201 9 23MB
German Pages 613 [616] Year 2003
BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE PHILOLOGIE BEGRÜNDET V O N GUSTAV GRÖBER HERAUSGEGEBEN V O N GÜNTER HOLTUS
Band 317
S U S A N N E FRIEDE
Die Wahrnehmung des Wunderbaren Der Roman
d'Alexandre
im Kontext der französischen Literatur des 12. Jahrhunderts
M A X NIEMEYER V E R L A G TÜBINGEN 2003
Gedruckt mit Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften
D7 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 3-484-52317-4
ISSN 0084-5396
© Max Niemeyer Verlag G m b H , Tübingen 2003 http://www. niemeyer. de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Satz und Druck: Guide-Druck G m b H , Tübingen Einband: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach
«Une röche a veüe qui est longe et lee [-] Alixandres la voit, si l'a aus Grieus mostree; Pour veoir la merveille s'i est l'ost arrestee.» Alexandre de Paris, Roman d'Alexandre I 105, 2194; 2200f. «Qant li baron l'oi'rent qu'iluec sont atendant, En la place ont guerpi maint destrier auferrant Et montent sor le pont qui plus tost puet courant, Vont veoir la mervelle que Ii rois vait contant.» Alexandre de Paris, Roman d'Alexandre III 195, 3411-3414 «Ci coumence le roumans d'Alixandre le grant etles merveles que il vit et quil fist en son tans.» BN f. fr. 791, f. ι r (Rubrik) «Comment alixandre se fist porter en l'air as grifons por veoir le monde.» BN f. fr. 792, f. 68r (Titel einer Miniatur der Luftfahrt)
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde unter dem Titel «Veoir la merveille. Untersuchungen zum Wunderbaren in der französischen Literatur des 12. Jahrhunderts (Roman d'Alexandre und Bezugstexte)» im Wintersemester 2001/02 von der Philosophischen Fakultät der Universität Göttingen als Dissertation angenommen. Ihren Ausgangspunkt nahm sie von der Beschäftigung mit dem Roman d'Alexandre. Ich erweiterte die Perspektive im Verlauf der Untersuchung jedoch auf wesentliche Texte und Textsorten des gesamten 12. Jahrhunderts, da sich schnell herausstellte, daß die vielfältigen Bezüge und Zusammenhänge im literarischen System des 12. Jahrhunderts eine Fokussierung auf die merveille in nur einem Text - und sei dieser noch so zentral - nicht ratsam erscheinen ließen. Die damit zwangsläufig einhergehende Umfangerweiterung und die Modifizierung einzelner Fragestellungen wären ohne die Unterstützung und Ermutigung, die mein Doktorvater, Prof. Dr. Ulrich Mölk, mir stets angedeihen ließ, nicht möglich gewesen. Ihm danke ich daher an erster Stelle für seine zuverlässige, kenntnisreiche Betreuung und die stete Förderung, die mir die Sicherheit und den Rückhalt gaben, ohne die wissenschaftliches Arbeiten nur schwer möglich ist. Dankbar bin ich auch den Mitstreitern aus dem ehemaligen Sonderforschungsbereich 529, «Internationalität nationaler Literaturen», den Kollegen aus dem Institut für Lateinische und Romanische Philologie des Mittelalters, den Mitgliedern des Doktorandenkolloquiums und den Teilnehmern meiner Mittelalter-Veranstaltungen. Mit ihnen allen konnte ich Allgemeines und Besonderes diskutieren und so wertvolle Anregungen erhalten. Besonders zu nennen ist Prof. Dr. U d o Schöning, der das Zweitgutachten für die Dissertation anfertigte, mir ohne viel Aufhebens seine eindrucksvolle Kartei zum antiken Roman zur Verfügung stellte und an so mancher Stelle entscheidende Ratschläge gab. P D Dr. Dorothea Kullmann danke ich vor allem für ihre Vorlesung zur «chanson de geste» und zahlreiche, über die gesamte Entstehungszeit der Arbeit verstreute, Hinweise zu den untersuchten Texten. Für die kritische Durchsicht des Manuskripts, spätabendliche Formalkorrekturen und viele Freundschaftsdienste danke ich, stellvertretend für vielen anderen, Rita Boemke, Elke Mählitz, Kerstin Müller, Tatja Wilcke und meinem Vater, Wolfgang Friede. Prof. Dr. Günter Holtus, dem ich für seine genaue Lektüre des Manuskripts danke, hat sich freundlicherweise bereiterklärt, die Arbeit in die Reihe der Beihefte aufzunehmen. Die engagierte Betreuung von Ulrike Dedner vom Niemeyer-Verlag und die unbürokratische Gewährung eines Druckkostenzuschusses durch die Geschwister VII
Boehringer Stiftung für Geisteswissenschaften vereinfachten die Drucklegung erheblich. O h n e meine Eltern und ihre verständnisvolle Unterstützung hätte die A r b e i t schwerlich beendet werden können. Göttingen, im D e z e m b e r 2002
VIII
Susanne Friede
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
ι
Die merveille anstelle des Phantastischen als Ausgangspunkt der Untersuchung: Forschungsbericht
ι
Die Definition des Wunderbaren und die Zielsetzung der Arbeit: Methode
9 20 20 20
1. Märchenhaftes Wunderbares 1.1. Einleitung 1.1.1. Vorgehensweise 1.1.2. Einordnung der ausgewählten Lais und der Blumenmädchenepisode 1.1.3. Märchen, «Märchenmotiv» und «märchenhaft»
21 5
2
1.2. Die Ausgangsvoraussetzungen des Helden für den Kontakt mit dem Feenreich 1.2.1. Die soziale Ausgangssituation der Helden und ihre Stellung in der höfischen Gesellschaft 1.2.2. Die Abwesenheit der Liebe im höfischen Umfeld: Weigerung oder «Unfähigkeit» des Helden 1.2.3. Die Gefühle des Helden
27 27 30 32
1.3. Der Übergang ins Feenreich: Grenzen und ihre Überschreitung 1.3.x. Lanval 1.3.2. Graelent 1.3.3. Guingamor 1.3.4. Die Grenze zum Feenreich in der Blumenmädchenepisode des Roman d'Alexandre
34 34 35 36 38 43 43 44
1.4. Erscheinung, Charakterisierung und Attribute der Feen 1.4.1. Namenlosigkeit 1.4.2. Schönheit und Jugend 1.4.3. Prächtige Kleidung und Ausstattung und die Höfischkeit der Feen 1.4.4. Die Gefolgschaft der Fee
46 48 IX
ι.4.5. Die Zauberkräfte der Fee 1.5. Der Kontakt mit der Fee 1.5.1. Die Initiative der Fee 1.5.2. Pakt, Tabu und Vereinigung 1.5.2.1. Die Lais 1.5.2.2. Die Blumenmädchenepisode im Roman d'Alexandre 1.5.3. Die Reaktion des Helden auf den Kontakt mit der Fee 1.5.4. Die Folgen des Pakts
49 52 52 54 55
· ·
57 60 62
1.6. Die Gesetze des Wunderbaren im Feenreich 1.6.1. Überfluß und Nahrung im Feenreich 1.6.2. Zaubermächtige und durch Zauber geschützte Bäume und Pflanzen im Blumenmädchenwald 1.6.3. Weitere wunderbare Gesetze im Blumenmädchenreich · • 1.6.4. Die Zeit im Feenreich 1.6.4.1. Das Problem der Zeit beim Verlassen des Feenreichs 1.6.4.2. Die Kennzeichen der Zeit im Blumenmädchenreich 1.6.5. Der Blumenmädchenwald: Paradies oder Feenreich? · · · Exkurs: Die Blumenmädchenepisode im Straßburger Alexander 1.6.6. Die Bezeichnung des Wunderbaren in der Blumenmädchenepisode
74
1.7. Bindung und Erlösung: der Verbleib im Feenreich 1.7.1. Der Kontakt zweier Bereiche 1.7.2. Bindung und Erlösung der Helden der Lais 1.7.3. Alexanders unverbindlicher Aufenthalt im Feenreich . . .
75 75 77 79
1.8. Das Motiv vom Aufenthalt im Feenreich als märchenhaft wunderbare Episode im Roman d'Alexandre
80
2. Technisches Wunderbares
65 65 66 67 68 68 70 71 72
82
2.1. Einleitung 2.2. Die Motivreihe der Zelte 2.2.1. Die Standardbeschreibungen 2.2.2. Die Beschreibung von Frauenzelten 2.2.3. Die Kurzbeschreibungen mit wunderbaren Elementen . . Exkurs: Der «escarboucle» als konstitutives Element von Beschreibungen 2.2.4. Die längeren Zeltbeschreibungen 2.2.5. Die Zeltbeschreibung im Roman d'Alexandre
95 100 107
2.3. Die Motivreihe der Grabmale
114
X
82 85 85 90 95
2·3· ι · Die Standardbeschreibungen 2.3.2. Die Kurzbeschreibungen mit wunderbaren Elementen . . 2.3.3. Die längeren Beschreibungen Exkurs: Die Rolle der Edelsteine in der Beschreibung der Gebäude Exkurs: Die Rolle der Handwerker und der Magie bei der Herstellung der Gebäude 2.3.4. Die Grabmalsbeschreibungen im Roman d'Alexandre . . .
114 117 11 9 129 136 142
2.4. Die Motivreihe der Paläste Exkurs: Die Automaten in Zelten, Grabmalen und Palästen 2.5. Zusammenfassung: Das technische Wunderbare in Bauwerken . 2.6. Die Luft- und die Tauchfahrt im Roman d'Alexandre als naturwissenschaftliches Wunderbares 2.6.1. Bereits vorliegende Untersuchungen zur Luft- und Tauchfahrt 2.6.2. Stellung und Kontext der Luft- und Tauchfahrt im Vergleich zu anderen Alexandertexten 2.6.3. Kontrastive und parallele Struktur der Episoden und ihr Beitrag zur Strukturierung des wunderbaren Raums . . . 2.6.4. Stilisierung und Geschehensstruktur beider Episoden . . . 2.6.5. Die Steigerung der Luftfahrt gegenüber der Tauchfahrt und die Entwicklung Alexanders 2.6.6. Einzelanalyse der Tauchfahrt 2.6.7. Einzelanalyse der Luftfahrt 2.6.8. Zusammenfassung und Ausblick auf drei weitere Episoden
149
164
2.7. Schema: Strukturelle Parallelen zwischen Luft- und Tauchfahrt .
188
154 163 164 164
174 175 179 181 183 185
3. Natürliches Wunderbares 3.1. Einleitung 3.2. Meteorologisches und topographisches Wunderbares 3.2.1. Meteorologisches Wunderbares und Naturereignisse als Zeichen oder Vorzeichen 3.2.2. Meteorologisches Wunderbares zur Kennzeichnung eines wunderbaren Bereichs Exkurs: Der einsame Held und sein Pferd angesichts des natürlichen Wunderbaren 3.2.3. Topographisches Wunderbares: «Eve mortal», «Val perilleus» und «Tertre aventureus» sowie die wunderbaren Seen im Roman d'Alexandre und in Waces Brut 3.2.3.1. Die «Eve mortal» in der Chanson dΆspremont . 3.2.3.2. Der «Val perilleus» im Roman d'Alexandre ...
189 189 189 189 199 203
211 211 212 XI
3.2.3.3· 3.2.3.4. 3.2.3.5.
Der «Tertre aventureus» im Roman d'Alexandre Wunderbare Seen in Waces Brut Der gefährliche See und der Süßwassersee im Roman d'Alexandre
213 215 218
3.3. Wunderbare Fauna
222
3.3.1. Wilde Tiere, Ungeheuer und Monster: Definition und Funktion 3.3.2. Herausforderung und Begleitung des Helden durch ein besonderes Tier 3.3.2.1. Der Löwe in Karls drittem Traum im 3.3.2.2. 3.3.2.3. 3.3.2.4. 3.3.2.5.
222 225
Rolandslied Marguerite und der Drache in Waces Vie de
225
sainte Marguerite Saint Gilles und die Hirschkuh in der Vie de saint Gilles
227
Yvain und der L ö w e in Chretiens Yvain Alexander und Bucephalus im Roman d'Alexandre
228 233 237
3.3.3. Wunderbare Schlangen und ihre Funktionen
245
3.3.3.1. 3.3.3.2.
Die Schlangen im Roman de Thebes Wunderbare Schlangen in den «chansons de geste»
247
3.3.3.3.
Schlangen im Roman d'Alexandre
251
3.3.4. Gruppen wunderbarer Fauna und ihre Funktionen
245
. . . .
Tierkataloge als Kennzeichen besonderer Bereiche 3.3.4.1.1. «Fieres bestes» im Roman de Thebes 3.3.4.1.2. Wunderbare Fauna als Statussymbol im Brief des Priesters Johannes
254
3.3.4.1.
3.3.4.1.3. Der Tierkatalog im Grenzbereich Wüste im Roman d'Alexandre 3.3.4.2. Die Verschonung des christlichen Helden von den Angriffen wilder und wunderbarer Tiere . . 3.3.4.2.1. Tiergruppen als Angreifer in Karls drittem Traum im Rolandslied und in Sansadonies Traum in der Chanson d'Antioche 3.3.4.2.2. Gilles'Begegnung mit den «bestes sauvages» 3.3.4.2.3. Die Verschonung des Antonius von den «phantasiae» und die «vies san cors» im Roman d'Enias 3.3.4.2.4. Georges' Verschonung von wilden Tieren im
XII
. .
254 254 255 257 258
259 261
263
3·3·4·3·
Tiergruppen als Angreifer des Helden im wunderbaren Raum 3.3.4.3.1. Der Greif, wunderbare Vögel und eine Bärin als Wächter und Hindernisse in der Chanson d'Aspremont 3.3.4.3.2. Die «mervelle en Ynde»: Wüste und Süßwassersee als Bereiche mit wunderbarer Fauna im Roman d'Alexandre 3.3.4.3.3. Elefanten, «Liotifal» und «(^oinocifal» als Wächter und Hindernisse im Roman d'Alexandre 3.4. Verfügbarkeit und Verwendung von wunderbarer Fauna und Flora 3.4.1. Die Verfügbarkeit der wunderbaren Fauna im Roman d'Alexandre und in der Chanson d'Aspremont 3.4.2. Die Verwendung wunderbarer Flora in Texten verschiedener Gattungen und ihre Unverfügbarkeit im Roman d'Alexandre 3.4.2.1. Tarnung, Veränderung und Verwandlung 3.4.2.2. Schlaf und Scheintod 3.4.2.3. Liebe 3.4.2.4. Heilung 3.4.2.5. Die Unverfügbarkeit heilkräftiger Flora und lebensspendender Quellen im Roman d'Alexandre
268
268
272
282 288 288
292 293 295 298 304
309
4. Religiöses Wunderbares 4.1. Einleitung 4.2. Wunder und Visionen 4.2.1. Charakteristika und Funktionen des Wunders. Beispiele aus dem Voyage de saint Brendan, der Vie de saint Grigoire und der Chanson d'Antioche 4.2.2. Charakteristika und Funktionen der Vision. Beispiele aus der Vie d'Edouard le Confesseur und der Vie seint Edmund le Rei von Denis Piramus 4.3. Zeichen, Träume und Orakel zwischen christlicher und heidnischer Stilisierung 4.3.1. Wunderbare Zeichen in der Chanson de Jerusalem und im Roman d'Alexandre 4.3.2. Träume und Erscheinungen in den antiken Romanen, dem Roman d'Alexandre und der Chanson d'Antioche 4.3.2.1. Geschehnisse zwischen Traum, Erscheinung und Zeichen im antiken Roman
317 317 319
321
327 337 337 346 347 XIII
4·3· 2 · 2 · 4.3.2.3.
Träume und ihre Deutung im Roman d'Alexandre Die wunderbare Stimme im Roman d'Alexandre
4.3.3. Orakel im Voyage de saint Brendan, im Roman de Troie und im Roman d'Alexandre 4.3.3.1. Das Vogelorakel im Voyage de saint Brendan . . 4.3.3.2. Das Apollo-Orakel im Roman de Troie 4.3.3.3. Heidnisch stilisierte Orakel im Roman d'Alexandre 4.3.3.4. Das Baumorakel und die Ambivalenz des Helden im Roman d'Alexandre 4.4. Religiöses Wunderbares in Ort und Geschehen 4.4.1. Zeremonien gegen die Bedrohung durch das von den Göttern verursachte Wunderbare 4.4.1.1. Der Tod des Amphi'aras im Roman de Thebes . . 4.4.1.2. Die Überschreitung der Grenzpfeiler von Artus und Liber im Roman d'Alexandre 4.4.2. Heidnische und christliche Hölle im Voyage de saint Brendan, der Handschrift S des Roman de Thebes, dem Roman d'Enias und der «Val perilleus»-Episode im Roman d'Alexandre 4.4.2.1. Die zwei Höllen im Voyage de saint Brendan . . . 4.4.2.2. Die Höllenbeschreibung in der Handschrift S des Roman de Thebes 4.4.2.3. «Enfer» und «chans Elis'i'ens» im Roman ά'Εηέας 4.4.2.4. Der «Val perilleus» im Roman d'Alexandre . . . 4.4.3. Die Herausforderung durch das religiöse Wunderbare und die Reaktion der Figuren 4.4.3.1. Die von Diana verursachte «tormente merveillose» im Roman de Troie 4.4.3.2. Die Höhle von Artus und Liber im Roman d'Alexandre 5. Die Rolle des Wunderbaren für die Darstellung des Raums und die Handlungsstruktur 5.1. Einleitung 5.2. Grenzen, Grenzüberschreitungen und Grenzbereiche zwischen wunderbarem und nicht-wunderbarem Raum und zwischen verschiedenen wunderbaren Bereichen
XIV
352 358 360 360 363 367 370 377 377 377 382
388 388 394 397 406 417 418 419
423 423
424
5-2.1. Die Durchquerung wunderbarer Räume und ihre Funktion im Roman de Thebes 5.2.2. Grenzen, Grenzbereiche und Übergänge zwischen wunderbarem und nicht-wunderbarem Raum oder zwischen verschiedenen wunderbaren Bereichen im Roman d'Alexandre
424
435
5.2.2.1.
Wunderbarer und nicht-wunderbarer, d.h. episch-kämpferischer Raum
435
5.2.2.2.
Wunderbare Bereiche und ihre Grenzen im episch-kämpferischen Raum: der wunderbare Felsen, der «Tertre aventureus» und das Amazonenreich
436
5.2.2.3.
Die Wüste als Grenzbereich zwischen nicht-wunderbarem und wunderbarem Raum Die Wüste als Grenzbereich, als Zeichen des Übergangs und als räumliches und erzähltechnisches Kontinuum innerhalb des wunderbaren Raums
5.2.2.4.
5.2.2.5.
5.2.2.6.
. .
443
448
Andere Markierungen der Grenze zu einem neuen wunderbaren Bereich im wunderbaren Raum Die Verwendung des Erzählschemas von «monter und avaler» zur Kennzeichnung des Betretens und Verlassens wunderbarer Bereiche
450
im Roman d'Alexandre
452
und anderen Texten
. . .
5.3. Das Wunderbare in der Geschehensstruktur und die Rolle des Helden 5.3.1. Einleitung 5.3.2. Das Zustandekommen der Exkursion des Helden in den wunderbaren Raum 5.3.2.1. Chretiens Lancelot 5.3.2.2. Der Roman d'Alexandre 5.3.3. Die Zielsetzung des Helden im wunderbaren Raum und sein Umgang mit den wunderbaren Phänomenen 5.3.3.1. 5.3.3.2.
Chretiens Lancelot Der Roman d'Alexandre
455 455 456 456 460 462 462 465
5.3.4. Die Stellung des Helden im wunderbaren Raum 5.3.4.1. Die Ausgangsvoraussetzungen der Helden . . . . 5.3.4.2. Lancelot als auserwählter Befreier des wunderbaren Raums 5.3.4.3.
Alexander als Opfer und Erforscher des wunderbaren Raums
470 470 471 474
XV
5·3·5· Das Wunderbare und das Publikum in Chretiens Lancelot und im Roman d'Alexandre 5.3.6. Der Roman d'Alexandre und Chretiens Lancelot 5.4. Wunderbarer und nicht-wunderbarer Raum: ihre Anordnung, ihr Verhältnis zueinander und die Binnenstruktur des wunderbaren Raums 5.4.1. Der Voyage de saint Brendan: eine Reise durch den wunderbaren Raum zum Paradies 5.4.2. Dualität, Entzauberung und Verschmelzung der Räume im Partonopeu 5.4.2.1. Der wunderbare und der nicht-wunderbare Raum als getrennte Welten 5.4.2.2. Die Konkurrenz und der Kontakt der Räume . . 5.4.2.3. Die Entzauberung des wunderbaren Raums und der Ausschluß des Helden 5.4.2.4. Die Verschmelzung der Räume 5.4.3. Der wunderbare Raum im Roman d'Alexandre 5.4.3.1. Die Extrempunkte, die Ausdehnung und die Verortung des wunderbaren Raums 5.4.3.2. Die Binnenstruktur des wunderbaren Raums . . 5.4.3.3. Die Gesetze der Zeit und die Raumstruktur . . . 5.4.3.4. Die Gesetze des Fortschreitens im wunderbaren Raum: wunderbare Führer und die Macht des Raums 5.4.4. Das Verhältnis von wunderbarem und nicht-wunderbarem Raum im Roman d'Alexandre und im Partonopeu
476 480
482 482 492 492 500 505 509 514 514 518 524
528 536
Schluß
540
Liste der wunderbaren Episoden im Roman d'Alexandre
545
Liste der das Wunderbare bezeichnenden Termini im Roman d'Alexandre
552
Abkürzungsverzeichnis
558
Literaturverzeichnis 1. Textausgaben der Primärtexte, Lexika und Kommentare 1.1. The Medieval French Roman d'Alexandre (MFRA) 1.2. Lateinische Texte 1.3. Altfranzösische Texte 1.4. Sonstige mittelalterliche volkssprachliche Texte 1.5. Grundriß und Lexika 2. Sekundärliteratur
559 559 559 559 561 564 565 565
XVI
Index Nominum der modernen Forscher Index der behandelten Werke und Werkabschnitte Index der Motive und Stilisierungsarten
583 588 592
XVII
«Portentum ergo fit non contra naturam, sed contra quam est nota natura.» (Augustinus, De civitate Dei, X X I , cap. 8)
Einleitung
Die merveille anstelle des Phantastischen als Ausgangspunkt der Untersuchung: Forschungsbericht Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Darstellung des Wunderbaren in der erzählenden französischen Literatur des 12. Jahrhunderts. Ausgangspunkt und Zentrum ist dabei der Roman d'Alexandre - im folgenden RA - in der Version des Alexandre de Paris, die um die Mitte der achtziger Jahre des 12. Jahrhunderts entstanden sein dürfte. 1 Dieser Text enthält eine Vielzahl von wunderbaren Episoden und die Beschreibung eines komplex strukturierten wunderbaren Raums. Zudem integriert er in die Darstellung im Unterschied zu allen anderen französischen erzählenden Texten des 12. Jahrhunderts auch gleichberechtigt alle literaturwissenschaftlich unterscheidbaren Unterarten des Wunderbaren - im folgenden «Typen» genannt - , die sonst nur einzeln oder in unvollständigen Kombinationen in den Texten vorliegen, so daß der RA über das Thema des Wunderbaren auch mit allen wichtigen Textsorten in Bezug gesetzt werden kann. Darüber hinaus ermöglicht die Untersuchung der wunderbaren Episoden des RA Erkenntnisse über die in ihm erfolgte Bearbeitung älterer Alexandertexte. Dies ist besonders wichtig, weil die unmittelbare Vorlage, der Alexandre en Orient des Lambert le Tort, und dessen Bearbeitungen nicht erhalten und deswegen nur indirekt aus der Gesamtüberlieferung zu erschließen sind. 2 Insgesamt kann die Arbeit zusätzlich zu einer Gesamtinterpretation des Ausgangstexts einen umfassenden Überblick über die Rolle des Wunderbaren in der französischen Literatur des 12. Jahrhunderts bieten. Der entscheidende Ansatz für die Bestimmung und Untersuchung des Wunderbaren besteht hierbei darin, daß von einem ganzheitlichen Konzept der merveille ausgegangen wird, wie es sowohl konzeptuell als auch in der Verwendung des Terminus der merveille in den französischen Texten selbst vorliegt. 3 Dieser 1
2 3
V . zu dieser Datierung G R L M A , vol. IV/2, p. 76 (zwischen 1180 und 1190); M F R A , vol. 2, p. X (nach 1180); ebenso M F R A , vol. 3, p.28; Compliment bibliographique 1993, Sp. 13 (1185). Hier und im folgenden werden alle Literaturangaben stets mit Kurztitel zitiert. Etwaige Abkürzungen innerhalb dieser Kurztitel sind im Abkürzungsverzeichnis aufgelöst. V. M F R A , vol. 2, p. X. V. zur Bedeutungsbreite des Wortes grundlegend T L , vol. 5, Sp. 1535-1546; Wüst 1956, p. 129-156 (mefveille)·, p. 157-163 (miracle). I
Ansatz unterscheidet sich grundlegend von dem 1991 von Francis Dubost unternommenen Versuch, die französische Literatur des 12. und 13. Jahrhunderts auf ihre phantastischen Elemente hin zu untersuchen. 4 Obwohl Dubost im Rahmen seiner Arbeit in Abgrenzung vom Phantastischen auch das Wunderbare behandelt und dabei sogar zeigt, daß die übergreifende Bezeichnung merveille auch die von ihm untersuchten phantastischen Elemente in den Texten meint, 5 sieht er das Wunderbare nicht als ein dem Phantastischen übergeordnetes Konzept an, sondern gewissermaßen als dessen «Gegenspieler». Er unterscheidet zwischen dem Phantastischen («le fantastique») als angsteinflößendem, unheimlichem «System» und dem Wunderbaren («le merveilleux») als positiv besetztem, Sicherheit vermittelndem «System». 6 Dabei wird das System des Phantastischen von ihm durch die Möglichkeit einer doppelten Lektüre, durch ein Zögern des Lesers und die Abwesenheit Gottes in den betroffenen Textpartien bestimmt. Ein weiteres Definitionsmerkmal für das Phantastische ist nach Dubost, daß das «übernatürliche» Phänomen im Text zur Diskussion gestellt wird («mise en debat de l'evenement surnaturel»). 7 Mit der Einführung des «surnaturel», das dem Wunderbaren und dem Phantastischen stellenweise als Konzept übergeordnet zu sein scheint, äußert sich Dubost jedoch mitunter in Richtung auf die hier vorgestellte Annahme eines ganzheitlichen Konzepts des Wunderbaren. Auch in einem späteren Aufsatz von 1996 betont der Autor, daß den wunderbaren Phänomenen in französischen mittelalterlichen Texten vor allem die Bezeichnung merveille beigelegt werde, die so als «terme generique» fungiere, und daß für die Termini merveille und miracle erst im 13. Jahrhundert unterschiedliche Bedeutungen erkennbar seien. 8 So erklärt sogar der Verfechter des «systeme du fantastique», daß in der französischen Literatur des 12. Jahrhunderts ein ganzheitliches Konzept des Wunderbaren zutage tritt. Der Begriff des Phantastischen könnte daher nach der hier vorgestellten Auffassung bei einer Untersuchung französischer Texte des 12. Jahrhunderts höchstens im Rahmen der Feststellung einer phantastischen Stilisierung der Darstellung bestimmter wunderbarer Phänomene und Episoden eine Rolle spielen. A m ehesten könnte eine solche Stilisierung (v.u.) bei Episoden vermutet werden, die dem nicht-christlich stilisierten religiösen Wunderbaren zuzurechnen sind. Im RA sind in den entsprechenden Episoden jedoch stets heidnische Götter als Verursacher des Wunderbaren genannt, so daß Dubosts oben genannte Kriterien für das Vorliegen des Phantastischen nicht erfüllt sind. Daher findet auch die Kate-
4 5 6 7
8
V. Dubost 1991. V . Dubost 1991, p. 59-63. V . Dubost 1991, passim, besonders p.45, p.85-87, p. 128s. V . dazu Dubost 1991, p. 131s. für das Zitat, sowie p. 234^.217-223, p.231 («double lecture»); p. 44, p. 197 («hesitation»); p. 239 («absence de Dieu»). Cf. auch die Rezension von Jean Dufournet: Dufournet 1992. V . Dubost 1996, p.30s. (Zitat, p.31).
2
gorie einer phantastischen Stilisierung de facto keine Anwendung. 9 Bei einer Untersuchung, die auch die Literatur des 13. Jahrhunderts berücksichtigte, läge der Fall sicher anders, wie die Arbeit von Bernard Guidot zur «chanson de geste» des 13. Jahrhunderts zeigt. 10 Auf Guidots Untersuchung von 1986 könnte im übrigen auch Dubosts Begriff des Phantastischen zurückgehen, da Guidot bereits zwischen dem Phantastischen als «surnaturel inquietant ou effrayant» und dem Wunderbaren als «surnaturel rassurant» unterscheidet. 11 Dubost entwickelte sein Konzept des Phantastischen 1997 - erneut in der Richtung auf das hier Gesagte - weiter, denn in einem weiteren Aufsatz zum Phantastischen spricht er von einer «ecriture fantastique» und deutet damit die Auffassung des Phantastischen als Stilisierungsmöglichkeit an. 12 Trotzdem gelten einige Motive, wie das des angreifenden Monsters, für Dubost nach wie vor als genuin phantastisch, und er plädiert für eine umfassende Anwendbarkeit des Konzepts des Phantastischen für die mittelalterliche französische Literatur.' 3 Der Auffassung von bestimmten Motiven als genuin phantastisch widersprechen allerdings nicht nur die Motivforschung und der Begriff des Motivs an sich (v.u.), sondern auch Untersuchungen zur modernen Gattung der phantastischen Literatur. So gehen die Studien von Florian Marzin und Marianne Wünsch gerade nicht von einer bestimmten Klasse von Motiven als Kennzeichen dieser Gattung aus, sondern sind strukturalistisch (Marzin) bzw. erzähltechnisch (Wünsch) angelegt.' 4 Im Hinblick auf die französische Literatur des 12. Jahrhunderts schließen sich einzelne Forscher wie A n a Gonzalez Salvador der von Dubost vertretenen Auffassung des Phantastischen an, andere wie Magdalena Wandzioch plädieren im Sinne der hier vertretenen Auffassung für das Phantastische als Spielart des Wunderbaren.' 5 Jutta Eming benutzt in ihrer komparatistischen Untersuchung zum Wunderbaren im Bei Inconnu und in zwei mittelhochdeutschen Werken ausgehend von Dubost die Kategorie des Phantastischen, wobei zu bedenken ist, daß es sich um Werke des 13. bzw. 15. Jahrhunderts handelt.' 6 9
10 11 12 13 14
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Die von Dubost in seinem Kapitel über den RA besprochenen Episoden - dies sind die Episoden um die drei magischen Quellen, die Wasserfrauen, den «Val perilleus» und die Episoden im von Artus und Liber beherrschten wunderbaren Raum - (v. Dubost 1991, cap. 11) werden in der hier vorliegenden Arbeit entweder unter dem Typus des märchenhaften oder unter dem des religiösen Wunderbaren eingeordnet. V . Guidot 1986, besonders p. 627-635. V. so Guidot 1986, p. 598-602. V. Dubost 1997, P-9-I3 (zur «ecriture fantastique» v. p.9). V . Dubost 1997, p.5, p.13. V . Marzin 1982, bes. p. 43-45; p. 80-96 (zum strukturalistischen Ansatz ausgehend von Todorovs Studie zur phantastischen Literatur, sowie zur Ungültigkeit eines Motivkatalogs des Phantastischen); cf. auch Wünsch 1991, p. 9 (gegen bestimmte Motive als Definitionsmerkmal); p. 10-13 (zur Frage nach der Poetik und den Erzählstrategien des Phantastischen). V. Salvador 1987; Wandzioch 1987. Cf. auch Schneider 1985, der in seiner Studie zur französischen phantastischen Literatur das Kapitel über das 12.-15. Jahrhundert «Le merveilleux» benennt. V. Eming 1999, p. 1-3 zu den Texten; p. 26s. zum Phantastischen.
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Andere verwandte Kategorien, die im Rahmen dieser Untersuchung der merveille in der französischen Literatur des 12. Jahrhunderts ebenfalls keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen, sind das Magische, das Fiktionale und der Begriff des Exotismus. Die Kategorie der Magie findet insofern Eingang in die Untersuchung, als bei der Darstellung des Wunderbaren häufig eine magische Stilisierung des Phänomens, seiner Ursache oder seiner Entzauberung eine Rolle spielt. Diese ist jedoch häufig nicht eindeutig von einer wissenschaftlichen Stilisierung abzugrenzen. Die Figur eines Zauberers und damit auch der Typus eines magischen Wunderbaren gewinnen zudem erst in späteren als den untersuchten Texten an Bedeutung. 17 Die Kategorie des Imaginären und die Frage nach dem fiktionalen Charakter der untersuchten Texte sollen als solche aus den Überlegungen ausgeschlossen werden, zumal sie in der Forschung zu mittelalterlichen Texten ganz unterschiedlich eingeschätzt werden.' 8 Indirekt spielen sie jedoch bei der Definition des Wunderbaren und der Interpretation einzelner Textstellen durchaus eine Rolle. Ähnliches gilt für den Begriff des Exotismus. Unter dieser Bezeichnung werden vereinzelt, so von Voichita-Maria Sasu,19 einige Episoden aus der französischen Literatur gefaßt, die hier unter der Bezeichnung als Wunderbares behandelt werden, so daß die Kategorien austauschbar erscheinen. Unabhängig davon kann die Darstellung der Erkundung des wunderbaren Raums im RA - im Unterschied beispielsweise zu der im Artusroman - aufgrund ihrer spezifischen Funktionalisierung der Rolle des Helden und des «veoir» durchaus auch als Ausdruck eines mittelalterlichen Exotismus verstanden werden, wie die Untersuchung zeigen wird.20
Ausgehend vom Oberbegriff des Wunderbaren wird in der vorliegenden Arbeit eine Unterscheidung von vier inhaltlich - thematisch und motivisch - bestimmten Typen vorgenommen, die für die französische erzählende Literatur des 12. Jahrhunderts charakteristisch sind. Dies sind das märchenhafte, das technische,das natürliche und das religiöse Wunderbare. Ansätze zu einer solchen Kategorisierung des Wunderbaren finden sich bereits in der Forschungsliteratur, und zwar sowohl in allgemein gehaltenen Untersuchungen zum Wunderbaren im Mittelalter als auch in Arbeiten, die sich speziell mit dem Wunderbaren in der französischen Literatur des hier behandelten Zeitraums auseinandersetzen. Beinahe alle einschlägigen Arbeiten sind dabei von französischen, nur einzelne von belgischen, italienischen oder deutschen Forschern verfaßt. 17
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V . dazu Vereist 1995. Zum Magischen cf. die im Rahmen der Untersuchung benutzten Studien von Wagner 1939; Kieckhefer 1992; Habiger-Tuczay 1992; und neuerdings den Artikel von Petzoldt 1999. Eine - ebenfalls spät zu datierende - Ausnahme bildet Renaut de Montauban, der verschiedentlich als Vergleichstext herangezogen wird. Cf. Jauss 1983; anders Gumbrecht 1983; sowie Lofmark 1976. A u f diese Kategorie verzichtet im übrigen auch Eming 1999, p. 24-26. V . Sasu 1995. Cf. zu einem auf das Mittelalter übertragbaren Begriff des Exotismus auch Koebner/ Pickerodt 1987.
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Eine bahnbrechende, übergreifende Untersuchung zum Wunderbaren legte Howard R. Patch 1950 vor. Sie beschäftigt sich mit der Darstellung der «anderen Welt» in der mittelalterlichen Literatur und fragt zum einen nach der Herkunft des Wunderbaren aus orientalischen und klassischen, keltischen sowie germanischen Quellen, zum anderen nach den verschiedenen Textsorten (Vision, Paradiesreise, Allegorie, Roman). Dabei werden jedoch die motivischen Überschneidungen, die unabhängig von den einzelnen Traditionen die Darstellung der «anderen Welt» in den Texten kennzeichnen, deutlicher als eventuelle Unterschiede. So liegt ein hilfreicher Gesamtüberblick vor, der jedoch wenig über die spezifischen Charakteristika des einzelnen Texts aussagt. In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts waren es vor allem die Arbeiten von Jacques Le G o f f , die die Diskussion um das Wunderbare und seine Kategorisierungsmöglichkeiten in mittelalterlichen Texten bestimmten. Le Goff unterschied 1974 zunächst zwischen zwei Systemen, dem des christlichen und dem des nicht-christlichen, mehrdeutigen Wunderbaren. 21 1977 präzisierte er diesen Ansatz und stellte die drei Kategorien «mirabilis» (/neutrales Wunderbares)), «magicus» (teuflisches Wunderbares)) und «miraculosus» ^christliches Wunderbares>) vor, 22 wobei sich auch diese als vergleichsweise oberflächlich erweisen. Neu und nutzbar ist allerdings der Katalog der Kategorisierungsmöglichkeiten, den der Autor dieser zweiten Untersuchung beifügte. Dort wird das Wunderbare nicht nur nach inhaltlichen Gesichtspunkten (wie nach wunderbaren Wesen, Pflanzen, Steinen, Automaten etc.), sondern nach seinen Quellen, seiner Vermittlung, seiner Funktion und dem Grad der Entfernung von der Alltagswelt eingeteilt. So fächert Le Goff eine große Spanne von Untersuchungsmöglichkeiten auf, von denen viele in dieser und in vielen anderen Arbeiten Verwendung finden. Zudem weist Le Goff erstmals auf die etymologische - «mirari» als Ausgangspunkt der lateinischen und romanischen Bildungen zum Wunderbaren - und konzeptionelle Bedeutung des Sehens für die Untersuchung des Wunderbaren hin. 23 Eine Fülle von Untersuchungen zum Wunderbaren entstand in den achtziger und neunziger Jahren. Zunächst war es Claude Lecouteux, der neben seinen einschlägigen Arbeiten zur Darstellung der Monster in der mittelalterlichen Literatur - die er bis heute fortsetzt - 2 4 die historische Entwicklung in der Auffassung des Wunderbaren vom 5. bis zum 12. Jahrhundert 25 und die Unterscheidung in «merveilleux chretien», «merveilleux dans la litterature du divertissement» und «merveilleux savant» in den Blick nahm. 26 Auch er wies auf die Bedeutung der Wahrnehmung für die Untersuchung des Wunderbaren hin: «le merveilleux est 21 22 23
V . Le Goff 1977. V . Le Goff 1978, p. 6 6 - 7 1 . V . L e G o f f 1978, p.63, für den Katalog der Untersuchungsmöglichkeiten v. dort, p . 7 5 -
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V . z.B. Lecouteux 1981; Lecouteux 1984; Lecouteux 1999. V . Lecouteux 1982. V . Lecouteux 1981a, p. 273f. Cf. ähnlich später auch Lecouteux 1992, wo christliches und märchenhaftes Wunderbares unterschieden werden.
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done d'abord une perception».27 Michel Meslin versteht in seiner Einleitung zu einem 1984 erschienenen Sammelband über das Wunderbare die Rezipienten als entscheidende Größe für die Bestimmung des Wunderbaren.28 1987 baute er diese Auffassung in einem Aufatz, der aus dem Osloer Kongreß über das Wunderbare hervorging, zu einer psychologisierenden Vorstellung des Wunderbaren aus.29 Demnach gebe es kein Wunderbares außerhalb des Menschen, und nur all das, was dieser als solches wahrnehme, sei wunderbar. Der Mensch erfinde das Wunderbare.30 Welche Rolle die Literatur in einem solchen Konzept des Wunderbaren spielen kann, klärt Meslin allerdings nicht. Auf demselben Osloer Kongreß widmete sich Laurence Harf-Lancner, die bereits 1984 mit einer Untersuchung über die Rolle der Fee in der französischen Literatur des 12. und 13. Jahrhunderts hervortrat, eben dieser Frage nach dem Wunderbaren und Phantastischen als mentale Kategorien und als «jeu litteraire».31 Sie unterscheidet zwischen «surnaturel chretien», «surnaturel pa'ien» und «surnaturel des contes de fees» und verwendet daher zwei der auch hier vorgenommenen Kategorisierungen des Wunderbaren. Außerdem berücksichtigt Harf-Lancner den Unterschied zwischen heutiger und mittelalterlicher Vorstellungswelt. Zu widersprechen ist allerdings ihrer auf Dubosts Untersuchungen basierenden Kategorie des Phantastischen, wobei sie diese - nicht überzeugend - mit ihrer dritten Kategorie des märchenhaften Wunderbaren identifiziert.32 1994 erschien ein deutscher, von Dietrich Schmidtke herausgegebener, Sammelband zum Wunderbaren. Neben Aufsätzen von Rupprecht Rohr, Jürgen Schwann und Christel Meier, die auch im hier untersuchten Zusammenhang von Interesse sind, erweist sich vor allem Schmidtkes Nachwort als nützlich. Neben einem kurzen Forschungsüberblick bietet der Autor dort eine gute Auseinandersetzung mit Le Goffs Kategorien und der Kategorie des Phantastischen, deren Anwendbarkeit auf mittelalterliche Texte auch Schmidkte für problematisch hält.33 Claude Lecouteux legte 1995 eine größere Untersuchung zum Wunderbaren vor, die nicht nur die drei von ihm bereits 1981 in seiner Introduction ά l'etude du merveilleux medieval (v.o.) vorgeschlagenen Kategorisierungsmöglichkeiten des mittelalterlichen Wunderbaren näher erläutert, sondern ähnlich wie Le Goffs Katalog auch inhaltliche Klassifikationen nach wunderbaren Wesen, Gegenständen, Pflanzen etc. vornimmt.34 Im Prinzip klassifiziert Lecouteux jedoch nach Gattungen, wie die Beispiele und auch die Kategorie des «merveilleux de la litterature du divertissement» zeigen.
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V . Lecouteux 1981a, p. 273. V . Meslin 1984, p. 7. V . Meslin 1987. V . Meslin 1987, p. 28. V . Harf-Lancner 1987. V . Harf-Lancner 1987, p. 2 5 0 - 2 5 3 . V . Schmidkte 1994. Cf. auch Rohr 1994; Schwann 1994; Meier 1994. V . Lecouteux 1995. Z u den drei Kategorien cf. dort p. 1 8 - 2 2 (christliches Wunderbares); p. 2 3 - 2 9 (Wunderbares in der unterhaltenden Literatur); p.3of. (gelehrtes Wunderbares).
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Eine solche Klassifizierung ist für eine literaturwissenschaftliche Untersuchung des Wunderbaren zumeist nicht befriedigend, wie diese Arbeit zu zeigen versucht. Götz Pochats 1997 unter dem vielversprechenden Titel Das Fremde im Mittelalter. Darstellung in Kunst und Literatur vorgelegte Untersuchung bietet zwar einen ersten Überblick über zentrale Themen und Texte zum Wunderbaren, kann diese aber - der weiten Anlage des Werks entsprechend - für unsere Zwecke nicht genügend vertiefen. Dies gelingt hingegen Jutta Eming in ihrer bereits genannten Studie zum Wunderbaren in drei französischen bzw. deutschen Texten, die vor allem durch ihren Forschungsüberblick zu Untersuchungen über das Wunderbare in mittelhochdeutschen Texten eine Ergänzung zur hier vorliegenden Arbeit darstellt.35 Bereits 1913 legte Edmond Faral einen Aufsatz über das Wunderbare in französischen Romanen des 12. Jahrhunderts und seine Quellen vor, deren Gültigkeit in bezug auf die Quellenfrage nach wie vor unbestritten ist.36 Zudem klassifiziert Faral wie später Le Goff die Phänomene nach inhaltlichen Kriterien, indem er beispielsweise wunderbare Figuren, Automaten, Waffen, Tiere, Edelsteine und Pflanzen unterscheidet und wichtige Textstellen zu den einzelnen Punkten anführt. Im Vordergrund steht jedoch die Frage nach den antiken Quellen, die den jeweiligen Textstellen zugrundeliegen. Diese Fragestellung soll in der hier vorliegenden Arbeit nicht behandelt werden. Erst 1982 folgte Daniel Poirions Überblick über das Wunderbare in der mittelalterlichen französischen Literatur.37 Diese Arbeit untersucht das Wunderbare zwar vordergründig ausgehend von verschiedenen Themen, wie dem Zusammenhang mit Religion, Krieg und der antiken Mythologie (cap. 1-3), behandelt es aber eigentlich chronologisch bzw. nach Gattungen. So verbergen sich hinter den genannten Themen die Heiligenviten, die «chansons de geste» und die antiken Romane. Es folgen Kapitel über die Lais und den höfischen Roman sowie über das Wunderbare im 13. Jahrhundert und am Ende des Mittelalters. Der RA ist im Kapitel über das Wunderbare und den Krieg und damit bei den «chansons de geste» behandelt. Diese Betrachtungsweise ist nicht falsch, wenn auch unvollständig, verschleiert aber gerade die Komplexität des Werks bei der Darstellung des Wunderbaren. Marie-Luce Chenerie gelingt in ihrer Arbeit von 1986 über den «chevalier errant» in den arthurischen Versromanen des 12. und 13. Jahrhunderts eine überzeugende Analyse der Funktionen des Wunderbaren in diesen Texten, die zudem mit einem hervorragenden Forschungsüberblick über entsprechende Untersuchungen zu den höfischen Romanen und den Lais verbunden ist.38 Besonders nützlich für die vorliegende Arbeit waren daneben auch die Aufsätze von Gianfelice Peron zum Wunderbaren im Roman (1989), von Philippe Vereist zum Wunderbaren im
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Cf. Eming 1999, p . 5 - 2 7 ; in Auswahl auch zur französischen Forschung. V . Faral 1 9 1 3 . V . Poirion 1982. V . Chenerie 1986, p. 5 9 3 - 5 9 7 .
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Epos (1995) und von Marie-Frangoise Minaud zum Wunderbaren in Chretiens Lancelot (1996). 39 Peron kategorisiert, ähnlich wie es hier geschieht, das Wunderbare, indem er es durch verschiedene Adjektive - wie «cristiano», «geografico», «scientifico», «bretone», «allegorico» - spezifiziert.40 Diese Vorgehensweise stellt eine Mischung aus der hier postulierten Unterscheidung von verschiedenen Typen sowie verschiedenen Stilisierungen des Wunderbaren dar. Zudem enthält sein Aufsatz wie auch der von Vereist einen guten Forschungsüberblick, in diesem Fall zum Wunderbaren im Roman. Vereist nennt seinerseits die einschlägigen Werke, die sich mit dem Wunderbaren im Epos beschäftigen. Sie finden auch hier Verwendung, Vereist vergißt allerdings den wichtigen Aufsatz von Paul Rousset. 41 Im Rahmen dieses Ansatzes zu einer Typologie des Wunderbaren spricht sich Vereist ebenso wie Peron und die hier vorliegende Arbeit für das «merveilleux» als übergeordneten Terminus und Ausdruck für ein ganzheitliches Konzept der merveille aus.42 Wie Peron klassifiziert er im folgenden jedoch nur inhaltlich nach den üblichen Klassen von wunderbaren Wesen, Tieren, Pflanzen,Steinen und Automaten. Es fehlt daher trotz guter Ansätze eine umfassende, gattungsübergreifende Studie zum Wunderbaren in der französischen Literatur, die abgesehen von schematischen inhaltlichen Kategorien ein differenzierteres Instrument für die Erfassung der Darstellung des Wunderbaren in den einzelnen Texten vorstellt und so auch die Forderung Perons43 nach einem genauen Blick auf einzelne Texte erfüllen kann. Dies versucht die vorliegende Arbeit zu leisten. Zum RA sind in jüngerer Zeit drei Monographien erschienen, die der Rolle des Wunderbaren in diesem Text in unterschiedlichem Maße Rechnung tragen. Martin Gosmans Arbeit zur französischen Alexanderliteratur des 12. Jahrhunderts berücksichtigt das Wunderbare erstaunlicherweise nur sehr marginal und widmet ihm nicht einmal ein eigenes Kapitel.44 Anders ist dies in Helen Kozlowskis Studie zum RA von 1983. Diese behandelt ausführlich fast alle wunderbaren Episoden, wendet allerdings eine psychoanalytische Untersuchungsmethode an, was neben guten Einzelbeobachtungen mitunter zu absurd erscheinenden Interpretationen führt 4 5 1998 legte Catherine Gaullier-Bougassas eine umfangreiche Studie zum RA und zum Roman de toute chevalerie des Thomas von Kent vor.40 Damit und durch zahlreiche Aufsätze erweist sie sich seitdem als die französische Expertin für Alexandertexte. Das Wunderbare wird im Rahmen der Untersu-
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V . Peron 1989; Vereist 1995; Minaud 1996. V . Peron 1989, p.294. Cf. Vereist 1995, p-4f. Dort werden Hallauer 1 9 1 8 und Dickman 1926 genannt. V . aber auch Rousset 1956. V . Vereist 1995, p.3. V . Peron 1989, p.293. V . Gosman 1997. V . Kozlowski 1983. Hier wird auf überzeugende bzw. absurde Interpretationen an entsprechender Stelle hingewiesen. V . Gaullier-Bougassas 1998a.
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chung ausführlich behandelt, jedoch stehen wie auch bei Kozlowski nicht seine Darstellung oder seine Bedeutung für die Raumstruktur des Texts und nur begrenzt seine Funktion zur Debatte. Zudem vergleicht Kozlowski ihre Ergebnisse gar nicht, Gaullier-Bougassas die ihren nur recht oberflächlich mit den Gegebenheiten zeitgenössischer französischer Texte. Trotzdem profitierte die hier vorliegende Arbeit in zahlreichen Einzelfällen von Kozlowskis und Gaullier-Bougassas' Arbeiten, was an entsprechender Stelle ausgewiesen wird. A n kleineren A r beiten zum Wunderbaren im RA, die jedoch mehrere Episoden in den Blick nehmen, sind besonders diejenigen von Ernesta Caldarini (1987), Emmanuele Baumgartner (1988 u. 1998), Fran?ois Suard (1989), Frangoise Notz (1994) und Marco Infurna (1995) zu nennen. 47 Alle Arbeiten unterscheiden, wenn auch bisweilen implizit, verschiedene Ausprägungen des Wunderbaren und äußern sich zu dessen Funktionen. Suard vergleicht dabei Alexander mit den Helden des höfischen Romans und dessen Struktur, was auch hier in bezug auf Chretiens Lancelot geschehen soll. Z u den genannten Aufsätzen kommen zahlreiche andere, die sich mit einzelnen wunderbaren Episoden wie der «Val-perilleus»~Episode,48 der Episode um die magischen Quellen, 49 der Zeltbeschreibung 5 0 und anderen Episoden beschäftigen, 51 sowie Aufsätze zu bestimmten Motiven wie den Automaten, der Luft- und oder den Gebäudebeschreibungen in mehreren Texten. 52 Eine Auseinandersetzung mit diesem Teil der Forschungsliteratur sowie mit Monographien und Aufsätzen zu anderen Texten, die das Wunderbare mitbehandeln, erfolgt im Verlauf der Arbeit. Insgesamt liegt eine überraschend umfangreiche Forschungsliteratur zum Wunderbaren und auch zum RA vor. Eine umfassende Untersuchung des Wunderbaren im RA mit einem Blick auf die französische Literatur des 12. Jahrhunderts ist jedoch noch nicht geleistet.
Die Definition des Wunderbaren und die Zielsetzung der Arbeit: Methode Bei der Definition des Wunderbaren und damit des Untersuchungsgegenstands geht diese Arbeit zunächst im wesentlichen von Definitionsmerkmalen aus, die einzeln auch in vielen der besprochenen Forschungsbeiträge zugrundegelegt werden. So kann das Wunderbare nicht a priori definiert werden, sondern muß in den untersuchten mittelalterlichen Texten als Ereignis angesehen werden, bei
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V . Caldarini 1987; Baumgartner 1988; Baumgartner 1998 (greift im wesentlichen Thesen aus dem vorherigen Aufsatz wieder auf); Suard 1989; Notz 1994; Infurna 1995. V . Gaullier-Bougassas 1995. V . Harf-Lancner 1998. V . Petit 1988. V . Di Febo 1997 (zu den «bonnes Artu»); Menard 1989 (zu Blumenmädchen und Wasserfrauen); Gier 1992 (zu einigen Monsterepisoden). Die Literatur zum technischen Typus des Wunderbaren ist besonders reichhaltig; v. im einzelnen cap. 2.
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dessen Schilderung sich die Erzählung von der Vorstellungswelt und dem Erwartungshorizont des Rezipienten abhebt. 53 Dabei darf aber nicht jede Bindung an das Vertraute oder «Normale» aufgehoben sein, da der Text auf das Vertraute und für den Rezipienten «Normale» als Kontrastfolie angewiesen ist, damit die Abweichungen hervortreten können. 54 Die Problematik einer solchen Definition besteht natürlich in der Größe des «Normalen», d.h. in der Rekonstruktion der Vorstellungswelt der Rezipienten des 12. Jahrhunderts, die von heute aus kaum verläßlich durchzuführen ist. Sicher ist allerdings, daß diese stark von unserer heutigen Vorstellungswelt abweicht, so daß im Idealfall stets eine historische und soziokulturelle Abhängigkeit der Konzeption dessen, was als wunderbar gilt, zu berücksichtigen wäre. 55 Ausgehend von diesem Abstand der Vorstellungswelten heutiger und mittelalterlicher Rezipienten können vier verschiedene Arten von Phänomenen Gegenstand einer Untersuchung des Wunderbaren in mittelalterlichen erzählenden Texten sein. Sie überschneiden sich in unterschiedlichem Grade mit der modernen Auffassung des Wunderbaren. Z u m einen kann als wunderbar gelten, was heute zwar aufgrund technischer Entwicklung selbstverständlich ist, im Mittelalter aber nachweislich unmöglich war, wie die Luft- und die Tauchfahrt im RA. Z u m zweiten gibt es Phänomene wie bestimmte Arten von Monstern, z.B. Drachen, die heute per definitionem als Wunderbares angesehen werden, die aber in mittelalterlichen Texten nicht unbedingt wunderbar dargestellt werden und von denen wir aus enzyklopädischer Literatur wie den Bestiarien wissen, daß sie konzeptuell in der Regel nicht anders als nicht-wunderbare Tiere wie z.B. Löwen eingeschätzt wurden. Z u m dritten wird in den untersuchten Texten vieles als merveille charakterisiert, was nach heutiger Auffassung nicht genuin wunderbar ist, sondern auch anders zu erklären wäre, wie die Wirkung bestimmter Heilpflanzen oder die Verschonung eines Helden vom Angriff wilder Tiere. Viertens können die mittelalterlichen und die heutigen Konzepte sich auch überschneiden, so daß in den untersuchten Texten dasjenige als wunderbar dargestellt wird, was auch der heutige Rezipient als wunderbar ansieht, wie das Auftreten von Zwitterwesen (Blumenmädchen oder Wasserfrauen) oder bestimmte Eigenschaften magischer Quellen. 56 Diese Schnittmenge der Konzepte sollte allerdings nicht als selbstverständlich betrachtet werden, zumal sie bei genauer Betrachtung einen eher kleinen Teil der hier untersuchten - entsprechend der gegebenen Definition - wunderbaren Phänomene ausmacht. Wie also der Versuch einer Definition des Untersuchungsgegenstands bereits zeigt, gilt es, das Wunderbare zunächst zu «sehen», es überhaupt wahrzunehmen und in der Darstellung der Texte zu erkennen. Damit befindet sich der heutige Forscher einerseits in gewisser Weise auf einer Ebene mit den in den Texten dar53
54 55 56
V . ähnlich Dubost 1991, p.6 u. p.91, wobei Dubost irritierenderweise stets vom «lecteur» ausgeht; so auch Harf-Lancner 1987, p. 244. Cf. auch Eming 1999, p.33. Darauf verweisen viele Forscher; cf. Meslin 1984, p.6; Schmidkte 1994, p. 214-218. Z u m «Glauben» der Rezipienten an die «Realität» der merveille und ihren «Statut ambigu» cf. Dubost 1991, p.73.
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gestellten Helden, besonders mit der Figur des Alexander, für den der RA das «veoir la merveille» als Ziel seiner Exkursion in den wunderbaren R a u m des Orients in den Vordergrund stellt. Andererseits steht er auch am E n d e einer R e zeptionskette, die mit der Darstellung, wie der Held der mittelalterlichen Texte das Wunderbare auslöst oder wahrnimmt, ihren A n f a n g nimmt. Im R a h m e n dieser Rezeptionskette werden häufig bereits andere Figuren als Rezipienten des Wunderbaren in den Texten dargestellt. Ihre Reaktionen, die vom Text wiedergegeben werden, sowie auf höherer E b e n e in der Erzählstruktur auch etwaige Bemerkungen des Erzählers geben für damalige Rezipienten wie für die heutige Forschung erste Informationen darüber, was der Text als wunderbar ansah oder als solches angesehen wissen wollte. D e s weiteren geben auch erste Rezeptionszeugnisse außertextlicher Rezipienten wie die der Gestalter der Handschriften (v.o. p. V ) Auskunft darüber, ob das Wunderbare wie im Falle des RA als konstitutiver Teil eines Textes angesehen wurde und welche Episoden dabei von B e deutung waren. Die letztgenannten Zeugnisse sind jedoch weniger aussagekräftig als die Reaktionen der Figuren in den Texten, denen daher im Rahmen dieser Arbeit stets größte Bedeutung beigemessen wird. D e r Text reflektiert über den Umgang der Figuren mit dem Wunderbaren also Wahrnehmungsmuster des Wunderbaren und den Zugriff auf die wunderbare Welt. Ein einheitliches Konzept des Wunderbaren, wie es manchem Forscher als Idealziel vorschwebt, läßt sich aus den Texten jedoch nicht extrahieren, denn, wie die Untersuchung zeigen wird, macht es gerade die Eigenheit einer mittelalterlichen literarischen Darstellung aus, neue und immer andere Erzähl- und Wahrnehmungsmuster für die Darstellung des Wunderbaren zu verwenden. Explizite, auktoriale, Erzähler-, personale und implizite Hinweise müssen also in jedem Text neu bestimmt und gesichtet werden. Erst dann können die Texte aufeinander bezogen werden. D a her setzt sich diese Arbeit zum Ziel, ausgehend vom RA, der innerhalb dieses Problemkomplexes einen zentralen Text darstellt, die Auffassung und die Darstellung des Wunderbaren in der französischen Literatur des 12. Jahrhunderts anhand eines möglichst großen Textkorpus und anhand von Texten der verschiedensten Gattungen aufzuzeigen. D a b e i geht es nicht vordringlich darum, heutige Sichtweisen und «Vorurteile» darüber, was als wunderbar gelten kann, anhand der mittelalterlichen Texte zu überprüfen. Vielmehr soll - neben Beobachtungen zu den einzelnen Texten, vor allem zum RA - letztlich untersucht werden, welche Rückschlüsse die Entwicklung und Darstellung des Konzepts der merveille
in
den verschiedenen Texten im Hinblick auf die erzählende französische Literatur des 12. Jahrhunderts zuläßt.
Neben der Reaktion des Erstaunens oder der Verwunderung bei den Figuren, die das Wunderbare in den Texten markiert und häufig durch den Terminus des «merveillier» ausgedrückt wird, 57 wird das Wunderbare häufig auch vom Erzäh-
57
V. dazu auch Lecouteux 1981a, p. 274; cf. für den RA die Liste der wunderbaren Termi11
ler als solches bezeichnet. Dabei greift dieser meist auf den übergreifenden, semantisch weiträumigen Terminus der merveille zurück, benennt einzelne Phänomene gemäß ihrer Stilisierung (v.u.) jedoch auch mit anderen Termini wie «enchantement», «fae» oder «fantosme». Viele Phänomene - wie die Luftfahrt im RA - werden jedoch, wie oben angedeutet, überhaupt nicht durch solche Erzähler- oder Figurenkommentare als wunderbar gekennzeichnet. Daher reicht es nicht aus, einzig diese explizit gekennzeichneten Reaktionen der Figuren und die Kommentare des Erzählers als Indikatoren für das Vorliegen eines wunderbaren Phänomens zu betrachten. Auch eine einseitige Orientierung an den Wörtern, die altfranzösisch lexikalisch zur Bezeichnung des Wunderbaren zur Verfügung stehen, würde den Differenzierungen, die literaturwissenschaftlich grundlegend sind, nicht gerecht. Gleichwohl wird zumindest das im RA verwendete «Wortmaterial» zur Bezeichnung des Wunderbaren im Anhang in Form einer Liste für weitere Untersuchungen bereitgestellt. Die Darstellung der einzelnen wunderbaren Episoden in den jeweiligen Texten rückt am auffälligsten durch die Verwendung bestimmter Motive 58 in den Zusammenhang mit anderen französischen Texten des 12. Jahrhunderts. Dabei sind es die inhaltlichen Parallelen zwischen den Texten, die unabhängig von der jeweiligen Verarbeitung des Motivs als erstes ins Auge fallen. Die Arbeit geht daher zunächst von einer inhaltlich und motivisch angelegten Klassifizierung der Textstellen und Episoden, die das Wunderbare behandeln, aus. Es werden, wie oben dargestellt, mit dem märchenhaften, dem technischen, dem natürlichen und dem religiösen Wunderbaren vier Typen unterschieden. Im Rahmen der Untersuchung der einzelnen Typen werden bestimmte Motive untersucht, die im RA und in anderen Texten zumeist verschiedener Gattungen verwendet werden. Dabei werden im RA Motive in die Erzählung integriert, die traditionell anderen Gattungen angehören, wie zum Beispiel mit der Blumenmädchenepisode das Motiv vom Aufenthalt eines Sterblichen im Feenreich (v. cap. 1). Außerdem werden Motivreihen (v. cap. 2) wie die Beschreibung wunderbarer Gebäude, die der antike Roman (Zelte, Grabmale) und die «chanson de geste» (Paläste) eingeführt haben, im RA - und auch in anderen Texten - «weitergeschrieben». Dabei läßt sich auch hier wieder eine integrative Anlage des RA erkennen, da mit Zelten, Grabmalen und Palästen alle Gebäudetypen beschrieben werden, während in den antiken Romanen und in den «chansons de geste» nur höchstens zwei der genannten Gebäudetypen in einem Text vorkommen. Bei der Analyse der Motive, die zum Typus des natürlichen Wunderbaren gehören, wird mitunter auch auf lateinische Texte als Vergleichsmaterial zurückgegriffen, wenn sich dadurch eine
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ni im Anhang, die es erlaubt, die betreffenden Stellen - auch das Vorkommen von merveille - leicht aufzufinden. Zur Definition des Begriffs «Motiv» v. die Einleitungen von cap. 1 (bes. n. 2) und von cap. 2. 12
Motivreihe wie die der Tierkataloge oder die Verschonung eines Heiligen von wilden Tieren besser veranschaulichen läßt. Jede Arbeit, die - z.B. im Rahmen der vergleichenden Motivforschung - Texte miteinander vergleicht und in Beziehung setzt und so Spuren der Bezugnahme eines Textes auf einen bestimmten anderen Text oder auch nur auf das Konzept einer bestimmten Gattung feststellt - und damit auch die hier vorliegende - , betreibt das, was seit der Einführung des Begriffs in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts auch «Intertextualitätsforschung» genannt wird. Es läßt sich sogar sagen, daß der Wille zur Intertextualität bereits die Produktion der altfranzösischen Texte bestimmte. Dies bezeugen nicht nur explizite Anspielungen mittelalterlicher Autoren auf andere Texte - wie die Nennung des Partonopeu im Prolog der Vie seint Edmund le Rei des Denis Piramus -, 5 9 sondern vor allem subtilere Bezugnahmen eines Textes auf andere Texte oder das Modell einer anderen Gattung. Ein französischer Text des 12. Jahrhunderts war nur vor dem Hintergrund anderer Texte für das Publikum in einem hohen Maße verständlich. Dies läßt sich durch die vorliegende Untersuchung wunderbarer Episoden und ihrer Darstellung in verschiedenen Texten gut nachweisen, obwohl die Abfolge von Präund Folgetext nicht immer zu bestimmen ist (v.u.). Auch wenn das Konzept der Intertextualität für diese Arbeit fruchtbar ist, wird hier auf eine theoretische Darstellung dieser Methodik verzichtet,60 weil nicht diese selbst, sondern nur die jeweiligen intertextuell ermittelten Einzelerkenntnisse in diesem Zusammenhang von Interesse sind. Viel entscheidender als der Begriff der Intertextualität ist für die vorliegende Arbeit der Begriff der Stilisierung. Er wurde in Deutschland zuerst 1958 von Hans Robert Jauss in einer Rezension zu einer Racine-Untersuchung von Harald Weinrich benutzt,61 dort aber noch in der Form der «Stilisation». Diese Wortform hat den Vorteil, daß sie die Entlehnung des Terminus aus dem Französischen klar erkennen läßt. Einen frühen Beleg für die Verwendung des Begriffs «stylisation» im Französischen weist z.B. der Robert mit einem Zitat aus Sartres Situations I (1947) aus: «Ce n'est pas qu'on y doive parier comme dans la vie (dans le roman), mais il a sa stylisation propre.»62 Dem Roman wird hier also eine bestimmte Stilisierung zugesprochen. Diese Aussage Sartres macht die Gültigkeit der folgenden Definition der Stilisierung deutlich. Stilisierung meint eine 59 60
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V. dazu cap. 4, η. 40; cap. 5, η. 174· V . vor allem Holthuis 1993, p. 1 - 2 8 ; zur Anwendung auf mittelhochdeutsche Texte cf. Draesner 1992, p. 63-65, zum Intertextualitätsbegriff und zur Forschungsgeschichte v. auch dort, p. 1 3 - 6 3 . V. Jauss 1 9 5 8 ^ . 3 8 9 . V . Robert 1963, p.556. Das Sartre-Zitat stammt nach den Angaben des Robert aus den Situations I, p. 54, der dort verwendeten Ausgabe. Cf. auch Camus, Lapeste, ed. Quillot, p. 1382: «Certains gestes saccades qui lui echapperent apparurent aux plus avises comme un effet de stylisation qui ajoutait encore ä Interpretation du chanteur.»
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Darstellung, die auf einer bestimmten Einstellung zum Dargestellten beruht und sich bestimmter sprachlicher Mittel zur Kennzeichnung dieser Einstellung bedient. Solche sprachlichen Mittel kann man, weil sie Funktionsträger sind, Stileme nennen. Zu ihnen können auch inhaltliche Elemente treten (v.u.). Der Begriff der Stilisierung ist in deutschen Untersuchungen inzwischen durchaus üblich und wird zumeist im Sinne der vorgestellten Definition verwendet. 63 Um diese Auffassung der Stilisierung zu verdeutlichen, ist es zudem hilfreich, Andre Jolles' Theorie der «Einfachen Formen» heranzuziehen. Für Jolles sind «Einfache Formen» «jene Formen [...], die sich, sozusagen ohne Zutun eines Dichters, in der Sprache selbst ereignen, aus der Sprache selbst erarbeiten.» 64 Jolles schreibt der Sprache also erzeugende und auch deutende Funktionen zu.65 Die «Einfachen Formen» sind jede für sich Ausdruck einer bestimmten Art, die Welt zu erfassen und darzustellen. Jeder «Einfachen Form» entspricht eine «Geistesbeschäftigung», die die Welt der Form entsprechend erfährt und deutet und so die Form hervorbringt, 66 sowie eine «Sprachgebärde», die die sprachliche Realisierung des formspezifischen Prinzips als kleinste Einheit umsetzt.67 Als Geistesbeschäftigung ist bei Jolles die jeweilige «Einstellung [...] des Menschen gegenüber der Welt, Richtung [...] seines Denkens und Sprechens» zu verstehen.68 Mit Bezug auf Jolles' «Spachgebärde», die in den «Einfachen Formen» wirkt, konnte schon Jauss 1958 die «Stilisation» und ihre Beziehung zum Motiv und zur Gattung erklären: «Figuren und Begebenheiten, aber auch Motive, sind im literarischen Kunstwerk [...] nicht konstante Bedeutungsträger von inhärenter Komik oder Tragik, sondern werden allererst duch die Sprachgebärde (in den ) oder durch das Prinzip der Stilisation (in den Kunstformen der Gattungen) in ihrer Bedeutung qualifiziert, bzw. durch den modus dicendi als oder aufzufassen dargestellt.» (Jauss 1958, p.389) 6 9
Der in der vorliegenden Arbeit verwendete Begriff der Stilisierung kann - wie Jauss dies für das Komische und Tragische tut - in Anlehnung an Jolles' Modell also erklären, wie sich mit dem spezifischen Zugriff auf das Wunderbare, der sich in einer literarischen Darstellung ereignet, gleichzeitig eine sprachliche und eine inhaltliche Einstellung zum Wunderbaren im Text manifestieren kann. Im Verlauf der vorliegenden Arbeit werden nahezu 30 verschiedene Stilisierungsmöglichkeiten des Wunderbaren in verschiedenen Texten aufgezeigt. Dabei kann die Stilisierung eine textsortenorientierte Darstellung meinen, wie sie
63 64 65 66
67
68 69
V . z.B. Mölk 1996, besonders p. I332f.; Manger 1996, p. 1799; Lachmann 1996, p.794. V . Jolles 1930, p. 10. Cf. Jolles 1930, p. 1 1 - 2 0 . Cf. Jolles, 1930, p. 36, für eine Definition und zur Geistesbeschäftigung, die zur «Einfachen Form» der Legende führt. Cf. Jolles 1930, P.44S., für eine Definition und zu Sprachgebärden, die zur «Einfachen Form» der Legende gehören. V . Bausinger 1981, Sp. 1 2 1 2 . Cf. zu Weinrichs Arbeit und Jauss' Kritik auch Mölk 1996a, p. i8of., bes. n. 7.
Η
z.B. bei einer feenliteraturhaften, enzyklopädischen, epischen oder visionsliteraturhaften Stilisierung oder einer Stilisierung nach dem antiken Roman oder der Tristanliteratur vorliegt. Dies bedeutet, daß eine bestimmte Passage des zu untersuchenden Texts in ihrer Darstellung an der typischen Darstellung einer anderen (im unauffälligen Falle auch an der der eigenen) Gattung ausgerichtet ist. Besonders interessant für die Interpretation eines Texts ist dabei natürlich die partienweise Übernahme der Stilisierung einer anderen Gattung. Im RA werden z.B. die Blumenmädchenepisode feenliteraturhaft und die «Val-perilleus»-Episode auch visionsliteraturhaft stilisiert. Daß dabei nicht nur rein sprachliche Merkmale (wie in der Blumenmädchenepisode die Beschreibung der Blumenmädchen entsprechend der der Feen in den Lais), sondern auch ein inhaltlicher Zugriff auf die Gattung der «Vorlage» und ihre Einstellung zum Wunderbaren die Stilisierung bestimmen (in der Blumenmädchenepisode z.B. auf die gesamte Handlungsstruktur der Feenerzählungen und auf ihre Auffassung des wunderbaren Raums), wird im Verlauf der Untersuchung stets verdeutlicht. Neben der textsortenorientierten Stilisierung gibt es auch Stilisierungsarten, die textsortenübergreifende Merkmale von übergeordneter inhaltlicher Bedeutung tragen und nicht über bestimmte Gattungen definiert werden. Dazu gehören z.B. die gelehrte, die höfische, die wissenschaftliche, die heilsgeschichtliche, die christliche oder heidnische, die allegorische oder die komische Stilisierung. Außerdem müssen Motiv und Stilisierung zwar systematisch gesehen voneinander getrennt werden, neben der für ein einzelnes Motiv und seine Darstellung in einem Text feststellbaren Stilisierung können bestimmte Motive jedoch ihrerseits charakteristisch für die jeweils besondere Darstellungsweise, also für eine bestimmte Stilisierung, sein.70 So ist das Motiv vom «Auftreten einer außerordentlich schönen, anziehenden und zugleich gebildeten weiblichen Figur» (wie in der Blumenmädchen- und in der Amazonenepisode des RA) in der Regel Zeichen einer höfischen Stilisierung. Möglich ist auch eine Stilisierung entsprechend einem bestimmten inhaltlich weitgehend festgelegten Motiv oder Topos wie die Stilisierung von inhaltlichen Gegebenheiten als locus amoenus oder als «amor de lonh». Es können zudem mehrere Stilisierungsarten gleichzeitig vorliegen, so ist z.B. die epische und zugleich komische Stilisierung einer wunderbaren Episode möglich. Vor dem Hintergrund der in den einzelnen Textpassagen festzustellenden Stilisierungen treten mitunter besonders die stilisierungsübergreifenden und damit stilisierungsunabhängigen Merkmale bestimmter Motive hervor. Die vorgestellte Methode erlaubt also auch, zwischen solchen Merkmalen eines Motivs oder einer charakteristischen wunderbaren Episode zu unterscheiden, die unveränderlich zu diesem Motiv oder der Episode gehören, und anderen, die in Ab-
70
Cf. dazu Mölk 1996, p. 1333, zum Zusammenhang von Gattung und Motiv. Mölk führt aus, daß einige Motive von bestimmten Gattungen zu bestimmten Zeiten favorisiert werden, so daß diese Motive gattungsspezifisch und zeitspezifisch eingesetzt werden und daher in diesem Bezugsrahmen immer auf bestimmte Weise stilisiert werden.
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hängigkeit von der jeweiligen Stilisierung im einzelnen Text hinzutreten oder verändert werden können. Über die Feststellung der jeweiligen Stilisierung der wunderbaren Episoden im RA können also Aussagen darüber getroffen werden, an welchen Texten und Textsorten sich der RA - und der Kompilator Alexandre de Paris - orientieren und wie die Modelle dabei verändert und in der Semantik des Texts mit neuen Aussagen über das Wunderbare und seine Bedeutung versehen werden. Dabei wird auch die entsprechende Vorgehensweise der Bezugstexte (v.u.) in den Blick genommen, so daß der Zugriff auf und die Einstellung zum Wunderbaren in zahlreichen erzählenden Texten der französischen Literatur des 12. Jahrhunderts zusammenhängend analysiert werden kann. Das letzte Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich im Unterschied zu den vier Kapiteln über die Typen des Wunderbaren, die von der Motivik, der Stilisierung und der Funktion der einzelnen Episoden ausgehen, mit der Raum- und Geschehensstruktur des RA. Sie tritt gerade vor dem Hintergrund von Vergleichstexten wie dem Voyage de saint Brendan, dem Partonopeu und Chretiens Lancelot deutlich hervor. Die Untersuchung der Rolle des Raums und der Rolle des Helden für die Darstellung ist unbedingt nötig, um die Auffassung des Wunderbaren und seine Funktion für die einzelnen Texte über die einzelnen Episoden hinaus erfassen zu können. In allen genannten Texten ist das Wunderbare - im Gegensatz z.B. zu den antiken Romanen 71 und zeitgenössischen «chansons de geste» - in wunderbare Räume verlagert. Diese werden in der Forschung oft als die «andere Welt» bezeichnet und so von der Ausgangswelt des Helden auch begrifflich abgegrenzt. Der Held betritt über kurz oder lang die «andere Welt» und wird in ihr auf unterschiedliche Weise mit dem Wunderbaren konfrontiert. Bei der Untersuchung des wunderbaren Raums und seiner Beziehung zum nicht-wunderbaren Raum sowie der Abgrenzung beider Räume voneinander erweisen sich vorliegende Arbeiten zu lokalen und sozialen Konstituenten mittelalterlicher Raumkonzepte72 nur bedingt als hilfreich. Die untersuchten Textsorten stellen im Gegensatz zu Pilgerführern, die beispielsweise die Grundlage für Ludwig Schmugges Studie zum «nationalen» Vorurteil als sozialer Konstituente des mittelalterlichen Raumkonzepts bilden,73 soziale Konstituenten des Raums nicht in den Vordergrund. Ansätze dazu liegen höchstens in der Darstellung von Frauengesellschaften im wunderbaren Raum vor, wie sie im Blumenmädchen- und im Amazonenreich im RA auftreten. Die Arbeiten von Bernhard Jahn und Friederike Hassauer zu lokalen Konstituenten des Raumkonzepts weisen ebenfalls wenig Bezugspunkte zur hier vorliegenden Untersuchung auf, da sie ein evolutionisti71
72
73
Z u Ansätzen solcher Verlagerungen von Episoden in einen wunderbaren Raum schon im antiken Roman v. cap.5.2.1. V . z.B. Jahn 1993; Hassauer 1987 (zur lokalen Konstitutionierung des Raums in mittelalterlichen Texten); Schmugge 1982 (zur sozialen Konstitutionierung des Raums in mittelalterlichen Texten). V . Schmugge 1982, passim.
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sches Konzept von der Entwicklung der Wahrnehmung und des Wissenserwerbs in Richtung auf den neuzeitlichen Kontinuitätsraum anstreben. Literarische Texte werden dabei stets nur in bezug auf ihre Aussagekraft über die «mental map» des mittelalterlichen Rezipienten oder Autors (Jahn) oder über deren Erfahrungs- bzw. Toposwissen (Hassauer) genutzt. Der «literarische Raum» wird hier jedoch zunächst als unabhängig vom tatsächlichen Raum behandelt. Feststellungen über das Raumkonzept literarischer Texte sagen nicht unbedingt etwas über «reale» Raumkonzepte von Autor und Rezipienten aus. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß sich sowohl der Verfasser als auch das Publikum der Literarizität der Texte bewußt waren. So sagt die Verortung wunderbarer Phänomene und die Konstruktion einfacher oder komplexer wunderbarer Räume vor allem etwas über die Darstellung und Auffassung des Wunderbaren und seine Funktion im literarischen Text aus und auch etwas über die Souveränität der einzelnen Texte im Umgang mit der Raumstruktur. Daher sind literaturwissenschaftliche Untersuchungen zur Darstellung von Räumen in einzelnen Texten, wie sie von Seiten der germanistischen Mediävistik bereits vorliegen, 74 für die hier verfolgte Vorgehensweise hilfreicher. Die im letzten Kapitel dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen lassen sogar den Gedanken zu, daß der wunderbare Raum in seiner Semantik von den Texten auf verschiedene Weise «ausspekuliert» 75 wird, so daß verschiedene Möglichkeiten der Raumkonstruktion durchgespielt werden. Ein solches literarisches Vorgehen könnte seinerseits Auswirkungen auf die tatsächlichen Vorstellungen der Rezipienten auch von realen Räumen gehabt haben, zumindest aber ist diese Annahme nicht unwahrscheinlicher als die umgekehrte Vermutung, die Jahn und Hassauer ihren Untersuchungen zugrundelegen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit steht, wie bereits dargestellt, zwar der RA im Zentrum der Betrachtungen, weitreichende Aussagen über mögliche Interpretationen und die Bedeutung des RA in der französischen Literatur des 12. Jahrhunderts können aber nur durch seine Einbettung in ein System von unterschiedlichen Bezugstexten getroffen werden. Der RA wird versuchsweise - natürlich auch aufgrund von bestehenden Untersuchungen 76 und chronologisch sinnvollen Vorannahmen zu seiner Beeinflussung durch bestimmte Texte - in den Mittelpunkt eines zunächst idealiter angenommenen «Systems» von Bezugstexten verschiedener Gattungen gestellt. Dabei werden schwerpunktmäßig Bezugstexte aus der «chanson de geste», den Lais, den antiken Romanen, den höfischen Romanen und der Visionsliteratur herangezogen. Einzelne Textpassagen 74
75 76
Cf. z.B. Moser 1984, der Reaktionen von Figuren beim Übergang in den wunderbaren Raum und das Verhältnis von wunderbarer und nicht-wunderbarer Welt in mittelhochdeutschen Texten anspricht. V. vor allem Strohschneider/ Vögel 1989 für eine beispielhafte Untersuchung eines im Straßburger Alexander dargestellten Raumausschnitts. Der Ausdruck ist hier im Sinne von Adler 1975 verwendet. Cf. z.B. Schöning 1991 zur Abhängigkeit des RA und seiner Vorstufen von den antiken Romanen.
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werden auch aus dem byzantinischen Roman, der «Reimchronik» und der «chanson de croisade» entnommen, so daß alle wesentlichen erzählenden Gattungen des französischen 12. Jahrhunderts berücksichtigt werden. So entsteht zwangsläufig ein Spektrum der merveille und all ihrer Facetten in der französischen Literatur dieser Zeit. Die vergleichende Untersuchung der Darstellung gleicher oder ähnlicher Motive in den verschiedenen Texten ermöglicht sodann die tatsächliche Einschätzung der jeweiligen Bezugstexte und des RA. Oftmals tritt das Charakteristische einer Episode des RA erst durch die Folie der Bezugstexte hervor. So wird die «Val-perilleus»-Episode erst durch einen Vergleich mit den Höllendarstellungen in zeitgenössischen Texten als eine solche Höllendarstellung erkennbar. Es lassen sich Bezugstexte erster Ordnung ausmachen, für die eine direkte Filiation und ihr Einfluß auf den RA entweder in einer Vorstufe oder sogar in der Version des Alexandre de Paris ausgemacht werden kann. Solche Texte sind vor allem die antiken Romane und wohl auch der Voyage de saint Brendan. Bezugstexte zweiter Ordnung sind alle Texte, deren Bezüge morphologischer oder typologischer A r t sind. Bei diesen Texten kann kein direkter Bezug nachgewiesen, oft aber ein Bezug wahrscheinlich gemacht werden. Sie stehen stellvertretend für andere, nicht erhaltene Texte und damit für Modelle, die z.B. die Idealform einer Gattung mit deren typischen Merkmalen vertreten. Einige Texte wie Chretiens Lancelot, Partonopeu, Guingamor und die Chanson de Jirusalem können nicht sicher einer der beiden Gruppen zugeordnet werden, da die Richtung und der genaue Zeitpunkt einer Bezugnahme zwischen ihnen und dem RA in seinen verschiedenen Formen nicht genau festzustellen ist. D a ß eine solche Bezugnahme vorliegt, kann aber spätestens mit der hier vorliegenden Untersuchung als sicher gelten. Auch der RA selbst wird so in seiner Funktion als Bezugstext für zeitgenössische Texte in den Blick genommen. Insgesamt ist es für die Erfassung der Einstellungen zum Wunderbaren und seiner Rolle in der französischen erzählenden Literatur des 12. Jahrhunderts jedoch nicht nötig, eine lückenlose chronologische Reihung der behandelten Texte aufzustellen. Dies ist schon aufgrund der unsicheren Datierung der meisten Texte nicht möglich. Zudem müssen die erhaltenen Texte nicht immer die einzige verschriftlichtete Version einer Erzählung dargestellt haben. Wie Alfred Adler in seiner Arbeit Epische Spekulanten vielfach gezeigt hat, 77 ist eine chronologische Ausrichtung der Betrachtung der altfranzösischen Literatur nicht notwendig die einzig ertragreiche Vorgehensweise. Diese extreme Position nimmt die hier vorliegende Arbeit allerdings nicht ein, es soll vielmehr ein Mittelweg eingschlagen werden, der es erlaubt, mögliche Vergleiche nicht von ihrer Kompatibilität mit scheinbar feststehenden Datierungen abhängig zu machen, die Ergebnisse aller Vergleiche aber, wenn möglich, zur Präzisierung oder Infragestellung bereits bestehender Datierungsvorschläge zu nutzen. Zugleich kann durch den Vergleich des RA mit den Bezugstexten in vielen Episoden auch die Intensität und der Umfang der Bearbeitung des RA durch 77
V . Adler 1975.
18
Alexandre de Paris festgestellt werden. Der «Kompilator» erstellte nicht nur die Gesamtstruktur des RA, sondern ist wahrscheinlich auch für eine umfassende Umstrukturierung und Umdeutung des Alexandre en Orient des Lambert le Tort, d.h. der dritten Branche des RA, verantwortlich.78
78
Ähnlich äußert sich, ohne eine genauere Untersuchung durchzuführen, bereits C o l let 1994.
19
ι.
Märchenhaftes Wunderbares D e r Aufenthalt im Feenreich: Maries Lanval Guingamor
sowie Graelent
und die Blumenmädchenepisode im Roman
i.i.
Einleitung
I.I.I.
Vorgehensweise
und
d'Alexandre
In diesem Kapitel soll der Typus des märchenhaften Wunderbaren untersucht werden. D a b e i bestimmen inhaltliche Gesichtspunkte wie die Verwendung bestimmter Motive und Strukturen die Bezeichnung des Typus und die Zuordnung bestimmter Episoden zu diesem Typus. Für das märchenhafte Wunderbare sind dies zum Beispiel die wichtige Rolle der Dreizahl in der Handlungsstruktur, das Auftreten von Feen, die Überschreitung einer G r e n z e und der Aufenthalt des Helden in einer anderen Welt mit anderen Gesetzen, die der des Märchens ähnelt, sowie bestimmte Bedingungen, an die die Rückkehr geknüpft ist. Hier soll, stellvertretend für andere märchenhaft wunderbare Episoden des RA,1 die Blumenmädchenepisode (III 187 - 201, 3550) vor dem Hintergrund einiger zeitgenössischer französischer Lais mit ähnlicher Motivik analysiert werden. Diese A n a l y s e setzt es sich zum Ziel, durch den Vergleich der jeweiligen Handhabung des Motivs 2 «Aufenthalt eines Sterblichen im Feenreich und sein
1
2
Weitere Textabschnitte und Episoden des RA, die zum Typus des märchenhaften Wunderbaren gehören, sind folgende: wunderbare Pferde, die mit Feen in Zusammenhang stehen III 101,1743-1745; 106,1840s.; die Wasserfrauen III 164-167,2937; die zwei magischen Quellen III 169,2986-178; die Blumenmädchen (v.o.); die Quelle der Jugendiii 201, 3585-206; der Turm von Babel, von Riesen erbaut III 364, 6238s.; 367, 8273s.; in Teilen die Amazonen III 425, 7228-427; 429, 7305-430; 434, 7395-436; 438-441; 448, 7646-7657; 450, 7694-7705. Cf. auch die Auflistung aller wunderbaren Episoden im Anhang und die dort vorgenommene Zuordnung jeder Episode zum entsprechenden Typus des Wunderbaren. Zur Definition von «Motiv» v. Mölk 1991, passim; Mölk 1992, passim; Mölk 1996, p. 1323-1332. Betrachtet man die vier ausgewählten Texte, weist das hier untersuchte Motiv ein unterschiedliches «Raffungsniveau» auf (cf. Mölk 1996, p. 1327). In den drei Lais handelt es sich um das Kernmotiv und damit um das «Thema» des jeweiligen Textes, so daß das «Bedeutungsvolumen» des Gesamttextes erfaßt wird (cf. Mölk 1996, p. 1330 bzw. 1327). V. dazu und generell zur Bestimmung von Motiven auch Dubost 1995, p. 42-50. Das Motiv, wie es in der Blumenmädchenepisode des RA verwendet wird, ist hingegen nur eines von vielen Strukturelementen, die sich zusammengesetzt als Motiv «Der Held erkundet eine andere, wunderbare Welt» bezeichnen lassen. Dieser verschiedene Rang des Motivs in der Gesamtkomposition der Texte ist für den angestrebten Vergleich jedoch unproblematisch und erlaubt zusätzliche Aussagen über 20
Kontakt mit der Fee» in verschiedenen Texten Erkenntnisse über die spezifische Handhabung desselben in der Blumenmädchenepisode des RA zu gewinnen. Dadurch lassen sich auch Aussagen über die Charakteristik dieser wunderbaren Episode, ihre Bedeutung im RA und über ihre Ähnlichkeiten mit früher oder ungefähr zeitgleich entstandenen Bearbeitungen des Motivs machen. Für den angestrebten Vergleich mit der Blumenmädchenepisode bieten sich der Lanval von Marie de France und die anonym überlieferten Lais Graelent und Guingamor an, da alle drei Lais ebenfalls vom Aufenthalt eines Sterblichen im Feenreich und seinen Konsequenzen erzählen.
ι. ι .2.
Einordnung der ausgewählten Lais und der Blumenmädchenepisode
Die Blumenmädchenepisode nimmt eine zentrale Stellung innerhalb des von Alexander erkundeten wunderbaren Raumes ein, den der Held mit dem Eindringen in die Wüste betritt. 3 Dieser Raum teilt sich in verschiedene Schichten, Bereiche und deren Binnenbereiche auf, die Alexander und seine Leute nach und nach entdecken. Entscheidende Bereiche und Episoden sind die Wüste und ihre Monster, das Überschreiten der Grenzpfeiler von Artus und Liber, jenseits deren der innere Bereich der wunderbaren Welt beginnt, die Erfahrungen A l e x anders im «Val perilleus», dem Tal ohne Ausweg, die Begegnung mit den Wasserfrauen und die beiden magischen Quellen. Jenseits der beiden magischen Quellen und unmittelbar vor der Blumenmädchenepisode geraten Alexander und seine Leute in einen von den Göttern Herkules oder Artus und Liber beherrschten Bereich. Dieser entpuppt sich im Gegensatz zu den vorherigen Bereichen als nicht bezwingbar und liegt sogar außerhalb der Macht und des Verstehens der indischen Führer, die Alexander zu diesem Zeitpunkt begleiten. Er scheint gegen die Eindringlinge zu rebellieren. In diesen wunderbaren Bereich gelangen die Makedonen auch unmittelbar nach der Blumenmädchenepisode wieder. Nachdem sie ihm entkommen sind, entdecken sie dann die dritte magische Quelle. 4 Bereits aus dieser Kurzübersicht wird deutlich, daß die Blumenmädchenepisode eine Episode in einer Episode (der des von Artus und Liber beherrschten Bereichs) in einer Episode (der der magischen Quellen) darstellt und daß im wunderbaren Raum eine zunehmende Verschachtelung der Bereiche stattfindet. Der Blumenmädchenwald befindet sich in deren Mittelpunkt. Die Voraussetzung dafür, daß Alexander dorthin gelangen kann, ist die Bewältigung aller eben genannten Hindernisse und Prüfungen und damit das Durchqueren aller die Blumenmädchen umgebenden wunderbaren Bereiche. Diese Bereiche sind in sich
3 4
die Struktur des RA und über dessen Umgang mit dem Typus des märchenhaften Wunderbaren. Für Näheres zur Raumstruktur v. cap. 5.4.3. Für Näheres zu den hier angesprochenen wunderbaren Bereichen verschiedener Qualität v. cap.5.4.3.
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steigerndem M a ß e fremd, ihre Phänomene in sich steigerndem M a ß e nicht erklärbar und nicht beherrschbar. D e r Mittelpunkt der wunderbaren Welt fällt in der Darstellung übrigens keineswegs mit dem Mittelpunkt des von A l e x a n d e r zurückgelegten Wegs zusammen. D e r Text umfaßt nämlich knapp 3000 Verse vom Beginn der Tauchfahrt bis zu den Blumenmädchen, aber nur gut 1500 Verse von dort bis zum E n d e der Luftfahrt. A u ß e r d e m zeigt die Kurzübersicht, daß die Blumenmädchenepisode im Text von anderen Episoden umgeben ist, die ebenfalls dem Typus des märchenhaften Wunderbaren zuzuordnen sind: der Episode um die Quellen der Auferstehungund der Unsterblichkeit, die vorausgeht, und der Episode um die Quelle der Jugend, die auf die Blumenmädchenepisode folgt. Diese Episoden mit märchenhaftem Wunderbaren bilden aber trotzdem keinen zusammenhängenden märchenhaften Bereich, da jeweils die Durchquerung des gefährlichen, rebellierenden wunderbaren Bereichs «dazwischengeschaltet» ist.5 Dadurch wird deutlich, daß es sich beim wunderbaren Bereich der Blumenmädchen um einen Bezirk handelt, der von den anderen Bereichen mit märchenhaftem Wunderbaren schon durch strukturelle Signale im Text nochmals abgegrenzt ist. Wie die nachfolgenden Betrachtungen zeigen werden, handelt es sich um einen wunderbaren Bezirk, der alle Merkmale eines Feenreichs aufweist, wie es in vielen Texten des 12. Jahrhunderts vorkommt. 6 Eine auch nur annähernd vergleichbare Schilderung eines wunderbaren Bereichs findet sich nirgendwo sonst im RA, während die übrigen wunderbaren Bereiche in der Regel den Hintergrund für mehrere wunderbare Episoden bilden, die an unterschiedlichen Stellen des Textes ihren Platz haben, 7 und auch keine vergleichbare Zahl spezifischer Merkmale zeigen, wie es beim Feenreich der Blumenmädchen der Fall ist. Die Blumenmädchenepisode nimmt also in inhaltlicher und struktureller Hinsicht eine Sonderstellung im R a h m e n des RA ein. Hinzu kommt, daß weder ihre Quellen 8 noch der Zeitpunkt ihrer Einfügung in den Alexanderroman auszumachen sind. D a die Episode sowohl in H S Α (Paris, Bibliotheque de l'Arsenal, 3472, Laissen 220-231) als auch in H S Β (Venedig, Museo Civico Correr, V I 665; Laissen 357—68),'9 wenn auch in leicht unterschiedlicher Form, vorhanden
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Cf. die Liste der wunderbaren Episoden im Anhang und das Schema am Ende dieses Kapitels. Für eine zusammenhängende Untersuchung dieser Texte cf. Harf-Lancner 1984. Cf. z.B. die Episoden um die Wasserfrauen und die magischen Quellen, die jeweils in einem märchenhaften Bereich des wunderbaren Raumes spielen, aber nirgendwo ähnliche zusätzliche Abgrenzungen wie das Feenreich der Blumenmädchen erfahren. V. auch u. 1.3. V. hierzu MFRA, vol. 6, p. 52. Nach Foulet gelangte der Stoff von Indien aus über Arabien im 12. Jahrhundert nach Spanien, wobei eine gemeinsame, verlorene Quelle für den französischen Alexanderroman und die Blumenmädchenepisode in der Straßburger Version von Lambrechts Alexanderlied anzunehmen ist. Diese Ansicht wird allerdings längst nicht von allen Forschern geteilt. Die Handschriften Α und Β sind vollständig von Milan S. La Du in MFRA, vol. 1, ediert. Cf. auch RA, ms. Venezia, ed. Benedetti 1998, für ein Faksimile der Venizianer
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ist, ist davon auszugehen, daß nicht Alexandre de Paris sie eingefügt hat. D a ß die Episode weder in der Historia de Preliis10 noch in der Epitome11 des Julius Valerius und auch nicht in der Epistola Alexandri Magni12 vorhanden ist, läßt verschiedene Schlüsse bezüglich des Zeitpunktes ihrer Einfügung in den RA zu. So hält es Catherine Gaullier-Bougassas 13 für wahrscheinlich, daß die Episode von Lambert le Tort eingefügt worden sei, dem Verfasser des Alexandre en Orient, der die Vorlage für die Gestaltung der dritten Branche des RA durch Alexandre de Paris bildete. Alfred Foulet ist allerdings der gegenteiligen Ansicht. 1 4 Letztlich ist weder die Frage nach den Quellen der Episode zu beantworten, noch kann der Zeitpunkt ihrer Einfügung in den Alexanderroman bestimmt werden. Der Vergleich mit den ähnlichen Ausprägungen des Motivs in den ausgewählten Lais ist aber gut geeignet, um mögliche inhaltliche und strukturelle Elemente zu bestimmen, die der Autor der Blumenmädchenepisode mit Bezug auf die Darstellung des Feenreichs in der französischen Literatur der Zeit gestaltet haben könnte. Damit könnte die Blumenmädchenepisode genauer in ihrer literarischen Umgebung verankert werden, als dies bisher möglich schien. 15 Der Lanval ist eindeutig Marie de France zuzuschreiben, 16 und es besteht in der Forschung eine recht einheitliche Meinung zu seiner Datierung in die Jahre 1160-1178. 1 7 Graelent und Guingamor sind anonym überliefert.' 8 Die Herausgeberin der Lais, Marie P. O'Hara Tobin, datiert Graelent in das letzte Viertel des 12. Jahrhunderts, genauer um 1189, wobei die Lais der Marie de France als «ter-
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Handschrift. Dort findet sich auch ein guter Überblick über den Inhalt der Handschrift, v. Infurna 1998. Cf. die Ausgaben Historia de Preliis J\ ed. Hilka/ Steffens 1979; Historia de Preliis J2, ed. Hilka 1976-1977; Historia de Preliis J3, ed. Bergmeister 1975. Cf. Julius Valerius, Epitome, ed. Zacher 1867. Cf. Gunderson 1980; Brief Alexanders an Aristoteles, ed. Feldbusch 1976; Epistola Alexandri Magni, ed. Boer 1973. V . Gaullier-Bougassas, 1998a, p. 235, cf. auch dort, p. 161. V . M F R A , vol. 6, p. 12: «The presence of this episode in MS A proves that it was part of the ABL-version, but its absence from both the Lambert prologue (Stanza 1) and the Epistola prevents one from ascribing it to Lambert le Tort.» In M F R A , vol. 3, p. 12, ordnet Foulet die Episode folgerichtig «Lambert-2» zu, dem Text eines oder mehrerer Bearbeiter der Lambert-Version (also um ca. 1175 anzusetzen), v. dort, p. VIII. Nicht einmal der Artikel «Blumenmädchen» in der Enzyklopädie des Märchens (Meinel/ Klima 1979) erfaßt die Art ihrer Darstellung im RA, da dort im Zusammenhang mit den Blumenmädchen immer von der Darstellung «eines Gestaltwandels zwischen Pflanze und Mensch» ausgegangen wird, während die hybride Natur der Blumenmädchen im RA unausweichlich festgeschrieben scheint. Gleiches gilt für Motif-Index 1958, vol. VI, Index, s.v. Flower, p. 299. V . Marie de France, Lanval, ed. Rychner 1958. So Marie de France, Lais, ed. Rychner 1973, p. Xlf., der dabei eher für die erste Hälfte dieses Zeitraums plädiert, da seines Erachtens keine Spuren einer Chretien-Lektüreauszumachen sind. Köhler 1985, p.45, geht von einer Datierung zwischen 1160 und 1170 aus. V . Lais anonymes, ed. O'Hara Tobin 1976.
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minus post quem» anzusehen seien." 9 Guingamor wird von ihr nach 1189, und zwar auf das Ende des 12. Jahrhunderts, datiert, da er auf Graelent und u.a. auch auf Chretiens Perceval zurückgreife. 20 Wie O'Hara Tobin selbst anführt, sind diese Datierungen keineswegs sicher, so gibt sie z.B. für Guingamor weiter unten die Möglichkeit einer Abfassung früh nach der von Maries Lais an, die für eine Datierung deutlich vor 1189 sprechen würde. 21 Es ist also nicht unwahrscheinlich, daß die Abfassungszeit der Lais Graelent und Guingamor in etwa mit der des RA zusammenfallen, so daß ein Vergleich besonders sinnvoll erscheint. Was die relative Chronologie der drei ausgewählten Lais betrifft, so hat Cesare Segre in überzeugender Weise Argumente für eine Entstehung der Lais in der Reihenfolge: Lanval - Graelent - Guingamor zusammengetragen. 22 Bewertungen von Stil und Inhaltslogik der beiden anonymen Lais, wie Segre sie häufig äußert - er hält sie in diesen Punkten für Maries Lanval deutlich unterlegen -, 2 3 sollen in dieser Untersuchung allerdings keine Rolle spielen. Unabhängig von der Qualität des Stils, ihrer Inhaltslogik und der absoluten Datierung sind alle drei ausgewählten Lais für uns allein durch ihre Gestaltung des auch in der Blumenmädchenepisode vorliegenden Motivs interessant. Wichtig ist außerdem, daß alle drei Lais 24 sich aller Wahrscheinlichkeit nach zu der Zeit, zu der auch der RA entstand und rezipiert wurde, einiger Bekanntheit erfreuten, so daß sie als eine Art «Rezeptionshintergrund» angesehen werden können, vor dem die Eigenheiten der Blumenmädchenepisode und ihre spezifische Wirkung auf die Hörer auszumachen sind. Z u der hier vertretenen These eines «Rezeptionshintergrundes», vor dem neue Bearbeitungen bereits bekannter und bearbeiteter Motive und Themen zu verstehen sind, paßt auch Segres Vorgehensweise bei der Erstellung der relativen Chronologie der drei Lais. Er stellt in Graelent und Guingamor eine Bezugnahme auf Lanval fest, die aus der Umfunktionalisierung von stilistischen und in-
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V . Lais anonymes, ed. O'Hara Tobin 1976, p. 89-92, besonders p.92: «Tout cela pourrait indiquer que Graelent a ete ecrit dans la derniere partie du X l l e siecle. [...] Graelent a done ete compose apres 1178 et avant 1230, ou meme, si nous aeeeptons les temoignages moins sürs, avant la fin du X l l e siecle, peut-etre vers 1189.» V. Lais anonymes, ed. O'Hara Tobin 1976, p. 130s., p. 130: «L'auteur parait avoir connu les oeuvres de Chretien de Troyes, surtout Erec et Perceval, Tristan et Graelent, aussi bien que les Lais de Marie, ce qui suggerait une date de composition plus recente: apres 1189.» Cf. aber p. 131: «Guingamor aurait pu done etre compose vers la fin du X l l e siecle». V. Lais anonymes, ed. O'Hara Tobin 1976, p. 130:«[...] mais comme la forme du poeme offre une forte ressemblance avec l'oeuvre de Marie, et que les regies de flexion sont, pour la plupart, maintenues, Guingamor a probablement ete ecrit assez tot apres l'oeuvre de Marie. Le style et le contenu du recit appuient cette constatation, puisque les traditions courtoises jouent un role important dans le poeme.» V . Segre 1959, passim. V. Segre 1959, P 762, n. 11 u. passim. Wahrscheinlich sind die drei ausgewählten Lais außerdem nur eine auf uns gekommene Auswahl von vielen Bearbeitungen ähnlicher Motive und Themen, die im 12. Jahrhundert stattgefunden haben. Cf. hierzu Harf-Lancner 1984, p. 214-219 u.ö.
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haltlichen Elementen Lanvals in den späteren Lais ersichtlich ist.25 Eine ähnliche Umfunktionalisierung bekannter Elemente wird sich auch in der Blumenmädchenepisode feststellen lassen.
1.1.3.
Märchen, «Märchenmotiv» und «märchenhaft»
In diesem Kapitel wird mit der Blumenmädchenepisode die spezifische Handhabung eines bestimmten, häufig verwendeten «Märchenmotivs» im Text untersucht. D e r Begriff «Märchenmotiv» ist dabei durchaus problematisch. Wenn A n dre Jolles im Rahmen seiner Untersuchung der Einfachen Formen26 im Kapitel über das Märchen ausführt: «[...] es sind die , nach denen man die Märchen einzuteilen pflegt.» (p. 246), so muß doch zwischen «Märchenmotiv» und Märchen scharf unterschieden werden. 27 So zeichnet sich in der neueren Forschung dahingehend ein Konsens ab, daß man nicht von «eigentlichen Märchenmotiven» sprechen kann, da eine Vielzahl von Motiven in die Gattung Märchen Eingang finden kann und diese Motive erst durch ihre märchenspezifische Verarbeitung innerhalb der Gattung zu «Märchenmotiven» werden. 28 Die Eigenschaft «Märchenmotiv» eignet also keinem Motiv genuin. Weiterhin ist auch keine Erzählung schon deshalb ein Märchen, weil sie Motive aufweist, die aus Märchen bekannt sind. 29 So sind die hier untersuchten Lais des 12. Jahrhunderts keineswegs automatisch deshalb Märchen, weil in ihnen Feen eine große Rolle spielen, obwohl das Vorkommen von Feen z.B. in den französischen Kunstmärchen vom Ende des 17. Jahrhunderts an ein so zentrales Gattungsmerkmal war, daß diese Texte als «contes de fees» bezeichnet wurden und dieser Ausdruck sich im französischen Sprachgebrauch zur Bezeichnung von Märchen überhaupt verallgemeinert hat. 30 Was die Existenz von Märchen, wie sie aus heutigem Verständnis als die «Gattung Grimm» 31 definiert werden, im Mittelalter generell be-
25 26
27 28
29
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31
Für zahlreiche Beispiele v. Segre 1959, p. 765-767. V. Jolles 1930, p. 218-246 (cap. «Märchen»). Wawer 2000 sieht die von ihr untersuchten Texte als aus der «Einfachen Form» des Märchens expandierte Texte an, v. dort, p.5. Cf. Bausinger 1999, hierzu besonders Sp. 254, und Völker, Elemente, p. 14. V. Bausinger 1999, Sp. 254: «Die Motive erhalten innerhalb einer bestimmten Form eine bestimmte Richtung, es sind induzierte Motive.» V. Bausinger 1999, Sp. 255: «Von Märchenmotiven läßt sich erst reden, nachdem es die Form Märchen gibt. [...] läßt sich zeigen, daß einzelne Motive und Motivreihen zwar in die Vorgeschichte der Gattung Märchen führen können, daß aber die eigentliche Geschichte dieser Gattung erst dort beginnt, wo sich die ganze Erzählung als Märchen präsentiert.» Cf. zur Definition des Märchens auch Marzin 1982, p. 220-225; Wünsch 1991, P· 34-38V. Dammann 1981, besonders Sp. 132-142, zur Geschichte der Gattung der «contes de fees» und Sp. 142s. zur Verallgemeinerung des Ausdrucks für die Gattung Märchen überhaupt. Cf. Jolles 1930, p. 219: «Man pflegt ein litterarisches Gebilde dann als Märchen anzuerkennen, wenn es - allgemein ausgedrückt - mehr oder weniger übereinstimmt mit dem, was in den Grimmschen Kinder- und Hausmärchen zu finden ist. Und so wollen auch
25
trifft, so ist diese nach den neuesten Forschungen zweifelhafter denn je. Maren Clausen-Stolzenburg kommt in ihrer Untersuchung Märchen und mittelalterliche Literaturtradition von 1995 zu dem Schluß, daß weder ein sicherer Anhaltspunkt für die Herkunft des Märchens noch ein sicherer Nachweis dafür bestehe, daß Märchen im Sinne der Grimms uralt seien. 32 Es kann also bei der Untersuchung des Motivs «Aufenthalt im Feenreich», wie es in den genannten Lais und in der Blumenmädchenepisode im RA vorliegt, nicht um die Gattungszuordnung des Motivs zum Märchen oder um seine Geschichte gehen, sondern nur darum, das «Märchenhafte» der drei Texte bzw. des Textstückes herauszuarbeiten, die sich mit dem Aufenthalt eines Helden im Feenreich und mit seinem Kontakt zu Feen beschäftigen. Dabei gilt auch hier, was Wolfram Völker seiner Untersuchung der märchenhaften Elemente im Werk von Chretien de Troyes voranstellt: «Wollen wir daher Elemente des Märchens bei Chretien herausarbeiten, so müssen besonders die Züge und Merkmale berücksichtigt werden, durch die das Märchen zum Märchen wird, also das (p. 16). [...] Das unverwechselbare märchenhafte Bild wird sichtbar, indem man vielmehr die Form- und Strukturgesetze des Märchens zu erkennen versucht.» (p. 19) Diese Züge und Merkmale, Form- und Strukturgesetze des Märchens spielen auch bei der Untersuchung der Blumenmädchenepisode eine Rolle, da es sich um ein abgeschlossenes Textstück und - möglicherweise - um ein kurzes Märchen handelt. Im folgenden sollen kurz diejenigen märchenhaften Elemente und Strukturen der zu behandelnden Lais und der Blumenmädchenepisode aufgezeigt werden, die ihre Behandlung im Rahmen des Typus des märchenhaften Wunderbaren rechtfertigen, und in den folgenden Abschnitten im einzelnen analysiert werden. Es liegen in den Lais wie auch in der Blumenmädchenepisode, wenn man sie mit ihrer Umgebung im wunderbaren Raum in Beziehung setzt, zwei unterschiedliche Welten vor, 33 wobei die wunderbare Welt nicht an Bedingungen der sie umgebenden höfisch-realen (der Lais) bzw. der Welt des rebellierenden wun-
32
wir, ehe wir den Begriff Märchen von uns aus bestimmen, zunächst allgemein von der G a t t u n g G r i m m sprechen.» (Sperrung im Text). V. Clausen-Stolzenburg 1995^.85 u. p.87; cf. auch dort, p.85: «Motive, die in Märchen vorkommen, liegen in den unterschiedlichsten Gattungen, in Literatur der verschiedensten Entstehungszeiten vor, ohne daß dies als Beweis für eine genetische Verwandtschaft oder bestimmte Prioritäten angesehen werden kann.» Cf. auch Bausinger 1996, hierzu p. 1246, und Völker 1972, p. 10-14, besonders p. 13: «Andererseits ist, wenn man Märchenmotive im höfischen Roman findet, damit nicht bewiesen, daß im 12. Jahrhundert Märchen entstanden sind. V o m höfischen Roman aus kann man jedenfalls auf keine ausgeprägten Märchenerzählungen zurückschließen.» Gleiches gilt auch für den
RA. 33
Zur Dialektik dieser «zwei Welten» in den drei hier untersuchten Lais v. grundsätzlich Suärez 1994. Cf. auch Wawer 2000, p.5, die ganz ähnliche Motive untersucht und ebenfalls von der Vermittlung zweier verschiedener Welten als konstitutivem Merkmal ausgeht. V . dort, p.7, zum Gattungsschema des «Feenmärchens»; cf. auch Poirion 1982, p. 46-62, zum Wunderbaren in den Lais.
26
derbaren Bereichs (der Blumenmädchenepisode) geknüpft ist. Diese andere Welt ist, was den Ort und den Ablauf der Zeit betrifft, deutlich von der Welt, aus der der Held in sie eintritt, unterschieden. E s gibt eine Grenze, die durch bestimmte Attribute gekennzeichnet ist und die - bewußt oder unbewußt - vom Helden überschritten werden muß, um in die andere Welt zu gelangen. So ergeben sich zwei verschiedene Bereiche, die sich im Rahmen der Erzählung gegenseitig beeinflussen. Bereits diese Grundstruktur der untersuchten Erzählungen ist märchenhaft. 34 Weiterhin gelingt es einem Helden, der durch eine besondere Ausgangslage wie der Held des Märchens einen Mangel in dem Bereich erfährt, in dem er sich befindet, und der (auch dadurch) eine besondere Disposition für den Kontakt mit der anderen Welt aufweist, in diese andere Welt zu gelangen und Kontakt zu einer Fee und ihrem Gefolge aufzunehmen. Dabei zeichnen sich die untersuchten Texte durch eine ähnliche Darstellung der Feen selbst ebenso wie des Feenreichs und seiner wunderbaren Gesetzmäßigkeiten aus. Der Held ist durch den Kontakt mit der Fee in verschiedenem Grade an das Feenreich gebunden, je nachdem ob er einen Pakt mit der Fee eingeht oder diesen vermeidet. Mit diesem unterschiedlichen Verhalten des Helden geht in den Texten auch eine unterschiedliche Darstellung der Wahrnehmungsweise wunderbarer Phänomene durch die Figuren und den Erzähler einher, die mehr oder weniger der Auffassung des Märchens entspricht. Was die Rückkehr in die (höfisch-)reale Welt betrifft, so zeigen sich in den untersuchten Texten unterschiedliche Lösungen. Eine starke Bindung an die Feenwelt bedingt die endgültige Rückkehr und den Verbleib dort, der das für das Märchen typische «gute Ende» bedeuten kann, während eine fehlende Bindung dem Helden die dauerhafte Rückkehr in die reale Welt ermöglichen kann.
1.2.
Die Ausgangsvoraussetzungen des Helden für den Kontakt mit dem Feenreich
1.2.1.
Die soziale Ausgangssituation der Helden und ihre Stellung in der höfischen Gesellschaft
Betrachtet man die soziale Ausgangssituation von Lanval, Graelent und Guingamor sowie ihre Stellung in der höfischen Gesellschaft, so lassen sich große Ähnlichkeiten feststellen. Diese Ähnlichkeitsbeziehungen zeigen sich auch im Vergleich mit der Ausgangssituation Alexanders. So hat Lanval dadurch, daß er vom König vergessen wurde, weder ein Lehen noch sonstige Güter erhalten, so daß seine soziale Ausgangssituation durch Isolation und Armut gekennzeichnet ist. 35 Hinzu kommt, daß der Text auch auf eine Isolation Lanvals hinweist, die durch 34 35
V. Sienaert 1978, p.45. V. Marie de France, Lanval, ed. Rychner 1958,17-20: «Femmes et terres departi,/ Fors a un sul ke l'ot servi:/ Ceo fu Lanval; ne Ten sovint/ Ne nuls des soens bien ne Ii tint.» u.
30-32·
27
Unstimmigkeiten mit den übrigen Rittern bei Hofe entstanden ist, da diese ihm gegenüber Neid, Mißgunst und Schadenfreude empfinden. 36 Außerdem ist Lanval bei Hofe eigentlich fremd: es wird ausdrücklich erwähnt, daß sein Erbe (und damit wohl auch sein königliches Elternhaus) sich weit entfernt befindet. 37 Andererseits hat der Held auch positive Voraussetzungen, die in ihm selbst und seinem Charakter begriffen liegen. Er ist von hoher Abstammung («Fiz a rei fu, de halt parage»; 27), sowie schön, großzügig und tapfer («Pur sa valur, pur sa largesce,/ Pur sa bealte, pur sa pruesce»; 21s.), Voraussetzungen, die allerdings gerade den Neid der übrigen Ritter herausfordern («L'envioent tuit Ii plusur»; 23). Graelent ist nicht von vornherein in einer Notlage wie Lanval, sondern gerät in diese, weil er die Werbung der Königin ablehnt (55-128). Er hat zunächst nur positive Voraussetzungen, da er wie Lanval von hoher Abstammung, schön und tapfer ist (5-8). Gerade seine Schönheit wird stark betont. 38 Außerdem stellt die verliebte Königin bei Graelent «sens e cortoisie» ( 1 1 2 ) fest. Im Gegensatz zu Lanval dient Graelent auch nicht in der Fremde, sondern bei dem König seiner Heimat (5; 9-12). Er ist von Anfang an sowohl beim König als auch bei den übrigen beliebt: «Li rois le retint volentiers/ por ?ou qu'il ert biax cevaliers./ Mout le ceri e honera» (13-15)· 3 9 Erst durch die Mißgunst der Königin, die dafür sorgt, daß Graelent nach seiner Ablehnung ihrer Werbung keine Zuwendungen mehr erhält, 40 gerät Graelent in eine ähnlich Notlage wie Lanval. Armut und Isolation («Graelens n'atent nul secors.»; 159), also die gleiche soziale Ausgangssituation wie die Lanvals, zwingen ihn, auf einem armseligen Gaul, schäbig gekleidet und mit einem geliehenen Sattel aus der Stadt zu ziehen. 41 In dieser Situation bleiben wie bei Lanval Mißgunst und Schadenfreude angesichts seines ärmlichen Auszuges aus der Stadt nicht aus: «Cil e celes qui l'esgarderent,/ l'escarnirent molt e gaberent.» (189s.) Guingamor ist ebenfalls von hoher Abstammung und wird als edel, schön, tapfer und höfisch charakterisiert. Er ist der Neffe des Königs, der ihn sehr schätzt und ihn zu seinem Erben machen will: «Ii rois le tint en grant chierte;/ de lui voloit fere son oir,/ car ne pooit enfant avoir.» ( 1 4 - 1 6 ) Außerdem ist Guingamor bei allen beliebt. Diese besondere Bindung Guingamors zum König spielt während des gesamten Lai eine Rolle. Der König gesteht ihm das «don» zu, auf 36
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38 39
40
41
V. Marie de France, Lanval, ed. Rychner 1958,23 (cf. oben im Text) - 2 6 und 38: «Quant il ne set u sucurs querre!» V. Marie de France, Lanval, ed. Rychner 1958,28: «Mes luin ert de sun heritage!» Zur sozialen Ausgangssituation Lanvals cf. auch Segre 1959, p.769, und Wathelet-Willem 1961, p. 671. Alle aufgeführten Kennzeichen der Ausgangssituation nennt Harf 1995, p. 82-86. V. Graelent, ed. O'Hara Tobin 1976, 7, 14, 62 u. 65. Zur allgemeinen Beliebtheit Graelents cf. Graelent, ed. O'Hara Tobin 1976, 26-28: «Mout est amis a tote gent [...]». V. Graelent, ed. O'Hara Tobin 1976, 144-152, besonders 146-49: «ne Ten avoit nules donees,/ la ro'fne Ii destornoit./ Au roi disoit e conseilloit/ ke nule rien ne Ii donast». V. Graelent, ed. O'Hara Tobin 1 9 7 6 , 1 5 5 - 1 5 8 (Pferd); 181s. (geliehener Sattel) u. 187s. (Kleidung).
28
die Jagd nach dem weißen Eber zu gehen, und Guingamor versucht stets, den vom König geliehenen «brächet» zusammen mit dem Eber zu diesem zurückzubringen. Im Gegensatz zu Lanval und Graelent verliert Guingamor zu keinem Zeitpunkt das Wohlwollen der übrigen, sondern wird im Gegenteil vom König, seinen Rittern und dem Volk aus der Stadt bis zum Anfangspunkt seiner Jagd begleitet. 42 Diese warten sogar am Waldrand, solange sie noch Guingamors Horn und das Gebell der Hunde hören können. 43 Obwohl Guingamor also eine günstigere soziale Ausgangssituation hat, gerät er doch durch seine Ablehnung der Werbung der Königin in eine Situation, die ihn zum Aufbruch vom Hofe zwingt, da die Königin seine Isolation und seinen Ausschluß aus der Gemeinschaft plant: «Por lui grever et corroucier [...]» (ab 149). Nur durch die Einflußnahme der Königin läßt der König Guingamor ziehen, so daß sie ihr Ziel, Guingamor vom Hof zu entfernen, erreicht sieht: «delivree en cuide estre atant,/ nel verra mes en son vivant» (241s.). Während die ungünstige soziale Ausgangssituation Lanvals nicht durch die Mißgunst der Königin hervorgerufen wird, sondern diese erst später einen Prozeß gegen ihn erwirkt, spielt die Intrige der Königin bei Graelent und Guingamor eine zentrale Rolle für ihren Auszug vom Hofe. 4 4 Die ungünstige soziale Ausgangssituation der Helden ist in den Lais also dadurch bedingt, daß sie die Werbung der Königin ablehnen (Graelent und Guingamor), oder sie ist wie bei Lanval nicht recht erklärbar, sondern eine «ouverture enigmatique». 45 Lanvals Ablehnung der Werbung der Königin verändert eine gerade durch die Fee stabilisierte soziale Situation wieder zum Negativen. Alexander zeichnet sich als Königssohn natürlich durch eine hohe Abstammung, Schönheit, Höfischkeit, Tapferkeit und weitere höfische Tugenden aus und hat damit an sich hervorragende Ausgangs Voraussetzungen. 46 Doch wie bei den Helden der Lais liegen die Dinge nicht so einfach; auch Alexanders Ausgangssituation bei Hofe ist von Instabilität und Unsicherheit bestimmt. Z u m einen ist völlig offen, wann Alexander die offizielle Nachfolge seines Vaters Philipp am makedonischen Hof wird antreten können, da Philipp bei Alexanders (letztlich endgültigem) Auszug in den Krieg gegen Darius, wenn auch schwächlich, am Leben ist und Alexander offensichtlich erst nach seinem Tod die Herrschaft am Hof übernehmen könnte 47 So ist Alexander vor seinem Kontakt mit dem Feenreich und schon vor seinem Zug in die Wüste in ähnlicher Situation wie Lanval, da er zwar Anspruch auf sein E r b e hat, dies aber mit seinem Elternhaus in weiter Ferne liegt und er so in der Fremde wenig zu verlieren hat. Z u m anderen ergibt sich die ungünstige Ausgangssituation Alexanders bei Hofe aus der fehlenden Sicherheit, 42 43 44 45 46
47
V . Guingamor, ed. O'Hara Tobin 1976, 263-268. V. Guingamor, ed. O'Hara Tobin 1976, 308-312. Cf. auch Wathelet-Willem 1961, p. 666-669. Dazu Harf 1995, p. 86. V. RA I 5, 195-204; 6, 206-224 u.ö. Hier und im folgenden wird nach der Ausgabe M F R A , vol. 2, zitiert. V. Alexanders Versöhnung mit Philipp in I 87 und seinen Auszug in I 90, bei dem ihn Philipp noch begleitet (Vers 1932).
29
die der Text in bezug auf seine Abstammung thematisiert. 48 Alexander hat stets mit dem Vorwurf einer illegitimen Abstammung zu kämpfen, da Neider bei Hof behaupten, er sei aus einer Verbindung seiner Mutter Olympias mit dem Zauberer Nectanabus hervorgegangen (14,166-173). Diese Vorwürfe führen auch zu einer Intrige des Seneschalls Jonas gegen Alexander und seine Mutter. Wie ein Bote Alexander nach dem Sieg über Nicolas berichtet, überredete Jonas Philipp, Olympias zu verstoßen und sich ein zweites Mal zu verheiraten. Dabei liegt der Plan zugrunde, Alexander mit der Begründung seiner illegitimen Abstammung zu entmachten, was in der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden zu fallen scheint: «» (170s.; 177s.) Schon auf den ersten Blick hat man es im Guingamor also mit einem ähnlich strukturierten Grenzgebiet zum Feenreich wie im Graelent zu tun. Dieses ist 67 68
Cf. auch Harf-Lancner 1984, p. 258 u. Lais anonymes, ed. O ' H a r a Tobin 1976, P.93S. Ihre «puceles» haben diese Macht nicht und müssen ihre Herrin deswegen durch Bitten überzeugen (681-697).
36
aber noch vielfältiger markiert, so daß seine Beschreibung weit über die bloße Nennung des Flusses im Lanval hinausgeht. Guingamor wird zunächst auf der langen Jagd nach dem «senglier» von diesem aus einem «buisson espes rame» (278) herausgeführt und gezwungen, in den dichten Wald einzudringen: «En la forest s'est embatuz,/ Guingamor est apres venuz» (299s.). Dabei wird er von den übrigen Jägern getrennt ( 2 9 1 - 2 9 4 ) und muß den restlichen Weg ins Feenreich allein bestreiten. Wie Graelent wird der Held von einem verzauberten Tier der Fee in das Grenzgebiet zur anderen Welt gelockt.69 Dabei durchquert Guingamor verschiedene Bereiche: Zunächst hält er auf einem Hügel im Wald an («Par mi la forest s'adre^a,/ en .1. haut tertre est arestez»; 3 3 0 s . ) . 7 0 Von dort aus sieht er den Eber «vers la lande trespasser» (342) und folgt ihm: «Guingamor point a grant esles/ par mi la lande aventureuse/ et la riviere perilleuse,/ tot droit par mi la praier e>> ' (356-359)· Kurz bevor der den Fluß erreicht ( 3 6 1 s . ) , erblickt er ein wunderbares Schloß, das er von außen und innen besichtigt, das aber menschenleer ist ( 3 6 3 - 3 9 1 ) . Danach kehrt Guingamor wieder um («Grant aleüre vet ariere/ par mi les prez lez la riviere»; 3 9 7 s . ) und gelangt, immer dem Eber und seinem Jagdhund folgend, in den Wald (410) und schließlich mitten ins Heideland, wo sich wie im Graelent eine Quelle befindet: «enz el chief de la lande entra./ Une fontaine illec trova/ desoz .1. olivier foillu,/ vert et flori et bien branchu;/ la fontaingne ert et clere et bele,/ d'or et d'argent ert la gravele.» (Guingamor, ed. O'Hara Tobin 1976, 4 2 1 - 4 2 6 )
Zu den Markierungen durch das verzauberte Tier als Führer, durch Wald, Fluß, Heideland und Quelle, wie sie im Graelent schon vorlagen, gesellt sich im Guingamor noch das Schloß. Außerdem werden die einzelnen Merkmale des Grenzgebietes genauer beschrieben, so der Fluß als «perilleuse» und die Quelle als unter einem Olivenbaum liegend und von goldenem und silbernem Kies umgeben (v.o.). Nachdem die Fee und Guingamor einen Pakt geschlossen haben (v.u.), führt sie ihn mit ihrer Dienerin zu Pferd zum Schloß ( 5 0 3 - 5 0 9 ) ,71 wo ihnen Ritter entgegenkommen, die plötzlich das Schloß bevölkern. Bei diesem Übergang ins Feenreich - denn das Schloß gehört schon aufgrund der dort herrschenden Gesetzmäßigkeiten (v.u.) zum Feenreich - mußte Guingamor genausowenig den Fluß überqueren wie bei seinem ersten Besuch im Schloß, obwohl anläßlich des ersten Besuches die Nähe des Schlosses zum Fluß erwähnt wurde (v.o.). Es scheint also so, als ob das Schloß auch erreichbar ist, ohne daß der Fluß überquert wird. Als Guingamor aber noch einmal in die höfisch-reale Welt zurück69
70
71
V. auch Harf-Lancner 1984, p. 245: «II s'en rapproche peu ä peu en penetrant dans la foret, ä la suite de son guide, s'enfonsant progressivement au coeur du monde sauvage». Cf. auch P.205S.U. p. 2 2 1 - 2 2 7 («La chasse au blanc cerf»). A n dieser Stelle des Textes werden das schöne Wetter und der Gesang der Vögel erwähnt (333s.). Beides kann als Zeichen des nahen Feenreichs gedeutet werden, cf. Patch 2 i970, p.54. E s wird ausdrücklich gesagt, daß es sich um das Schloß handelt, wo Guingamor schon gewesen ist (505). Zum Motiv des wunderbaren Schlosses v. Pfeiffer 1970, dort zum Guingamor p. 3 7 - 4 0 , bes. n. 64.
37
kehren möchte, um dem König den wunderbaren Eber zu zeigen und ihm seinen Jagdhund zurückzubringen, spricht die Fee ein Tabu aus und nennt dabei ausdrücklich den Fluß als Grenze zu Guingamors Welt: «qant la riviere avrez passee/ por raier en vostre contree» (565s.).72 Daraufhin bringt die Fee Guingamor folgerichtig zu Pferd zum Fluß, wo Guingamor zu Schiff übersetzt: «a la riviere l'a mene,/ s'est el batel outre passe» (579s.). Auch als Guingamor das Tabu gebrochen hat und von zwei Feen zurück ins Feenreich gebracht wird, muß der Fluß als Grenze mit Hilfe eines Bootes überquert werden: «a la riviere la menerent,/ en .1. bastel outre passerent» (665s.). Dabei fungiert der Fluß plötzlich als Grenze, obwohl das Schloß vorher auch ohne seine Überquerung zu erreichen war. Dazu ist die Grenzüberquerung beide Male mit fast den gleichen Worten beschrieben, unter denen der Ausdruck «l'a mene» bzw. «la menerent» auffällt, der schon im Graelent auftrat. Auch Guingamor kann hier nur mit ausdrücklich bezeichneter Hilfe der Feen die Grenze überqueren. Man muß davon ausgehen, daß Guingamors Status sich im Vergleich zu seinem ersten Besuch im menschenleeren Schloß verändert hat. Nachdem er den Pakt mit der Fee geschlossen und zwei Tage im Schloß verbracht hat, gehört er offenbar zum Feenreich 73 und kann dieses nur durch die Hilfe der Feen wieder verlassen oder betreten. Diese Veränderung wird im Text durch die veränderte Grenze und die A r t ihrer Überquerung signalisiert. D e r Text macht so deutlich, daß der entscheidende Schritt, der Guingamor zum Angehörigen des Feenreiches machte, während seines zweiten Aufenthaltes im bevölkerten Feenschloß eingetreten sein muß, da Guingamor vorher sowohl allein als auch mit der Fee den Fluß nicht überqueren mußte, um ins Feenreich zu gelangen. 74
1.3.4.
Die Grenze zum Feenreich in der Blumenmädchenepisode des Roman d'Alexandre
Vergleicht man die so gewonnenen Merkmale des Grenzgebietes und der tatsächlichen Grenze zum Feenreich mit der Schilderung des Gebietes um die Blumenmädchen im RA, so zeigen sich große Ähnlichkeiten. Grundlegend anders ist allerdings, daß Alexander nicht aus der höfisch-realen Welt ins Feenreich gelangt wie die Helden der Lais, sondern sich bereits im wunderbaren Raum befindet (v.o.). Das Grenzgebiet um die Blumenmädchen weist trotzdem fast alle in den Lais vorliegenden Merkmale auf und umfaßt mehrere Bereiche: 75 Alexander und die Soldaten erklimmen mit Hilfe zweier neuer Führer, die sich ihnen in Laisse 184 angeschlossen haben, zunächst einen Berg (III 187, 3263-3266), von dem aus ein Führer im hintersten Winkel des sich zeigenden Tales den Blumen72 73 74
75
Zur Raumstruktur des Guingamor v. überblicksartig Dubost 1991, p. 337-341. V . auch u. 1.5. u. 1.6. Die Anwesenheit der Fee(n) ist dabei als entscheidender Faktor auszuschließen, da Guingamor mit ihnen zusammen sowohl zu Pferd als auch zu Schiff über den Fluß ins Feenreich gelangt. Cf. auch die Abbildung am Ende des Kapitels.
38
mädchenwald erblickt: «Li viellart vont avant qui la terre ont seüe,/ Et ont el cuing du val une forest veüe» (III 187, 3267s.). Davor liegt ein Fluß mit einer Brücke, der überquert werden muß. Die Rolle der Führer ist mit der des verzauberten Tieres (Hirschkuh bzw. Eber) zu vergleichen. Sie sind bereits durch ihre Fähigkeit, das Wunderbare zu finden (v.o.) und Erklärungen darüber abzugeben (v.u.), als Angehörige der anderen Welt ausgewiesen, wenn auch nicht wie die Tiere als Angehörige des Feenreiches selbst. In dieser Hinsicht spielt der RA also bereits mit den strukturellen Elementen der Lais. Sowohl die verzauberten Tiere als auch die Führer besetzen im jeweiligen Text die Funktion des Führers bzw. des Helfers, wie sie im Märchen auftritt. Die Führer des RA verhalten sich aber im Gegensatz zu den Tieren der Lais nicht mehr ausschließlich märchenhaft, indem sie z.B. für das Fortschreiten der Handlung keineswegs notwendige Informationen an Alexander übermitteln (v.u.). Die oben beschriebene Anfangsszene der Episode erinnert an den Guingamor, da Guingamor auch auf einen Hügel steigt, um im Wald den Eber wiederzufinden. Guingamors Hügel ist allerdings in keiner Weise gefährlich zu besteigen oder zu verlassen, während der Berg im RA nicht nur beschwerlich zu besteigen ist, sondern beim anstrengenden Abstieg ins Tal auch noch eine Konfrontation mit den «Liotifal» bereithält. Diese Monster kämpfen vom oberen Teil des Berges aus gegen die Soldaten (III 188). In der folgenden Laisse 189 wird vom Erzähler der Wald beschrieben, der die Blumenmädchen beherbergt. Wie aus Graelent und Guingamor hervorgeht, ist er ein typisches Element des Grenzgebietes um das Feenreich. Im RA werden der Wald und die darin wachsenden Bäume und Kräuter allerdings viel detaillierter und mit einer anderen Absicht 76 beschrieben als in den Lais, wo der Wald nur als funktionale Einheit eine Rolle spielt, in der sich das Feenreich und sein Grenzgebiet befinden. Wie in allen Lais ist auch ein Fluß unter den Merkmalen des Grenzgebietes zu finden: «La forest sist molt bien dejoste une riviere,/ Verdoians fu et gente et reonde et entiere.» (189, 3286s.) Während der Fluß im Graelent mitten durch den Wald flöß, fließt er im RA außerhalb des Waldes wie im Guingamor und umschließt diesen wahrscheinlich weitgehend. Das läßt sich aus der Beschreibung des Waldes als rund sowie aus der Tatsache entnehmen, daß Alexander und die Soldaten im folgenden eine Brücke überqueren müssen, um in den Wald zu gelangen. Innerhalb des Waldes befindet sich ein Obstgarten (vergie; 190, 3299-3304), und in diesem liegt eine Wiese mit Heilkräutern (190,3305-191,3327). Beides sind Merkmale, die in den Lais so nicht auftauchen. Zumindest die Wiese (im übrigen gänzlich verschieden von der Wiese, auf der Lanval von den Feen gefunden wird) gehört nicht mehr zum Grenzbereich, sondern ist ein Bestandteil des Feenreiches selbst, da die Soldaten sich bei ihrem Aufenthalt im Feenreich zusammen mit den Blumenmädchen dort vergnügen (199, 3477-3479). Gleiches gilt auch für den Wald als ganzen, der, sofern er durchquert werden muß, um die Blumenmädchen zu sehen (193, 3366s.), als Grenzgebiet fungiert, zugleich aber den Lebensraum der Blu76
V.u. 1.6.
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menmädchen darstellt, in dem Alexander und die Soldaten sich drei Tage aufhalten: «En la forest s'est Tos cele nuit ostelee,/ II n'ont autres osteus mais chascuns sa ramee./ [...]/ En la forest s'est l'ost si trois jors sejornee» (RA III 199,3457s.; 3480).
Im RA verschwimmen also die Unterschiede zwischen Grenzgebiet und tatsächlichem Feenreich, bzw. die einzelnen Bereiche fungieren sowohl als Grenzgebiet als auch als eindeutiger Teil des Feenreichs, je nachdem ob der Held die entscheidende Grenze (den Fluß, v.u.) schon überschritten hat. Dieses Verfahren des Textes war auch schon im Guingamor festzustellen, da dort das Schloß einmal diesseits und einmal jenseits der Grenze zum Feenreich zu liegen scheint. Ähnlich differenziert verhält es sich mit dem ersten Eindringen des Helden ins Feenreich und seinem endgültigen Aufenthalt dort nach der Grenzüberschreitung. Lanval und Graelent gelangen bei ihrem ersten Kontakt mit der Fee nur in ein Grenzgebiet des Feenreiches, überschreiten aber die tatsächliche Grenze (den Fluß bzw. das Meer zur Insel Avalon) nicht. Guingamor gelangt ins Feenschloß, noch bevor er die Fee gesehen hat, dann mit ihr zusammen dorthin und schließlich als Angehöriger des Feenreiches noch einmal hinaus und wieder hinein, wobei der Fluß als eine neue Grenze auftaucht. Alexander gelangt wie Guingamor zunächst ungehindert bis zum Mittelpunkt des Feenreichs, der in einer kostbar verzierten Quelle inmitten der Heilkräuterwiese besteht. Die Beschreibung der Quelle erinnert zunächst an die der Quelle im Guingamor: «Tres en mi lieu du pre sort une fontenele/ Dont la dois estoit clere et blanche la perrele,/ A rouge or espanois pesast on la gravele.» (191,3328-3330) Wie im Graelent und im Guingamor wird die Klarheit des Wassers, wie im Guingamor die wertvolle «gravele» hervorgehoben. 7 7 Mit der zusätzlichen Beschreibung einer «ymagele», zu der der Wasserstrahl durch ein Rohr fließt (3331-3333), sowie des kunstvoll gestalteten Brunnenrandes, aus dem durch Öffnungen ebenfalls Wasser fließt (199,3471 3473), ist die Quelle im RA aber als ein technisch wunderbares Kunstwerk 78 ausgewiesen, das weit über die im Guingamor beschriebene Quelle, die durchaus als Anregung gedient haben könnte, hinausgeht. Von der Quelle aus geht Alexander zurück in den Wald (193, 3366), den er eigentlich schon durchquert haben muß, und erblickt die Blumenmädchen. Nachdem er sie den Soldaten, die sich offenbar bei ihm befinden (192, 3349), beschrieben hat (193, 3371-3386), plant er einen Aufenthalt im Blumenmädchenwald: «Or sejornons ο eles, molt nos ont desirres.» (3387) Erst auf diesen Wunsch nach einem engeren Kontakt hin, der neben einer Vereinigung einen möglichen Pakt mit den Feen zu implizieren scheint (v.u.), taucht im Text als ein weiteres Element die einzige tatsächliche Grenze zum Feenreich auf: die Brücke mit den Automaten, die über den zu Anfang der Beschreibung kurz erwähnten Fluß führt. Damit ist im RA genau wie im Graelent,
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V . o. p.35 u. p.37. Cf. den Ausdruck «par artimaire molt menu tresgetee» (RA
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III 199,3472).
im Guingamor und (relativ gesehen) auch im Lanval der Fluß das entscheidende Element bei der Beschreibung des Feenreichs. Seine Funktion als hindernde Grenze wird hier allerdings durch die Brücke ersetzt, da vom Fluß selbst und seinen Gefahren keine Rede ist. In Laisse 194-198 werden die Brücke und die Automaten sowie ihre Bezwingung beschrieben. 79 Es handelt sich um eine sich drehende Brücke («pont torne'is», 194, 3388), die aus kostbaren Materialien gefertigt ist (3390-3392). A m Ende der Brücke sind zwei Automaten in Gestalt von Kindern aufgestellt, die auf das Geschrei des Heeres reagieren und zwei Hämmer zur Verteidigung des Durchgangs ergreifen (3393-3398). Eine Inschrift bezeugt, daß die Automaten «par augure» (3400) aufgestellt wurden. Alexander und die Soldaten sind angesichts der Automaten erstaunt und entsetzt zugleich und können sie offensichtlich nicht überwinden (194, 3401-195, 3414). Alexander bittet die Führer um Hilfe (3415-3419), von denen sich der ältere bereit erklärt, den Zauber der Automaten zu brechen (195, 3420-196, 3430). Die Macht der Automaten wird von ihm als «enchantement» (3421) bezeichnet, sein Gegenzauber als «mon mestier» (3427). In Laisse 197 wird der Gegenzauber beschrieben, der die Automaten ins Wasser stürzen läßt (3431-3442). Es bleibt allerdings ein Rest des Zaubers bestehen, da weder Alexander noch die Soldaten die heruntergefallenen Hämmer bewegen können (197, 3446-198, 3451). Nach ihren vergeblichen Versuchen überqueren alle die Brücke, wobei zwar die verschiedenen Truppenteile und sogar die Tiere einzeln aufgeführt werden, aber nicht mehr von Alexander selbst die Rede ist. Von nun an tritt er im Text ganz zurück (v.u.). Betrachtet man die Schilderung der Überwindung der Grenze in Gestalt der Brücke und der Automaten, fällt auf, daß zum einen technische und kunstvolle Details genau wie bei der Beschreibung der ummauerten Quelle (v.o.) eine Rolle spielen und daß zum anderen das Zustandekommen und die Funktionsweise des Zaubers der Automaten sowie der Gegenzauber des Führers genau (und mit speziellen Termini, v.o.) beschrieben werden. Damit finden ein wissenschaftlichtechnisches Element und die entsprechende Stilisierung in die an sich märchenhafte Szene Eingang, die beide in den Lais nicht vorkommen. 8 0 Insgesamt sind also mit Hügel, Wald, Fluß, Quelle und Führern der anderen Welt alle Elemente, die in den Lais zur Kennzeichnung der Grenze des Feenreiches und des umliegenden Grenzgebietes verwendet werden, in der Blumenmädchenepisode - auch mit der entsprechenden Funktion - eingesetzt. Die Blumenmädchenepisode muß schon aufgrund dieser Feststellungen als eine Ausprägung der «traditionellen» Schilderung des Feenreichs verstanden werden, wie sie in der Literatur des 12. Jahrhunderts u.a. in den Lais vorliegt. 8 ' Die Elemente des Grenzgebietes sind aber, wie oben festgestellt wurde, im RA ausführlicher und
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V. zur Wächterfunktion der Automaten Kozlowski 1983, p. 66-69. Über die Beschreibung der Quelle im Guingamor v.o. Cf. Harf-Lancner 1984, p. 85-87 (Melusine-Schema) und P.204S. (Morgane-Schema). Das Grenzgebiet zum Feenreich weist in beiden Erzählschemata gleiche Merkmale auf. Cf. auch Wolfzettel 1987, Sp. 951-52, u. Arambura/ Despres/ Aguriano 1994, p. 19.
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unter Verwendung von Elementen einer wissenschaftlich-technischen Stilisierung dargestellt. Zusätzlich sind mit den «Liotifal», der unter Extrembedingungen stattfindenden Besteigung des Hügels (187,3263-188,3276) und der Brücke mit den Automaten Elemente vorhanden, die die Gefahr betonen, die das Betreten des Feenreichs mit sich bringt. Diese Elemente fehlen in den Lais ebenso wie der Obstgarten mit den zauberkräftigen Bäumen und die Heilkräuterwiese. Die einzelnen Bereiche des Grenzgebietes sind auch nur in der Blumenmädchenepisode schichtenförmig 82 um die Quelle als Mittelpunkt angeordnet und jeweils als individuelle Bereiche mit vielen Details beschrieben. Howard R. Patch hat systematisch untersucht, welche Kennzeichen und Grenzmarkierungen der anderen Welt in mittelalterlichen Texten verschiedener Traditionslinien verwendet werden. 83 Vergleicht man seine Ergebnisse mit den Gegebenheiten der Blumenmädchenepisode, zeigt sich Erstaunliches: Ein Großteil aller Kennzeichen der anderen Welt, die Patch überhaupt aufzählt, findet in der Blumenmädchenepisode Verwendung. Dabei stehen Elemente, die nur in einer bestimmten Traditionslinie auftreten, neben Elementen, die in allen Traditionslinien als Merkmale der anderen Welt gelten. So sind Fluß bzw. «water barrier» und Brücke Elemente der Grenzziehung zur anderen Welt in der orientalischen und klassischen Mythologie 84 ; die Insel oder ein ihr ähnlicher Ort, 85 Obstbäume, eine Quelle oder ein Brunnen (und selten auch eine Brücke) nach Patch häufig benutzte Motive in der keltischen Darstellung der anderen Welt und ihrer Grenzen; 86 und in der «germanischen» Darstellung der anderen Welt finden sich ebenfalls häufig die Brücke, der Fluß als Grenze, ein Weg durch einen Wald und eine Quelle oder ein Brunnen (p.79). D e r Fluß mit der gefährlichen Brücke wird außerdem nach Patch auch in der Visionsliteratur des 12. Jahrhunderts häufig als Grenzmerkmal eingesetzt. 87 Die Blumenmädchenepisode im RA enthält somit eine Kontamination aus allen Merkmalen des Grenzgebietes zum Feenreich, wie es sich in den Lais findet, und zusätzlich zahlreiche Elemente der anderen Welt, wie sie z.B. nur in der Visionsliteratur, in keltischen und germanischen Texten oder der französischen Artusliteratur auftreten, wobei ihre Herkunft im einzelnen nicht sicher auszumachen ist. Damit liegen eine Polymarkierung dieses Bereichs als Feenreich und gleichzeitig die Verdichtung zahlreicher zusätzlicher Merkmale aus der Motivikwunderbarer Welten vor, die den Rezipienten aus anderen Textgattungen be-
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So auch Gallais 1992, p. 271, der von einem «systeme d'emboitement» spricht. V . n. 70. V . Patch 2 i970, p.7 u. p. 16. Der Blumenmädchenwald hat durch die Betonung seiner runden Form und die Umgrenzung durch den Fluß durchaus etwas Inselartiges an sich. V . Patch 2 1970, p. 47-54. V . Patch 2 i970, P.317S., zu diesem Motiv in der Artusliteratur, speziell bei Chretien. Vielleicht sind auch hier Bezugspunkte für Alexandre de Paris anzunehmen.
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kannt gewesen sein müssen. 88 Die Integration von Motiven, die der Darstellung der Grenze zum Feenreich, wie sie in den Lais geschieht, fremd sind, geht zudem mit einer Integration von Elementen des technischen Wunderbaren und der entsprechenden Stilisierung einher.
ι .4.
Erscheinung, Charakterisierung und Attribute der Feen
In diesem Abschnitt soll auf die äußerlichen Kennzeichen und einige Eigenschaften eingegangen werden, die die Feen der Lais bzw. die Blumenmädchen auszeichnen. 1.4.1.
Namenlosigkeit
In keinem der drei Lais hat eine Fee einen Namen. Im Lanval wird die Fee als «pucele» oder «amie» (nach der Vereinigung mit Lanval) oder als «dameisele» bezeichnet. Ihre Begleiterinnen werden ebenfalls «dameiseles» genannt. 89 Im Graelent werden sowohl die Fee als auch ihre Dienerinnen als «pucele(s)» und als «damoisele(s)» bezeichnet, die Fee zudem als «mescine». 90 Im Guingamor wird die Fee «pucele», «damoisele», «dame» oder «meschine» genannt, ihre Begleiterin entweder umschreibend «cele qui fu avec Ii» oder «meschine»; die beiden Feen, die Guingamor zurück ins Feenreich geleiten, werden «damoiseles» genannt. 91 Die Blumenmädchen im RA werden durchgängig «puceles» (ab 191, 3335) genannt, nur wenn ihre höfische Stilisierung eine Rolle spielt, werden sie als «damoisele», «dansele» oder «(comme) dames» (191, 3337, 3340; 192, 3354) bezeichnet. Einmal wird hier das Wort «fee» in der Verbindung «plus iert bele que fee» (199, 3505) benutzt. Dies muß aber keine ontologische Bezeichnung meinen, da die Bezeichnung auch häufig für schöne Frauen verwendet wird. 92 Die Namenlosigkeit ist ein typisches Kennzeichen der Fee und läßt sich in den meisten Erzählungen über Feen finden. 93 Alexandre de Paris muß sie bewußt als Kennzeichen der Feen übernommen haben, da im Gegensatz zu den Blumenmädchen sowohl die Amazonenkönigin Amable als auch ihre Gesandten Flore und Biaute (sprechende) Namen tragen. Zumindest das Blumenmädchen, das
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So sind z.B. fast alle Kennzeichen, die Gallais 1992, p . 2 2 5 , für die andere Welt als charakteristisch angibt, in der Blumenmädchenepisode vorhanden. V . für «pucele» Marie de France, Lanval, ed. Rychner 1 9 5 8 , 9 3 , 1 0 8 , 1 3 1 , 5 4 9 , 5 8 7 , u.ö.; für «amie» dort, 158, 181 u.ö. und für «dameisele» dort, 71 u.ö. V . für «pucele» Graelent, ed. O'Hara Tobin 1976, 210; für «puceles» dort, 681; für «damoisele» dort, 682; für «damoiseles» dort, 565 u. für «mescine» dort, 633 (jeweils u.ö.). V . für «pucele» Guingamor, ed. O'Hara Tobin 1976, 427 u. 442; für «meschine» dort, 4 5 1 ; für «damoisele» dort, 463 u. für «dame» dort, 508; für «cele qui fu avec Ii» dort, 480; für «meschine» dort, 503 und für «damoiseles» dort, 656 (teilweise mehrere Belege). V . Arambura/ Despres/ Aguriano 1994, p. 16. V . Harf-Lancner 1984, P.91S., u. Wathelet-Willem 1961, p.68o.
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Alexander mitnehmen will, könnte durchaus einen Namen tragen, da der Name der Amazonenkönigin auch nur beiläufig bei einer Beschreibung ihres Aussehens angeführt wird (III 448,7656). Mit der Namenlosigkeit tragen die Blumenmädchen somit ein grundlegendes Kennzeichen der Feen, wie sie in den Lais auftreten. 1.4.2.
Schönheit und Jugend
Das wichtigste Kennzeichen der Feen ist ihre blendend schöne Erscheinung,94 die sich zum einen in einer natürlichen Schönheit des Körpers äußert, zum anderen in prachtvoller Kleidung und sonstiger Ausstattung. In allen hier untersuchten Lais werden an mindestens einer Stelle ausführlich der Körperbau oder das Gesicht sowie die Gesamtwirkung der Fee beschrieben, die die Verbindung mit dem Helden eingeht. Außerdem werden ihre Begleiterinnen meist in ähnlicher Weise dargestellt (v.u.). Die Schönheit der Fee im Lanval wird bei ihrer ersten Begegnung mit Lanval folgendermaßen dargestellt: «Flur de lis e rose nuvele,/ Quant ele pert el tens d'este,/ Trespassot ele de bealte./ [...]/ Tut ot descovert le coste,/ Le vis, le col e la peitrine:/ Plus ert blanche que flurs d'espine!» (Marie de France, Lanval, ed. Rychner 1958, 94-96; 104-106)
Als die Fee bei Hofe eintrifft, um Lanval gerade durch den Beweis ihrer Schönheit zu retten, ist die Beschreibung noch ausführlicher: «Le cors ot gent, basse la hanche,/ Le col plus blanc que neif sur branche;/ Les uiz ot vairs e blanc le vis» (563-565). Im folgenden wird noch auf Mund, Nase, Augenbrauen und Stirn sowie die Haare eingegangen (566-570). Bereits bei diesen Beschreibungen der Schönheit der Fee fallen der Vergleich mit Blumen und die Hervorhebung der Weißheit ihres Körpers auf. Ähnlich, wenn auch weniger ausführlich als Lanvals Fee, werden die Feen beschrieben, mit denen Graelent und Guingamor eine Verbindung eingehen: «tant le vit graisle e escavie,/ blance e gente e colorie,/ les ex rians e bei le front;/ il n'a si bele en tot le mont.» (Graelent, ed. O'Hara Tobin 1976, 219-222) «Biaus membres ot, et Ions et plains,/ el siecle n'a tant bele chose,/ ne fleur ne liz, ne flor de rose,/ conme cele qui estoit nue./ Desque Guingamor l'ot veüe,/ Commeüz est de sa biaute» (Guingamor, ed. O'Hara Tobin 1976, 430-435).
Aus den eben zitierten Stellen lassen sich als zusätzliche, wichtige Merkmale noch die Machenden Augen> der Fee, absolute Formulierungen, die die Fee als die Schönste der Welt ausweisen, und der starke Eindruck ersehen, den ihre Schönheit beim Helden (Guingamor) hervorruft.95 94
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Dieses Kennzeichen wird überall in der Literatur erwähnt: cf. Harf-Lancner 1984, p. 89, Wathelet-Willem 1961, p.671, Arambura/ Despres/ Aguriano 1994, p. 19, sowie Wolfzettel 1987, Sp.949. Meist findet sich jeweils Entsprechendes auch in (nicht zitierten) Partien der übrigen Lais, cf. Marie de France, Lanval, ed. Rychner 1958, 117s., 550; Graelent, ed. O'Hara Tobin 1976, 277-280 u. 605-607.
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Die Beschreibungen sowohl der Gesamtheit der Blumenmädchen als auch desjenigen, das Alexander mitnehmen will, gleichen in vielen Punkten den angegebenen Beschreibungen der Lais: «Les cors orent bien fais, petite la mamele,/ Les ieus clers et rians et la color novele.» (III 191,3338s.; Erzähler); «Quant il vit les puceles, molt en est effrees/ Et de la biaute d'eles est issi trespenses» (III 193,3367s.; Alexanders Eindruck); «Eies ont cler le vis plus que η 'estflors depresj Les ieus vairs et rians plus que faucons mües./[...]/ Et ont les dens plus blanches qu'ivoires repares/ Ne que la flor de Iis q'amaine Ii estes.l Bien sont faites de cors, grailles par les costes» (III 193, 3373S.U. 3378-3380; Alexanders Beschreibung); «Une pucele vit, bele et encoloree! Ainsi come nature l'avoit enfagonee./ Onques plus bele ferne nefu de mere neej La char ot blanche et tenre comme noif sor gelee» (RA III 199, 3 4 8 5 - 3 4 8 8 ; E r z ä h l e r ) .
Um den hohen Grad der Übereinstimmung klar hervortreten zu lassen, wurden in den Belegen diejenigen Passagen, die solchen aus den Lais vergleichbar sind oder mit ihnen übereinstimmen, durch Kursivierung markiert. Die Beschreibungen der Blumenmädchen enthalten den Vergleich mit Blumen, die Betonung der Weißheit des Körpers, die Machenden Augen>, absolute Formulierungen und den starken Eindruck, den sie auf den Helden machen, also alle auch in den Beschreibungen der Lais hervorgehobenen Merkmale. In einem Fall ist sogar eine Kombination der einzelnen Merkmale festzustellen, da der RA die Augen der Blumenmädchen als «ieus vairs et rians» (3373) darstellt, im Lanval mit «Les uiz ot vairs» (565) und im Graelent mit «les ex rians» (221) hingegen nur je ein Adjektiv verwendet wird. Wenn auch keine direkte Abhängigkeit nachzuweisen ist und der Einfluß der Topik der Schönheitsbeschreibungen sicher nicht unterschätzt werden darf, so sind die Blumenmädchen durch die Art, wie ihre Schönheit dargestellt wird, doch unmißverständlich als Feen gekennzeichnet. 96 D a ß Frauen, auf die der Held in der Märchenwelt trifft, sich durch außergewöhnliche Schönheit auszeichnen, ist geradezu eine Grundvoraussetzung für das Märchen. 97 Dazu kommt als weiteres Merkmal ihre Jugend. Über das Alter der Feen in den Lais erfährt der Rezipient nichts, eine wichtige Eigenschaft der Blumenmädchen ist aber ihre ewige Jugend (200, 3528, v.u.). Außerordentliche Schönheit ist im Märchen generell ein Zeichen für die Verwandtschaft mit dem Wunderbaren oder die Zugehörigkeit zum wunderbaren Bereich. Sie markiert in Texten des 12. Jahrhunderts aber auch die Zugehörigkeit zu einer edlen Klasse, so daß Angehörige der höfischen Welt schön sind. 98 Diese zweite Zuordnung von Schönheit und Höfischkeit erklärt, daß sowohl in den Lais als auch in der Blumenmädchenepisode Attribute der Höfischkeit und eine höfische Stilisie-
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Ein Beweis dafür ist, daß zwar auch die Amazonenkönigin und ihre beiden Botschafterinnen ausführlich beschrieben werden, dabei aber hauptsächlich die Ausstattung und viel weniger die körperliche Schönheit eine Rolle spielt. A u f diese wird nur in wenigen Versen (z.B. III 435, 7406; 7405-7419 gehen über die Ausstattung) verwiesen. V. Moser-Rath 1987, Sp. 111: «Alle diese Märchenbräute [...] sind sehr jung, aber geschlechtsreif, zweifellos jungfräulich [...] und selbstverständlich schön.» Cf. Sienaert 1978, p. 189.
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rung verwendet werden, obwohl diese keine typisch märchenhaften Elemente sind. 1.4.3.
Prächtige Kleidung und Ausstattung und die Höfischkeit der Feen
Neben der natürlichen Schönheit des Körpers spielen bei der Charakteristik der Feen auch «kostbare Materialien und artifizielle Kunstgegenstände»99 eine Rolle. Im Lanval wird bei Lanvals erster Begegnung mit der Fee ihre Kleidung aus Hemd und Mantel zusammen mit ihrem kostbaren Bett und dessen Laken beschrieben: «Ele jut sur un lit mult bei -/ Li drap valeient un chastel -/ En sa chemise senglement:/ [...]/ Un chier mantel de blanc hermine,/ Covert de purpre alexandrine,/ Ot pur le chalt sur Ii gete» (Marie de France, Lanval, ed. Rychner 1958, 97-99; 101-103).
Bevor Lanval die Fee aber überhaupt zu Gesicht bekommt, wird ausführlich über ihr kostbares Zelt berichtet (80-92), wobei die Beschreibung Parallelen zur Zeltbeschreibung des RA aufweist. 100 Als die Fee bei Hofe für Lanval eintritt, werden zunächst ihr Pferd und seine Ausstattung (551-558) und dann erst ihr weißer Überwurf, ihr Hemd und ein Mantel erwähnt (559-562; 571s.). Dann werden als ausgesprochen höfische Attribute ein Sperber 101 und ein Jagdhund angeführt, die sie mit sich führt (573s.). Im Sinne der variatio werden Körper und Kleidung abwechselnd beschrieben102 und nicht in Blöcken zusammengefaßt. Stets wird die Kostbarkeit und Einzigartigkeit der Ausstattungsstücke betont. Die Fee und ihre Lebensgewohnheiten werden zudem mehrmals explizit als höfisch bezeichnet.103 Im Graelent werden Kleidung und Ausstattung der Fee nur beschrieben, als sie Graelent am Hofe zu Hilfe kommt, nicht aber bei der ersten Begegnung: «D'une porpre toute vermeille/ a or brosdee estroitement,/ estoit vestue ricement;/ ses mantiax valoit .1. castel.» (598-601) Die Beschreibung des Körpers steht dabei vor und nach der der Kleidung und des Pferdes, insgesamt wird also auch hier dem Prinzip der variatio Rechnung getragen. 104 Die Ausstattung des Pferdes spiegelt von ihrem Wert her die der Fee wider: «ses frains, sa sele e ses lorains/ valoit mil livres de cartains.» (603s.) Die Fee ist nicht nur äußerlich höfisch 99
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V. Wolfzettel 1987, Sp.949. Cf. auch Harf-Lancner 1984, p.89: «[...] la beaute de la fee est indissociable de la richesse et du luxe qui l'entourent.» V. cap. 2, p. 90-92. Die Beschreibung umfaßt immerhin 13 Verse. Auch die «compaingnie» im Schloß der Fee im Guingamor hat zahlreiche Jagdvögel («[...] espreviers/ ο biaus ostors, sors et muiers»; Guingamor, ed. O'Hara Tobin 1976, 515s.), cf. Schmolke-Hasselmann 1982. Marie de France, Lanval, ed. Rychner 1958,559-562: Kleidung; 563-570: Körper (v.o.); 571s.: Kleidung. Auch bei der ersten Beschreibung werden die Details von Körper und Kleidung vermischt (v. dort, 99-106). V. Marie de France, Lanval, ed. Rychner 1958, 72, 183 u.ö. V. Graelent, ed. O'Hara Tobin 1976, 593-597: Körper; 598-601: Kleidung; 602-604: Pferd und dessen Ausstattung; 605-607: Körper.
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dargestellt, sondern spricht in ihrer Diskussion mit Graelent auch höfisch, so sagt sie z.B.: «ja n'afiert pas a ton parage/ nule fenme de mon lingnage.» (275s.; 231238 u. 269-276) Die Kleidung der Fee im Guingamor wird wider Erwarten nicht erwähnt, 105 dafür nimmt die Beschreibung des Feenschlosses ähnlich wie die des Zeltes im Lanval viel Raum ein. Es wird schon im Rahmen von Guingamors erster Besichtigung von außen (363-371) und von innen (385-391) beschrieben. A l s Guingamor später mit der Fee ins Schloß zurückkehrt, werden die Ausstattung der Ritter sowie ihr höfisches Schachspiel und die verschiedenen wertvollen Jagdvögel dargestellt (510-518). D a ß dem Schloß mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird als der Kleidung und Ausstattung der Fee, 106 zeigt ein erstes Mal, daß die Fee und die Liebe des Helden zu ihr weniger wichtig sind als in den anderen beiden Lais. Die Erkundung und Beschreibung des Feenreichs und seiner Bedingungen treten neben Guingamors selbstgewählter Aufgabe, den wunderbaren Eber zum König zu bringen, in den Vordergrund; die Liebe zur Fee und damit ihre Beschreibung treten in den Hintergrund. Das beweisen zwei weitere Textstellen. Guingamor dreht nach der ersten Erkundung des Schlosses um, um sein Erlebnis am Hofe erzählen zu können: «mes autre part se reheta/ que tele aventure a trovee/ por raconter en sa contree.» (394-396) Außerdem berichtet er auch dem Köhler zuerst vom Schloß: «du pales qu'il avoit trove/ et conment ot dedenz este,/ de la pucele qu'il trova,/ conment ele le herberga» (619-622). Die Beschreibungen im Guingamor zeigen somit, daß der Schwerpunkt der Erzählung eher auf der Darstellung der Gegebenheiten des Feenreiches als auf der Beschreibung der Fee und ihrer Verbindung zum Helden liegt. In dieser Hinsicht ist dieser Lai der Blumenmädchenepisode des RA am ähnlichsten. Die Höfischkeit der Blumenmädchen wird im RA expliziter gemacht, als es für die Feen in den Lais geschieht, da gleich zu Beginn vor jeder anderen Beschreibung von Kleidung oder körperlicher Schönheit, gleichsam als Voraussetzung für den folgenden Kontakt mit Alexander und den Soldaten, gesagt wird: «II n'en i avoit nule chamberiere n'ancele,/ Mais toutes d'un parage, chascune iert damoisele.» (191, 3336s.) Hier wird das Thema von Alexanders Verachtung von «vilains» und «serfs», das sich durch den gesamten Text zieht, 107 über die Vorgaben der Lais hinaus konsequent stark betont. Nach dem oben für Lanval und Graelent festgestellten Verfahren steht die Beschreibung der Kleidung der Blumenmädchen nach dem Prinzip der variatio zwischen der Beschreibung der körperlichen Schönheit und der ihrer erotischen Bedürfnisse: «Les unes sont vestues 105
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Die Fee argumentiert in ihrem Gespräch mit Guingamor aber stellenweise höfisch, cf. z.B. Guingamor, ed. O'Hara Tobin 1976,448-450: «Ja Deu ne place ne ne voille/ qu'entre Chevaliers soit retret/ que vos faciez si grant mesfet». Es wird nur das Pferd beschrieben, das Guingamor von der Fee zur Verfügung gestellt wird (482-484). Cf. die Episode um die Verweigerung einer nicht adligen A m m e in der Kindheit des Helden, v. RA I 7.
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de bon pailes röes,/ Les pluisors d'ostorins et Ii mains de cendes;/ Toutes ont dras de soie tout a lor volentes.» (193, 3382-3384) Insgesamt wird aber wesentlich mehr Wert auf die körperliche Schönheit als auf die kostbare Kleidung der Blumenmädchen gelegt. Die Kleidung wird in der Hauptsache angeführt, um das Bild höfischer Frauen zu gewährleisten, wie eine der ersten Charakterisierungen der Blumenmädchen zeigt: «Et les puceles issent de la forest chantant, 108 / Vestues comme dames, molt bei et avenant.» (192, 3353s.) 1.4.4.
Die Gefolgschaft der Fee
Kennzeichnend für das Feenreich ist in allen Texten, daß niemals eine Fee allein auftritt, sondern daß sie immer von mindestens einer anderen begleitet wird. Dabei gibt es in den Lais eine deutliche Hierarchie, da die Helden stets eine Beziehung zur «Feenkönigin» entwickeln und die anderen Feen, die vorkommen, nur deren Begleiterinnen sind. Lanval wird von zwei Feen zur «Feenkönigin» geführt. Diese sind wie Lanvals spätere Geliebte selbst kostbar gekleidet (57-59) und schön (60). Sie sind ihrer Herrin, die sie selbst «ma dameisele» (71) nennen, aber deutlich untergeordnet, da sie nur deren Botschaft überbringen (70-76) und Lanval in jeder Hinsicht bedienen (173s.; 177-180; 190). Später treffen vor der «Feenkönigin», die sich für Lanval verwendet, zweimal je zwei Feen ein, die ihre Ankunft ankündigen und den König ein angemessenes Gemach für sie vorbereiten heißen. Dieses Verfahren der Erzählung ist durch und durch märchenhaft, da ein Handlungselement auf drei Schritte verteilt wird. Dieser Dreischritt dient der Steigerung der Spannung und hebt die Ankunft der dritten Fee, die die einzig bedeutende für die Handlung ist, hervor. Außerdem handelt es sich um ein stagnierendes Element, das die Handlung kurz vor dem (guten) Schluß noch einmal aufhält. 109 Der «cortege» der «Feenkönigin» ist im übrigen beide Male durch die oben für die «Feenkönigin» selbst für charakteristisch befundenen Merkmale körperliche Schönheit, prachtvolle Kleidung und Ausstattung und Höfischkeit gekennzeichnet. 110 Ganz ähnlich liegen die Dinge im Graelent. Zum einen wird der badenden «Feenkönigin» ebenfalls von zwei Dienerinnen assistiert (211s.), zum anderen kündigen auch hier zweimal je zwei Feen die Ankunft der «Feenkönigin» an.
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Cf. auch den Gesang der Amazonen Flore und Biaute auf ihrem Weg zu Alexander, v. RA III 438s. V. Propp 1975, p. 74s., u. Völker 1972, p. 28-35: «Die zweite Hauptfunktion der Drei im Märchen ist die der Steigerung und der Episodenbildung in der Weise, daß die Handlung oft im Dreierrhythmus voranschreitet. In diesem Sinne der Klimaxbildung setzt auch Chretien die Dreizahl ein.» (p.34). Cf. auch Harf-Lancner 1984, p.254. V. Marie de France, Lanval, ed. Rychner 1958,472-476 (Pferde, Schönheit, Kleidung); dort, 489s. (Höfischkeit u. Schönheit) für den ersten «cortege» und dort, 5 1 0 - 5 1 3 (Schönheit, Kleidung, Pferde); 533 (Höfischkeit) für den zweiten «cortege». Mit den Formulierungen «cendal purpre» (475) und «dous pailes freis» ( 5 1 1 ) zeigen sich Parallelen zur Beschreibung der Kleidung der Blumenmädchen (v.o.).
48
Zweifelsohne liegen daher an dieser Stelle enge Bezüge zwischen Graelent und Lanval vor. Der «cortege» ist ebenso wie im Lanval jeweils von großer Schönheit und trägt kostbare Kleidung. 1 1 1 Natürlich werden diese Merkmale von den diesbezüglichen Eigenschaften der «Königin» selbst übertroffen. Im Guingamor ist es nur eine Fee, die der «Feenkönigin» beim Waschen und Kämmen während des Bades behilflich ist (428s.), dafür holen aber zwei Feen Guingamor mit dem Schiff ab und bringen ihn zurück ins Feenreich, als er aufgrund des Tabubruches in der höfisch-realen Welt dem Tode nahe scheint (656s.). Diese Feen sind, wie es typisch ist, «de riche ator et bien vestues» (657). Bei den Blumenmädchen des RA gibt es ursprünglich keine hierarchische Unterscheidung zwischen «Königin» und Gefolge. Sie treten immer nur in einer großen Zahl auf, die relativ gesehen der der Soldaten zu entsprechen scheint (v.u.). Alexander seinerseits versucht aber indirekt, eine Hierarchie zu etablieren, indem er das schönste Blumenmädchen, das er erblickt, ansieht («l'ot choisie»; III 199, 3491), es mitnehmen will und es für wert befindet, eine Königin zu sein: « (Guingamor, ed. O'Hara Tobin 1976,464-467)
Alle drei Feen gehen außerdem ein Liebesverhältnis mit den Helden ein und wirken so der Unfähigkeit des Helden zu lieben entgegen. Jede Fee verfügt also in den Lais über die Zaubermacht, den Anfangsmangel des Helden zu beheben, und besetzt damit im Sinne Propps die Funktion des Schenkers im Märchen. 116 Dabei weiß die Fee im voraus, ohne daß der Held mit ihr darüber gesprochen oder sie um etwas gebeten hat, welcher Mangel behoben werden muß. Sie hat damit auch die zauberische Macht des Vorauswissens (v. auch u.) und spiegelt mit 115 116
Cf. auch Wathelet-Willem 1961, p.682. V.Propp 1975, p. 43-49. 50
ihrem «dun» sowie mit dem Paktangebot individuell wider, was der Held sich wünscht. Auch die Blumenmädchen im RA verfügen über übernatürliche Eigenschaften. Die meisten davon werden aber nicht als zauberische Kräfte dargestellt, sondern als Eigenschaften, die genuin zu ihren Lebensbedingungen gehören. So bleiben sie ewig jung (200,3528), kennen weder Alter noch Tod (3529), sind auf wunderbare Weise an den Rhythmus der Jahreszeiten gebunden (3531-3534) und erhalten auf wunderbare Weise maßgeschneiderte Gewänder in der Gestalt von Blumen (3535-3539)· Wahrscheinlich ist zumindest die ewige Jugend ohne Alter und Tod eine typische Eigenschaft der Feen, wobei dies aus den drei untersuchten Lais aber nicht explizit hervorgeht. 1 1 7 Trotzdem geht die Schilderung der wunderbaren Lebensbedingungen der Blumenmädchen über die Darstellung der Zauberkräfte der Feen der Lais hinaus, da sie von einer Funktionalisierung im Hinblick auf die Erfüllung der Bedürfnisse des Helden unabhängig ist. Man erfährt also im RA mehr über die Fee an sich (bzw. über eine spezielle A r t der Feen) als in den Lais. Zusätzlich verfügen aber auch die Blumenmädchen über die für Feen offenbar typische Fähigkeit, den Sterblichen zu geben, was sie sich wünschen. So erfüllen die Blumenmädchen die erotischen Bedürfnisse der Soldaten (v.u.). Außerdem versorgen sie sie mit Nahrung im Überfluß und verfügen dabei offenbar über die Macht der unbegrenzten Wunscherfüllung, wie sie die Fee im Lanval dem Helden zugesteht: «Ainsi comme as puceles de cest bos vient a cure,/ Ja ne vaudront au main icele creature/ Q'eles n'aient au soir, ains que nuit soit oscure.» (200, 3540-3542; v. auch u.). Die Blumenmädchen weisen mit der Namenlosigkeit, ihrer außergewöhnlichen körperlichen Schönheit, ihrer kostbaren Kleidung, der höfischen Stilisier u n g " 8 und bestimmten Zauberkräften exakt die Merkmale der Feen auf, die in den Lais auftreten. Diese Ähnlichkeiten weisen mit großer Wahrscheinlichkeit darauf hin, daß die Blumenmädchen nach dem Vorbild von Feenerzählungen, wie sie uns z.B. in den Lais vorliegen, gestaltet wurden. Der RA geht aber durch die zusätzliche Darstellung der wunderbaren Lebensbedingungen der Blumenmädchen und ihres Lebens in einem offenbar gleichberechtigten «Feenkollektiv» über die Lais hinaus, da dort die Beschreibungen von Äußerem und Zauberkräften der Feen meist im Hinblick auf die Erzählhandlung funktionalisiert werden.
" 7 Dieser Ansicht ist auch Menard. Cf. Menard 1989, p. 11: «Cela suffit pour qu'on comprenne qu'elles disposent d'un certain pouvoir surnaturel ä la ί ε ς ο η des personnages feeriques». 118
D a die höfische Stilisierung also auf das Vorbild der Feen in den Lais zurückgehen kann, ist G o s m a n s Erklärungsversuch, daß die höfische Stilisierung der B l u m e n m ä d chen im RA eine unbewußte V e r ä n d e r u n g von A l e x a n d r e de Paris darstelle oder auf die Forderung eines Mäzens zurückgehe, unwahrscheinlich. Cf. G o s m a n 1997, p. 264.
51
ΐ·5·
Der Kontakt mit der Fee
In diesem Abschnitt soll untersucht werden, wie die Begegnung des Helden mit der Fee im einzelnen verläuft. Hierbei werden wesentliche Unterschiede zwischen den ausgewählten Lais und der Blumenmädchenepisode des RA deutlich werden.
1.5.1.
Die Initiative der Fee
Wie stark der Kontakt zwischen Fee und Held auf der Initiative der Fee beruht, zeigt sich bereits im Lanval. Obwohl Lanval wie alle Helden der untersuchten Texte bestimmte Ausgangsvoraussetzungen und eine besondere Disposition für den Kontakt mit der Fee aufweist, ahnt er nichts von ihrer Existenz und ist daher auf ihre Initiative angewiesen. Diese äußert sich zunächst darin, daß die Fee zwei ihrer Begleiterinnen schickt (55-69), die Lanval ihre Bitte, sie in ihrem Zeltaufzusuchen, übermitteln (70-76). Lanval ist offensichtlich so von den Feen fasziniert, daß er ihnen schweigend folgt und alles darüber vergißt; er scheint wie verzaubert: 1 1 9 «Li chevaliers od eles vait,/ D e sun cheval ne tient nul plait,/ Ki devant lui pesseit el pre.» (77-79) Wenig später erklärt ihm die Fee selbst, daß sie seinetwegen gekommen sei und daß er sich glücklich schätzen könne, weil sie ihn liebe: « (559-562) A n dieser Stelle wirkt Guingamor wie ein unmärchenhafter, kritischer Held, der um jeden Preis die selbstgewählte Mission erfüllen will und gegen seinen Willen von den Gesetzen des Feenreiches dabei eingeschränkt wird. E r verfällt angesichts einer mißlichen Lage, in die ihn der Pakt mit der Fee gebracht hat, nicht in Trauer (wie Lanval und Graelent), sondern versucht trotzdem seinen ursprünglichen Plan durchzuführen. Dies bleibt nicht ohne Erfolg (v.u.). Daran, daß Guingamor aber im Gegensatz zu Alexander mit dem Eber ein Objekt des Feenreichs mit in die höfisch-reale Welt nehmen kann, läßt sich unzweifelhaft erkennen, daß er längst zum Feenreich gehört - eine Bindung, die Alexander vermieden hat. Alexander hat keinen Pakt mit einem Blumenmädchen geschlossen und auch keine Bindung ans Feenreich durch eine etwaige Vereinigung mit einem Blumenmädchen entwickelt. Sein ungehinderter Aufbruch mit dem Heer aus dem Blumenmädchenwald zeigt, daß die Blumenmädchen keine Macht über ihn haben und daß sein Einfluß bei den Soldaten größer ist als der ihre. So bleibt den Blumenmädchen beim Abschied nur übrig zu trauern, weil sie keine genügend starke Bindung der Soldaten erreicht haben, und Alexander Ehre zu zollen, weil
141
Daher ist die Einschätzung Harf-Lancners 1984, p.247, Guingamors «aventure» sei u.a.: «La conquete d'une femme surnaturelle par le heros, qui triomphe dans l'epreuve que la fee lui impose» m.E. falsch. Dagegen spricht auch, daß sich bereits zehn Ritter im Feenreich und damit in der Gewalt der Fee befinden. Zum Ausgang des Guingamor überzeugend Maraud 1982, passim.
64
er dem Zauber nicht verfallen ist und trotz seiner Einsicht in die Zusammenhänge des Blumenmädchenreichs keine Gewalt angewendet hat, um ein Blumenmädchen mitzunehmen: «Qant ne porent avant, si souspirent forment,/ A terre s'agenollent voiant toute la gent/ Et clinent Alixandre du chief parfondement,/ A Dieu le commanderent qui le maint sauvement.» (RA III 201, 3547-3550)
1.6.
Die Gesetze des Wunderbaren im Feenreich
Zusätzlich zu den Parallelen zwischen den Lais und der Blumenmädchenepisode, die sich in der Handlungsstruktur und der Stilisierung der Erscheinungsweise der Fee nachweisen lassen, läßt sich das Blumenmädchenreich klar als Feenreich bezeichnen, wenn man die dort herrschenden Gesetze näher betrachtet.
1.6.1.
Überfluß und Nahrung im Feenreich
In jedem der vier Texte ist das Feenreich als ein Bereich gekennzeichnet, in dem Überfluß und Luxus vorherrschen. So wird Lanval, bevor er die Fee verlassen muß, von ihren Dienerinnen prachtvoll ausgestattet (173-177) und nimmt zusammen mit der Fee noch eine opulente Mahlzeit ein (178-188; «Mult fu serviz curteisement/ Ε il a grant joie le prent.»; 183s.). Im Anschluß daran führen die Feen sein luxuriös ausgestattetes Pferd vor (190-192). 142 Die Schilderung der gemeinsamen Mahlzeit weist bereits darauf hin, daß eine Nahrungsaufnahme im Feenreich oder dessen Grenzgebiet eine besondere Bedeutung hat. Graelents Besuch im Grenzgebiet des Feenreichs enthält keine Hinweise auf den dort herrschenden Überfluß. Dafür ist aber die Beschreibung des Reichtums und der luxuriösen Lebensumstände, in deren Genuß er durch die Zauberkraft der Fee nach seiner Rückkehr zum Hofe kommt, besonders detailliert (337-394). Guingamor erhält nach dem Pakt mit der Fee ein hervorragendes Pferd (482484), so daß er dem Luxus des Feenschlosses angemessen ausgestattet ist. Der Überfluß und Luxus des höfischen Lebens im Feenschloß zeigt sich an der kostbaren Kleidung der Ritter, der Schönheit ihrer Freundinnen, dem Vorhandensein kostbarer Jagdvögel und höfischen Beschäftigungen (510-518). Außerdem werden dort luxuriöse Mahlzeiten serviert und höfische Unterhaltung gepflegt: «bons mengiers ot a grant plente,/ ο grant deduit, ο grant fierte,/ sons de herpes et de vieles,/ chans de vallez et de puceles» (527-530). Guingamor bewundert den Überfluß sehr: «grant merveille ot de la noblece,/ de la biaute, de la richesce.» (53is.) Da das Tabu, das die Fee Guingamor vor seiner Rückkehr in die höfischreale Welt auferlegt, sich auf die Nahrungsaufnahme in dieser Welt bezieht und da Guingamors Überschreitung des Tabus schlimme Folgen hat (635-648), wird deutlich, daß die Nahrungsaufnahme in einem bestimmten Bereich den Betref142
Cf. zum Überfluß im Feenreich Harf-Lancner 1984, p. 252.
65
fenden zum Angehörigen dieses Bereichs werden bzw. zumindest die Gesetze dieses Bereichs (z.B. den dort herrschenden Ablauf der Zeit) in kraft treten läßt. Die Kennzeichen des Überflusses und der Üppigkeit spielen auch eine große Rolle bei der Charakterisierung des Blumenmädchenreichs. Bereits der Wald, der Obstgarten und die Heilkräuterwiese weisen diese Merkmale auf (III 189: Wald; 190: Garten und Wiese; 191, 3325-3327: Blumen des Gartens). 143 Außerdem erleben die Soldaten Überfluß in der erotischen Erfahrung (199, 3466) und bei der täglichen Mahlzeit mit den Blumenmädchen: «Puis estendent les napes sor l'erbe a la rousee,/ Sous ciel n'en a devise la ne soit a portee,/ Chascuns a son talent la trueve asavoree.» (III 199,3474-3476; auch 3468-3470) Daß die gemeinsame Mahlzeit mit den Blumenmädchen wie auch mit den Feen der Lais wahrscheinlich eine zusätzliche Bindung an das Feenreich bedeutet, geht aus der Tatsache hervor, daß nicht erwähnt wird, daß Alexander an der Mahlzeit teilnimmt. E r bezieht sich auch im Gespräch mit den Führern nur auf die Nahrung, die sein Heer zu sich genommen hat (III 200, 3526). 1.6.2.
Zaubermächtige und durch Zauber geschützte Bäume und Pflanzen im Blumenmädchenwald
Der Blumenmädchenwald hat ein weiteres Merkmal, das ebenfalls auf einen wunderbaren Bereich hinweist. Der Wald, der Garten und die Heilkräuterwiese enthalten außergewöhnliche Bäume und Pflanzen, von denen einige Zauberkräfte besitzen und dementsprechend durch besondere Schutzmechanismen vor dem Gebrauch durch jemanden geschützt sind, der nicht dem Feenreich angehört. Entsprechendes wird für alle Bäume des Waldes (189,3288-3290) und mit der Androhung der Todesstrafe für die «mandegloire» gesagt: «Ja n'iert hom si hardis qui la remut ne quiere/ Ne l'estuece morir d'une mort itant fiere/ Ja ne porra aler ne avant ne arriere.» (3296-3298) Auf diese Schutzmechanismen und Tabus im Hinblick auf die Pflanzen wird vom Erzähler Bezug genommen, während die Soldaten sich im Blumenmädchenwald aufhalten, da anläßlich ihrer Mahlzeit mit den Blumenmädchen die Verbote bezüglich der Kräuter und Früchte außer Kraft gesetzt sind: «Apres mengier se vont deporter en la pree;/ Qui vaut fruit de maniere ne chiere herbe loee/ Asses en pot avoir sans chose dev[e]ee.» (199, 3477-3479). Die heilkräftigen Eigenschaften der «chiere herbe loee» werden einführend in III 190,3307-3324, beschrieben. Sie helfen gegen jede Krankheit und jedes Gift. 1 4 4 Es scheint so, als ob die den Feen mitunter zugesprochenen heilen-
143
144
Cf. Gaullier-Bougassas 1998a, p.451, die von einem «univers de profusion et de plaisir» spricht. Der französische Text legt offenbar besonderen Wert auf die Beschreibung der heilenden Kräfte der wunderbaren Flora im Blumenmädchenwald. (Zur Interpretation dieses Befunds v.u. cap. 3.4.2.5.) Cf. auch die Beobachtung von Haupt 1993, p. 23s., daß die Gartenanlage, die Obstbäume und die Kräuter in der Blumenmädchenepisode des RA elaborierter dargestellt sind als in der entsprechenden Episode des Straßburger Alexan-
66
den Kräfte 1 4 5 in der Blumenmädchenepisode auf die Umgebung der Blumenmädchen verlagert sind und ihrer Macht unterstehen, da sie für die Soldaten offenbar eine begrenzte Aufhebung bestimmter Schutzmechanismen erwirken können. Durch diese Beschreibung der zaubermächtigen Bäume und Kräuter findet (neben dem technisch-naturwissenschaftlichen Wunderbaren, v.o.) auch der Typus des natürlichen Wunderbaren in die märchenhaft stilisierte Motivik der Blumenmädchenepisode Eingang.
1.6.3.
Weitere wunderbare Gesetze im Blumenmädchenreich
Interessanterweise betrifft ein ähnlicher Schutzmechanismus, wie er für die zaubermächtigen Bäume und die Heilkräuter geschildert wird, auch die Blumenmädchen selbst. Sowohl ihre Bewegungsfreiheit als auch der Zugriff, den Außenstehende auf sie haben können, werden durch das wunderbare Gesetz, daß sie sich nur soweit bewegen läßt, wie der Schatten der Bäume reicht, eingeschränkt (192, 3356s.). Diesem wunderbaren Gesetz des Blumenmädchenreichs wurde von den Rezipienten offenbar große strukturelle Bedeutung beigemessen, wofür zumindest ein späteres Zeugnis aus dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts spricht, das interessanterweise aus dem italienischen Raum stammt. 146 D e r Trobador Guilhelm de la Tor beginnt eine Kanzone mit direktem Bezug auf den Lebensraum der Blumenmädchen: «Plus que las domnas, qu'eu aug dir/ c'Alixandres trobet el broill,/ qu'eran totas de tal escoill/ que non podion ses morir/ outra l'ombra del bruoill anar,/ no m poiri' eu ses mort loingnar/ d'amor [...]» (Guilhelm de la Tor, ed. Blasi 1934, VI, 1 - 7 ) . 1 4 7
Hier ist das Detail, daß die Blumenmädchen den Schatten des Waldes nicht verlassen können, ohne zu sterben, so genau referiert, daß auf eine direkte Kenntnis des RA im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts in Italien und damit auf eine rasche Verbreitung des Texts geschlossen werden muß. Die Blumenmädchen werden also durch direkte Sonneneinstrahlung bedroht, wodurch ein Gegensatz zwischen Sonne und Mond bzw. Tag und Nacht (v.u.) suggeriert wird, der die Struktur des wunderbaren Bereichs bestimmt. Dies weist indirekt auf die Bedingungen beim Orakel des Sonne- und Mondbaums voraus. 148 So herrschen im Blumenmädchenreich Regeln und Gesetze, die die Lebensbedingungen der Blumenmädchen bestimmen, von ihnen selbst aber nur bedingt modifiziert und nicht außer Kraft gesetzt werden können. Anders als die Feen der Lais bilden die Blumen-
145 146
147
148
der. Falsch ist allerdings ihre Interpretation als «Seitenhieb gegen die Ärzte und ihre Mittelchen» (p.23) und die Übersetzung der dazu herangezogenen Textstelle (p.24). V . Wolfzettel 1987, Sp.950. V . zu Entstehungsort und Datierung der Gedichte Guilhelm de la Tor, ed. Blasi 1934, p. V - V I . Der Trobador dürfte vor 1216 in Italien angekommen sein, wo seine Gedichte entstanden. Seine Spur verliert sich um 1233. Falsch und irreführend, auch mit z.T. falscher Übersetzung, äußert sich zu dieser Stelle Minis 1985, p. 138, der den direkten Bezug auf den Text des RA zudem nicht erkennt. V . cap. 4.3.3.4. zum Baumorakel.
67
mädchen somit nicht die höchste Instanz in ihrem wunderbaren Bereich, eine Tatsache, die auch aus Alexanders Gespräch mit den Führern hervorgeht, hier wie dort aber keine wirkliche Aufklärung erfährt. Die den Blumenmädchen übergeordneten Gesetze erweisen sich im Rahmen der Handlung als sehr wirkungsvoll, da Alexander so daran gehindert wird, den Lebensraum der Blumenmädchen zu verändern und ein Blumenmädchen mitzunehmen. 149 Von einer völligen Machtlosigkeit Alexanders im Feenreich kann aber nicht die Rede sein, da die Führer sich nicht weigern, die verzauberten Automaten für ihn zu bezwingen, und da es sein eigener Wille ist, das ausgewählte Blumenmädchen aus Mitleid zurückzulassen. In anderen Episoden der wunderbaren Reise, wie bei der Erkundung der Götterhöhle, opfert Alexander bedenkenlos Leute, um die Gesetze der wunderbaren Welt zu erforschen. So hätte er auch mit dem Blumenmädchen verfahren können. Die Blumenmädchen können im übrigen nur mit Hilfe der Soldaten ihre Natur, nämlich ihr großes Bedürfnis nach sexueller Liebe, ausleben und so ihr volles Potential aktualisieren. Dadurch kommt es einzig in dieser Episode des RA zu einer Wechselwirkung zwischen dem Wunderbaren und seinen Entdeckern, die letztlich den wunderbaren Raum verändert und ihn darstellbar macht. 150 Ein weiterer wunderbarer Mechanismus des Blumenmädchenreichs besteht darin, daß es auf magische Weise genausoviele Blumenmädchen zu geben scheint wie Soldaten, was die Formulierung: «Chascune prist le sien» (199,3460) bei der Beschreibung ihrer erotischen Begegnung mit den Soldaten nahezulegen scheint. D a ß diese Entsprechung der Zahl auf einem wunderbaren Gesetz beruht, geht aus der Tatsache hervor, daß die Zahl der Blumenmädchen anfangs als der Zahl der Bäume entsprechend festgelegt wurde (191, 3335).
1.6.4.
Die Zeit im Feenreich
1.6.4.1.
Das Problem der Zeit beim Verlassen des Feenreichs
Was die Lais betrifft, so wird einzig im Guingamor der Aufenthalt eines Helden im Feenreich und nicht im Grenzgebiet zum Feenreich dargestellt. Damit besteht nur in diesem Lai die Möglichkeit, den Verlauf der Zeit im Feenreich darzustellen. 151 D a ß Guingamor eine bestimmte Zeitspanne, nämlich bis zum dritten
149
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151
Fraglich ist allerdings, ob Alexander sich durch die Mitnahme des Blumenmädchens tatsächlich der ewigen Jugend, die dieses verkörpert, bemächtigen wollte, wie GaullierBougassas 1998a, p.415, es interpretiert. Bezüglich der Einschätzung von Alexanders Verhalten im wunderbaren Bereich gibt es kontroverse Ansichten. So spricht Gaullier-Bougassas 1998a, stets von der «passivite et impuissance d'Alexandre» (p.460) und von seinem «echec ä s'emparer des merveilles» (p. 461). So absolut treffen diese Aussagen m.E. nicht zu, da Alexander, wie dieses Kapitel zeigt, z.B. den Blumenmädchenbereich erkunden kann, ohne den Blumenmädchen zu verfallen. Cf. Bar 1946, p.6s., für das Problem der Zeit im wunderbaren Bereich.
68
Tag, 152 im Feenreich verbringen muß, ist bereits Teil des Pakts zwischen ihm und der Fee, da diese ihm den Eber und den Jagdhund erst am dritten Tag seines Aufenthalts in ihrem Reich aushändigen will.153 Mit dieser Klausel des Pakts sorgt die Fee voller Hinterlist dafür, daß Guingamor nie mehr in seine eigene Welt zurückkehren kann. Als Herrin des Feenreichs ist ihr sicher bekannt, daß drei Tage im Feenreich in Guingamors Welt einer Zeitspanne von 300 Jahren entsprechen. Die Fee gibt Guingamor aber nicht die Möglichkeit, sich mit dem Wissen um die Zeitverschiebung für oder gegen den Pakt zu entscheiden, sondern behält diese wichtige Information für sich. Die Auswirkungen der Zeitverschiebung erklärt sie Guingamor erst, als dieser, dem Pakt entsprechend, am dritten Tag das Feenreich verlassen will. Der Hörer ist allerdings schon durch einen Kommentar des Erzählers (539-544) vorgewarnt. Die Fee stellt auf bösartige Weise klar, daß Guingamors Onkel und alle seine Verwandten tot seien und daß es niemanden mehr gebe, der von ihnen wissen könne: «Mors est vostre oncles et sa gent,/ n'i avez ami ne parent./ Une chose vos di ge bien:/ n'i a honme si anci'en/ qui vos en sache riens conter,/ tant n'en savriez demander.» (Guingamor, ed. O'Hara Tobin 1976, 553-558)
Guingamor gibt der Fee zu verstehen, daß er nicht an die Existenz der Zeitverschiebung glaubt (v.o.), und bricht ungerührt in die höfisch-reale Welt auf. Dort angekommen, erkennt er, daß die Fee die Wahrheit gesagt hat, da er sich im Wald nicht mehr zurechtfindet und bis zum Mittag darin herumirrt (582-586). Dann hört er einen Köhler arbeiten und sucht ihn auf. In Guingamors Gespräch mit dem Köhler stellt sich heraus, daß dieser entgegen den Prophezeiungen der Fee durch mündliche Überlieferung noch über die von Guingamor erlebte Zeit Bescheid weiß und sogar die Erzählung von Guingamors Verschwinden gehört hat (596-608). Guingamor erzählt dem Köhler daraufhin seine «aventure» und überbrückt auf diese Weise die 300 Jahre, die er im Feenreich verbracht hat (v.u.). Während Guingamor das Feenreich frühestens am dritten Tag verlassen kann, scheinen die Dinge in der Blumenmädchenepisode des RA genau umgekehrt zu liegen. Alexander plant von Anfang an nur eine Aufenthaltsdauer von vier Tagen ein (III 193, 3369s.). Er weiß offenbar, daß es ab einem bestimmten Zeitpunkt schwierig wird, das Feenreich zu verlassen. 154 Deswegen pocht er auch auf die Einhaltung der selbstgesetzten Frist und sorgt durch die Androhung schwerster Strafen für den rechtzeitigen Aufbruch des Heeres (v.o.). Aus dem Text geht nicht hervor, welcher Zeitspanne der episch-kämpferischen Welt die
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154
V.o. n. 109 für die Bedeutung der Dreizahl im Märchen. Auch Graelent wird von der Fee eine Frist gesetzt, die er in der Nähe des Grenzgebiets verbringen muß (v. Graelent, ed. O'Hara Tobin 1976,321). Wie die Fristsetzung zeigt, hat die Fee eine gewisse Macht über die Zeit. Harf-Lancner 1984, p. 218, n. 39, erwähnt eine irische Erzählung, in der der Held das Feenreich nach einem Aufenthalt von drei Tagen und Nächten unbehelligt verlassen kann. Allein die Einhaltung der Frist ermöglicht hier offenbar die Rückkehr, da Cormac, der Held, eine Vereinigung mit der Fee erlebt hat.
69
drei im Blumenmädchenwald verbrachten Tage entsprechen und ob eine Zeitverschiebung vorliegt. 1.6.4.2.
Die Kennzeichen der Zeit im Blumenmädchenreich
Wenn sich die Zeit im Blumenmädchenreich auch nicht in ihrem Verhältnis zur Zeit, wie sie außerhalb dieses Bereichs vergeht, bestimmen läßt, so weist ihr Ablauf doch spezifische Merkmale auf. Obwohl die Blumenmädchen in ihren Lebensbedingungen dem Wechsel der Jahreszeiten unterworfen sind, 155 herrscht bei der Ankunft der Soldaten wunderbarerweise gerade die Jahreszeit, zu der die Blumenmädchen sich über der Erdoberfläche befinden. Andererseits scheint der Ablauf der Jahreszeiten in bezug auf die Pflanzen im Blumenmädchenwald außer Kraft gesetzt zu sein. So wachsen im Obstgarten sommers wie winters Datteln und Mandeln (III 190,3301). 1 5 6 Eine besondere Bedeutung kommt im Blumenmädchenreich dem Rhythmus von Tag und Nacht zu. Bestimmte Ereignisse können offenbar nur bei Tag bzw. bei Nacht stattfinden. So können die Soldaten, die mittags den Abstieg ins Tal begonnen hatten (188,3273), erst nach Einbruch der Dunkelheit auf die Blumenmädchen treffen, da sie genau zu diesem Zeitpunkt die Überquerung der Brücke abgeschlossen haben (198,3456: «Qant il furent tuit outre, si dut solaus couchier.»). Der Text verdeutlicht, daß es nur bei Nacht zu einer erotischen Begegnung zwischen den Soldaten und den Blumenmädchen kommen kann (199,3457; 3466s.), während bei Tage allein höfische Beschäftigungen und Verhaltensweisen möglich scheinen (3468-3479). Dieser Wechsel von dem Tag bzw. der Nacht angemessenen Aktivitäten scheint drei Tage lang so stattzufinden, weswegen nur ein Nacht- und ein Tagesablauf ausführlich geschildert werden, während der Erzähler die übrige erzählte Zeit, die das Heer im Blumenmädchenwald verbringt, stark rafft (3480s.). Am vierten Tag versucht Alexander das Blumenmädchen mitzunehmen, spricht mit den Führern und zwingt das Heer, mit ihm aufzubrechen (199,3481- 201, 3550). Auch im Lanval und im Graelent spielt der Rhythmus von Tag und Nacht eine Rolle. Lanvals erste Begegnung mit der Fee kann nur bis zum Abend des Tages dauern, an dem er sie kennengelernt hat. Dann schickt die Fee ihn rigoros weg: « T ^ s · ; 423> 7 I 8 7 - 7 i 8 9 ) , wobei in der ersten, ausführlichsten Darstellung auch die subtile Verknüpfung der Funktion der Unterhaltung der Besucher («deduit») mit dem Harfenklang als Ausdruck des Bedauerns angesichts des Tods des Emirs («l'amiraut regreter») deutlich wird. 217 Die dritte Erwähnung der Figurenreaktion angesichts der Harfen zeigt, daß der Erzähler sogar eine räumliche und eigentlich auch zeitliche Zuordnung seiner fiktiven Figuren vornimmt, da er sie als «Ii pa'isant» (7187) bezeichnet. Das erzähltechnische Verfahren als ganzes hat sicher zum Ziel, die Beschreibung des Grabmals für das Publikum realistischer wirken zu lassen, da bewundernde und zweifelnde Reaktionen der tatsächlichen Hörer aufgegriffen und in den Text integriert werden, bevor die Hörer sie selbst äußern können. Somit nehmen die Grabmalsbeschreibungen im RA trotz ihrer relativen Kürze nicht nur aus früheren längeren Grabmalsbeschreibungen bekannte Elemente auf und kombinieren oder interpretieren sie neu, sie fügen auch neue Ausprägungen dieser Ele-
216
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V . RA III 424,7202 u. 7205 (Adler: «Trestous iciaus qui l'oent fait cele part venir.»; «Q'a tous ciaus qui l'esgardent fait les ieus esbloi'r.»; 421,7151s. (Dekoration: «C'estoit avis a ciaus qui bien les esgardoient/ Q u e fust chose vivant la painture qu'il voient.»); 421, 7143s. (Lampen, v.o. im Text); 7156 (Hinweis auf wunderbaren Sarg: «Cil qui ne l'ont veü molt a envis le croient.»). Eine solche Figurenreaktion wird auch bei der Beschreibung von Alexanders Grabmal geschildert, v. IV 64, 1517-1519 (Reaktion auf den Goldglanz des gesamten Grabmals). V . RA III 420,7135-7140: «Se nus por son deduit i vait por escouter,/ D e pierre ou de martel s'il i daigne hurter,/ Donques orra les harpes tant doucement soner,/ S'il voloit la raison en son euer porpenser,/ Si Ii seroit avis que il o'ist harper:/ Les deus harpes commencent l'amiraut regreter.»
148
mente ein und gehen auf dem Gebiet der Erzähltechnik und der Funktionalisierung einzelner Elemente neue Wege.
2.4.
Die Motivreihe der Paläste
Im folgenden sollen verschiedene Beschreibungen von Palästen oder von prachtvollen Zimmern in Palästen untersucht werden. Dabei läßt sich auch in dieser Motivreihe zwischen kürzeren und längeren Beschreibungen unterscheiden, wobei beide Ausformungen sowohl ganze Paläste als auch nur ein Zimmer eines Palastes beschreiben können. 2 ' 8 Z u den kurzen Beschreibungen gehören vier Stellen im Girart de Roussillon, eine im Roman de Troie, drei Passagen in der Prise d'Orange, eine im Folque de Candie und eine weitere im Fierabras219 Diese Beschreibungen umfassen zwischen 11 und 31 Versen. Ein Kennzeichen der kürzeren Palastbeschreibungen ist, daß es sich oft um zerstückelte Textpassagen handelt, die nicht zusammenhängend konzipiert scheinen, sondern sich auf recht verstreute Hinweise auf verschiedene Elemente eines Palasts oder Zimmers, häufig in direkter Rede der Figuren, beschränken. 220 Z u den längeren Beschreibungen zählen die Beschreibung von Hugos Palast in Konstantinopel im Voyage de Charlemagne, die 70 Verse umfaßt, die Beschreibung von Porrus' Palast im RA, die 72 Verse umfaßt, sowie die Beschreibung der «Chambre des Beautes» im Roman de Troie.221 Letztere ist mit 328 Versen bei weitem die längste Palastbe-
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219
Einige der behandelten Stellen werden ausführlich von Labbe 1987, besprochen, allerdings nicht unter dem hier gewählten Blickpunkt. Im folgenden wird daher nur kurz auf die entsprechenden Stellen bei Labbe verwiesen. Folgende Textstellen sind den kürzeren Palastbeschreibungen zuzuordnen: Girart de Roussillon, ed. Hackett 1953,203-218 (Palast des Kaisers von Konstantinopel), cf. Labbe 1987, p. 172-177 u. p. 181-186; Girart de Roussillon, ed. Hackett 1953,722-727 u.822828 (Girarts Palast), cf. Labbe 1987, p. 188-192; Girart de Roussillon, ed. Hackett 1953, 1127-1133 u. 1143-1146 (Palast von Avignon), cf. Labbe 1987, p. 226-228; Girart de Roussillon, ed. Hackett 1953, 2136-2146 (Garten von Karl Martels Palast), cf. Labbe 1987, p. 158-167; Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1904-1912, 6265-6277 (die künstliche Pinie vor dem Saal von Priamus' Palast in Troja); Prise d'Orange, ed. Regnier 1966, 242-252 u. 269-276 (Palast von Tiebaut in Orange), cf. L a b b e 1987, P.235S.U. 245-248; Prise d'Orange,
ed. R e g n i e r 1966, 4 5 8 - 4 6 6 u. 5 5 9 - 5 6 3
(Palast von Tiebaut in Orange II), cf. Labbe 1987, p. 254-258; Prise d'Orange, ed. Regnier 1966, 645-660 u. 673-679 (Palast Gloriete), cf. L a b b e 1987, p.295, p.300-302 u. p. 314-318; Herbert le due de Danmartin, Folque de Candie, ed. Schultz-Gora 19091936, 9360-9386 (Krankenzimmer Tiebauts); Fierabras, edd. Kroeber/ Servois i860, 2147-2174 u. 2209-2211 (Zimmer von Floripas, in das Olivier gelangt). Für weitere Stellen aus späteren Werken v. Dickman 1926, p. 90-94 (Text) u. p. 173s. (Belegstellen). 220
221
In der Prise d'Orange ist sogar nicht immer ganz klar, um welchen Palast (Orange oder Gloriete) es sich gerade handelt, cf. dazu Labbe 1987, p. 245s., p. 248 u. p. 277-279. V . Voyage de Charlemagne, ed. Aebischer 1965,342-399 u. 421-432; RA III 48,879-5 1 > 950; Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1904-1912, 14631-14958. Z u m RA v. auch M F R A , vol. 6, p. 30s. D i e Episode war bereits Teil von Lamberts Alex-
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Schreibung und kann hier nicht ausführlich analysiert werden, so daß meistenteils auf einige vergleichende Belegstellen in den Anmerkungen ausgewichen werden muß. Was die Länge betrifft, lassen sich also deutlich zwei Gruppen innerhalb der Motivreihe unterscheiden. Dies gilt im Gegensatz zu den anderen Motivreihen nicht im Hinblick auf das Vorliegen bestimmter Elemente, die nur in den längeren Beschreibungen zu finden wären. In den kürzeren Beschreibungen finden sich abgesehen von den Automaten vielmehr alle Elemente, die auch in den längeren Beschreibungen auftreten, wobei insgesamt eine größere Variationsbreite bei der Kombination vorliegt, da aus der Vielzahl der möglichen jeweils nur einige Elemente in den kürzeren Beschreibungen Verwendung finden. Außerdem enthalten fast alle, auch die kürzeren, Beschreibungen wunderbare Elemente, so daß sich überhaupt nur zwei kürzere Beschreibungen ohne solche finden lassen - nämlich die Beschreibung des Palasts von Avignon im Girart de Roussillon und die erste Beschreibung des Palasts von Tiebaut in Orange in der Prise d'Orange - , die als Standardbeschreibung gelten könnten. In den Palastbeschreibungen finden sich alle gebäudeunabhängigen Elemente, die auch in den Zelt- und Grabmalsbeschreibungen festgestellt werden konnten. So gibt der Erzähler häufig allgemeine Hinweise auf die Pracht des Palasts oder des Zimmers 2 2 2 sowie zur Lage des Gebäudes 2 2 3 . Weiterhin werden oft die Dekoration 2 2 4 und die Vorgeschichte 225 des Zimmers, des Palasts oder einzelner
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223
224
225
andre en Orient, cf. dort, p.8. Zur «Chambre des Beautes» cf. Rabeyroux 1992, sowie Sullivan 1985^.8-13. V . Girart de Roussillon, ed. Hackett 1953, 822s.; Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1904-1912,6277 (Pinie in Priamus' Palast), 14955-14958 (abschließend zur «Chambre des Beautes»): «Onques a dame n'a pucele/ Ne fu donee autresi be1 e/ Ne si riche ςο dit Ii Livres:/ Plus valeit de cent mile livres.»; Prise d'Orange, ed. Regnier 1966, 650; Herbert le due de Danmartin, Folque de Candie, ed. Schultz-Gora 19091936,9367; Fierabras, edd. Kroeber/ Servois i860,2147,2155,2161,2163,2172 («Moult fu bele la cambre, car n'ot si bele ou monde»); Voyage de Charlemagne, ed. Aebischei-1965,342. V . Girart de Roussillon, ed. Hackett 1953,203s., 722s. («Fors au maistre portau de Roissillon [-..]»), 1127, 2136; Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 19041912, 146265 («Devant la sale aveit un pin»); Fierabras, edd. Kroeber/ Servois i860, 2162,2174. Neben der Beschreibung von Hugos Palast in Konstantinopel im Voyage de Charlemagne wird auch eine Beschreibung der Stadt selbst gegeben (262-266). V . Girart de Roussillon, ed. Hackett 1953, 2138s.; Prise d'Orange, ed. Regnier 1966, 273s. (Palast von Tiebaut: «II ne croist fleur desi que en Pavie/ Qui n'i soit painte a or et par mestrie»), 561, dazu cf. Labbe 1987, p. 247; Voyage de Charlemagne, ed. Aebischei-1965,344-346V . Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1904-1912, 14951-14954 (Priamus schenkte Paris die «Chambre des Beautes»); Prise d'Orange, ed. Regnieri966, 271s. (Grifonnez d'Aumarice stellte den Palast von Tiebaut in Orange her, dazu cf. Labbe, p. 247s.); Fierabras, edd. Kroeber/ Servois i860, 2157-2160 (der König Matusale stellte das kostbare Zimmer von Floripas her); Voyage de Charlemagne, ed. Aebischer 1965,424 (Pfeiler aus der Zeit des Königs Golias), 430s. (die Betten im Zimmer des Palasts wurden von einer Fee hergestellt, wobei dies auch ein Zusatz des Schreibers sein kann, der mit dem Namen «Maseüs» in 430 nichts anfangen konnte); RA III 50, 920-922 (Entstehungsgeschichte der «trelle» in Porrus' Palast).
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Elemente geschildert, Elemente, die häufig in den Zelt-, aber nur selten in Grabmalsbeschreibungen vorkommen. Dabei erinnern z.B. die Dekorationen der im Folque de Candie und im Fierabras beschriebenen Zimmer deutlich an die Dekoration der Zelte aus den längeren Zeltbeschreibungen, wobei im Folque de Candie226 christliche Motive dargestellt werden wie in den drei späteren längeren Zeltbeschreibungen, während im Fierabras227 wie in Adrastes und Alexanders Zelt die Fülle der Naturerscheinungen dargestellt wird. Auch einige Komponenten des oberen Abschlusses - wie in Zelt- und Grabmalsbeschreibungen - finden sich in den Palastbeschreibungen. So sitzt auf dem dritten Automaten in der «Chambre des Beautes» ein Adler (Benott de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1904-1912, 14816-14820), der allerdings ähnlich wie die Taube in Camillas Grabmal im Roman d'Eneas in einen komplizierten technischen Mechanismus eingebunden ist. Auf dem Palast von Tiebaut in der Prise d'Orange befindet sich ebenso ein goldener Adler 228 wie auf dem Palast Gloriete im selben Werk, wobei beide mit demselben Wortlaut charakterisiert werden (462 u. 648). Auch in der Gesamtbeschreibung von Orange und von Konstantinopel, die in der Prise d'Orange und im Voyage de Charlemagne jeweils beim Einzug der Besucher gegeben wird, werden Adler und «pomeaus» erwähnt, die auf den Gebäuden glänzen.229 Weiterhin findet sich im Krankenzimmer Tiebauts im Folque de Candie ein bemalter «pomel» (9376s.). Im Gegensatz zu den Grabmalsbeschreibungen werden nicht nur in den längeren, sondern auch beinahe in jeder kürzeren Palastbeschreibung einzelne Teile des Gebäudes besprochen. Die Gebäudeteile entsprechen ganz den in den längeren Grabmalsbeschreibungen geschilderten, denn es werden Pfeiler, Gewölbebögen, Kapitelle, der Fußboden, Fenster und der Eingang beschrieben.230 Interessant ist weiterhin, daß im Gegensatz zu den Grabmalsbeschreibungen niemals der Aufbau eines Palasts oder Zimmers, sondern stets das fertige Gebäude vor Augen geführt wird. Dieser Unterschied zwischen den Motivreihen ist allerdings kontextabhängig, da die Paläste wie die 226
V. Herbert le due de Danmartin, Folque de Candie, ed. Schultz-Gora 1909-1936, 93699377: «Adam fu mis el premier eschamel/ et Ii pechiez d'Evain et eil d'Abel,/ si com Cäins l'ocist a un coutel,/ Ii poinz del siecle, Ii viez jusqu'au novel,/ et les prophetes des lo tens Möysel/ et les Maries dont Damedeu fu bei,/ [...]». 227 V. Fierabras, edd. Kroeber/ Servois i860, 2 1 5 1 - 2 1 5 5 : «Le ciel et les estoiles, et yver et este,/ La lune et Ii solaus, qui nous donne clarte,/ Forers, teres et puis, i est tout painture,/ Li oisiel et les bestes et Ii serpent creste.» 228 Cf. dazu Labbe 1987, p.254. "9 γ prise d'Orange, ed. Regnier 1966,408: «Et les pomeaus et les aigles dorez.» Vers 263 des Voyage («Les cloches e les egles e les punz relusanz») muß m.E. ebenso verstanden werden. Cf. den in diese Richtung weisenden Kommentar Aebischers in seiner Ausgabe des Voyage de Charlemagne, p. 88s., und Labbe 1987, p. 341, n. 25 u. 26, der ebenfalls auf diese Parallele hinweist. 230 V. Girartde Roussillon, ed. Hackett 1953,724s., 727,824; 1 1 2 8 - 1 1 3 2 ; 2137,2140; Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1904-1912, 14649s., 14657s., 14663s., 14934-14936; Prise d'Orange, ed. Regnier 1966, 269s.; 460s., 559s.; 646s.; Herbert le due de Danmartin, Folque de Candie, ed. Schultz-Gora 1909-1936,9360,9367s., 9379-9382; Fierabras, edd. Kroeber/ Servois i860, 2148-2150, 2173s.
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Zelte den Besuchern in ihrer vollen Pracht vor Augen stehen und nicht erst erschaffen werden müssen wie die Grabmale. Die längere Palastbeschreibung im Voyage de Charlemagne enthält im Vergleich zu den kürzeren Beschreibungen nicht die üblichen Teile, sondern konzentriert sich u.a. auf einen silbernen, emaillierten Mittelpfeiler (349) im Palast sowie einen Pfeiler im Zimmer der Gäste, auf dem ein «escarbuncle» angebracht ist (423s.), 100 marmorne, vergoldete Säulen (350s.) und Fenster aus Kristall (380s.). Die Architektur des Porrus-Palasts im RA weicht noch weiter von den üblichen Palastbeschreibungen ab als der Palast Hugos im Voyage. Es werden nicht statisch einzelne Teile beschrieben, sondern Alexander unternimmt quasi stellvertretend für den Hörer mit 15 seiner Leute einen Rundgang durch den gesamten Palast und den ihn umgebenen Garten, worin ein wesentlicher Unterschied zu den übrigen, größtenteils statischen, 231 Palastbeschreibungen besteht. Das im RA gewählte erzähltechnische Verfahren, durch die Erkundung des Helden ein darzustellendes Gebäude nicht statisch, sondern dynamisch zu beschreiben, 232 findet sich so schon in Chretiens Perceval (v.o.). Alexanders Rundgang gliedert sich dabei wie Percevals Entdeckung des Zelts in verschiedene Abschnitte. Die Türen des Palasts, durch die Alexander hineingelangt, sind aus unbrennbarem «ivoire» (III 48, 880) und erinnern an die unbrennbare Abdeckung des Palasts, der im Brief des Priesters Johannes beschrieben wird. 233 Im Palast selbst werden Wände und 30 Pfeiler aus Gold beschrieben, deren Pracht Alexander zu einer Rede über die Größe dieses Reichtums und die geplante großzügige Verteilung an seine Leute veranlaßt (48, 885892). Daraufhin verteilt Alexander, wie angekündigt, die Beute und geht ein zweites Mal in den Palast (49, ab 901). Dort findet er mehrere Zimmer vor. Im ersten läßt er Bucephalus zurück (901s.), im zweiten befinden sich ein prächtiges Bad (903-913; v.u.) und kostbare Betten (914-917). Der Palast hat mehrere Ebenen, denn Alexander gelangt im folgenden in einen Kellerraum («un sousterin», 50, 918) mit einem kostbaren künstlichen Weinstock (50; v.u.). Danach setzt er seine Besichtigung auf dem Außengelände des Palasts fort: «Vait entor le palais par uneherbeuse vie» (51,930), wo kostbare künstliche Bäume stehen (v.u.), und gelangt schließlich in den Weinkeller («boutellerie»; 936-939), wo sich aber nur schon verschimmelte Reichtümer befinden. Das Ende seines Rundgangs führt Alexander in die Moschee und zu deren großen Götterstandbildern mit ihren 231
C f . z . B . für ausschließlich statische B e s c h r e i b u n g e n Girart de Roussillon, ed. H a k k e t t i 9 5 3 , 1 1 2 7 - 1 1 3 3 u. 1 1 4 3 - 1 1 4 6 (Palast v o n A v i g n o n ) , 2 1 3 6 - 2 1 4 6 ( G a r t e n v o n K a r l M a r t e l s Palast in A v i g n o n ) , Prise d'Orange, ed. R e g n i e r 1966,645-660 (Palast G l o r i e te), Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. C o n s t a n s 1904-1912, 6265-6277 (künstliche Pinie v o r dem Saal v o n Priamus' Palast), Herbert le due de Danmartin, Folque de Candie, ed. S c h u l t z - G o r a 1909-1936,9360-9386 u. Fierabras, edd. Kroeber/ Servoisi86o, 2 1 4 7 - 2 1 7 4 ( Z i m m e r der Floripas). D i e übrigen B e s c h r e i b u n g e n enthalten ebenfalls nur w e n i g e dynamische Passagen.
232
D i e s stellt bereits M F R A , vol. 6, p.8, als B e s o n d e r h e i t dieser E p i s o d e heraus.
233
V . RA III 48, 880: «Les portes sont d'ivoire, o n q u e s n'i toucha fus», cf. n. 159, w o b e i auch hier «fus» trotz des R e i m e s [y] als < FOCUS ZU verstehen ist. H a r f - L a n c n e r übersetzt diesen V e r s Roman d'Alexandre, ed. H a r f - L a n c n e r 1994, P-349, daher falsch.
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Opferschalen («mahomerie»; 940-945). Diese bewegen ihn zu einer zweiten Rede über die Größe des im Palast vorhandenen Reichtums, mit der die Beschreibung endet. Diese Darstellung zeigt eindrücklich, daß der RA mit der Palastbeschreibung auch in inhaltlicher Hinsicht neue Wege geht. Es wird im Gegensatz zu den anderen Palastbeschreibungen, die sich jeweils nur auf ein Zimmer oder einige Elemente des Palasts beschränken, ein komplettes Gebäude mit verschiedenen Ebenen und einem Garten beschrieben. Ein Garten spielt zwar auch in anderen Texten eine Rolle, 234 nirgendwo aber ein Weinkeller oder gar eine Moschee, die sich im Palast befindet. Im Krankenzimmer Tiebauts im Folque de Candie stehen allerdings Statuen von Mahomet und Jovencel (9378). Die Beschreibung enthält außerdem als neues, gebäudegebundenes Element, das nur in Palastbeschreibungen eine Rolle spielt, die Beschreibung der Einrichtung eines Zimmers. Diese wird in einigen Palastbeschreibungen erwähnt. So ist im Girart de Roussillon von den Fenstern und ihren Vorhängen (1143s.) oder von kostbaren Stoffen (205) die Rede, in der Prise d'Orange von einer kostbar verzierten Bank (673s.). Im Voyage de Charlemagne werden goldene Tische, Stühle und Bänke (343) sowie die kostbaren Betten, in denen Karl und die Pairs schlafen, mit ihren Kissen, Decken, und den Bettpfosten (425-432) genannt. Auch im RA kommen neben einem Tisch (III 49, 902s.) kostbare Betten zur Sprache, wobei die Beschreibung sich auf die des Voyage zu beziehen scheint.235 Mit der Beschreibung von technischen Mechanismen und Elementen des natürlichen Wunderbaren treten in längeren wie in kürzeren Palastbeschreibungen Komponenten auf, die sich sonst nur in längeren Beschreibungen, vorzugsweise in Grabmalsbeschreibungen, finden. Zu den technischen Mechanismen gehört die Beschreibung eines Röhrensystems, das im Folque de Candie Wind von außen ins Zimmer leitet und dabei offensichtlich auch Musik erzeugt: «Uns venz defors i entre par tüel;/ rote a Breton ne geus de chalemel,/ sons de viele ne ogres de chancel/ envers cel geu semble abai de chael.» (9383-9386) 236 Die Nutzung der Windkraft zur Erzeugung von Musik betrifft auch einige der Adler in den Zeltbeschreibungen. Das Röhrensystem erinnert zudem an die Leitungssysteme, die zur Konservierung der Leichname in den längeren Grabmalsbeschrei234
Cf. im gewählten Textkorpus die Beschreibung des Gartens von Karl Martels Palast im Girart de Roussillon, ed. Hackett 1953 ( 2 1 3 6 - 2 1 4 6 ) , zu weiteren Stellen v. Labbe 1987, p. 1 5 8 - 1 6 4 , u. passim.
235
Cf. Voyage de Charlemagne, ed. Aebischer 1 9 6 5 , 4 2 5 - 4 2 9 : «Duze lis i a, dous, de quivre e de metal,/ Oreillers de velus e lin?ous de cendal:/ A l menur unt a traire .xx. beos e quatre cars./ Li trezimes en mi, entaillez a cumpas:/ Li pecul sunt d'argent e l'espunde d'esmal» (cf. dazu Labbe 1987, p - 3 3 3 ) mit RA III 49, 9 1 4 - 9 1 7 : «Li chaalit qu'i sont ne sont pas de metal,/ Ains sont tuit de fin or a uevre natural./ Sor chascun pecoul ot freme un tel esmal/ Que plus cler reflamboient que ne font estaval.» Indem der RA betont, daß die Betten nicht aus Metall gefertigt sind, scheint er sich gegen die Beschreibung im Voyage oder gegen ähnliche Beschreibungen zu wenden. Andererseits werden die «pecoul» recht parallel beschrieben. Cf. auch Benott de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1 9 0 4 - 1 9 1 2 , 1 4 9 3 7 - 1 4 9 4 0 , das Bett Hectors in der «Chambre des Beautes».
236
V . dazu kurz Guidot 1986, p. 1 0 1 7 , n. 13.
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bungen eingesetzt werden. Ein ähnliches Leitungssystem aus Kristallrohren, das «basme» durch und in ein Badezimmer leitet, findet sich im Porrus' Palast des RA (49, 904-907). Diese Leitungen unterscheiden sich allerdings dadurch von den in anderen Texten genannten, daß sie in der Lage sind, größere Höhen zu überwinden. Wie die Leitungssysteme in den Grabmalsbeschreibungen werden sie keinesfalls wunderbar dargestellt, sondern unterliegen der wissenschaftlichtechnischen Stilisierung. 237 Im Girart de Roussillon gibt es ebenfalls eine Röhre («gole»), die wohlriechende Luft auf die Terasse zwischen den Palastmauern leitet (2142s.). Außerdem wird eine dort entspringende Quelle durch ein goldenes und mit Edelsteinen besetztes Hirschgeweih geleitet, das somit als Brunnen fungiert (2144s.).238 Hier wie im RA und in den längeren Grabmalsbeschreibungen liegt eine Kombination von natürlichen Elementen (Luft, Wasser, «basme») und einem in sich abgeschlossenen technischen Mechanismus vor, der diese Elemente verteilt und zirkulieren läßt.
Exkurs:
Die Automaten in Zelten, Grabmalen und Palästen
Einen wichtigen Teil des technischen Wunderbaren, der allerdings nur selten wunderbar dargestellt, dabei aber in der Regel mit dem Vokabular zur Bezeichnung magisch-technischer Verfahrensweisen gekennzeichnet wird, machen die Beschreibungen von Automaten innerhalb der verschiedenen Motivreihen aus.239 Sowohl in kürzeren als auch in längeren Beschreibungen finden sich Automaten, wobei als Definition gelten soll, daß es sich um die Nachbildung von Lebewesen oder selten von Gegenständen handelt, die durch technisch-mechanische oder magische Kunst etwas tun, zu dem sie aufgrund ihrer Künstlichkeit eigentlich nicht in der Lage wären. A m häufigsten sind Vögel oder Menschen, meist Kinder, nachgebildet, nur im RA findet sich auch die Nachbildung von Harfen und damit von Gegenständen. In den kurzen Beschreibungen finden sich am häufigsten Automaten in der Motivreihe der Zeltbeschreibungen, und zwar ein Riese, der mit vergiftetem Bogen droht, und ein kleines Kind, das auf einem «olifant» bläst, im Mainet (IV, 131-139; v.o.); ein Adler, der auf Geheiß eines Wächters
237
238
239
Ähnlich äußert sich zu dieser Stelle auch Labbe 1987, p. 362: «Dans l'espace oriental au contraire, la merveille est devenue quotidienne, domestiquee, presque banale.»; cf. dort auch das Unterkapitel «Le palais oriental: emerveillement et malaise», p. 361-363. V . Girart de Roussillon, ed. Hackett 1953,2142-2144: «Une gole lai fert d'aisi dole vent,/ Melz flaire que d'encens ne de piument./ Une fontane i sort d'un desrubent -/ Cer ab aur e a peirres qui l'aige rent.» Cf. dazu Labbe 1987, p. 161-166. Cf. die Quelle im Mittelpunkt des Blumenmädchenwalds im RA III 191, 3328-3333: «De fin or tresgete i ot une ymagele/ Sor deus pies de cristal, qui ne chiet ne chancele,/ Qui re^oit le conduit qui vient par la tuiele.» (3331-3333)· Die Sekundärliteratur zu diesem Thema ist nahezu unüberblickbar. Cf. neben A b schnitten in den Monographien von Labbe 1987, Croizy-Naquet 1994 und den schon genannten Arbeiten von Sullivan 1985; Polak 1982; Eamon 1983; Legros 1988, und Habiger-Tuczay 1992, p. 192-202, folgende Untersuchungen: Baumgartner 1988b; Bertheloti993; Hammerstein 1986; Scheidegger 1992; Sherwood 1947 und Tranncty 1992.
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Schreie ausstößt, im Ipomedon (3296-3302; v.o.) und ein Adler, der sich durch die Sonneneinwirkung bewegt, im Fierabras (74; v.o.). In allen Fällen handelt es sich allerdings um im Rahmen dieser Untersuchung verhältnismäßig spät zu datierende Texte, was evtl. das Vordringen der Automaten auch in kürzere Texte erklärt, während die Automaten zunächst nur in längeren Beschreibungen eine Rolle spielten. Die kürzeren Grabmals- und Palastbeschreibungen enthalten keine Automaten im oben definierten Sinne, wobei die Zauberspiele im Palast im Girart de Roussillon (v.o.) oder die künstlichen Bäume im Roman de Troie und der Prise d'Orange (v.u.) teilweise als Automaten angesehen werden. Demgegenüber finden sich Automaten in den längeren Ausprägungen aller Motivreihen. In der Beschreibung von Adrastes Zelt im Roman de Thebes wird ein feuerspeiender Adler beschrieben (3201-3212; v.o.), und auf dem Zelt Alexanders im RA ist ein Adler angebracht, der durch die Einwirkung des Windes Töne auf einer Schalmei erzeugt (I 94, 1989-2007; v.o.). Auf Blancheflors Grabmal in Floire et Blancheflor sind diesen beiden Figuren täuschend echt nachgebildete, goldene Kinder aufgestellt, die einander durch die Einwirkung des Winds, der mit Hilfe von Röhren zu ihnen geleitet wird (593-596), umarmen, küssen und miteinander sprechen (573588 u. 593-608). Auf Pallas' Grabmal im Roman d'Eneas befindet sich ein Adler, der sich trotz aller Einwirkungen des Wetters nicht bewegt (6433-6436; v.o.) und somit das Prinzip der Automaten, sich durch technische bzw. magische Mechanismen trotz ihrer Leblosigkeit zu bewegen, umkehrt. Auch die Konstruktion aus Taube und Bogenschütze, die in Camillas Grabmal zum Schutz gegen Grabräuber aufgestellt ist, kann als Automat angesehen werden, weil sie Lebewesen nachbildet, wobei beide Teile sich nur im Falle des Eindringens eines Grabräubers bewegen würden (7669-7718; v.o.). In der Beschreibung des Grabmals des Emirs im RA tauchen drei verschiedene Automaten auf. Wie auf Alexanders Zelt befindet sich oben auf dem Gebäude ein Vogel mit einer Schalmei im Schnabel, der durch die Einwirkung des Windes Töne erzeugt. Außerdem sind am Eingang des Grabmals zwei aus Kupfer gefertigte Kinder aufgestellt, die einander mit Stöcken bekämpfen und so wahrscheinlich den Zugang zum Grabmal versperren (III 423, 7176-7186; v.o.). Alexander läßt vier Harfen anbringen, die durch das Werfen von Steinen oder durch Klöppel zum Klingen gebracht werden können (III 420,71327140; 421,7153s.; 423,7187-7189; v.o.). In zwei der drei längeren Palastbeschreibungen werden ebenfalls Automaten erwähnt. So sind im Voyage de Charlemagne zwei aus Kupfer und Metall gefertigte Kinder aufgestellt, die Hörner aus weißem Elfenbein im Mund halten und sich durch die Einwirkung des Windes drehen und Töne erklingen lassen, wobei sie sich zulächeln (352-361 u. 373-377). Außerdem dreht sich auch der gesamte Palast durch ständig zunehmende Windeinwirkung, die in ein Unwetter übergeht. Dabei wird die Drehung des Palasts mit der einer Mühle verglichen: «Altresil fait turner cum arbre de mulin» (372). 240 In der Beschreibung der «Chambre des Beautes» im Roman de Troie
240
p 0 i a k 1982, p. 164s.11. Trannoy 1992, p.232. 155
sind vier Automaten, die je zwei «puceles» und zwei «jovenceaus» (14674s.) nachbilden, die zentralen Elemente. Der erste und der vierte Automat, die einen Spiegel bzw. ein Weihrauchfäßchen halten und die Besucher des Zimmers in ihrem Aussehen und ihrem höfischen Verhalten 241 korrigieren (14681-14709 u. 1486314913), sind dabei keine Automaten im engeren Sinne, da sie sich, wenn überhaupt, nur eingeschränkt bewegen. Der zweite Automat ist demgegenüber durch ständige Bewegung gekennzeichnet (14711-14758), da er tanzt, springt, mit Messern wirft und andere Spiele vorführt sowie alle existierenden Tiere nachahmt. Der dritte Automat ist ebenso ständig in Bewegung, da er alle Arten von Instrumenten spielt und sieben Mal täglich frische Blumen streut (14759-14862), wobei sich an ihn ein zweiter aus Automaten bestehender Mechanismus (14816-14852) anschließt. Dieser ähnelt dem Zusammenspiel von Taube und Bogenschütze im Grabmal Camillas im Roman d'Eneas, denn ein Satyr wirft einen Hammer nach einem Adler, der, solange das Werfen nicht aufhört, durch seinen Flügelschlag die Blumen trocknet. Streut der Automat neue Blumen aus, sitzt der Adler ruhig auf seinem Platz, und der Satyr wirft nicht nach ihm. 242 Die meisten der hier beschriebenen Automaten funktionieren durch die Kraft des Windes (oder nur durch einen Lufthauch wie die Konstruktion in Camillas Grabmal), der Adler im Fierabras offenbar durch die Kraft der Sonne. So erklären natürliche Gegebenheiten in ihrem Zusammenwirken mit technischen Mechanismen wie Röhrensystemen oder Mechanismen aus Zahnrädern und Ketten das Geschehen. Andere Automaten werden durch menschliches Handeln in Betrieb gesetzt, so z.B. der Adler im Ipomedon, der durch den Willen seines Wächters («Quant Ii gardeins del tres vuoleit»; 3300) Schreie ausstößt - wobei hier nicht klar ist, ob der Wächter die Schreie auf technische oder magischeWeise auslöst - , oder die Harfen im RA, die die Besucher des Grabmals selbst zum Klingen bringen können. Auch Magie als Auslöser der Mechanismen wird, wie im Falle der Kinder am Grabmal des Emirs im RA, direkt angeführt (v.o.) oder implizit durch den Verlauf des Geschehens angedeutet wie im Voyage de Charlemagne, wo direkt auf Karls lobende Äußerung über Hugos Palast hin ein furchtbares Unwetter einsetzt (368s.).243 In einigen Fällen wird überhaupt nichts über das, was die Handlung des Automaten auslöst, gesagt, so z.B. hinsichtlich des feuerspeienden Adlers im Roman de Thebes und des sich nicht bewegenden Adlers auf Pallas' Grabmal im Roman d'Eneas und bei allen Automaten in der «Chambre des Beautes», wobei der Erzähler hier die Unerklärbarkeit der Ursache sogar thematisiert. 244 Es fällt aber in diesem Zusammenhang auf, daß alle
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V . dazu Schöning 1991, p. 235, der die A u t o m a t e n als Allegorie der Idee der «courtoisie» ansieht. Cf. zur «Chambre des Beautes» Sullivan 1985, passim, u. Scheidegger 1992, p. 180-186. Cf. zu dieser These von der Magie, die das Unwetter auslöst, Labbe 1987, p. 344-347, Legros 1988, P.305S. Cf. Benott de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1 9 0 4 - 1 9 1 2 , 1 4 7 4 7 - 1 4 7 5 8 u. 14807-14815. Z u r UnUnterscheidbarkeit von Technik und Magie cf. Labbe 1987, P.320S., Sherwood 1947, p.567-575 und Berthelot 1993, passim.
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Beschreibungen der Automaten, interessanterweise mit Ausnahme der frühen Beispiele im Roman de Thebes und im Voyage de Charlemagne, die Bezeichnung von technisch-magischen Verfahren der Herstellung durch Ausdrücke wie «par tel engien», «par mout grant maiestire», «par ingremance» oder «par grant esgart» enthalten.245 Was die Funktion der Automaten betrifft, so kann man zwischen zwei verschiedenen Funktionen bzw. der Abwesenheit einer dezidierten Funktion unterscheiden. Einige Automaten, z.B. die Adler im Fierabras und im Roman d'Eneas auf Pallas' Grabmal, haben keine wirkliche Funktion, außer als aufsehenerregendes Teil des Gebäudes an exponierter Stelle die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und allenfalls noch die Pracht dieses Gebäudes zu steigern. Alle anderen Automaten haben die Funktion zu unterhalten oder durch die Bedrohung, die sie verkörpern, das Gebäude vor unbefugten Eindringlingen zu schützen.246 Für Unterhaltung sorgen alle Automaten, die Musik machen, so das Kind auf dem Zelt im Mainet, die Adler auf Alexanders Zelt und dem Grabmal des Emirs im RA und die Harfen im Grabmal des Emirs, zudem auch die Kinderauf Blancheflors Grabmal in Floire et Blancheflor, die gleichzeitig aber auch der Bewahrung der Erinnerung dienen.247 Bedrohlich sind der Riese auf dem Zelt im Mainet, der Adler auf dem Zelt im Ipomedon, der feuerspeiende Adler auf Adrastes Zelt im Roman de Thebes, der Mechanismus aus Taube und Schütze in Camillas Grabmal im Roman d'Eneas, der sich drehende Palast im Voyage de Charlemagne248 und die Kinder, die das Grabmal des Emirs im RA bewachen, wobei diese auch als «molt avenant» (III 423,7177) bezeichnet werden. Die Automaten in der «Chambre des Beautes» dienen der Unterhaltung und der Belehrung, letzteres vor allem insofern, als jeder einzelne moralische Qualitäten verkörpert.249 Neben der Beschreibung technischer Mechanismen finden in den Palastbeschreibungen wie in den längeren Grabmalsbeschreibungen und in der Beschreibung von Alexanders Zelt im RA auch Elemente aus der Natur sowie Elemente des natürlichen Wunderbaren Verwendung. Nicht-wunderbare Elemente aus der Natur, wie sie auch schon in den Frauenzelten beschrieben wurden, werden in den Palastbeschreibungen eingesetzt, um Wohlgerüche zu erzeugen oder den Bewohnern den Aufenthalt auf andere Art angenehmer zu machen. So schützt im Girart de Roussillon in der Beschreibung des Gartens von Karl Martels Palast eine Pinie diejenigen, die sich dort aufhalten, vor der Hitze (2141). In der Beschreibung des Palasts des Kaisers von Konstantinopel im selben Werk wird in 245
246 247
248 249
Cf. in Auswahl Hue de Rotelande, Ipomedon, ed. Holden 1979,3299; RA 194,1990; III 420,7133s. u. 424,7199; Floire et Blancheflor, ed. Leclanche 1983,599; Roman d'Enias, ed. Salverda de Grave 1925-1929,7672. Cf. auch oben im Exkurs zu den Handwerkern und zur Magie. Cf. auch Berthelot 1993, p-25. Zu diesen Funktionen cf. Scheidegger 1992, p. 178s., Baumgartner 1988b, p. 19s. Zu diesem Aspekt der ewigen Wiederholung und damit der Zeitlosigkeit, die die Erinnerung an Vergangenes gegenwärtig hält, v. Baumgartner 1988b, p. 16s. Cf. zu dieser Bedrohung Polak 1982, p. 163, u. Trannoy 1992, p. 2 3 1 - 2 3 7 . V. überzeugend Gontero 2000, p. 130s.
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den Räumen der dort untergebrachten Franzosen Balsam («bauce») verbrannt, um Wohlgerüche zu erzeugen (206-208).250 Auch der Palast Gloriete in der Prise d'Orange, in dem die Königin Orable Wilhelm und seine Gefährten empfängt, ist von Wohlgerüchen erfüllt (658s.). In der «Chambre des Beautes» im Roman de Troie werden zwei der vier Automaten für dieselbe Aufgabe eingesetzt. Der dritte Automat streut zwölfmal am Tag frische Blumen ins Zimmer, die ebenfalls für Wohlgeruch sorgen (14805-14854), wobei der Erzähler selbst angibt, daß nicht klar ist, woher die frischen Blumen stammen und wohin die verwelkten verschwinden (14814S.U. 14845-14848). Der vierte Automat hält ein Weihrauchfäßchen in der Hand, aus dem heilende Düfte entströmen (14896-14913). Damit werden an dieser Stelle die Darstellung eines technischen Mechanismus' und die Darstellung von Elementen des natürlichen Wunderbaren verbunden, die über bloße Wohlgerüche hinausgehen. 251 Es wird gesagt, daß das Fäßchen «gomes esperitaus» (14899) enthält, die auch im Medizinbuch behandelt wird (14900), woraufhin die genaue Wirkungsweise des Duftes, der durch Hitzeeinwirkung und das Abbrennen der «gome» erzielt wird, sowie seine Heilkräfte beschrieben werden (14903-14913). 252 Hier wird wie sonst im Bereich des technischen Wunderbaren wissenschaftlich stilisiert, so daß der wunderbare Aspekt des Geschilderten in den Hintergrund tritt und das Beschriebene, obwohl es die Grenzen des real Erlebbaren wahrscheinlich überschritt, für den Hörer vorstellbar wird. Auch in die Palastbeschreibungen werden Elemente des natürlichen Wunderbaren integriert. Z u m einen gibt es Stellen, an denen gesagt wird, daß der jeweilige Palast von meteorologischen Phänomenen unabhängig ist {Prise d'Orange, 463 u. 649: «Soleil n'i luist ne n'i cort point de vent»), wobei gerade diese A b w e senheit natürlicher Gegebenheiten das wunderbare Element ausmacht. 253 Z u m anderen, und das weitaus häufiger, werden wie in der «Chambre des Beautes» wunderbare heilende Kräfte, die natürlichen Phänomenen zugeschrieben werden, in die Beschreibungen integriert. Im Folque de Candie wird das gesamte Zimmer, in dem Tiebaut ruht, als heilkräftig dargestellt, wobei die Auswirkungen der Heilkraft, nicht aber ihre Ursache geschildert werden. 254 Im Fierabras
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253 254
Cf. dazu Labbe 1987, p. 177. Diese Elemente werden auch im RA bei der Schilderung des Löwenbrunnens an der Quelle der Jugend verbunden, da die heilenden Säfte der umstehenden Bäume (natürliches Wunderbares) durch ein von Magiern hergestelltes Röhrensystem in den L ö w e n fließen und aus dessen Mund strömen (technisches Wunderbares), cf. RA III 203, 3630s.; 3639-3646. A u c h hier werden sowohl die heilende Wirkung der Säfte als auch die Röhrenkonstruktion detailliert beschrieben. V . dazu cap.3, p.313s. Für einige inhaltliche Bemerkungen zu dieser Stelle cf. Gaullier-Bougassas 1998a, p.476. V . Bertolt de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1904-1912, 14907-14913: «Des gomes qui dedenz alument/ Bone est l'olor, puis qu'eles fument:/ Soz ciel n'est rien que la receive,/ Ja fous corages le deceive./ Esperital en est l'olor,/ Quar il nen est maus ne dolor/ Q u e n'en guarisse, qui la sent.» Cf. dazu Dubost 1991, P.356S.U. Labbe 1987, p. 255 u. p.301. V . Herbert le due de Danmartin, Folque de Candie, ed. Schultz-Gora 1909-1936, 93609366: «[...] et mecines a granz,/ ne nus n'i entre, tant navrez soit, parlanz/ ja dedenz mui-
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wächst in Floripas' Zimmer eine «mandegloire», deren Heilkräfte zunächst allgemein und dann in ihrer erfolgreichen Anwendung auf Olivier dargestellt werden. 255 Im RA werden wie in der Beschreibung der «Chambre des Beautes» Elemente des natürlichen Wunderbaren mit der Darstellung eines technischen Mechanismus verbunden. Dort fließt in Porrus' Palast heilender «basme» durch das große Leitungssystem, dessen heilende Eigenschaften auch hier zur Sprache kommen, wobei nicht nur der Geruch, sondern auch ein Bad im «basme» heilkräftige und sogar vorbeugende Wirkung haben: «Raplenist si le lieu d'odour esperital/ Que onques Dieus ne fist icel home carnal/ Qui tant fust engrotes d'enfermete mortal,/ S'il i peiist baignier un seul jor a jornal,/ Q'il ne fust tous garis en meesme l'estal/ Ne ja puis en tout l'an sentist dolor ne mal.» {RA III 49, 908-913).
Z w e i Beobachtungen sind angesichts dieser Stellen hervorzuheben: Z u m einen handelt es sich bei dem Ausdruck «esperital», der zur Kennzeichnung des heilenden Wohlgeruchs im Roman de Troie und im RA verwendet wird, offensichtlich um eine A r t Schlüsselwort, das das Wunderbare an ihm, gewissermaßen die Verbindung zur göttlichen Sphäre herausstellt. Z u m anderen kommen die heilenden Ausprägungen des natürlichen Wunderbaren nur in den Palastbeschreibungen vor, da auch die Leitungssysteme, die «basme» oder andere Flüssigkeiten zur Konservierung der Leichname in den Grabmalsbeschreibungen transportieren, nicht wirklich mit heilendem Wunderbaren vergleichbar sind. Hinzu kommt, daß in den Palastbeschreibungen die genaue Anwendungsweise des natürlichen Wunderbaren zur Heilung von Menschen erklärt wird: man ißt etwas von der «mandegloire» (Olivier im Fierabras), badet im «basme» oder atmet die heilenden Gerüche der brennenden «gome» ein. 256 Auffallend ist in diesem Zusammenhang, daß fast alle kürzeren und auch zwei der längeren Palastbeschreibungen (RA, Roman de Troie) Elemente des natürlichen Wunderbaren enthalten, nicht aber die längere Palastbeschreibung im Voyage de Charlemagne. D a im Roman de Thebes ebenfalls keine solchen Elemente in den Zeltbeschreibungen zur Sprache kommen, da sie auch in den Palastbeschreibungen des Girart de Roussillon fehlen und da die ersten Belege der Integration, nämlich in den Grabmalsbe-
255
256
re si ert vielz e ferranz,/ s'avra passe son aaige et ses anz/ et gariz toz par mires mecinanz/ et de ses armes peniz et travaillanz/ buens chevaliers et seurs guerroianz.» Cf. zu dieser Stelle Dubost 1 9 9 1 ^ . 3 6 1 . V. Fierabras, edd. Kroeber/ Servois i860, 2164-2167: «En Tun cor de la cambre avoit fait .i. prentoire,/ U ja ne faura fruis ne flors ä nul tempoire;/ La dedens naist et croist pour voir la mandegloire;/ De tous maus fors la mort i troev'on ajutoire.» u. 2209-2211: «Vint ä la mandeglore, .i. peu en a oste [i.e. Floripas];/ Olivier l'aporta; tantost k'en ot use,/ Si sanerent ses plaies, si revint en sante.» Cf. zu dieser Stelle Dubost 1 9 9 1 ^ . 3 5 8 360. Weitere Elemente des natürlichen Wunderbaren, die hier nicht näher untersucht werden können, finden sich in der Beschreibung der «Chambre des Beautes». Dort führt z.B. der zweite Automat alle bekannten Tiere vor (14724-14740), unter denen auch «mostres perillos» (14738) sind, deren «nature» wie die der anderen Tiere vorgeführt wird.
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Schreibungen des Roman d'Eneas, die Wirkungsweise beispielsweise des «basme» noch nicht so genau erklären, wie spätere Belege es tun, könnte das Fehlen des natürlichen Wunderbaren in der Palastbeschreibung des Voyage für eine frühe Entstehung dieses Werkes, etwa mit dem Roman d'Enias oder Girartde Roussillon, sprechen. Zusätzlich gibt es in einigen Palastbeschreibungen noch eine andere Art der Verknüpfung von technischer Kunstfertigkeit und natürlichen Phänomenen, indem Bäume und Vögel, aus den kostbarsten Materialien täuschend echt nachgebildet, in den Palästen oder deren Gärten ihren Platz haben. So befindet sich vor dem Saal von Priamus' Palast im Roman de Troie eine kleine goldene Pinie mit ausladenden Ästen ( 6 2 6 5 - 6 2 7 7 ) , die «par artimaire, par nigromance e par gramaire» (6267s.), also durch magische Künste, gefertigt wurde und große Bewunderung bei den ankommenden Botschaftern Odysseus und Diomedes auslöst (6275-6277). 257 Auch in der Prise d'Orange steht eine Pinie im Palast Gloriete ( 6 5 1 - 6 5 6 ) , von der durch den Ausdruck «par tel esperiment» ebenfalls angenommen werden muß, daß sie künstlich, nicht natürlich 1st. 258 Im RA gibt es sogar zwei Arten solcher künstlich nachgebildeter natürlicher Phänomene. Es handelt sich zum einen um das Weinspalier («trelle»), das Alexander im Kellerraum von Porrus' Palast vorfindet ( 5 0 , 9 1 9 - 9 2 8 ) . Die «trelle» ist aus Gold, die Gabelungen sind aus Ebenholz, die Äste aus Zypressenholz. Mit dem Spalier ist ein Weinstock («vigne») gefertigt, dessen Blätter aus Silber, dessen Ranken aus Hyazinthen und dessen Trauben aus Kristall bestehen. Auch Jaspis und Smaragde sind verarbeitet, so daß die Trauben sehr echt wirken: «Ce samble ques esgarde qu'il soient piain de vin» (927). Im Garten des Palasts befinden sich zum anderen künstliche Bäume, auf denen ebenfalls künstliche Vögel mit goldenen Krallen und Perlen in den Schnäbeln sitzen: «Ains Dieus ne fist eel arbre qui entaillies n'i sie/ Ne maniere d'oisel n'i soit a or sartie,/ Et ont or en lor ongles, en lor bes margerie.» (51,933935) 259 Wie bei der Beschreibung von Dekorationen, die Naturelemente darstellen (v.o.), wird auch hier Wert auf die Vollständigkeit der Darstellung gelegt. Insgesamt fällt bei der Untersuchung der Palastbeschreibungen auf, daß fast alle Beschreibungen wunderbare Elemente wie natürliches Wunderbares, nicht realisierbare technische Mechanismen oder magisch verfertigte Gegenstände enthalten, daß aber trotzdem keine Beschreibung - mit Ausnahme der Beschreibung der «Chambre des Beautes» - 2 6 ° den Terminus merveille oder davon abge257 258
259 260
Cf. zu dieser Stelle Croizy-Naquet 1994, p. 128. Cf. zu dieser Stelle Dubost 1991, p.357, der sich für die Künstlichkeit ausspricht. Cf. auch Labbe 1987, p. 302 u. p. 3 1 4 - 3 1 8 , der sich ebenso verhält, wobei das Argument der Existenz solcher künstlichen Bäume im 9. und 10. Jahrhundert in Bagdad und Konstantinopel m.E. fragwürdig ist (cf. p.84). V. zu dieser Stelle Dubost 1991, P.362S. Cf. Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1 9 0 4 - 1 9 1 2 , 1 4 6 5 3 («merveilles»), 1 4 7 1 5 («Que c'est merveille qu'el ne chiet.»); 14741 («Merveille semble a esguarder»), 14722 («Fait merveilles de tel semblant»), 14879 («Merveille fu com ςο pot estre») etc.
160
leitete Wörter enthält. Nur magische Handlungen oder zwischen technischer und magischer Fertigkeit liegende Prozesse werden mit speziellem Vokabular bezeichnet (v.o.). In den Palastbeschreibungen wird also Wunderbares in der Regel nicht wunderbar dargestellt, wobei die Beschreibung von technischen Mechanismen und der Wirkung des heilkräftigen natürlichen Wunderbaren wissenschaftlich stilisiert wird. Was die Rolle des Erzählers angeht, finden sich - ebenfalls mit Ausnahme der Beschreibung der «Chambre des Beautes» - 2 0 1 deutlich weniger Erzählerkommentare als in den anderen Motivreihen. Dafür werden in noch stärkerer und anderer Weise, als dies für die Grabmalsbeschreibungen im RA festgestellt wurde, Figurenreaktionen auf die Paläste angeführt. Diese werden nicht vom Erzähler vorweggenommen,202 so daß es sich um Erzählerkommentare handeln würde, sondern meist in direkter Rede der Figuren selbst oder durch Schilderung ihrer Reflexionen wiedergegeben. Beispiele für die Wiedergabe durch direkte Rede finden sich in der Prise d'Orange, wenn z.B. Gillebert zu Wilhelm angesichts des Palasts von Tiebaut in Orange sagt: «» (243). Später verleihen beide ihrer Bewunderung angesichts dieses Palasts Ausdruck: «» (464-466) Zum Palast Gloriete lautet Wilhelms Reaktion: «» (675).203 Die direkte Figurenrezeption spielt besonders in den längeren Beschreibungen des Voyage de Charlemagne und des RA eine wichtige inhaltliche Rolle. So zeigt Alexanders zweimalige Reaktion auf den toten, nicht funktionalisierten Reichtum des Porrus-Palasts sowie seine Verteilung der Reichtümer als Beute, die die beiden Teile der Palastbeschreibung voneinander trennt (v.o.), den Gegensatz zwischen dem beschriebenen ungenutzten Reichtum des Porrus, der in der Palastbeschreibung seinen Ausdruck findet, und der «largesce» Alexanders, die in seinem Verhalten und seinen beiden Reden an seine Leute deutlich wird (v.o.).264 Bei Karls Reaktion auf Hugos Reichtum im Voyage de Charlema261
262
263 264
V. z.B. den Unsagbarkeitstopos, der uns aus Beschreibungen anderer Motivreihen bekannt ist, aber sonst nirgendwo in Palastbeschreibungen vorkommt: «Des entailles ne des figures/ Ne des formes ne des peintures/ Ne des merveilles ne des gieus,/ Dont mout i ot par plusors lieus,/ Ne quier retraire ne parier,/ Qu'enuiz sereit de l'escouter.» (Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1904-1912,14651-14656) Cf. auch 14665-14667,14957 u · 14766 («Ii Livres»), 14776 («E si n'en sot one tant Daviz»), 1487714880 (Funktionsweise eines Automaten kann nicht erklärt werden), 14914-14917, 14932s., 14941-14950 (Unsagbarkeitstopos zu Hectors Bett, das nicht mehr vollständig beschrieben werden kann). Anders auch hierbei die Beschreibung der «Chambre des Beautes», cf. Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1904-1912, 14679s.: «Quis esguardot, 90 Ii ert vis/ Qu'angle fussent de Paradis», 14741, 14747s., 14791-14796 (niemand fühlt Sorge beim Anhören der Musik eines Automaten), 14814s. (niemand weiß, woher die Blumen des Automaten kommen). Cf. dazu Labbe 1987, P.304S. Cf. dazu auch Gaullier-Bougassas 1998a, p.466, die Alexanders «largesce» ebenfalls dem «espace mort» des Palasts gegenübergestellt sieht. Richtig schätzt Gaullier-Bougassas m.E. die Funktion der Beschreibung als einer Kritik am orientalischen Anhäu-
161
gne kann sogar zwischen der direkten Rede, in der er Hugo gegenüber den Palast lobt («»; 365367), und den Gefühlen der Minderwertigkeit, die ihn in Wirklichkeit bewegen («Karle vit le paleis e la richesce grant;/ La sue manantise ne priset mie un guant./ D e sa mullier Ii membret que manace out tant.» ; 362-366), unterschieden werden. Z u letzterem gehören auch seine Bedenken angesichts der nicht aufhörenden Drehung des automatischen Palasts, wobei er diese sogar durch eine ängstliche Frage an Hugo nach außen dringen läßt: «» (396). Hier zeigt sich Angst vor der Macht und dem Wissen Hugos, das der sich drehende Palast verkörpert. 265 So besteht hier wie im RA ein sinnstiftender Gegensatz zwischen dem Erleben und der inhaltlichen Position der Figur und dem, was durch das beschriebene Gebäude verkörpert wird. Ein ähnlicher Gegensatz findet sich nur noch in der angstvollen Reaktion der Franzosen auf die Zauberspiele, mit denen der Kaiser von Konstantinopel sie im Girart de Roussillon beeindrucken will: «E quant lor a pavor fait sostener,/ [...]/C'uns non sat mout trosc'au demain au ser.» (215 u. 218) In allen anderen kürzeren Palastbeschreibungen, wie oben für die Prise d'Orange vorgeführt, verhalten sich die Figuren demgegenüber stets affirmativ und bewundernd zum Palast und dem, was in ihm geschieht. 266 Die größere Bedeutung der Figurenrezeption ergibt sich aus dem Kontext der Palastbeschreibungen, der in gewisser Weise dem der Zeltbeschreibungen gleicht. In beiden Motivreihen nehmen Fremde, nämlich Besucher oder Boten, den Palast oder das Zelt als Ausdruck der Macht höherstehender oder ebenfalls mächtiger Personen wahr. Dementsprechend sind auch die Funktionen der Palastbeschreibung denen der Zeltbeschreibung ähnlich, da in beiden Motivreihen durch Pracht und Luxus Macht gezeigt wird. Bei den Palästen, aber auch bei den Zelten, kommt durch das Vorhandensein von Automaten bzw. der Dekoration noch der Hinweis auf technisch-magisches oder sonstiges (meist historisches) Wissen hinzu, das den Besucher ebenfalls die Macht des anderen erkennen läßt. Außerdem dienen die dargestellten Paläste und Zimmer auch dazu, den Aufenthalt in ihnen durch Wohlgerüche, künstliche oder natürlich wunderbare Bäume und Unterhaltung, z.B. in Form von Automaten, so angenehm wie möglich werden zu lassen. Die Schutzfunktion der Grabmale zeigt sich in den an-
265
266
fen ungenutzter Reichtümer ein, nicht überzeugend scheint die Einschätzung, daß der Palast einen «caractere atemporel et paradisiaque» habe, da das heilende natürliche Wunderbare und die künstlichen Bäume, die als Argumente für diese Einschätzung angeführt werden, sich auch in anderen Palastbeschreibungen finden, ohne daß jemals von einem Paradies die Rede sein könnte. Cf. zu den unterschiedlichen Reaktionen Karls auch Labbe 1987, P.343S., u. Trannoy 1992, p. 242s., zu Macht und Wissen Hugos, die die Automaten verkörpern, v. dort p. 244-246. A u f p. 247 wird Hugo deswegen als «roi cosmocrator» bezeichnet, was angesichts der Häufigkeit, mit der das Element der durch Wind betriebenen Automaten in den verschiedenen Motivreihen vorliegt, zu stark erscheint, da es sonst auf jeden Besitzer eines Automaten zutreffen müßte. So wird Tiebaut im Folque de Candie und Olivier im Fierabras geheilt. 162
deren Motivreihen nur ganz vereinzelt, vordringlich im RA durch die unbrennbaren Tore des Palasts der Porrus und den wunderbaren, schützenden Eingang von Alexanders Zelt. Erinnerungs- und Bewahrungsfunktion gelten ausschließlich für die Grabmalsbeschreibungen.
2.5.
Zusammenfassung: Das technische Wunderbare in Bauwerken
Die Untersuchung der drei Motivreihen ergab, daß es zwar einige gebäudebedingte und dadurch gebäudegebundene Elemente gibt, die nur in den Beschreibungen einer bestimmten Motivreihe verwendet werden, daß aber die Motivreihen vor allem durch zahlreiche gebäudeunabhängige Komponenten konstituiert werden, die in zwei oder in allen Motivreihen eine Rolle spielen. Die meisten Elemente, die in den früheren Beschreibungen einer Motivreihe Verwendung finden, werden von späteren Beschreibungen in der Motivreihe übernommen und dabei variiert. Einige Elemente gehen von einer in die andere Motivreihe über. Die kürzeren Ausprägungen der Beschreibungen, die sowohl wunderbare Elemente als auch in Form von sogenannten «Standardbeschreibungen» ausschließlich nicht-wunderbare Elemente aufweisen können, verwenden dabei durchaus diejenigen Elemente, die auch in den längeren Beschreibungen auftreten. In längeren Beschreibungen werden die Bestandteile allerdings meistenteils variiert und ausführlicher dargestellt sowie häufig von nicht-wunderbarer in wunderbare Stilisierung überführt. Einige Elemente sind jedoch charakteristisch für die längeren Beschreibungen. Dazu gehören die Beschreibungen technischer Mechanismen, die über die Vorstellungs- und Erfahrungswelt des zeitgenössischen Publikums hinausgewiesen haben dürften, und die Einbindung von Elementen des natürlichen Wunderbaren in die Beschreibung der Gebäude. Wichtige Bestandteile längerer Beschreibungen sind außerdem die Erwähnung wunderbarer Edelsteine, die Andeutung oder Beschreibung magisch-technischer Handlungen, die die Voraussetzung für die Entstehung der Gebäude darstellen, sowie die Beschreibung von Automaten. Der RA enthält im Gegensatz zu den übrigen untersuchten Texten längere Beschreibungen aus jeder der untersuchten Motivreihen. Er greift wie andere Texte Elemente der bereits vorhandenen längeren Beschreibungen auf und variiert sie, verbindet dies jedoch mit einer großen Zahl an Neuerungen - vor allem im Bereich der Erzähltechnik - , und integriert erstmalig Elemente aus der Motivreihe der Grabmalsbeschreibungen in eine Zeltbeschreibung, die ihrerseits spätere Zeltbeschreibungen beeinflußte.
163
2.6.
Die Luft- und die Tauchfahrt im Roman d'Alexandre naturwissenschaftliches Wunderbares
als
2.6. ι.
Bereits vorliegende Untersuchungen zur Luft- und Tauchfahrt
D a ß die Luft- und die Tauchfahrt allgemein als zentrale Episoden des RA und soweit sie vorhanden sind - auch der gesamten Alexanderliteratur gelten, beweist die große Menge an Sekundärliteratur, die zu diesen Episoden existiert. D a b e i ist die Luftfahrt bei weitem am meisten bearbeitet worden. Mit Α
Legend
and its Image. The Aerial Flight of Alexander the Great in Medieval Art von Victor Schmidt 2 6 7 und Historia Alexandri
elevati per griphos adaerem
grafia efortuna di un tema) von Chiara
Settis-Frugoni 268
(origine,
icono-
liegen allein zwei Mono-
graphien zur Luftfahrt vor, die trotz ihrer kunstgeschichtlichen Ausrichtung auch ausführlich auf die literarischen Versionen der Luftfahrt B e z u g nehmen. Z u d e m gibt es mehrere Aufsätze, die sich ausschließlich mit Luftfahrt, Tauchfahrt oder beiden Episoden in mehreren mittelalterlichen Alexandertexten beschäftigen, nämlich von Laurence Harf-Lancner 2 6 9 , Catherine Gaullier-Bougassas 2 7 0 , Hartmut Kugler 2 7 ' und Jan Huisman. 2 7 2 A n d e r e Aufsätze über den RA räumen Betrachtungen zur Luft- und Tauchfahrt einen wichtigen Platz ein, so z.B. Aufsätze von Francois Suard 2 7 3 und Marie-Frangoise Notz. 2 7 4
2.6.2.
Stellung und Kontext der Luft- und Tauchfahrt im Vergleich zu anderen Alexandertexten
Für die Einschätzung der Originalität und Aussagekraft, die die Luft- und die Tauchfahrtepisode im RA entwickeln, bilden zwei allgemeine Beobachtungen der Sekundärliteratur eine gute Basis: Chiara Settis-Frugoni gründet ihre Untersuchungen auf die Feststellung, daß die Luftfahrt immer ein offener Text geblieben sei, der starken Veränderungen unterworfen gewesen sei (ρ. 11). Dies gilt genauso für die Tauchfahrt. Die Bedeutung, die die beiden Episoden in den verschiedenen Vorlagen und Vorstufen des RA haben, und die Bedeutungsänderung, die sie in entscheidender Weise in der Bearbeitung des RA durch Alexandre de Paris erfahren haben, lassen sich erkennen, sobald man die Stellung der Episoden im Textganzen und den sie speziell umgebenden Kontext betrachtet. 267 268 269 270 271 272 273 274
Schmidt 1995. Settis-Frugoni 1995. Cf. auch Ross 1976. Harf-Lancner 1995. Gaullier-Bougassas 1996. Kugler 1987. Huisman 1979. Suard 1989. Notz 1994. Bemerkenswert bei der Fülle der Arbeiten zu diesen Episoden ist, daß Francis Dubost weder Luft- noch Tauchfahrt in dem Kapitel seiner Monographie über das Phantastische im Mittelalter erwähnt, das sich ausschließlich mit dem RA beschäftigt (cap. 11, p. 256-282). 164
Es gilt ohne Ausnahme eine Feststellung von Francis Dubost: «C'est I'ceuvre qui fait la merveille; et non l'inverse! [...] Chaque texte appellerait ainsi une reevaluation de la merveille, tout au moins de sa position dans la structure narrative et dans les parcours de sens construits par le regit.» 275
Vorlagen, Vorstufen und Vergleichstexte, die die Folie für eine gewinnbringende Interpretation im Hinblick auf Stellung und Kontext der Luft- und Tauchfahrt im RA bieten, sind der Rhythmus Alexander puer magnus, der früheste lateinische Text, der Luft- und Tauchfahrt erwähnt, 276 die Alexandervita Leos, 2 7 7 die Historia de Preliis in ihren verschiedenen Fassungen 278 sowie die Handschriften Β und L (Paris, Β. Ν., fr.789), 279 die zusammen mit A z 8 ° auf eine ältere Fassung des Alexanderromans schließen lassen, die wahrscheinlich als Vorstufe der Fassung gelten kann, die Alexandre de Paris um 1185 anfertigte. 281 Der vorkarolingische Rhythmus Alexander puer magnus, der in einer sich in Verona befindlichen Handschrift überliefert ist, ist nach neuesten Erkenntnissen wie die gesamte Handschrift in Frankreich (St. Denis) geschrieben und entstammt wohl noch dem 8. Jahrhundert. 282 Neben einer (anders als in den übrigen Texten erzählten) Bucephalus-Episode (8-15) und einem Abstieg ins unterweltliche Dunkel (7-c))283 - vielleicht wie andernorts die Tauchfahrt als ein Pendant zur Luftfahrt gedacht - berichtet der Verfasser von der Luftfahrt Alexanders: «Grifis prendidit ascensum,/ vidit mirabilia// // // Hic in altum cum subisset,/ se mox mori aestimans,// ad dominum deprecatus/ est, ut posset revehi.// Ilico ubi descendit,/ civitat(em) aedificat.» (Alexander puer magnus, ed. Mölk 2001, 19-24)
Hier werden zwei Elemente in der Darstellung kombiniert, die in den übrigen Texten nicht zusammen auftreten und dort zudem nicht so akzentuiert werden. 275 276
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281
282 283
V. Dubost 1991, p.64. V . neuerdings die kommentierte Neuedition Alexander puer magnus, ed. Mölk 2001, die hier verwendet wird. Zum Vorhandensein der Luftfahrt in einer Handschrift des griechischen Alexanderromans (HS C) v. Settis-Frugoni 1995, p. 18s.; v. auch dort, p. 140s., zum Alexander puer magnus. Cf. Leo, Alexanderroman, ed. Pfister 1910. Die Version des Julius Valerius enthält weder Luft- noch Tauchfahrt. Cf. die Ausgaben Historia de Preliis J\ edd. Hilka/ Steffens 1979; Historia de Preliis J2, ed. Hilka 1976-1977; Historia de Preliis J3, ed. Steffens 1975. Für die Handschriften Α und Β v. M F R A , vol. 1; von L sind nur die Laissen 1-72 in M F R A , vol. 3, p. 101-54, ediert. Handschrift Α enthält weder die Luft- noch die Tauchfahrt, cf. dazu Schmidt 1995, p. 91, n. 63. A n dieser Stelle wird nochmals darauf hingewiesen, daß, wie in der Einleitung bereits dargelegt wurde, nur die Handschriften Μ und (teilweise) G dieser Untersuchung der von Alexandre de Paris angefertigten Version zugrunde liegen, so wie sie in M F R A , vol. 2, ediert wurden, da von anderen Handschriften (mit Ausnahme von Ρ als Faksimile) keine Ausgabe vorliegt. Diese Edition ist keineswegs als kritische Edition anzusehen. Zum sogenannten A B L - A r c h e t y p cf. M F R A , vol. 2, p. X-XI u. X V I - X V I I I ; M F R A , vol. 3, ρ. 11-29 u. M F R A , vol. 6, p. 19s. V . Alexander puer magnus, ed. Mölk 2001, p.349 u. p.353. V. dazu Alexander puer magnus, ed. Mölk 2001, P . 3 5 4 S .
165
Z u m einen ist dies die Tatsache, daß Alexander sich im Luftraum in großer Gefahr befindet («se mox mori aestimans») und seine heile Rückkehr auf die Erde von Gottes Eingreifen abhängt, wie es bei Leo und in den Versionen der Historia de Preliis (v.u.) eine wichtige Rolle spielt. Dort wird allerdings kein Gebet erwähnt, sondern die göttliche Macht greift von sich aus ein. Z u m anderen wird im Alexander puer magnus erzählt, daß Alexander aus der Luft «mirabilia» gesehen habe. Dies findet sich so in keinem der untersuchten Texte, hat aber am ehesten eine Entsprechung im RA, da Alexander dort zumindest etwas für ihn Nützliches - Babylon und seine Lage - sehen kann. In den übrigen Texten sieht Alexander nur kurz die Topographie der Erde, ohne daß dies ihm Vorteile brächte (v.u.). Die Gründung von Alexandria am Landungsort hat meines Wissens keine Entsprechung in lateinischen oder volkssprachlichen Texten. So ist der Rhythmus insgesamt als eine außergewöhnlich originelle Version der Luftfahrt anzusehen, 284 die von der frühen Auseinandersetzung mit der Episode im französischen Raum zeugt. Leo erzählt zuerst die Luft- und dann die Tauchfahrt in den Abschnitten III 27 1 1 ,4-6 (p. 126s. der Ausgabe). Beide Episoden zusammen nehmen nur 28 Zeilen ein und werden im Rahmen eines Briefes von Alexander an seine Mutter Olympias erzählt, den Alexander am Ende seiner Eroberungen und nach seiner Ankunft in Babylon schreibt, wo er von den Babyloniern glorreich empfangen wurde. Die vorhergehenden Abschnitte des Briefes (1-3) berichten von den Säulen des Herakles, der Wüste und dem «rebellierenden Raum», 285 den Alexander durchquerte, ebenso von den Amazonen und den Monstern im Fluß um das Gebiet der Amazonen. Luft- und Tauchfahrt stehen am Ende dieser eindrucksvollen Reihung wunderbarer Erlebnisse des Helden, werden von ihm selbst geplant und durchgeführt und können als Höhepunkte seiner Vita angesehen werden, bevor diese durch die Eroberung von Babylon gekrönt wird. Unmittelbar auf diese abschließenden Episoden des Briefes folgen deshalb auch die Vergiftung Alexanders durch Yolus und die Schilderung seines Todes im Text (p. 127-131). Inhaltlich ist im Hinblick auf eine spätere Analyse der Luftfahrt im RA wichtig, daß eine göttliche Macht Alexander im Augenblick der Gefahr zur Erde zurückwirft und daß beide Expeditionen auf wissenschaftliches Interesse gegründet sind, das die Figur in der Ich-Form darlegt: «[...] quatenus ascenderem caelum et viderem, si est hoc caelum, quod videmus. [...], ut mensurarem fundum maris.»286 Von den drei Versionen der Historia de Preliis soll hier nur die zweite Fassung J2 untersucht werden, da sie aller Wahrscheinlichkeit nach die Vorlage für beide Episoden in Alexandre de Paris' Fassung des Alexanderromans war. 287 Außerdem ist z.B. J1 in bezug auf Luft- und Tauchfahrt fast identisch mit J2, die aller284
V . zur Originalität des Textes auch Alexander puer magnus, ed. Mölk 2001, P.354S.
285
V . cap.5, p.435, P.517S., p.535.
286
V. Leo, Alexanderroman, ed. Pfister 1910 III 2711, 5 bzw. 6 (p. 126). Cf. zur LuftfahrtEpisode bei L e o auch Schmidt 1995, p. 14,38 u. 75 sowie Settis-Frugoni 1995, p.6 u. 119. V . M F R A , vol. 6, p.68; Harf-Lancner 1995, p.69; Schmidt 1995, p.90, für die Luftfahrt und Gaullier-Bougassas 1996, p. 11, für die Tauchfahrt.
287
166
dings mehr Details z.B. über den Luftwagen einfügt.288 Die Luftfahrt ist wie bei Leo direkt vor der Tauchfahrt erzählt. Beide befinden sich in den Kapiteln 1 1 5 und 116, und zwar in J 2 in 115, Z. 24-39 (Luftfahrt), und 116, Z. 1 - 1 0 (Tauchfahrt).289 Beide Episoden werden nicht vom Helden selbst in einem Brief berichtet, sondern vom Erzähler im Rahmen von Alexanders Reise durch den nur teilweise wunderbaren Raum des Orients. Dabei stehen sie nicht am Ende der wunderbaren Erlebnisse direkt vor dem Einzug nach Babylon wie bei Leo, sondern Babylon wird erst in Kapitel 125, Z. 6, erreicht. Nach der Luft- und Tauchfahrt folgen im wunderbaren Raum noch Erlebnisse mit Monstern in der Wüste («in loca deserta»; 118), die Schlacht gegen die Marder und Subagrer, eine Gefährdung der Truppen in der Schlacht mit dem König Ambira durch vergiftete Pfeile und schließlich der Sieg und die Gesundung der Truppen durch ein Heilkraut, zu dem Ammon Alexander im Traum rät. Luft- und Tauchfahrt sind also nur zwei Episoden unter vielen Abenteuern im Orient. Ihre Stellung im Text ist keinesfalls so exponiert wie bei Leo, und durch den Kontext - vor der Einnahme von Babylon werden noch weitere Episoden und vor allem die Episode um die vergifteten Pfeile mit Ammons göttlichem Eingreifen als Steigerung der vorherigen Orientabenteuer erzählt - werden Luft- und Tauchfahrt im Vergleich zur Alexandervita Leos in ihrer Bedeutung stark zurückgenommen. Inhaltlich sind aber ebenfalls das wissenschaftliche Interesse Alexanders 290 und die Tatsache, daß ihn eine göttliche Macht («virtus divina», cap. 115, Z. 35) bei der Luftfahrt auf die Erde zurückwirft, zu verzeichnen.29' Die direkten Vorlagen des RA von Alexandre de Paris zeigen in besonderem Maße, wie stark die Episoden von diesem verändert bzw. zumindest in wichtigen Teilen auf den Geschehensablauf und die Sichtweise der Historia de Preliis zurückbezogen sind. In der Handschrift Β wird eine Art kombinierte Luft- und Schiffahrt dargestellt, von der Alexander selbst während seines Aufenthalts im «Val perilleus» - in dieser Fassung kurz vor der Einnahme von Babylon - dem Dämon Raan erzählt, den er dazu bewegen will, sich nach seiner Freilassung durch Alexander auf die Insel Orion (oder «Urion»; in 7593) zu begeben, die Alexander mit Hilfe der Luft- und Schiffahrt einmal selbst erreicht hatte.292 Als
288
C f . auch Schmidt 1 9 9 5 , p . 7 5 .
289
In der A u s g a b e von J 1 , edd. Hilka/ Steffens 1 9 7 9 , handelt es sich um die Seiten 2 3 8 - 2 4 0 , in der A u s g a b e von J 2 , ed. Hilka 1 9 7 6 - 1 9 7 7 , um die Seiten 1 5 6 - 1 6 1 und in der A u s g a b e von J 3 , ed. S t e f f e n s 1 9 7 5 , um die Seiten 1 8 0 - 1 8 2 . R o s s 1 9 6 7 , p. 1 2 , signalisiert mit der Handschrift M ü n c h e n , Lat. 8 2 4 , noch eine interpolierte Fassung von J 2 , in der die Tauchfahrt ähnlich wie in der Handschrift L des A l e x a n d e r r o m a n s (v.u.) abläuft.
290
C f . J 2 , ed. Hilka 1 9 7 6 - 1 9 7 7 , cap. 1 1 5 , Z . 26s.:«[...] cum quo possent e u m grifes sublevare in celum, ut videret quid esset ibi.» und cap. 1 1 6 , Z . is.: «[...] ascendit e u m in corde suo ut perquireret profundum maris et videret qualia genera beluarum essent in profundum maris.»
291
Z u Fassungen der Luftfahrt in späteren lateinischen, spanischen und deutschen T e x t e n cf. Huisman 1 9 7 9 , p. 1 2 2 - 1 4 8 .
292
D i e E p i s o d e findet sich in Laisse 4 3 9 , 7 5 8 9 - 7 6 1 8 ( p . 3 5 3 und 3 5 5 von M F R A , vol. 1).
167
Alexanders Boot in Seenot gerät, tötet er einen Hahn,293 verteilt dessen Blut auf einem Löwenfell, in das er sich einwickelt, um sich von zwei Greifen zur Insel tragen zu lassen. Die Greifen, die scheinbar zufällig von den benachbarten Bergen her auftauchen, sind in diesem Text als sehr gefährlich dargestellt, so daß Alexander nach seiner Ankunft auf der Insel sogar einen davon töten muß, während dem anderen die Flucht gelingt. Es handelt sich bei dieser Version der Luftfahrt, wie die eben gegebene Zusammenfassung zeigt, also eher um eine unfreiwillige Luftfahrt, nicht um eine Expedition, die Alexander von sich aus unternimmt. Das wissenschaftliche Interesse ist vollkommen ausgeblendet.294 Neben dieser Erwähnung gibt es in Β noch zwei weitere Stellen, die sich auf die Luft- bzw. Tauchfahrt beziehen.295 Zum einen werden beide Episoden in einer Art Binnenprolog in Laisse 79,854-866, erwähnt, und zwar in einer anderen Version als der von Alexander im «Val perilleus» erzählten: Es wird zuerst von einer freiwilligen Luftfahrt berichtet, zu deren Durchführung Alexander von klein auf zwei Greifen aufgezogen habe (854s.), eine Aussage, die in deutlichem Gegensatz zu den angsteinflößenden Greifen der von Alexander selbst geschilderten Luftfahrt steht. Dann wird von einer Tauchfahrt berichtet, bei der ein Vertrauter Alexanders zum Verräter wird und ihn auf dem Meeresboden läßt, ohne ihn am Seil der Tauchglocke wieder hochzuziehen (856-861). Alexander beobachtet trotzdem das Verhalten der Fische und wird durch ein Unwetter wieder an den Hafen geworfen, wodurch er sich an den Verrätern (plötzlich handelt es sich um zwei, und zwar um den Seneschall und eine Dame) rächen kann. Diese Erzählung paßt einerseits zu dem von Ross untersuchten Motiv der «faithless lady» (obwohl er die Handschrift Β nicht erwähnt), andererseits wird hier mit Vers 862 («La vit toz les agaiz, as peissons les aprist») zum ersten Mal ein Motiv erwähnt, das als das zentrale Motiv der Tauchfahrt, wie sie von Alexandre de Paris gestaltet wird, angesehen werden kann. Dieses Motiv spielt auch an der dritten interessanten Stelle in Β eine Rolle, an der nur von der Tauchfahrt die Rede ist, als nämlich auf den schlechten Charakter eines späteren Verräters, der anläßlich von Alexanders Tod eine Rolle spielt, vorausgewiesen wird. Dies geschieht in Laisse 443, 77257737. Die Diener, unter anderem der besagte Verräter, sind betrübt, als Alexander von einer Vermessung des Meeresgrundes unversehrt zurückkehrt, bei der er auch Gelegenheit hatte, vom Verhalten der Fische, das immerhin in fünf Versen (7730-7734) dargestellt wird, zu lernen. Die Vermessung des Meeresgrundes wird nur bei Leo erwähnt, nicht in der Historia de Preliis. Beide lateinischen Texte erklären im übrigen nur, daß Alexander verschiedene Arten von Fischen und 293
294
295
Für das Motiv eines oder mehrerer auf die Tauchfahrt mitgenommener Tiere, u.a. eines Hahnes, das sich z.B. in der interpolierten Fassung von J 2 und in der Handschrift L des Alexanderromans findet, cf. Ross 1967, p. 1 0 - 1 2 u. 15. Cf. zu dieser Stelle in Β auch Schmidt 1995, p. 89. Der Terminus des «involuntary flight» stammt von Schmidt und scheint sehr geeignet, um diese Art Luftfahrt zu charakterisieren. Cf. zur Geschichte der Tauchfahrt die kurze Anmerkung bei Gaullier-Bougassas 1996, p.9, n. 4, sowie dort p. 17s., n. 10, zu den drei Erwähnungen der Tauchfahrt in B.
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anderen Meerestieren beobachtet, keineswegs verknüpfen sie diese Beobachtung mit Erkenntnissen zur Taktik der Kriegsführung. Dies ist offenbar eine Neuerung des französischen Alexanderromans, die erst in der Version von Alexandre de Paris wirklich ausgeführt wird. Eine weitere, deutlich abweichende Darstellung der Luft- und Tauchfahrt findet sich in der Handschrift L, und zwar in den Laissen 18,363-21,481 (Luftfahrt) und 22,482-35,1026 (Tauchfahrt). Die Luftfahrt steht nach einer Zusammenfassung der Abstammung Alexanders und der Schilderung einiger Episoden seiner Kindheit, wird aber einleitend explizit vom Erzähler noch zu den «enfanches» gezählt: «Par moi Torres avant, quant m'en sui entremis,/ Des enfanches k'il fist, dont j'ai este pensis» (17,351s.). Sie schließt mit einer zeitlichen Einordnung dieser Episode in den Rahmen der Kindheit, die der Erzähler in 21,478 gibt: «Bien ot onze ans passes quant il fist eel a'ir». Außerdem stehen am Ende der Luftfahrt zwei Deutungen nebeneinander: D e r Erzähler deutet positiv und sieht die Luftfahrt als große Tat Alexanders an, die auf die Weltherrschaft vorausweist: «Ce fu senefianche, quant au ciel vaut ravir,/ Qu'il vaurroit tout le monde avoir et segnorir,/ Ne nus n'osa enprendre chou ke il vaut sofrir.» (21, 479-481) 296 Die Figur Philipp hält die Luftfahrt für eine kindliche Verrücktheit Alexanders: «Dit ke d'enfantement set fous gus retenir.» (21,472) Philipp nimmt die Luftfahrt damit weit weniger ernst als der Erzähler, erkennt nicht das Potenzial seines Kindes und erweist sich schon hier als der negativ gezeichnete, ungerechte Vater, gegen den der Sohn sich durchsetzen muß. Diese Sicht Philipps zieht sich durch die gesamte in L geschilderte Kindheit Alexanders und spielt besonders auch bei der Tauchfahrt in gesteigerter Weise eine Rolle. Die Geschichte der Luftfahrt ist m.E. daher nicht nur eine Vorausdeutung auf die Weltherrschaft Alexanders und die eindrucksvolle Darstellung seines außergewöhnlichen Potenzials, sondern auch zusammen mit der Tauchfahrt ein wichtiger Schritt zur Selbstbehauptung des Helden und zu seiner Lösung aus dem elterlichen Einflußbereich. 297 Interessant ist weiterhin, daß Alexander über zahme Greifen verfügen kann, die Philipp am Hof hält (18,369), und daß er, wenn auch in einfacherer Sprache, ein wissen-
296
297
Dazu paßt auch die in der vorher zitierten Stelle bereits in «a'ir» enthaltene Wertung. Außerdem weist die Stelle (479: «Ce fu senfianche» und 480: «le monde avoir et segnorir») auch durch die wörtlichen Anklänge auf die Deutung der Geburtsvorzeichen zurück, wie sie der Erzähler ganz zu Beginn des Textes gegeben hatte: «Ce fu senefianche ke Dius fist esclarcir/ [...]/ Et com grant seignourie il aroit a baillir.» (RA I 1, 27 u. 29). Diese Wiederaufnahme stellt die erfolgreiche Bewältigung der Luftfahrt indirekt als ein Zeichen Gottes für die erfolgreiche Erlangung der Weltherrschaft durch Alexander dar. Harf-Lancner 1995, p. 67, deutet die Luftfahrt nur als Vorausweisung auf die Weltherrschaft Alexanders und weist darauf hin, daß die Ansiedlung der Episoden in der Kindheit auch von Β durch die Verweise im dortigen Binnenprolog angedeutet werde (cf. oben p. 168). Settis-Frugoni 1995, P 214, deutet die Luftfahrt demgegenüber nur als «piottosto una di bambino eccezionalmente coraggioso». Beide Deutungen unterscheiden nicht zwischen der Sicht der Figur und der ihr übergeordneten Sicht des (allwissenden) Erzählers.
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schaftliches Erkenntnisinteresse formuliert, das allerdings mit dem Wunsch nach dem Überblick über das einmal ihm untertane Gebiet verbunden wird: «Et si verrai la tere ki m'iert toute apendant/ Et saurai des oisiaus com lor est convenant/ Quant il volent lasus en l'air ki est ardant.» (18,376-378) Als Bezugspunkt für die weiter unten vorgenommene Interpretation der Version von Alexandre de Paris muß hier noch erwähnt werden, daß keine göttliche Macht Alexander auf die Erde zurückwirft, sondern die Hitze der Sonne, die die Federn der Greifen zum Brennen bringt, so daß diese in schnellem Flug zur Erde zurückfliegen, ohne daß Alexander darauf Einfluß hätte: «Voelle ou non Alixandres, jus(t) l'estuet revertir.» (21, 458) Die Handschrift L behält die Reihenfolge der lateinischen Texte und der Erwähnung beider Episoden im Binnenprolog von Β bei und läßt die Tauchfahrt auf die Luftfahrt folgen. 298 Hier wird die Tauchfahrt aber nicht nur angehängt und kürzer und weniger spektakulär beschrieben als die Luftfahrt, sondern sie wird zu einer wirklichen Steigerung der Luftfahrt ausgebaut, wie der Erzähler bereits einleitend kommentiert: «Puis refist Alixandres un hardement maiour,/ Si com dient Ii livre et descrivent actour.» (22, 482s.) Dabei ist der Verweis auf schriftliche Vorlagen bezeichnend, wobei nicht entschieden werden kann, ob dieser auf lateinische oder uns nicht erhaltene französische Texte zu beziehen ist. Die etwaigen französischen Texte müßte man sich allerdings als deutlich von der erhaltenen Version des Alexandre de Paris abweichend vorstellen, da dort die Tauchfahrt eindeutig nicht als «hardement maiour» im Vergleich zur Luftfahrt dargestellt ist (v.u.). Auch sonst unterscheidet sich die Tauchfahrt in L deutlich von den lateinischen und den in Β angedeuteten Fassungen. Mit den Lehrern und den Fischern, die Alexander nach seinem Schiffbruch aufnehmen, sowie mit dem Schiffsmann («notonier»; 23, 530), der Alexanders Vertrauter ist und seine Tauchglocke heimlich an einem Seil auf den Meeresboden hinabläßt, sind neue Figuren eingefügt. Mit den Motiven von Sturm, Schiffbruch, glücklicher Rettung Alexanders und seiner Beherbergung bei einem Fischer in Alier sowie mit dem von Philipp angestrebten Prozeß gegen die Barone wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht gegenüber Alexander kommen viele neue Motive hinzu und lassen einen ganz anderen Handlungsgang entstehen. Ebenso tritt, wie in Β ansatzweise vorhanden, auch das Motiv des mitgenommenen Hahns (22,498) auf, der Alexander in L das Auftauchen erlaubt, nachdem das Schiff der Barone gekentert und ein Hochziehen der Tauchglocke so unmöglich geworden ist (25, 593603). 299 Im Hinblick auf die bereits bei den anderen Versionen der Tauchfahrt 298
Diese Reihenfolge bestand schon im griechischen Alexanderroman, der Pseudo-Kallisthenes zugeschrieben wird, soweit die Handschriften die Episoden enthalten. V . dazu ausführlich Settis-Frugoni 1995, p. 1 4 - 2 4 . Die Interpretation der Tauchfahrt als Steigerung der Luftfahrt, wie Settis-Frugoni sie p. 1 0 7 - 1 1 0 vornimmt, wird von Ross 1976, p. 167, allerdings nicht als überzeugend empfunden.
299
Cf. hierzu und zur gesamten Tauchfahrt in Β Gaullier-Bougassas 1996, p. 16s. GaullierBougassas hält die Version in L für eine Überarbeitung der Version der Tauchfahrt der Historia de Preliis J 3 und weist richtig auf die Parallelen zum griechischen Abenteuerro-
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untersuchten Gesichtspunkte, die für die Interpretation der Episode im RA des Alexandre de Paris von Nutzen sein werden, ist zu vermerken, daß Alexander bei seinem unfreiwillig verlängerten Aufenthalt auf dem Meeresgrund Gelegenheit hat, das Verhalten der Fische zu beobachten, und daß deren strategisches Vorgehen relativ ausführlich erzählt wird (25,586-590). Es wird allerdings nicht in Beziehung zu Erkenntnissen gesetzt, die Alexander so über Kriegstaktik gewinnen könnte, und der Held selbst nimmt auch keine Stellung dazu, sondern ist ganz mit seiner Angst beschäftigt (591s.). Wie die Luftfahrt wird die Tauchfahrt, und zwar schon vorab, vom Erzähler als Vorausdeutung auf Alexanders Weltherrschaft gekennzeichnet. Dabei wird klar auf die Eroberung Indiens verwiesen.300 Andererseits wird aber genauso - auch hier eine Parallele zur Luftfahrt auf die kindliche Verrücktheit der Tat hingewiesen, und zwar nur in der Figurenrede, so in der Verteidigungsrede des Anatides vor Philipp (32,824-826: Verweis auf das «fol hardement» der Luftfahrt; 831-833: auf Alexanders Unbeugsamkeit allgemein) und von Philipp selbst, nachdem er vom glücklichen Ausgang der Unternehmung gehört hat: «Qui d'enfant se mervelle se il fait foletes» (35,949) und als er Alexander zurechtweist: «Mais a faire ites gieus estes trop aüses» (35, 1021). Alexander und Philipp versöhnen sich zum Abschluß der Episode (35, 1024-1026), so daß der Held gleichzeitig eine weitere Bewährungsprobe im Hinblick auf die Weltherrschaft - und dies ist der wichtigere Gesichtspunkt, da er vom Erzähler hervorgehoben wird - und in der Auseinandersetzung mit seinem Vater bestanden hat.301 Insgesamt läßt sich sagen, daß Luft- und Tauchfahrt in der Handschrift L eine sehr eigenständige Gestaltung erfahren, die in vielerlei Hinsicht von den lateinischen Vorlagen, von Β und vor allem von der Version von Alexandre de Paris abweicht. Daher erscheinen die allgemeinen Anmerkungen Foulets zur Handschrift L in M F R A , vol. 3,302 denen zufolge sowohl die Luftais auch die Tauchfahrt eine Bearbeitung, die auf der Version des Alexandre de Paris beruhe, darstellten, vor allem angesichts der nicht sicher geklärten Abhängigkeitsverhältnisse der Handschriften Α , Β und L, eines eventuellen Archetyps und der Bearbeitung durch Alexandre de Paris, wie sie z.B. in den untersuchten Handschriften Μ und G zutage tritt, kaum haltbar. Vor dem Hintergrund all dieser Feststellungen lassen sich Aussagen über die Luft- und Tauchfahrt in der Gestalt, wie sie bei Alexandre de Paris vorliegen,
300
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man hin (p. 16). Dazu passen auch die Ausführungen bei Ross 1967, p. 10-12 u. 14, die Parallelen zwischen L, dem hebräischen Alexanderroman und der interpolierten Version der Historia de Preliis J2 nachweisen. V . L 22,500-503: «Mais il le fist mout bien et moustra sa valor,/ Que il vaurroit conquerre par force et par vigor/ Dusk'en la tere d'Inde c'on dist Superiour/ Et par trestout le monde iert tenus a seignor.» Z u diesem doppelten Aspekt äußert sich, wenn auch ungenau, nur Gaullier-Bougassasi996, p. 17. Sie unterscheidet allerdings nicht zwischen Erzähler- und Figurenrede. V. M F R A , vol. 3, p. 211, zur Luftfahrt: «These four stanzas tell of Alexander's griffin flight and represent a reworking of A d e P III 274-282.» u. p. 114 zur Tauchfahrt: «These fourteen stanzas, which recount Alexander's descent in a batysphere, are based on A d e P III 18-29.»
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treffen. Zunächst ist es äußerst wahrscheinlich, daß dieser die Episoden in die ihm vorliegende Fassung des Alexandre en Orient von Lambert le Tort in ihrer uns vorliegenden Gestalt eingefügt hat,303 obwohl Foulets Aussagen im Kommentarband zur dritten Branche des RA dazu nicht eindeutig sind.304 Es ist aufgrund der inhaltlichen und strukturellen Parallelen und direkten Verweise (v.u.) auf jeden Fall sicher, daß beide Episoden von einem Redaktor stammen müssen. In der Sekundärliteratur besteht Einigkeit darüber, daß als Vorlage der Version von Alexandre de Paris J 2 der Historia de Preliis anzusehen ist,305 nach deren Vorbild Alexandre de Paris die Episoden wahrscheinlich gestaltete, obwohl ihm vielleicht auch unterschiedlich ausgeführte und angedeutete Luft- und Tauchfahrten - wie sie in Β und L vorliegen - bekannt gewesen sein könnten.306 Auf jeden Fall liegt eine weitgehende Neugestaltung der Episoden durch Alexandre de Paris vor, die sich nur in einigen Punkten an der Historia de Preliis J 2 orientiert. Besonders interessant für die Beurteilung der Neugestaltung durch Alexandre de Paris sind die voneinander abweichenden Aussagen über die Luftfahrt im Prolog und in der Episode selbst. Im Binnenprolog der Branche III (III 1) werden weder Luft- noch Tauchfahrt bei den wunderbaren Episoden aufgezählt, der Prolog des Gesamtwerkes enthält aber einen Hinweis auf die Luftfahrt: «Et la voie du ciel refu par lui tentee,/ Quant la chaiere d'or en fu lassus portee/ Par les quatre grifons, a qui fu acouplee» (13,73-75). Dort ist von einem goldenen Stuhl und vier Greifen die Rede, während in der Episode selbst ein mit Tierhäuten bezogener Luftwagen, den sieben oder acht Greifen ziehen, von Alexander benutzt wird.307 Diese Divergenzen lassen auf verschiedene Vorlagen oder bildliche Darstellungen schließen, die dem Redaktor gegenwärtig waren und von ihm selbständig zusammengestellt und verändert wurden, so daß uns eine sehr eigenständige Version sowohl der Luft- als auch der Tauchfahrt vorliegt. Die eigenständige Leistung von Alexandre de Paris zeigt sich vor allem in der Plazierung der Episoden im Text und an ihrer originellen Einbindung in den Kontext. 303 304
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So auch Harf-Lancner 1995, p.69. Foulet macht dazu widersprüchliche Aussagen. So erklärt er M F R A , vol. 6, ρ. 1, die Luft- und Tauchfahrt als wahrscheinlich nicht von Alexandre de Paris eingefügt, kennzeichnet aber auf p. 7 die Tauchfahrt als von diesem eingefügt, ebenso die Luftfahrt auf p. 14. Zur Luftfahrt stellt Foulet dort fest: «This episode, which the ABL version lacks, was introduced into the RA by AdeP. In structure and style it resembles Alexander's batysphere descent (stanzas 18-19) and was very probably composed by the same author.» Cf. die Literaturangaben in n. 287. Für eine direkte Orientierung an den Handschriften Β oder L sind die Divergenzen zwischen diesen Handschriften und der Version von Alexandre de Paris zu groß, auch wenn einige interessante Motive oder Details übereinstimmen (v.o. im Text). Es ist nicht auszuschließen, daß der Alexandre en Orient zumindest Anspielungen auf eine Luft- und Tauchfahrt oder sogar vollständige Episoden enthielt, nach deren Vorbild Alexandre de Paris seine Version der Episoden gestaltete. Zum Luftwagen cf. III 278,4996-5001, zu der Anzahl der Greifen III 279,5032: «Ne sai ou set ou uit en i a acouples.» Die Abweichungen werden auch von Schmidt 1995, p. 88, und Settis-Frugoni 1995, p.2iis., signalisiert.
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Wichtigste Veränderungen sind dabei die - innerhalb der französischen und lateinischen aufeinander beziehbaren Versionen - erstmalige Umkehrung der Stellung von Luft- und Tauchfahrt sowie deren große räumliche Trennung im Text, die ebenfalls vorher nicht existiert hatte. Im Gegensatz zu L läßt Alexandre de Paris die Episoden, wie die lateinischen Texte, im Erwachsenenleben Alexanders stattfinden. Damit einher geht ein deutlicher Bezug beider Episoden aufeinander, der durch strukturelle und inhaltliche Parallelen hergestellt wird (v.u.). Die Tauchfahrt wird von ihm an den Anfang der Erkundung des wunderbaren Raumes gestellt, die Luftfahrt findet nach dem Ende dieser wunderbaren Expedition durch den Orient statt. Dadurch wird der wunderbare Raum klar begrenzt und die horizontale Erkundung desselben durch die Erkundung der zwei anderen Dimensionen der Tiefe und der Höhe umrahmt. 308 Luft- und Tauchfahrt scheinen bewußt an die Nahtstellen zwischen nicht-wunderbarem und wunderbarem Raum gesetzt worden zu sein, da sich in ihnen zum einen wunderbarer und kämpferischer Diskurs überschneiden, zum anderen eine Art Zwittercharakter der Episoden besteht, da an sich wunderbare Ereignisse nicht wunderbar dargestellt werden (v.u.). Der Übergang zwischen nicht-wunderbarem und wunderbarem Raum ist dabei nicht nur durch strukturell und thematisch ähnliche Episoden dargestellt, sondern auch durch eine ähnliche Anbindung der Episoden an den nicht-wunderbaren Raum. Diese Anbindung geschieht durch die Funktionalisierung, die Luft- wie auch Tauchfahrt im Hinblick auf den Erwerb militärisch wichtigen Wissens erhalten. Beide Episoden erfahren eine (natur-) wissenschaftliche Stilisierung, die sich z.B. im wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse niederschlägt, das Alexander jeweils vor Beginn der Expedition äußert. 309 Hier liegt zwar eine Parallele zu den lateinischen Fassungen vor (v.o.), doch sobald Alexander auf dem Meeresgrund bzw. im Luftraum angelangt ist, werden die Episoden vor allem durch strategisches Interesse motiviert. Dabei werden kleine Hinweise, die sich ausschließlich in den französischen Versionen befinden, ausgebaut. Aus den kurzen Passagen zur Nützlichkeit des bei den Fischen beobachteten Verhaltens für die eigene Kampftaktik, wie sie in Β und L z u finden sind (v.o.), wird in der Tauchfahrt eine von III 22,441 bis 25,489 reichende Passage, die Alexander in dem anschließenden Gespräch mit seinen Gefährten, vor allem in III 26, 506-520 und 27, 526-534, nochmals diskutiert. In der Luftfahrt ist der kurze Hinweis in L, daß der junge Alexander sein zukünftiges Gebiet überblicken wolle (v.o.), zu einem kleinen Vortrag ausgebaut, den Alexander seinen Gefährten nach seiner glücklichen Rückkehr über das von ihm erblickte große, bereits eroberte Gebiet und das kleine, noch zu erobernde Gebiet Babylons hält (III 282,5082-5088). Sich einen Überblick über die Ausdehnung der Welt zu verschaffen, ist in III 277, 4974 außerdem explizit genanntes Vorhaben vor dem Beginn der Luftfahrt. Die rein wissenschaftliche Beobachtung, wie die in den lateinischen Versionen erwähnte Vermessung des Meeresbodens (Leo) bzw. die 308 309
Cf. dazu auch Harf-Lancner 1995, P.63S. V.u. und die Verse III 18, 3 9 6 - 3 9 8 (Tauchfahrt) und III 277, 4969-4975.
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Beobachtung der verschiedenen Meerestiere (Historia de Preliis J 2 ), tritt bei Alexandre de Paris gegenüber den strategischen Erwägungen, die sich an die Episoden knüpfen, in den Hintergrund.310 Insgesamt zeigen diese Beobachtungen, daß Alexandre de Paris aufgrund des Maßes an Eigenleistung, das Luft- und Tauchfahrt zeigen, zumindest in diesem Zusammenhang keinesfalls nur Redaktor, sondern auch eigenständiger Autor des RA ist. 311 2.6.3.
Kontrastive und parallele Struktur der Episoden und ihr Beitrag zur Strukturierung des wunderbaren Raums
Die Luft- und Tauchfahrt können als ein Gerüst für die Interpretation eines Großteils der dritten Branche des RA angesehen werden, weil sie sich an drei zentralen Stellen von Alexanders Weg durch den wunderbaren Raum befinden. Sie gliedern und begrenzen diesen Weg im Rahmen des linearen Ablaufs des Textes. Die Tauchfahrt (III 18, 379-28, Ende) ist nach einigen keineswegs wunderbaren Geschehnissen in der Wüste, die anfangs einen Grenzraum zwischen nicht-wunderbarer und wunderbarer Welt darstellt,3'2 die erste zusammenhängende, längere wunderbare Episode. Mit ihr beginnt für den Helden eine Reihe von außergewöhnlichen Erfahrungen und das Sammeln von Wissen über das Wunderbare, das neben kämpferischen Eroberungen den RA ausmacht. Die Luftfahrt (III 275, 4938-282, Ende) steht am Ende von Alexanders Weg durch den wunderbaren Raum und leitet die Einnahme von Babylon und damit den kämpferischen Höhepunkt des Geschehens ein. Beide Episoden begrenzen also das Durchschreiten des wunderbaren Raumes im Text und stellen den Übergang von oder in die kämpferisch-epische Welt dar. Indem er in den Meeresraum und in den Himmelsraum eindringt, gewinnt Alexander an den Nahtstellen zum wunderbaren Raum der Erde zusätzlich Erkenntnisse über die Elemente Luft und Wasser. Luft- und Tauchfahrt machen also seine Erfahrungen mit dem wunderbaren Raum in allen seinen Dimensionen erst vollständig. Daß beide Episoden einen gegenseitigen Bezug haben, beweisen deutlich ihre inhaltlichen und strukturellen Parallelen. Die strukturellen Parallelen zwischen Luft- und Tauchfahrt werden durch eine detaillierte Gegenüberstellung im Anschluß an dieses Kapitel verdeutlicht. Alle nicht fettgedruckten Teile der Episoden sind genau parallel: der Beschluß 310
A u f diese Einbettung der Episoden in einen kämpferischen Zusammenhang weisen einzig Schmidt 1995, p.90, und Suard 1989, p.84, hin. Letzterer weist auf die Parallele hin, daß der Tauchfahrt der Sieg über Darius, der Luftfahrt der Sieg über Porrus vorausgeht.
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Dieser Beobachtung entspricht eine theoretische Äußerung Zumthors. V . Zumthor 1972, im Abschnitt «Problemes et Methodes» («Le poete et le texte»), p.70: «Un examen comparatif des textes montre que le facteur de l'invention personnelle peut intervenir efficacement au niveau de l'organisation des ensembles (macro-contextes), mais qu'il reste tres faible et diffus au niveau des micro-contextes [...]». V . dazu cap. 5.2.2.3.
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Alexanders, die Expedition zu unternehmen, in direkter Rede, der anschließende Widerspruch seiner Gefährten und die Bekräftigung Alexanders, das Unternehmen in jedem Fall durchführen zu wollen. Dabei begründet er den Wunsch zur Luftfahrt auch mit der gelungenen Tauchfahrt. 313 So setzt der Held selbst beide Episoden in Beziehung und hebt für die Luftfahrt speziell den Erkenntnisgewinn im Hinblick auf Kampf und Taktik hervor, Erkenntnisse, durch die auch die Tauchfahrt in den Text eingegliedert und durch die sie rückwirkend motiviert wird. Darauf folgen in beiden Episoden die Durchführung, die Rückkehr, die Mitteilung der gewonnenen Erkenntnisse an die Gefährten in direkter Rede sowie deren Reaktion im Gespräch mit Alexander. 3 ' 4 Trotz der Zusätze zu den schon in der Tauchfahrt vorhandenen Elementen umfaßt die Luftfahrt gut 20 Verse weniger Text und ist damit dichter und ruft mehr Spannung beim Hörer hervor. Die Parallelen lassen die Unterschiede um so deutlicher hervortreten. Der wichtigste strukturelle Unterschied ist ein in der Luftfahrtepisode vorhandener Anfangsteil, der die wunderbare und gefährliche Landschaft Siste schildert, in der sich die Episode abspielen wird. Danach werden die wunderbaren und gefährlichen Greifen beschrieben, die später den Luftwagen ziehen werden. Vor der Tauchfahrt befanden sich Alexander und seine Leute nicht in einer wunderbaren Landschaft, sondern im Grenzraum der Wüste (III 18, 368-378), den sie für die Tauchfahrt natürlich verlassen mußten (III 18, 379: «Qant fu fors des desers [...]»)· Auch dort trafen sie auf verschiedene Tiere, u.a. auf geflügelte Greifen (III 18,376s.). Luft- und Tauchfahrt begrenzen also die Durchquerung des zusammenhängenden wunderbaren Raumes und ermöglichen die Erforschung von Tiefe und Höhe des Raumes, wie er in der Branche III des RA gezeichnet wird. Danach, und von diesem wunderbaren Raum abgekoppelt, befinden sich nur noch die Amazonen in einem wunderbaren Bereich, den Alexander selbst aber nicht betritt.
2.6.4.
Stilisierung und Geschehensstruktur beider Episoden
Luftfahrt und Tauchfahrt sind dem hier untersuchten technischen Wunderbaren zuzuordnen. Wie viele der in den Motivreihen untersuchten Elemente gehören
313
3,4
V . RA III 277,4987-4990: « Das beschriebene Strukturschema für Luft- und Tauchfahrt wird grob auch von HarfLancner 1995, p.72, erkannt, umfaßt dort allerdings nur vier Elemente, nämlich die Entscheidung des Helden, den Widerspruch seiner Leute, Angst, Resignation und Trauer der Leute und die Rückkehr des Helden. Dieses Strukturschema wendet HarfLancner auch noch auf die Bucephalus-Episode an. Fälschlicherweise wird das Schema allerdings als «schema narratif de la demesure» (p. 72) bezeichnet, obwohl von der «demesure» des Helden in keiner der Episoden weder direkt noch indirekt gesprochen wird (v.u. zur inhaltlichen Interpretation).
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sie dem wunderbaren Bereich der Ereignisse an, ohne wunderbar dargestellt zu sein. Inhaltlich besteht kein Zweifel daran, daß die Luft- und Tauchfahrt für die Rezipienten des 12. Jahrhunderts als außerhalb des in ihrer Erfahrungswelt Möglichen und damit als wunderbar kategorisiert wurden. 3 ' 5 Luft- und Tauchfahrt stellten für den Rezipienten des 12. Jahrhunderts ein Überschreiten dessen dar, was dem Menschen im Hinblick auf die Erforschung der Natur möglich war, und zwar unabhängig davon, ob die Darstellung eines solchen Überschreitens mit der Wertung der (imaginierten) Tat als Sünde oder Hybris verbunden war. Was allerdings die Darstellung der Luft- und Tauchfahrt im RA angeht, so fällt auf, daß weder die Figuren den Vorgang der Luft- oder Tauchfahrt als wunderbar empfinden - zumindest stellt der Text kein solches Empfinden dar - 3 l 6 noch der Erzähler die Episoden als wunderbare Ereignisse ausweist.317 Diese Divergenz zwischen als wunderbar anzusehendem Inhalt und fehlender sprachlicher oder erzähltechnischer Kennzeichnung stellt den Interpreten der Episoden jedoch nicht vor ernsthafte Schwierigkeiten. Es ist offensichtlich so, daß hier wie auch oft in den Gebäudebeschreibungen eine wissenschaftlich-technische Stilisierung der an sich wunderbaren Geschehnisse stattfindet, die auf die Kennzeichnung des Geschehens als wunderbar verzichtet. Dies könnte z.B. durch den Wunsch des Erzählers nach einer glaubwürdigen Darstellung der Phänomene erklärt werden. Die wissenschaftlich-technische Stilisierung der beiden Episoden läßt sich an vielen Einzelheiten festmachen. In wissenschaftlicher Weise sind zunächst die Planung und Entstehung von Luftwagen und Tauchglocke beschrieben, also sozusagen der Versuchsaufbau, der entworfen und realisiert wird. 318 Eine solche Darstellung einer Planungsszene fehlt in den Gebäudebeschreibungen völlig. Die Planung der Fahrzeuge wird von Alexander geleistet, für den Bau selbst ist er wie beim Bau des Grabmals des Emirs jedoch auf die Handwerksmeister angewiesen. Im Gegensatz zu der Beschreibung des Grabmals des Emirs wird die Arbeit der Handwerker hier ausführlich dargestellt, sie werden in ihrer Funktion benannt, und es wird sogar ihre Unterhaltung mit Alexander wiedergegeben. Dies kann wahrscheinlich deshalb geschehen, weil der Held, der bei der Konstruktion des Grabmals in den Vordergrund gerückt wurde, durch die selbständige Durchführung der Luft- und Tauchfahrt Außergewöhnliches leistet, so daß die Leistung der Handwerker daneben in jedem Fall unbedeutend erscheint.
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Zur Luftfahrt v. diesbezüglich richtig Kugler 1987, p.3. Die Aussage von (ϋΐίηςοη nach der Rückkehr Alexanders von der Tauchfahrt: « (III 28, 542) bezeichnet diese nicht als ontologisch wunderbares Geschehen, sondern nur als «große Heldentat». Das Problem wird von Schmidt indirekt erkannt, indem er die Luftfahrt unter die «mirabilia» einordnet, aber gleichzeitig feststellt, daß z.B. Leo sich nicht explizit zu dieser Frage äußere. Cf. Schmidt 1995, p. 39-45, zu Leo dort, p.42. Ferlampin-Acher 2000, p. 133, bezeichnet die Episode als als «Γέςίί, sans merveilleux», ohne sie jedoch genauer zu untersuchen. Im Gegensatz zur Luftfahrt in Handschrift L liegt bei Alexandre de Paris eine weitaus stärkere Technisierung bei der Herstellung des Luftwagens vor. Cf. L, 22-23, 5 1 2 ·
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D a ß sich Alexander der wichtigen Rolle der Handwerksmeister für das Gelingen der jeweiligen Expedition bewußt ist, äußert sich in seinen höflichen Bitten, die er bei der Tauchfahrt auch mit der Zusage großzügiger Entlohnungen verbindet: « (RA III 20,412-416) bzw.: » (RA III 278, 4995-5002)
So ist hier anders als in allen Gebäudebeschreibungen eine persönliche Beziehung zwischen Auftraggeber und Handwerkern zu erkennen. Weiterhin geht der Unternehmung in wissenschaftlicher Weise eine Spezifikation des Vorhabens und der erwarteten Ergebnisse voraus, die der Held am Anfang jeder Expedition in direkter Rede angibt: « und 20,407: «Tout ont acreante si com il plot au roi.» V . Gaullier-Bougassas 1996, p. 14s.: «Cette aventure ne lui transmet done aueun savoir nouveau sur le monde exterieur, eile lui offre l'occasion d'approfondir sa connaissance de lui-meme et de s'amender, mais il echoue finalement ä s'initier ä une plus grande sagesse, ä apprendre le respect de l'autre et le sens de la justice.» V . Kozlowski 1983, p. 2 7 - 3 3 . Zur praktischen Funktionalisierung der Episode v. auch kurz Notz 1994, P-96. V . Gaullier-Bougassas 1996, p. 19: «On peut simplement s'etonner qu'aucun auteur n'ait songe ä exploiter l'episode pour decrire le monde sous-marin et imaginer ses merveilles.»
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sierung finden sich übrigens in den lateinischen Vorlagen (v.o.) und sind damit wahrscheinlich sogar bewußt von Alexandre de Paris ausgelassen worden. Vielmehr wollte er die wissenschaftlich-technische Leistung des Helden sowie die durch die Verwendbarkeit der Erkenntnisse im kämpferischen Bereich gewährleistete Funktionalisierung der Episode in den Vordergrund stellen. Was die Erzählweise angeht, wirft Gaullier-Bougassas dem Erzähler z.B. folgendes vor: «Le manque de logique apparent des reactions et des reflections d'Alexandre est renforce par leur mode de presentation par le narrateur. Apres les trois laisses similaires precedemment evoques [i.e. Laisse 23,24 und 25] A d e P emploie en effet ä nouveau des laisses en grande partie similaires ou paralleles.» 336
Insgesamt bemängelt Gaullier-Bougassas vor allem die fehlende Linearität des Erzählens, das Fehlen von kohärenten Erklärungen und die mangelnde logische Verbindung zwischen den Äußerungen Alexanders angesichts des Verhaltens der Fische (p. 14). Parallele Laissen, die voll und ganz der üblichen epischen Technik entsprechen, dürfen jedoch nicht negativ beurteilt werden. Man muß vielmehr die variierende Wiederholung beim Erzählen bestimmter Fakten - so die durchschlagende Wirkung der am Tauchboot angebrachten Lampen auf die Fische und für die Sichtverhältnisse unter Wasser - als Versuch der Erhöhung der Suggestivkraft dieser Inhalte und als Erzählform ansehen, die in jeder Laisse «dem Mosaik ein Steinchen hinzufügt».337
2.6.7.
Einzelanalyse der Luftfahrt
Hartmut Kugler 338 legte eine Interpretation verschiedener Versionen der Luftfahrt vor. Viele der von ihm getroffenen Aussagen lassen sich gut für die Analyse der Luftfahrt im RA verwenden. So stellt Kugler fest, daß sich in der Abfolge der lateinischen und der mittelhochdeutschen Texte vor allem die apparative Ausstattung bei der Luftfahrt weiterentwickle, während der Flugverlauf der gleiche bleibe (ρ. 11—15). Außerdem sei auch in den lateinischen und in den mittelhochdeutschen Texten eine Art wissenschaftlich-technische Stilisierung der Luftfahrt zu beobachten, und dadurch, daß die Innovationen am Boden stattfänden, erscheine in den mittelhochdeutschen Versionen «der Flugversuch als ein ausschließlich technisches, nicht als ein moralisch-weltanschauliches Problem» (p. 20). Der Luftraum scheine nicht generell für die menschliche Erforschung verschlossen zu sein. Kugler stellt allerdings auch fest, daß nur ein mit schematischer Kürze dargestellter «Blick von oben» (p. 21) gestattet sei. Nun ist im Hinblick auf den RA hervorzuheben, daß Alexander nicht das sieht, was die Figuren der mittelhochdeutschen und lateinischen Texte sehen. Diese sehen nur die Gesamtheit der Erde und das Wasser, das sie umgibt (p. 22), für Alexander hingegen 336 337
338
V . Gaullier-Bougassas 1996, p. 14. V . Hartmann 1979, p. 16 und auch p.6s., 12s. und 17 unter « und Deduktion» sowie «Kontrast und Ähnlichkeit bei sevent, ne dient veir ni'ent:/ ζ!ο est Ii dulors por la mort de Rollant.» (1436s.) Die Ursache der explizit als wunderbar bezeichneten Geschehnisse wird nicht angegeben, die Elemente scheinen in ihrer Trauer ein Eigenleben zu entwickeln. E s fehlt jedenfalls eine mögliche christliche Stilisierung von Seiten des Erzählers, da nicht auf Gott als Verursacher der Zeichen angespielt wird. Der als Sichtweise der Franken vorgetragene Erklärungsversuch, das Weltende werde angezeigt, der seinerseits das christliche Bezugssystem als Voraussetzung hat, wird vom Erzähler als falsch gekennzeichnet. Gerade dadurch wird aber deutlich, daß es auch bei einer nichtchristlichen Stilisierung der Erzählung von den Wunderzeichen zumindest einer Auseinandersetzung mit dieser ideologisch dominanten Deutungsmöglichkeit bedarf. A n anderer Stelle werden Wetterzeichen im Rolandslied christlich stilisiert. Diese finden allerdings nicht im Rahmen der Handlung selbst, sondern auf der Traumebene statt. In seinem dritten Traum vor der Baligant-Schlacht sieht Karl
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\. Chanson de Roland, ed.Segre 1971, i424-i432:«Oreziaddetuneireedevent,/Pluie e gresilz desmesureement;/ Chiedent i fuildres e menut e suvent,/ Ε terremoete 90 i ad veirement:/ De Seint Michel d e < l > P[e] ri [1] josqu'as Seinz,/ Des Besen[9]un tresqu'as < porz > de Guitsand,/ Nen ad recet dunt [Ii] mur ne cravent./ Cuntre midi tenebres i ad granz;/ N'i ad clartet, se Ii ciels nen i fent.» V. Chanson de Roland, ed. Segre 1971,1433-1435: «Hume ne l veit ki mult ne s'espcent./ Dient plusor: - Qo est Ii definement,/ La fin del secle, ki nus est en present.>»
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Donner, Sturm, Fröste, Gewitter und «merveillus tempe[rs]» sowie Feuer und Flammen, die vom Himmel auf seine Leute fallen. 3 Diese Zeichen stehen sowohl durch explizite Erzählerkommentare als auch durch den Handlungsverlauf deutlich in christlichem Zusammenhang. Dem Traum geht das wohl bekannteste Wunder der Gattung voraus: Damit Karl sich an den Sarazenen rächen kann, die Roland und fast die gesamte fränkische Nachhut getötet haben, läßt Gott auf Karls Gebet hin die Sonne länger am Himmel stehen, so daß sich die Nacht verzögert und die rächende Schlacht noch am selben verlängerten Tag möglich ist (2447-2456). Gott läßt sogar einen Engel die Erfüllung von Karls Bitte bestätigen, und der Erzähler bezeichnet das Ereignis als «vertuz mult granz» (2458). Nach der erfolgreichen Rache an den Sarazenen dankt Karl Gott für das Wunder (2480). Trotzdem ist er von Trauer über den Tod Rolands und seiner Gefährten erfüllt und bittet Gott vor dem Einschlafen um Fürsorge für ihre Seelen: «E priet Deu qu'as anmes seit guarent.» (2518) Daraufhin wird Karl von Gott der Erzengel Gabriel gesandt, dem befohlen ist, Karl selbst zu beschützen («guarder»; 2527). 4 Gabriel kündigt Karl in einem allegorisch zu deutenden Traum («avisiun»; 2529)5 eine bevorstehende Schlacht an (2530). Generell werden in mittelalterlichen Texten Träume als Vermittlungsmodus einer Botschaft Gottes an auserwählte Menschen dargestellt.6 Der Erzähler weist hier bereits einleitend auf die schwerwiegende Bedeutung des Traums hin: «Senefiance Ten demustrat mult gref.» (2531) Damit sind die Möglichkeit und zugleich die Notwendigkeit einer Exegese des Traums im christlichen Zusammenhang vorgegeben. Dennoch wird im folgenden keine Bedeutung des Traums angegeben, sogar der abschließende Zweikampf zwischen Karl und dem Löwen bleibt in seinem Ausgang offen (v.u.). Der Erzähler schaltet sich erst wieder ein, um als Abschluß des Traumgeschehens festzustellen, daß Karl während des Traums nicht aufgewacht sei (2554)7 Demzufolge kann auch für die von Karl zu Beginn des Traum geschauten Wetterzeichen nur der Versuch einer allegorischen Deutung gemacht werden, wie ihn Karl-Josef Steinmeyer unternommen hat.8 Nach Steinmeyer sind durch die Darstellung der Wetterzeichen und des vom Himmel fallenden Feuers Anklänge an
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V. Chanson de Roland, ed. Segre 1971, 2533-2536 : «Veit les tuneires e les venz e les giels/ Ε les orez, les merveillus tempe[rs],/ Ε fous e flambes i est apareillez / Isnelement sur tute sa gent chet.» Zur Funktion Gabriels, der als Traumbote und als Schutzengel Karls auftritt, v. Steinmeyer 1963, p. 78-81. Zur im Altfranzösischen nicht klar vorliegenden Trennung von «songe» und «avision» v. Braet 1975, p.64. Cf. hierzu Steinmeyer 1 9 6 3 ^ . 1 is., vor allem aber Braet 1975, p. 36-53. Zur Unterscheidung von Traum und Vision und zu anderen Träumen in den antiken Romanen und im RA v. cap. 4. Zur stereotypen Ein- und Ausleitung von Träumen in den «chansons de geste» v. Braet 1975. P· 79-81· Cf. für das Folgende Steinmeyer 1963, p. 81-87; Braet 1975, p.72-75.
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Stellen aus der Apokalypse des Johannes und dem Buch Joel auszumachen, 9 so daß der von der Handlungsstruktur vorgegebene christliche Rahmen auch für die Deutung das Bezugssystem ist. Dabei fällt allerdings auf, daß sich die Parallelstellen der Bibel nicht direkt auf eine bevorstehende Schlacht beziehen lassen, sondern in abstrakterem Sinne auf das Kommen des Antichristen oder das Jüngste Gericht hinweisen. Ebenso wichtig erscheinen daher als Bezugsrahmen die ebenfalls von Steinmeyer und Braet angeführte antike literarische Tradition (besonders Lucan) und andere altfranzösische Texte zu sein, in denen Wetterzeichen und vom Himmel fallendes Feuer ebenfalls als Vorzeichen für eine entscheidende Schlacht verwendet werden. Mit Hilfe von antiken und mittelalterlichen Traumbüchern, der Allegoriae in Sacram Scripturam des Hrabanus Maurus und späteren altfranzösischen Texten versucht Steinmeyer, die einzelnen meteorologischen Zeichen genauer allegorisch zu deuten. Regen deute demnach auf Verluste, Donner und Blitz auf Kampf hin, und der Feuerregen sei mit dem Sarazenenheer gleichzusetzen. 10 Diese genauen Gleichsetzungen im Rahmen einer überzogenen allegorischen Interpretation tragen m.E. wenig zum Verständnis der Vorzeichen bei und sind im Hinblick auf die Gesamtheit der französischen Texte nicht haltbar. A n der weiter oben untersuchten Stelle des Rolandslieds verweisen Donner, Sturm und Frost z.B. nicht auf eine bevorstehende Schlacht, sondern auf den gleichzeitigen Tod Rolands. Bereits hier zeigt sich, was die Untersuchung weiterer französischer Vergleichstexte erhärten wird, nämlich daß Wetterzeichen nicht eine bestimmte Bedeutung haben, sondern in der Erzählung bloß generell auf ein Ereignis hin- oder vorausweisen, das für das Weltgeschehen von Bedeutung ist. Sie können vom Erzähler ganz spezifisch eingesetzt, mit anderen natürlich wunderbaren Zeichenkombiniert und von Fall zu Fall kommentiert werden. So weisen der Feuerregen und die Unwetter im Zusammenhang des Traums nur allgemein auf ein bevorstehendes bedeutsames Ereignis hin, erst die dargestellte verheerende Wirkung des Feuerregens, der Lanzen, Schilde, Speere, Halsberge und Helme der Franken zerstört (2537-2540) und «grant dulor» (2541) hervorruft, läßt jedoch die konkrete Deutung im Hinblick auf eine verlustreiche Schlacht für das Heer Karls zu. Im übrigen ist bereits die Verwendung von meteorologischem Wunderbaren in diesem längsten Traum eine Besonderheit, die in den übrigen drei kürzeren Träumen nicht vorkommt. Durch die Kombination von agierenden wunderbaren Tieren 1 1 und meteorologischem Wunderbaren und seinen Auswirkungen in der Darstellung, also von zwei Ausprägungen des natürlichen Wunderbaren, wird die Bedeutsamkeit der Vorzeichen des dritten Traums unterstrichen, und differenziertere Deutungen werden trotz fehlender Kommentare des Erzählers und V . Steinmeyer 1963, p.82 sowie dort die n. 15 u. 16 auf p. 109. Die Parallelstellen finden sichin Apokalypse, c a p . 8 , 1 1 , 1 3 und iösowie inJoel, cap.2. V . zu einer weiteren Parallele zur Apokalypse in Karls drittem Traum u. p. 260. 10 V . Steinmeyer 1963, P.84S. " V . zur Reihe von Tieren, zu Karls Kampf mit dem Löwen u. Steinmeyers allegorischer Deutung von beidem u. 2.3.1.1. 9
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einem offenen Ende des Traumgeschehens (v.u.) möglich. Festzustellen sind die christliche Stilisierung der meteorologisch wunderbaren Vorzeichen und die christliche Stilisierung des Traums allgemein sowie seine Funktion. Es handelt sich um eine Warnung Karls durch Gott, die wie andere Episoden des Rolandslieds deutlich macht, wie sehr Karl unter dem Schutz Gottes steht und in das christliche Weltgeschehen eingebunden ist. Eine ebensolche christliche Stilisierung von Wetterzeichen in der Verbindung mit anderen Naturerscheinungen erfolgt in der Vie de saint Georges, die Simund de Freine wahrscheinlich Ende der achtziger Jahre des 12. Jahrhunderts, spätestens aber vor dem Ende des Jahrhunderts verfaßte. 12 Dort wird der Tod Georgs, der vom Kaiser Dac'ien zu Tode gefoltert worden ist, von dem Auftauchen einer großen Wolke, Donner und Blitz sowie tektonischen Verschiebungen und einem Erdbeben begleitet. 13 Wenn auch die Unwetter und der Sturm fehlen, erinnert der Donner in der Verbindung mit einem Erdbeben und daraus erwachsenden Verschiebungen an die Zeichen bei Rolands Tod im Rolandslied. Auch in der Vie de saint Georges wird wie im Rolandslied zunächst von der Angst berichtet, die das Erdbeben bei den Menschen hervorruft (533). Danach wird allerdings durch den Handlungsverlauf und die Wortwahl der Zusammenhang des natürlichen Wunderbaren mit einem christlichen Wunder stärker ersichtlich. Statt der Verdunkelung der Sonne erstrahlt ein von Menschen noch nie so hell beobachtetes Licht, und Gott selbst steigt mit dem Erzengel Michael aus dem Himmel herab (534-538). Der Erzähler verwendet zur Bezeichnung des Geschehens nicht das neutralere, dem nicht-christlichen Zusammenhang angehörige «merveille» oder Ableitungen davon, sondern Gott wirkt ein «mult bei miracle» (539), indem er durch die Bezeichnung der Knochen Georg auferstehen läßt. Christliche und heidnische Auffassung des Wunderbaren werden im übrigen im Text selbst gegenübergestellt. Während der Erzähler von «miracle» spricht, bezeichnet der Heide Dac'ien das Geschehen als «enchantement» (563) und fragt nach dessen Verursacher. 14 Damit wird ein christlicher Zusammenhang von der Figur gerade ausgeschlossen, und die Ursache des Geschehens wird im Bereich der Magie und besonderer trickreicher Fähigkeiten gesucht, die von der Figur nicht einmal ein12
V . Simund de Freine, La Vie de saint Georges, ed. Matzke 1909. Cf. zur Datierung auf Ende des 12. Jahrhunderts dort, p. XI. Legge 1963, p. 1 8 3 - 1 8 7 , bes. p. 185, datiert die V i ta im Zusammenhang mit dem dritten Kreuzzug recht überzeugend um 1188, was den Text noch stärker in die Nähe zum RA rücken würde. Cf. zu einer Übersicht der Datierungsversuche auch Johnson/ Cazelles 1979, p. 248 u. 306. Z u r lateinischen und französischen Version cf. kurz Robertson 1995, p. 4 0 - 5 3 . Neuerdings v. auch Vie de saint Georges, deux versions, ed. Guilcher 2001, p. 40-80, zur Geschichte der Vita.
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V . Simund de Freine, La Vie de saint Georges, ed. Matzke 1909, 5 2 6 - 5 3 2 : «Tost apres vint une nue;/ Unc plus grant ne fut veüe,/ Ε pus vint devant le seir/ Grant toneire e grant escleir./ Monz e terres s'abeisserent/ Ε lur dreit estat lesserent./ Terremote vint od tut». V . Simund de Freine, La Vie de saint Georges, ed. Matzke 1 9 0 9 , 5 6 1 - 5 6 4 : «, fait il, »
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deutig als übernatürlich aufgefaßt werden. Die übergeordnete Erzählinstanz stilisiert das gesamte Geschehen und damit auch das natürliche Wunderbare - wie bei Karls Traum im Rolandslied - allerdings unzweifelhaft christlich. Inhaltlich bleibt zudem keine Uneindeutigkeit wie in der Botschaft des Traums bestehen, sondern die Wetterzeichen und Naturereignisse sind zusammen mit dem hellen Licht Ausdruck der Reaktion Gottes auf den Tod des Heiligen und Vorzeichen für sein direktes Eingreifen in das Geschehen. Diese Belegstelle ist ein Beispiel für die weitestgehende Verquickung von natürlichem und religiösem Wunderbarem, da die wunderbaren meteorologischen Phänomene und Naturereignisse einen Großteil des dargestellten Wunders Gottes ausmachen. Diese Textstelle läßt sich somit auf eine Stufe mit der Verlängerung des Tages im Rolandslied stellen, während die Zeichen bei Rolands Tod und in Karls drittem Traum zwar eine christliche Stilisierung erfahren, aber nicht Teil eines Wunders sind. Betrachtet man vor dem Hintergrund dieser Belegstellen das Motiv des natürlichen Wunderbaren in seiner Funktion als Zeichen und Vorzeichen im RA, so fallen ähnliche Wetterzeichen in Kombination mit anderen wunderbaren Naturereignissen auf, die kurz nach Textbeginn bei Alexanders Geburt und kurz vor Textende bei Alexanders Tod geschildert werden. Die Vorzeichen bei Alexanders Geburt werden sogar zweimal beschrieben. Zuerst geschieht dies an exponierter Stelle in acht Versen am Ende der ersten Laisse des Werkes (I, ι 22-29): « A Teure que Ii enfes dut de sa mere issir/ D i e u s demoustra par signe qu'il se feroit cremir,/ C a r Ten vit l'air müer, le firmament croissir/ E t la terre croller, la mer par leus rougir/ E t les bestes trambler et les homes fremir;/ C e fu senefiance que Dieus fist esclarcir/ Pour moustrer de l'enfant qu'en devoit avenir/ E t com grant seignorie il avroit a baillir.»
Hier findet sich die ausführlichste und weitestgehende Erzählerkommentierung von natürlichem Wunderbarem in der Funktion Zeichen oder Vorzeichen. Die Geburt des Helden, die durch die Zeichen angezeigt und gedeutet wird, steht am Anfang des Abschnitts und wird als Ursache der auftretenen Zeichen ausgewiesen. Eine durch und durch christliche Stilisierung erfolgt durch die Aussagen «Dieus demoustra par signe» und «Ce fu senefiance que Dieus fist esclarcir», die von Schlüsselwörtern des christlichen Wunderbaren wie «demostrer», «signe», «senefiance» und «esclarcir» und dem «mostrer» des folgenden Verses geprägt werden. 15 Die Zeichen werden noch deutlicher Gottes Wirken zugesprochen als
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V . zur christlichen Konnotation von «signe» W ü s t 1 9 5 6 , p. 1 7 6 - 1 7 8 , ebensolches zu «senefiance» dort, p. 1 7 9 - 1 8 1 . Gaullier-Bougassas 1998a, p . 2 9 1 , deutet das natürliche W u n d e r b a r e zunächst als Z e i c h e n dafür, daß A l e x a n d e r von G o t t auserwählt sei, sagt aber gleich darauf, daß es sich um eine nicht näher bestimmbare göttliche M a c h t handle, zu der A l e x a n d e r eine besondere V e r b i n d u n g habe («un lien personnel a v e c une puissance divine qui ressemble tantöt au dieu d'une religion monotheiste non precisee, tantöt aux dieux pai'ens»). F ü r die Z e i c h e n sowohl bei der G e b u r t A l e x a n d e r s als auch bei seinem T o d (v.u.) gelten jedoch mit Sicherheit ein christlicher Z u s a m m e n h a n g und eine christliche Stilisierung, so daß zumindest an diesen zentralen Stellen die besondere V e r b i n d u n g des Helden zum christlichen G o t t dargestellt ist.
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in der Vie de saint Georges, wo das sich anschließende Wunder Gottes implizit die klare Zuordnung erlaubte. Anders als bei Rolands Tod und in Karls drittem Traum im Rolandslied wird auch eine detaillierte Deutung gegeben: Die Zeichen weisen auf Alexanders furchterregendes Wirken in der Welt («qu'il se feroit cremir»; 23) und seine zukünftige Weltherrschaft («com grant seignorie il avroit a baillir»; 29) voraus. Wie in der Darstellung der Zeichen bei Rolands und bei Georgs Tod ist die Furcht der Menschen - und sogar die der Tiere - auch im RA ein wichtiger Bestandteil der Schilderung. Die Furcht wird durch die parataktische Verknüpfung «et [...] et [...] et» als fünftes und sechstes Moment an die Aufzählung der wunderbaren Geschehnisse angeschlossen und fungiert so selbst als ein Vorzeichen. Die vier vorhergehenden Formulierungen bezeichnen wie bei der Schilderung von Rolands und Georgs Tod ein Erdbeben («terre croller»; 25) und in verschlüsselter Form Stürme oder Unwetter («air müer»; 24). Neu hinzu kommen das Aufreißen des Himmels («firmament croissir»; 24), eine Formulierung, die parallel zu «l'air müer» ebenso für Stürme oder Unwetter stehen kann, und die stellenweise Rotfärbung des Meeres («la mer par leus rougir»; 25). Diese ist parallel zum Erdbeben gesetzt und überträgt wohl das Sich-Aufbäumen des Landes auf das Element des Wassers. Auffällig ist, daß mit der Rotfärbung des Meeres nicht nur ein nirgendwo sonst auftretendes neues wunderbares Naturereignis zu den aus anderen Texten bekannten Zeichen hinzutritt, sondern daß auch die anderswo verwendeten Zeichen in neuer sprachlicher Form, nämlich als vier (plus zwei) verbalisierte und jeweils in Paaren aneinandergereihte Ausdrükke dargestellt werden. So wird das andernorts verwendete «terremote» durch «terre croller» ersetzt, die sonst mit Substantiven genau bezeichneten Stürme, Unwetter und Niederschläge durch verschlüsselte verbalisierte Umschreibungen. Damit werden die Vorzeichen bei Alexanders Geburt durch ein neues und die Tradition variierend aufgreifendes künstlerisches Verfahren dargestellt. Zusätzlich wird die Wichtigkeit der Vorzeichen im Rahmen des Prologs durch eine Motivdoppelung hervorgehoben. In I 3, 64-94, wird die Bedeutung der Zeichen für Alexanders Leben vom Erzähler erneut aufgegriffen: «El [i.e. la vie d'Alixandre] fu a sa naissance par signe demostree,/ Qu'apercevoir s'en pot toute chose senee/ Que large seignorie ert en celle heure nee.» (64-66) Diesmal wird mit dem Ausdruck «par signe demostree» zwar auch auf die Bedeutungskraft der Zeichen zurückverwiesen, die christliche Akzentuierung tritt aber in den Hintergrund. Dafür werden mit den bereits genannten Wetter- und Naturereignissen zahlreiche Einzeldeutungen im Hinblick auf einzelne Begebenheiten in Alexanders Leben sowie charakteristische Elemente seiner Eroberungszüge verknüpft. So liegt die Vermutung nahe, daß der Erzähler die Vorzeichen im Prolog ein zweites Mal nutzen wollte, um sein Projekt, eine Gesamtvita Alexanders darzustellen, die nicht wie bei den «trouveour bastart» (2,37) aus einzelnen Fetzen zusammengesetzt wäre («par paniaus atachier»; 2,41), auf der Inhaltsebene durch übergeordnete und die Ereignisse verknüpfende wunderbare Zeichen zu stützen. Dazu paßt auch, daß wunderbare Zeichen bei Alexanders Tod geschildert werden, die auf die Vorzeichen bei der Geburt zurückverweisen und so inhaltlich und formal 195
eine Art Rahmen der Erzählung bilden (v.u.). Daß die doppelte Verwendung des Motivs auf Alexandre de Paris, zumindest aber auf ein und denselben Autor zurückgehen dürfte, beweist die Tatsache, daß in der erweiterten Schilderung der Zeichen auf alle sechs Elemente zurückgegriffen wird, die die einfache Schilderung kennzeichnen. Die zweite Darstellung der Vorzeichen ist dabei als Steigerung der ersten zu verstehen. Die Reihenfolge der sechs Elemente und die verbalisierten Beschreibungen anstelle von Nominalausdrücken werden bis auf eine Verschiebung beibehalten. So wird ganz wie vorher berichtet, daß die Luft sich bewegt («raua Ii airs»; 3, 67), daß der Himmel aufreißt («Li firmamenz croissi»; 69), daß die Erde bebt («crolla la terre»; 78) und daß das Meer sich rötet («Et la mer enrougi»; 81). Danach wird das Erdbeben im Ausdruck «Et Ii mont en tramblerent sanz nule recelee» (85) variierend noch einmal aufgegriffen, bevor von der Angst der Tiere («Les bestes en fremirent»; 88) die Rede ist. Die Angst der Menschen angesichts der Zeichen, die vorher das letzte Glied bildete, wird nach den ersten beiden Naturerscheinungen erwähnt (69). Zum einen ist in dieser Ausformung neben dem extra aufgeführten Beben der Berge neu, daß neben die sich bewegende Luft Blitze und ein schwarzer Himmel («la noire nüee»; 68) treten. Viel wichtiger ist aber die Neuerung, daß mit einzelnen Zeichen oder Zeichengruppen genaue Bezüge auf das kommende Geschehen verknüpft werden, die zugleich einen Aufriß des im folgenden Erzählten geben. Die ersten beiden Zeichen - Luftbewegung und aufreißender Himmel - sowie die ergänzenden Blitze und die Schwärze des Himmels, die in Vers 67-69 geschildert werden, werden durch die Konstruktion «Pour ce [...] (67) [...] Qu'[...] (70) [...]» ursächlich mit dem Lärm verbunden, den Alexander in Berg und Tal durch seine Feldzüge hervorruft, sowie mit seiner Luftfahrt und seinen Kenntnissen in Astronomie (70—77). Bereits diese Vorausdeutungen erstrecken sich auf Ereignisse der ersten drei Branchen. Ebenso wird das Erdbeben durch die gleiche grammatikalische Konstruktion («Pour ce [...] Qu'[...]»; 78s.) damit verknüpft, daß derjenige geboren wurde, dem die Erde unterworfen sein wird (79s.). Das Meer rötet sich («par celle destinee»; 81), weil Alexander durch die Erfahrungen während der Tauchfahrt die Fähigkeit erwirbt, geschickt und listig Krieg zu führen, wobei viel Blut vergossen werden wird (82-84). Die Berge erzittern ganz offensichtlich («sanz nule recelee»; 85), weil viele stolze Menschen und Herrschaftsträger durch Alexander besiegt werden (86s.). Schließlich wird auch für die Angst der Tiere eine vorausdeutende Begründung gefunden, da alle Lebewesen von Alexander überwunden werden. Dabei wird auch auf die Schlangen in der Wüste vorausgewiesen, die Alexanders Leuten empfindlichen Schaden zufügen. Die Beobachtungen zeigen, daß die stark christliche Stilisierung der ersten Schilderung zugunsten von genauen Verknüpfungen der einzelnen wunderbaren Naturereignisse mit dem Leben Alexanders zurücktritt. Eine solche detaillierte und deutende Verknüpfung findet sich in keiner der oben untersuchten Belegstellen, da dort entweder nur ein Ereignis wie Rolands oder Georgs Tod mit den Wunderzeichen in Zusammenhang gebracht wurde oder die Deutung der Zeichen wie in Karls drittem Traum relativ unbestimmt blieb. 196
Betrachtet man abschließend die Schilderung von wunderbaren Zeichen bei Alexanders Tod, erweist sich erneut die Originalität vor allem der erweiterten Darstellung von Wunderzeichen bei Alexanders Geburt. Kurz nach Alexanders Tod, als er nach seiner Einbalsamierung schon aufgebahrt ist, verdunkelt sich der Tag und die Sonne verschwindet - dieses Naturzeichen wird zweimal auf engem Raum vom Erzähler erwähnt und umrahmt die Darstellung - , in einem großen Gebiet bersten die Mauern von Gebäuden und in allen von ihm eingenommenen Gebieten finden Erdbeben statt, die Städte bis in die Fundamente erzittern lassen: «Oscurcis fu Ii jors, Ii solaus fu maris/ Por la mort du baron dont il estoit partis;/ Des la mer de Sydoine jusq'as pors d'Alentis/ N'ot dongon ne murel qui ne fust escroissis;/ Par trestoute la terre dont il estoit saisis/ Tramblerent les cites desi qu'en la rai's;/ Trestous Ii firmamens par estoit si noircis/ Que Ii uns hom de l'autre ne pot estre choisis,/ Et por ce que Ii cieus estoit si oscurcis/ Ardoient en la sale mil cierge couleis.» (RA IV 51, 10001009)
Die Darstellung lehnt sich stilistisch durch die verwendeten Verbalausdrücke 1 6 an die Darstellung der Zeichen bei Alexanders Geburt an, so daß die Zeichen Teil der vom Erzähler und seiner Rolle dominierten Partien sind, die die Erzählung der Vita umrahmen. Die Darstellung belegt aber auch, daß Alexandre de Paris die volkssprachlich übliche Darstellungsweise von meteorologischem Wunderbaren und Naturereignissen kannte, wie sie im Rolandslied oder der Vie de saint Georges vorliegt. Im Rolandslied werden ein Erdbeben, eine Dunkelheit zu ungewöhnlicher Tageszeit und zerberstende Mauern ebenfalls als konstitutive Bestandteile der Naturzeichen geschildert, die sich anläßlich von Rolands Tod abspielen (v.o.). In der Vie de saint Georges ist ebenfalls von einem Erdbeben und antithetisch zur Verdunkelung der Sonne von einem so hellen Licht die Rede, wie es noch kein Mensch je gesehen hat. Außerdem könnten die «monz et terres» (530), die ihre rechte Anordnung verlassen («[...] lur dreit estat lesserent»; 531), als Parallele zu den berstenden Gebäuden zu verstehen sein, von denen im Rolandslied und im RA berichtet wird. Die greifbaren Parallelen in der Darstellungsweise der Todeszeichen in den drei untersuchten Texten werden gestützt und gut erklärbar, wenn man annimmt, daß die volkssprachlichen Texte mittelbar oder unmittelbar auf die biblische Darstellung von Christi Tod im Matthäus-Evangelium in Kapitel 27 als Vorbild zurückgegriffen haben. Auch dort wird zunächst von «tenebrae super universam terram» während der Tagesmitte (Vers 45), also wie im Rolandslied und im RA von einer Dunkelheit über der Erde am an sich heilichten Tage berichtet. Außerdem heißt es in Vers 51, daß bei Christi Tod der Vorhang im Tempel riß, daß die Erde bebte («Et terra mota est») und Steine zerbarsten («et petrae scis-
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V . z.B. «tramblerent les cites» und «Oscurcis fu Ii jors, Ii solaus fu maris» in der oben zitierten Stelle d e s i M im Vergleich zu «terremoete» (1427) und «tenebres» (1431) in der Chanson de Roland, ed. Segre 1971. Cf. zu den Todeszeichen im RA auch Gaullier-Bougassas 1998a, p.449; Kozlowski 1983, p. 170.
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sae sunt»), und es öffnen sich Grabmäler, so daß viele Heilige vom Tode auferstehen und in Jerusalem erscheinen (Vers 52s.). Während in der Vie de saint Georges der Erzähler das wunderbare Geschehen bei Georgs Tod explizit dem christlichen Bereich zuweist und es entsprechend stilisiert (v.o.) und dies ebenso in der Schilderung von Karls drittem Traum im Rolandslied und bei der ersten Schilderung von Alexanders Geburt im RA der Fall ist (v.o.), fehlt diese explizit christliche Stilisierung bei der Darstellung der Wunderzeichen bei Rolands und Alexanders Tod. Dennoch ist ihre Verortung im christlichen Denksystem vom jeweiligen Erzähler mindestens ebenso klar durchgeführt. Der Vergleich mit der Bibelstelle läßt nämlich erkennen, daß die Parallelen der im Rolandslied und im RA geschilderten Zeichen zu den biblisch geschilderten Zeichen bei Christi Tod so stark hervortraten und der christliche Bezugsrahmen der Schilderungen für die Rezipienten so offensichtlich war, daß ein expliziter Verweis nicht nötig wurde. Insgesamt zeigen alle untersuchten Textstellen, daß meteorologisches Wunderbares und andere wunderbare Naturereignisse in der Funktion als Zeichen oder Vorzeichen eine Untergruppe des natürlichen Wunderbaren bilden, die durch die variable Kombination im Rahmen des Motivinventars gekennzeichnet ist. Dabei zeichnen sich besonders die beiden Schilderungen der Vorzeichen bei Alexanders Geburt im RA durch neu verwendete Motive, die originelle stilistische Darstellung bekannter Motive und die detaillierte Verknüpfung der Vorzeichen mit der Vita des Helden aus. Weiterhin gilt für diese Untergruppe, daß die Vorzeichen, die sich auf das Schicksal eines Helden beziehen, im Rahmen des christlichen Bezugssystems stehen und die Zeichen christlich stilisiert werden. Damit besteht in dieser Untergruppe eine enge Verknüpfung von Inhalten des natürlichen Wunderbaren und ihrer Funktionalisierung innerhalb des Bezugsrahmens des christlichen Wunderbaren, die mit einer christlichen Stilisierung einhergeht. Daneben besteht natürlich auch die Möglichkeit einer nicht-christlichen oder nicht eindeutig christlichen Stilisierung von natürlichem Wunderbaren als Vorzeichen, die ebenfalls von volkssprachlichen oder lateinischen Texten des 12. Jahrhunderts genutzt wird. Claude Lecouteux führt Beispiele für die Schilderung von meteorologischem Wunderbaren in lateinischen Chroniken an, wobei diese Vorzeichen nicht unbedingt in Bezug zum Schicksal eines Herrschers gesetzt werden oder christlich gedeutet werden.' 7 Auch in Waces Roman de Brut von 1155 wird beispielsweise von blutigem Regen und einer Fliegenplage in der Regierungszeit des guten und beim Volk beliebten Königs Rival berichtet (2125-2132), ohne daß vom Erzähler eine Deutung gegeben wird. Die Zeichenwerden jedoch als «grant merveille» (2130) bezeichnet, und wie in den bisher behandelten Beispielen wird auf die Angst hingewiesen, die sie bei den Menschen auslösen (2131s.). 18 Eine Einordnung in den christlichen Bezugsrahmen ergibt
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V . L e c o u t e u x 1995, p. 14s.; cf. auch Rousset 1956, p. 26-29, zu meteorologisch wunderbaren V o r z e i c h e n in Chroniken. V . Wace, Roman de Brut, ed. A r n o l d 1938-1940, 2125-2132: «En sun tens pluie de sanc plut/ Treis jurs entiers, ne sai que dut,/ Ε tel plente de musches crut/ D u n t mainte gent
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sich - wie zusätzlich auch für die oben genannten Belegstellen gilt - nur indirekt durch motivische Ähnlichkeiten zu zwei der im Alten Testament geschilderten ägyptischen Plagen: der Verwandlung der ägyptischen Gewässer in Blut (i. Plage)' 9 , die mit dem Blutregen in Verbindung gebracht werden kann, und der Fliegenplage (3. Plage), die sonst nirgendwo genannt wird. Im übrigen korrespondiert auch der in anderen Belegstellen auftretende Hagel mit der siebten ägyptischen Plage. Im Roman de Brut wird diese implizite Einordnung in den christlichen Bezugsrahmen noch durch einen fast unmittelbar vorausgehenden Hinweis des Erzählers auf eine Prophezeiung verstärkt, die Immanuel, den Retter Israels, ankündigt, der von einer Jungfrau geboren werden werde (2115-2120). In den hier untersuchten, auf den RA beziehbaren volkssprachlichen Texten wird der christliche Bezugsrahmen allerdings deutlicher gewählt, da wie bei der biblischen Erzählung von Christi Tod, Geburt oder Tod eines Helden oder eine bedeutungsvolle Schlacht durch die Zeichen hervorgehoben und in Beziehung zu Gottes Walten und der christlich eschatologischen Auffassung des Weltgeschehens gesetzt werden. Catherine Gaullier-Bougassas sieht für den RA die Funktion der Zeichen bei Alexanders Tod allerdings entgegengesetzt zur Bibel und zum Rolandslied - Zeichen für die Vergöttlichung Rolands versus «chätiment divin» Alexanders.20 Diese postulierte Funktion der Zeichen erscheint jedoch gerade durch die Parallelen zur Bibel und zum Rolandslied unwahrscheinlich und hinsichtlich des Gesamttexts auch nicht schlüssig. Wie oben für die Luftfahrt exemplarisch nachgewiesen wurde, versucht der RA anders als andere lateinische und volkssprachliche Alexandertexte im allgemeinen, stets ein positives Bild des Helden zu zeichnen. 3.2.2.
Meteorologisches Wunderbares zur Kennzeichnung eines wunderbaren Bereichs
Bisher konnte für meteorologisches Wunderbares in unterschiedlichen Gattungen - Heiligenlegende, «chanson de geste» und RA - die Funktion als Zeichen oder Vorzeichen im christlichen Deutungsrahmen festgestellt werden. Darüber hinaus tritt diese Untergruppe des natürlichen Wunderbaren in Texten unterschiedlicher Gattungen auch zur Kennzeichnung besonderer Bereiche innerhalb der Raumstruktur des jeweiligen Textes auf. Ein frühes Beispiel dafür findet sich im Roman de Thebes.21 Dort bricht Polli-
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d'engrot morut;/ De la pluie ki plut vermeille/ Ε des musches fud grant merveille./ L a gent en fu tute en cffrei/ Ε chescuns out poür de sei.» V . zu dieser Stelle auch Dubost 1991, p.66. V . Biblia Sacra, ed. Weber 3 i983, Exodus 7 , 1 4 - 2 5 , für die Verwandlung der Gewässer in Blut u. Exodus 8, 20-32, für die Fliegenplage. V . Gaullier-Bougassas 1998a, p.499. Zitiert bzw. verwiesen wird im folgenden auf die Ausgabe von Guy Raynaud de Lage, in der Ausgabe von Constans finden sich keine wesentlichen Abweichungen, die eine parallele Zitierweise erforderlich machten.
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nices, nachdem der Rat das Regierungsjahr des Bruders beschlossen hat, ziellos vom Hof in Theben in sein einjähriges Exil auf und gibt sich allein, nur von seinem Pferd begleitet, voller Furcht vor den Anschlägen des Bruders in die Hand Fortunas und der Götter (607-620). Der Erzähler berichtet nichts Genaues über den vom Hof aus in zehn Tagen durchquerten Raum (621-24), der für die Erzählung bedeutungslos scheint. Dann jedoch gelangt Pollinices in einen besonderen Bereich: «Jouste une mer vet chevauchant,/ mes la mer vet si tempestant/ que nus homs ne savroit conter/ quel ele estoit, ne pourpensser.» (625-628) Das von Unwettern tosende Meer wird vom Erzähler mit Hilfe eines Unsagbarkeitstopos als unbeschreibbar gekennzeichnet, wobei bereits zu Beginn der Episode durch das Verb «vet» räumlich gesehen die Perspektive der Figur eingenommen wird, die als Eindringling in den besonderen Bereich diesem ausgeliefert ist. Bereits die ersten Verse der Episode, die das unbeschreibliche Tosen des Meeres betonen, kennzeichnen das beschriebene Gebiet als durch natürliches Wunderbares bestimmten Bereich. Im folgenden wird dies deutlicher: Pollinices verbringt die Nacht unter furchtbaren Unwettern am Meeresufer. Neben Regen, Hagel und Schnee tosen die 12 Winde haltlos umher (629-632), Donner grollt, Blitze zukken, und Pollinices sieht Erde und Himmel erleuchtet (637-640). Die Folgen des Unwetters sind furchtbar: Bäume werden gespalten und entwurzelt, die Flüsse treten über die Ufer und überschwemmen alles (641-644). Darauf, daß das Unwetter von wunderbarer Qualität ist, auch wenn kein dies bezeichnender Terminus vom Erzähler verwendet wird, deutet zum einen die große Angst des Helden hin, der inmitten des Unwetters zwar weiterreitet, aber den sicheren Tod erwartet, weil er die Stärke des Unwetters erlebt: «Pollinices, pour le tempier,/ ne lesse pas son chevauchier,/ ain^ois atent presente mort/ por le tempier qu'il voit si fort.» (645-648) Z u m anderen wird das Unwetter als außerhalb der Macht des heidnisch-antiken Herrn der Winde, Helus, dargestellt: «onques nes [i.e. Ii douze vent] pot tenir Helus,/ qui est lor sires et lor dus» (633s.). Neben dieser heidnisch wunderbaren Stilisierung bringt der Erzähler im folgenden wohl auch die Ohnmacht des christlichen Gottes angesichts der Winde zur Sprache: «parmi cele eve vont bruiant/ que Ten n'o'ist pas Deu tonnant.» (635s.) Die Bezeichnung «Deu» könnte sich im antik-heidnischen Bezugsrahmen zwar auch auf Jupiter beziehen, der über Blitz und Donner herrscht, andererseits werden im Thebenroman häufig die christliche und die heidnische Gottesauffassung alternierend oder vermischt verwendet. 22 In jedem Fall werden weder eine Erklärung für das Unwetter noch eine Ursache oder ein Verursacher angegeben. Es befindet sich in doppelter Weise außerhalb des Einflußbereichs sowohl der heidnisch-antiken als auch der christlichen Gottesmacht. Dadurch wird das Unwetter als wunderbar dargestellt und kennzeichnet einen wunderbaren Bereich, den Pollinices durchqueren muß, bevor er den rettenden Leuchtturm von Argos mit seinem Karfunkel 23 erblickt und mit seiner Hilfe zu König Adraste nach Argos - in einen nicht-
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Cf. dazu Payen 1970, p. 504-513; Grout 1977, p. 317-331. V . oben cap. 2, p.95.
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wunderbaren, ihm in Gesetzen und Struktur vertrauten Bereich - gelangen kann. Der im Roman de Thebes an dieser Stelle dargestellte meteorologisch wunderbare Bereich zeichnet sich daneben auch durch wunderbare Fauna und somit durch eine Kombination von zwei Elementen des natürlichen Wunderbaren aus. Das natürliche Wunderbare fungiert im Rahmen des wunderbaren Bereichs als Hindernis, das der Held überwinden muß, bevor er wieder in einen sicheren, ihm von seinen Gesetzen und seiner Struktur her vertrauten Bereich gelangen kann. Damit stellt es an dieser Stelle auch eine Prüfung auf dem Weg des Helden dar. Zudem macht der Held trotz der Gefahr, der er sich stellen muß, auch Erfahrungen mit wunderbaren Phänomenen und Bereichen, die ihm in der Welt des Kampfes und des Hofes nicht zugänglich scheinen. Dadurch unterscheidet er sich von anderen Figuren und verfügt über einen zusätzlichen Erfahrungsschatz und das daraus hervorgehende Selbstvertrauen, was ihm möglicherweise in der nicht-wunderbaren Welt von Nutzen sein kann. 24 Diese Funktionen des natürlichen Wunderbaren sowie die Kombination von verschiedenen Elementen, wie sie im Roman de Thebes, der um 1150 entstand, bereits früh verwendet werden, finden sich auch in späteren Texten anderer Gattungen. Ein Beispiel dafür stellt eine zentrale Episode in der wahrscheinlich um 1188, also zeitnah dem RA, entstandenen Chanson d'Aspremont dar. 25 Naime und in einer wohl jüngeren Version zunächst auch Richier - 2 6 versuchen auf Karls Befehl hin als Boten den «Aspremont», einen gefährlichen Berg>, zu überqueren, um zu König Agolant am Meeresufer auf der anderen Seite zu gelangen. Der Bereich des Berges ist durch meteorologisches Wunderbares ebenso wie durch eine wunderbare Fauna gekennzeichnet. Zusätzlich wird auch die Topographie wunderbar dargestellt (v.u.), so daß drei Elemente des natürlichen Wunderbaren zusammen auftreten und den wunderbaren Bereich bestimmen. Der wunderbare Bereich des «Aspremont» wird zuerst durch Unwetter gekennzeichnet, und zwar bereits als Naime in Sichtweite des Berges gelangt. Es schneit und hagelt, so daß Naimes Pferd Morel von Schnee bedeckt wird, er selbst unter seiner Rüstung friert und durchnäßt wird und die Hagelkörner («gla9ons»; 2549) aufeinanderprallen sieht. 27 D a ß die Stärke des Unwetters die eines gewöhnli-
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26 27
Diesbezüglich v.u. cap. 5, p. 424s. Cf. zur Datierung der einzelnen Versionen dieser breit überlieferten «chanson de geste» Complement bibliographique 1993, S p . ß i s . Z u g r u n d e g e l e g t wird in diesem Kapitel stets die älteste, von A n d r e de Mandach auf Basis der Handschriften L3 ( B . M . A d d . 35289) und V V I (Venise V I ) edierte Version (v. Chanson d'Aspremont, ed. de Mandach 1975/1980). D i e untersuchte Episode umfaßt hier die Laissen 1 1 5 - 1 2 1 (B, p . 7 2 78), deren Entstehung de M a n d a c h zwischen 1187 und 1191 ansetzt (p. 2). Zusätzlich wird wie im vorigen Kapitel die häufig verwendete ältere Edition benutzt, die Brandin von der Handschrift W anfertigte, einer überarbeiteten, nach d e m Compliment bibliographique (Sp.35) ca. 1270 entstandenen Version der «chanson»: ν. Chanson d'Aspremont, ed. Brandin 1923-1924. V . Chanson d'Aspremont, ed. Brandin 1923-1924, Laisse 106-109. V . Chanson d'Aspremont, ed. de Mandach 1975/ 1980, 2543-2546 u. 2549s. : «E vit sur lui pluver e gresilier,/ D e la neif [covre] le col de son destrier./ Par mi le hauberc comen-
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chen Unwetters übertrifft, geht daraus hervor, daß Morel ernsthaft durch die Hagelkörner verletzt wird: «Le cheval tremble qui ot mesaise eü,/ Kar Ii gla$un l'orent tant debatu/ Qu'en plusurs lieus Ii fu le quir rumpu.» (2568-2570) Naime ist sich auch durchaus der Tatsache bewußt, daß nur Morel, sein außergewöhnliches Pferd, den wunderbaren Belastungen des «Aspremont» standhalten kann. Im Verlauf der Episode spricht er mehrmals mit Morel und stellt bereits nach der ersten Belastungsprobe durch das Unwetter fest: «» (2572) Auch nachdem Naime den Gipfel des «Aspremont» erreicht hat, muß er dort eine Nacht verbringen, in der es stürmt und hagelt, so daß er und Morel vom Tod bedroht sind: « V e n t e e gresille q u e f o r m e n t l'a gregie,/ D e s q u ' a l talon ad tut le cors moillie (2613s.)/ [...]/ V e n t e e gressille, si ne fait mie bei. (2627)/ [...]/ E n mort d e froit, a si vilain maissei,/ N ' o u t la nuit d e n t dunt ne feist martel./ Icele noit dux N a i m e s trespassa:/ U n c franc hom e de tele n ' e s c h a p a - / Ja en sa vie mes ne l'ubl'iera.» ( C h a n s o n d'Aspremont, ed. de M a n d a c h 1975/ 1980, 2634-2638)
Naime spricht angesichts dieser meteorologischen Bedingungen mit Morel, bedauert ihn (2615-2619) und ruft Gott um Hilfe zum Überleben an (2628-2633). Der Erzähler sagt nichts über ein Eingreifen Gottes aus, betont aber, daß kein anderer Held eine solche Nacht je überlebte. Die Ursache des Unwetters (und auch der anderen Widrigkeiten des «Aspremont») liegt hier wie im Roman de Thebes im Dunkeln. Das natürliche Wunderbare ist an den Bereich geknüpft, den die Helden durchqueren oder überschreiten müssen, und wird vom Erzähler gerade nicht christlich stilisiert und nicht durch das Wirken Gottes erklärt. Daß Naime Gott um Hilfe anruft, spricht gegen Gott als Verursacher der Unwetter und erweckt den Eindruck, daß der wunderbare Bereich sich zumindest ursprünglich dem Einfluß Gottes bzw. der antik-heidnischen Götter entzieht, ebenso wie es für den entsprechenden Bereich im Roman de Thebes festgestellt wurde. 28 Das Motiv eines Helden, der allein, nur begleitet von seinem Pferd, die durch meteorologisches Wunderbares ausgelösten Widrigkeiten in einem wunderbaren Bereich bestehen muß, ist dem Roman de Thebes, der Chanson d'Aspremont und dem RA - dort in mehreren Ausprägungen - gemeinsam. In allen Fällen kommen gefährliche und wunderbare Tiere hinzu, die den Bereich kennzeichnen. In der Chanson d'Aspremont und im RA ist das Motiv ferner dahingehend erweitert worden, daß auch die Topographie des Bereichs an sich wunderbar ist und daß das außergewöhnliche Pferd des Helden eine besondere Erwähnung findet (v.u.). Im RA werden die Wüste, der von Artus und Liber beherrschte wunderbare Bereich (v.u.) und der Bereich des «Val perilleus» durch meteorologisches Wunderbares gekennzeichnet. Bereits bevor Alexander das Heer aufbrechen läßt
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ce a refreider,/ D e s q u ' a l talon ne remist q u e moillier./ [...]/ V i t les gla?ons chair e tresbuchier,/ L ' u n d e sur l'altre chair e englacier.» Cf. zur T h e s e v o n einer christlichen Stilisierung auch N o t z 1988, P.324S.
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und wie zufällig durch das Überqueren eines Berges in den dahinter liegenden «Val perilleus» gelangt, wird die Nähe dieses wunderbaren Bereichs durch die Verdunkelung des Tages um die dritte Stunde und durch Kälte, Regen- und Schneeschauer angezeigt, die bis zum Mittag andauern: «Et qant vint apres tierce, Ii jors se heriga/ Et devint si ennubles que tous Ii airs torbla,/ Molt par fist grant froidure, asses plut et nega;/ Et qant vint au midi, Ii solaus esclaira.» (RA III 148, 2476-2479)
Erst als Alexander allein im Tal zurückgeblieben ist, zeigen sich die meteorologisch wunderbaren Phänomene, die an das Innere dieses Bereichs geknüpft sind. Sie gehen teilweise in topographisches Wunderbares über, das den Bereich generell bestimmt (v.u.): Es donnert und blitzt, der Berg erzittert und das Tal stöhnt und stößt Gestank aus (III 156, 2707-2709). Die Erde brennt an mehreren Stellen, die Felsen bewegen sich, und zu den Blitzen kommt ein Steinregen (III 157, 2719-2721). Wie Pollinices hat auch Alexander angesichts des meteorologischen Wunderbaren große Angst und ist sich des nahen Todes sicher: «La paor quil destraint Ii change Ii viaire,/ Car qui de mort se crient bien est drois qu'il i paire,/ Tous en est enpalis, car il ne set que faire.» (III 156,2716-2718) 2 9 Er spricht sogar in einem langen Monolog Emenidus an und bedauert, daß er seine Leute verlassen mußte und sterben muß (III 157, 2725-2739). Später verdunkelt sich der Tag, der Himmel wird von Blitzen zerrissen, Berg und Tal erbeben und stoßen dunkle, stinkende Wolken hervor (III 158, 2741-2745), ein furchtbares Unwetter geht hernieder (III 160, 2797s.). Zudem ist das meteorologische Wunderbare in der «Val perilleus»-Episode wie in der Chanson d'Aspremont und im Roman de Thebes mit dem Auftreten von wunderbaren Tieren verknüpft (v.u.).
Exkurs:
D e r einsame Held und sein Pferd angesichts des natürlichen Wunderbaren
Wie in der untersuchten Episode der Chanson d'Aspremont ist ein zentrales Motiv die Darstellung des einsamen Helden, der mit seinem Pferd 3 0 die gefährliche Situation gemeinsam meistert. In der Chanson d'Aspremont wird in der wohl ältesten erhaltenen Version, wie sie in der Handschrift Venise V I (ed. de Mandach) vorliegt, Naimes Pferd Morel schon bei dessen Aufbruch namentlich erwähnt (2538). Wenn Morel durch die Expedition Leid zu ertragen hat, ruft Naime Gott für sich und sein Pferd gleichermaßen an (2561), und zweimal spricht er tröstend zu Morel und verspricht ihm bessere Zeiten, wenn sie die Expedition überleben (2571-2576; 2616-2619). A l s der Greif des «Aspremont» Morel angreift (2593), tötet Naime ihn, ebenso verteidigt Naime Morel, als Bären und ein Leopard dies auf dem Gipfel tun wollen: «Cil [i.e.Naime] le defend qui amene Ii a» (2653). Andererseits ist aber auch Morel für Naime sehr wichtig für das Gelingen der Expe29 30
Cf. auch III 157, 2722-III 158, 2740. Cf. generell zur Entwicklung des Motivs vom «cheval fae» Dubost 1991, p. 435-454, v. für andere wunderbare Pferde auch Dickman 1926, p. 170s.
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dition, da er nur mit Hilfe des Pferdes und dessen «vertu» (v.o.) den Fluß überqueren und den Weg zum Gipfel beschreiten kann. Zwischen dem Helden und seinem Pferd besteht also eine enge Gemeinschaft und gegenseitige Abhängigkeit, wobei die Verantwortung des Helden für sein Pferd und seine Zuneigung in der Darstellung überwiegen. In den späteren Versionen der «chanson» wird die Rolle des Pferdes in der Erzählung noch stärker ausgebaut. In der Handschrift W(ed. Brandin) wird in einer Episodendoppelung zunächst das Pferd Richiers bei dessen Versuch, den «Aspremont» zu überqueren, vom Greifen getötet, was ihn zum Abbruch der Expedition zwingt (1822-1860). Naimes Pferd Morel wird ausführlicher vor Beginn seiner Expedition beschrieben (1906-1908), und auch seine Rolle beim Angriff des Greifen erfährt eine dramatischere Stilisierung, da Morel sich zunächst selbst aufbäumt und den Greifen zurückschlägt (19821986), bevor Naime diesen später tötet (1998-2001). In der Episode, wie sie in der Handschrift Β (ed. Bekker) 31 vorliegt, sind weitere Zusätze vorhanden, die die Rolle Morels noch stärker betonen. Nach der Tötung des Greifen ist ein Textstück eingeschoben, das schildert, wie Naime und Morel von Schneemassen wie von einer Mauer umschlossen werden, so daß Morel stürzt (452-468). Als beide wie in den älteren Versionen auf dem Gipfel des «Aspremont» unter der Kälte leiden, beschützt Naime Morel sogar mit seinem Schild (524s.). Dieser Einschub könnte auf eine ähnliche Stelle in der «Val perilleus»-Episode des RA zurückgehen (v.u.). Außerdem tötet nicht mehr nur Naime die wilden Tiere, die Morel auf dem Gipfel bedrohen, sondern dieser erschlägt selbst mit dem rechten Hinterhuf einen Leoparden, wofür Naime ihn lobt und ihm dankt (585-596). Wo vorher der Held im Vordergrund stand und das Pferd beschützte, hat hier das Pferd eine gleichberechtigte Rolle gegenüber dem Helden erlangt, wenn es um die Bezwingung des natürlichen Wunderbaren - der Unwetter und der wilden Tiere - geht. Im RA werden Bucephalus' außergewöhnliche Qualitäten gelobt, als Alexander auf ihm fernab von seinen Leuten den «Val perilleus» erkundet: «II monte en Bucifal, son destrier coreor,/ Onques en nule terre nen ot cheval mellor.» (III 150,2532s.) Damit wird zu Anfang der Episode bereits durch den Erzähler angedeutet, daß Held und Pferd im folgenden auf sich gestellt sein werden, und es scheint sich eine Art Gleichberechtigung zwischen beiden abzuzeichnen, wie sie in der B-Version der Chanson d'Aspremont festgestellt wurde. Im Verlauf der Unwetter und der Heimsuchungen durch wilde Tiere zeigt sich aber, daß Alexander seinem Pferd weit überlegen ist und es vor den Gefahren beschützen muß. Angesichts des in Laisse 158 geschilderten Bebens, der Verdunkelung der Sonne und der aus dem Tal dringenden stinkenden Wolken kann Bucephalus sich wie Morel in der B-Version der Chanson d'Aspremont nicht aufrecht halten und muß sich ebenso wie Alexander auf den Boden legen.32 Als in der eingetretenen 3
' V. Chanson d'Aspremont, ed. Bekker 1829, p. L I I I - L X V I , sowie für die n. dort p. 169174. Zur Datierung auf um 1300 v. Complement bibliographique 1993, Sp.32. 32 V. RA III 158,2746s.: «Bucifal ne se pot en estant soustenir,/ Ne Ii rois en estant, ains le convint gesir.»
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Nacht die Monster des «Val perilleus» angreifen (v.u.), wird Bucephalus' Angst vom Erzähler unter Verwendung einer komischen Stilisierung dargestellt. Alexander beschützt Bucephalus nicht aus eigenem Antrieb mit seinem Schild, wie Naime Morel in der B-Version der Chanson d'Aspremont - deren Verwendung des abgewandelten Motivs aber durchaus auf den RA zurückgehen könnte - , sondern Bucephalus ist so ängstlich, daß er sich vor den Monstern unter Alexanders Mantel verkriecht: «Lors n'ose Bucifal ne grater ne henir,/ Sous le mantel le roi met son chief por covrir,/ Q'il nes ose veoir ne ne queroit sentir» (III 158, 2755-2757). Bis zum Morgengrauen, das das Ende der Bedrohungen mit sich bringt, muß Alexander Bucephalus fest am Zügel halten (III 160, 2804), erst dann kann er mit ihm das Tal erneut erkunden (2810) und schließlich verlassen (III 163, 2873s.). An dieser Art der Darstellung zeigt sich zum einen das innige Verhältnis, das Held und Pferd, gerade wenn sie auf sich gestellt sind, zueinander haben, zum anderen werden die Gefahr der Situation sowie Alexanders Verdienste dabei durch die fast übertriebene Angst des Pferdes gesteigert. Wenn sogar ein Pferd, das zu Beginn der Erzählung viel wunderbarer dargestellt wird (v.u.) als beispielsweise Morel in der zeitgenössischen, älteren Version der Chanson d'Aspremont, sich im «Val perilleus» vor Angst lächerlich macht, um wieviel höher ist dann der Einsatz des Helden einzuschätzen, der sich trotz aller Unterlegenheit noch gegen die Monster verteidigt: «Et ne por qant Ii rois s'apense du ferir.» (III 158, 2758) Die Darstellung des Verhaltens von Held und Pferd und der Beziehung zwischen beiden zielt also im RA eindeutig darauf ab, die relative Überlegenheit des Helden im wunderbaren Bereich und bei der Konfrontation mit wunderbaren Phänomenen zu erweisen. Da keine Soldaten oder Zeugen anwesend sind wie in anderen Episoden, zeigt der Erzähler diese Überlegenheit unter Verwendung komischer Elemente - unter Bezugnahme auf Bucephalus. Dabei kann er auf die motivisch von Beginn des Textes an etablierte besondere Verbundenheit zwischen Held und Pferd zurückgreifen (v.u. 3.3.1.5.) Der von den Göttern Artus und Liber 33 beherrschte wunderbare Bereich, der in der vom RA gezeichneten Raumstruktur eine zentrale Rolle spielt,34 ist in noch 33
Cf. zu diesem Bereich auch Gaullier-Bougassas 1998a, P.498S. u. p.447. Die Figur des Artus («Artu» im Obliquus) alterniert in den verschiedenen Handschriftenen mit der Figur des Herkules («Arcu» im Obliquus), so daß nach Ansicht einiger Forscher auch die Bezeichnung «der von Herkules und Liber beherrschte wunderbare Raum» gerechtfertigt sein könnte, v. Roman d'Alexandre, ed. Harf-Lancner 1994, p. 8s., p.444; M F R A , vol. 6, p. 10. Den Untersuchungen von Sasaki 1996, passim, zufolge, wird zumindest in der Handschrift G und auch an entscheidenden Stellen der Handschrift Μ und weiterer Handschriften jedoch durchgängig die Lautung «Artus» bzw. «Artu» verwendet, so daß dies durchaus die von Alexandre de Paris gewählte Lautung sein könnte. In III 1 8 1 , 3 1 5 9 , liegt jedoch «Ercules» vor (v.o. im Text). Insgesamt scheint der Befund für eine nicht ganz einhellig durchgeführte Ersetzung von Hercules durch Artus zu sprechen, die von Alexandre de Paris vorgenommen wurde. Z u den Implikationen dieser Feststellung v. cap. 4, p. 383s.
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V.u. cap. 5, p. 522s.
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stärkerem Maße als der «Val perilleus» durch meteorologisches Wunderbares bestimmt. In diesen Bereich gelangen Alexander und sein Heer bei ihrer zweiten Erkundung des wunderbaren Raums, indem sie die von Artus und Liber gesetzten Grenzpfeiler passieren. A l s Alexander mit seinen Soldaten nach Enochs Mißbrauch der Quelle der Unsterblichkeit von dort aus aufgebrochen ist, gelangen sie in ein Wüstengebiet mit Bergen («les puis de Falicost»; III 179,3108), das sie durch seine Hitze und Unwirtlichkeit quält. 35 Dort befindet sich auch ein «pertuis» (3113), der von Artus und Liber 3 6 verschlossen wurde. D a ß es sich um einen gefährlichen wunderbaren Ort handelt, wird sofort deutlich, da Alexander und die Soldaten von Monstern angegriffen werden, als sie den «pertuis» erreichen (v.u.). Ähnlich wie Alexander G o g und Magog in ein Tal einschloß (v.o.), indem er den einzigen Durchgang einer Gebirgskette zumauerte, der im übrigen auch als «pertuis» bezeichnet wurde (III 127, 2180), scheint hier ein Durchgang von höheren Mächten verschlossen worden zu sein. Dabei wird allerdings nicht wie für G o g und Magog der Rückzug vereitelt, sondern das Eindringen in den Bereich. Alexanders Ausblick von einem der Berge zeigt ihm u.a. «Occeanon, qui tout le mont aijaint» (III 180, 3121). Der Bereich, den Artus und Liber dem Zugang der Menschen entziehen wollten, ist also offensichtlich das Ende der Welt, 37 wie Alexander es auch bei seiner Luftfahrt von oben erblicken wird (v.o.). Die Schutzmechanismen bestehen wie im wunderbaren Bereich, den Pollinices im Roman de Thebes durchquert, nicht nur in wunderbarer Fauna, sondern vor allem in den meteorologischen Gegebenheiten des Gebiets. Die große Hitze läßt die Soldaten vor Durst ermatten und veranlaßt die indischen Führer, Alexander davon abzuraten weiterzuziehen, da niemand im vor ihnen liegenden Gebiet den Weg kennt und es keinerlei Wasser dort gibt. 38 Obwohl Alexander auf diesen Rat hin umkehrt, werden er und seine Leute weiter durch die Hitze gequält, und auch ein See, auf den sie stoßen, ist schnell ausgetrunken (III 181, 3134-3138). Noch dazu treffen sie auf weitere Monster (v.u.). Erst dann zeigt der wunderbare Bereich seine ganze abweisende, gefährliche Kraft durch meteorologisch wunderbare Phänomene. 39 Diese treten eines nach dem anderen auf, wobei jeweils die Auswirkungen des Phänomens auf das Heer beschrieben werden. Zunächst erfolgt ein Wirbelsturm («uns estorbellons»; 3150), der Zelte und Packtiere um-
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V . dazu cap.5.2.2.4., p.449. V o n den beiden Götternamen ist in der von der hier benutzten Ausgabe ( M F R A , vol. 2) edierten Handschrift G nur «Artus» überliefert («Qant vinrent au pertuis que Artus Ii ber clost»), im Kommentar von Foulet, M F R A , vol. 6, p. 50, aber die schlüssige Emendation zu «[...) qu'Artus et Liber clost» vorgeschlagen. Sie wird durch andere Stellen wie III 186, 3222 gestützt. V. zu diesem Motiv in der französischen Literatur Tattersall 1981, passim, die hier untersuchte Stelle ist auf p. 250 genannt. W.RA III 180,3i23-3i29:«Apoi que toute Post d'angoisse ne remaint,/ Carlichaus les argüe et la sois les destraint./ Cil d'Ynde Ii ont dit d'aler avant ne paint,/ N'est qui la voie sache ne qui la lor ensaint,/ Que l'ardor est si grans ja seroient estaint,/ Car en trente jornees, c'est en l'estoire paint,/ N'a tant d'umilite dont nule riens enpraint.» Z u diesem Bereich cf. Dubost 1991, p. 269s.
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wirft und Mäntel und Schilde umherschleudert (3151-3154). Der Erzähler legt Wert auf die Abfolge der Phänomene, denn er kündigt den auf den Wirbelsturm folgenden Niederschlag aus Schnee und Feuer folgendermaßen an: «Apres icest domage lor est autres creüs» (3155). Das vom Himmel fallende Feuer verbrennt die gesamte Landschaft (3156s.) und ist das wunderbarste der bisher untersuchten meteorologischen Phänomene. Dementsprechend beschreibt der Erzähler nicht wie sonst die Angst, die es bei den Figuren auslöst, sondern legt den Figuren eine Deutung in den Mund, die neben dem von Foulet geheilten Vers über den «pertuis» (III 179,3113) 4 0 die Grundlage für die hier gewählte Bezeichnung des gefährlichen wunderbaren Bereichs bildet, in dem sich Alexander und die Soldaten befinden: «Or dient tuit par l'ost: (III 181,3158-3160) Der Feuerregen und die übrigen gefährlichen Phänomene und Lebewesen, die diesen wunderbaren Bereich kennzeichnen, gehen also auf den Einfluß der heidnisch-antiken Gottheit Liber zurück sowie auf den Helden Herkules, der der antiken Mythologie nach ebenfalls in den Götterhimmel aufgenommen wurde und hier anstelle von Artus genannt wird. Damit handelt es sich um einen Bereich, der wie der entsprechende wunderbare Bereich im Roman de Thebes dem Einfluß des christlichen Gottes entzogen zu sein scheint. Im RA werden aber über die Figurenrede namentlich antike heidnische Gottheiten genannt, die für die gefährlichen Phänomene und den abweisenden Charakter des Bereichs verantwortlich sind und ihn dadurch beherrschen. Woher die Figuren ihr Wissen beziehen, das vorher nur dem Erzähler bekannt zu sein schien, wird im Text nicht gesagt. Dadurch, daß nicht nur von der Angst der Figuren vor den wunderbaren Phänomenen erzählt wird, sondern eine dort herrschende Macht als Verursacher der Phänomene zum Objekt der Angst wird, wird aber der wunderbare Bereich als gefährlicher dargestellt. Das meteorologische Wunderbare läuft nicht etwa (wenigstens scheinbar) zufällig ab wie im Roman de Thebes, sondern hinter ihm steht eine organisierte böse Macht. Die Organisiertheit des Schreckens wird vom Erzähler, wie oben angedeutet, durch Kommentare betont. Als zweite Phase nach Wirbelsturm und Feuerregen («Qant Ii vens fu cheüs et Ii estorbellons»; III 182, 3161) fallen brennende Stücke wie Kohlen oder Fackeln vom Himmel, die die Soldaten, die sich nicht durch ihre Schilde schützen können, verbrennen (III 182, 3162-3167). Als dritte Phase («Qant du ciel fu cheüe la rougor et l'arsons»; 3168) ergießen sich aus dem nun verdunkelten Himmel solche Schneemassen, daß alles turmhoch unter ihnen begraben wird. Auf Alexanders Veranlassung hin können nur das Herabschlagen des Schnees von den Zelten und die Wärme der Pferde und Packtiere das Schlimmste verhindern (3169-3178). Als viertes (3179: «Apres [...]») fällt der Regen in Sturzbächen, so daß er allen Schnee und alles Eis ins Tal hinab in den großen See schwemmt, der vorher als fast trocken beschrieben wurde (v.o.). Alexander muß wegen der Unwetter vier Tage am See
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V. n. 36.
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verharren. 41 Der Erzähler berichtet weiter, daß Alexander seine einheimischen Führer nach den Ursachen für eine derart große Hitze und den abrupten Wechsel zu einer so großen Kälte fragt, diese ihm aber keine Antwort geben: «Mais onques por le dire nus d'aus ne s'aparut.» (183,3187) Dabei bleibt offen, ob die Führer keine Auskunft geben können oder wollen. Die gesamte Episode weist mit der genau angegebenen Verweildauer von vier Tagen und Alexanders Versuch, die Ursache der wunderbaren Phänomene von einheimischen Führern zu erfragen, Elemente und Strukturen auf, die auch in anderen wunderbaren Episoden wie der Blumenmädchenepisode (v.o.) und der Episode am Süßwassersee (v.u.) eine Rolle spielen. 42 Alexander faßt nach den furchtbaren Erfahrungen mit dem meteorologischen Wunderbaren in diesem Bereich den Beschluß, das Gebiet so schnell wie möglich zu verlassen. Er hält die Wetterverhältnisse nicht für verläßlich (III 185, 3208s.), weist auf die großen Verluste unter den Soldaten hin und spricht seinerseits vom Zorn der Götter: «Ains sont irie Ii dieu qui nos ont mis en freu,/ Tel chose m'ont hui faite dont ai au euer grant neu,/ Car set vins chevaliers, qui molt estoient preu,/1 avons hui perdu de la noif et du feu.» (RA III 185,3210-3213)
Neben zentralen Funktionen des Bereichs in der Struktur des wunderbaren Raums 43 sind es also allen voran die meteorologisch wunderbaren Phänomene, die diesen Bereich zu einem entmutigenden Hindernis und Ort furchterregender Prüfungen werden lassen und die seine Funktion als gefährliche und abweisende Schutzzone für andere wunderbare Bereiche gewährleisten. Bevor Alexander zum Blumenmädchenwald gelangt, berichtet der Erzähler noch einmal zusammenfassend von der Auswirkung der wunderbaren Niederschläge, die den einst trockenen See zum Überlaufen brachten (III 187, 3254-3259). Die Phänomene werden dabei anders als beispielsweise in den aus dem Roman de Thebes und der Chanson d'Aspremont besprochenen Belegstellen von ihm mit dem Ausdruck «la grant mervelle qui du ciel fu pleüe» (3256) als wunderbar bezeichnet. Zusätzlich wird durch einen Erzählerkommentar auf eventuellen Unglauben von seiten der Rezipienten reagiert: «Ja qui la [i.e. la grant mervelle] lor [i.e. die Figuren] contast par aus ne fust creü/ Se il apertement ne l'eüssent veüe.» (III 187,3260s.) Durch diese Erzählweise werden die Figuren als Augenzeugen für Wunderbares angeführt, dessen Existenz sie, wären sie selbst in der Rolle der zuhörenden Rezipienten, nicht für möglich hielten, und durch diesen Kunstgriff wird die Wahrhaftigkeit des Erzählten bekräftigt. Auch nach der im Blumenmädchenwald verbrachten Zeitspanne gelangen Alexander und die Soldaten wieder in den von Artus und Liber beherrschten abweisenden wunderbaren Bereich, der dann den Grenzbereich zur Quelle der Ju41
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V. RA III 183,3182-3184: «Quatre jors fu Ii rois que d'iluec ne se mut/ Et fist molt grant froidure, asses nega et plut;/ Ainc l'espoisse de l'air por ice ne descrut.» Diese inhaltlichen Elemente und Strukturen charakterisieren den wunderbaren Raum in seiner Gesamtheit, v. cap. 5, p. 527s.; p. 468s. V . cap.5, p. 523.
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gend und den Orakelbäumen bildet. Hier zeigt sich der Bereich von einer neuen unangenehmen Seite, da er ein zwischen vier Bergen («Entre quatre montaignes par un val freolent»; III 201, 3552) enthält, das wie eine Art Niemandsland am Ende der Welt erscheint, da es nie von Wärme oder Licht, sondern stets gleichermaßen von Wind und Kälte erfüllt ist. Das Tal wird jedes Jahr durch fünf feuerspeiende Schlangen verwüstet, die geboren werden und das Tal in Brand setzen (3553s.), wobei die wunderbare Fauna hier nicht nur zusammen mit meteorologisch wunderbaren Verhältnissen auftritt, sondern diese auch bedingt. Daneben stürmt und friert es verbunden mit ewiger Dunkelheit, so daß die Soldaten vor Kälte mit den Zähnen klappern: «En tous tans i a froit et gele si forment/ Onques solaus n'i luist, se Ii livres ne ment./ Iluec ot malvais siecle qui ot froit vestement,/ Unes piaus i vausissent set mile mars d'argent/ Car tout li mieus vestu trembloient dent a dent.» {RA III 2 0 1 , 3 5 5 6 - 3 5 6 0 )
Der Erzähler beruft sich auf eine schriftliche Vorlage, um den Wahrheitsgehalt seines Berichts zu bezeugen, und vielleicht auch deshalb, weil Erzählungen über ein solches «Niemandsland» am Ende der Welt in vielen, auch in früheren französischen Texten kursierten und es auch in Landkarten verzeichnet war. 44 Nur im RA wird das aus der «chanson de geste» stammende Motiv funktional in den Handlungsverlauf und die Raumstruktur eingebunden und so in seiner Bedeutung verändert. 45 Obwohl Schlangen und Nattern die Soldaten angreifen ( 3 5 6 1 3564; v.u.), macht ihnen die bebende und sich unter ihren Füßen auftuende Erde mehr Schwierigkeiten (3565s.). Die Pferde sinken in die Erde ein, und das Bebenverschlingt mehr als hundert Soldaten (3567-3571). Zudem tritt weiteres meteorologisches Wunderbares in Form eines Unwetters auf, das die Soldaten wie ein Himmelszeichen erblicken. Vier Wolken scheinen unter furchtbarem Getöse miteinander zu kämpfen und regnen Blut auf die Soldaten, die große Angst haben. 46 Daraufhin bekräftigt Alexander den Pairs gegenüber noch einmal, daß es
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Cf. zum Motiv der sogenannten «terre ombrage», die durch Dunkelheit und fehlende Fruchtbarkeit gekennzeichnet ist, Dubost 1991, p.392-400, sowie Patch 2 i970, p. 1 7 2 («land of darkness»); Tattersall 1981, p. 252. Das Motiv tritt nach Dubost 1991 im Gegensatz zur für den Roman charakteristischen «terre gaste» nur in den «chansons de geste» auf. E s wird dort nicht im Rahmen der Handlung funktional eingesetzt, sondern bleibt akzessorisch: «Sur le plan de la structure du recit, le motif apparait comme une breve echappee fantastique, esquissant revocation d'un ailleurs lointain et inconnu oü les lois habituelles de la representation de l'espace et de la vie peuvent etre brouillees sans inconvenients.» (p.396) Frühes und charakteristisches Beispiel ist eine Stelle im Rolandslied, die das Land beschreibt, aus dem Chernubles de Muneigre, ein sarrazenischer Krieger, stammt: «Icele tere, ςο dit, d u n < t > il [se seivret]/ Soleill n'i luist ne biet n'i poet pas creistre,/ Pluie n'i chet, rusee n'i adeiset,/ Piere n'i ad que tute ne seit neire:/ Dient alquanz que diables i meignent.»
(Chanson de Roland, ed. Segre 1971, 979-983) 46
V . RA III 201, 3 5 7 2 - 3 5 7 9 : «Par mi une montaigne choississent un torment,/ Quatre nues vermelles par devers Occident/ Qui menoient entr'eles un tel tornoiement,/ Tel noise et tel bataille et tel tanbuissement/ Et plevoient le sane ensi apertement/ Que les
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sich um ein drohendes Zeichen der ihnen Übel wollenden Götter handle: « n t , / Mult par ert pesmes e orguillus e fiers,/ Sun cors me'ismes i asalt e requert;/ Prenent s'a braz ambesdous por loiter;/ Mais ςο ne set quels abat ne quels chiet.» ( C h a n s o n de Roland, ed. Segre 1 9 7 1 ,
2546-2553) Mit dieser Passage endet der Traum, wobei Karl nicht während des Träumens aufgewacht ist, wie der Erzähler abschließend berichtet (2554). Der Löwe selbst ist nicht als wunderbar dargestellt, sondern nur als ein besonders grausames, stolzes und wildes Tier («Mult par ert pesmes e orguillus e fiers»). E s wird aber betont, daß er Karl direkt angreift, nicht etwa die Menge der Franken. Außerdem legt der Erzähler wert auf die Tatsache, daß der Ausgang dieses Kampfes nicht Gegenstand des Traums ist. Diese Indizien weisen in Verbindung mit der anfänglichen Charakterisierung des Traums als von Gott vermittels Gabriel geschickte vorausweisende «avisiun» (2529; v.o.) darauf hin, daß der Löwe im Rahmen der
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christlichen Stilisierung des Traums vom Publikum allegorisch gedeutet werden konnte und sollte. Dabei ist an die nur kurze Beschreibung des Tiers und seines Kampfes gegen Karl möglicherweise ein sehr komplexes Sinngebilde geknüpft, das über die allegorische Deutung erschlossen werden kann. 77 A m weitesten geht dabei wie auch bei der Deutung der meteorologischen Vorzeichen Karl-Josef Steinmeyer 78 der als allegorische Bedeutungen des Löwen Babylon, den Teufel und den Sarazenen Baligant - aus ungeordnetem, heidnischem Gebiet, für das der Wald stehe - angibt, mit dem sich Karl im folgenden auseinandersetzen muß (P.94S.). Der Löwe steht nach Steinmeyer im Rolandslied wie auch anderswo u.a. für den Antichristen (p. 95), so daß die Karl bevorstehenden Sarazenenkämpfe als Vorläufer für die Auseinandersetzung mit diesem gedeutet werden könnten (p. 97). Baligant selbst habe Eigenschaften des Antichristen (p.98102) und weise somit typologisch auf diesen voraus (p. 106). Diese Deutung des Löwen ist im Hinblick auf die erzähltechnische Anlage des Rolandslieds recht überzeugend, da Steinmeyer richtig ausführt, daß durch den Traum ein Spannungsabfall am Übergang zwischen den beiden großen Teilen der «chanson de geste» vermieden werde (p. 106), indem der Ausgang der Schlacht, auf die im Traum verwiesen werde, offen bleibe (p. 107). Die Annahme aber, daß der Löwe alle für dieses Tier möglichen allegorischen Bedeutungen in sich vereine und gleichzeitig auf Babylon, den Teufel, Baligant und damit den Antichristen vorausweise, scheint übertrieben. 79 Trotzdem hat die Auseinandersetzung mit dem Löwen im Traum 80 damit eine große Bedeutung für den Helden, da sie ungefähr in der Werkmitte auf sein weiteres Schicksal vorausweist und die allegorische Bedeutung aufzeigt, die der Erzähler ihm innerhalb der Erzählung und innerhalb der christlich-eschatologischen Auffassung vom Ablauf des Weltgeschehens zuweist. Karl wird also nicht nur durch den Löwen im Traum herausgefordert, dieser begleitet ihn auch im folgenden Geschehen, da er durch die allegorische Deutungsebene im Gegner Baligant stets gegenwärtig ist.
77
V . zur allegorischen Bedeutung des Löwen etwas später den Bestiaire des Philippe de Thaon, einen frühen volkssprachlichen enzyklopädischen Text, der auf älteren lateinischen Bestiarien beruht: Philippe de Thaon, Bestiaire, ed. Walberg 1900, 25-392 (der L ö w e wird wegen seiner zentralen Bedeutung als erstes Tier abgehandelt). Grundsätzlich v. zum allegorischen Bezug, der im Bestiaire im Unterschied zu naturwissenschaftlichen Texten vorliegt, Ringger 1988. Z u m Bestiaire im allgemeinen sowie zur Datierung des Texts auf zwischen 1121 und 1135 v. Philippe de Thaon, Bestiaire, ed. Walberg 1900 p. X V I I I , G R L M A , vol. VI/2, p. 225-227; McCulloch i960, p. 45-54; Bestiaires, ed. Bianciotto 2 1992, p.5-8.
78
V . p. 191s. für Steinmeyers allegorische Deutung der meteorologisch wunderbaren Elemente des Traums und deren Beurteilung. Vorsichtiger deutet Braet 1975, p. 149-158; dort, p. 107s., stellt Braet klar, daß dieser Traum, wie es generell für Träume im Gegensatz zur Vision kennzeichnend ist, keine eindeutigen Prophezeiungen enthält.
79
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Z u diesem Typus des auf ein ungünstiges Ereignis vorausweisenden Traums v. Braeti975, p.85.
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3·3·2.2.
Marguerite und der Drache in Waces Vie de sainte Marguerite
In Waces Heiligenleben, das eines der ältesten auf uns gekommenen französischen Heiligenleben darstellt und von Wace wahrscheinlich schon zwischen 1135 und 1150 noch vor der Conception de Nostre Dame und der Vie de saint Nicolas verfaßt wurde, 81 wird Marguerite, als sie vom Präfekten Olibrius in einem Kerker gefangengehalten wird, von einem Teufel in Gestalt eines Drachen heimgesucht und bedroht. Z u Anfang der Episode werden dabei vom Erzähler die Eigenschaften des Drachen - er speit Feuer und hält wie ein Mensch ein Schwert in seiner Hand - und sein Äußeres beschrieben: «Issir vit [i.e. Marguerite] d'un angle .i. dragun;/ Neirs ert e d'orible fagun,/ Feu ardant par sun nes geteit,/ Fer tut neir a sun col porteit;/ L a barbe ot d'or, les denz d'argent,/ L e s ueilz ot vairs cume a serpent,/ Paür faiseit entur Ii grant;/ G l a i v e aveit en sa main tranchant./ Curuga sei e si sifla, / Par la chartre grant feu geta.» (Wace, La vie de sainte Marguerite, ed. Keller 1990, 307-316)
Der Drache kann hier also als Monster gelten. Obwohl er uns heute per se als wunderbares, weil nicht existierendes Tier gilt, darf Gleiches keinesfalls analog für das 12. Jahrhundert vorausgesetzt werden. Z u zahlreich sind dafür die nicht als wunderbar ausgewiesenen Erwähnungen und Beschreibungen von Drachen in Texten verschiedener volkssprachlicher Gattungen und auch in lateinischen Texten (v.u.).82 In Waces Beschreibung ist der Drache zum Teil mit menschlichen Eigenschaften dargestellt, da er ein Schwert in der Hand hält und einen (goldenen) Bart trägt. Seine Augen sind außerdem als schillernd wie die einer Schlangebeschrieben, so daß er auch ein Merkmal eines anderen Tieres trägt. Obwohl das Wesen Feuer speit, wie es für einen Drachen charakteristisch ist, und vom Erzähler auch als «dragun» bezeichnet wird, stellt es doch durch die eben genannten Eigenschaften von Mensch und Schlange eine A r t Zwitterwesen dar. Es ist vom Erzähler offenbar eigens für diese Episode erdacht worden. Durch sein Feuerspeien löst der Drache bei Marguerite Angst aus (317) aus, die sie aber durch ein Gebet zu Gott überwinden kann. Als er sie zu verschlingen droht, wie der Erzähler sehr lebhaft beschreibt, besiegt sie ihn mit dem Zeichen des Kreuzes, so daß er stirbt (331-338). 83 Daraufhin erscheint ein «altre diable» (342), dieser nicht mehr in der Gestalt eines Tieres, der ihr erklärt, was es mit dem Drachen
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Es wird hier die aus den drei erhaltenen Handschriften von Hans-Erich Keller rekonstruierte Urfassung benutzt, v. Wace, La vie de sainte Marguerite, ed. Keller 1990, p. 9 7 115. Z u r Datierung cf. Johnson/ Cazelles 1979, p. 272, sowie in der Edition von Keller, p. 37-40, und W a c e , La vie de sainte Marguerite, ed. Francis 1932, p. X I V - X X . V . zum D r a c h e n in latcinischcn und volkssprachlichen T e x t e n D u b o s t 1 9 9 1 ^ . 4 3 2 - 4 3 4 , w o D u b o s t aufzeigt, daß D r a c h e n oft von Klerikern in weit entfernte G e b i e t e verwiesen werden, ohne daß ihre Existenz generell angezweifelt wird, sowie dort, p. 455-462. V . zum D r a c h e n in einem enzyklopädischen T e x t auch u. n. 84. V . W a c e , La vie de sainte Marguerite, ed. Keller 1990 (diese Edition wird auch im folgenden benutzt) 331-338: «Ez vus celui, gule baee!/ A bien pres l'a tute engulee/ Q u a n t Marguerite se seigna/ Ε de la sainte croiz s'arma./ Li diables la gule uvri,/ T u t e a bien pres la transgluti,/ Mais la croiz qu'ot faite de Crist/ Crut el dragun, crever le fist».
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auf sich hatte. Er war die Erscheinungsform eines Teufels namens Rufus, seines Bruders. Somit erweist sich die Beschreibung des Drachen, bei der der Erzähler Wert auf die individuellen Merkmale des Wesens legte, im Nachhinein als Ausdruck der Tatsache, daß es sich um einen bestimmten Teufel in Gestalt eines Drachen handelte. 84 Marguerite überwindet aufgrund ihrer Auserwähltheit auch den zweiten Teufel, der solche Angst vor ihr hat, daß er ihr Rede und Antwort steht auf ihre Fragen nach seinem Namen und nach dem «lignage» (481) des Satans und seiner Entstehung (406-462; 475-496). Dieser macht in seiner Rede die Funktion des getöteten Drachen und seine Beziehung zu Marguerite deutlich: «/ Ε il si fud tut sun vivant:/ U n c de la plaie ne guari/ D e s ke a eel jur k'il fini.» Es wird die «kleine A u s g a b e » von Wendelin Foerster zugrundegelegt; v. Chretien, Yvain, ed. Foerster 2 1926. Z u r Datierung des Yvain cf. G R L M A , vol. IV/2, p. 103, sowie Complement bibliographique 1993, Sp.235 u. Sp.405. V . Chretien, Yvain, ed. Foerster 2 1926,6814-6815 (Schluß des Werks): «DEL CHEVALIER AU LION fine/ CRESTIIENS s o n r o m a n z einsi», d a z u cf. G R L M A v o l . IV/2, p. 103.
233
en Mannes kennzeichnet («Con fist que frans et de bon'eire»; 3393) - bereits auf die Tatsache hin, daß es sich bei ihm um ein wunderbar dargestelltes Tier handelt. 91 Zusätzlich zur oben erwähnten «mervoille» wird das Erlebte außerdem vom Erzähler als «aventure» Yvains bezeichnet: «Si Ii plest mout ceste avanture.» (3407) Von Anfang an wird daher in Chretiens Roman deutlich gemacht, daß es sich um die Darstellung einer Begegnung zwischen einem wunderbaren Tier und dem offenbar für den Kontakt mit dem Wunderbaren prädestinierten Helden handelt. Wie im Rolandslied und in der Vie de sainte Marguerite wurde Yvain als Held zunächst von dem außergewöhnlichen Tier herausgefordert, wenn auch nicht sofort zum Kampf, sondern zu der Entscheidung, eben dem Löwen und nicht der Schlange beizustehen. Die Beziehung endet nicht mit einem Kampf, in dem das herausfordernde Tier besiegt wird, wie in den beiden vorangehenden Texten, sondern beginnt gerade mit der wunderbaren Verweigerung des Kampfes von Seiten des Tieres. Sie wird im folgenden zu einem Kernmotiv des Romans und ist besonders dadurch gekennzeichnet, daß sie auf Gegenseitigkeit der Partnerschaft beruht. Der Löwe bleibt, wie der Erzähler sofort feststellt, für immer bei Yvain, um diesem zu dienen und ihn zu beschützen: «Puis si se remet a la voie [i.e. Y v a i n ] . / E t Ii lions lezlui costoie;/ Q u e ja mes n e s ' a n partira,/ T o z jorz mes avuec lui ira;/ Q u e servir et garder le viaut.» (Chretien, Yvain, ed. Foerster 2 1926, 3 4 1 1 - 3 4 1 5 )
Yvain seinerseits akzeptiert den Löwen für immer als Gefährten, als er ihm ein frisch erlegtes Reh als Ausdruck seiner Zuneigung bringt: «[...] et si 1 [i.e.le chevruelj'an porta,/ Tant que devant son scignor vint,/ Qui puis an grant chierte le tint/ Et a lui a pris conpaignie/ A trestoz les jorz de sa vie/ Por la grant amor, qu'an lui ot.» (Chritien, Yvain, ed. Foerster 2 i926,3450-3455)
Diese A r t der Darstellung der engen, institutionalisierten Beziehung zwischen Held und Tier zeigt Anklänge an die der Beziehung zwischen Gilles und der Hirschkuh in der Vie de saint Gilles. In beiden Fällen ernähren die Tiere den Helden, und es pendelt sich ein regelmäßiger Tagesablauf des Zusammenlebens ein, der, wie vom Erzähler angegeben wird, 92 längere Zeit andauert und erst durch ein einschneidendes Ereignis, nämlich die Jagd auf die Hirschkuh bzw. die Ankunft von Y v a i n und dem Löwen an der wunderbaren Quelle, gefährdet wird. Dabei geht die Darstellung Chretiens aber deutlich über die Darstellung von Guillaume de Berneville hinaus. Der Löwe ist nicht einseitig auf den Schutz durch den Helden angewiesen wie die Hirschkuh (v.o.), sondern hat eine stärkere, gleichwertige Position in der Beziehung, weil er auch seinerseits Yvain be91
V . auch A m y de la Breteque 1994, p.322, der von einer «» des L ö w e n spricht und die Episode ebenfalls als wunderbar ansieht («cet apprivoisement d'un nouveau style se range plutöt dans le domaine du surnaturel ou du fantastique»). Z u r Episode cf. auch Braet 1975, p. i 6 f i s . , sowie R o h r 1994, p-9S., der den L ö w e n als A l l e g o r i e versteht.
92
V . Guillaume de Berneville, Vie de saint Gilles, edd. Paris/ B o s 1881, 1537-1540; Chretien, Yvain, ed. Foerster 2 1926,3485-3488.
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schützt, ihm im Kampf beisteht und ihn rettet. Er hilft Yvain z.B. im Kampf gegen den Riesen Harpin de la Montaigne, indem er diesen schwer verletzt (42194235), und später im Kampf gegen die Ankläger von Lunete (4509-4548). Als der Löwe dabei verletzt wird, ist Yvain seinerseits äußerst besorgt und setzt alles daran, die Gegner zu besiegen (4549-4565). Danach bringt er den verletzten Löwen möglichst schnell in ein gastfreundliches Haus, wo seine Wunden zusammen mit denen Yvains versorgt werden, bis sie gesund sind (4652-4702). Auch die Dauer der Beziehung ist in beiden Texten verschieden angelegt. In der Vie de saint Gilles endet die Beziehung zwischen Held und Tier zu dem Zeitpunkt, an dem sie funktional im Rahmen der Darstellung überflüssig wird, da der König durch die Jagd auf die Hirschkuh Gilles gefunden hat und dieser auf das Drängen des Königs hin seine Einsamkeit aufgibt und einwilligt, Abt eines vom König neu zu bauenden Klosters zu werden (2155-2231). Die Beziehung zwischen Yvain und dem Löwen hingegen wird durch ihre Regeln, die Liebe Yvains («amor», v.o.) und den Pakt, der bis zum Tode eines Partners («toz jorz»; «A trestoz les jorz de sa vie»; v.o.) geschlossen wurde, einer Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau gleichgestellt. Sie ist so innig, daß der Löwe angesichts von Yvains scheinbarem Tod an der Quelle nicht ohne seinen Partner weiterleben kann und Selbstmord begehen will (3506-3525). Dieses Motiv des Selbstmords eines Liebenden nach dem Tod des Partners wird mit dem Motiv der besonderen Beziehung zwischen Held und wunderbarem Tier von Chretien in origineller Weise verbunden, zumal er es im wohl gleichzeitig entstandenen Lancelot bei der Darstellung der Liebe von Lancelot und Guenievre für beide Partner verwendet.93 Es ist auch im Pyrame et Thisbi und im Narcisse nachweisbar, d.h. in französischen Texten über die höfische Liebe, die dem Yvain zeitlich unmittelbar vorausgehen und im gleichen Versmaß abgefaßt sind.94 Im Pyrame et Thisbi gilt der Selbstmord dem Erzähler als Beweis des «leal amor» (HS C, 921). Außerdem ist das Motiv wichtiger Teil des Tristanstoffs, der Chretien nicht nur nachweislich bekannt war, sondern ihn auch in vorangehenden Werken, vor allem im Cliges von 1176 zur Auseinandersetzung mit der Tristan-Liebe veranlaßt hatte. Dabei wird im Yvain ein tatsächlicher Selbstmord, wie er in den genannten Texten durch die Liebesbeziehung hervorgerufen wird, durch einen noch rechtzeitig durch Yvains Erwachen aufgehaltenen Selbstmord ersetzt, wodurch speziell der Handlungsverlauf des Pyrame et Thisbe umgekehrt wird. Das Motiv wird also
93
94
V . Chritien, Lancelot, ed. Foerster 1899,4198s. (die Königin will sich töten, als sie von Lancelots vermeintlichem Tod hört); 4 2 7 6 - 4 3 1 2 (Lancelot will sich töten, als er vom vermeintlichen Tod der Königin erfährt, nur durch das Eingreifen eines Kamaraden mißlingt das Unternehmen). V . Narcisse, edd. Thiry-Stassin/ Tyssens 1 9 7 6 , 9 6 4 - 1 0 0 2 : Dane begeht an der Quelle aus Trauer um den sterbenden Narcisse Selbstmord; Pyrame et Thisbe, ed. de Boer 1 9 2 1 , 700-921 (Schluß H S C): Pyramus begeht Selbstmord mit dem Schwert, weil er Thisbe getötet glaubt, diese kommt hinzu und begeht angesichts des sterbenden Pyramus ihrerseits Selbstmord, und zwar indem sie sich das Schwert durch die Brust stößt, wie auch der L ö w e es vorhat.
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von Chretien variierend aufgegriffen und mit dem Motiv der besonderen Beziehung zwischen Held und wunderbarem Tier verknüpft, das dadurch auf besondere Weise - auch der Gattung entsprechend - höfisch stilisiert wird. Der Löwe begleitet Yvain bis zum Ende der Erzählung, nämlich in das Kastell von Laudine (6718s.). Dadurch wird vom Erzähler signalisiert, daß die Beziehung zwischen dem Löwen und dem «Löwenritter» auch durch dessen Ehe mit Laudine nicht gestört werden wird. Durch diese Gleichstellung mit der Liebesbeziehung zu Laudine wird der Beziehung zwischen Held und wunderbarem Tier daher ein sehr hoher Stellenwert im Gesamtwerk eingeräumt. Damit stellt Chretien, wenn auch ausgehend von einer Herausforderung des Helden, eine Beziehung zwischen Held und wunderbarem Tier dar, die über die untersuchten Herausforderungen des Helden im Rolandslied und in Waces Heiligenlegende weit hinausgeht und zu einer dauerhaften Beziehung führt, wie sie grundsätzlich auch in der Vie de saint Gilles dargestellt wird. Aufgrund ähnlicher Züge in der Darstellung des Verhältnisses zwischen Held und Tier, die trotz unterschiedlicher Stilisierung bestehen, ist es nicht unwahrscheinlich, daß sich Chretien im Hinblick auf die Ausformung des Motivs an dieser Heiligenvita orientiert hat. Nimmt man dies an, folgt daraus auch, daß die Vie de saint Gilles vor 1177 entstanden sein muß, dem Zeitpunkt, zu dem Chretien aller Wahrscheinlichkeit nach mit der Arbeit am Yvain begann. Diese Datierung der Heiligenlegende steht nicht im Widerspruch zu bis jetzt vorgeschlagenen Datierungen, sondern ist mit der Auffassung der meisten Forscher gut zu vereinbaren. 95 Der Einfluß märchenhaft stilisierter wunderbarer Episoden aus den Lais, der für die Vie de saint Gilles außerdem anzunehmen ist, steht dazu ebenfalls nicht im Widerspruch. Maries Lais werden allgemein überzeugend um 1170 datiert und auch für die anonym überlieferten Lais Graelent und Guingamor wurde im Verlauf der Arbeit eine im Vergleich zu anderen Vorschlägen frühe Datierung bzw. die Annahme früher kursierender Versionen der heute auf uns gekommenen Texte als wahrscheinlich angenommen. 96 Die Verbindung zwischen Held und wunderbarem Tier erhält bei Chretien nicht nur Kennzeichen und Stellenwert einer Liebesbeziehung, sondern weist auch Charakteristika einer Freundschaft unter gleichwertigen Rittern auf, die füreinander unter Einsatz ihres Lebens im Kampf einstehen, so daß das Motiv nicht nur höfisch, sondern im Ansatz auch episch stilisiert wird. Im Rahmen der epischen Stilisierung hat es im Ansatz Vorläufer in der Darstellung der Beziehung zwischen dem Helden und seinem Pferd in der «chanson de geste» (v.u.). Die Rolle des Pferdes wird im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts in der «chanson de geste», beispielsweise in der Chanson d'Aspremont, ausgebaut (v.o.), die
95
96
V . n. 85. A u ß e r derjenigen von Dominica Legge sind alle angeführten Datierungen mit der hier vorgeschlagenen gut vereinbar. V . zur Datierung von Maries Lais cap. 1, p.23, sowie zur hier vorgeschlagenen Datierung von Guingamor auf vor den Entstehungszeitraum des RA p. 80.
236
Begegnung zwischen Held und wunderbarem Pferd spielt aber vor allem im RA und schon in der frühen Zehnsilberfassung desselben eine Rolle. 3.3.2.5.
Alexander und Bucephalus im Roman
d'Alexandre
Im RA ist auffällig, daß im Verlauf der Exkursion durch den wunderbaren Raum zwar zahlreiche wunderbare Tiere auftreten, dies aber keine einzelnen Monster sind, die von Alexander, dem Helden, bekämpft werden müssen. Dargestellt werden vielmehr Gruppen von Monstern, die manchmal überhaupt nicht, wenn aber, dann von Alexanders Leuten - ebenfalls in der Gruppe - bekämpft werden müssen (v.u.). Ausnahmen hiervon bilden nur diejenigen, die Alexander im «Val perilleus» bedrohen (III 158, 2748-2766) - gegen sie kann er aber nichts unternehmen und der «Dentirant» in der Episode um den Süßwassersee (III 79-82), wobei Alexander auch hier nur die Strategie für die Bekämpfung vorgibt (III 80), die seine Leute daraufhin durchführen. Trotzdem nimmt das untersuchte Motiv einen wichtigen Platz im RA ein. Es gibt mit dem Pferd Bucephalus ein wunderbares Tier, von dem Alexander herausgefordert wird und das ihn durch weite Teile der geschilderten Vita begleitet. Seine Beziehung zu Alexander wurde bereits im Hinblick auf die «Val perilleus»Episode untersucht (v.o.). Die Beziehung zwischen Held und wunderbarem Tier entsteht aber eben nicht im wunderbaren Raum, wie anzunehmen wäre, sondern bereits zu Beginn der erzählten Vita des Helden im Rahmen der Schilderung seiner Kindheit und Jugend. Im Alter von zehn Jahren, als Alexander gerade 300 junge Männer am Hof versammelt hat, wird erzählt, wie er auf einem Spaziergang Pläne für seine Zukunft mit ihnen schmiedet, vor allem für ein gemeinsames «adoubement». Plötzlich hört er einen furchterregenden Schrei, der die Stadt in Angst und Schrecken versetzt: «Desus toute la ville o'i un cri crier,/ A touz ceus de la ville estut le sanc müer,/ Ainz n'i ot si hardi qui n'esteüst trambler.» (I 18, 399-401) Alexander erkundigt sich sofort bei einem seiner Lehrer nach der Ursache des Schreis, doch diesem gelingt es, Alexander durch ein Gespräch über Nicolas, den späteren ersten Gegner des Helden, abzulenken. Später ruft Alexander jedoch Festion, einen Vertrauten, zu sich, der ihm über den Verursacher des Schreis, das wunderbare Pferd Bucephalus, Bericht erstattet. (I 19, 418-442) Was die Struktur der Episode angeht, ist auffällig, daß es nicht wie im wunderbaren Raum des Orients Alexander selbst ist, der das Wunderbare um jeden Preis erkunden will und sich auf die Suche danach macht, sondern daß das Phänomen hier von außen an Alexander herantritt. Bucephalus hat durch seinen Schrei seinen zukünftigen Herrn auf sich aufmerksam gemacht. Alexander seinerseits zeigt so von frühester Jugend an eine besondere Disposition für den Umgang mit dem Wunderbaren - wie sie auch Gilles und Yvain auszeichnete. Auch die folgenden Ereignisse und die Bemerkungen des Erzählers beweisen, daß das wunderbare Pferd für Alexander bestimmt zu sein scheint und auf jeden Fall mit ihm in Kontakt treten mußte. So sind nach Festions Bericht Alexander und Bucephalus an einem Tag geboren worden, und Bucephalus wurde schon als Fohlen 237
von der Königin von Ägypten an Philipp gesandt: « (Roman d'Eneas, ed. Salverda de Grave 1925-1929, 2421-2430)
Hier kann nicht der Held, sondern nur die heidnische Priesterin, in gewisser Weise das Gegenstück zum Heiligen der christlichen Stilisierung, die täuschende Phantomnatur der Monster erkennen und sie als «vies san cors» bezeichnen. Die Funktionalisierung der Tiergruppe ist im lateinischen Text die gleiche wie im Roman de Thebes und in der Vie de saint Gilles, denn es kommt nur darauf an, daß von den Tieren eine möglichst große Gefahr für den Helden auszugehen scheint. Im Rahmen der christlich motivierten Erzählung des Geschehens wird so in der Antonius- wie in der französischen Aegidiusvita die Außerordentlichkeit von Gottes wunderbarem Eingreifen verdeutlicht, da nur G o t t den Heiligen vor der großen Gefahr bewahren kann. Dieses Wunder, das in der Vie de saint Gilles nur implizit aus Gilles' Gottvertrauen und seiner Verschonung zu ersehen ist, wird im lateinischen Text detaillierter vorgeführt. Antonius wird tatsächlich von den Chimären angegriffen und erleidet große Schmerzen: «Et Antonius vero suseipiebat flagella illorum et sustinebat punetus illorum, et sentiebat quidem asperiorem dolorem corporis» (cap. 9, p. 90. Ζ. 2-4). Er stellt sich jedoch dem Kampf und fordert die wilden Tiere zweimal auf, ihn doch wirklich anzugreifen, wenn sie es denn vermöchten, und erklärt ihnen, sein Gottvertrauen sei ihm Schutz genug gegen ihre Angriffe (cap.9, p. 90, Ζ . 6 - i 6 ) . Aufgrund dieses Gottvertrauens hat der Heilige im folgenden eine Vision. 1 4 7 Gott hilft Antonius, indem er einen Lichtstrahl durch das offene Dach sendet, der die Dämonen vertreibt und Antonius' Schmerz lindert. Danach wird durch das Gespräch zwischen Antonius und Gott, das der Erzähler wiedergibt, die Funktion der angreifenden Tiergruppe als Prüfung des Heiligen verdeutlicht: Antonius fragt Gott, wo er zunächst gewesen sei, als er, Antonius, Schmerzen erlitten habe (Z. 24-25). Gott erklärt ihm die Funktion des Angriffs und verknüpft mit der bestandenen Prüfung die Zusage, den Heiligen von nun an besonders zu beschützen und bekannt zu machen: «Et vox venit ad illum dicens: In der lateinischen Antoniusvita wird die Verschonung des christlichen Helden von den Angriffen wilder Tiere damit zwar einerseits wie in der Vie de saint Gilles als von Gott erwiesene Gnade dargestellt, andererseits muß der Heilige
147
Zur Vision und ihren Merkmalen v.u. 4.2.2., zu dieser Stelle cf. Braet 1975, p.66s.
265
zuvor einen Kampf mit den wilden Tieren bestehen und sich im folgenden 148 eigenständig mit den Angriffen von Dämonen in der Gestalt wilder Tiere auseinandersetzen. So wird deutlich, wie das hier untersuchte Motiv in Texten der gleichen Gattung jeweils christlich stilisiert und ähnlich funktionalisiert, aber trotzdem durch die unterschiedliche Ausformung inhaltlich verschieden eingesetzt werden kann. Das nicht detailliert ausgeformte Motiv, wie es in volkssprachlichen Texten (Vie de saint Gilles, Roman de Thebes), gegebenenfalls auch in einer nicht-christlichen Gattung und Stilisierung, auftritt, wird durch die Kenntnis seiner detaillierten Ausformung in der lateinischen Antoniusvita in jedem Fall verständlicher.
3.3.4.2.4. Georges' Verschonung von wilden Tieren im Kerker Eine Episode in der wahrscheinlich Ende der achtziger Jahre des 12. Jahrhunderts verfaßten Vie de saint Georges von Simund de Freine 149 verlegt das Motiv von der Verschonung des christlichen Helden von wilden Tieren von einem zu durchquerenden Grenzbereich, einem Grabmal oder einer Klause in der Wüste in den Kerker. Auffällig ist vor allem, daß das Motiv sich in keiner der von Matzke untersuchten lateinischen oder anderssprachigen Vorlagen für die Georgsvita findet. 150 Demzufolge fügte der Autor das Motiv in seine Fassung der Heiligenvita ein, und zwar vielleicht mit Blick auf einen oder mehrere der hier untersuchten volkssprachlichen Texte - oder in Anlehnung an etwaige andere französische Texte, die das Motiv enthalten. Georges wird vom Kaiser Dac'ien im Zuge der zahlreichen Folterungen, mit denen der Kaiser den Heiligen zum Abfall vom christlichen Glauben bewegen will, zusammen mit Verbrechern in eine Grube oder einen Graben mit wilden Tieren geworfen. Wo genau die Tiere zusammengetrieben werden, geht nicht aus dem Text hervor, das Motiv rückt aber auf jeden Fall auch in die Nähe der biblischen Erzählung von Daniel in der Löwengrube: «Dunt fist [i.e. Dac'ien] apres tant utrages,/ Bestes asembler sauvages,/ Sil [i.e. George] fist mettre cum felons/ Entre leoparz e leons,/ Entre coluvres e lus/ Mult mordanz e fameillus;/ Entre ces sauvages urs,/ Entre fers senglers plusurs,/ Entre dragons e serpenz/ Qui destrure soleient genz./ Ne voil longes demorer,/ Faire le vout devorer./ La voleit que sosfrit mort/ Sanz aver de Deu coufort./ Mult le quidat ben a l'ure,/ Que Deu ren nel peust socure.» (Simund de Freine, La Vie de saint Georges, ed. Matzke 1909,1182-1197)
Betrachtet man die Zusammenstellung und die Stilisierung der Tiere, fällt zweierlei auf: Wie im Rolandslied finden sich mit vier von acht Tieren («leoparz», «leons», «urs», «dragons») alle in der oben angeführten Parallelstelle der Apokalyp148
149 150
V . Athanasius, Vie de S. Antoine, ed. Hoppenbrouwers i960, cap. 50, p. 144, Ζ. 14-p. 145, Ζ. 19; cap. 52, p. 146, Ζ. 15-p. 147, Ζ . 24; cap. 53, p. 147, Z. 3-8. V. zur Datierung der Vie de saint Georges ο. p. 193 u. n. 12. V . dazu Simund de Freine, La Vie de saint Georges, ed. Matzke 1909, p. L X X X V I I I : «La presence de Georges dans le fosse des betes sauvages est un episode tout ä fait nouveau, que nous n'avons retrouve nulle part ailleurs.» Z u den von ihm im Hinblick auf die Vie de saint Georges untersuchten Versionen v. dort, p. L X X X I I I - L X X X V I I I .
266
se des Johannes genannten Tiere in der Grube der Vie de saint Georges wieder. Bereits diese Beobachtung ist neben den Parallelen zur biblischen Erzählung von Daniel in der Löwengrube und der Tatsache, daß Georges nicht allein, sondern wie Jesus am Kreuz zusammen mit Verbrechern bestraft werden soll, Indiz für die christliche Stilisierung der Episode. Außerdem zeigt in dieser Belegstelle nicht allein die Zusammenstellung der Tiergruppe, daß nur die potentiell gefährlichsten Tiere vom Erzähler genannt werden, sondern fast alle Tierarten sind zusätzlich in ihrer Gefährlichkeit näher charakterisiert. Die Nattern und Wölfe sind «mordanz et fameillus», die Bären «sauvages» wie die ganze Tiergruppe, die Wildschweine besonders wild («fers»), und von den Drachen und Schlangen wird eigens betont, daß sie Menschen zu töten pflegen («Qui destrure soleient genz»). Der Drache ist auch in dieser Tiergruppe aus heutiger Sicht das einzige genuin wunderbare Tier. 1 5 ' Er wird zwar mit mehr Merkmalen ausgestattet als die übrigen Tiere (v.u.), jedoch nicht wie z.B. in der Vie de sainte Marguerite eindeutig als ein wunderbares Tier gekennzeichnet oder hervorgehoben, so daß zweifelhaft ist, ob er den Rezipienten hier von anderer, «wunderbarerer» Qualität als die anderen Tiere erschien, von denen ihnen sicher auch nur wenige in natura bekannt waren. Bei der Schilderung des Wunders wird auf den Hunger eines Wolfes Bezug genommen («Li luf qui tant feim aveit»; 1206) und weitere bedrohliche Eigenschaften des Drachen aufgeführt: «E Ii dragons ensement/ Qui tant susfle puant vent,/ Qui tant gete fu e flambe» (1210-1212). Damit werden allgemein beschriebene Merkmale und tatsächliches wunderbares Verhalten der Tiere kontrastierend gegenübergestellt, wie dies sonst nur in der Vita des heiligen Antonius festzustellen war. Die beschreibenden Elemente in der Darstellung sind daher funktional gänzlich der christlichen Stilisierung untergeordnet. Diese Stilisierung tritt auch sonst in den Vordergrund, z.B. indem der Erzähler im Anschluß an die Beschreibung der Tiergruppe die nicht christlichen Reflexionen und Motive des Daci'en wiedergibt (1192-1197). Daran schließt er eine allgemeine christliche Wahrheit an, die durch das folgende Wunder bewiesen wird: «Qui Deu aime e Deu prise/ D e u lui rend ben le servise;/ Ne l'estuet doter de ren;/ Ci le mustrat D e u mult ben.» (1198-1201) Damit rückt die Episode im Inhalt und in der Stilisierung zugleich in die Nähe eines christlichen Exempels. Das Wunder, durch das Gott beweist, daß der wahrhaft Gläubige nichts zu befürchten hat, besteht darin, daß die wilden Tiere sich neben Georges niederlassen und ihm friedlich die Füße, Beine und Hände lecken, anstatt ihn anzugreifen (1202-1215). Er geht völlig unversehrt («tut sains», 1215) aus dem Geschehen hervor. Dies geschieht - so führt der Erzähler aus - durch ein großes Wunder («Par mult bei miracle e fin»; 1204), das natürlich, den Erzählerkommentaren zum Exempelcharakter des Geschehens entsprechend, von Gott gewirkt wird. Dieses Wunder hebt sich deutlich von Schilderungen in anderen Gattungen ab, in denen die Helden im Kerker von wil151
Cf. zu anderen Drachen bzw. den schwer abzugrenzenden Schlangen in den untersuchten Texten o. p. 245 u. p. 254 sowie n. 82.
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den Tieren angegriffen werden wie beispielsweise im etwas späteren Siege de Barbastre, der oben untersucht wurde.' 52 Die Wirkkraft des Wunders und der Exempelcharakter des Geschehens werden im Text auch dadurch einsichtig, daß die Königin Alisandrine Christin wird und Georges sie tauft, nachdem sie das Wunder beobachtet hat (1216-1229), und daß sie sich auch nicht durch Dac'i'en und seine späteren Folterungen davon abbringen läßt (1230-1364). Daci'en versucht die Königin zunächst durch sachliche Argumente von der Falschheit des christlichen Glaubens zu überzeugen und interpretiert in diesem Zusammenhang das Wunderbare als Hexerei Georgs («»; 1232s.) und überhaupt als Täuschung: « (10981s.) Trotzdem kann er nicht warten und wendet seinerseits ein Zauberkraut an, das den König erwachen läßt, als Naime ihn damit berührt: «A s'aumosniere va Ii contes queneüz [i.e. Roland],/ Une herbe en avoit traite qui mult out grant vertuz./ Naymes au roi la touche, et il est sailli sus,/ Entor lui regarda, voit qu'il est deceüz» (10985-10988). Hier wird die Macht, mit wunderbarer Flora umzugehen, problemlos auf andere Figuren als den Zauberer übertragen. Zauber und Gegenzauber werden in ihrer Anwendung vorgeführt, wobei nicht die genaue Wirkungsweise der Zaubersprüche oder der wunderbaren Flora erläutert wird, sondern nur ihre magische und eben unerklärliche Kraft, die «grant vertuz», erwähnt wird. Einzig die funktionale Notwendigkeit, Karl für den weiteren Verlauf der Handlung auch ohne die Präsenz von Maugis vom Schlaf zu erwecken, scheint die Darstellung zu bestimmen. 209 Auch in der späteren «chanson de geste» Aye d'Avignon wird vom Einsatz einer Wurzel berichtet, die diejenigen, die sie in Nahrung oder im Getränk aufnehmen, in einen todesähnlichen Schlaf versetzt. Margot, ein Sarazene im Gefolge Ganors, trägt sie bei sich: «Cil porte une racine qui moult grant mecine ot:/ II nen a sous ciel honme, c'il bevoit ou menjost,/ Lues ne soit endormis; tot maintenant s'endort,/ Nel puet on esveillier nient plus que c'il fust mors.» (Aye d'Avignon, ed. Borg 1967, 2459-2462) 206 207 208
209
V . Renaut de Montauban, ed. Thomas 1989, 10502-10516; 10818-10822. V . zu dieser Stelle Labbe 1998, p. 302-304. V . Renaut de Montauban, ed. Thomas 1989,10974-10976: «.
298
seiner Entstehung und Wirkung näher beschrieben. Es wird mitgeteilt, daß Isoldes Mutter ihn herstellte und daß sie ihn so fertigte, daß seine Wirkung genau drei Jahre andauerte: «Seignors, du vin de qoi il burent/ A v e z οϊ, por qoi il furent/ E n si grant paine lonctens mis;/ Mais ne savez, ce m'est avis,/ A conbien fu determinez/ Li lovendrins, Ii vin herbez:/ L a mere Y s e u t , qui le bolli,/ A trois anz d'amistie le fist.» (Berol, Tristan, ed. M ö l k 2 i 9 9 i , 2133-2140)
Bereits durch die Anrede «Seignors» bezeichnet der Erzähler einen neuen A b schnitt und lenkt die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf die im folgenden gegebenen Informationen. Mit «vin», «lovendrins» und «vin herbez» werden dem Liebestrank drei weitere Bezeichnungen beigelegt. «Vin» und «vin herbez» weisen dabei ebenso wie die von Tristan und Isolde verwendeten Bezeichnungen auf die Zusammensetzung des Tranks aus Kräutern und Früchten hin. Mit der Erklärung, Isoldes Mutter habe den Trank durch Kochen hergestellt («bolli»), wird auch die Herstellungsweise angegeben. Die Bezeichnung als «vin» deutet zudem seine betäubende Wirkung an. Die Stilisierung des Tranks ist im Ansatz also naturwissenschaftlich, da zumindest seine Ingredienzen und die Zubereitungsart vom Erzähler genannt werden. Die wichtigste Information besteht in der Erklärung des Erzählers, daß die Wirkung des Tranks von Isoldes Mutter bei seiner Herstellung auf eine Zeitdauer von drei Jahren festgelegt worden sei. D a ß diese Wirkung auf den Tag, ja die Stunde genau zuverlässig auftritt, zeigen die Ausführungen des Erzählers: «Tant con durerent Ii troi an,/ O u t Ii vins si soupris Tristran/ E t la roi'ne ensenble ο lui/ Q u e chascun disoit: (Thomas, Tristan, ed. Bonath 1985, 2486; 2491-2498) 216
Tristan macht hier ähnlich wie die Figuren bei Berol keine Angaben zum Trank, die nicht auf seine Auswirkungen auf die Liebe der Figuren zueinander bezogen sind. Der Ausdruck «suppris en fumes» bezeichnet die unausweichliche Wirkung des Getränks und ihr plötzliches Auftreten, dem die Liebenden machtlos ausgeliefert sind. 217 Der Trank wird nur als «beivre» bezeichnet, wobei dies an die Bezeichnung «boivre d'amor» (Berol, Tristan, ed. Mölk 2 i 9 9 i , 2218) erinnert, die Isolde auch in Berols Tristan für den Trank verwendet, als sie Tristan gegenüber von seiner unheilvollen und schicksalhaften Auswirkung auf die Liebenden spricht. Die Bezeichnung «beivre» kommt im übrigen noch einmal am Ende des Fragments Sneyd vor, als Isolde nach Tristans Tod trauert. Dabei ist aber nicht
215
Vergleicht man den mittelhochdeutschen Tristan des Gottfried von Straßburg, der sich auf Thomas' Tristan stützt, so fällt auf, daß dort (v. Gottfried von Straßburg, Tristan, ed. Krohn 6 1999, vol. 2) zwar erzählt wird, wie Isoldes Mutter den Trank herstellt (1142911444), aber auch die die schicksalhafte Wirkung und Macht des Tranks (11438-11444) im Vordergrund steht, nicht aber die Herstellung an sich, die nur als kunstreich erwähnt wird (14332-14337). Auch als Tristan und Isolde davon trinken, spricht der Erzähler die schicksalhafte Wirkung des Tranks an (11674-11676; 11706). Ausführlich wird auch beschrieben, wie die Liebe aufgrund des Tranks in den Herzen der Helden die Macht übernimmt (11707-11740).
216
Die Stelle ist zitiert nach der Ausgabe Thomas, Tristan, ed. Bonath 1985. Andere Lesarten sind dort in den Anmerkungen angegeben. Zum möglichen Bezug von «en» in Vers 2494 cf. die n. Thomas, Tristan, ed. Bonathi985, p.287 sowie den Kommentar auf p.388-390.
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klar, ob sie sich tatsächlich auf den Liebestrank beziehen läßt. 218 Die Figuren klagen im Tristan des Thomas also auf ähnliche Weise über die Wirkung der Mixtur wie im Tristan Berols, wobei sie dadurch, daß die Wirkung nicht zeitlich beschränkt ist, nie vom Einfluß des Tranks erlöst werden. Außerdem fehlt in den uns erhaltenen Fragmenten jegliche Stellungnahme des Erzählers zur Wirkungsweise oder gar Herstellung des Tranks, wie sie in Berols Tristan als zusätzliche Ebene vorliegt. Insgesamt läßt sich also feststellen, daß im Tristan des Thomas, soweit er uns zugänglich ist, nur die schicksalsbestimmende Funktion des Tranks interessiert. Die Darstellung des Tranks wird nicht nur nicht naturwissenschaftlich oder magisch stilisiert, sondern jede spezifische Stilisierung unterbleibt durch die fehlende Beschreibung völlig. Dadurch rückt ganz die Wirkung in den Vordergrund, die von den Figuren als nicht kontrollierbar empfunden wird. So kann der Trank als wunderbares Element gelten, da er auf wunderbare Weise das Schicksal der Liebenden bestimmt. Jede Relativierung, wie sie Berols Tristan durch die zusätzliche naturwissenschaftlich-magische Stilisierung einführt, unterbleibt im Tristan des Thomas. Dem Funktionsbereich der Liebe sind neben der Darstellung von aus wunderbarer Flora hergestellten Tränken, die Liebe hervorrufen, auch Beschreibungen zuzurechnen, in denen diese verwendet wird, um den Vollzug körperlicher Liebe zu verhindern. Ein Beispiel für die entsprechende Verwendung wunderbarer Flora findet sich im Raoul de Cambrai. Herchanbauts Ehefrau, eigentlich Berniers Frau, schützt sich dort gegen den von ihr unerwünschten Beischlaf mit ihrem Ehemann durch die Verwendung einer «racine» (6677), die an anderer Stelle auch als «erbe» (6689) bezeichnet wird. Sie hat diese von einem fremdländischen Händler gekauft, der ihre Wirkung anpries. 219 Wenn die Dame die Wurzel in den Mund nimmt, kann der Beischlaf von Seiten des Ehemanns tatsächlich nicht vollzogen werden, wie der Text beschreibt: «Quant il fu eure, vont couchier a delivre;/ la frainche dame si ne s'oblia mie - / eile prent l'erbe, en sa bouche l'a mise,/ et Hferchanbaus] coucha avuec s'amie;/ il l'a asses acolee et baisie,/ mais d'autre chose ne Ii pot faire mie.» {Raoul de Cambrai, ed. K a y 1992, 6687-6692)
Im Anschluß an die zitierte Stelle wird der Sachverhalt in der folgenden Laisse sogar noch einmal aufgegriffen (6693-6697). Obwohl die Wirkung des Krauts erstaunlich ist, wird nicht deutlich gemacht, daß es sich um wunderbare Flora handelt. Durch die Angaben von Herkunft und Anwendungsweise des Krauts tritt zunächst eine im Ansatz naturwissenschaftliche Stilisierung auf. Das Alternieren
2,8
V . dazu die Ausgabe Thomas, Tristan, ed. Lecoy 1991, [Fin du poeme] dans le fragment Sneyd, p. 1 1 7 , 3 1 0 7 - 3 1 1 0 : « V . zur Frage, was das Wort «beivre» an dieser Stelle bezeichnet, Cahne 1995, p. 3 4 - 3 6 .
219
V . Raoul de Cambrai, ed. Kay 1 9 9 2 , 6 6 7 6 - 6 6 7 9 (der Händler erklärt auf die Frage nach seiner Herkunft): «, dist il,
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in der Bezeichnung zwischen «erbe «und «racine» im Text verweist allerdings darauf, daß die wunderbare Flora doch nicht ganz genau erfaßt werden kann. Dazu passen auch die Umstände, durch die die Verwendung des Krauts für die Dame erst möglich wird. Die Figur des fremden Arztes, der, wie sie später Bernier berichtet, genau am Tag ihrer Hochzeit in der Gegend eintraf, ihr das kostbare Kraut heimlich verkaufte und seine Verwendungsweise erklärte (7039-7044), bringt einen medizinischen Zug in die Darstellung. Nur er verfügt über das wirkmächtige Kraut und kennt seine Verwendungsweise, um die erwünschte Wirkung zu erzielen. Dennoch ist er trotz seiner Bezeichnung als «mie» (6675,7040) durch seine Herkunft aus einem unbekannten Land mit Thessala und der «parente» in Maries Deus amanz vergleichbar. Daneben erfüllt er durch sein plötzliches, für die Dame nicht vorhersehbares Auftreten im Augenblick der Not auch die Funktion eines Helfers im Märchen. An dieser Stelle sind also gleichzeitig verschiedene Arten der Stilisierung festzustellen. Die wunderbare Wirkung der verwendeten Flora wird dabei aber nicht explizit bezeichnet. Das wunderbare Kraut ist zwar nur über einen magischen Helfer verfügbar, wird von der Dame aber wie selbstverständlich in seiner Funktion genutzt. Besonders weit geht die naturwissenschaftlich-magische Stilisierung wunderbarer Flora wie im Funktionsbereich des Schlafs und Scheintods auch im Funktionsbereich der Liebe in einer Belegstelle aus Chretiens Cliges. Noch bevor Thessala einen Trank herstellt, der Fenices Tod vortäuscht, fertigt sie einen Trank, der sie auch vor dem Beischlaf mit Alis und damit wie die Dame im Raoul de Cambrai vor dem unerwünschten Vollzug der Ehe bewahrt. Der Trank wird hier nicht etwa schicksalhaft eingenommen wie in beiden Versionen des Tristan, sondern mit einer Beschreibung seiner Funktion von Fenice bei Thessala220 angefordert, worauf diese ihre magischen Fähigkeiten bereitwillig zur Verfügung stellt: «Lors Ii [i.e. Fenice] dit sa mestre [i.e. Thessala] et otroie,/ Que tant fera conjuremanz/ Et poisons et anchantemanz,/ Que ja de cest anpereor/ Mar avra garde ne peor» (3196-3200). Sie erklärt Fenice, daß der Zauber so wirken werde, daß Alis im Traum den Liebesvollzug erleben werde, dieser aber nicht in Wirklichkeit stattgefunden habe (3203-3216). Dabei werde für Alis alles wahr erscheinen: « (3213s.) Die Verwendung dreier Termini («songe», «fantosme», «mangonge») für die Trugbilder des Alis zeugt bereits von einer detaillierten Beschreibung der zauberischen Wirkung des Tranks. Diese wird im folgenden noch durch die genaue Beschreibung der Herstellung ergänzt: «A Thessala, qui ne repose/ De poisons feire et atanprer,/ Vuel ma parole retorner./ Thessala trible sa poison,/ Especes i met a foison/ Por adoucir et atanprer./ Bien la fet batre et destanprer./ Et cole tant que tote est clere,/ Ne rien n'i a egre n'amere;/ Car les especes qui i sont,/ Douce et de buene odor la font.» (Chretien, Cliges, ed. Foerster 4 i92i, 3248-3258)
220
Zur Figur der Thessala v. Habiger-Tuczay 1992, p.303.
302
Der Erzähler leitet die Beschreibung eigens mit einem Kommentar ein, um sie im Textverlauf hervorzuheben. Hier wird im Vergleich zu Parallelstellen in anderen zeitgenössischen französischen literarischen Texten die Herstellung eines Trankes, einer «poison», sehr genau beschrieben. Die Zutaten und ihre Eigenschaften werden ebenso erwähnt wie das Rühren und Verschlagen der Ingredienzen, bis eine klare Flüssigkeit entsteht, die sich durch süßen Geschmack und Wohlgeruch auszeichnet. Auch im folgenden werden die Verabreichung des Tranks beim Abendessen (3259-3316) und seine Wirkung auf Alis, der betrunken wird, einschläft und nur im Traum sein Verlangen nach Fenice stillt (33173370), ausführlich dargestellt. Der Trank wird dabei sowohl als «boivre» (3275, u.ö.) wie auch als «poison» (3259, u.ö.) bezeichnet. 221 Cliges, der ihn Alis anpreist und zu Trinken gibt, versieht ihn in seinen Erzählungen mit einer wunderbaren Herkunft und gibt vor, daß er «par avanture» unter den Hochzeitsgeschenken gefunden wurde: «» (3292-3295). Obwohl Fenice zu Beginn der Hochzeitsnacht die Angst überkommt, der Trank könne nicht wirken (3338-3340), erfüllt dieser seine Funktion doch einwandfrei, und die Macht des Zaubers («Mes ele l'a si anchante»; 3341) ist groß. Durch Fenices Zweifel daran, daß der Trank wirklich die gewünschten Kräfte entfalten kann, wird im Text zumindest angedeutet, daß die Wirkung des Zaubers von der Heldin nicht als selbstverständlich, sondern als außergewöhnlich, wenn nicht als wunderbar angesehen wird. Bei dieser Darstellung wunderbarer Flora, die mit der Bezeichnung «especes» sogar im Text benannt wird, geht die naturwissenschaftliche also in eine magische Stilisierung über. Diese findet ihren Ausdruck in der Verwendung von Termini, die die magische Auswirkungen des Tranks und die Verwendung von Zauber bei seiner Herstellung andeuten. Außerdem wird Thessala, die den Trank anrührt, vom Erzähler einführend als Zauberin charakterisiert: «Qu'ele fu de Thessaille nee,/ Ou sont feites les deablies,/ Anseigniees et establies;/ Car charmes et charaies font/ Les fames qui del pais sont.» (30063010) Sie erklärt selbst, daß sie sich auf magische Künste verstehe, und vergleicht sich mit Medea: «Si sai, se je l'osoie dire,/ D'anchantemanz et de charaies/ Bien esprovees et veraies/ Plus qu'onques Medea ne sot» (3028-3031).222 Im Gegensatz zur Versetzung Fenices in den Scheintod, die im weiteren Verlauf des Cliges rein naturwissenschaftlich stilisiert dargestellt wird und bei der Thessalas magische Fähigkeiten in den Hintergrund treten (v.o.), werden diese in diesem Abschnitt des Werks dem Rezipienten von zwei Instanzen des Texts zur Kenntnis gebracht. Daneben tritt durch die Zweifel der Heldin, der Nutznießerin des wunderbar wirkenden Tranks, auch eine Problematisierung in der Darstellung der Verwendung von wunderbarer Flora für einen Zaubertrank zutage. Die Wirkung der Magie des Tranks wird nicht als selbstverständlich betrachtet. Im Rahmen
221 222
V . zu dieser Stelle Dubost 1991, P . 6 6 3 S . Die gesamte Einführung des Erzählers geht von 3002-3010. V. dazu Gingras 1999, p. 185s.
303
des hier untersuchten Funktionsbereichs geht Chretiens Darstellung im Cliges durch das Nebeneinander von Magie und Naturwissenschaft und die Problematisierung der Wirkung der Magie über Darstellung des Raoul de Cambrai hinaus, wo die Dame die Wirkung des erworbenen Krauts wie selbstverständlich hinnahm. Beiden Werken gemein ist allerdings eine partienweise komische Stilisierung. Im Cliges liegt sie in der Schilderung des träumenden Alis vor, der den fiktiven Beischlaf genießt, obwohl dieser in Wirklichkeit nicht stattfindet. Darauf weisen die Ankündigung: «Ore est l'anperere gabez.» (3329) und der kunstvoll ausgeführte Gegensatz von Fühlen und Täuschung hin. 223 Im Raoul de Cambrai besteht die komische Stilisierung darin, daß Bernier die Dame nach der Wirkung des Krauts ausfragt, indem er sich als Arzt ausgibt, aber in Wirklichkeit ihr Ehemann und nur froh ist, daß um seinetwillen von ihr ein solches Kraut verwendet wird. 224 Die Problematisierung in der Darstellung der Verwendung eines Zaubertranks verbindet Chretiens Cliges mit anderen Werken. Auch in Maries Deus amanz ist es nicht selbstverständlich, daß die Anfertigung (bzw. im Cliges die Verwendung) eines Tranks aus wunderbarer Flora dessen einwandfreie Wirkung oder einen erfolgreichen Ausgang des geplanten Unternehmens garantiert. Letztlich ist dies auch das Kernproblem der 7rata«-Romane, da der Trank dort zwar entsprechend seiner Konzeption durch Isoldes Mutter wirkt, aber den falschen Figuren verabreicht wird. 3.4.2.4.
Heilung
Hierbei handelt es sich um einen Funktionsbereich, der häufig in Texten des 12. Jahrhunderts anzutreffen ist.225 Ein frühes Beispiel für die Darstellung einer Heilung findet sich im Roman d'Eneas. Der Held liegt dort, nachdem er während seiner Flucht aus Troja von einem Bogenschützen getroffen wurde, schwer verwundet in seinem Zelt (9545), kann aber von einem Arzt durch die Verwendung des «ditan» (9561) geheilt werden. Der Arzt, «uns molt buens mires Iapis» (9552) versucht zuerst die Pfeilspitze mit Hilfe einer Zange oder eines anderen Instruments zu entfernen (95539558). Erst als dies erfolglos bleibt, kommt der «ditan «zum Einsatz. Dabei wird beschrieben, wie der Arzt das Kraut einweicht, so daß ein Trank entsteht (95599562). Als Eneas diesen getrunken hat, fliegt der Pfeil, der in seiner Schulter steckte, augenblicklich heraus und läßt ihn völlig geheilt zurück: «boivre Ii fist; quant l'ot passe,/ la saiete s'an est volee/ et l'espalle sanpres sanee;/ aneslopas toz sains refu.» (9562-9565) Im Anschluß an diese «Wunderheilung», die so weder 223
224 225
V. z.B. Chritien, Cliges, ed. Foerster 4 i92i, 3358-3363: «Tenir la cuide, n'an tient mie;/ Mes de neant est an grant eise:/ Neant anbrace et neant beise,/ Neant tient et neant aco1 e,/ Neant voit, a neant parole,/ Α neant tance, a neant luite.» Anders Gingras 1999, p. 180s. V. Raoul de Cambrai, ed. Kay 1992,7045-7062. V. grundsätzlich zur «Medicina magica» Habiger-Tuczay 1992, p. 212-216.
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für den heutigen noch für den damaligen Rezipienten als alltäglicher Vorgang gelten kann, erläutert der Erzähler nochmals exkursartig die wunderbare Wirkungskraft («vertu»; 9566) des Krauts am Beispiel des verwundeten Rehs, das in der Natur ebenso Heilung durch den «ditan» findet wie Eneas in der geschilderten Situation: «Li ditans est de tel vertu/ et Ii chevros a tel nature,/ quant navrez est, tot a droiture/ cort al ditan, a sa mecine;/ soit de foille, soit de racine,/ des qu'il en a lo col passe,/ si a son mal tot resane,/ et quant Ii fers Ii est el cors,/ par eel l'an estuet voler fors.» (Roman d'Enias, ed. Salverda de Grave 1925-1929, 9566-9574)
In der Darstellung der Heilung des Helden durch den «ditan» liegt also eine naturwissenschaftliche Stilisierung vor, wie sie bereits in anderen untersuchten Texten festgestellt wurde. Sie besteht darin, daß die Anwendung des «ditan» (Einweichen in Flüssigkeit, Verwendung von Blättern und Wurzel) vom Erzähler geschildert wird. Eine magische Stilisierung, wie sie in späteren Texten durch die Verwendung entsprechender Termini und das Einführen einer Figur mit besonderen Kenntnissen in der Verwendung wunderbarer Flora hervortritt, liegt an dieser Stelle nicht vor. Statt dessen wird der medizinische Aspekt der dargestellten Heilung durch das Auftreten des Arztes und die Bezeichnung des «ditan» als die «mecine» des Rehs (9569) betont. Die naturwissenschaftliche Stilisierung ist zudem noch durch ein einzigartiges Element verstärkt, das innerhalb der untersuchten Texte so nur im Roman d'Enias vorliegt. Der Erzähler referiert in seinem Exkurs über die Selbstheilung des Rehs durch den «ditan» aufs genaueste die lateinische Fachliteratur, wie Udo Schöning überzeugend gezeigt hat. 226 So wird das Wissen, das in späteren Texten nur bei den Figuren mit naturkundlichen (und magischen) Fähigkeiten vermutet werden kann, hier vom Erzähler allgemein für das volkssprachliche Publikum zugänglich gemacht. Die in den wunderbaren Bereich verweisende Wirkung der verwendeten Flora wird somit zwar deutlich und nicht aus der Darstellung ausgegrenzt, sie ist aber durch die naturwissenschaftliche Stilisierung rationalisiert und zugleich relativiert. Diesen Beobachtungen entsprechend, könnte der Roman d'Enias als Vorbild für die naturwissenschaftliche Stilisierung der Verwendung wunderbarer Flora gewirkt haben, wie sie in späteren Texten wie dem Cliges und den Deus amanz nachweisbar ist. In den Werken Chretiens finden sich zwar Schilderungen einer Heilung des Helden, diese geschehen aber nicht unbedingt durch die Verwendung wunderbar dargestellter Flora. Erec wird in Erec et Enide durch einen Verband, «un antret» (4219), geheilt, den Artus' Schwester Morgain Artus gegeben hatte. Die Heilkraft des Verbands, seine «vertu» (4221), wird dabei allerdings ähnlich wie
226
V. Schöning 1991, p.205. Die hier vorgestelle Einschätzung der Belegstelle erhält eine wertvolle Ergänzung durch die an der zititerten Stelle angeführten Beobachtungen, denen zufolge im Roman d'Enias im Vergleich zur Aeneis «alle göttlichen Elemente gestrichen» wurden, und die Feststellung, daß der Erzähler des Roman d'Enias sich statt dessen «um eine Erklärung des Vorgangs» bemühe.
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die «vertu» des «ditan» im Roman d'Enias unter Angabe der Anwendungsweise in wissenschaftlicher Stilisierung genau beschrieben. 227 Im Cliges heilt Thessala die Wunden, die Fenice durch die Versuche der Ärzte, sie zum Leben zu erwekken, erlitten hat, indem sie sie mit einem «mout preci'eus oignemant» (6065) einreibt. Dabei werden allerdings keine näheren Angaben zur Wirkungs- und Anwendungsweise der Salbe gemacht. Auch im Yvain wird zur Heilung des Helden eine Salbe verwendet, die von Morgain stammt. Zwei Damen finden Yvain, von Sinnen und schlafend, im Wald und wenden die Salbe an. Dabei wird zunächst ihre Wirkungsweise und Herkunft genannt (2952-2955), dann ihre Anwendung bei Yvain beschrieben (2987-3011). 228 Durch die Einreibung mit der Salbe weichen der Darstellung nach «la rage et la melancolie» (3005) aus Yvains Gehirn. Trotz des Hinweises auf Morgain - die im Yvain mit dem Attribut «la sage» (2953) versehen wird - lassen die dargestellten Heilungen in Chretiens Werken also keine magische, sondern stets eine betont naturwissenschaftliche Stilisierung erkennen. 229 Ungefähr zeitgleich mit den genannten Werken Chretiens findet sich im Tristan des Thomas von England eine ebensolche Stilisierung einer Heilungsszene, wobei verschiedene Heilmöglichkeiten aufgezählt werden, die vor allem auch auf dem Einsatz von Pflanzen beruhen. Im Gegensatz zu den meisten anderen untersuchten Stellen, aber parallel zum Stärketrank in Maries Deus amanz können die vorgestellten Heilmöglichkeiten aber nicht helfen. Kein Mittel kann die
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V. Chretien, Erec, ed. Foerster 1896,4218-4230: «Li rois [i.e. Artus] mout parfont an sospire/ Et fet aporter un antret/ Que Morgue sa suer avoit fet./ Li antrez iert de tel vertu,/ Que Morgue avoit done Artu,/ Q u e ja plaie qui an fust ointe,/ Ou soit sor nerf ou soit sor jointe,/ Ne faussist qu'an une semainne/ Ne fust tote garie et sainne,/ Mes que le jor une foiiee/ Fust de l'antret aparelliee./ L'antret ont le roi aporte,/ Qui mout a Erec conforte.» V . Chritien, Yvain, ed. Foerster 2 i926,2952-2955 (eine Dame spricht): « ( V i e d'Edouard le Confesseur, ed. Södergärd 1948, 4017-4024)
Der «vanitas», genauer den vorher beschriebenen («ces») «granz vanitez», wird die «tres grant seürte», die die Vision vermittelt, entgegengestellt. Dieser Gegensatz wird im folgenden noch einmal auf die konkrete Situation übertragen, in der der Heilige sich zum Zeitpunkt der Vision befand (4025-4035), wobei die Vision deutlich als Folge der Hinwendung zu Gott erklärt wird: « (4036-4038) Ein weiteres Element der gelehrten Stilisierung ist die im Rahmen der Deutung stattfindende Bezugnahme Edwards auf die Prophezeiungen der Bibel (4060-4062). Entscheidend ist auch, daß das physiognomische Zustandekommen der Vision von Edward in dieser Episode detailliert und auf hohem theoretischem Niveau,
331
also in theologisch-wissenschaftlicher Stilisierung, erläutert wird: «» (1279-1281). Als Begründung für ihr Kommen und für ihren öffentlichen Hinweis auf eine Vision, die dem König genau wie ihr zuteil geworden war, gibt die Dame das Fehlverhalten des Königs gegenüber Gottes Willen an, wie er sich in der Vision («ceste grant demustreisun»; 1294) äußert. 41 Die Vision, die vom Schicksal Edmunds kündete, kann durch das ablehnende Verhalten des Vaters doch nicht ohne das Zutun der Dame ihre Funktion erfüllen. Diese Figur erfüllt daher im Text die Rolle einer mahnenden und erinnernden Instanz, die den Willen Gottes kundtut und die entsprechende Handlungsweise der Figuren einfordert. Sie bringt die Funktion der Vision als bedeutsames Zeichen für die Figuren («signifiance», «demustreisun») in Erinnerung und stellt sie durch die Bezeichnung als «miracle» mahnend in den christlichen Kontext des Wirkens von Gott in der Welt - eines Wirkens, an dem sie Teil hat. Die Figur der Dame findet ihre Verstärkung in der Figur des Bischofs, der die Vision nochmals auf Betreiben des Königs hin deutet. Der König läßt die Darstellung der Dame dafür zunächst verschriftlichen und übergibt sie dann einem Bischof, der ebenfalls die nötigen Voraussetzungen für den Umgang mit der Vision mitbringt: «Un evesque pruz e sene,/ Sage clerc est e bien lettre» (1305s.). Im Rahmen des Bewahrheitungsverfahrens liest der Bischof den Bericht der Dame zunächst sorgfältig durch («E eil de chief en chief le lit.»; 1302), bevor er vor Laien und Klerikern («oianz clers e oianz lais»; 1307) öffentlich seine Deutung vorträgt (1308-1330). Diese deckt sich mit der der Dame, präzisiert sie aber noch. Der Strahl, der aus der Brust des Königs hervortrat, wird vom Bischof als Edward selbst verstanden, dessen Seele am Ende der ihm bestimmten Regierungszeit als König von Ost-Anglien von den Engeln («la companie seint Michel»; 1 3 1 5 ) in den Himmel geleitet werde. Die von ihm ausgehenden Strahlen deutet
41
V . Denis Piramus, Vie seint Edmund le Rei, ed. Kjellmann 1 9 3 5 , 1 2 8 8 - 1 2 9 4 : « {Denis Piramus, Vie seint Edmund le Rei, ed. Kjellmann 1935, 1323-1330)
Nach Abschluß dieses umfangreichen Bewahrheitungs- und Deutungsverfahrens bleibt dem König nichts anderes übrig, als in Edmunds Übernahme der Herrschaft über Ost-Anglien einzuwilligen (1331-1334). So kann die Vision schließlich die politische Funktion, die ihr im Rahmen der Handlung zufällt, erfüllen. Da sie zudem eine Prophezeiung für Edmunds Zukunft darstellt, verknüpfen sich in ihr die Kennzeichen beider Visionen aus der Vie de saint Edouard. Die Vision der Vie seint Edmund le Rei ist aber in politischer und prophezeiender Funktion ganz auf Edmunds Person ausgerichtet und betrifft keine allgcmeingültigen politischen Ereignisse wie die zweite Vision der Vie de saint Edouard. Die Untersuchung der drei Visionen aus zwei zeitnahen Heiligenviten des 12. Jahrhunderts läßt insgesamt große Gemeinsamkeiten in der Darstellung erkennen, auf deren Basis sich allgemeingültige Kennzeichen der Visionsauffassung formulieren lassen: Die Vision hat alle Merkmale des Wunders entsprechend der oben dargelegten Auffassung. Sie wird in den Texten meist als merveille, zusätzlich mancherorts auch mit dem spezifischeren Terminus «miracle» bezeichnet. Gott verursacht die Vision, die nur auserwählten, heiligen Menschen zuteil wird, die eine besondere Beziehung zu Gott haben und einen wichtigen Teil ihres Leben von sich aus Gott widmen. Das Erleben der Vision geht bei den Schauenden - gegebenenfalls auch bei weiteren Zeugen, die den Schauenden erleben - mit einer im Text beschriebenen Reaktion einher, die z.B. Lächeln, Erstaunen oder Entsetzen sein kann. Das in der Vision Geschaute muß, nachdem es vom Schauenden kundgetan wurde, unter kirchlicher Aufsicht bewahrheitet werden. Dabei spielt die Deutung des Geschehens durch den Schauenden bzw. durch kirchliche Würdenträger eine entscheidende Rolle. Aus der offiziellen Anerkennung der bewahrheiteten Vision ergibt sich für den Schauenden und andere Betroffene die Pflicht, etwaige Handlungsanweisungen, die in der Vision enthalten sind, zu befolgen oder auf sie aufmerksam zu machen: So schließen die Dänen und andere Nachbarvölker mit Edward Frieden, der Sachsenkönig läßt Edmund nach Ost-Anglia ziehen, und die Römerin ermahnt den Sachsenkönig nach bestem Wissen und Gewissen. Die Vision kann in der Handlung eine politische, eine prophezeiende oder eine Mischung aus beiden Funktionen haben - sicher sind auch noch weitere Funktionen möglich. Enthält die Vision keinen direkten Bezug zur politischen Handlung des Textes, sondern einen allgemeingültigen prophezeienden Charakter wie im Falle der Altersvision in der Vie d'Edouard le Confesseur, kann die Darstellung auch eine weitgehend gelehrte Stilisierung des christlichen Wunderbaren aufweisen.
336
4-3·
Zeichen, Träume und Orakel zwischen christlicher und heidnischer Stilisierung
4.3.1.
Wunderbare Zeichen in der Chanson de Jerusalem und im Roman d'Alexandre
Wunderbare Zeichen, die auf ein wichtiges bevorstehendes oder gerade eingetretenes Ereignis verweisen, sind bereits bei der Darstellung des natürlichen Wunderbaren zur Sprache gekommen. Einschlägige Beispiele für dieses Motiv waren die meteorologischen Zeichen bei Rolands Tod und in Karls drittem Traum im Rolandslied, ähnliche Zeichen bei Georges Tod in der Vie de Saint Georges sowie Wetterzeichen in Waces Brut und die Vorzeichen bei Alexanders Geburt und Tod im RA.42 Dabei wurde mit Blick auf die jeweilige Stilisierung der Darstellung festgestellt, daß sowohl heidnische (Wace) als auch dezidiert christliche (Rolands und Georgs Tod) Stilisierung des Motivs erfolgen kann. Daneben wurde auch das mögliche Zurücktreten einer an sich christlichen Stilisierung in ihrer Intensität (Alexanders Geburt) erfaßt. In diesem Abschnitt soll darauf aufbauend die unterschiedliche Stilisierung und Bedeutung einiger Zeichen in der Chanson de Jerusalem und im RA analysiert werden, wobei sich sowohl Beispiele für christliche als auch für heidnische Stilisierung finden lassen. Wenn ein wunderbares Zeichen eindeutig der christlichen Ausprägung des religiösen Wunderbaren zuzuordnen ist, so geht dies meist mit der Tatsache einher, daß ihm - wie der Vision - eine klare Deutung zur Seite gestellt ist, die von den Figuren oder dem Erzähler gegeben wird. Ein solches Zeichen findet sich in der Chanson de Jerusalem,^ und zwar kurz nach dem Beginn des Textes. Nachdem die Kreuzfahrer Jerusalem umzingelt haben (Laisse 53), ruft Corbadas, der König von Jerusalem, seinen Sohn Cornumaran angesichts dieser gefährlichen Situation zu Hilfe. Dieser beruhigt ihn mit dem Argument, die Franken könnten die Belagerung niemals lange genug durchhalten, um Jerusalem einzunehmen (Laisse 54-56). Das sich im folgenden ereignende Zeichen nimmt gewissermaßen Bezug auf diese unklare Einschätzung der Chancen der Kreuzfahrer auf Seiten der Heiden. A l s Corbadas vom höchsten Turm der Stadt die Szenerie der sich zum Sturm rüstenden Franken betrachtet (57,1414-1428), erblickt er drei Gabelweihen («escofles»; 1430), die um den goldenen «pumel» des Davidsturms kreisen und zwei weiße Tauben bedrohen. Bevor sie den Tauben jedoch schaden können, werden sie vom Grafen Godefroi de Bouillon, einer Schlüsselfigur des ersten Kreuzzugs, mit einem einzigen Pfeil aus seinem Köcher aufgespießt (14291435). Sie fallen tot auf die Standarte neben dem Tempel von Mahomet und Tervagant (1436s.). Beide Parteien sind sich nicht einen Augenblick über die Bedeutung des Zeichens im Zweifel:
42 43
V . cap.3.2.1. V . zur Chanson de Jerusalem und der Frage ihrer Datierung cap. 2, η. 105.
337
«Li dus maine grant joie, Franqois en vont riant!/ Li pluisor sevent bien qu'il va senefiant:/ C'est grans senefiance que Dex lor va mostrant./ Corbadas le mostra son fil Cornumarant./ Li plus sage paien en furent molt dolant:/ Li uns le dist a l'autre soef en consellant,/ »; 58,1455), und beide begeben sich zur Überprüfung des Zeichens noch einmal zur Standarte und betrachten die dort zu Boden gefallenen Vögel. Nach dieser Überprüfung findet die erste öffentliche Deutung statt, indem Corbadas an Ort und Stelle des Zeichens zu über 7000 Türken spricht, die sich dort zusammengefunden haben (58, 1463-59, 1470). Er berichtet von den großen Erfolgen der Franken anderswo (1471-1487), der Belagerung von Jerusalem (1488-1493) und schließlich dem wunderbaren Zeichen selbst (1494-1505), das er als «grans diablie» (1504), also vielleicht eher als ein Zeichen des Teufelsals als ein Zeichen Gottes, ansieht. Im Zuge der Bewahrheitung des Zeichens hebt Corbadas die drei von einem Pfeil durchbohrten Vögel auf und hält sie als
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Beweis für alle sichtbar in die Höhe (1506-1508). Die zweite Deutung wird direkt im Anschluß von Lucabel gegeben, allerdings nur Maucolon, seinem Vertrauten, gegenüber: «»
45
V . d a z u k u r z G a u l l i e r - B o u g a s s a s 1998, P.234S.
339
vorkommen. Bereits in der Verwendung solch christlich stilisierter Zeichen geht der RA in gewisser Weise über die antiken Romane hinaus. 46 Das angesprochene Zeichen bildet den Beginn der vierten Branche des «roman» und zeigt damit das Thema der Branche und denjenigen Abschnitt der Erzählung an, der von Alexanders Tod berichtet. Neben Anfang und Ende seines Lebens, die jeweils durch die Zeichen bei Geburt und Tod des Helden markiert werden, wird die Erzählung von Alexanders Tod - auf den sich schon vielfach Hinweise bei der Schilderung der Erlebnisse im wunderbaren Raum der Wüste fanden (v.o.) - dadurch als entscheidender Abschnitt in der Gesamtvita hervorgehoben. Das Monster wird von einer Sarazenin in Babylon geboren, und zwar zu Beginn des Frühlings, wodurch der Text einen krassen Gegensatz zwischen der harmonischen Leichtigkeit des topischen Natureingangs und der Scheußlichkeit des Monsters sowie der Tragik der bevorstehenden Ereignisse aufbaut. Gleich zu Beginn wird das Monster als wunderbar gekennzeichnet und im Rahmen der christlichen Stilisierung Gott als auslösende Kraft der Mißgeburt angegeben: «Estoit en Babilone nes [...]/ Uns mostres mervelleus par volente devine» (IV i, 3s.). Diese Manifestation von Gottes Wirken über eine Mißgeburt zählt von der Antike an zum Inventar des christlichen Wunderbaren und wird vor allem bei Augustinus theoretisch betrachtet. 47 Alexander hört von dieser wunderbaren Geburt und läßt die Mutter zu sich rufen (5), worauf eine detaillierte Beschreibung des Monsters und die Deutung des Zeichens durch den Erzähler gegeben werden: «Deseure iert chose morte desi q'en poitrine,/ Et desous estoit vive, la ou Ii faut l'eschine./ Tout environ les aines, la ou Ii ventres fine,/ D e ces plus fieres bestes qui vivent de rapine/ I avoit pluisors testes et font chiere lovine;/ Molt sont de male part et de malvaise orine,/ Ne se pueent souffrir, l'une l'autre esgratine./ Molt par est grans mervelle que Dieus el mont destine,/ Que la mort Alixandre veut demostrer par sinne.» (RA IV 1,
» (2169s.). Der Abschluß der Rede und auch des Traums selbst wird durch folgende Bemerkung des Anchises bestimmt: « (2217s.) Auf das Gesagte hin verschwindet er denn auch unverzüglich: «Quant ce ot dit, plus ne demore,/ esvaniz s'est an molt po d'ore.» (2219s.) Diesen Textaussagen zufolge entsteht der Eindruck, daß Anchises als Bote der Götter nur des Nachts, bei Dunkelheit und Ruhe, wenn also niemand ihn sehen kann, aus der Unterwelt in die Welt der Menschen gelangen kann. Zusammen genommen lassen alle Hinweise darauf schließen, daß es sich bei dem Boten nicht wirklich um eine Traumgestalt, also um ein wie auch immer geartetes A b 60
61
Cf. dazu überzeugend die Deutung von Schöning 1991, p.323-327, der das historische Geschehen als providentielles Geschehen verstanden aufzeigt. V . Roman d'Enias, ed. Salverda de Grave 1925-1929, 2162-2164: «que tote rien ert a seür,/ home, bestes sont an repos/ et taisent chans, selves et bos».
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bild des toten Anchises, sondern um den Toten selbst handelt, der nur auf Befehl der Götter und wenn die Bedingungen der Unterwelt (Nacht, Dunkelheit) in der menschlichen Welt herrschen, zeitlich begrenzt und möglichst unbemerkt den Übergang in die Menschenwelt bewerkstelligen kann. Für eine Erscheinung spricht hingegen ein später in der Unterwelt zwischen Vater und Sohn stattfindendes Gespräch. Dabei nimmt Eneas auf das nächtliche Geschehen Bezug und sagt: « (15321-15324) Der Gedanke an den Willen der Götter, der sich in einer Erscheinung oder einem Traum ausgewählten Figuren offenbaren kann, ist bereits aus dem zuvor untersuchten Beispiel aus dem Roman d'Eneas bekannt. Dort sprechen sich die Barone Eneas gegenüber einhellig für den Gehorsam gegenüber den Göttern aus. Im Roman de Troie wird an der untersuchten Stelle hingegen das Bild eines Helden gezeichnet, der sich den Zeichen der Götter nicht beugt und daher stirbt. Auf Andromaches Bericht von den nachts empfangenen Zeichen und ihre Auslegung derselben als Warnung der Götter, er solle nicht in die Schlacht ziehen, reagiert Hektor voller Zorn: « (Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie, ed. Constans 1 9 0 4 - 1 9 1 2 , 15334s.; I5343-I5352)
350
Dabei zeigt vor allem die Tatsache, daß er das Berichtete als «folie» ansieht und dreimal innerhalb seiner Rede die Bezeichnung «songe» bzw. «songer» verwendet, auf eine gänzlich andere Interpretation der nächtlichen Geschehnisse hin. Für Hektor ist das von Andromache Berichtete entweder nur Einbildung (worauf die beiden Konditionalsätze hinweisen, die das «songer» überhaupt in Zweifel ziehen) oder aber ein trügerischer Traum, den er als Anführer der trojanischen Truppen nicht ernst nehmen kann, ohne verlacht zu werden. Hier wird von der Figur also der «songe» dem «signe», den «visions» und den «interpretacions» gegenübergestellt und als etwas verstanden, das unglaubhaft und trügerisch in seiner Aussage ist.64 «Songes», «fantosmes» und «man9onges» werden bereits im Roman d'Eneas (2415s.) als etwas gekennzeichnet, was von einem Traumbaum aus der Unterwelt des Nachts zu den Menschen kommt. Dabei wird zwischen trügerischen und wahren Träumen insofern unterschieden, als später erklärt wird, daß es in der Hölle zwei Tore gebe (2997-3001). Durch das Tor aus Elfenbein gelangen die Träume, die sich als Lüge erweisen (3002s.), die wahren gelangen durch das Tor aus Horn (3004). Damit ist im Roman d'Enias die grundlegende Unterscheidung zwischen wahren und falschen Träumen getroffen, die Frage, wie sich beide voneinander unterscheiden lassen, wird jedoch nicht geklärt. Diese Frage nach wahrem oder falschem «Traum» ist im Roman de Troie die entscheidende. Die Auffassung des Helden, der den Traum seiner Frau für falsch hält, kollidiert dabei nicht nur mit der des Erzählers, der keine Zweifel an den «signes» erkennen läßt, sondern auch mit der anderer Figuren. Neben Andromache selbst glaubt auch der trojanische König Priamus an das von ihr Berichtete: «La dame set de grant saveir [i.e. Prianz]:/ Ne deit om mie desvoleir/ ζ ο que por bien dit e enseigne.» (15371-15373) Dieser stellt jedoch seine persönlichen Bedürfnisse in den Vordergrund und hält Hektor nicht zurück, weil er meint, auf dessen Dienst in diesem gefährlichen Kampf nicht verzichten zu können (1536315370). So zieht der Held ungeachtet der ihm berichteten Warnungen der Götter in den Kampf (15399). der durchgehend heidnischen Stilisierung der Episode, die die Warnungen als etwas von den antik-heidnischen Göttern Verantwortetes kennzeichnet, fällt im übrigen Hektors oben zitierte Anrufung «Ne vueille Deus que ςο m'avienge,/ Que por ίςο mort dot ne crienge!» auf. Im Gegensatz zu Andromache, die stets im Plural von «Li soverain e Ii plus haut»; «les Poestez» und «les devines De'itez» spricht (v.o.), scheint hier ein einzelner Gott angerufen zu werden, der die Ehre des Helden beschützen soll. Auch hier darf man aber trotz des Kontrasts zu der von Andromache vertretenen Einstellung zu den heidnischen Göttern nicht von einer christlichen Stilisierung ausgehen. 65 Im Ansatz christlich ist höchstens auch hier eine Einbettung des Geschehens in eine «desti-
64
V. zur in der Regel nicht eindeutigen Abgrenzung von «songe» und «(a)vision» Bra-
65
Ähnlich Schöning 1991, p. 221, zu einer anderen Stelle des Roman de Troie. Cf. auch dort, p.319, zur «Tatsache, daß die Personen in direkter Rede vielfach ihren Glauben an eine Transzendenz so ausdrücken, wie es auch ein Christ tun würde.»
eti975,p.64.
351
nee», also in die göttliche Providenz des christlichen Gottes, wie sie oben bei der Untersuchung des Roman d'Enias angesprochen wurde. 66
4.3.2.2.
Träume und ihre Deutung im Roman
d'Alexandre
Auch im RA wird ganz parallel von einem Traum berichtet, den eine der antikheidnischen Welt angehörige Frau vor einer entscheidenden Auseinandersetzung mit einem Gegner hat. Alexander ist nach seiner Einnahme von Babylon ausgerückt, um auch das Reich der Amazonen zu erobern, und bereits bis auf eine Tagesreise an ihr Reich herangekommen (III 429, 7289-7304). In der Nacht vor seinem Angriff hat die Königin der Amazonen einen Traum: «Icele nuit me'ismes, n'en dirai se voir non,/ La dame d'Amazoine vint une avision./ Un songe mervellous a songie la ro'ine» (III 429, 7305-430, 7307). In dem Traum wird ein Pfauenweibchen in einem Saal von einem Adler angegriffen, der von Babylon her herankommt und ihr die Jungen rauben will. Das Weibchen kann mit ihnen gerade noch in die Küche fliehen, bevor es zu Boden fällt (7308-7314). Nicht nur der Erzähler kennzeichnet den Traum als wunderbar, sondern auch die Figur selbst empfindet das Erlebte als außergewöhnlich, da sie am nächsten Morgen sofort eine Traumdeuterin («une devine»; 7315) zu sich ruft und ihr gegenüber den Traum als sonderbar und für sie nicht zu deuten beschreibt: «< A mie nuit songai dedesous ma cortine/ Un songe molt estrange, ne sai que il destine.»> (7319s.) Im Gegensatz zu Andromache, der die Bedeutung des nächtlichen Geschehens durch die Götter eröffnet wird, benötigt die Amazonenkönigin also eine fachkundige Traumdeuterin, um das in einem Bild verschlüsselte Geschehen zu verstehen. Die Traumdeuterin - die von der Notwendigkeit einer genauen Deutung natürlich überzeugt ist («; III 431,7324) - erklärt der Königin, sie sei das Pfauenweibchen, während ein König, der ihr Reich mit Gewalt angreifen werde, der Adler sei (7325-7327). Des weiteren rät sie der Königin dringend von einem Kampf ab, da sie nicht gewinnen könne, und schlägt vor, das Reich als Lehen gegen einen jährlichen Tribut vom Angreifer zu halten (7328-7334). Die Königin glaubt vorbehaltlos an die Deutung (III 432,7335) und zieht sich in ihr Schlafgemach zurück. Das nachfolgende Geschehen bestätigt die Aussagen des Traums und verdeutlicht gleichzeitig den antik-heidnischen Rahmen, in dem der Traum angesiedelt ist. Eine Botin meldet der Königin tatsächlich das nahende Eintreffen Alexanders und seinen Plan, sie zu unterwerfen (III 433, 7355-7365). Zuvor zählt sie im Rahmen der Begrüßungsformel jedoch die wichtigsten antik-heidnischen Götter mit ihren charakteristischen Eigenschaften auf: «Jupiter Ii grans dieus, qui haut siet et loins voit,/ Saut et gart la ro'ine si com faire le doit,/ Mars Ii dieus de bataille en aide Ii soit,/ Phebus la gart de mal, n'ait trop chaut ne trop froit,/ Juno Ii doint richece, Pallas la Ii otroit,/ Venus Ii doinst amor ou ele bien l'enploit.»> (RA III 432,7343-7348)
66
V . p.345 u. n. 54.
352
Die Königin antwortet mit der Formel: «» (7352s.). Die Götter haben in den Ritualen und den Gedanken der Figuren also offensichtlich eine beschützende Funktion, und besonders Diana wacht im Olymp über das Wohl der Amazonen. In einem solchen, vom Erzähler gelehrt stilisiert dargestellten Weltbild der Figuren muß ein warnender Traum, an dessen Botschaft die Figuren nicht zweifeln und der sich als wahr erweist, als von den Göttern gesandte Handlungsanweisung verstanden werden. Damit ähnelt die Episode stark der Episode um Andromaches nächtliche Erscheinungen im Roman de Troie. In beiden Episoden erhalten Frauen von den heidnisch-antiken Göttern, an die sie glauben, eine warnende Botschaft, die das Verhalten in einer entscheidenden Schlacht betrifft, die bevorsteht. Beide Warnungen werden sowohl von der Figur, die sie erlebt, als auch vom Erzähler als Wunderbares dargestellt, das bei den Figuren (im Fall der Amazonen bei der Traumdeuterin; III 431, 7322s.) heftige Emotionen auslöst. Beide Frauen gehorchen den Ratschlägen der Götter bedingungslos, Andromache, indem sie Hektor anfleht, nicht in die Schlacht zu ziehen, die Amazonenkönigin, indem sie sich Alexander noch vor Beginn der Schlacht unterwirft. Der RA enthält mit der Episode um den Traum der Amazonenkönigin also die Darstellung eines Traums in antik-heidnischer Stilisierung, die stark an entsprechende Episoden in den antiken Romanen erinnert und wohl als ein Bezug auf diese Gattung angesehen werden kann. Auch an anderen Stellen spielen Träume im RA eine große Rolle. Dabei handelt es sich um die Träume des Helden, die dieser an entscheidenden Stellen der Handlung erlebt. Ähnlich wie im Roman d'Eneas dem Helden von der Erscheinung des Anchises seine weiteren Lebensstationen und die seiner Nachkommen angekündigt werden, erlebt Alexander im Alter von fünf Jahren einen Traum, der in verschlüsselter Form das «Programm seines Lebens» enthält: 67 «La nuit sonja un songe [i.e. Alixandres], une avison oscure,/ Q u ' i l manioit un oef dont autres n'avoit cure,/ A ses mains le roloit par mi la terre dure,/ Si que Ii oes brisoit par mi la paveüre;/ Uns serpens en issoit d'orgueilleuse nature,/ O n q u e s horn ne vit autre de la seue figure;/ Son lit avironnoit trois foiz tot a droiture,/ Puis reperoit arriere droit a sa sepouture,/ A l'entrer cheoit mors, ce fu grant aventure.» (RA I 9, 254-262)
Auf die verschlüsselte Form des Traumgeschehens verweist bereits der eingangs vom Erzähler gewählte Ausdruck «avison oscure», wobei auch für diesen Traum wie für den der Amazonenkönigin die Bezeichnungen «songe» und «avison» wieder nebeneinander und einander verstärkend gebraucht werden. D e r Traum wird zwar nicht als «mervellous» oder als merveille bezeichnet, statt dessen aber als «aventure» wie auch die Zeichen vor Tyrus und die Vision in der Vie seint Edmund le Rei. Der Terminus «aventure» erweist sich somit als ein Sammelbegriff für außergewöhnliche Ereignisse, die die Figuren erleben, wie Visionen, Zeichen und Träume. Das Besondere an Alexanders Traum ist, daß er sich selbst als han-
67
V . zum «reve-programme» nach der Definition Braets sowie im Roman d'Eneas p. 348s.
353
delnde Person im Traum sieht. Dies verbindet seinen Traum z.B. mit Karls drittem Traum im Rolandslied. Anders als dort kommt in Alexanders Traum jedoch als besonderes Element noch hinzu, daß der Traum auch die Situation und die Umgebung des Schlafenden aufnimmt, da die Schlange sein Bett umrundet, bevor sie in das Ei zurückkehrt. Dieser Umstand führt dazu, daß der Traum für den träumenden Alexander ungeheuer wirklich erscheinen muß, so daß er wie Andromache und die Traumdeuterin der Amazonenkönigin angesichts der «aventure» sehr erschickt und erwacht: «[...] Alixandres s'esveille,/ Effreez de son songe, qu'il ne dort ne someille» (I 10, 263s.). Der Kammerherr bemerkt dies und führt Alexander unverzüglich zu seinem Vater, der sich seinerseits über den Traum wundert («Quant Ii rois l'entendi, durement se merveille»; 267). Da Alexander und Philipp genau wie die Amazonenkönigin die als bildhaftes Geschehen verschlüsselte Bedeutung des Traums nicht erkennen können, werden auch in diesem Fall Traumdeuter zu Rate gezogen. 68 Hier ist es jedoch nicht ein Vertreter der Zunft, den König Philipp auswählt, sondern es ergeht ein Aufruf an alle Traumdeuter im Reich: «La ou il sot sage homme [i.e. Ii rois] jusqu'a la mer Vermeille/ Pour espondre le songe ses mesages traveille./ Phelippes a mande la sage gent lointiegne,/ Les bons devineours fet querre par le regne,/ Devins et sages clers communalment amene» (RA 110,268-11, 272).
Die Vielzahl an Bezeichnungen, die hier für die möglichen Traumdeuter verwendet wird, weist auf eine vielfältig ausdifferenzierte Gruppe von Experten hin, die zu einer Deutung imstande sind. Darunter befinden sich neutral dargestellte Weise («sage homme», «la sage gent»), zum antik-heidnisch stilisierten Bereich gehörige Traumdeuter («les bons devineours»), denen auch die Traumdeuterin der Amazonenkönigin zuzuordnen wäre, und Traumdeuter, die einem christlichstilisierten Bereich zugehörig erscheinen («devins et sages clers»). Bereits diese Auffächerung der Traumdeuter weist auf eine ambivalente Stilisierung der Episode hin, die sowohl antik-heidnische als auch christliche Elemente enthält. Die Darstellung der tatsächlichen Deutung des Traums erhärtet diesen Befund. Zunächst deutet ein Mann den Traum, der der Gruppe der antik-heidnischen Traumdeuter zuzuordnen ist und in dessen Charakterisierung vor allem seine Kenntnisse der Magie hervorgehoben werden: «Uns Grieus parla premiers qui cuidoit estre flors/ De maintes sapiences et de sortisseors/ Et de l'art d'ingremance et de devineours;/ Pour ce ot non Astarus que il sot touz les cors/ Des estoiles du ciel et du sens des auctours.» (RA I 12, 277-281)
Das Portrait des Astarus erinnert sehr an das des Nectanabus, der, obwohl er im Text nicht namentlich genannt wird und seine Verbindung zu Alexander vom Erzähler vordergründig zurückgewiesen wird, durch eben dieses magische Wissen
68
V . zur Deutung des Traums auch Gaullier-Bougassas 1998a, P.387S.
354
gekennzeichnet wird (RA I 16). 69 Der Hinweis des Erzählers, Astarus glaube nur, die «flors», d.h. der edelste Vertreter der Magier und Traumdeuter zu sein, läßt bereits auf eine wertende Abstufung der genannten drei Gruppen schließen. Astarus interpretiert das Ei als vergängliches Ding und die Schlange als einen stolzen Menschen, der nichts wirklich erobern könne. Diese Deutung erzürnt Philipp (112,282-294). Der zweite Traumdeuter, Salios de Minier, kann der neutralen Gruppe zugerechnet werden und wird nur kurz charakterisiert: «Sages hom de la loy, assez sot du mestier.» (I 13, 296) Seine Interpretation des Traums fällt jedoch nicht minder negativ aus, da auch er das Ei als zerbrechliche und vergängliche Sache deutet und die Schlange als Sinnbild dessen, der als «hom de fol euer» (302) ohne Erfolg und Rückhalt bei seinen Leuten erobern und unterwerfen wolle (I 13, 297-308). Auch diese Deutung macht Philipp wütend. Erst der dritte Traumdeuter, Aristoteles von Athen, der bereits in der Kurzvorstellung der Traumdeuter eigens erwähnt wurde ( I n , 273), kann den Traum endgültig deuten. Er erklärt das Ei nicht als vergängliche Sache, sondern als Sinnbild für die Welt und die Völker, und die Schlange als Sinnbild für Alexander, der als Weltherrscher seine Eroberungen an seine Leute weitergeben und nach seinem Tod nach Makedonien zurückkehren werde wie die Schlange in das Ei ( 1 1 4 , 3 1 2 321). Philipp ist erst mit dieser Deutung zufrieden und entlohnt Aristoteles reichlich (322-325). Das bisher Gesagte läßt darauf schließen, daß Aristoteles der Vertreter der dritten, christlich gekennzeichneten Gruppe der Traumdeuter sein muß, einer der «devins et sages clers». Tatsächlich weist die Beobachtung, daß einzig Aristoteles den Ausdruck «senefier» in seiner Deutung verwendet, 70 daraufhin, daß diese Zuordnung vom Text angedeutet ist, denn dieser Ausdruck findet sich vornehmlich in christlich stilisierten Darstellungen wunderbarer Zeichen, so auch im RA und in der Chanson de Jerusalem.11 Daneben enthält die Handlung aber auch ein Element märchenhafter Stilisierung, da es drei Deutungsversuche gibt, von denen erst der dritte sich als der richtige erweist. 72 Die Episode um die Deutung des Traums weist neben der ambivalenten Stilisierung zudem einige Widersprüche zur Handlung an sich auf, wie sie im folgenden im Text dargestellt wird. Die von Philipp verworfenen Deutungen der ersten beiden Traumdeuter bewahrheiten sich in der Tat auf ihre Weise genauso, wie die Deutung des Aristoteles ihrerseits einen Fehler enthält. Obwohl Alexander, wie Aristoteles erklärt, zum Herrscher der Welt wird und dieses Reich auch zunächst an seine Pairs übergibt, kehrt sein Leichnam nicht nach Makedonien zurück, sondern wird von den Pairs - aufgrund eines heidnischen Orakelspruchs (v.u.) - in Alexandria beigesetzt. Andererseits bricht das Reich Alexanders durch den Streit der Pairs auch schnell zusammen und wird so die «veine chose» (112,284; I 69
70
71 72
V . zur Figur des Nectanabus im RA sowie in den französischen und lateinischen Vorlagen auch Friede 2000, p. 88-104. V . RA 1 1 4 , 3 !3 _ 3 !5 : «Li oes dont eil parole n'est mie chose veine,/ Le monde senefie et la mer et l'areine,/ Et Ii moieus dedens est terre de gent plaine». V . n. 50. Cf. zur Bedeutung der Dreizahl im Märchen cap. 1, p.20, p.48, bes. n. 109.
355
1 3 , 3 0 0 : «veine chose»), als die die beiden ersten Traumdeuter es gedeutet hatten. Ihre Deutung, daß die Schlange, also Alexander, zu schwach sei, um die geplanten Eroberungen durchzuführen, stellt sich jedoch als falsch heraus, so daß die im Ansatz christlich stilisierte Deutung des Aristoteles im Vergleich zur tatsächlich geschilderten Handlung die genaueste ist. Wie hinter den Vorzeichen anläßlich der Geburt des Helden, wenn auch versteckter, steht in der Episode um die Traumdeutung trotz ambivalenter Stilisierung also letztlich ein christliches Deutungsmuster hinter dem wunderbaren Geschehen. Im Gegensatz zu den beiden untersuchten Beispielen aus den antiken Romanen handelt es sich bei den beiden Träumen aus dem RA um Träume im strengen Sinne des Wortes. Während des Schlafs erleben die Figuren ein bildhaft verschlüsseltes Geschehen, das eine Deutung erfordert. Während z.B. die Deutung von Karls drittem Traum im Rolandslied - ebenfalls ein bildhaft verschlüsseltes Geschehen - in der Hand der Rezipienten liegt und nicht explizit vom Erzähler oder den Figuren unternommen wird, werden beide Träume des RA in einem (vor allem bei Alexanders Traum) wissenschaftlich stilisierten Verfahren von Experten gedeutet. 73 Dies scheint die Stilisierung des Traums wiederum von der christlich-epischen Stilisierung abzuheben, wie ein Vergleich mit einer weiteren Traumszene zeigt. In der oben im Zusammenhang mit den Wundern betrachteten Chanson d'Antioche74 träumt Buiemont vor dem Endkampf um Antioche: «Et a songie un songe que mervelles doutoit» (5653). Hier ist mit der Formulierung «songer un songe» die gängige Formulierung verwendet, die auch für Andromaches nächtliche Erlebnisse im Roman de Troie und für den Traum der Amazonenkönigin sowie für Alexanders Traum im RA verwendet wird. Buiemont ist nach einer weiten Anreise und nach einer Rede an die Barone (Laisse 233-234) sehr erschöpft: «Buiemons de Sesile dedens son tref gisoit,/ Forment ert travellies, molt volentiers dormoit;/ Del port Saint Symeon le jor venus estoit.» (235, 5650-5652) Bereits diese einleitenden Bemerkungen des Erzählers erinnern sehr an den Beginn der Episode um Karls dritten Traum im Rolandslied, da Karl auch dort als erschöpft beschrieben wurde. 75 Im Traum selbst erlebt Buiemont, wie der Himmel sich öffnet und die Erde bebt und wie ein goldener Kreis die Mauern von Antiochia umschließt. Die Sarazenen eröffnen ihm, daß Mahomet tot sei, Sonne und Mond ziehen ihn zu sich nach oben, und der größte Palast (wohl der Stadt) verbeugt sich vor ihm. 76 Diese Wetterzeichen - sie erinnern gerade auch in ihrer
73 74 75
76
V . zu beiden Träumen und den Deutungsszenen auch Braet 1975, P.91S. V . p.325. V . Chanson de Roland, ed. Segre 1971, 2525: «Karies se dort cum hume traveillet.» Cf. auch cap. 3, p. 191s. V . Chanson d'Antioche, ed. Duparc-Quioc 1977,5654-5662: «Vit le ciel aovrir et Ii terre crolloit,/ Parmi son pavellon uns cercles d'or paroit/ Ki les murs d'Anthioce trestos avironoit;/ Li cites d'Anthioce forment en reluisoit./ Sarrasin Ii disoient que Mahons mors estoit;/ Li soleus et Ii lune contremont le traioit,/ Des pans de son auberc la terre acouve-
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Anfangsposition ebenfalls an Karls dritten Traum - , Mahomets Tod und die Verbeugung des Palastes sind Teil einer deutlich christlichen Stilisierung des Traums. Der zweite Teil des Traumgeschehens läßt jedoch Zweifel an dem Sieg der Christen über die Sarazenen aufkommen. Es wird geschildert, wie die Barone auf die sich verneigenden Stadtmauern klettern, wobei aber ihre Leiter bricht, bevor sie den Palast erreichen können, so daß sie in Angst und Schrecken versetzt werden.77 Mit dieser Szene endet der Traum, und Buiemont erwacht (5667). Dadurch bleibt trotz der anfangs von Buiemont erlebten wunderbaren Geschehnisse, die auf einen von Gott geförderten, guten Ausgang der Schlacht hinwiesen, eine gewisse Unsicherheit bestehen, was die Aussage des Traums angeht. Er läßt sich nicht zweifelsfrei in Richtung auf einen Sieg interpretieren. Dieses erzähltechnische Verfahren ähnelt ebenfalls dem im Rolandslied bei der Schilderung von Karls drittem Traum verwendeten, da auch dort der Traum endet, als der Kampf zwischen Karl und dem Löwen noch unentschieden ist: «Mais ςο ne set quels abat ne quels chiet.» (2553) Wie Karls dritter Traum ist aber auch Buiemonts Traum durch den Rahmen in einen christlichen Zusammenhang gestellt. Als Buiemont aufwacht - wobei das nicht durch die ungünstige Wendung des Traums ausgelöst wird - , wendet er sich sofort an Gott und erzählt ihm von seinem Traum: «A Deu conta son songe, qui l'honor Ii otroit» (5668). Der Traum ist also nach den Aussagen des Textes von Gott geschickt, und Buiemont weiß darum. Das erklärt auch, warum Buiemont als Figur des Traums im Gegensatz zu den Baronen keine Angst angesichts des gefährlichen Geschehens empfindet. Auch Karl empfand im Gegensatz zu den Franken keine Angst angesichts der wilden Tiere und des Löwen. Obwohl es auch in der Chanson d'Antioche im Gegensatz zu den Episoden aus antiken Romanen und dem RA keine wirkliche Deutung durch die träumende Figur oder andere Figuren gibt, zeigt der Erzähler doch, daß Buiemont das Traumgeschehen als eine Handlungsanweisung Gottes verstanden hat, die er umzusetzen gedenkt: «Puis esgarde Anthioce dont Ii mur furent droit:/ , fait il, » (5669-5772) Anders als Buiemonts Traum enthalten der Traum der Amazonenkönigin im RA und Andromaches Traum im Roman de Troie nicht nur eine Handlungsanweisung, die von den Figuren nach der Deutung verstanden wird, sondern auch eine klare Aussage über das zukünftige Geschehen: Wenn Hektor kämpft, wird er sterben; wenn die Amazonenkönigin kämpft, wird sie besiegt werden. Karls und Buiemonts Traum, also die epischen Träume, lassen sich hingegen vielfältiger deuten und enthalten neben einer Komponente, die auf den Sieg der Träu-
77
toit./ Li plus maistres palais envers lui s'aclinoit,/ Si que desor le mur en contreval pendoit.» V. Chanson d'Antioche, ed. Duparc-Quioc 1977,5663-5666: «Uns des barons de l'ost en contremont rampoit/ Et Ii autre trestot, cascuns d'els le sivoit,/ Bien fuscent el palais, mais l'esciele brisoit;/ Cil qui la sus remescent ierent en grant effroit.»
357
menden und ihres Volks hindeutet, auch gefahrverheißende Elemente. In seinen Möglichkeiten zu vielfältiger und nuancierter Deutung ähnelt Alexanders Traum von Ei und Schlange also eher diesen epischen Träumen. In seiner Bezogenheit auf das Gesamtschicksal des Helden und seiner Nachfolger ähnelt Alexanders Traum aber auch den Prophezeiungen des Anchises an Eneas im Roman d'Enias. Beide Träume des RA können also als Musterbeispiel dafür gelten, wie im RA nebeneinander Bezüge auf das Epos und seine christliche Stilisierung und den antiken Roman und seine zumeist heidnische Stilsierung zu einem eigenen Konzept des Traums ausgebaut werden, das jenseits der strengen Abgrenzungen von christlicher und antik-heidnischer Stilisierung angesiedelt ist.
4.3.2.3.
Die wunderbare Stimme im Roman
d'Alexandre
Dieses Konzept des religiösen Wunderbaren, das jenseits einer eindeutig christlichen oder heidnischen Stilsierung steht, zeigt sich auch in einer anderen Episode des RA. Alexander ist im bereits lange währenden Kampf um Tyrus von tiefer Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit ergriffen, da gerade eine von den Makedonen errichtete Mole von den Tyrern zerstört wurde (1139,2879-2882). Er hat den Eindruck, letztlich nichts gegen die Stadt ausrichten zu können: «Et maudist la cite [i.e. Ii roys] qui le fet travaillier,/ Car ne puet vers la ville nulle riens esploitier» (I 139, 2880s.). Daher zieht er sich mit seinen Leuten auf einen Berg drei Meilen von Tyrus entfernt zurück und läßt dort eine Burg errichten, um sich zu erholen (2883-2891). Dieser Rückzug zeigt, daß die Situation auf Messers Schneide steht, da Alexander erkennt, daß er bis zu diesem Zeitpunkt nichts gegen die Tyrer ausrichten konnte. Der Held ist zum ersten Mal mit einer kämpferischen Situation konfrontiert, in der er zu versagen droht. Genau an dieser Stelle wird im Text von einem Zeichen berichtet, daß Alexander zur Fortsetzung des Kampfs ermutigt und ihm die erfolgreiche Einnahme von Tyrus verheißt: «Une vois dist au roy, quant fu alez couchier,/ Qu'il s'en retourt a Tyr por la ville assegier;/ II la prendra mout bien, n'ait cure d'esmaier./ Lors retornent a Tyr et font lor tres fichier.» (RA I 139, 2892-2895)
Diese Szene hat mit den hier betrachteten Träumen und Erscheinungen gemeinsam, daß sich die Anweisung durch die Stimme nachts ereignet, nachdem Alexander sich zum Schlafen begeben hat. Ebenso wie Buiemont, Karl, Eneas, Andromache und die Amazonenkönigin ahnt der Held nicht, daß ihm in der fraglichen Nacht ein wunderbares Erlebnis bevorsteht. Das Geschehen ist nicht als Traum, nicht als Zeichen und nicht als wunderbar vom Erzähler gekennzeichnet, einzig die Verwendung von direkter Rede und der Hinweis auf eine Stimme lassen erkennen, daß es sich nicht um ein vom Träumenden erlebtes Geschehen, sondern um eine sprachliche Übermittlung einer Botschaft handelt. Diese Angaben rücken die Episode in die Nähe des von Andromache Erlebten - wobei im Roman de Troie neben den «interpretacions» auch auf ein zeichenhaftes Geschehen verwiesen wurde, das erläutert wurde. Z u m anderen kann der Rezipient an
358
biblische Szenen gedacht haben, in denen einer Figur durch die Stimme eines Engels eine Botschaft übermittelt wird. 78 Dadurch liegt eine im A n s a t z christlicheStilisierung vor, die aber nicht eindeutig ist. A l e x a n d e r versteht wie Buiemont in der Chanson d'Antioche,
aber auch wie A n d r o m a c h e im Roman de Troie die
Handlungsanweisung des traumähnlichen Geschehens aus eigener Kraft. E r braucht im Gegensatz zu seinem Traum als Kind und im Gegensatz zur A m a z o nenkönigin keine Traumdeuter, sondern verläßt sich auf die Anweisungen, nach Tyrus zurückzukehren und die Stadt zu belagern, und setzt sie unverzüglich um. Gerade die Kürze der Episode, die in vier Versen vom Wendepunkt des Geschehens um die Eroberung von Tyrus berichtet, und die Konkretheit der A n w e i s u n g der Stimme machen den hier gewählten erzähltechnischen Kunstgriff aus. D a s wunderbare Geschehen scheint dabei durch den Rückzug des Helden und seine eingestandene Verzweiflung geradeso ausgelöst, wie die Hinwendung zu G o t t die Visionen des Helden in der Vie d'Edouard
le Confesseur hervorriefen, ist hier
also im Ansatz der Visionsliteratur entsprechend stilisiert. 79 Ähnlich wie in den Episoden um die Zeichen beim Tod des Helden, um die Zeichen vor Tyrus und um den Traum von Ei und Schlange wird hier das Wirken einer transzendenten, wohl als die des christlichen Gottes zu benennenden Macht ersichtlich, die um das Schicksal des Helden weiß und sich den Figuren und zugleich den Rezipienten mitunter offenbart. Nirgendwo wird jedoch in bezug auf Zeichen oder Träume die Ambivalenz zwischen christlicher und heidnischer Stilsierung im Verlauf der Handlung noch einmal so eindeutig zugunsten der christlichen Stilisierung entschieden wie in der Episode um die Z e i c h e n anläßlich der Geburt des Helden. Diese A m b i v a l e n z bleibt vielmehr im gesamten von Alexandre de Paris kompilierten Text bestehen und stellt eines seiner grundlegenden Kennzeichen dar. 80 Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang an einigen Episoden aus dem RA gerade, daß sie in einer G r a u z o n e zwischen christlicher und heidnischer Stilisierung bleiben, während andere klar einer einzigen Stilisierung zuzurechnen sind (v.u.). Für die Einschätzung des gesamten RA bedeutet dies zudem, daß er als ein Text jenseits der bis zu seiner Entstehung verwendeten Gattungen angesehen werden kann, da er sich bei der Stilisierung der Darstellung von Träumen und Zeichen textsortenübergreifend zugleich an die antiken R o m a n e und das Epos anzulehnen scheint. Unabhängig von heidnischer, christlicher oder ambivalenter Stilisierung weisen alle hier untersuchten Träume oder traumähnlichen Ereignisse bestimmte Merkmale auf, die - textsorten- und stilisierungsübergreifend - diese Phänomene als Teil des Typus des religiösen Wunderbaren kennzeichnen: ( i . ) Sie verweisen auf ein zukünftiges Geschehen und stehen entweder vor einer gefährlichen 78
79
80
Vielleicht bezeichnet Gaullier-Bougassas 1998a, p. 232, die Stimme auch daher als «une voix qui ressemble ä une voix chretienne». Cf. auch Gaullier-Bougassas 1998a, p.292 und p.235, die feststellt, daß Alexander Tyrus nicht aus eigener Kraft erobern kann, sondern Gottes Hilfe bedarf, wobei er an die eigenen Grenzen stößt, ohne jedoch daraus zu lernen. V. zur Ambivalenz auch 4.4. zu den christlich oder heidnisch stilisierten Orten im RA. 359
Schlacht oder am Anfang eines großen Handlungszusammenhangs im Leben des Helden. (2.) Die Figuren wissen nichts von den Träumen, bevor sie sich ereignen, und können ihr Auftreten auch nicht aktiv beeinflussen. (3.) Zumeist werden sie von der Figur, die sie erlebt, manchmal auch vom Erzähler, als wunderbar charakterisiert, wobei sie neben dem Erstaunen stets Furcht hervorrufen. (4.) Alle Erscheinungen und Träume erweisen sich letztlich als wahre Hinweise auf ein sich tatsächlich ereignendes Geschehen, so daß sie für die Figuren eine der wenigen verläßlichen Verbindungen zur Zukunft, vermittelt durch eine transzendente Macht, darstellen. Bis auf das dritte Merkmal gelten alle Merkmale auch für die Erscheinung, die Eneas im Roman d'Eneas hat, und für Alexanders Erfahrung mit der nächtlichen Stimme, das Fehlen des dritten Merkmals unterscheidet die Erscheinung des Anchises und die Stimme vor Tyrus vom Traum.
4.3.3.
Orakel im Voyage de saint Brendan, im Roman de Troie und im Roman
4.3.3.1.
d'Alexandre
Das Vogelorakel im Voyage de saint Brendan
Obgleich mit der Vorstellung eines Orakels zwingend die heidnische Stilisierung verbunden scheint, läßt sich bereits im Voyage de saint Brendan das Gegenbeispiel einer christlich stilisierten Darstellung des Motivs finden. Es handelt sich um das Vogelorakel im Paradies der Vögel (481-580), das Brendan und die Mönche schon kurz nach dem Beginn ihrer Reise erreichen. Es stellt einen wichtigen Strukturierungspunkt in der Gesamthandlung dar und vermittelt dem Helden auch entscheidende Informationen über den zukünftigen Verlauf der Reise. Diese Informationen erweisen sich als umso wichtiger und kostbarer, als das Orakel nur an einem wunderbaren Ort zu befragen ist, der für den Helden und seine Leute nicht unmittelbar zugänglich ist und von dem sie überhaupt nur durch einen besonderen Boten erfahren. Nachdem Brendan und die Mönche ihre Reise angetreten (ab 203) und die ersten Stationen durchlaufen haben, beginnt die zweite Phase des Weges (ab 377), die darin besteht, daß sie einen Großteil des ersten Jahres auf dem Meer verbringen und große Mühsale ertragen müssen. Schließlich gelangen sie zur Insel der Schafe (386), wo ein himmlischer Bote, 81 den sie seit der Episode um die Kristallstadt kennen, ihnen die nächsten Stationen ihrer Reise benennt (ab 405). Sie werden ihr Osterfest an einem Ort verbringen, der sich später als der Rücken eines Wales erweist, dann zurückkehren und an einen anderen Ort gelangen, wohin der Bote ihnen folgen wird. Bereits hier deutet sich eine verschachtelte Raum- und Episodenstruktur an, deren Zentrum und Fluchtpunkt die Insel mit dem Paradies der Vögel ist. U m sie zu erreichen,
81
Der Bote erweist sich abgesehen von anderen einschlägigen Kennzeichen am Ende des Voyage de saint Brendan als zur himmlischen Sphäre gehörig, da er im Paradies bleibt und der Erzähler erklärt, daß er dort zu Hause sei. Cf. Benedeit, Voyage de saint Brendan, ed. Waters 1928,1815s.: «lloec remist lur hostes pius,/ Quar parai's fud sis dreiz fius.» Cf. auch kurz Gaullier-Bougassas 1998a, p. 167.
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müssen zuvor bestimmte Stationen wie die Insel der Kristallstadt, die Insel der Schafe und das Osterfest auf dem Walrücken durchlaufen werden. So erblicken die Mönche auch erst, nachdem sie den Walrücken fluchtartig verlassen und diese auf den ersten Blick gefährliche Etappe durchlaufen haben, eine «terre halte et clere» (483), angesichts deren sie keine Furcht empfinden («Ne del eisir ne s'eschivent,/ Ne pur altre rien ne dutent»; 486s.). Hier ist ein von Anfang an positiv besetzter Ort erreicht, der sich als Ort des Ausruhens und der Freude für die Mönche erweist. E r ist innerhalb der Raumstruktur des wunderbaren Bereichs seinerseits durch verschiedene Bereiche gekennzeichnet. Zunächst gehen die Mönche an einem Flußlauf entlang, auf dem sie ihr Schiff ziehen (489s.). An dessen Ende befindet sich ein wunderbarer Baum, der, ohne daß sie es wissen, das eigentliche Ziel der Mönche auf der Insel ist: « A l chef del duit out une arbre/ Itant blanche cume marbre,/ Ε les fuiles mult sunt ledes,/ D e rüge e blanc taceledes./ D e haltece par vedue/ Muntout l'arbre sur la nue;/ Des le sumet desque en terre/ La brancheie mult la serre/ Ε ledement s'estent par l'air,/ U m braiet luin e tolt s'esclair,/ Tute asise de blancs oiseus - / Unches nuls hom ne vit tant
beus.» (Benedeit, Voyage de saint Brendan, ed. Waters 1928, 491-502)
Neben der Stilisierung des Ortes als locus amoenus, dessen typische Merkmale, wie für die Blumenmädchenepisode des RA dargestellt, 82 mit dem Wasser, dem wunderbaren Baum, dem Schatten und den Vögeln vorhanden sind, sowie der Stilisierung als Teil der keltischen «anderen Welt» 83 ist der Baum durch seine verbindende Rolle zwischen Himmel und Erde 8 4 und letztlich durch die Reminiszenz an die entscheidende Rolle wunderbarer Bäume in der biblischen Beschreibung des irdischen Paradieses des Garten Eden auch christlich stilisiert. Obwohl der Baum neben dem Typus des christlichen Wunderbaren auch der wunderbaren Flora im Rahmen des natürlichen Wunderbaren zuzuordnen ist, verweist er ebenso auf wunderbare Bäume, die zum Typus des technisch-architektonischen Wunderbaren gehören. Neben solchen Bäumen im Roman de Troie und der Prise d'Orange weist vor allem der zur heidnischen Sphäre gehörende Baum im Garten des Porrus-Palastes im RA mit seinen vielen künstlichen Vögeln 8 5 eine starke Ähnlichkeit zum christlich stilisierten natürlich wunderbaren Baum im Voyage de saint Brendan auf. Es ist nicht auszuschließen, daß es sich bei diesem Baum im RA um eine dezidierte Reminiszenz an den mit entgegengesetzter Stilisierung gezeichneten Baum im Voyage de saint Brendan handelt. Brendan reagiert auf den Baum mit Staunen («Li abes prent a merveiller»; 503), so daß das Wunderbare auch hier vor allem in der Reaktion der Figuren zutage tritt. Anders als bei den Träumen, die unerwartet auftreten, spricht das Ora82 83
84 85
V . cap. 1, p.71s., cf. dort auch den Verweis auf Curtius 1948. V . zu den Merkmalen der Feenwelt, die oft einen Fluß mit einem Wald oder einem G a r ten kombiniert, cap. 1.3., besonders p.4is. sowie Patch 2 i 9 7 0 , p . 4 4 - 5 9 . Cf. zu den Merkmalen der keltischen «anderen Welt», die in der Episode um das Paradies der Vögel vorkommen, vor allem Castellani 1994, p. 122s. u. V . 1 1 8 (Vergleich mit den Lais). V . dazu Castellani 1994, p. 123. V . zu diesen technisch wunderbaren Bäumen cap. 2, p. 160.
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kel - denn um ein solches handelt es sich im Grunde - erst zu Brendan, nachdem dieser Gott in einem Gebet nach der Bedeutung des Orts und der Vögel gefragt hatte. 86 Auf das Gebet hin fliegt ein Vogel herab, läßt sich auf dem Schiff der Mönche nieder und läßt sich von Brendan befragen (509-513). Dieser fragt den Vogel wie einen Menschen nach seiner Person und dem Grund, warum er mit den anderen Vögeln auf dem Baum lebe (515-520), wobei er die Berechtigung der Frage und die Hoffnung auf eine Antwort aus der Tatsache bezieht, daß der Vogel (ebenso wie er) ein Geschöpf Gottes sei: «» (515). Gott wirkt hier also als Vermittler zwischen Brendan und dem wunderbaren, sprechenden Vogel. Er bewirkt eine Vorhersage des Vogels erst, nachdem Brendan zu ihm gebetet hat. Wie bei der Vision ist die Hinwendung des Heiligen zu Gott die Voraussetzung dafür, daß ihm eine Botschaft Gottes übermittelt wird, um die er allerdings nicht aktiv bittet, weil er nicht weiß, daß sie existiert und für ihn bestimmt ist. In Brendans Fall antwortet der Vogel zunächst auf die Frage nach dem Wesen der Vögel. Diese sind nach seinen Angaben Engel, die von Gott aus dem Himmel, dem Reich der Wahrheit («cel regne de veritet»; 536), verbannt wurden, da sie Luzifer, ihrem einstigen Herrn, auch noch gefolgt waren, nachdem er sich von Gott abgewandt hatte (521-536). Dennoch wurden sie nicht in die Hölle geschickt, sondern sind nur aus der Gegenwart Gottes entfernt worden (537-544). Die Frage nach dem Ort beantwortet der Vogel mit den Worten: « (545s.) Hier tritt die christliche Stilisierung der Episode nochmals hervor, da eine sehr differenzierte Auffassung von Hochmut als Schuld im christlichen System und der verminderten Schuldhaftigkeit der Vogel-Engel vorgetragen wird. Diese dient zur Belehrung der Rezipienten, kann aber auch von diesen diskutiert werden. Der Ort des Vogelorakels wird außerdem - nicht nur lokal, sondern damit auch ideologisch dem Bereich des christlichen Paradieses zugeordnet, so daß ein Großteil der Merkmale des locus amoenus im Nachhinein deutlich christlich akzentuiert wird. Im bis jetzt betrachteten Textabschnitt liegt die Funktion eines Orakels bereits insofern vor, als eine wunderbare Kreatur einer fragenden Figur an einem besonderen Ort auf wunderbare Weise auf ihre Fragen antwortet. Sie ist aber dadurch im Sinn verkehrt, daß der Fragende nicht zu seiner eigenen Zukunft etwas fragt, sondern den Weissagenden selbst nach dessen Vergangenheit. Im folgenden wird dieser eigentliche Zweck eines Orakels aber vom weissagenden Vogel selbst auch ohne eine entsprechende Frage Brendans aufgegriffen, und er trägt eine allgemeine Vorhersage für die nächsten Jahre vor: «E il lur dist: (59015906) Hier zeigen sich Parallelen zur Episode um den Traum der Andromache, da auch sie versucht, Hektor von der Pflicht zum Gehorsam zu überzeugen. Hektor weigert sich und wird daher (von der Rede des Calcas aus gesehen) im Verlauf der Handlung zum Beispielfall desjenigen, der sich dem Ratschluß der Götter widersetzt. Die Frage nach dem Verhalten des Calcas und seinem unbedingten Gehorsam den Göttern gegenüber wird später in einer Episode aufgegriffen, in der er von seiner Tochter Brisei'da, die ihn im Lager der Griechen besucht, zur Rede gestellt wird (13713s.). Brisei'da sieht es als außerordentliche und unverständliche Tat («merveille»; 13722) an, daß Calcas zu den Griechen übergelaufen ist (13721-13775). Sie kritisiert Apoll und seinen Orakelspruch, der Schande über Calcas gebracht habe. 90 Calcas rechtfertigt sich wiederum, indem er darauf verweist, daß Apoll ihm diese Handlungsweise befohlen habe und daß er dem Gott habe gehorchen müssen: « (13787s.) Dies führt er breit aus (13783-13806) und schließt mit der durch den Beschluß der Götter abgesicherten Vorhersage, die Trojaner würden in Kürze untergehen: « (RA III 214, 3840-3845)
Hier sind mehrere Dinge feststellenswert. Das Orakel spricht, wie die zuvor zitierte Stelle zeigt, zu Alexander «en latin», d.h. auf Lateinisch oder-wahrscheinlicher - in seiner eigenen Sprache, wobei «en son latin» zu verstehen wäre. Diese Angabe des Erzählers ist nur im Zusammenhang mit den Ausführungen der Führer verständlich, so daß beide Episoden als zusammengehörig angesehen werden müssen und einen gemeinsamen weiten Erzählbogen spannen. Zudem liegt eine eindeutig heidnische Stilisierung mit Hilfe eines besonderen erzähltechnischen Kunstgriffes vor, da das Orakel sich selbst als abhängig von den Göttern der Unterwelt («Ii dieu infernin») und seine Sprüche als «sermon devin» bezeichnet. Dadurch wird es der Sphäre der heidnischen Götter durch seine eigenen Aussagen mit großer Überzeugungskraft zugeordnet. Inhaltlich paßt die heidnische Stilisierung zur Darstellung des Priesters, der aufgrund seines Äußeren, besonders der schwarzen Hautfarbe, gut als der Herrscher über ein Unterweltorakel als das die Bäume dargestellt werden - fungieren kann. Zum Verständnis des Baumorakels als Unterweltorakel paßt ebenfalls, daß der Mondbaum, also gewissermaßen der Baum der Nacht und der Dunkelheit, zweimal spricht und so der wichtigere Baum zu sein scheint und daß die Bäume sich - auf die an sich offene Frage des «Que feras?» - nur zu Alexanders Tod und zu nichts anderem äußern. Sie könnten beispielsweise auch die Eroberung von Babylon vorhersagen, aber Babylon wird nur als Todesort Alexanders erwähnt. Statt dessen scheinen sie nur für die Sphäre des Todes in ihrer heidnischen Ausprägung zuständig zu sein. Daneben wird hier wie in den zuvor untersuchten Orakel-Episoden des RA und des Roman de Troie auch der Gedanke des Gehorsams gegenüber dem von den Göttern verkündeten Schicksal vorsichtig evoziert, und zwar durch die Formulierung «[...] va t'en tout ton chemin». Alexander wird befohlen, den von den Göttern vorgesehenen Weg, von dem das Orakel kündet, widerspruchslos zu gehen, was der Held nach einer Phase der Trauer (III 215-216) auch tut. Während die Figuren, die die übrigen untersuchten Orakel befragten, keine Angst angesichts der Orakelsprüche empfanden, sind hier die Angst und auch die Trauer Alexanders ein wichtiges Merkmal der Episode (III 212, 3791; 3809s.; 214, 3833; 215, 3846s.). Die Beschreibung von Alexanders Angst wird auch in der Episode
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um das Monster in Babylon wiederaufgenommen (v.o.). So verstärken und verdichten sich die Zeichen für Alexanders nahenden Tod im Verlauf der Handlung zusehends. Neben der heidnischen Stilisierung und der grundsätzlichen Zugehörigkeit der Episode zu dieser Ausprägung des hier untersuchten Typus des Wunderbaren fällt eine zusätzliche Stilisierung ins Auge. Die Episode ist durchgehend märchenhaft stilisiert. Dies offenbart sich in der großen Bedeutung der Dreizahl für die Struktur, da Alexander drei Orakelsprüche erhält (und auch 300 Leute mitnehmen darf). D e m Priester kann im Hinblick auf den wunderbaren Bereich um die Orakelbäume die Funktion eines Wächters zugesprochen werden, eine nach Propp für das Märchen charakteristische Funktion. 1 1 1 Auch die wunderbare Funktion eines oder mehrerer Bäume kommt häufig im Märchen vor. Für alle diese Elemente einer märchenhaften Stilisierung ist im übrigen ihre Parallele zu Elementen der Blumenmädchenepisode als ein weiterer Beweis ihrer «Märchenhaftigkeit» anzusehen. Auch dort hat die Dreizahl (dreitägiger Aufenthalt) eine entscheidende Funktion, es gibt Wächter des Bereichs in Gestalt der Automaten, und die pflanzliche Natur der Blumenmädchen spielt wie auch ein Gartenaus Obstbäumen eine Rolle. In beiden Episoden gibt es Helfer in der Gestalt von Führern, die Alexander und seine Leute zum wunderbaren Bereich führen, und hier wie dort ist die Verknüpfung des wunderbaren Phänomens mit dem Tag- und Nachtrhythmus, der auch anderswo im wunderbaren Raum wirkt, 1 1 2 von Bedeutung, so daß ähnliche märchenhafte Gesetzmäßigkeiten in beiden Bereichen zu herrschen scheinen. Zudem erinnert die Kombination aus heidnischer und märchenhafter Stilisierung in der Baumorakelepisode an die entsprechende Kombination von christlicher und märchenhafter Stilisierung in der Episode um das Vogel-Orakel im Voyage de saint Brendan. Auch dort tritt ein wunderbarer Helfer als Führer der Mönche auf, und der besondere Ort des Orakels wird vor allem von einem Baumbestimmt. Was die stilisierungsunabhängigen, allgemeinen Kennzeichen des Orakels angeht, so treffen einige Merkmale der Träume auch für die Orakel zu: 1 ' 3 1. Die hier untersuchten Orakel weisen wie die untersuchten Träume auf ein zukünftiges Geschehen voraus und können vor einer gefährlichen Schlacht (Roman de Troie, Orakel des Apollin im RA) oder am Anfang eines bestimmten Handlungszusammenhangs im Leben des Helden, hier vor Alexanders Ende bzw. der Zeit nach seinem Tod, stehen. 2. Wie die Erscheinungen und Träume erweisen sich alle hier untersuchten Orakel im Verlauf der Handlung als wahr, auch wenn die Aussage beim Apollin-Orakel im RA verschlüsselt ist. 3. Der Gedanke des G e horsams gegenüber den Göttern spielt wie bei den Träumen und Erscheinungen
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V. cap. 1, passim, zu Propps Untersuchungen. V . cap.3, p. 219, p. 274; p. 280s.; cap.5.3.3.3. V . zur Schnittmenge von Traum und Orakel besonders den auch sonst überzeugenden Artikel von Herold 1935, Sp. 1261s.
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eine wichtige Rolle. Die Handlungsanweisungen, die ein Orakel gibt, werden von den Helden stets befolgt. Im Unterschied zu den Träumen sind die Orakel aber an einen bestimmten Ort, meist an einen Tempel, geknüpft und werden aktiv von den Figuren aufgesucht und zu Rate gezogen. Sie entziehen sich daher nicht wie die Träume jeder Einflußnahme. Vielleicht werden die Orakel auch aus diesem Grund im Gegensatz zu den Träumen und den Zeichen weder vom Erzähler noch von den Figuren als wunderbar dargestellt oder erlebt und rufen auch keine Furcht bei den Figuren hervor. Eine Ausnahme bildet hier Brendan, den das Vogelorakel in Erstaunen versetzt, sowie Alexanders Trauer und Furcht beim Baumorakel, das im übrigen von den Figuren als wunderbar ausgewiesen wird. Diese beiden Episoden fallen auch durch ihre zusätzlich märchenhafte Stilisierung auf und sind durch die Bäume als Sitz des Orakels miteinander verbunden. Die Orakel werden in den untersuchten Texten stets nur christlich (Voyage de saint Brendan) oder nur heidnisch stilisiert, die Möglichkeit einer ambivalenten Stilisierung wie bei den Zeichen oder der Traumstimme vor der Tyrus-Schlacht im RA wird nicht ausgeschöpft. Neben Träumen, Zeichen und Wundern stellen Orakel im Rahmen des religiösen Wunderbaren in den untersuchten Texten eine der möglichen Arten der Vermittlung von Inhalten der transzendenten Macht der heidnischen Götter oder des christlichen Gottes an den Menschen da. Neben dem Gebet ist es die einzige, bei der die Kontaktaufnahme in der Hand des Menschen liegt, wobei beim Orakel eine Antwort garantiert scheint. Die Orakel im RA stehen in ihrer konsequent heidnischen Stilisierung in scharfem Gegensatz zu den christlich stilisierten Zeichen bei der Geburt und beim Tod Alexanders und den ebenfalls im Ansatz christlich stilisierten Zeichen bei seiner Ankunft in Babylon und vor Tyrus. Dieses Nebeneinander von christlicher und heidnischer Stilisierung zieht sich durch den ganzen RA. Obwohl auffällt, daß alle Zeichen, die Alexander betreffen (wie auch die Stimme im Traum), christlich oder ansatzweise christlich stilisiert sind, sind nicht nur die Orakel, die die Sarazenen und die makedonischen Barone nach seinem Tod anrufen, sondern auch das von ihm selbst befragte Baumorakel heidnisch stilisiert. Alexander ist also einerseits durch die christlich stilisierten Zeichen, die ihn betreffen, wesentlich «christlicher» als seine Leute dargestellt, andererseits auch genau wie sie und die Sarazenen den heidnischen Göttern unterworfen, wie das Baumorakel zeigt. Diese Ambivalenz tritt noch genauer zutage, wenn man die heidnisch bzw. christlich stilisierten wunderbaren Orte im RA betrachtet. Auch hier bietet ein Vergleich mit der Darstellung christlicher bzw. heidnischer wunderbarer Orte in zeitgenössischen Texten - abgesehen vom Erkenntnisgewinn bezüglich des Wunderbaren im 12. Jahrhundert - eine wichtige Basis.
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4·4·
Religiöses Wunderbares in Ort und Geschehen
Im Voyage de saint Brendan, den antiken Romanen und auch im RA gibt es Episoden, in denen der Held und die Figuren unvermittelt mit wunderbarem G e schehen außerhalb der bisher untersuchten Träume, Orakel, Visionen, Wunder und Zeichen konfrontiert werden, wobei dies Geschehen aber ebenfalls erkennbar durch eine göttliche Macht verursacht wird. In den meisten Fällen ist es zusätzlich an einen bestimmten Bereich gebunden, in dem sich die Macht der heidnischen Götter bzw. des christlichen Gottes in besonderer Weise manifestiert. Diese Ausprägung des religiösen Wunderbaren erweist sich somit als komplexer als die bisher untersuchten Phänomene und bietet durchaus auch Raum für Elemente des Wunders und des Zeichens sowie die Möglichkeit unterschiedlicher Stilisierungen. Im folgenden sind zu einigen diesbezüglich interessierenden Motivbereichen Episoden aus dem Voyage und den antiken Romanen ausgewählt und zu entsprechenden Episoden des RA in Beziehung gesetzt.
4.4.1.
Zeremonien gegen die Bedrohung durch das von den Göttern verursachte Wunderbare
4.4.1.1.
Der Tod des Amph'iaras im Roman de Thebes
Für die Partei der Griechen und ihre Position im Geschehen des Roman de Thebes spielt die Figur ihres geistlichen Führers, des «arcevesque» Amph'iaras (5029), 114 eine große Rolle. Er hat eine einflußreiche Position, die sich vor allem aus seiner engen Beziehung zu den griechischen Göttern begründet. Diese findet ihren Ausdruck vor allem in der Beschreibung seines von Vulcan hergestellten Wagens, auf dem Jupiter, Mars, Athene und andere nicht mit Namen genannte Götter in ihrem Kampf gegen die Giganten abgebildet sind. 115 Außerdem steht er durch die Fähigkeit, durch Augurien und andere Rituale Vorhersagen über die Zukunft und die Pläne der Götter zu machen, in engem Kontakt zum Bereich dieser heidnischen Götter. Diese Fähigkeit ist es auch, die ihm die Voraussicht des kurz bevorstehenden eigenen Todes erlaubt. Während der entscheidenden Belagerung Thebens durch die Griechen unter der Führung von Adrastus und Pollinices erfolgt in diesem Zusammenhang die Fokussierung der Darstellung auf das Schicksal des Amph'iaras durch eine A b f o l g e der eben genannten Episoden. Zunächst werden der Wagen des Amph'iaras (v.o.), seine Heldentaten im Kampf (5017-5030) und seine kostbare Ausrüstung (5031-5052) beschrieben. Dadurch wird er zugleich als Held und als Mensch mit einer besonderen Bezie-
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V . auch Roman de Thebes, ed. Raynaud de Lage 1966/ 1968, 2055-2062, für die Beschreibung der Figur. Die Bezeichnung «arcevesque» (auch in 2300 u.ö.) ist keinesfalls als Ausdruck einer christlichen Stilisierung zu bewerten, v. Schöning 1991, p. 222s., sondern soll das heidnische Phänomen des antiken Geschehenshorizonts verstehbar in den Berichtshorizont übertragen. Cf. zu dieser Episode auch Poirion 1982, P . 3 7 S . V . Roman de Thebes, ed. Raynaud de Lage 1966/1968,4951-5016; cf. dazu cap. 2, p. 103.
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hung zu den heidnischen Göttern dargestellt. Dann wird von dem Tag berichtet, für den er seinen Tod vorausgesehen hat: «Ampharias sot bien par sort/ que celui jor recevroit mort,/ par argures sot Ii guerriers/ que c'estoit son jour derreniers.» (Roman de Thebes, ed. Raynaud de Lage 1966/1968,
5053-5056)
In Anbetracht seines Wissens leistet Amph'i'aras noch besonders aufsehenerregende Taten in der Schlacht und schickt viele seiner Gegner in die Hölle: «Qanque il treuve en mi sa voie/ en enfer avant soi envoie.» (5061s.) Dennoch kann er seinen eigenen spektakulären Tod nicht aufhalten: «car il morut en tel maniere/ que sa mort fu orrible et fiere,/ car tout en droit eure de nonne/ la terre croule et Ii ciex tonne,/ et si com Diex l'ot destine,/ et il l'ot dit et devine,/ terre le sorbist sanz ahan/ com fist Abyron et Dathan./ Cil qui cele merveille virent/ s'espoenterent et fouirent,/ mout fouirent a grant desroi/ car chascuns ot poour de soi.» (Roman de Thebes, ed. Raynaud de Lage 1966/ 1968, 5069-5080)
Das Geschehen wird vom Erzähler als merveille bezeichnet, zugleich aber auch von den Figuren, die es wahrnehmen, als ein solches empfunden. Ihre angstvolle Reaktion und die Flucht vom Ort des wunderbaren Geschehens beweisen dies. Auffällig ist, daß im Gegensatz zur heidnischen Stilisierung der fast unmittelbar vorhergehenden Stelle hier eine christliche Stilisierung durch den im Singular verwendeten Begriff «Diex» angedeutet wird. Diese wird verstärkt durch das meteorologische Wunderbare, das mit dem Tod des Amph'iaras einhergeht. Das Erdbeben, der Donner und die präzise Angabe der neunten Stunde als Todesstunde erinnern an die im Rahmen des natürlichen Wunderbaren besprochenen Schilderungen von Christi Tod in der Bibel (Matth. 27,45-51) sowie daran angelehnt von Rolands Tod im Rolandslied und später an Alexanders Tod im RA.116 Vor allem das biblische Beispiel von Abiron und Dathan, die nach ihrem Aufbegehren gegen Moses mit ihren Familien ebenfalls bei lebendigem Leibe von der Erde verschlungen wurden, 117 verstärkt die christliche Stilisierung entscheidend. Dieses biblische Beispiel für die Versetzung von Moses' Gegnern in die Hölle findet im Zusammenhang mit dem Verbleib dreier Mönche in der Hölle im übrigen auch im Voyage de saint Brendan Verwendung," 8 so daß dieser Text so vielleicht als Bezugstext für den Roman de Thebes identifiziert werden kann. Daß die Erde Amph'iaras verschlingt - der Zusatz von «La tere oevre et si l'englot/ Ens en abisme a val trestot» in den Handschriften Α und P " 9 veranschaulicht das Gesche116 117
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V. cap. 3, p. 197s. V. dazu den Kommentar von Mora-Lebrun: Roman de Thebes, Ms. S, ed. Mora-Lebrun
1995, P· 353· V. Benedeit, Voyage de saint Brendan, ed. Waters 1928, 199-202 (Brendan spricht vor der Abfahrt): « Sowohl der Voyage als auch der Roman de Thebes beziehen sich auf 4. Mose 16. Cf. zum Voyage auch Benedeit, Voyage de saint Brendan, ed. Ruhe 1977, p. 22s. V. Roman de Thebes, ed. Constans 1890, vol. II, p. 179, nach Ο 4836, d.h. entsprechend der Ausgabe von Raynaud de Lage nach 5074, eingeschoben.
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hen - , bedeutet einen besonders grausamen Tod, eine «mort orrible et fiere», und verweist auf den Verbleib in der Unterwelt, wobei sich die Schilderung von Amphiaras' Aufenthalt in der heidnischen Hölle tatsächlich im Text der Handschrift S findet (v.u.). Die Figuren sehen das von Gott verursachte Geschehen ganz offensichtlich als unheilverkündendes wunderbares Zeichen an und fürchten, daß auch sie das Schicksal ihres geistlichen Führers ereilen könnte. Dieses Element verweist auf ähnliche Reaktionen auf christlich stilisierte Zeichen, wie sie später beispielsweise im Kreuzzugsepos (v.o.) zu finden sind. Der Reaktion der Figuren steht zunächst die Reaktion Adrastes gegenüber, der das gemeldete Geschehen zunächst nicht für wahr hält (5093-5110), sondern es dem ersten Boten gegenüber als «songe» abtut: « (5104) Hier stehen wie in einigen Darstellungen von Zeichen und Träumen zwei unterschiedliche Reaktionen auf das religiöse Wunderbare einander gegenüber, von denen Adrastes eher der heidnischen Stilisierung angehört. Wie Hector den zeichenhaften Traum Andromaches im späteren Roman de Troie nicht glauben will, während die Träumende selbst die Botschaft der Götter klar erkennt, scheint im Roman de Thebes Adraste die warnende Bedeutung des von Gott verursachten wunderbaren Geschehens nicht zu verstehen, die den anwesenden Soldaten hingegen instinktiv bewußt ist. Insgesamt enthält die ambivalent stilisierte Schilderung des Todes damit Merkmale einer heidnischen Stilisierung, wie sie die Beschreibung des Wagens von Amphiaras noch dominiert hatte, aber auch deutliche Merkmale einer christlichen Stilisierung. Im Unterschied zu den bei den Zeichen und Wundern berücksichtigten Episoden erfolgt in der Episode um den Tod des Amphiaras eine komplexere Funktionalisierung des religiös wunderbaren Geschehens. Das als Zeichen verstandene Geschehen weist nicht primär auf ein weltliches Ereignis wie eine Schlacht, Geburt oder Tod des Helden oder seinen Lebensweg hin, sondern zeigt vor allem ein im Kern religiöses Problem in der dargestellten Gemeinschaft an. Dies wird aus den auf den Tod folgenden Ereignissen deutlich. Zunächst berichtet der Erzähler von der Trauer der Figuren (5121-5154), die mit einer nach wie vor bestehenden Angst vor einem ähnlichen Schicksal einhergeht: «Plus craiment il assez la terre/ que il ne font leur autre guerre.» (5149s.) Das Zeichen wird von den Thebanern als Warnung Gottes an die Griechen gedeutet (5155-5184), daß diese der Eroberung von Theben nicht würdig seien: « (Roman de Thebes, ed. Raynaud de Lage 1966/1968, 5329-5336)
Die Reihung der Termini «pechiez», «venjance», «penitance» und «misericorde» zeugt von dem großen praktischen und theoretischen Wissen des Eremiten über die korrekte Vorgehensweise zur Vergebung von Sünden durch Buße. Die nahezu wissenschaftliche Stilisierung des Verfahrens erinnert dabei an entsprechende Äußerungen des Eremiten Ogrin in Berols Tristan. Amph'iaras' Tod wird vom Eremiten in der Fassung der Handschrift C (ed. Raynaud de Lage) als Strafe für das griechische Volk, nicht als Strafe für eigene Vergehen des «archevesque» in-
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Z u dieser für diesen Abschnitt grundlegenden These cf. Rousset 1956, P.36S., der das Wunderbare ebenfalls grundsätzlich im Rahmen eines Dialogs von Gott und Mensch funktionalisiert sieht und für diese Sichtweise auch mittelalterliche Quellen anführt. V . so auch Payen 1970, p. 507-509, zur christlichen Stilisierung der Epiosde, aber auch zur Widersprüchlichkeit der Stilisierung. Cf. auch Grout 1977, p. 25-29, zur Ambiguität der Episode, deren christliche Stilisierung aber auch nach Grouts Ansicht dominiert.
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terpretiert. Diese Auffassung findet sich in allen übrigen Handschriften 1 2 2 mit Ausnahme der Handschrift S (v.u.). Auf den Vorschlag des Eremiten, der sich dadurch als ein übergeordneter religiöser Führer erweist, der das religiös wunderbare Geschehen deuten kann, wird aus zwei möglichen Kandidaten Theodomas als Nachfolger des Amph'iaras gewählt. Dieser führt tatsächlich eine Zeremonie durch, die Elemente der vom Eremiten vorgeschlagenen Bußzeremonie aufweist und zur Schließung der Erdspalte führt: «Quant fu sacrez, toz les aüne,/ trois jours leur fist faire jeüne./ A u tierz jour apres eure nonne,/ (ot vestu unne noire gönne/ et empres sa char unne haire),/ procession conmande a faire./ Li Grieu par grant devocion/ firent cele procession;/ puis s'agenoullent a la terre,/ proieres font por merci querre,/ et Ii solsis sempres reclost» (Roman de Thebes, ed. Raynaud de Lage 1966/1968, 5379-5389).
Die Zeremonie umfaßt ein dreitägiges Fasten, das Tragen von Bußgewändern, eine Prozession zur Erdspalte und dort ausgeführte Gebete des Heeres, woraufhin sich die Erdspalte sofort schließt. In der Handschrift Ο ist diese Schließung zusätzlich von Donner und einem Erdbeben begleitet (5161s.) und wird vom Erzähler als «demostreison» Gottes (5160) bezeichnet. Die vom Eremiten genannten Almosen, die Beichte und das Opfer an der Erdspalte werden allerdings in keiner Version durchgeführt. 123 Insgesamt liegt -gerade durch das fehlende Opfer an der Erdspalte - eine durchweg christliche Stilisierung der Zeremonie vor. Sofort nach der Schließung der Erdspalte kehren die Ritter ins Lager zurück, bewaffnen sich und ziehen voller Freude in den Kampf gegen Theben (Handschrift c , 5390-5394)·
Dieser übergangslose Umschwung auf die Kampfhandlung in der Erzählung zeigt wiederum die Funktionalisierung der Episode. Mit Hilfe der Zeremonie ist das gestörte Verhältnis zwischen Gott und den Figuren wieder ins Gleichgewicht gekommen. Die Rücknahme des wunderbaren Zeichens ist von seiten der Gottheit der Ausdruck zugleich des wiedergewonnenen Gleichgewichts und der funktionierenden Kommunikation zwischen Gott und Mensch. Im Verlauf der Episode um den Tod des Amph'iaras verlagert der Erzähler den Blickpunkt von der weitgehend heidnisch stilisierten Figur also auf die Gemeinschaft und ihr Verhältnis zur göttlichen Macht, wobei eine zunehmend christliche Stilisierung des religiösen Wunderbaren erfolgt. Insgesamt liegt damit eine ambivalent stilisierte Episode vor. Anders als bei den einfachen Zeichen, die zuvor untersucht wurden, ist das wunderbare Geschehen in dieser Episode an einen bestimmten Ort gebunden, an dem die göttliche Macht sich manifestiert und der zugleich auch die Möglichkeit zur Kommunikation zwischen Gott und den Figuren bietet.
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Cf. Roman de Thibes, ed. Constans 1890 (Handschrift O), 5093-5108; dazu gibt es keine Einschübe in den Handschriften Α und P. In der Handschrift Ο (ed. Constans 1890), 5155, ist als weiteres Detail erwähnt, daß auch das Heer nackten Fußes und im Bußgewand die Prozession antritt. 38I
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Die Überschreitung der Grenzpfeiler von Artus und Liber im Roman d'Alexandre
Auch im RA ist in manchen Bereichen des wunderbaren Raums die Präsenz bestimmter Götter an den Bereich und darin an genau auszumachende Orte geknüpft. Ganz besonders gilt dies für den von Artus und Liber beherrschten wunderbaren Bereich, in den Alexander und seine Leute bei ihrer Erkundung des wunderbaren Raums immer wieder gelangen. 124 In diesem Bereich zeigt zum einen - wie im vorigen Kapitel dargelegt - das Auftreten von meteorologischemWunderbaren und von wunderbarer Fauna die Präsenz einer göttlichen Macht, wobei diese stellenweise von Alexander und seinen Leuten namentlich mit den Figuren Artus und Liber, an einer Stelle auch mit Herkules, in Verbindung gebracht wird. 125 Zum anderen findet der Typus des religiösen Wunderbaren hier Verwendung. Nach einem kurzen Ausflug in die Wüste in ihrer Eigenschaft als Grenzbereich zum wunderbaren Raum (III 18)126 und einer ersten längeren Exkursion mit den verräterischen Führern durch diesen wunderbaren Bereich (III 57-85) brechen Alexander und seine Leute nach ihrem Sieg über Porrus unter dessen Ägide zum zweiten Mal in den wunderbaren Raum auf (III 139). Während zuvor ausschließlich das natürliche Wunderbare in der Gestalt von Monstern und topographischem Wunderbaren den wunderbaren Raum bestimmte (v.o.), rückt bei der zweiten längeren Exkursion neben dem märchenhaften Wunderbaren (v.o.) auch das religiöse Wunderbare in den Vordergrund. Beide Typen des Wunderbaren finden sich, was den wunderbaren Raum angeht, nur in diesem Bereich. Als Zeichen für die Dominanz des religiösen Wunderbaren in dem bei der zweiten Exkursion durchschrittenen wunderbaren Bereich ist vor allem die erste wunderbare Episode um die von Artus und Liber aufgestellten Grenzpfeiler in diesem Bereich anzusehen. Diese Episode war sicher schon Teil von Lamberts Alexandre en Orient, da sie in Handschrift A (201,2454-208,2571) und auch in Handschrift Β (324,5282-331, 54o8) vorliegt. Hier soll wie auch sonst die Version des Alexandre de Paris untersucht werden, die der Version in Handschrift Β viel ähnlicher als der in A ist,127 aber auch eigene Akzente setzt.
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126 127
V . hierzu die Übersicht über die wunderbaren Episoden im Anhang sowie die Bemerkungen in cap.3.2.2., p. 206-210, und cap.5, p. 5 1 9 - 5 2 2 . V . hierzu die in cap. 3 besprochenen Stellen; 3.2.2., p. 206s.; 3·3·4·3·3·, p. 2 8 3 - 2 8 8 u. cf. u. im Text. Artus und Liber begegnen in III 1 7 9 , 3 1 1 3 s . ; III 1 8 6 , 3 2 2 2 (v.u.), Hercules und Liber in III 1 8 1 , 3 1 5 9 . V . zu entsprechenden Stellen in anderen Handschriften, vor allem in Α , Β und L , Sasaki 1996, passim sowie cap. 3, η. 33. Gaullier-Bougassas 1998a, p. 4 3 4 - 4 3 6 , geht ohne nähere Begründung stets von der Figur des Herkules in der Kombination mit Liber aus, aus deren Präsenz sie weitreichende Interpretationen ableitet. Ebenso Dubost 1 9 9 1 ^ . 2 7 1 . V . zu dieser Episode cap. 3.3.4.1.3. So finden sich bei Alexandre de Paris beispielsweise die Verse Β 3 2 5 , 5 3 0 0 ; Β 3 2 6 , 5 3 1 4 ;
Β 327. 5345, 5348. 3 82
Ein einheimischer Führer aus der Wüste führt Alexander und seine Leute direkt zu den «bonnes Artu», den Grenzpfeilern des Artus: «D'un home des desers font lor adreceor,/ Si q'as bonnes Artu vinrent au sesme jor./ Qant li rois vit les bonnes, molt fu joians et lies,/ Deus ymages d'or vit, dont molt s'est mervellies.» ( R A III 139, 2336-140, 2339)
Die Grenzpfeiler bestehen aus zwei goldenen Statuen, die auf die beiden goldenen Automaten auf der Brücke vor dem Blumenmädchenwald vorausweisen, und lösen bei Alexander große Freude und Verwunderung aus. Hier ist ein wichtiger Ort nicht nur im wunderbaren Bereich, sondern in der gesamten Topographie des RA erreicht. Der Wunsch des Helden, die «bonnes Artu» zu erreichen, zieht sich leitmotivisch nicht nur durch die dritte Branche, sondern wird bereits in der ersten Branche vom Erzähler erwähnt. Im Prolog erklärt er, daß Alexander bis zu den «bonnes Artu» vorgerückt sei: «Jusqu'aus bonnes Artu fu s'enseigne portee» (I 3, 128). Auch im Binnenprolog der dritten Branche werden sie als Thema der Erzählung erneut genannt: «Et des bonnes Artu qu'il cercha et enquist» (III 1, 5). 128 Hier wird zudem der Aspekt der Suche nach diesen Grenzpfeilern hervorgehoben. Diese Suche scheint auch das ausschlaggebende Moment für den zweiten Aufbruch in den wunderbaren Raum der Wüste unter Porrus' Leitung zu sein, da der Erzähler über Alexanders Motivation sagt: «Es desers veut entrer, car molt les veut cerchier,/ Car veoir veut les bonnes, se il n'a encombrier,/ Que Artus avoit fait en Oriant fichier.» (III 123, 2146-2148) 129 Obwohl die Zeltbeschreibung in der ersten Branche des RA die Vita des Herkules auf einer Innenwand von Alexanders Zelt enthält und dort auch von den «bornes», die Herkules im Orient aufstellte, die Rede ist, 130 könnte dies eher durch eine Referenz an den Roman de Troie bedingt sein, von dessen Stoff im Umfeld der Herkules-Vita in der Zeltbeschreibung berichtet wird. 13 ' Mit einer Ausnahme 132 wird im RA Herkules in der Verbindung mit Liber stets durch die Figur des Artus ersetzt. In der Zuweisung der «bonnes» an Artus wird diese Ersetzung sogar konsequent vorgenommen. 133 Dies spricht dafür, daß der RA und die Taten seines Helden Alexander durch diese - inhaltlich eigentlich nicht plausible (v.u.) und nirgendwo in der Tradition belegte - Anspielung von Alexandre de Paris auf den Artusstoff explizit an der Figur des Artus und den Helden aus seinem Umkreis gemessen werden sollten. Dabei geht es vielleicht nicht nur um einen direkten Vergleich der Figuren und ihrer Taten, sondern um eine literarische Rivalität, da 128 129 130
131 132 133
V. zu dieser Stelle in den verschiedenen Handschriften Sasaki 1996, p.4S., p. 12s., p. 17. V. zu dieser Stelle in den verschiedenen Handschriften Sasaki 1996, p. 15. V. RA 197,2043s.: «Puis conquist il [i.e. Hercules] la terre desci en Orient,/ Iluec mist il ses bornes voiant toute sa gent.» Cf. dazu auch cap. 2.2.5., Ρ· m s . , sowie Sasaki 1996, p. 10 zu Handschrift Β. V. dazu Sasaki 1996, p. 6. V. η. ΐ25· Von einer an allen Belegstellen notwendigen Emendation zu «Arcu» und damit zu «Herkules», wie in der Forschung oft gefordert, wird daher zu Unrecht ausgegangen; cf. so Roman d'Alexandre, ed. Harf-Lancner 1994, p.444.
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die Figur des Artus sich zur Abfassungszeit des RA in der Version des Alexandre de Paris einer wesentlich größeren literarischen Bekannt- und Beliebtheit erfreute als die des Herkules. Dies ist bedingt durch die 1185 bereits vollständig vorliegenden Romane Chretiens. In ihnen bildet die Figur des Artus das referentielle Zentrum eines Hofes, von dem die einzelnen Helden ausziehen und so mit dem Wunderbaren in Kontakt geraten. 134 Im RA geht es Alexander nicht nur darum, die «bonnes Artu» zu finden, sondern, wie der weitere Verlauf des Textes zeigt, auch darum, sie zu überschreiten und in den Bereich jenseits der Grenzpfeiler vorzudringen. Damit begäbe sich der Held willentlich in den vom antiken Gott Liber und von Artus geprägten Bereich. Daß dieser Handlung eine besondere Bedeutung zukäme, zeigt der Text, indem der etwaigen Handlung, sofort nachdem Alexander die Statuen erblickt hat (III 140,2338s.), eine lange Rede des Porrus vorangestellt wird (III 140,2340141, 2361). Daß Porrus von den «bonnes Artu» weiß und ihren Ort kennt, wird nicht nur daraus deutlich, daß Alexander nur unter Porrus' Führung die «bonnes» überhaupt erreichen kann, sondern auch in einer früheren Textpassage wird Porrus' Herrschaft über das Gebiet bis zu den «bonnes Artu» erwähnt. 135 Der indische König warnt Alexander vor der Überschreitung der Grenzpfeiler, wobei er verschiedene Argumente miteinander kombiniert. Zum einen führt er natürliche Widrigkeiten an, die Alexander jenseits der Grenzpfeiler erwarten. Diese bestehen einerseits in durch Erosion und Sonneneinstrahlung entstandenen Erdhöhlen (140, 2344-2346), andererseits in einem Fluß mit tiefem Flußbett und seitlichen Ausläufern (140,2347s.) - die sich später als Sümpfe entpuppen und zudem in der recht verschlüsselt angedeuteten Präsenz von Monstern, die die Griechen aufzufressen drohen (140, 2352: «» (III 142, 2380-2382). Alexander handelt hier entgegen Porrus' Ratschlägen und verhöhnt die Götter, die sich von natürlichen Widrigkeiten am Weiterziehen hindern ließen. Damit macht er sich der Hybris' 3 9 schuldig und verhält sich nicht dem religiös bedeutsamen Ort entsprechend. Wie Porrus warnend dargelegt hatte, ist im wunderbaren Bereich jenseits der Grenzpfeiler jedoch nicht nur die Topographie aus Sumpf, tiefem Wasser und Erdspalten 140 gefährlich, sondern es greifen auch wilde, ja sogar wunderbare Tiere an. Dies geschieht so, daß Alexander seinen Triumph nicht mit seinen Leuten beim Abendessen feiern kann, da er sich sofort nach der Überschreitung gegen angreifende Elefanten, die «mervelles des desers» (III 143, 2391), wehren muß. 141 Der Bereich jenseits der Grenzpfeiler scheint also eine erste «Strafe» für den Tabubruch der Überschreitung bereitzuhalten. A l s dieser Kampf trotz Verlusten erfolgreich abgewickelt ist, ist Alexander den erneuten warnenden Bitten des Porrus gegenüber zugänglicher. Dieser weist nochmals auf die topographischen Hindernisse des Bereichs hin, so auf das Farnkraut, in dem sich die Soldaten verlieren könnten (III 144, 2417) und auf den Sumpf (2418-2421). Insgesamt kennzeichnet er den Bereich folgendermaßen: « (III 144,2412-2415) Hier verwendet Porrus erneut das Motiv vom «Land ohne Wiederkehr», wobei es sich an dieser Stelle, wenn auch in der Formulierung noch abgeschwächt, bereits in A (205, 2517s.) und ganz ähnlich in Β (328,535is.) findet. O b von diesen Warnungen oder den Erfahrungen mit Fluß, Sumpf und Elefanten überzeugt, gibt Alexander nun nach und ist zur Umkehr bereit. A m nächsten Tag führen er und Porrus sogar eine religiöse Zeremonie an den Grenzpfeilern durch: «Arriere s'en retornent eil d'Ynde et Ii Grigois;/ Tres devant les ymages s'est arestes Ii rois./ Por ee q'a eel jor fu la kaiende du mois,/ Porrus et Alixandres sacrefient manois,/ Et ot al sacrefice vaches soissante et trois./ Les laus du sacrefice chanterent en yndois,/ Qui ierent revestu, doi chapelain cortois./ Qant ont de la kaiende celebree la feste,/ La devise du mois lor a n o ^ a Ii prestre./ Puis s'en tornent ariere devers Ynde a senestre» (RA III 145, 2426-146, 2435).
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So auch Di Febo 1997, p. 27, p. 29s., p. 34, die von einem Fall von Hybris und Bestrafung der unerlaubten Eroberung ausgeht. In Richtung Hybris argumentiert für die hier untersuchte Episode auch Dubost 1991, p.281. Dieses Moment der Topographie fehlt in Α ganz (v. A 201) und wird auch in Β 324, 5288s., anders dargestellt, so daß es nicht verwunderlich ist, wenn es im Verlauf der Episode keine Rolle im Rahmen der Handlung spielt. V . zu dieser Auseinandersetzung mit den Elefanten und den folgenden Auseinandersetzungen mit einer «beste diverse» (III 146) und den Liotifal (III 147) cap.3.3.4.3.3.
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Neben antik-heidnischen Elementen wie dem Opfer von Kühen und der Datumsangabe der «kaiende», birgt die Zeremonie auch Elemente in sich, die im Ansatz christlich, zumindest aber nicht eindeutig heidnisch stilisiert sind. Dies sind die «laus du sacrefice», 142 die an ein liturgisches Element des christlichen Gottesdienstes erinnern, und die «doi chapelain cortois», höfische Kaplane, die eine Mischung aus christlichen und höfischen Würdenträgern darstellen. Die heidnische Stilisierung ist von Alexandre de Paris zudem auch dadurch abgeschwächt, daß der Vers «Vout faire sacrefice a for de celes leis» (B 329, 5365; so auch A 206, 2530), der dem Unterschied von Geschehens- und Berichtshorizont Rechnung trägt, in Handschrift G fehlt. Hier liegt also eine religiöse Zeremonie in ambivalenter Stilisierung vor, die an einem von den antiken Göttern beherrschten besonderen Ort stattfindet. Sie soll das bedrohliche und tendenziell wunderbare Geschehen «neutralisieren», dem der Held im Bereich jenseits der Grenzpfeiler ausgesetzt war und auf das Porrus in zwei warnenden Reden hingewiesen hatte. Im Prinzip liegt damit in dieser Episode des RA eine ähnliche Situation vor wie in der Episode um den Tod des Amphi'aras im Roman de Thebes. In beiden Episoden ist eine ambivalente Stilisierung erkennbar, da einerseits die antiken Götter das Geschehen zu verantworten haben und einen bestimmten Ort durch ihre Macht prägen, andererseits aber eine gänzlich (Roman de Thebes) oder im Ansatz (Λ4) christliche Zeremonie die Götter versöhnen soll. Dennoch gibt es trotz motivischer Ähnlichkeiten entscheidende strukturelle Unterschiede zwischen beiden Episoden. Im Roman de Thebes forderte die göttliche Macht durch den wunderbaren Tod des Amphi'aras eine Reaktion der Figuren, die das aus den Fugen geratene Verhältnis zwischen Gottheit und Figuren tatsächlich wieder ins Gleichgewicht zu bringen vermochte. Im RA ist es aber der Held selbst, der gegen den Rat seines Führers Porrus in den von der göttlichen Macht tabuisierten Bereich vordringt und sie zunächst verhöhnt. Der Held fordert also die Götter an einem von ihnen besonders gekennzeichneten Ort heraus.143 Auch wenn er nach ersten bedrohlichen Erfahrungen den tabuisierten Bereich wieder verläßt und doch noch ein besänftigendes Opfer darbringt, spricht alles dafür, daß das Verhältnis zwischen den Göttern und dem Helden durch dessen frevelhaftes Verhalten im RA dauerhaft gestört bleibt. Sofort nach der Umkehr und dem Aufbruch zurück nach Indien werden Alexander und seine Leute, wie im vorigen Kapitel besprochen, von einer «beste diverse» (III 146, 2439-2446) angegriffen, am folgenden Morgen von Liotifal (III 147,2451-2470), die von den Makedonen nicht bezwungen werden können. Bereits das Auftreten dieser Monster kann als Ausdruck des gestörten Verhältnisses zwischen Figuren und Göttern gewertet werden. Alexandre de
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«Laus» findet sich nicht in der (Basis-)Handschrift G , sondern ist von Foulet nach der Lesart von D F A eingesetzt worden, v. M F R A , vol. 6, p. 44. Anders Kozlowski 1983, p. 83s., die davon spricht, daß Herkules Alexander die Prüfungen im von den Göttern beherrschten Bereich auferlegt, während andere Prüfungen vom Helden selbst gewählt seien.
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Paris ändert aber außerdem die Abfolge der Handlung, wie sie in Handschrift A und Β und daher wahrscheinlich auch in Lamberts Vorlage geschildert wird. Dort folgt auf die Episode um die Grenzpfeiler das Zusammentreffen mit den Wasserfrauen, also eine Episode mit märchenhaftem Wunderbaren. In der Version von Alexandre de Paris bildet der Angriff der Liotifal hingegen den direkten Übergang 1 4 4 zur Episode um Alexanders Aufenthalt im «Val perilleus». Damit wird hier eine Episode angeschlossen, die den Helden ebenso wie die Episode um die Grenzpfeiler in den Kontakt mit religiösem Wunderbaren treten läßt, das ebenso ambivalent sowohl heidnisch-antik als auch christlich stilisiert wird (v.u.). Gerade vor dem Hintergrund des Roman de Thebes tritt also die problematisierende Auffassung des Verhältnisses zwischen Figuren, Held und Göttern, die das religiöse Wunderbare in der Episode um die «bonnes Artu» im RA zum Ausdruck bringt, bereits deutlich zutage.
4.4.2.
Heidnische und christliche Hölle im Voyage de saint Brendan, der Handschrift S des Roman de Thebes, dem Roman d'Eneas und der «Val perilleus»-Episode im Roman d'Alexandre
In den drei erstgenannten Werken, die hier untersucht werden sollen, gibt es einen oder mehrere gefährliche religiös wunderbare Bereiche, die alle als «Hölle» bezeichnet werden, sich aber sowohl durch divergente als auch durch übereinstimmende Merkmale auszeichnen. Vor dem Hintergrund dieser Episoden soll die «Val perilleus»-Episode im RA betrachtet und beurteilt werden, wobei der «Val» zwar nicht explizit als «Hölle» bezeichnet wird, die Episode aber interessante motivische Ähnlichkeiten und Abweichungen zeigt.
4.4.2.1.
Die zwei Höllen im Voyage de saint Brendan
Im siebten und letzten Jahr ihrer Reise zum Paradies liegt nicht nur die Paradiesschau und damit ihr Ziel vor Brendan und seinen Mönchen. Bevor sie das Paradies schauen können, müssen sie in drei aufeinanderfolgenden Episoden die Hölle schauen. In jeder Episode wird dabei ein anderer Aspekt der Hölle offenbart, wobei eigentlich zwei Höllen oder zumindest eine zweigeteilte Hölle den Reisenden offenbart wird. Mit 404 Versen (1107-1510) macht die Höllenbeschreibung einen nicht unerheblichen Teil von Benedeits Voyage de saint Brendan aus und ist mehr als doppelt so lang wie die eigentliche Paradiesbeschreibung, die nur 168 Verse (1641-1808) umfaßt. Schon diese Beobachtung läßt darauf schließen, daß der Hölle im Text eine wichtige, eigene Bedeutung zukommt und daß sie keinesfalls nur als eine Art «Gegenbereich» der Paradiesschau vorgeschaltet ist. Letztlich müssen Brendan und die Mönche die zahlreichen Prüfungen und Mühen ihrer Reise in der Logik des Texts auch erdulden, um die Hölle zu schauen, denn zum einen sehen sie die Hölle erst kurz vor dem Paradies - zwi144
In III 148, 2472, wird mit «icele gent» auf die Liotifal verwiesen.
388
sehen beiden Bereichen gelangen sie nur noch zum Berg des Eremiten Paulus und ein letztes Mal zu ihrem «guten Gastgeber» ( 1 5 1 1 - 1 6 4 0 ) - , zum anderen wird im Text unmittelbar vor der ersten Höllenepisode noch einmal auf die Mühen der Mönche und ihre lange Reise hingewiesen. 145 Die Hölle ist jedoch kein von den Mönchen willentlich angesteuerter Bereich, sondern im Gegenteil ein Bereich, von dem zwar sie wissen und den Brendan ursprünglich auch erreichen wollte, 146 den sie jedoch bei konkretem Ansehen lieber meiden wollen: «Apparut lur terre truble,/ De neir calin e d'enuble;/ De flaistre fum ert fumante,/ De caruine plus puante;/ De grant ner (5570-5573) 157 Ein aus der Wahl des Motivs bedingtes Merkmal, das aus anderen Höllenbeschreibungen bekannt ist (eine Figur bleibt in der Hölle, dies gilt nur für Verdammte), steht dem Inhalt und der Stilisierung der übergeordneten Episode entgegen. Diese Abweichung spricht entweder für eine spätere Interpolation der Höllenbeschreibung oder für eine Duldung widersprüchlicher Elemente, die durch zwei unterschiedliche Episoden zum religiösen Wunderbaren bedingt sind. 4.4.2.3.
«Enfer» und «chans Elisiens» im Roman d'Eneas
Die Darstellung der Hölle im Roman d'Eneas baut zum einen auf Elementen auf, die bereits in der Beschreibung der Hölle in der Handschrift S des Roman de Thebes sowie stilisierungsübergreifend auch im Voyage de saint Brendan eine Rolle spielten, zum anderen erweist sie sich als deutlich komplexer als die zuvor untersuchten Beispiele. 158 Entscheidend ist vor allem, daß die Episode um Eneas' Gang in die Hölle im Roman ά'Εηέας weder eine akzessorisch hinzugefügte Episode wie in der Handschrift S des Roman de Thebes noch ein dem Paradies 157
158
Zum Gedanken der kollektiven Schuld, der hier zum Ausdruck kommt, cf. auch Payeni970, p.510. Cf. zu dieser Episode grundlegend Thiel 1968, ρ. 1 1 0 - 2 1 9 , der allerdings stets von einem Vergleich mit Vergils Aeneis ausgeht.
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als dem eigentlichen Ziel vorgeschaltetes Hindernis wie im Voyage de saint Brendan darstellt. Die Höllenschau ist im Roman d'Ewas vielmehr ein nicht aus der Handlung wegzudenkender Bestandteil, da Eneas nur in der Hölle die zukünftigen Geschlechter schauen kann, die aus dem seinen entspringen, wodurch der weltgeschichtliche Sinn seiner von den Göttern gewollten Mission sich ihm vollends enthüllt. Eneas wird zur Beschreitung der Hölle von seinem Vater Anchises in einer A r t Traum aufgefordert (v.o.). Bereits Anchises unterscheidet zwei verschiedene Bereiche der Hölle, und zwar die Elysischen Felder («chans as buens»; 2193; «Eliss'iens chans»; 2195; «Ii convers as buens homes»; 2197), wo er sich mit den «guten Menschen» aufhält, und «Ii lez enfers» (2194), also die «häßliche Hölle». Außerdem gibt Anchises genaue Anweisungen, wie Eneas die Hölle überhaupt erreichen kann. Er brauche dazu Sibilla, die Seherin von Cumae (2201), eine «sage prestresse» (2202), als Führerin und müsse vor dem Höllenkönig, dem «enfernal roi» (2211), ein Opfer darbringen. Dann könne Sibilla Eneas zu ihm, Anchises, führen. Diese Darstellung vermittelt bereits den Eindruck, daß zum einen der häßliche Bereich der Hölle durchschritten werden muß, bevor Anchises und die Elysischen Felder erreicht werden können, und daß es zum anderen für Eneas schwierig ist, überhaupt in den Bereich der Hölle zu gelangen, wenn er nicht eine besondere Führerin hat und bestimmte Regeln des Bereichs wie das Opfer beachtet. Diese Beobachtungen bestätigen sich in der Darstellung der tatsächlichen Höllenschau des Eneas. Dieser sucht Sibilla auf und bittet sie, ihn in die Hölle zu geleiten (2253-2288), wobei er die Autorität der Götter ins Feld führt, auf deren Geheiß er die Hölle und seinen Vater besuchen solle (2275-2280). Eneas gibt in seiner Rede zu erkennen, daß ihm die Schwierigkeit, die Hölle zu besuchen und als Sterblicher auch aus dem wunderbaren Bereich zurückzukehren, durchaus bewußt ist, da er Orpheus, Herkules und Theseus als Beispiele für eine solche Rückkehr anführt (2283-2286). Auch Sibilla bestätigt diese: «, fait el, (RA III 153, 2588-2593).
Die Barone haben also ihr Leben für Alexander aufs Spiel gesetzt, und umgekehrt wird er dies jetzt für sie tun. Dabei spielt auch die praktische Erwägung eines Lehnsherrn, der Tod eines Mannes sei besser als der aller, eine Rolle. Alexanders Opfer wird als gerechte Entlohnung («guerredon») für das gute Verhalten seiner Männer dargestellt. Dieses Argument kann im Rahmen einer lehnsrechtlichen Beziehung als Teil einer epischen Stilisierung gewertet werden, ebenso als Teil einer christlichen Stilisierung, da Christus für die Menschen trotz ihres sündigen, nicht etwa wegen ihres untadligen Verhaltens starb. Insgesamt überlagern sich an dieser Stelle der «Val perilleus»-Episode aber wie in der «chanson de geste» epische und christliche Stilisierung, wobei dieses erzähltechnische Verfahren dadurch noch raffinierter wirkt, daß es sich um einen antiken, nicht um einen christlichen Helden handelt. Die zwölf Pairs protestieren wütend gegen Alexanders Entscheidung (25952598), und besonders Emenidus trauert und hält in einer langen Rede eine Rückschau auf Alexanders bisherige Heldentaten (III 154,2605-155,2651). Abschließend bezeichnet er Alexanders geplantes Verhalten als wunderbar: «» (2648s.) und bietet an, selbst oder mit Alexander zusammen im Tal zu bleiben. Dies lehnt Alexander jedoch kategorisch ab (2652-2663). Hier verlagert sich das Wunderbare vom Bereich selbst, seiner Topographie und seinen Gesetzen auf die Ebene der Figuren und ihrer Handlungsweise, denn das Tun des Helden wird von den übrigen Figuren als wunderbar angesehen. Andererseits erkennen die Figuren nun aber wie der Held bereits von Beginn an, daß sie in einen wunderbaren Bereich von höchster Gefährlichkeit gelangt sind, wie er ihnen zuvor noch nicht begegnet ist. Sie gebrauchen die Bezeichnung «Val perilleus» («»; 2674), die hier zum ersten Mal im Text verwendet wird. Wenig später wird sie auch vom Erzähler (v.u.) gebraucht. Alexander bleibt unerbittlich und zwingt die Makedonen, das Tal zu verlassen, so daß sowohl sein als auch ihr Verhalten den in der Inschrift festgelegten Gesetzen des wunderbaren Bereichs entspricht. Dabei bleibt die christliche Stilisierung erhalten, worauf die Aussage «A eel Dieu que j'aor vos puisse commander» 410
(2687) hinweist. Im Gegensatz zu seinem Verhalten in der Episode um die Grenzpfeiler von Artus und Liber gehorcht Alexander hier den Gesetzen des Bereichs und scheint damit der Aufforderung einer göttlichen Macht, ihr zu gehorchen, zu entsprechen. So können seine Leute das Tal verlassen, das nun wunderbarerweise einen Ausgang über die Berge besitzt: «Tel duel mainent Ii Grieu, qant il durent monter,/ Que Ii vaus perilleus commen9a a trambler./ Par mi une montaigne commencent a errer,/ Tuit furent hors du val qant il dut avesprer.» (2697-2700) Das Tal wird in diesem ersten Abschnitt der Episode, der insgesamt 229 Verse (III 148, 2476-155, 2704) und die Darstellung von eineinhalb Tagen mit einer Nacht umfaßt, noch nicht klar als Hölle dargestellt, es ist jedoch deutlich, daß es in diesem Bereich auf den Kontakt zwischen den Figuren und der göttlichen Macht und das richtige Verhalten der Figuren ankommt. Die Handlungsstruktur erinnert dabei an die Episode um den Tod des Amph'iaras im Roman de Thebes. Auch dort zeigt ein religiös wunderbares Ereignis - wie hier die Tatsache, daß die Makedonen ins «Val perilleus» gelangen - den Figuren an, daß der Kontakt zwischen ihnen und der göttlichen Macht gestört ist. Alexanders Bereitschaft, im Tal zu bleiben, bezeugt - wie die religiösen Zeremonien im Roman de Thebes seinen Willen, das gestörte Verhältnis wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Erst als Alexander allein im Tal ist, ähnelt der wunderbare Bereich noch stärker einer Hölle, wie sie aus den christlichen und heidnisch stilisierten Höllenbeschreibungen bekannt ist. Dieser zweite Teil der Episode umfaßt im übrigen mit 192 Versen (III 156,2705-163,2895) fast ebenso viel Text wie der erste Teil. Während des Abends wird der Held - wie im entsprechenden Kapitel untersucht wurde - Ι ? 6 von meteorologischem Wunderbaren gequält. Dabei sind die dargestellten Blitze, die Unwetter und das Beben des Tals nicht unbedingt typisch für eine Höllenbeschreibung. Diese Merkmale des natürlichen Wunderbaren weisen eher auf ähnliche Erscheinungen voraus, die Alexander und seine Leute später im von Artus und Liber beherrschten Bereich bedrohen. Der Donner und der Lärm im Tal (III 156, 2707s.) erinnern allerdings an das donnerähnliche Heulen des Windes in der ersten Höllenbeschreibung des Voyage de saint Brendan. Vor allem der Gestank, der aus dem Berg entweicht («Et gete une puor dont Ii rois sent la flaire»; 2709), ist ein unverkennbares Zeichen einer Stilisierung des Bereichs als Hölle. Hinzu kommen die umherfliegenden Steine (III 157, 2721), die an die «lames» im Voyage de saint Brendan denken lassen, und die Tatsache, daß das Tal vielerorts brennt: «Qant Ii rois vit la terre en pluisors lieus ardoir» (III 157,2719) - ein Kennzeichen der Hölle, das in allen analysierten Beschreibungen auftaucht, so z.B. mit dem brennenden Höllenfluß im Roman d'Enias. Im folgenden verdunkelt sich die Sonne (III 158, 2741s.), und aus dem Tal steigen Dunkelheit und wiederum Gestank auf: «[...] Ii vaus [...]/ [...] gete unes teniebres ο flairor de püir.» (2744s.) Diese Beschreibung rückt den «Val perilleus» sehr stark in 176
V . cap.3.2.2. zum meteorologischen Wunderbaren sowie auch den Exkurs zum einsamen Held und seinem Pferd, cap. 3, p. 203-205.
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die Nähe einer Hölle, besonders in die Nähe der im Voyage de saint Brendan gezeichneten Hölle, zumal der Held und sein Pferd Todesangst verspüren, wie oben gezeigt wurde. 1 7 7 Daneben werden aber mit der Verdunkelung der Sonne, dem Erdbeben, Donnern und Blitzen auch Merkmale der christlich stilisierten Vorzeichen aufgerufen, wie sie sich im RA selbst, in zeitgenössischen französischen Texten und in der Bibel finden. 178 Schließlich wird der Held auch noch von Monstern wie Drachen und fliegenden Schlangen und Dämonen mit ihren eisernen Folterinstrumenten angegriffen und gequält (2748-2754), die beim Morgengrauen in der Zeitspanne eines Augenzwinkerns verschwinden (2760-2762). 179 Hier können dem Rezipienten die «vies san cors» aus der Hölle des Roman d'Eneas vor Augen stehen, wobei die Erscheinungen des RA wie Anchises mit dem Morgengrauen (2759s.) verschwinden müssen. Insgesamt liegt damit eine Darstellung des «Val perilleus» als Hölle vor, die zum einen nach den antiken Romanen, zum anderen aber auch visionsliteraturhaft wie im Voyage de saint Brendan stilisiert ist. l8ü D a die hier untersuchten Laissen 156-159, in denen die auf die Hölle verweisenden Kennzeichen des «Val perilleus» beschrieben sind, in den in der Handschrift Β vorliegenden Versionen der Episode nicht vorhanden sind,' 81 ist die festgestellte visionsliteraturhaftebzw. an den antiken Romanen orientierte Stilisierung des «Val perilleus» als Hölle als das Werk des Redaktors Alexandre de Paris anzusehen. Dieser hält die Stilisierung deutlich ambivalent, d.h. weder klar heidnisch noch christlich. Die Darstellung bedient sich zum einen stilisierungsunabhängiger Merkmale (Tal, Dunkelheit, Gestank, Feuer), zum anderen erinnert sie zwar insgesamt stark an die Höllenbeschreibung des Voyage de saint Brendan, integriert aber mit den Monstererscheinungen auch Elemente, die aus heidnisch stilisierten Texten wie dem Roman d'Eneas stammen können. Diese Ambivalenz in der Stilisierung tritt auch darin zutage, daß Alexander im folgenden nicht mehr vordringlich einen scheinbar christlichen Gott anruft, sondern daß in diesem Zusammenhang die heidnischen Elemente in der Darstellung dominieren. Er macht zum einen Fortuna 182 für das Geschehen verantwortlich («»; III 159, 2769), und greift zum anderen den Gedanken wieder auf, den er bereits kurz nach dem Betreten des Tals gehabt hatte: der wunderbare Bereich und dadurch die Götter bekriegten ihn: « (2910s.) So erweist sich auch dieser Bereich eindeutig als Hindernis, das überwunden werden muß. Dies ist an das Bestehen einer Prüfung und den daraus resultierenden Sieg über den Wächter des Bereichs, den Dämon in Gestalt einer alten Frau, gebunden. Der Bereich wird dadurch deutlich in seiner Funktion als eine Grenze stilisiert, die nur unter bestimmten Bedingungen passiert werden kann. Eine topographische Grenze, die seinen Beginn bezeichnet, stellt der Text nicht vor. Das Tal gehört nach Angaben der wunderbaren Figur selbst auf grausame Weise zum Bereich, da es diejenigen aufnimmt, die die Prüfung nicht bestehen und sterben müssen. Dieser Zusammenhang ist erzähltechnisch geschickt ausgedrückt, da er nur mittelbar aus der Rede der wunderbaren Figur zu entnehmen ist. Die Brücke mit ihrem Torbildet allerdings eine deutlich bezeichnete Grenze zum Zentrum des Bereichs. Dort tritt auch die wunderbare Figur auf, um den Durchgang durch den Bereich zu verhindern. D a ß die Figuren den Bereich und sein Geschehen als wunderbar wahrnehmen, beweist die Rede von Thideüs, der seinen Kameraden seine Unerfahrenheit im Umgang mit Rätseln (2911-2916) und seine Einschätzung der Situation mitteilt: « Gerade der sonst selten verwendete Terminus «enfantosmer» zeigt aus dem Mund der Figur ein differenziertes Verständnis für wunderbare Phänomene.' 3 Tatsächlich ist der wunderbare Bereich 12 13
V. Schöning 1991, p.203. Cf. zum «enfantosmer» auch cap. 4, η. 193.
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offenbar so zu verstehen, daß der Dämon in ihm die Eindringenden durch einen Zauber, der an das Rätsel gebunden ist, in seiner Gewalt hat. Dieser spricht nun explizit aus, was der Rezipient schon ahnen konnte: Wer das gestellte Rätsel nicht lösen kann, muß sterben: « (2926) Wider Erwarten weiß Thideüs das Rätsel jedoch zu lösen. Bevor er die Lösung sagt, beweist er - ähnlich wie Alexander später im Umgang mit dem Dämon im «Val perilleus» - großes Geschick im Umgang mit der Alten und fragt nach den Bedingungen des Zaubers im Falle einer richtigen Lösung: «» (2929s.) So geschieht es auch im folgenden, denn das Nennen der richtigen Lösung hat prompt den Tod des Dämons und den freien Durchzug der Griechen durch den wunderbaren Bereich zur Folge: «La vielle l'ot si s'est paumee,/ devant les barons chiet crevee./ Cil passent si tiennent lor voie,/ mes hui ne leur chaut qui les voie./ Par desus lui vont Ii cheval,/ rient et gabent Ii vassal.» (Roman de Thebes, ed. Raynaud de Lage 1966/1968, 2937-2942)
Dadurch, daß die Griechen über den toten Dämon hinwegreiten und sich über das Geschehene lustig machen, wird deutlich, wenn auch nicht explizit ausgesprochen, daß die Verzauberung des Bereichs nun aufgehoben ist. In der Folge gelangen sie sofort in das schon aus der Besprechung der rekonstruierten Version Ο bekannte Tal und zur Burg Monflor (2944). Etwaige topographische Grenzen werden dabei nicht mehr erwähnt, sie scheinen sich mit der Verzauberung zugleich aufgelöst zu haben. In der Handschrift S 1 4 findet sich eine ausführlichere Version dieser Episode, wobei das Phänomen des verzauberten Bereichs deutlicher erläutert wird. Diese Handschrift scheint dem Wunderbaren insgesamt einen größeren Stellenwert einzuräumen, da sie auch als einzige bekannte Handschrift die oben untersuchte Höllenfahrt des Amphi'arus enthält. Es wird erzählt, daß die Griechen nach einer Tagesreise durch hohe und furchterregende Berge («[...]par les montaignes,/ que molt erent grantz et grifaines»; 2789s.) an einen Paß kommen, der einst von einem Riesen gebaut wurde (2789-2794). Die Beschreibung des Passes und eines Tors, das den Eingang bildet, erinnert anfangs an die Beschreibung der Brücke in Handschrift C: «Le pas troverent molt soltif,/ dont il ne porrent faire eschif./ Desus fu tout clos a murail,/ desouz passent a un portail;/ un tor i ot, grant et liee,/ que jadis fust Morgan le fee» {Roman de Thebes, Ms. S., ed. Mora-Lebrun, 2797-2802).
Neben dem Tor, das in seiner Rolle als Grenzmarkierung zurücktritt, gewinnt vor allem der Turm selbst in dieser Version der Episode als neues Element an Bedeutung. Er wird in der Darstellung durch seine Verbindung zur Fee Morgane
14
V . für den Text dieser Episode in der Handschrift S Roman de Thebes, Ms. S, ed. MoraLebrun 1995, 2786-2978, sowie den Appendix I Roman de Thibes, ed. Constans 1890,
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märchenhaft stilisiert. Daneben tritt eine technisch wunderbare Stilisierung, da z.B. der kostbare Fußboden des Eingangsbezirks (2809s.), 30 Pfeiler mit Edelsteinen (2811s.) und die Dekoration der Turmmauern (2813-2820) beschrieben werden. All diese Elemente finden sich auch in den Beschreibungen von Zeltenund Grabmalen. Sie dienen auch hier dazu, die Pracht des Turms hervorzuheben. Für die Funktion des Turms in der Episode erscheint die darauffolgende Beschreibung der Stärke seiner Befestigung (2821-2834) jedoch entscheidender. Durch seine hohen Mauern ist der Turm vor jeder Kriegsmaschine sicher, zudem ist er durch vorgelagerte Gräben, Palisaden und einen See, der ihn vollständig umgibt, geschützt: «La tour est tout environe,/ que pas ne poet estre enjane,/ d'un lac que fu grans et parfonz:/ onques nul hom ne trova fonz.» (2831-2834) Der Turm als topographische Grenzmarkierung ist also seinerseits noch von zusätzlichen Grenzmarkierungen umgeben. All diese Merkmale verstärken die Gefahr, die für die Griechen von der zu überschreitenden Grenze ausgeht. Dies macht der Text auch explizit deutlich: «En tiel leu est la tor assise,/ ja par force ne serra prise;/ par illoec estoet l'ost passer,/ ou tout arriere retorner.» (2835-2838) Die Griechen müssen den wunderbaren Grenzbereich durchqueren, und es scheint, als wäre jegliche Zufälligkeit aufgehoben. Die Funktion des Bereichs als Hindernis wird hier vom Erzähler im Gegensatz zur Version der Handschrift C also auch benannt. Ebenso gilt dies für die Funktion der Grenze und des Bereichs als Prüfung, die durch den Dämon ausgelöst und verkörpert wird. Nach einer kurzen Einführung der Figur, die derjenigen in der Handschrift C gleicht, teilt der Erzähler Näheres dazu mit: «Illoec s'en est venuz ester [i.e. uns deables, Astarot]/ por la contre deserter;/ la devinaille ot recovre/ que Spins aveit jadis trove,/ et par ycel enchantement/ si ocieit tote la gent.» (Roman de Thebes, Ms. S, ed. Mora-Lebrun, 2843-2848)
Hier wird ein Bezug zur Sphinx hergestellt, die in der Vorgeschichte um das Schicksal des Ödipus erwähnt wurde und ebenso später bei dem Hinterhalt der Thebaner für Thideüs an der Stelle, wo einst die Sphinx lebte. 15 Auch die Tatsache, daß im wunderbaren Bereich ein Zauber («enchantement») wirkt, der an das Rätsel und seine Lösung gebunden ist, wird in der Handschrift S vom Erzähler in seiner Einführung des Dämons bereits vorgestellt und wird nicht erst durch die Äußerungen der Figuren explizit gemacht. Auch das Ziel des Dämons, diejenigen, die den wunderbaren Bereich durchqueren wollen, zu töten, wird hier genannt, bevor es der Dämon in seiner eigenen Rede formulieren kann. Im folgenden wird der Dämon zunächst ausführlich beschrieben (2849-2882) und dabei viel eindeutiger als Monster dargestellt als in der Handschrift C. Sein Gesicht wird beschrieben (2851-2864), wobei vom Erzähler als besonders wunderbar hervorgehoben wird, daß er sich ganz mit seinem Ohr bedecken kann: «Mais uncor est maior merveille:/ toute se covre de l'oreille» (2861s.). Dann folgt die Beschreibung seines Körpers und seiner Kleidung, wobei die Rolle der Feen - und
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Auf diesen Bezug verweist Schöning 1991, p. 202s.
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damit eine märchenhafte Stilisierung - für den wunderbaren Bereich noch einmal in Erinnerung gerufen wird, da die Feen das wunderbare Gewand des Dämons herstellten: «Vestue fu d'un tapiz brun,/ que fees firent a jeün;/ja, des qu'el en son dos l'avra,/ mais nuls homme mal ne Ii ferra.» (2871-2874) Der Dämon tritt den Griechen nicht wie in der Handschrift C sofort entgegen, sondern er liegt im Turm in einem Saal, als er vom Lärm ihres Herankommens aufgeschreckt wird, zu all seinen Waffen greift und den Griechen außerhalb des Turms den Weg versperrt (2883-2904). Der Turm wird in dieser Episode als der Wohnort des Dämons dargestellt und stellt wie die Kleidung eine Beziehung zu den Feen her, da er Morgane gehörte. Auch ein Verweis auf märchenhaftes Wunderbares tritt also neben religiöses Wunderbares mit christlichen und heidnischen Elementen (v.o.), technisches Wunderbares in der Ausstattung des Turms und natürliches Wunderbares in der Gestalt des Monsters, so daß der wunderbare Bereich Elemente aus allen Typen des Wunderbaren enthält. Dies macht ihn wesentlich beeindruckender und gefährlicher für die Figuren, die ihn durchqueren müssen, als es in der Version der Handschrift C der Fall ist. Die Gefühlsregungen der Figuren angesichts des Dämons werden auch sofort erwähnt (2905-2908). In seiner Rede an die Griechen formuliert der Dämon klar die Wirkungsweise des Zaubers, der den Bereich vor Eindringlingen schützen soll: « (III 425, 7235; 426,7241) Anders als der Blumenmädchenwald - auf den dies inhaltlich auch zuträfe - 3 ° wird das Amazonenreich aufgrund dieser Umgrenzung mehrmals explizit als «Insel» (III 433, 7363; 434,7389) bezeichnet. Der Fluß ist hier im Gegensatz zum Blumenmädchenreich die einzige und entscheidende Grenze zum wun-
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V . cap. 3.2.3.3. Die für den «Tertre aventureus» angegebenen Stellen in M F R A , vol. 3, gelten auch für die Episode um den Felsen des verräterischen Herzogs. V . für eine genaue Unterscheidung in wunderbare und nicht-wunderbare Teile der Episode die Übersicht im Anhang. Anders Kozlowski 1983, ρ. 114. V. dazu die im Anhang unter den wunderbaren Episoden 39-41 bezeichneten Textstellen. Cf. auch Friede 2000a. V . dazu cap. 1, p.4is., auch zu Patch 2 i970, der die Insel als typisches Merkmal für die keltische «andere Welt» ansieht.
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derbaren Bereich. Er wird mit einem Namen («Meothedie»; III 426, 7240; 437, 7437) benannt und von den Amazonen selbst nur einmal im Jahr zum Zusammentreffen mit Männern überschritten (426, 7239-7243). Die Schutzfunktion des Flusses, der Unbefugte am Betreten des Amazonenreichs hindern soll, wird dadurch gewährleistet, daß keine Übergänge, aber hohe Ufer vorhanden sind: « (986-988) Gerade die wunderbare Fauna und die Hitze der Wüste sind jedoch Alexanders erklärtes Ziel: «II en jure sa teste qui d'or est couronee/ Ains esteroit tous jors qu'il ne 9aindroit espee/ Ne voie la mervelle dont Ynde est abitee/ Et com Ii solaus l'a ο sa chalor gastee.» (III 53, 994-997) So bricht der Held am folgenden Tag mit 150 verräterischen Führern nach «Bastre» (III 54, 1006) «es desers» ( 1 0 1 1 ) auf, um Porrus zu verfolgen. 39 Die Wüste wird zunächst noch als bezwingbar dargestellt, indem die große Anzahl von Alexanders Leuten, seine kostbare Ausrüstung und die zur Versorgung gedachten Tiere erwähnt werden (III 55, 1017-1027). Trotzdem löst sie bereits in ihrer Funktion als nicht eigentlich wunderbar dargestellter Grenzbereich große Qualen durch die Hitze und Angst vor dem Verdursten bei den Figuren aus: «Del chaut et de la voie sont si home tout las/ A ce qu'il sont chargie et d'armes et de dras,/ Ses angoisse la soif ne pueent faire un pas.» (III 55,1028-1030) Die Zephirus-Episode (III 56), in der Alexander das ihm von einem Soldaten angebotene Wasser ausschüttet, um mit seinen Leuten die Qualen zu erleiden, zeigt einen verzweifelten Versuch der Makedonen, der Hitze Herr zu werden. Nachdem ein Tag im Grenzbereich vergangen ist, gelangen sie unter der Führung der einheimischen Führer offensichtlich in den wunderbaren Raum, denn sie treffen auf wunderbare Phänomene wie die Eingeborenen auf der Insel und die Flußpferde. 40 Diese Beobachtungen zeigen, daß die Grenze zwischen der Wüste als Grenzbereich und dem wunderbaren Raum nicht genau, sondern nur annähernd zu bestimmen ist.
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V . dazu cap. 2.6.4. V . dazu cap. 2, p. 174. Z u r Wüste cf. auch Gaullier-Bougassas 1998a, p. 154s. V . zu den Schlangen in der Wüste cap.3.3.3.3., p. 251s. Z u r Episode um den Irrweg in der Wüste und die verräterischen Führer v. cap.3.2.3.5. V . cap.3.2.3.5., p.218s.
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Auch am Ende der ersten Exkursion in den wunderbaren Raum, die die Makedonen über den Irrweg zum Süßwassersee führte, wird die Wüste wiederum nicht als wunderbarer Raum, sondern als Grenzbereich dargestellt, den es auf dem Weg zurück in fruchtbares Gebiet zu durchschreiten gilt (III 86-87). Auch in dieser Beschreibung werden als charakteristische Merkmale Schlangen (III 87, 1482s.) und die große Hitze genannt: «Molt se vont dementant eil qui d'aler s'anuient,/ L a chalor est si grans que jor vivre ne cuient» (1484s.) A m Ende des Grenzbereichs befindet sich zudem eine genauere topographische Markierung der Grenze zum nicht-wunderbaren Raum. Von einem Tal aus besteigen die Makedonen einen Berg, von dem aus sie ihr Ziel, das fruchtbare «Bastre», seine Flüsse, Weiden und Hirten erblicken (III 87, 1486-1491). Der Berg fungiert hier also als Grenze zum nicht-wunderbaren Raum, wobei der Grenzbereich und der nicht-wunderbare Raum kontrastiv beschrieben werden. Der schnelle Übergang vom einen in den anderen Bereich wird dabei vom Erzähler abschließend als wunderbar und durch die Götter verursacht dargestellt: «Cel jor por Alixandre firent Ii dieu vertus,/ Car grant piece ains midi est des desers issus.» (III 88,1492s.) Das Verlassen der Wüste wird hier keinesfalls als selbstverständlich angesehen, so daß dieser Grenzbereich eine Funktion als Schutzgürtel um den wunderbaren Raum auszuüben scheint. Ebenso wie der wunderbare Raum selbst birgt er Gefahren in sich und erweist sich Eindringlingen gegenüber durch die dort herrschenden Bedingungen als feindselig - auch wenn im Grenzbereich keine «Angriffe» des meteorologischen Wunderbaren oder der wunderbaren Fauna stattfinden. Vor der zweiten Exkursion in den wunderbaren Raum, die nach der zweiten Schlacht gegen Porrus stattfindet, rückt mehrfach eine Art metaphorischer Grenzbereich in den Blick des Rezipienten. Dieser ist zunächst nicht topographisch durch die Wüste bestimmt, sondern dadurch, daß der wunderbare Raum und auch die Wüste in Alexanders Plänen eine zentrale Rolle spielen. Das Sprechen über die wunderbaren Phänomene nimmt die topographische Grenzüberschreitung dabei vorweg. So befiehlt Alexander Porrus, nachdem dieser sich ergeben hat, ihn mit Vorräten auszustatten, da er erneut in die Wüste aufbrechen will («Es desers veut entrer, car molt les veut cerchier»; III 123,2146). Bevor dies geschehen kann, muß Alexander allerdings Gog und Magog durch eine Mauer einschließen (III 124-128). Danach fordert Alexander Porrus erneut auf, ihn in die Wüste zu geleiten (III 130, 2215-2221). Nach einer Diskussion beider über den Wert der Freigebigkeit werden Alexanders Pläne, das Wunderbare zu sehen, in einer dritten Aufforderung an Porrus konkreter: «» (75s.) Nach der Auseinandersetzung in diesem Grenzbereich kann die Königin dann in den einen oder anderen Raum gebracht werden. Die Voraussetzungen für die Handlung im Lancelot sind somit die Dualität zweier unterschiedlicher Räume 76 sowie der «Einbruch» des wunderbaren Raums in den nicht-wunderbaren Raum des Artusreichs. Zudem spielt jedoch auch das Verhalten bestimmter Figuren eine Rolle beim Zustandekommen des Kontakts mit dem wunderbaren Raum. Artus' Seneschall Keu erzwingt als ein «don contraignant»77 von diesem die Erlaubnis, die Königin verteidigen zu dürfen (84-198). Er droht mit seinem Weggang vom Artushof und könnte diesen dadurch offenbar in einen Zustand der Disharmonie und des Mangels versetzen, der dem bei einer Gefangenschaft der Königin herrschenden Zustand mindestens gleichwertig wäre. Keu versagt allerdings bei der Aufgabe, die Königin gegen Meleagant zu verteidigen. Dies erkennen die Artusritter, als sie ihm auf Gauwains Aufforderung hin in den Wald nachreiten (224-258) und dort Keus Pferd ohne seinen Reiter blutbefleckt erblicken (259-269). Von Keu und der Königin fehlt jede Spur. Der Seneschall hat also offenbar im Rahmen des Romans keine besonderen Fähigkeiten, die ihn zum erfolgreichen Umgang mit der «anderen Welt» und ihren Figuren befähigen könnten. Ihm wird jedoch ein anderer, zunächst namenloser Ritter gegenübergestellt, der ab dem Moment, in dem Keu versagt, Meleagant und die Königin zu verfolgen scheint. Mit dem Auftreten dieses Ritters, der von Gauwain ein Pferd erbittet (270-300), von diesem dann nur mit Mühe verfolgt und eingeholt werden kann (301-322), wird die zweite Art des Kontakts mit dem Wunderbaren vom Erzähler in den Blick genommen. Dabei geht die Initiative nicht vom wunderbaren Raum aus, sondern von einem Ritter, der - wie sich später herausstellen wird - zum Artusreich gehört.78 Daß dem Ritter sehr an einer Exkursion in die «andere Welt» gelegen ist, geht bereits daraus hervor, daß er das erstbeste Pferd Gauwains wählt, da es ihm nur um die möglichst baldige Fortsetzung der Verfolgung geht (292-297). Er wird als «[...] eil cui granz besoingne an est» (292) charakterisiert. Lancelots - denn um ihn handelt es sich bei dem namenlosen Ritter - Exkursion in den wunderbaren Raum ist daher ganz und gar freiwillig und der unbedingte Wille des Hel-
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Cf. Gaullier-Bougassas 1998a, P.457S. Cf. zur «Gegenwelt» im Artusroman auch Wawer 2000, P.234S. V . zum «don contraignant» Chenerie 1986, p. 1 1 7 . Cf. zu dieser Szene auch Shirt 1 9 8 1 , p.816-818. Z u dieser zweiten Eingangssequenz des Romans cf. Saly 1994b, p. 3 6 - 4 3 (Verknüpfung beider Sequenzen über die Figur der Königin, diese ruft den Helden wie in einer Feenerzählung).
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den. 79 Indem Gauwain als der zuvorderst reitende Vertreter des Artushofs ihm ein Pferd zur Verfügung stellt und ihn im folgenden begleitet, ist Lancelot von der Artuswelt symbolisch der Auftrag übertragen worden, die Königin zu befreien und an die Stelle Keus zu treten. Z u dieser besonders gefährlichen Exkursion, die zudem für die Artuswelt von grundlegender Bedeutung ist, da nur so die Königin zurückgewonnen werden kann, sowie zum Umgang mit dem Wunderbaren befähigen den Helden zudem besondere Qualitäten. Diese zeigen sich - neben seiner Erziehung und Unterstützung durch eine Fee (2357-2362) und den Zeichen dafür, daß er ein Auserwählter ist, der im wunderbaren Raum Großes bewirken wird (v.u.) - schon anfangs in der Schlüsselszene des Romans. Dort erniedrigt sich Lancelot, um Informationen über den Verbleib der Königin zu erhalten, freiwillig so sehr, daß er einen Schandkarren besteigt (347-381). Die Außergewöhnlichkeit dieses Verhaltens zeigt sich am Beispiel von Gauwain, der sich kategorisch weigert, den Karren zu besteigen (392-396), 80 obwohl auch er ein hervorragender Ritter ist. Ihm fehlt jedoch die Liebe zur Königin als «movens» und damit auch die Fähigkeit, sich dieser Liebe bedingungslos zu unterwerfen, wie Lancelot es nach kurzem Zögern tut (364-381). Lancelots Liebe zur Königin wird als Voraussetzung für die Exkursion in den wunderbaren Raum an vielen Stellen deutlich, z.B. darin, daß er möglichst schnell die Verfolgung aufnehmen will (v.o.), sowie darin, daß er sich in der Episode um seine und Gauwains Übernachtung im Schloß der «dameisele» aus dem Fenster stürzen will, als er Guenievre von ferne vorbeireiten sieht (539-601). Die Exkursion des Helden in den wunderbaren Raum ist im Lancelot also einem konkreten Ziel des Helden untergeordnet und kommt nur um dieses Ziels willen zustande. 81 Dabei signalisiert das Besteigen des Karrens den Beginn der Exkursion und auch das Betreten des wunderbaren Raums, denn der Held richtet sich ab diesem Zeitpunkt nach den Gesetzen dieses Raums und nach den Hinweisen seiner Figuren. Die erste Führerfigur des wunderbaren Raums findet er in einem bösartigen Zwerg, 8 2 einem «nains cuiverz de pute orine» (356), der ihm nur nach dem Besteigen des Schandkarrens zu Informationen über den Verbleib der Königin verhelfen will. Nicht nur die Monsterhaftigkeit des Zwergs, der sich durch seine mangelnde Größe von einem Menschen unterscheidet, sondern auch sein beharrliches Schweigen (422s.; 443-445) und sein spurloses Verschwinden (447s.), nachdem er Lancelot dorthin gebracht hat, wo er die Königin sehen wird, sind deutliche Kennzeichen für die Zugehörigkeit dieser Figur zur «anderen Welt».
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Dieser A u f b r u c h ist nach Menard 1976, p. 292, eine «necessite technique», damit die Handlung einsetzen kann, und so ein Mittel zur «aventure», v. dort, p.293. Cf. dazu B r o g y a n y i 1972, p.277. V . so auch Micha 1976, p.788; Wunderli 1988, p. 150 Cf. Wunderli 1988, p. 139.
459
5·3·2.2.
Der Roman
d'Alexandre
Im RA kommen der Kontakt des Helden mit dem Wunderbaren und seine Exkursion in den wunderbaren Raum anders als im Lancelot zustande. Der wunderbare Raum liegt weit entfernt von der makedonischen Heimat des Helden, und Alexander muß einen Großteil des episch-kämpferischen Raums durchqueren und in seine Gewalt bringen, um auch nur zu dessen Grenzen vorzudringen. 83 Es ist hier keine Figur des wunderbaren Raums, die in den nicht-wunderbaren Raum des Helden einbricht und ihn durch ihr Handeln zwingt, diesen zu verlassen, sondern der Held selbst unterstellt einen bestimmten Teil seiner Reise von Makedonien nach Babylon und durch die gesamte bekannte Welt seinem Wunsch, den wunderbaren Raum zu erkunden. Damit scheint das Schema des Artusromans zunächst umgekehrt. 84 Im RA gibt es keinen privilegierten, zentral gelegenen Ort für das Auftreten des Wunderbaren wie den Artushof im Lancelot. Die Voraussetzung für den Kontakt mit dem Wunderbaren ist im RA daher gerade die Tatsache, daß Alexander den Hof seines Vaters in Makedonien verlassen hat. Im Lancelot ist es nach diesem Auftreten des Wunderbaren am Artushof allerdings genauso der Auszug Lancelots aus dem Artusreich, der den Kontakt des Helden mit dem Wunderbaren in der «anderen Welt» ermöglicht. Damit entspricht eine der beiden Voraussetzungen für die Exkursion des Helden in den wunderbaren Raum im Lancelot derjenigen aus dem RA.85 Eine weitere Parallele zwischen beiden Texten besteht darin, daß die Exkursion ein zentraler Bestandteil des Texts ist. Für den Lancelot versteht sich dies von selbst, für den RA ist es verschiedentlich angezweifelt und die Exkursion als ein «Supplement» im Rahmen der Handlung aufgefaßt worden. 86 Wie im folgenden deutlich werden wird, stellt die Erkundung des wunderbaren Raums im RA für Alexander ein ebenso wichtiges Ziel wie die Eroberung des kämpferischen Raums dar. In gewisser Weise übernimmt Alexander daher in der Handlungsstruktur des RA verglichen mit dem Lancelot - zugleich die Funktionen von Lancelot und von Artus. Wie Artus an seinem Hof ruft er das Auftreten des Wunderbaren hervor und macht es darstellbar, 87 und wie Lancelot bricht er auf, um den wunderbaren Raum zu erkunden. Es ist jedoch fraglich, ob dies nicht vielleicht bedeutet, daß im Artusroman zwei Funktionen differenziert und auf verschiedene Figuren verteilt werden, die anderswo - wie z.B. auch im Voyage de saint Brendan oder in vielen Lais - im Helden selbst zusammenfallen.
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V . dazu p. 537. V . so Dubost 1991, p.280. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß Micha 1976, p. 787, das Motiv der «anderen Welt» in Verbindung mit dem gewollten Aufbruch eines Helden bezogen auf Chretiens Werk für neu im Lancelot erklärt. V. z.B. Baumgartner 1988, p. 10. V . zur Funktion von Artus, der im höfischen Roman die «aventure» entstehen läßt, sie aber nicht bestehen muß, Suard 1989, p.8o.
460
Wie Lancelot hat A l e x a n d e r besondere Fähigkeiten, die ihn für einen erfolgreichen Umgang mit dem Wunderbaren prädestinieren. So ist er wie Lancelot von einem Zauberer - Nectanabus - aufgezogen worden und hat von ihm wahrscheinlich etwas über die Magie und ihre Funktionsweise gelernt. 88 Z u d e m hat er bereits in seiner Jugend bewiesen, daß er - anders als seine Gefährten - mit dem wunderbaren Pferd Bucephalus umgehen konnte, da dieses sich ihm sogar freiwillig unterwarf (Episode 6). Diejenigen, die Bucephalus zuvor getötet und zerstückelt hatte (I 19, 435-440), und Alexanders ängstliche Gefährten (I 20, 4 5 4 457) fungieren dabei ähnlich wie K e u und Gauwain im Lancelot
als eine «Kon-
trollgruppe», die die Außergewöhnlichkeit des Helden beweist. Im Gegensatz zu Lancelot, der mit der Befreiung der von ihm geliebten Königin ein Ziel für die Exkursion in den wunderbaren R a u m hat, das nichts mit dessen Erkundung zu tun hat, hat A l e x a n d e r kein solch übergeordnetes Ziel, das den Z u g durch den wunderbaren R a u m nur Mittel zum Z w e c k sein ließe. E r hat keinen Kontakt zu Frauen und verweigert jede Möglichkeit zu lieben, die ihm im Verlauf der Handlung durch den Kontakt mit den Blumenmädchen, mit Candace und der Amazonenkönigin entsteht. 89 Bereits durch diese Weigerung zu lieben würde A l e x a n d e r - wie z.B. auch Lanval in Maries Lai - im System der A r tuswelt nur eine geringe Wertschätzung zukommen. 9 0 Schon deshalb ist A l e x a n der nicht mit einem Helden des höfischen Romans gleichzusetzen. 9 ' In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, daß Alexander zwar keine engen Verbindungen zu seinem «lignage» hat wie die Helden des Epos, 9 2 aber auch nicht wie Lancelot im Interesse und als Vertreter einer Gesellschaft handelt. Lancelot behebt den Schaden, den die Artusgesellschaft durch den Verlust der Königin erlitten hat, 93 und befreit außerdem viele von Artus' Untertanen aus der Gefangenschaft im Land G o r r e (v.u.). Andererseits sind beide Helden einander in ihrer Eigenschaft als einsame und von der Gesellschaft isolierte Helden auch ähnlich. A l e x ander hat kaum noch Verbindungen zum Hof seines Vaters und kann dorthin auch nicht zurückkehren, und auch Lancelot ist durch seine geheime Liebe zur Königin nicht wirklich in die Artusgesellschaft integriert, geschweige denn, daß eine solche Reintegration im Text wahrscheinlich gemacht wird. 94 So kümmert Lancelots Abwesenheit den König nicht wirklich (5378), sobald die Königin erst einmal zurückgekehrt ist. Der entscheidende Unterschied bei der Darstellung des Zustandekommens der Exkursion in den wunderbaren R a u m in beiden Texten besteht jedoch darin,
88
89 90 91 92 93 94
V. dazu RA I 4, 184-194; I 16. Cf. zur Rolle des Nectanabus und zur «zweiten Erzählschicht», die im RA auf Alexanders uneheliche Abstammung von diesem Zauberer hinweist, Friede 2000, p. 98-104. V. dazu Friede 2000a, p. 30-36. Cf. dazu Chenerie 1986, p.451-472. Ähnlich auch Baumgartner 1998, p. 27. V. überzeugend Suard 1998, p. 210-212. V. Haug 1978, p. 1-3; Bruckner 1985, p. 159; Soudek 1972, p. 103. V. Haug 1978, p.50; Soudek 1972, p. 101s. 461
daß Alexander den wunderbaren Raum im Gegensatz zu Lancelot nicht als Weg zum Ziel, sondern bereits als das eigentliche Ziel der Exkursion wahrnimmt. Wie im folgenden dargelegt wird, sucht er den wunderbaren Raum gerade in seiner Eigenschaft als Träger wunderbarer Phänomene und strebt danach, seine merveilles zu sehen und etwas über sie zu erfahren. Dieses Vorgehen und diese solchermaßen fokussierte Wahrnehmung des Helden unterscheiden die Darstellung seiner Exkursion in den Orient im übrigen auch von der der «chanson de croisade» und der eines Romans wie Floire et Blancheflor, in denen etwaiges Wunderbares eine rein akzessorische Funktion hat. 5.3.3.
Die Zielsetzung des Helden im wunderbaren Raum und sein Umgang mit den wunderbaren Phänomenen
5.3.3.1.
Chretiens Lancelot
Lancelots Ziel im wunderbaren Raum ist es, die Königin möglichst gradlinig zu verfolgen, sie zu finden und sie ins Artusreich zurückzubringen. Dabei will er durch die Suche nach der Königin auch seiner Liebe zu ihr Ausdruck verleihen und diese mit Guenievre zusammen ausleben. Lancelot formuliert das Ziel seiner Reise selbst, als er von der dritten «dameisele» bedrängt wird, sie zu lieben: « (1110s.) Auch dem hilfreichen Vasallen gegenüber gibt er sofort sein Ziel zu.95 Lancelot weiß durch die Angaben der zweiten «dameisele», die ihm und Gauwain vom Land Gorre und dem Weg dorthin über die Wasser- oder die Schwertbrücke berichtet (639679), schon zu Beginn der Exkursion, was er im wunderbaren Raum zu erwarten hat. Er nimmt die Gefahren also bewußt und willentlich auf sich. Daß er sein Ziel trotz aller Gefahren so schnell wie möglich erreichen will,96 zeigt sich auch darin, daß der Held nach dem direkten Weg zur Schwertbrücke, nach der «voie droite» (2164s.) und der «menor voie» (2163) fragt, alle anderen ihm angebotenen Möglichkeiten, auch wenn diese sicherer wären, jedoch außer acht läßt (2161s.). 97 Oft verleiht er seiner Eile Ausdruck, indem er einen Gegner möglichst schnell besiegen oder den Kampf aufnehmen will (877-881; 2736-2739; 3405-3413). Zudem wird vom Erzähler die Liebe sehr oft als der Beweggrund für Lancelots Handeln angegeben, das sowohl träumerisch als auch kühn ausfallen kann (634s.; 715-728; 1240-1254; 1344—1355; 1436-1454; u.ö.). Wenn der Held träumerisch in seine Liebe versunken ist, schlägt sein Pferd den direkten Weg ein: «Et ses chevaus
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V. Chretien, Lancelot, ed. Foerster 1899, 2144t; 2149-2152: «/ [...]/ V. zu diesem Motiv Bruckner 1985, p. 175s.; Chenerie 1986, P.236S., p.265; Lacy 1972, p. 14, der gut erkennt, daß die Eile, die Lancelot an den Tag legt, strukturell seinem Zögern beim Besteigen der Karre gegenübersteht. Cf. auch die eingangs an die zweite «dameisele» dreimal von Lancelot und Gauwain gestellten Fragen, v. Chretien, Lancelot, ed. Foerster 1899,612-615; 648-650; 680-682.
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mout tost l'an porte,/ Qu'il ne vet mie voie torte,/ Mes la meillor et la plus droite» (729-731). Der wunderbare Raum selbst und seine wunderbaren Phänomene spielen daher für die Zielsetzung des Helden zunächst keine oder nur insoweit eine Rolle, als sie bei der Durchquerung des Raums bis zum Schloß von Baudemagu, wo Guenievre gefangen ist, überwunden werden müssen. Wunderbar und gefährlich sind vor allem Grenzen, die überschritten werden müssen, wie die von einem Ritter bewachte Furt (715-940), der «passage des pierres» (2206-2266) und die Schwertbrücke (3010-3151). Auf dem Weg durch den wunderbaren Raum ergibt sich durch die Zielsetzung, die Königin aus diesem Raum zu befreien und sie ins Artusreich zurückzuführen, jedoch ganz automatisch noch ein weiteres Ziel, das der Held verfolgt. Die Gesetze der «anderen Welt» machen diese Welt zu einem «Land ohne Wiederkehr» für Fremde, die einmal dorthin gelangt sind. Diese wunderbare Gesetzmäßigkeit formuliert bereits die zweite «dameisele», als sie Lancelot und Gauwain von den Gefahren ihrer Unternehmung in Kenntnis setzt: » (Chretien, Lancelot, ed. Foerster 1899, 6 4 1 -
647) Wenn Lancelot den wunderbaren Raum verlassen kann, wie er es anstrebt, wären gleichzeitig durch sein Handeln auch alle fremden Bewohner aus ihrer Gefangenschaft befreit und könnten ebenfalls von dort weggehen. Diese Funktion des Helden wird zum ersten Mal in der Episode um den zukünftigen Friedhof (1841-2022) deutlich. Dort kann Lancelot eine Grabplatte anheben, die ihrer Inschrift zufolge nur von demjenigen bewegt werden kann, der auch die Gefangenen aus Gorre befreien wird: « (RA III 169, 2984-2990)
Seine Worte bestätigen, daß die vier Alten aus dem wunderbaren Raum stammen und mit dessen Gesetzen und Phänomenen vertraut sind. Er berichtet A l e x ander sogleich über das neueste Wunderbare, von dem er Kenntnis auf einem «Wasserfest» erhalten hat: von den drei magischen Quellen, die sich in dieser G e gend befinden sollen. Dabei wird dieser Bericht durch die Berufung des Führers auf einen «astrenomi'ens» im Ansatz wissenschaftlich stilisiert. Ebenso exakt sind auch die Angaben über die Macht der einzelnen Quellen, die im Bericht des Alten folgen (Episode 21). Alexander bietet den vier Alten an, sie reich zu belohnen, wenn sie ihm «ices noveles» (III 171, 3013) tatsächlich zeigten. Obwohl die ersten beiden Quellen im folgenden wie durch Zufall gefunden werden, scheinen die Führer ein Garant für ihre Entdeckung zu sein. Auch lassen die Anweisungen des Ältesten (III 170, 2999-3002), Alexander möge seine Leute ausschicken, damit einer «par aventure» (3002) die Quelle der Unsterblichkeit finden könne, erkennen, daß dieser um das zukünftige Geschehen (Enochs Entdeckung der Quelle) weiß oder daß er gerade dieses Geschehen hervorrufen möchte. Vielleicht will er durch die Ratschläge verhindern, daß gerade Alexander zur Quelle
245
V . cap. 3, p. 204s., für das Versagen des Pferds im «Val perilleus».
531
der Unsterblichkeit gelangt. Die Führer sind also als Kenner, aber auch als Hüter und als «Verbündete» des wunderbaren Raums charakterisiert und haben vielleicht sogar Macht über das Schicksal des Helden. Sie können oder wollen im folgenden auch nicht verhindern, daß Alexander nicht zur dritten Quelle, sondern in den von Artus und Liber beherrschten wunderbaren Bereich hinter den «puis de Falicost» gelangt (Episode 24). Dort geben sie ihm allerdings weitere Informationen über den wunderbaren Bereich und ebenso Hinweise zum richtigen Verhalten. So erklären sie auf dem hohen Berg, der das «Ende der Welt» zeigt, daß ein weiteres Vorrücken hier sinnlos und gefährlich sei, da niemand den Weg kenne und Hitze und Wassermangel drohten: «Cil d'Ynde Ii ont dit d'aler avant ne paint,/ N'est qui la voie sache ne qui la lor ensaint,/ Que l'ardor est si grans ja seroient estaint» (III 180,3125-3127). Hier gestehen die Führer ihr eigenes Unvermögen ein, in diesem Bereich und über ihn hinaus zu führen. Obwohl Alexander auf sie hört und in die «fasti'ene Ynde» (III 181, 3133) zurückmarschiert, kann er den feindlichen Bereich von Artus und Liber offenbar nicht verlassen, wie die furchtbaren Unwetter und das Wissen der Armee um den Zorn der Götter im folgenden zeigen (III 181-183). Als der Held die Führer nach der Ursache des meteorologischen Wunderbaren fragt, geben diese ihm keine Antwort: «Alixandres demande a ciaus d'Ynde que dut/ Q'apres si grant chalor si grant froidure mut,/ Mais onques por le dire nus d'aus ne s'aparut.» (III 183,3185-3187). Es ist offensichtlich, daß die Macht und das Wissen der Führer in diesem Bereich sehr gering sind. Im von Artus und Liber beherrschten wunderbaren Bereich findet Alexander plötzlich zwei neue Führer, wobei eigentlich er von diesen «deus viellars ynd'iens» (III 184, 3188) gefunden wird. Als er sie nämlich erblickt und anspricht, bitten sie ihn, ihnen Alexander zu zeigen, den sie suchten (3191-3195). Sie können ihn sogar selbst erkennen, als die Soldaten sie dazu auffordern («Autresi le connurent com s'il lor fust mostres.»; 3200), wodurch ihre wunderbaren Fähigkeiten hervortreten. Die Führer bieten Alexander an, ihn zu den Orakelbäumen zu führen, die er zu erreichen begehre, was dieser dankbar annimmt (3201-3205). Durch den Einschub dieser Episode an dieser frühen Stelle der Erzählung, an der noch nie von den Orakelbäumen die Rede war, scheint es daher, als ob die Führer über wunderbares Wissen über Alexanders Bedürfnisse und Wünsche verfügten und gleichzeitig sein Fortschreiten im wunderbaren Raum steuerten. Auch bei den folgenden Ereignissen im von Artus und Liber beherrschten Bereich, in dem sich der Held und seine Leute noch immer befinden, sind es die zwei indischen Führer, die Alexander beraten. Die vier Führer der Quellen sind plötzlich verschwunden und offenbar, den Gesetzen und der Struktur des Raums entsprechend, durch Führer ersetzt worden, die für den von Artus und Liber beherrschten Bereich zuständig sind. Diese können Alexander denn auch Auskunft über die von Artus und Liber verzauberte Höhle geben (III 186, 32363246), wobei ausdrücklich erwähnt wird, daß es sich um zwei Führer handelt (3 2 39; 3244). Aufgrund ihres großen Wissens bittet Alexander die Führer, bei ihm zu bleiben, und schließt eine Art Abkommen mit ihnen (3247-3253). Ihre 532
Kenntnis und ihre Macht über die wunderbaren Phänomene des wunderbaren Raums zeigt sich vor allem in der folgenden Episode. 246 Die Führer geleiten Alexander zum Blumenmädchenwald, den sie selbst in einem Tal entdecken (III 187, 3267s.). Sie wissen um seine Beschaffenheit und seine Gesetze und informieren Alexander über die Blumenmädchen («A Alixandre en dient Ii viellart la novele»; III 1 9 1 , 3 3 4 3 ) , nachdem der Erzähler (vielleicht als Wiedergabe ihres Erkundungsgangs) bereits von diesem Bereich berichtet hat. Zudem setzen sie ihre magischen Fähigkeiten ein, nachdem Alexander sie gebeten hat, ihn zu den Mädchen zu führen. Sie setzen durch einen Gegenzauber die zwei Automaten außer Kraft, die auf einer Brücke den Zugang zum Blumenmädchenwald bewachen (III 194-197). 2 4 7 Hier wird besonders deutlich, welch große Zaubermacht die wunderbaren Führer Alexander voraushaben. Der Älteste bittet Alexander, ihn sein «mestier» (III 196,3427) ausüben zu lassen, woraufhin seine magischen Handlungen detailliert beschrieben werden (III 197). Alexanders Ohnmacht gegenüber den wunderbaren Phänomenen zeigt sich besonders darin, daß er und die Soldaten die zerstörten Hämmer der Automaten nicht bewegen können (III 197, 3447-198, 3451). Die Führer haben nicht nur magische Kräfte, sondern auch großes Wissen über die Blumenmädchen. Als Alexander sie später über die Ursache des wunderbaren Phänomens ausfragt (III 200, 3521-3529), geben sie ihm jedoch nur einige Informationen über die Lebensweise, die Kleidung und die sofortige Wunscherfüllung der Blumenmädchen, ohne die weitreichenden Fragen des Helden wirklich zu beantworten (3530-3542). 2 4 8 Auch hier schützen die Führer also den wunderbaren Raum vor dem Zugriff des Helden. Nachdem Alexander und die Soldaten den Blumenmädchenwald verlassen haben, gelangen sie wieder in den von Artus und Liber beherrschten feindseligen wunderbaren Bereich zurück. Hier haben die Führer wiederum keine Macht über das Fortschreiten mehr. Obwohl sie eine Abkürzung («adrecement»; III 201, 3 5 5 1 ) wählen, gelangen alle in das feindselige «Niemandsland». Von dort aus bestimmen die Führer erneut das Fortschreiten Alexanders, indem sie sowohl die Orakelbäume als auch die Quelle der Jugend wieder als Ziel in den Blick nehmen: «Li dui villeiart ques gui'ent Ii ont dit belement/ Qu'il face l'ost remaindre si voist priveement/ Por veoir les deus arbres devins isnellement/ Et la chiere fontaine et l'eaue de jovent» (III 201, 3584-3588). Dabei erklären sie zugleich auch die Gesetzmäßigkeit, an die die Wirkung der Quelle gebunden ist (3589-3593). Alexander folgt ihrem Vorschlag und bricht mit wenigen Leuten auf. Bevor die Quelle der Jugend erreicht werden kann, muß jedoch ein überaus heißes Gebiet passiert werden, das sogar die Führer ängstigt (III 202,3604). Obwohl das hohe Alter ein wichtiges Kennzeichen der Führer aus dem wunderbaren Raum zu sein scheint, lassen diese sich schließlich selbst von der Quelle der 246
247 248
V . dazu auch cap. 1.3.4., P-38s.
V. cap. 1.3.4., p. 41. Cf. auch Kozlowski 1983, p. 66-69. V. cap. 1.5.3., p.6is. 533
Jugend verjüngen, indem sie die Gesetzmäßigkeit des viermaligen Untertauchens befolgen (III 206, 3691-3703). Ihre Verjüngung enthebt sie offenbar auch ihrer Qualitäten als Führer - wodurch diese auch durch hohes Alter erklärbar zu werden scheinen denn sie verschwinden im folgenden wie zuvor auch die vier Führer. Alexander glaubt nicht mehr daran, allein zu den Orakelbäumen zu gelangen, und will erneut in die «fast'iene Ynde» (III 207,3714) zurückkehren. Der wunderbare Raum selbst bestimmt jedoch, daß der Held diesen wunderbaren Bereich erreichen soll, indem zwei neue Führer auftauchen, die die alten ersetzen können. Alexander erblickt in der Wüste «deus pai'sans» (III 207,3715) und fragt sie nach Erzählungen über das Wunderbare. Die Führer berichten ausführlich von den Orakelbäumen und erklären sich bereit, Alexander dorthin zu führen (III 207-208). Diese Episode überschneidet sich dabei mit dem Plan der vorigen Führer, da nochmals die Reduzierung der Soldaten, die Alexander zu den Bäumen begleiten, gefordert wird (III 208,3730-3733). Diesmal erregt die Forderung der neuen Führer allerdings das Mißtrauen des Helden, der sich an seine Erlebnisse während der ersten Exkursion erinnert fühlt (3734-3742). Die Führer können Alexander jedoch von ihrer Vertrauenswürdigkeit überzeugen und den Zug zu den Bäumen planen (III 209). Im folgenden geleiten sie ihn tatsächlich durch den Grenzraum der Wüste unversehrt zum wunderbaren Bereich um die Orakelbäume (III 21 is.). Wie beim Aufbruch durch die Wüste zu den Grenzpfeilern (Grenzbereich 9) scheint die Wüste in Anwesenheit von Führern ungefährlich. Nachdem Alexander sein Ziel erreicht hat, ist keine Rede mehr von den Führern, zumal der Held den wunderbaren Raum danach verläßt. Insgesamt läßt sich feststellen, daß der Held ohne die Führer im wunderbaren Raum verloren wäre und daß eine relative Eigenständigkeit in seinen Zielsetzungenen überhaupt nur durch diese Figuren möglich ist. Die Führer erfüllen vielfältige Aufgaben im Rahmen von Alexanders Fortschreiten durch den wunderbaren Raum. Sie stellen dem Helden mit den Quellen und den Bäumen die für ihn entscheidenden Bereiche des Raums vor und führen ihn dorthin. Zudem erklären sie ihm mitunter einige Merkmale der wunderbaren Bereiche und ihrer Phänomene und offenbaren so großes Wissen über den Raum und seine Gesetze. Über einige Bereiche, die märchenhaftes Wunderbares beherbergen, wie über die Quellen und den Bereich um die Blumenmädchen, haben sie große Macht. Alle Führer stammen aus der Wüste, wodurch die Funktion dieses Bereichs als Grenz- und zugleich Verbindungsbereich zwischen den einzelnen wunderbaren Bereichen ein weiteres Mal verdeutlicht wird. Wie im Märchen tauchen die Führer in ihrer Funktion als Helfer immer genau dann auf, wenn der Held ihrer Führung zu oder in einem neuen Bereich bedarf. Dadurch tragen diese Figuren im RA entscheidend zur märchenhaften Stilisierung der Darstellung des wunderbaren Raums der zweiten Exkursion bei. Allerdings wissen auch die Führer nicht in jedem Bereich etwas über die wunderbaren Phänomene und können diese nicht immer beeinflussen oder außer Kraft setzen. Während sie in den Bereichen mit märchenhaftem Wunderbarem - die Bereiche um die magischen Quellen, den 534
Blumenmädchenwald und die Orakelbäume - große Macht zu haben und dadurch auch den Bereich vor dem Zugriff des Helden zu beschützen scheinen, gilt das Gegenteil für den von Artus und Liber beherrschten wunderbaren Bereich. Dort können sie z.B. das Auftreten des meteorologischen Wunderbaren weder erklären noch beeinflussen und nicht über das Fortschreiten im wunderbaren Raum entscheiden, den Helden also seinerseits nicht vor diesem Bereich beschützen. So entpuppt sich letztlich die Eigenmacht des Raums als das wichtigste Strukturprinzip für das Fortschreiten Alexanders im wunderbaren Raum. Der Raum selbst scheint dem Helden die Führer zu senden und sich seinen Taten entsprechend auszurichten. Erst wenn der Held einen bestimmten Bereich passieren und so die mit diesem Bereich verknüpften Prüfungen bestehen konnte, öffnet der Raum einen weiteren Bereich für ihn, so daß Alexander eine in sich sinnstiftende Abfolge von Bereichen durchqueren und immer tiefer in den wunderbaren Raum vordringen kann. Dabei wechselt die Raumstruktur zwischen feindseligen Bezirken, die alle zum von Artus und Liber beherrschten Bereich gehören, und eher einladenden - nur im Falle des Blumenmädchenreichs von Gefahr bestimmten - märchenhaft stilisierten Bereichen. Die Führer sind dabei genau wie Alexander der Macht des wunderbaren Raums unterworfen, da sie nur in bestimmten Bereichen etwas bewirken können. Im feindlichen-dem Erzähler und der Auffassung der Figuren zufolge von Artus und Liber beherrschten - Bereich scheint der Raum gegen das Vordringen des Helden zu rebellieren und sich gegen seine Erkundung zu wehren. 249 Er kann von Alexander und den Makedonen nur um der Preis seiner Auflehnung durchschritten werden. Der wunderbare Raum agiert im von Artus und Liber beherrschten Bereich ähnlich wie eine erzürnte Figur und entwickelt deutlich ein Eigenleben, das auch sonst z.B. durch das Auftreten und Verschwinden der Führer und die Abfolge der Bereiche suggeriert wird. So wird der wunderbare Raum im Text daher im gewissen Sinne durch das Stilmittel der Personifikation dargestellt. Vielleicht dient dieses erzähltechnische Verfahren dazu, den wunderbaren Raum als Verkörperung der wunderbaren Figuren Artus und Liber und ihrer Macht auszuweisen. Dann wäre die «programmation occulte»,250 von der Gaullier-Bougassas im Hinblick auf den wunderbaren Raum spricht, als das Wirken dieser Figuren zu erklären und damit ein Ausdruck für ihren Anspruch auf die Herrschaft über den wunderbaren Raum. Folgt man dieser Argumentation, ließe sich aus der Erzählstruktur der dritten Branche des RA tatsächlich erkennen, daß die Figuren Artus und Liber für die märchenhaft (Artus) und für die religiös (Liber) bestimmten wunderbaren Bereiche des wunderbaren Raums stehen. Der Held muß sich im wunderbaren Raum mit märchenhaft stilisierten wunderbaren Bereichen auseinandersetzen, wie sie aus den Romanen Chretiens und den Lais bekannt waren, aber auch mit religiös stilisierten wunderbaren Bereichen, wie sie aus den antiken Ro249 250
Cf. dazu Baumgartner 1988, p. 10; Baumgartner 1998, p. 23; Kozlowski 1983, p.8o. V . Gaulllier-Bougassas 1998a, p.455, p.458.
535
manen bekannt waren. Er rivalisiert so - und damit tut dies auch der RA in literarischer Hinsicht mit den entsprechenden Texten - mit den Helden der höfischen Romane, der Lais und der antiken Romane, die durch die Figuren Artus und Liber symbolisiert werden. 5.4.4.
Das Verhältnis von wunderbarem und nicht-wunderbarem Raum im Roman d'Alexandre und im Partonopeu
Die Untersuchung des Partonopeu hat gezeigt, daß der Text ein sehr elaboriertes Raumkonzept vorstellt und dies in die Handlungsstruktur einbindet. Der komplex dargestellte wunderbare Raum beherbergt sowohl technisches Wunderbares wie die gesamte wunderbare Stadt Chief d'Oire und ihre Paläste (787-1036) als auch märchenhaftes Wunderbares wie die Gestalt der Fee und ihr magischesSchiff mit den unsichtbaren Seeleuten (708-770) und ebenso natürliches Wunderbares wie die wunderbare Fauna im Grenzraum des Ardennenwalds (511— 514; 5766-5822) und die Laken und die Bettdecke Meliors, die aus Teilen wunderbarer Tiere gefertigt ist (1070-1092). Religiöses Wunderbares spielt in diesem Raum keine Rolle, wenn auch die Reden der Fee oft christlich stilisiert sind (1541-1556). Im Partonopeu werden der nicht-wunderbare und der wunderbare Raum zuerst als zwei getrennte Räume aufgefaßt, diese Dualität des Raumkonzepts wird aber im folgenden allmählich durch eine Annäherung und schließlich eine Verschmelzung der Räume ersetzt. Der wunderbare Raum entpuppt sich als verzauberter Raum und wird nach seiner Entzauberung durch den Helden das neue Zentrum des nicht-wunderbaren Raums. Diese kategoriale Veränderung der Raumsstruktur durch den Helden zeigt, daß dieser alle Möglichkeiten der Einflußnahme auf den wunderbaren wie auf den nicht-wunderbaren Raum hat. Diese Einflußnahme ist jedoch an seine Liebe zur Herrin des wunderbaren Raums geknüpft, mit deren Hilfe Partonopeu den wunderbaren Raum vor und auch nach der Entzauberung betreten oder verlassen kann. Auch der RA weist ein sehr elaboriertes Raumkonzept auf, wobei alle vier Typen des Wunderbaren, auch und gerade das religiöse Wunderbare, in den wunderbaren Raum integriert sind. Dahinter steht jedoch eine andere Auffassung vom wunderbaren Raum und seinem Verhältnis zum nicht-wunderbaren Raum. Alexander hat im Gegensatz zu Partonopeu im wunderbaren Raum nur sehr begrenzte Einflußmöglichkeiten. Er kann diesen nicht nach Belieben verlassen und betreten und baut auch keine Bindung zu einer Figur des wunderbaren Raums auf, die ihm dies ermöglichen könnte - eine etwaige Bindung an die feenhaft dargestellten Blumenmädchen wird von Alexander gerade vermieden. Der Held muß im RA wie Brendan im Voyage de saint Brendan einen bestimmten cursusdurchlaufen, den er nur in sehr geringem Maße beeinflussen kann. Anders als Partonopeu (und ähnlich wie Brendan) hat er den wunderbaren Raum aber willentlich betreten und sich seinen Gesetzen unterworfen, um ihn zu erkunden. Der wunderbare Raum ist vom nicht-wunderbaren Raum stets getrennt, wobei 536
diese Dualität der Räume und ihre strikte Trennung während der gesamten Handlung bestehen bleiben. Dennoch läßt sich eine gewisse Abhängigkeit der Ereignisse in beiden Räumen voneinander feststellen. Dabei scheint die Überwindung seiner Gegner im episch-kämpferischen Raum für Alexander stets die Voraussetzung für den Aufenthalt im wunderbaren Raum zu sein. So kann er die erste Expedition in den wunderbaren Raum nur durchführen, weil er Darius besiegt hat 251 und so nach Indien vorrücken konnte und auch weil er Porrus in die Flucht geschlagen hat. Die zweite Exkursion in den wunderbaren Raum kann Alexander wiederum nur unternehmen, weil er Porrus (scheinbar) besiegt hat und dieser ihn zu den Grenzpfeilern, dem Eingangstor zum wunderbaren Raum, führt. Damit sind im RA kämpferische Erfolge des Helden im nicht-wunderbaren Raum als die Voraussetzung für seinen Zugang zum wunderbaren Raum dargestellt. So scheint der wunderbare Raum im dualen Raumkonzept ein Raum von «höherer Qualität» zu sein. So wie Alexander in diesem Bereich selbst Prüfungen bestehen und Hindernisse überwinden muß, um in die einzelnen wunderbaren Bereiche vorzudringen, kann das Durchqueren und Unterwerfen des episch-kämpferischen Raums auch als ein Hindernis verstanden werden, das vor dem Eindringen in den wunderbaren Raum bezwungen werden muß. Umgekehrt scheint aber der episch-kämpferische Raum oberste Priorität in der Handlung zu besitzen. Mit Babylon liegt das Endziel des Helden deutlich im nichtwunderbaren Raum, und als Porrus Alexander nach der Vorhersage der Orakelbäume erneut den Krieg erklärt, kann der Held den wunderbaren Raum sofort verlassen, um im nicht-wunderbaren Raum erneut gegen Porrus zu kämpfen. Wenn also im episch-kämpferischen Raum neue Auseinandersetzungen anstehen, scheinen der wunderbare Raum und seine Gesetzmäßigkeiten für den Helden - und auch für den Text - vergessen. Damit triumphiert letztlich wie auch im Partonopeu in der Erzählung das epische über das märchenhafte Prinzip. Anders als im Partonopeu führt diese funktionale und strukurelle Abhängigkeit der beiden Räume im RA jedoch keinesfalls zu einer Annäherung oder gar einer Verschmelzung. Der wunderbare Raum liegt dort auch nicht nahe bei der Heimat des Helden, sondern weit in der Ferne, gewissermaßen am Ende des bekannten episch-kämpferischen Raums. Dieses Prinzip der Verfremdung trägt wesentlich dazu bei, die Dualität beider Räume im Text lückenlos aufrechtzuerhalten. Es wird, wie oben gezeigt, auch im Voyage de saint Brendan verwendet, dessen Raumkonzept dem des RA in mancherlei Hinsicht ähnlich ist. Zudem spielt im RA die Liebe des Helden zu einer Frau zu keiner Zeit eine Rolle für die Handlung, so daß sie auch nicht wie im Partonopeu strukturell zur Integration der Räume beitragen kann. Betrachtet man beide Darstellungen vom Verhältnis eines nicht-wunderbaren und eines wunderbaren Raums im Rahmen einer elaborierten Raumstruktur, so stellt sich unweigerlich die Frage nach dem zeitlichen Verhältnis zweier Texte, die eine so unterschiedliche Lösung für dieses Thema anbieten. Bereits die 251
Cf. so Croizy-Naquet 1999, p. 169. 537
Tatsache, daß sich beide Texte mit demselben Thema beschäftigen und zudem einen komplex strukturierten wunderbaren Raum darstellen, der Elemente aus mehreren anderen Gattungen wie den Lais, dem antiken und dem höfischen Roman 252 enthält, spricht für eine zeitnahe Entstehung. Z u d e m kann ein expliziter Hinweis im Partonopeu auf den RA in die Argumentation miteinbezogen werden. Im Palast Meliors besteht die Bettdecke der Fee aus der weißen Haut eines Ibis, 253 der alle Schlangen töten kann, so daß eine D e c k e aus seiner Haut wohl auch dagegen schützen kann. Bereits dies könnte ein intertextueller Hinweis auf Alexander und seine zahlreichen Auseinandersetzungen mit den Schlangen im wunderbaren Raum sein. Im folgenden wird jedoch sogar explizit angegeben, daß die genannte Bettdecke von Alexander stammt: «Bien est orles Ii covertors/ D e pel d'ibex entor les ors;/ [...]/ La beste qui le porte est blance/ Plus que n'est nois novele en brance./ Α tote rien est debonaire/ Fors c'as serpens solt molt mal faire;/ Serpens ocit, d'ice se paist,/ Ja n'iert si grant qu'ele nel piaist./ Li covertors vint d'Alixandre,/ Si est dedens de salemandre,/ Q u i fors de fu ne puet garir,/ N e fus ne puet son poil bru'i'r.» (Partonopeu, ed. Gildea 1967/ 1970, 1075s.; 10791088)
Zusammen mit dem Hinweis auf den Salamander, aus dessen Haut die andere Seite der D e c k e gefertigt ist, erinnert die Beschreibung an die Zeltbeschreibung im RA. D e r Eingang des Zelts ist dort aus einer Schlangenhaut gefertigt und die vierte Zeltwand aus der Haut eines Salamanders, die - wie auch dort unter Verwendung von «guerir»/»guerison» angegeben wird - nicht im Feuer verbrennen kann: «Et Ii quars [i.e. pans] fu plus vers que fueille de p l a n e n . / [...]/ Du poil fu d'une beste qui salemandre ot non, / Tous temps se gist en feu, n'a autre guerison,/ Ne ja ne porra feus ardoir le paveillon» (RA I 92,1969; 1972-1974). Dieser auch explizite intertextuelle Bezug des Partonopeu auf den RA bedeutet zwar nicht, daß das Werk nach der Entstehung des RA in der Version des Alexandre de Paris, also nach 1185, verfaßt worden sein muß, da die Zeltbeschreibung von Alexandre de Paris (und eben auch vom Autor des Partonopeu) aus einer früheren Version des RA übernommen worden sein kann, 254 macht eine spätere A b fassung aber eher wahrscheinlich. Zudem liegt bei der Darstellung des wunderbaren Raums im Partonopeu wie auch im RA eine Vermischung von Elementen aus verschiedenen Gattungen vor (v.0.).255 Beide Texte setzen bei den Rezipienten die Kenntnis des Strukturmusters der Lais voraus. A l l dies spricht auf jeden Fall gegen eine frühe Entstehung des Partonopeu um 1170, für die Eley und Simons sich aussprechen. 256 Bei einer Entstehung um 1170 wäre eine gleichzeitige
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Dies scheint trotz der gegenteiligen (historisch basierten) Argumentation von Simons/ Eley 1998, und Eley/ Simons 1999, für den Partonopeu aus meiner Sicht unzweifelhaft. V . dazu Fourrier i960, P.391S., der auf die gängige Verwechslung von «ibex» (Biber) mit «ibis» hinweist. V . dazu cap. 2.2.5. Cf. zur entsprechenden Problematik für die Chanson de Jirusalem auch Friede 2002. Cf. dazu auch Fourrier i960, p.392; Gaullier-Bougassas 1999, passim.
V. η. I64. 538
komplexe intertextuelle Bezugnahme des Partonopeu auf die Lais, den Tristanroman, das Epos, den antiken und den höfischen Roman und auf den RA (gegebenenfalls in einer Vorform) höchst unwahrscheinlich, zumal auch - ganz sicher nach 1170 anzusetzende - anonyme Lais die Voraussetzung für das Spiel mit dem Erzählschema des «conte morganien» sind. In der Bezugnahme auf diese anonymen Lais liegt im übrigen eine weiteres Moment, das Partonopeu und dem RA gemeinsam 1st.257 Für eine Datierung des Partonopeu nach 1185, wie sie auch Noble vorschlägt, 258 spricht neben dem - damit für die Rezipienten aktuellen - Hinweis auf den RA folgendes: Der wunderbare Raum im RA ist durch seine Zirkularstruktur und die Verschachtelung von Episoden dreier Ordnungen zwar deutlich komplexer struktuiert als der wunderbare Raum im Partonopeu, dieser geht jedoch durch die Rationalisierung und Entzauberung des Wunderbaren 2 5 9 sowie vor allem durch eine abstrakt-theoretische Auseinandersetzung nicht nur des Helden, sondern auch des Erzählers (v.o.) mit den wunderbaren Phänomenen seinerseits über den RA hinaus.
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V . für den wahrscheinlichen Bezug des RA auf Guingamor cap. 1, p.8o. V . n. 164. Dies wird z.B. auch von Suard 1990, als ein Charakteristikum der späten «chanson de geste», aufgezeigt.
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Schluß
Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, daß es bei der Untersuchung des Wunderbaren in mittelalterlichen erzählenden Texten darauf ankommt, den Blickwinkel der heutigen Zeit zunächst zu modifizieren, also das eigene «veoir» zu überdenken, und das Wunderbare in den Texten als solches überhaupt adäquat in den Blick zu nehmen. Dabei erwies sich die Vorannahme als richtig, daß eine Orientierung an den lexikalischen Bezeichnungen für das Wunderbare für die altfranzösischen Texte des 12. Jahrhunderts auszuschließen sei, da das Wunderbare auch ohne eine entsprechende lexikalische Markierung im Text auftritt. Zudem ist es, wenn überhaupt, zumeist der Oberbegriff der merveille, der das Wunderbare von Seiten des Erzählers oder der Figuren bezeichnet, wobei inhaltliche Differenzierungen nur selten lexikalisch festzumachen sind. Als methodisch unabdingbare Voraussetzung einer innerliterarischen Untersuchung des Wunderbaren zeigte sich zudem, daß wunderbare Episoden nie ausgehend von einem einzigen Text, sondern stets nur im Beziehungsgeflecht bereits bestehender Textsorten und Erzählmodelle betrachtet und ausgelotet werden können. Hierbei wurde versucht, die Voraussetzungen der zeitgenössischen Produzenten und Rezipienten der Texte zu rekonstruieren. Nur auf diese Weise wurden filigrane und immer wieder erstaunliche Bezüge der Texte, Textsorten, Erzählschemata und -Strategien aufeinander ersichtlich. Im einzelnen ließen sich thematisch in dem Textkorpus vier grundlegende Typen des Wunderbaren unterscheiden: das märchenhafte, das technische, das natürliche und das religiöse Wunderbare. Sie alle finden sich im RA, der mithin der früheste französische Text ist, der alle diese Typen verwendet. Jeder Typus enthält ein spezifisches Motivinventar, aus dem zahlreiche Motive untersucht wurden. Die Motive werden dabei in den verschiedenen Textsorten unterschiedlich ausgestaltet, stilisiert und funktionalisiert, wobei bestimmte Textsorten charakteristischerweise bestimmte Typen des Wunderbaren behandeln. So finden sich in den Lais stets märchenhaftes, in den antiken Romanen stets technisches und in der Visionsliteratur wie dem Voyage de saint Brendan stets religiöses und märchenhaftes Wunderbares. In der «chanson de geste» dominieren natürliches und religiöses Wunderbares (Rolandslied, Chanson d'Aspremont), mitunter aber auch technisches Wunderbares (Girart de Roussillon, Prise d'Orange). In der Heiligenvita findet sich textsortengemäß religiöses Wunderbares, oft aber auch natürliches Wunderbares, und im bretonischen Roman (Chretien, Partonopeu) finden sich natürliches und märchenhaftes Wunderbares, erstaunlicherweise tritt 540
jedoch - trotz einer Bezugnahme auf die antiken R o m a n e - kein technisches Wunderbares, etwa Automaten oder wunderbare G e b ä u d e , auf. Für den RA, zu dem alle untersuchten Texte in Beziehung gesetzt wurden, ist deutlich geworden, daß er Motive aus vielerlei Gattungen nutzt und sie meistenteils in die Darstellung eines zusammenhängenden wunderbaren Raums einbettet. Dadurch bildet dieser «roman» - ausgehend von vorliegenden französischen Texten - eine anspielungs- und voraussetzungsreiche Synthese bei der Darstellung des Wunderbaren aus und führt einen so auch auf anderen Ebenen umgesetzten Vollständigkeitsanspruch - einen Zyklus der Alexandertexte vorzulegen und ihre Zusammenführung zu einer Gesamtvita vorzunehmen - auch im Hinblick auf das Wunderbare durch. Die integrative Erzählweise des RA fügt in diesem Zusammenhang nicht nur Motive und teilweise verkürzt auch ganze Textsorten in die Darstellung der Vita Alexanders ein, sondern integriert in diese Episoden oft zusätzlich ein weiteres wunderbares Element aus einem anderen Typus. Die Bearbeitung der wunderbaren Motive erfolgt dabei auf die verschiedenste Weise. O f t wird eine in einer anderen Textsorte etablierte Motivreihe amplifizierend und überbietend «fortgeschrieben» wie im Fall der technisch wunderbaren Gebäudebeschreibungen aus den antiken Romanen. A u c h bei der Darstellung anderer Typen «schreibt» sich der RA durchaus in die Tradition bestimmter Textsorten «ein» wie z.B. durch die Stilisierung der Beziehung zwischen A l e x a n d e r und Bucephalus als «amor de lonh», durch die Stilisierung der Vorzeichen bei Alexanders Geburt und Tod nach der Darstellung der «chanson de geste» und durch die Stilisierung der Träume und O r a k e l in Anlehnung an entsprechende Szenen in den antiken Romanen. 1 Durch die Wahl einer anderen Stilisierung, als es die übrigen (lateinischen) Alexandertexte tun, erreicht der RA auch eine andere Akzentuierung der Episoden um die Luft- und die Tauchfahrtdes Helden. Ähnlich gilt dies in bezug auf französische zeitgenössische Texte für die Darstellung von Monstern und den wunderbaren Seen in der Wüste. Bei der Schilderung von Alexanders Aufenthalt im «Val perilleus», das als Hölle stilisiertwird, überlagern sich im RA heidnische und christliche Stilisierung und damit die Erzählmuster verschiedener zeitgenössischer
Höllenbeschreibungen.
Mitunter findet eine einschneidende Veränderung der Bedeutung eines aus einer anderen Gattung bekannten Motivs durch eine grundlegende «Umschreibung» im RA statt. Dies geschieht im Rahmen der Blumenmädchenepisode, die das Motiv vom «Aufenthalt eines Sterblichen im Feenreich» gegen die Auffassung der Lais darstellt, und ebenso bei der Schilderung der Unverfügbarkeit von wunderbarer Flora und Fauna für den Helden im RA, die in ihrer Bedeutsamkeit nur vor der Folie der entgegengesetzten Funktionalisierung des Motivs von wunderbarer Fauna und Flora in nahezu allen anderen Texten zu verstehen ist. So
' In diesem Zusammenhang muß energisch Aime Petit widersprochen werden, der bei einem Vergleich des RA mit den antiken Romanen nur unbedeutende Übereinstimmungen festzustellen meint. V. Petit 1999.
541
werden «versteckte Antworten» und Stellungnahmen in bezug auf andere Texte und Textsorten gegeben. Einen zusätzlichen Schwerpunkt der Arbeit bildete die Untersuchung der Raum- und Geschehensstruktur im RA und in einigen unmittelbar zeitgenössischen französischen Texten. Dabei wurde ersichtlich, daß die Verlagerung des Wunderbaren in einen weit entfernten, aber von der historiographischen und enzyklopädischen Literatur bezeugten Raum im RA zur Bewahrheitung des Erzählten beiträgt 2 und daß das Wunderbare andererseits erst in diesem besonderen Raum auf die für den RA festgestellte Weise darstellbar wird. Dabei gelten für den wunderbaren Raum des RA andere Gesetze und andere Begrenzungen als für den wunderbaren Raum z.B. des Artusromans und der «chanson de croisade». Der RA wählt eine ganz eigene Lösung bei der Anlage des wunderbaren Raums und seines Verhältnisses zum nicht-wunderbaren Raum. Dieser literarische Raum> ist nicht mit den in anderen Arbeiten untersuchten mentalen oder sozialen mittelalterlichen Raumkonzeptionen deckungsgleich, sondern steht mit seiner Literarizität und einer Semantik, die in den verschiedenen Texten ganz unterschiedlich ausspekuliert wird, als genuin eigene Raumkonzeption da. Des weiteren konnte die spezifische Funktion des «veoir» im RA aufgezeigt werden. Der Held wird anders als die Helden der übrigen untersuchten Texte seien es die Lais, der höfische Roman oder der antike Roman - bei seinem Umgang mit den wunderbaren Phänomenen vor allem als Rezipient des Wunderbaren dargestellt. Vergleichbare Ansätze zu einer solchen Darstellung finden sich zwar im Voyage de saint Brendan und in einigen «chansons de geste», deren Helden den Orient bereisen (Girart de Roussillon, Prise d'Orange), dort ist die Rolle des Helden als außenstehender Betrachter des wunderbaren Raums jedoch anderen, wichtigeren Rollen untergeordnet. Anders als Brendan oder die Helden der Prise d'Orange ist Alexander gerade nicht durch ein übergeordnetes religiöses Ziel oder die Liebe zu einer Frau für die Entdeckung der motiviert und wird auch nicht in die «andere Welt» integriert. Er hat vielmehr die Rolle eines Vermittlers, sieht das Wunderbare und läßt es die Barone und auch die Soldaten sehen. So wird eine Rezeptionskette dargestellt, an deren Ende zunächst der Rezipient des 12. Jahrhunderts und später auch der heutige Leser steht. Mit dem «veoir» wird damit im Roman d'Alexandre nicht nur eine Öffnung des Blicks auf das Wunderbare akzentuiert, sondern darüber hinaus eine Reduktion auf das bloße Schauen, die einerseits in den spezifischen Charakteristika der Alexander-Figur und ihres Schicksals begründet liegt, andererseits vom Kompilator Alexandre de Paris auch zur individuellen Motivierung des Untergangs seiner Hauptfigur genutzt wird.
2
Daß dies durchaus notwendig war, zeigt der bekannte Erzählerkommentar aus Waces Roman de Rou, in dem der Erzähler vorgibt, die wunderbare «forest de Broceliande» gesucht, aber nicht gefunden zu haben, und so die Bewahrheitung der wunderbaren Phänomene, von denen in der Literatur berichtet wird, anmahnt.
542
Es konnte die zentrale Stellung des RA in der französischen Literatur des 12. Jahrhunderts aufgezeigt werden, da nicht nur die «Vulgata», sondern auch Vorstufen des Alexanderromans nachweislich auf die zeitgenössischen Texte gewirkt haben. Chretiens Werke, der Partonopeu und weitere Texte beziehen sich sehr wahrscheinlich auf den Alexanderroman. Dabei zeichnet sich ausgehend vom Alexanderroman die Tendenz der zeitgenössischen Texte zur ausführlichen Darstellung eines wunderbaren Raums und seiner Beziehung zu einem ihm entgegengesetzten Raum ab. Auch was die Handlungsstruktur angeht, so erscheinen «altbekannte» und von der Forschung bisher als selbstverständlich angesehene textsemantische, handlungsstrukturelle und zeitliche Relationen - auch Datierungen - von «klassischen» Texten wie dem Lancelot Chretiens und dem Roman d'Alexandre durch eine vergleichende Untersuchung der Rolle des Wunderbaren in der Erzählstruktur in völlig neuem Licht. Für die Erfassung und Deutung des Wunderbaren erwies sich im Verlauf der Untersuchung ein intertextuell-funktionaler Zugriff auf die untersuchten Texte zunehmend als erhellend, mit der weiteren Folge, daß ihr literarhistorischer Zusammenhang immer deutlicher hervortrat. So ließ - über Textsorten hinweg, wenn nicht fast völlig unabhängig von dieser ja nicht genuin mittelalterlichen Einteilung der Texte - die erzählende französische Literatur des 12. Jahrhunderts in der Darstellung des Wunderbaren ein «autopoietisches Spiel» der Texte erkennen. Literatur liegt als selbstbezogenes und dadurch autonomes System vor uns, das verankert ist in einem Wechselspiel zwischen hochgebildetem Publikum, überregionalem Literaturbetrieb und einer schnellen Angleichung, Bezugnahme und Weiterentwicklung der Erzählmodelle. Die Modellbezogenheit sowie die Autoreferentialität der Texte, ja des sich europäisch früh konstituierenden Systems der französischen Literatur des 12. Jahrhunderts zeigen sich nicht primär in Intertextualitätsrelationen im Sinne eines eindeutigen Vorher-Nachher-Bezugs, sondern vielmehr in einer generellen textsortenübergreifenden morphologischen, typologischen und strukturellen Systemorientiertheit aller untersuchten Texte.3 Auf diese Weise verändern und präzisieren die in dieser Arbeit angewandte Methode wie auch die dadurch erreichten Ergebnisse nicht nur das Verständnis des RA, sondern stellen darüber hinaus die Interpretation der narrativen Literatur des 12. Jahrhunderts auf eine neue Grundlage - eine Grundlage, die systemtheoretisch genannt werden kann. Die von Niklas Luhmann fundierte Systemtheorie ist verschiedentlich in der Literaturwissenschaft aufgegriffen worden, wobei auch schon früh versucht wurde, sie literatursoziologisch einzubinden.4 Ihre Anwendung auf die Literatur des 12. Jahrhunderts könnte indes über den Vorwurf der Realitätsferne hinaus dem 3
Diese Sichtweise auf die französische Literatur des 12. Jahrhundert hat mir vordringlich die A r b e i t des Ringprojekts Α des S F B 5 2 9 ermöglicht - und dabei gerade der V e r gleich der volkssprachlichen « E i g e n » - L i t e r a t u r mit einer anderen volkssprachlichen sowie der lateinischen Literatur.
4
C f . zur Möglichkeit einer solchen A n w e n d u n g schon K ö h l e r 1 9 7 7 wie auch T u r k 1 9 9 2 ; Schwanitz 1990, bes. p. 5 3 - 7 6 ; 1 5 2 - 1 8 0 ; Schmidt 1996; Stichweh 1996.
543
Einwand begegnen, daß Luhmann selbst die Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Teilsysteme erst mit dem Spätmittelalter oder der italienischen Frührenaissance beginnen läßt. 5 Friedrich Wolfzettel überwindet jedoch in seiner Untersuchung zur Sizilianischen Dichterschule 6 beispielhaft das Problem der - wie er feststellt - zu Unrecht konkurrierenden Auffassung einer Literatur zwischen ihrem «Sitz im Leben» und ihrer Funktion als «autopoietisches Spiel», indem er auf die «implizit literatursoziologischen Züge» 7 des von ihm analysierten «autopoetischen Systems» hinweist. Die vorliegende Untersuchung stimmt im Grundsatz mit Wolfzettels Darlegungen insoweit überein, als auch hier nicht nur eine intertextuelle Gebundenheit der Texte zu einem autopoietischen System herausgearbeitet wurde, sondern darüber hinaus ebenso evident ist, daß dieses System seine eigenen produktions- und rezeptionsästhetischen Voraussetzungen hat.
5 6 7
V . Wolfzettel 1996, P.464S., sowie Luhmann 1995, p. 256-258. V . Wolfzettel 1996, passim. V . Wolfzettel 1996, p.465.
544
Liste der wunderbaren Episoden im Roman d'Alexandre
BRANCHE I Episode i :
I 1, 22-29
Rel. Wb. Episode 2:
anders G e b u r t (mit D e u t u n g ) I 3, 64-94
Rel. Wb. Episode 3:
D i e w u n d e r b a r e n V o r z e i c h e n bei A l e x -
D i e w u n d e r b a r e n V o r z e i c h e n bei A l e x anders G e b u r t II (mit D e u t u n g )
I 4,184-194
D e r m a g i s c h e E i n f l u ß des
Nectanabus
auf A l e x a n d e r s Schicksal bei seiner G e -
Rel. Wb.
burt Episode 4:
I 9, 250-10, 269
Rel. Wb.
A l e x a n d e r s T r a u m , Philipp läßt T r a u m d e u t e r rufen; ( f o l g e n d e
Deutungsszene
nicht w u n d e r b a r ) außerordentliche
[I, 15, 326-28
Entwicklung
Alexan-
ders] 1 Episode 5:
I 16,350-368
Rel. Wb.
D e r U n t e r r i c h t bei N e c t a n a b u s u n d dessen T ö t u n g
Episode 6:
I 18,398-408;
Die wunderbaren Eigenschaften von Bu-
Nat. W b .
1 9 , 4 1 8 - 2 2 , 493
cephalus
und
dessen
Zähmung
durch
Alexander, Reaktionen
[I78, 1697-1702
D e r w u n d e r b a r e P f e i l e r in A t h e n ]
Episode 7:
I 9 1 , 1948-98,
Tech. W b .
2070
Episode 8:
I 105, 2189-2218
Nat. W b .
D e r u n z u g ä n g l i c h e Felsen mit d e r Festung des r ä u b e r i s c h e n H e r z o g s
Episode 9:
I 121, 2515-
Nat.Wb.
124, 2574
1
Alexanders wunderbares Zelt
D e r Tertre
aventureus
Angaben in eckigen Klammern beziehen sich auf kurze Erwähnungen wunderbarer Phänomene.
545
Episode ίο:
I 132, 2745-
D i e wunderbaren Vorzeichen vor Tyrus
Rel. Wb./Nat.
135, 2824
(Sturm, Fisch, Schmied)
Wb. [I 139, 2892-2894
Eine Stimme im Traum fordert Alexander zur erneuten Belagerung auf]
B R A N C H E II [II 40, 882-889
D e r Seher und Zauberer Guimadochet]
B R A N C H E III (vorher: Darius- Krieg zu Ende) 2 Grenzbereich
III 18, 368-378
D e r Aufbruch in die Wüste
Episode 11:
III 18, 379-28,
Die Tauchfahrt
Tech. Wb.
560
Grenzbereich
1:
2:
III 29, 590-595
D e r Z u g durch die Wüste I (Hitze)
(1. Schlacht gegen Porrus) Episode 12:
III 48, 880-51,
Tech. Wb.
950
Grenzbereich
3:
D e r Palast des Porrus
III 52, 951-56,
D e r Z u g durch die Wüste II (Hitze, Was-
1061
sermangel)
Episode 13:
III 57, 1062-
Erste wunderbare Erlebnisse in der Wü-
Nat. Wb.
63,1178
ste: der gefährliche See
(verräterische
Führer, das bittere Wasser; die Eingeborenen auf der Insel; die Flußpferde; die weisen Inder) Episode 14:
III 64, 1 1 7 9 -
D e r Irrweg durch die Wüste (falsche Füh-
Nat. W b
72,1290
rer; wilde Tiere und Monster)
11173,1291-1299
D i e A n k u n f t am Süßwassersee (die Wü-
Grenzbereich
4·.
ste scheint bezwingbar)
2
Für die dritte Branche sind zur besseren Übersicht in runden Klammern die Ereignisse genannt, die sich im nicht-wunderbaren Raum abspielen.
546
Episode 15:
Nat. Wb.
Grenzbereich 5:
III 74, 130085,1464
Die Monster und wunderbaren Wesen am Süßwassersee (u.a. Dentirant; Nachtvögel; Natterfrauen mit magischen Steinen)
III 86, 146587,1491
Die Bestrafung der verräterischen Führer und die Durchquerung der Wüste bis zum fruchtbaren Gebiet
(2. Schlacht gegen Porrus) [III 101,1743-1745
Das wunderbare Pferd des Astaros, von einer Fee]
[III 106, i84of.
Das wunderbare Pferd des Astaros
II]
(Porus ergibt sich) Grenzbereich 6:
III 123,21452148
Der Plan zum erneuten Aufbruch in die Wüste
Episode 16:
III 124, 2149128, 2191
Gog und Magog
Tech. Wb./Rel. Wb.
(Gier versus Freigebigkeit gegenüber den Untergebenen) Grenzbereich 7:
III 130, 22152221
Der Plan zum erneuten Aufbruch in die Wüste II
(Gier versus Freigebigkeit gegenüber den Untergebenen II) Grenzbereich 8:
III 136, 22962303
Der Plan zur Durchquerung der Wüste (Erfahrung des Wunderbaren und der Eroberung von Babylon)
(praktische Vorbereitungen) Grenzbereich 9:
III 139, 23262337
III 140, 2338-201,3584 Rel. Wb./ Nat. Wb. Episode 17:
Rel. Wb./Nat. Wb.
III 140, 2338148, 2475
Der erneute Aufbruch in die Wüste (Hitze, Schlangen; wie III, 73: noch Kontrolle über den Raum) Rahmen-Episode, 1. Ordnung: D e r v o n
Artus und Liber beherrschte Bereich Diesseits und jenseits der Grenzpfeiler von Artus und Liber (Monster, wunderbarer Raum jenseits der Pfeiler, Rückkehr und Opfer diesseits der Pfeiler)
547
Episode 18: Rel. Wb./Nat. Wb.
III 148, 2476163,2895
Der Val perilleus
Episode 19: Nat. Wb./ Mhft. Wb.
III 164, 2896167,2936
Die Wasserfrauen
III 167,2937-206, 3712 Nat. Wb/ Tech. Wb/ Mhft. Wb.
Rahmen-Episode, 2. Ordnung: die drei magischen Quellen
Episode 20:
III 167, 2937169, 2985
Die vier Führer
Episode 21: Nat. Wb./ Mhft. Wb.
III 169, 2986171,3016
Der Bericht über die drei magischen Quellen (in der Reihenfolge: Jugend, Unsterblichkeit, Auferstehung)
Episode 22: Nat. Wb./ Tech. Wb./ Mhft. Wb.
III 172, 3017174,3055
Die Quelle der Auferstehung und ihre Ummauerung
Episode 23: Nat. Wb./ Tech. Wb./ Mhft. Wb.
III 175, 3056178,3107
Die Quelle der Unsterblichkeit und die Einmauerung Enochs
Episode 24: Rel. Wb./ Nat. Wb.
III 179, 3108183,3187
Das Eindringen in den von Artus und Liber beherrschten wunderbaren Bereich I (Monster, Blick auf das Ende der Welt, Unwetter)
III, 184,3188-•216, 3877 Rel. Wb./ Nat . Wb.
Rahmen-Episode, 3. Ordnung: die Orakelbäume
Episode 25:
III 184,31883205
Die zwei Führer
Episode 26: Rel. Wb./ Nat. Wb.
III 185, 3206186,3253
Das Eindringen in den von Artus und Liber beherrschten wunderbaren Bereich II (Unwetter, die Götterhöhle)
Episode 27: Mhft. Wb./ Nat. Wb./ Tech. Wb.
III 187, 3254201,3550
Die Blumenmädchen (ebenfalls eine Art Rahmenepisode mit Unterepisoden)
Episode 28: Rel. Wb./ Nat. Wb.
III 201,3551-
Das Eindringen in den von Artus und Liber beherrschten wunderbaren Bereich III (das Niemandsland)
548
3584
Episode 29:
III 2 0 1 , 3 5 8 5 3597
Die erneute Planung der zwei Führer für die Reise zu den Orakelbäumen
Episode 30: Nat. Wb./Tech. Wb./ Mhft. Wb.
III 202, 3598206,3712
Die Quelle der Jugend
Episode 31:
III 2 0 7 , 3 7 1 3 210,3765
Zwei neue Führer berichten von den Orakelbäumen
Grenzbereich 10:
III 2 1 1 , 37663780
Aufbruch zu den Orakelbäumen (die Wüste scheint kontrollierbar)
Episode 32: Rel. Wb./ Nat. Wb.
III 2 1 2 , 3 7 8 1 216,3877
Das Orakel der Bäume und die Trauer angesichts des Orakelspruchs, Verlassen des wunderbaren Raums
(Der Tod des Porrus) [darin: III 233,4176-4183
Das wunderbare Pferd des Tholome]
(Die Planung des Giftmordes; die Candace-Episode; der Entschluß, nach Babylon zu gehen) Episode 33: Tech. Wb.
III 275,4938282,5098
Die Luftfahrt
(Die Belagerung von Babylon; der Kampf vor den Toren der Stadt) [darin: III 2 8 6 , 5 1 5 1 - 5 1 5 5
Das wunderbare Pferd des Tholome II]
Episode 34: Rel. Wb.
Die Befragung des durch die Babylonier
III 352, 6073353,6087
Apollon-Orakels
(Beratungen über das Orakel) Episode 35: Re. Wb.
III 362,62036211
Die Macht der Götter Mahomet und Apollon
[III 364, 6238-6239
Der Turm von Babylon wurde von Riesen erbaut]
[III 367, 6273f.
Der Turm von Babylon wurde von Riesen erbaut II]
(Die Schlacht um Babylon) Episode 36: III 420, 7 1 2 0 Tech. Wb. 424,7205
Das Grabmal des Emirs
(Vorbereitungen zur Festkrönung Alexanders) III 425, 7228-450, 7705
Die Amazonen
549
Episode 37: Mhft. Wb.
III, 425,7228427, 7270
Samsons Bericht von den Amazonen
(Planung und Aufbruch der Exkursion zu den Amazonen) Episode 38: Rel. Wb.
III 429,7305430,7320
Der Traum der Amazonenkönigin
(Deutung des Traumes, eine Botschafterin berichtet der Königin von Alexanders Plänen) Episode 39: Mhft. Wb.
III 434, 7395436,7431
Die Schönheit und Ausrüstung der Botschafterinnen Flore und Biaute
(Aufbruch der Botschafterinnen; Alexanders Lager) Episode 40: Mhft. Wb
III 438, 7449441,7523
Der Gesang der Amazonen und seine Wirkung auf Ariste und Clingon
(Zusammentreffen der beiden Amazonen mit den beiden Pairs; Geleit; ihre Botschaft für Alexander; Hochzeit der beiden Paare) Episode 41: Mhft. Wb
III 448,76467657
Die Schönheit und Ausrüstung der Amazonenkönigin
(Aufbruch der Königin, sie unterwirft sich Alexander) Episode 42: Mhft. Wb
III 450,76947705
Die Vorführung der Kampfkünste der Amazonen
(Die Amazonen und die Makedonen trennen sich; Olympias' warnender Brief; die Vorbereitungen des Giftmordes)
BRANCHE IV Episode 43: Rel. Wb./ Nat. Wb.
IV 1 , 1 - 1 4
Die unheilvolle Geburt eines Monsters in Babylon
(Deutung der Mißgeburt; die Krönung; das Gift und der langsame Tod Alexanders, die Trauer der Pairs) [darin: IV 35, 675-677
Wunder Gottes evoziert]
[darin: IV 38, 723-735
Emenidus' Kampf gegen einen Riesen erwähnt]
[darin: IV 38, 735-744
Darstellung Fortunas]
[darin: IV 50, 949-958
wunderbare Phänomene verschiedener Art erwähnt]
550
[darin: IV 5 1 , 99if.
Das Leichentuch, das in 1000 Jahren nicht verrottet]
[darin: IV 53, 1 1 9 3 - 1 1 9 6
Fortuna hat Macht über Gott]
Episode 44: Rel. Wb.
Die Befragung des Jupiter-Orakels durch die Makedonen
IV 60, 1427-61, 1455
(Alexanders Überführung nach Alexandria) Episode 45: Tech. Wb.
III 63, 1486-66, 1551
Alexanders Grabmal
(Zusammenfassung von Alexanders Leben, seine Städtegründungen, Bezug des Erzählers auf das Publikum und Epilog)
551
Liste der das Wunderbare bezeichnenden Termini im Roman d'Alexandre
i, 23 1, 27 I, 28 3,64 4, 184 7, 236 9, 262 10, 267 II, 271 f. 12, 278f. 16, 352 16, 358f. 18, 404 19, 424 22, 484 83, 1811 93, 1980 94, i99of. 97, 2047 105, 2192 105, 2201 121, 2518f. 121, 2524 122, 2533 122, 2537 1 2 3
«Dieus demoustra par signe qu'il se feroit cremir» «Ce fu senefiance que Dieus fist esclarcir» «Pour moustrer1 de l'enfant qu'en devoit avenir» «El fu a sa naissance par signe demostree» «Que il estoit bastars, nez par enchanterie.» «Mes nus hom ne l'ot dire, qui la merveille espelle « «Α l'entrer cheoit mors, ce fu grant aventure.» «Quant Ii rois l'entendi, durement se merveille» «Les bons devineours fet querre par le regne, Devins et sages clers communalment amene» «De maintes sapiences et de sortisseors Et de Yart d'ingremance et de devineours» «Naptanabus ot non, d'engin estoit parez.» «Mes tant lut ingremance et tant en fu usez Que si bons enchanterres ne fu onques trouvez.» «Car n'a soing qu'il Ii doie grant merveille celer.» «Felonnesse et diverse, cheval l'apelle on» «Tuit ont ceste merveille 0'1'e et entendue» «Enchanteeur t'apelle et fuiz de Sathenas.» «Pour la bonti2 qu'ele a doit eile estre plus chiere» «Par mout grant maiestire ot assis un oisel En samblance d'une aigle, nus hom ne vit tant bei» «Le ciel tint a son col par son enchantement.» «En autre plus diverse est l'ost de Grece entree.» «Pour veoir la merveille s'i est l'ost arrestee.» «Truevent une merveille ques a touz esbahiz» Un tertre aventureus3, de maint homme est hai'z» «Ore oiez la merveille dont Ii mons est garniz» «La merveille du tertre, ce treuve l'en lisant» «Or oiez la merveille que Ii Grieu vont fesant»
Cf. TL, vol. 6, p. 337· In der Bedeutung «magische Kraft», so nicht im TL. TL, vol. 2, p.725, versteht aventureus unter Nennung des Beispiels als «verhängnisvoll, wo große Dinge geschehen».
552
I 122, 2558 I 123, 2572f. I I I I
124, 125, 132, 133,
2574 2600 2746 2754^
I I I I I
134, 134, 134, 134, 135,
2769 2775 2785 2790 28i4f.
40,884 40, 888f.
18,377 28, 542 49,908 50. 9 2 4 53,996 63,ι177 74,1307 82,1400 84,1439 84,1448 85,1460 88, 1492 88, 1500 98,1687 101,1736 101,1743 106,1840 125,2163 136, 2297 140, 2339 141,2367 142, 2373 142, 2381 143, 2391 144, 2412
«Alixandres me'ismes s'en vet mout merveillant.» «Dient de la merveille ques a si decetiz, C'onques mes en cest siecle ne fu tieus pies veüz.» «La merveille du mont fu le jor mout descrite.» «Trage fu en mi leu, une cite ombrage» «Et une grant tormente merveilleuse a lever» «Oez con grant merveille, par quel devision Lor vint une semblance en guise de poisson» «Cil de Tyr se commencent forment a merveillier» «Mes uns signes avint que il vodrent noncier» «Ceens est avenue grant merveille des hier» «De ces deus aventures vous devez esmaier» «Et Ii dieus Nepturnus, qui aloit tempestant, Vous fet la demostrance, et bien est aparant» «Onques en nule terre n'ot tel devineor» «En la terre d'Aufrique n'ot tel sortisseor, Sovent demostroit pertes et joies et tristor.>: Et bestes et oisiaus de diverse fason.» » Raplenist si le lieu d'odour esperital» Une vigne i ot mise par issi grant engin» Ne voie la mervelle dont Ynde est abitee» Qu'il n'a mervelle en Ynde la nuit n'i viegne boivre» Qui voient les mervelles des desers assambler» Et veulent qu'a merveille soit par tout esgardes» Car plus les redoutoient que serpent ne malfi.» Et ierent molt orible et molt desfiguw.» Mais ce tint Alixandres a merveilles provees» Cel jor por Alixandre firent Ii dieu vertus» Α mervelles le tint com il estoit venus» Mar en remanra uns nis en terre grifaigne» Et tante estrange terre en aves trespassee» Et sist el cheval noir que Ii dona la fee» II sist el cheval noir que Ii tramist la fee» Fil a putain le claiment, ne par enchantement.» Entrer veul es desers ou a tante mervelle.» Deus ymages d'or vit, dont molt s'est mervellies.» II n'ont tant de vertu ja mais en ississent.» Q'a mervelleuse paine sont outre trespasse» Ne se fierent gaires en lor grant de'ite» Q'il voient les mervelles des desers assembler» » 553
II 146, 2441 II 147, 2469 II 148, 2494 II 148, 2499 II 155, 2649 II 158, 2748f. II 160, 2799 II 160, 2824 II 1 6 1 , 2851 II 164, 2898 II II II II II
167, 2933 167, 2936 169, 2988 169, 2990 170, 3002
II II II II II II II II
174, 3049 176, 3083 181, 3142 181, 3159 186, 3223 186, 3240 186, 3242 186, 3245f·
II 187, 3256 II 190, 3302 II 191» 3334 II 192, 3360 II 194, 3400 II II II II II II
196, 3427 197, 3431
II II II II
199, 3472 199, 3505 199, 3 5 1 5 200, 3523
4 5
195, 3407 195, 3 4 1 4 195, 3 4 1 7 195, 3421
«Ne crient fer ne acier, tant est d e f i e r e geste.» «Et fust par tout le mont a mervelle tenu» «Alixandres mei'smes forment se mervella» «Li uns d'aus conte a l'autre la mervelle qu'il a.» «Molt sera grant mervelle sei poons esgarder» «Ainc Dieus ne fist mervelle dont Ii puist sovenir,» Fiere, laide et hideuse, que on doie cremir» «S'il ot peor ne doute, ne fait a mervellier» «Li rois entent la vois, prist soi a mervellier» «» « «Par engien mervelleus qu'il firent tresgeter» « A cel jor estoit Teure qu'el s'aloit demostrant.» «Des Grieus se mervellierent qant il les ont veüs» «» «Et orent icel lieu beneoit et sacre» «Que de cele mervelle qui l'a si effree» «S'en la cave a fantosme,4 serpent ne enferte» «Que Artus et Libers par lor grant deiti Entoschierent le lieu si l'ont enfantosmi.» «Et de la grant mervelle qui du ciel fu pleüe» «Cherubins et nardiers, mil arbres de bonte» «El vergie lor avint une mervelle bele» «Cil de l'ost les conjoient si s'en vont mervellant» «Qui les fait par augure deffendre au passeis.»
«Vont veoir la mervelle que li rois vait contant.» «Et toutes les mervelles de la terre mostrant.» «Q'il fera remanoir trestout Yenchantement.» «Laissies moi belement atorner mon mestier.5 «Pres de Yenchantement s'est eil agenollies» «Et iert par artimaire molt menu tresgetee» «Alixandres l'esgarde, plus iert bele que fee» «Cil de l'ost se mervellent, qui l'orent esgardee» «Si lor a demande:
Zu «fantosme» und «enfantosmer» in RA III, 186, 3246, v. Dubost 1991, p.47-55. In der Bedeutung «magisches Werk/Amt» cf. TL, vol. 5, p. 1694s. «gottesdienstliche Handlung etc.». 554
200,3544 201,3561 201,3583 201,3587^ 201,3594 202,3616 202,3619 203,3633 203,3641 204,3674 206,3692 206, 37o6f. 206,3711 207,3717 207, 3720 207,3723 214,3831 214,3836 214,3843^ 232,4168 233,4173 233,4178 235,4248 2
35, 4 2 58 262,4721 268,4818 275,4938ff.
277,4986 286, 5151 286, 5153 286, 5155 286, 5159 336, 5870 352, 6073 353, 6o77f. 353, 6081
«» «» «Et est venus en Siste, une estrange contree. C'est uns divers pais d'estrange renomee, Sauvage est molt la terre, orible et deffaee.» « «Et sist sor un destrier de diverse semblance» «Le col et les costes ot blans par demonstrance» «Les quatre pies ot noirs, ce fu senefiance.» «Trop sot Gastronomie et plus de ningremance6» «Puis jura Damedieu et toutes ses vertus» «Qant il ot la novele, manda por un devin» «Li clers fu nes d'Egypte, hom ne sot plus de sort, Et des respons as dieus se penoit il molt fort» «Et dist a l'amiraut: »
V. TL, vol. 1, p.6i2s. 555
354> 6098 362, 6208 368, 6291 372, 6347 373, 6361 405, 6889 406, 6898 407, 6907f. 408, 6939 420, 7116 420,7133! 421, 7142 421, 7155 423, 7181 424,7194 424,7196 424,7199 426, 7250 430,7307 430,7315 430,7320 440, 7500 441, 7504 445- 7582 457,7833 V i, 4 V i, 13! V 2,17 V 2, I9f. V V V V V V V V V V
9, 170 35, 662 35, 675 38, 755 47, 876 48, 899 51, 991 53, 1167 57, 1296 58, 1338
556
«
»
«Que il l'eüssent mort par lor enchantement.» «Uns mostres mervelleus par volente devine.» «Molt par est grans mervelle que Dieus el mont destine, Que la mort Alixandre veut demostrer par sinne.» «Et les devineors, que nul n'en i oublie.» «Du mostre qui est nes ne li goilent il mie, Mais dient verite, savoir que senefie.» «Des arbres et des mostres est la chose averee.»
«
«Or poons nos bien dire q'aventure nos fole.» «Par tel engin estoient et tissu et treslis»
«Vestus iert d'un biface ovre par grant maistrise»
IV 6ι, 1437 IV 65, 1539 IV 71, 1622
7
«Ont fait un de lor sors7 par molt grant maiestrie.* «Par grant senefiance fu l'ymage formee» «Qui bien ne sache entendre que ele senefie.»
V. T L , vol. 9, p. 929.
557
Abkürzungsverzeichnis
CFMA EM GRLMA HDA MFRA PRF RA SATF TL TLF
558
Classiques Francis du Moyen Age Enzyklopädie des Märchens Grundriß der romanischen Literaturen des Mittelalters Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens The Medieval French Roman d'Alexandre Publications romanes et fran^aises Roman d'Alexandre (= MFRA, vol. 2) Societe des Anciens Textes Fransais Altfranzösisches Wörterbuch Textes Litteraires Frangais
Literaturverzeichnis
ι.
Textausgaben der Primärtexte, Lexika und Kommentare
ι. ι.
The Medieval French Roman d'Alexandre ( M F R A )
The Medieval French Roman d'Alexandre, vol. i, Text of the Arsenal and Venice Versions, ed. Milan S. La Du, Princeton, Princeton University Press, 1937 (Elliott Monographs, 36) (Nachdruck New York, Kraus, 1965). The Medieval French Roman d'Alexandre, vol. 1, Version of Alexandre de Paris, Text, edd. Edward Armstrong/ D.L. Buffum/ Bateman Edwards et ai, Princeton, Princeton University Press, 1937 (Elliott Monographs, 37) (Nachdruck New York, Kraus, 1965). The Medieval French Roman d'Alexandre, vol. 3, Version of Alexandre de Paris, Variants and Notes to Branch I, ed. Alfred Foulet, Princeton, Princeton University Press, 1949 (Elliott Monographs, 38), (Nachdruck New York, Kraus, 1965). The Medieval French Roman d'Alexandre, vol. 4, Le Roman du Fuerre de Gadres d'Eustace, edd. Edward Armstrong/ Alfred Foulet, Princeton, Princeton University Press, 1942 (Elliott Monographs, 39) (Nachdruck New York, Kraus, 1965). The Medieval French Roman d'Alexandre, vol. 5, Version of Alexandre de Paris, Variants and Notes to Branch II, ed. Edward Armstrong, with an introduction by Frederick B. Agard, Princeton, Princeton University Press, 1942 (Elliott Monographs, 40) (Nachdruck New York, Kraus, 1965). The Medieval French Roman d'Alexandre, vol. 6, Version of Alexandre de Paris, Introduction and Notes to Branch III, ed. Alfred Foulet, Princeton, Princeton University Press, 1976 (Elliott Monographs, 42). The Medieval French Roman d'Alexandre, vol. 7, Version of Alexandre de Paris, Variants and Notes to Branch IV, ed. Edward Armstrong, with an introduction by Bateman Edwards and Alfred Foulet, Princeton, Princeton University Press, 1955 (Elliott Monographs, 41) (Nachdruck New York, Kraus, 1965).
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564
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Brucker, Charles 416 Bruckner, Matilda Tomaryn 461s., 464, 471 Buchthal, Hugo 123 Burgio, Eugenio 324 Cahne, C. 298,301 Caldarini, Ernesta 9, 279,476s., 479 Carasso-Bulow, Lucienne 320, 473 Carnandet, Johannes 230, 263 Carstens, Henry 239 Castellani, Marie-Madeleine 361,363, 394 Castets, Ferdinand 85SS., 89 Cazelles, Brigitte 193, 227, 229 Chenerie, Marie-Luce 7, 457s., 461s., 464, 472s., 481s. Chocheyras, Jacques 228 Cizek, Alexander 222, 273 Clausen-Stolzenburg, Maren 26 d e m e n t e , Linda M. 84, 120s., 123,134 Collet, Olivier 19 Constans, Leopold 85s., 90SS., 102, 115SS., 121S., 124, 130, 132s., 136SS., 149SS., 156, 158, i6os„ 199, 238, 245,349s., 363SS., 378, 381, 394,418,424SS., 429,431, 434 Cormier, Raymond J. 84, 106 Couraye du Pare, Joseph 95,99s., 104, 110,129, 249s., 306 Croizy-Naquet, Catherine 83s., 91s., 97, 102,104SS., i n , 125, 127, 130SS., 135SS., 154, 160, 537 Curtius, Ernst Robert 71,361 Dammann, Günter 25 Daston, Lorraine 224, 286 de Boer, C. 235 de Mandach, Andre 85s., 88, 20iss., 21 is., 268s., 288 Deschaux, Robert 261,326 Despres, Catherine 41,43s.
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Di Febo, Martine 9, 386 Dickman, Adolphe-Jacques 8, 85,149, 203, 244s. Dombart, Bernhard 224 Draesner, Ulrike 13 Dubost, Francis 2,6, 10, 20,34,38, 49, 93, 139,158SS., 164s., 179,186,199, 203, 206, 209, 2 1 1 , 216, 222, 224, 227, 238, 244s., 262, 264, 268ss., 278s., 284, 294, 297,303, 310,320,382,386,409,416s., 4 1 9 , 4 2 1 , 455,460, 465,476s., 5 1 4 , 5 1 6 , 5 2 0 Duparc-Quioc, Suzanne 114, 261,325, 356s. Eamon, William 84, 140,154 Ebel, Uda 321,327,394,486s., 492 Ehlert, Trude 289,467 Eley, Penny 492,538 Eming, Jutta 3 , 4 , 7 , 10 Ernst, Ursula 317,326s. Eskenazi, Andre 85 Evans, Joan 131 Fahlin, Carin 115SS. Faral, Edmond 7, 84,130 Feldbusch, Michael 23 Ferlampin-Acher, Christine 176 Fery-Hue, Fran^oise 9 6 , 1 2 9 , 1 3 1 Finckh, Ruth 84 Foerster, Wendelin 117s., 233SS., 297,302, 304, 306, 456s., 462s., 470SS., 480 Foulet, Alfred 22s., 171s., 206, 239, 286, 316, 421 Fourrier, Anthime 455,492,503,538 Francis, Elizabeth A . 227 Friede, Susanne 30,32, 1 1 4 , 3 5 5 , 3 7 3 , 441, 443,456,461,470, 480,502,538 Friedrich, Udo 73s. Friess, Gerda 132 Gallais, Pierre 34s., 53,59, 72 Gaullier-Bougassas, Catherine 8s., 23,30, 32,59SS., 66, 68,70s., 7 9 , 9 2 , 1 0 9 , 1 1 iss., " 5 , 135, 139' 142, 146, 158, 1 6 1 , 1 6 4 , 166, 168, 170s., i8iss., 186s., 194,197, 199, 205, 213, 219, 238, 240, 251, 253, 279s., 282, 285, 287, 2 8 9 , 3 1 3 , 3 1 6 , 3 3 9 , 342,345,354,359s., 372s., 382,407,409, 415s., 419,422, 445, 448,45is., 455,458, 465,467, 469,475s., 493,513s., 5 1 6 , 5 2 1 , 524,529,535,538 Gaunt, Simon 239 Gier, Albert 9, 273, 290
584
Gildea, Joseph 493,495s., 498,501SS., 510, 538 Gingras, Francis 303s. Gnädinger, Louise 229 Gontero, Valerie 1 3 0 , 1 5 7 Gosman, Martin 8 , 5 1 , 5 9 , 7 1 , 5 1 8 Grout, P.B. 200,380 Guidot, Bernard 3, 93,95, 153, 248s., 294, 306 Guilcher, Yvette 193 Gumbrecht, Hans U. 4 Gunderson, Lloyd L. 23 Habiger-Tuczay, Christa 4,139s., 154,302, 304,310 Hackett, W. Mary 85s., 129,138,149SS., 289 Hallauer, Marguerite 8 Hammerstein, Rudolf 154 Hanning, Robert W. 106 Harden, Arthur R. 96 Harf(-Lancner), Laurence. 6, 22, 24, 28s., 31s., 34, 36s., 41,43s., 46,48,56, 64s., 69, 78,80, 146, 1 5 2 , 1 6 4 , 1 6 6 , 169, 172s., 175, 186, 205,313,316s., 340,383,494,496, 498s., 5 0 3 , 5 1 1 Hartmann, Karl-Heinz 183 Harvey, Ruth 239 Hassauer, Friederike 16s. Haug, Walter 457,461 Haupt, Barbara 66,73s. Herold, Ludwig 375 Hilka, Alfons 2 3 , 1 1 4 , 1 6 5 , 1 6 7 Hodgson, Frederick 30, 63,75,77 Hofmann, Konrad 1 1 5 , 1 1 7 Hogetoorn, Corry 321,394 Holden, A.J. 35,95,99s., 115SS., 157 Holthuis, Susanne 13 Holtus, Günter 318 Hoppenbrouwers, Henricus W.F.M. 263s., 266 Horn, Katalin 79 Huchet, Jean-Charles 124 Huisman, Jan 164,167 Infurna, Marco 9, 23,407,478,522 Jacques, Franqois 85,88 Jahn, Bernhard 16s., 486,515,524 Jauss, Hans Robert 4,13s. Jeanroy, Alfred 282 Johnson, Phyllis 193, 227, 229 Jolles, Andre 14, 2 5 , 6 1 , 7 4 , 7 7
Jonin, Pierre 3 1 , 7 6 Jung, Marc-Rene 124, 134 Kalb, Alfons 224 Kay, Sarah 289,293,301,304 Keller, Hans-Erich 227 Kieckhefer, Richard 4, 84, 139s. Kinzel, Karl 73, 242 Kjellmann, Hilding 333SS., 497 Klima, Joseph R. 23 Koebner, Thomas 4 Köhler, Erich 2 3 , 3 2 , 7 4 , 7 7 , 4 7 1 , 5 4 3 Kolmerschlag, Eliane 1 1 9 Kozlowski, Helen Louise 8s., 4 1 , 7 9 , 182, 184, 197, 2 1 3 , 3 1 3 , 3 7 1 s . , 387,409, 416, 441,455, 465, 469,520,530,533, 535 Kroeber, Auguste 85s., 89, 138, 141, 149SS., 159,306 Krohn, Rüdiger 300 Krüger, Felicitas 1 1 9 Kugler, Hartmut 164, 176,183SS. Kullmann, Dorothea 326 La Du, Milan S. 22 Labbe, Alain 83s., 86,97,141,149SS., 153s., 156,158, i6oss., 294, 296,318 Lachmann, Renate 14 Lacy, Norris J. 462,471s. Larmat, Jean 318, 322 Laurie, Helen C.R. 84 Le Goff, Jacques 5s., 525 Leclanche, Jean-Luc 119, 122, 128, 133, 137,157 Lecouteux, Claude 5s., 1 1 , 1 9 8 , 222SS., 228, 245, 256, 262, 269, 278s., 286s., 317, 346 Lecoy, Felix 301 Legge, Dominica 193, 229, 236,321s., 394 Legros, Huguette 84, 154, 156 Lewes, Ülle Erika 229s. Lofmark, Carl 4 Lonigan, Paul R. 298 Luhmann, Niklas 543s. Lundt, Bea 467 Lyons, Faith 298 Mackert, Christoph 242 Manger, Klaus 14 Maraud, Andre 64, 76 Marzell, Heinrich 310 Marzin, Florian 3, 25 Matzke, John E. 193, 266
Mayhoff, Carolus 280 McCormack, James R. 85SS., 104 McCulloch, Florence 226 Meier, Christel 6, 320, 340,394 Meinel, Gertraud 23 Menard, Philippe 9, 51, 5 7 , 7 1 , 84, 116, I22S., 135, 457, 459, 465, 474,518 Merk, Josef 3 1 7 Merrilees, Brian 321 Meslin, Michel 6, 1 0 , 3 1 0 Meyer, Paul 131 Micha, Alexandre 459s., 474 Michael, Ian 186 Migne, Jacques Paul 263 Miguet, Thierry 96 Milland-Bove, Benedicte 245 Minaud, Marie-Franijoise 8,464, 471, 473S. Minis, Cola 67, 74 Moisan, Andre 100 Mölk, Ulrich 14s., 20, 165s., 238, 298SS., 317s., 324, 412 Mommsen, Theodor 280 Mora(-Lebrun), Francine 378, 394s., 400, 404,408,43 iss. Moser, Hugo 17 Moser-Rath, Elfriede 45 Muratori, Emilia 93s., 248, 250 Myers, Geoffrey, Μ. 454 Nezirovic, Muhamed 394 Noacco, Christina 297,306 Noble, Peter S. 492,539 Normand, Jacques 247 Notz, Marie-Frangoise 9, 164, 1 7 7 , 1 7 9 , 182, 202, 2 1 1 , 269, 271s. O'Hara Tobin, Prudence Μ. 23s., 28s., 3 1 , 33, 35SS., 43s., 46SS., 49,53,55s., 63, 69, 74, 79 Owen, Douglas D.R. 394 Panzaru, loan 96 Paris, Gaston 95, 228SS., 233s., 262s. Park, Katherine 224, 286 Patch, Howard Rollin 5, 37, 4 2 , 7 1 , 209, 3 2 1 , 3 6 1 , 3 8 4 , 3 9 5 , 4 0 7 , 4 3 7 , 4 4 1 , 453, 490' 524 Paterson, Linda 239 Payen, Jean Charles 200,380, 397 Pelan, Margert Μ. 119, 215, 217, 238 Peron, Gianfelice 7s., 474, 520 Perrier, J.L. 93
585
Petit, Aime 9,83, i02ss., 1 0 9 , 1 1 iss., 318, 394,434,541 Petzoldt, Leander 4 Pfeiffer, Ruth 37 Pfister, Friedrich 165s., 186 Pickerodt, Gerhart 4 Pillet, Alfred 239 Pochat, Götz 7 Poirion, Daniel 7, 26, 83,120, 123, 377, 456 Polak, Lucie 84,154s., 157 Propp, Vladimir 34, 48,50, 61,308,375 Rabeyroux, Anne 150 Raynaud de Lage, Guy 9 2 , 9 7 , 1 0 1 , 105, 115s., 120, 199, 238, 245s., 254,368, 377s., 380s., 394,424,426s., 429SS., 456 Raynaud, Gaston 247 Regnier, Claude 138, 149SS., 238 Riddle, John M. 131 Ridoux, Charles 121 Ringger, Kurt 226 Rinoldi, Paolo 95, 249 Ritchie, Robert L.G. 321 Roach, William 90 Robertson, Duncan 193, 229, 263 Röcke, Werner 73, 224,322 Rohr, Rupprecht 6, 234 Ronsjö, Einar 117s. Ross, David J.A. 164,167s., 170s., 239 Rousset, Paul 8, 198,320, 340,380 Ruhe, Ernstpeter 3 2 1 , 3 2 7 , 3 7 8 , 3 8 9 Rychner, Jean 23, 27s., 33,35,43s., 46,48, 52,74,77,90SS., 115s., 129, 295,307 Salvador, Ana Gonzalez 3 Salverda de Grave, Jean-Jacques 9 8 , 1 0 1 , 106,115SS., 119, 121s., 126s., 131,133SS., 157, 246, 265,305, 347s., 398s., 401SS. Saly, Antoinette 458,472,474 Sasaki, Shigemi 205,382SS. Sasu, Voichita-Maria 4 Scheidegger, Jean R. 154, 156s. Schenda, Rudolf 60 Schmidt, Siegfried J. 543 Schmidt, Victor M. 164SS., 172,174, 176, 180, 184s. Schmidtke, Dietrich 6, 10 Schmolke-Hasselmann, Beate 46 Schmugge, Ludwig 16 Schneider, Marcel 3 , 5 9 Schöning, Udo 17, 84, 105, 121, 123, 156, 238, 245, 247, 254, 262, 305, 318, 340SS.,
586
3 4 3 , 3 4 5 , 3 4 7 , 3 5 1 , 3 6 3 , 366, 368s., 372, 377,429s·, 432,435, 481 Schultz, Alwin 87 Schultz-Gora, Oskar 85SS., 129,149SS., 158 Schwanitz, Dietrich 543 Schwann, Jürgen 6 Segre, Cesare 24s., 28, 32, 96s., 115s., 190s., 197, 209, 225, 259,356 Servois, Gustave 85s., 89, 138, 141, 149SS., 159,306 Settis-Frugoni, Chiara 164SS., 169s., 172, 181,184s. Sherwood, Miriam 154, 156 Shirt, David J. 457s. Short, Ian 321 Sienaert, Edgar 27,45,61 Simons, Penny 492, 538 Södergärd, Osten 328, 330SS. Soudek, Ernst Herbert 4 6 1 , 4 7 1 , 4 7 4 Steffens, Karl 2 3 , 1 6 5 , 1 6 7 Steinmeyer, Karl-Josef 191s., 226, 259s., 272 Stichweh, Rudolf 543 Stock, Markus 73 Storey, Christopher 115SS., 129 Strohschneider, Peter 17 Suard, Frangois 9 , 3 1 , 3 4 , 5 3 , 5 6 , 164, 174, 240, 318, 455,460s., 470, 478,516,539 Suärez, Maria Pilar 26,34 Sullivan, Penny 146,150, 154, 156 Sumberg, Lewis A.M. 325 Tattersall, Jill 206, 209,465, 487,491 Thiel, Joachim 397,400,405 Thiry-Stassin, Martine 235 Thomas, Jacques 85SS., 296 Thorp, Nigel R. 114, 238,338s. Trannoy, Patricia 154s., 1 5 7 , 1 6 2 Turk, Horst 543 Tyssens, Madeleine 235 Valette, Jean-Rene 472s., 482 Värvaro, Alberto 138, 298 Vauthier, Michele 384 Vereist, Philippe 4,7s., 140, 245, 294, 412 Vögel, Herfried 17 Völker, Wolfram 25s., 48 Vollmöller, Karl 1 1 5 , 1 1 7 Wagner, Bettina 4, 96, 294 Walberg, Emmanuel 226, 228, 245, 283, 310
Wandzioch, Magdalena 3,477 Waters, Edwin G.R. 71s., 321SS., 360SS., 378,389. 39iss., 483s·, 486 Wathelet-Willem, Jeanne 28s., 34,43s., 50, 52s., 74 Wawer, Anne 25s., 458 Weber, Hubert 298 Weber, Robert 130,199 Williams, David 223 Williamson, Joan B. 272 Wittkower, Rudolf 223s.
Wolfzettel, Friedrich 41,44,46, 49,54,59 67.70, 79,5i6,544 Wunderli, Peter 456,459,471,474 Wünsch, Marianne 3, 25 Wüst, Arthur 1, 194, 224,341 Zacher, Julius 23 Zarncke, Friedrich 96s., 109,123s., 128, 133, 220, 255s. Zemmour, Corinne 35 Zumthor, Paul 174
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Index der behandelten Werke und Werkabschnitte 1
Acta Sanctorum 262 - Vita des heiligen Aegidius 229, 262 Aiol 247s. 250, 252s. Aiquin 85s., 88 Alberic, Alexanderfragment 242,318 Alexander puer magnus 165s. Alexandre de Paris, Roman d'Alexandre 1, 8, 29s., 32, 82,89s., 100, 113, 143, 195, 210, 223,435s., 455s., 460SS., 465SS., 470SS., 475SS., 501, 514, 535SS., 541 - Alexander und Bucephalus 237SS., 461, 465,468,475,541 - Alexanders Geburt 194SS., 198, 210, 337,342,345.376,422,541 - Alexanders Grabmal 130,138s., 142SS., 452 - Alexanders Luftfahrt 9s., 12,164, 171SS., 183SS., 206, 215, 407,467,479, 516,518,530,541 - Alexanders Tauchfahrt 9s., 33,164, 171SS., 185, 215, 407,444s., 465, 468, 475, 516,518,530,541 - Alexanders Tod 197SS., 337,342,376, 378,541 - Alexanders Traum als Kind 353SS., 358, 366, 474 - Alexanders Traum vor Tyrus 345, 358SS., 366,422 - Alexanders Zelt 9, 98,107SS., 129,132, 146, 155,538 - Blumenmädchen 9s., 12,15, 20ss., 26ss., 38SS., 57SS., 61s., 64SS., 70SS., 76,79SS., 82, 94,140s., 208, 281, 287, 361,372,384, 420,428,441,443,449,452,468, 475, 478,480,490,523,525,527,533,541 - Einmauerung Enochs 186, 292,475, 521 1
- Felsen des räuberischen Herzogs 436SS., 468 - Geburt des Monsters in Babylon 240s., 339SS., 343,376 - gefährlicher See 2i8ss. - G o g und Magog 186s., 206, 446 - Götterhöhle 68,419SS., 468,482,523, 527 - Grabmal des Emirs 130, 138s., 142SS., i55ss. - Irrweg durch die Wüste 221,251s., 273SS., 284,445,448,450,527,530 - Jupiter- und Apollin-Orakel 367SS., 373s., 376,452 - magische Quellen 3,9, 20, 71,80, 185s., 253s., 292,312SS., 449,451, 466,468, 474, 479,521,526,529,531,533 - Monster am Süßwassersee 208, 220s., 252s., 275SS., 283, 289SS., 448, 450,519, 527,530 - Niemandsland 209s., 452,518 - Orakelbäume 67,370SS., 419,447s., 466, 469s., 481,522s., 526,529,534 - Porrus' Palast 129, 139,152s., 159SS., 361,518 - Reich der Amazonen 44,44iss., 467s. - «Tertre aventureus» 213SS., 218,438SS., 443,453S· - Traum der Amazonenkönigin 352s., 356s., 359, 366 - Überschreiten der «bonnes Artu» 9, 21, 282SS., 290SS., 371,382SS., 406,408, 447,451, 466, 468,483, 517,519s., 524, 529s·, 537 - «Val-perilleus» 3,9, 15, 18, 21,89, 202s., 204s., 212s., 219, 237, 243, 281s., 285, 388,406SS., 422,426,431,449,453s.,
A u f unbedeutendere oder nur kurz behandelte Episoden wird nur mit dem jeweiligen Werktitel verwiesen, ohne daß sie separat genannt werden. Gleiches gilt auch bei ausführlicher Behandlung des Gesamtwerks, ohne daß einzelne Episoden hervorgehoben würden.
588
468s., 476,478,481,495, 518,520s., 525, 527,529SS., 531,541 - von Artus und Liber beherrschter Bereich 3, 21, 205SS., 215, 219, 286SS., 449, 45i,52iss.,527,532s., 535s. - weise Inder 220s., 450,519,530 - Wüste als Grenzbereich 21,251,2575s., 262, 426,493, 534 - Zeichen vor Tyrus 34iss., 376, 379,474 antiker Roman 7, 12, i6ss., 90, 94,100s., 1 1 9 , 1 4 1 , 1 8 5 , 2 1 0 , 223,308,314,318, 340,346,358,416,422, 452,503, 536, 539SS. Artusroman 4,7,42, 80,434,460,471, 475,515,542 Athanasius, Vita des heiligen Antonius 223, 263SS., 268, 281, 320 Augustinus, De civitate Dei 224,317 Aye d'Avignon 296s., 309 Bel Inconnu 3 Benedeit, Le Voyage de saint Brendan 16, 18,317,319,321s., 327, 360s., 460,479, 482SS., 491s., 536s., 540,542 - Paradiesschau 71s., 363, 483,486s., 489SS. - Schau der zwei Höllen 322SS., 378, 388SS., 396SS., 403s., 406s., 41 is., 416s., 483,485,487 - Speisung der Seefahrer 485 - Vogelparadies und -orakel 360SS., 366, 375s., 484, 488 Benott de Sainte-Maure, Chronique des dues de Normandie 115SS. Benoit de Sainte-Maure, Roman de Troie 85, 89,115SS., 120, 155,160, 262,343, 351,361,366,369,383 - Achills Grab 119, I2iss., 130, 135SS., 143 - Andromaches Traum 349SS., 356SS., 366,379 - Apollo-Orakel 363ss.,373s. - Brise'idas Zelt 90s., 105 - «Chambre des Beautes» 129s., 132s., 149SS., 155SS., 159SS. - Hectors Grabmal 84, 121SS., 130, 132SS. - Paris'Grabmal 1 1 5 , 1 1 7 - wunderbarer Seesturm 418s., 421 Berol, Tristan 298SS., 309, 380 Biblia sacra vulgata 192 - Apokalyse des Johannes 130, 192,259s., 264, 267, 272 - Evangelium des Matthäus 197, 378 - Exodus 199
byzantinischer Roman 18 Chanson d'Antioche 326 - Buiemonts Traum 356s., 359 - Sansadonies Traum 260s. - von Gott vollendete Messe 325SS., 338 Chanson d'Aspremont, HS W, ed. Brandin 1923-1924 95s., 98, 100,124, 201, 204, 21 is., 270SS., 281s., 288s. Chanson d'Aspremont, Hs L 3 u. V VI, ed. de Mandach 1975/1980 85, 88,201SS., 21 is., 268ss., 288ss., 396, 511,525,540 Chanson d'Aspremont, HS B, ed. Bekker 1829 204,271,290s. chanson de croisade 18, 462, 516,542 chanson de geste 3 , 7 , 1 2 , 16s., 85,90,94, 100, 179, 191, 209s., 223, 228, 236, 244, 252s., 297,308s., 318,320,326,339, 346, 358,410,452,516,539s., 542 Chanson de Jerusalem 18, 114,355, 538 - prophetisches Zeichen 337SS., 341,345s. Chetifs 454s. Chritien de Troyes, Cligis 105, 235,305s., 308,310,415 - Fenices Scheintod 297s., 308 - Frank für Alis 302s. Chretien de Troyes, Erec und Enide 305, 308,457,465 Chretien de Troyes, Lancelot 8s., 16, 18, 233, 235, 240,384s., 423,452,455SS., 459SS., 469SS., 476SS., 543 - Besteigung der Karre 470, 472 - Raub der Königin 457SS. - Schloß der dameisele 464, 471, 480 - Schwertbrücke 462, 472, 474,481 - zukünftiger Friedhof 117s., 399,409, 414,463SS., 471,481 Chritien de Troyes, Perceval ou Le conte du Graal 24,90SS., 136, 152,384,480, 501 Chritien de Troyes, Yvain 233, 242,306, 465 - Yvain und der Löwe 223, 233SS., 240 Denis Piramus, La Vie seint Edmund le Rei 13, 327,333SS. 353, 497 Epistola Alexandri Magni ad Aristotelem 23,273,519 Epistola presbiteri Johannis 96,109, 124, 128, 152,220, 223, 255SS. Epos, v. chanson de geste Fierabras 85, 89, 123, 138, 141, 149SS., 155, 157s., 162,310
589
Floire et Blancheßor 462 - Blancheflors Grabmal 98,119,12iss., 133SS., 139, 148,155,157 Floire et Blancheflor, Seconde Version 119 Girart de Roussillon 85,89, 97,129, 132, 138,141, 149SS., 157,159, 162,540,542 Gottfried von Straßburg, Tristan 300 Graelent 21, 23SS., 26ss., 35s., 43s., 46SS., 50,52,55s., 60, 63,65,70,76s., 236,493, 496,498,508,510s. Gui de Nanteuil 85s., 88, 104 Guilhelm de la Tor 67 Guillaume de Berneville, La Vie de Saint Gilles 224, 228, 236, 242, 264s. - wunderbare Hirschkuh 223, 228SS., 234, 240,320 - wunderbare Fauna 26iss. Guingamor 18, 21, 23SS., 26ss., 31SS., 36SS., 43s., 47,49s., 53, 55s., 60,63SS., 68s., 76,78, 23is., 236, 479,493SS., 498,500, 508,511 Harley Brut 114 Heiligenlegende 7 , 1 1 8 , 210, 223, 231, 259,320s., 339,540 Herbert le due de Danmartin, Folque de Candie 85, 88,129,149SS., 158,162 Historia de Preliis Alexandri Magni 23, 165SS., 170, 172,174, 184, 241, 289, 467, 535 höfischer Roman 7, 9,17,23s., 26,94,100, 223, 253,308, 320, 384,424, 465,501, 503,507,520,535, 540,543 Hrabanus Maurus, Allegoriae in Sacram Scipturam 192 Hue de Rotelande, Ipomedon 95,99,104, 108, 123, 155SS., 245 Isidor, Etymologiae 109 Julius Valerius, Epitome 23, 241 Lambert-2 529 Lambert le Tort, Alixandre en Orient 1, 19, 23, 150,172, 282,382,388,421,456, 518- 530 Lai 7 , 1 7 , 25, 81s., 94,100,231,308,443, 460,496,501SS., 510, 535,538SS. Leo Archipresbyter, Alexanderroman 165s., 168, 173 Mainet 95, 99,125, 154,157 Marbodius von Rennes, De Lapidibus
590
131
Marcabru 239 Marie de France, Lais 236,320,333 - Deus amanz 295, 297, 299, 302,304s., 309 - Eliduc 307SS., 319 - Guigemar 231, 496 - Lanval 21, 23SS., 26ss., 34s., 43s., 46, 48SS., 52,55,60,62, 65,70,75,77,90SS., 439, 454,461,498, 508,510s. - Yonec 115s., 129 Μort Aymeri de Narbonne 95,99,104, 110,129,309 - Schlange von Rochebrune 223, 249SS., 253 Münchener Brut 115SS. Narcisse 235 Navigatio saneti Brendani abbatis 321s., 393 Partonopeu de Blois 13, 16, 18,333, 423, 492,496s., 515,525,536s., 540,543 - Partonopeu im Ardennenwald 493SS., 509s. - Partonopeu in Blois 492s., 501s., 504, 509 - Partonopeu im Feenreich 497SS., 503s., 505SS., 51 IS. - Überfahrt zwischen Feenreich und Blois 495s., 501,503s., 508 Philippe de Thaon, Bestiaire 215, 228, 245,256, 277,310 Philippe de Thaon, Lapidaire 131 Plinius Secundus, Naturalis historia 279 Prise d'Orange 138, 149SS., i6oss., 238, 361,540,542 Pyrame et Thisbe 235,317 Raoul de Cambrai 293s., 301s., 304,308 Reimchronik 18 Renaut de Montauban 4, 95, 245, 309,318 - Magie des Zauberers Maugis 294, 296s., 3 1 1 - Raub des Adlers von Karls Zelt 85, 87s., 90 Rolandslied 79, 96s., 115s., 252,317,320, 333,540 - Karls dritter Traum 190SS., 195,197s., 225s., 228, 233s., 258SS., 272,337,346, 348,356s. - Rolands Tod 190,193SS., 197s., 337,378 Roman d'Alexandre, v. auch Alexandre de Paris
- ABL-Archetyp 165, 171s., 369,455 - Handschrift A 22, 165, 241, 282,316, 369,382,385s., 421 - Handschrift Β 22,71, 107s., 110s., 113, 142,165, 167SS., 172, 182, 282, 316,369, 382,385s., 407,412,421,522 - Handschrift L 143, 165, i68ss., 172, 176 - Mort Alixandre 369 - Zehnsilberfassung 239, 241s. Roman d'Athis et Prophilias 114,129 Roman de Brut, v. Wace Roman d'Eneas 115SS., 146, 160, 246, 269, 308,345 - Camillas Grabmal 84,119, i2iss., 130, 133SS., 145, 155 - Eneas' Traum von Anchises 347SS., 350SS., 358,366, 398 - Heilung durch «ditan» 304s., 308 - Höllenschau 265, 397SS., 408,411s., 414, 416.452 - Pallas' Grabmal 98, i2iss., 130s., 133SS., 145,155SS- Zeltstadt 84, I O I S S . , 136, 185 Roman de Rou, v. Wace Roman de Thebes 115,120,159, 201,318, 363,434s., 439s., 456 - Adrastes Zelt 97, ioiss., 111,131, 155 - Amphi'aras' Tod 340,343,345,3778s., 387,4" - Amphi'aras' Wagen 103s., 108,377, 400 - Amphi'aras in der Hölle 394SS., 400s., 403,408,417,431 - Eteocles' Schlange 245s., 250, 252 - Pollinices' Irrweg 97, 199SS., 206, 254SS,, 259s, 262,396,424s., 429,493,495 - Rätsel der dämonischen Alten 429SS., 439.453 - im Reich von Lygurges und Ipsiphile 246s., 291, 425SS., 438,452 Siege de Barbastre 94, 248, 293s., 308
- Hermenjarts Zelt 93s., 108, 113, 129 - Schlange Baalais 248SS., 252, 268 Simund de Freine, Vie de saint Georges 193, 224 - Georgs Tod 193SS., 197s. 337 - Verschonung des Heiligen von wilden Tieren 266ss., 320 Solinus, Collectanea rerum memorabilium 279 Straßburger Alexander 17, 22, 66s., 72SS. Thomas, Tristan 298,300s., 306, 309,312 Vie d'Edouard le Confesseur 328SS., 336, 359,364 Vie de Saint Alexis 115SS., 129,317 Vie de saint Georges, v. Simund de Freine Vie de saint Gilles, v. Guillaume de Berneville Vie de saint Gregoire 321,324s., 327 Vie de sainte Marguerite, v. Wace Vie de saint Nicolas, v. Wace Vie de seint Edmund le Rei, v. Denis Piramus Visionsliteratur 17,42,394,416,540 Vita des heiligen Antonius, v. Athanasius Vorauer Alexander 242 Voyage de Charlemagne - Hugos Palast 84, 97, 138,149SS., 155SS., 159, 161s. Voyage de saint Brendan, ν. Benedeit Wace, La vie de saint Nicolas 1 1 7 S S . , 227, 320 Wace, La vie de sainte Marguerite 223s., 227, 233s., 267, 320 Wace, Le Roman de Brut 198s., 238, 337, 457 - zwei wunderbare Seen 215SS., 401 Wace, Le Roman de Rou 3 5 , 1 1 5 S S . , 542
591
Index der Motive und Stilisierungsarten
alerion n o , 145, 147, 269s.
Amazonen 43,45,48s., 166,352SS., 356, 4 4 i s s . , 467
amor de Ionh 1 1 4 , 2 3 7 , 240, 2 4 2 , 5 4 1 Ankunft von Boten 89, 9 2 , 9 9 s . , 1 0 4 , 1 1 2 , 136
Artuswelt 63,75, 77, 456SS., 461 Automaten 5,7SS., 83, 99s., 128,132,147, 150,154SS., 162 - Adler 86s., 91, 95,99,102,104, m s . , 123,129,143, 151 - Bogenschütze 155, 157 - Riese 99,154,157 - Taube 151,155,157 - zwei Kinder 33,40s., 61, 140,144, 146, 154,157,478, 533
Avalon 35.40,75 aventure 60s., 7 4 , 2 3 4 , 2 4 2 , 3 0 3 , 3 3 5 , 344, 3 5 3 , 3 7 9 , 427, 4 7 i s - , 474, 47«, 4 9 5 , 5 0 9
Coinocifal, v. Hundeköpfler conte morganien 78, 80, 494, 499,511, 539 curiositas 54,59,61s., 4 4 6 , 4 6 2 , 4 6 4 S S . , 529, 532S. cursus des Helden 3 2 1 s . , 360,388s., 422, 456SS., 471SS., 482SS., 511,536 Dentirant 237, 277SS., 289s. ditan 304s., 3 0 9 don contraignant 458 Drache 1 0 , 9 8 , 1 0 8 , 1 1 7 , 1 7 8 , 2 2 3 , 227s., 239, 2 4 5 , 253s., 2 5 7 , 259, 2 6 1 , 264, 266s., 315, 342,396,412, 485,490
Dreizahl, märchenhafte 20,48,69s., 73, 232, 2 9 9 , 3 4 7 , 3 5 5 , 3 7 5 , 4 1 9 s . , 439,446,
489, 491,498,507,519,523, 529 Edelsteine 7 , 102s., 108, 1 1 5 , 1 2 3 , 1 2 9 S S . , 134,160, 278,314,489s.
E l e f a n t e n 239, 255, 262, 282s., 290s., 386
B ä r 203, 2 5 1 , 2 5 6 , 2 5 9 , 2 6 1 s . , 266, 269,
enfances 169, 268
272SS., 280s., 509 Bäume, wunderbare 13,39, 66,74, 84, 128,139,152, 155, 157, 160,162, 310, 313,361,370,373SS., 400,427 Belagerung 88, 99s., 104,113 Berg als Grenze 34,37SS., 20iss., 206, 2I2SS., 249, 268, 27OSS., 358, 406, 419,
E r d b e b e n 190,193,195SS. 209, 2 6 1 , 4 1 1
4 2 5 , 4 2 9 , 437, 45ISS., 4 9 0 , 4 9 5 , 5 1 7 , 5 3 2
betumoi 127 Blumen, wunderbare 158, 220, 296,307 Blumenmädchen 9s., 20ss., 43,45,47,49, 51,53s., 64, 223, 427,441,478,480,525, 533
Brücke als Grenze 39, 40SS., 1 4 0 , 4 2 9 s . , 462,472,480s., 533 Bucephalus 165,175, 203SS., 223,456,461, 465,479,531
Cerberus 395s., 401s. chans Elisi'ens 404SS. Chimäre 239
592
Erscheinung 166, 264s., 3 2 0 , 3 4 7 S S . , 3 6 6 escarboucle 9 1 , 9 5 5 s . , 99, 1 0 2 , 107s., 1 2 3 , 1 3 2 , 1 5 2 , 1 7 8 , 200, 245, 4 2 5
F e e 6, 20, 2 7 , 9 0 , 4 3 i s s . , 4 5 9 , 4 7 0
- Augen 45 - A u s s t a t t u n g 46SS., 5 1
- cortege 48s. - Namenlosigkeit 43s., 51 - Pakt 27,37,49s., 52SS., 63s., 69,78,499, 504 - Schönheit 44SS., 5 1
- Vereinigung 54ss.,64,525 Abwesenheit der Vereinigung 58s., 66,79,372,480
- Zauberkräfte 49SS. Feenreich, Grenzüberschreitung zum 34SS., 63,495,497 Feenreich, Held im 12,21,480,541 Feenreich, Zeit im 60, 63s., 66, 68ss., 78
F e e n s c h l o ß 37s., 4 0 , 4 7 , 5 3 , 5 6 , 6 0 , 6 3 , 7 2 ,
499 fiere(s) beste(s) 254s. Fledermäuse 223, 274, 279 Fluß als Grenze 34s., 3 7 , 3 9 , 4 1 s . , 76, 204, 2 1 1 , 262, 2 6 8 , 3 8 4 s . , 395s., 399s., 427s., 437s., 4 4 1 s . , 4 5 1 , 4 8 0 , 5 2 3
Flußpferde 219, 221, 255, 273, 280, 445 F r a u e n z e l t 90SS., 9 5 , 1 0 1 , 1 0 8 , 1 5 7
Friedhof, zukünftiger 118s., 463SS., 471, 481 F ü h r e r 38s., 4 1 , 5 3 s . , 6 1 , 7 2 , 1 4 0 , 206, 2 1 9 S S , 3 7 0 , 3 8 3 , 3 9 8 S S . , 419SS. 4 4 5 , 4 6 6 , 4 6 8 , 4 7 5 , 4 7 8 , 4 8 2 s . , 489, 5 1 9 , 5 2 1 s . , 5 2 4 , 529SS.
Furt 463 Garten v. Obstgarten Gesang von Frauen 4 8 , 7 3 , 9 4 , 4 4 1 Gesetze der Zeit im wunderbaren Raum 5 6 , 6 3 s . , 68ss., 2 1 9 , 269SS., 274SS., 280s.,
3 6 3 , 3 7 0 , 3 7 3 , 3 7 5 , 4 0 8 , 4 1 9 s · , 442, 447, 474,487s., 507,524SS.
Götter, heidnische 128, 200, 207s., 283,
- Kampf gegen ein wunderbares Tier 225SS., 2 3 3 , 237SS., 246SS., 2 6 5 , 268SS.
- und schuldhafte Mutter 3 0 , 3 2 , 1 1 1 , 470,501SS., 509 - u n d sein P f e r d 3 4 , 3 6 , 200s., 203SS., 237s., 241SS., 294, 4 1 2 , 4 6 2 , 4 7 1 , 5 1 0
- Tod 166, 190SS. 195SS., 291s., 312SS., 340s., 373SS., 377SS., 469,476 H i r s c h k u h 3 5 , 5 2 , 2 2 3 , 228SS. H ö h l e 68, 2 3 0 , 4 1 3 , 419SS., 4 5 3 , 4 6 8 s . , 4 8 2 , 523 H ö l l e 1 8 , 1 6 5 , 202SS., 2 6 5 , 3 2 1 , 3 4 8 , 3 6 2 , 3 7 2 , 3 7 4 , 378s., 388SS., 4 3 0 , 4 8 1 , 4 8 3 , 4 8 5 , 520f
Hundeköpfler 256, 286, 372 I n s c h r i f t 1 1 6 , 1 1 8 , 1 3 3 s . , 146s., 2 1 3 , 4 0 8 s . , 415s., 469,481 Insel 3 5 , 1 6 8 , 2 1 5 , 2 1 9 , 255SS., 3 2 3 , 3 6 0 , 391,441,443, 445,450,483,487,511,
513 Irrfahrt 475 I r r w e g 2 2 1 , 2 4 3 , 2 5 1 s . , 273SS., 2 7 9 , 284, 3 8 4 , 4 1 4 , 4 4 8 , 4 5 0 , 475s., 4 9 5 , 5 1 8 , 5 2 1 ,
530
2 8 6 , 3 1 8 , 3 4 3 s . , 3 4 7 , 350SS. 363SS., 3 7 4 , 377SS., 395SS., 424,430SS., 4 4 6 , 5 1 9 s . , 5 2 2 ,
532 Grabmal 12,114SS., 151, 266,314,320,
349,432 G r e i f 1 0 7 , 168s., 1 7 2 , 1 7 5 , 1 7 8 , 1 8 0 , 1 8 5 , 2 0 3 , 2 2 3 , 2 5 4 , 256SS. 260, 264, 269SS. 274, 288,402,437,485 G r e n z b e r e i c h 34SS. 3 8 , 174s., 200, 2 1 4 , 2 1 8 , 2 5 1 , 257s., 262s., 266, 2 7 5 , 3 7 1 , 3 8 2 , 426s., 438s., 443ss., 457s., 484s., 493s.,
503,507ss.,5i7,534 Grenzüberschreitung 20, 27,34SS., 173, 205SS, 2 7 1 , 282SS., 382SS., 399, 4 0 6 , 4 1 3 , 4 1 9 , 4 2 5 , 428s., 432s., 435SS., 450SS., 486,
490,495,517 - Abwesenheit der Grenzüberschreitung 424,427SS., 4 3 1 , 4 3 4 , 4 3 6 , 4 3 8 , 447S·, 4 7 4 , 477, 490S., 5 0 4 , 5 0 8
Handwerker, magisch begabte 88,99, 117,135SS., 141
Heilsalbe 306,308 H e l d 2 4 1 , 2 5 2 , 3 3 9 S S . , 3 5 8 , 4 1 7 , 422SS., 435SS., 458SS., 470SS.
- als Befreier des wunderbaren Raums 77,433,461,463SS., 472s., 481 - Beziehung zu einem wunderbaren T i e r 225SS., 241SS.
Jagd auf ein wunderbares Tier 3 3 , 3 7 , 52s., 56, 2 3 i s s . , 247, 4 9 3 , 4 9 6 , 499 Jugend
28,45,51,61,68
Kampf des Helden gegen ein wunderbares Tier v. Held Königin, die liebende 2 8 , 3 1 Kräuter und Wurzeln 39, 66, 293SS., 299, 301s., 308,310s., 314s. 402 Lampe, ewig brennende 97,126s., 130, 134, 137, I44SS. Land ohne Wiederkehr 385s., 407,409, 463
Laterne, magische 504s. L e o p a r d 203s., 2 5 4 , 2 5 7 , 259, 2 6 1 , 266, 270, 2 7 2 , 2 7 4 , 5 0 9 L i e b e s t r a n k 298SS., 5 0 3 L i o t i f a l 3 9 , 4 2 , 2 2 3 , 284SS., 2 9 1 , 3 7 2 , 3 8 7 , 406,451
locus amoenus 71s., 361s. L ö w e 1 0 , 1 1 7 , 1 4 4 , 1 9 1 , 222s., 225s., 233SS., 242, 253s., 256SS., 264, 266, 2 7 4 , 276, 3 1 4 s . , 3 5 7 , 4 7 3 , 4 8 1 , 509, 5 1 8 L u f t f a h r t 9s., 1 2 , 2 2 , 1 1 0 , 1 6 4 S S . , 183SS., 1 9 6 , 1 9 9 , 206, 2 1 5 , 467, 5 1 6 , 5 1 8 , 5 3 0
Magie 4, 41,138SS., 1 4 1 , 144, 146, 156, 1 6 0 , 1 9 3 , 2 9 1 , 294SS., 3 1 8 , 3 5 4 , 4 0 2 , 4 0 5 , 421, 430,461, 470,475,482,505SS., 533
593
Magierin 295, 297s., 302SS., 305s., 505 mandegloire 66,94, 159,310 Märchenmotiv 25SS. Meer 190,195, 200,321, 360,392,424, 483SS., 493s., 517 Monster 3, 5,9s., 189, 205s., 219, 222SS., 238, 240, 249SS., 284, 317,339,342,384, 387, 400,428, 432, 455, 476, 489,522 - Gruppen von Monstern 237,444,519 monter et avaler 452SS., 495 Motiv 3,12,15, 20SS., 42,8oss., 114,143, 146,150,162, 175,195s., 198, 241, 259, 264, 281,339,406,414 Musik 99,110,128,143s., 148,153,155SS. Natterfrauen 223, 278s., 290 Niticorace 223, 277SS. Obstgarten 39, 42, 66, 153, 246,310s., 367, 375, 426,454, 523 ofi'ane 132 Öl, heilendes 118, 320,533 Orakel 241,318,3605s. Orakelbäume 54,71,312,371SS., 419, 447s., 466, 470,481,526,530 Palast 12, 83,96, 138,149SS., 157,159, 243, 272, 374, 445,498 Paradies 71, 162,321,361, 363,388,482, 489SS. pedoire 132 Pfad 395,437 Pferd 34,36,46, 65,77, 200s., 203SS., 237SS., 241SS., 269s., 274, 283, 294,456, 462,471,509 Pflanzen, wunderbare 5SS., 310 Pflanzen, durch Zauber geschützte 66s. phantasiae 263SS., 281 pomel 86,95s., 98s., 102, 107s., 123SS. 130, 151,337 Potiphar-Motiv 28, 31 Priester 265,325SS., 371s., 374,481 Quelle als Kennzeichen des Feenreichs 35,37,40,42, 53,454 Quellen, magische 9s., 21, 80,94,154, 234, 286, 292,471,474,518,519SS., 529,531 - Quelle der Auferstehung 22,185,312, 449,451,468,475,521 - Quelle der Jugend 22,71,253,310,312, 370s., 449, 466,479,521, 523,527, 533 - Quelle der Unsterblichkeit 22, 184, 186, 206, 449,451,469, 526,532
594
Raum 1, 16s., 432SS., 492SS. - entzauberter 431,433SS., 473,507SS., 536 - episch-kämpferischer 76,79s., 141, 183, 213, 218, 237,339SS., 425, 427SS., 435SS., 460, 476, 492SS., 500SS., 515SS., 528, 536SS. - Extrempunkte des wunderbaren Raums 206, 209, 251,475,516SS., 522, 532 - rebellierender wunderbarer Raum 21, 166, 205SS., 210, 284,518,535 - runder 39, 212, 219,310SS., 396,407, 427,441,480,489,523 - verzauberter 214, 420SS., 430SS., 536 - w u n d e r b a r e r 1,4,141,237,4245s., 435SS., 492,500SS. - Zentrum des wunderbaren Raums 22, 430,437, 473,476,522s., 529 - Zikularraum 475,487SS., 524,539 Räume - Dualität der Räume 26, 63,77,443, 457SS., 477, 491,497,513, 536s. - Parallelräume 488ss.,500 - Verschmelzung der Räume 474,481, 508SS., 517, 536s. Reliquien 291 Reptilien 251, 274SS. 279,448,530 Ring, magischer 470,473, 475,482 Röhrensystem, technisch wunderbares 125s., 153SS. Sajetaire 249, 262, 264 Salamander 109,538 Schachtelung der wunderbaren Bereiche 21,42,360,363,487SS., 519SS., 529,539 Schandkarren 459,470, 472 Scheintod 235, 297s., 303,308 Schiff, magisches 38, 49, 312, 495, 498, 501,503,510, 525,536 Schlange 128, 222, 227, 233, 239, 245SS., 259, 280, 291, 342,355s., 359,395, 402, 412,420, 428s., 484, 509 Schlangen, Gruppen von 110,196, 209, 218, 249, 251SS., 254, 257, 259, 261s., 264, 270, 275s., 444 Schlangenhaut 109s., 146s., 538 See, wunderbarer 206, 208, 215SS., 251s., 272SS., 286,448,450, 519,530 Seelenwanderung 404s. Sphinx 430SS. Spiegel 98SS., 123s., 128,156 Stadt 103SS., 136, 185,360,403,483,487, 496SS.
Stationenweg
360SS., 395SS., 399SS., 428SS.,
488,513,519
Statue
1 2 4 s . , 1 3 0 , 1 3 4 , 1 3 6 s . , 143SS., 1 4 7 ,
152,383,386
Stilisierung 2, 13SS., 7 4 , 8 1 , 1 7 8 , 3 1 7 S S . , 3 4 6 - Abwesenheit einer spezifischen Stilisierung 1 7 6 , 3 0 1 , 3 0 9 - allegorische 1 5 , 1 9 1 , 1 9 2 , 2 2 5 s . , 2 5 8 , 259SS. 3 3 1 , 4 8 9
- ambivalente
294,317,319,341,343,
354s., 3 5 9 , 3 7 6 , 3 7 9 , 3 8 1 ,
- nach dem höfischen Roman 253, 384, 4 0 7 , 4 0 9 , 4M, 424.434, 452,501,535, 539 - als Hölle 406SS., 5 4 1 -
422, 428
412s., 4 1 6 , 5 3 6 , 5 3 9 , 541
15,205,243,297,304,433 443, 452,493SS., 5 0 2 , 5 0 8 ,
510s., 5 3 5 , 5 3 8 s .
- legendenhafte 321 - als locus amoenus 15,71s., 361 - magische 4 , 1 2 8 , 138SS., 1 4 1 , 1 4 7 ,
387,412,416,
- als amor de lonh 1 5 , 2 3 8 , 240SS., 5 4 1 - nach dem antiken Roman 1 5 , 3 5 9 , 3 6 8 ,
komische
- nach den Lais
156,
160, 1 7 7 , 294, 2 9 6 , 3 0 3 , 3 0 5 , 3 0 9 , 3 1 1 ,
315, 319,399, 401,421, 430,533 - märchenhafte 20ss., 7 4 , 1 7 8 s . , 2 3 1 s . , 2 3 6 , 2 4 9 , 3 0 6 , 3 0 8 s . , 3 1 9 , 3 2 1 , 3 5 5 , 375S·, 3 9 9 , 4 0 1 s . , 409, 432s., 4 4 1 , 4 4 6 , 4 9 1 , 498,
- antik-heidnische 3 1 7 s . , 345SS., 3 5 2 s . , 358, 385,387,395S-, 538 - nach Chretiens Lancelot 242, 385, 409,
502, 510,519, 523,527,534S-, 537 - naturwissenschaftliche 80s., 109, 173,
414, 455S. - christliche
- naturwissenschaftlich-magische 125,
1 8 4 s . , 2 1 7 , 297SS. 3 0 1 , 3 0 3 , 3 0 5 , 3 0 7 s .
189s., 193s., 1 9 6 , 1 9 8 , 2 1 0 ,
2 2 4 , 2 2 6 , 2 2 8 , 2 3 1 , 2 3 3 , 248SS., 2 6 3 ,
300SS. 3 0 8 , 3 1 0 S S .
- nicht-christliche 2, 198, 202, 228, 260,
265SS., 2 8 0 , 2 8 8 , 2 9 1 , 3 0 6 , 3 1 7 , 3 1 9 s . , 3 2 2 ,
-
354SS., 359SS., 3 6 6 , 3 7 2 , 3 7 6 , 3 7 8 , 3 8 0 s . ,
-
387s., 3 9 3 , 3 9 6 , 4 0 3 , 409s., 4 3 0 , 4 8 1 , 4 8 9 ,
499, 509,520,536,541 - didaktische 3 9 0 , 3 9 3 - dramatische 204 - enzyklopädische 1 5 , 1 8 2 ,
253, 256s.,
276s., 279, 285, 287s., 3 1 1 , 3 1 4 , 3 1 9 , 4 7 7 , 542
-
e p i s c h e 1 5 , 7 9 , 183, 242, 244, 252, 356, 358s., 4 1 0 , 4 1 6 , 4 3 7 , 442, 4 9 4 , 4 9 9 s . , 504, 5 1 2 , 5 1 4 , 5 3 7 , 539, 541
- nach dem Exempel -
als F e e
499 - als Feenreich gelehrte
267s.
45,65,80,502,536
- feenliteraturhafte
-
15,51,80,319,443,
22,72, 80,443, 452,480
1 5 , 215SS. 219SS. 2 4 7 , 2 5 6 , 2 5 8 ,
331>336 - als Grenze
2 6 3 , 2 8 7 , 4 2 7 , 430s., 4 3 6 ,
450SS., 4 7 4
- heidnische 21, 189, 193, 200, 210, 242, 272, 280, 283, 288, 3 1 9 , 3 3 7 , 3 4 2 S S . , 348, 3 5 1 , 3 5 8 S S . , 366, 368s., 3 7 4 , 3 7 6 , 3 7 8 , 3 8 0 , 388,396, 400,402s., 407,409,412s., 4i8ss., 430,520, 541
-
262, 266s., 318s.
324, 331s., 3 3 5 , 3 3 7 s . , 340,345s., 3 5 1 ,
phantastische
2,419,421,477
politisch-moralische 181, 183 rationalisierende 1 8 4 , 3 0 5 , 5 0 6 nach dem Roman de Thebes 207,411 technische 43, 157, 187 technisch-magische 1 3 1 , 1 4 1 , 154SS., 162, r86, 217 - nach der Tristanliteratur 15, 235, 380, 503,539 -
visionsliteraturhafte
359,394,4i2,4i6 - wissenschaftliche
15,319,331,348,
4, 1 0 2 , 1 1 4 , 126s., 133,
139, 144, 158, 161, i66ss„ 177, 215s., 297, 306,310, 314, 319,336, 356,371,380, 402, 4 2 1 , 469, 4 9 9 , 5 0 1 , 5 0 6 , 5 1 2
- wissenschaftlich-technische 41s., 145, 1 5 4 , 1 7 6 , 1 7 9 , 1 8 1 , 183SS. 1 8 7 , 4 4 5 Sturm
190, 192s., 195, 287, 322, 418s., 4 2 1
Tabu 38,50,52,54SS., 62, 65,384, 386s., 422, 499,501SS. 5 0 5 , 5 0 7 , 5 2 0
Tag- und Nachtrhythmus
7 0 , 2 1 9 , 269SS.,
2 7 4 , 280, 3 7 3 , 3 7 5 , 4 0 5 , 4 0 8 , 4 9 6 , 5 0 7 , 524SS. Tal
2 1 , 38, 204, 209, 2 1 2 , 2 7 3 , 2 8 7 , 3 8 9 ,
399, 402, 407, 4 1 1 , 4 2 6 , 4 2 9 , 4 5 1 s . , 4 7 8
heidnisch-magische 502 heilsgeschichtliche 15, 186, 342 als Hindernis 432, 434 höfische 15, 45, 156, 236, 238, 240, 242,
Tauchfahrt 9s., 2 2 , 3 3 , 164SS., I 8 I S S . , 2 1 5 , 444,465,516,521,530 Teufel 226SS., 2 5 9 , 2 6 4 , 3 3 8 , 3 4 0 , 3 7 2 ,
387,416,
Tierkataloge
507,512,514,520,538
389SS., 430SS. 1 2 2 , 254SS.
595
Topas 98, 1 0 8 , 1 1 0 , 124s., 1 3 0 , 1 3 2 , 1 4 3 Tor 163,395,402, 405, 415,427,429SS. 452 translatio studii 105 Traum 190SS., 225SS., 258SS., 318, 327,333, 346s., 366, 375, 379, 405,474 Traumdeutung 225SS., 258SS., 352SS. Turm 186,337,403s., 431,433, 473 Val perilleus 9 , 1 8 , 21, 89,167, 202SS., 212, 280s., 285, 388,406SS., 426,449, 451,468, 478,481,518,520,530 veoir la merveille 5, 11,465SS., 471SS., 478s., 529,540 Verweildauer von drei Tagen 58,63,69s., 49°' 527 viessancors 265,400,412 Vision 265,318,321,327SS., 362,364 Vögel 126, 128, 143, 148, 155, 160, 216, 256s., 269SS. 337SS., 346,352,360SS., 400, 420,484 Wächtermonster 206, 248, 253, 258, 263, 271, 275, 279, 283SS., 315,430,490 Wald 35, 37,39, 53,66, 228SS., 233SS., 246, 262, 287,307,310SS., 424,426s., 483, 493SS., 501,509SS., 536 Wasserfrauen 9s., 21s., 58,222,388,449, 451,468,478s., 5 1 8 , 5 2 9 , 5 3 1 Weg 206, 221, 275,395,414,426,428,433, 450, 4 6 1 , 5 1 9 , 521 Weigerung des Helden zu lieben 30SS., 462,537 Weinstock, künstlicher 1 2 9 , 1 3 9 , 1 5 2 , 160 Wiesel 307s. Wohlgerüche 125, 127, 1 5 7 5 5 . 3 1 1 , 3 1 4 Wunder 191, 193s., 229, 231, 267s., 317, 319s., 322SS., 329, 332, 335s., 338s., 356 Wunderbares iss., 74s., 278,540SS. - als Hindernis 21, 201, 208, 2ioss., 221, 248SS. 252s., 258, 275, 279, 282, 287,323,
596
384,395, 397.425,428s., 432,434,439, 486,523, 537 - märchenhaftes 4s., 12, 20ss., 82, 179, 189,231, 233, 249,319, 322,382,399, 423,443, 520,524,534SS. 540 - meteorologisches 189SS., 339,356, 378, 382,406, 4 1 1 , 4 1 8 , 4 2 4 , 449,454, 490, 522, 525, 528,535 - natürliches 4, 12, 67, 108s., 1 1 4 , 1 1 7 , 125SS., 129, 133s., 144s., 153,157SS., 178, 180,185, 189SS., 3 1 9 , 3 2 2 , 3 3 9 , 3 6 1 , 3 7 2 , 384s., 402,423,426,519s., 536, 540 - als Prüfung 2 1 , 3 3 , 2 0 1 , 2 1 0 , 2 1 2 , 2 1 4 , 221, 263, 265, 275, 281,323, 432,434, 439,471,528 - religiöses 2,4, 1 2 , 1 1 8 , 189,194,423, 433.520,535s., 540 - technisches 4, 9, 12, 40,80s., 189, 216, 218, 220,314,319s., 322,361, 409,423, 427,432s., 490,497, 536,540 - Unverfügbarkeit des Wunderbaren 59, 65, 68,179, 288SS., 309SS., 475,533,536, 541 - Verfügbarkeit des Wunderbaren 269, 288ss., 309 - als Vorzeichen 192, 194SS., 210, 216, 224, 240, 272, 285, 412 Wüste 166, 174s., 196, 202, 210, 218, 243, 251s., 257s., 262, 272SS., 313,370s., 382, 426,443SS., 486,493s., 509, 517,530, 534 Zauberer 4 , 1 4 1 , 294, 2 9 6 , 3 1 1 , 3 1 4 , 4 6 1 , 470.510 Zeichen 190, 192s., 195s., 198s., 209s., 224, 232,318,337SS., 349SS., 358,379SS., 385 Zelt 12,52,85SS., 135s., 1 5 1 , 4 3 2 , 5 3 8 - cordes 93, 1 0 2 , 1 1 0 - pan 90,103s., 108, i n , 1 5 1 , 3 8 3 , 5 3 8 Zeremonien, religiöse 284,318,325SS., 360SS., 377SS., 386SS., 413, 421,520 Zwerg 223,459