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German Pages 174 [177] Year 1963
GÜNTER BUSCHMANN
Die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im Kreditwesen unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
und der Kartellgesetzgebung
Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Schriften des Instituts für das Spar-, Giro- und Kreditwesen an der Universität Harnburg Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Fritz Voigt
Band 20
Die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im Kreditwesen unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht und der Kartellgesetzgebung
Von
Dr. Günter Buschmann
DUNCKER &
HUMBLOl I
BERLIN
Alle Rechte vorbehalten 1963 Duncker & Humblot, Berlln Gedruckt 1963 bei Albert Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany
©
Vorwort Der Wettbewerb auf der Grundlage des Preismechanismus ist heute in weiten Bereichen unserer Wirtschaft nicht mehr als ordnende Kraft wirksam. Auch die Wirtschaftspolitik orientiert sich nicht mehr einheitlich an diesem Leitbild. Es hat jedoch nicht an Versuchen gefehlt, den marktwirtschaftlich gesteuerten Sektor der Wirtschaft auszudehnen und die dem freien Wettbewerb unterworfenen Bereiche gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu schützen. Als die wesentlichste Maßnahme dieser Art kann das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen von 1957 angesehen werden. Ein Problem, das beim Erlaß des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen neu durchdacht und diskutiert worden ist, war die Frage, ob und in welchem Umfange der Bereich des Kreditwesens den Grundregeln des Preismechanismus und des Wettbewerbs unterworfen werden soll. Diese Fvage ist unterschiedlich beantwortet worden, wenn auch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen das Kreditwesen als bedeutsamen Ausnahmebereich anerkennt. Die gesetzliche Neuregelung der Bankenaufsicht und die Vorbereitungen zur Wettbewerbsenquete im Kreditwesen haben aber gezeigt, daß diese Frage nach wie vor ein offenes Problem ist. Am Beispiel der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im Kreditwesen soll diese Problematik verdeutlicht werden. Dem widmet sich die vorliegende Untersuchung. Herrn Prof. Dr. Dr. Voigt danke ich besonders für die wissenschaftliche Betreuung und die weitgehende Förderung dieser Arbeit. Ebenso gilt mein Dank den Herren Dr. Henze, Verbandsvorsteher des Hanseatischen Sparkassen- und Giroverbandes, Dr. Becker und Landrichter a. D. Sprengel vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband sowie Dr. Fischer von der Landesbank für Westfalen, Girozentrale, für viele Anregungen und wertvolle Hinweise. Nicht zuletzt sei den wissenschaftlichen Assistenten des Instituts für das Spar-, Giro- und Kreditwesen an der Universität Harnburg für ihre Hilfe, insbesondere für die kritische Durchsicht des Manuskriptes, gedankt. Wedelbei Harnburg Günter Buschmann
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . ...... . B. Die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft . . I. Das Bankensystem in der klassischen Marktwirtschaft . . .
9
11 11
1. Die Grundzüge des marktwirtschaftliehen Konkurrenzsystems
12
2. Das Problem der marktwirtschaftliehen Lenkung des Bankensystems .. ... .. ............. ........... ........
15
II. Die Kennzeichen des Bankensystems in der heutigen Marktwirtschaft .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Funktionswandel der Banken
........ ..... . 2. Betriebliche Besonderheiten der Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Einflußnahme auf das Bankensystem durch die Notenbankpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Merkmale und Entwicklung der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen . .
19 19 23 28 32
1. Kennzeichen der Bankenkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32 33
2. Kennzeichen der Kartelle, Verbände und der "kartellartigen Vereinbarungen" . . . . . ........... ..... ......
36
I. Die Formen der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen . . . . . . .
II. Die Entwicklung der Zusammenschlüsse auf vertraglicher Basis im Kreditwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Verbände .in den verschiedenen Zweigen des Kreditwesens a) Die Verbände dm genossenschaftlichen Bankwesen . . . . b) Die Verbände im Sparkassenwesen. . . ................ c) Die Verbände im "privaten Bankgewerbe" :und in den anderen Zweigen des Kreditwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die kartellartigen Vereinbarungen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen . . . . . . . ............... ...... a) Die Vereinbarungen im Bereich des "privaten Bankgewerbes" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vereinbarungen zwischen den Verbänden der Genossenschaftsbanken, der Sparkassen und des "pnivaten Bankgewerbes" . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . 3. Die Einschaltung des Staates dn die Vereinbarungen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen . . . . . . . . . . . . . . . .
39 39 39 41 43 46 46 53 56
6
Inhaltsverzeichnis
D. Die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsiebt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
I. Die staatliche Einflußnahme auf das Bankensystem im Wege der Bankenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
1. Wettbewerbsfreiheit oder Verstaatlichung des Bankenappa-
rates als extreme Wege der staatlichen Einflußnahme auf das Kreditwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
2. Bankenaufsicht als Zwischenlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
II. Die Bedeutung der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht . . . . . . . . . .
71
1. Die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im System der
Bankenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
2. Die Bedeutung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse bei einer weitgehenden staatlichen Kontrolle und Lenkung des Bankensystetn.s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
3. Die Problematik und die Bedeutung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in einer marktwirtschaftliehen Konzeption der Wirtschaftspolitik und einer entsprechenden "gewerbepolizeilichen" Bankenaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
III. Auswirkungen der Vereinbarungen über Konditionen . . . . . . . . 1. Probleme der unterschiedlichen Auswirkungen bei den verschiedenen Banktypen und Bankgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen der Vereinbarungen im Hinblick auf die Wirksamkeit der Notenbankpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89 89 94
E. Die Vereinbarungen und Zusammenscblfisse unter den Gesichtspunkten der Kartellgesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 I. Das Bankensystem in der Kartellgesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Die Hauptziele der Kartellgesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
102
2. Die Problematik der Anwendung der Kartellgesetzgebung auf das Bankensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 a) Die Sonderregelung für das Bankensystem im deutschen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Sonderregelungen für das Bankensystem in der amerikanischen Antitrustgesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
II. Die Problematik der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im Kreditwesen für die Zielsetzungen der Kartellgesetzgebung . . . .
117
1. Die verbandsmäßigen Vereinheitlichungsbestrebungen . . . . . .
117
2. Die kartellartigen Vereinbarungen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen ........ . . ......... . .... .. ... . .. 121 a) Der Kartellcharakter der Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Die Frage der tatsächlichen Auswirkungen der kartellartigen Vereinbarungen auf den Wettbewerb im Kreditwesen 124
Tabellen- und Abkürzungsverzeichnis c)
7
Die -Frage der Abschaffung oder Reform der kartellartigen Vereinbarungen unter Wettbewerbsgesichtspunkten _.... . 131
III. Die Beziehungen zwischen den kartellartigen Vereinbarungen
über Konditionen und allgemeine Wettb-ewerbsfragen und den Zulassungsbeschränkungen für Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . .
137
1. Die allgemeine Problematik der Bedürfnisprüfung für Kredit-
institute unter Wettbewerbsgesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
2. Der Fortfall der Bedürfnisprüfung im Hinblick auf die Wirk-
samkeit der kartellartigen Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
143
F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
149
Literaturverzeichnis ........................ ·. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
154
Tabellenverzeichnis Tabelle 1:
Kurzfristige Kredite an Nichtbanken nach Bankengruppen 1913 bis 1955 . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
Tabelle 2:
Zulassung von Zweigstellen der Kreditinstitute . . . . . . . . . .
145
Abkürzungsverzeichnis 1. Zeitschriften Die Aussprache Die Bank Bankarchiv Der Betriebsberater Blätter für Genossenschaftswesen Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik NJW
Die Aussprache, Hrsg. Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer e. V., Bonn. Die Bank, Monatshefte für Finanz- und Bankwesen, Hrsg. Alfred Lansburgh, Berlin. Bankarchiv, Zeitschrift des Bank- und Börsenwese.n s, ~erlin. Der Betriebsberater, Zehntagedienst für Wirtschafts:-, Steuer-, Arbeits- und Sozialrecht, Heidelberg. Blätter für Genossenschaftswesen, Berlin. Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Jena (heute Stuttgart). Neue Juristische Wochenschrift, München Berlin- Frankfurt.
8 Schmollers Jahrbuch Sparkasse
Versicherungswirtschaft Der Volkswirt Weltwirtschaftliches Archiv Wirtschaft und Wettbewerb Zeitschr. f. Betriebswirtsch. Zeitschr. f. handelswiss. Forsch. Zeitschr. f. d. ges. Kreditw.
Abkürzungsverzeichnis Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft, Berlin. Sparkasse, Zeitschrift für das Spaz:kassen- und Kommunale Bankwesen bis 64. Jg. 1944, Berlin; Zeitschrift der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sparkassen- und Giroverbände und Girozentralen e. V. bis 5. Jg. 1951, Frankfurt a. M. und ab 6. Jg. 1952, Bonn; Zeitschrift des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e. V., ab 8. Jg.1954, Bonn und ab 72. Jg. fortlaufend. Versicherungswirtschaft, Karlsruhe. Der Volkswirt, Wirtschafts- und Finanzzeitung, Frankfurt a. M. Weltwirtschaftliches Archiv, Zeitschrift des Instituts für Weltwirtschaft an der Universität Kiel, Hamburg. Wirtschaft und Wettbewerb, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Marktorganisation, Düsseldorf. Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Wiesbaden. Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, Köln und Opladen. Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Frankfurt a. M.
2. Sammelwerke Enzyklop. Lexikon f. d. Geld-, Bank- und Börsenwesen Handwörterb. d. Bankw. Handwörterbuch der Betriebsw. Handwörterb. d. Sozialwiss.
Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen, zugleich 2. Auflage vom Handwörterbuch des B(!.nkwesens, Frankfurt a. M. Handwörterbuch des Bankwesens, Berlin. Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 3. völlig neu bearb. Auft., Stuttgart. Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Stuttgart - Tübingen - Göttingen.
3. Gesetze KWG 1934
KWG 1961 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz)
Reichsgesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz) vom 5. Dezember 1934 (Reichsgesetzblatt I S. 1203) i. d. F. vom 25. September 1939 (Reichsgesetzblatt I S. 1955). Gesetz über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 (Bundesgesetzblatt I S. 881). Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen v. 27. Juli 1957 (Bundesgesetzblatt I S. 1081).
A. Einleitung In der vorliegenden Untersuchung sollen die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im Kreditwesen unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht und der Kartellgesetzgebung betrachtet werden. Das soll aber nicht in der Weise geschehen, daß die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht und der Kartellgesetzgebung nur nebeneinander dargestellt werden. Die Aufgabenstellung muß vielmehr darin erblickt werden, die besondere Problematik der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse unter beiden Gesichtspunkten herauszuarbeiten. Es wird zu zeigen sein, wie die in gewisser Weise widerstrebenden Zielsetzungen der Bankenaufsicht und der Kartellgesetzgebung in der Frage der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse aufeinanderstoßen. Dieser gesamte Problemkreis muß im Zusammenhang mit der Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft gesehen werden. Im ersten Teil soll deshalb die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft herausgearbeitet werden. Daran schließt sich die Darstellung über die Merkmale und die Entwicklung der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen an. Es muß dabei allgemeiner auf die Zusammenschlußbewegung in der Marktwirtschaft eingegangen werden, um die besonderen Kennzeichen der Zusammenschlüsse im Kreditwesen hervorheben zu können. Diese Erörterung bildet die Grundlage für die folgenden Hauptteile, gleichzeitig soll aber damit veranschaulicht werden, warum die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in das System der Bankenaufsicht einbezogen worden sind. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht muß die Frage untersucht werden, welche Rolle die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im System der Bankenaufsicht spielen. Dazu ist zunächst erforderlich, die staatliche Einflußnahme auf das Bankensystem im Wege der Bankenaufsicht zu umreißen. Die Bedeutung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse für die Bankenaufsicht wird mit bestimmt durch die Art und den Umfang der Bankenaufsicht. Es kommt darauf an, die Problematik der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse bei unterschiedlichen Ausprägungen der Bankenaufsicht sichtbar zu machen. Die Auswirkungen der Vereinbarungen werden dann im Hinblick auf die verschiedenen Institutsgruppen und im Blick auf die Wirksamkeit der Notenbankpolitik genauer zu untersuchen sein.
10
A. Einleitung
Im Anschluß daransollen die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse unter den Gesichtspunkten der Kartellgesetzgebung untersucht werden. Diese Reihenfolge ist nicht nur wegen der Formulierung des Themas sinnvoll, sondern sie ergibt sich auch aus der besonderen Aufgabenstellung dieser Untersuchung. Die Problematik der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse für die Zielsetzungen der Kartellgesetzgebung wird in dieser Reihenfolge erst recht sichtbar. Die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse zeigen aber nur einen Teil der allgemeinen Wettbewerbsproblerne im Kreditwesen, bei denen die widerstrebenden Zielsetzungen der Bankenaufsicht und der Kartellgesetzgebung hervortreten. Es muß deshalb die Stellung des Bankensystems im Rahmen der Kartellgesetzgebung überhaupt untersucht werden. Ebenso müssen die Beziehungen zwischen den Vereinbarungen über die Konditionen und allgemeinen Wettbewerbsfragen und den Zulassungsbeschränkungen für Kreditinstitute in diesem Zusammenhang näher beleuchtet werden. In allen Ausführungen wird zunächst von deutschen Verhältnissen ausgegangen, von Fall zu Fall werden jedoch Parallelen und abweichende Regelungen anderer Länder zur Verdeutlichung in die Betrachtung mit einbezogen.
B. Die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft Die Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft ist ein Problem von grundsätzlicher Bedeutung, das in vielen Einzelfragen im Kreditwesen zum Ausdruck kommt und auch im Rahmen dieser Untersuchung eine wichtige Rolle spielt. Die einzelnen Faktoren und Erscheinungen, die die besondere Stellung des Kreditwesens in der Marktwirtschaft kennzeichnen, sollen im folgenden näher dargestellt werden. Dabei wird von der klassischen Marktwirtschaft ausgegangen. Schon dort wird nämlich in Ansätzen die besondere Stellung des Bankensystems als Problem erkannt, obwohl damals das Bankensystem noch nicht die Bedeutung erlangt hatte, die es in der heutigen Marktwirtschaft hat. Das wird sichtbar, wenn die Stellung des Bankensystems in der heutigen Marktwirtschaft näher gekennzeichnet wird. Alle diese Fragen könnten jeweils für sich Gegenstand umfassender Untersuchungen sein, sie können hier deshalb nicht erschöpfend behandelt werden. Mit dieser Erörterung wird vielmehr die Absicht verfolgt, die Grundlage für die weitere Darstellung zu schaffen. Zudem muß deutlich gemacht werden, daß hier der Hinweis auf die Besonderheiten des Bankensystems nicht dazu dient, eine "Ausschlußtheorie der Kreditwirtschaft"' aufzustellen, die die völlige Ausschaltung des Wettbewerbsprinzips in diesem Bereich der Wirtschaft rechtfertigen soll. I. Das Bankensystem in der klassischen Marktwirtschaft Die Probleme, die sich aus der besonderen Stellung des Bankensystems in der h eutigen Marktwirtschaft ergeben, werfen die Frage auf, ob sie nur in einer solchen Marktwirtschaft entstehen, in der der Wettbewerb nicht mehr in allen Bereichen der Wirtschaft voll zum Zuge kommt, oder ob sie allgemein für die Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft kennzeichnend sind. 1 Fritz W. Meyer wendet sich gegen solche Ausschlußtheorien, da sie meistens dazu dienen, Interessen einzelner Gruppen zu rechtfertigen. Vgl. Meyer, Fritz W., Weiterhin Zinsdirigismus?, in: Geschäftsbericht 1959 der Mittelrheinischen Kundenkreditbank in Koblenz, S. 5.
12 B. Die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft Um dieser Frage nachgehen zu können, ist es erforderlich, in Umrissen die Grundzüge der klassischen Nationalökonomie darzustellen; denn sie ist in ihrem Hauptinhalt eine theoretische Begründung der Marktwirtschaft. Darauf aufbauend wird zu zeigen sein, wie die klassische Nationalökonomie das Bankensystem in die Marktwirtschaft eingeordnet wissen will, wobei das Problem der marktwirtschaftliehen Lenkung des Bankensystems besonders hervorgehoben werden muß, das auf die besondere Stellung des Kreditwesens in der Marktwirtschaft überhaupt hindeutet. 1. Die Grundzüge des marktwirtschaftliehen
Konkurrenzsystems Die klassische Begründung der Marktwirtschaft war ein Protest gegen die einengenden Vorschriften und Reglementierungen des Wirtschaftslebens durch die merkantilistische Wirtschaftspolitik und forderte damit ein radikales Umdenken, um auf diese ·weise das "einfache System der natürlichen Freiheit" 2 herzustellen. Der Harmoniegedanke ist zwar schon vorher von den Physiokraten hervorgehoben worden, insofern haben sie mit den Klassikern eine gemeinsame Wurzel. Dennoch besteht ein Unterschied: Es ist das entscheidende Verdienst Adam Smiths und der anderen Klassiker, diese Idee weitergeführt und damit die Grundlage für den beginnenden industriellen Kapitalismus geschaffen zu haben, während sich der Physiokratismus in seiner "vorindustriellen Haltung" zu sehr auf die Landwirtschaft beschränkte3• Mit dieser theoretischen Fundierung des marktwirtschaftliehen Systems schufen die Klassiker die Grundlage für den wirtschaftlichen Liberalismus des vorigen Jahrhunderts. Sie erkannten, daß das Eigeninteresse der Wirtschaftssubjekte -das richtig verstandene, wie man später hinzugefügt hat- der Motor allen wirtschaftlichen Handeins sei. Der Ausgleich dieser verschiedenartigen Interessen erfolgt, wie sie hervorhoben, über den Markt, ohne daß ein Chaos das Ergebnis ist; denn von einer "unsichtbaren Hand" geführt, fördert doch jeder einzelne - bei der Befriedigung seiner Bedürfnisse (auch der eitelsten und unersättlichsten nach Smith) -, " ... ohne es zu Vgl. dazu die Ausführungen von Adam Smith am Ende des IV. Buches. Adam, Eine Untersuchung über Natur und Wesen des Volkswohlstandes, Bd. li, 2. Aufl., in: Sammlung sozialwissenschaftlicher Meister, Bd. XII, 1. Hälfte, Hrsg. H. Waentig, Jena 1923, S. 555 ff. 3 Vgl. Briefs, Goetz, Artikel: Klassische Nationalökonomie, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 6, Stuttgart-Tübingen-Göttingen 1957, S. 4 ff., und Zimmerman, L. J., Geschichte der theoretischen Volkswirtschaftslehre, Köln 1954, S. 41 und 76. 2
Smith,
I. Das Bankensystem in der klassischen Marktwirtschaft
13
beabsichtigen, ohne es zu wissen, das Interesse der Gesellschaft ..."\ so daß Einzel- und Gemeinnutzen von Natur aus immer in Einklang sind. Die Koordination der verschiedenen Interessen erfolgt automatisch über den Markt- bei flexiblen Löhnen und Preisen -, ohne daß der Staat für die Beteiligten des Wirtschaftsprozesses besondere Begünstigungen gewähren oder Beschränkungen auferlegen müßte: oder besser, sie erfolgt, gerade weil der Staat sich solcher Maßnahmen enthält. Die Tätigkeit des Staates bleibt im "System der natürlichen Freiheit" auf drei Grundpflichten beschränkt. Sie sind: Schutz der Gesellschaft vor Angriffen von außen, Gewährleistung der inneren Sicherheit durch Rechtspflege und Polizei und die Wahrnehmung gewisser Aufgaben, die im allgemeinen öffentlichen Interesse liegen, jedoch von den einzelnen nicht in Angriff genommen oder nicht bewältigt werden können5 • Die Möglichkeit, in freier Selbstbestimmung zu entscheiden, schließt gleichzeitig einen Verzicht auf jeden darüber hinausgehenden staatlichen Schutz aus, mit anderen Worten: die volle Selbstverantwortung ist die Kehrseite dieser individuellen Unabhängigkeit. Zusammen mit dem Handeln im Selbstinteresse bilden diese Prinzipien die Grundlage dafür, daß sich die "freie Konkurrenz" entfalten kann. Die "freie Konkurrenz" ist jedoch mehr als das Ergebnis dieser Prinzipien und mehr als das Ergebnis "bestimmter Marktbedingungen", sie ist "institutionelle Voraussetzung" für das klassische System6 • Die freie Konkurrenz steuert den gesamten Markt- und Preismechanismus; dabei werden sich auf allen Märkten Preise bilden, die Angebot und Nachfrage zum Ausgleich kommen lassen, die Pläne der Produzenten und Haushalte werden über den Markt koordiniert und ebenso der Prozeß der Einkommensverteilung geregelt. Der Marktmechanismus umfaßt also die gesamte Volkswirtschaft und ist der alleinige Koordinator des gesamten Wirtschaftsgeschehens. Das sind in großen Zügen die Hauptgedanken der klassischen Lehre, die bei allem Unterschied zwischen den verschiedenen Vertretern in den verschiedenen Ländern doch als die gemeinsame Grundlage des klassischen Gedankengebäudes angesehen werden können. Man wird das klassische System im Rahmen der damaligen Zeit und Umwelt sehen müssen, wenn man verstehen will, warum sich z. B. gerade Adam Smith so stark darauf stützen konnte, daß die "unsichtbare 4 Smith, Adam, Theorie der ethischen Gefühle, bearb. nach d. letzten Aufl. von Hans Georg Schachtschabel, Frankfurt (Main) 1949, S. 231. 5 Vgl. Smith, Adam, Eine Untersuchung über Natur und Wesen des Volkswohlstandes, a. a. 0., S. 556. 6 Vgl. Briefs, Goetz, Artikel: Klassische Nationalökonomie, a. a. 0., S. 5 ff., und Schumpeter, Joseph A., History of Economic Analysis, New York 1954, s. 545.
14 B. Die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft Hand" immer wieder vorübergehende Abweichungen der Preise und Einkommen auf dem Markt auf die "natürliche" Höhe zurückführen werde. In dem Glauben an die "natürliche Harmonie" 7 konnte man dem Staate jene "laissez-faire-"Rolle zuweisen. In dem Maße aber, wie sich diese metaphysische Grundlage verflüchtigte und auflöste, mußte sich dies als Schwäche des gesamten Wettbewerbssystems um so deutlicher offenbaren8 • Gestützt auf die Erfahrungen mit der laissez-faire-Wirtschaftspolitik ist deshalb in allen modernen Formen der Marktwirtschaft nicht auf zusätzliche Maßnahmen von seiten des Staates verzichtet worden, um zu verhindern, daß das marktwirtschaftliche System von innen heraus zum Erliegen kommt. Wie im einzelnen noch näher zu zeigen sein wird, sind besonders die Kartellgesetzgebung, aber auch die staatliche Einflußnahme auf das Bankensystem von daher begründet worden. Es müßten jetzt, um das Bild des klassischen Systems zu vervollständigen, die einzelnen Problemkreise bei den verschiedenen Vertretern einer genaueren Betrachtung unterzogen werden; das würde jedoch über den hier gesetzten Rahmen weit hinausführen, nur im Hinblick auf Äußerungen zu Fragen des Bankwesens ist noch eine Erweiterung vorzunehmen, besonders auch deswegen, weil sich hier bereits die ersten Ansatzpunkte zu einer Kritik an gewissen klassischen Vorstellungen zeigen. Henry Dunning Macleod, einer jener weniger bekannten klassischen Nationalökonomen, spürte neben anderen, daß besonders das System der nachricardianischen Zeit schon allzu starr und abgeschlossen war, als daß es die Vorgänge der Wirklichkeit noch voll zu deuten vermochte9 • Seine Kritik entzündete sich an Problemen des Bankwesens, weil er sah, daß dort eine besondere Problematik immer mehr hervortrat, an der die damalige Lehre vorbeiging. In seiner Kritik soll er sogar festgestellt haben: "To believe in Ricardo at the present day is a most grievous anachronism10." 7 So gründet sich der Harmonieglaube auf den damals herrschenden Deismus, über den Adam Smith bewundernd ausführt: "Die Vorstellung von jenem göttlichen Wesen, dessen Wohlwollen und Weisheit seit aller Ewigkeit die ungeheure Maschine des Weltalls so ersonnen und gelenkt hat, daß sie zu allen Zeiten das größtmögliche Maß von Glückseligkeit hervorbringe, ist von allen Gegenständen menschlicher Betrachtung sicherlich der weitaus großartigste." Smith, Adam, Theorie der ethischen Gefühle, a. a. 0 ., S. 299. 8 Vgl. dazu die weiteren Ausführungen bei Heimann, Eduard, Vernunftglaube und Religion in der modernen Gesellschaft, Tübingen 1955, S. 199 f. 9 Vgl. zum folgenden Briefs, Goetz, Der klassische Liberalismus, in: Die Wandlungen der Wirtschaft im kapitalistischen Zeitalter, Hrsg. Goetz Briefs, Berlin 1932, S. 30 f. 10 Nach Goetz Briefs wird ihm diese Äußerung zugeschrieben. Vgl. Der klassische Liberalismus, a. a. 0., S. 30.
I. Das Bankensystem in der klassischen Marktwirtschaft
15
Dieser Vorwurf Macleods, daß die klassische Lehre, besonders in ihrer nachricardianischen Ausprägung, die Vorgänge des Bankwesens nicht mehr hinreichend zu erklären vermochte, leitet über zu der Frage, wie überhaupt das Bankensystem nach den Vorstellungen der Klassiker in das allgemeine Wettbewerbssystem einzubauen war. Die Kreditlehre Macleods wird in einem anderen Zusammenhang noch weiter verfolgt werden müssen. 2. D a s P r o b I e m d e r m a r k t w i r t s c h a f t li c h e n Lenkung des Bankensystems Wenn man festzustellen versucht, wie sich die Klassiker den Aufbau und die Funktionsweise des Bankwesens vorstellten und wie nach ihren Vorstellungen das Bankensystem in den Gesamtrahmen der Wirtschaft eingefügt werden müßte, dann muß zunächst festgehalten werden, daß die Banken von ihren Ursprüngen im Altertum und Mittelalter bis hin zum heutigen modernen Bankensystem einen großen Funktionswandel durchgemacht haben und daß deshalb den theoretischen Erörterungen über Bankfragen in den verschiedenen Zeiten auch keine einheitliche Definition und Aufgabenbeschreibung zugrunde gelegt werden kann. Diese Entwicklung muß man berücksichtigen, und zum anderen muß man auf die allgemeinen geld- und kredittheoretischen Erörterungen der Klassiker zurückgehen, weil so erst ihre Aussagen zu Fragen des Bankwesens ihren rechten Bezug erhalten. Im Gegensatz zu der merkantilistischen Überbewertung des Edelmetalls und des Geldes wiesen die Klassiker darauf hin, daß das Geld nur ein "Schleier" sei, der sich über das Wirtschaftsleben ausbreitet, hinter dem aber real Güter gegen Güter oder Leistungen ausgetauscht werden. Diese Einstellung zum Geld schloß jedoch nicht aus, daß sich die einzelnen Theoretiker mit Geld- und Bankproblemen beschäftigt haben, aber sie beschränkten sich mehr auf Beiträge zu einzelnen Problemkreisen, die meistens in Beziehung zu damaligen Erscheinungen im Bankwesen standen, aus dem System selbst heraus sind diese Gedanken nicht entwickelt worden. Die Klassiker stützten sich bei ihren Untersuchungen auf Erfahrungen, die man besonders in Schottland und England mit den bereits bestehenden Banken gemacht hatte. Alle diese Bankgründungen zeichneten sich dadurch aus, daß sie sowohl Noten- als auch Geschäftsbanken waren11 • 11 Die Zentralisierung des Notenbankwesens und damit die funktionale Aufteilung der Banken fällt in Europa in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts.
16 B. Die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft Aus dieser Tatsache erklärt sich auch, daß sich die Klassiker in ihrer Geldtheorie in erster Linie auf das Problem der Notenausgabe und ihrer Deckung konzentrierten. Sie konnten bereits auf den Zusammenbruch der Lawschen Bankgründung in Frankreich (1720) 12 hinweisen und hatten auch die Krise der Bank von England (1839) erlebt. In diese Krise war die Bank von England durch eine zu großzügige Kreditgewährung geraten. Sie konnte dann nur mit Unterstützung der Bank von Frankreich saniert werden13• Gerade weil die Klassiker die Gefahren sahen, die ein zu stark ausgedehnter Notenumlauf mit sich brachte, forderten sowohl Smith als auch Ricardo, daß das Papiergeld, das sich im wesentlichen aus Banknoten zusammensetzte, unbedingt in einen festen Bezug zum Edelmetallbestand gebracht werden muß. Besonders Ricardo14 trat für die Errichtung einer Zentralbank ein, bei der der gesamte Edelmetallbestand eines Landes gesammelt werden sollte. In einem fest begrenzten Umfange wäre es dann möglich, darüber hinaus Banknoten auszugeben, die durch andere Aktiva gedeckt sein könnten. Auf diesem Gedanken beruhte die Currency-Theorie, die in der Peelschen Bankakte von 1844 ihren ersten Niederschlag fand. Es sollen hier jetzt nicht im einzelnen die Diskussionen über das Currency- und Banking-Prinzip, das sich als Gegenmeinung bildete, verfolgt werden und die Argumente gegeneinander abgewogen werden, das würde zu weit in allgemeine geldtheoretische Überlegungen hineinführen. Es war jedoch wichtig, so weit auf geld- und kredittheoretische Vorstellungen der Klassiker einzugehen, weil in den Diskussionen über Möglichkeiten und Grenzen der Ausdehnung des Banknotenumlaufs eines der Grundprobleme berührt wird, das für die Frage der Gestaltung des Bankwesens nach dem "System der natürlichen Freiheit" von entscheidender Bedeutung ist, nämlich die Geldschöpfungsmöglichkeit der Banken••. 12 Smith meinte, daß die Lawschen Gedankengänge das "vielleicht ausschweifendste Bank- und Börsenprojekt, das die Welt je gesehen hat", begründet haben. Vgl. Smith, Adam, Eine Untersuchung über Natur und Wesen des Volkswohlstandes, Bd. II, a. a. 0 ., S. 62 f. 13 Vgl. Weber, Adolf, Depositenbanken und Spekulationsbanken, 4. völlig neu bearbeitete Auf!., München und Leipzig 1938, S. 28. 14 Vgl. Ricardo, David, Proposals For An Economical And Secure Currency, London 1816. Ders., Plan For The Establishment Of A National Bank, London 1824, in: The Works And Correspondence Of David Ricardo, Hrsg. Piero Sraffa, Bd. IV, Cambridge 1951, S. 3 ff.. und S. 271 ff.. 15 Vgl. zur möglichen "begrifflichen Identifizierung" oder "begrifflichen Unterscheidung" von Geld- und Kreditschöpfung die Ausführungen bei Feifel und die dort angegebene Literatur. Hier kann auf diesen Fragenkreis nicht weiter eingegangen werden. Feifel, Hermann, Die Anwendbarkeit der modernen Kreditschöpfungslehre auf die besondere Art des Sparkassengeschäfts, Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen, Hrsg. Fritz Voigt, Bd. 10, Berlin 1959, S. 26 ff.
I. Das Bankensystem in der klassischen Marktwirtschaft
17
Die Klassiker haben die Möglichkeit der privaten Banken, auch über ihre Einlagen hinaus autonom Geld schöpfen zu können, noch nicht erkannt, sie waren der Meinung, daß "das Papiergeld aller Art ... den Wert des Goldes oder Silbers, dessen Stelle es einnimmt ... , falls es kein Papiergeld gäbe, nicht übersteigen (kann)" 16 • Das Papiergeld ist in ihren Augen nur ein Ersatz für das "natürliche" Stoffgeld, es dient nur dazu, den Wirtschaftsproz eß zu erleichtern, sein natürlicher Ablauf wird dadurch nicht gestört, er wird sogar dadurch vor entstehenden Engpässen in der Geldversorgung bewahrt. Regeln und Bestimmungen über die Ausgabe von Banknoten lassen sich deshalb auch mit dem "System der natürlichen Freiheit" in Einklang bringen. Dennoch spürt man vereinzelt bei der Erörterung auftretender Störungen im Bankwesen, daß die Klassiker die Schwierigkeiten , die gerade aus der freien Konkurrenz bei der Notenausgabe herrühren, wohl sahen, wenn sie sie auch noch nicht in ihrer vollen Tragweite überschauen konnten. So forderte z. B. Smith an einer Stelle zur Vermeidung von Mißbräuchen bei einer übertriebenen Stückelung der Banknoten, einen Mindestbetrag festzulegen, unter dem keine Banknoten mehr ausgegeben werden sollen. Smith sah in dieser Beschränkung keine Verletzung der natürlichen Freiheit, er vergleicht sie mit der Errichtung von Brandmauern, die mögliche Feuersbrünste eindämmen sollen 17 • Man wird dieser Argumentation zustimmen können, dennoch kann darin bereits die Tendenz zu einem gewissenAbrüc ken vom unbedingten Prinzip der Wettbewerbsfre iheit für das Bankwesen gesehen werden. Das wird noch deutlicher in der Feeischen Bankakte, die den Notenumlauf in ein gesetzlich festgelegtes Verhältnis zum Edelmetallvorr at bringen wollte und schrittweise die Zentralisation der Notenausgabe anstrebte. Aus diesem Grunde wurden Neugründungen von Banken mit Notenausgabere cht nicht mehr zugelassen. Damit wird für die Notenausgabe das Konkurrenzprin zip eingeschränkt und durch eine staatliche Regelung ersetzt, die den besonderen Bedingungen im Bankwesen besser gerecht werden sollte. Auf diese Weise sollten die aus dem Bankwesen entstehenden Gefahren eingeschränkt werden. Mit der zunehmenden Zentralisation der Notenausgabe wuchs aber gleichzeitig auch die Bedeutung der Geschäftsbanke n. Zunächst wurde hier das Problem der zu starken Ausdehnung des Kreditvolumens noch nicht so sichtbar, weil sich die bestehenden Banken in der Zeit vor der 16 Smith, Adam, Eine Untersuchung über Natur und Wesen des Volkswohlstandes, Bd. II, a. a. 0., S. 36 f. 17 Vgl. Smith, Adam, Eine Untersuchung über Natur und Wesen des Volkswohlstandes, Bd. II, a. a. 0., S. 70 und 72.
2 Buschmann
18 B. Die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft
Industrialisierung noch im wesentlichen auf das Sammeln von Kapital und die Kreditvermittlung beschränkten. In dem Maße aber, wie mit der Ausweitung des Wirtschaftslebens auch der Aufgabenkreis der Geschäftsbanken umgestaltet und ausgedehnt wurde, trat das Problem der Geldschöpfung, das bis dahin nur in bezug auf die Notenausgabe gesehen worden war, deutlicher hervor. Trotzdem ist die Möglichkeit der autonomen Geldschöpfung lange Zeit hindurch - stark beeinflußt durch klassische Gedankengänge - immer wieder bestritten worden. Wenn der "klassische Außenseiter" Macleod früher mit seinen Auffassungen18 durchgedrungen wäre, dann wäre wohl auch die Problematik des Wettbewerbsprinzips in bezug auf das Bankensystem deutlicher erkannt worden. Die klassischen Auffassungen von der freien Konkurrenz wurden schon eingeschränkt, als die Gefahr bei der Notenausgabe sichtbar wurde. Diese Überlegungen müssen wohl auch für die Geschäftsbanken in eine ähnliche Richtung verlaufen, wenn nicht der Charakter dieser Banken als Kreditvermittler zu sehr im Vordergrund gestanden hätte. Erst als in späterer Zeit die Gefahren mehr hervortraten und die allgemeinen Auswirkungen von Bankenkrisen und -Zusammenbrüchen auf die gesamte Wirtschaft immer spürbarer wurden, wurden stärkere gesetzgeberische Maßnahmen verlangt, durch die das Prinzip der Selbstregulierung für den Bankensektor eingeschränkt und teilweise aufgehoben wurde. Es sollte deutlich gemacht werden, daß die klassischen Auffassungen über die Lenkung der Wirtschaft durch den Markt- und Preismechanismus bei freier Konkurrenz nur zu verstehen sind vor dem Hintergrund der damaligen geschichtlichen Situation. Die Gefahren, die dem Bankwesen drohten und die von daher auf das gesamte Wirtschaftsleben übergreifen konnten, sah man nur teilweise, und zwar beim Notenausgaberecht der Banken. Weitere gesetzliche Maßnahmen zur Lenkung des Bankensystems erwiesen sich damals noch nicht als notwendig. Auch wenn die Klassiker nur gelegentlich zu Fragen des Geld- und Kreditwesens Stellung bezogen haben, sozusagen am Rande, außerhalb ihres eigentlichen Systems, so wird doch daraus ersichtlich, daß sie die marktwirtschaftliche Lenkung des Kreditwesens in diesen Fällen durchaus als Problem empfunden haben. Aus den Maßnahmen, die sie in diesen Fällen vorgeschlagen und ergriffen haben, kann man folgern, 1s Hier ist besonders an seine Kreditschöpfungslehre und an seine Charakteristik der Banktätigkeit gedacht. "A Bank is, therefore, not an offi.ce for 'borrowing' and 'lending' money: but it is a Manufactory of Credit." Macleod, Henry Dunning, The Theory of Credit, Volume II, Part I, London and New York 1890, S. 364.
II. Kennzeichen des Bankensystems in der heutigen Marktwirtschaft 19 daß auch sie dem Bankensystem innerhalb der Marktwirtschaft eine gewisse Sonderstellung zugeschrieben haben. Die Forderung nach der Selbstregulierung des Bankensystems dürfte deshalb nicht allein mit dem Hinweis auf die Grundprinzipien der klassischen freien Marktwirtschaft beantwortet werden können.
II. Die Kennzeichen des Bankensystems
in der heutigen Marktwirtschaft 1. Der Funktionswandel der Banken
Die Wandlungen, die sich im Bankensystem anbahnten, müssen im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung gesehen werden. Soziale Verschiebungen, die Änderung des Bevölkerungswachstums, die Veränderung der Einkommensverhältnisse und die Beschleunigung des wirtschaftlichen Wachstums kennzeichnen diese Phase der industriellen Entwicklung und haben gleichzeitig den Anstoß gegeben zu grundlegenden Veränderungen im Bankensystem. Deutlich werden diese Wandlungen an den Bankgründungen, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts zunächst in Belgien und Frankreich vorgenommen wurden. Mit diesen Bankgründungen wurde- besonders im kontinentalen Europa- eine ganz neue Entwicklungsphase des Bankwesens eingeleitet19• Zwar hatte es schon seit dem Altertum und dem Mittelalter Banken gegeben, aber mit diesen Instituten wurde ein neuer Banktypus geschaffen, der für die Finanzierungsaufgaben, die mit der Industrialisierung erwuchsen, besonders geeignet war. Diese Kreditinstitute verbanden das laufende Bankgeschäft mit dem Finanzierungsgeschäft und wurden somit besonders zu Gründungsbanken. Auf dieser Grundlage entwickelten sich in Deutschland jene großen "Finanzierungsbanken" 20 , die in der Form der Aktiengesellschaft um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ins Leben traten und die die bis dahin herrschenden Privatbankhäuser bald überflügelten. Der für die deut19 Gedacht ist hier vor allem an die Gründung der ersten "gemischten Bank" in Belgien 1822, ferner an den "Credit mobilier" in Paris (1852) und den "Credit Lyonnais" (1853), die als erste neuzeitliche Filialgroßbank betrachtet wird. Vgl. im einzelnen zu dieser Entwicklung: Weber, Adolf, Depositenbanken und Spekulationsbanken, a. a. 0., S. 6, 9 und 308; Benning, Bernhard, Artikel: "Banksysteme, nationale (1) Deutschland", in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 1, Stuttgart-Tübingen-Göttingen 1956, S. 582; Wendt, Siegfried, Artikel: "Banken (I), Geschichte", in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 1, Stuttgart-Tübingen-Göttingen 1956, S. 546 f. 20
Wendt, Siegfried, Artikel: "Banken (1)", a. a. 0., S. 546.
20
B. Die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft
sehe Entwicklung kennzeichnend gewordene Typ der "gemischten Geschäftsbank"21 entstand aber erst mit der Übernahme des Depositengeschäfts durch diese Banken. In anderen Ländern bildeten sich andere Banktypen heraus, so z. B. in England Spezialkreditinstitute; gemeinsam ist aber überall der volkswirtschaftliche Funktionswandel des Bankensystems22, der darin gesehen werden muß, daß die Geldschöpfung jetzt neben die Kapitalvermittlung tritt und mit zum wesentlichen Kennzeichen des modernen Bankensystems wird. Ohne diese Umgestaltung des Bankwesens wäre die Industrialisierung wohl nicht in dieser Form abgelaufen. Andererseits hatte dieser Wandel eine enge Verknüpfung der Industrie mit dem Bankwesen zur Folge. Später machte sich das deutlich bemerkbar in der zu raschen und zu einseitigen Ausdehnung des Kreditgeschäfts auf Kosten der Sicherheit. Im Zuge dieser Veränderungen wurde auch die Notenausgabe immer mehr zentralisiert, so daß am Ende die Notenbanken von den Geschäftsbanken getrennt waren, und die Notenbank eine neue Stellung im Rahmen des gesamten Bankensystems erhielt23. Die Klassiker hatten schon die Hauptaufgabe der Banken in der Kapitalvermittlung gesehen, aber erst mit der Industrialisierung trat die Bedeutung dieser Aufgabe recht hervor. Gleichzeitig wurde der Kreditverkehr auch immer stärker entpersönliche\ eine moderne Wirtschaft ist deshalb ohne die Tätigkeit der Banken nicht denkbar. In ihr erfüllen sie die bedeutsame Aufgabe, "berufsmäßig Kredite zu nehmen"26, um sie' an die Stellen zu leiten, an denen sie gerade gefragt und am günstigsten verwandt werden können. In dieser Stellung als Kreditvermittler erfüllen die Banken drei wesentliche Funktionen: 1. d ie Vertrauensfunktion, 2. die Ballungsfunktion und 3. die Fristigkeitsverlängerungsfunktion26. Hiermit ist ausgedrückt, daß die Banken oft erst durch ihre Existenz das Vertrauen schaffen, das zum wesentlichen Bestandteil der Kreditgewährung wird 21 Dieser Banktypus wird auch als "Universalbank" bezeichnet im Gegensatz zu den angelsächsischen Spezialbanken. Adolf Weber weist aber darauf hin, daß diese Bezeichnung nicht richtig ist, weil "die hier in Betracht kommenden Banken das Noten- und Pfandbriefgeschäft schon auf Grund der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen nicht pflegen dürfen". Vgl. Web er, Adolf, Depositenbanken und Spekulationsbanken, a. a. 0., S. 3. 22 Vgl. zu den folgenden Ausführungen insbesondere Wendt, Siegfried, Artikel: "Banken (I)", a. a. 0., S. 546. 23 Die Zentralisierung der Notenbanken erfolgte im wesentlichen im 19. Jahrhundert; vgl. Wendt, Siegfried, Artikel: "Banken (!)", a. a. 0., S. 544 ff., bes.
s. 546.
24 Vgl. Wendt, Siegfried, Artikel: "Banken (1)", a. a. 0., S. 544. 25 Somary, Felix, Bankpolitik, 3. neugearb. Aufl., Tübingen 1934, S. 3. 26 Vgl. dazu die näheren Einzelheiten bei S tucken, Rudolf, Geld und Kredit, 2. stark veränderte Aufl., Tübingen 1957, S. 7 ff.
II. Kennzeichen des Bankensystems in der heutigen Marktwirtschaft 21 und auch im Wort "Kredit" seinen Ausdruck findet. Zum anderen sammeln die Banken die nötigen Mittel, vielfach als kleine Beträge, und sind so in der Lage, auch große Kredite zu gewähren. Besonders wichtig ist jedoch, daß sie Gelder, die ihnen für eine bestimmte Zeit übergeben worden sind, auch darüber hinaus ausleihen können. Ihre bedeutsame Stellung im Industrialisierungsprozeß erhielten die Banken aber in erster Linie dadurch, daß sie durch ihre besondere Konstruktion in die Lage versetzt wurden, Geld zu schöpfen27 • Die Möglichkeit der Banken zur Buchgeldschöpfung und ihre Bedeutung beim Fortschritt und reibungslosen Ablauf der Wirtschaft ist immer wieder diskutiert und bestritten worden. Die einzelnen Argumente, die zur Begründung und Widerlegung der Buchgeldschöpfung dabei angeführt worden sind, können im Rahmen dieser Untersuchung nicht dargestellt werden. Es kann hier aber festgestellt werden, daß in der Literatur überwiegend die Möglichkeit der Banken, Giralgeld schöpfen zu können, anerkannt wird28 • Die Möglichkeit der Geldschöpfung, die wesentlich die Bedeutung der Banken im Industrialisierungsprozeß mit begründet hat, bringt andererseits aber auch einen neuen Faktor der Unstabilität in das Bankensystem; denn bei einer übermäßigen Ausdehnung der Geldschöpfung können die Banken in die Gefahr der Illiquidität geraten29 • Nun ist 27 Vgl. Voigt, Fritz, Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Verkehrssystems, Verkehrswissenschaftliche Forschungen, Band I, Berlin 1960, S. 150 ff.; S. 170, S. 232 ff.; Klatt, Sigurd, Zur Theorie der Industrialisierung, in: Die industrielle Entwicklung, Ab. A, Bd. I., Hrsg. Fritz Voigt und Karl Gustav Specht, Köln und Opladen 1959, S. 344 u. 348. 28 Einzelheiten zur Lehre von der Giralgeldschöpfungsmöglichkeit der Banken, insbes. auch zu strittigen Detailfragen finden sich in der umfangreichen Literatur zu diesem Problemkreis; vgl. u. a. darüber die ausführliche Zusammenstellung bei Feifel, Hermann, Die Anwendbarkeit der modernen Kreditschöpfungslehre auf die besondere Art des Sparkassengeschäfts, a. a. 0 ., bes.
s. 16 ff.
29 Die Banken können nicht unbegrenzt Giralgeld schöpfen. Sie sind an die Bargeldmenge gebunden, die ihnen zur Verfügung steht. Weiterhin ist die Relation der Barzahlungen zu den bargeldlosen Zahlungen, die sich allerdings mit dem Ausbau des bargeldlosen Zahlungsverkehrs weiter zugunsten der Banken verbessert haben, ein entscheidender Faktor für die Höhe des Geldschöpfungsspielraums. Auch die Tatsache, daß praktisch immer von einem Vielbankensystem ausgegangen werden muß, begrenzt die Geldschöpfungsmöglichkeit der Kreditbanken. Vgl. zu weiteren Einzelheiten u . a. Halm, George N., Geld, Kredit, Banken; München und Leipzig 1935 S. 69; Ders., Geld, Außenhandel und Beschäftigung, 3. völlig neubearb. Aufi., München 1957, S. 66 ff., hier bes. S. 67; Schneider, Erich, Einführung in die Wirtschaftstheorie, III. Teil, 7. verb. Aufi., Tübingen 1962 S. 14 ff.; Böhme, Rosemarie, Die Verhaltensweise der Kreditbanken, Diss., Frankfurt/M. 1955, S. 129; Wilsdorf, Manfred, Bestimmungsgründe und volkswirtschaftliche Auswirkungen des Verhaltens der Sparkassen im langfristigen Wohnungsbaukreditgeschäft, Untersuchungen über das Spar-Giro- und Kreditwesen, Hrsg. Fritz Voigt, Bd. XIII, Berlin 1960 S. 19 f.
22 B. Die besondere Stellung des Bankensystems In der Marktwirtschaft
zwar die Liquidität ein betriebspolitisches Ziel, das alle anderen wirtschaftlichen Unternehmungen auch zu beachten haben. Bei den Banken erhält es aber seine besondere Problematik dadurch, daß mangelnde Liquiditätsvorsorge nicht nur die einzelne Bank, sondern das gesamte Bankensystem betrifft. Es sind deshalbRegeln für das liquiditätspolitischeVerhalten derBanken aufgestellt worden, um die Gefahren der Illiquidität zu bannen. Im wesentlichen laufen sie darauf hinaus, daß Barreserven und sonstige leicht realisierbare Aktiva in dem Maße bereitgehalten werden müssen, wie erfahrungsgemäß erwartet werden kann, daß Anforderungen an die Bank herangetragen werden, die zu einem Abfluß an Zentralbankgeld führen, das die Banken nicht selber schöpfen können80 • Da die institutionelle Verquickung des kurzfristigen und des langfristigen Kreditgeschäfts ein entscheidender Faktor bei der Geldschöpfung ist, ist der Gedanke aufgetaucht, zur "Vervollkommnung des Bankwesens" 81 die Bankgruppen des kurzfristigen Geschäfts ganz scharf von denen, die das langfristige Geschäft betreiben, zu trennen32• Ein anderer Plan sieht eine Volldeckung der Depositen durch Zentralbankgeld vor, um die Gefahren der Geldschöpfung zu vermindern. Bei einer Verwirklichung dieser Pläne würden wohl Krisenherde beseitigt, jedoch wären dann andere wichtige Gesichtspunkte unberücksichtigt geblieben. So wäre die absolute Trennung des kurzfristigen und des langfristigen Bankkreditgeschäfts in einer Volkswirtschaft, in der überwiegend Familienunternehmen bestehen und die Finanzierung größerer langfristiger Vorhaben privat - d. h. ohne die Einschaltung von Banken möglich ist, vielleicht am ehesten zu verwirklichen. In einer industriellen Wirtschaft sind aber diese Pläne nicht durchzuführen, gerade weil durch die Verknüpfung dieser verschiedenen Zweige des Bankgeschäfts die Industrialisierung von seiten des Bankensystems ermöglicht und begünstigt wird 33• Alle diese Faktoren zusammen, die Verknüpfung des kurzfristigen mit dem langfristigen Bankgeschäft, die Möglichkeit der Giralgeld80
31 82
Vgl. Stucken, Rudolf, Geld und Kredit, a. a. 0., S. 105 ff. Halm, George N., Geld, Außenhandel und Beschäftigung, a. a. 0., S. 272. Vgl. zum folgenden Halm, George N., Geld, Außenhandel und Beschäf-
tigung, S. 272 f. 83 Die Bankreformpläne sind darum aber nicht ohne Bedeutung. Besonders im Konjunkturablauf könnten sie in der Situation der Vollbeschäftigung ein geeignetes Instrument sein, weitere "Überhitzungen" zu vermeiden und Störungsfaktoren von seiten der Geldschöpfung auszuschalten; vgl. Schmer, Karl, Aufgaben und Versuche. Zur neuen Ordnung von Gesellschaft und Wirtschaft, Harnburg 1953, S. 98 f.
II. Kennzeichen des Bankensystems in der heutigen Marktwirtschaft 23 schöpfung und die sich daraus ergebenden Liquiditätsprobleme kennzeichnen den Funktionswandel des Bankensystems. Zugleich sind damit aber auch neue Ursachen für Krisen im Bankensystem gegeben. Wegen der zentralen Stellung des Bankensystems, die mit dem Funktionswandel noch deutlicher hervortritt, bleiben diese Krisen nicht nur auf den Bankensektor beschränkt, sondern sie können auf die gesamte Wirtschaft übergreifen. Die Klassiker haben diese Gefahren nur in Ansätzen gesehen, weil sie die Möglichkeit der Banken zur Geldschöpfung- bis auf Maclead noch nicht erkannt hatten. Durch den damit verbundenen Funktionswandel wird aber die besondere Stellung des Bankensystems in der Wirtschaft noch deutlicher sichtbar. Wenn schon bei ihnen in Fragen des Geld- und Kreditwesens ein gewisses Abrücken vom Prinzip der marktwirtschaftlichen Lenkung erkennbar wurde, kann in einer modernen Marktwirtschaft um so weniger auf zusätzliche Maßnahmen zur Lenkung und Sicherung des Bankensystems verzichtet werden. Welcher Art diese Maßnahmen sein müssen und wie sie in das Gesamtsystem der Marktwirtschaft eingebaut werden können, darauf wird an anderer Stelle noch näher einzugehen sein. Hier sollen zunächst noch die betrieblichen Besonderheiten der Banken, die in der heutigen Marktwirtschaft für die Banken kennzeichnend sind, näher beleuchtet werden. Sie sind ein weiterer Grund, der die Notwendigkeit staatlicher Einflußnahme auf das Bankensystem erhärtet. 2. B e t r i e b I i c h e B e s o n d e r h e i t e n d e r B a n k e n Die betrieblichen Besonderheiten der Banken werden dann deutlich, wenn man die Kreditinstitute mit Wirtschaftsbetrieben anderer Wirtschaftszweige vergleicht. Zunächst muß der Charakter der Bankbetriebe, der nicht ohne weiteres klar zu erkennen ist, näher beschrieben werden. Die Aufgabe der Banken erstreckt sich weder nur auf die Kreditvermittlung- dann würden sie mehr den Handelsbetrieben ähnlich sein -, noch sind sie nur "Erzeugungsstätten" für Kredit. In diesem Falle würden die Gesetze der industriellen Produktion eher auf die Tätigkeit der Banken anzuwenden sein. "Man kann daher die Funktion der Kreditbank als Handel mit Liquidität bezeichnen, die sie in vollem Umfange selbst geschaffen hat34." Dieser besondere Charakter der bankgeschäftlichen Tätigkeit kommt an vielen Stellen wieder zum Vorschein, was im folgenden noch näher zu zeigen sein wird. 34 Mühlhaupt, Ludwig, Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung einer Kreditbank, in: Zeitschr. f. handelswiss. Forsch., N. F., 8. Jg. 1956, S. 9.
24 B. Die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft Schon das Gut, das die Grundlage des Bankgeschäftes ist, das Geld, unterscheidet sich wesensmäßig von den anderen Wirtschaftsgütern, was dazu führt, daß Angebot und Nachfrage nach Geld anderen Gesetzmäßigkeiten unterworfen sind als die anderen Güter35 • Nun handelt es sich sowohl im Aktiv- als auch im Passivgeschäft um Geld, das die Banken ausleihen bzw. hereinnehmen; dennoch besteht ein theoretischer Unterschied zwischen dem Geld, das sie im Aktivgeschäft selbst "produzieren", und dem Geld, das ihnen in der Form von Einlagen zufließt und das sie auf der Passivseite ausweisen. Diese beiden Seiten der bankgeschäftliehen Tätigkeit können zwar nicht isoliert voneinander betrachtet werden, es kann aber kein direkter Zusammenhang zwischen den Einlagen und den gewährten Krediten hergestellt werden, die Verbindung ist nur indirekter Art. Dieser theoretische Unterschied zwischen dem Gut Geld im Aktiv- und im Passivgeschäft muß gesehen weren, er ist kennzeichnend für den besonderen Charakter des Bankgeschäfts36. Die betrieblichen Besonderheiten der Banken werden noch deutlicher sichtbar, wenn man versucht, die Kapazität der Banken zu bestimmen. Im Gegensatz zu den Möglichkeiten der Kapazitätsbestimmung bei Industriebetrieben37, kann man bei Banken keine einheitliche Leistung als Kapazitätsmaßstab zugrunde legen, die Marktleistung der Banken setzt sich vielmehr zusammen aus einer Mengen- und einer Wertleistung38. 35 Vgl. Forstmann, Albrecht, Zum Problem einer Nachfrage nach Geld, in: Festgabe für Georg Jahn, Hrsg. Karl Muhs, Berlin 1955, S. 59 ff. 36 Veit, Otto, Die veränderte Währungspolitik und ihre Folgen, unter Mitwirkung von Owe Peters, Bertfried Stadermann und Hermann Bödler, Institut für das Kreditwesen, Frankfurt/M., Frankfurt/M. 1957 S. 127; Mührhaupt, Ludwig, Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung ..., a. a. 0., S. 53. 37 Am einfachsten ist die Kapazitätsbestimmung bei Industriebetrieben, die nur ein Produkt erzeugen. Bei Handelsbetrieben treten ähnliche Schwierigkeiten bei der Kapazitätsbestimmung auf wie bei Kreditinstituten. Vgl. Günther, Hans, Die Kapazitätsbestimmung bei Kreditbanken, in: Zeitschr. f. Betriebswirtsch., 29. Jg. 1959, Nr. 9, S. 542. Ähnlich wie bei den Kreditinstituten ist das Kapazitätsproblem bei den Versicherungsbetrieben gelagert, vgl. zu diesen und verwandten Fragen MöHer, Hans, Das Konkurrenzsystem im Versicherungswesen, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Jg. 1944, S. 16 ff., bes. S. 21. 38 Um das Charakteristische der Bankleistungen erfassen zu können, muß eine theoretische Aufspaltung der "Bankleistungsvorgänge" in solche der "Wertsphäre" und solche der "Betriebssphäre" vorgenommen werden (vgl. Kaminsky, Stefan, Die Kosten- und Erfolgsrechnung der Kreditinstitute, Bankbetriebliche Schriftenreihe, Hrsg. K. F. Hagenmüller, Bd. I, Meisenheim (Glan) 1955, bes. S. 21 ff.). Der Wertsphäre sind entsprechend die Wertleistungen zuzuordnen, die ihrem Wesen nach abstrakter sind als die Leistungen der Betriebssphäre, die auch als "Stück-, Mengen-" oder einfach als "Betriebsleistung" bezeichnet werden (vgl. Kaminsky, Stefan, Kosten- und Erfolgsrechnung ... , a. a. 0., S. 21 ff.; GaU, Winfried, Der Kapazitätsausnutzungsgrad bei Bankbetrieben und sein
II. Kennzeichen des Bankensystems in der heutigen Marktwirtschaft 25 Daraus ergibt sich für die Kapazitätsbestimmung, daß für die beiden Leistungssphären des bankbetrieblichen Leistungsprozesses jeweils eine eigene Kapazität festzulegen ist, da der Kapazitätsmaßstab, die betriebliche Leistung, in zwei Teilleistungen zerfällt. Entsprechend den beiden Teilleistungsvorgängen muß eine "stückbedingte" und eine" wertbedingte" Kapazität unterschieden werden39• Beide Kapazitäten dürfen nicht losgelöst voneinander gesehen werden, es besteht jedoch zwischen ihnen keine "theoretische, gesetzmäßige Abhängigkeit" 40 • Während die "stückbedingte" Kapazität Ähnlichkeit mit der Kapazität von Industriebetrieben aufweist, kommen in der Kreditkapazität die betrieblichen Besonderheiten der Banken zum Ausdruck. Wenn man die Kreditkapazität einer Bank bestimmen will, scheiden deshalb die herkömmlichen Leistungsfaktoren als Maßstab aus41 • Vielmehr muß hierbei von den "passiv ausgewiesenen Finanzierungsmitteln" ausgegangen werden, unter denen die Einlagen von Nichtbanken allein einen aussagefähigen Kapazitätsmaßstab darstellen. Sie bilden bei allen den Kreditinstituten, die auch als "Geldschöpfungsbanken" bezeichnet werden und die hier im Vordergrund der Betrachtung stehen, einen relativ hohen und konstanten Anteil der Bankpassiva42 • Bei der Kapazitätsbestimmung muß jedoch berücksichtigt werden, daß sich die Einlagen von Nichtbanken, in Sichteinlagen, befristete Einlagen und Spareinlagen aufgliedern und deshalb pauschal nicht aussagefähig sind. Weiterhin muß die Höhe der einzelnen Einlagenposten im Verhältnis zum Gesamtbestand der Einlagen beachtet werden. Man Einfluß auf den Kostenverlauf, in: Zeitschr. f. Betriebswirtsch., 30 Jg. 1960, Nr. 9, S. 549; Wilsdorf, Manfred, Bestimmungsgründe u. volkswirtschaftliche Auswirkungen ... , a. a. 0 ., S. 61 ff.) Bei den Kreditinstituten besteht zwischen der Mengen- und der Wertleistung keine feste Relation, sie können in verschiedenen Verbindungen zueinander auftreten, im Gegensatz zum industriellen Bereich, in dem eine feste Beziehung zwischen Mengen- und Wertleistung besteht. 39 Die stückbedingte Kapazität wird auch als "Betriebskapazität", die wertbedingte auch als "Kreditkapazität" bezeichnet. Vgl. Wilsdorf, Manfred, Bestimmungsgründe und volkswirtschaftliche Auswirkungen ... , a. a. 0., S. 16, und Mühlhaupt, Ludwig, Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung . . ., a. a. 0., S. 27.
40 Vgl. Wilsdorf, Manfred, Bestimmungsgründe und volkswirtschaftliche Auswirkungen . .. , a. a. 0., S. 63; Gail, Winfried, Der Kapazitätsausnutzungsgrad bei Bankbetrieben ... , a. a. 0., S. 549. 41 Vgl. dazu u. zu den folgenden Ausführungen über die Kapazitätsbestimmung insbesondere Günther, Hans, Die Kapazitätsbestimmung bei Kreditbanken, a. a. 0., S. 545 ff.; Günther will Finanzierungsmittel im Sinne von Kapitalquellen verstanden wissen, die "passiv ausgewiesenen Finanzierungsmittel" müssen aufgeschlüsselt werden in das Eigenkapital, die aufgenommenen Gelder und die Einlagen von Nichtbanken. 42 Nach Günther, Hans; Die Kapazitätsbestimmung bei Kreditbanken, a. a. 0., S. 547, war der Anteil der Einlagen von Nichtbanken in den letzten Jahren (um 1959 d. Verf.) 40- 45 Ofo der Gesamtpassiva.
26 B. Die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft kann feststellen, daß höhere Posten tendenzmäßig die Kapazität eines Kreditinstitutes mehr verbessern, als wenn der gleiche Einlagenbestand aus vielen kleineren Beträgen zusammengesetzt wäre4~. Wegen der niedrigen Aufwendungen für alle diese Einlagenartenim Vergleich zu anderen Finanzierungsmitteln- sind die Banken sehr interessiert, diese Einlagen an sich zu ziehen. Aus dieser Tatsache läßt sich erklären, warum sich gerade in diesem Bereich des Bankgeschäfts der Wettbewerb so stark entfaltet hat. Darüber hinaus wird deutlich, daß die Regelung von Wettbewerbsfragen durch Vereinbarungen und vonseitendes Staates gerade hier eine beachtliche Rolle spielt. Das wird noch klarer, wenn man berücksichtigt, welche Möglichkeiten die Kreditinstitute haben, ihre Kapazität zu verändern44 • Aus der Tatsache, daß die Einlagen von Nichtbanken das wesentlichste kapazitätsbestimmende Merkmal der Kreditinstitute sind, ergibt sich, daß die Banken nicht in der Weise, wie z. B. Industriebetriebe, Einfluß auf Kapazitätsveränderungen ausüben können. Den Banken fließen nämlich die Einlagen in einer gewissen Höhe auch dann zu, wenn sich im Aktivgeschäft keine geeignete Anlagemöglichkeit dafür findet. Das ist auf die Rolle der Banken als Geldsammelstellen im bargeldlosen Zahlungsverkehr zurückzuführen45 • Andererseits können sie ihre Kapazität langfristig nur dadurch verändern, wenn es ihnen gelingt, mehr Einlagen an sich zu ziehen. Als Mittel dazu bieten sich günstigere Konditionen, eine verstärkte Werbung und in gewissem Umfang auch der Ausbau des Zweigstellennetzes an. Kurzfristig können sie ihre Kapazität allerdings durch die Aufnahme von Geldmarktkrediten aktiv beeinflussen. Die langfristige Darlehensaufnahme kommt wegen der relativ hohen Verzinsung dafür kaum in Betracht. Im Zusammenhang mit der Frage der Kapazitätsveränderung bei Banken muß geprüft werden, wie sich die Kosten48 bei Kapazitätsaus43 Vgl. Günther, Hans, Die Kapazitätsbestimmung bei Kreditbanken, a. a. 0., S. 548 ff. 44 Vgl. dazu insbesondere Wilsdorf, Manfred, Bestimmungsgründe und volkswirtschaftliche Auswirkungen ... , a. a. 0., S. 16. 45 Mühlhaupt, Ludwig, Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung ..., a. a. 0.,
s. 13.
46 Auch für den Kostenbereich muß die Aufteilung in zwei Sphären des Bankbetriebes berücksichtigt werden. Dementsprechend müssen die Kosten der Kreditinstitute in "Stück- und wertbedingte Kosten" (vgl. Gail, Winfried, Der Kapazitätsausnutzungsgrad bei Bankbetrieben ... , a. a. 0., S. 549; Kaminsky, Stefan, Kosten- und Erfolgsrechnung ..., a. a. 0., S. 34, er hat dort zusammengestellt, wie die Kosten in der Literatur sonst noch bezeichnet werden) unterschieden werden. Da eine Leistung als Bemessungsgrundlage in den Kreditinstituten fehlt, lassen sich auch nicht alle Kosten mit der Leistungserstellung in Zusammenhang bringen. Es ist vielmehr denkbar, daß stückbedingte Kosten entstehen, ohne daß gleichzeitig eine Wertleistung erbracht würde und umge-
II. Kennzeichen des Bankensystems in der heutigen Marktwirtschaft
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weitungen verhalten47• Die wertbedingten Kosten werden durch die Zusammensetzung des Einlagenbestandes bestimmt, wobei sich allerdings spezielle variable Kosten für die einzelnen Einlagenarten nicht ermitteln lassen; denn es fehlt an einer eindeutigen Bezugsgrundlage, die eine genaue Zurechnung der anfallenden Kostenarten zuließe48 • Wenn man unterstellt, daß der Anteil der einzelnen Einlagenarten am Gesamteinlagenbestand gleich hoch ist und daß vor allen Dingen bei unterschiedlicher Kapazitätsausnutzung die einzelnen Einlagenarten in gleichem Maße zu- und abnehmen, dann kann man feststellen, daß sich die wertbedingten Kosten proportional zur Kapazitätsausnutzung verändern. Obgleich diese Voraussetzungen in der Wirklichkeit fehlen, wird man annehmen können, daß die wertbedingten Kosten bei Kapazitätsänderungen tendenzmäßig proportional steigen oder fallen. Für die stückbedingten Kosten läßt sich erkennen, daß sie bei Veränderungen des stückbedingten Kapazitätsausnutzungsgrades ähnlich verlaufen wie in der allgemeinen Kostentheorie angenommen wird49 • Wenn man von anderen Faktoren50 einmal absieht, könnte diese Eigenart der stückbedingten Kosten dazu führen, daß bei gegebener Betriebskapazität möglichst wenige, große Kreditleistungen erbracht werden. Nach dieser Erörterung der Kostenverläufe kann festgestellt werden, daß die Möglichkeiten der Banken zur Kapazitätserweiterung ihre entscheidende Begrenzung in der Kreditnachfrage und im Liquiditätsproblem finden. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß alle die betrieblichen Besonderheiten der Banken, die ihre heutige Stellung in der Marktwirtschaft kennzeichnen, berücksichtigt werden müssen, wenn man staatliche Einflußnahmen auf das Bankensystem und die speziellen Wettbewerbsprobleme im Kreditwesen verstehen und erklären will. kehrt. Es muß demnach unterschieden werden zwischen den Verläufen der wertbedingten und der stückbedingten Kosten bei Kapazitätsveränderungen oder bei schwankender Kapazitätsausnutzung. 47 Vgl. zum folgenden GaH, Winfried, Der Kapazitätsausnutzungsgrad bei Bankbetrieben ... , a. a. 0., S. 553; Kaminsky, Stefan, Kosten- und Erfolgsrechnung ... , a. a. 0 ., S. 229 ff.; WHsdorf, Manfred, Bestimmungsgründe und volkswirtschaftliche Auswirkungen ..., a. a. 0., S. 68 ff. 48 Die in derPraxisgehandhabten Zurechnungsmethoden sind deshalb nicht exakt. Vgl. Mühlhaupt, Ludwig, Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung ... , a . a. 0., S. 53; Wilsdorf, Manfred, Bestimmungsgründe und volkswirtschaftliche Auswirkungen ... , a. a. 0., S. 68. 49 Dabei wird der relativ hohe Anteil der Personalkosten als Bereitschaftskosten anzusehen sein, die fix oder zumindest sprungfix sind. Vgl. GaH, Winfried, Der Kapazitätsausnutzungsgrad bei Bankbetrieben ... , a. a. 0., S. 551. 50 Das sind einmal die gebundenen Konditionen und ferner die unterschiedliche Zielsetzung der verschiedenen Institutsgruppen (z. B. Genossenschaftsbanken, Sparkassen), die einen Ausgleich schaffen. Vgl. Wilsdorf, Manfred, Bestimmungsgründe und volkswirtschaftliche Auswirkungen . .., a. a. 0., S. 71.
28 B. Die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft 3. D i e Ein f 1 u ß n a h m e a u f das B an k e n s y s t e m durch die Notenbankpolitik Die Einflußnahme auf das Bankensystem durch die Notenbank ist in erster Linie darauf gerichtet, durch quantitative Maßnahmen, die im allgemeinen das gesamte Bankensystem gleichmäßig betreffen, die Geldmenge zu regulieren. Die Notenbankpolitik kann auch in einem umfassenderen Sinn als Bankenaufsicht angesehen werden, da sie durch ihre Einflußnahme und Kontrolle zur Sicherung der Banken und der Einleger beiträgt. Auf die notwendige Ergänzung dieser Bankenaufsicht durch andere Maßnahmen, die mehr auf einzelne Institute und Institutsgruppen ausgerichtet ist, wird an anderer Stelle noch ausführlich einzugehen sein. Der eigentliche Ansatzpunkt der Notenbankpolitik ist jedoch konjunkturpolitischer Art, und von daher erfährt die Notenbankpolitik auch ihre Begründung. Sie kann deshalb auch nicht nur im Zusammenhang mit der Kreditexpansion und -kontraktion gesehen werden, sondern sie muß in den Gesamtrahmen der Konjunkturpolitik eingefügt werden. Mit der Erkenntnis, die besonders durch die moderne Konjunkturtheorie befestigt worden ist, daß dem marktwirtschaftliehen System als solchem die Tendenzen zum Ungleichgewicht innewohnen51 , tritt die Frage, wie diesen Störungen zu begegnen ist, stark in den Vordergrund. Von daher werden in die Diskussion um die Stellung der Banken und die Funktion des Kredits in der Marktwirtschaft weitere, neue Gesichtspunkte hineingetragen. Wenn aus dem freien Spiel des Marktmechanismus die Schwankungen entstehen, ist zu fragen, welche Rolle der Kredit und die Banken dabei spielen. Die Klassiker haben diese Frage nicht gestellt; denn die These vom "neutralen" Charakter des Geldes besagt gerade, daß vom Geld selbst und damit auch von den Banken keine Einflüsse ausgehen können, die zu solchen Erscheinungen führen. Maclead hat sich allerdings - trotz seiner sonst so optimistischen Einschätzung des zusätzlichen Kredits - damit beschäftigt, ob nicht gerade die Geldschöpfungsmöglichkeit der Banken eine Ursache für die auftretenden Störungen sein kann. Er führt die Schwankungen jedoch nicht allein auf diese Tatsache, sondern auf mehrere andere Gründe, die zusammenkommen müssen, zurück. 51 Haberler zieht zum Vergleich "der inhärenten Unbeständigkeit" des Wirtschaftssystems die Analogie des Schaukelstuhles heran, der "durch ziemlich unregelmäßige Stöße von außen ziemlich regelmäßige Schwingungen ausführt". Haberler, Gottfried, Prosperität und Depression, dt. Übers. nach d. 3. erw. Aufi. 1941, Bern 1948, S. 22 f.
II. Kennzeichen des Bankensystems in der heutigen Marktwirtschaft 29
Hawtrey hat diese Gedanken weitergeführt und den ganten Konjunkturzyklus allein auf die "inhärente Instabilität" 52 des Kredites abgestellt. Besonders bedeutsam ist der Gedanke- der auch bei Macleod schon vorhanden ist -, daß bei einem Währungssystem und einer Geldund Kreditverfassung, in der das Kreditvolumen in Beziehung zur Bargeldreserve gesetzt wird, die Reagibilität vermindert und damit die periodische Wiederkehr der Schwankungen verursacht wird. Ähnliche Gedanken vertritt Mises, er meint aber, daß das Verhalten der Banken, die einer allgemeinen Ideologie folgen, den Zinssatz durch eine Expansion des Kredites senken zu müssen, der entscheidende Grund für die Konjunkturwellen sei53• In allen Konjunkturtheorien, in denen monetäre Faktoren zur Begründung der Schwankungen angeführt werden, spielt die Kreditexpansion und-kontraktiondurch das Bankensystem eine wichtige Rolle. Der gesamte Konjunkturzyklus kann jedoch nicht nur auf monetäre Ursachen zurückgeführt werden; denn auch in einer Wirtschaft, in der. es kein Depositengeld gibt, sind Aufschwungs- und Schrumpfungswellen denkbar, wenn Bargeld gehortet oder enthortet wird54• Wenn auch eine Vielzahl von Faktoren herangezogen werden muß, um das gesamte Konjunkturphänomen zu deuten, so haben diese Theorien doch den Zusammenhang, der zwischen den Veränderungen des Kreditvolumens und der Konjunkturschwankungen besteht, erkannt. Sie haben das Verdienst, besonders die Faktoren hervorgehoben zu haben, die einen verstärkenden Einfluß auf den Konjunkturzyklus ausüben können. Von daher erhalten alle jene Maßnahmen des Staates und der Notenbank ihre Rechtfertigung, mit denen eine übermäßige Ausdehnung und eine zu rasche Schrumpfung des Kreditvolumens eingedämmt werden sollen. Sie können nicht nur als Eingriffe in das Bankensystem gesehen werden, die den natürlichen Mechanismus des Lenkungssystems weiter beeinträchtigen, sondern sie sind notwendige Maßnahmen zur Stabilisierung, auf die gerade in einer modernen Wirtschaft, in der die Finanzierung weitgehend über das Bankensystem erfolgt, nicht verzichtet werden kann. In dem Maße aber, wie die Verhinderung der Krisen als eine immer dringendere Aufgabe der Wirtschaftspolitik erkannt worden ist, sind auch die Maßnahmen zur Regulierung des Kreditwesens ausgebaut 52 Vgl. dazu Hawtrey, R. G., Capital And Employment, 2. Aufl., LondonNew York-Toronto 1952, bes. S. 1-4, 64-68 und 107; ferner auch Stavenhagen, Gerhard, Geschichte der Wirtschaftstheorie, 2. völlig neubearb. Aufl., Göttingen 1957, S. 461. 53 Mises, Ludwig, Geldwertstabilisierung und Konjunkturpolitik, Jena 1928, S. 57 ff., bes. S. 58 und 60. 54 Haberter, Gottfried, Prosperität und Depression, a. a. 0., S. 72.
30 B. Die besondere Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft
worden, weil- im Interesse der gesamten Wirtschaft- die Sicherung des Kreditwesens immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Alle diese Maßnahmen schaffen neue Bedingungen für das Kreditwesen und tragen dazu bei, die Sonderstellung des Kreditwesens weiter hervorzuheben. Das zeigt sich besonders an den Auswirkungen der Notenbankpolitik bei den einzelnen Banken55• Normalerweise sind alle Kreditinstitute gleichmäßig von diesen Maßnahmen betroffen. Insofern verändern sie nicht die Wettbewerbslage zwischen den Instituten und Institutsgruppen; trotzdem werden die kleineren und mittleren Kreditinstitute oft stärker durch notenbankpolitische Maßnahmen in Anspruch genommen5 6 • Nun wird nicht jede notenbankpolitische Maßnahme unbedingt gleich eine Ertragsminderung der Kreditinstitute zur Folge haben; denn die Steigerung der Kosten der "Geldbeschaffung und -erhaltung'157, die z. B. durch eine Änderung des Diskontsatzes hervorgerufen wird, kann durchweg auf die Kreditnehmer abgewälzt werden58• Dennoch werden aber die anderen restriktiven Maßnahmen der Notenbank Rentabilitätseinbußen zur Folge haben59• Das kann besonders deutlich am Beispiel der Mindestreservenpolitik gezeigt werden. Eine Erhöhung der Mindestreservensätze führt bei den Banken zu einem Liquiditätsabfluß. Der Kreditspielraum der Banken wird dadurch eingeengt. Die Guthaben bei der Zentralbank, die nicht verzinst werden, steigen, damit vermindert sich der Zinsertrag der Bank, da diese Aktiva sonst als gewinnbringende Kredite angelegt werden könnten, es sei denn, die Banken können diesen Zinsertragsausfall durch Erhöhung der anderen Zinssätze ausgleichen. Das setzt aber voraus, daß die Nachfrage nach Krediten in bezug auf die Konditionen relativ un65 Vgl. Schreihage, Heinrich, Wettbewerb und Wettbewerbsbeschränkunkung im Kreditgewerbe, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 13. Jg. 1960, Nr. 1, s. 15 ff. 56 Vgl. Trautmann, Walter, Mindestreserven- ein grobes Instrument, in: Der Volkswirt, 14. Jg. 1960, Nr. 9, S. 364 ff. 57 Mühthaupt, Ludwig, Umsatz-, Kosten- und Gewinnplanung .. ., a. a. 0., s. 18. 58 Bei freier Zinsgestaltung besteht kein Hindernis, aber auch die gebundenen Sätze werden bei Diskontveränderungen meistens angepaßt. 59 Meyer, F. W., bestreitet die "ertragsmindernde Wirkung der Mittel der Zentralbankpolitik" unter Konkurrenzbedingungen und wendet sich besonders gegen Schreihage (Wettbewerb und Wettbewerbsbeschränkung ... a. a. 0.). Er geht jedoch wohl zu sehr von der Diskontpolitik aus. Meyer, Fritz W., Weiterhin Zinsdirigismus? a. a. 0., S. 14; vgl. jedoch zum folgenden Zimmerer, Carl, Was sind Liquiditätskosten?, in: Zeitschr. f. Betriebsw. 26. Jg. 1956, Nr. 1, S. 56; Veit, Otto, Die veränderte Währungspolitik ... , a. a. 0 ., S. 63; Günther, Hans, Die Liquiditätskosten der Kreditinstitute, in: Zeitschr. f. Betriebsw., 26. Jg. 1956, Nr. 9, S. 492 ff.
II. Kennzeichen des Bankensystems in der heutigen Marktwirtschaft 31
elastisch ist. Zum anderen läßt sich eine solche Erhöhung nicht in allen Sparten ohne weiteres verwirklichen. Das gilt vornehmlich für das langfristige Kreditgeschäft. Wenn auch die Verträge Klauseln enthalten, die eine Anpassung ermöglichen, so wird doch eine solche Veränderung der Konditionen nur sehr zögernd vorgenommen. Ein treffendes Beispiel dafür ist das Hypothekengeschäft, in dem die Konditionen nur sehr selten verändert worden sind. Zudem wird bei relativ hohen Mindestreservesätzen ein Ausgleich durch solche Maßnahmen kaum in vollem Umfange zu erzielen sein. Es wird sich deshalb häufig bei den Banken ein Zinsertragsausfall als Folge der Notenbankpolitik bemerkbar machen, zumal die Notenbankpolitik immer mehr von einer Steuerung der Kreditnachfrage auf eine Beeinflussung des Kreditangebots umgestellt worden ist60• Somit erweist sich die Notwendigkeit zur Einflußnahme von seiten der Notenbank auf das Bankensystem schon als Ausdruck der Sonderstellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft. Zugleich werden jedoch durch die Maßnahmen der Notenbank weitere besondere Bedingungen für das Kreditwesen geschaffen, was sich deutlich in den Einwirkungen auf die Ertragsgestaltung der Banken zeigt und wohl in keinem anderen Wirtschaftszweig in ähnlicher Weise festzustellen sein dürfte. Es kann deshalb als begründet gelten - und nicht als das Ergebnis einer interessengebundenen "Ausschlußtheorie" 61 - , wenn das Kreditwesen als ein Sonderbereich im Rahmen der Marktwirtschaft betrachtet wird. Das Problem besteht jedoch nun darin, in welchem Umfang und in welcher Weise diese Sonderstellung des Kreditwesens staatliche Sicherungsmaßnahmen erfordert und wie das Kreditwesen in der staatlichen Gesetzgebung und den anderen staatlichen Maßnahmen als Sonderbereich berücksichtigt werden kann und muß, wenn der Wettbewerb in der Marktwirtschaft überhaupt und auch im Kreditwesen weitgehend aufrechterhalten werden soll. Wie diese auseinanderstrebenden Zielsetzungen, die in den Bankenaufsichtsgesetzen und -maßnahmen und in der Kartellgesetzgebung einen Ausdruck finden, aufeinanderstoßen, wird im folgenden näher untersucht werden. Insbesondere wird dabei der Frage nachzugehen sein, wie die Stellung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im Kreditwesen durch diese Problematik beeinflußt wird. 80
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Veit, 0., Die veränderte Währungspolitik ..., a. a. 0., S. 51 :ff.
Meyer, Fritz W., Weiterhin Zinsdirigismus?, a. a. 0 ., S. 5. Dagegen erkennt
Röpke die Besonderheit des Kreditwesens an, vgl. Röpke, Wilhelm, Die Lehre von der Wirtschaft, 5. Aufi., Erlenbach-Zürich 1949, S. 127 :ff., bes. S. 135, sowie ein unveröffentlichtes Gutachten, auszugsweise zitiert bei: Gnam, Arnulf, Eine Lücke im Kreditwesen- Gesetzentwurf, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 13. Jg. 1960, Nr. 9, S. 375.
C. Merkmale und Entwicklung der Zusammemchlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen I. Die Formen der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen Die einzelnen Formen der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen lassen sich nicht immer genau voneinander unterscheiden und gegeneinander abgrenzen. Das bedeutet nicht, daß sich generell keine deutlichen Unterschiede feststellen ließen. Die Schwierigkeiten liegen vielmehr darin, daß die verschiedenen Formen ineinander übergehen oder auseinander hervorgegangen sind. Alle Formen des Zusammenschlusses und der Vereinbarungen können unter dem Oberbegriff Unternehmenszusammenschlüsse zusammengeiaßt werden, und zwar in Anlehnung an die Einteilungen, die vorwiegend für den industriellen Bereich vorgenommen worden sind1• Die Unternehmenszusammenschlüsse können wiederum in solche auf Eigentums- oder Kapitalbasis und in solche auf Vertragsbasis unterteilt werden2 , wobei hinzuzufügen ist, daß es auch Zwischenformen gibt, die sich nicht eindeutig einer Gruppe zuordnen lassen. Kartelle und kartellähnliche Vereinbarungen sind dann typische Beispiele für Unternehmungszusammenschlüsseauf vertraglicher Basis, während Konzernbildungen und Fusionen auf Verflechtungen auf Eigentums- und Kapitalbasis zurückzuführen sind3 • Wenn man nun die Unternehmungszusammenschlüsse im deutschen Kreditwesen unter diesen Einteilungsgesichtspunkten betrachtet, dann lassen sie sich dementsprechend in die Gruppe der Zusammenschlüsse auf Eigentums- und Kapitalbasis und in die Gruppe der Zusammen~ schlüsse auf vertraglicher Basis einteilen; auf gewisse Abweichungen 1 Wessels, Theodor, Artikel "Unternehmungszusammenschlüsse (li) Wirtschaftliche Problematik", in: Handwörterb. d. Sozialwiss., Bd. 10, StuttgartTübingen-Göttingen, S. 552 ff. 2 . Vgl. Voigt, Fritz, Artikel "Unternehmungszusammenschlüsse (III) Staatliche Politik", in: Handwörterb. d. Sozialwiss., Bd. 10, Stuttgart-TübingenGöttingen 1959, S. 566. 3 Konzernbildungen und Fusionen liegen auch Verträge zugrunde. Unter dem Druck der Marktverhältnisse und/oder auf Grund veränderter Mehrheitsverhältnisse kommen solche Verflechtungen jedoch auch gegen den Willlen der ursprünglichen Eigentümer oder der Unternehmungsleitungen zustande.
I. Die Formen der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen
33
wird an entsprechender Stelle noch hinzuweisen sein. Die Zusammenschlüsse auf Eigentums- und Kapitalbasis haben zur Bankenkonzentration geführt, wobei ergänzend hinzugefügt werden muß, daß sich nicht alle Konzentrationsvorgänge nur auf diese Art vollzogen haben. Die Zusammenschlüsse, die sich auf vertraglicher Basis im Kreditwesen herausgebildet haben, sind zwar in vieler Hinsicht den Kartellen, wie sie besonders in der Industrie vorkommen, ähnlich, dennoch können sie nicht ohne weiteres mit ihnen verglichen werden. Vielmehr haben die Zusammenschlüsse auf vertraglicher Basis im Kreditwesen besondere Merkmale, die aus ihrer Entstehung und Entwicklung erklärt werden müssen. Im folgenden soll jedoch zunächst auf die Bankenkonzentration eingegangen werden, um die Unterschiede gegenüber den Zusammenschlüssen auf vertraglicher Basis hervorheben zu können. 1. Kennzeichen der Bankenkonzentration
Schon gegen Ende des vorigen Jahrhunderts machte sich im deutschen Kreditwesen eine Konzentrationsbewegung bemerkbar, die dann um 1920 einen Höhepunkt erreichte. Seitdem hat es immer wieder stärkere Konzentrationsvorgänge gegeben, die im Zusammenhang mit den Währungs- und Wirtschaftskrisen gesehen werden müssen4 ; als ein hervorstechendes Beispiel der Nachkriegszeit mag die Rekonzentration der Großbanken gelten. An anderer Stelle wurde schon auf die Ausdehnung und Umgestaltung des Bankwesens, die mit der Industrialisierung einherging, hingewiesen. Diese Verknüpfung des Bankwesens mit der Industrie hat wesentlich zur Konzentration im Bankwesen beigetragen. Die Steigerung des Risikos, der wachsende Kreditbedarf und die Erfordernisse der neuen Finanzierungsaufgaben können als die wesentlichsten Gründe für die Konzentrationsbewegung angeführt werden5 • Dieser Konzentrationsprozeß läßt sich nach W eber6 in eine lokale, eine Interessen-, eine administrative und eine Beteiligungs-Konzentration aufgliedern. Mittelpunkt einer lokalen Konzentration war in Deutschland Berlin, das sich in jenen Jahren zum zentralen Bankplatz ent4 Vgl. Rittershausen, Heinrich, Konzentration bei den Banken, in : Die Konzentration in der Wirtschaft, Hrsg. Helmut Arndt, Schriften d. Vereins f. Socialpolitik, Gesellsch. f. Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, N. F., Bd. XX/I, 1. Band: Stand der Konzentration, Berlin 1960, S. 391. 5 Vgl. über die Beziehungen zwischen der Bildung von Industriezentren und der Konzentration im Bankensytem u. a. Voigt, Fritz, Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Verkehrssystems, a. a. 0., S. 126; Rittershausen, Heinrich, Konzentration bei den Banken, a. a. 0 ., S. 391. Als ein besonderes Beispiel für die " ... geradezu überwältigend großen Anforderungen an Geldkapital ..." mag der Bau von Eisenbahnen angeführt werden. Vgl. dazu insbes. Voigt, Fritz, Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Verkehrssystems, a. a. 0., S. 232 ff. 8 Weber, Adolf, Depositenbanken und Spekulationsbanken, a. a. 0., S. 92 ff.
3 Busobmann
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C. Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen
wickelte7 • Bedeutsamer sind die anderen Konzentrationsvorgänge; hier kann jedoch bereits angemerkt werden, daß gerade die lokale Bankenkonzentration in Berlin die Bildung von Bankenverbänden und kartellartigen Vereinbarungen stark begünstigt hat. Die volle Übertragung der Eigentumsrechte, die sich dann auch in der Änderung des Firmennamens niederschlug, war nur ein Weg, der beschritten wurde. Oft trat dieser Wandel nach außen hin gar nicht in Erscheinung, da die Vorteile einer eingesessenen Bankfirma aufrechterhalten werden sollten. Nur im Innenverhältnis wurden die verschiedenen Banken einer mehr oder weniger straffen, zentralen Leitung unterstellt. Hier gehen oft administrative und Beteiligungskonzentrationsvorgänge ineinander über. Die Interessenkonzentration bildet eine Zwischenform; denn es können sich Banken zur Wahrnehmung gemeinsamer Interessen nur lose und zu ganz bestimmten Zwecken zusammenschließen, zum anderen kann dieser Zusammenschluß auch viel dauerhafter sein und bereits die Vorstufe zu einer engeren Verflechtung bedeuten. Sehr deutlich wird das an einem für das Kreditwesen typischen Unternehmungszusammenschluß, dem Konsortium. Schon frühzeitig haben sich Banken zu solchen Gelegenheitsgesellschaften zusammengeschlossen, um gemeinsam Geschäfte abzuwickeln, die die Finanzkraft eines Institutes sonst überstiegen hätten. Mit dem Anwachsen dieser Aufgaben in der Industriefinanzierung waren diese Zusammenschlüsse von Banken nahezu unumgänglich notwendig, besonders spielte der Gedanke der Risikoverteilung gerade bei den Emissionskonsortien eine große Rolle. Häufig schließen sich Banken zu Konsortien zusammen, um lediglich eine ganz bestimmte festumrissene Aufgabe gemeinsam zu erledigen. Oft haben sich jedoch aus einer anfänglichen Konsortialbeziehung engere wirtschaftliche Kontakte ergeben, die eine Abstimmung der Interessen auch auf anderen Gebieten ratsam erscheinen ließen. Besonders jene Konsortien, die auch als "Dauerkonsortien"8 bebekannt geworden sind, können als Übergangsformen von den losen vertraglichen Zusammenschlüssen zu festeren Konzentrationsformen angesehen werden. Ähnliches gilt für gewisse Beispiele einer dauerhafteren Interessengemeinschaft, die dann fast schon als administrative Konzentration angesprochen werden kann9 • Die beschriebenen Konzen7 Das gleiche gilt für London, das zum Bankzentrum Großbritanniens wurde; vgl. dazu die näheren Zahlenangaben bei Weber, Adolf, Depositenbanken und Spekulationsbanken, a. a. 0., S. 89. 8 Weber nennt das frühere Reichsanleihekonsortium und das Preußenkonsortium. Weber, Adolf, Depositenbanken und Spekulationsbanken, a. a. 0.,
s. 241.
9 Ein bedeutendes Beispiel dafürist die Interessengemeinschaft zwischen der Dresdner Bank und dem A. Schaffhausensehen Bankverein, die über vier Jahre bestanden hat. Vgl. Weber, Adolf, Depositenbanken und Spekulationsbanken, a. a. 0., S. 93.
I. Die Formen der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen
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trationsvorgänge vollzogen sich vornehmlich im privaten Sektor des Bankwesens. Besonders die Privatbankiers und die kleineren und mittleren Bankgesellschaften wurden von dieser Konzentrationswelle erfaßt. Die Großbanken konnten hingegen ihre Stellung weiter ausbauen und ihren Einflußbereich durch Übernahme dieser Banken und durch Filialgründungen vergrößern. Daneben vollzog sich aber auch im öffentlichen Bankwesen ein "Konzentrationsprozeß", der aber nur bedingt mit dem Konzentrationsprozeß im privaten Bankgewerbe vergleichbar ist. Während im privaten Bankgewerbe die Konzentration im wesentlichen eine Folge marktwirtschaftlicher Ausscheidungs- und Anpassungsprozesse war, ist die Konzentration im öffentlichen Bankwesen auf Maßnahmen zurückzuführen, die die Position des öffentlichen Bankwesens im Zuge der Wandlungen im Kreditwesen stärken sollten. Im Sparkassensektor fand dieser Prozeß seinen Höhepunkt in der Gründung der Deutschen Girozentrale. Auch die Genossenschaftsbanken hatten sich durch Gründung von Zentralkassen dieser Entwicklung angepaßt. Im wesentlichen vermochten aber diese Bankenzentralen zunächst nicht in den eigentlichen Geschäftsbereich der Großbanken einzudringen, sie waren weiterhin vornehmlich auf die Kreise des Handels, des Handwerks, der Landwirtschaft und der mittlerenGewerbetreibenden ausgerichtet. Jedoch gewannen jene Institute, die in die industrielle Entwicklung der öffentlichen Wirtschaft eingeschaltet waren, auch in anderen Großkreditgeschäften an Einfluß, so daß sich bei größeren Emissionen zuweilen private und öffentliche Institute in Konsortien zusammenfanden10 • Heute haben sich die Betätigungsbereiche der verschiedenen Institute und Institutsgruppen noch stärker überlagert. Als Beispiel dafür mag angeführt werden, daß größere Sparkassen in Zusammenarbeit mit ihren Girozentralen häufiger in die Finanzierung größerer industrieller Investitionen eingeschaltet worden sind11• An dem Konzentrationsprozeß im öffentlichen Banksektor kann gezeigt werden, wie sich die vertraglichen, verbandsmäßigen Zusammenschlüsse nicht völlig isoliert neben diesen Kapital-, Leitungs- und Unter10 Vgl. Strauß, Willi, Die Konzentrationsbewegung im deutschen Bankgewerbe, Sozialwissenschaftliche Forschungen, H. 6, Abt. IV, Berlin und Leipzig 1928, S. 30. 11 Vgl. Ritters hausen, Heinrich, Konzentration bei den Banken, a. a. 0., S. 392; auch wenn die Zielsetzungen, die mit der Gründung der Erdölwerke Frisia AG, Emden verfolgt werden, in vieler Hinsicht mit den Zielen der Sparkassenorganisation verwandt sind, mag doch die starke Einschaltung der Deutschen Girozentrale in die Gründung und Sanierung dieses Unternehmens als ein aktuelleres Beispiel für diesen Wandel angeführt werden. Vgl. Erdölw erke Frisi a AG, Emden, 1. Teil des Vorstandsberichts erstattet auf der Hauptversammlung am 31. Okt. 1960.
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C. Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen
nehmungskonzentrationsvorgängen12 entwickelt haben. Oft hat die verbandsmäßige Zusammenarbeit am Anfang solcher Konzentrationsvorgänge gestanden und sie mit ermöglicht. Vertragliche Zusammenschlüsse und Zusammenschlüsse auf Eigentums- und Kapitalbasis gehen gerade im öffentlichen Sektor des Kreditwesens - mit gewissen Abwandlungen auch im genossenschaftlichen - oft ineinander über und lassen sich nicht so gut gegeneinander abgrenzen, wie das im Bereich des privaten Banksektors möglich ist. 2. K e n n z e i c h e n d e r K a r t e 11 e , V e r b ä n d e und der "kartellartigen Vereinbarungen" Neben den Zusammenschlüssen auf Eigentums- und Kapitalbasis, die für den Konzentrationsprozeß im Bankensystem typisch sind, haben sich im Kreditwesen aber auch Zusammenschlüsse auf vertraglicher Basis gebildet. Es wurde gezeigt, wie die Konzentrationsvorgänge im Bankwesen und in der Industrie miteinander in Beziehung stehen und Ähnlichkeiten aufweisen. Für die Zusammenschlüsse auf vertraglicher Basis im Bankensystem und im industriellen Sektor lassen sich dagegen nicht in gleicher Weise Zusammenhänge feststellen. Wenn oben vom Kartell als von einem typischen Zusammenschluß auf vertraglicher Basis die Rede war, dann kann das nur für den industriellen Sektor der Wirtschaft aufrechterhalten werden. Im Kreditwesen haben sich andere Formen des vertraglichen Zusammenschlusses herausgebildet und an Bedeutung gewonnen. Einerseits sind diese vertraglichen Zusammenschlüsse für die Besonderheiten des Kreditwesens kennzeichnend, andererseits sind sie auch den Kartellen ähnlich, dennoch können sie nicht ohne weiteres als solche angesehen werden. Aus der Darstellung der Entwicklung dieser Zusammenschlüsse werden sich die einzelnen besonderen Merkmale ableiten lassen. Um jedoch den Unterschied, der in den weiteren Ausführungen noch öfter hervorgehoben werden muß, deutlich zu machen, muß vorher auf einige Hauptmerkmale der Kartelle hingewiesen werden, und gleichzeitig müssen die Kartelle gegenüber den Verbänden abgegrenzt werden. Unter dem Begriff des Kartells lassen sich sehr verschiedenartige Zusammenschlüsse von der "losen Vereinbarung" bis zur straffen "nationalen Organisation" zusammenfassen13• Trotz dieser nicht eindeutigen Begriffsbestimmung können jedoch einige Merkmale gefunden werden, die für alle Kartelle als typisch gelten können. Hierbei wird man von Vgl. Rittershausen, Heinrich, Konzentration bei den Banken, a. a. 0., S. 390. Voigt, Fritz, Die Wandlungen der Marktordnungsverbände vom liberalen zum autoritären Staat, Stuttgart und Berlin 1943, S. 9. 12
13
I. Die Formen der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen
37
den Zielsetzungen, die bei der Kartellbildung eine Rolle spielen, ausgehen müssen. Mit der Kartellbildung wird versucht, auf die Gewinngestaltung der angeschlossenen Mitglieder im positiven Sinne Einfluß zu nehmen14 • Dabei spielt die Ausschaltung der Konkurrenz unter den Kartellmitgliedern eine wichtige Rolle. Sie kann deshalb als Hauptmerkmal der Kartelle gelten15 • Inwieweit dieses Ziel verwirklicht werden kann, ist weitgehend von dem Anteil eines Wirtschaftszweiges abhängig, der von dem Kartell erfaßt wird. Liefmann16 sah noch in der "monopolistischen Beeinflussung des Marktes ein wesentliches Merkmal der Kartelle", es zeigt sich jedoch, daß diese Politik nicht immer verfolgt werden muß, aber man wird zumindest ein Streben nach Marktbeherrschung als Kennzeichen ansehen können17 • Schließlich muß ein Kartell, um diese Ziele erreichen zu können, irgendwie Formen des Organisationszwanges ausüben. König 18 spricht von den Kartellen als von "Zusammenschlüssen zum Zwecke gegenseitiger Abstimmung der Aktionsparameter". Wann es in einer Marktwirtschaft zu Kartellbildungen kommt und in welchem Umfange die staatliche Gesetzgebung in der Lage ist, auf die Kartellbildung Einfluß zu nehmen, kann hier nicht weiter erörtert werden, das würde zu weit in industriepolitische Probleme hineinführen19. Im Hinblick auf das Kreditwesen muß vielmehr untersucht werden, ob zwischen den Verbandsbildungen in der Marktwirtschaft und den Kartellen ein Unterschied besteht und wie sie gegebenenfalls gegeneinander abzugrenzen sind. Schon Liefmann20 weist darauf hin, daß die Begriffe Kartell und Unternehmerverband nebeneinander angewendet werden, er macht jedoch einen Unterschied, wenn er betont, daß Fachvereine, die zum Zwecke gemeinsamer Interessenvertretungen gegründet worden sind, oft den Weg für die Kartellbildung geebnet haben. Gerade auch in der heutigen Marktwirtschaft wird man einen Unterschied 14
Wessels,
a. a. 0., S. 552.
Theodor, Artikel "Unternehmungszusammenschlüsse (II)",
15 Vgl. Liefmann, Robert, Kartelle, Konzerne und Trusts, 8. umgearb. und erw. Aufl.., Stuttgart 1930, S. 9, und .W erner, Josua, Die Wirtschaftsverbände in der Marktwirtschaft, Zürich und St. Gallen 1957, S. 41. 16 Liefmann, Robert, Kartelle, Konzerne und Trusts, a. a. 0., S. 9. 17 Vgl. Werner, Josua, Die Wirtschaftsverbände ... , a. a. 0., S. 42. 18 König, Heinz, Kartelle und Konzentration, in: Die Konzentration in der Wirtschaft, Hrsg. Helmut Arndt, Schriften des Vereins f. Socialpolitik, Gesellschaft f. Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, N. F. Bd. XX/I, 1. Bd: Stand der Konzentration, Berlin 1960, S. 305. 19 Vgl. zu diesen Problemen insbes. die Ausführungen von Voigt, Fritz, Artikel "Unternehmungszusammenschlüsse (III)", a. a. 0., S. 576 ff.; König, Heinz, Kartelle und Konzentration, a. a. 0., S. 319 ff. 20 Liefmann, Robert, Kartelle, Konzerne und Trusts, a. a. 0., S. 8 f. und s. 26.
38
C. Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen
zwischen den Kartellen und den Wirtschaftsverbänden feststellen müssen21 • Ein Wirtschaftsverband22 wird einen viel weniger fest umrissenen Aufgabenbereich haben als ein Kartell, das doch in erster Linie die Konkurrenzverhältnisse beeinflussen will. Auf Grund dieser weniger fest umrissenen Zielsetzung kommt der Wirtschaftsverband auch ohne Maßnahmen des inneren und äußeren Organisationszwanges aus. Wenn die Verbände mit den Kartellen das Ziel gemeinsam haben, auf die Einkommensverteilung Einfluß zu gewinnen, dann werden die Wirtschaftsverhände dabei mehr indirekt über Gesetzgebung, Verwaltung, Presse und Öffentlichkeit diese Interessen wahrnehmen, während die Kartelle direkt am Markt auf die Einkommensverteilung Einfluß zu gewinnen suchen. Daraus läßt sich folgern, daß beim Wirtschaftsverband die Aufgaben vielgestaltiger sind, während das Kartell in seiner reinen Form ein typischer Einzweckverband ist. Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß die Grenzen fließend sind und daß gerade bei Kartellen höherer Ordnung (z. B. bei Syndikaten) viele verbandsähnliche Aufgaben hinzukommen, so daß sie dann in diesem Sinne auch als Wirtschaftsverband angesprochen werden können. Umgekehrt gibt es unter den Wirtschaftsverbänden solche, die im wesentlichen versuchen, zwischen ihren Mitgliedern Marktabreden zur Ausschaltung des Wettbewerbs zustande zu bringen. Falls die anderen Verbandsaufgaben gegenüber dieser Zielsetzung zurücktreten, könnte man von einem verdeckten Kartell sprechen. Schließlich müssen die Wirtschaftsverbände noch gegenüber ähnlichen Verbänden nichtwirtschaftlicher Art abgegrenzt werden. Hier kann J osua Werner gefolgt werden, der annimmt, daß Wirtschaftsverbände immer eine Mehrheit von Zielen verfolgen, von denen eines immer wirtschaftlicher Natur ist23 • Wie allgemein schon ein Unterschied zwischen Kartell und Verband - aber auch Übergangsformen zwischen beiden - beobachtet werden konnten, so sind auch im Kreditwesen Verbände und "kartellartige Vereinbarungen" vorhanden, die auseinander hervorgegangen sind und ineinander übergehen. Auf die Beziehungen zwischen diesen beiden Zusammenschlußformen auf vertraglicher Basis wird zu achten sein. Warum von den Zusammenschlüssen, die sich auf das Bankgeschäft im 21 Auch Seraphim, Hans-Jürgen, macht einen Unterschied zwischen Verbänden und Kartellen, vgl. seine Theorie der allgemeinen Volkswirtschaftspolitik, Göttingen 1955, S. 223 f. 22 Vgl. zu der Abgrenzung auch Werner, Josua, Die Wirtschaftsverbände ..., a. a. 0., S. 25 ff. 23 Werner, Josua, Die Wirtschaftsverbände ..., a. a. 0., S. 40.
li. Die Entwicklung der Zusammenschlüsse auf vertraglicher Basis
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eigentlichen Sinn erstrecken, nur als von "kartellartigen Vereinbarungen", die besonders seit der Mitwirkung des Staates auch als Abkommen bezeichnet werden, gesprochen werden soll, wird ebenfalls aus der Entwicklung heraus zu erklären sein. Ob nicht trotz dieser Besonderheiten die Vereinbarungen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen als Kartelle anzusehen sind, wird in einem späteren Zusammenhang geprüft werden müssen. Die Bankenkonzentration braucht hier nicht weiter in Einzelheiten verfolgt zu werden, da die vertraglichen Zusammenschlüsse allein für die besondere Problemstellung dieser Untersuchung von Bedeutung sind. Die Konzentrationsprozesse und die Entstehung der Verbände und der kartellartigen Vereinbarungen lassen sich zwar nicht immer genau voneinander trennen, wie oben bereits angedeutet worden ist. Die Bankenkonzentration wird aber nur insoweit zu berücksichtigen sein, wie sich Berührungspunkte zu jenen vertraglichen Zusammenschlußformen ergeben, die für die staatliche Bankpolitik eine besondere Bedeutung erlangt haben und für die Ziele der Kartellgesetzgebung problematisch sind. II. Die Entwicklung der Zusammenschlüsse auf vertraglicher Basis im Kreditwesen 1. Die Verbände in den verschiedenen Zweigen des Kreditwesens
a) Die Verbände im genossenschaftlichen Bankwesen24 Schon bald nach ihrer Gründung kamen die ersten gewerblichen Kreditgenossenschaften zusammen, um über gemeinsame Anliegen zu beraten. So wurde bereits 1859 auf dem ersten "Vereinstag der deutschen VorschuB- und Kreditvereine" ein "Central-Korrespondenz-Bureau" ins Leben gerufen, das sich über die "Anwaltschaft der deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften" (1861) zum "Allgemeinen Ver24 Vgl. zu diesem überblick u. a. die näheren Ausführungen bei: Bading, Arnold, Artikel "Ländliche Kreditgenossenschaften", in: Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen, zugleich 2. Aufl. vom Handwörterb. d. Bankw., bearb. v. Erich Achterberg u. a., Bd. li, S. 1097 ff., bes. S. 1102 (Frankfurt/M. 1957); Lang, Johann, Artikel "Gewerbliche Kreditgenossenschaften", in: Enzyklop. Lexikon f. d. Geld-, Bank- u. Börsenw., zugleich 2. Aufl. v. Handwörterb. d. Bankw., bearb. v. Erich Achterberg u. a., Frankfurt/M. 1957, Bd. I, S. 721 ff., bes. S. 729 f., Meyer, E. H., Art. "Kreditgenossenschaften", in: Handwörterb. d. Bankw., Hrsg. M. Palyi u. P. Quittner, Berlin 1933, S. 329 ff., bes. S. 332, Eisfeld, Curt, Die Sparkassen in der deutschen Bankwirtschaft 1880-1913-1930, in: Sparkasse 51. Jg. 1931, Nr. 19 (Sonderdruck
S. 2 und 4 f.).
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C. Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen
band der auf Selbsthilfe beruhenden deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften" (1364) weiter entwickelte. Seit 1901 bestand daneben noch der "Hauptverband gewerblicher Genossenschaften", 1920 schlossen sich dann aber beide Verbände im "Deutschen Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch) e. V." zusammen. Nach der Unterbrechung durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse wurde dieser Verband unter gleichem Namen 1949 wieder neu gegründet. Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich im landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen. Unter der Führung Raiffeisens wurde 1877 der "Anwaltschaftsverband ländlicher Genossenschaften" gegründet, der später in "Generalverband der deutschen Raiffeisengenossenschaften e. V." umbenannt worden ist. Auch hier entstand daneben eine zweite Richtung im landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen, die sich im "Reichsverband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften e. V." zusammenschloß. Bis in die Krisenjahre hinein bestanden beide Verbände nebeneinander. 1932 wurden sie dann in dem "Reichsverband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften - Raiffeisen e. V." zusammengefaßt. 1948 nahm dieser Verband seine Tätigkeit als neugegründeter "Deutscher RaHreisenverband e. V." wieder auf. Die Bildung der Genossenschaftsverbände muß in erster Linie mit der Entstehung der Genossenschaften in Zusammenhang gebracht werden. Die Verbände sollten der Stärkung der angeschlossenen Genossenschaften dienen und darüber hinaus den Genossenschaftsgedanken verbreiten helfen. Insofern kann man sie von ihren Ansatzpunkten her als allgemeine Interessenverbände ansehen, die zunächst nur das Marktgeschehen durch Stärkung der eigenen Mitglieder indirekt zu beeinflussen suchen. Hinzu kommt, daß die Erfordernisse des steigenden Zahlungsverkehrs die Zusammenarbeit der einzelnen Genossenschaften in Verbänden notwendig werden ließen, wenn die kleineren Genossenschaftsbanken nicht gegenüber den größeren Bankinstituten ins Hintertreffen geraten wollten. Hier zeigt sich, daß der Ausbau des Zahlungsverkehrs sowohl die Konzentrationsvorgänge im Bankwesen hervorgerufen als auch die Verbandsentwicklung beeinflußt hat. So hat bereits bei den ersten Verbandsgründungen im genossenschaftlichen Banksektor die Frage des Geldausgleichs und die damit verbundene Verbesserung der eigenen Kreditbasis eine entscheidende Rolle gespielt. Die Gründung der genossenschaftlichen Zentralkassen ist in großem Umfang auf den Ausbau der genossenschaftlichen Verbände zurückzuführen. Einen weiteren Auftrieb erhielten die Genossenschaftsverbände von seiten des Staates. Als im Jahre 1889 das Genossenschaftsgesetz verabschiedet wurde, wurde für alle Genossenschaften die Pflichtprüfung eingeführt und die Verbände in das Prüfungsverfahren eingeschaltet.
II. Die Entwicklung der Zusammenschlüsse auf vertraglicher Basis
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Diese Regelung wurde 1934 dann dahingehend erweitert, daß den genossenschaftlichen Prüfungsverbänden die Pflichtprüfung ganz übertragen wurde. b) Die Verbände im Sparkassenwesen25
Während der Aufbau und die Erweiterung der genossenschaftlichen Kreditinstitute mit der Verbandsbildung Hand in Hand gingen, wurden die ersten Sparkassenverbände erst gebildet, als die Sparkassen selbst schon eine gewisse Bedeutung erlangt hatten. Der äußere Anlaß, durch den die Verbandsbildung im Sparkassenwesen vorangetrieben wurde, waren nach der Reichsgründung von 1871 die Bestrebungen der Post, auch in Deutschland einen Postsparkassendienst aufzubauen. Um ihre Interessen gegenüber diesen Plänen wahrnehmen und mögliche Nachteile abwehren zu können, wurde 1881 der "Verband der Sparkassen in Rheinland und Westfalen" gegründet, der als erster Sparkassenverband gilt. Schon in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte es an Versuchen nicht gefehlt, die Verbandsbildung im Sparkassenwesen zu fördern und voranzutreiben, wie überhaupt die damalige wirtschaftliche und politische Entwicklung in Deutschland, besonders der Ausbau des Bankenapparates und der Sparkassen, den Bestrebungen zur Verbandsbildung starken Auftrieb verlieh. Insofern waren die Planungen für eine Postsparkasse nur der äußere Anlaß für die Verbandsbildung. An einigen Orten war es schon vor der Verbandsgründung in Rheinland und Westfalen zu lockeren Zusammenschlüssen von Sparkassen gekommen. Diesen Zusammenschlüssen gehörten jedoch nur wenige Sparkassen an, so daß sie nicht mehr als eine lokale Bedeutung erlangt haben. Es verdient jedoch hervorgehoben zu werden, daß bereits in diesen Zusammenschlüssen auf vertraglicher Basis Versuche unternommen wurden, zu einer Regelung von Zinsfragen zu gelangen. Auf den ersten Sparkassentagen in den 80er Jahren stand die Verbandsbildungerneut im Mittelpunkt der Diskussionen, hier wurde auch die Bildung neuer regionaler Verbände beantragt, sowie die Grün25 Vgl. zu diesem Überblick u. a. die näheren Ausführungen bei: Hoffmann, Josef, Deutsche Sparkasseneinheit, Berlin 1931, insbes. S. 18 ff.; Eisfeld,
Curt, Artikel "Sparkassen", in: Handwörterb. d. Sozialwiss. Bd. 9, StuttgartTübingen-Göttingen 1956, insbes. S. 677 f.; ders., Artikel "Bankpolitik", in: Handwörterb. d. Betriebsw., Hrsg. Hans Seischab und Karl Schwantag, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. I, Stuttgart 1956, Sp. 482 ff.; Mühl, Johannes, Artikel "Sparkassen", in: Enzyklop. Lexikon f . d . Geld-, Bank- und Börsenwesen, zugleich 2. Aufl. v. Handwörterb. d . Bankw., Bd. II, S. 1439 ff., insbes. S. 1442; Eisfeld, Curt, Die Sparkassen in der deutschen Bankwirtschaft 1880-19131930, a. a. 0., S. 1 ff. ·
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C. Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen
dung eines Zentralverbandes für das damalige Reichsgebiet gefordert. Aber erst 1890 gelang es, die gegensätzlichen Interessen einzelner regionaler Verbände auszugleichen und den Plan eines Zentralverbandes mit Sitz in Berlin zu verwirklichen. Als den Sparkassen 1908 die passive Scheckfähigkeit verliehen wurde, erfuhr die Verbandsbildung einen neuen Auftrieb. Die Sparkassen schlossen sich jetzt zu Giroverbänden zusammen, um den neuen Aufgaben des Zahlungsverkehrs gerecht werden zu können. Der erste Giroverband wurde 1908 in Sachsen gegründet und wurde Träger der ersten "reinen Girozentrale". Daneben übernahmen in einigen anderen Ländern die bereits bestehenden Landesbanken die Aufgaben der Girozentralen. Aus ihnen entwickelten sich "Gemeinschaftsbanken", die so genannt wurden, weil die Giroverbände gemeinsam mit den Provinzen Träger dieser Institute waren. Die Ausdehnung der Sparkassen brachte es mit sich, daß die Sparkassenverbände immer mehr mit Aufgaben der allgemeinen Interessenwahrnehmung betraut wurden. Als bedeutsamer Aufgabenbereich ist dabei auch die Prüfungstätigkeit der Verbände zu erwähnen. Zunächst hatten sich die angeschlossenen Mitgliedssparkassen nur freiwillig diesen Prüfungen unterworfen. Mit der Zeit gewann dieser Arbeitsbereich der Verbände immer mehr an Bedeutung, besonders als ihnen nach 1925 Prüfungsaufgaber_ von den Aufsichtsinstanzen übertragen wurden. So führen die Verbände heute die gesetzlich vorgeschriebenenJahresabschluß-und Depotprüfungen durch. Neben den Sparkassenverbänden konnten die Giroverbände als Träger der Girozentralen ihre Stellung festigen und ausbauen. Auf die Dauer erwies es sich aber als unzweckmäßig, daß die Verbandsorganisation im Sparkassenwesen in diese beiden großen Zweige zerfiel. Schon während des ersten Weltkrieges wurden deshalb Versuche unternommen und Verhandlungen eingeleitet, um die Sparkassen- und die Giroverbände zusammenzuführen. Im Jahre 1924 schlossen sich dann der Deutsche Zentralgiroverband unr' der Deutsche Sparkassenverband zum Deutschen Sparkassen- und Giroverband zusammen. - Nach dem zweiten Weltkrieg stellte dieser Verband in Berlin seine Arbeit ein26 • Nachdem jedoch die regionalen Verbände ihre Arbeit wiederaufgenommen hatten, bildeten sie bald danach die "Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sparkassen- und Giroverbände und Girozentralen", aus der dann später der neue "Deutsche Sparkassen- und Giroverband e. V." mit dem Sitz in Bonn hervorgegangen ist. 26 Aber "Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband besteht als Rechtspersönlichkeit" auch heute noch. Vgl. dazu den Aufsatz von Kurt Janke in: Sparkasse, 4. Jg. 1950, Nr. 8, S. 104 ff.
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c) Die Verbände im "privaten Bankgewerbe" und in den anderen Zweigen des Kreditwesens Das "private Bankgewerbe" 27 ist nicht ein solch geschlossener und einheitlicher Zweig des Kreditwesens wie das genossenschaftliche Bankwesen oder das Sparkassenwesen. Dementsprechend ist die Verbandsbildung in diesem Sektor des Kreditwesens28 auch nicht so einheitlich verlaufen; sie ist aus mehreren Wurzeln hervorgegangen. Da sind einmal die Zusammenschlußbestrebungen der Privatbankiers, die vor dem Hintergrund der Bankenkonzentration gedeutet werden müssen. Mit dem Ausbau des Filialnetzes drangen auch die größeren Banken immer weiter in die Provinz vor und erschwerten die Lage der Privatbankiers, die gerade hier ihr eigentliches Betätigungsfeld hatten. Die Großbanken waren in der Lage, ihren Kunden niedrigste Provisionssätze in Anrechnung zu bringen, weil sie im Emissionsgeschäft und mit dem Steigen der Einlagen auch im Depositengeschäft einen Rückhalt hatten. Diese Entwicklung f ührte einesteils dahin, daß viele Privatbankiers von den Großbanken übernommen wurden. Zum anderen Teil bekamen die Bestrebungen zur Zusammenarbeit derjenigen Privatbankiers, die selbständig bleiben wollten und nicht zu reinen Beratungsund Vermittlungsbanken für Vermögenssachen herabsinken wollten, dadurch neuen Auftrieb. Um die Konkurrenzfähigkeit gegenüber den Großbanken zu verbessern und um das Vertrauen des Publikums Zurückzugewinnen, bestanden mehrere Pläne, von· denen nur einige durchgeführt worden sind. Dabei tauchte der Gedanke auf, eine Zentralbank der Privatbankiers29 auf genossenschaftlicher Grundlage zu gründen. Mit Hilfe dieses Instituts hofften die Privatbankiers wieder im Emissionsgeschäft Fuß fassen zu können. Dieses Projekt hat sich aber nicht verwirklichen lassen. Wahrscheinlich hätte sich ein solches Institut aus der Natur des 27 Die Bezeichnung "privates Bankgewerbe" ist gebräuchlich, um den Gegensatz zum öffentlichen und genossenschaftlichen Bankwesen hervorzuheben. Zum privaten Bankgewerbe zählen nicht nur die Privatbankfirmen, sondern auch alle Bankgesellschaften, unter denen die Aktiengesellschaften am häufigsten vertreten sind. Sie gehören heute alle dem "Bundesverband des privaten Bankgewerbes" an. 28 Vgl. dazu insbesondere Otto, Fritz, Die Organisation des privaten deutschen Bankgewerbes in Bankenverbänden und Bankenvereinigungen, Diss. Greifswald 1930, S. 15 ff.; ders., Artikel "Standesvertretungen im Bankgewerbe", in: Handwörterb. d. Bankw., Hrsg. M. Palyi und P. Quittner, Berlin 1933, S. 542 ff., und Dermitzel, Günter, Artikel "Standesorganisation des privaten Bankgewerbes", in: Enzyklop. Lexikon f. d. Geld-, Bank- und Börsenwesen, zugleich 2. Auft. v. Handwörterb. d. Bankw., bearb. von E. Achterberg u. a., Frankfurt/M. 1957, Bd. II, S. 1467 ff. 29 Vgl. zur Lage der Privatbankiers und zu den Einzelheiten dieses Projekts Lansburgh, Alfred, Der Zusammenschluß der Privatbankiers, in: Die Bank, Jg. 1914, 1. Halbjahr, S. 514 (Berlin).
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Emissionsgeschäfts heraus auch zu einer Art Großbank entwickeln und mit anderen Großbanken zusammenarbeiten müssen, ohne dabei immer die Interessen der Privatbankiers berücksichtigen zu können. Als wichtigster Grund für das Scheitern dieses Planes muß jedoch angeführt werden, daß nicht alle Privatbankiers, besonders diejenigen, die wegen der Größe ihrer Institute ähnlich gelagerte Interessen wie die Aktienbanken hatten, an einer solchen Zentralbank interessiert waren. Im Gegensatz zu diesen Plänen waren die verbandsmäßigen Zusammenschlußbestrebungen der Privatbankiers vor allem auf lokaler Ebene erfolgreich. An den größeren Bankplätzen in Frankfurt, in München und in Mitteldeutschland schlossen sich Privatbankiers zusammen, um ihre allgemeinen Interessen gemeinsam wahrzunehmen, aber auch um gemeinsam Geschäfte durchzuführen. Diese Vorhaben ließen sich auf regionaler Basis viel eher verwirklichen. Die regionalen Verbände gründeten dann 1914 die "Vereinigung deutscher Privatbankfirmen" in Berlin, die aber wegen des ausbrechenden Krieges nicht die erhoffte Bedeutung gewann. Deshalb lebte nach dem Kriege die regionale Verbandsbildung wieder auf30• Unter diesen Verbänden verdient der "Landesverband bayerischer Privatbankfirmen", der schon 1916 gegründet wurde, besonders hervorgehoben zu werden, weil er neben allgemeineren Zielen sich hauptsächlich gegen die bankmäßige Entwicklung der Sparkassen zur Wehr setzte31 • Ein ganz anders gearteter Verband war die "Berliner Stempelvereinigung" oder wie ihr genauer Name lautete, der "Verein zum Zwecke der Erzielung gerichtlicher Entscheidungen über zweifelhafte Stempelfragen". In dieser genauen Bezeichnung kommt die Zielsetzung des Verbandes, der 1883 von Berliner Großbanken und einigen Privatbankfirmen gegründet worden war, schon zum Ausdruck32• Die Rechtsunsicherheit, die sich aus dem Reichsstempelgesetz von 1881 ergab, führte diese Bankinstitute zusammen. Aus diesem lockeren Zusammenschluß gingen später die "Vereinigung von Berliner Banken und Bankiers" sowie kartellartige Vereinbarungen hervor, die im folgenden Abschnitt noch genauer darzustellen sein werden. 30 Arons, Barthold, Die Frage der Erhaltung des Privatbankierstandes, in: Bankarchiv, 14. Jg. 1914/15, Nr. 9, S. 160 f. 31 Vgl. Lansburgh, Alfred, Der Landesverband bayerischer Privatbankfirmen, in: Die Bank, Jg. 1916, 1. Halbjahr, S. 753 ff. 32 Weil die Stempelvereinigung auch in den weiteren Ausführungen noch häufiger genannt werden wird, seien hier ihre Mitglieder genannt: (11 Institute) Berliner Handelsgesellschaft, S. Bleichröder, Commerz- und Privatbank, Darmstädter und Nationalbank, Delbrück, Schiekler & Co., Deutsche Bank und Disconto Gesellschaft, Dresdner Bank, J. Dreyfus & Co., Hardy & Co. G.m.b.H., Lazard-Speyer-Ellissen KG. a. A., Mendelsohn & Co.
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Ähnlich wie in Berlin bildeten sich auch in anderen Orten Bankenverbände, die sich 1901 im "Centralverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes" zusammenschlossen. Erst während und nach dem ersten Weltkriege wurde jedoch dieser Verband zu einem wirklichen Organ des gesamten privaten Bankgewerbes. Vorher war er mehr oder weniger nur die Interessenvertretung einiger Großbanken gewesen, da die meisten der kleineren Aktienbanken und vor allem die Privatbankiers diesem Verbande noch nicht angehörten33 • Die Hauptaufgabe des Verbandes bestand darin, die gemeinsamen Interessen aller dem privaten Bankgewerbe angehörenden Banken nach außen hin zu vertreten, was u. a. auf den Bankiertagen geschah. Weiterhin oblag diesem Verband der Ausgleich der Interessen zwischen den Mitgliedern, insbesondere zwischen den Privatbankiers und den größeren Banken. Als Wirtschaftsgruppe "Privates Bankgewerbe" hat dieser Zusammenschluß bis zum Ende des zweiten Weltkrieges bestanden. Schon bald danach wurden auf Länderebene wieder neue Verbände gegründet, die 1949 zunächst eine Arbeitsgemeinschaft bildeten, bis 1951 der "Bundesverband des privaten Bankgewerbes" neu gegründet wurde, dem sich auch die privaten Hypothekenbanken und Schiffspfandbriefinstitute angeschlossen haben. Als Spezialverbände bildeten sich an Börsenplätzen lnteressenverbände3\ in denen nicht nur Banken, sondern auch Börsenmakler Mitglieder waren. Der bekannteste unter ihnen war der "Verein für die Interessen der Fondsbörse" in Berlin. Diese lokalen Börsenverbände waren dem Centralverband als Mitglieder direkt angeschlossen. Sie verdienen deswegen hervorgehoben zu werden, weil sie in gewisser Weise den Weg für Vereinbarungen über Effektenkonditionen bereitet haben; denn diese Verbände befaßten sich noch nicht mit Konditionsfragen. Der Vollständigkeit halber müssen hier noch die verbandsmäßigen Zusammenschlüsse der Gemeinwirtschaftsbanken und die der öffentlichrechtlichen Kreditanstalten erwähnt werden. Aus der besonderen Zielsetzung, die die Gemeinwirtschaftsbanken verfolgen, ergibt sich, daß auch sie ihre Interessen weitgehend in Verbänden abgestimmt haben. Die Verbandsbildungen der öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten sind lockere Zusammenschlüsse, diese Verbände haben manche Berührungspunkte mit den Sparkassen- und Giroverbänden, da sie zusammen den öffentlichen Sektor des Kreditwesens repräsentieren. Die Girozentralen, die als Gemeinschaftsbanken organisiert sind, gehören sogar beiden Verbänden an. 33 Vgl. Lansburgh, Alfred, Die wir tschaftlichen Aufgaben des Bankgewerbes, in: Die Bank, Jg. 1925, 1. Halbjahr, S. 555. 34 Otto, Fritz, Die Organisation des privaten deutschen Bankgewerbes ..., a. a. 0., S. 42 f.
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Nach dieser Darstellung der Verbandsentwicklung in den verschiedenen Zweigen des Kreditwesens kann zusammenfassend festgehalten werden, daß bei einigen Verbänden ein äußerer Anlaß der Grund für die Verbandsbildung gewesen ist, so bei den Sparkassen die Abwehrstellung gegenüber den geplanten Postsparkassen und bei der Berliner Stempelvereinigung ungeklärte Rechtsfragen des neuen Stempelgesetzes. Die Zusammenschlußbestrebungen der Privatbankfirmen gehen dagegen auf das Vordringen der Großbanken und die dadurch hervorgerufene Verschlechterung der Wettbewerbslage zurück. Ähnlich ist auch bei der Bildung der Genossenschaftsverbände die Verbesserung der eigenen Position im Rahmen des Kreditwesens ein bedeutender Impuls der Verbandsbildung gewesen. Gerade diese Zusammenschlüsse lassen schon Ansätze erkennen, die über eine allgemeine Interessenwahrnehmung hinausführen. Das gilt besonders für die Bemühungen der Genossenschaftsverbände und der Giroverbände der Sparkassenorganisation um den Aufbau eines eigenen Gironetzes. Dennoch können die Verbände, und zwar die Spitzenverbände und ihre Unterverbände, als Wirtschaftsverbände im früher bezeichneten Sinne angesprochen werden. Ihnen allen ist nämlich gemeinsam, daß sie auf das Bankgeschäft im engeren Sinne keinen Einfluß nehmen; die Regelung von Zinsen, Provisionen und sonstigen allgemeinen Wettbewerbsfragen ist aus dem Tätigkeitsfeld dieser Verbände ausgeklammert35• Wie aber am Anfang festerer Zusammenschlußformen oft nur lose Interessenvereinigungen bestanden haben, so haben diese Verbandsbildungen den Weg zu kartellartigen Vereinbarungen vielfach geebnet. 2. D i e k a r t e 11 a r t i g e n V e r e i n b a r u n g e n ü b e r Kondition e n und allgemeine Wettbewerbsfragen
a) Die Vereinbarungen im Bereich des "privaten Bankgewerbes" Die kleineren Banken im Bereich des privaten Bankgewerbes waren vor allem daran interessiert, die Bankkonditionen und einige allgemeine Wettbewerbsfragen lokal zu regeln. Diese Bestrebungen können ebenso wie die Verbandsbildung unter den Privatbankiers und deren Versuche, Selbsthilfeorganisationen aufzubauen, auf die Bankenkonzentration zurückgeführt werden; denn besonders die lokale Bankenkonzentration in Berlin machte sich bald in einem verschärften Wettbewerb bemerkbar. 35 Die Bestrebungen der Vorläufer der Sparkassenverbände, auch zu Zinsregelungen zu gelangen, können hier vernachlässigt werden, da sie in den oben beschriebenen Verbänden keine Rolle gespielt haben.
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Die dort ansässigen Institute überboten (bzw. unterboten) sich gegenseitig in der Gewährung günstiger Zinssätze und versuchten auf diese Weise, neue Kunden an sich zu ziehen bzw. den alten Kundenstamm zu halten. Es blieb jedoch nicht aus, daß der starke Wettbewerbsdruck die Rentabilität aller Institute spürbar beeinflußte und belastete. Die Bemühungen um eine Regelung des Wettbewerbs wurden daher von allen beteiligten Instituten unterstützt. Bereits 1894 konnte eine erste Vereinbarung getroffen werden, in der einheitliche Höchstsätze für Habenzinsen und Mindestsätze für Sollzinsen festgelegt wurden36• Diese Vereinbarungen wurden zwischen den Banken abgeschlossen, die bereits in der Berliner Stempelvereinigung zusammenarbeiteten. An diesem Beispiel zeigt sich, wie ein Verband, der zunächst nur ein Ziel verfolgte, das mit dem Bankgeschäft im engeren Sinne nur wenig zu tun hatte, über diese Rolle hinauswuchs und den Weg für kartellartige Vereinbarungen über Bankkonditionen bereitet hat. Dieser Vereinbarung hafteten jedoch noch zu sehr die Züge des Kompromisses an, als daß sie zu einem vollen Erfolg hätte werden können. Die Abmachungen galten nur in Berlin selbst und dann nur für Einlagen von Kunden, die nicht in Berlin ansässig waren. Die Folge war, daß sich der scharfe Wettbewerb von Berlin in die angrenzenden Bezirke verlagerte. Es war damals noch nicht möglich, auch diese Gebiete mit in den Geltungsbereich einzubeziehen, weil die Berliner Großbanken, die der Stempelvereinigung angehörten, ihr Filialnetz gerade in der Provinz erweitern und ausbauen wollten, um neue Einlagen an sich ziehen zu können37 • Obwohl mit dieser Vereinbarung im Rahmen der Berliner Stempelvereinigung nicht alle Wettbewerbsprobleme gelöst wurden, muß hier hervorgehoben werden, daß mit ihr im deutschen Kreditwesen zum ersten Male der Versuch unternommen wurde, durch gemeinsame Regelung der Zinssätze den Wettbewerbsdruck zu vermindern und die Ertragslage der Mitglieder zu verbessern. Insofern kann diese Vereinbarung als Kartell im früher bezeichneten Sinne angesehen werden. Dennoch soll im folgenden die Bezeichnung "kartellartige Vereinbarung" beibehalten werden, weil bei den später folgenden Absprachen über allgemeine Wettbewerbsfragen und Konditionen zwischen 36 Vgl. dazu Deeg, Friedrich, Die Frage der kartellmäßigen und obrigkeitlichen Bindungen der Bankkonditionen, insbesondere der Zinssätze, Diss. Erlangen 1957, S. 14 ff. Otto, Fritz, Die Organisation des privaten deutschen Bankgewerbes . .., a. a. 0., S. 46 ff. 87 Vgl. Deeg, Friedrich, Die Frage der ... , a. a. 0 ., S. 16; Ehlen, Karl Josef, Die Filialgroßbanken, Heft 6 der Beiträge zur Erforschung der wirtschaftlichen Entwicklung, Hrsg. M. E. Kamp, Stuttgart 1960, S. 4 f.; Grunewald, Adolph E., Die Wiedergeburt der deutschen Filialgroßbanken, in: Zeitschr. f. Betriebsw., 31. Jg. 1961, Nr. 4, S. 193 ff.
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einzelnen Instituten und Institutsgruppen noch andere charakteristische Merkmale hinzukommen, die sich mit der Bezeichnung Kartell nicht ohne weiteres vereinbaren lassen. Da aber nicht nur die Höhe der Zinsspanne ein wichtiger Faktor für die Ertragsgestaltung der Kreditinstitute ist, sondern auch die anderen Konditionen des Bankgeschäfts die Rentabilität beeinflussen, wurden weitere Versuche unternommen, durch Vereinbarungen diese Konditionen günstig zu beeinflussen38 • Der erste äußere Anlaß dazu war das Depotgesetz von 1896, in dem eine Reihe zusätzlicher Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der Deponenten eingeführt wurden, die sich bei den Banken in einem erhöhten Aufwand niederschlugen. Dieser empfindlichen Schmälerung der Verdienstspanne sollte mit einer Erhöhung der Provisionssätze begegnet werden. Auf Initiative der Stempelvereinigung wurde dann 1900 eine Vereinbarung über einen Mindestprovisionssatz getroffen. Auch hier machten sich wieder Interessengegensätze zwischen den Großbanken und den Privatbankiers bemerkbar; denn die Privatbankiers, bei denen das Depotgeschäft ein wichtiger Geschäftszweig war, blieben dieser Vereinbarung fern, da sie eine weitere Abwanderung ihrer Kunden zu den Großbanken befürchteten, wenn sie in diesem Geschäftszweig nicht mehr günstigere Provisionssätze bieten konnten. Die vereinbarten Mindestsätze galten nur für in Berlin abgewickelte Geschäfte und nur für den Geschäftsverkehr mit Bankenkunden. Spannungen ergaben sich daraus, daß die selbständigen Provinzbanken gegenüber den Filialen der Berliner Banken in der Provinz benachteiligt waren. Die Filialen konnten ihre Börsenaufträge über ihre Zentralen abwickeln, ohne dafür eine Provision zahlen zu müssen. Die Provinzbanken dagegen mußten den Berliner Instituten eine Provision vergüten, wenn sie sie in ihre Börsenaufträge einschalteten, weil sie meistens selbst keine Börsenzulassung hatten. Der Kundschaft gegenüber konnten dann die Filialbanken günstiger abrechnen als die selbständigen Provinzbanken; denn die Sätze für den Verkehr mit der Nichtbankenkundschaft waren noch nicht festgelegt. Auch für das Akzeptkreditgeschäft trafen die in der Stempelvereinigung zusammengeschlossenen Banken im Jahre 1900 eine Vereinbarung über einen gemeinsamen Provisionsmindestsatz. Mit der Zeit verschärfte sich aber auch außerhalb Berlins39 der Wettbewerb. Die gleichen Institute, die in Berlin gemeinsame Vereinas Vgl. dazu Deeg, Friedrich, Die Frage der ... , a. a. 0 ., S. 17 ff.
Das gilt nicht nur für die Berliner Provinz, sondern auch für andere Bankplätze. Nach dem Vorbild der Stempelvereinigung wurden dort ähnliche Vereinbarungen getroffen. So in Köln (1908), in Mannheim (1909) und in München (1909). , 39
II. Die Entwicklung der Zusammenschlüsse auf vertraglicher Basis
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barungen getroffen hatten, führten außerhalb Berlins einen scharfen Konkurrenzkampf gegeneinander. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß die Privatbankfirmen am meisten davon betroffen waren; denn bei den Großbanken stand damals die Erweiterung des Filialnetzes so sehr im Vordergrund ihrer Politik, daß sie vorübergehend auch ohne Gewinn arbeiteten, nur um neue Kunden an sich zu ziehen. Daneben waren die Sparkassen und die Kreditgenossenschaften immer stärker im Vordringen. Die Folge davon war ein verschärfter Konkurrenzkampf, der dazu führte, daß Geschäfte mit hohen Risiken durchgeführt wurden, wenn sie nur einigermaßen rentabel waren. Solange die Banken im Bedarfsfall einen Rückhalt in der Reichsbank hatten, wurde die Gefahr dieser Geschäftspolitik nicht deutlich. Erst als übermäßige Anforderungen an die Reichsbank herangetragen wurden, und sie selbst in Schwierigkeiten geriet, erkannte man die Problematik. Die Bankenenquete von 1908/09 beschäftigte sich deshalb u. a. mit der Frage, ob und durch welche Maßnahmen "für die Sicherheit und Liquidität der Anlage von Depositen- und Spargeldern"40 Sorge getragen werden könne. Die Reichsbank verlangte, daß die Reserven der Banken bei ihr beträchtlich erhöht werden müßten. Um die dadurch eintretende Gewinnschmälerung bei den Kreditbanken aufzufangen, sollten die Provisionen erhöht und eine gewisse Mindestzinsspanne angestrebt werden41. Um die Politik einer erhöhten Reservehaltung indirekt zu fördern, war auch die Reichsbank an einer Vereinbarung über Zinsen und Provisionen sehr interessiert. Hier zeigt sich zum erstenmal der andere Aspekt der Vereinbarungen. Bis dahin waren sie lediglich eine Angelegenheit einzelner Banken gewesen, die durch Verminderung der Konkurrenz ihre eigenen Positionen im Kreditwesen verbessern wollten. Die Reichsbank hat aber schon damals erkannt, daß solche Vereinbarungen auch für ihre Zielsetzungen dienlich sein konnten. Wenn die Vereinbarungen auch nur sehr begrenzt der Unterstützung der Reservehaltung dienen sollten, so ist doch hier bereits der Anfang gemacht zu der später weiterreichenden Einbeziehung der kartellmäßigen Vereinbarungen in die Bankenaufsicht 40 Vgl. Bankenenquete 1908/09, Stenographische Berichte, Die Verhandlungen der Gesamtkommission zu Punkt VI des Fragebogens (Depositenwesen), Berlin 1910, S. 7; vgl. ferner zum Problem der Reserven bei der Reichsbank Materialien zur Frage des Depositenwesens (Punkt VI des Fragebogens), bearb. v. d. Stat. Abt. d. Reichsbank, Bln. 1910, S. 43 ff. 41 Vgl. NN, Das Konditionskartell im Bankgewerbe, in: Die Bank, Jg. 1916, 1. Halbjahr, S. 1104.
4 Buschmann
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Die Förderung von seiten der Reichsbank hat maßgeblich dazu beigetragen, daß 1913 die "Allgemeinen Abmachungen der Vereinigungen von Banken und Bankiers" abgeschlossen werden konnten42 • Hauptgegenstand der allgemeinen Abmachungen waren die Zinssätze, und zwar wurden für die Sollzinsen Mindestssätze festgelegt, um dem Wettbewerb durch Unterbieten ein Ende zu bereiten. Für risikoreichere Geschäfte sowie für Geschäfte an verschiedenen Bankplätzen - die örtlichen Vereinigungen setzten jeweils die Mindestsätze für ihren Bereich selbständig fest - konnten jedoch auch höhere Sollzinsen vereinbart werden. Allzu große Abweichungen wurden jedoch dadurch vermieden, daß die Sollzinsen mit dem Diskontsatz in Verbindung gebracht wurden. Zudem dienten die Sätze der Stempelvereinigung den anderen Bankplätzen als Richtschnur, unter den Berliner Sätzen lagen ihre Mindestsätze jedenfalls nicht. In entsprechender Weise gilt das auch für die Habenzinsen, die als Höchstsätze, unterschieden nach provisionsfreien und provisionspflichtigen Konten, festgesetzt wurden. Die anderen Provisionen wurden insoweit geregelt, als für das Wertpapiergeschäft mit Nichtbankenkunden und für das Akzeptgeschäft Mindestsätze vereinbart wurden. Das Emissionsgeschäft, das Report- und Lombardgeschäft und der gesamte Zahlungsverkehr waren von diesen Vereinbarungen nicht betroffen, das Depotgeschäft nur teilweise im Rahmen einzelner örtlicher Bankenvereinigungen. In den Bankenvereinigungen der Provinzen und Länder, die sozusagen regionale Unterorganisationen der Allgemeinen Abmachungen waren, hatten sich- mit wenigen Ausnahmen- vorwiegend Privatbankiers und Aktienbanken zusammengeschlossen. Die Hypothekenbanken blieben diesen Allgemeinen Abmachungen fern. Ebenso waren die meisten der öffentlichen Institute, unter ihnen die Sparkassen43 , und ferner die gewerblichen und ländlichen Kreditgenossenschaften so42 In verschiedenen Gebieten Deutschlands hatten sich schon vorher Banken zu sogenannten Vereinigungen zusammengeschlossen. Die Vereinigungen wurden als solche unter Führung der Stempelvereinigung Mitglieder der Allgemeinen Abmachungen. Vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere Deeg, Friedrich, Die Frage der .. ., a. a. 0., S. 34 ff.; Otto, Fritz, Die Organisation des privaten deutschen Bankgewerbes . .. , a. a. 0., S. 51 ff. 43 Die Sparkassen hatten zunächst überhaupt nicht die Möglichkeit, eine Zinspolitik zu betreiben, da der Zinsfuß für die Einlagen genau in den Satzungen bestimmt war. Veränderungen des Zinssatzes konnten also nur über eine Satzungsänderung erreicht werden. Dieses schwerfällige Verfahren wurde erst in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts aufgegeben, als den Sparkassenvorständen die Möglichkeit gegeben wurde, innerhalb bestimmter Grenzen, den Zinsfuß festlegen zu können. (Vgl. dazu insbesondere Eisfeld, Curt, Artikel "Sparkassen", a. a. 0., S. 676.)
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wie die Filialen der Auslandsbanken nicht an diese Abmachungen gebunden. Einige öffentliche Bankinstitute und Sparkassen waren diesen Abmachungen zwar beigetreten. Diese Tatsache ist aber auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen44 • Es zeigt sich, daß viele Geschäftssparten sowie einzelne Institutsgruppen von diesen Abmachungen überhaupt nicht erfaßt waren, zudem enthalten die Allgemeinen Abmachungen selbst noch viele Ausnahmeregelungen. Daran wird deutlich, wie schwierig es gewesen sein muß, alle Interessen gleichmäßig zu berücksichtigen und doch einigermaßen einheitliche Zins- und Provisionssätze zu bestimmen. Die Sparkassen und die Kreditgenossenschaften hatten damals noch nicht eine solche Bedeutung erlangt, als daß ihre "Außenseiterposition" die Wirksamkeit der Allgemeinen Abmachungen besonders eingeschränkt hätte. Alle diese Faktoren zusammen haben jedoch verhindert, daß die Allgemeinen Abmachungen nicht die Erwartungen voll erfüllt haben, die besonders die Reichsbank in sie gesetzt hatte. In den Allgemeinen Abmachungen waren die Provisionssätze für den Handel mit Wertpapieren nur für den Verkehr mit der Nichthankenkundschaft festgelegt. Es machten sich aber bald Bestrebungen bemerkbar, die besonders von der Stempelvereinigung und dem "Verein für die Interessen der Fondsbörse" in Berlin ausgingen, weitergehende Vereinbarungen für das Wertpapier- und Devisenkommissionsgeschäft zu treffen. Vor allem ging es darum, eine Vereinbarung abzuschließen, durch die alle Parteien, die sich im Börsengeschäft betätigten, erfaßt wurden. Nach längeren Verhandlungen gelang es 1917, eine solche Organisation45 auf regionaler Basis, die "Berliner Bedingungsgemeinschaft für den Wertpapierverkehr" (BBW) zu gründen. Das Bedeutsame an dieser Bedingungsgemeinschaft war, daß in ihr alle am Wertpapierhandel beteiligten Kreise, sowohl die Banken als auch die freien Makler und Kommissionsfirmen zusammengeschlossen waren. Die Banken waren nicht direkt Mitglieder, sie gehörten der Bedingungsgemeinschaft über die Stempelvereinigung - soweit sie ihr beigetreten waren oder über die "Interessengemeinschaft Berliner Privatbankfirmen" an, die Makler waren über ihre Maklergemeinschaft der Bedingungsgemeinschaft angeschlossen. 44
Otto, Fritz, Artikel "Standesvertretungen im Bankgewerbe", a. a. 0.,
s. 544.
45 Vgl. dazu insbes. und zu den folgenden Ausführungen Frenkel, Hermann, Börseneröffnung und Bedingungsgemeinschaft, in: Bankarchiv, 17. Jg. 1917, Nr. 5, S. 53 f.; Deeg, Friedrich, Die Frage der . . ., a. a. 0 ., S. 42 ff.; Geschäftsbericht des Centralverbandes des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes für das Jahr 1917, in: Bankarchiv, 17. Jg. 1917/18, Nr. 7, S. 74.
4*
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C. Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen
Die Einbeziehung aller dieser Kreise setzte eine Einigung und eine Abstimmung der verschiedenen Interessen voraus. Das geschah in der Weise, daß die Banken den Maklern für Geschäfte mit Kunden, die selbst zur Börse zugelassen waren, einen höheren Provisionssatz einräumten. Die Makler verzichteten dafür auf den bankgeschäftliehen Handel mit der Privatkundschaft und verpflichteten sich, alle Aufträge aus diesem Kundenkreis an eine der Banken der Bedingungsgemeinschaft weiterzuleiten. Sie erhielten für einen jeden dieser Aufträge eine festgesetzte Vermittlergebühr. Zudem unterhielten die Banken nur noch mit den Maklern Börsengeschäftsbeziehungen, die der Bedingungsgemeinschaft beigetreten waren. Die Provisionssätze wurden auch nicht einheitlich für alle Mitglieder festgelegt, sondern man versuchte, die Wettbewerbsvorteile und-nachteileder verschiedenen Gruppen einigermaßen auszugleichen. So durften die Berliner Banken, die der Interessengemeinschaft Berliner Privatbankfirmen angehörten, und die Provinzbanken ihren Kunden niedrigere Sätze in Rechnung stellen als die Banken, die Mitglieder der Stempelvereinigung waren. Ebenso wie die Makler verpflichteten sich diese Banken, soweit sie im Börsengeschäft auf die Unterstützung anderer Banken angewiesen waren, nur mit Mitgliedsbanken der Bedingungsgemeinschaft zusammenzuarbeiten. Weiterhin wurde festgelegt, daß die Effektenprovision nur an Bankinstitute und berufsmäßige Vermittler gezahlt und von diesen nicht weitergegeben werden durfte. Nach dem Berliner Vorbild wurden an den Börsenplätzen Frankfurt (1917), Harnburg (1917) und Bremen ähnliche Vereinbarungen getroffen, die aber nicht die gleiche Bedeutung erlangt haben wie die Berliner Bedingungsgemeinschaft. Im Vergleich zu den Allgemeinen Abmachungen hatte die Berliner Bedingungsgemeinschaft eine viel straffere Organisationsform. Zwischen den Mitgliedern der Bedingungsgemeinschaft war nämlich vereinbart, daß sie sich gegenseitig überwachen sollten, um Abweichungen von den Vertragsbestimmungen auszuschalten. Ein besonderes Organ der Bedingungsgemeinschaft war befugt, den Mitgliedern Geldbußen aufzuerlegen oder sie auszuschließen, wenn sie gegen die Vereinbarungen verstießen. Die Bedingungsgemeinschaft konnte also einen Organisationszwang ausüben und war daher in der Lage, ihren Markt weitergehend zu beeinflussen, als es durch die Allgemeinen Abmachungen möglich war. Es mag hier bereits angedeutet werden, daß deshalb die Berliner Bedingungsgemeinschaft am ehesten als ein Kartell angesehen werden kann. Trotz dieser Eigenschaften hat die Bedingungsgemeinschaft nicht die Bedeutung für das gesamte Kreditwesen gehabt wie die All-
II. Die Entwicklung der Zusammenschlüsse auf vertraglicher Basis
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gemeinen Abmachungen, dazu war der Bereich, in dem diese straffere Vereinbarung Anwendung fand, sowohl regional als auch spartenmäßig zu sehr begrenzt. Das gilt ebenso von den Vereinbarungen im Effektengeschäft, die an anderen Börsenplätzen getroffen worden sind. Die Vereinbarungen über Zinsen und Provisionen und über allgemeine Wettbewerbsfragen, die sich auf das Einlagen- und Kreditgeschäft beziehen, haben dagegen eine größere Rolle gespielt.
b) Die Vereinbarungen zwischen den Verbänden der Genossenschaftsbanken, der Sparkassen und des "privaten Bankgewerbes" Mit Hilfe der Allgemeinen Abmachungen und der verschiedenen Bedingungsgemeinschaften konnten viele Probleme, die sich aus dem scharfen, teilweise auch unlauteren Wettbewerb- besonders zwischen den Großbanken und Privatbankiers - entwickelt hatten, zu einem großen Teil bereinigt werden. Es gelang darüber hinaus, die unterschiedlichen Interessen zwischen den Instituten an Bank- und Börsenplätzen und denen der Provinz einigermaßen auszugleichen. Aber alle diese Vereinbarungen beschränkten sich auf einen Interessenausgleich im Bereich des privaten Bankgewerbes, wenn auch vereinzelt öffentliche Banken diesen Vereinbarungen beigetreten sind. In dem Maße aber, wie die anderen Institutsgruppen der Genossenschaftsbanken und der Sparkassen im Vordringen waren, traten ähnliche Gegensätze zwischen den verschiedenen Zweigen des Kreditwesens zutage. Während die Interessenkollision zwischen dem privaten Bankgewerbe und den Sparkassen und Genossenschaftsbanken später erst zu einem Problem wurde, tauchten zwischen den Genossenschaftsbanken und den Sparkassen schon recht früh Gegensätze auf46• Die ähnliche ideenmäßige und wirtschaftliche Ausrichtung dieser beiden Gruppen führte zu vielen Überschneidungen in ihren Geschäftsbereichen. Besondere Streitpunkte waren dabei der Gebrauch der Bezeichnung Sparkasse durch die Genossenschaftsinstitute, die Mündelsicherheit und die Zinspolitik der Sparkassen. Nach manchen Auseinandersetzungen in den Fachorganen, nach Beschwerden bei den preußischen Aufsichtsbehörden und nach Versuchen gerichtlicher Klärung gelang es 1918 zwischen den Spitzenverbänden der Sparkassen und der Genossenschafts46 Es sei hier darauf hingewiesen, daß einige der damaligen Wettbewerbsprobleme zwischen den Sparkassen und Kreditgenossenschaften heute in ähnlicher Form wieder aufgetaucht sind. Vgl. zu näheren Einzelheiten: Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V., Zur Wettbewerbseingabe des Deutschen Genossenschaftsverbandes e. V., Erwiderung auf die Eingabe v. 11. Juni 1960, in: Sparkasse, 77. Jg. 1960, Nr. 20, S. 311 ff.
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C. Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen
banken eine Vereinbarung zu treffen, die die strittigen Fragen des Wettbewerbs regelte. In dieser Vereinbarung47 verzichteten die Sparkassen auf eine "rein geschäftsmäßige Reklame" mit der Mündelsicherheit, und die Genossenschaften verpflichteten sich, die Bezeichnung Sparkasse nur so zu gebrauchen, daß "Verwechselungen mit öffentlichen Sparkassen" ausgeschlossen wurden. In der Zinspolitik wurde empfohlen, daß die Sparzinsen und die Zinsen für die anderen Einlagen unterschiedlich festgesetzt wurden. Darüber hinaus erkannten die Genossenschaftsbanken die bankmäßige Entwicklung der Sparkassen an, die Institutsgruppen respektierten aber insofern ihre Bereiche, als sie darauf verzichteten, irgendeinen Druck auszuüben, um neue Kunden zu sich herüberzuziehen. Im Jahre 1929 wurde noch eine zusätzliche Vereinbarung zwischen der Preußenkasse und dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband abgeschlossen, in der die gegenseitige Neutralität noch einmal besonders bekräftigt wurde. Diese Vereinbarungen haben dann dazu geführt, daß die Spitzenverbände auch in einzelnen Fragen der Zinspolitik zu Einverständnissen kamen; denn in der Vereinbarung von 1918 war nur pauschal die Trennung des Einlagenzinssatzes und des Sparzinses geregelt. Die Zinspolitik war mit der Zeit ein wichtiger Aufgabenbereich der Spitzenverbände geworden. So wurde dem Deutschen Sparkassenund Giroverband 1921 über die beratende Funktion hinaus ein entscheidendes Mitwirkungsrecht bei der Festsetzung des Zinssatzes für Spareinlagen eingeräumt, das 1922 durch Erlaß der preußischen Aufsichtsbehörde noch dahingehend erweitert wurde, daß die Festsetzung des Sparzinses nur mit Zustimmung des Sparkassenverbandes erfolgen konnte. Auf diese Weise sollte eine bessere Übersicht und Einheitlichkeit der Sparzinsen gewährleistet werden48 • Nach und nach verschärften sich aber auch die Gegensätze zwischen den Sparkassen und dem privaten Bankgewerbe, besonders als die Großbanken immer weiter in die Provinz vordrangen. Dieser Versuch, neue Kundenkreise an sich zu ziehen, führte nicht nur zu einer Überschneidung mit dem Aufgabengebiet der Privatbanken, sondern auch 47 Vgl. darüber die Vereinbarung zwischen den Sparkassenverbänden und den genossenschaftlichen Spitzenverbänden vom 22. April 1918, abgedruckt bei Hofjmann, Josef, Deutsche Sparkasseneinheit, a. a. 0., S. 134 f. 48 Vgl. dazu Eisfeld, Curt, Die Zinspolitik der Sparkassen im Wandel der Zeiten, in: Unterrichtskurs für leitende Sparkassenbeamte vom 13. -17. Mai 1935 in Mannheim, S. 91 ff., und ders., Kapitalbildung und Steuersystem, Berlin 1930, S. 253 ff.; Hofjmann, Josef, Deutsche Sparkasseneinheit, a. a. 0 ., S. 107.
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mit dem der Sparkassen. Der Ausbau des Depositengeschäfts und des Kontokorrentverkehrs bei den Sparkassen, der durch das Scheckgesetz von 1908 veranlaßt worden war, führte zu weiteren Konflikten zwischen beiden Gruppen. Das private Bankgewerbe betrachtete die bankmäßige Betätigung als eine unzulässige Überschreitung der den Sparkassen obliegenden Aufgaben. Zunächst forderte das private Bankgewerbe in Denkschriften und Beschwerden von den zuständigen Aufsichtsbehörden, dieser Entwicklung durch geeignete staatliche Maßnahmen Einhalt zu gebieten49 • Trotz der Hoffnung, die das private Bankgewerbe anfangs mit diesen Eingaben verband50 , wurden den Sparkassen von seiten des Staates nicht die geforderten Beschränkungen auferlegt, die eine Begrenzung ihres Tätigkeitsbereiches auf den alten Stand von vor 1908 bedeutet hätten, vielmehr verwiesen die Behörden auf den Weg der Vereinbarung zwischen den Verbänden der beiden Gruppen. Damit wurde der Grund gelegt für Verhandlungen zwischen den Spitzenverbänden, die zunächst nur zwischen den Sparkassen und dem privaten Bankgewerbe stattfanden. Es stellte sich aber bald heraus, daß eine erfolgversprechende Vereinbarung, besonders auch eine Regelung der Zinsen, nur unter Hinzuziehung der Genossenschaftsverbände zu erreichen war. Einegenaue Abgrenzung der Aufgabenbereiche im Sinne einer Arbeitsteilung, an der besonders das private Bankgewerbe interessiert war, ließ sich aber nicht erzielen. Nur über die Punkte des "kleinen Verständigungsprogramms" 5 t, d. h. im wesentlichen über strittige Wettbewerbsfragen, konnte nach langen Verhandlungen 1928 eine Vereinbarung getroffen werden. In seinen "Richtlinien zur Abgrenzung des legitimen und unzulässigen Wettbewerbs" 52 enthält es nicht mehr als einen "Codex der Selbstverständlichkeiten" 53 , jedoch bot die Einrichtung von regionalen Schlichtungsstellen die Gewähr dafür, daß diese Regelungen eingehalten wurden. 49 Eine ausführliche Darstellung der Eingaben des privaten Bankgewerbes an die staatlichen Stellen und der Gegendarstellungen der Sparkassenverbände findet sich bei Goebes, Kar!, Zur Entwicklung und Bedeutung der Wettbewerbsabkommen bei öffentlichen Banken, Diss. Heidelberg 1936,
s. 105 ff.
Vgl. dazu Centralverband, Geschäftsbericht für 1917, a. a. 0., S. 74. Goebes, Kar!, Zur Entwicklung und Bedeutung der Wettbewerbsabkommen ... , a. a. 0., S. 115. 52 Abgedruckt bei Goebes, Kar!, Zur Entwicklung und Bedeutung der Wettbewerbsabkommen . .. , a. a. 0., S. 116. 53 Eine Bemerkung Otto Bernsteins, des geschäftsführenden Vorstandsmitgliedes des Centralverbandes des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes E. V. Vgl. sein Referat: Legitimer und unzulässiger Wettbewerb im Bank- und Kreditverkehr, in: Verhandlungen des VII. Allgemeinen Deutschen Bankiertages zu Köln am 9., 10. und 11. Sept. 1928, Berlin und Leipzig 1928, S. 345. 50
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C. Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen
Die Bedeutung dieser Vereinbarungen ist darin zu sehen, daß die Verbände der drei großen Institutsgruppen daran beteiligt waren. Damit wurde zumindest eine gegenseitige Anerkennung der verschiedenen Gruppen erreicht. Es gelang auch, mit Hilfe dieser Vereinbarungen Streitfragen im Konkurrenzkampf zu schlichten, allerdings enthalten diese Vereinbarungen noch keine Regelung der Zinsen und Provisionen. In ihnen ist lediglich die Empfehlung ausgesprochen, auf regionaler Ebene solche Vereinbarungen zu treffen. Auch in der Zusatzvereinbarung von 1930 ist eine materielle Zinsregelung noch nicht enthalten, den Schlichtungsstellen wird darin aber die Aufgabe gestellt, solche Vereinbarungen vorzubereiten. In mehreren Gebieten Deutschlands wurden diese Empfehlungen aufp.:egriffen und der Gedanke einer Vereinbarung über Zinsen und Provisionen verwirklicht. Die erste regionale Vereinbarung dieser Art beschränkt sich nur auf die Festlegung der Habenzinssätze. Erst in einer Ver einbarung für Ostpreußen (vom 1.1.1931) gelang es, die Sollzinsen mit einzubeziehen. Durch die Verknüpfung der Haben- und Sollzinssätze, die in der ostpreußischen Vereinbarung zum ersten Mal verwirklicht werden konnte, wurde einmal die Verminderung des Wettbewerbsdrucks angestrebt, zum anderen sollte aber auch das hohe Zinsniveau herabgeschraubt werden und den Banken eine gewisse Zinsspanne garantiert werden. Diese doppelte Funktion der Vereinbarungen spielte dann eine große Rolle, als es darum ging, eine Zins- und Provisionsregelung für alle deutschen Kreditinstitute abzuschließen. Die Entwicklung der Vereinbarungen von den ersten Anfängen der Stempelvereinigung über die Wettbewerbsabkommen der Spitzenverbände bis hin zu den regionalen Zinsabkommen zwischen den Verbänden verschiedener Institutsgruppen mußte dargestellt werden, um sichtbar machen zu können, daß die staatliche Bankpolitik an die vorhandenen Zusammenschlußtendenzen nur anzuknüpfen brauchte, als es darum ging, das überhöhte Zinsniveau abzubauen und von dieser Seite her eine Stabilisierung der Bankwirtschaft herbeizuführen. 3. Die Eins c h alt u n g des S t a a t es in die Vereinbarungen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen Die hohe Auslandsverschuldung der Banken, die durch die günstigen Zinssätze starken Auftrieb erhalten hatte, war eine der Ursachen gewesen, die zur Bankenkrise von 1931 führten. Die staatlichen Stellen sahen deshalb eine ihrer Hauptaufgaben darin, das überhöhte Zinsniveau abzubauen, und so wurde der neu eingesetzte Reichskommissar für das Bankgewerbe in der Verordnung vom 8. Dezember 1931 er-
II. Die Entwicklung der Zusammenschlüsse auf vertraglicher Basis
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mächtigt54, selbst die Konditionen im Einvernehmen mit den Spitzenverbänden festlegen zu können, falls eine Einigung zwischen den Verbänden bis zum Ende des Jahres 1931 nicht zu erzielen sei. Nach Möglichkeit sollte aber eine staatliche Festsetzung der Konditionen vermieden werden, da man sich von einer freiwilligen Vereinbarung eine bessere Wirkung versprach. Daraufhin wurden Verhandlungen zwischen den Spitzenverbänden eingeleitet, in denen aber wegen der unterschiedlichen Interessenlagen sehr viele Schwierigkeiten auftraten. Besonders die Sparkassen waren im überwiegenden Teil ihres Aktivgeschäftes durch die von seiten des Staates vorgenommene Herabsetzung der Zinssätze55 stark eingeengt, und sie mußten deshalb, um ihre Rentabilität zu sichern, an möglichst niedrigen Habenzinsen interessiert sein. Da aber das private Bankgewerbe und die Genossenschaften von der Konversion nicht betroffen waren und weiterhin die Sollzinsen nach eigener Entscheidung festsetzen konnten, waren sie auch in der Lage, höhere Habenzinsen zu gewähren. Sie konnten dadurch Einlagen, die sonst den Sparkassen zugeflossen wären, an sich ziehen. Ebenso war die geplante Koppelung des Zinssatzes für Einlagen an den Diskontsatz nach Meinung der Sparkassen kein geeignetes Mittel, um eine Zinssenkung auf längere Zeit zu gewährleisten. Bei der Festlegung der Sollzinsen ergaben sich ähnliche Schwierigkeiten, als es um die Berücksichtigung einzelner Provisionen und die Festsetzung eines Normalzinsfußes ging. So konnte erst im Januar 1932 nach dem ursprünglich vorgesehenen Termin eine Vereinbarung getroffen werden. Wenige Tage danach stimmte der Reichskommissar dieser Vereinbarung zu und erklärte sie für allgemeinverbindlich. Das gesamte Abkommen bestand aus drei Einzelabkommen: 1. Der Mantelvertrag, der zwischen den Spitzenverbänden der Kreditinstitute abgeschlossen wurde. Er enthielt grundsätzliche Richtlinien für die einzelnen Abkommen und ferner Bestimmungen über die Bildung und Besetzung von Verbindungsgremien der zentralen und der regionalen Kreditausschüsse. Sie sollten in Zweifelsfällen und bei Verstößen Entscheidungen fällen.
u Vgl. dazu Paersch, Fritz, Maßnahmen des Staates hinsichtlich einer Beaufsichtigung und Reglementierung des Bankwesens, Untersuchungsaussch. f. d. Bankwesen 1933, Referat II/3, S. 32; ferner auch Eisfeld, Curt, Zins- und Gebührenpolitik im Kreditgewerbe, in: Sparkassenwoche 1935, Vorträge der Württ. Verwaltungsakademie, Stuttgart o. J. (1936), S. 89 f. 55 Diese Zwangskonversion von 1931 bezog sich nicht nur auf die Anleihen der öffentlichen Hand, sondern auch auf die Pfandbriefe und Industrieobligationen. Der Zinssatz für Hypotheken und ähnliche Schuldverhältnisse war entsprechend davon betroffen. Vgl. Stucken, Rudolf, Deutsche Geld- und Kreditpolitik, 1914 bis 1953, 2. Auft., Tübingen 1953, S. 137.
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C. Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen
2. Das Abkommen über die Festsetzung von Höchstzinssätzen für hereingenommene Gelder (Habenzinsabkommen).
3. Das Abkommen über die Berechnung der Zins- und Provisionssätze bei der Weitergabe von Geldern an Dritte (Sollzinsabkommen).
Diese Abkommen erfaßten ebenfalls die Bestimmungen des Wettbewerbsabkommens von 1928 und seines Zusatzabkommens, jedoch bestand der Unterschied darin, daß jetzt nicht nur die Institutsgruppen den Wettbewerbsregelungen unterworfen waren, deren Verbände ursprünglich das Wettbewerbsabkommen abgeschlossen und unterzeichnet hatten, sondern über die Allgemeinverbindlichkeitserklärung wurden auch dieKreditinstitute, die bisher diesenAbkommen ferngestanden hatten, an diese Regeln gebunden. Auf die verschiedenen Abkommen muß im folgenden noch näher eingegangen werden, da sie die Grundlage für alle späteren Abkommen bilden. Auch die heutigen Abkommen enthalten im wesentlichen ähnliche Bestimmungen. Der Gedanke, der dem Habenzinsabkommen zugrunde lag, war der, für alle Einlagen von Nichtbankenkunden bei Kreditinstituten einen Höchstsatz zu bestimmen, über den hinaus keine Zinsvergütungen vorgenommen werden durften. In diesem Abkommen mußte aber die unterschiedliche Interessenlage der verschiedenen Institutsgruppen berücksichtigt werden. Einen Normalzinssatz für alle Einlagen kannte das Abkommen deshalb nicht, vielmehr wurden die Sätze unterschiedlich für täglich fällige Gelder, Kündigungsgelder, Termingelder und normale Spareinlagen festgelegt. Für die Spareinlagen und Kündigungsgelder, die sich zum Kapitalmarkt hin orientieren, wurde vom Zentralen Kreditausschuß ein Normalzinssatz festgesetzt, die Sätze für Termingelder, die zum Bereich des Geldmarktes gehören, wurden zum Diskontsatz in Beziehung gebracht. Die Genossenschaftsbanken und die kleineren und mittleren Privatbanken konnten einen sog. Zinsvoraus gewähren, der bis zu einem halben Prozent über den Höchstsätzen liegen durfte. Damit sollten ihre Nachteile gegenüber den großen Banken ausgeglichen werden. Das Sollzinsabkommen kannte demgegenüber keine Höchstsätze, sondern nur Normalsätze, die unter- und in wenigen Ausnahmefällen auch überschritten werden konnten. Es nahm auf die verschieden gelagerten Verhältnisse in der Weise Rücksicht, daß es verschiedene Berechnungsarten für die Sollzinsen zuließ. Nach § 1 konnten Sollzinsen plus Kreditprovision oder ein Nettozinssatz, für dessen Berechnung der gewogene Durchschnitt der hereingenommenen Gelder als Grundlage dienen sollte, den Kunden berechnet werden. Von den örtlichen Kreditausschüssen wurde dann die normale Spanne angegeben, die auf den Durchschnittssatz zugeschlagen werden durfte. Für die getrennte Be-
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rechnung legten die Kreditausschüsse ebenfalls regional unterschiedlich die Normalsätze fest 56 . Der Zentrale Kreditausschuß setzte lediglich die Kreditprovision einheitlich für alle Kreditinstitute fest. Daneben konnte jedoch noch eine Umsatzprovision und in besonderen Fällen eine Überziehungsprovision berechnet werden, deren Höhe aber im Abkommen nicht bestimmt wurde. Auf diese Weise sollte den Kreditinstituten die Möglichkeit gegeben werden, sich den jeweiligen örtlichen Verhältnissen anzupassen. Das Sollzinsabkommen trägt deutlich die Züge des Kompromisses. Sicherlich wäre eine einheitliche Regelung damals erstrebenswerter gewesen, aber unter den gegebenen Bedingungen mußte eine sinnvolle Lösung die Verschiedenheiten der einzelnen Institutsgruppen in dem Abkommen berücksichtigen. Trotz des dezentralen Zuges des Sollzinsabkommens und trotz der fehlenden einheitlichen Bindung der Sollzinsen an den Diskontsatz konnte mit Hilfe der Abkommen doch eine Minderung des Wettbewerbsdrucks und eine Senkung des Zinsniveaus57 erzielt werden. Im Rahmen dieses Gesamtabkommens erhielten die Vereinbarungen über allgemeine Wettbewerbsfragen neue Bedeutung. Die Vorschriften58 über die Werbung mit dem bargeldlosen Zahlungsverkehr wurden u. a. durch Beschlüsse des Zentralen Kreditausschusses noch dahingehend ergänzt und spezifiziert, daß mit einer spesenfreien Kontoführung keine Werbung betrieben werden durfte. Ebenso wurde die vergleichende Gegenüberstellung der eigenen Leistungsfähigkeit, besonders die Hervorhebung der Sicherheit, in der Werbung der einzelnen Institute oder Institutsgruppen für unzulässig erklärt. Die Regelung dieser Wettbewerbsfragen muß im Zusammenhang mit der Festsetzung der Konditionen gesehen werden; denn nachdem in einem so großen Teil des Bankgeschäfts die Konditionen festgelegt worden waren, sollte verhindert werden, daß der Wettbewerb dafür in anderen Bereichen um so schärfere Formen annahm. Die Verlagerung des Wettbewerbs ist heute wieder ein Problem, das auf mehrere im einzelnen 58 Vgl. dazu und zu weiteren Einzelheiten Paersch, Fritz, Maßnahmen des Staates ... , a. a. 0 ., S. 33. 57 Die angegebenen Normalsätze waren praktisch Höchstsätze, die nicht mehr überschritten wurden. Die Provisionssätze konnten ebenso im Laufe der Zeit stark herabgesetzt werden. Als 1932 mit kurzen Abständen der Diskont von 8 Ofo auf 4 Ofo gesenkt wurde, folgte die angestrebte Herabsetzung der Debetzinsen von 10 Ofo (sie lagen 1931 2 Ofo über der Bankrate) auf 5 °/o. Auch die Habenzinsen sanken für tägliches Geld von 5 Ofo auf 1 Ofo, für Kündigungs- und Termineinlagen von ungefähr 6 Ofo bis 8 Ofo auf 3 bis 4 Ofo und für Spargelder von 6 Ofo auf 31/2 Ofo. Im Durchschnitt ermäßigten sich also die Debetzinsen im Laufe eines Jahres nach Abschluß der Abkommen um 5 Ofo und die Habenzinsen im gleichen Zeitraum um 3 bis 4 Ofo. Vgl. dazu Paersch, Fritz, Maßnahmen des Staates .. ., a. a. 0 ., S. 34. 58 Vgl. dazu Paersch, Fritz, Maßnahmen des Staates ..., a. a. 0 ., S. 34.
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C. Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen
noch darzustellende Ursachen zurückzuführen ist und u. a. besonders in der wachsenden Zahl der Zweigstellengründun gen zum Ausdruck kommt. Ob und inwieweit diese Wettbewerbspolitik der Kreditinstitute durch eine neue Art von Abkommen geregelt werden kann, wird an anderer Stelle noch genauer untersucht werden müssen. Hier soll die Darstellung der Entwicklung der kartellartigen Vereinbarungen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen bis hin zu den Abkommen zunächst abgebrochen werden. Das erscheint gerechtfertigt, weil sowohl die Abkommen, die mit dem Gesetz über das Kreditwesenvom 5. Dezember 1934 in Kraft getreten sind, als auch die heutigen Abkommen in wesentlichen Teilen nicht von diesen damaligen Regelungen abweichen. Auf die wichtigen Änderungen und Abweichungen, mit denen die Abkommen den gewandelten Verhältnissen angepaßt worden sind, wird noch weiter einzugehen sein. Diese Veränderungen lassen sich jedoch aus den Wandlungen der staatlichen Wirtschaftspolitik und insbesondere aus der Einbeziehung der Abkommen in die Bankenaufsicht erklären, sie sollen deshalb an den entsprechenden Stellen im nächsten Abschnitt weiterbehandelt werden.
D. Die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht Nachdem die Merkmale und die Entwicklung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im Kreditwesen im einzelnen beschrieben worden sind, muß jetzt an den eingangs behandelten Fragenkreis wieder angeknüpft werden. Es wurde dort festgestellt, daß das Bankensystem auf Grund seiner Eigenarten, die in der Entwicklung zur modernen industriellen Wirtschaft noch mehr hervorgetreten sind, eine Sonderstellung einnimmt, die Maßnahmen zum Schutz des Kreditwesens und der gesamten Wirtschaft notwendig werden ließ. Auf die "Beaufsichtigung" des Kreditwesens durch die Notenbank wurde bereits hingewiesen. Diese Einflußnahme auf das Bankensystem bedarf aber der Ergänzung durch die Bankenaufsicht. Es erscheint nun zunächst erforderlich, die Notwendigkeit dieser Bankenaufsicht im engeren Sinne1 zu begründen und das Charakteristische an ihr hervorzuheben; denn nur so wird es möglich sein, sichtbar zu machen, welche Rolle die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im Rahmen der Bankenaufsicht spielen und welche Bedeutung sie für die Ziele der Bankenaufsicht erlangt haben. I. Die staatliche Einflußnahme auf das Bankensystem im Wege der Bankenaufsicht Der Staat kann in verschiedener Weise auf das Bankensystem Einfluß nehmen, die Beaufsichtigung aller Kreditinstitute, die als Bankenaufsicht bezeichnet wird, ist dabei nur ein möglicher Weg. Neben der Bankenaufsicht sind in Deutschland bestimmte Institutsgruppen einer besonderen Staatsaufsicht unterstellt2 • Das gilt für die öffentlichen Banken schlechthin und in besonderer Weise für die Sparkassen. 1 Diese Bezeichnung dient hier nur zur Verdeutlichung, um den Unterschied gegenüber der "Beaufsichtigung" der Kreditinstitute durch die Notenbank hervorzuheben. Sie wird nur dann angewendet werden, wenn dieser Unterschied besonders betont werden soll. Sonst soll hier aber, wie es allgemein üblich ist, diese Form der staatlichen Einflußnahme auf das Bankensystem nur einfach als Bankenaufsicht bezeichnet werden. 2 Vgl. dazu Frick, Heinrich, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen, Untersuchungen über. das Spar-, Gir o- und Kreditwesen, Hrsg. Fritz Voigt, Bd. 19, Berlin 1962, insbesondere S. 197 ff. ·
D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
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Obwohl diese beiden Arten der Beaufsichtigung sich in dem Bereich des öffentlichen Bankwesens berühren und Sparkassen- und Bankenaufsicht in ihren Mitteln oft übereinstimmen, muß doch der grundsätzliche Unterschied darin gesehen werden, daß beide Aufsichten ganz verschiedene Ziele verfolgen. Die Sparkassenaufsicht ist "positiv auf die einzelne Sparkasse als öffentlich-rechtliche Anstalt ausgerichtet" 3 • Dagegen ist die Bankenaufsicht an den allgemeinen wirtschaftspolitischen Zielen der Sicherung und Erhaltung des Bankenapparates orientiert. Aus diesen unterschiedlichen Zielsetzungen ergibt sich, daß die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im Kreditwesen und die damit verwandten Fragen in Verbindung mit der Bankenaufsicht gesehen werden müssen. Eine Erörterung dieser Fragen im Hinblick auf die besondere Staatsaufsicht über die öffentlichen Banken und Sparkassen kann deshalb hier unterbleiben. Ebenso müssen Spezialfragen, die sich aus dem Nebeneinander dieser beiden Aufsichten ergeben, in dieser Untersuchung ausgeklammert werden. Die Bedeutung der Bankenaufsicht wird erkennbar, wenn man sie als eine Form der staatlichen Einflußnahme ansieht, die zwischen der Verstaatlichung des Bankensystems als umfassendster Lösung und völliger Wettbewerbsfreiheit im Kreditwesen liegt. Im folgenden sollen diese beiden extremen Lösungsversuche in einem Überblick dargestellt werden, um den Charakter der Bankenaufsicht als "Zwischenlösung" oder als "mittleren Weg" 4 verdeutlichen zu können. Gleichzeitig wird damit sichtbar, daß die Ausprägungen der Bankenaufsicht in den verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Ländern immer jeweils zu der einen oder der anderen dieser extremen Lösungen tendieren.
1. Wettbewerbsfreiheit oder Verstaatlichung des Bankenapparates als extreme Wege der staatlichen Einflußnahme auf das Kreditwesen Die besonderen Bedingungen im Kreditwesen haben es erforderlich gemacht, daß zum Schutze des Bankensystems und zur Erhaltung der Marktwirtschaft zusätzliche Maßnahmen von seiten des Staates ergrif8
Frick,
Heinrich, Die Staatsaufsicht über die kommunalen Sparkassen,
a. a. 0., S. 197.
4 Die Auffassung von der Bankenaufsicht als "Zwischenlösung" oder "mittlerer Weg" ist in der umfangreichen Bankenaufsichtsliteratur verbreitet. Als Beispiel sei hier auf Schmahl hingewiesen, dem im folgenden besonders gefolgt werden soll. Er spricht direkt von der Bankenaufsicht als "mittlerem Weg". (Vgl. Abschnitt AIIII/a, b u. c) Schmahl, Hans-Jürgen, Volkswirtschaftliche Probleme der Bankaufsicht, Diss. Harnburg 1956. Auch in der Bankenaufsichtsgesetzgebung wird diese Auffassung vertreten; vgl. Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode, Drucksache 1114 "Entwurf eines Gesetzes über das Kreditwesen" vom 25. Mai 1959, BegründungS. 19 ff.; im folgenden zitiert als: KWGEntwurf.
I. Die staatliche Einflußnahme auf das Bankensystem
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fen werden mußten, die dazu geführt haben, daß der Wettbewerb in diesem Bereich der Marktwirtschaft eingeengt und teilweise ausgeschaltet worden ist. Nun ist immer wieder die Frage aufgetaucht, ob nicht die Krisenanfälligkeit des Bankensystems auf diese zusätzlichen Eingriffe zurückzuführen sei und ob nicht bei einer weitgehenden Wiederherstellung der Bedingungen für einen freien Wettbewerb das Bankensystem ganz dem "freien Spiel der Kräfte" überlassen werden könnte, ohne die Marktwirtschaft durch Vertrauenskrisen und Bankenzusammenbrüche zu erschüttern5 • Aber selbst wenn sich alle Krisenerscheinungen in der Marktwirtschaft auf Eingriffe in den Marktmechanismus zurückführen ließen8, ist es schwierig, sich ein Bankensystem vorzustellen, das nur ganz allgemeinen gesetzlichen Normen unterworfen wäre, in dem darüber hinaus nach den Regeln der Vertragsfreiheit vollständig frei gehandelt werden könnte. Schon die Frage, ob und inwieweit eine Notenbankpolitik in einem solchen Bankensystem Platz greifen könnte, ist schwierig zu entscheiden, weil selbst durch diese Maßnahmen - mit Ausnahme der klassischen Mittel- schon neue Bedingungen geschaffen werden können, die nach Meinung der Befürworter des unbedingten Laissez-faire-Prinzips weitere Eingriffe nach sich ziehen müßten. Die Diskont- und Offenmarktpolitik könnten deshalb angewandt werden, da sie die Gesetze des Marktmechanismus nicht einengen und insofern als "marktkonform" zu betrachten sind. Alle Maßnahmen darüber hinaus, die zur Unterstützung dieser Mittel der Notenbank dienen könnten, müßten aber als zu weitgehend abgelehnt werden7 • Schon dieses Beispiel mag zeigen, wie schwierig diese Politik in einer modernen Wirtschaft, in der das Bankensystem eine wichtige Rolle einnimmt, durchzusetzen ist, ganz abgesehen davon, daß in der Aufrechterhaltung der Konkurrenz heute nicht das einzige Ziel der Wirtschaftspolitik gesehen werden kann. Andere Ziele treten daneben, die sich nicht gegenseitig begünstigen, sondern deren Verwirklichung das Ziel der Aufrechterhaltung der Konkurrenz beeinträchtigen kann8 • In die5 Vgl. Halm, George N., Geld, Außenhandel und Beschäftigung, a. a. 0., S. 311. Halm untersucht hier die Möglichkeiten einer "Politik des Laissez-faire" ganz allgemein in der Marktwirtschaft und insbes. auch für den Bereich des Geld- und Kreditwesens. 6 Das kann nicht angenommen werden, da die Störungsfaktoren, die das freie Spiel der Kräfte aufheben, im System selbst begründet liegen können. 7 Vgl. dazu Schmahl, Hans-Jürgen, Volkswirtschaftliche Probleme ..., a. a. 0 ., S. 13. 8 Vgl. über mögliche Beziehungen zwischen den Zielen Jöhr, W. A., und H. W. Singer, Die Nationalökonomie im Dienste der Wirtschaftspolitik, Göttingen 1957, S. 125 ff., bes. 130 ff. ferner auch Werner, Josua, Wohlstand, Freiheit und Gerechtigkeit, Zürich und St. Gallen 1951, S. 7 ff.
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
sem Zusammenhang taucht immer wieder die Frage auf, alle diese Schwierigkeiten, die sich aus der Krisenanfälligkeit des Bankensystems ergeben, durch seine Verstaatlichung zu beheben, ohne daß die übrigen Bereiche der Wirtschaft der Regulierung über den Markt- und Preismechanismus entzogen werden. Die Verstaatlichung des Bankenapparates hat auch in planwirtschaftliehen Überlegungen eine bedeutende Rolle gespielt. Für die weiteren Erörterungen kann jedoch der Aspekt, in welchem Umfang "die Sozialisierung" des Bankensystems sich als Vorstufe für die totale Planwirtschaft eignet und ob sie nicht der entscheidende Faktor darin ist, vernachlässigt werden9 • Vielmehr muß hier überprüft werden, wie der Staat seinen Einfluß auf die Kreditinstitute geltend machen könnte, wenn er alle Bankinstitute in seiner Hand hätte, um die Risiken einer für die Gesamtwirtschaft falsch orientierten Geschäftspolitik der einzelnen Kreditinstitute zu vermeiden. Das soll an folgenden möglichen Fällen und Situationen verdeutlicht werden: Die Banken können bei der Erfüllung attraktiver Kreditbegehren zwar nicht ihr Kreditvolumen beliebig ausdehnen; dennoch sind sie aber gerade im Konjunkturaufschwung in der Lage, die steigende Kreditnachfrage mit Hilfe der Geldschöpfung zu befriedigen. Insofern übt die Geldschöpfung einen verstärkenden Einfluß auf die gesamte Konjunkturbewegung aus; denn im Niedergang wirkt sich umgekehrt die Verminderung des Kreditvolumens ebenso beschleunigend aus10• Wenn die Banken an die Grenzen des Spielraums ihrer Kreditgewährung gelangen- was durch restriktive Maßnahmen der Notenbank noch beschleunigt wird - , müssen sie nicht mit einer Zinserhöhung reagieren, die die "marktgerechteste Methode der Anpassung"11 wäre, sondern sie können durch individuelle Regelungen, d. h. durch eine Kreditrationierung oder Kreditauslese, eine allgemeine Zinserhöhung umgehen12 • Die Kreditrationierung kann - so meint 9 Vgl. dazu Deumer, Robert, Die Verstaatlichung des Kredits, Berlin 1926; Halm, Georg, Artikel "Sozialisierung des Bankwesens", in: Handwörterb. d. Bankw., Hrsg. M. Palyi u. P. Quittner, Berlin 1933, S. 517 ff.; Marbach, Fritz, Die
Kreditschöpfung der Handelsbanken und das Postulat der Verstaatlichung des Kredits, Bern 1947; Tautscher, Anton, Bankenverstaatlichung, Salzburg 1946. 10 Vgl. dazu Jöhr, Walter Adolf, Die Konjunkturschwankungen Theoretische Grundlagen der Wirtschaftspolitik, Bd. II, Tübingen-Zürich 1952, S. 516 f. 11 Vgl. Veit, Otto, Die veränderte Währungspolitik, a. a. 0., S. 63. 12 Vgl. dazu Jöhr, Walter Adolf, Die Konjunkturschwankungen, S. 494; Pedersen, J0rgen, Credit Policy Reviewed, in: Weltwirtschaftliches Archiv, 67. Jg. 1951, Bd. II, S. 1 ff. Dort heißt es S. 4: "Contraction of credit is not effected by raising interest rates, but by rationing of credit to the customers, and the principle applied in this rationing is in the main, first, to supply old customers, and secondly to ration new credits according to their degree of soundness."
I. Die staatliche Einflußnahme auf das Bankensystem
65
Pedersen- aber zu einer unrationellen Verwendung der Kredite führen. Wenn nun schon die Kreditrationierung nicht zu umgehen ist, dürfte doch die Entscheidung darüber nicht den privaten Kreditbanken überlassen bleiben, sondern sie müßte dann von staatlichen Stellen vorgenommen werden13• Die Möglichkeit der Kreditrationierung, die den Banken gegeben ist, wäre dann ein weiterer Grund, der die Verstaatlichung des Kreditwesens rechtfertigen könnte.
Die Forderungen nach einer Verstaatlichung des Kreditwesens erhalten bei Bankenkrisen weiteren Auftrieb, da der Staat dann zu größeren Stützungsaktionen gezwungen ist, um die Ausweitung dieser Krisen zu verhindern. Es ist dabei unvermeidlich, daß der Staat, der öffentliche Gelder zur Sanierung der betroffenen Banken einsetzt, gleichzeitig größeren Einfluß auf das Geschäftsgebaren der Kreditinstitute im einzelnen zu nehmen versucht. Tautscher meint deshalb, daß diese Eingriffe in konsequenter Folge zur Übernahme der Kreditorganisation durch den Staat führen müssen14• Nun ist zweifellos die Erweiterung der staatlichen Eingriffe in Krisenzeiten eine Tatsache, die sich kaum vermeiden lassen wird. Ob allerdings in einem verstaatlichten Kreditwesen Bankenkrisen ganz ausgeschlossen werden können, bleibt fraglich. Wenn die Verstaatlichung des Bankwesens nicht die Vorstufe zum Aufbau einer zentral geleiteten Wirtschaft sein soll, wird sie mehr auf eine organisatorische Umwandlung des Kreditwesens hinauslaufen müssen. Die besondere Elastizität der Banken in der Marktwirtschaft wird dadurch nicht aufgehoben werden dürfen, da die Entwicklungsfähigkeit einer modernen Marktwirtschaft entscheidend von dem Funktionieren des Bankensystems abhängig ist. In Krisenzeiten wird die Sicherung des Kreditapparates und die einheitliche Ausrichtung eher zu ermöglichen sein, wenn der Staat den gesamten Bankenapparat direkt über Eigentumsrechte kontrollieren und lenken kann. Damit werden aber die Krisen nicht behoben werden können, da ihre Ursachen überwiegend gerade in der besonderen Stellung des Bankensystems in der Marktwirtschaft begründet liegen. Darüber hinaus wird der Einwand geltend gemacht, daß das Bankensystem seine Elastizität und Anpassungsfähigkeit an die marktwirt13 Vgl. Pedersen, J0rgen, Credit Policy Reviewed, a. a. 0., S. 7, er spricht dort diese Forderung aus: "I think ... that the rationing should be performed, not by the individual banks, but by the public authorities." 14 Vgl. dazu Tautscher, Anton, Bankenverstaatlichung, a. a. 0., S. 115 ; auch Hans Ritschl meint, daß " ... eine Verstaatlichung der Großbanken .. . durch die Stützungsaktionen des Reiches nahegelegt ist", er kommt jedoch zu dem Ergebnis, daß keine "zwingenden Gründe" für die Verstaatlichung sprechen; Grundlagen der Wirtschaftsordnung, Tübingen 1954, S. 87.
6 Buschmann
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
schaftliehen Erfordernisse durch die mit der Verstaatlichung steigende Bürokratisierung einbüßen könnte15• Der juristische Übergang aller Leitungsfunktionen im Bankensystem auf staatliche Organe und die damit verbundene Konzentration der direkten Weisungsbefugnisse wäre denkbar, ohne daß der marktwirtschaftliche Prozeß dadurch aufgehoben würde16• Allerdings werden damit die typischen Gefahren, die im System selbst begründet liegen, nicht beseitigt, das spezielle Bankrisiko wäre nur auf den Staat verlagert worden. Die Verstaatlichung des Kreditwesens ist wohl aus diesen Gründen trotz vieler Diskussionen in fast allen Ländern, die ein modernes, ausgebautes Bankensystem besitzen und deshalb auch von Bankenkrisen betroffen und bedroht sind, nicht verwirklicht worden. 2. B a n k e n a u f s i c h t a 1 s Z w i s c h e n 1 ö s u n g Wegen der Sonderstellung des Bankensystems in der Marktwirt~ schaft läßt sich eine laissez-faire-Politik im Bankwesen nicht durchsetzen. Die Verstaatlichung des Bankenapparates kann aber auch nur bedingt als Lösung angesehen werden, Bankenkrisen und darüber hinausgreifende Vertrauenskrisen auszuschalten, wenn in den anderen Bereichen der Wirtschaft marktwirtschaftliche Bedingungen aufrechterhalten werden sollen. Zwischen diesen beiden Lösungen ist die Bankenaufsicht "ein mittlerer Weg". Mit der Beaufsichtigung der Kreditinstitute werden die besonderen Bedingungen im Kreditwesen berücksichtigt und gleichzeitig die Nachteile, die eine Verstaatlichung mit sich bringen würde, umgangen. Unter der Bezeichnung Bankenaufsicht können verschiedene Formen der Einflußnahme auf das Bankensystem zusammengeiaßt werden. In der Einflußnahme der Notenbank kann eine Form der Bankenaufsicht erblickt werden, wie bereits mehrfach erwähnt worden ist. Diese Art der Bankenaufsicht erstreckt sich aber in erster Linie auf die Überwachung und Steuerung der Geldschöpfungstätigkeit des Bankensystems und ist genereller Natur. Gefahren für das gesamte Bankensystem können jedoch aus der Geschäftspolitik einzelner Banken erwachsen. Mit den Maßnahmen der Notenbank allein können diese Gefahren nicht verhindert werden. Die 15 Vgl. dazu SchmahZ, Hans-Jürgen, Volkswirtschaftliche Probleme ..., a. a. 0., S. 16. 16 SchmahZ, Hans Jürgen, Volkswirtschaftliche Probleme, a. a. 0 ., führt auf S. 14 zur Veranschaulichung den großen öffentlichen Sektor im deutschen Bankensystem an, der im Fall der hier beschriebenen Verstaatlichung gleichsam auf das gesamte Bankensystem ausgedehnt würde, bis er mit diesem identisch wäre.
I. Die staatliche Einflußnahme auf das Bankensystem
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quantitativen Maßnahmen der Notenbank müssen durch eine qualitative Einflußnahme, die mehr auf einzelne Banken und Bankengruppen ausgerichtet ist, ergänzt werden. Das geschieht durch die Bankenaufsicht im engeren Sinne. Mit dieser Überwachung der einzelnen Kreditinstitute sollen Kunden der Banken vor dem Verlust ihrer Einlagen geschützt werden. Indirekt wird damit die Politik zur Stabilerhaltung der Währung unterstützt. Vielfach wird der Einlegerschutz als die einzige Aufgabe der Bankenaufsicht angesehen, man wird jedoch die Unterstützung der Währungs- und Kreditpolitik daneben nicht übersehen dürfen. Entsprechend der Aufgabenstellung der Bankenaufsicht kann man sie sich nicht losgelöst denken von den jeweiligen Bankensystemen, die wiederum im Gesamtrahmen der Volkswirtschaften betrachtet werden müssen17• Die Bankenaufsicht weist daher von Land zu Land ganz bestimmte Eigenarten auf. Gemeinsam ist jedoch allen Bankenaufsichtsregelungen, daß sie eine Antwort auf vorhergegangene Krisen sind und die Wiederholung dieser Krisen zu vermeiden suchen18• An den Bankenaufsichtsgesetzen kann man sehr deutlich ablesen, wie die "Art des Bewußtwerdens" der Krisen, "der Zeitpunkt und der jeweilige Erlebnishorizont" ihre Gestaltung beeinflußt hat19• So ist z. B. die Bankenaufsicht in den Vereinigten Staaten ganz anders geregelt als in den meisten europäischen Ländern. Sie beruht auf verschiedenen Rechtsquellen der Einzelstaaten und des Bundes und wird dementsprechend von verschiedenen Stellen ausgeübt. Die starke Dezentralisierung der Bankenaufsicht, die zu vielen Überschneidungen führt, ist ein besonderes Kennzeichen der amerikanischen Bankenaufsicht. Diese Eigenarten der Bankenaufsicht in den USA müssen im Zusammenhang mit dem Aufbau des amerikanischen Bankensystems und vor dem Hintergrund der geschichtlichen Entwicklung der Vereinigten Staaten gesehen werden. Das ausgeprägte Selbständigkeitsgefühl der Einzelstaaten und die daraus resultierende Skepsis gegenüber zentralistischen Tendenzen auf allen Gebieten, hat entscheidend auch zum dezentralen Aufbau der Bankenaufsicht beigetragen20• 17 Vgl. Zahn, Johannes C. D., Die Bankaufsichtsgesetze der Welt, Berlin und Leipzig 1937, S. XI; Sobbe, Herbert, Probleme der deutsch. Bankaufsicht unter Berücksichtigung der Bankaufsichtsverhältnisse in den USA, Frankreich und England, Diss. Bonn 1952, S. 8. 18 Vgl. Fischer, Otto Chr., Die staatliche Bankaufsicht, Dokument Nr. 5 der Internat. Handelskammer, Basel 1939, S. IV; Zahn, Job. C. D., Die Bankaufsichtsgesetze der Welt, a. a. 0., S. XI. 19 Vgl. Voigt, Fritz, Unternehmungszusammenschlüsse (III), a. a. 0., S. 567 f. 20 Zu allgemeinen Fragen der amerikanischen Bankenaufsicht und zu ihrer Entwicklung vgl. u. a. Hammond, Bray, Historical Introduction, in: Banking Studies, Hrsg. Members of the Staff Board of Governors of the Federal
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
In Europa bildet England eine Ausnahme, weil die Bankenaufsicht dort überhaupt nicht gesetzlich geregelt ist. Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß sich die englischen Banken traditionsgemäß viel stärker an gewisse Prinzipien in der Geschäftsgebarung gebunden fühlen, die eine gesetzliche Regelung entbehrlich machen. Zudem übt die Bank von England auf Grund ihrer führenden Stellung im englischen Bankensystem in vieler Hinsicht praktisch eine Art Bankenaufsicht aus. In einigen anderen Ländern wird diese Bankenaufsicht im engeren Sinne auch von der Notenbank direkt ausgeübt, während sie in anderen Ländern besonders geschaffenen Institutionen oder Abteilungen einzelner Ministerien übertragen worden ist21 • Die Beaufsichtigung der Kreditinstitute ist nicht der einzige Weg, der zum Schutz der Einleger und zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Bankensystems beschritten worden ist. Daneben sind staatliche Garantien, die Solidarhaftung aller Kreditinstitute oder die Versicherung der Depositen eingeführt worden22 • Mit der Beaufsichtigung allein können nicht alle Krisen abgewehrt werden; die Bankenaufsicht müßte zu diesem Zweck schon sehr weit in die Geschäftspolitik der einzelnen Banken eingreifen, was am Ende einer Verstaatlichung sehr nahe käme. Es ist deshalb vorgeschlagen worden, daß die Beaufsichtigung der Banken durch die anderen Einrichtungen ergänzt werden muß; denn im Zusammenwirken aller dieser Instrumente können "Zahlungsstockungen, mangelhafte Kreditversorgung und ein unerwarteter Entzug von Krediten" 23 besser aufgefangen werden24 • Die unterReserve System, Washington 1941, S. 5 ff.; Wyatt, Walter, Federal Banking Legislation, in: Banking Studies, a. a. 0., S. 39 ff.; Pautger, Leo H., Policy and Procedure in Bank Examination, in: Banking Studies, a.a.O., S. 213 ff.; v. Diest, Walther, Die gesetzliche Berichterstattung und die Publizität der Commercial banks in den Vereinigten Staaten, Diss. Harnburg 1960, S. 13 ff.; Sobbe, Herbert, Probleme der deutschen Bankaufsicht ..., a. a. 0., S. 48 ff.; HeroLd, W., Bankenaufsicht in Amerika, in : Der Volkswirt, Jg. 1950, Nr. 34, S. 14 ff. Träger der Bankenaufsicht sind in den Vereinigten Staaten: der Camptroller of the Currency, das Federal Reserve System, die Federal Deposite Insurance Corporation, die Reconstruction Finance Corporation und die Aufsichtsorgane der Einzelstaaten; vgl. die Übersicht über ihre Zuständigkeitsbereiche bei Leonard, Robert F., Supervision of the Commercial Banking System, in: Banking Studies, a. a. 0., S. 199. 21 Vgl. Eicke, Rudolf, Artikel "Bankenaufsicht", in: Handwörterb. d. Sozialwiss., Bd. 1, Stuttgart-Tübingen-Göttingen 1956, S. 563; Zahn, Johannes, C. D., Die Bankaufsichtsgesetze der Welt, a. a. 0.; Fischer, Otto Chr., Die Staatliche Bankaufsicht, a. a. 0. 22 Vgl. Sobbe, Herbert, Probleme der deutschen Bankaufsicht .. ., a. a. 0.,
s. 7.
Vgl. KWG-Entwurf, a. a. 0., Begründung S. 19. Im Zusammenhang mit den Beratungen über das neue Kreditwesengesetz wurde die Erweiterung der Bankenaufsicht in dieser Weise diskutiert und vorgeschlagen u. a. von Gnam, Arnulf, Eine Lücke im Kreditwesenge23
24
I. Die· staatliche Einflußnahme auf das Bankensystem
69
schiedliche Regelung der Bankenaufsicht zu verschiedenen Zeiten und in den verschiedenen Ländern ist entscheidend durch die Haltung des Staates zum Kreditwesen bestimmt worden. Es bleibt zu untersuchen, wie sich die Zielsetzungen der allgemeinen Wirtschaftspolitik eines Staates in dem Aufbau und in der Tätigkeit der Bankenaufsicht widerspiegeln. Das soll am Beispiel der deutschen Bankenaufsichtsregelung dargestellt werden. Sobald die Bankenaufsicht über eine reine Bestandsaufnahme hinausgeht - die als solche zur Beurteilung der Situation und als Vorstufe für weitere Maßnahmen sehr wichtig ist - , aber allein nicht als eine wirksame Einflußnahme zur Vermeidung von Krisen und zum Schutz der Einleger angesehen werden kann, kann sie den Charakter einer "Gewerbepolizei" 25 haben oder bis zur Beeinflussung der eigentlichen bankgeschäftliehen Tätigkeit unter konjunkturpolitischen Gesichtspunkten reichen28 • Wenn man von einer Marktwirtschaft ausgeht, dürften der Bankenaufsicht jedoch nicht mehr als "gewerbe- oder ordnungspolizeiliche Funktionen" zuzuerkennen sein. An dem neuenGesetz über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 soll deutlich gemacht werden, was darunter verstanden wird. In diesem Gesetz werden "allgemeine gesetzliche Ordnungsvorschriften für die innere Struktur der Kreditinstitute, insbesondere für die Kapitalausstattung und die Liquidität sowie für eine solide Geschäftsführung"27 aufgestellt. Mit diesen Vorschriften soll die Grundlage für eine Geschäftspolitik der Banken gelegt werden, die nach Möglichkeit Gefahren von dieser Seite von vornherein ausschaltet. Einer besonderen Behörde wird aufgetragen, die laufende Geschäftspolitik der Kreditinstitute zu überwachen und darauf zu achten, daß die Bestimmungen des Gesetzes eingehalten werden. Die Sicherung des Kreditsetzentwurf, a. a. 0., S. 374; Meyer, Fritz W., Weiterhin Zinsdirigismus?, a. a. 0., S. 11 ff.; Zimmerer, Carl, Probleme des neuen Kreclitwesengesetzes, in: Zeitschr. f. Betriebswirtsch., 30. Jg. 1960, Nr. 10, S. 640; der Wirtschaftsausschuß des Bundestages hat ebenso am 1. März 1961 die Bundesregierung ersucht zu prüfen, "ob und gegebenenfalls in welcher Weise die Sicherheit der Einlagen bei Kreditinstituten durch Schaffung allgemeiner Sicherungseinrichtungen, z. B. eines Garantiefonds für Einlagen oder eine Einlagenversicherung verbessert werden sollte". Vgl. Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode, Drucksache 2563, Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über das Kreditwesen- Drucksache 1114- S. 2. 25 Der Vergleich der Bankenaufsicht mit einer Gewerbe- oder Ordnungspolizei im Kreditwesen kommt in der Bankenaufsichtsliteratur häufiger vor. Auch in den Begründungen zum Kreditwesengesetz ist er zu finden. Vgl. KWG-Entwurf, Stellungnahme des Bundesrates, a. a. 0., S. 50. 26 Vgl. Zahn, Johannes C. D., Die Bankaufsichtsgesetze der Welt, a. a. 0 ., S.XVI. 27 Vgl. KWG-Entwurf, Begründung, a. a. 0 ., S. 20.
D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
70
wesens wird angestrebt, ohne daß von seiten dieser Behörde auf die Geschäftspolitik direkt Einfluß genommen wird, d. h. die bankunternehmerische Entscheidung soll nicht von staatlichen Stellen übernommen werden. Es ist jedoch offensichtlich, daß die Bankenaufsicht dieser Art sehr stark auf den guten Willen und die Mitarbeit der Banken angewiesen ist, wenn Fehlentwicklungen, Gefahren und Zusammenbrüche verhindert werden sollen. Es wird auch nicht zu vermeiden sein, daß infolge unredlicher Geschäftsführung Banken in Gefahr geraten. In solchen Fällen wird es notwendig sein, daß die Bankenaufsicht über diesen gesetzten Rahmen hinaus ausgedehnt wird. Solche Einschränkungen der Betätigungsfreiheit der Banken werden jedoch die Ausnahme bilden müssen, wenn der Charakter der Bankenaufsicht als "Gewerbepolizei" erhalten bleiben soll. Auch wenn es nicht möglich ist, mit dieser Art der Bankenaufsicht alle Gefahren auszuschalten, so hat sie doch ihre Bedeutung, die nicht so sehr in einzelnen Bestimmungen und darin zu sehen ist, "wie" die Überwachung ausgeübt wird, sondern mehr darin, "daß" die Banken überhaupt einer Beaufsichtigung unterstellt sind. Schon bei einer marktwirtschaftliehen Konzeption der Wirtschaftspolitik kann es aus den oben angeführten Gründen notwendig sein, der Bankenaufsicht Rechte und Eingriffsbefugnisse zu gewähren, die über den Rahmen einer "gewerbepolizeilichen Bankenaufsicht" hinausgehen. Der Charakter der Bankenaufsicht wird jedoch entscheidend verändert, wenn diese Erweiterung des Aufsichtsbereiches mit der Absicht durchgeführt wird, allgemeinen wirtschaftspolitischen Interessen des Staates im Bankensystem mehr Geltung zu verschaffen. Das wird deutlich an den Veränderungen der Bankenaufsicht in der nationalsozialistischen Wirtschaft. Schon in der Verordnung auf Grund des Artikels 48 der Weimarer Reichsverfassung (Notverordnung) vom September 1931 wurde bestimmt, daß die Interessen der Gesamtwirtschaft auch in der Bankpolitik entspechend zu berücksichtigen seien. Dieser Gedanke kehrte dann in § 32 des Kreditwesengesetzes in der Fassung von 1934 wieder. Dort wurde gefordert, daß allgemeinwirtschaftliche Gesichtspunkte in der Bankpolitik beachtet werden müßten, und es wurde der Bankenaufsicht übertragen, dafür zu sorgen, daß diese Zielsetzungen verwirklicht wurden28 • Das bedeutete, daß die Bankenaufsicht praktisch zum Kreditlenkungsinstrument wurde und unter allgemeinen wirtschaftlichen Gesichtspunkten direkt in die Kreditverteilung eingreifen konnte. Auf Grund ihrer Konstruktion war sie dazu 28 Vgl. Steinert, Herbert, Die Bankenaufsicht als Problem des Verwaltungsrechts und der Verwaltungspraxis, in: Schmollers Jahrbuch, 75. Jg. 1955, Nr. 4,
s.
76.
II. Die Bedeutung für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht
71
auch in der Lage. Die Bankenaufsicht diente nicht mehr in erster Linie dem Schutz der Einleger und der Sicherung des Bankensystems, sondern sie war vorwiegend ein Instrument, das dazu benutzt wurde, das gesamte Kreditwesen der Regierungskontrolle direkt zu unterstellen29 • Am Ende kam diese Politik einer Verstaatlichung des Kreditwesens sehr nahe. Ein besonderes Problem entsteht bei einer so weitgehenden Kreditlenkung in der Risikoübernahme. Das gilt besonders für die Kreditaktionen, die auf die Initiative der Bankenaufsicht zurückgehen und für deren Sicherheit die einzelnen Banken die Garantie nicht mehr übernehmen können. In diesen Fällen würde die Sicherheit des Bankensystems durch die Politik des Staates gefährdet. Eine solche Ausdehnung der Bankenaufsicht läßt sich jedoch nicht mit marktwirtschaftliehen Grundsätzen in Einklang bringen. Mit marktwirtschaftliehen Bedingungen ist allein eine Bankenaufsicht vereinbar, die den Charakter einer "Gewerbepolizei" hat.
ll. Die Bedeutung der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht Nachdem das Wesen und die Eigenarten der Bankenaufsicht grundsätzlich geklärt worden sind, kann jetzt untersucht werden, welche Rolle die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im Rahmen der Bankenaufsicht spielen. Dabei wird das deutsche System der Bankenaufsicht zugrunde gelegt werden. Das schließt jedoch nicht aus, daß an entsprechenden Stellen auf Parallelen und Abweichungen in anderen Ländern hingewiesen wird. Die Beschränkung auf das deutsche System der Bankenaufsicht ist nicht zuletzt auch deswegen berechtigt, weil die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in Deutschland sehr weitgehend in die Bankenaufsicht einbezogen worden sind. Die Problematik det' Vereinbarungen und Zusammenschlüsse unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht wird deshalb hier besonders sichtbar. 1. Die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse
im System der Bankenaufsicht In den vorhergehenden Ausführungen wurde schon deutlich, daß unter Bankenaufsicht nicht nur eine reine Beaufsichtigung der Kreditinstitute zu verstehen ist, sondern daß darunter sehr verschiedene Maßnahmen zur Sicherung des Bankensystems und zum Schutz der Einleger 28 Vgl. Halm, George N., Wirtschaftssysteme, Berlin 1960, S. 262 ff., insbes. S. 275 f.; Stucken, Rudolf, Deutsche Geld- und Kreditpolitik, a. a. 0., S. 104 ff.
72
D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
fallen. In den Bankenaufsichtssystemen der verschiedenen Länder haben diese Maßnahmen auch eine unterschiedliche Bedeutung erlangt. Es sei hier nur an das Beispiel der Einlagenversicherung erinnert, die in den Vereinigten Staaten eine große Rolle spielt. In Deutschland beruht die Bankenaufsicht einmal auf der Beaufsichtigung der bankgeschäftliehen Tätigkeit. Die Beaufsichtigung regelt u. a. die Eigenkapitalausstattung und die Liquidität der Kreditinstitute. Sie erstreckt sich weiterhin auf denErlaß von Richtlinien für die Kreditgebarung, besonders über die Streuung der Kredite und über Großkredite, ferner auf Publizitätsvorschriften und auf besondere Anforderungen für den Spar- und Zahlungsverkehr. Diese Beaufsichtigung wird laufend ausgeübt durch Prüfungen, Anforderungen von Auskünften, Einsichtnahme in die Unterlagen und nicht zuletzt durch den Einfluß auf die Auswahl der leitenden Persönlichkeiten eines Kreditinstitutes30. Die Einflußnahme auf den Wettbewerb zwischen den Kreditinstituten, und zwar durch Zulassungsbeschränkungen bei Neugründungen und bei der Eröffnung von Zweigstellen, ist ein weiterer Gegenstand der deutschen Bankenaufsicht. Diese Regelung des Wettbewerbs ist unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht deshalb so wichtig, weil dadurch verhindert werden kann, daß die Banken im gegenseitigen Unterbieten eine Rentabilitätsgrenze unterschreiten, bei der eine Reservenbildung nicht mehr möglich ist, die aber u. a. Voraussetzung ist für die Sicherheit des Bankenapparates. Aus diesem Grunde sind in viele Bankenaufsichtsgesetze Vorschriften aufgenommen, die den Zugang zum Kreditwesen Beschränkungen unterwerfen31• Dabei ist die Zulassung nicht nur an Voraussetzungen gebunden, die von den Bewerbern selbst erfüllt werden können, wie z. B. die persönliche und fachliche Qualifikation der Bankleiter oder die genügende Ausstattung mit Eigenkapital, sondern in den verschiedenen Bankenaufsichtsregelungen ist weiterhin vorgesehen, daß die Erlaubnis für die Errichtung, Erweiterung und Verschmelzung von Kreditinstituten abhängig gemacht werden kann von einem örtlichen und gesamtwirtschaftlichen Bedürfnis, wie das u . a. in Deutschland der Fall war. 30
Vgl. dazu die entsprechenden Vorschriften des Kreditwesengesetzes von
1934 und die des Gesetzes vom 10. 7. 1961.
31 In Schweden, Finnland, Norwegen, Chile, Portugal und den USA wird die Betriebserlaubnis von örtlichen und gesamtwirtschaftlichen Verhältnissen abhängig gemacht. Dagegen sind in England keine Beschränkungen dieser Art vorhanden, relativ frei sind Bankgründungen auch in Belgien. Vgl. dazu Pandtle, Manfred, Bankenaufsicht in der Marktwirtschaft, insbesondere das Problem der Reform des Kreditwesengesetzes von 1934 im internationalen Vergleich, S. 118 f.
II. Die Bedeutung für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht
73
Wie weit sich diese Bedürfnisprüfung mit einer Bankenaufsicht gewerbepolizeilichen Charakters vereinbaren läßt, ist eine Frage, die nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern im Gesamtrahmen der Regelung des Wettbewerbs im Kreditwesen gesehen werden muß. Deshalb wird im letzten Hauptabschnitt dieser Arbeit diese Frage im Zusammenhang mit allgemeinen Wettbewerbsproblemen im Kreditwesen, insbesondere mit der Konditionenregelung noch grundsätzlich zu erörtern sein. Für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht ist jedoch nicht nur die Beeinflussung des Wettbewerbs durch Schließung des Marktes, sondern ebenso die Festsetzung der Konditionen und die Regelung allgemeiner Wettbewerbsfragen bedeutsam. Erst im Zusammenspiel gelangen diese Maßnahmen zu ihrer vollen Wirksamkeit. Die reine Beaufsichtigung der Kreditinstitute, das Konzessionierungssystem und die Abkommen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen bilden deshalb die Grundlagen der deutschen Bankenaufsicht32 , die 1931 durch Verordnung des Reichspräsidenten auf Grund des Art. 48 der Weimarer Verfassung für alle Kreditinstitute allgemein eingeführt wurde. Obwohl es an Versuchen und Vorschlägen für eine Beaufsichtigung der Banken vorher nicht gefehlt hat83 , waren bis dahin doch nur die privaten Hypothekenbanken einer Sonderaufsicht und die öffentlichen Kreditinstitute einer Staatsaufsicht unterstellt gewesen. Die Ermächtigung, die dem Bankenkommissar in dieser Verordnung erteilt wurde, nämlich die Zinsen und Provisionen im Kreditwesen festsetzen zu können, falls sich die Spitzenverbände der Kreditinstitute nicht über eine Konditionenregelung einigen konnten, ist aber nicht nur für die damalige Politik der Zinssenkung bedeutsam gewesen, sondern gerade auch für die Bankenaufsicht. Daß die "kartellartigen Vereinbarungen" über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen so weit in das System der deutschen Bankenaufsicht einbezogen worden sind, muß vor dem Hintergrund der Entwicklung dieser Vereinbarungen gesehen werden. Auch in anderen Ländern sind Zinsfestsetzungen vorgenommen worden, jedoch sind diese Regelungen nicht so weitgehend in die Bankenaufsicht einbezogen worden, wie das in Deutschland der Fall ist. So gibt es z. B. in den Vereinigten Staaten nur eine Zinsregelung34 für 32 Vgl. dazu Muthesius, Volkmar, Zum alten Eisen, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 8. Jg. 1955, Nr. 10, S. 323. 33 Vgl. dazu die Übersicht bei Paersch, Fritz, Maßnahmen des Staates . .. ,
a. a. 0 ., S. 5 f. 34
Vgl. Annuat Report of the Board of Governors of the Federat R eserve forty-second: Covering the Operations for the year 1955, S. 75;
System,
74
D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
das Passivgeschäft, und zwar werden für Spargelder und Termineinlagen Höchstsätze direkt durch den "Board of Governors of the Federal Reserve System" festgelegt, für Sichteinlagen werden überhaupt keine Zinsen gezahlt. Die Regelung gilt aber nur für die Mitgliedsbanken des Federal Reserve System und in ähnlicher Form für die Nichtmitgliedsbanken, die ihre Einlagen versichern müssen. Daneben bestehen in den Einzelstaaten noch andere Zinsregelungen, mit denen diese festgesetzten Zinssätze in Verbindung gebracht werden. Nach der "Regulation Q" des Board of Governors aus dem Jahre 1933 dürfen nämlich die Einlagesätze der Mitgliedsbanken und der versicherten Nichtmitgliedsbanken die Sätze, die für die "State banks" festgesetzt worden sind, nicht überschreiten. Dadurch wird das gesamte Zinsgefüge im Bund und in den Einzelstaaten einander angeglichen. Diese Regelung der Zinsen hängt mit dem dezentralen Aufbau des amerikanischen Bankensystems zusammen, sie hat jedoch auch eine Einschränkung des Wettbewerbs um die Einlagen zur Folge und kann insofern gleichzeitig als eine Stabilisierungsmaßnahme im System der amerikanischen Bankenaufsicht verstanden werden. Eine weitreichende Zinsregelung hat in Europa noch Schweden aufzuweisen, seitdem dort 1951 ein Zinsgesetz verabschiedet worden ist35• Allerdings wird die Festsetzung von Maximalsätzen im Aktivgeschäft und von Minimalsätzen im Passivgeschäft direkt von der Notenbank vorgenommen und dient in erster Linie einer "Politik der niedrigen Zinssätze" im Rahmen der Kreditpolitik der Notenbank. Als ein weiteres Beispiel für eine staatliche Zinsregelung soll die Tschechoslowakei hervorgehoben werden, weil dort schon 1933 ein Zinsfußgesetz erlassen wurde, das die Regelung der Bankkonditionen ermöglichte. Durch die politische und wirtschaftliche Entwicklung ist dieses Gesetz aber inzwischen überholt36 • In England37 kennt man lediglich freiwillige Vereinbarungen über die Passivzinsen. Da es dort aber eine Bankenaufsicht im üblichen Sinne nicht gibt, sind diese Vereinbarungen ein reines gentleman's agreement geblieben, daß für die Regelung des Wettbewerbs unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht keine Bedeutung erlangt hat. Diese forty-third: Covering the Operations for the yea r 1956, S. 89; ferne r die übersieht über die "Banking Regulations issued by Federal Supervisory or quasisupervisory agencies" (hier: Regulation Q), in: Banking Studies, a. a. 0., S. 462, und auch Veit, Otto, Die veränderte Währungspolitik . .. , a. a. 0., S. 89 f. 35 Vgl. Helander, Sven, Ein Zinsgesetz in Schweden, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 5. Jg. 1952, Nr. 1, S. 25 ff. 36 Vgl. Zahn, Johannes C. D., Die Bankaufsichtsgesetze der Welt, a . a. 0., s. 480 ff. 37 Vgl. Veit, Otto, Die veränderte Währungspolitik . . ., a . a. 0., S. 72 ff.
II. Die Bedeutung für die Zielsetzungen der BankenaUfsicht
75
Absprachen sind allerdings bedeutsam im Zusammenhang mit den Veränderungen der Bankrate. Diese Hinweise mögen genügen, um zu zeigen, daß die Vereinbarungen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen in Deutschland am weitgehendsten in das System der Bankenaufsicht einbezogen worden sind. Die Abkommen müssen aber unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht im Zusammenhang mit den anderen Instrumenten der Bankenaufsicht gesehen werden. 2. D i e B e d e u t u n g d e r V er e i n b a r u n g e n u n d Zusammenschlüsse bei einer weitgehenden staatlichen Kontrolle und Lenkung des Bankensystems Die besonderen Schwierigkeiten, die sich aus einem starken Wettbewerb im Kreditwesen ergeben, haben denAnstoß gegeben zu den kartellartigen Vereinbarungen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen, zugleich sind sie aber auch in den Mittelpunkt staatlicher Maßnahmen zur Sicherung des Kreditwesens gerückt. Im folgenden soll nun gezeigt werden, welche Bedeutung die kartellartigen Vereinbarungen und die Zusammenschlüsse als Instrumente derjenigen staatlichen Wirtschaftspolitik erlangen können, die eine weitgehende Lenkung und Kontrolle des gesamten Bankensystems zum Ziele hat. Auf diese Weise soll einmal das Ausmaß sichtbar gemacht werden, in dem die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in die Bankenaufsicht einbezogen worden sind, zum anderen soll aber auch die Frage beantwortet werden, ob die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse nur in einer solchen Wirtschaftspolitik ihren Platz haben und mit einer marktwirtschaftliehen Konzeption der Wirtschaftspolitik und einer entsprechenden gewerbepolizeilichen Bankenaufsicht nicht zu vereinbaren sind. Dabei wird von der interventionistischen Wirtschaftspolitik ausgegangen werden, wie sie im Kreditwesengesetz von 1934 ihren Ausdruck findet. Anschließend soll die Problematik der Einbeziehung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse aufgerollt werden, die bei der Neufassung des Kreditwesengesetzes vom 10.7.1961 deutlich geworden ist. Diese Darstellung ergibt sich nicht nur aus der zeitlichen Aufeinanderfolge der beiden unterschiedlichen Konzeptionen der Wirtschaftspolitik, sondern sie ist auch der Sache nach gerechtfertigt. Die interventionistischen Strömungen, die in der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik besonders zutage treten, stehen in einem echten Gegensatz zur heutigen marktwirtschaftliehen Konzeption der Wirtschaftspolitik, die in der Neufassung des Kreditwesengesetzes vom 10.7.1961 ihren entsprechenden Ausdruck findet.
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
Die Verminderung des Konkurrenzdruckes und die Senkung des allgemeinen Zinsniveaus sind der Hauptanlaß zu den Bestrebungen des Staates gewesen, Vereinbarungen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen unter den Verbänden des Kreditwesens herbeizuführen. Diese ursprüngliche wettbewerbspolitische Zielsetzung ist aber mit der Zeit immer stärker von weitergehenden Zielsetzungen der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik überdeckt worden. Die Veränderungen im Charakter der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse können nicht isoliert betrachtet werden, sondern müssen im Zusammenhang mit der Ausdehnung der Bankenaufsicht über den ursprünglich gesetzten Rahmen hinaus gesehen werden. Die Verordnung des Reichspräsidenten, mit der in Deutschland die Bankenaufsicht allgemein eingeführt wurde, enthält auch die Ermächtigung an den Bankenkommissar, den Abschluß von Zinsvereinbarungen herbeizuführen. Die Befugnisse aus dieser Ermächtigung gingen später auf das Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen- und nach der veränderten Fassung des Kreditwesengesetzes auf den Reichswirtschaftsminister - über38• Das Kreditwesengesetz von 1934 knüpft an die bereits eingeführten "Maßnahmen des Staates hinsichtlich einer Beaufsichtigung und Reglementierung des Bankwesens" 39 an, aber in der grundsätzlichen Zielsetzung besteht ein bedeutender Unterschied. Dem Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen wurde sein Einflußbereich nicht nur unter den Gesichtspunkten der Sicherung und Stabilisierung des Bankenapparates belassen, sondern ausdrücklich mit der Absicht übertragen, "für die Beachtung allgemeinwirtschaftlicher Gesichtspunkte in der allgemeinen Kredit- und Bankpolitik ... " 40 Sorge zu tragen. Alle Vorschriften und Einrichtungen des Gesetzes müssen unter diesem Leitgedanken gesehen werden, der nicht als eine unverbindliche Generalklausel ohne praktische Bedeutung verstanden werden darf. Vielmehr sind die Vorschriften des Gesetzes tatsächlich entsprechend aus38 Vgl. dazu § 36 KWG der ursprünglichen Fassung und der geänderten Fassung vom 25. 9. 1939 und die Änderungsverordnungen vom 23. 7. 1940 und vom 18. 9. 1944, abgedruckt bei Consbruch, Johannes, und Möller, Annemarie, Gesetz über das Kreditwesen mit verwandten und zugehörigen Vorschriften, 3. durchgesehene Aufl., München u. Berlin 1958, S. 43 und S. 21 ; ferner die älteren Auflagen. 39 Titel des Referats Il/3 im Untersuchungsausschuß für das Bankwesen, 1933, von Fritz Paersch. 40 Vgl. § 32 der alten Fassung des KWG. Nach § 30 der neueren Fassung wurde diese Befugnis dem Reichswirtschaftsminister übertragen; vgl. Consbruch, Johannes, und Möller, Annemarie, Gesetz über das Kreditwesen mit verwandten und zugehörigen Vorschriften, 3. durchgesehene Aufl., München und Berlin 1958, S. 21.
II. Die Bedeutung für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht
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geführt und gehandhabt worden, soweit die Rahmenbestimmungen durch Erlaß von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften (auf Grund der Ermächtigung des § 56 KWG von 1934) ausgefüllt worden sind. Für die Abkommen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen folgte daraus, daß sie immer stärker zu einem staatlichen Regulierungsinstrument in der Zinspolitik wurden. Der ursprüngliche Inhalt einer Wettbewerbsregelung zwischen den Verbänden der Institutsgruppen verblaBte dagegen ganz. Diese Entwicklung wird noch dadurch unterstrichen, daß das Zustandekommen der Vereinbarungen nicht mehr an die Einstimmigkeit der Mitglieder gebunden war. Nach der neuen Regelung konnten die Beschlüsse durch die Bankenaufsicht bereits für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn nur ein Mehrheitsbeschluß über die Regelung der Konditionen im Zentralen Kreditausschuß erzielt werden konnte. Der dezentrale Charakter der Abkommen wurde sehr stark dadurch abgeschwächt, daß die regionalen Kreditausschüsse, die die Konditionen in den verschiedenen Gebieten gesondert festlegten, aufgelöst wurden. In der organisatorischen Zentralisierung der Abkommen kommt der Wille zu einer strafferen, einheitlichen Beeinflussung der Bankkonditionen deutlich zum Ausdruck. Die weitgehenden Regelungen, die mit dem Erlaß des Kreditwesengesetzes von 1934 eingeführt wurden, und der stärkere staatliche Druck, der auf die Verbände ausgeübt wurde, haben aber auch zu einer Bereinigung vieler alter ungelöster Wettbewerbsprobleme zwischen den verschiedenen Institutsgruppen beigetragen. Die Möglichkeiten der Beeinflussung durch die Bankenaufsicht waren auch dadurch verbessert worden, daß mit dem Erlaß des Kreditwesengesetzes die Grundlage für eine Beaufsichtigung aller Kreditinstitute geschaffen worden war. Die vorhergegangene Aufsicht, die sich noch auf die Notverordnung gründete, bezog sich nur auf Kreditbanken, womit vorwiegend die Gruppe des "privaten Bankgewerbes" erfaßt wurde. Die Regelung des Wettbewerbs im Kreditwesen kann aber als ein zusätzliches Ergebnis angesehen werden. In erster Linie ist die Einbeziehung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in die Bankenaufsicht mit der Absicht vorgenommen worden, ein Instrument zur staatlichen Lenkung und Kontrolle des Bankensystems im Sinne der damaligen Wirtschaftspolitik zu schaffen. Es lag im Zuge dieser Entwicklung, daß die ursprüngliche Form der Konditionenregelung verändert und die Mitwirkung der verbandsmäßigen Zusammenschlüsse der verschiedenen Institutsgruppen immer weiter ausgeschaltet worden ist. Die Vereinbarungen zwischen den verschiedenen Verbänden sind so "nur (noch) das Substrat, das durch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung zum
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
materiellen Inhalt einer die Institute bindenden Verwaltungsanordnung wurde" 41 • Die Verbände der verschiedenen Institutsgruppen wurden ebenso organisatorisch umgewandelt, und zwar in "Fach- und Wirtschaftsgruppen des Bankgewerbes". Das Entscheidende an dieser Veränderung ist, daß die marktwirtschaftliehen Zielsetzungen, die für die Wirtschaftsverbände charakteristisch sind und den Ausgangspunkt für die Verbandsbildung darstellen, damit wegfielen. Die Verbände wurden zu "Marktordnungsverbänden", die als "Mittel der politischen Marktgestaltung" dienten42• AmBeispielder nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik sollte gezeigt werden, wie die Bedeutung der Vereinbarungen über Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen und der verbandsmäßigen Zusammenschlüsse gerade darin erblickt werden kann, daß sie ein geeignetes Instrument darstellten,denBankenapparatzulenken und zu kontrollieren. So war es möglich, das Bankensystem den Zielsetzungen der damaligen Wirtschaftspolitik unterzuordnen, ohne daß der Aufbau des Kreditwesens entscheidend verändert werden mußte; d. h. die Verstaatlichung des Kreditwesens konnte vermieden werden. Die Tatsache, daß sich durch "die kleine Lösung" die "große Lösung" 43 erübrigte, ist deshalb immer wieder ein entscheidender Grund gewesen für die Forderungen nach Abbau der wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen der Bankenaufsicht, mit anderen Worten, nach. einer "Liberalisierung" der Bankenaufsicht44 • Ob allerdings aus dem Zinsdirigismus der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik bereits der Schluß gezogen werden kann, daß die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in einer marktwirtschaftliehen Konzeption der Wirtschaftspolitik und einer ihr entsprechenden gewerbe41 Dermitzel, G., Die "Zinsabkommen" und ihr Einfluß auf den Wettbewerb unter den Kreditinstituten, in: Wirtschaft und Wettbewerb, 5. Jg. 1955, Nr. 12, S. 737; vgl. ferner Veit, Otto, Die veränderte Währungspolitik ..., a. a. 0., s. 134. 42 Voigt, Fritz, Die Wandlung der Marktordnungsverbände ..., a. a. 0., s. 140 f. 43 Die Bezeichnungen "kleine und große Lösung" tauchten in den Diskussionen um die Vorschläge der Enquete-Ausschüsse auf. Dabei ist mit "kleiner Lösung" die Einführung der Bankenaufsicht gemeint, d. h. die reine Beaufsichtigung der Kreditinstitute, die Zulassungsbeschränkungen und die Regelung der Konditionen und allgemeiner Wettbewerbsfragen. Die "große Lösung" hätte die Verstaatlichung des Bankensystems bedeutet. Vgl. Muthesius, Volkmar, Zum alten Eisen, a. a. 0., S. 324. 44 Vgl. dazu u. a. Muthesius, Volkmar, Zum alten Eisen, a . a. 0., S. 323 ff., bes. S. 325; ferner auch Meyer, Fritz W., Weiterhin Zinsdirigismus, a. a . 0.; Achterberg, Erich, Gesunde Konkurrenz, in: Zeitschrift f. d. ges. Kreditw., 8. Jg. 1955, Nr.l7, S. 639 ff.; Linhardt, Hanns, Die deutsche Kreditpolitik unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbs, in: Wirtschaft und Wettbewerb, 6. Jg. 1956, Nr. 5, S. 315 ff.
II. Die Bedeutung für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht
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polizeilichen Bankenaufsicht ihren Sinn und ihre Berechtigung verloren hätten, wenn nicht überhaupt als systemwidrig anzusehen sind, ist eine Frage, die im nächsten Abschnitt näher behandelt werden soll. 3. D i e P r ob l e m a t i k u n d d i e B e d e u t u n g der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in einer marktwirtschaftliehen Konzeption der Wirtschaftspolitik und einer entsprechenden "gewerbepolizeilichen" Bankenaufsicht Auch in einer Marktwirtschaft müssen die Banken einer Bankenaufsicht unterstellt werden. Diese Bankenaufsicht muß sich jedoch grundsätzlich auf gewerbepolizeiliche Aufgaben beschränken. Die Frage ist nun, ob sich die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im Kreditwesen in das System einer solchen Bankenaufsicht einfügen lassen. Man wird die Einbeziehung nicht schon deshalb ablehnen können, weil die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik zu einem Instrument der Lenkung des Bankensystems geworden sind und zu einem staatlichen Zinsdirigismus geführt haben. Sie haben sich zusammen mit den anderen Maßnahmen der Bankenaufsicht ebenso als ein geeignetes Mittel erwiesen, den übermäßigen Konkurrenzdruck im Kreditwesen abzubauen und auszuschalten. Die Bedeutung dieser Wettbewerbsregelung konnte an den Stabilisierungsmaßnahmen nach der Bankenkrise verdeutlicht werden, und sie ergibt sich auch aus den besonderen Bedingungen im Bankensystem, die an anderer Stelle näher erläutert worden sind. Aus diesen Gründen ist auch in dem neuen Kreditwesengesetz von 1961, das den veränderten marktwirtschaftliehen Verhältnissen Rechnung tragen soll, auf die Möglichkeit zur Regelung des Wettbewerbs - besonders im Bereich der Zinsen und Provisionen - nicht verzichtet worden (vgl. § 23). Dabei wird von der Überlegung ausgegangen, daß es möglich sein muß, zur Unterstützung der anderen Hankenaufsichtsmaßnahmen und aus allgemeinen wirtschaftspolitischen Gründen einen Einfluß auf den Wettbewerb und speziell die Konditionengestaltung ausüben zu können, "selbst wenn hiermit echte Wettbewerbsbeschränkungen verbunden sind" 45 • Auf den ersten Blick unterscheidet sich diese Argumentation nicht grundlegend von den Gedanken, die in der Generalklausel des alten Kreditwesengesetzes zum Ausdruck kommen48• In dieser Übereinstim45 Vgl. Amtliche Begründung zum KWG von 1961, abgedruckt bei Schork, Ludwig, Gesetz über das Kreditwesen mit Begründung und Anmerkungen, Stuttgart 1961, S. 77. 48 Vgl. § 30 KWG von 1934 bei Consbruch-Möller, KWG-Textsammlung, S. 19 und 41.
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mung könnte sogar eine Bestätigung dafür erblickt werden, daß eine wirksame Regelung der Konditionen und der Wettbewerbsverhältnisse im Kreditwesen nur unter Preisgabe grundlegender marktwirtschaftlicher Ziele erreicht werden kann, was auf die Dauer überhaupt zu einer Aufgabe der Marktwirtschaft führen kann. Eine Konditionenregelung müßte demnach immer über den Rahmen einer gewerbepolizeilichen Bankenaufsicht hinausführen und wäre deshalb aus marktwirtschaftliehen Gesichtspunkten abzulehnen47 • Aus den gleichen Erwägungen müßte das Konzessionierungssystem im Kreditwesen und alle anderen Maßnahmen der Bankenaufsicht, die den Wettbewerb zwischen den Kreditinstituten und den Institutsgruppen beeinträchtigen können, aufgehoben werden. Wenn man die Möglichkeit der Einbeziehung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in eine gewerbepolizeiliche Bankenaufsicht prüfen will, wird man jedoch die Zielsetzung der Bankenaufsicht in der Marktwirtschaft nicht außer acht lassen dürfen. In der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik mußte unter dem "Gesamtinteresse" 48 , dem die Bankenaufsicht dienen sollte, letztlich die "reibungslose, langfristige Finanzierung der Staatsinvestitionen" 49 verstanden werden. In der heutigen Marktwirtschaft wird dagegen die "Förderung einer gleichgewichtigen Wirtschaftsentwicklung" 50 als das eigentliche Ziel angesehen, dem alle Maßnahmen der Bankenaufsicht zur Sicherung eines funktionsfähigen Bankensystems untergeordnet werden müssen. Auch wenn mit der Verfolgung dieses Zieles die Widersprüche zwischen der Sicherung des Bankensystems und der Aufrechterhaltung der Konkurrenz nicht aufgehoben sind, so ist damit aber doch festgelegt, daß Wettbewerbseinschränkungen, wie sie z. B. durch die Konditionenregelung hervorgerufen werden können, nur dann vorgenommen werden sollen, wenn sie erforderlich sind, um dieses Ziel erreichen zu können. Die Wettbewerbseinschränkungen sollen also nicht dazu dienen, andere staatliche Interessen verwirklichen zu helfen. In den Forderungen nach "Liberalisierung" 51 der Bankenaufsicht wird meistens zu sehr von der Handhabung der Bankenaufsicht in der Vgl. KWG-Entwurf, Stellungnahme des Bundesrates, a. a. 0., S. 50. Vgl. Muthesius, Volkmar, Zum alten Eisen, a. a. 0., S. 324 und ferner auch § 30 KWG (1934); dort ist wohl das gleiche gemeint, wenn von der "Beachtung allgemeinwirtschaftlicher Gesichtspunkte" und der "Anpassung der Geschäfte der Kreditinstitute an die Bedürfnisse der Gesamtwirtschaft" die Rede ist. 49 Hatm, George N., Wirtschaftssysteme, a. a. 0., S. 273. 50 Vgl. § 22 des KWG-Entwurfes, a. a. 0., S. 10 und die Begründung dazu S. 25 und S. 37 (§ 23 des Gesetzes enthält diese Zielsetzung nicht mehr). st Muthesius, Volkmar, Zum alten Eisen, a. a. 0., S. 325. 47
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II. Die Bedeutung für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht
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nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik ausgegangen und zudem übersehen, daß auf Grund der veränderten Bedingungen im Kreditwesen gegenüber der damaligen Situation eine weitreichende Bankenaufsicht um so notwendiger geworden ist52• Unter diesen Gesichtspunkten erscheint dann auch die staatliche Konditionenregelung in einem anderen Licht, zumal häufig noch außer acht gelassen wird, ob Abkommen über Zinsen und Provisionen nicht unumgänglich sind, wenn die Maßnahmen der Notenbank im Rahmen der Geld- und Kreditpolitik voll zum Zuge kommen sollen53• Nachdem die Problematik und die Bedeutung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse i,m Rahmen der Bankenaufsicht grundsätzlich dargestellt worden sind, muß nun im einzelnen geprüft werden, wie die Vereinbarungen über :Konditionen und allgemeine Wettbewerbsfragen und die Mitwirkung der Zusammenschlüsse beim Zustandekommen dieser Vereinbarungen zur Sicherung des Bankensystems beitragen. Auf diese Weise soll gezeigt werden, wodurch die Wirksamkeit der Vereinbarungen eingeengt werden kann. Denn selbst wenn die Einbeziehung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in das System einer gewerbepolizeilichen Bankenaufsicht aus den oben näher gekennzeichneten Erwägungen allein grundsätzlich nicht abgelehnt wurde, so können doch im einzelnen durch eine Verminderung der Wirksamkeit der Abkommen die Vorteile für die Sicherung des Bankensystems so abgeschwächt werden, daß sie die Nachteile, die sich aus der Einschränkung des Wettbewerbs ergeben, nicht rechtfertigen. Um diese Problematik und diese Schwierigkeiten verdeutlichen zu können, ist es zunächst erforderlich, auf das Verfahren, in dem die Vereinbarungen in Kraft gesetzt werden, näher einzugehen. Die Regelung von Konditionen und allgemeinen Wettbewerbsfragen beruht auf einer Koppelung von Vereinbarungen zwischen den Spitzenverbänden und einer nachträglichen staatlichen Allgemeinverbindlichkeitserklärung. Diese Verbindung von freier Vereinbarung und staatlichem Hoheitsakt geht auf die Zeit der Bankenkrise zurück und muß als eine Fortsetzung und Weiterentwicklung der Bestrebungen angesehen werden, die von 52 Vgl. dazu die Ausführungen der Bank deutscher Länder in einem Schreiben an den Bundesminister für Wirtschaft vom 25. Januar 1957, wo es u. a. heißt: "Die heutigen Aufgaben der Bankenaufsicht sind gegenüber der Zeit von 1934-1944 erheblich gewachsen, da angesichts der sehr viel höheren und differenzierteren Kreditengagements und der geringeren Ausstattung der Kreditinstitute mit Eigenkapital die Liquiditäts- und Risikolage der meisten Kreditinstitute einer weit intensiveren Überwachung bedarf als in der Zeit der Rüstungs- und Kriegsfinanzierung nach 1933." Abgedruckt in der Stellungnahme des Bundesrates zum KWG-Entwurf, a. a. 0., S. 51. 53 Vgl. Pandtle, Manfred, Bankenaufsicht in der Marktwirtschaft ... , a. a. 0 ., s. 97.
6 Buschmann
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
den verbandsmäßigen Zusammenschlüssen bereits vor der Bankenkrise unternommen worden waren. Die äußere Form dieser Konditionen- und Wettbewerbsregelungen ist im wesentlichen beibehalten worden, jedoch sind die Abkommen mehrfach den veränderten Bedingungen in der Wirtschaft angepaßt worden. So hat beispielsweise der Zentrale Kreditausschußfi 4 nach dem Irrkrafttreten des KWG die Abkommen neu überarbeitet. Das Prinzip der freien Vereinbarung mit anschließender Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch den Reichskommissar bzw. durch das Reichsaufsichtsamt ist aber beibehalten worden55• Mit dem Ende des Krieges hörte der Zentrale Kreditausschuß auf zu bestehen, da sich die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse völlig verändert hatten. Die Befugnisse des Reichsaufsichtsamtes (bzw. des Reichswirtschaftsministers nach der Änderung des Gesetzes von 1944) gingen auf die entsprechenden Stellen56 in den Ländern über. Um aber die Einheitlichkeit der Bankenaufsichtsmaßnahmen einigermaßen zu wahren, hatten sich die Bankenaufsichtsinstanzen der Länder im "Sonderausschuß Bankenaufsicht" zusammengeschlossen, in dem u. a. auch über die Festsetzung der Konditionen beraten wurde. Auf diese Weise sollte die Einheitlichkeit der Bankkonditionen im gesamten Bundesgebiet gewährleistet werden. Die Beschlüsse des Sonderausschusses Bankenaufsicht waren aber für die einzelnen Länder nicht bindend, der Ausschuß konnte lediglich Empfehlungen aussprechen. Daraus erklärt sich, daß in den einzelnen Ländern trotz dieser Abstimmung manchmal verschiedene Zinssätze gegolten haben. Die Spitzenverbände der verschiedenen Institutsgruppen hatten sich 1950 wieder zu einem "Zentralen Kreditausschuß"57 zusammenge54 Auf Grund des Mantelvertrages (vom 9. 1. 1932, neue Fassung vom 23. 12. 1936) wurde zwischen den Spitzenverbänden, Wirtschaftsgruppen und Fachgruppen der Kreditinstitute ein Zentrater Kreditausschuß gebildet. Der Zentrale Kreditausschuß war nach dem Mantelvertrag dazu in der Lage, sowohl die einzelnen Abkommen als auch den Mantelvertrag selbst zu ändern. Die vom Zentralen Kreditausschuß geänderten Abkommen wurden dann wieder von den Spitzenverbänden neu ausgefer tigt und unterzeichnet. 55 Allerdings wurden im Rahmen der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik diese Verbände so stark in die Marktordnung eingeschaltet, daß sie am Ende selbst fast hoheitliche Funktionen ausübten. Das gilt besonders nach der Änderung des KWG von 1944. Danach konnte der Reichswirtschaftsminister der "Reichsgruppe Banken die Überwachung und Einhaltung der allgemeinverbindlichen Mehrheitsbeschlüsse den Spitzenverbänden der Kreditinstitute übertragen". Vgl. § 11 Consbruch-MöHer, KWG-Textsammlung, a. a . 0., S. 52. 56 Zunächst waren es die Finanz-, später die Wirtschaftsministerien (Senatoren). In Bremen ist der Finanzsenator zuständig geblieben. 57 Diesem neuen "Zentralen Kreditausschuß" gehören an: Der Bundesverband des privaten Bankgewerbes e. V., der Interessenverband der Gemeinwirt-
II. Die Bedeutung für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht
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schlossen. Dieser neue Zusammenschluß unter dem alten Namen hatte aber nur noch eine beratende Funktion. Im Gegensatz zu dem früher gehandhabten Verfahren konnten im neu gegründeten "Zentralen Kreditausschuß" keine Konditionenvereinbarungen mehr abgeschlossen werden, die dann nur noch der Allgemeinverbindlichkeitserklärung bedurft hätten, um für alle Institutsgruppen bindend zu sein. Vielmehr hatte der "Zentrale Kreditausschuß" nur noch eine beratende Funktion bei der Konditionenfestsetzung. Das neue, umständlichere Verfahren der Konditionenvereinbarung und -festsetzung ergab sich aus der besonderen Situation der Nachkriegszeit. Mit den damaligen besatzungsrechtlichen Vorschriften und Dekartellisierungsbestimmungen wären Mehrheitsbeschlüsse im "Zentralen Kreditausschuß" nicht mehr zu vereinbaren gewesen. Mit dem neuen Kreditwesengesetz vom 10. Juli 1961 wird nun versucht, die entstandenen Lücken wieder zu schließen. Nach § 23 KWG, der Generalklausel für Zinsen, Provisionen und Werbung, kann der Bundeswirtschaftsminister im Benehmen mit der Bundesbank Rechtsverordnungen über die Höhe der Zinsen und der anderen Konditionen erlassen58• Der rechtliche Unterschied gegenüber der früheren Regelung besteht darin, daß direkt Rechtsverordnungen über die Konditionen an die Stelle der früheren Vereinbarungen mit anschließender Allgemeinverbindlichkeitserklärung getreten sind. Nach § 23 Abs. III sind die Spitzenverbände vor Erlaß der Rechtsverordnungen zu hören. Auf diese Weise ist gewährleistet, daß sie ihre Vorschläge für die Konditionengestaltung unterbreiten können. Der Bundesminister für Wirtschaft kann die Ermächtigung zur Regelung der Konditionen im Verordnungswege auf das Bundesaufsichtsamt übertragen. Nach Meinung des Bundesrates - der im übrigen die Bankenaufsicht bei den Ländern belassen wollte und die Gründung des Bundesaufsichtsamtes ablehnte - ist jedoch die Festsetzung der Konditionen eine kredit- und währungspolitische Aufgabe, die nicht in den Bereich der Bankenaufsicht fällt und deshalb nur vom Bundeswirtschaftsminister vorgenommen werden sollte5a. Auf die Zusammenhänge der Konditionenfestsetzung mit der Kredit- und Währungspolitik muß noch weiter eingegangen werden, dann wird auch dieses Argument näher zu prüfen sein. Aus der Darstellung des Verfahrens kann geschlossen werden, daß die Interessen der verschiedenen Institutsgruppen bei der Festsetzung schaftsbanken, der Deutsche Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch) e. V., der Deutsche Raiffeisenverband e. V., der Deutsche Sparkassen- und Giroverband e. V. und der Verband öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten. 58 Vgl. § 23 Abs. I des Gesetzes über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961. 59 Vgl. dazu ausführlicher die Stellungnahme des Bundesrates zum KWGEntwurf, a. a. 0., § 22 nebst Begründungen, S. 60. 6*
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
der Konditionen genügend berücksichtigt werden, da sie ihren Einfluß über ihre Spitzenverbände vor Erlaß der Verordnungen hinreichend geltend machen können. Darüber hinaus wird aber auch ersichtlich, daß durch die Einschränkung des Konditionenwettbewerbs die Funktionsfähigkeit des Bankensystems mit gesichert werden soll. Die Frage ist nun, ob und in welchem Umfange durch die Festsetzung der Konditionen, in dem Verfahren, wie es oben beschrieben worden ist, tatsächlich der Wettbewerb zur Sicherung des Bankenapparates ausgeschaltet wird. Diese Frage muß getrennt untersucht werden, und zwar einmal im Hinblick auf die Wirkungen der Sollzinsbindung und zum anderen auf die Wirkungen der Bindung der Habenzinsen. In der Absprache über die Sollzinsen spielte ursprünglich der Gedanke der Zinssenkung eine wesentliche Rolle. Eine Überhöhung der Preise für Kredite sollte dadurch vermieden werden, daß die Sollzinsen in eine bestimmte Beziehung zum Diskontsatz gebracht wurden. Damit wurde angestrebt, daß eine Erhöhung oder Senkung der Bankrate automatisch ein Steigen oder Sinken der Kreditpreise zur Folge hatte. Die Sollzinsen wurden als Normalsätze festgelegt, die praktisch Höchstsätze waren; denn nur in besonderen Fällen konnten die Normalsätze überschritten werden80 • Gleichzeitig wurden die anderen Kreditnebenkosten zu den Sollzinsen in Beziehung gesetzt. Auch wenn die Kreditprovision für die Verwaltungskosten und das spezifische Kreditrisiko erhoben wird und in diesem Sinne nicht zu den eigentlichen Geldbeschaffungskasten zu zählen ist, mußte sie aber mit den Sollzinsen gekoppelt werden, wenn eine indirekte Verteuerung der Kredite über die Erhöhung der Provision verhindert werden sollte61 • Durch die Festsetzung der Sollzinsen, die de facto Höchstsätze waren, wird der Wettbewerb zwischen den Kreditinstituten also nicht ausgeschaltet, denn die Sätze können unter schritten werden. Die Möglichkeit des gegenseitigen Unterbietens bei der F estlegung der Kreditbedingungen für die Bankkunden wird durch das Sollzinsabkommen nicht verhindert. Dieser mögliche Wettbewerb um die Kreditnachfrager darf aber nicht isoliert betrachtet werden, denn es müßte zugleich eine entsprechende Senkung der Zinsen für Einlagen erfolgen, wenn der Wettbewerb nicht zu Lasten der Zinsspanne der Banken gehen sollte. Es wird deshalb der Zinssatz für Kredite von den Banken nicht beliebig gesenkt werden können, wenn die Rentabilität gesichert bleiben soll. Der Wettbewerb um die ·Kreditnachfrager wird aber bei hoher Liquidität der 60 Vgl. dazu § 7 des Sollzinsabkommens von 1936, abgedruckt bei Consbruch-Möller, KWG-Textsammlung, a. a. 0., S . 115. 61 Vgl. Dermitzel, G., Die Zinsabkommen ..., a. a. 0 ., S. 738 f.
II. Die Bedeutung für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht
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Banken in einem bestimmten Umfang zum Zuge kommen, auch wenn die Habenzinsen nicht entsprechend gesenkt werden können. Eine Ausweichmöglichkeit bietet sich den Banken in der Variation der Provisionssätze. Gerade gegenüber den guten Kreditnehmern können sie auf einen Teil der Risikoprämie, die in der Provision enthalten ist, verzichten62. Ob es zu dieser Unterschreitung der Normalsätze kommt oder ob tatsächlich die Sollzinsen sich in der Höhe der angegebenen Normalsätze bewegen, hängt also wesentlich von der Situation auf dem Kreditmarkt ab. Wenn die Nachfrage nach Kredit und das Angebot an Krediten ungefähr zum Ausgleich gelangen, werden die Normalsätze eingehalten werden. Sie sind dann praktisch Gleichgewichtssätze. Im Rahmen der Bankenaufsicht wäre die Sollzinsvereinbarung dann voll wirksam, weil sie zur Stabilität beitragen würde. In den Abkommen über die Sollzinsen werden also keine Mindestsätze festgelegt, sondern Normalsätze. Daran zeigt sich, daß das Sollzinsabkommen damals in erster Linie unter dem Gesichtspunkt angestrebt wurde, das allgemeine Zinsniveau nach oben hin zu begrenzen. Der Gedanke der Einschränkung des Wettbewerbs trat dagegen bei den Vereinbarungen über die Sollzinsen mehr in den Hintergrund. Bei den ersten Vereinbarungen im Rahmen der Stempelvereinigung und in den "Allgemeinen Abmachungen der Berliner Banken und Bankiers" kommt das Motiv der Einschränkung des Konkurrenzkampfes auch bei den Sollzinsen klar zum Vorschein; die vereinbarten Sätze waren Mindestanforderungen. In den Jahren, in denen die ersten Abkommen zustande kamen, entsprach diese Regelung durchaus den damaligen Verhältnissen, weil das Kreditangebot meist größer als die Nachfrage war und deshalb das gegenseitige Unterbieten gefördert wurde63. Mit der Zeit trat aber hier ein Wandel ein, die Nachfrage überstieg das Angebot, so daß die Mindestsätze immer mehr zu Normalsätzen wurden64. Wenn auch darauf wieder Zeiten einer größeren Liquidität der Banken gefolgt sind, in denen sich dann besonders die Konkurrenz um die guten Kunden verschärfte, so spielt dieser Wettbewerb im großen und ganzen 6! Vgl. dazu Schmahl, Hans-Jürgen, Volkswirtschaftliche Probleme ..., a. a. 0., S. 93. 63 Vgl. Ausschuß zur Untersuchung der Erzeugungs- und Absatzbedingungen der deutschen Wirtschaft, Der Bankkredit, Verhandlungen und Berichte des Unterausschusses für Geld-, Kredit- und Finanzwesen (V. Unterausschuß), Berlin 1930, S. 26. 64 "Die von der Bankseite vertretene Auffassung, der Mindestsatz sei auch der Normalsatz, hat sich also im großen und ganzen als richtig erwiesen (S. 181). Bei einer Befragung, die 1926 durch den Ausschuß durchgeführt wurde, ergab sich, daß mehr als zwei Drittel der von den befragten Banken gewährten Kredite zum Mindestsatz gewährt wurden. Bei einem Viertel wurde der Satz um 1 Ofo überschritten und bei 6 Ofo der Institute lag er um mehr als 1 Ofo über dem Mindestsatz. Vgl. Ausschuß zur Untersuchung der Erzeugungs- und Absatzbedingungen ..., a. a. 0., S. 180.
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
doch nicht solch eine bedeutende Rolle wie die Konkurrenz um die Einlagen, weil meistens die Kreditnachfrage größer ist; dennoch kann es von Nutzen sein, wenn auch für dieSollzinsen unter UmständenMindestsätze festgelegt werden können, wie das nach dem neuen Kreditwesengesetz vom 10. Juli 1961 wieder möglich ist85• Die Sicherheit des Bankensystems wird jedoch viel mehr von der Einlagenseite her durch einen scharfen Wettbewerb bedroht. Insofern kommt den Vereinbarungen über die Habenzinsen unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht eine größere Bedeutung zu. Das angestrebte Ziel, die Kreditkosten durch die Begrenzung der Sollzinsen nach oben hin zu vermindern, konnte aber nur erreicht werden, wenn gleichzeitig auch eine Vereinbarung über die Habenzinsen getroffen wurde. Eine isolierte Regelung der Sollzinsen ist deshalb von geringer Bedeutung, weil die Zinssätze für die Einlagen die Höhe des Zinses im Aktivgeschäft der Banken beeinflussen. Im Gegensatz zum Sollzinsabkommen werden im Habenzinsabkommen Höchstsätze festgelegt, die nur von einigen Institutsgruppen um einen ganz bestimmten Prozentsatz, den sog. Zinsvoraus überschritten werden dürfen68 • Die Problematik der Preisfestsetzung gilt auch hier. Wenn das Angebot an Einlagen die Nachfrage übersteigt, wird der Satz unter den vereinbarten Zins sinken, diese Möglichkeit wird durch das Abkommen auch nicht ausgeschlossen. Wenn der festgesetzte Preis für die Einlagen ungefähr in der Höhe liegt, auf die er sich auf einem freien Markt einspielen würde, dann wird das Habenzinsabkommen voll wirksam sein. Anders verhält es sich hingegen bei einer Verknappung des Geldes. Wenn die Habenzinsen sich der veränderten Situation anpassen könnten, müßten sie auch über die fest vereinbarten Höchstsätze hinaus steigen können. Nach dem Abkommen ist diese Anpassung der Habenzinsen nicht möglich, der Wettbewerb wird also durch die Vereinbarungen verhindert. In solchen Situationen werden die Banken aber versuchen, durch Erhöhung der Sätze für die Einlagen besondere Anreize zu schaffen. Das beweisen die sog. grauen Habenzinsen, die von den Banken häufiger gewährt worden sind. 65 Vgl. dazu § 23 des Kreditwesengesetzes und die entsprechende amtliche Begründung. Dort heißt es: "Eine Regelung in Form eines Mindestsatzes für die Sollzinsen kann angezeigt sein, wenn die konjunkturelle Lage eine Beschränkung der Kreditaufnahme durch rigorose Verteuerung des Kredits erfordert." Abgedruckt bei Schork, Ludwig, Gesetz über das Kreditwesen, a. a. 0., S. 77. 68 Die Höchstsätze werden getrennt nach a) täglich fälligen Geldern, b) Kündigungsgeldern, c) festen Geldern und d) Spareinlagen festgelegt ; vgl. § 1 Abs. 4 Habenzinsabkommen bei Consbruch-Möller, KWG-Textsammlung, S. 107. Nach § 10 Habenzinsabkommen (ebd. S. 111) können die "Kreditgenossenschaften, Privatbankfirmen sowie kleinere und mittlere Banken" den Zinsvoraus gewähren.
II. Die Bedeutung für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht
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Wenn die Höchstsätze von der Marktlage abweichen, ist es für die Bankenaufsicht schwierig, die Einhaltung der Habenzinsabkommen durchzusetzen, gerade weil alle Banken von der Geldverknappung betroffen sind und sich deshalb mehr oder minder in der gleichen Situation befinden, wenn sie weitere Einlagen an sich ziehen wollen67 • Dennoch wird man die Festsetzung der Höchstsätze für die Habenzinsen nicht unterschätzen dürfen, weil im Passivgeschäft eine größere Markttransparenz besteht als im Aktivgeschäft der Banken68 • Günstigere Bedingungen, die bevorzugten Kreditnehmern gewährt werden, lassen sich eher verheimlichen als Sondersätze für größere Einlagen. Neben den Großeinlegern, denen zum Anreiz größere Habenzinsen gewährt werden, stehen den Banken nämlich viele Einleger gegenüber, die nur geringe Einlagen unterhalten, die aber wegen ihrer Vielzahl für die Banken ebenso wichtig sind. Auf Grund der größeren Markttransparenz im Bereich der Habenzinsen besteht aber viel eher die Möglichkeit, daß einem größeren Kreis von Einlegern diese Sondersätze bekannt werden. Wenn die Banken nun nicht in der Lage oder nicht bereit sind, alle Einleger in den Genuß der höheren Sätze kommen zu lassen, werden sie im Wettbewerb um die Großeinleger die Habenzinsen nicht ohne weiteres erhöhen können. Der ursprüngliche Ansatzpunkt der Habenzinsvereinbarungen, nämlich durch Festlegung eines Höchstsatzes den Konkurrenzkampf um die Einlagen zu vermindern, deckt sich mit den Zielen der Bankenaufsicht. Je mehr der festgesetzte Höchstsatz der Marktlage69 entspricht, desto weniger besteht der Anreiz, die Abkommen zu umgehen und um so besser sind die Abkommen im Sinne der Bankenaufsicht wirksam. Da aber die Höchstsätze auch von der Marktlage abweichen können, ist die Bindung der Habenzinsen nicht in allen Fällen ein geeignetes Mittel für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht. Aber selbst wenn in solchen 87 Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß mit der Erhöhung des Zinssatzes nicht unbedingt ein Anreiz zur Einlagenbildung gegeben ist. Man wird feststellen können, daß die Höhe des Zinses bei den verschiedenen Einlagen unterschiedlich wirksam ist. Bei den Spareinlagen z. B. wird das Angebot "relativ unabhängig von der Höhe des Zinsfußes sein" (vgl. Ritschi, Hans, Theoretische Volkswirtschaftslehre, Tübingen 1947/48, 2. Bd., S. 243). Anders ist es jedoch bei den Kündigungs- und Termingeldern. Die Haupteinleger dieser Gelder sind Versicherungsgesellschaften, große Unternehmungen und die öffentliche Hand. Besonders für die Versicherungen ist die Höhe der Zinssätze bedeutsam, weil die Erträge dieser Anlagen die Höhe der Beiträge beeinflussen. es Vgl. dazu und zum folgenden Günther, Hans, Können Zinsabkommen wirksam sein?, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 9. Jg. 1956, Nr. 9, S. 307 f. 89 Die Marktlage wird wiederum von anderen Faktoren beeinflußt, unter denen die staatliche Finanzpolitik, die Außenhandelssituation und die Politik der Notenbank eine besondere Rolle spielen. Vgl. Günther, Hans, Können Zinsabkommen wirksam sein?, a. a. 0., S. 308.
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
Situationen die amtlichen Habenzinsfestsetzungen teilweise nicht beachtet und mit sog. "grauen Habenzinssätzen" umgangen worden sind, so kann doch nicht übersehen werden, daß durch das Vorhandensein der Abkommen im Sinne der Bankaufsicht ein scharfer Wettbewerb um die Einlagen weitgehend eingeschränkt wird. Gerade die Gefahr, daß einzelne Kreditinstitute letztlich auf Kosten der eigenen Sicherheit übermäßig hohe Einlagenzinsen gewähren, wird durch die Abkommen nahezu ausgeschaltet. Einschränkend muß allerdings hinzugefügt werden, daß durch die Abkommen die Konditionen zwar in einem wichtigen Teil des Bankgeschäftes festgelegt werden, daß aber andere Sparten daneben von diesen Regelungen nicht betroffen sind. So gelten die Habenzinssätze nur für die in- und ausländische Nichtbankenkundschaft und für die Gelder bis zu vier Jahren Laufzeit. Die Bindung der Sollzinsen betrifft nur die inländische Nichtbankenkundschaft. Die langfristigen Kredite, wie z. B. die des Grundkreditgeschäfts, werden davon überhaupt nicht berührt, die Vereinbarungen beziehen sich also vorwiegend auf das kurzfristige Geschäft7°. Das Dienstleistungsgeschäft wird nur insoweit geregelt, als sich die Abkommen auf die Kontoführung beziehen, da die Provisionen dafür einheitlich festgesetzt werden. Die Provisionen im Auslands- und im Effektengeschäft11 werden ebenfalls nicht in diesen Abkommen festgelegt sowie die Kredite, die außerhalb des Bankensystems vermittelt w erden; hier sei insbesondere an die Schuldscheindarlehen erinnert. Diese Handhabung schließt nicht aus, daß auch für andere Sparten des Bankgeschäfts ähnliche Abkommen getroffen werden. Es wäre theoretisch sogar nach dem neuen KWG möglich, alle Geschäftszweige der Banken in solchen Vereinbarungen zu erfassen. Aus der Darstellung der Wirkungsweise und aus der Beschränkung des Anwendungsbereichs der Abkommen kann also gefolgert werden, daß nicht in allen Fällen und für alle Bereiche des Bankgeschäfts die 70 Vgl. §§ 1 und 2 des Mantelvertrages und § 1 Abs. 5 Habenzinsabkommen bei Consbruch-Möller, KWG-Textsammlung, S. 105, S. 107. 71 An anderer Stelle (vgl. Teil C/II/2 a) wurde schon darauf hingewiesen, daß an einzelnen Orten auch im Effektengeschäft Vereinbarungen, in z. T. recht straffer Organisationsform, getroffen worden sind. Diese Vereinbarungen haben aber keine große Bedeutung erlangt. Die Bankprovisionen im Wertpapierhandel und Auslandsgeschäft sind heute bei allen beteiligten Instituten und Institutsgruppen dennoch in der Regel gleich hoch. Die Sätze im Wertpapiergeschäft sind 1955 überall gleichmäßig von 1 °/o auf 0,8 Ofo vom Kurswert gesenkt worden. Diese weitgehende Übereinstimmung geht auf Usancen zurück, eine Vereinbarung ähnlich wie die über die Konditionen im Einlagenund Kreditgeschäft liegt hier nicht vor. Vgl. dazu Pressebericht Nr. 223 der Rheinischen Girozentrale und Provinzialbank, S. 3; ferner die Hinweise auf die Presseinformation des Bundeskartellamtes vom 17. November 1960 in: Die Welt, Nr. 272, vom 21. November 1960, S. 10, und in: Wirtschaft und Wettbewerb, 10. Jg. 1960, Nr. 12, S. 855.
III. Auswirkungen der Vereinbarungen über Konditionen
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Sicherheit des Bankensystems durch das Vorhandensein der Abkommen erhöht wird. Dennoch sind diese Einschränkungen der Wirksamkeit der Abkommen im einzelnen nicht so umfangreich und so erheblich, daß von daher ihre Bedeutung für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht überhaupt in Frage gestellt werden müßte. Vielmehr sind die Abkommen im Zusammenwirken mit den anderen Mitteln der Bankenaufsicht ein geeignetes Instrument, um die Ziele der Bankenaufsicht verfolgen und durchsetzen zu können. Auf Grund dessen ließe sich die Einbeziehung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in das System einer gewerbepolizeilichen Bankenaufsicht rechtfertigen. Wie weit allerdings diese Entscheidung für die Einschränkung des Wettbewerbs im Kreditwesen unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht mit den Zielsetzungen der Kartellgesetzgebung in Widerspruch steht, und ,in welchem Maße sie sich damit in Einklang bringen läßt, ist ein anderes Problem. 111. Auswirkungen der Vereinbarungen über Konditionen 1. Probleme derunterschiedlichen Auswirkungen bei den verschiedenen Banktypen und Bankgruppen
In den bisherigen Ausführungen über die Bedeutung der Abkommen für die Zielsetzungen der Bankenaufsicht wurde weitgehend unterstellt, daß alle Kreditinstitute, auf die sich die Abkommen beziehen, einigermaßen gleichmäßig von den Auswirkungen der Abkommen betroffen werden. Es sei aber daran erinnert, daß nur ein begrenzter Teil des Aktiv- und Passivgeschäfts durch die Abkommen geregelt wird. Banken oder Bankengruppen, die diese Geschäfte überhaupt nicht oder nur am Rande betreiben, werden dementsprechend auch nicht, oder nur geringfügig, in ihrer Geschäftspolitik durch die Abkommen eingeengt. Daraus ergibt sich für die Bankenaufsicht, daß Störungen, bei denen in erster Linie die nicht betroffenen Banktypen oder Bankgruppen im Vordergrund stehen, mit anderen Mitteln behoben werden müssen. Diese Tatbestände berühren die Probleme der unterschiedlichen Auswirkungen der Abkommen jedoch nur am Rande. Hier geht es vielmehr darum, daß die einzelnen Aktiv- und Passivgeschäfte, deren Konditionen in den Abkommen geregelt sind, bei den versc_hiedenen Banktypen und Bankengruppen eine unterschiedliche Bedeutung haben. Schon in den früheren Ausführungen ist dieser Fragenkreis angeklungen, als die Schwierigkeiten beschrieben wurden, die einer wirksamen Zinsregelung lange Zeit hindurch im Wege gestanden haben. Nun könnte versucht werden, die Auswirkungen der Abkommen jeweils bei
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
den verschiedenen Banktypen und Bankgruppen zu klären. Dieser Weg soll nicht beschritten werden, weil die Problematik deutlicher veranschaulicht werden kann, wenn von den einzelnen Aktiv- und Passivgeschäften und ihrer Stellung bei den verschiedenen Kreditinstituten ausgegangen wird. Die unterschiedlichen Auswirkungen auf die verschiedenen Banktypen und Bankgruppen treten besonders beim Habenzinsabkommen zutage. Die Sätze für die verschiedenen Einlagenarten, die durch das Abkommen geregelt werden, müssen einmal dem Charakter der jeweiligen Einlagen angemessen, zum anderen aber auch genau aufeinander abgestimmt sein. Diese beiden Anforderungen an die Gestaltung der Zinssätze für die Einlagen lassen sich nicht immer miteinander vereinbaren. Das wird bereits deutlich bei den Sichteinlagen. Die Verzinsung der Sichteinlagen ist sehr gering; zumeist werden die Guthaben erst von einer bestimmten Höhe ab verzinst. Da sie in erster Linie der Abwicklung des Zahlungsverkehrs dienen, sind die Sichteinlagen auch kaum zinsreagibel. Bei welchen Instituten und in welcher Höhe sie unterhalten werden, wird deshalb hauptsächlich von den Erfordernissen des Zahlungsverkehrs beeinflußt. Es ist daher mehrfach vorgeschlagen worden- nach dem Vorbild anderer Länder72 - , die Sichteinlagen überhaupt nicht zu verzinsen, zumal der große Arbeitsaufwand für die genaue Zinsberechnung, der besonders durch den schnellen Wechsel auf diesen Konten verursacht wird, dann wegfallen würde. Dabei wäre zu bedenken, daß eine solche Lösung eine Abwanderung dieser Gelder zu den Postscheckämtern zur Folge haben könnte73 • Ob tatsächlich Einlagen in größerem Ausmaß zu den Postscheckämtern verlagert werden, wenn die Banken die Sichteinlagen nicht mehr verzinsen, ist bestritten. Es spricht viel dafür, daß die Sichteinlagen nicht zinsreagibel sind und sie allein nach den Erfordernissen eines reibungslosen und schnellen Zahlungsverkehrs bei ganz bestimmten Instituten unterhalten werden. Endgültig wird man diese Frage jedoch erst dann beantworten können, wenn die Verzinsung dieser Einlagen wegfiele. Dabei ließe sich aus dem Charakter der Sichteinlagen der Fortfall der Verzinsung rechtfertigen. 72 In England, in den USA und in den skandinavischen Ländern werden Sichteinlagen nicht verzinst. Vgl. Veit, Otto, Die veränderte Währungspolitik ..., a. a. 0., S. 72. 73 Vierhub, Erich, Bankzinsen in der Neuorientierung, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 12. Jg. 1959, Nr. 1, S. 19, hebt diese Bedenken hervor. Hofmann meint dagegen, diese Abwanderung würde sich wegen der Vorteile, die die Banken sonst noch bieten, nicht so stark spürbar machen; vgl. Hofmann, Walter, Zinssenkung nach der Diskontherabsetzung, in: Zeitschr. f . d. ges. Kreditw., 12. Jg. 1959, Nr. 3, S. 105 f.
III. Auswirkungen der Vereinbarungen über Konditionen
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Hier zeigen sich nun die Schwierigkeiten, die sich aus dem Abkommen für die verschiedenen Institutsgruppen ergeben. Für die kleineren und mittleren Kreditinstitute, die von den rentabilitätseinschränkenden Maßnahmen der Notenbank oft stärker beansprucht worden sind als die größeren Institute, könnte der Wegfall dieser Verzinsung einen Ausgleich bedeuten. Die vermutete Gefahr, daß diese Gelder den Postscheckämtern zufließen könnten, hat bisher aber einer solchen Regelung im Wege gestanden. Wenn deshalb nach wie vor in den Abkommen auch eine Verzinsung für Sichteinlagen vorgesehen ist, werden die kleineren und mittleren Kreditinstitute, d. h. vornehmlich Privatbanken und Genossenschaftsinstitute, vergleichsweise stärker davon betroffen als die anderen Institute. Noch deutlicher wird dieses Problem bei den Termin- und Kündigungsgeldern, an denen die Banken besonders interessiert sind. Gerade für diese Einlagen sind deshalb häufiger graue Habenzinsen vereinbart worden. Damit haben die Banken untereinander um diese Einlagen geworben. Viel spürbarer hat sich aber der Wettbewerb dadurch verschärft, daß diese Gelder direkt über Finanzmakler an größere Unternehmungen vermittelt worden sind, also unter Umgehung der Banken. Wenn andererseits das private Bankgewerbe, besonders wegen der kleineren Institute, und die Genossenschaftsbanken immer wieder auf eine Herabsetzung der Zinssätze für Termin- und Kündigungsgelder gedrungen haben7\ dann werden die Spannungen deutlich, die hier auftreten, da ein weiteres Sinken dieser Sätze wahrscheinlich noch stärker dazu führen würde, daß diese Gelder von den Banken abgezogen würden. Gerade die Banken, denen ein relativ hoher Anteil dieser kurzfristigen Gelder zufließt, sind deshalb daran interessiert, daß der Satz für diese Einlagen in den Abkommen nicht zu niedrig festgelegt wird. Die kleineren und mittleren Institute werden aber durch die hohen Sätze relativ viel stärker belastet als diese Institute. Hier werden die unterschiedlichen Auswirkungen der Abkommen bei den verschiedenen Instituten und Institutsgruppen deutlich. Die verschiedenartige Interessenlage der einzelnen Institutsgruppen wird aber besonders spürbar bei der Festsetzung des Satzes für die Spareinlagen75 • Es wurde bereits erwähnt, daß die Zinssätze für die verschiedenen Einlagenarten in den Abkommen genau aufeinander abgestimmt werden müssen; denn eine isolierte Festsetzung des Satzes für eine Einlagenart verzerrt gleichzeitig alle anderen Sätze, die in dem Abkommen festgelegt worden sind. Diese gegenseitige Abhängigkeit 74 Vgl. N. N., Schrumpfende Bankzinsspanne, in: Zeitschrift f. d. ges. Kreditw., 11. Jg. 1958, Nr. 19, S. 835. 75 Ottel, Fritz, Geregelter Wettbewerb um Geldeinlagen, in: Wirtschaft und Wettbewerb, 8. Jg. 1958, Nr. 2, S. 90 ff.
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
der Sätze für die einzelnen Einlagenarten wird besonders deutlich bei den festen Geldern und Kündigungsgeldern einerseits und den Spareinlagen andererseits76 • Wenn die Sätze für Fest- und Kündigungsgelder zu stark von denen für Spargelder abweichen, besteht die Tendenz, daß diese Gelder wegen des höheren Zinsertrages auf Sparkonten umgebucht werden. Eine solche Umbuchung von Termingeldern auf Sparkonten würde zunächst wohl beim gleichen Kreditinstitut vorgenommen werden, obwohl auch eine Verlagerung zu anderen Instituten denkbar wäre. Nach Meinung der Sparkassen wird die Möglichkeit und das Ausmaß solcher Umbuchungen tatsächlich überschätzf 7 • Dennoch ist die Möglichkeit aber grundsätzlich gegeben und insofern sind die Kreditinstitute mit den Sätzen für befristete Einlagen an den Satz für Spareinlagen doch gebunden. Unter diesen Aspekten wird immer wieder, besonders von den kleineren und mittleren Kreditinstituten darauf hingewiesen, daß die Sätze für die befristeten Einlagen und für Spargelder überhöht sind und ihre Zinsspanne über Gebühr schmälern. Andererseits sind die Sparkassen an einem "angemessenen und stetigen Zins für Spareinlagen" 78 interessiert, der dem langfristigen Anlagecharakter der Spareinlagen Rechnung tragen soll. Man hat deshalb vorgeschlagen, eine Trennung der Spareinlagen vorzunehmen, um die "unechten" und die "echten" voneinander zu scheiden79 • Auf diese Weise glaubt man, auch eine gewisse Stabilität des Zinssatzes für Spareinlagen gewährleisten zu können. Der Zinssatz für Spareinlagen könnte sich zwar dann am Diskontsatz orientieren, brauchte aber dennoch nicht so elastisch zu reagieren wie der Satz für Fest- und Kündigungsgelder. Damit könnten die Verschiebungen zwischen den befristeten Einlagen und den Spareinlagen vermieden werden. Die Sparkassen wehren sich aber gegen eine Trennung der Spareinlagen nach natürlichen und juristischen Personen und gegen die entsprechende "Spaltung der Spareinlagenzinsen" 80 , weil nach ihrer 78 Vgl. dazu und zum folgenden: Schork, Ludwig. Das korrekturbedürftige Zinsgefüge, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 11. Jg. 1958, Nr. 16, S. 692 ff.. 77 Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband e. V. hat zum Problem der Umbuchung u. a. ausführlich Stellung genommen im Jahresbericht von 1958. Die Frage der Umbuchung ist dort ein Teilproblem, das im Zusammenhang mit den Fragen gesehen wird, die auch hier in dieser Arbeit erörtert werden. Vgl. Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V., Jahresbericht 1958, S. 47 ff.. besonders S. 50. 78 Vgl. Mühl, Johannes, Artikel "Sparkassen", a. a. 0., S. 1449. 79 Vgl. Schork, Ludwig, Das korrekturbedürftige Zinsgefüge, a. a. 0 ., S. 692; ferner N. N., Die unechten Sparer, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 7. Jg. 1954, Nr. 17, S. 591. 80 Vgl. dazu Sprengel, Hans-Erhard, Spaltung der Spareinlagenzinsen ein untaugliches Mittel, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 11. Jg. 1958, Nr. 18, s. 780 ff..
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Meinung damit gleiche Fälle ungleich behandelt werden. Auf die juristische Seite dieser Frage kann hier nicht eingegangen werden81 , es kann jedoch festgestellt werden, daß juristische Personen, besonders auch des öffentlichen Rechts, sehr wohl echte langfristige Spareinlagen unterhalten können82 • Es wäre deshalb eine Benachteiligung dieser Einlegerkreise, wenn sie für echte Spareinlagen einen geringeren Zinssatz in Anrechnung gebracht bekämen. Andererseits kann nicht geleugnet werden, daß bei einer "Spaltung der Spareinlagenzinsen" die Sätze für die befristeten Einlagen leichter gesenkt werden könnten, wodurch besonders die kleineren und mittleren Kreditinstitute entlastet würden. Im neuen Kreditwesengesetz von 1961 sind diese Fragen in der Weise gelöst, daß juristische Personen nicht generell von der Einrichtung von Sparkonten ausgeschlossen werden. Sie müssen aber darlegen, daß die Einlagen auf diesen Konten den Charakter von echten Spareinlagen haben83• Auch diese Regelung kann nicht endgültig verhindern, daß "unechte" Spareinlagen auf Sparkonten entstehen; dennoch trägt sie den verschiedenen Interessen besser Rechnung als das Kreditwesengesetz von 1934. Am Passivgeschäft konnte veranschaulicht werden, wie die verschiedenen Institute und Institutsgruppen unterschiedlich von der Festsetzung der Zinssätze für die verschiedenen Einlagenarten getroffen werden. Im Aktivgeschäft entsteht diese Problematik nicht. Es wird nur insoweit davon betroffen, als relativ hohe Einlagenzinsen die Kredite verteuern. Die Bankenaufsicht muß diese möglichen untersc..1.iedlichen Auswirkungen der Konditionenbindung berücksichtigen; denn je mehr die Vorteile und Nachteile der verschiedenen Institutsgruppen ausgeglichen werden können, um so weniger entstehen Spannungen zwischen ihnen und um so weniger besteht der Anreiz, die festgesetzten Sätze zu umgehen. Aber nicht nur die Interessen der einzelnen Institutsgruppen müssen bei der Festsetzung der Sätze berücksichtigt werden, sondern die Sätze müssen auch auf die Politik der Notenbank abgestimmt werden. Auf die Beziehungen zwischen der Notenbankpolitik und den Abkommen wird deshalb näher einzugehen sein. Vgl. dazu insbes. Sprengel, Hans-Erhard, ebd. Vgl. dazu die ausführliche Begründung bei Voigt, Fritz, Spareinlagen juristischer Personen in wirtschaftswissenschaftlicher Sicht, in: Sparkasse, 76. Jg. 1959, Nr. 12, S. 219 ff. und allgemeiner auch Voigt, Fritz, Der volkswirtschaftliche Sparprozeß, Berlin 1950, S. 19 ff. 83 Vgl. § 21 Abs. III des Kreditwesengesetzes vom 10. 7. 1961 und Carl Zimmerer- Herbert Schönle, Kreditwesengesetz, Systematische Einführung und Kommentar, Wiesbaden 1962, S. 19, ferner den Antrag des Wirtschaftsausschusses, KWG-Entwurf, a. a. 0., S. 17 und den Bericht dazu S. 11 f. B1
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2. Auswirkungen der Vereinbarungen im Hinblick auf die Wirksamkeit der Notenbankpolitik Es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen, daß auch die Notenbankpolitik als eine Art von Bankenaufsicht angesehen werden kann. Die Vereinbarungen über die Konditionen sind deshalb nicht nur für die Bankenaufsicht im engeren Sinne, sondern auch für die Notenbankpolitik von Bedeutung. Die Notenbank muß daran interessiert sein, daß ihre Steuerungsmaßnahmen im Bankenapparat voll zum Zuge kommen und von dort aus auf die gesamte Wirtschaft weitergeleitet werden. Es ist an sich schon ein Mangel der klassischen Notenbankmittel, der Diskont- und Offenmarktpolitik, daß ihre Wirksamkeit beschränkt werden kann, wenn die Kreditbanken über hohe Überschußreserven verfügen und dadurch von der Zentralbank relativ unabhängig sind. Um so mehr wird die Zentralbank bestrebt sein, weitere Schwächungen der Diskontpolitik zu verhindern. Wenn die Notenbank den Diskontsatz verändert, um den Aufschwung zu dämpfen bzw. um im Abschwung zu bremsen, dann wird eine solche Diskontveränderung nur dann voll wirksam sein, wenn sie auch in den Preisen für die Kredite, die die Banken ihren Kunden gewähren, ihren Niederschlag findet. Unter diesem Gesichtspunkt war schon bei der Abfassung des Sollzinsabkommens 1932 die automatische Koppelung der Sollzinsen an den Reichsbankdiskont festgelegt worden. In der damaligen Situation sollten damit die Bestrebungen der Reichsbank, das Zinsniveau zu senken, zum Erfolg geführt werden84• Nun hat sich aber in Deutschland, besonders nach der Währungsreform, herausgestellt, daß eine Veränderung des Diskontsatzes nicht in entsprechender Weise auch ein Sinken oder Steigen der Zinsen und Provisionen nach sich gezogen hat85• Neben der veränderten allgemeinen Wirtschaftslage war diese mangelnde Elastizität auf die relativ starre Festsetzung der Konditionen durch die Bankenaufsicht zurückzuführen. Die Bankenaufsicht ging dabei aber nicht willkürlich vor, Vgl. dazu Paersch, Fritz, Maßnahmen des Staates .. , a. a. 0., S. 34. Vgl. dazu Martell, Herbert und Pohl, Reinhard, Die deutsche Zinsstruktur vor und nach dem zweiten Weltkriege, Spezialuntersuchung in: Das Zinsproblem in theoretisch-empirischer Sicht, bearb. unter Leitung von Albert Wissler, Sonderhefte Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, N. F. Nr. 32, Reihe A, Berlin 1955, S. 49 ff. Sie weisen darauf hin, daß diese verringerte Wirkung von Diskontänderungen sich z. B. im Koreaboom darin zeigte, daß auch die drastische Heraufsetzung des Diskonts um 50 °/o (von 4 °/o auf 6 °/o) die Kreditkosten des Kreditnehmers (Kontokorrentkredit) nur um rd. 23 Ofo verteuerte. Das gleiche gilt in entsprechender Weise auch für Diskontsenkungen, bei denen die Kreditkosten nicht proportional erniedrigt worden sind; vgl. S. 59. 84
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sondern andere Faktoren, vor allem die Ausgleichsforderungen und die neu eingeführten Mindestreserven zwangen sie zu dieser Politik88• Bei der Festsetzung der Konditionen mußten diese Sonderfaktoren deshalb berücksichtigt werden, weil sie eine erhebliche Rentabilitätsminderung der Banken zur Folge hatten87 • Hieran zeigt sich, wie sich die Interessen der Notenbank mit denen der Bankenaufsicht im Bereich der Konditionen überschneiden. Um die Durchschlagskraft der Diskontpolitik zu sichern, müßten auch die Konditionen im Bankgeschäft entsprechend reagibel sein. Andererseits muß auch die Bankenaufsicht und schließlich auch die Notenbank an einer gewissen Rentabilitätsgrundlage der Kreditinstitute interessiert sein. Aus diesem Dilemma heraus, daß einerseits die Zinsregelung die Diskontpolitik der Notenbank unterstützen soll, andererseits aber auf Grund veränderter Bedingungen diese "automatische Bindung" der Sollzinsen an den Diskontsatz versagt, mag auch der Bundesrat entgegen der Regelung im KWG in seiner Meinung bestärkt worden sein, daß die Konditionenregelung nicht Aufgabe der Bankenaufsicht sein könne, weil sie von allgemeiner Kredit- und währungspolitischer Natur sei. Nach der Auffassung des Bundesrates sollte die Konditionenregelung deshalb den Instanzen zugewiesen werden, die für diese Aufgaben im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik zuständig sind88• Die vielen Berührungspunkte der Zinsfestsetzung mit der Notenbankpolitik lassen eine enge Verbindung und eine weitgehende Abstimmung ratsam erscheinen; ob das allerdings in der Weise hätte geschehen sollen, wie es dem Bundesrat vorschwebte, ist eine andere Frage. Für die Sollzinsen wird man feststellen können, daß eine enge Verbindung zum Diskontsatz, besonders nach der Währungsreform, durch eine Reihe von Faktoren gestört worden ist. Unter diesen Umständen ist die Frage aufgetaucht, ob die Koppelung der Debetzinsen mit dem Diskontsatz überhaupt noch notwendig und sinnvoll ist89 • Ursprünglich sollte mit der Bindung der Sollzinsen an 86 Vgl. Martetl, Herbert und Poht, Reinhard, Die deutsche Zinsstruktur ..., a. a. 0., S. 54. 87 Vgl. Martetl, Herbert und Pohl, Reinhard, Die deutsche Zinsstruktur ..., a. a. 0., S. 55. 88 Vgl. im einzelnen § 23, Abs. 1 KWG. Der Bundesrat lehnte diese Regelung ab. Nach seiner Meinung ist nur der Bundeswirtschaftsminister im Benehmen mit der Bundesbank für die Konditionenregelung zuständig und nicht die Bankenaufsicht Vgl. Zimmerer-Schönte Kreditwesengesetz, a.a.O., S.l97 ff. ferner KWG-Entwurf, Änderung des Bundesrates zu § 22, S. 60. Dieser Vorschlag ist mehr als eine juristische Streitfrage der Kompetenzverteilung. Dahinter steht eine ganz andere Auffassung von dem Charakter der Bankenaufsicht. 89 Vgl. dazu und zum folgenden Veit, Otto, Die veränderte Währungspolitik, a. a. 0., S. 139 ff.
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den Diskontsatz die Zinsspanne der Kreditinstitute gesichert werden. Dies war aber nur so lange möglich, wie die vereinbarten Debetzinsen Mindestsätze waren. Da jedoch heute Normalsätze festgelegt werden, die de facto Höchstsätze sind, ist dieser Grund für die automatische Koppelung weggefallen. Darüber hinaus erfüllt die Bindung auch in konjunkturpolitischer Hinsicht nicht mehr ihren Zweck. Das ist einmal auf die besonderen Veränderungen im Kreditwesen zurückzuführen, zum anderen aber auch darauf, daß die Politik der Notenbank insgesamt immer weniger in einer entsprechenden Veränderung der Sollzinsen ihren Ausdruck findet. Selbst dann, wenn die Zentralbank das Kreditangebot der Banken direkt beeinflußt, versuchen die Banken eine Zinserhöhung teilweise dadurch zu umgehen, daß sie eine Kreditrationierung vornehmen90 • Diese Forderung läuft also auf eine Lösung der automatischen Verbindung zwischen den Sollzinsen und dem Diskontsatz hinaus, womit allerdings nicht für die Aufhebung des Sollzinsabkommens selbst plädiert werden soll. Trotz dieser gestörten Verbindung zwischen den Veränderungen des Diskontsatzes und dem Niederschlag bei den Konditionen für Bankdebitoren ist aber zu fragen, ob die Koppelung des Sollzinses an den Diskontsatz ganz aufgehoben werden sollte. In dem Maße, wie es gelingt, das Gewicht der Faktoren, die der elastischen Zinsanpassung im Wege stehen, zu vermindern, dürfte auch die automatische Bindung der Sollzinsen an den Diskontsatz wieder besser zum Zuge kommen, wenn sie auch kaum die ursprüngliche Bedeutung wiedererlangen wird, weil die Koppelung im Zusammenhang mit dem Wandel aller Notenbankmaßnahmen gesehen werden muß. Dieser Wandel findet darin seinen Ausdruck, daß sich, wie Veit91 feststellt, das Schwergewicht der Notenbankpolitik immer mehr von der Beeinflussung der Kreditnachfrage auf die Beeinflussung des Kreditangebots verlagert hat. Jedenfalls wird die Notenbank aber nach wie vor bestrebt sein, daß ihre Maßnahmen durch die Regelung der Konditionen entsprechend unterstützt werden. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, wie in einigen anderen Ländern die Beziehung zwischen der Diskontpolitik und dem allgemeinen Zinsgefüge gestaltet worden ist. Sowohl England als auch die Vereinigten Staaten kennen keine allgemeine Festsetzung der Sollzinsen. Dort wird durch die Veröffentlichung der "prime rate" eine gewisse Einheitlichkeit der Konditionen für Bankkredite erzielt. Diese prime rate ist ein bestimmter Mindestzinssatz, der besonders bevorzugten Bankkunden eingeräumt wird. Die anderen Zinssätze für Kredite 90 91
Vgl. zu den Einzelheiten der Kreditrationierung auch S. 64 f. dieser Arbeit. Vgl. Veit, Otto, Die Veränderte Währungspolitik ..., a. a. 0., S. 141.
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orientieren sich an diesem Satz und sind entsprechend höher bei den Kreditnehmern, die sich in einer schlechteren Verhandlungsposition gegenüber den Banken befinden. Die prime rate verändert sich mit dem Diskontsatz, und zwar geschieht das meistens in der Weise, daß eine der größeren, führenden Banken die Veränderung bekannt gibt. Die anderen Banken folgen ihr dann nach, d. h. die Preisfestsetzung geschieht im Wege der Preisführerschaft92• In Frankreich wird von dem Conseil national du credit seit 1945 der Sollzinssatz als Mindestsatz festgelegt. Ebenso wird in Österreich ein Mindestsatz für die Sollzinsen bekannt gegeben93• In Schweden enthält das Zinsgesetz von 1951 die Ermächtigung an die Reichsbank, für die Sollzinsen Mindestsätze festlegen zu können94• Bis auf England und die Vereinigten Staaten ist also in den genannten Ländern eine staatliche Regelung der Sollzinssätze vorhanden. Die Notenbankpolitik wird also durch die Festsetzung der Mindestsätze unterstützt. In den angelsächsischen Ländern besteht de facto über das System der primerateebenso eine enge Verbindung zwischen der Diskontpolitik und den Konditionen für Bankkredite. Die Verbindung der Konditionen mit der Kreditpolitik ist also sehr wichtig, wenn die Maßnahmen der Notenbank im Bankensystem ihren Niederschlag finden sollen. An Hand dieser wenigen Beispiele sollte gezeigt werden, daß deshalb auch in anderen Ländern institutionelle Regelungen getroffen sind oder de facto bestehen, die diese Verbindung sichern. Da die Festsetzung der Sollzinsen aber nicht isoliert gesehen werden kann, sondern in Beziehung zu der Regelung der Habenzinsen gebracht werden muß, ist zu untersuchen, wie die Maßnahmen der Notenbank von daher unterstützt oder durchkreuzt werden können. Im Sinne der Notenbank müßten auch die Konditionen für die Bankeinlagen zusammen mit der Sollzinsregelung ihre Politik unterstützen. Im Gegensatz zur Sollzinsregelung sind die Konditionen für die Einlagen jedoch nicht direkt an den Diskontsatz gekoppelt, sondern sie werden in Deutschland jeweils nach den Diskontveränderungen neu festgesetzt. Vor dem lokrafttreten des neuen KWG von 1961 berieten im Zentralen Kreditausschuß die Spitzenverbände der verschiedenen Institutsgruppen über die Neuanpassung und unterbreiteten anschließend dem Sonderausschuß Bankenaufsicht entsprechende Vorschläge. Der Sonderausschuß empfahl dann seinerseits den einzelnen Ländern, die so be92 Vgl. zu diesen Ausführungen insbes. Veit, Otto, Die veränderte Währungspolitik, a. a. 0 ., S. 89, und auch Schreihage, Heinrich, Wettbewerb und Wettbewerbsbeschränkung im Kreditgewerbe, a. a. 0 ., S. 18. 93 Vgl. dazu Veit, Otto, ebd., S. 138. 94 Vgl. Helander, Sven, Ein Zinsgesetz in Schweden, a. a. 0., S. 26.
1 Buschmann
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
schlossenen Sätze für die Einlagen in Kraft zu setzen. Dieses Verfahren entwickelte sich auf Grund der besonderen Bedingungen nach dem Kriege; denn Mehrheitsbeschlüsse der Spitzenverbände wären eine Kartellabrede im Sinne der damaligen Militärregierungsgesetze gewesen. Nach dem neuen Kreditwesengesetz fällt dieses Verfahren fort, die Habenzinsen werden durch Anordnung direkt erlassen. Die Problematik, die vor dieser Regelung an den Schwierigkeiten sichtbar wurde, die im Zentralen Kreditausschuß auftauchten, bleibt aber trotzdem bestehen. Sie besteht darin, daß die Interessen aller Institutsgruppen berücksichtigt werden sollen, zum anderen aber auch eine Regelung der Habenzinssätze gefunden werden soll, die den Vorstellungen der Notenbank entspricht. Gerade bei der Anpassung der Sätze für befristete Einlagen und Spareinlagen treten diese Spannungen auf Grund der unterschiedlichen Interessenlage zwischen den einzelnen Institutsgruppen hervor, wie bereits gezeigt werden konnte. Sie werden aber auch dann verschärft, wenn die Vorstellungen der Notenbank über die konjunkturelle Lage und über das entsprechende Ausmaß der Zinssatzveränderungen von der Beurteilung der Institutsgruppen abweichen. Wenn auch aus den obengenannten Gründen die Diskonterhöhungen nicht immer unbedingt im gleichen Ausmaß bei den Sollzinsen ihren Niederschlag gefunden haben, so sind doch durch die Bindung an den Diskontsatz viel häufiger und direkter Veränderungen der Debetzinsen vorgenommen worden als bei den Habenzinsen. Die kleineren und mittleren Banken, besonders im privaten Bankgewerbe und im genossenschaftlichen Banksektor, sind von dieser Senkung der Sollzinsen ohne eine entsprechende Herabsetzung der Habenzinsen am stärksten betroffen worden. Die empfindliche Minderung der Rentabilität95 hätte sich aber nur durch eine entsprechende Anpassung der Habenzinsen- was auch ganz im Sinne der Notenbank war - erreichen lassen, eine Maßnahme, die jedoch den Interessen der Sparkassen zuwiderläuft. Auch wenn man berücksichtigt, daß ein hoher Spareinlagenzins nicht unbedingt der Anreiz zur Erhöhung der Spareinlagen sein wird, kann doch dem Argument der Sparkassen, daß der Sparzins nicht zu tief sinken dürfte, eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden. Umgekehrt möchten die Sparkassen einen zu hohen Sparzins vermeiden, der bei einer Diskontveränderung wieder zu schnell nach unten hin angepaßt werden müßte. Wie die Sparkassen überhaupt 95 Angaben für das erste Halbjahr 1958 für Regionalbanken ohne Filialen: Zinsspanne 1,7 °/o, für einzelne Institute sogar nur 1 Ofo. Die Zinsspanne lag 40 °/o unter dem Höchststand von 1950. Vgl. dazu N. N., Schrumpfende Bankenzinsspanne, a. a. 0., S. 835; er fußt auf Angaben eines Berichtes des privaten Bankgewerbes.
III. Auswirkunge n der Vereinbarung en über Konditionen
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seit dem Abschluß der ersten Vereinbarun gen immer wieder betont haben, daß der Sparzins sich mehr nach dem Kapitalmark tzins zu orientieren habe und deshalb auch nicht mit dem Diskontsatz ohne weiteres immer verändert werden dürfte. Auf diesen Gedanken beruhen auch die Vorschläge der Sparkasseno rganisation, denen sich die Volksbanken angeschlosse n haben, allein den Zinssatz für langfristige Spareinlagen, d. h. für solche mit jährlicher Kündigungsf rist, heraufzusetz en, um damit der Kapitalmark torientierung dieser Einlagenart besser und deutlicher Rechnung zu tragen. Bei den Beratungen dieses Vorschlages hat die Notenbank Bedenken erhoben, weil sie Rückwirkun gen auf das gesamte Zinsgefüge erwartet und letztlich ein Ansteigen aller Bankzinsen und damit der Kreditkosten befürchtet86 • Es kann nicht die Absicht der Notenbank sein, im Zuge ihrer Politik die Spartätigkei t indirekt zu hemmen. Die eigentlichen Gegensätze zwischen der Notenbank und den Sparkassen entzünden sich auch nicht so sehr an der Höhe des Sparzinses als vielmehr daran, daß die Notenbank die Anpassung der Habenzinsen mehr im Zusammenh ang mit der Veränderung der Sollzinsen sieht, während die Sparkassen bei Veränderung der Habenzinssä tze die Stetigkeit des Sparzinses sichern möchten. Die Problematik der gegensätzlic hen Zielsetzunge n der Notenbank und der Sparkassen lassen sich besonders gut an dem Streit um die Habenzinsre gelung im Herbst 1959 veranschauli chen. Nach der Diskonterhö hung87 hatten sich die Spitzenverb ände im Zentralen Kreditaussch uß geeinigt, die Habenzinsen zwar zu erhöhen, 86 Vgl. im einzelnen die Diskussionen zu diesem Vorschlag, der noch weiter beraten wird; u. a. folgende Pressenotizen N. N., Neuer Vorschlag der Sparkassen, in: Die Welt Nr. 261 vom 7. November 1962, S. 16; Josef Hoffmann, Mindestens viereinhalb Prozent - Eine Lanze für den kleinen Mann, in: Die Welt Nr. 40 vom 16. Feb. 1963, Wilhelm Könneker, Die Wirtschaft braucht billige Kredite, in: Die Welt Nr. 40 vom 16. Feb. 1963 und die anderen in diesem "Das Forum der Welt" veröffentlichten Aufsätze. N. N., Sparzinsen differenzieren in: Die Welt Nr. 7 vom 9. Jan. 1963, S. 12. Dort wird der in dieser Diskussion von der Bankenaufsic htsbehörde vorgebrachte Vorschlag diskutiert, für Spareinlagen mit "langer faktischer Laufzeit" nachträglich einen Bonus zu gewähren. Kurt Hunscha, Zur Diskussion um die Sparzinsen, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 16. Jg. 1963, Nr. 2, S. 68 ff. N. N., Um den Sparzins, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 15. Jg. 1962, Nr. 23, S. 1076. 97 Vgl. die Verhandlunge n um die Anpassung der Habenzinsen im Herbst 1959 nach Berichten in: Die Welt, N. N., "Diskontsatz auf 4 °/o erhöht", Nr. 247 vom 13.10. 1959, S. 13; N. N., "Neue Habenzinsen im nächsten Monat", Nr. 250 vom 27.10.1959, S. 17; Rudolf Herlt, "Das neue Zinsniveau", Nr. 251 vom 18. 10. 1959, S. 13; N. N., "Einigung über Habenzinsen", Nr. 256 vom 3. 11. 1959, S. 11; N. N., "Kompromiß bei den Habenzinsen", Nr. 257 vom 4.11.1959, S. 11; R. H., "Paukenschlag" und N. N., "Bankaufsich t gegen Habenzins-Vorschlag", beide in Nr. 260 vom 7. 11. 1959, S. 9; N. N., "Einigung über Habenszinsen", Nr. 265 vom 13. 11. 1959, S. 13; N. N., "Der Sparzins wird erhöht", Nr. 266 vom 14. 11. 1959; Rudolf Herlt, "Wann kann der Kapitalzins wieder sinken?" Nr. 271 vom 21. 11. 1959, S. 20.
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D. Unter den Gesichtspunkten der Bankenaufsicht
aber unterproportional im Verhältnis zur Heraufsetzung des Diskontsatzes. Einmal wollten die Banken durch dieses "Zurückbleiben" mit den Habenzinsen ihre Rentabilität verbessern, die vor allem durch die Erhöhung der Mindestreservesätze empfindlich beeinträchtigt worden war. Zum anderen befürchteten die Banken auch bei einer starken Erhöhung der Habenzinsen in kurzer Zeit wieder die Sätze bei einer Diskontherabsetzung senken zu müssen, zumal die Bundesbank eine bewegliche Handhabung der Diskontpolitik angekündigt hatte. Besonders die Sparkassen machten diese Bedenken im Hinblick auf den Sparzins geltend, denn in einer Phase der beweglichen Diskontpolitik glaubten sie nicht jeder Diskontänderung mit dem Spareinlagensatz folgen zu können. Der Sonderausschuß Bankenaufsicht hat aber dann- unter dem Einfluß der Notenbank- die Vorschläge des Zentralen Kreditausschusses zurückgewiesen und auf einer stärkeren Anhebung der Habenzinsen bestanden. In der damaligen Situation konnte sich die Notenbank durchsetzen, vor allem mit dem Hinweis auf die Konditionen des Auslands und die Verhältnisse am Kapitalmarkt. Die Bedeutung der Habenzinsregelung für die Notenbankpolitik sollte am Beispiel dieser Auseinandersetzung verdeutlicht werden; denn die Höhe der Einlagenzinsen kann nicht nur unter Rentabilitätsgesichtspunkten bestimmt werden. Es kann nicht im Interesse der Notenbank - und schon gar nicht der Bankenaufsicht - liegen, die Rentabilitätsgrundlage der Banken zu sehr einzuengen, ist doch eine ausreichende Rentabilität notwendige Voraussetzung zur Bildung von Rücklagen. Die Beeinflussung der Sollzinsen durch die Bindung an den Diskontsatz ist jedoch allein für die Notenbank nicht ausreichend. Wenn ihre Maßnahmen im Zinsniveau ihren Niederschlag finden sollen, müssen auch die Habenzinssätze entsprechend geändert werden, da die Zinsen, die die Banken für die Einlagen gewähren, ihre Geldbeschaffungskasten sind, die sich in den Sollzinsen widerspiegeln98 • Die Frage ist aber, wieweit der Einfluß der Notenbank bei der Regelung der Konditionen institutionell gesichert werden kann und ob ihr Einfluß nur dann gewährleistet ist, wenn sowohl eine automatische Anpassung der Soll- als auch der Habenzinsen erfolgt99 • Im neuen Kreditwesengesetz von 1961 ist das Verfahren der Zinsfestsetzung dahingehend geändert worden, daß Rechtsverordnungen über Konditionen 98 Kaiser, Albrecht, Habenzinsbefehl statt Habenzinsabkommen, in: Zeitschr. f. d. ges. Kreditw., 13 Jg. 1960, Nr. 8, S. 317 f. 99 Vgl. dazu Kaiser, Albrecht, Habenzinsbefehl statt Habenzinsabkommen, a. a. 0., S. 317 ff.; HagenmüHer, K. F., Zinsabkommen und Diskontsatz, in: Blätter f. Genossenschaftswesen, 102. Jg. 1956, Nr. 13, S. 385 f.
III. Auswirkungen der Vereinbarungen über Konditionen
101
und allgemeine Wettbewerbsfragen vom Bundeswirtschaftsminister (bzw. nach der Delegation auch durch das Bundesaufsichtsamt) nur im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank ergehen können. Das Interesse der Bundesbank ist so gesichert, aber die Mitwirkung der Spitzenverbände im Zentralen Kreditausschuß gerät in Fortfall. Allerdings müssen vor Erlaß der Verordnungen die Spitzenverbände des Kreditwesens gehört werden100• In dieser neuen Regelung wird demnach der Einfluß der Spitzenverbände zugunsten der Interessen der Notenbank mehr eingeschränkt. Da das Interesse der Gewinnerzielung, das grundsätzlich auch für die öffentlichen Banken gilt101, aber mit den Zielen der Notenbank und der Bankenaufsicht kollidieren kann, wird auch die Frage der Zinsregelung immer wieder problematisch sein, unabhängig davon, wie das Verfahren der Zinsfestsetzung im einzelnen geregelt ist. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Abkommen über die Konditionen die Wirksamkeit der Notenbankpolitik, insbesondere der Diskontpolitik, unterstützen können, und zwar je mehr über die Abkommen eine entsprechende und rasche Anpassung der Bankkonditionen gewährleistet wird. Dem stehen jedoch Schwierigkeiten im Wege, die sich zumeist aus der unterschiedlichen Interessenlage der verschiedenen Institutsgruppen ergeben. Die Auswirkungen der Abkommen sind also nicht nur für die Bankenaufsicht im engeren Sinne, sondern auch für die Notenbankpolitik von Bedeutung. Diese Tatsache muß beachtet werden, weil sie in den Begründungen für die Zinsbindung eine Rolle spielt, es erklärt sich daraus auch die Notwendigkeit, die Interessen der Notenbank bei der Festsetzung der Konditionen genügend zu sichern.
100 Vgl. dazu § 23 Abs. III Kreditwesengesetz vom 10. 7.1961, ZimmererSchönle, Kreditwesengesetz, a. a. 0., S. 197 ff., Ferner KWG-Entwurj, Begrün-
dung S. 25, 36 f. und 60. 101 Die öffentlichen Banken sind zwar nicht in der Weise wie die privaten Geschäftsbanken darauf ausgerichtet, einen Gewinn zu erzielen, da ihnen nach ihren Satzungen und Statuten in erster Linie Aufgaben gemeinnütziger Art zugewiesen worden sind. Dennoch müssen aber auch sie einen Gewinn erwirtschaften, um entsprechende Sicherheitsrücklagen bilden zu können.
E. Die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse unter den Gesichtspunkten der Kartellgesetzgebung Die Entwicklung der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen im Kreditwesen ist an anderer Stelle ausführlich dargestellt worden. Vor dem Hintergrund der Eigenarten der Entstehung und Entwicklung der Zusammenschlüsse und Vereinbarungen ist deutlich geworden, was im letzten Abschnitt besonders hervorgehoben worden ist, warum die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse in solch umfassender Weise in den Gesamtrahmen der deutschen Bankenaufsicht eingefügt worden sind und welche Bedeutung sie hier erlangt haben. Bei diesen Betrachtungen ist die Frage, ob und inwieweit die Vereinbarungen und Zusammenschlüsse mit dem Ziel der Aufrechterhaltung des Wettbewerbs zu vereinbaren sind, bereits mehrfach angeklungen. Im folgenden soll nun diese Frage grundsätzlich untersucht werden. Dabei verbietet sich eine isolierte Betrachtung der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse unter den Gesichtspunkten der Kartellgesetzgebung. Vielmehr muß dieser Fragenkreis im Zusammenhang mit den anderen Wettbewerbsproblemen im Kreditwesen gesehen werden. Dazu ist es erforderlich, zunächst auf die Hauptziele der Kartellgesetzgebung einzugehen und die Schwierigkeiten aufzuzeigen, die sich aus der Sonderstellung des Kreditwesens ergeben und die einer uneingeschränkten Anwendung der Kartellgesetzgebung auf das Bankensystem im Wege stehen. Daran anschließend kann dann die Problematik der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse im einzelnen näher geprüft werden. I. Das Bankensystem in der Kartellgesetzgebung 1. Die Hauptziele der Kartellgesetzgebung
Wie zu Beginn eingehender dargestellt worden ist, beruht das klassische System der Wirtschaft auf dem Gedanken, daß über das Wirken des Markt- und Preismechanismus die "natürliche Ordnung" von Wirtschaft und Gesellschaft am besten zu verwirklichen sei und daß deshalb alles darauf ankomme, diesen Automatismus nicht durch staatliche Eingriffe zu stören. Die klassisch-liberale Wirtschaftsauffassung ist durch die wirtschaftliche Entwicklung nicht bestätigt worden, im
I. Das Bankensystem in der Kartellgesetzgebung
103
Gegenteil. Die marktmechanische Lenkung vermochte nicht, jene Ordnung des gesamten Wirtschaftslebens herbeizuführen, die den Klassikern vorschwebte. Vielmehr entwickelten sich aus dem freien Spiel der Kräfte jene Störungen, die zu einer weitgehenden Ausschaltung und Denaturierung des klassischen Ordnungsprinzips führten. Die Klassiker hatten wohl schon vereinzelt erkannt, daß ihr System auf gewissen Voraussetzungen beruhte, diese waren ihnen aber so selbstverständlich und geläufig, daß sie nicht übersahen, welche Folgen eintreten konnten, wenn diese Voraussetzungen nicht mehr erfüllt waren. Nach den großen Wirtschaftskrisen sind diese Mängel des klassischen Systems besonders zutage getreten, und es sind auf vielen Gebieten Versuche unternommen worden, diese Gefahren zu verhindern. Auch die Einführung der Bankenaufsicht kann als eine Reaktion auf solche Krisen angesehen werden. Diese Gegenmaßnahmen sind aber meistens nur eine ganz bestimmte Antwort auf spezielle Fehlentwicklungen gewesen, ohne daß sie aufeinander abgestimmt worden wären oder der Versuch unternommen worden wäre, sie mit dem Gesamtsystem der Marktwirtschaft in Einklang zu bringen. Mit einer Politik des "punktuellen Interventionismus" 1 ist versucht worden, das Versagen des klassischen Ordnungsprinzips zu korrigieren. Das Ergebnis davon ist gewesen, daß das klassische Prinzip durch "ein buntes Nebeneinander ganz verschiedener Koordinationsprinzipien" 2 ersetzt worden ist. Aus der Einsicht heraus, daß das freie Spiel der Kräfte selbst Prozesse auslöst, die das System der Marktwirtschaft aushöhlen, entwickelte der Neoliberalismus eine neue Konzeption der Wirtschaftspolitik, die gleichzeitig auch dem "ordnungspolitischen Schlendrian" 3 ein Ende bereiten wollte. Im folgenden sollen nun die wichtigsten Gedanken des Neoliberalismus kurz erörtert werden, weil gerade sie für die Kartellgesetzgebung bedeutsam geworden sind, ohne daß damit gesagt werden soll, daß ausschließlich neoliberale Vorstellungen der Kartellgesetzgebung zugrunde liegen. Nach neoliberaler Auffassung kommt es darauf an, die automatische Lenkung der klassischen Marktwirtschaft, die nur unter ganz bestimm1 Schiller, Karl, Neuere Entwicklungen in der Theorie der Wirtschaftspolitik, Vorträge und Aufsätze Nr. 1 Hrsg. Walter Eucken-Institut, Tübingen 1958, S. 11. 2 Böhm, Franz, Wirtschaftsordnung und Staatsverfassung, in: Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart, Heft 153/154, Tübingen 1950, S. 23. 3 Schiller, Karl, Einige Bemerkungen über Modelltheorie und Wirtschaftsgestaltung, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, Hrsg. Heinz-Dietrich Ortlieb, Zur Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft, Festausgabe für Eduard Heimann, Tübingen 1959, S. 276.
104.
E. Unter den Gesichtspunkten der Kartellgesetzgebung
ten, in der Wirklichkeit kaum vorhandenen Bedingungen zum Gleichgewicht führt, durch eine bewußte Gestaltung der Wirtschaftsordnung zu ersetzen. Darin besteht, wie Eucken es formuliert, die Hauptaufgabe der Wirtschaftspolitik, "den Preismechanismus funktionsfähig zu machen"4. Im Unterschied zur klassisch-liberalen Wirtschaftspolitik weisen die Neoliberalen dem Staat diese bedeutsame Aufgabe zu, durch eine "positive wirtschaftliche Ordnungspolitik" 5 den Rahmen zu schaffen, in dem der Preis- und Marktmechanismus jene Zielsetzungen erfüllen kann, die sich die Klassiker von ihm erhofften. Die Neoliberalen gehen also im Gegensatz zu den Klassikern über jene Mindestanforderungen, die der Staat in seiner Laissez-faire-Rolle zu erfüllen hatte, hinaus, indem sie die staatliche Festsetzung, Kontrolle und gegebenenfalls auch die Korrektur der "Spielregeln" 6 verlangen. Es geht darum, gewisse Voraussetzungen zu schaffen und zu garantieren, wie z. B. die Sicherung des Privateigentums und der Vertragsfreiheit, die grundsätzliche Öffnung der Märkte und die Schaffung einer stabilen Geldordnung, um die Wettbewerbsordnung herzustellen und dann laufend funktionsfähig zu erhalten. Im Gesamtzusammenhang dieser Politik hat der Staat die wichtige Aufgabe, Machtzusammenballungen jeder Art, die das System der vollständigen Konkurrenz stören, zu verhindern oder, wenn sie auf Grund besonderer Bedingungen nicht zu vermeiden sind, sie doch einer umfassenden staatlichen Kontrolle zu unterwerfen, um sie soweit wie möglich zu einem wettbewerbskonformen Verhalten zu zwingen. Hier liegt der Ansatzpunkt der Kartellgesetzgebung, die im Sinne dieser Politik um so besser und erfolgreicher sein wird, je mehr die entsprec..h.enden Überwachungsorgane mit Machtmitteln ausgestattet werden, die geeignet sind, diese Zusammenschlüsse zu beschränken. Nun ist aber eine Kartellgesetzgebung nicht erst vom wissenschaftlichen und politischen Neoliberalismus gefordert worden, sondern schon um die Jahrhundertwende wurde in Deutschland das Kartellproblem diskutierF. In den meisten Ländern hat der Staat jedoch erst nach dem ersten Weltkrieg und besonders in den Krisenjahren seine Neutralität gegenüber den Zusammenschlüssen aufgegeben und versucht, besonders auf die Kartellbildung aktiv Einfluß zu nehmen. Diese staatliche 4 Eucken, Walter, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, Bern und Tübingen 1952, s. 255. 5 Vgl. Eucken, Walter, Grundsätze ..., a. a . 0., S. 255. 6 Vgl. Eucken, Walter, Grundsätze ... , a. a. 0., S. 246. Zu den folgenden Prinzipien siehe S. 254 ff. 7 Vgl. zum folgenden insbesondere Voigt, Fritz, Artikel "Unternehmungszusammenschlüsse (III)", a. a. 0 ., S. 565 ff. und Voigt, Fritz, German experience with cartels and their control during pre-war and post-war periods, in: Competition, Cartels And Their Regulation, Hrsg. John Perry Miller, Amsterdam 1962, S. 169 ff.
I. Das Bankensystem in der Kartellgesetzgebung
105
Politik war aber weitgehend am Mißbrauchsprinzip orientiert, d. h., der Staat duldete grundsätzlich die Zusammenschlüsse, nur wenn sie ihre Machtstellung mißbrauchten, griff der Staat ein. Die Eingriffsmöglichkeiten waren in der Regel nur sehr generell festgelegt, der Wettbewerb wurde deshalb auch nur in geringem Umfange geschützt. In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde jedoch schon sehr frühzeitig eine aktivere Politik gegenüber den Zusammenschlüssen in der Wirtschaft eingeleitet, die schon bald in den Gesetzgebungen der Einzelstaaten und des Bundes ihren Niederschlag fand. Die auf dem Verbotsprinzip beruhende scharfe Antitrust-Gesetzgebung der Vereinigten Staaten geht auf die Vorstellungen der ersten Einwanderergenerationen zurück, die Machtzusammenballungen jeder Art gerade auch im Bereich der Wirtschaft verhindern wollten. Während in Europa fast überwiegend nur Kartelle im Mittelpunkt der staatlichen Maßnahmen standen, richtete sich die staatliche Politik in den Vereinigten Staaten gerade auch gegen Machtanhäufungen über Konzentrationsprozesse. Warum sowohl die Gesetzgebung in den europäischen Ländern - darunter besonders in Deutschland- als auch in den Vereinigten Staaten die Zusammenschlußbestrebungen nicht in dem Maße aufzuhalten vermochten, wie es sich die Gesetzgeber vorgestellt hatten, muß aus den Gesetzen der Marktwirtschaft heraus erklärt werden. Hier kann jedoch dieses Problem nicht weiter untersucht werden. Auf die staatliche Politik der Mißbrauchsgesetzgebung folgte in Deutschland die weitgehende Einbeziehung der Kartelle in die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik. Es ist wichtig, auf diese Entwicklung hinzuweisen, weil die Verbotsgesetzgebung nach dem Kriege auch als eine Antwort auf diese Wirtschaftspolitik verstanden werden muß. Wenn auch die heutige Kartellgesetzgebung stark durch das neoliberale Gedankengut beeinftußt worden ist, so finden sich die Befürworter einer wirksamen Kartellgesetzgebung aber nicht nur unter den Vertretern des wissenschaftlichen und politischen Neoliberalismus8 • Das deutsche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist dann schließlich nach langen Beratungen im Oktober 1957 angenommen worden. Im Grundsatz beruht es auf dem Verbotsprinzip, auch wenn im einzelnen viele Ausnahmen zugelassen worden sind. Es trägt zu sehr die Züge des Kompromisses, als daß es noch den ursprünglichen Vorstellungen vom "Grundgesetz der Marktwirtschaft" entspräche; es hat sich aber gezeigt, daß bei allen Meinungsverschiedenheiten eine unbeschränkte 8 So geht u . a. "der freiheitliche Sozialismus eine Strecke gemeinsam mit den neuliberalen Kämpfern, die gegen die dem Markte erwachsenen Wettbewerbsbeschränkungen aufgestanden sind und zu Felde ziehen". Schiller, Karl, Sozialismus und Wettbewerb, Harnburg 1955, S. 30.
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E. Unter den Gesichtspunkten der Kartellgesetzgebung
Freiheit der Kartelle nicht mehr befürwortet wird9 • Es kann hier nicht die Aufgabe sein, dieses Gesetz eingehend darzustellen, es wird nur insoweit auf seine Hauptvorschriften einzugehen sein, als diese speziell das Kreditwesen betreffen. 2. D i e P r ob 1 e m a t i k d e r A n w e n d u n g der Kartellgesetzgebung auf das Bankensystem Jede Kartellgesetzgebung, mit der nicht nur die schlimmsten Mißbräuche und Zusammenschlüsse verhindert werden sollen, sondern die darüber hinaus ein bestimmtes Ordnungsbild, wie z. B. das neoliberale, in der Wirtschaft verwirklichen will, ist vor die Frage gestellt, ob nur die Fehlentwicklungen der laissez-faire-Wirtschaftspolitik und die halben Maßnahmen des punktuellen Interventionismus für das Versagen des Konkurrenzprinzips und die Entstehung der Zusammenschlüsse verantwortlich gemacht werden können. Angesichts der Wandlungen in der Marktwirtschaft kann diese Frage dahingehend verändert werden, ob es überhaupt möglich ist, Zusammenschlüsse zu verhindern, und dort, wo sie unvermeidlich sind, sie so umfassend zu kontrollieren, daß sie zu einem wettbewerbskonformen Verhalten gezwungen sind. So sehr auch eine fehlerhafte staatliche Wirtschaftspolitik und eine unzulängliche Gesetzgebung die Bildung von Kartellen und anderen Zusammenschlüssen gefördert haben mögen, ist es doch eine einseitige Überschätzung dieser Ursachen, wenn ihre Entstehung nur darauf zurückgeführt wird10• Vielmehr liegen die Faktoren, die die Zusammenschlüsse hervorrufen und begünstigen, im System der Marktwirtschaft begründet. Eine Kartellgesetzgebung, die darauf keinen Einfluß zu gewinnen vermag, wird deshalb letztlich gegenüber den Machtgebilden in der Wirtschaft ergebnislos bleiben. Das besagt nicht, daß die Kartellgesetzgebung damit bedeutungslos wird. Auch wenn sie auf Grund dieser Faktoren die Entstehung von Machtgebilden nicht unbedingt verhindern kann, so kann sie doch durch die Kontrolle der Macht und oft schon durch ihr Vorhandensein wirksam werden. Allerdings kann demgegenüber die neoliberale These, daß sich der Staat auf die "Politik der Wettbewerbsordnung" 11 beschränken müsse und sich weiterer Maßnahmen enthalten solle, nicht aufrechterhalten werden. Darüber hinaus wird in der heutigen Marktwirtschaft nicht auf allen Märkten über den Wettbewerb ein funktionierendes Preissystem instal9 Vgl. Voigt, Fritz, German experience with cartels and their control ... , a. a. 0., S. 190. 10 Vgl. dazu und zum folgenden Voigt, Fritz, Artikel "Unternehmungszusammenschlüsse (III)", a. a. 0 ., S. 577, und ders., German experience with cartels and their control ..., a. a. 0., S. 197 ff. 11 Eucken, Walter, Grundsätze ..., a. a. 0., S. 254 ff.
I. Das Bankensystem in der Kartellgesetzgebung
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liert und erhalten werden können. Die Kartellgesetzgebung kann nicht unberücksichtigt lassen, daß in allen marktwirtschaftliehen Wirtschaftsverfassungen bestimmte Bereiche mehr oder weniger der Lenkung durch den Marktautomatismus entzogen und anderen Ordnungselementen unterworfen worden sind. Es sei in diesem Zusammenhang nur an die straffen Marktordnungen in fast allen Ländern für den Agrar- und Ernährungssektor erinnert. Im folgenden muß nun geprüft werden, in welchem Umfang die besonderen Bedingungen und Voraussetzungen im Kreditwesen in der Kartellgesetzgebung berücksichtigt werden können und müssen. Auch wenn in einer Kartellgesetzgebung nicht das Mittel gesehen wird, ein bestimmtes Ordnungsbild zu verwirklichen, sondern wenn sie lediglich als Instrument der staatlichen Wirtschaftspolitik betrachtet wird, um den "Halbautomaten"12 des Marktmechanismus' in Gang zu halten, verdient die Frage der Ausnahmebereiche eine gründliche Prüfung, wenn nicht von vornherein die Wirksamkeit der Kartellgesetzgebung durch eine Fülle von Ausnahmen ausgehöhlt werden soll. Gerade auch von neoliberaler Seite wird die Sonderstellung bestimmter Bereiche in der Wirtschaft und hierbei insbesondere die des Bankensystems anerkannt und nicht in einem ordnungspolitischen Rigorismus die unbedingte Durchsetzung des Wettbewerbsprinzips in diesen Sektoren der Wirtschaft gefordert13 •
a) Die Sonderregelung für das Bankensystem im deutschen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Bei den Vorbereitungen zu einem deutschen Kartellgesetz ist von Beginn an die Sonderstellung bestimmter Bereiche in der Wirtschaft erkannt worden. Obwohl das deutsche Gesetz stark von neoliberalen Gedankengängen beeinflußt worden ist und mehr sein sollte als ein reines Kartellgesetz, wie auch in dem Titel "Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen" zum Ausdruck gebracht wird, ist jedoch von keiner Seite angestrebt worden, der Marktform des vollständigen Wettbewerbs auch im Geld- und Kreditsektor der Marktwirtschaft zum Durchbruch zu verhelfen. Im Gesetz wird berücksichtigt, daß in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft wegen der besonderen "historischen, technischen (oder) 12 Vgl. Schiller, Karl, Einige Bemerkungen über Modelltheorie und Wirtschaftsgestaltung, a. a. 0., S. 277. 13 Vgl. dazu Röpke, Wilhelm, Die Lehre von der Wirtschaft, a. a. 0., S. 127 ff., bes. S. 135, und auch ein unveröffentlichtes Gutachten von Röpke zu diesem Fragenkreis. Dort sagt er: "Der Bereich, innerhalb dessen wir den Wirtschaftsprozeß am besten der Selbststeuerung durch den Preismechanismus und den Wettbewerb überlassen, setzt voraus, daß wir das in bestimmten anderen Bereichen nicht tun, und der Bereich des Kreditwesens ist der wichtigste unter ihnen." Das Gutachten ist auszugsweise zitiert von A. Gnam, Eine Lücke im Kreditwesen- Gesetzentwurf, a. a. 0., S. 375.
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E. Unter den Gesichtspunkten der Kartellgesetzgebung
strukturmäßigen Gegebenheiten" notwendig nur ein unvollständiger Wettbewerb herrschen kann. Für den Geld- und Kreditbereich führt das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vornehmlich die Kreditund Währungspolitik an, die das freie Spiel der Kräfte dort verhindert14. An anderer Stelle wurden weitere Faktoren beleuchtet, die ebenso wettbewerbshemmend wirken können. Es liegt aber in der Grundkonzeption des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen begründet, auch in diesen Bereichen, in denen das Wettbewerbsprinzip nicht voll zum Zuge kommen kann, es so weitgehend wie möglich durchzusetzen. Daß auf Grund der besonderen Gegebenheiten im Geld- und Kreditsektor Ausnahmeregelungen im Kartellgesetz getroffen werden müßten, darüber bestand in den Beratungen wohl Einmütigkeit. Über das Ausmaß dieser Sonderbestimmungen gingen jedoch die Meinungen auseinander. Das wird besonders deutlich an der Frage, ob und inwieweit das Bankensystem der Aufsicht der Kartellbehörde unterstellt werden sollte und wie die Maßnahmen der Bankenaufsicht mit denen der Kartellbehörde abgestimmt werden sollten. Während der Beratungen zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen haben die Verbände der Kreditwirtschaft, der Bundestagsausschuß für Geld und Kredit und der Bundesrat den Standpunkt vertreten, daß es nicht zweckmäßig sei, das Bankensystem der Aufsicht der Kartellbehörde zu unterstellen15 • Im wesentlichen wurde die Herausnahme mit der Sonderstellung des Bankensystems b egründet, insbesondere m it der Bindung der Soll- und Habenzinsen an die Notenbankpolitik Nach dieser Auffassung gewährleistet bereits die bestehende Beaufsichtigung der Banken einen hinreichenden Schutz, zumal wenn die Bankenaufsicht noch mit einigen weiteren Befugnissen ausgestattet wäre, um auch in wettbewerbsmäßiger Hinsicht wirksame Maßnahmen ergreifen zu können. Demgegenüber hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, daß zwischen der Fachaufsicht16 und der neu zu schaffenden Aufsicht 14 Vgl. Deutscher Bundestag, zweite Wahlperiode, Drucksache 1158, Entwurf eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 22. Januar 1955, abgedruckt in: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, zweite Wahlperiode, Bd. 33, Bonn 1954/55, S. 23. 15 Vgl. Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministers (I. B. 5- 2632/55 vom 17. März 1956) zur Frage der Anwendung der Bestimmungen des Entwurfes eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf die Versicherungs- und Kreditwirtschaft, in: Wirtschaft und Wettbewerb, 6. Jg. 1956, Nr. 7/8, S. 558 ff. 16 Unter Fachaufsicht wird hier sowohl die Bankenaufsicht als auch die Versicherungsaufsicht verstanden. Bei der Einbeziehung des Versicherungsund Bausparwesens tauchen ähnliche Probleme auf wie bei der Einbeziehung des Bankensystems. Vgl. zu den besonderen Bedingungen der Versicherungswirtschaft Möller, Hans, Das Konkurrenzsystem im Versicherungswesen, a. a. 0., S. 1 ff.; zur Frage der Einbeziehung Schork, Ludwig, Banken und Versicherungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, in: Wirtschaft und
I. Das Bankensystem in der Kartellgesetzgebung
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nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ein grundsätzlicher Unterschied besteht, der eine solche Verknüpfung der Aufsicht verbietet17• Bei den Fachaufsichtsinstanzen steht im Vordergrund ihrer Tätigkeit die finanzielle Sicherheit der zu beaufsichtigenden Institute. Bei der Verfolgung dieser Aufgabe können die Fachaufsichtsbehörden geneigt sein, den Wettbewerb weiter einzuschränken, als es im Interesse des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen liegt. Gerade weil die Fachaufsichtsbehörden bei der Verwirklichung ihrer Aufgaben deshalb leicht mit den Zielsetzungen des Kartellgesetzes kollidieren können, hat der Regierungsentwurf (und später auch das gültige Gesetz) das Kreditwesen und die Versicherungswirtschaft in wettbewerbsmäßiger Hinsicht auch der Aufsicht der Kartellbehörde unterworfen. Dabei hat weiterhin der Gedanke eine Rolle gespielt, daß gerade jene Bereiche der staatlichen Aufsicht, die ganz bestimmte abgegrenzte Bereiche der Wirtschaft kontrollieren, eher in Gefahr geraten können, die Interessen dieses Wirtschaftszweiges gegenüber den allgemeinen Zielen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu befürworten und durchzusetzen18. Die Bundesregierung war der Meinung, daß der Spielraum, in dem im Geld- und Kreditsektor der Wettbewerb zur Entfaltung gelangen sollte, besser durch die Tätigkeit einer Behörde gewährleistet sei, die in der gesamten Wirtschaft für die Wettbewerbspolitik verantwortlich ist19• Die Gefahr, daß dadurch die Zielsetzungen der Bankenaufsicht und die Maßnahmen der Notenbank gefährdet und durchkreuzt werden könnten, ist dabei - nach Meinung der Bundesregierung - nicht so groß, daß sie die Ausgliederung des Bankensektors (bzw. auch der Versicherungswirtschaft) rechtfertigen könnten20• Um aber eine größtmögliche Zusammenarbeit der verschiedenen Aufsichtsinstanzen sicherzustellen, ist im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen festgelegt21, daß die Kartellbehörde nicht gegen die Ziele Wettbewerb, 8. Jg. 1958, Nr. 7/8, S. 429 ff.; Fincke, Eberhart, Sonderstellung der Versicherungswirtschaft im Kartellgesetz?, in: Versicherungswirtschaft, 6. Jg. 1951, Nr. 16, S. 336 ff; ders., Kartellprobleme der Versicherungswirtschaft, in: Wirtschaft und Wettbewerb, 4. Jg. 1954, Nr. 10, S. 621 ff.; Fischer, Curt Eduard, Versicherungswirtschaft und Wettbewerbsgesetz, in: Wirtschaft und Wettbewerb, 4. Jg. 1954, Nr. 1 S. 3 ff (1. Teil), und Nr. 5, S. 309 ff. (2. Teil). 17 Vgl. Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministers, a. a. 0., S. 558 ff. 18 Bei den Beratungen des neuen Kreditwesengesetzes wurde dieses Argument besonders vom Bundesrat gegen die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes angeführt, aber es verdient auch hier beachtet zu werden; vgl. KWGEntwurf, Stellungnahme des Bundesrates, S. 51. 19 Vgl. Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministers, a. a. 0., S. 566. 20 Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministers, a. a. 0., S. 558 ff. 21 Vgl. § 102 Abs. 2 bei Rasch, Harold, Wettbewerbsbeschränkungen Kartellund Monopolrecht, Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Herne-Berlin 1957, S. 187 f .
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E. Unter den Gesichtspunkten der Kartellgesetzgebung
der Bankenaufsicht tätig werden kann. Auf diese Weise ist ein Gegeneinander der Aufsichtsinsta nzen- beabsichtigt oder unbeabsichtigt ausgeschaltet. Diese Regelung ist jedoch in erster Linie eine Kompetenzabgrenzung unter juristischen Gesichtspunkten , die dahinterstehend e ökonomische Problematik, die sich aus der Einbeziehung des Bankensystems in die Kartellgesetzge bung ergibt, ist damit nicht endgültig geklärt. Jeder Versuch, diesen Fragenkreis gesetzlich zu regeln, wird diese grundsätzliche Problematik sichtbar werden lassen; dennoch ist es aber wichtig, eine Regelung zu treffen, die die Voraussetzunge n schafft, daß die Kartellbehörde und die Bankenaufsicht prinzipiell die gleichen Maßnahmen treffen22 • Dieses Ziel wäre wohl am besten zu verwirklichen, wenn die Aufsicht nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbe schränkungen der bereits bestehenden Bankenaufsicht zusätzlich mit übertragen würde, da die Bankenaufsicht sinstanzen für die speziellen Gegebenheiten des Bankensektors eine größere Erfahrung und Sachkenntnis besitzen. Aber auch diese Lösung wäre ein Kompromiß. Solange das Bankensystem auf Grund seiner besonderen Stellung nicht voll dem Wettbewerbspr inzip unterstellt werden kann, wird jede gesetzliche Regelung jeweils einseitig den Zielen der Bankenaufsicht oder denen der Kartellgesetzge bung besser gerecht werden. Im Gesetz gegen Wettbewerbsbe schränkungen ist dennoch daran festgehalten worden, auch das Bankensystem in wettbewerbspol itischer Hinsicht der Kartellbehörde zu unterstellen, um die Einheitlichkeit und die Schlagkraft der Aufsicht der Kartellbehörde zu erhöhen. Gerade auf Grund der Tatsache, daß die Banken durch ihre Politik die Zusammenschlüsse in der Wirtschaft mit begünstigt und insofern die Entwicklung mit gefördert haben, die die Kartellgesetzge bung verhindern will, sprechen auch für diese Regelung viele Gründe. Abgesehen von dieser Frage der Zuordnung der Bankenaufsicht und der Aufsicht durch die Kartellbehörde ist die Sonderstellung des Kreditwesens weitgehend im Gesetz gegen Wettbewerbsbe schränkungen berücksichtigt worden. So sind z. B. die Deutsche Bundesbank und andere Spezialkreditin stitute von vornherein ganz von den Bestimmungen des Gesetzes freigestellt; für das Kreditwesen insgesamt ist das Verbotsprinzip in ein Mißbrauchsprin zip umgewandelt worden, d. h. kartellmäßige Absprachen sind nicht grundsätzlich verboten, sie müssen nur 22 Vgl. zu dieser Forderung des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium, Der wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium, Gutachten vom 2. Oktober 1954; Thema: Fragen des Kartellproblems, die durch die bevorstehende Gesetzgebung aufgeworfen werden, in: Gutachten vom Dezember 1952 bis November 1954, III. Band, Göttingen 1955, s. 94.
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angemeldet werden, damit sie rechtskräftig werden23 • Solche Vereinbarungen zwischen den Instituten oder Institutsgruppen des Kreditwesens müssen bei der Bankenaufsicht angemeldet werden, die dann diese Meldungen an die Kartellbehörde weiterleitet. Damit soll eine möglichst weitgehende gegenseitige Information gesichert werden. Ebenso können auch kartellartige Vereinbarungen im Kreditwesen nur im gegenseitigen Einvernehmen für unwirksam erklärt werden. Diese Ausführungen über die Einflußnahme auf das deutsche Bankensystem durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen mögen hier genügen. Im folgenden soll zunächst gezeigt werden, wie die Sonderstellung des Bankensystems in der amerikanischen Antitrustgesetzgebung berücksichtigt worden ist. Daran anschließend wird dann die besondere Problematik der Vereinbarungen und Zusammenschlüsse unter Wettbewerbsaspekten systematisch weiter zu verfolgen sein. b) Sonderregelungen für das Bankensystem in der amerikanischen Antitrust-Gesetzgebung Das Bankensystem der Vereinigten Staaten weist gegenüber dem deutschen eine ganz andere Struktur auf, und es erscheint deshalb zunächst problematisch, die Frage der Anwendung der Kartellgesetzgebung auf das Bankensystem am Beispiel dieser beiden Länder darzustellen. Aus der Sonderstellung des Bankensystems entwickelt sich aber in jeder marktwirtschaftliehen Wirtschaftsverfassung die Problematik, wie diese Sonderstellung in der Kartellgesetzgebung berücksichtigt werden soll. Das gilt besonders für die Länder, in denen die Maßnahmen zur Erhaltung des Wettbewerbs sehr umfassend ausgestaltet worden sind. Insofern ist die amerikanische Antitrust-Gesetzgebung ein gutes Beispiel, um nachweisen zu können, daß die Frage der Abstimmung der Ziele der Bankenaufsicht mit denen der Kartellgesetzgebung nicht nur ein Problem der deutschen Wirtschaftspolitik ist. Weiterhin ist die Darstellung dieses Fragenkreises an Hand des Beispiels der Vereinigten Staaten deswegen sinnvoll, weil gerade die deutsche Kartellgesetzgebung in vieler Hinsicht durch die Vorstellungen, die in der amerikanischen Antitrust-Gesetzgebung zum Ausdruck kommen, beeinfiußt und bestimmt worden ist. Bevor jedoch auf die angeschnittene Problematik näher eingegangen werden kann, muß auf einige allgemeine Besonderheiten des amerikanischen Bankensystems und der amerikanischen Bankenaufsicht noch 23 Das Kreditwesen wird nach § 102 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen von den §§ 1 und 15 freigestellt; vgl. Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen von Rasch, H., S. 187 f.
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kurz hingewiesen werden. Während im deutschen Bankensystem die Universalbank als Banktyp vorherrschend ist, hat sich in den Vereinigten Staaten kein solch einheitlicher Banktypus herausgebildet. In ähnlicher Weise gilt das auch für die Bankenaufsicht, die nicht so einheitlich geregelt worden ist wie in Deutschland. Auf die Gründe dieser Entwicklung wurde bereits an anderer Stelle hingewiesen. Für das amerikanische Bankwesen ist jedoch seit den frühen Bankgründungen immer ein starker Wettbewerb zwischen den verschiedenen Banktypen kennzeichnend gewesen. Von staatlicher Seite wurde dieser Wettbewerb gefördert, weil man sich davon die Entwicklung eines Bankwesens erhoffte, das dem Charakter der amerikanischen Wirtschaft am besten entspräche. Deshalb wurde gerade die Gründung vieler, selbständiger Einzelbanken gefördert. Auf diese Weise hoffte man, den Wettbewerb ambestengesichert zu haben. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß in den Vereinigten Staaten wohl am frühesten in solch umfassenderWeise versucht worden ist, durch eine im Grundsatz scharfe Verbotsgesetzgebung die Bildung von Zusammenschlüssen zu verhindern. Mit Hilfe dieser Gesetzgebung ist es weitgehend gelungen, die Bildung von Zusammenschlüssen auf vertraglicher Basis, d. h. also in erster Linie von Kartellen, einzuschränken, allerdings mit der Ausnahme jener kartellähnlichen Zusammenschlüsse, die auch ohne Verträge und Rechtszwang wirksam sind24 • Andererseits hat die amerikanische Antitrust-Gesetzgebung nicht die große Zusammenschlußbewegung, die sich auf Eigentums- und Kapitalbasis vollzog, einzudämmen oder gar aufzuhalten vermocht. Diese Konzentrationsbewegung ist auch im Bankwesen zu beobachten, und sie hat sich gerade hier in den letzten Jahren erheblich verstärkt25 • Ähnlich wie in Deutschland bestehen auch in Amerika Verbindungen zwischen der Konzentration im industriellen Sektor und der Bankenkonzentration. Da die amerikanische Antitrust-Gesetzgebung aber grundsätzlich das Ziel verfolgt, alle wirtschaftlichen Machtzusammenballungen zu bekämpfen, stellt sich die Frage, ob und in welcher Weise die Antitrust-Gesetzgebung die Bankenkonzentration beeinflussen oder verhindern kann. 24 Vgl. dazu Voigt, Fritz, Artikel "Unternehmungszusammenschlüsse (III)", a. a. 0., S. 579, und Deutsche Kommission zum Studium von KarteHund Monopolfragen in den Vereinigten Staaten, vorläufiger Bericht, Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 250 vom 29. Dezember 1950, S. 7. 25 Vgl. dazu die Angaben bei: Kronstein, Heinrich, MiHer, John T., Schwartz, Ivo E., Modern American Antitrust Law, New York 1958, S. 208 f. Baumann, Wolfgang, Die Konzentration im amerikanischen Bankgewerbe, in: Wirtschaft und Wettbewerb, 6. Jg. 1956, Nr. 6, S. 439 ff.
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Zunächst muß festgestellt werden, daß in der amerikanischen Bankengesetzgebung selbst viele Vorschriften bestehen, die geeignet waren, die Bankenkonzentration lange Zeit hindurch zu begrenzen. Unter Wettbewerbsgesichtspunkten- aber auch aus politischen föderalen Überlegungen heraus- werden in den meisten amerikanischen Einzelstaaten Einzelbanken bevorzugt und die Gründung von Filialen stark erschwert, wenn nicht gar ganz ausgeschlossen26. Die Dezentralisation wurde aus Bedenken gegen die Machtanhäufung bei größeren Banken so sehr gefördert, daß sie sich zeitweilig sogar störend für die wirtschaftliche Entwicklung des gesamten Landes bemerkbar machte. Die Geschäftsbereiche der einzelnen Banken waren regional begrenzt, über die Grenzen der Einzelstaaten gingen sie nicht hinaus. Auch die auf Grund des "National Bank Act von 1863/64" neu gegründeten Nationalbanken wurden in ihrer Tätigkeit stark dadurch eingeengt, daß sie keine Filialen eröffnen durften27. Diese starke Dezentralisierung des Bankwesens erwies sich aber mit der wachsenden Industrialisierung des Landes so stark als Mangel, daß nach Auswegen gesucht wurde. Von staatlicher Seite wurden Reformen vorgenommen und das Federal Reserve System eingeführt. Diese Änderung bezog sich aber in erster Linie auf den Aufbau einer modernen Notenbankverfassung, weiterreichende Vorschläge, die auch die Zusammenarbeit der einzelnen Banken betrafen, wurden aus Bedenken gegen den Machtzuwachs nicht durchgeführt. Erst 1956 ist ein Gesetz (Bank Holding Company Act) in Kraft getreten, das die Expansionsbestrebungen der Banken und den Zusammenschluß auch über die Grenzen eines Bankdistrikts hinaus erleichtern soll28 • Mit der Zeit entwickelten sich im Bankwesen und in der Industrie neue Formen der Zusammenarbeit, mit denen die strengen staatlichen Vorschriften umgangen wurden. Einmal sicherten sich die großen Industriekonzerne ihren Einfluß bei vielen Banken, ohne sie miteinander zu verflechten. Auf diese Weise verfügten sie über einen entsprechenden finanziellen Rückhalt in der gesamten Bankenorganisation29. Zum anderen schlossen sich die Banken zu soge28 Vgl. zu den Bestimmungen über die Möglichkeiten der Filialgründungen in den Einzelstaaten, Ninety-third Annual Report of the Camptroller of the
Currency, 1955, S. 11 ff.
27 Hinzu kam das Verbot der dauernden Beteiligung bei anderen Banken und eine Begrenzung für Großkredite (nicht mehr als 10 Ofo des Eigenkapitals). Vgl. Jaffe, Edgar, Das englisch-amerikanische u. das französische Bankwesen, in: Grundriß der Sozialökonomik, V. Abt. II. Teil, Bankwesen, Tübingen 1915,
s.
206.
Vgl. Kronstein-Miller-Schwartz, ModemAmericanAntitrust Law, a. a. 0., S. 210 ff. und Baumann, Wolfgang, Die regionale Beschränkung der Unternehmensgröße im amerikanischen Bankwesen, in: Wirtschaftund Wettbewerb, 8. Jg. 1958, Nr. 1, S. 25 ff. 29 Vgl. Jaffe, Edgar, Das englisch-amerikanische und das französische Bankwesen, a. a. 0., S. 208. 28
8 Buschmann
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nannten Gruppen (groups) oder zu Ketten (chains) zusammen30, um auf diese Weise das Verbot der Filialgründung zu umgehen. Hierbei haben die groups mit der Zeit eine größere Bedeutung erlangt. Schließlich haben die Banken sich in dem Bestreben, ihren Einflußbereich auszudehnen, zu größeren Instituten zusammengeschlossen unter Aufgabe ihrer rechtlichen Selbständigkeit. Die Fusionen wurden zwar dadurch erschwert, daß sie an eine staatliche Genehmigung gebunden waren und auch die Holding-Gesellschaften der groups wurden einer Kontrolle unterstellt, aber die staatliche Bankengesetzgebung vermochte durch diese Bestimmungen den Trend zur Zusammenarbeit und zum Zusammenschluß nicht entscheidend zu bremsen und aufzuhalten. Es ist deshalb zu prüfen, ob und inwieweit die Antitrust-Gesetzgebung, die sich in erster Linie gegen industrielle Machtzusammenballungen richtete, die mit dieser Entwicklung verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen im Bankensystem zu verhindern suchte. Grundsätzlich gelten die Bestimmungen der Antitrust-Gesetze auch für die amerikanische Bankwirtschaft Es muß auf einige Besonderheiten dieser Gesetze hingewiesen werden, die einmal ihrer Anwendung auf die Zusammenschlußbestrebungen im amerikanischen Bankwesen im Wege gestanden haben und die zum anderen zum Ausdruck bringen, welche Schwierigkeiten bei einer Einbeziehung des Bankensytems in die Gesetzgebung zum Schutze des Wettbewerbs auftauchen. Die grundlegenden allgemeinen Antitrust-Gesetze, wie der Sherman Act von 1890 und der Clayton Act von 19143\ enthalten keine Son-
derbestimmungen, die ihre Anwendung auf wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen im Kreditwesen ausschließen oder einschränken32• Dennoch ist es nicht gelungen, die Konzentration im Bankwesen mit Hilfe dieser Bestimmungen aufzuhalten. Die Ursache ist darin zu sehen, daß die Verbotsbestimmungen des Sherman Act, die auch auf die Zusamrnenschlüsse im Kreditwesen anzuwenden wären, sich nur auf solche Wett30 Groups (Gruppen) = Zusammenschluß rechtlich selbständiger Banken, Kontrolle durch eine Gesellschaft (holding company), die selbst Bankgeschäfte durchführt oder nur die Kontrollfunktion ausübt; chain (Kette) = Zusammenschluß rechtlich selbständiger Banken, wirtschaftliche Kontrolle durch Aktienbesitz oder durch Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern. Vgl. v. Diest, Walther, Die gesetzliche Berichterstattung ... , a. a. 0., S. 10 f. 31 Vgl. Text der Bundes-Antitrust-Gesetze, Anhang zu Kronstein-MillerSchwartz, Modern American Antitrust Law, a. a. 0 ., S. 290 ff. 32 Vgl. dazu die Erklärung des Leiters der Antitrust-Abteilung des Bundesjustizministeriums "In the more than 60 years since the Sherman Act's passage no one has suggested its provisions did not apply to banks as to all other sectors of American business." Hearings before the Subcommittee on Antitrust and Monopoly of the Senate committee on the Judiciary, 84th Congr. 2nd Session, at 159 (1956), bei Kronstein, Miller, Schwartz, Modern American Antitrust Law, a. a. 0., S. 212 f.
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bewerbsbesc!1.ränkungen beziehen, die über die Grenzen eines Bundes· staates hinausgehen33• Auf Grund der besonderen Entwicklung des amerikanischen Bankensystems erwies sich diese Vorschrift als eine Lücke; denn die Bankenkonzentration über