144 57 12MB
German Pages 160 [164] Year 1896
Die
W i r k u n g der Tragödie nach Aristoteles.
Von
Dr. med. Hans Laehr.
Berlin. Druck und Verlag von Georg Reimer. 1896.
Inhaltsverzeichnis. E i n l e i t u n g S. 1—4. I.
(S. 5 - 2 4 . )
Gegensatz zwischen Lessing und Bernays S. 5. — Erklärung der Katharsis in der »Politik" S. 7. — Auffassung von Bernays, Döring, Reinkens; Schwierigkeiten, die dabei aufstossen S. 9. — Die Lieder des Olytnpos »erleiben Fähigkeit zum Enthusiasmus S. 18. — Sie entlassen den Hörer in einer rechten und mittleren Gemüthslage S. 23. II.
(S. 2 5 - 4 1 . )
Krankbeitslehre des Hippokrates S. 26. — Die hippokratische Katharsis S. 32. — Vergleichspunkte zwischen der musikalischen und ärztlichen Katharsis S. 35. — W a s wird durch die musikalische Katharsis entfernt? S. 36. III.
(S. 42—63.)
Abweichung des Aristoteles von Hippokrates S. 42. — Folgerungen daraus S. 45. — W a s ahmt die tlusik n a c h ? S . 4 9 . — Eintheilung der Musik nach Wirkung und Zweck S. 56. IV.
(S. 6 4 - 7 7 . )
Definition der Tragödie S. 64. — Reinigung der Affecte S. 69. — Gemfith und Vernunft S. 73. V.
(S. 78—101.)
Mitleid S. 79. — Furcht S. 81. — Tragische F u r c h t S. 85. — Enthusiasmus S. 91. VI.
(S. 102—124.)
Mitleid und Furcht als Mittel der Reinigung S. 103. — Vergnügen an der Kunst S. 107. — Nachahmung S. 108. — Darstellung des Unmöglichen S. 111. — Glückseligkeit S. 115. — Die Lust, die infolge von Mitleid u n d Furcht durch Nachahmung entsteht S. 117. — Gegensatz zur „edlen Unterhaltung" S. 121. VII.
(S. 125—142.)
Jamblichos und Proklos S. 125. — Pariser Handschrift des Unbekannten S. 134. — Ueberwindung der Unlust in der Tragödie S. 136. — Lessing S. 138. — Tragische „Gerechtigkeit" S. 139. A n h a n g S. 143—160. 1. ¿vftoustaorcxrfc S. 143. — 2. xaOeSTijxÖTu»« S. 146. — 3. xädapwc S. 151. — 4.
o« S. 153. — 5. voü« S. 156.
Berichtigungen. S. 15, Anm. habe ich fälschlich behauptet, dass in der Schrift de mysteriis Aegyptiorum droxa&afpEiv s t e t s „reinigen" bedeute. Zu dieser Annahme k»m ich dadurch, dass ich den von Parthey beigegebenen Index für vollständig hielt. Die von mir S. 132 angeführte Stelle hätte mich freilich über den Ii'fthum aufklaicu küuuru, üa d-oxaOaipEiv dort ein „reinigendes Fortschaffen" ausdrückt. Zur Busse habe ich die Schrift de mysteriis vollkommen durchgelesen und kann nun behaupten, dass darin, von jener Stelle abgesehen, a;toxa9aipsiv stets die Bedeutung „reinigen" hat (ausser den S. 15, Anm. genannten Stellt»» noch 221, 12; 232, 2; 249, 9). xa&aiptiv kommt 3 mal vor, S. 216,1 und 221, 4 = reinigen, 37, 13 = ausscheiden; xdöapot« 206, 17 und 293, 7 = Reinigung, 41,16 = Ausscheidung. Eine Beziehung auf die ärztliche Reinigung findet sich ausser den im Text angeführten Stellen nur noch 2 2 1 , 4 : xaftaipsiv TO a0 xaTaxiu^ifxoi, ¿Xe^povc; und tpoßjjxtxoi, auf der andren ol aXXot). Laebr,
Die W i r k u n g der Tragödie nach Aristoteles.
2
18 von uns nicht in das Theater gehen, um sich von Furcht und Mitleid zu befreien, dass sie vielmehr mit der Erwartung dorthingehen, ihr Gefühl werde durch das Drama angeregt werden, darüber braucht wohl kein Wort verloren zu werden. Sollte jedoch vielleicht nach Aristoteles den Griechen eiue Ausscheidung von Furcht und Mitleid von Zeit zu Zeit nothgethan haben und ihnen deshalb von Obrigkeitswegen in gewissen Zwischenräumen ein Theaterbesuch gleichsam verordnet worden sein? Aber ein Theaterbesuch, der sich auf einen ganzen Tag ausdehnte und sich oft am folgenden Tage oder an mehreren folgenden Tagen wiederholte? Nach dem ersten Stück musste doch wohl die mitgebrachte Furcht und das mitgebrachte Mitleid ausgeschieden sein. Nun fing das neue Stück an. Wo sollten die Zuschauer so rasch sich von Neuem Mitleid und Furcht beschaffen, um zum zweiten Male Katharsis erleiden zu können? So lange Döring nicht erkliirt, wie ein Grieche — zwischen zwei Tragödienaufführungen — von den Schicksalsaffecten gleichzeitig befreit und erregt sein konnte, wird man dem Aristoteles diese Ansicht schwerlich zutrauen. Zeigt sich aber auch dieser Ausweg verschlossen, so ist dadurch, dass Bonitz uns gezwungen hat. die Affectionen in Affocte zu verbessern, die Schwierigkeit der Erklärung zunächst gewachsen. Und nun muss ich noch eine neue hinzufügen. Aristoteles berichtet im 5. Capitel des 8. Buchs der Politik von den Liedern des Olympos, dass sie nach allgemeinem Urtheil den Seelen Fähigkeit zum Enthusiasmus verleihen 1 ). Er führt dies als Beweis dafür an, dass die Musik die Eigenschaft besitzt, die Seelenbeschaffenheit des Hörers zu verändern. Dass diese Veränderung dem ganzen Zusammenhang nach eine dauernde ist, die also nicht mit dem Aufhören der Lieder wie weggeblasen ist, hat Bernays richtig gefühlt (1. c. S. 88). Ebenso richtig hat er erkannt, dass Aristoteles unter den heiligen und die Seele berauschenden Liedern unseres 7. Capitels eben jene Lieder des Olympos verstanden hat. Iiier haben
') 8xt •pv^fAtila ^otoi TIVEC (Sia rr({ |A0U3iXTjc) tpavEpov 5ia ro.M.Äv p.iv xal ixipiuv, O'J-/_ JjxtaTa 84 xal 6i.de tdiv 'OX6|Mto'j (JLEXOÜV • -a'j-a yap ¿¡J/JXOYO'Juivu); itoirt Tai 5—7: ¿v ndsaic üitdp^ei (ifiu^aii) . . . I n 8' ¿vdouaiaajx) ImßctXXEtv in der intransitiven Bedeutung heisst „sich wohin bewegen, anfallen".
Nun kann imßciXAei ¡¿oi auch heissen
„es fällt mir zu,
es kommt
auf mein Theil" und wird v o n Aristoteles öfters in dieser B e d e u t u n g
ange-
22 besser die eigentliche Bedeutung des Wortes aus al.s die Bernays'sche, aber sie ist doch zu sehr entsprechend der Reinkens'schen Anschauung geformt. Wörtlicher und richtiger übersetzt man „in so weit etwas von diesen Affecten einen Jeden be Iii 11t". Ich halte es für zweifellos, dass hier nicht von Affecten die Rede ist, die von den Leuten ins Concert oder ins Theater mitgebracht werden, sondern von den Affecten, die durch die Musik oder durch die Tragödie erregt werden. Wie wenige würden denn im Stande sein, die Reinigung, also die Wirkung der heiligen Lieder und der Tragödie, an sich zu erfahren, wenn dazu gehörte, dass sie sich, von einem z. Z. wirklich bestehenden Affect belästigt, in die Aufführung begäben? Von selbst würde kaum Jemand auf diese merkwürdige Forderung kommen, aber dem Aristoteles traut man sie zu. Gewiss würde man dies thun müssen, wenn er selbst dazu nöthigte. Das thut er aber an dieser Stelle wenigstens keineswegs. Im Gegentheil, er sagt: „Dasselbe — nemlich die Katharsis — muss nun folgerecht auch bei den M i t l e i d i g e n und F u r c h t s a m e n und überhaupt bei Allen stattfinden, die zu einem bestimmten Affect d i s p o n i r t sind, bei allen übrigen Menschen aber, in so weit etwas von diesen Affecten sie b e f ä l l t . " Wer die Worte unbefangen liest, wird zunächst annehmen, dass der Affect den Hörer während und infolge der Aufführung befällt, zumal da im vorhergehenden Satze gesagt ist, dass bei denen, die häufigen Anfällen des Enthusiasmus ausgesetzt sind 1 ), die Katharsis eintritt, wenn sie Lieder, die eben das Gemüth berauschen, auf sich wirken lassen. Der B e r a u s c h u n g d e s G e m i i t h e s entspricht das Bef a l l e n w e r d e n v o m A f f e c t . Dass bei denen, die schon dazu neigen, vom Affect ergriffen zu werden, auch die heiligen Lieder ihre berauschende Wirkung ausüben, versteht sich von selbst; bei den Andern dagegen, die für Affecte minder empfänglich sind, also bei der Mehrzahl, versteht sich das nicht von selbst; von diesen wird vielleicht Mancher durch die Musik nur in geringerem Grade zum Affect hingerissen werden können, und darum muss
wandt. Dass derselbe in^äXXEiv aber auch im erstgenannten, ursprünglicheren Sinne gebraucht, zeigt z. B. de part. anim. G64 b '27, wo dadurch die Schliessbewegung des Kehlkopfs ausgedrückt wird. ') uTto Taurrje tt)C xivfyiex ÒTpepio'jotv, OÙ81 I T I 8'ivavrat ini TÒ péXxiov ¿TiiSiòdvat, XefeeTai £7TI TÒ 5(£tpov. Cf. Aristot. Polit. 1335 »6. *) Hippocr., de nat. hom. 15: J) J)XixÌ7j O5TI) (25—45 Jahre) i«tò n.eXa(vj)c jfoX^j XATÉ^ETAT paXtaxa -aaécov TCÓV ^Xixiàiv. — Cap. 7: AÀIETAI 8è év xip àv-
28 die kälteste und nasseste Flüssigkeit von den Vieren darstellt. Im Frühling k o m m t dazu eine Vermehrung des Blutes, das am meisten warm und nass ist. Im Sommer wird der Schleim am schwächsten, während das Blut noch vorherrscht, neu aber tritt ein Anwachsen der gelben Galle a u f , welche vermöge ihres mehr trocknen und heissen Charakters alsdann der Jahreszeit am meisten entspricht. Im Herbst wird das Blut am geringsten, dagegen nimmt die schwarze Galle an Menge und Stärke besonders zu. Im Winter vermindert sich dann die gelbe Galle, und der Schleim gewinnt wieder seine herrschende Stellung. So steht der Körper des Menschen in beständiger Abhängigkeit von den Naturveränderungen und entspricht in seiner Zusammensetzung und deren zeitlichem Wechsel den vier Grundformen des W a r m e n , Kalten, Trocknen und Nassen, von denen jede einzelne für den Bestand der Welt nothwendig ist. W i r sehen, dass der Zustand der Gesundheit, die rechte Mischung der vier Grundsäfte, nichts ewig Gleiches, Unwandelbares ist. Einmal ist nicht ein Mensch wie der andre, dann aber auch ist derselbe Mensch nicht immer sich gleich, und jene verschiedene dpcurcqj
TO
fliv yXifixa xoü y t t j i i ü v o ; -
a u i f i c m , xctl rd alfia üJaxa
¿TnffveTae,
ÖEp(i>)|i.Eptüiv
xo
xaxa
aiua
8e tpisiv
xaxa
xaOxa
yap aixiu)
f ä p ¿axt x a l Oepfidv. . . .
\)7.i TE TWY op.J3pu)v x a i tv x a l xiüv ÖEppuüv x a i xüiv '}'j/pdiv x a l xtüv S^puiv
x a l x ü v i>Ypujv, O'I y a p äv ¡xtivetE xo'JTiuiv OÜBV o ü S i v a ypo'vov i v s j Tta'vxouv Tuiv
¿v T(j>8t Tif xpa-u>v Aphor. 2,10)." Diese Ausführung von Reinkens (1. c. S. 152) ist im Allgemeinen richtig; jedoch ist eine gewisse „Thätigkeits-Anlage o d e r - F ä h i g k e i t " des Körpers allerdings Hedingung für die Katharsis. Er muss eben fähig sein, sich durch das kathartische Mittel in seiner „ausscheidenden Energie" steigern zu lassen. Die Fähigkeit des xapdxxEijSoH gehört zum xaftaipeaöat. Vergl. Eth. Nie. 1154 b 19: (¡xi fdp cj^ßaivet iaxpeucaDai xoO i)7ro|iivovxo; oyioO; irpdxxovxo; xi, 8td xoüxo 8OXEI elvai. ') Einmal gelangt nicht jeder überflüssige oder zu scharfe Saft nach aussen (xdöapai;), sondern wird an einer Körperstelle abgelagert und so aus der gemeinsamen Mischung entfernt. Hierfür wird gewöhnlich der umfassendere Ausdruck droioxaii; (cf. bes. Epidem. II, 1,7) angewandt. Solche Ablagerung schliesst eine spätere Reinigung natürlich nicht aus. Ich verweise hierfür auf die Ausführung Littres (1. c. I p. 450). Sodann aber findet man öfter statt kathartischer Vorgänge auch andre als Zeichen der Krisis, z. B. in der oben Anm. 4 S. 31 angezogenen Stelle (Epid. III, 2 , 1 ) bei Einigen Scbweiss, also Katharsis, bei Andren Frostschauer, also etwas, was man nicht einmal als Ablagerung bezeichnen kann. Man kann eine solche, als unmerkbar im Körper stattfindend, vielleicht auch annehmen, notwendig verlangt es die Theorie aber nicht, da durch Reinigung das Schädliche schon während der Kochungszeit entfernt und der Rest tauglich zur Mischung geworden sein kann. ®) xd xpivdfjfva xal xd xExpiijtiva drapxi fj-rj xivietv . . . dXX* im . . . r.oXXi Set xadatpiiv, xaüxa hi (j-rj ¿77Ü; ouxui xpiaiot, aXXd Tipoatoxipu» (Iiept £Uf*u>v 6). Laehr,
Die W i r k u n g der T r a g ö d i e nach Aristoteles.
3
34 Mag der Arzt zu andren Zeiten nach Bedürfniss reinigen, er soll, wenn die Krisis bevorsteht, sich ruhig verhalten, um nicht durch V e r m e h r u n g der Schüttelbewegung dem Kranken zu schaden! — Hiernach muss der Gedanke an einen Vergleich der musikalischen Reinigung mit der Krise einer Krankheit endgültig aufgegeben werden. Fällt somit Dörings Nachweis, dass die Katharsis als K r i s i s mit innerer Bewegung und Erregung einhergehe, so hat er doch in der Sache vollkommen recht. Die innere Bewegung, die vorher als Schüttelbewegung, als Kochen geschildert wurde, gehört allerdings zum Wesen der ärztlichen Reinigung 1 ), indem sie durch die katarthischen Mittel hervorgerufen wird und die Ausscheidung vermittelt. W ä h r e n d des Krankheitsanfalls bewirkt sie demnach eine Steigerung der inneren Bewegung; wird sie aber angewandt, b e v o r es zur Schiittelbewegung der Krankheit gekommen ist, so kann sie dieser unter Umständen vorbeugen '). — £v totaiv ¿£¿31 ratanv ¿Xtya'xi; xal iv ip/f^i x^3i SAPUAXEI'r^! /phzSlai ('Atpopi3|jioi 1, 24). — fjv Ttc ¿TTixExapafpLivui W V T I I T I (xäXXov TAPCTÜR,, tpapp.axov ¿(ißaXiöv, o'J 8aü|iä ¿3xtv ¿x x{ (JLTJ xaxEpyäsrjxai T I xaxov (llepl voiscuv III, IG). — dpyojjivajv TILV voisiuv, r(v TI 80x^5 xivieiv, xivst • I X U I A ! / / J 3 ( I ) V 8E, t^'r/ir^ F / E I V ßiXxiov ¿ 3 n v (Acpopisptot 2 , 2 9 ) . ')
ßopov, (JLTJ
xapd;^,
xivr(3iat,
('AtpopiSfioi
(rkpl voistuv I V , 4 7 ) . — xrnv 3u>|iäxov äfEiv, rpo;
V
TIÜV
xaxa
ÄVSPTUNOV 2 8 ) .
—
1, 2 0 ) .
—
; (IR) X A P D A A ß
Uewisse Fleisch-
xapaxxixuixaxa xi){ xotXit); (fiept L£p?J; V O J I O ' J I ) . -") f,v JJLiv ¿(ifitiviQ xa sixia TtXeiova xoü xatpiO -e-Eiiiiiva ¿o'vxa, xal 6 ivöpujTTo; (ii) droxaSaipTjxai xal Etepa Btxt'a ¿Tiiiifexr,, xö suiua z).r(poi(ievov iircö xf,i ixpidSo; xfji Ttpoxipr,? xai z f j i VEI){, öspfiaivExai, xal ~ j p i x T O J T V J yivtxai TUJ ¿vDpciuTrq). xo 8£ zvp ouxtuc YEV^(XEVOV OUX df^opov OVIOE isyup&v ¿sxiv, ¿v ip ^ ixpia« iad^Et xaxd rXr(8oc i j i / p - i a t Xu;r£ouaa iXtjcp -Xiov rjv jap TOJ8 1 oaxiu« iyjj xai xi« xa'pxa loyyn xal xa ¿irtx^OEia TtpoaEviyxr), uytijt ifivExai. . . . 6i xoü ditojraxou [iti 5iay; toc TÒ xpivetv ¿p&ùi{ xaì TÒ ycttpEtv Toli ir.mxéuv ifdtm xaì -)
B
T a l ; x a X a ì i irpä^EJtv ( P o l it. 3
(
1340" 16—18).
) Das S c h ö n e u n d Hässliche liegt a u c h
n i c h t i m m e r zu G r u n d e , Ivia | i p ( E t h . N . 1 1 1 5 » 13). — a u a 6è x a ì ftavEìv
ÀV8P(£OVTAI
TÙiv t u I yévii xaXwv x a ì 61 ivavTia TO'ÌTUJV, t ì iè fi t T a efat
xiptoc
xaì
T41 itàayetv
vt'xTj x a ì xaì
(1148» 2 2 - 2 8 ) .
¿TTiftufiEÌv
—
érret
Sè
TÙIV
37:vj8ai
äv
TPOTPTJ
XO
REPIRRUJIIA
TO a f f i a fX'-ix!) TÖ üfiatvov.
EVEXB, ¿XX' ciiroxäftapfiä ¿3tiv ij '/oKij Ti/'j'i
2TI ¡J.EV OJV 70 a i ^ a
TOI; ¿va(|xoi{, (pavEpiv ix TO6TIUV x a l TUJV TOIOJTOUV ( d e p a r t .
TI;
E?vai, 6jxo(u>s 5 i SfjXov 5 n x a i
ESTJ
(ib. 6 7 7 » 2 7 — 3 0 ) .
IFXIFP-A xa
rt
TÖ 'j-iirr^j-T.
ßOYXTTAI
tpavspov o i v äro-ov Tf(;
TPOTPTJS anim.
ttvai
xal
OTI OJ Ttvot
TE TÖ (JLTJ 7:av-
xoi/.ta;,
^EPITTIUPIA
' ("1 Statpiptattsi TOI; TOTTOI; (07 71> 7 — 1 0 ) .
43 die Galle als überschüssiger Saft durch die Reinigung aus dem Körper entfernt wird, so würde die Reinigung vom Affect die Ausstossung desselben aus der Seele bedeuten. Freilich fällt, sobald wir Galle and Schleim nicht mehr als Grundsäfte betrachten, auch die letzte Möglichkeit fort, die Affecte mit ihnen in Vergleich zu stellen, und es wird hierdurch nur um so klarer, dass die „Gemüthsbewegungen" nur den Bewegungen der e i n e n normalen Flüssigkeit, des Blutes, entsprechen können. Statt der rechten Mischung der vier Grundsäfte tritt bei Aristoteles die r e c h t e M i s c h u n g des W a r m e n , K a l t e n , T r o c k n e n und N a s s e n als Bedingung der Gesundheit auf, wir finden also bei ihm ein K r ä f t e v e r h ä l t n i s s , wo Hippokrates ein Verhältniss der Stoffe zu einander hatte 1 ). Im Uebrigen wird die Verschiedenheit der natürlichen geistigen Anlagen in ähnlicher Weise wie von Hippokrates erklärt, nur dass Aristoteles als Ursache nicht die Mischung der Grundsäfte (das Temperament), sondern die Eigenschaften des Blutes annimmt. Das weniger erdige Bestandtheile enthaltende und deshalb nicht gerinnende Blut gewisser Thiere trägt zu deren feinerer Verstandesthätigkeit bei, weil es dünner und weil es rein ist. Denn diejenigen mit feinerer und reinerer Flüssigkeit haben beweglichere Empfindung. Auch Feigheit und Zornmüthigkeit der Thiere wird auf das Ueberwiegen der nassen und trocknen Bestandtheile des Blutes zurückführt. Ueberhaupt ist den lebendigen Wesen die Natur des Blutes Ursache von Vielem in Gemiithsart und Empfindung, und das aus gutem Grunde, denn das Blut stellt als Nährflüssigkeit den Stoff des ganzen Körpers dar. Einen grossen Unterschied macht es daher, ob es warm oder kalt, dünn oder dick, schmutzig oder rein ist 3 ).
') 7tp2—11). a) oufijîaivït 8 ' Iviâ -¡e xal fXacpupuuipav l/w TTJV Siâvoiav TÛ»V TOIOÛTIUV,
44 Dass
bei
einem
Vergleich
seelischer
mit
körperlichen
gängen die Gemüthsart der Blutmischung entspricht,
ist
Vor-
demnach
für die Betrachtungsweise des Aristoteles etwas sehr Naheliegendes. Und in Bezug auf die Reinigung finden wir dies dadurch bestätigt, dass der Philosoph unter den Verschiedenheiten des Blutes, welche auf die Gemüthsart Einfluss haben,
neben
den
vier
Grundeigen-
schaften des W a r m e n und K a l t e n , Dünnen und Dicken ( =
Nassen
und T r o c k n e n ) es ausdrücklich als wesentlich bezeichnet, ob das Blut schmutzig oder rein ist.
Dass das B l u t durch verbrauchte,
durch
Abfallsstoffe schmutzig wird, ergiebt sich aus den Bemerkungen, die Aristoteles vorhanden:
über die Galle macht. aber
bei denen,
Dieselbe
sei
Galle der sich bildende Ueberschuss (irspirrtofia). schlechthin
als etwas,
nicht
bei
Allen
deren B l u t weniger rein i s t , sei die Er bezeichnet sie
wovon der Körper oder genauer das Blut
gereinigt wird (draxa&aptjw).
Das Organ, in dem diese Reinigung
stattfindet, ist i m Allgemeinen die Leber, die daher viel zur rechten Mischung des Körpers und zur Gesundheit
beiträgt 1 ).
8id TT)V ijiuypiiTTjTa X O J a7|xaxo{, dXXd 8id TT)V XETTTOXT^TCI |iäXXov xai 8id xo xaSapov Eivac TO ydp yetöÖE; o'jS^XEpov r/et TO'JTUIV. EÜxivrjTOTEpav fdp lyo'J3t TT^V ai3lb)3tv id XenTOTEpav V/o'ixa Tr,v uypjxu>SE(( xai Exoxaxixoi- xo ydp affia TO'JTCDV (viuoisxaxov, xai xo F E to'j xa'ipo'j xdycSTa rVjyvuxat za'vxiuv . . . roXXüiv 8' ¿3xiv aixia tj xoi ai'riaxot cp'jst; xai xaxa xo fjSoj xoi; Ciuoti xal xaxa TR(v afaSrjliv, E'jXoyiu;- ilXr, ydp ¿3X1 rcavxöe xoi ciupiaxoi' TJ ydp xpo^Tj GXRJ, xo V aipia ^ ¿s/dx?] xpotp^. -oXXR ( V O J V roiEt 8ia xai ^
¿7II
xtji r^-axt
YOXRJ
TTEpixxuijia flvoii xal OI>jf
SVEXB
xtvo;, (IiSKEp xal fj ii x-jj xoiXia xal ¿v xoi; ¿vxipott u-foxasi? . . . 030i{ |AEV OJV 7j xoü f^axo; aisxast; uyiEivi^ ¿an xai fj xoO aijjiaxo; (p'isi? fX'jXEia th xoOx' aTroxptvofiivrj, xaüxa (xiv rj itd(4.::av O'jx lüyEi ¡(oXr(v ¿-1 xoO r^axoc, fj lv xi3i tpXc-
ßiots, i) xa fi£v xd 8' oi. 8to xai xa i^raxa xd xüjv a^oXcuv E U / O U I (ii; ¿iriTtav EirEtv, xai xöiv iyifxuiv )(oXTjv xo URTÖ RR^ /oX^ X O J xuxaxov isxiv. TÜIV 8E auviiTaaivmv ¿j f(xxov xaöapoü atptaxo; TOUT' xo YIV(5(IEVOV jtEpixxtupia (de part anim. 677 »12—27). Vergl. Anua. ¿STIV
xai ftaixepci
r^axot fX'j¿3xiv ^ }(oXr) 1 auf S. 42.
45 Ist hier auch zunächst nur von einer physiologischen und nicht TOD der ärztlichen Reinigung die Rede, so kann doch unbedenklich das Wesen jener auf diese übertragen werden. Auch gallentreibende Arzneien bringen das „Schmutzige" des Blutes zur Ausscheidung, soweit es in Galle übergehen kann, und sie thun dies mittelst der Schüttelbewegung, die an einer, freilich nicht sicher von Aristoteles herrührenden, Stelle als ein Kampf des Mittels aufgefasst wird: „Wenn die Mittel den Sieg davongetragen haben, so scheiden sie aus und nehmen mit, was ihnen hinderlich war, und das nennt man Reinigung')." Dass in solchem Sinne weder der Affect an sich noch der Hang dazu als hinderlich für die Wirkung der enthusiastischen Musik bezeichnet werden konnte, liegt auf der Hand. Wohl aber kann die Neigung, überall den Standpunkt des Nützlichen oder des sinnlich Angenehmen als den rechten zu betrachten, der Wirkung schöner Musik ein Hinderniss sein. Trägt die Musik aber den Sieg davon, so wird sie in der Seele des Hörers das Schöne wieder in sein früheres Recht einsetzen und die Gemüthsart von dem falschen Gesichtspunkt reinigen. Nach diesen Ausführungen dürfte die gegebene Deutung der musikalischen Katharsis') als berechtigt nachgewiesen sein. Und sie wird zur einzig möglichen sobald man eben im Vergleich die Gemüthsart (fjöo;) der Blutmischung und die Gemüthsbeweguugen den Bewegungen des Blutes gleichsetzt. Dass dies eine dem Aristo— xò 8è Tiöv ¿pviSiuv fiiÀUTa zpooeutpepè; xul TÖIV £i()ox(ixu>v ésxìv Tjraxt. xa8apòv yìp xal Svatfxov xò ypcüfjia a'jxiüv isti xa&a'rep xàxeivui\. ottxeov ti tò xà aóifiaTa TO'jxmv EÌ>7rvo'iaT3tv (JTa3t|i.u>Tepov oi oi xtvrjTixiiv, xai TO'JTOJV OI (J.EV » O P T I X I O T E P S ; i'/vai xiv^SEtc oi oi ¿XE'j»Eptu)tipai (l'olit. 13401)7—10). ffiot
53 die Art sich äussert, werden unterschieden in edlere und niedrigere, der Gemüthsart, nicht den reinen AfTecten entsprechend. Inwiefern aber sieht Aristoteles in der Musik eine Nachahmung der sich in AfTecten bethätigenden Gemüthsart? Ed. Müller h a t ' ) im Anschluss an eine Stelle der Probleme eine Aufklärung darüber versucht. Da aber die Probleme von fraglicher Echtheit sind und kaum für sich allein eine Ansicht als aristotelisch begründen können, erscheint es besser, auf diese Herleitung zu verzichten und sich mit dem zu begnügen, was die Politik uns bietet. Da scheint mir zwischen dem Gegenstand und dem Mittel der Nachahmung folgendes Gemeinschaftliche zu bestehen: 1) Beide sind Bewegungen. Dass der Affect als Gemüthsbewegung bezeichnet wird, ist schon öfters erwähnt. Dass aber auch die Töne Bewegungen sind, sagt Aristoteles an andrem Orte ausdrücklich 1 ). 2) Die Gemütsbewegungen haben ebensowenig an der Gemüthsart ohne Weiteres Theil, wie beliebige Töne ohne Weiteres Harmonie und Rhythmus haben. Erst durch Unterordnung unter einen leitenden Gesichtspunkt werden die Affecte zum Ausdruck der Gemüthsart, die Töne zur Musik. 3) Der leitende Gesichtspunkt kann für die Affecte der des Schönen, der des Nützlichen oder der des schlechthin Lusterregenden sein, für die Musik der des Schönen und der des schlechthin Lusterregenden J ). 4) Der sittliche Werth der Affecte und der künstlerische Werth der Musik richtet sich danach, welcher von diesen Gesichtspunkten der leitende ist. 5) Derselbe Gesichtspunkt des Schönen kann auf beiden Gebieten ') I. c. S. 13. pretation
der
fertigen.'
E r f ü g t in A n m . 3 h i n z u :
d u n k l e n Stelle Probi. 1 9 , 2 7
„ d i e im T e x t e n t h a l t e n e
Inter-
m a g sich d u r c h sich s e l b s t
recht-
D a s s a b e r y|jt£vu)i SEI p.7) (IÓVOV É/EIV TÒ xa/.òv àXìA xaì TTjV TjÒOVTjV (TÒ yàp E'jÒaiflOVEtV àfJ. ulet
80 nicht das. was lange vorüber ist oder in später Zukunft eintreten wird, sondern was nahe ist.
Daher die Wirkung der Schauspiel-
kunst. die uns das Leid v o r A u g e n bringt. eben geschehen ist oder in Kurzem aber wird der Mitleid erregen,
geschehen
Nahe ist das. wird.
was
Besonders
der die rechte Gesinnung im Leid
erweist'). Dies aristotelische Mitleid deckt sich offenbar nicht ganz mit dem, was wir unter diesem Worte verstehen.
Einmal ist unser Mitleid
allgemeiner, indem wir auch Leute damit umfassen, glück selbst verschuldet haben.
die ihr Un-
Dann aber fehlt ihm die Beziehung
auf uns selbst, die durch die Gleichstellung des Furchtbaren und des Mitleid Erregenden schwächerer um Uebel,
Weise
sich
ergiebt,
vorhanden;
wir
oder
sie
ist
bemitleiden
doch häufig
in
viel
Andre
denen wir für uns selbst geringe Bedeutung beilegen,
su (]USK Lessiug mit vollem Reclit dn« aristotclisehc Mitleid für oin stärkeres Gefühl als das unsre erklärte. als
Dagegen ist die Vorstellung,
ob es auch weniger selbstlos sei als das,
verstehen'),
durchaus ungerechtfertigt.
was wir darunter
Im Gegentheil fehlt ihm
die Hebung des Selbstgefühls, die m i t unsrem Mitleid häufig verbunden ist, „der Hintergrund des Gefühls der eigenen Sicherheit, oi/.io -poaaixoOvxr äfOfiivoj é;tì To àitoBavEiv oùx èòaxpuSEv, v 7rotoOvTEc, r) un (iiXXov, rj i tpaivr ( xai,
f j cpöopi;
UKJXE ¡jtiXXEtv
jroivxe;, 8xi ¿ r o f t a v o i v x a i • *) { o" izlüt;
Ei-stv,
c f o v c a o i a j piXXovxo« x a x o ü r) tpdap-
xa x a x d t p o ß e t x a r ofov, E( i a r a i äSixo«, RJ ß p a S u f iuvaxar
xal
xaüxa
äv jitj nififcu),
x a y a p r . ö f y w atp&Spa 06 ipoßoOvxai.
¿XXd
faalt
yäp
Sri o u x ¿yyi>(, o i i i v p«3i; xal repiTtiiEia jj iXcov E;ei j) tpdßov, oiuiv rpp${a [¿ifirj3t{ ürtiixeiTai.
83 gödie in die Furcht vor einem nahen Uebel versetzt wird? Lessing (Hamb. Dramat. St. 75) sagt mit Recht, dass die Furcht sich nur auf unser eigenes Geschick beziehen kann, und fahrt fort: „es ist die Furcht, welche aus unsrer Aehnlichkeit mit der leidenden Person für uns selbst entspringt; es ist die Furcht, dass die Unglücksfälle, die wir über diese verhängt sehen, uns selbst treffen können; es ist die Furcht, dass wir der bemitleidete Gegenstand selbst werden können. Mit einem Worte: diese Furcht ist das auf uns selbst bezogene Mitleid." Der Einwurf, den er sich dann selbst macht (St. 77), dass diese Furcht schon im Worte Mitleid beschlossen sei, dass demnach der Zusatz der Furcht nichts mehr sage und das, was er sagen solle, noch dazu schwankend und ungewiss mache, ist begründet, er weist ihn aber damit zurück, dass Aristoteles der Furcht deshalb besonders gedacht habe, weil sie, als eine für sich fortdauernde Leidenschaft, sich selbst reinige. Döring (1. c. S. 307) wendet hiergegen mit Recht ein, dass wir nach aristotelischer Ansicht nur die uns sicher und nahe drohenden Unglücksfälle fürchten, und dass die eigentliche Furcht, da sie den Menschen ganz auf seine eigene Lage zurückweist, den Menschen mitleidsunfähig macht. Er ist aber im Unrecht, wenn er deshalb einen Unterschied der tragischen und der gewöhnlichen Furcht dem Wesen nach annimmt, so dass die tragische Furcht bestände in einem stärkeren, leidenschaftlicheren Pulsiren „jenes unbestimmten G«fühls von der Unbeständigkeit und Nichtigkeit aller menschlichen Herrlichkeit, von dem Damoklesschwerte des Unheils, das beständig über dem Haupte der irdischen Grösse schwebt, und das in uneigentlichem, abgeschwächtem Sinne schon Furcht genannt werden kann" (1. c. S. 316). Das geschilderte Gefühl wiche zu sehr von der Furcht ab, wie Aristoteles sie auffasst, als dass derselbe ihm den gleichen Namen hätte geben können. Döring sieht sich denn auch zu der Annahme genöthigt, dass eine Stelle in der Poetik ausgefallen sei, in der eine Bemerkung „über den nicht ganz eigentlichen abgeschwächten Charakter" der durch die Tragödie zu erregenden Furcht gestanden habe (1. c. S. 315). In nicht ganz so starker Weise verstösst gegen die deutliche Begriffsbestimmung in der Rhetorik der Versuch Ueberwegs, „nicht die Furcht um uns selbst, die als solche nichts Aesthetisches ist", sondern die „sympathische Furcht", die dem Helden gilt, als das durch die Tragödie anzuregende Gefühl aufzufassen. In nicht ganz 6*
84 so starker Weise, sage ich, weil hier wenigstens die Beziehung auf eine n a h e Gefahr gewahrt bleibt. Immerhin setzt auch diese Deutung eine völlig verschiedene Auffassung des Aristoteles in Rhetorik und Poetik voraus. Die sympathische Furcht, die dem Helden gilt, heisst in der Rhetorik Mitleid oder ist vielmehr, da sich das Mitleid auch auf gegenwärtiges Leid beziehen kann, im Mitleid einbegriffen. In der Beziehung auf Andre oder auf uns besteht ja gerade nach der Rhetorik der Hauptunterschied zwischen Mitleid und Furcht; uns ist furchtbar, was unser Mitleid erregen würde, wenn es A n d r e träfe. Freilich beruft sich Ueberweg 1 ) auf eine Stelle in der Abhandlung des Aristoteles über die Seele, in welcher diese sympathische Furcht erwähnt sein soll. Es heisst d o r t ' ) : „Wenn wir etwas als schrecklich oder furchtbar beurtheilen, so haben wir sofort eine Mitempfindung, und gleicherweise, wenn wir etwas ala kiilm bcurtlicilcn."
U n d das soll oin Nachweis dafür
sein, dass Aristoteles eine sympathische Furcht kennt? Einmal kann Aristoteles das Schreckliche oder Furchtbare in Beziehung auf uns selbst meinen; wir beziehen in Gedanken unwillkürlich das Furchtbare auf uns selbst und fürchten es daher 3 ). Aber diese Erklärung ist gar nicht nöthig, denn wo steht, dass jene Mitempfindung die der Furcht ist? Aristoteles führt aus, dass nicht die blosse Vorstellung, sondern die Beurtheilung derselben den Affect hervorruft. Wenn wir etwas als schrecklich oder furchtbar beurtheilen, muss das Furcht hervorrufen 4 )? Kann es sich nicht auf etwas Vergangenes beziehen oder auf etwas Gegenwärtiges? Kann es nicht ebensowohl Schmerz wie Mitleid oder Schadenfreude erregen? Gewiss auch Furcht, wenn wir es uns als uns drohend vorstellen, aber kann diese Stelle als Kachweis gelten, dass unsre ') Ueberweg 1. c. S. 59. £TI
8i OTav |iiv So£aau>|XEv
GEIVO'V T I TJ
tpoßEpiv, tiSü;
SUPIRAS/OFIEV,
¿aotatc
8i x5v öa^aXiov • xaxä 84 TTJV tpavTasfotv uisauTtu; E/OJAEV tla-Ep ei OEajftEvot ¿v 7p»ipT) TÖ Seivct ij t)a|lfiaXia (de anima 427 b 21 — 24). Düring (1. c. S. 318) übersetzt das Se mit „nemlich" und geräth dadurch meiner Ansicht nach zu falschem Ergebniss. Das 8o£ä£eiv wird der «¡paviasia entgegengestellt. Die blosse .cfyrj irpo; xrjv yijv ix xoü rtXdp'j; xal TIÜV ßaOiiov ¿rcavt(5vro 8ia te RRJV eüiav xal itot xo v S E I , O5TE yap tpiXävUpujrov O-JTE ¿XEEIVOV OSTE ^oßtpiiv ¿ J T I V — oi»6' au TOV atfihpz i:ov»)pöv vjT'jyiaz E ( ; 8USTU-/{av piETa7ctitT£tv — TO |i4v -jap tpiXavftpwrov i^oi äv i) T O H ' J T T ) austaste ¿XX O'JTE IXEOV O J T E tpdßov, 4 |XEV jap 7iEpl tov ava'Sidv ¿STIV SustujfoüvTa, 6 8£ 7tepl tovfifioiov,IXEO« (iiv itEpl tov dväjiov, tf6ßo( hl Ttepl TOV opioiov, ¿LISTE O'JTE ¿XEEIVOV O'JTE tpoßEpöv istai TO oujißaivov — 6 jjiETaSü äpa toituuv Xouro; (1452b36 —1453»7).
ylaz TO!>{
1
90 D i e s e l b e B e g e b e n h e i t kann u n s e r Mitleid oder unsre F u r c h t e r w e c k e n , es k o m m t d a r a u f a n , w i e w e i t w i r m i t i h r v e r f l o c h t e n o d e r in s i e h i n e i n g e z o g e n s i n d . Das gilt für das Leben wie für die Tragödie. Viel erheblicher ist der Satz, dass das Mitleid sich um den Unglücklichen dreht, der sein Loos nicht verdient hat, die Furcht aber um den, der uns gleichartig ist. Wenn Döring (1. c. S. 316) diese Gleichartigkeit als Bedingung des Mitleids auffasst, so steht dem entgegen, dass Aristoteles sie eben nicht mit dem Mitleid, sondern mit der Furcht in Verbindung bringt. Die Gleichartigkeit in sittlicher Beziehung kann hier unmöglich gemeint sein, die auch die Voraussetzung des Mitleids ist, da die Furcht liier in einen gewissen Gegensatz zum Mitleid gesetzt wird. Wurde beim Mitleid das u n v e r d i e n t e Leid hervorgehoben, so geschah dies, weil daseolbc für die Furcht gcrado iiiclit notwendig ist — muii denke an den König, dessen Sohn zum Tode geführt wird; liier ist es für die Furcht des Vaters höchst gleichgültig, ob der Sohn durch ein Verbrechen sein Loos verdient hat oder nicht. Gleicherweise muss man nun aber erwarten, dass auch bei der Furcht etwas angeführt wird, was eben nur für sie und nicht für das Mitleid Bedingung ist. Dies ist aber die Verschmelzung der eignen Person mit dem Helden in der Vorstellung des Zuschauers. Nicht die sittliche Gleichartigkeit, die Bedingung des Mitleids, ist gemeint, sondern die Gleichartigkeit, die dadurch entsteht, dass wir uns vergessen und gleichsam in dem Helden aufgehen 1 ). Wenn Plutarch „sich auf die Bewegung beruft, in welche das ganze Theater gerathe, indem Merope die Axt gegen ihren Sohn erhebt, und auf die Furcht, die jeden Zuschauer befalle, dass der Streich geschehen werde, ehe der alte Diener dazu kommen ') Dass o(ioio; von Aristoteles auch in dem entsprechender Bedeutung gebraucht werden kann, zeigt Rhet. I, 11,25—26: xai ¿rti TO xa-a yioiv ifi'i, Ta 3'JYYEvfj xerei (piaiv dXXVjXoi{ ¿c |ji(ivi) jrrcpoüxai xoO cpiXoadtpou Siavoia* . . . éSisxcijievoe Sì Tv £v8£u>v xoi>xu>v aXXmv ¿ftousiaidvTiuv 6p(xo8o« ¿Eapxäxat (Plat. Ion 533 E). — 6 Ii 8E8« 8td rcavxuuv TOUTUJV (Künstler, Rhapsoden, Schauspieler) EAxtt TTJV ILUYRJV onot av ßoiXrjxat xujv dvftpturtuv (wie ein Magnet Ringe), dvaxpE|Aavv'j; ¿; dXX^Xtuv XTJV Siivapuv . . . ix 8i XOJ'XtUV Xv axiAßov ¿ v a p y ^ a x a x a . OTYT; Y Ä P ^ Y I V |iaxoi ep/ETAI A ( A S ^ 3 E < U V , T) FPP?IVTJAIC O ' J Y opäxat — S E I V O ' J ? ydp " A P S T Y E V Epu>xa;, ET xi xoioüxov EA'jxf,; ¿ V A P Y I T eiBujXov irap£T'yExo E ( ; 6'1>iv (v ¿TTÖIV roirjxal ol dyaöoi oix ¿x xiyvj]? i)X EVSEOI ivxEc xal xaxey{ ¿XTtXexTtxutttpov TJ A I T O »J aXXo notei ¡¿¿poc. TtapciSciTfia TOÜ "Exropo« 5(u)£u, ei fUvtoi TO riXo« JJ piiiXXov (IJ ¡xtj) JJTTOV ¿vtSfyeTO üitttpxttv xal XATA TT)V nepl TOOTUIV T ^ V T J V , ^¡JLOTPTTJTAI o&x ¿p8uj; • ^|xapt^«8ai (1460b 24—30). ie! ycfp, t( hUjt-cai, iXu>{ AUTTJ;-
112 jagdbares Thier, dessen Hetzung eine Lustbarkeit ist". Freilich ist Hektor seinem erbarmungslosen Gegner auch ein Mittel zur Erlangung von Ruhm, doch lallt dies gegenüber der Hauptsache nicht ins Gewicht. Vor Allem will Achilleus Rache nehmen wegen des Patroklos Tod, obwohl er weiss, dass dies seinen eignen Tod beschleunigt: „Hin nun geh' ich, den Mörder des werthesten Haupts zu erreichen, Hektor. Doch mein Loos das empfang' ich, wenn es auch immer Zeus zu vollenden beschliesst" (II. XVIII. 114—7). Gewiss ist ihm die Hetzung auch eine Lust, aber deshalb, weil sein Zorn auf diese Weise befriedigt wird. Den Schmerz und den daraus entbrannten Zorn des Achilleus in seiner ganzen Stärke zu schildern, gab es allerdings kein besseres Mittel, als dass er sich seine Beute von Keinem abjagen lässt. Und dass die Achäer seinem stummen Winke gehorchen, mag vielleicht bei ihrem Kampfesmuth und ihrem Hass gegen Hektor unglaublich oder unmöglich gefunden werden, aber die zornige Kraft, des Achilleus, vor der auch die Freunde beben, tritt dadurch um so gewaltiger hervor. Dies aber ist der Inhalt der Dichtung: „Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus, ihn, der entbrannt den Achaiern unnennbaren Jammer erregte." Der Zorn des Achilleus gegen Agamemnon hat den Achaiern und vor Allem auch ihm, dem Zürnenden, unnennbaren Jammer erregt; wie gross dieser Jammer ist und wie stark der Zorn des Achilleus, das lehrt uns dieser Zug in besondrer Klarheit. Er steigert unsre Theilnahme, aber weniger für Hektor, als für den eigentlichen Helden der Ilias, für Achilleus, der seinen Zorn gegen Agamemnon so furchtbar büssen muss, und der durch Verhängniss und Naturanlage immer näher seinem frühen Tode gedrängt wird. So dient die kleine Abweichung vom Wahrscheinlichen dazu, die innere Notwendigkeit der Handlung, die sich um Achilleus dreht, noch klarer zu machen; dieser wird noch mehr in den Mittelpunkt der Handlung gerückt, sein Schmerz und sein Zorn erfahrt eine überaus wirkungsvolle Beleuchtung, und die Härte seines Sinnes wird ins Grosse erhoben (vergl. Poet. 1454 b 14). So kann unser Mitleid zur Furcht gesteigert werden, während wir doch trotz der äusseren Unwahrscheinlichkeit, die j a im Epos übersehen wird, auf dem Boden der inneren, d. h. der in der Gemüthsart des Achilleus begründeten Wahrscheinlichkeit verbleiben. Die andre Stelle, die hier in Frage kommt, lautet folgender-
113 massen: „In Bezug aaf die Dichtkunst ist Glaubhaftes, was unmöglich ist, Unglaubhaftem vorzuziehen 1 )." Wie verträgt sich das damit, dass wir den Zusammenhang der Begebenheiten als notwendig erkennen sollen? Erklärend sagt Aristoteles „in Bezug auf die Dichtkunst". Die Dichtkunst beruht auf der Nachahmung, Zweck der Nachahmung für die Zuschauer aber ist das Wiedererkennen. Nun können wir nur etwas wiedererkennen, was uns überhaupt erkennbar ist. Ein Zusammenhang aber, der uns unglaubhaft erscheint, weil wir seine, vielleicht verborgene, Notwendigkeit nicht übersehen können, ist für uns nicht vorhanden; wir können ihn also auch nicht wiedererkennen. Es ist daher ein geringerer Fehler, wenn uns statt dessen an einer Stelle etwas Unmögliches, was aber glaubhaft ist und uns daher nicht als unmöglich erscheint, vor Augen geführt wird. Dies steigert freilich nicht unsere anschauende Erkenntniss, aber es hindert auch nicht, dass die Dichtung im Ganzen doch ihren Zweck erfüllt, denn unsere Theilnahme wird wenigstens nicht gestört, während sie durch etwas, was unglaubhaft erschiene, auch wenn es in Wahrheit etwas Notwendiges wäre, unzweifelhaft gemindert würde. Auch hier gilt natürlich wie bei der vorher besprochenen Unmöglichkeit der Satz, dass ein Fehler nicht zu entschuldigen ist, wenn er vermieden werden kann. Da es aber besser ist, wenigstens das Wiedererkennen zu ermöglichen, auch wenn kein Lernen damit verbunden ist, als in einem Kunstwerk ohne Wiedererkennen lehren zu wollen, so ist jener Fehler entschuldbar. Wir haben bisher nur die Handlung als Gegenstand der Nachahmung betrachtet. Da es aber Handlungen nicht ohne Handelnde giebt, so liegt in der Nachahmung von Handlungen auch die Nachahmung von Handelnden; und da die Handlungen des Menschen nach seiner Gemüthsart und seinem Verstände sich richten, so ergiebt sich ein dreifacher Gegenstand der Nachahmung: Handlung, Gemüthsart und Verstandesthätigkeit. In der Handlung ist also auch der nach Gemüthsart und Verstand handelnde M e n s c h ') itpT)i, xaftdrop Efaopiev, OÜSeIC äv jivotTO TWV fiaxapbov ddXioc oii^jroxE yap npd^Et xd (xisijxd xal «paüXa. xöv fdp tut dXrjOiü; djadov xal Ipuppova icaaac oMficda xd; xuya; E{)aj(1fi(ivuj; cp^peiv xal ¿x TÜV 8* TOI{ ¿xTO«
116 Die Glückseligkeit muss also nach Aristoteles wohl vom Glücke unterschieden werden. Jene besteht in der Bethiitigung der Lust am W a h r e n und Schönen und liegt insofern in der Macht des Einzelnen, als derselbe durch Uebung und Gewohnheit sich die Lust am Rechten zu eigen machen soll. Freilich würde die Glückseligkeit gebunden und unvollkommen sein, wenn dasjenige fehlte, was m a n als Glück bezeichnet und was der Einzelne sich nicht zu geben vermag. Wie wenig dies aber die Glückseligkeit selbst ausmacht, sieht m a n daran, dass zu viel Glück derselben sogar hinderlich sein k a n n ' ) . Die Fähigkeit zur Glückseligkeit, die in der Lust a m W a h r e n und Schönen besteht, k a n n uns nicht genommen werden, dagegen hängt das äussere Glück, das die Bethätigung jener Lust ermöglicht und daher zur vollen Glückseligkeit unentbehrlich ist, von andren Umständen a b , von unsrer körperlichen Beschaffenheit, von unsrer äusseren Lage und vom Schicksal. Diese äusseren Umstände können also nicht den letzten Beweggrund des rechten Handelns abgeben, das kann nur das Schöne. Die Tragödie, die in übersichtlicher Handlung den Glücksumschwung Jemandes, in dem wir uns wiedererkennen, uns vorführt, lässt uns gleichsam durch eigenes Erlebniss die Unbeständigkeit des Glücks erfahren. Zugleich lässt sie aber die in uns vorhandene Lust a m Schönen sich bethätigen und zwar in kräftigen Gefühlen sich bethätigen, indem sie uns nicht n u r vermöge der Furcht in die Seele des Helden hinein, sondern vermöge des Mitleids auch auf den objectiveren Standpunkt stellt, der das Schöne nicht i m Nützlichen und Angenehmen untergehen lässt. So wird ùropydvTuiv iti TÒ xa'XXwTa rparrEiv, x'jSa'rtp xaì arparr^òv ctya&ov ru> irapóvn jfp^SDAT ROXE[ilxuiTaTa . . . ti 8 ' O'JTOJC, aftÀio; uèv GÙSÌTTOTE Y I V O I T ' Sv ó tù8av
riptut TTJV Siavotav, oibv TRPOT dveipiva;, [Uauit hk xal xafteimjxcSTUK («xXiaxa Tip6i fcxipav, orov Soxel iroitiv ij Suiptaxl fidvTj xäiv äppovitov, ¿vöouaiasxixoüc 51 ^ ippuyiaxi ( 1 3 4 0 * 4 0 — 1 > 5 ) . »Einigen Harmonien gegenüber verhalten sich die Zuhörer mehr wehmüthig und in sich zusammengezogen 1 ), wie gegen die sogenannte mixolydiscbe, gegen andre mehr entspannten Geistes 1 ), wie gegen die ausgelassenen, am meisten in mittlerer und rechter Gemüthslage aber gegen eine andre, — In sulclie Gewüllislagt] acliciut ueiuüch die dorischo allein von den Harmonien (unmittelbar beim Hören) zu versetzen, (dann) aber indem sie die (mittlere und rechte) Fähigkeit zum Enthusiasmus herstellt, die phrygische". Man wird nicht umbin können, den Schlusstheil des Satzes in dieser Weise zu fassen, ¿vftouataotixouc 8' Vj «ppoftaxf ist grammatisch unzweifelhaft nicht nur mit 8oxei noiciv, sondern mit ofov Soxct iroitiv zu verbinden, ofov aber bezieht sich auf (iisu>c xal xa8eax7jx(5xiu{ (xdXioTa. Der Widerspruch, dass die dorische Harmonie allein in die mittlere und rechte Gemüthslage versetzt, ausserdem aber auch die phrygische, löst sich dadurch, dass jene dies unmittelbar beim Hören (¿xoiiovxa;) bewirkt, diese dagegen erst, nachdem der Hörer ein Stadium der „Berauschung" durchgemacht hat. Nun könnte man j a meinen, dass Aristoteles es hier mit der Satzbildung nicht so genau genommen, sondern in nachlässiger Weise das Soxet jtottiv benutzt habe, um ohne Rücksicht auf ofov das ¿v&ooaiaatixoüt S' ij tppuyurrt anzuhängen. Dem widerspricht aber der ganze Zusammenhang. Es werden zuerst, wie so oft bei unsrem Schriftsteller, zwei Extreme angeführt, und dann das mittlere Gebiet betreten. Nun sollte auf einmal diese durchaus verständliche Tlieilung durchbrochen werden, um etwas gar (nicht Hineinpassendes noch anzufügen? Wollte dagegen Aristoteles den Sinn hineinlegen, den ich der Stelle gebe, so ist der Ausdruck kurz, aber richtig gewählt. Er konnte die phrygische Harmonie nicht mit den andren in eine Reihe stellen und etwa sagen (iäXima ' ) Zu euvcST7)xrfT( erfülle. Nachdem er nun zu itoitlv übergegangen ist, bann er mit vollem Recht das fyctv piatili xal xadeanjxrfTuic auch auf die pbrygische Harmonie anwenden: dieselbe bewirkt (mxei) diese Gemüthslage auch, freilich nicht unmittelbar (¿xoüovxas) — das thut allein von den Harmonien die dorische —, sondern erst nach einem Zustand enthusiastischer Erregung (¿^opjtoiCovra T})V H^lX welcher die (mittlere und rechte) Empfänglichkeit für den Enthusiasmus und damit die mittlere und rechte Gemüthslage herstellt, welche von der dorischen Harmonie unmittelbar erzielt wird. Da noch dazu später, in der Stelle, von der wir ausgegangen sind, die Wirkung der enthusiastischen Lieder, über deren Zusammengehörigkeit mit der phrygischen Harmonie kein Zweifel erlaubt ist, mit dem Worte xaftforaodat bezeichnet wird, also genau entsprechend dem xaDtonpctfruic, so dürfte diese Auffassung als berechtigt erscheinen. Sollte aber Jemand darauf kommen, die év&ouaiaatixof wären hier die (ivfoustaapou) xcrraxd>xi|ioi der späteren Stelle, die, welche „häufigen Anfeilen dieser Gemüthsbewegung ausgesetzt sind", sie wären also O b j e c t von itotecv, dem sei entgegengehalten, dass kurz vorher der Satz steht von den Liedem des Olympos, welche nach übereinstimmendem Urtheil note! r a t évftoumaaTixa't. Will man meine Ansiebt nicht annehmen, so scheint mir nur ein Ausweg zu bleiben, nemlich die Worte évOouaiasxtxoùi 5' ^ (ppufioxi als spätere Einschiebung zu streichen, zu der ein Unberufener im Anschluss an 1340» 10 sich hätte verleiten lassen. - Dann bliebe freilich unerklärt, wes 1 halb Aristoteles die ohne das Folgende unnöthige Wendung otov SoxeT nocetv eingeführt hätte. Aber auch diesen Ausweg versperrt unser Schriftsteller durch die Fortsetzung. Er geht nemlich von den Harmonien zu den Rhythmen über und findet hier das gleiche Verhalten wie dort: TÒV aòxòv Si rpditov L^ET xal xd irepl tou{ jbuftfjLO'ic, ot (lèv -jap fyouaiv ffiot 3xa«|iu>XEpov ol Si xtvrjTlxtfv, xal xoùxtuv ot ¡lèv cpoptixtutlpac f^oust t a t xtv^aeu, ot Si ¿XiuBeptioxlpac. Dass die Rhythmen mit gewöhnlicheren Bewegungen den Harmonien entsprechen, gegen die sich die Hörer ¿Supxtxuix^poc xal auveaxijxiSxaK (xäXXov und (laXaxuixépwc T))V Strfvottrv verhalten, ist wohl sicher; ebenso, dass die Rhythmen ruhigeren und edleren Charakters der dorischen Harmonie entsprechen. Uebrig bleiben die edleren Rhythmen, welche die Macht haben in Bewegung zu versetzen. Wenn wir oben die phrygische Harmonie streichen, so bleibt eine Lücke; streichen wir sie nicht, so ergiebt sieb aus dem Worte ¿AcotHpio« ein neuer Beweis, dass das (tisux sich auch auf die phrygische Harmonie bezieht. Ein weiterer Beweis hierfür scheint mir auch darin zu liegen, was Aristoteles später (1342*33 u. ff.) über Piatons Ansicht betreffend die musikalische Erziehung sagt Er meint nemlich, Sokrates habe im „Staate" nicht
10*
148 recht daran getban,
die pbrygiscbe Harmonie neben der dorischen zur Er-
ziehung zuzulassen.
Er tadelt
dies,
weil jene
ihrer Natur nach gleich der
Flute orgiastisch und affecterregend wirke, während die dorische am ruhigsten sei (oTaoi|iu>TOTT)c 0&0Tj{) und am
Charakter habe.
Der
Gegensatz liegt also auch hier im STASIFMÖTCPOV und XIVTJTIXOV, nicht im
i\vj-
ftepuutepov und Tipov.
meisten männlichen
Sokrates hat nach Aristoteles darin Recht gehabt,
dass die dorische und phrygische Harmonie ¿XeuÖEpioiTepat sind, aber das xtvt)Tixdv der phrygischen, das ¿SopyiaCetv TTJV U^V, nicht in Anschlag gebracht. Uebrigens ist der Ausdruck
„Rhythmen gewöhnlicheren
dem Sinne zu nehmen, als wenn dieselben geschlossen sein sollten.
für den
Charakters" nicht in
edleren Menschen aus-
„Gewöhnlicher" sind sie nur gegenüber den beiden
andren, nicht aber „gewöhnlich" an sich.
Es verhält sieb damit so, wie wenn
in der Poetik c. 26 die Frage behandelt wird, ob Tragödie oder Epos weniger gewöhnlich (Tjrcov tpopttx^) sei. Für die eine Gruppe der entsprechenden Harmonien, die
„ausgelassenen"
(dvEtpivat), lässt sich dies dadurch erhärten, dass Aristoteles sie nicht völlig vom Jugendunterricht ausschliessen will, sondern sie dem späteren Jugendalter (Ti)V ioofiiwjv fjMxiav, Ti)v Tü>v Tipeoßuxiptov) Unser Philosoph
zeigt sich eben keineswegs
¿uweist
(vergl. 134223— 23).
engherzig,
und warum sollte er
auch heitere Lieder verwerfen? Sie können zwar die rechte und mittlere Gemüthsart in dem Masse, wie die dorische Harmonie, (piaXtsTa) nicht herstellen, entsprechen aber gewiss ganz besonders dem Zweck der Erholung und unschädlichen Freude.
Man darf eben nicht
übersehen,
dass das Mittlere und Rechte sich
nicht auf die S t ä r k e d e s A f f e c t s , sondern auf die G e m ü t h s l a g e ü b e r d e m A f f e c t bezieht. durch die
mixolydische
sollen natürlich Aber
die
und
die
ausgelassenen Harmonien
das Gebiet des Mittleren
und Rechten
erzeugt
nicht
werden,
überschreiten.
dorische Harmonie wird zu diesen affectvollen Melodien
Gegensatz gebracht.
gegen-
Auch die traurigen und heiteren Affecte, welche
in
einen
Sie versetzt den Zuhörer nicht in Affect, sondern in die
mittlere und rechte Lage. Gegensatz zum traurigen
Stände nur piam« da, so könnte man meinen, als und heiteren Affect
solle
nur
die Mitte zwischen
beiden, das Freisein von Affecten, die ernste Stimmung gelten, welche sofort auf jeden neuen Reiz in Affect übergehen könne.
Dies Missverständniss wird
durch den Zusatz xal xa8eoxi]xtfxu>( vermieden. Am
wörtlichsten
wäre
wohl
xadesn]x>16 anscheinend fünf dianoetische Tugenden auf: T^vi], ¿mar^fjLTj, ; votrtv itpos xaXoxqrjaWav z p o r p ^ a a f t a i (1179b 7 —10). dann
noch
gesagt,
dass
sie
TOÜ Si xaXoü xal
lj£oo«iv, S^euSToi tfvrt; ( Z . 15).
roXXo\>; d8u-
Von diesen Vielen w i r d
V
npu>xv ipuiv x a l
urTÄV
xal oi) \6foc ( E t h . Nie. 1143 «36).
S o liefert der voüc die Ausgangspunkte für j e d e rechte Verstandesthätigkeit, indem er das Licht der W a h r h e i t steht
i n dieser Beziehung
ippfivTjStt.
auf dieselbe wirft.
Ihm
im iji«TT)|«mx