der GEK-Vorschlag enthält gegenüber der Machbarkeitsstudie einen zusätzlichen Buchstaben (lit. w). Teilweise Erläuterung verschiedener Buchstaben bei von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1988); zu Art. 85 lit. m) Wendehorst, S. 103. 393 Ernst, S. 99 f.; vgl. auch Budde/Eckhoff, S. 130. 394 Ebenso Ernst, S. 100. 395 A.A. Ernst, S. 100. 396 Hervorhebung durch den Verfasser. 397 Vgl. Ernst, S. 100.

326

H. Inhaltskontrolle

3. Unternehmerverträge (b2b) Die Generalklausel für Unternehmerverträge befindet sich in Art. 85 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 86 GEK-Vorschlag. Eine Bedingung ist danach „nur dann“ unangemessen, wenn sie im Sinne von Art. 7 GEK-VO nicht individuell ausgehandelt wurde (lit. a) und so beschaffen ist, dass ihre Verwendung unter Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs gröblich von der guten Handelspraxis abweicht.398 Dies entspricht fast vollständig Art. II.-9:405 DCFR. Im Unterschied zum DCFR muss es sich bei den Bedingungen jedoch nicht speziell um AGB handeln, sondern es genügt jede nicht individuell ausgehandelte Vertragsbestimmung.399 Die von der Verbraucherregelung abweichende Gesetzesfassung für Unternehmerverträge soll wie schon im DCFR dem Umstand Rechnung tragen, dass die Klauselkontrolle im unternehmerischen Verkehr anderen Maßstäben folgen muss.400 Die Machbarkeitsstudie enthält zusätzlich noch die Erfordernisse des Stellens401 der Bedingungen durch eine Vertragspartei und einer erheblichen Benachteiligung. In der Sache ergibt dies jedoch keinen Unterschied, da die Feststellung einer erheblichen Benachteiligung ohnehin notwendige Voraussetzung zur Feststellung eines gröblichen Abweichens von der guten Handelspraxis ist.402 Maßgebliche Faktoren sind gemäß Art. 85 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 86 II GEK-Vorschlag wiederum das Wesen des Vertragsgegenstands,403 die Umstände des Vertragsschlusses, die übrigen Vertragsbestimmungen und Bestimmungen in Verträgen, von denen der betreffende Vertrag abhängt. Auch für Unternehmer gilt daher wieder zusätzlich zum überindividuell-generalisierenden ein konkret-individueller Maßstab. Angesichts des abweichenden Wortlauts und des damit einhergehenden unterschiedlichen Prüfungsmaßstabs stellt sich aber wie schon im DCFR die Frage, ob auch für Art. 85 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 86 GEK-Vorschlag die übrigen Vorschriften der betreffenden Regelwerke als gesetzliches Leitbild der Inhaltskontrolle genutzt werden können. Dies wird teilweise wie bei der Generalklausel für Ver398 Der Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 sieht eine Änderung des Wortlauts von Art. 86 GEK-Vorschlag vor. Danach soll nicht die gute, sondern (branchen)übliche Handelspraxis maßgeblich sein („customary“). 399 Zustimmend für die Machbarkeitsstudie Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (843). 400 Ernst, S. 103; vgl. auch Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (279 a.E.); skeptisch, ob dies in der Praxis auch befolgt werden wird Wendehorst, S. 104; Ackermann, S. 57 f.; Ernst (a.a.O.); Hellwege, IHR 2012, 221 (227); ablehnend gegenüber dem „doppelten Maßstab[s]“ Zimmermann, JBl 2012, 2 (16). 401 Was jedoch nach der Definition in Art. 5 I Machbarkeitsstudie an dieser Stelle überflüssig ist, vgl. oben F. VI. 402 s. oben zum DCFR H. V. 4. 403 Die deutsche Übersetzung von Art. 86 II lit. a) GEK-Vorschlag ist m. E. aber in Vergleich mit der englischen Fassung und Art. 85 II Machbarkeitsstudie unpassend (s. schon oben H. V. 4.).

VI. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag

327

braucherverträge404 bejaht.405 Allerdings stellt Art. 85 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 86 GEK-Vorschlag wie schon Art. II.-9:405 DCFR ausdrücklich auf ein Abweichen von der „guten Handelspraxis“ ab. Zudem fehlt – im Gegensatz zur jeweiligen Verbraucher-Generalklausel – der Zusatz, dass das erhebliche Ungleichgewicht „in Bezug auf die vertraglichen Rechte und Verpflichtungen“ der Parteien bestehen muss. Wahrscheinlich wurde einfach unbesehen die Formulierung des DCFR übernommen. Insofern bietet sich an dieser Stelle ein Rückgriff auf die oben zu Art. II.-9:405 DCFR geführte Diskussion an.406 Eine Gesamtbetrachtung der eigentlichen Kontrollvorschriften in Art. 85 I Machbarkeitsstudie bzw. Art. 86 I GEKVorschlag und der dabei zu berücksichtigenden Faktoren in Art. 85 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 86 II GEK-Vorschlag ergibt demnach, dass das dispositive Recht auch bei Unternehmerverträgen in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag zum gesetzlichen Leitbild der Inhaltskontrolle erhoben wird.407 Daher muss auch hier zunächst durch einen Rechtslagenvergleich mit dem dispositiven Recht eine Benachteiligung des Klauselgegners durch die AGB-Verwendung festgestellt werden, die nicht nur Bagatellcharakter haben darf. Auch hier ist bei unklaren AGB wieder gemäß Art. 63 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 65 GEK-Vorschlag die kundenfeindlichste Auslegungsmöglichkeit maßgeblich.408 Danach hat eine umfassende Interessenabwägung unter Bezugnahme auf die „gute Handelspraxis“ zu erfolgen. Es genügt also nicht jeder Interessenkonflikt, um die Unwirksamkeit einer Klausel zu begründen. Ein „gröbliches Abweichen von der guten Handelspraxis“ liegt erst dann vor, wenn die Interessen des Verwenders im Vergleich zu denen seines Vertragspartners außer Verhältnis stehen.409 Dafür kommt es auch bei Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag auf das Zusammenwirken der Klausel mit anderen AGB („Summierungseffekt“), eventuelle Vorteile, Risikobeherrschung, Versicherbarkeit und Rationalisierungseffekte an.410 Hinzu kommen noch Erwägungen einer „vernünftigen unternehmerischen Praxis unter Beachtung von Bran-

404

s. soeben 2. c). von Westphalen, EU-Kaufrecht und CISG, S. 199 ff.; ders., NJOZ 2012, 441 (448). 406 s. oben H. V. 4. Eine „eindeutige, zwingende Parallele“ zur § 307 II Nr. 1 BGB ist entgegen der Auffassung von von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (448) m. E. nicht ohne weiteres ersichtlich. 407 Wie hier (wenn auch mit anderer Begründung) von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (447 f.); in diesem Sinne auch Möslein, S. 284 f.; a.A. Ernst, S. 102 f.; Hellwege, IHR 2012, 221 (227 f.); ders./Miller, S. 448; Ayad/Schnell, BB 2012, 1487 (1492); W. Müller/Schilling, BB 2012, 2319 (2323); Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (279); wohl auch Ackermann, S. 57 f. 408 Nach dem Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 soll auch Art. 65 GEK-Vorschlag aufgehoben und die Regelung in Art. 62 eingefügt werden. 409 Möslein, S. 284 f.: „Handelsüblichkeit als Korrektiv“; anderer Ansatz bei Hellwege, IHR 2012, 221 (227 f.). 410 Vgl. von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (447 f.). 405

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H. Inhaltskontrolle

chenbesonderheiten“411 sowie die in Art. 85 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 86 II GEK-Vorschlag genannten Kriterien. Im Gegensatz zu Art. II.-9:402 I DCFR gilt das Transparenzgebot des Art. 80 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 82 GEK-Vorschlag nur für Verbraucherverträge und nicht ebenfalls für nicht individuell ausgehandelte Bedingungen in Unternehmerverträgen. Auch eine allgemeine Vorschrift wie Art. II.-9:407 I DCFR, der eine Berücksichtigung der Transparenz in allen Vertragstypen vorsieht, wurde nicht in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag übernommen. Die Transparenz einer Klausel ist gemäß Art. 82 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 83 II lit. a) GEK-Vorschlag allein im Rahmen der Generalklausel für Verbraucherverträge ein relevanter Faktor für die Ermittlung des Unangemessenheitsurteils. Das überzeugt letztlich aber nicht, da Transparenz auch im unternehmerischen Verkehr erforderlich ist und vor allem auch entsprechend den Anforderungen des Geschäftsverkehrs gehandhabt werden kann.412 Unklar ist allerdings, ob die Klauselkataloge der grauen und schwarzen Liste im Rahmen der unternehmerischen Generalklausel berücksichtigt werden sollen. Dies ist meines Erachtens abzulehnen. Zunächst befinden sich die Klauselkataloge bei beiden Regelwerken im deutlich abgegrenzten Abschnitt für Verbraucherverträge und sollen ausweislich ihres jeweiligen Wortlauts nur „für die Zwecke dieses Abschnitts“ („for the purposes of this Section“) gelten. Zudem enthalten weder die Machbarkeitsstudie noch der GEK-Vorschlag eine § 310 I 2 Hs. 1 BGB entsprechende Vorschrift, die im BGB eine Berücksichtigung der §§ 308, 309 anordnet. Art. 85 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 86 II GEK-Vorschlag sehen für die Prüfung der Unfairness einer Vertragsbestimmung für die Zwecke dieses Abschnitts dagegen nur die Berücksichtigung vertragsbezogener Umstände vor. Hätten die Verfasser daher die Anwendung der Klauselkataloge – sofern auf den b2b-Verkehr übertragbar413 – tatsächlich gewollt, hätten sie dies wahrscheinlich ausdrücklich klargestellt. Das ändert zwar nichts an der Tatsache, dass die in den Katalogen aufgeführten Klauseln – wie im deutschen Recht – ebenso nach der Generalklausel im unternehmerischen Verkehr unwirksam sein können.414 Jedoch hat diese Feststellung in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag ausschließlich anhand der Generalklausel zu erfolgen, ohne dass die graue und schwarze Liste eine diesbezügliche Indizwirkung entfalten.415 Ansonsten stimmen aber auch Art. 85 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 86 GEKVorschlag mit dem DCFR überein. Daher kann auch im Übrigen für die Inhalts411

Vgl. Pfeiffer, GS Wolf, S. 116 (zu Art. II.-9:405 DCFR). Ebenso Möslein, S. 276 f.; vgl. schon oben zum BGB H. I. 3. cc). 413 Vgl. Ernst, S. 103 Fn. 36. 414 Vgl. von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1993). 415 Wie hier Ayad/Schnell, BB 2012, 1487 (1492); ablehnend wohl auch Budde/Eckhoff, S. 131. Für eine Indizwirkung der Art. 84, 85 GEK-Vorschlag dagegen Möslein, S. 284; von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1993 ff.). 412

VI. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag

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kontrolle in Unternehmerverträgen auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.416 Wie gesehen liegt also die inhaltliche Kontrolle nicht individuell ausgehandelter Bedingungen in Unternehmerverträgen auch bei Machbarkeitsstudie und GEKVorschlag auf einer Linie mit § 307 BGB.417 Allerdings lässt sich diese Auffassung nur einer Gesamtschau entnehmen. Eine Klarstellung wäre insofern wünschenswert. 4. Keine Regelung für Nichtunternehmer Nicht in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag übernommen wurde auch die Regelung zu Nichtunternehmern in Art. II.-9:404 DCFR. Die Gründe hierfür dürften vor allem im Anwendungsbereich des zukünftigen GEK liegen, da dieses nur von Verbrauchern und Unternehmern gewählt werden kann.418 Die Ausnahme von Verträgen zwischen nichtunternehmerisch tätigen Personen aus dem Anwendungsbereich des GEK-Vorschlags wurde bei dessen Darstellung bereits kritisiert. Die fehlende Regelung dieser Verträge bei der Inhaltskontrolle ist insofern zwar konsequent, aber in der Sache dennoch verfehlt.419 5. Keine Übernahme von Abschnitt 4 der Machbarkeitsstudie Die Machbarkeitsstudie enthält bei den Inhaltskontrollvorschriften noch einen vierten Abschnitt (Art. 86 f.), wonach die Unangemessenheit von Vertragsbedingungen auch daraus folgen kann, wie die Zustimmung der anderen Partei zu diesen Bedingungen erreicht wurde. Diese Vorschriften behandeln typische Fragen der Einbeziehung und sind daher schon oben erörtert worden.420 Der GEK-Vorschlag behandelt daher die Regelungsmaterie des Art. 86 Machbarkeitsstudie im 7. Kapitel bei Inhalt und Wirkungen des Vertrages (s. Art. 70 GEK-Vorschlag). Merkwürdigerweise wurde dagegen Art. 87 Machbarkeitsstudie zum Themenkreis der überraschenden Bedingungen gar nicht in den GEK-Vorschlag übernommen. Wie bereits dargestellt muss der Schutz vor überraschenden Bedingungen deswegen über eine verstärkte Kontrolle der Einbeziehung bewerkstelligt werden.421

416 417 418 419 420 421

Oben H. V. 4. Vgl. von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (447). s. oben D. V. 3. Ebenfalls kritisch Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (845). s. oben G. II. 1. f) und G. II. 4. d). s. oben G. II. 4. d).

330

H. Inhaltskontrolle

6. Verhältnis der Inhaltskontrollvorschriften des GEK zum anwendbaren nationalen Recht Durch die Vorschaltlösung und die Notwendigkeit einer Vereinbarung des GEK ist dieses im Regelfall auch das anwendbare Vertragsrechtsregime. Da zudem gemäß Art. 8 III GEK-VO in Verbraucherverträgen das GEK nur in seiner Gesamtheit vereinbart werden darf, ist eine Konkurrenz der Inhaltskontrollvorschriften des GEK mit denen des an sich anwendbaren nationalen Rechts ausgeschlossen. Dasselbe gilt auch für Unternehmerverträge, da die dort erlaubte teilweise Vereinbarung des GEK durch dessen zwingende Vorschriften, zu denen die Inhaltskontrolle gemäß Art. 81 GEK-Vorschlag zählt, beschränkt ist.422 Die Wahl des GEK überlagert insofern die Anwendung der nationalen Vorschriften der Inhaltskontrolle, selbst wenn diese zwingend ausgestaltet sind. Anders verhält es sich wiederum, wenn die GEK-Vorschriften außerhalb ihres Anwendungsbereichs als AGB oder Individualvereinbarung in den Vertrag einbezogen werden. In diesem Fall genießen die zwingenden Inhaltskontrollvorschriften des anwendbaren nationalen Rechts Vorrang. 7. Kontrolle der GEK-Vorschriften als AGB des Vertrages Falls die GEK-Vorschriften nur als AGB in den Vertrag einbezogen werden, unterliegen sie wie schon PICC, PECL und DCFR selbst vollumfänglich der nationalen Inhaltskontrolle. Dass es sich hier letztlich um europäisches Sekundärrecht handelt, hat bei der Beurteilung richtigerweise außer Betracht zu bleiben. Maßgeblich ist lediglich, dass es sich um von einer Vertragspartei gestellte AGB handelt. Im Falle einer Individualvereinbarung sind wiederum nur die allgemeinen Unwirksamkeitsgründe maßgeblich. 8. Fazit zur Inhaltskontrolle im GEK-Vorschlag Für den GEK-Vorschlag ergibt sich bei der Inhaltskontrolle also ein gemischtes Fazit. Im bisherigen Schrifttum haben die Kontrollvorschriften teilweise vernichtende Kritik erfahren. Diese wendet sich etwa gegen die in den Generalklauseln verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe.423 Auch die gegenüber der Klauselrichtlinie abweichende Wortwahl erschwere die Anwendung des GEK, da EuGHUrteile zur Auslegung der Klauselrichtlinie nicht mehr direkt angewendet werden könnten. Vielmehr müsse zunächst geprüft werden, ob das Urteil auf das GEK

422

Vgl. oben D. V. 4. b). Vgl. Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 83 GEK Rn. 13; Möslein, S. 279: „weder der gerichtlichen Praxis noch dem geschäftlichen Verkehr eine brauchbare Entscheidungshilfe“. 423

VI. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag

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übertragbar sei.424 Diese Argumente können aber grundsätzlich gegenüber sämtlichen Gesetzesnovellen geltend gemacht werden. Eine Generalklausel kommt schon begriffslogisch nicht ohne unbestimmte Rechtsbegriffe aus. Des Weiteren ist es nicht ungewöhnlich, dass Urteile hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf andere Sachverhalte überprüft werden müssen. Da sich die Kommission bei der Ausarbeitung des GEK aber deutlich an der Klauselrichtlinie orientiert hat,425 ist eine Übertragbarkeit meines Erachtens nicht völlig ausgeschlossen, sondern kann trotz des teilweise abweichenden Wortlauts erfolgen. Teilweise wird auch die unterschiedliche Behandlung von b2c- und b2b-Verträgen kritisiert.426 Da sich jedoch die Verbraucherund Unternehmersituation erheblich voneinander unterscheidet, ist eine getrennte Beurteilung durchaus sachgerecht. Für Verbraucherverträge erreicht das GEK durchaus ein Schutzniveau, das den Vorgaben der Klauselrichtlinie entspricht.427 Sogar noch weiter geht von Westphalen, der den Vorschriften attestiert, sie erreichten „auf jeden Fall den Standard des deutschen Rechts in den §§ 305 ff. BGB“ und gewährten in Verbraucherverträgen sogar „einen höheren Schutzstandard als das deutsche Recht“.428 Eine Wahl des GEK sei daher für Verbraucher bedenkenlos möglich.429 Nach anderer Ansicht liegt das Schutzniveau dagegen niedriger als in anderen Mitgliedstaaten,430 was insbesondere an dem gegenüber Art. 81 Machbarkeitsstudie verringerten Schutzbereich des Art. 83 GEK-Vorschlag liege.431 Nach Sinn und Zweck ist eine Kontrolle von Vertragsbestimmungen indes nur geboten, wenn diese nicht individuell ausgehandelt sind. Bei entsprechender Anwendung der Kontrollvorschriften ist für Verbraucherverträge auch meines Erachtens ein dem BGB ebenbürtiger Schutzstandard gegeben. Darüber hinaus sollte eine Art. II.-9:402 II DCFR entsprechende Klarstellung aufgenommen werden, dass Intransparenz in Verbraucherverträgen unter Umständen allein schon für die Annahme einer unangemessenen Benachteiligung ausreicht. Ob die Klauselkataloge der grauen und schwarzen Liste des GEK-Vorschlags jeweils zu lang geraten sind432 oder ob eine Klausel statt in die eine doch besser in die

424 Insofern bestehe die Gefahr eines „gespaltenen Bestand[s] von europäischem case law, Ernst, S. 101; vgl. auch Möslein, S. 260. 425 Vgl. insofern etwa Art. 83 GEK-Vorschlag mit Art. 3 und 4 der Klauselrichtlinie sowie Art. 84 lit. a), c), Art. 85 lit. d), e), g), h) und j) GEK-Vorschlag mit Nr. 1 lit. a), c), d), e), g), h) und j) des Anhangs zur Klauselrichtlinie. 426 Vgl. Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 86 GEK Rn. 7. 427 Ernst, S. 105; ebenso von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1988). 428 von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1987 ff.); vgl. auch Budde/Eckhoff, S. 130. 429 von Westphalen, Auswirkungen, S. 61. 430 So im Vergleich zu österreichischem Recht Docekal, S. 310 ff.; s. auch A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (481). 431 Wendehorst, S. 100, 105. 432 Vgl. die Kritik von Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 85 GEK Rn. 10 f. und ders., S. 128.

332

H. Inhaltskontrolle

andere Liste aufgenommen worden wäre,433 ist letztlich abhängig von der persönlichen Sichtweise.434 Weitaus problematischer ist allerdings der erweiterte Anwendungsbereich der Art. 84 und 85 GEK-Vorschlag.435 Warum die speziellen Klauselverbote für alle Vertragsbestimmungen gelten sollen, die Generalklausel dagegen nur für nicht individuell ausgehandelte, erschließt sich einfach nicht. Möglicherweise wurde hier schlicht die in Art. II.-9:403 DCFR angeklungene Meinungsverschiedenheit zwischen Study Group und Acquis Group unbesehen übernommen. Diesbezüglich sollten die Vorschriften überarbeitet werden. Auch bei Unternehmerverträgen gewährt das GEK nach hier vertretener Auffassung einen mit § 307 BGB vergleichbaren Schutz.436 Nach anderer Ansicht ist jedoch nicht das gesetzliche Leitbild, sondern allein das gröbliche Abweichen von der guten Handelspraxis der einzige Maßstab für die Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr.437 Gerade deswegen sei eine unterschiedliche Anwendung der Vorschrift in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu erwarten, wodurch sich das Ergebnis der Inhaltskontrolle nicht mit Sicherheit vorhersagen lasse. Dadurch würden vor allem mittelständische Unternehmer von der Vereinbarung des GEK abgehalten.438 Der Prüfungsmaßstab des Art. 86 GEK-Vorschlag hat in der Tat eine große Bedeutung im Hinblick auf die unternehmerischen Überlegungen bei der Wahl des GEK, insbesondere was die Senkung der Transaktionskosten angeht. Das GEK kann nur überzeugen, wenn es sich sowohl für den b2c- als auch den b2b-Verkehr eignet, anderenfalls müssen in den meisten Fällen nach wie vor noch unterschiedliche AGB bereitgehalten werden. Stellt man daher, entgegen der hier vertretenen Auffassung, allein darauf ab, ob der Gebrauch der betreffenden AGB gröblich von der guten Handelspraxis abweicht, wird die Inhaltskontrolle zu einem komplizierten und vor allem nicht einschätzbaren Risikofaktor. Die Unsicherheiten beginnen schon bei der Ermittlung der guten Handelspraxis.439 Des Weiteren stellt sich unter Umständen die Frage, wie bei Fehlen einer Handelspraxis zu verfahren ist und ob es genügt, dass eine solche eventuell gesetzlich normiert wurde und nicht mehr einfach nur als praktische 433

Mazeaud, S. 128; vgl. auch Ernst, S. 100 f. s. etwa Pfeiffer, ERPL 2011, 835 (850 und 853), der grundsätzlich begrüßt, dass die Liste in Art. 85 GEK-Vorschlag nicht zu knapp gehalten ist und für eine Aufnahme weiterer Tatbestände in die schwarze Liste plädiert, statt sie als zwingendes Recht zu behandeln. Ernst, S. 105, sieht die „Tendenz zu einer Überregulierung im Detail.“ 435 s. auch Ernst, S. 100: „kein Glanzstück der Gesetzgebungskunst“. 436 von Westphalen, NJOZ 2012, 441 (447); vgl. auch Drygala, JZ 2012, 983 (990), der Art. 86 GEK-Vorschlag eine Orientierungsfunktion für die AGB-Reform im unternehmerischen Verkehr zuerkennt. 437 Vgl. Ernst, S. 103; Hellwege, IHR 2012, 221 (226 f.); W. Müller/Schilling, BB 2012, 2319 (2323). 438 Ernst, S. 104; vgl. auch Hellwege, IHR 2012, 221 (227). 439 Vgl. Hellwege, IHR 2012, 221 (227 ff.). 434

VI. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag

333

Übung fortbesteht.440 Es besteht also die Gefahr, dass die mit dem GEK einhergehenden Unwägbarkeiten das Regelwerk als Alternative zum bisherigen Rechtszustand unattraktiv machen.441 Die Gerichte sollten sich daher zur Konkretisierung des Maßstabs der Inhaltskontrolle am dispositiven Recht des GEK orientieren.442 Nicht überzeugend ist aber die eingeschränkte Geltung des Transparenzgebots. Dessen Anwendungsbereich sollte über die Vorgaben der Klauselrichtlinie hinaus auf Unternehmerverträge erweitert werden, da mangelnde Transparenz ebenso im unternehmerischen Geschäftsverkehr Probleme bereitet. Ein berechtigter Einwand gegen die Inhaltskontrollvorschriften des GEK-Vorschlags ist zudem die starke Orientierung an Systematik und Aufbau des BGB.443 Inwieweit dies die Akzeptanz des Regelwerks in Europa beeinflussen wird, lässt sich momentan noch nicht absehen. In jedem Fall ist aber eine Überarbeitung an den genannten Stellen geboten, um eine einheitliche Anwendung in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu gewährleisten.444 9. Zusammenfassung Auch in Art. 77 ff. Machbarkeitsstudie und Art. 79 ff. GEK-Vorschlag ist die Inhaltskontrolle von AGB zwingend ausgestaltet und unterscheidet zwischen Verbraucher- und Unternehmerverträgen. Nicht kontrolliert werden wiederum deklaratorische Vorschriften, reine Leistungsbeschreibungen und Preisabsprachen. Letztere müssen aber ebenso – im GEK-Vorschlag nur bei Verbraucherverträgen – transparent ausgestaltet sein. Für Verbraucherverträge enthalten auch Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag neben einer Generalklausel eine sog. graue und schwarze Liste mit Klauselverboten. Die Generalklauseln in Art. 81 I Machbarkeitsstudie bzw. Art. 83 I GEK-Vorschlag greifen jeweils ein, wenn die betreffende AGB entgegen dem Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs in Bezug auf die vertraglichen Rechte und Verpflichtungen der Vertragsparteien ein erhebliches Ungleichgewicht zu Lasten des Verbrauchers erzeugt. Dementsprechend stimmt das Prüfungsprogramm mit Art. II.-9:403 DCFR und insofern auch § 307 I 1 BGB überein. Eine Aufzählung der maßgeblichen Faktoren für die erforderliche Interessenabwägung enthält Art. 82 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 83 GEK-Vorschlag.

440

Vgl. Ernst, S. 103. Ernst, S. 104; in diesem Sinne auch Balthasar, RIW 2012, 361 (364 f.): sinvollerweise Kombination von CISG mit Rechtsordnung, die keine Inhaltskontrolle vorsieht; Eidenmüller/ Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (279 f.). 442 Ernst, S. 102; Möslein, S. 279 f. 443 Ernst, S. 106. 444 Vgl. auch Hellwege, IHR 2012, 221 (231). 441

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H. Inhaltskontrolle

Das in Art. 80 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 82 GEK-Vorschlag vorgesehene Transparenzgebot gilt im Gegensatz zu DCFR und den übrigen Regelwerken ausschließlich für Verbraucherverträge und ist bei diesen auch nur ein zu berücksichtigender Faktor. Eine Verletzung des Transparenzgebots allein führt folglich nicht per se zur Unangemessenheit der AGB. Die schwarze Liste mit Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit enthält Art. 83 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 84 GEK-Vorschlag, die graue Liste für Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit findet sich in Art. 84 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 85 GEK-Vorschlag. Diese Klauselverbote sind allerdings nicht auf AGB oder nicht individuell ausgehandelte Bedingungen beschränkt, sondern finden auf sämtliche Vertragsbestimmungen Anwendung. Die Generalklausel für den unternehmerischen Geschäftsverkehr in Art. 85 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 86 GEK-Vorschlag erfasst AGB, die so beschaffen sind, dass ihre Verwendung unter Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs gröblich von der guten Handelspraxis abweicht. Wie im DCFR ist durch diese Formulierung aber richtigerweise nicht der Rückgriff auf das dispositive Recht als gesetzliches Leitbild der Inhaltskontrolle versperrt. Die Prüfung folgt daher demselben Muster wie bei Verbraucherverträgen, allerdings mit Fokus auf die Besonderheiten im unternehmerischen Geschäftsverkehr. Eine Anwendung der grauen und schwarzen Liste im Rahmen der unternehmerischen Generalklausel ist dagegen nach hier vertretener Auffassung abzulehnen. Im Verhältnis zur nationalen Inhaltskontrolle ist eine Konkurrenz mit der des GEK aufgrund des opt-in-Erfordernisses und der damit zwingend einhergehenden Vereinbarung der Art. 79 ff. GEK-Vorschlag ausgeschlossen. Diese genießen auch gegenüber nach nationalem Recht zwingenden Vorschriften Vorrang. Anders verhält es sich nur, wenn die GEK-Vorschriften lediglich als AGB oder Individualvereinbarung in den Vertrag einbezogen werden. In diesem Fall unterliegen sie zudem selbst der Inhaltskontrolle bzw. als Individualvereinbarung den allgemeinen Unwirksamkeitsgründen.

VII. Zusammenfassung zur Inhaltskontrolle Während die Einbeziehung bei den verschiedenen Regelwerken noch größtenteils in gleichen Bahnen verläuft, ergeben sich bei der Inhaltskontrolle erhebliche Unterschiede. Diese fangen bereits damit an, ob für eine solche überhaupt eigene Regelungen bestehen und, falls ja, ob diese Vorschriften allgemein – unabhängig von den inhaltlichen Voraussetzungen – im konkreten Fall anwendbar sind. Das BGB sieht für die inhaltliche Kontrolle von AGB eine Generalklausel und zwei spezielle Vorschriften mit Klauselverboten vor, wobei Letztere grundsätzlich nur bei Verbraucherverträgen Anwendung finden. Nach § 307 I BGB erfolgt eine zweistufige Prüfung. Zunächst muss eine Benachteiligung des Klauselgegners

VII. Zusammenfassung zur Inhaltskontrolle

335

festgestellt werden. Liegt eine Benachteiligung vor, ist schließlich anhand einer umfassenden Interessenabwägung zu ermitteln, ob diese auch unangemessen ist. Dabei ist insbesondere ein eventueller Ausgleich zu berücksichtigen, der aber richtigerweise mit der betreffenden Klauselregelung in einem sachlichen Zusammenhang stehen muss. Einen Unterfall der unangemessenen Benachteiligung bildet gemäß § 307 I 2 BGB das Transparenzgebot. Im Regelfall kann eine AGB daher allein schon durch ihre intransparente Gestaltung als unzulässig einzustufen sein. Allerdings dürfen die Anforderungen an die Transparenz nicht überdehnt werden, sondern müssen sich im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren bewegen. Dementsprechend sind auch (juristische) Fachbegriffe und ein ebensolcher Sprachstil nicht per se ausgeschlossen, bedürfen aber eventuell einer Erläuterung seitens des Verwenders. § 307 II BGB enthält zwei Konkretisierungen der Generalklausel. Dabei handelt es sich nicht lediglich um Regelbeispiele, sondern um zwingende Unwirksamkeitsgründe. Nach Nr. 1 wird der Grad der Abweichung zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung als Vergleichsmaßstab herangezogen (Leitbildkontrolle). Als gesetzliche Regelung im maßgeblichen Sinne kommen nicht nur Gesetze in Frage, sondern in beschränktem Maße auch ungeschriebene Rechtsgrundsätze. Nach hier vertretener Auffassung kann jedoch Richterrecht nicht als Vergleichsmaßstab für Nr. 1 herangezogen werden. Für die Ermittlung der wesentlichen Grundgedanken kommt es entscheidend darauf an, ob die entsprechende Regelung den Schutz des Vertragspartners bezweckt. Die Unvereinbarkeit mit den Grundgedanken wird auch hier wieder durch einen Rechtslagenvergleich festgestellt. Im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung ist dann abschließend zu klären, ob ein unvereinbarer Widerspruch zwischen der Klauselregelung und den ermittelten Grundgedanken besteht. § 307 II Nr. 2 BGB soll ein durch den Vertragsschluss hervorgerufenes Vertrauen des Klauselgegners schützen, indem der Verwender daran gehindert wird, sich durch AGB von seinen Verpflichtungen zu befreien oder sie jedenfalls zu verringern. Wesentlich sind solche Rechte und Pflichten, die von entscheidender Bedeutung für den Eintritt des vertraglich vereinbarten Erfolgs sind, also insbesondere die Hauptleistungspflichten. Das Vertrauen des Vertragspartners wird enttäuscht, wenn die Erreichung des vertraglichen Erfolges tatsächlich vollständig vereitelt, erheblich eingeschränkt oder eine Unsicherheit über das „ob“ seines Eintritts hervorgerufen wird. In Unternehmerverträgen findet richtigerweise ebenfalls eine Inhaltskontrolle statt. Wichtig ist aber, dass die Prüfung an die Unternehmersituation angepasst wird. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn kein Unterschied zu Verbrauchern erkennbar ist. In Anwendung des § 310 I 2 Hs. 1 BGB können den Klauselverboten der §§ 308, 309 BGB Leitlinien für die Anwendung der Generalklausel entnommen werden, sofern die dortigen Tatbestände nach Sinn und Zweck auf die Unternehmersituation anwendbar sind. Für § 308 BGB gilt dies grundsätzlich unbeschränkt,

336

H. Inhaltskontrolle

bei § 309 BGB nur für bestimmte Buchstaben. Insbesondere ist nach hier vertretener Auffassung § 309 BGB bei Anwendung im Rahmen des § 307 BGB ebenfalls als Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit zu behandeln. Nach § 310 I 2 Hs. 2 BGB können auch Gepflogenheiten und Handelsbräuche Einfluss auf das Unangemessenheitsurteil haben. In Verbraucherverträgen ist zudem immer § 475 BGB im Blick zu behalten, der den Vorschriften zur Inhaltskontrolle vorgeht. Ob und wie eine Inhaltskontrolle im CISG stattfindet, beurteilt sich gemäß Art. 4 S. 2 lit. a) nach dem unvereinheitlichten nationalen Recht. Wenn es sich dabei um deutsches Recht handelt, gelten die obigen Ausführungen grundsätzlich entsprechend. Sie müssen aber an einigen Stellen modifiziert werden. Zunächst handelt es sich bei Anwendbarkeit des CISG immer um einen Fall des § 310 I BGB, da der Vertragspartner ein Unternehmer ist oder die Unternehmereigenschaft zumindest fingiert wird. Für das Vorliegen einer deklaratorischen Klausel nach § 307 III 1 BGB ist auf die Vorschriften des CISG abzustellen. Das Gleiche gilt für die Bestimmung des gesetzlichen Leitbilds nach § 307 I 1 BGB und die wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in § 307 II Nr. 1 BGB. Bei der Anwendung von §§ 308, 309 BGB im Rahmen des § 307 BGB ist die gleiche Zurückhaltung geboten wie im BGB. Falls das anwendbare Recht keine Inhaltskontrolle vorsieht, handelt es sich um eine für den Rechtsanwender hinzunehmende Entscheidung. Eine „versteckte“ Inhaltskontrolle durch eine verstärkte Einbeziehungskontrolle ist unzulässig. Die PICC sehen keine umfassende eigene Inhaltskontrolle vor. Sie enthalten lediglich mehrere Vorschriften, die eine punktuelle AGB-Kontrolle ermöglichen. Für die Inhaltskontrolle ist auf nationales Recht zurückzugreifen. Nach Art. 1.6 II PICC ist dies auch ohne weiteres möglich, da die Inhaltskontrolle nicht zum Anwendungsbereich der PICC gehört. Soweit die PICC nicht im Wege einer „echten“ Rechtswahl wirksam als Vertragsstatut vereinbart werden können, haben sie ihrerseits nur den Status als Vertragsklausel oder eventuell sogar nur von AGB des Vertrages. Anders als im CISG ist daher bei Anwendbarkeit deutschen Rechts im Rahmen von §§ 307 I 1, II Nr. 1 und III 1 BGB nicht auf die PICC selbst, sondern das nationale Recht oder eventuell das CISG abzustellen. Sofern die PICC nur als AGB des Vertrages zur Anwendung kommen, unterliegen sie zudem selbst der Inhaltskontrolle des nationalen Rechts. Die PECL enthalten dagegen in Art. 4:110 eine eigene Vorschrift für die Inhaltskontrolle. Diese gilt für alle nicht individuell ausgehandelten Vertragsbestimmungen, also nicht nur für AGB. Von einer Kontrolle ausgenommen sind die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung und – sofern ausreichend transparent – reine Leistungsbeschreibungen. Für die Prüfung kommt es darauf an, ob die betreffende Bedingung zu einem wesentlichen Ungleichgewicht der vertraglichen Rechte und Pflichten führt. Die vorzunehmenden Prüfungsschritte sind insofern

VII. Zusammenfassung zur Inhaltskontrolle

337

vergleichbar mit denen bei § 307 II Nr. 1 und Nr. 2 BGB. Für das Verhältnis zur Inhaltskontrolle nach nationalem Recht ist danach zu unterscheiden, ob die PECL als anwendbares Recht vereinbart oder lediglich als AGB in den Vertrag einbezogen werden können. Sind die PECL wirksam als anwendbares Recht vereinbart, ist Art. 4:110 PECL als abschließende Kontrollnorm zu verstehen, die den Rückgriff auf nationale Kontrollvorschriften ausschließt. Sind die PECL dagegen nur als AGB vereinbart, gilt dasselbe wie für die PICC. Art. 4:110 PECL kann die zwingenden Inhaltskontrollvorschriften des nationalen Rechts nicht verdrängen und kommt insoweit nur als zusätzliche Kontrollnorm zur Anwendung. Im DCFR ist ein ganzes Kapitel der inhaltlichen Kontrolle von Vertragsbestimmungen gewidmet. Wie schon bei den PECL und auch im BGB erfolgt keine Kontrolle von Leistungsbeschreibungen und Klauseln betreffend die Preisäquivalenz. Daneben werden auch gesetzeswiederholende Bedingungen ausdrücklich ausgenommen. Das Transparenzgebot ist bei sämtlichen Inhaltskontrollvorschriften ein für das Unangemessenheitsurteil zu berücksichtigender Faktor. In Verbraucherverträgen genügt aber gegebenenfalls allein schon die Intransparenz für die Unwirksamkeit der betreffenden Klausel. Die Generalklausel in Art. II.-9:403 DCFR ist in ihrem Anwendungsbereich richtigerweise auf nicht individuell ausgehandelte Bedingungen zu beschränken. Das Prüfungsprogramm entspricht im Wesentlichen § 307 I 1 BGB, wobei insbesondere noch zu berücksichtigen ist, inwieweit der Vertragspartner vor Vertragsschluss die Möglichkeit hatte, sich mit dem Inhalt der maßgeblichen Klausel vertraut zu machen. Für Verbraucherverträge besteht auch eine „graue Liste“ mit Klauselverboten, die mit § 308 BGB vergleichbar ist. Ebenso sieht der DCFR auch dem § 309 BGB ähnliche Klauselverbote ohne entsprechende Wertungsmöglichkeit vor („schwarze Liste“). Von diesem absoluten Klauselverbot innerhalb der AGB-Vorschriften ist lediglich der Fall eines ausschließlichen Gerichtsstands am Unternehmersitz für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag betroffen. Ein anderes absolutes Klauselverbot findet sich in Art. III.-3:105 I DCFR und betrifft die Einschränkung der Haftung bei Personenschäden, die vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurden. Bei Unternehmerverträgen können ausdrücklich nur AGB kontrolliert werden. Eine Klausel ist nach der Generalklausel in Art. II.-9:405 DCFR unangemessen, wenn ihr Gebrauch unter Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs gröblich von der guten Handelspraxis abweicht. Im Gegensatz zur Generalklausel bei Verbraucherverträgen wird keine erhebliche Benachteiligung des Klauselgegners gefordert, so dass das gröbliche Abweichen von der guten Handelspraxis das einzige Tatbestandsmerkmal bildet. Nach hier vertretener Auffassung folgt daraus jedoch nicht, dass kein Vergleich mit den dispositiven Vorschriften des DCFR angestellt werden kann. Vielmehr legen die Faktoren in Art. II.-9:407 DCFR, die auch für den unternehmerischen Geschäftsverkehr gelten, einen Rückgriff auf das dispositive Recht nahe. Zudem wäre sonst auch keine ein-

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H. Inhaltskontrolle

heitliche Anwendung der Vorschrift möglich. Im Ergebnis erfolgt die Prüfung daher nach demselben Schema wie in Art. II.-9:403 DCFR und § 307 I 1 BGB im Unternehmerverkehr. Darüber hinaus erlaubt Art. II.-9:404 DCFR auch die Kontrolle von Klauseln in Verträgen zwischen Nichtunternehmern. Auch hier muss es sich aber zwingend um AGB handeln. Im Übrigen verläuft die Prüfung wie bei b2c-Verträgen. Sofern nur eine Partei weder Verbraucher noch Unternehmer ist, kommt eine analoge Anwendung der Kontrollvorschriften in Betracht. Für das Verhältnis zu den Inhaltskontrollvorschriften des nationalen Rechts gilt dasselbe wie bei den PECL. Kann der DCFR wirksam als anwendbares Recht vereinbart werden, sind seine Inhaltskontrollvorschriften als abschließende Regelung zu sehen, die den Rückgriff auf nationales Recht ausschließen. Gelten die DCFR-Vorschriften dagegen nur als AGB des Vertrages, müssen sie sich den zwingenden Normen des anwendbaren nationalen Rechts unterordnen und können daher die Inhaltskontrolle im Regelfall lediglich ergänzen. Die Inhaltskontrolle bei Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag weist dagegen deutliche Unterschiede auf. So gilt das Transparenzgebot ausschließlich bei Verbraucherverträgen. Zudem wurde Art. II.-9:402 II DCFR nicht übernommen, so dass zusätzlich zur Intransparenz immer auch eine unangemessene Benachteiligung erforderlich ist und diese nicht allein aus dem Verstoß gegen das Transparenzgebot gefolgert werden kann. Diese Entscheidungen der EU-Kommission orientieren sich ersichtlich an den Vorgaben der Klauselrichtlinie. Da allerdings nach Vorstellung der Kommission neben Verbrauchern vor allem KMUs das GEK nutzen sollen und intransparente Regelungen nicht nur Verbraucher betreffen, sollte eine Anwendung auf den unternehmerischen Verkehr ebenfalls in Betracht gezogen werden, beispielsweise nach Vorbild des DCFR als allgemeiner Faktor in der Beurteilung. Darüber hinaus ist vor dem Hintergrund des angestrebten hohen Verbraucherschutzniveaus auch nicht ganz nachvollziehbar, warum Intransparenz in Verbraucherverträgen unter Umständen nicht allein für die Unangemessenheit genügen soll. Die jeweilige Generalklausel für Verbraucherverträge liegt auf der Linie des DCFR. Im Gegensatz zur Machbarkeitsstudie stellt Art. 83 GEK-Vorschlag aber klar, dass nur nicht individuell ausgehandelte Bedingungen kontrolliert werden können, während dies in der Machbarkeitsstudie lediglich ein zu berücksichtigender Faktor war. Zudem wurde richtigerweise auch die Regelung des Art. 81 II Machbarkeitsstudie nicht übernommen, nach der (nunmehrige) Individualvereinbarungen weiterhin kontrolliert werden können, wenn sie ursprünglich einseitig gestellt wurden. Ansonsten stimmt das Prüfungsprogramm mit dem DCFR überein. Auch bei Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag ist zunächst eine erhebliche Benachteiligung festzustellen. In einem zweiten Schritt ist dann zu ermitteln, ob diese Benachteiligung gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs verstößt. Die Benachteiligung bestimmt sich wieder anhand eines Rechtslagenvergleichs, bei dem das dispositive Recht als gesetzliches Leitbild der

VII. Zusammenfassung zur Inhaltskontrolle

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Inhaltskontrolle fungiert. Der Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs ist im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung festzustellen. In diesen Abwägungsvorgang sind neben der Einhaltung des Transparenzgebots insbesondere auch die Umstände des Vertragsschlusses und die Bestimmungen sonstiger Verträge, von denen der Vertrag abhängt, einzubeziehen. Es gilt also zusätzlich ein konkret-individueller Maßstab. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag enthalten jeweils auch „graue“ und „schwarze Listen“ mit einer Aufzählung bestimmter Klauselverbote. Gegenüber dem DCFR wurden die Vorschriften deutlich ausgeweitet. Nicht nachvollziehbar ist aber der erweiterte Anwendungsbereich der Klauselkataloge im GEK-Vorschlag. Während insbesondere die Generalklausel des GEK-Vorschlags nicht individuell ausgehandelte Bedingungen erfordert, finden die Klauselkataloge ausweislich ihres Wortlauts auf sämtliche Vertragsbestimmungen Anwendung. Dabei handelt es sich in Anbetracht der Wortwahl in den übrigen Bestimmungen offensichtlich um eine bewusste Entscheidung. Für den Unternehmerverkehr besteht in Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag ebenfalls eine eigene Vorschrift. Allerdings ist diese jeweils – anders als im DCFR – nicht nur auf AGB anwendbar, sondern gilt für alle nicht individuell ausgehandelten Bedingungen. Da die Wortwahl mit dem DCFR übereinstimmt, besteht ebenfalls Streit, ob zur Konkretisierung des gesetzlichen Leitbilds auf das dispositive Recht von Machbarkeitsstudie bzw. GEK-Vorschlag zurückgegriffen werden kann. Das ist nach hier vertretener Auffassung zu bejahen. Die Inhaltskontrolle im Unternehmerverkehr verläuft also insofern nach demselben Schema wie bei b2c-Verträgen und nach § 307 BGB im Unternehmerverkehr. Eine Klarstellung seitens der Kommission wäre allerdings sinnvoll. Für Nichtunternehmer enthalten Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag keine Kontrollnormen. In Anbetracht des Anwendungsbereichs des GEK-Vorschlags ist dies zwar konsequent, im Ergebnis wegen des bereits kritisierten restriktiven Verbraucherbegriffs445 allerdings nicht zu befürworten. Aufgrund des opt-in-Erfordernisses und der damit zwingend einhergehenden Vereinbarung der Art. 79 ff. GEK-Vorschlag genießen diese auch gegenüber zwingenden Inhaltskontrollvorschriften des nationalen Rechts Vorrang. Werden die GEKVorschriften hingegen lediglich als AGB oder Individualvereinbarung in den Vertrag einbezogen, unterliegen sie selbst der Inhaltskontrolle bzw. als Individualvereinbarung den allgemeinen Unwirksamkeitsgründen.

445

s. oben D. V. 3.

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H. Inhaltskontrolle

VIII. Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle Ebenso unterschiedlich wie die Inhaltskontrollnormen selbst sind auch deren Rechtsfolgen in den verschiedenen Regelwerken. 1. BGB Die eigentliche Rechtsfolge der Inhaltskontrolle ist bereits in den §§ 307 ff. BGB selbst festgelegt. Eine unangemessene Klausel ist unwirksam. Auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB führt durch den Verweis auf die unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 I 1 BGB zur Unwirksamkeit der betreffenden Klausel.446 Für die Folgefrage, welche Auswirkungen die Unwirksamkeit einer oder mehrerer einbezogener AGB hat, ist – wie schon für die Einbeziehung – § 306 BGB maßgeblich. Dieser darf allerdings nicht dahingehend missverstanden werden, dass er nur bei Unwirksamkeit der Klauseln aufgrund der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB Anwendung findet. Vielmehr genügt auch eine Unwirksamkeit nach anderen Vorschriften.447 Nach § 306 I BGB bleibt der Vertrag auch bei Unwirksamkeit einzelner AGB im Übrigen grundsätzlich wirksam. Nach § 306 II BGB sind, wie schon beim gescheiterten Einbeziehungsversuch, anstelle der unwirksamen Klauseln die gesetzlichen Vorschriften anzuwenden. Auch das ist grundsätzlich logische Folge der entstandenen Lücke im Vertragswerk und würde ebenso ohne eine entsprechende Vorschrift gelten. Unter Umständen führt die Unwirksamkeit also auch dazu, dass Klauseln ersatzlos wegfallen, wenn deren Regelung im Gesetz keinen Niederschlag gefunden hat.448 Das kann wiederum eine ergänzende Vertragsauslegung notwendig machen.449

446

Speziell zu den Rechtsfolgen einer intransparenten Klausel Fuchs, in: Ulmer/B/H, § 307 Rn. 360 ff. Teilweise werden aber auch im Hinblick auf die Klauselrichtlinie andere Rechtsfolgen erwogen, vgl. Stoffels, Rn. 575. 447 BGHZ 129, 297 (306); NJW 1992, 896 (897); Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 306 Rn. 11; für eine analoge Anwendung in solchen Fällen Ulmer/Schäfer, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 2. 448 Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 25; Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 11; Stoffels, Rn. 591. s. schon zur selben Problematik bei der Einbeziehungskontrolle oben G. V. 1. 449 Vgl. BGHZ 120, 108 (122); 96, 18 (26); NJW 1993, 1786 (1787); im Einzelnen Stoffels, Rn. 611 ff.; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 306 Rn. 16 ff.; Thüsing, in: von Westphalen, Rechtsfolgen, Rn. 27 ff.; s. auch schon die Nachweise bei G. Fn. 957. Ablehnend Hennemann, S. 110. Auch in Verbraucherverträgen ist trotz des EuGH-Urteils vom 14. 06. 2012 – Rs. C-618/ 10 weiterhin Raum für eine ergänzende Vertragsauslegung, s. Schlosser, IPRax 2012, 507 (514 f.).

VIII. Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle

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Dazu muss es aber nicht kommen, wenn eine Klausel eventuell mit abgeschwächter Wirkung aufrechterhalten werden kann. Die Zulässigkeit einer solchen geltungserhaltenden Reduktion ist jedoch nach wie vor umstritten. Nach h.M. ist eine geltungserhaltende Reduktion grundsätzlich unzulässig450 und zwar sowohl bei Verbraucher- als auch Unternehmergeschäften.451 Die Gegenansicht will demgegenüber lediglich nur den überschießenden, unzulässigen Teil vom Unwirksamkeitsverdikt erfassen.452 Diese Auffassung kann aber letztlich nicht überzeugen.453 Das folgt schon aus dem Wortlaut des § 306 I BGB, der ausnahmslos die Unwirksamkeit anordnet.454 Zudem soll die Inhaltskontrolle dafür sorgen, dass sich der Rechtsverkehr bei der AGB-Gestaltung und ihrer Verwendung an die gesetzlichen Anforderungen hält.455 Anderenfalls könnte der Verwender seine unzulässigen Klauseln faktisch risikolos nutzen, da sie der Richter für ihn auf das zulässige Maß reduzieren würde.456 Ihm kämen somit immer noch die Vorteile der einseitigen Vorgabe ihn begünstigender Regelungen zugute, obwohl er sich treuwidrig verhalten hat. Zudem könnte der Klauselgegner erst nach Ausgang eines Prozesses zuverlässig beurteilen, welche Rechte und Pflichten ihn treffen.457 Darüber hinaus ist es nicht Sinn und Zweck der Inhaltskontrolle, Aufgaben auf die Rechtsprechung zu übertragen, die eigentlich der Verwender zu erfüllen hat.458 Wer die Vorteile aus der Verwendung von AGB nutzen will, muss auch die damit einhergehenden Nachteile in Kauf nehmen.459 450 BGHZ 153 311 (324); 143, 103 (119); 120, 108 (122); 114, 338 (342 f.); 106, 259 (267); 96, 18 (25); 86, 284 (297); 84, 109 (114 ff.); NJW 2006, 1059 (1060); Lindacher/Hau, in: Wolf/ L/P, § 306 Rn. 31 ff.; Kollmann, in: NK-BGB, § 306 Rn. 25; Grüneberg, in: Palandt, § 306 Rn. 6; Berger, in: PWW, § 306 Rn. 4; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 306 Rn. 4; von HoyningenHuene, Rn. 69. 451 BGHZ 92, 312 (315); NJW-RR 2004, 1498 (1498); NJW 1993, 1786 (1787); Grüneberg, in: Palandt, § 306 Rn. 6; Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 14; Roloff, in: Erman, § 306 Rn. 8; Stadler, in: Jauernig, § 306 Rn. 3. 452 Insbesondere Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 12 ff.; Canaris, FS Steindorff, S. 547 ff.; Hager, JZ, 1996, 175 (176 ff.); H. Roth, JZ 1989, 411 (415 ff.); „tendenziell“ zustimmend auch Schlosser, in: Staudinger, § 306 Rn. 25 ff. 453 s. zum Folgenden die instruktive Darstellung bei Stoffels, Rn. 593 ff. 454 BGHZ 84, 109 (116); Stoffels, Rn. 593; a.A. Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 12. 455 BGHZ 143, 103 (119); 84, 109 (116); NJW 2006, 1059 (1060); NJW 1993, 1786 (1787); Stoffels, Rn. 593; Roloff, in: Erman, § 306 Rn. 8; kritisch für den Individualprozess Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 14. 456 BGHZ 143, 103 (119); BGHZ 92, 312 (315); 84, 109 (116); NJW 2006, 1059 (1060); Grüneberg, in: Palandt, § 306 Rn. 6; Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 306 Rn. 4; von HoyningenHuene, Rn. 69. 457 BGHZ 84, 109 (116); NJW 2006, 1059 (1060); Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 14; Stoffels, Rn. 593. 458 BGHZ 143, 103 (119); 84, 109 (115); NJW 2006, 1059 (1060); NJW 1993, 1786 (1787); Roloff, in: Erman, § 306 Rn. 8; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 306 Rn. 16. 459 BGHZ 96, 18 (26); BAG NZA 2005, 1111 (1114); Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 306 Rn. 16.

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H. Inhaltskontrolle

Allerdings macht die Rechtsprechung in mehreren Fällen eine Ausnahme vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion.460 Eine solche soll etwa gelten, wenn sich die Klausel sinnvoll in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil aufspalten lässt.461 Diese Ausnahme ist an sich konsequent, da so letztendlich ein zulässiger Inhalt erzeugt wird, der in der ursprünglichen Klausel auch schon enthalten war. Die Ausnahme führt aber auch zu einer nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit. So erfolgt die Reduktion letztlich erst durch das Gericht.462 Bis zu dessen Entscheidung bleiben Schicksal und Inhalt der Klausel unklar. Die Ausnahme ist deswegen abzulehnen.463 Unter dem Schlagwort „fertig bereit liegende Rechtsordnung“ will die Rechtsprechung darüber hinaus eine Ausnahme vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion für solche AGB machen, die für eine bestimmte Branche ausgearbeitet wurden (z. B. die ADSp).464 Dahinter steht die Überlegung, dass diese nicht für die Nutzung durch einen bestimmten Verwender gedacht sind, sondern schon mit dem Ziel eines ausgewogenen Interessenausgleichs erarbeitet wurden. Dies unterscheide sie von einseitig entworfenen AGB. Diese Auffassung lässt allerdings außer Acht, dass auch solche „kollektiv ausgehandelte[n] Vertragsbedingungen“ letztlich durch Rechtsgeschäft einbezogen werden.465 Der Verwender gibt ihre Verwendung einseitig vor und trifft somit eine eigene Entscheidung darüber, ob die betreffenden AGB für die konkrete Vertragsbeziehung maßgeblich sein sollen. Diesbezüglich besteht also kein Unterschied zu „herkömmlichen“ AGB. Allein die Zielsetzung bei der Ausarbeitung, einen ausgewogenen Interessenausgleich zu schaffen, ist aber kein ausreichender Grund dafür, den gesetzlichen Schutz des Klauselgegners zu verringern. Denn ob die AGB tatsächlich einen gerechten Interessenausgleich schaffen, ist immer eine Frage des Einzelfalles. Bei Unwirksamkeit eines Klauselteils wurde das Ziel zumindest bei dieser AGB verfehlt. Daher hängt es vom Zufall ab, ob durch eine geltungserhaltende Reduktion auf den übrigen Teil der Klausel noch ein gerechter Interessenausgleich herbeigeführt werden kann. Die Zulässigkeit einer geltungserhaltenden Reduktion ist deshalb richtigerweise auch bei einer „fertig bereit liegenden Rechtsordnung“ abzulehnen. 460

Darstellung bei Stoffels, Rn. 599 ff. BGHZ 145, 203 (212); 136, 314 (322); 125, 343 (348); 114, 338 (342 f.); 106, 19 (25 f.); NJW-RR 2008, 134 (136); NJW 2006, 1059 (1060); NJW 2003, 2899 (2899 f.); 1998, 2284 (2286); Grüneberg, in: Palandt, § 306 Rn. 7; Roloff, in: Erman, § 306 Rn. 11 f.; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 306 Rn. 17; vgl. auch BGHZ 93, 29 (37, 48 f.). 462 Ähnlich Schulte-Nölke, in: Hk-BGB, § 306 Rn. 5; Stadler, in: Jauernig, § 306 Rn. 3. 463 Ablehnend, weil auf die sprachliche und nicht die sachliche Teilbarkeit abgestellt wird, Thüsing, in: von Westphalen, Rechtsfolgen, Rn. 15a; ders., BB 2006, 661 (661 ff.). 464 BGHZ 129, 345 (349); 323 (328). 465 Ebenfalls ablehnend Stoffels, Rn. 603; Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 15b; Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 20 a.E.; Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 306 Rn. 39; Hubert Schmidt, in: Bamberger/Roth, § 306 Rn. 16; zweifelnd auch Kollmann, in: NK-BGB, § 306 Rn. 26 a.E. 461

VIII. Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle

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Keine Bedenken bestehen dagegen, bei bestimmten AGB eine lediglich „personale Teilunwirksamkeitzu Lasten des Verwenders anzunehmen.466 Die Inhaltskontrolle bezweckt nämlich nur den Schutz des Klauselgegners.467 Wenn also eine Klausel ihrem Inhalt nach für beide Vertragspartner Bedeutung hat, ist es auch nur konsequent, dass der Verwender die Nachteile ihrer Verwendung zu spüren bekommt und sich selbst nach wie vor daran festhalten lassen muss.468 Aus Vertrauensschutzgedanken469 wird eine geltungserhaltende Reduktion in Ausnahmefällen auch bei einer Rechtsprechungsänderung für möglich gehalten, wenn anderenfalls das Vertragsgefüge völlig aus dem Gleichgewicht geraten würde.470 Allerdings hat diese Ausnahme denselben Effekt wie eine ergänzende Vertragsauslegung und ist daher gar nicht mehr notwendig.471 Dass bei einem einheitlich gegenüber Verbrauchern und Unternehmern benutztem Klauselwerk eine Bestimmung gegenüber dem Verbraucher unwirksam und gegenüber dem Unternehmer wirksam sein kann, ist dagegen keine Frage der geltungserhaltenden Reduktion. Die unterschiedliche Zulässigkeit folgt schon aus den abweichenden Maßstäben bei der Inhaltskontrolle.472 Wie schon bei der fehlgeschlagenen Einbeziehung ist die Unwirksamkeit des Vertrages nach § 306 III BGB auch bei Unwirksamkeit einer oder mehrerer Klauseln nur in eng gefassten Ausnahmefällen anzunehmen.473 2. CISG Auch die Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle richten sich mangels eigener Regeln des CISG474 nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht.475 Deswegen gelten bei Anwendbarkeit deutschen Rechts die Rechtsfolgen des § 306 BGB. Allerdings

466

BGHZ 99, 160 (161); NJW 1998, 2280 (2281); 1987, 2506 (2507); Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 16; Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 19. 467 BGHZ 99, 160 (161); NJW 1998, 2280 (2281); Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 16. 468 Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 16; Berger, in: PWW, § 306 Rn. 7; Lindacher/ Hau, in: Wolf/L/P, § 306 Rn. 44. 469 Vgl. Stoffels, NZA 2005, 726 (727 f.); vgl. auch Basedow, in: MüKo-BGB, § 306 Rn. 13. 470 Relevant vor allem bei Bürgschaften, s. BGHZ 137, 153 (157 f.); 130, 19 (31 ff.); NJW 2000, 2580 (2581); 1998, 2815 (2816); Berger, in: PWW, § 306 Rn. 10; vgl. Lindacher/Hau, in: Wolf/L/P, § 306 Rn. 36 ff. 471 Zutreffend Kollmann, in: NK-BGB, § 306 Rn. 31. 472 BGHZ 143, 95 (101); 110, 241 (244); Harry Schmidt, in: Ulmer/B/H, § 306 Rn. 14 a.E.; Lapp/Salamon, in: jurisPK-BGB, § 307 Rn. 13, 38; vgl. auch Berger, in: PWW, § 306 Rn. 7. 473 s. die Ausführungen bei der Einbeziehungskontrolle, oben G. V. 1. 474 s. oben H. II. 475 Hennemann, S. 109.

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H. Inhaltskontrolle

sind wie schon bei der Inhaltskontrolle selbst wieder gewisse Besonderheiten zu beachten. Gemäß § 306 I BGB bleibt der Vertrag als solcher trotz Unwirksamkeit einer oder mehrerer AGB im Übrigen wirksam. Entstehende Lücken sind nach § 306 II BGB durch das dispositive Recht zu füllen. Das dispositive Recht ist in diesem Fall das CISG, schließlich wären dessen Regelungen ohne die AGB ohnehin zur Anwendung gekommen.476 Das gilt auch, wenn die entsprechenden Regelungen erst nach Art. 7 II CISG durch Rückgriff auf die zugrundeliegenden Grundsätze bestimmt werden können. Nur wenn entsprechende Grundsätze fehlen oder sich die unwirksamen AGB mit Themenbereichen der Art. 4 S. 2 lit. b) oder Art. 5 CISG beschäftigen, ist auf das deutsche unvereinheitlichte Recht zurückzugreifen. Enthält auch dieses keine entsprechenden Vorschriften, fallen die Klauseln ersatzlos weg, was unter Umständen durch eine ergänzende Vertragsauslegung korrigiert werden kann.477 Da eine ergänzende Vertragsauslegung aber insbesondere im internationalen Geschäftsverkehr mitunter erhebliche Probleme bereiten kann, wäre eine geltungserhaltende Reduktion unwirksamer AGB auch hier der einfachere Weg. Sie ist aber richtigerweise auch für CISG-Fälle grundsätzlich abzulehnen, wenn im Übrigen deutsches unvereinheitlichtes Recht maßgeblich ist.478 Der Umfang und die Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle richten sich nach dem unvereinheitlichten Recht. Es sind also allein dessen Wertungen ausschlaggebend. Darüber hinaus gelten auch die hinter dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion stehenden Überlegungen in gleicher Weise im internationalen Rechtsverkehr.479 Wenn die Parteien – oder vornehmlich der Verwender – eine solche rigorose Lösung vermeiden möchten, steht es ihnen frei, ein anderes Recht zu wählen, dass die Inhaltskontrolle großzügiger handhabt.480 Die nach hier vertretener Ansicht befürwortete Ausnahme der h.M. vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion bei personaler Teilunwirksamkeit481 kann ebenso auf CISG-Fälle übertragen werden. Denn wenn eine Klausel beide Parteien betrifft, spricht auch bei einem internationalen Sachverhalt nichts dagegen, dass der Verwender sie gegen sich gelten lassen muss. Das ist letztlich auch Ausfluss des im CISG geltenden Grundsatzes des guten Glaubens im internationalen Handel (Art. 7 I CISG).

476

Hennemann, S. 110; vgl. schon zum EKG Schlechtriem, GS Rödig, S. 256. Ablehnend Hennemann, S. 110. 478 Ebenso Hennemann, S. 110 f.; a.A. allgemein für den internationalen Handel Stoll, FS Kegel, S. 661 f. 479 Vgl. Hennemann, S. 111. 480 Hennemann, S. 111. Deswegen überzeugt auch das Argument von Stoll, FS Kegel, S. 661 a.E. nicht, es „wäre […] unangemessen, durch eine vergleichbare Entscheidung Druck daraufhin auszuüben, daß die AGB der neuesten Rechtsprechung des BGH angepasst werden.“ 481 s. oben H. VII. 1. 477

VIII. Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle

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3. PICC Für die Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle ist bei den PICC danach zu unterscheiden, ob diese nach den eigenen Vorschriften (Art. 3.2.7, 7.1.6 sowie 7.4.13) erfolgt oder ob hierfür auf nationales Recht zurückgegriffen wird. a) Eigene Kontrollvorschriften der PICC Erfolgt die Inhaltskontrolle anhand der Vorschriften der PICC, richten sich die Rechtsfolgen nach Maßgabe der jeweiligen Vorschrift. aa) Art. 3.2.7 PICC Im Rahmen des Art. 3.2.7 PICC bestehen zwei Möglichkeiten, auf ein grobes Missverhältnis der betreffenden AGB zu reagieren. Diese kann entweder angefochten oder gerichtlich angepasst werden. (1) Anfechtung der Vertragsbestimmung Nach Art. 3.2.7 I PICC kann der Klauselgegner die ein grobes Missverhältnis erzeugende einzelne Bedingung anfechten. Sie ist also nicht unmittelbar unwirksam, sondern wird erst durch Erklärung des Klauselgegners gegenüber der anderen Partei als nicht bestehend angesehen (Art. 3.2.11 PICC482). (2) Kritik am Erfordernis der Anfechtung Da die betreffende Bedingung nicht automatisch als unwirksam behandelt wird, kann der Klauselgegner also grundsätzlich frei darüber entscheiden, wie er auf ein grobes Missverhältnis reagieren will. Sollte allerdings einer der in Art. 3.2.7 I lit. a) PICC aufgezählten Punkte vorliegen – beispielsweise Abhängigkeit oder eine wirtschaftliche Notlage – erscheint es fraglich, ob der Klauselgegner sein Anfechtungsrecht tatsächlich ausüben kann.483 Darüber hinaus ist das Anfechtungsrecht gemäß Art. 3.2.12 PICC484 fristgebunden und die Frist beginnt in Fällen des Art. 3.2.7 PICC, sobald sich der Verwender auf die entsprechende Klausel beruft. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist es zwar nachvollziehbar, dass die Ausübung von Gestaltungsrechten – wie die Anfechtung einer Vertragsbedingung – durch Fristen zeitlich beschränkt wird. Andererseits ist es aber schwer mit Sinn und Zweck der Inhaltskontrolle von AGB in Einklang zu bringen, wenn eine unangemessene Vertragsbestimmung nur deswegen aufrechterhalten wird, weil sie nicht rechtzeitig angefochten wurde. 482 483 484

Ehemals Art. 3.14 PICC. Kritisch auch Wolf, S. 112 f. Ehemals Art. 3.15 PICC.

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H. Inhaltskontrolle

Sinn und Zweck der inhaltlichen AGB-Kontrolle ist die Korrektur und Sanktion einer unangemessenen einseitigen Vertragsgestaltung. Die Einflussmöglichkeiten des Klauselgegners auf die betreffende AGB sind im Vergleich zu einer individuellen Vereinbarung reduziert. Wegen der Gefahren, die mit der daraus folgenden einseitigen Gestaltungsmacht des Verwenders verbunden sind, wird dieser insbesondere bei unklaren AGB als nicht schutzwürdig angesehen (vgl. Art. 4.6 PICC). Auch bei der Einbeziehungskontrolle gehen Versäumnisse bezüglich des Einbeziehungshinweises und der Möglichkeit der Kenntnisnahme zu seinen Lasten. Dieses Prinzip lässt sich ebenso auf die inhaltliche Kontrolle der AGB übertragen. Eine effektive inhaltliche Kontrolle setzt eine automatische Unwirksamkeit der betreffenden AGB voraus, da nur dadurch eine generelle Sanktion für ein treuwidriges Verhalten des Verwenders gewährleistet wird. Die Rechtsfolge des Art. 3.2.7 I PICC ist daher jedenfalls für AGB verfehlt.485 (3) Folgen der Anfechtung für die AGB und den Vertrag im Übrigen Wird eine einzelne Vertragsbedingung angefochten, handelt es sich nach Art. 3.2.13 PICC486 grundsätzlich um eine Teilanfechtung des Vertrages. Die Klausel wird somit vollständig und gemäß Art. 3.2.14 PICC487 rückwirkend unwirksam und kann von keiner Partei mehr geltend gemacht werden.488 Die Anfechtung führt also nicht nur zu einer relativen, sondern zu einer absoluten Unwirksamkeit der AGB. Aus Art. 3.2.13 PICC folgt zugleich, dass der übrige Vertrag grundsätzlich wirksam bleibt, „außer wenn es nach den Umständen unangemessen ist, den Vertrag im Übrigen aufrecht zu erhalten.“ Dieses Regelungskonzept entspricht § 306 III BGB. Der Vertrag wird nur aufrechterhalten, wenn dies nicht bei einer Gesamtbetrachtung als unangemessen erscheint. Für die diesbezüglichen Kriterien kann daher auf die Ausführungen zum BGB verwiesen werden.489 (4) Füllung der durch die Anfechtung entstandenen Lücke Wie die durch eine wirksame Anfechtung entstandene Lücke zu füllen ist, klären weder die PICC selbst noch deren offizielle Kommentierung. In Anwendung der allgemeinen Vorschriften ist entsprechend Art. 1.6 II PICC dafür auf das dispositive Recht einschließlich seiner Grundgedanken zurückzugreifen und erst subsidiär auf das nach dem IPR maßgebliche unvereinheitlichte Recht.

485 486 487 488 489

Für eine „kraft Gesetzes eintretende Unwirksamkeit“ auch Wolf, S. 113. Ehemals Art. 3.16 PICC. Ehemals Art. 3.17 PICC. P. Huber, in: Vogenauer/Kleinheisterkamp, Art. 3.16 Rn. 3 a.E. s. oben G. V. 1.

VIII. Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle

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(5) Anpassung der Bedingung: Zulässigkeit der geltungserhaltenden Reduktion Nach Art. 3.2.7 II PICC besteht für den Klauselgegner neben der Anfechtung auch die Möglichkeit, vor Gericht die Anpassung der streitigen Bedingung zu verlangen. Insoweit ist daher eine geltungserhaltende Reduktion auf Verlangen vorgesehen. Problematisch für den Bereich der AGB ist aber die Regelung des Art. 3.2.7 III PICC. Auch der Verwender kann Anpassung der betreffenden Bedingung beantragen, selbst wenn die andere Partei sie ihm gegenüber schon angefochten hat. Er muss sie lediglich von seinem Anpassungsverlangen unterrichten. Dem Verwender wird dadurch praktisch einschränkungslos eine geltungserhaltende Reduktion ermöglicht, auch wenn die andere Partei die Bedingung gerade nicht angepasst haben, sondern ihre Unwirksamkeit erreichen möchte. Das ist ein ungerechtfertigter Vorteil und widerspricht grundlegend der Risikoverteilung bei der Verwendung unangemessener AGB.490 Auch dieser Teil der Vorschrift macht deutlich, dass sich Art. 3.2.7 PICC nicht für die inhaltliche Kontrolle von AGB eignet. Für sachgerechte Ergebnisse sollte deswegen auf die Inhaltskontrollvorschriften des nationalen Rechts zurückgegriffen werden. bb) Art. 7.4.13 PICC Art. 7.4.13 PICC sieht als Rechtsfolge die Herabsetzung der in einer AGB vereinbarten Vertragsstrafe auf einen angemessenen Betrag vor. Dieser Fall der nachträglichen Anpassung einer AGB ist aber – im Gegensatz zu Art. 3.2.7 III PICC – kein Fall der geltungserhaltenden Reduktion. Denn bei Art. 7.4.13 handelt es sich – wie bereits dargestellt491 – nicht um einen Fall der Inhaltskontrolle von AGB, sondern eine zusätzliche Kontrollvorschrift außerhalb des AGB-Rechts. Von einer geltungserhaltenden Reduktion kann nur dann gesprochen werden, wenn eine AGB im Rahmen der Inhaltskontrolle teilweise aufrechterhalten wird. cc) Art. 7.1.6 PICC Im Fall des Art. 7.1.6 PICC wird die Berufung auf die entsprechende Klausel ausgeschlossen („may not be invoked“). Diese schon an anderen Stellen aufgetauchte Formulierung besagt, dass die Klausel vom Verwender nicht mehr geltend gemacht werden kann, also dem Klauselgegner gegenüber (relativ) unwirksam ist.492 b) Rückgriff auf die Inhaltskontrollvorschriften des nationalen Rechts Bei einem Rückgriff auf die Inhaltskontrollvorschriften eines unvereinheitlichten nationalen Rechts gelten dessen Rechtsfolgen. 490 Ebenfalls kritisch Wolf, S. 113. Zu den Argumenten gegen eine geltungserhaltende Reduktion im BGB s. oben H. VII. 1. 491 s. oben H. III. 1. 492 Vgl. schon oben G. V. 4.

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H. Inhaltskontrolle

Ist die betreffende AGB danach unwirksam, stellt sich wiederum die Frage, wie die entstandene Lücke im Vertragswerk zu füllen ist. Die Vorgehensweise hängt davon ab, ob die PICC wirksam als anwendbares Recht vereinbart werden konnten oder nicht. Im ersten Fall ist für die Lückenfüllung gemäß Art. 1.6 II PICC auf das dispositive Recht – also die PICC selbst – einschließlich seiner Grundgedanken zurückzugreifen und erst subsidiär auf das nach dem IPR anwendbare unvereinheitlichte Recht. Sofern die PICC dagegen lediglich als Vertragsbedingungen oder sogar nur als AGB in den Vertrag einbezogen wurden, sind auch für die Lückenfüllung allein die Vorgaben des nationalen Rechts maßgeblich. Wenn anstelle des unvereinheitlichten nationalen Rechts das CISG anwendbar ist, so gelten für die Lückenfüllung die oben angesprochenen Besonderheiten.493

4. PECL Auch bei den PECL enthält Art. 4:110 zugleich die Rechtsfolge bei unangemessenen nicht individuell ausgehandelten Bedingungen. Der Klauselgegner kann diese gemäß Abs. 1 anfechten. Es tritt also auch hier wie schon bei den PICC keine automatische Unwirksamkeit ein. Die offizielle Kommentierung begründet dies damit, dass die PECL einerseits keine Aufzählung unangemessener Klauseln enthielten und andererseits auch keine sofortige Aussage über die Unangemessenheit einer Klausel getroffen werden könne.494 Diese Begründung überzeugt jedoch nicht. Allein die Tatsache, dass es sich bei Art. 4:110 PECL um einen offenen Wertungstatbestand handelt, der keine Klauselkataloge enthält, spricht weder für noch gegen eine automatische Rechtsfolge. Die Rechtsfolge hat mit der Ausgestaltung der Inhaltskontrollvorschriften nämlich nichts zu tun. Dass dem Unangemessenheitsurteil zuvor eine diesbezügliche Ermittlung vorausgehen muss, ist vielmehr eine logische Selbstverständlichkeit. Richtig ist zwar, dass die Anfechtung nach den PECL von einer Partei ohne Schieds- oder regulären Richter durchgeführt werden kann.495 Nichtsdestotrotz macht dies aber ein Tätigwerden erforderlich, zu dem sich vor allem ein Verbraucher nicht immer entschließen kann und das darüber hinaus gemäß Art. 4:113 II PECL fristgebunden ist. Die PECL müssen sich hier dieselbe Kritik wie die PICC gefallen lassen. Eine unangemessene Vertragsbestimmung nur wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist aufrechtzuerhalten, widerspricht dem Grundanliegen der Inhaltskontrolle, nur zu Lasten des Verwenders zu wirken (vgl. auch Art. 5:103 PECL). Deswegen wäre es auch sehr zweifelhaft, wenn das Anfechtungsrecht zudem vom Verwender selbst ausgeübt werden könnte.496 Denn nach dem Wortlaut ist für Art. 4:110 PECL nur entscheidend, dass es sich um eine nicht individuell ausgehandelte Klausel handelt, die für den Anfechtenden nachteilig ist. Es 493 494 495 496

s. oben H. VII. 2. von Bar/Zimmermann, Art. 4:110 Kommentar C. von Bar/Zimmermann, Art. 4:110 Kommentar C. a.E. Diese Möglichkeit sieht auch Wolf, S. 115 kritisch.

VIII. Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle

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ist nicht ausgeschlossen, dass die eigenen AGB unter bestimmten Umständen einen nachteiligen Effekt haben können. Allerdings dürfte ein Anfechtungsrecht des Verwenders trotz des etwas missverständlichen Wortlauts von den PECL nicht gewollt sein. Dafür spricht jedenfalls die Bezugnahme auf die Klauselrichtlinie in der offiziellen Kommentierung,497 die eine Kontrolle nur zugunsten desjenigen vorsieht, der die Klausel nicht aushandeln konnte.498 Dennoch ist Rechtsfolge des Art. 4:110 PECL in der Sache verfehlt.499 Wird eine einzelne Vertragsbestimmung angefochten, so wirkt dies grundsätzlich auch bei den PECL nach Art. 4:116 als Teilanfechtung des Vertrages. Dadurch wird die Bedingung gemäß Art. 4:115 PECL selbst vollständig unwirksam und kann von keiner Partei mehr geltend gemacht werden.500 Eine solche Teilanfechtung legt auch den Rückschluss auf die Zulässigkeit einer geltungserhaltenden Reduktion nahe. Dazu äußert sich die offizielle Kommentierung aber nicht. Das Institut ist aber richtigerweise aus denselben Gründen wie schon im BGB im Regelfall abzulehnen.501 Aus Art. 4:116 PECL folgt zugleich, dass der übrige Vertrag grundsätzlich wirksam bleibt, sofern dies „möglich und angemessen ist.“502 Auch darin liegt wie schon bei Art. 3.2.13 PICC eine Parallele zu § 306 III BGB. Es kommt darauf an, ob die Aufrechterhaltung bei einer Gesamtbetrachtung als unangemessen erscheint. An dieser Stelle kann also ein durch die Unwirksamkeit der Klausel entstandenes vertragliches Ungleichgewicht berücksichtigt und über eine Vertragsanpassung nach Art. 4:109 II PECL ausgeglichen werden. Wie die durch eine wirksame Anfechtung entstandene Lücke zu füllen ist, klären weder die PECL selbst noch die offizielle Kommentierung. In Anwendung der allgemeinen Vorschriften ist entsprechend Art. 1:106 PECL dafür auf das dispositive Recht einschließlich seiner Grundgedanken zurückzugreifen und subsidiär auf das nach dem IPR maßgebliche unvereinheitlichte Recht. 5. DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag sehen jeweils identische Rechtsfolgen für die Inhaltskontrolle vor (Art. II.-9:408, Art. 77 bzw. Art. 79). Nach dem jeweiligen ersten Absatz wird der Klauselgegner durch eine unfaire Vertragsbestimmung nicht gebunden („not binding on the other party who did not supply it“). 497

von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 4:110 Kommentar A. und vor Anmerkung 1. Vgl. Art. 3 II der Richtlinie 93/13/EWG; Wolf, S. 115. 499 Für eine „kraft Gesetzes eintretende Unwirksamkeit“ auch Wolf, S. 118. 500 Auch wenn sich dies nicht direkt dem Wortlaut des Art. 4:115 PECL entnehmen lässt, regelt dieser nicht nur die Anfechtung des ganzen Vertrages, vgl. von Bar/Zimmermann, Grundregeln, Art. 4:115 Kommentar A. 501 s. im Einzelnen oben H. VII. 1. 502 von Bar/Zimmermann, Art. 4:110 Kommentar H. 498

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H. Inhaltskontrolle

Was genau mit dieser Unverbindlichkeit gemeint ist, klären die Vorschriften selbst aber nicht.503 Vertreten wird deswegen, es sei wie in § 307 ff. BGB die Unwirksamkeit der betreffenden AGB gemeint.504 Dafür wird auch die Begründung des Kommissionsentwurfs zum GEK-Vorschlag angeführt.505 Allerdings bezieht sich die dortige Begründung auf den gesamten Teil III des GEK-Vorschlags, also auch auf den in seiner Formulierung ähnlichen Art. 70 GEK-Vorschlag, der wie bereits dargestellt nur eine relative Unwirksamkeit zur Folge hat.506 Auch die offizielle Kommentierung zum DCFR geht von einer nur relativen Unwirksamkeit der AGB aus.507 Wegen der Vorbildfunktion gilt dies daher auch für Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag.508 Das bedeutet im Ergebnis, die unangemessenen AGB binden nach wie vor den Verwender, aber nicht den Klauselgegner. Dieser hat es daher im Sinne einer „Rosinentheorie“ in der Hand, sie zur Anwendung zu bringen oder eben nicht.509 Auch wenn eine unangemessene AGB damit praktisch „wiederaufleben“ kann, muss für sie in der Zwischenzeit oder auch endgültig ein Ersatz gefunden werden. Die Vorschriften enthalten keine Ausführungen zu einer solchen Lückenfüllung. Jedoch legt die offizielle Kommentierung zum DCFR ausdrücklich fest, dass eine solche anhand des dispositiven Rechts zu erfolgen hat.510 Dementsprechend kommen wieder die durch die AGB verdrängten gesetzlichen Vorschriften zum Zuge.511 Fehlt es daran, so muss die Lückenfüllung entsprechend der Vorgaben in Art. I.-1:102 DCFR, Art. 1 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 4 GEK-Vorschlag (möglichst oder sogar zwingend512) autonom erfolgen.513 Ein subsidiärer Rückgriff auf das unvereinheitlichte nationale Recht ist nur beim DCFR möglich. Art. II.-9:408 II DCFR, Art. 77 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 79 II GEKVorschlag enthalten eine Regelung, die im Ergebnis an eine Kombination aus § 306 I und III BGB erinnert. Aus den jeweiligen Normen folgt nämlich zweierlei: Zunächst 503 Kritisch zu Art. 79 GEK-Vorschlag Möslein, S. 285. Nach Ansicht der offiziellen Kommentierung zum DCFR ist dies auch gar nicht nötig, vgl. DCFR (Full), Art. II.-9:408 Comment B. nach Illustration 2. 504 So für den GEK-Vorschlag von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1988); im Ergebnis ebenso Wendehorst, S. 101. 505 KOM(2011) 635 endgültig, S. 14 („ungültig“), vgl. auch Möslein, S. 285 (der das Ergebnis aber offenlässt). 506 s. oben G. V. 4. 507 DCFR (Full), Art. II.-9:408 Comment A., Comment B. nach Illustration 2. 508 Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 79 GEK Rn. 2, 5. 509 DCFR (Full), Art. II.-9:408 Comment A., Comment B. nach Illustration 2; Mazeaud/ Sauphanor-Brouillaud, in: Schulze, Art. 79 GEK Rn. 2 a.E. 510 DCFR (Full), Art. II.-9:408 Comment A. 511 Möslein, S. 285; vgl. auch Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (643), jeweils zum GEKVorschlag. 512 Gsell, Verordnungsentwurf und Problematik seiner Lücken, S. 150 (zum GEK-Vorschlag). 513 Möslein, S. 285 (zum GEK-Vorschlag).

VIII. Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle

351

soll der übrige Vertrag durch die Unwirksamkeit einer AGB nicht betroffen werden.514 Ausnahmsweise entfällt dadurch aber der ganze Vertrag, wenn er ohne die unfaire Bedingung nicht aufrechterhalten werden kann. Kriterien werden dafür jedoch nicht genannt. Der Kommentierung des DCFR lässt sich allerdings entnehmen, dass eine Aufrechterhaltung dann scheitert, wenn es sich um eine für den Vertrag wesentliche Bedingung handelt und kein dispositives Recht die Lücke füllen kann.515 Ausdrückliche Regelungen zur Beseitigung eines durch den Wegfall der AGB entstandenen vertraglichen Ungleichgewichts, das noch nicht im oben genannten Sinne zum Scheitern des gesamten Vertrages führt, finden sich nicht. Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag bieten im Falle eines vertraglichen Ungleichgewichts aber die Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung nach Maßgabe der Art. 64 lit. d), 66 bzw. Art. 66 lit. d), 68.516 Zudem können in diesem Fall allgemeine Einwendungsvorschriften wie etwa Art. III.-1:103, III.-1:104 DCFR, Art. 8, 89 Machbarkeitsstudie bzw. Art. 2, 3 GEK-Vorschlag eingreifen. Der DCFR enhält darüber hinaus mit Art. III.-1:109 und III.-1:110 noch Normen, die wegen solcher Umstände eine Änderung oder Aufhebung des Vertrages ermöglichen. Zur Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion lassen sich den Regelwerken keine Informationen entnehmen. Diese sollte aber aus denselben Gründen wie im BGB grundsätzlich nicht zugelassen werden.517 6. Zusammenfassung Bei den Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Regelwerken. Teilweise werden dem Verwender nicht gerechtfertigte Möglichkeiten gegeben. Im BGB ordnen die §§ 307 ff. BGB für unangemessene AGB als Rechtsfolge die Unwirksamkeit an. Gemäß § 306 I BGB wird davon der übrige Vertrag grundsätzlich nicht in Mitleidenschaft gezogen. Anstelle der unwirksamen Bedingungen gilt nach Abs. 2 das dispositive Recht. Eine generelle geltungserhaltende Reduktion ist aber grundsätzlich abzulehnen. Vielmehr sollte nur dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn eine Klausel ihrem Inhalt nach Rechte und Pflichten für beide Vertragsparteien begründet. In diesem Fall ist zu Lasten des Verwenders eine sog. personale Teilunwirksamkeit anzunehmen, wonach die AGB nur noch ihm gegenüber Wirkung entfaltet.

514

DCFR (Full), Art. II.-9:408 Comment A.; Ernst, S. 99 (zum GEK-Vorschlag). DCFR (Full), Art. II.-9:408 Comment C. a.E. 516 Zur Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung im GEK Wendehorst, S. 93; Looschelders, AcP 212 (2012), 581 (641 ff.). 517 Gegen ihre Zulässigkeit auch Wendehorst, S. 101; vgl. auch DCFR (Full), Art. II.-9:408 Note 8. 515

352

H. Inhaltskontrolle

Eine Unwirksamkeit des Restvertrages kommt nach Maßgabe des § 306 III BGB nur in Ausnahmefällen in Betracht. Wie schon die Vornahme der Inhaltskontrolle selbst, richten sich auch die Rechtsfolgen im CISG nach Maßgabe des unvereinheitlichten nationalen Rechts. Auch hier gelten allerdings Besonderheiten. Das maßgebliche dispositive Recht zur Lückenfüllung sind die Vorschriften des CISG. Auf das unvereinheitlichte nationale Recht ist erst zurückzugreifen, wenn eine autonome Lückenfüllung nicht erfolgen kann oder wenn explizit aus dem Anwendungsbereich ausgenommene Bereiche betroffen sind. Eine geltungserhaltende Reduktion ist jedenfalls bei Anwendbarkeit deutschen Rechts abzulehnen, da sich Umfang und Rechtsfolgen nach dem unvereinheitlichten nationalen Recht richten und die dort dagegen vorgebrachten Argumente auch auf das CISG übertragbar sind. Die Annahme einer personalen Teilunwirksamkeit ist aber auch hier unbedenklich. Bei den PICC muss hinsichtlich der Rechtsfolgen unterschieden werden. Bei einem Verstoß gegen Art. 3.2.7 PICC ist die betreffende Klausel anfechtbar. Das Anfechtungsrecht ist nach Art. 3.2.12 PICC allerdings fristgebunden. Die Anfechtung der einzelnen AGB wirkt gemäß Art. 3.2.13 PICC als Teilanfechtung des Vertrages und bewirkt die vollständige und rückwirkende Unwirksamkeit der Bedingung. Im Übrigen bleibt der Vertrag grundsätzlich wirksam, es sei denn, die Aufrechterhaltung erscheint bei einer Gesamtbetrachtung unangemessen. Die Lückenfüllung erfolgt primär anhand des dispositiven Rechts sowie der den PICC zugrundeliegenden Grundsätzen und erst subsidiär nach dem nationalen Recht. Nach Art. 3.2.7 II PICC ist neben der Anfechtung aber auch eine gerichtliche Anpassung der Bedingung möglich. Insofern kann auf Verlangen des Klauselgegners eine geltungserhaltende Reduktion vorgenommen werden. Nach Abs. 3 ist dies aber auch dem Verwender möglich und zwar sogar noch dann, wenn der Vertragspartner bereits angefochten hat. Die PICC ermöglichen also einschränkungslos eine geltungserhaltende Reduktion, selbst wenn der Klauselgegner dies offensichtlich nicht möchte. Auch hierin zeigt sich, dass die Bestimmung letztlich nicht für die Kontrolle einer einzelnen AGB ausgelegt ist. Im Falle des Art. 7.1.6 PICC wird die Berufung auf die betreffende Klausel ausgeschlossen. Diese ist folglich relativ unwirksam. Nach Art. 7.4.13 PICC kann eine Vertragsstrafenklausel der Höhe nach angepasst werden. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen Fall der geltungserhaltenden Reduktion, da Art. 7.4.13 PICC kein Fall der Inhaltskontrolle ist, sondern außerhalb des AGB-Rechts steht. Bei Anwendung der nationalen Inhaltskontrollvorschriften gelten wiederum die dortigen Wertungen, gegebenenfalls mit Besonderheiten wegen des CISG. Bei den PECL enthält Art. 4:110 auch die Rechtsfolge der Inhaltskontrolle. Wie bei Art. 3.2.7 PICC ist auch hier die einzelne Klausel anfechtbar. Da das Anfechtungsrecht ebenfalls fristgebunden ist (Art. 4:113 II PECL), müssen sich die PECL

VIII. Rechtsfolgen der Inhaltskontrolle

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dieselbe Kritik gefallen lassen.518 Die Anfechtung der Einzelbestimmung bewirkt nach Art. 4:116 PECL eine Teilanfechtung des Vertrages und die Unwirksamkeit der betreffenden Bedingung (Art. 4:115 PECL). Eine geltungserhaltende Reduktion ist richtigerweise erneut abzulehnen. Der übrige Vertrag bleibt nach Art. 4:116 PECL wirksam, sofern dies bei einer Gesamtbetrachtung möglich und angemessen ist. Gegebenenfalls kann noch eine Vertragsanpassung nach Maßgabe des Art. 4:109 II PECL vorgenommen werden. Die Lückenfüllung richtet sich gemäß Art. 1:106 PECL primär nach dem dispositiven Recht samt Grundgedanken und erst subsidiär nach dem nationalen Recht. DCFR, Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag sehen als Rechtsfolge einer unfairen Bedingung jeweils vor, dass der Klauselgegner durch sie nicht gebunden wird. Im Ergebnis ist damit keine absolute Unwirksamkeit wie nach §§ 307 ff. BGB gemeint, sondern wie bei der Einbeziehung eine lediglich relativ wirkende. Der Vertragspartner kann sich daher immer noch auf die Bedingungen berufen, wenn er dies wünscht. Im Übrigen bleibt der Vertrag nach Art. II.-9:408 II DCFR, Art. 77 II Machbarkeitsstudie bzw. Art. 79 II GEK-Vorschlag wirksam. Entstandene Lücken sind wiederum anhand des dispositiven Rechts oder im Wege einer autonomen Auslegung zu schließen. Bei Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag ist eine autonome Lückenfüllung zwingend, während der DCFR auch den Rückgriff auf das nationale Recht erlaubt. Die Argumente gegen eine geltungserhaltende Reduktion sind auch auf diese Regelwerke übertragbar. Eine gänzliche Unwirksamkeit des Vertrags tritt nur ein, wenn dieser ohne die unfaire Bestimmung nicht aufrechterhalten werden kann. Das setzt voraus, dass es sich um eine wesentliche Bedingung handelt und eine Lückenfüllung nicht möglich ist. Sofern diese Schwelle noch nicht erreicht wird, kann bei Machbarkeitsstudie und GEK-Vorschlag nach Maßgabe der Art. 64 lit. d), 66 bzw. Art. 66 lit. d), 68 noch eine Vertragsanpassung erfolgen. Unter Umständen greifen auch allgemeine Einwendungsvorschriften ein. Im DCFR kommt darüber hinaus auch nach Art. III.-1:109 f. eine Vertragsaufhebung in Betracht. Auch bei den Rechtsfolgen ähnelt der GEK-Vorschlag dem deutschen Recht. Erfreulich ist, dass sich die Verfasser in diesem Bereich kaum an den PECL orientiert haben. Denn das Erfordernis der Anfechtbarkeit überzeugt im Zusammenhang mit der Inhaltskontrolle nicht. Eine automatisch eintretende Rechtsfolge gewährt einerseits Rechtssicherheit und entspricht andererseits auch der Zielsetzung der Inhaltskontrolle, allein den Klauselgegner zu schützen.

518

s. dagegen für eine andere Sichtweise Mazeaud, S. 123 ff.

I. Abschließende Bewertung und Ausblick Die EU-Kommission hat mit dem Vorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht einen Meilenstein der Privatrechtsvereinheitlichung auf den Weg gebracht. Die gewünschte Senkung der Transaktionskosten und Sicherstellung eines hohen Verbraucherschutzniveaus knüpft vor allem, wenn auch nicht ausschließlich,1 bei der Verwendung von AGB an.2 Die Kommission hat sich in diesem Bereich größtenteils für gut vertretbare Regelungsinhalte entschieden.3 Im Vergleich zum deutschen Recht erfolgt vor allem keine strikte Beschränkung auf AGB, sondern es werden sämtliche nicht individuell ausgehandelten Bedingungen kontrolliert. Gerade durch die Berücksichtigung des DCFR, dessen Vorschriften auf rechtsvergleichender Basis erarbeitet wurden, und die Stellungnahmen zur Machbarkeitsstudie bietet das GEK – zumindest ansatzweise – ein Schutzniveau, das im Großen und Ganzen dem der Klauselrichtlinie und insofern auch den mitgliedstaatlichen Standards entspricht.4 Für Verbraucher handelt es sich um einen nicht zu unterschätzenden Vorteil, wenn sie sich bei sämtlichen grenzüberschreitenden Verträgen nur noch auf eine anwendbare Rechtsordnung und die darin vorgesehenen Rechtsbehelfe einstellen müssen. Das GEK hat daher durchaus das Potenzial, sich als lohnenswerte Alternative zum bisherigen Rechtszustand zu präsentieren.5 Das gilt auch für den unternehmerischen Verkehr. Auch wenn Unternehmer in ihren Verträgen häufig versuchen, einer Beschränkung ihrer vertraglichen Gestaltungsfreiheit durch die Wahl eines „neutralen“ Rechts zu entfliehen,6 ist das GEK auch für sie durchaus eine Überlegung wert.7 Denn es bietet die Möglichkeit, ein-

1

Vgl. Limmer/Huttenlocher/Simon, EuZW 2013, 86 (86 ff.). Vgl. Ernst, S. 93; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (286). 3 Ebenso Wendehorst, S. 105. 4 Vgl. auch Ayad/Schnell, BB 2012, 1487 (1492). Noch weitergehend Schulte-Nölke, Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, S. 28: „in der Summe über dem jedes EUMitgliedstaats“. 5 Vgl. auch von Westphalen, ZIP 2011, 1985 (1995); vgl. auch Reding, S. 2 f. Von einer „Win-Win-Situation“ spricht Staudenmayer, Bedarf, Mehrwert und Reichweite, S. 37. 6 Ackermann, S. 58 f.; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (280). 7 Ebenso Pfeiffer, S. 37 f. 2

I. Abschließende Bewertung und Ausblick

355

heitliche Klauselwerke zu verwenden.8 Andererseits ist die Inhaltskontrolle nach Art. 86 GEK-Vorschlag dem deutschen Recht grundsätzlich ebenbürtig.9 Ob dies zur Attraktivität des GEK beiträgt, ist fraglich. Wie die Untersuchung gezeigt hat, gibt es in einigen Punkten Verbesserungsbedarf. Dieser fängt, wie gerade erwähnt, beim Anwendungsbereich an, der über Verbraucher und Unternehmer hinaus auch auf Vereine erweitert werden sollte. Des Weiteren sollten reine Verbraucherverträge sowie – ohne Notwendigkeit einer Option – innerstaatliche Verträge zugelassen werden. Die Kritieren für die Definition des KMU sind praktisch nicht nur schwer zu handhaben, sondern eröffnen auch Missbrauchsmöglichkeiten.10 Daher sollte auch dieses Erfordernis gestrichen und das GEK für sämtliche Unternehmer geöffnet werden. Auch wenn das Instrument letztlich als Verordnung i.S.d. Art. 288 II AEUV erlassen werden soll, ist die Aufteilung in eine Verordnung („chapeu-rules“) und zwei Anhänge unnötig kompliziert.11 Besonders auffällig ist das bei der Definition der Standardvertragsbestimmungen in Art. 2 lit. d) GEK-VO, die nicht ohne Verweis auf Art. 7 GEK-Vorschlag auskommt. Gerade hier besteht also noch Konsolidierungsbedarf. Auch der Sprachstil des GEK muss an einigen Stellen verbessert werden.12 Insbesondere bei den Rechtsfolgen der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle ist eine Neuformulierung erforderlich. Auch inhaltlich gibt es Kritikpunkte. Problematisch ist insofern vor allem die strikte Unabdingbarkeit der Einbeziehungsvorschriften. Wie gesehen, macht Art. 70 III GEK-Vorschlag die Einbeziehung von AGB im telefonischen Fernabsatz unmöglich, wenn die Klauseln nicht schon bekannt sind oder während des Gesprächs per E-Mail übersandt werden. Auch die Einbeziehung von AGB im unternehmerischen Verkehr aufgrund eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens wird durch Art. 70 III GEK-Vorschlag vollständig unterbunden. Daher ist die im Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des EU-Parlaments vom 20. 02. 2013 geplante Beschränkung der Einbeziehungsregeln und ihres zwingenden Charakters auf Verbraucherverträge durchaus begrüßenswert. 8

Pfeiffer, S. 38. von Westphalen, EU-Kaufrecht und CISG, S. 204 f.; ders., ZIP 2011, 1985 (1995): „frohe Botschaft für den Mittelstand“. Wie es sich im Vergleich zu anderen nationalen Rechten verhält, sei hier dahingestellt. Vgl. insoweit etwa Wendehorst, S. 100 ff.; Docekal, S. 310 ff.; Ackermann, S. 59; A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (481). 10 Beispielsweise lässt sich die Jahresbilanzsumme durch eine „kreative Buchführung“ leicht beeinflussen. 11 Dementsprechend empfiehlt auch der Rechtsausschuss des EU-Parlaments Verordnung und Anhang zusammenzufassen, s. Berichtsentwurf des Rechtsausschusses vom 20. 02. 2013, S. 109. 12 Ebenso Ernst, S. 105; Zöchling-Jud, AcP 212 (2012, 550 (574); Eidenmüller/Jansen/ Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 (272 f.); a.A. Lando, CESL or CISG, S. 18 (Sprache auch für Personen ohne Kenntnisse im Vertragsrecht verständlich). 9

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I. Abschließende Bewertung und Ausblick

Warum die Vorschrift des Art. 87 Machbarkeitsstudie zu überraschenden Klauseln keinen Eingang in den Vorschlagstext gefunden hat, lässt sich nicht ohne weiteres nachvollziehen. Ein Schutz vor überraschenden AGB ist zwar auch ohne eine eigene Vorschrift gewährleistet, erfordert aber einen größeren Begründungsaufwand. Bei den Rechtsfolgen der Einbeziehungskontrolle orientiert sich der Vorschlag sprachlich deutlich an Art. 6 I der Klauselrichtlinie. Dadurch bleibt allerdings unklar, ob sich der Verbraucher einzelne AGB herauspicken kann oder ob ihm letztlich nur die Berufung auf das Klauselwerk als Ganzes möglich ist. In dieser Hinsicht ist eine sprachliche Klarstellung geboten, da eine solche „Rosinentheorie“ jedenfalls bei AGB der Rechtssicherheit abträglich wäre. Rundum positiv ist die Aufnahme einer ausdrücklichen Vorschrift zum Problembereich der kollidierenden AGB zu bewerten. Die in Art. 39 GEK-Vorschlag und auch nach hier vertretener Auffassung favorisierte Restgültigkeitslösung („knock-out-rule“) schafft einen ausgewogenen Vertragsinhalt und vermeidet zufällige Ergebnisse. Gerade die deutsche Kautelarpraxis muss sich allerdings darauf einstellen, dass die Verwendung einer Abwehrklausel im GEK keinen rechtlichen Effekt mehr hat. Auch hier dürfte aber das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Verbesserungsbedarf besteht auch bei der Inhaltskontrolle. Ein kritikwürdiger Punkt ist die beschränkte Geltung des Transparenzgebots. Auch wenn die Klauselrichtlinie nur bei Verbraucherverträgen eine ausreichende Transparenz von AGB fordert, sind die mit einer intransparenten Gestaltung einhergehenden Nachteile nicht auf Verbraucher beschränkt. In dieser Hinsicht sollte das Transparenzgebot auch für die Inhaltskontrolle in Unternehmerverträgen gelten. Darüber hinaus bedarf es auch einer den Vorschriften der § 307 I 2 BGB und Art. II.-9:402 II DCFR entsprechenden Klarstellung, dass bereits in der Vereitelung von Abschluss- und Abwicklungstransparenz eine unangemessene Benachteiligung liegen kann. Auch der zu weit geratene Anwendungsbereich der Art. 84, 85 GEK-Vorschlag sollte korrigiert werden. Die graue und schwarze Liste auf sämtliche Vertragsbestimmungen anzuwenden, selbst wenn diese individuell ausgehandelt wurden, überzeugt nach Sinn und Zweck der Klauselkontrolle nicht. Das größte Problem bei der Inhaltskontrolle liegt allerdings in der Formulierung von Art. 86 GEK-Vorschlag. Die Vorschrift weicht – wie schon die Vorgängernormen in DCFR und Machbarkeitsstudie – von der Generalklausel bei Verbraucherverträgen ab. Nach hier vertretener Ansicht wird dadurch der Rückgriff auf das dispositive Recht des GEK als Leitbild für die Inhaltskontrolle zwar nicht ausgeschlossen, jedoch ist diese Ansicht ihrerseits nicht unbestritten. Dementsprechend muss deutlicher herausgestellt werden, ob die Formulierung lediglich den veränderten Prüfungsmaßstab illustrieren soll oder ob tatsächlich eine Prüfung allein anhand der geltenden Handelspraxis ohne Rücksicht auf die Abweichung vom dispositiven Recht vozunehmen ist. Ohne Klarstellung besteht die begründete Gefahr, dass die inhaltliche Kontrolle von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat nach unter-

I. Abschließende Bewertung und Ausblick

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schiedlichen Maßstäben und in unterschiedlicher Intensität vorgenommen wird und dadurch das Instrument für den unternehmerischen Rechtsverkehr unattraktiv macht. Unabhängig von der inhaltlichen und sprachlichen Übearbeitung des GEK besteht bei seiner Wahl solange eine gewisse Unsicherheit bis die meisten Streitfragen gerichtlich geklärt worden sind. Das allein ist aber kein zulässiges Argument gegen den Vorschlag,13 denn sonst dürften nie gesetzliche Neuregelungen erlassen werden. Der Erfolg des GEK hängt aber eben auch von den Rahmenbedingungen für die Rechtsfindung ab. Ein grundlegendes Problem liegt dabei vor allem in der einheitlichen Auslegung der Vorschriften durch die mitgliedstaatlichen Gerichte. Bei den vielen Sachfragen und der begrifflichen Unbestimmtheit mancher Regelungen, besonders auch im AGB-Recht, werden diese nicht umhin kommen, dem EuGH etliche Fragen zur Klärung vorzulegen. Diese Vorlagen erhöhen dann die ohnehin schon große Zahl an Verfahren noch weiter, so dass der Gerichtshof – jedenfalls nach aktueller personaler Besetzung – an seine Kapazitätsgrenzen stoßen dürfte.14 Zudem ist das Verfahren der Vorabentscheidung lediglich auf die Beantwortung abstrakter Fragestellungen ausgerichtet und nicht auf die Entscheidung eines konkreten Rechtsstreits mit Berücksichtigung aller Umstände des Falles.15 Allein mit einer Auslegung und Zurückverweisung des Rechtsstreits ist den mitgliedstaatlichen Gerichte nicht geholfen, vielmehr bedarf es einer supranationalen Revisionsinstanz, die das Recht auch tatsächlich anwendet und konkrete Sachentscheidungen treffen kann.16 Notwendig wäre deswegen zumindest ein neues Verfahren auf supranationaler Ebene, möglicherweise sogar eine eigene europäische Zivilgerichtsbarkeit.17 Das dürfte jedoch politisch nicht durchsetzbar sein. Insofern verhält es sich bei Erlass des GEK nicht anders als bei der Wahl einer unbekannten ausländischen Rechtsordnung:18 Man weiß nicht genau, was einem im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung erwartet. Diese Rechtsunsicherheit sollte man richtigerweise zwar nicht über-,19 aber eben auch nicht unterschätzen. Dies gilt vor allem, wenn das Vorabentscheidungsverfahren im Falle des GEK nicht großzügiger gehandhabt wird, sondern sich lediglich auf die punktuelle Auslegung beschränkt. Dadurch wird der Klärungsprozess auf supranationaler Ebene deutlich in die Länge gezogen oder unter Umständen nicht in ausreichendem Maße ermöglicht. 13

Vgl. auch Herresthal, S. 109. Maultzsch, S. 19; Droese, IHR 2013, 50 (57); Zimmermann, JBl 2012, 2 (20); vgl. auch A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (499 f.). Schon zum DCFR: Ernst, AcP 208 (2008), 248 (267). 15 Maultzsch, S. 19 f. 16 Ackermann, S. 65 f.; Grigoleit, S. 70 ff.; vgl. auch Wernicke/Groß, S. 165; Müller-Graff, S. 68; Droese, IHR 2013, 50 (57); offensichtlich optimistisch dagegen Hellwege, IHR 2012, 221 (224); ebenso wohl auch von Westphalen, S. 52; Herresthal, S. 109; Budde/Eckhoff, S. 118 f. 17 Eingehend Gsell, Interne und externe Lücken, S. 118 ff.; Grigoleit, S. 72 f.; vgl. auch Zimmermann, JBl 2012, 2 (20); Maultzsch, S. 20 f.; Wernicke/Groß, S. 165; Eidenmüller/Faust/ Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529 (529). 18 A. Stadler, AcP 212 (2012), 473 (497 ff.). 19 Herresthal, S. 109. 14

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I. Abschließende Bewertung und Ausblick

Ob das Unternehmen der EU-Kommission den gewünschten Erfolg bringt, werden letztlich die Unternehmer und Verbraucher entscheiden, indem sie ihre Verträge dem GEK unterstellen oder nicht.

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Sachwortregister Acquis communautaire 34 Acquis Group 33, 332 Acquis Principles 34 ADSp 29, 80 f., 342 Agenturgeschäft beim Gebrauchtwagenverkauf 297 ALI siehe American Law Institute Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen siehe ADSp Allgemeine Geschäftsbedingungen – Aushandeln 61, 65, 70, 72, 246, 264, 311 – Aushang 76, 93, 98, 110, 116, 122, 168 – Begriff 58 – Branchenüblichkeit 80 f., 134, 136, 150, 191, 206 – Druckmöglichkeit 84, 95 f., 111 – Entstehungsgeschichte 28 – Speichermöglichkeit 95 f., 111 – Stellen 60, 69, 71, 314, 317, 326 – Vorformulierung 59, 64, 68, 70 American Law Institute 31 Anwendungsbereich – CISG 39 – DCFR 41 – der Inhaltskontrolle siehe dort – GEK 41 – PECL 40 – PICC 39 Bar, Christian von 33 Battle of the forms siehe Kollidierende AGB Berichtsentwurf des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments 38, 41, 48, 56, 69, 119, 124, 158, 255, 322, 326, 355 BGB – AGB-Begriff 58 – Einbeziehungskontrolle 75, 129, 160, 189, 216, 243, 245, 251 – Inhaltskontrolle 267 – Kaufmännisches Bestätigungsschreiben 130

– Kollidierende AGB 216 – Schweigen 129 – Vertragsschluss 56 Blue Button 52 Bonell, Michael Joachim 30 Buergerlijk Wetboek 31 Chapeau-Rules/Chapeau-Verordnung 37 CISG – AGB-Begriff 62 – Anwendungsbereich 39 – Einbeziehungskontrolle 87, 139, 176, 197, 223, 243, 247, 253 – Inhaltskontrolle 301 – Kaufmännisches Bestätigungsschreiben 140 – Kollidierende AGB 223 – Schweigen 139 – Vertragsschluss 56 Contra-proferentem-Regel 298, 322 Convention on the International Sale of Goods siehe CISG CoPECL siehe Joint Network on European Private Law David, René 30 DCFR – AGB-Begriff 67 – als AGB des Vertrages 318 – Anwendungsbereich 41 – Dispositives Recht als Leitbild der Inhaltskontrolle 312, 314 – Einbeziehungskontrolle 113, 155, 185, 208, 243, 249, 255 – Full Edition 35 – Funktionen 35 – Graue Liste 313 – Inhaltskontrolle 309 – Inhaltskontrolle und nationales Recht 318 – Interim Outline Edition 35

382

Sachwortregister

– Kaufmännisches Bestätigungsschreiben 155 – Outline Edition 35 – Schwarze Liste 313 – Schweigen 155 – Toolbox 36 – Verhältnis zum nationalen Recht 118 – Vertragsschluss 56 Draft Common Frame of Reference siehe DCFR E-Commerce siehe Elektronischer Geschäftsverkehr Eigentumsvorbehalt siehe Kollidierende AGB Elektronischer Geschäftsverkehr – BGB 82 – CISG 93 – DCFR 116 – GEK 122 – Machbarkeitsstudie 122 – PECL 110 – PICC 107 Elektronischer Vertragsschluss siehe Elektronischer Geschäftsverkehr Entstehungsgeschichte – CISG 30 – DCFR 33 – GEK 36 – PECL 32 – PICC 30 – von AGB 28 Erkundigungsobliegenheit 81, 83, 86, 88, 97 f., 105, 132 EuGH 34, 281, 330, 357 EU-Kommission 25, 33, 36, 43, 73, 338, 354 EU-Parlament 24, 33, 53 Europäische Kommission siehe EU-Kommission Europäische Zivilgerichtsbarkeit 357 Europäisches Parlament siehe EU-Parlament Europäisches Zivilgesetzbuch 24 GEK/Gemeinsames Europäisches Kaufrecht – AGB-Begriff 69 – als AGB des Vertrages 330 – Anwendungsbereich 41 – Binnenhandel 42

– Dispositives Recht als Leitbild der Inhaltskontrolle 323, 326 – Einbeziehungskontrolle 119, 157, 185, 208, 243, 249, 255 – Fernabsatz 43, 122 – Folgen der Verwendung 49 – Graue Liste 324 – Grenzübergreifende Verträge 41 – Inhaltskontrolle 320 – Kaufmännisches Bestätigungsschreiben 157 – Mischverträge 43 – Optionsmöglichkeit 42, 122 – Schwarze Liste 324 – Schweigen 157 – Vereinbarung 46 – Vereinbarung außerhalb des Anwendungsbereichs 48 – Verhältnis zum CISG 51 – Verhältnis zum Kollisionsrecht 50 – Verhältnis zum nationalen Recht 124, 330 – Vertragsparteien 44 – Vertragsschluss 56 – Vertragstypen 43 – Zwingende Vorschriften 48, 124, 157, 249, 321, 324, 330, 355 Geltungserhaltende Reduktion – personale Teilunwirksamkeit 343 f., 352 – PICC 347 – Verbot der 341, 344 Gemeinsamer Referenzrahmen siehe DCFR Graue Liste – DCFR 313 – GEK/Gemeinsames Europäisches Kaufrecht 324 – Machbarkeitsstudie 324 Großmann-Doerth, Hans 27 Heiss, Helmut 34 Hinweisobliegenheit – BGB 76 – CISG 87, 100 – DCFR 114 – GEK 120 – Machbarkeitsstudie 120 – PECL 109 – PICC 103 Horizontales Instrument 37

Sachwortregister INCOTERMS 89, 101, 216 Inhaltskontrolle – Anwendungsbereich (BGB) 268 – Anwendungsbereich (DCFR) 309 – Anwendungsbereich (GEK) 320 – Anwendungsbereich (Machbarkeitsstudie) 320 – bei Nichtunternehmern 317, 329 – BGB 267 – CISG 301 – DCFR 309 – GEK 320 – im unternehmerischen Geschäftsverkehr (BGB) 289 – im unternehmerischen Geschäftsverkehr (DCFR) 314 – im unternehmerischen Geschäftsverkehr (GEK) 326 – im unternehmerischen Geschäftsverkehr (Machbarkeitsstudie) 326 – Machbarkeitsstudie 320 – PECL 306 – PICC 302 – Rechtsfolgen (BGB) 340 – Rechtsfolgen (CISG) 343 – Rechtsfolgen (DCFR) 349 – Rechtsfolgen (GEK) 349 – Rechtsfolgen (Machbarkeitsstudie) 349 – Rechtsfolgen (PECL) 348 – Rechtsfolgen (PICC) 345 Intransparenz siehe Transparenzgebot Joint Network on European Private Law 35 Kaufmännisches Bestätigungsschreiben – BGB 130 – CISG 140 – DCFR 155 – GEK 157 – Machbarkeitsstudie 157 – PECL 155 – PICC 153 – sich kreuzende Bestätigungsschreiben (BGB) 133, 137, 216 – sich kreuzende Bestätigungsschreiben (DCFR) 156 – sich kreuzende Bestätigungsschreiben (PECL) 156

383

– sich kreuzende Bestätigungsschreiben (PICC) 155 – Verhältnis zu § 305c BGB 134 Klauselrichtlinie 58, 132, 275, 306, 330, 338, 349, 354 Kleines oder mittleres Unternehmen 44 KMU siehe Kleines oder mittleres Unternehmen Kollidierende AGB – BGB 216 – Eigentumsvorbehalt (BGB) 220 – Eigentumsvorbehalt (CISG) 230 – Ergänzende Regelungen (BGB) 220 – Ergänzende Regelungen (CISG) 230 – Ergänzende Regelungen (DCFR) 239 – Ergänzende Regelungen (GEK) 239 – Ergänzende Regelungen (Machbarkeitsstudie) 239 – Ergänzende Regelungen (PECL) 239 – Ergänzende Regelungen (PICC) 235 – Kongruenzgeltung/knock-out-rule 218, 228, 234, 238 – Theorie des letzten Wortes/last-shot-rule 218, 227, 235, 239 – Vertragsschluss (BGB) 217 – Vertragsschluss (CISG) 225 – Vertragsschluss (DCFR) 238 – Vertragsschluss (GEK) 238 – Vertragsschluss (Machbarkeitsstudie) 238 – Vertragsschluss (PECL) 238 – Vertragsschluss (PICC) 233 Kollisionsrecht – EuErbVO 24 – EuUnthVO 24 – Rom I-VO 24, 50 – Rom II-VO 24 – Rom III-VO 24 Lando-Principles siehe PECL Lex mercatoria 33, 39 Machbarkeitsstudie – AGB-Begriff 67 – Einbeziehungskontrolle 119, 157, 185, 208, 243, 249, 255 – Graue Liste 324 – Inhaltskontrolle 320

384

Sachwortregister

– Kaufmännisches Bestätigungsschreiben 157 – Schwarze Liste 324 – Schweigen 157 – Vertragsschluss 56 mailbox rule/posting rule 177 Möglichkeit der Kenntnisnahme – BGB 76, 81 – CISG 87 – DCFR 114 – GEK 120 – Machbarkeitsstudie 120 – PECL 108 – PICC 104 Nacherfüllung 45 Nicht im einzelnen ausgehandelte Klauseln, Begriff 58 Nicht individuell ausgehandelte Bedingungen siehe Nicht im Einzelnen ausgehandelte Klauseln Nichteinbeziehung von AGB – Rechtsfolgen (BGB) 251 – Rechtsfolgen (CISG) 253 – Rechtsfolgen (DCFR) 255 – Rechtsfolgen (GEK) 255 – Rechtsfolgen (Machbarkeitsstudie) 255 – Rechtsfolgen (PECL) 255 – Rechtsfolgen (PICC) 254 Opt-in 51, 280, 334 Opt-out 51 Optionales Europäisches Vertragsrecht siehe GEK/Gemeinsames Europäisches Kaufrecht Optionales Instrument siehe GEK/Gemeinsames Europäisches Kaufrecht PECL – AGB-Begriff 66 – als AGB des Vertrages 308 – Einbeziehungskontrolle 108, 155, 184, 208, 243, 249, 255 – Inhaltskontrolle 306 – Inhaltskontrolle und nationales Recht 307 – Kaufmännisches Bestätigungsschreiben 155 – Schweigen 155

– Verhältnis zum nationalen Recht 112, 307 – Vertragsschluss 56 Personale Teilunwirksamkeit 343 f., 352 PICC – AGB-Begriff 64 – als AGB des Vertrages 305 – Einbeziehungskontrolle 103, 152, 184, 203, 243, 249, 254 – Inhaltskontrolle 302 – Inhaltskontrolle und nationales Recht 304 – Kaufmännisches Bestätigungsschreiben 153 – Schweigen 152 – Verhältnis zum nationalen Recht 107, 304 – Vertragsschluss 56 Popescu, Tudor 30 Prestatements 33 Principles of European Contract Law siehe PECL Principles of International Commercial Contracts siehe PICC Rechtswahl 39, 50, 53, 112, 233, 237, 239 Reding, Viviane 25 Research Group on the Existing EC Private Law siehe Acquis Group Restatements 62 – of the Law 31 f. Richterrecht 280, 300 Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (93/13/EWG) siehe Klauselrichtlinie Rosinentheorie 255, 350, 356 Schmitthof, Clive M. 30 Schriftformklausel 249, 261 Schulte-Nölke, Hans 33 Schwarze Liste – DCFR 313 – GEK/Gemeinsames Europäisches Kaufrecht 324 – Machbarkeitsstudie 324 Schweigen des Empfängers – BGB 129 – CISG 139 – DCFR 155 – GEK 157

Sachwortregister – Machbarkeitsstudie 157 – PECL 155 Small or medium enterprise siehe Kleines oder mittleres Unternehmen SME siehe Kleines oder mittleres Unternehmen Sprachenproblematik – als Formfrage 161, 184 – als Zugangsproblem 162, 185 – BGB 160 – CISG 176 – DCFR 185 – GEK 185 – Machbarkeitsstudie 185 – PECL 184 – PICC 184 – Sprachenstatut 161 – Sprachrisiko 165, 167, 187 – Sprachunkundigkeit 166, 170, 174 – Sprachwahl 163 f., 175, 177 – Übersetzungsobliegenheit 106, 173, 183, 185 f. – Verhandlungssprache 164, 178 – Vertragssprache 164, 178 – Weltsprache(n) 172, 181, 185 f. Standard contract terms siehe Allgemeine Geschäftsbedingungen Standardvertragsbestimmungen siehe Allgemeine Geschäftsbedingungen Study Group/Study Group on a European Civil Code 33, 332 Transparenzgebot – BGB 275 – DCFR 115, 209, 310 – GEK 209, 321 – Machbarkeitsstudie 321 Überraschende Klauseln – BGB 189 – CISG 197 – DCFR 208 – GEK 208 – Machbarkeitsstudie 208 – PECL 208

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– PICC 203 Übersendungsobliegenheit – CISG 88 – DCFR 115 – GEK 120 – Machbarkeitsstudie 120 – PECL 109 – PICC 105 UNIDROIT 23, 30, 32 UNIDROIT Principles siehe PICC UN-Kaufrecht siehe CISG Vertragsänderung – BGB 245 – CISG 247 – DCFR 249 – GEK 249 – Machbarkeitsstudie 249 – PECL 249 – PICC 249 Vertragsschluss 56 – über das Internet siehe Elektronischer Geschäftsverkehr Vorbehalt – nach Art. 92 CISG 145, 151, 198 – nach Art. 96 CISG 52, 247, 263 Vorrang der Individualabrede – BGB 260 – CISG 262 – DCFR 263 – GEK 263 – Machbarkeitsstudie 263 – PECL 263 – PICC 263 Vorschaltlösung 50, 330 Weltsprache(n) – BGB 172 – CISG 181 – DCFR 186 – GEK 186 – Machbarkeitsstudie 186 – PECL 185 – PICC 185