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German Pages 317 [320] Year 1999
Christa Dürscheid Die verbalen Kasus des Deutschen
1749 o
1999
W DE G
Studia Linguistica Germanica
Herausgegeben von Stefan Sonderegger und Oskar Reichmann
53
Walter de Gruyter · Berlin · New York 1999
Christa Dürscheid
Die verbalen Kasus des Deutschen Untersuchungen zur Syntax, Semantik und Perspektive
Walter de Gruyter · Berlin · New York 1999
Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
Die Deutsche Bibliothek —
CIP-Einheitsaufnahme
Dürscheid, Christa: Die verbalen Kasus des Deutschen : Untersuchungen zur Syntax, Semantik und Perspektive / Christa Dürscheid. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1999 (Studia linguistica Germanica ; 53) Zugl.: Köln, Univ., Habil.-Schr., 1998 ISBN 3-11-016492-2
© Copyright 1999 by Walter de Gruyter GmbH Sc Co. KG, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Druck: Werner Hildebrand, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin
Vorwort
Das vorliegende Buch stellt die leicht überarbeitete und aktualisierte Fassung meiner Habilitationsschrift dar, die ich im Frühjahr 1998 abgeschlossen habe. Die Vorarbeiten sind während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin am Institut für deutsche Sprache und Literatur der Universität zu Köln und als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung fur Sprachliche Informationsverarbeitung der Universität zu Köln entstanden. Ein Habilitationsstipendium der DFG gab mir im Anschluß daran die Möglichkeit, mich ganz der Fertigstellung der Arbeit zu widmen. In die Untersuchung sind fachliche Anregungen und konstruktiv-kritische Hinweise von Kolleg(inn)en und Freund(inn)en eingegangen, von denen ich hier nur einige nennen kann: Vilmos Agel, Ulrike Fehlisch, Jürgen Lenerz, Akio Ogawa, Karl Heinz Ramers, C. Maria Schmidt und Heinz Vater. Namentlich nennen möchte ich auch Hans Poser, der meinen Werdegang von Studienbeginn an gefordert hat. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Vor allem aber gilt mein Dank meinen Eltern und meiner Familie. Sie wisssen, wofür.
Karl-Heinz, Britta und Stefan ist dieses Buch gewidmet.
Köln, im Juli 1999
Christa Dürscheid
Cases have fallen on hard times. No one believes in them anymore. No one takes them seriously. They have even lost their name. They can no longer be called „cases"; they have to be called „surface cases". Anna Wierzbicka, The Case for Surface Case
Inhaltsverzeichnis
0 Einführung
1
0.1 Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung
1
0.2 Aufbau der Arbeit
7
0.3 Zu den Daten 0.3.1 Kasuskategorien 0.3.2 Kasusformen 0.3.3 Kasuskombinationen 1 Kasus und syntaktische Funktionen
8 8 12 18 22
1.1 Überblick
22
1.2 Syntaktische Funktionen des Nominativs
25
1.3 Syntaktische Funktionen des Akkusativs
28
1.4 Syntaktische Funktionen des Genitivs
34
1.5 Syntaktische Funktionen des Dativs
37
1.6 Exkurs: Zur Unterscheidung von direktem und indirektem Objekt
42
2 Generative Kasussyntax
50
2.1 Vorbemerkung
50
2.2 Typologie der Kasusmarkierung 2.2.1 Die Chomskysche Dichotomie 'strukturell' versus 'inhärent' 2.2.2 Strukturelle, lexikalische und inhärente Kasus
51 51 54
2.3 Generative Satzanalysen und Kasus 2.3.1 Vorbemerkung 2.3.2 Kasus in der Standardtheorie
62 62 63
X
Inhaltsverzeichnis
2.3.3 Kasus in der Infi-Analyse der GB-Theorie 2.3.4 Kasus in der Agr-Analyse der GB-Theorie 2.3.5 Kasus im Minimalistischen Programm 2.3.5.1 Grundlagen 2.3.5.2 Kaynes Antisymmetrie-Hypothese 2.3.5.3 Struktureller Kasus 2.3.5.4 Inhärenter und lexikalischer Kasus 2.3.6 Zusammenfassung
66 73 80 80 85 86 89 94
2.4 Abstrakter Kasus und Theta-Rolle 2.4.1 Zum Hintergrund 2.4.2 Von der Semantik zur Kasussyntax 2.4.3 Argument- und Adjunkt-Linking 2.4.4 Fazit
96 96 100 106 115
2.5 Abschließende Bemerkungen
116
3 Semantik der Kasus
119
3.1 Forschungsüberblick 3.1.1 Vorbemerkung 3.1.2 Historische Ansätze 3.1.3 Moderne Kasustheorien
119 119 120 125
3.2 Zur Bedeutung von 'Kasusbedeutung'
127
3.3 Semantik der Kasuskategorien 3.3.1 Kasuskategorien und 'valeur' 3.3.2 Kasuskategorien und Merkmalhafitigkeit 3.3.3 Kasuskategorien, Markiertheit und Ikonizität 3.3.4 Deiktische Kasusfunktionen 3.3.5 Designative Kasusfunktionen
131 131 133 137 145 149
3.4 Semantik der Kasusformen
151
3.5 Semantik der Kasusträger 3.5.1 Vorbemerkung 3.5.2 Die Käraka-Vibhakti-Theorie 3.5.3 Lokalistische Kasustheorien 3.5.4 Das Kasuskonzept der Inhaltbezogenen Grammatik 3.5.5 Kasus und semantische Universalien 3.5.6 Einzelkasus-Analysen 3.5.7 Die kognitive Kasustheorie
155 155 156 159 161 166 168 177
3.6 Zusammenfassung
180
Inhaltsverzeichnis
XI
3.7 Überlegungen zum Rollenbegriff 3.7.1 Semantischer, ontologischer und konzeptueller Rollenbegriff 3.7.2 Proto-Rollen
182 182 187
4 Bedeutungskonstituierende Faktoren
192
4.1 Zur weiteren Vorgehensweise
192
4.2 Die Kasuszuweisung
193
4.3 Verbbedeutung und Verbstruktur
196
4.4 Verbdiathesen 4.4.1 Vorbemerkung 4.4.2 Passivkonstruktionen 4.4.3 Ergativkonstruktionen 4.4.4 Mittelkonstruktionen 4.4.5 Zusammenfassung
201 201 202 204 207 208
4.5 Kasuskonstruktionen 4.5.1 Vorbemerkung 4.5.2 Ternäre Konstruktionen 4.5.2.1 Nom-Dat-Akk- und Nom-Akk-Dat-Konstruktionen 4.5.2.2 Nom-Akk-Akk-Konstruktionen 4.5.2.3 Nom-Akk-Gen-Konstruktionen 4.5.3 Binäre Konstruktionen 4.5.3.1 Vorbemerkung 4.5.3.2 Nom-Akk-Konstruktionen 4.5.3.3 Nom-Dat-Konstruktionen 4.5.3.4 Nom-Gen-Konstruktionen 4.5.4 Singuläre Konstruktionen 4.5.5 Zusammenfassung 4.5.6 Interaktion von Kasuskonstruktion und Verbbedeutung
210 210 211 211 213 215 216 216 217 218 219 220 222 223
4.6 Kasushierarchie und Rollenhierarchie
226
4.7 Rollenanhebung, Rollenrückstufting, Rollenkonstanz
232
4.8 Synthese der bedeutungskonstituierenden Faktoren
235
5 Kasuskonstruktionen und Perspektivität
239
5.1 Forschungsüberblick
239
5.2 'Scenes-and-frames'-Semantik
247
XII
Inhaltsverzeichnis
5.3 Zur Figur-Grund-Strukturierang in Sätzen
251
5.4 Perspektivische Unterschiede zwischen Kasuskonstruktionen
261
5.5 Abschließende Bemerkungen
266
6 Zusammenfassung
269
Literaturverzeichnis
275
Autorenregister
297
Sachregister
301
0
0.1
Einführung
Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung
Der Terminus 'Kasus' hat eine lange Tradition. Kasus (lat. 'casus': Fall) ist die Übersetzung des griechischen 'ptosis'. Als 'ptosis' bezeichnet Aristoteles die grammatische Veränderung von Nomina und Verben. Erst die Stoiker schränken den Kasusbegriff auf die Beugung der Nomina ein. Die lateinischen Grammatiker, die den Kasusbegriff wie fast alle Kategorisierungen von den Griechen übernehmen, unterscheiden wie diese zwischen dem 'geraden' Kasus ('casus rectus'), dem Nominativ, und den 'schrägen' Kasus ('casus obliqui'), die von dem 'geraden' Kasus abweichen. Auch die im Deutschen gebräuchlichen lateinischen Kasusbezeichnungen gehen auf die griechischen Grammatiker zurück: Der Genitiv ist der ptosis genike, 'der Fall, der die Art betrifft', der Akkusativ der ptosis aitiatike,'der Fall des Bewirkten', der Dativ der dotike ptosis, 'der Fall, der das Geben betrifft', der Nominativ der onomastike ptosis, 'der Nennfall'. Wenn es hier bei der Übertragung vom Griechischen ins Lateinische doch zu Abweichungen kommt, dann nur deshalb, weil zwei der lateinischen Kasusbezeichnungen (casus genitivas, der 'die Herkunft bezeichnende Fall' und casus accusativus, der 'anklagende Fall') auf falschen Übersetzungen aus dem Griechischen beruhen. So hätte der ptosis aitiatike im Lateinischen eher mit casus causativus oder casus effectivus übersetzt werden müssen (vgl. Bausewein 1990:6). Wie so oft bei tradierten Begriffen aus der griechischen und lateinischen Grammatikschreibung der Fall, so wurde auch der Terminus 'Kasus' in der Wissenschaftsgeschichte mit mehreren Bedeutungen versehen (vgl. hierzu ausfuhrlich Seidel 1988). Deshalb ist es unabdingbar, daß in einer Kasusmonographie zunächst geklärt wird, welches Verständnis von 'Kasus' zugrunde liegt. Ich gehe davon aus, daß mindestens die drei Bedeutungsvarianten Kasus, - Kasus3 zu unterscheiden sind. Dies zeigt Abb. 1 am Beispiel des Genitivkasus:
2
Einfuhrung
Kasus,:
die grammatische Kategorie (ζ. B. die Kategorie 'Genitiv')
Kasus2:
die Kasusform (ζ. B. das substantivische Genitivflexiv -s in der NP1 des Autos)
Kasus3:
die gesamte kasusmarkierte Einheit (ζ. B. die Genitiv-NP des Autos) Abb. 1
Die Kasus,_3 werden in dieser Arbeit als 'Kasuskategorie' (Kasus,), 'Kasusform' (Kasus2) und 'Kasusträger' (Kasus3) voneinander geschieden. Eine solche Differenzierung ist erforderlich, um im folgenden den Untersuchungsgegenstand weiter eingrenzen zu können. Die wichtigsten Kennzeichen zur Unterscheidung von Kasuskategorien, Kasusformen und Kasusträgern sind: -
-
-
Kasuskategorien sind abstrakte Einheiten der linguistischen Beschreibung. Sie bezeichnen Paradigmen, Klassen von Wortformen, die füreinander einsetzbar sind. Eisenberg (19943:38) betont, daß der Terminus 'Kasus' nicht für eine Kategorie, sondern fur eine Menge von Kategorien steht. In diesem Sinne stellen die vier Kasuskategorien Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ vier Subklassen aus der Kategorisierung 'Kasus' dar (zu der Hyperonym-Hyponym-Relation von Kasus (als Kategorisierung) und Kasus (als Kategorie) vgl. auch Seidel (1988:38) und Zifonun et al. (1997:1290)). Lexikalisch realisiert werden Kasuskategorien in Kasusformen. Den Kasusformen entsprechen die einzelnen Positionen in einem Paradigma. Mit dem Terminus 'Kasusform' kann entweder nur die jeweilige Kasusendung selbst gemeint sein oder aber das ganze Wort, das flexivisch markiert ist. Ich beziehe mich in dieser Arbeit mit 'Kasusform' auf die Kasusendung (zu den verschiedenen Formbegriffen vgl. Eisenberg 19943:44, Seidel 1988:38). Kasusträger sind komplexe Einheiten im Syntagma. Im syntaktischen Kontext ist der Kasusträger die ganze Phrase, die kasusmarkiert ist und innerhalb derer Kasuskongruenz zwischen Adjektiv, Determinans und KemNomen besteht. Statt der schulgrammatischen Terminologie (Nominalgruppe, Präpositionalgruppe etc.) verwende ich durchgängig die konstituentenstrukturellen Bezeichungen NP (Nominalphrase), PP (Präpositionalphrase) und VP (Verbalphrase).
Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung
3
In einigen neueren linguistischen Theorien wird der Terminus 'Kasus' in einen ganz neuen Verwendungszusammenhang gestellt. Sprachlich kenntlich gemacht wird die jeweilige Neudefinition durch lexikalische Zusätze wie 'Tiefen'-Kasus, 'semantischer Kasus', 'abstrakter' Kasus und 'kognitiver' Kasus. Da diese Zusätze oft weggelassen werden, ist nur von 'Kasus' die Rede, wenn eigentlich 'Tiefenkasus', 'semantischer Kasus', 'abstrakter Kasus' oder 'kognitiver Kasus' gemeint ist (vgl. die Buch- bzw. Aufsatztitel The Grammar of Case, Concepts of Case, The Case for Case, Kasustheorie u. a.). Auch dies macht deutlich, daß eine Explikation des Terminus 'Kasus' nötig ist, um terminologische Verwirrungen zu vermeiden. Als Grundlage fur die vorhegende Untersuchung dient der traditionelle Kasusbegriff. Ausgangspunkt der Untersuchung sind die vier Kasuskategorien Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ und ihre lexikalischen Realisierungen als Kasusträger im Syntagma. Es sind also die sogenannten Oberflächenkasus', die kasusmarkierten NPs selbst, die im Mittelpunkt der Betrachtung stehen.2 Wenn ich aber im folgenden den Terminus 'Oberflächenkasus' verwende, dann nur, wenn eine Abgrenzung zu 'Tiefenkasus' oder 'abstraktem Kasus' erforderlich ist. An allen anderen Stellen steht der Terminus 'Kasus'. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung ist, die syntaktischen, semantischen und perspektivischen Eigenschaften der adverbalen Kasus des Deutschen zu beschreiben und zu erklären. Ein solches Unterfangen stellt in der neueren linguistischen Forschung ein Desideratum dar. Zwar gibt es einige neuere, synchron ausgerichtete Arbeiten zu den Kasus des Deutschen, doch beschränken sich diese in der Regel auf nur einen Kasus. Hier sind für das Deutsche die Untersuchungen von Heide Wegener (1985, 1989, 1991) zum Dativ und von Karin Bausewein (1990) zum Akkusativ zu nennen. Die Studie von Willems/Pottelberge (1998) behandelt sowohl diachrone als auch synchrone Aspekte des adverbalen Dativs, wie er in zweistelligen Konstruktionen vom Typ jdm. helfen auftritt. Lesenswert sind auch die Aufsätze von Lenz (1996) und (1998), in denen der Schwerpunkt auf der Verwendung des adverbalen Genitive im Gegenwartsdeutschen liegt. In anderen Arbeiten finden sich Überlegungen zu diachronen Fragen (Leiss 1991, Schrodt 1992, Abraham 1995 c, Sauter 1998), oder es steht der adnominale Genitiv im Mittelpunkt der Betrachtung (Lattewitz 1994, Ballweg 1998). Die Arbeit von Oppenrieder (1991) enthält interessante Beobachtungen zum (Subjekt-)Nominativ. In der Untersuchung von Willems (1997) werden zwar alle Kasus des Deutschen behandelt, doch ist diese Arbeit in erster Linie eine wissenschaftstheo2
Seit Fillmore den Terminus 'Tiefenkasus' prägte, ist es üblich geworden, von Oberflächenkasus' zu sprechen, wenn man Kasus (im traditionellen Sinne) meint. Darauf weist Wierzbicka in der Einleitung ihrer Kasusstudie The Case for Surface Case hin (vgl. das dieser Arbeit vorangestellte Zitat). Der Titel dieser Arbeit ist eine Replik auf den Aufsatz von Fillmore (1968), The Case for Case.
4
Einfuhrung
retische Auseinandersetzung mit der kognitiven Linguistik. Daran schließen sich interessante Überlegungen zu den semantischen Funktionen der Kasus an. Die Syntax wird nur insoweit berücksichtigt, als sie für die Beschreibung der Kasussemantik notwendig ist. Ein Sammelband sei noch erwähnt, der Vorträge vereinigt, die im September 1997 anläßlich eines Kolloquiums über die Kasus des Deutschen gehalten wurden (Vuillaume 1998). Auf einzelne Beiträge aus diesem Band werde ich im Laufe der Untersuchung eingehen. Die bekannteste Kasusmonographie, die mit den Kasus des Deutschen in allen ihren Verwendungsmöglichkeiten befaßt ist, stammt von Heibig (1973). Der Funktionsbegriff spielt in dieser Arbeit eine zentrale Rolle. Die Kasus werden auf der Basis der von Heibig einleitend definierten vier Funktionen (syntaktische, logische, semantische, ontologische Funktion) untersucht, die Beziehungen zwischen den Funktionsebenen werden herausgearbeitet. In Kap. 1 werde ich, angelehnt an diese Vorgehensweise, einen Überblick über die syntaktischen Funktionen der Kasus geben. Helbigs profunde und materialreiche Arbeit ist am Theoriestand Ende der 60er Jahre ausgerichtet. Wenn Heibig beispielsweise die syntaktischen Funktionen der Kasus „im Sinne neuerer syntaktischer Theorien" (1973:74) untersucht, so legt er die Standardtheorie der Generativen Grammatik (vgl. Chomsky 1965) zugrunde. In meinen Ausführungen zur generativen Kasussyntax (Kap. 2) werde ich zeigen, welche Erkenntnisse in der Generativen Grammatik seit dieser Zeit hinzugewonnen wurden. Untersuchungsgegenstand der generativen Kasustheorie ist aber - und das muß an dieser Stelle bereits vorausgeschickt werden - nicht der Oberflächenkasus, sondern der abstrakte Kasus (dazu siehe ausführlich Kap. 2.1).
Mein Ziel im generativen Teil dieser Arbeit ist zu zeigen, wie das Auftreten dieser Oberflächenkasus syntaktisch hergeleitet werden kann. In einem zweiten Schritt folgt die semantische Analyse der Kasus. Ich möchte hier bei den Kasus selbst - als Erscheinungen der Ausdrucksebene - ansetzen und untersuchen, ob ihnen auf der Inhaltsebene semantische Eigenschaften zugesprochen werden können. Wie die Diskussion der einschlägigen Literatur in Kap. 3 zeigen wird, ist die Semantik eines Kasusträgers nicht absolut festlegbar, sondern immer relativ zu dem Kontext, in dem die Kasus-NP auftritt. Es macht daher keinen Sinn, für jeden Kasus nach einer und nur einer Bedeutung zu suchen. Viel sinnvoller ist es, die Faktoren zu bestimmen, von denen die Kasusbedeutung abhängig ist. Einen solchen Ansatz verfolge ich in Kap. 4. Im Vordergrund steht dabei die Beschreibung der Faktoren, die an der Konstitution der Kasussemantik (genauer: der Kasusträgersemantik) beteiligt sind. Die Frage nach der Kasusbedeutung selbst ist vor diesem Hintergrund zweitrangig; zentral ist vielmehr die Frage, wie eine spezifische Kasusbedeutung zustande kommt. Als ein Faktor, der die im Kasus manifeste Zuordnung von syntakti-
Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung
5
scher Funktion und semantischer Rolle wesentlich bestimmt, wird die Perspektivierung angesehen. Diesem Faktor wird ein eigenes Kapitel gewidmet (Kap. 5). An dieser Stelle ist eine grundsätzliche Bemerkung erforderlich: Ich bin mir natürlich dessen bewußt, daß die im Semantikteil angestrebte Beschreibung der Kasus - um mit den Worten von Klaas Willems (1997:9) zu sprechen eine „dem Zeitgeist einigermaßen zuwiderlaufende Beschäftigung mit den Oberflächenkasus der deutschen Gegenwartssprache" ist. Ich vertrete aber mit Willems die Ansicht, daß „eine Beschäftigung mit den Oberflächenkasus vom Standpunkt der linguistischen Semantik heute noch möglich und nutzbringend ist." (Willems 1997:11). Zu welchen Ergebnissen eine solche Beschäftigung mit den Kasus in bezug auf das Deutsche bereits gefuhrt hat und über die bekannte Kasusforschung hinaus fuhren kann, soll in den Kapiteln 3 und 4 gezeigt werden. Daß die Untersuchung zur Semantik der Kasus in diesen beiden Kapiteln nicht im Rahmen der Generativen Grammatik fortgesetzt wird, hat folgende Gründe: Im Mittelpunkt der Generativen Grammatik stehen gerade nicht die Oberflächenformen, sondern die zugrundeliegenden Strukturen. Zwar gelangt man auch über die Untersuchung des Verhältnisses von zugrundeliegender thematischer Rolle und syntaktischer Position einerseits und syntaktischer Position und Kasus andererseits zu Aussagen über die Semantik der Oberflächenkasus. Die semantischen Zusammenhänge zwischen den thematischen Rollen (im folgenden: Θ-Rollen) und den in der Satzstruktur auftretenden Kasus werden aber nicht von den Kasus, sondern von den Θ-Rollen aus gesehen. Es stehen also die Θ-Rollen im Mittelpunkt, die Semantik der Kasusträger wird aus diesen deduziert. Wenn es darum geht, dem Untersuchungsgegenstand 'Kasus' vollständig gerecht zu werden, genügt diese Perspektive nicht. Man muß auch die komplementäre Sicht einnehmen, d. h. von den Kasus selbst ausgehen und fragen, welche semantischen Funktionen mit den Kasus assoziiert sind. Nur dann erfaßt man den Kasusbegriff in seiner ganzen Komplexität, d. h. nur dann ist der Weg geebnet für die Untersuchung von Kasusträger-, Kasusform- und Kasuskategoriesemantik. Eine solche semasiologische Betrachtungsweise der Kasus, die ihren Ausgangpunkt bei den Kasus selbst nimmt, wird von Bausewein (1990:6-20) dem onomasiologischen Vorgehen gegenübergestellt. Worin die Unterschiede zwischen diesen beiden aus der Lexikologie bekannten Betrachtungsweisen liegen, soll im folgenden am Beispiel der Kasusträgersemantik gezeigt werden: Wenn man untersucht, welche semantischen Rollen eine Nominativ-NP im Satzgefüge trägt, so nimmt man die konkrete sprachliche Form als Ausgangspunkt und fragt nach ihrer semantischen Funktion. Wenn man hingegen die Frage stellt, in welchem Kasus der Verursacher einer Handlung realisiert wird, so
6
Einfuhrung
setzt man bei der semantischen Funktion an und fragt nach ihrer sprachlichen Form. Die unterschiedlichen Herangehensweisen werden in den Abbildungen 2 und 3 dargestellt: Semasiologische Blickrichtung Nominativ-NP 1 Agens (1) (2) (3) (4)
Patiens
Instrument
Lokativ
Paul [Agens] öffnet die Tür. Die Tür [Parieiu] wird geöffnet. Der Schlüssel (Instniment] öffnet die Tür. Der Sack |Lokativ] enthält Kartoffeln. Abb. 2
Onomasiologische Blickrichtung Agens 1 Nominativ-NP (5) (6) (7) (8)
Genitiv-NP
PP
Akkusativ-NP
Paul [Nominativ-NP] SUlgt eine Arie. Das Singen Pauls [Genitìv.NP) stört mich. Die Arie wird [von Paul] [PP] gesungen. Ich höre Paul rAkku» jdn. entkleiden jdm. Herberge geben > jdn. beherbergen dem Kind (das Buch schenken) > dem Kind nützen das Buch (dem Kind schenken) > ??
Will man den Passivtest zur Unterscheidung von DO und 10 heranziehen, indem man als Kriterium anführt, daß nur DOs im Passiv subjektivierbar sind, so scheitert dies am bekommen-Passiy, das ja bei dativischen NPs unter bestimmten Bedingungen akzeptabel ist. Die Generalisierung, daß alle nominalen DOs das werden-Passiv, alle nominalen IOs das bekommen-Passiv bilden können, ist ebenfalls nicht haltbar. Auch wenn eine Passivierung aus semantischen Gründen möglich ist (d. h. bei hoher Transitivität des Satzes), scheitert sie, wenn eine kategoriale Restriktion verletzt wurde. Diese ist die, daß nur akkusativisch und dativisch markierte Objekt-NPs im Passiv zum Subjekt gemacht werden können. Es handelt sich dabei um eine notwendige, nicht aber um eine hinreichende Bedingung fur Passivierung. Will man die eben gemachte Generalisierung, nominale Objekte seien im Passiv subjektivierbar, aufrecht erhalten, muß man auf die Kasusmarkierung rekurrieren: Akkusativ- und Dativobjekte sind subjektivierbar. Eine Genitiv-NP, die nach dem topologischen Kriterium als DO eingestuft werden müßte, kann dagegen unter keinen Umständen ins Subjekt angehoben werden (vgl. die Ungrammatikalität von (35 b.)): (35) a. Die Polizei überführt den Mann des Diebstahls, b. *Der Diebstahl wird den Mann überfuhrt. Ein anderes Kriterium, das zur Identifizierung des direkten Objekts dienen könnte, wird von Wierzbicka (1988) angeführt. Wie Keenan (1976) es in bezug auf das Subjekt tut, so erarbeitet Wierzbicka prototypische Eigenschaften für das Objekt. Eine Eigenschaft, die sie nennt, ist, daß eine Konstituente dann als DO zu klassifizieren ist, wenn sie in einer Rezessivkonstruktion zum Subjekt gemacht werden kann. Wierzbickas Beispiel für das Englische lautet John broke the window - The window broke. Tatsächlich betrifft auch im Deutschen die Rezessiv-/Kausativalternation immer nur eine der Ergänzungen. Diese ist regelhaft im Akkusativ kodiert, wie die folgenden Beispiele zeigen: (36) a. Er zerreißt die Hose, b. Die Hose zerreißt.
48
Kasus und syntaktische Funktionen
(37) a. Er stellt die Vase auf den Tisch, b. Die Vase steht auf dem Tisch. Nach Meinung von Wieizbicka (1988) stellt der Umstand, daß nicht in allen Fällen die Objektkonstituente zum Subjekt einer Rezessiwariante gemacht werden kann (vgl. als Beispiel für das Deutsche Das Kind erwirbt die Sprache - *Die Sprache erwirbt sich), kein Problem dar, denn die mögliche Anhebung ins Subjekt ist nur eine der prototypischen Objekteigenschaften. Sie verfahrt hier ähnlich wie Keenan (1976), der davon ausgeht, daß es keine Eigenschaft gebe, die ausreiche, um eine Konstituente als Subjekt auszuweisen, daß dies aber kein Grund sei, auf diese Klassifikation zu verzichten. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß ein Unterschied zwischen DO und 10 zwar intuitiv, aber nicht definitorisch leicht zu fassen ist. Die Identifikationskriterien fuhren je nach Verständnis von DO und 10 zu widersprüchlichen Ergebnissen. Auch innerhalb eines gewählten Rahmens (semantisch, topologisch oder syntaktisch) kommt es zu Widersprüchen, weil eine Konstituente immer nur einen Teil der reklamierten DO- bzw. IO-Eigenschaften trägt. Angesichts dieser Probleme sollte immer deutlich herausgestellt werden, welche Kriterien zur Objektdefinition herangezogen werden, wenn mit diesen Termini gearbeitet wird. Ich lege im folgenden eine strukturelle Definition von DO und 10 zugrunde. DO und 10 unterscheide ich nur konfigurationell, d. h. über ihre hierarchische Anordnung in der Phrasenstruktur. Evidenz dafür, daß die Objekte auf verschiedenen hierarchischen Ebenen positioniert werden müssen, ist ihr unterschiedliches syntaktisches Verhalten insbesondere bei Topikalisierung, Inkorporierung und Passivierung. Eine solch konfigurationelle Unterscheidung der syntaktischen Relationen ist charakteristisch für den Ansatz der Generativen Grammatik. Die Satzgliedbezeichnungen werden in diesem Modell nur noch als Hilfsbezeichnungen verwendet. Ein spezifischer Inhalt soll damit nicht zum Ausdruck gebracht werden. 'Subjekt', 'DO' und Ί 0 ' haben keine theoretische Relevanz in generativen Strukturanalysen und gehen nicht in die Formulierung von syntaktischen Regeln ein. Zwar gibt es Bereiche, in denen explizit auf den Subjektbegriff rekurriert wird. Dies ist ζ. B. der Fall, wenn die Domäne, in der die Bindungsprinzipien Anwendung finden, über das Vorhandensein eines Subjekts definiert wird (vgl. Fanselow/Felix 199P b:93—113). Doch zeigt Sternefeld (1985) in seinem Beitrag Deutsch ohne grammatische Funktionen: Ein Beitrag zur Rektions- und Bindungstheorie, daß sich auch solche Fälle „ohne Erwähnung des Subjekts, [...] rein strukturabhängig" (1985:408) erfassen lassen. Die strukturelle Definition von SU, DO und IO lautet folgendermaßen:
Exkurs: Zur Unterscheidung von direktem und indirektem Objekt
49
Das DO ist die NP, die mit dem Verb eine Konstituente X bildet, das 10 ist die NP, die mit X eine Konstituente Y bildet, das Subjekt ist die NP, die mit Y eine Konstituente Ζ bildet. Abb. 3 Die Variablen Χ, Y und Ζ stehen für Konstituenten bzw. Konstituentenverbindungen. Je nach Entwicklungsphase in der generativen Forschung, aber auch innerhalb einer Phase werden die mit diesen Variablen indizierten Konstituenten anders analysiert. Relevant für die Bestimmung der Werte für Χ, Y und Ζ ist dabei nicht nur, ob die Phrasenstrukturen nach dem universalen X-barSchema40 oder nach den Phrasenstrukturregeln des älteren generativen Modells aufgebaut werden, sondern auch, welchen theoretischen Status eine Konstituente innerhalb des Modells hat. Insbesondere für das Subjekt ist dieser Status umstritten. Nur wenn man annimmt, daß das Subjekt innerhalb der VP steht, stellen Χ, Y und Ζ Projektionsebenen einer Kategorie dar. Argumente für diesen Standpunkt finden sich in Haider (1993:132-142). Geht man hingegen von der traditionellen Annahme aus, daß das Subjekt ein VP-externes Argument darstellt, gehört die Variable Ζ zu einer anderen Kategorie als X und Y. In allen Fällen aber legt man die Annahme zugrunde, daß es eine asymmetrische Relation zwischen den drei mit DO, 10 und Subjekt bezeichneten Verbargumenten gibt. In Kap. 3 werden die verschiedenen generativen Strukturanalysen vorgestellt. Es wird sich zeigen, welche Konsequenzen diese für die Herleitung der Kasus-NPs an der Oberflächenstruktur haben.
40
Das X-bar-Schema beschreibt alle Phrasentypen (VP, NP, PP etc.) als Expansionen eines Kopfes Xo, der seine kategorialen Eigenschaften auf die ganze Phrase projiziert. Es wird angenommen, daß zwischen dem Kopf und der maximalen Projektion noch weitere Projektionsebenen liegen (vgl. Fanselow/Felix 1991' b:40-61). In neueren Arbeiten geht man von nur einer solchen Zwischenebene aus. Diese wird als X' bezeichnet („X-bar"). Zum Kopfprinzip und zum X-bar-Schema vgl. neben zahlreichen anderen einführenden Darstellungen v. Stechow (1993:8-15).
2
2.1
Generative Kasussyntax
Vorbemerkung
In den vorangehenden Abschnitten wurde das Kasus-Syntax-Verhältnis für jeden Einzelkasus getrennt beschrieben und die Unterscheidung in DO und IO diskutiert. Es wurde gezeigt, welche syntaktische Funktionen die Kasus repräsentieren, und es wurde daraufhingewiesen, daß verschiedene Kriterien fur die Definition der Funktionsbezeichnungen vorliegen, was hinsichtlich der Bestimmung der syntaktischen Funktionen eines Kasus zu widersprüchlichen Ergebnissen führen kann. Schwerer als diese terminologische Uneinheitlichkeit wiegt der Umstand, daß eine Auflistung der syntaktischen Funktionen jedes Einzelkasus letztendlich zu nichts anderem führt als zu einer unstrukturierten Ansammlung von Fakten. Die vielen Einzelfakten werden nicht in einen theoretischen Gesamtzusammenhang gestellt. Dies soll im folgenden im Rahmen der Generativen Grammatik geleistet werden. In der Generativen Grammatik geht es nicht nur darum, Struktureigenschaften einzelner Sprachen zusammenzutragen und deskriptiv adäquat zu beschreiben, „Ziel ist vielmehr, die Prinzipien zu erfassen, mit deren Hilfe wir die Zeichen in unseren Köpfen aufbauen." (v. Stechow 1993:1). Die Theorie ist von ihrem Selbstverständnis her also weniger eine Grammatik- als vielmehr eine kognitive Sprachtheorie (vgl. hierzu ausführlich Fanselow/Felix 19933 a). Auf diese konzeptuellen Grundlagen werde ich an späterer Stelle eingehen (Kap. 2.3.5.1). In den folgenden Abschnitten sind es die formalen Aspekte der Generativen Grammatik, die im Vordergrund stehen. Der in der Generativen Grammatik vorgestellte Mechanismus der Kasuszuweisung (in der präminimalistischen Phase) bzw. der Kasusüberprüfung (im Minimalistischen Programm) hängt eng damit zusammen, wie die jeweiligen Strukturpositionen unterschieden werden. Deshalb kann im Rahmen dieses Modells das Syntax-Kasus-Verhältnis immer nur vor dem Hintergrund der jeweiligen Strukturanalyse gesehen werden. Dies soll im folgenden geschehen. Die Ausführungen werden einen Überblick geben über die mit den Kasus in einer syntaktischen Struktur assoziierten Positionen. Dies ist gleichzeitig ein Durchgang durch die verschiedenen Entwicklungsphasen der Generativen
Vorbemerkung
51
Grammatik. Dabei gehe ich zunächst nur auf die Distribution der Argumentpositionen ein, weil nur an diesen Positionen die vom Verb selegierten KasusNPs (d. h. die Argumentkasus) stehen. Die Frage, an welcher Stelle in der Struktur die nicht vom Verb selegierten Kasus-NPs (d. h. die Adjunktkasus) eingefugt werden, soll erst im Zusammenhang mit der für die weitere Analyse gewählten Satzstruktur diskutiert werden (vgl. Kap. 2.3.5.4). Der Untersuchung zur generativen Kasussyntax lege ich zwei Leitfragen zugrunde. Dabei orientiere ich mich in den drei Unterpunkten zur ersten Frage an den von Chomsky (1964) formulierten Adäquatheitskriterien (Beobachtungsadäquatheit, Beschreibungsadäquatheit und Erklärungsadäquatheit (vgl. hierzu ausführlich Dürscheid 1991:1-4). 1. Ist die Beschreibung des Syntax-Kasus-Verhältnisses im Rahmen der Generativen Grammatik angemessen, d. h. a) Sind die syntaktischen Funktionen, die mit den Kasus assoziiert sind, im Rahmen des Modells eindeutig definiert? b) Können die Prinzipien, denen die Zuordnung von Kasus und syntaktischer Funktion unterliegt, im Rahmen des Modells vollständig und systematisch erfaßt werden? c) Wird eine Erklärung für Ausnahmen angeboten? 2. Inwieweit lassen sich die Erkenntnisse einer generativ orientierten Kasussyntax für die syntaktische Beschreibung des deutschen Kasussystems nutzbar machen?
2.2
Typologie der Kasusmarkierung
2.2.1
Die Chomskysche Dichotomie 'strukturell' versus 'inhärent'
In der Generativen Grammatik wird der Terminus 'Kasus' auch für die Beschreibung von Sprachen verwendet, in denen gar keine distinktive morphologische Kasusrealisierung vorliegt. Dieses Vorgehen wird damit begründet, daß der Terminus 'Kasus' nicht im traditionellen Sinne zu interpretieren ist (vgl. Kap. 0.1). 'Kasus' steht in generativer Terminologie für 'abstrakter Kasus'. Unter 'abstraktem Kasus' wird eine syntaktische Relation verstanden, die durch eine Kasusmarkierung morphologisch gekennzeichnet werden kann, aber nicht muß. Chomsky (1981) unterscheidet die beiden Kasusbegriffe durch die Großbzw. Kleinschreibung des Anfangsbuchstabens: „Case" steht für den abstrakten, „case" für den morphologischen Kasus. Seine in den Lectures on Govern-
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Generative Kasussyntax
ment and Binding entwickelte Kasustheorie (vgl. Chomsky 1981) ist eine Theorie des „Case", des abstrakten Kasus. Dieser Kasus kann entweder über einen morphologischen Kasus angezeigt werden (vgl. engl. / vs. me, frz. le vs. lui) oder über die Satzgliedstelhing (SVO-Stellung) oder über Präpositionen (vgl. engl. I give the book to Mary, frz. Je donne le livre à Marie). Aus diesen Überlegungen ziehe ich für das Verhältnis von morphologischem Kasus und abstraktem Kasus die folgenden Schlüsse: 1. Jedem morphologischen Kasus entspricht ein abstrakter Kasus, aber nicht jedem abstrakten Kasus ein morphologischer. 2. Je reicher die Kasusmarkierung einer Sprache, desto mehr decken sich die beiden Typen von Kasus. 3. Die Kasus des Deutschen stellen eine Ausdrucksvariante aus der Klasse der abstrakten Kasus dar. Daraus folgt, daß die Prinzipien, die für die Zuweisung des abstrakten Kasus gelten, auch für die Kasus des Deutschen gelten. 4. Wenn in den weiteren Ausführungen zur generativen Kasussyntax von 'Kasus' die Rede ist, so ist - der generativen Diktion folgend - abstrakter Kasus gemeint. Ist der Kasus, den eine NP trägt, von der strukturellen Position abhängig, in der diese NP steht, so spricht Chomsky (1981) von 'struktureller Kasuszuweisung'. Davon grenzt er die 'inhärente' Kasusmarkierung ab: NP is inherently Case-marked as determined by properties of its [-N] governor. Chomsky (1981:170) Der Terminus 'inhärent' („inherently Case-marked") ist hier unangemessen, denn er impliziert fälschlicherweise, daß es sich dabei um inhärente Merkmale der kasustragenden NP selbst handelt. Mit dem Prädikat 'inhärent' bezieht sich Chomsky aber gerade nicht auf inhärente, sondern auf relationale Eigenschaften des regierenden Lexems. In der deutschsprachigen Literatur zur Generativen Grammatik finden sich für die Dichotomie 'struktureller/inhärenter Kasus' divergierende Bezeichnungen. Auch Haider (1993:110) spricht in Anlehnimg an die englische Terminologie von 'strukturellen' und 'inhärenten' Kasus. Fanselow/Felix ( 19913 b:72) verwenden die Bezeichnungen 'struktureller' und 'obliquer' Kasus. Der Terminus 'obliquer Kasus' ist in diesem Zusammenhang völlig ungeeignet, da 'Obliquus' in der lateinischen Grammatik alle 'schiefen', nicht-nominativischen Kasus bezeichnet, Fanselow/Felix zu den 'obliquen Kasus' aber nur den Dativ und den Genitiv zählen. Czepluch (1995:28) gebraucht die in vielen deutschsprachigen Arbeiten zur generativen Syntax gängigere und m. E. passendere Terminologie 'struktureller' und 'lexikalischer' Kasus. Diese Bezeichnungen werden auch im folgenden verwendet.
Typologie der Kasusmarkierung
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Chomsky geht auf die Regularitäten, die das Auftreten von lexikalischen Kasus (in seiner Terminologie: inhärenten Kasus) steuern, nur knapp ein. Er nennt als Beispiel für eine Konstruktion, in der ein lexikalischer Kasus auftritt, die englische Doppelobjektkonstruktion. 41 Eine Objekt-NP trage in dieser V NP-NP-Konstniktion lexikalischen, die andere Objekt-NP strukturellen Kasus. Begründet wird dies mit Bezug auf die semantischen Relationen, in die die beiden Objekt-NPs zum Verb treten. So zeigt der Vergleich von (1 a.) und (1 b.), daß trotz unterschiedlicher syntaktischer Realisierung die Θ-Rollen, die den Phrasen vom Verb zugewiesen werden, konstant bleiben: (1) a. b.
John gave Bill a book, John gave a book to Bill.
Chomsky gibt folgende Erläuterung zu diesen Beispielsätzen: Let us say that Bill in this construction receives its structural Case [...] and that a book receives inherent Case [...]. Structural Case in general is dissociated from Θrole; it is a structural property of a formal configuration. Inherent Case is presumably closely linked to θ-role. Chomsky (1981:171) Wenn Chomsky hier feststellt, daß struktureller Kasus nicht mit einer Θ-Rolle assoziiert ist, so ist damit nicht gemeint, daß NPs, die strukturellen Kasus tragen, nicht θ-markiert seien, d. h. keine Θ-Rolle vom Verb erhalten. Vielmehr geht es darum, daß die Kasusmarkierung dieser NPs nicht von ihrer ΘMarkierung abhängt. Mit anderen Worten: Bei gleicher Θ-Rolle kann sich die Kasusmarkierung ändern, wenn die NP in eine andere syntaktische Konfiguration tritt. Genau dies ist bei der NP Bill in Beispiel (1) der Fall. Die NP a book dagegen hält in beiden Sätzen ihren Kasus und ihre Θ-Rolle konstant, und dies ist Chomsky zufolge charakteristisch fur die Klasse der „inhärenten" Kasus: That is, inherent Case is assigned by a to NP only if α θ-marks NP. Chomksy/Lasnik (1993:558) Chomsky (1981) sieht in seiner Kasustypologie nur die Kasus als „inhärent" an, die von einem nicht-nominalen Regenten (d. h. von einem [-N]-Regenten) zugewiesen werden. In Chomsky/Lasnik (1993) weist er dagegen darauf hin, daß im Englischen auch [+N]-Regenten „inhärenten" Kasus vergeben. Als Beispiel wird die NP my proof of the theorem angeführt. Die in die PP einge41
Doppelobjektkonstruktionen mit zwei nominalen Komplementen vom Typ V-NP,NP2 werden als „Dative-Shiff'-Konstruktionen bezeichnet. Zugrunde liegt die Konstruktion V-NPj-PP„ in der die PP als 'dative' klassifiziert wird. Auch hier wird ein Terminus aus der Beschreibungssprache für kasusmarkierende Sprachen zur Kennzeichnung einer syntaktischen Relation verwendet. Vgl. zu diesem häufig diskutierten Konstruktionstypus die Kontroverse zwischen Larson (1988), Jackendoff (1990 b) und Larson (1990).
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Generative Kasussyntax
bettete NP the theorem wird als (abstrakter) Genitiv analysiert, die Präposition of als Kasusindikator: Of can then be regarded as the realization of this genitive Case in this configuration in English. Chomsky/Lasnik (1993:558) Die NP the theorem erhält von proof also sowohl den Kasus als auch die θRolle. Kasusmarkierung und Θ-Rollenmarkierung sind hier fest miteinander assoziiert.
2.2.2
Strukturelle, lexikalische und inhärente Kasus
Mit der Dichotomie 'strukturell/lexikalisch' wird nur eine Teilklasse aller Kasustypen erfaßt. Nicht erfaßt werden damit die Adjunktkasus, d. h. die NPs, die einen Kasus tragen, der nicht von einem lexikalischen Regenten zugewiesen wird. Im Deutschen sind dies die adverbialen Akkusativ- und Genitiv-NPs und die freien Dative. Das Auftreten dieser Adjunktkasus ist weder abhängig von einem kasuszuweisenden Element noch von der syntaktischen Konfiguration, in der die NP steht. Der Kasus ist vielmehr der Adjunkt-NP inhärent. Das ist nicht so zu verstehen, daß die NP bereits im Lexikon mit diesem Kasus markiert würde, sondern daß eine NP, die als Adjunkt realisiert wird, innerhalb dieser Adjunkt-Phrase vom lexikalisch leeren Kopf der Phrase den Kasus erhält (dazu siehe weiter unten). Für die inhärenten Kasus gelten keine der im folgenden in Anlehnung an Schmidt (1995) aufgelisteten Lizenzierungsbedingungen fur strukturelle und lexikalische Kasus:42 Struktureller Kasus (a) ist prädiktabel (b) kann nur jeweils einmal pro Satz auftreten (c) kann losgelöst von Θ-Markierung vergeben werden (d) kann konfigurationsabhängig unterdrückt werden
42
Ich ändere die Schmidtsche Terminologie in meinem Sinne ab. Schmidt spricht von strukturellen und inhärenten Kasus.
Typologie der Kasusmarkierung
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Lexikalischer Kasus (a) ist nicht prädiktabel (b) kann nur insgesamt einmal pro kasuszuweisendes Lexem auftreten (c) kann nicht losgelöst von Θ-Markierung vergeben werden (d) kann nicht konfigurationsabhängig unterdrückt werden vgl. Schmidt (1995:74) Die wichtigsten Unterschiede zwischen strukturellen und lexikalischen Kasus sind also die folgenden: Strukturelle Kasus treten konstruktionsabhängig auf. Es sind alternierende Kasus. Eine NP, die strukturellen Kasus zugewiesen bekommt, ändert diesen, wenn sie an syntaktischen Prozessen wie Passivierung oder Kausativierung beteiligt ist. Eine NP mit lexikalischem Kasus behält ihren Kasus bei. Der Kasus wird von einem NP-externen, θ-markierenden Element zugewiesen (d. h. von Ρ, V oder N). Es ist ein invarianter Kasus, der eng mit einer Θ-Rolle assoziiert ist. Notabene: Die genannten Lizenzierungsbedingungen beziehen sich ausschließlich auf strukturelle und lexikalische Kasus, d. h. auf Argumentkasus.43 Das Auftreten von Adjunktkasus wird damit nicht erfaßt. Für diese dritte Klasse von Kasus, die hier als 'inhärente Kasus' bezeichnet werden, gilt, daß sie weder über die Θ-Markierung vom Verb zugewiesen werden, noch ausschließlich in bestimmten strukturellen Konfigurationen auftreten. In der Chomskyschen Kasustypologie wird dieser Typus nicht erwähnt, obwohl natürlich auch im Englischen NPs als Adjunkte auftreten können und diese wie alle andern NPs auch (abstrakten) Kasus tragen. Als Beispiel dafür sei das Temporaladjunkt in dem Satz She drinks two bottles of mineral water every night genannt. In diesem Satz wird der Kasus an die NP every night weder strukturell noch lexikalisch zugewiesen. Adjunkte werden im Englischen kasusmorphologisch nicht differenziert. Es finden sich aber zahlreiche Sprachen, in denen genau dies der Fall ist. Dies gilt nicht nur für das Deutsche (vgl. die Genitiv- und Akkusativadverbiale), sondern mehr noch für Sprachen mit reicherer Kasusmorphologie, wie es ζ. B. das Finnische ist. Da die Zahl der Argumentkasus restringiert ist, ist zu erwarten, daß diese Sprachen einen Großteil ihrer morphologischen Kasus auf Adjunkte 43
Als Argumente betrachte ich die vom Verb selegierten NPs und PPs. In Chomsky (1981:35) wird eine Argument-NP nur vage als eine NP „with some sort of 'referential function'" definiert. In der Prädikatenlogik findet sich eine präzisere Fassung. Argumente sind demnach „Entitäten im Bezugsbereich eines Prädikats; sie repräsentieren außersprachliche, sozusagen ontische Objekte, denen wir durch das Prädikat Eigenschaften zusprechen oder die wir in Relation zueinander setzen." (Wunderlich 1985:184).
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Generative Kasussyntax
verteilen. In einem adäquaten Syntaxmodell muß diesem Umstand Rechnung getragen werden, d. h. es muß erfaßt werden, wie diese Adjunkte abstrakten und ggf. morphologischen Kasus erhalten. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß NPs, die als Adjunkte inhärenten Kasus tragen, nicht von außen θ-markiert werden. Wie die Kasusmarkierung, so erfolgt hier auch die Θ-Markierung innerhalb der Adjunkt-Phrase. Die Adjunkt-NPs lizenzieren sich also gewissermaßen selbst.44 Wie dies formal beschrieben werden kann, soll weiter unten im Rahmen des Minimalistischen Programms gezeigt werden (vgl. Kap. 2.3.5.4). Eine solche Selbstlizenzierung schließt natürlich nicht aus, daß es semantische und syntaktische Restriktionen gibt, die die Akzeptabilität einer Adjunkt-NP im Satz steuern. So kann der traditionell so bezeichnete 'Akkusativ des Weges' nur nach Bewegungsverben auftreten (vgl. die Ungrammatikalität des Satzes *Er arbeitete drei Kilometer), der 'Akkusativ der Maßeinheit' nur bei Verben, die Sachverhalte beschreiben, auf die mit Maßen, Entfernungen oder Zeitabschnitten Bezug genommen werden kann (siehe dazu Vater 1978). Insofern trifft es nicht zu, daß Adjunkte beliebig hinzufügbar seien. Einen solchen Standpunkt vertritt z. B. Wegener (1985). Sie ist der Auffassung, daß „der Ethicus und der Iudicantis, ebenso die adverbialen Akk.- und Gen.-NPs mit sämtlichen deutschen Verben kombiniert werden [können], wenn dies auch nicht immer stilistisch einwandfreie Sätze ergeben dürfte." (Wegener 1985:115). Es sind aber nicht nur stilistische, sondern auch syntaktische und semantische Faktoren zu berücksichtigen, die die Akzeptabilität solcher Sätze beeinflussen: VP-Adjunkte (vgl. Er traf seine Freundin jeden Tag) müssen mit der Verbsemantik, Satzadjunkte (Meines Wissens traf er seine Freundin jeden Tag) mit der gesamten Satzsemantik kompatibel sein. Das Auftreten der freien Dative ist durch die Satzsyntax restringiert, wie die ungrammatischen Beispiele "Hilf mir ihm! und "Ich schlafe mir gleich ein (H. Vater, p. c.). zeigen. Die genannten Aspekte genügen, um deutlich zu machen, daß auch die Relation, in der die Adjunktkasus zu ihren Kokonstituenten stehen, auf ihre Grammatikalität hin überprüft werden muß. Das notwendige Abgleichen der semantischen Merkmale geschieht aber erst auf der Ebene der Logischen Form, d. h. auf der Ebene, auf der die Oberflächenstruktur semantisch interpretiert wird.45 Hier wird ein Adjunkt seinem Skopus gemäß an die entsprechende syntaktische Position gebracht. Für Satzadverbiale ist diese Position höher anzusetzen als fur VP-Adverbiale. Erstere haben, wenn wir in der Satz-
44
45
Beckmann (1997:41) prägt für diese Selbstlizenzierung den schönen Terminus „Münchhausen"-Strategie. Zum theoretischen Status der Logischen Form (LF) im generativen Modell vgl. Fanselow/Felix (1991 s b) oder v. Stechow (1993:47 f.).
Typologie der Kasusmarkierung
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struktur von einer Infl-Analyse ausgehen (vgl. Kap. 2.3.3), die ganze CP in ihrer Skopusdomäne, letztere nur die VP. Daß die generative Kasustheorie ausschließlich eine Theorie der Argumentkasus ist und das Phänomen der Adjunktkasus (wie übrigens auch der Kongruenzkasus und der extrasententialen Kasus) ausgeklammert wird, sieht man auch an folgendem: Der 'Kasusfilter', ein wichtiger Pfeiler der generativen Kasustheorie in den 80er Jahren, besagt, daß eine NP, die keinen abstrakten Kasus trägt, als ungrammatisch ausgefiltert wird.46 Mit Bezug auf diesen Kasusfilter wird ζ. B. NP-Bewegung erklärt: Eine NP verläßt ihre Basisposition genau dann, wenn sie an dieser Position keinen Kasus erhält, also dem Kasusfilter 'zum Opfer fallen würde'. Solche Bewegungsoperationen beziehen sich nur auf Argument-NPs, denn nur diese können einen Kasus tragen, der an eine bestimmte syntaktischen Konfiguration gebunden ist. Es ist also offensichtlich, daß der Kasusfilter mit Blick auf Argument-NPs formuliert wurde. Aber auch Adjunkte müssen als ungrammatisch („*NP") gekennzeichnet werden, wenn sie keinen Kasus tragen. Mit anderen Worten: Der Kasusfilter gilt für alle NPs und, wenn man den Terminus 'abstrakter Kasus' im strengen Sinne nimmt, auch für PPs. Zurück zur Klasse der strukturell und lexikalisch zugewiesenen Kasus: Welche Kasus zählen zu dieser Klasse, und wodurch unterscheiden sich die beiden Subtypen? Haider (1985, 1993 u. ö.) vertritt die Ansicht, daß es im Deutschen nur zwei strukturelle Kasus gebe: den Akkusativ und den Nominativ. Diese beiden Kasus erfüllen in ihrer syntaktischen Hauptfunktion als Objekt bzw. Subjekt tatsächlich die von Schmidt (1995) genannten Kriterien für strukturelle Kasus: -
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Die Zuweisung von Nominativ bzw. Akkusativ ist in bestimmten Kontexten vorhersagbar (in Subjekt- bzw. DO-Position), Nominativ und Akkusativ können als strukturelle Kasus nur einmal pro Satz realisiert werden, Kombinationen von zwei Subjektnominativen bzw. zwei Objektakkusativen sind nicht möglich, Nominativ und Akkusativ sind nicht an spezifische Θ-Markierungen gebunden (vgl. die Variation in der semantischen Belegung des Nominativs im Aktiv und Passiv), Nominativ und Akkusativ können konfigurationsabhängig unterdrückt werden (vgl. die Akkusativabsorption im werden/sein-Passiv).
Was den kasustheoretischen Status des Dativs betrifft, so gehen die Meinungen auseinander. Haider (1993:110) plädiert dafür, daß der Dativ ein lexikali"
Chomsky (1981:49) formuliert dieses Prinzip folgendermaßen: „*NP if NP has phonetic content and häs no Case."
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Generative Kasussyntax
scher Kasus sei, da er in der Passivdiathese invariant bleibe (vgl. die Ungrammatikalität von (2 c.)). (2) a. Er kauft dem Kind ein Auto. b. Ein Auto wird dem Kind gekauft. c. *Das Kind wird ein Auto gekauft. Andere gehen davon aus, daß der Dativ als singulares Objekt lexikalisch ist, als zweites Objekt in Doppelobjekt-Konstruktionen dagegen strukturell (vgl. Czepluch 1988:279). Das stärkste Argument dafür, daß auch der Dativ ein struktureller Kasus ist und die Dativ-NP ihren Kasus positionsabhängig zugewiesen bekommt, ist sicher in der Tatsache zu sehen, daß auch beim Dativ eine Kasusalternation auftritt.47 Denn wie das folgende, in der Literatur häufig zitierte Beispiel zeigt, wechselt der Dativ im Rezipientenpassiv, das im Deutschen mit bekommen/kriegen/erhalten und dem Partizip II gebildet wird, zum Nominativ (vgl. Kap. 1.5):4* (3) a. Man entzog ihm^ den FührerscheinAkk. b. ErNom bekam den FüherscheinAkk entzogen.
Wegener (1991:74)
Ein anderes Argument fur den strukturellen Status des Dativs ergibt sich aus sprachtheoretischer Perspektive: Wenn der Dativ wie der Akkusativ ein struktureller Kasus ist, muß dies nicht eigens im Lexikoneintrag der entsprechenden Verben vermerkt werden. Es gibt dann nur noch wenige dreiwertige Verben mit lexikalischem Dativ, und für diese gilt, daß die Kasuszuweisung idiosynkratisch ist. Dazu zählen die Verben, die in Konstruktionen mit postakkusativem Dativ treten (vgl. die Kopie dem Original angleichen). Man kann festhalten, daß es seit den Arbeiten von Wegener, ν. a. seit ihrem Aufsatz von 1991, Der Dativ - ein struktureller Kasus? - als weitgehend unbestritten gilt, daß zumindest eine Teilklasse der Dative zu den strukturellen Kasus gerechnet werden muß. Daß der Dativ in bestimmten Konfigurationen die Kriterien fur strukturellen Kasus erfüllt, zeigt sich auch, wenn wir die weiter oben aufgelisteten Lizenzierungsbedingungen mit Blick auf den Dativ durchgehen: 47
48
Zu weiteren Argumenten, insbesondere aus psycholinguistischer Sicht, vgl. Eisenbeiß (1994). Zum Status des Dativs in der Kindersprache siehe auch Clahsen (1984) und Tracy (1986). Kritische Überlegungen zu der Frage, ob es sich dabei tatsächlich um passivische Strukturen handelt, finden sich in Haider (1984). Zu einer Analyse des Dativpassivs im generativen Rahmen angelehnt an Haider (198S a) und (1985 b) vgl. Molnárfi (1996).
Typologie der Kasusmarkierung
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Der Dativ wird einer NP konfigurationsabhängig zugewiesen, nämlich in der Position [ _ V'], d. h. in der Schwesterrelation zu einer Projektion V' (vgl. Wegener 1991:92). Der Dativ kann als struktureller Kasus pro Satz nur einmal realisiert werden. Kombinationen aus zwei Objektdativen sind nicht möglich. Der Dativ ist nicht an eine spezifische Θ-Markierung gebunden. Wegener (1991:73) vermerkt: „Auch im Dativ werden [..] mehrere - semantisch verwandte - Θ-Rollen realisiert, ζ. B. Opfer/Verlierer (SOURCE), Empfänger (GOAL, REC), Nutznießer/Geschädigter (BEN), Gefiihlsträger (EXP)." Dieses Argument ist allerdings das schwächste, denn gerade fur den Dativ weist Wegener an anderer Stelle (1985 ζ. B.) eine relativ große semantische Homogenität nach (vgl. dazu weiter unten Kap. 3.5.6). Der Dativ kann konfigurationsabhängig unterdrückt werden (vgl. die Dativabsorption im èefoj/M/nen-Passiv).
Wie im erstgenannten Punkt angeführt, steht die NP, an die der Dativ zugewiesen wird, in der Schwesterposition von V'. Für die strukturelle Dativzuweisung muß also eine Konfiguration vorliegen, in der es neben dem Dativkomplement ein weiteres Komplement gibt, das entweder ein Akkusativobjekt, ein präpositionales Objekt oder ein ergatives Subjekt ist und zusammen mit V o die Konstituente V' bildet. Diese Bedingung ist erfüllt bei drei Gruppen von Verben (vgl. Wegener 1991:98 f.)49: - transitive Verben mit Akkusativ- und Dativobjekt (ζ. B. kaufen, bringen, holen) - intransitive Verben mit Agens-Subjekt und direktem Objekt in Form einer PP (ζ. B. treten, schlagen) oder eines Infinitivs (ζ. B. helfen, dienen) - intransitive Verben mit Thema-Subjekt (ergative Verben, Thema-Verben) (ζ. B. auffallen, gelingen, fehlen) 49
Wegener faßt unter den Terminus 'ergative Verben' agenslose Verben mit charakteristischen syntaktischen Eigenschaften. Es sind dies die folgenden (vgl. hierzu ausfuhrlich Grewendorf 1989): Das Objekt des transitiven Satzes und das Subjekt des intransitiven Satzes weisen bei diesen Verben - wie in Ergativsprachen - Gemeinsamkeiten auf, doch sind diese Gemeinsamkeiten im Deutschen - im Gegensatz zu Ergativsprachen - gerade nicht morphologischer, sondern semantischer Natur. Insofern ist die Bezeichnung 'ergativ' nicht glücklich gewählt. Als 'transitiv' bezeichnet Wegener nur die Verben, die ein Akkusativobjekt zu sich nehmen. Zur Vieldeutigkeit der Termini 'transitiv' und 'intransitiv' vgl. Vater (1978). Zur ergati vischen Kasusmorphologie und zur Problematik der Anwendbarkeit des Subjektbegriffs auf Ergativsprachen vgl. Sasse (1978).
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Generative Kasussyntax
An dieser Stelle sei noch folgendes betont: Es wäre falsch anzunehmen, daß bestimmten Kasus kontextunabhängig das Prädikat 'struktureller Kasus' zugeschrieben werden könnte. Ob eine NP strukturellen, lexikalischen oder inhärenten Kasus trägt, läßt sich nur bestimmen, wenn die Verbsyntax berücksichtigt wird. Deshalb ist die Frage, welche Kasus zu den strukturellen, welche zu den lexikalischen Kasus gehören, im Grunde falsch gestellt. Diese Frage ist nie absolut, sondern immer nur in Abhängigkeit vom syntaktischen Kontext zu beantworten. Beim Dativ ist man sich weitgehend einig darüber, daß dieser Kasus nicht generell ein lexikalischer Kasus ist. Aber auch der Genitiv ist nicht der lexikalische Kasus schlechthin. In adnominaler Relation, d. h. innerhalb einer NP, tritt der Genitiv im Deutschen als struktureller Kasus auf. Der Kasus ist in diesem Fall an die NP-interne Strukturposition gebunden. Dagegen fällt der Genitiv in den seltenen Fällen, in denen er im Neuhochdeutschen noch von einem Verb regiert wird, unter die Klasse der lexikalischen Kasus. Als lexikalischer Kasus bleibt er bei einem Konstruktionswechsel invariant, wird nicht absorbiert und ändert seine Θ-Rolle nicht. Dies zeigen die folgenden Beispiele: (4) a. Wir gedenken der Toten. b. *Die Toten werden/bekommen gedacht. (5) a. Wir bezichtigen ihn des Mordes. b. *Der Mord wird/bekommt bezichtigt. Nominativ und Akkusativ können ebenfalls nicht pauschal einer gemeinsamen Kasus-Klasse zugeordnet werden. So ist der Akkusativ, der im Kontext von Empfindungsverben auftritt (vgl. Die Note freut mich, das Buch interessiert mich), nicht prädiktabel und kann auch nicht konfigurationsabhängig (z. B. im Prozeß der Passivierung) wegfallen. Generell gilt, daß in transitiven Konstruktionen, in denen eine Passivierung aus semantischen Gründen ausgeschlossen ist (so bei Empfindungsverben und sog. Symmetrieverben), die im Akkusativ kodierte semantische Rolle nicht in den Nominativ wechseln, der Kasus also nicht absorbiert werden kann. Man betrachte hierzu die folgenden Beispiele: (6) a. b. (7) a. b.
Die WundeN0M schmerzt michAKK. ""Ich werde geschmerzt. PeterN0M gleicht PetraAIUC. *Petra wird von Peter geglichen.
Die Daten lassen vermuten, daß die Kasus in diesen Konstruktionen lexikalisch zugewiesen sind. Andererseits ist der Akkusativ in der Umgebung von Empfindungsverben nicht unbedingt an die spezifische Θ-Markierung gebun-
Typologie der Kasusmarkierung
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den. Die mit dem Akkusativ assoziierte semantische Rolle (Experiencer) kann bei einigen Verben auch nominativisch realisiert werden (vgl. Ich friere), bei anderen dativisch (vgl. Mir geflllt dieses Buch). In einigen Fällen handelt es sich bei diesem Nebeneinander von Experiencer im Nominativ und Experiencer im Dativ/Akkusativ um eine diachrone Entwicklung, die noch nicht abgeschlossen ist. Die Tendenz ist offensichtlich die, daß akkusativische bzw. dativische Konstruktionsmuster von nominativischen abgelöst werden. Dies zeigen insbesondere Dativkonstruktionen, die heute als archaisch gelten (Mir ahnt, Mir dünkt, Mir zweifelt vs. Ich ahne, Ich denke, Ich zweifle). Dafür sprechen auch die Daten aus dem Englischen und Französischen, in denen die Nominativkonstruktion heute die einzig grammatische ist (vgl. Me thinks > I think, Me likes > I like, Bsp. von J. Lenerz, p. c.). In der sprachtypologischen Literatur wird dieser Prozeß der Angleichung von Konstruktionen mit Empfindungsverben an solche mit Handlungsverben als 'Generalisierung' bezeichnet (vgl. Bossong 1992:110). Ein solcher Trend zur Generalisierung ist kennzeichnend fur die meisten europäischen Sprachen. Damit ist nicht gesagt, daß neben der bevorzugten nominativischen Konstruktion nicht auch noch Alternativkonstruktionen möglich sind. So weist Wegener (1985:193, 1998:74) daraufhin, daß im Deutschen zahlreiche Dativkonstruktionen zusätzlich zu Verben zu entstanden, die bereits über eine nominativische Konstruktion verfugen. Als Beispiele nennt sie u. a. Mir ist bewußt, Mir ist bekannt, Mir ist einsichtig vs. Ich weiß, Ich kenne, Ich sehe ein, fuhrt aber auch Neubildungen mit Verben an, die „an sich keine psychischen Prozesse bezeichnen" (1985:193): Mir stinkt es, mir reicht es, mir schmeckt es nicht versus Ich verabscheue, ich lehne es ab, ich habe genug davon. Wegener schließt daraus, daß es sich bei den meisten Nominativ/Experiencer vs. Dativ/Experiencer-Konversen um „synchron nebeneinander bestehende Ausdrucksvarianten handelt" (Wegener 1985:194, vgl. auch Wegener 1998:74 f.). Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ihre Feststellung, daß diese Neubildungen oft ohne ein formales es-Subjekt nicht mehr akzeptabel seien. Hier muß allerdings einschränkend angemerkt werden, daß dies nur fur verbale Neubildungen und auch fur diese nur beschränkt zutrifft. Wie Wegeners eigene Beispiele zeigen, tritt in Dativ/ExperiencerKonstruktionen mit prädikativen Adjektiven i. d. R. kein formales es auf. Auch Lenerz (1985:125) weist daraufhin, daß „Verben konsequenter für eine Subjekt-NP (es) subkategorisiert [sind] als Adjektive, und diese in stärkerem Maße als substantivische Prädikate." (vgl. weil *(es) mir ein Bedürfiiis ist, daß [...]).
62
Generative Kasussyntax
Abschließend läßt sich festhalten: Eine pauschale Zuordnung von Kasuskategorie und Kasuszuweisung (etwa der Art Akkusativ = strukturell zugewiesener Kasus, Genitiv = lexikalisch zugewiesener Kasus) wird der Datenlage nicht gerecht. Vielmehr muß jeweils konstruktionsabhängig entschieden werden, ob es sich bei den auftretenden Kasus um Kasus handelt, die strukturell oder lexikalisch zugewiesen werden oder die der NP inhärent sind.
2.3
Generative Satzanalysen und Kasus
2.3.1
Vorbemerkung
Im folgenden steht die Analyse der strukturellen Kasus im Vordergrund. Da dieser Kasustyp an die syntaktische Konfiguration gebunden ist, in der die kasusempfangende NP auftritt, ist zu fragen, welche Positionen in der Generativen Grammatik für die Kasuszuweisung angesetzt werden. Dazu werde ich zunächst einen Überblick geben über die verschiedenen Satzanalysen, die von der Standardtheorie bis hin zum Minimalistischen Programm vorgenommen wurden. Ausgangspunkt ist dabei jeweils die Frage, welche Positionen als Argumentpositionen identifiziert werden, denn nur diese gelten als relevante Positionen fur die Zuweisung des strukturellen - wie auch des lexikalischen Kasus. Von den verschiedenen Entwicklungsphasen, die die Generative Grammatik durchlaufen hat und in denen Fragen der Kasussyntax in ganz unterschiedlicher Weise eine Rolle spielen, werde ich die Phase der Standardtheorie (60er und 70er Jahre), der Government-Binding-Theorie (80er Jahre) und das Minimalistische Programm (90er Jahre) betrachten. Unter die Standardtheorie subsumiere ich hier auch die Revisionen, die dieser Theoriestand in den 70er Jahren erfahren hat (Erweiterte Standardtheorie, Revidierte Erweiterte Standardtheorie). Innerhalb der Government-Binding-Theorie (im folgenden GBTheorie) werde ich aus heuristischen Gründen eine weitere Phaseneinteilung vornehmen: Ich unterscheide zwischen der Phase, in der Satzstrukturen als Projektionen einer Kategorie 'Inflection' angesehen wurden (Anfang der 80er Jahre), und der Phase, in der Satzstrukturen als Agreement-Tense-Strukturen analysiert wurden (zweite Hälfte der 80er Jahre). Die erste Phase bezeichne ich als die 'Infl-Analyse', die zweite Phase als die 'Agr-Analyse' der GBTheorie.
Generative Satzanalysen und Kasus
2.3.2
63
Kasus in der Standardtheorie
In der für die Entwicklung der Generativen Grammatik grundlegenden Arbeit Aspects of the Theory of Syntax wird das Subjekt als die NP-Konstituente definiert, die vom Satzknoten S direkt dominiert wird. Dem Objekt entspricht in diesem Modell die von VP unmittelbar dominierte Konstituente. Der relationale Charakter dieser Begriffe soll dadurch zum Ausdruck gebracht werden, daß sie als „Subjekt-von" und „Objekt-von" („Subject-of', Object-of, vgl. Chomsky 1965:69) bezeichnet werden. Eine Unterscheidung von direktem und indirektem Objekt wird nicht gemacht. In Doppelobjektkonstruktionen stehen beide NPs auf einer hierarchischen Stufe neben dem Verb. Als Bezugsrahmen zur Beschreibung der syntaktischen Relation dient jeweils die übergeordnete, nicht die nebengeordnete Kategorie. Dies gilt auch für die Adverbiale. VP-Adverbiale werden, so die traditionelle Analyse, unmittelbar von der VP dominiert. Ihre Abgrenzung zu den Objekten ist nicht durch die Position im Strukturbaum erkennbar, denn auch die Objekte werden unmittelbar von der VP dominiert. Der Unterschied läßt sich in den Strukturanalysen der Standardtheorie auch nicht über kategorialen Status der Phrasen erfassen, indem z. B. Adverbiale als von der VP dominierte PPs, Objekte als von der VP dominierte NPs analysiert werden, denn zum einen gibt es nominale Adverbiale (NPs), zum andern präpositionale Objekte (PPs). Die Attribute dagegen lassen sich strukturell eindeutig bestimmen, da dieselbe Dominanzrelation nicht von mehreren Funktionsklassen beansprucht wird: Attribute sind von NP dominierte Phrasen. Die folgende Graphik zeigt die Tiefenstruktur des Satzes Paul gibt dem Kind das Buch. Die Satzkonstituente S wird in einzelne Subkonstituenten zerlegt, die ihrerseits natürlich wieder bis zu den terminalen Einheiten zerlegt werden könnten. (8) S NP Paul
VP NP NP dem Kind das Buch
V gibt
In dieser tiefenstrukturellen Darstellung steht das Verb in Endposition. Ein klassisches Argument für die Annahme einer solchen Subjekt-Objekt-Verb-
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Generative Kasussyntax
(im folgenden: SOV-) Stellung lautet, daß im Deutschen nur in der SOVStellung, d. h. nur im eingeleiteten Nebensatz, die verbalen Elemente zusammenstehen (zu alternativen Überlegungen, ausgelöst durch die Arbeit von Kayne (1994), siehe weiter unten in Kap. 2.3.5.2). Was die Frage der Kasusmarkierung betrifft, so findet sich in den älteren Arbeiten und Einfuhrungen zur Generativen Grammatik wenig. Der Terminus 'Kasus' wird in Chomsky (1965) nur in einer Fußnote erwähnt. Chomsky weist im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu Wortstellungsregularitäten und stilistischen Umstellungsmöglichkeiten im Englischen darauf hin, daß die Kasus über die lineare Position der NPs in der Oberflächenstruktur bestimmt werden können: [...] Case is usually determined by the position of the Noun in surface structure rather than in deep structure, although the surface structures given by stilistic inversions do not affect Case. Even in English, poor as it is in inflection, this can be observed. Chomsky (1965:222) Daß in der Standardtheorie weder Fragen der Kasusdistribution noch Fragen der Kasusmarkierung behandelt wurden, liegt daran, daß die morphologischen Kasus als oberflächengrammatische Analyseeinheiten keine theorierelevanten Begriffe darstellten. Diese Auffassung gilt bis heute. Auch die in den 80er Jahren entwickelte generative Kasustheorie sollte darüber nicht hinwegtäuschen. Primärer Untersuchungsgegenstand ist und bleibt die Frage, wie Oberflächenkasus aus Θ-Rollen deduzierbar sind. Wenn dennoch in neueren generativen Arbeiten neben der Θ-Theorie auch das Kasuskonzept Bedeutung erlangt hat, so liegt dies daran, daß unter 'Kasus' nicht eine morphologisch motivierte Einheit verstanden wird, sondern eine abstrakte Einheit, die syntaktisch motiviert ist. Ein anderer Grund für die Vernachlässigung kasusmorphologischer Aspekte war die anfänglich starke Orientierung am Englischen, einer Sprache mit rudimentärer Kasusflexionsmorphologie. Der universalgrammatische Anspruch stand als Desideratum zwar schon zu Beginn der Generativen Theoriebildung im Vordergrund (vgl. Chomsky 1965:4), als Datengrundlage für die formale Ausarbeitung der Theorie diente in der Standardtheorie aber primär das Englische. Probleme ergaben sich, wenn in der Rezeption des Chomskyschen Ansatzes das Modell auf eine kasusflektierende Sprache wie das Deutsche übertragen wurde. Entweder wurde dieser Aspekt weiterhin vernachlässigt, oder es wurde stipuliert, daß die Kasusmarkierung, wie auch die Markierung für Numerus und Person, „durch Basisregeln und durch Markierung im Lexikon" (Huber/Kummer 1974:116, siehe auch 1974:125) erfolgen muß. Wie diese Basisregeln aussehen könnten, wurde nicht expliziert. In Huber/Kummer (1974:127) finden sich lediglich Ausführungen zu einer sog. „Case Concord"-Transformation, deren Aufgabe es sein sollte, eine be-
Generative Satzanalysen und Kasus
65
reits kasusmarkierte NP, eine Nominativ-NP, in Acl-Konstruktionen in den Akkusativ zu verwandeln. Offensichtlich wurde davon ausgegangen, daß bereits vollständig flektierte Formen in die Tiefenstruktur gelangen und diese ggf. für weitere Transformationen wie "Raising, Case Concord, Equi NP Deletion" (in dieser Rangfolge angeführt in Huber/Kummer 1974:128) zur Verfügung stehen. Interessanterweise findet sich diese Annahme im Minimalistischen Programm wieder, denn auch hier wird der Strukturaufbau mit bereits voll spezifizierten Lexikonelementen begonnen. Zu erwähnen ist noch, daß bereits in einer der ersten grundlegenden Arbeiten zur generativen Grammatik des Deutschen, in Bierwisch (1963), ein Vorschlag zur Beschreibung der adverbialen Kasus-NPs gemacht wurde. Bierwisch versieht alle Nomina mit dem Kasusindex K. Dieser Kasusindex tritt in der Kombination mit einem Nomen auch innerhalb von PPs auf. Adverbiale NPs und PPs sieht Bierwisch als zwei Varianten ein und derselben Kategorie an. Dies geht aus dem folgenden Zitat hervor: Schließlich erscheint es sehr plausibel, wenn man ftlr bestimmte Fälle eine Expansion von Ρ zu K+0 oder einfach Κ zuläßt, um so die Zeitbestimmungen den ganzen Tag, des Morgens usw. zu erklären. [...] Umgekehrt läßt sich auf dieser Basis eine einfache Formulierung für die Tatsache geben, daß der Genetiv unter bestimmten Bedingungen durch präpositionale Umschreibung ersetzt wird, daß also nebeneinander möglich ist ein Roman Kafkas und ein Roman von Kafka. Es alter-
nieren dann einfach K3 und K2 +von.
Bierwisch (1963:60)
Zusammenfassend kann man feststellen: Der Kasusmarkierung wird in der Satzanalyse der Standardtheorie keine Bedeutung beigemessen. Die Kasusmarkeirung geht auch nicht in die Formulierung von Permutationsregeln ein. Dies gilt ebenso für die Weiterentwicklungen der Standardtheorie in den 70er Jahren, d. h. sowohl für die sog. Erweiterte Standardtheorie („EST") als auch für die Revidierte Erweiterte Standardtheorie („REST"). Wenn dennoch in generativen Arbeiten aus dieser Zeit von 'Kasus' die Rede ist, so geschieht dies i. d. R. im Zusammenhang mit Überlegungen zu Filimores Kasusgrammatik (vgl. Fillmore 1968). Die Fillmoreschen Tiefenkasus sind aber grundsätzlich sowohl von den morphologischen als auch den abstrakten Kasus zu unterscheiden (dazu siehe weiter unten in Kap. 2.4).
66
Generative Kasussyntax
2.3.3
Kasus in der Infl-Analyse der GB-Theorie
Erst mit der Etablierung des Konzepts 'abstrakter Kasus' in der GB-Theorie wird die Kasusanalyse zu einem eigenen Forschungsbereich innerhalb der Generativen Grammatik.50 Die Kasuszuweisung wird zu einem entscheidenden Faktor im transformationeilen Teil des Modells. Es wird angenommen, daß es die Kasuseigenschaften einer XP sind, die als Auslöser fììr Bewegungen dienen. Wenn auch in anderer Form, so findet sich dieser Grundgedanke auch im neueren Theoriestand, im Minimalistischen Programm, wieder. Kennzeichnend fur die Government-Binding-Phase der Generativen Grammatik ist das sog. T-Modell (vgl. Chomsky 1981), das sich aus vier Repräsentationsebenen zusammensetzt: D-Struktur (DS), S-Struktur (SS) und den zwei Verzweigungsebenen Logische Form und Phonetische Form (LF und PF).51 Es sind diese vier Repräsentationsebenen, die, so die Annahme, beim Aufbau komplexer Strukturen durchlaufen werden. Dabei gilt, daß die lexikalischen Eigenschaften eines Elements auf allen syntaktischen Repräsentationsebenen (zu denen DS, SS und LF zählen) erhalten bleiben müssen. Diese Forderung wurde im Projektionsprinzip kodifiziert. Das Projektionsprinzip hängt eng zusammen mit dem Theta-Kriterium, das eine Eins-zu-EinsZuordnung von thematischer Rolle und syntaktischer Argumentposition fordert. Daneben wurden in der GB-Theorie weitere Wohlgeformtheitsbedingungen formuliert, die Chomsky (1981) in einzelnen Subtheorien ausgearbeitet hat. Eine dieser Subtheorien ist die Kasustheorie, auf die später noch ausfuhrlich eingegangen wird. An dieser Stelle soll zunächst gezeigt werden, welches die für die Assoziation mit den Kasus relevanten Argumentpositionen sind. Dazu sind zunächst einige Erläuterungen zur Infl-Analyse der Satzstruktur erforderlich: In Chomsky (1986) wird das X'-Schema, mit dem der Strukturaufbau von Phrasen beschrieben wird, auch auf die Analyse des Satzes bezogen. Der Satz wird als eine Kombination zweier Phrasen, einer Complementizer Phrase (CP) und einer Inflection Phrase (IP), analysiert. Der Kopf der CP, die Complementizer-Position C°, wird zur maximalen Projektion CP expandiert. Diese 50
51
In den Lectures on Government and Binding (1981) wird dem Kasus ein eigenes Kapitel gewidmet. Unter dem Stichwort 'Case' finden sich im Index eine Reihe von Seitenangaben und weitere Unterpunkte wie absorption, assignment, Case Filter, inherent Case, structural Case, CASE usw. Die Bezeichnung 'T-ModelP geht auf die Anordnung der vier Ebenen in der graphischen Darstellung des Derivationsprozesses zurück: DS und SS bilden die Eckpunkte der vertikalen, LF und PF die Eckpunkte der horizontalen Linie. Zu weiteren Erläuterungen vgl. Fanselow/Felix (1993 s b), Grewendorf ( 19912) oder andere diesen Theoriestand referierende Einführungen.
Generative Satzanalysen und Kasus
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stellt, dem Aufbau von Phrasen im X'-Schema entsprechend, drei Positionen zur Verfügung: SpecCP, C° und das Komplement von CP. Dieses Komplement von CP ist die IP, deren Kopf Io (= Infi) wiederum als Komplement eine VP nimmt. In dieser CP/IP-Analyse der Satzstruktur wird das Subjekt lokalisiert als die Konstituente in [SpecIP]. Das Objekt steht in der KomplementPosition der VP. Neuere Arbeiten im Rahmen der CP/IP-Analyse dagegen gehen davon aus, daß das Subjekt Teil der VP selbst ist und erst nach [SpecIP] bewegt werden muß. Legt man diese 'Subjekt-in-der-VP-Hypothese' zugrunde (zu Argumenten siehe weiter unten), ist die Unterscheidung von Subjekt und Objekt über die VP als exkludierende bzw. inkludierende Konstituente (vgl. Chomsky 1986:9) nicht mehr möglich. Man erreicht damit aber größere theoretische Einheitlichkeit: Alle Θ-Rollen, die das Verb vergibt, werden damit einheitlich innerhalb ein und derselben Projektion, der Verbprojektion, zugewiesen. Die theoretisch unbefriedigende Unterscheidung in interne und externe Θ-Markierung entfällt. Ich wähle in der folgenden Strukturdarstellung die 'GB-orthodoxe' IPAnalyse mit basisgeneriertem Subjekt in der Position [SpecIP], Da zur Identifizierung möglicher Kasuspositionen nur tiefenstrukturelle Repräsentationen betrachtet werden, können die Positionen, die im Zuge der Generierung eines Oberflächensatzes angesteuert werden, ausgeklammert werden. Aus diesem Grunde fehlt der in einer vollständigen CP-/IP-Struktur über IP hängende CPKnoten:52 (9)
IP
ein Auto kauf-
52
Selbstverständlich müßte man hier aus Analogiegründen nicht mehr CP, IP usw., sondern C", I" usw. notieren. Ich verzichte in den vorliegenden Strukturdarstellungen allgemeinem Usus folgend darauf. Hingewiesen sei auch darauf, daß hier die Notation 'NP' statt 'DP' aus expositorischen Gründen beibehalten wird, obgleich sich im Rahmen der GB-Analyse nunmehr der DP-Ansatz durchgesetzt hat. Schließlich möchte ich an dieser Stelle auch darauf hinweisen, daß die Strukturbäume mit Hilfe des Expertensystems GBX erstellt wurden. Ich danke Jean-Yves Lalande für die Bereitstellung dieses komfortablen Werkzeugs.
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Generative Kasussyntax
Innerhalb der VP wird der Verbfeme bzw. Verbnähe einer Objektkonstituente dadurch Rechnung getragen, daß die Objekte auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen generiert werden (zu Argumenten vgl. Kap. 1.6). Die Objektkonstituente, die mit dem Verb eine enge syntaktische Verbindung eingeht (das DO der strukturellen Definition), erscheint als Schwesterkonstituente von V. Eine weitere Objektkonstituente wird je nach Analysevorschlag entweder rekursiv unter V' aufgeführt (vgl. Vater 1994 a)53 oder im Specifier von VP generiert (vgl. Dürscheid 1994) oder als Argument in einer weiteren VPSchale über der Basis-VP angesetzt (vgl. Larson 1988). In GB-Arbeiten wird angenommen, daß die Kopf-Komplement-Abfolge für alle Phrasen parametrisiert ist. Was die I0-Komplement-Abfolge betrifft, so wird meist argumentiert, daß in SOV-Sprachen die VP als Komplement in der linearen Abfolge vor Io steht und in SVO-Sprachen Io folgt.54 Das Verb wird, um in Io die Finitheitsmerkmale zu erhalten, entweder nach rechts (in SOVSprachen) oder nach links (in SVO-Sprachen) angehoben. Im Unterschied zu älteren Ansätzen liegt also immer mindestens eine Bewegimg, die Bewegung von V o nach Io, vor. In deutschen Verbendsätzen verbleibt das Verb in der satzfinalen I°-Position, zur Ableitung von Verbzweit-Strukturen wird die Verbbewegung von Io nach C° fortgesetzt. In der GB-Theorie wird auch der Zusammenhang zwischen Kasus und syntaktischer Position ausführlich thematisiert. Chomsky (1981) listet die Konfigurationen auf, unter denen Kasus strukturell zugewiesen wird (vgl. i-iv).55 (i) (ii) (iii) (iv)
53
54
55
NP is nominative, if governed by AGR NP is objective, if governed by V with the subcategorization feature: NP (i. e., transitive) NP is oblique, if governed by Ρ NP is genitive in [NP_ X'] Chomsky (1981:170)
Dies steht allerdings in Widerspruch zu der Analyse von Fanselow/Felix (19933 b:53), wonach nur Adjunkte auf V'-Ebene rekursiv aufgeführt werden können. Ein Alternativvorschlag findet sich bei Travis (1989). Sie geht davon aus, daß auch in SOV-Sprachen die VP rechts von 1° steht. Da in einer solchen Struktur bei Verbanhebung nach I o das Verb vor seinen Komplementen zu stehen käme, muß Travis eine Affix-Senkung („Lowering") annehmen, um die fur eine SOV-Sprache charakteristische Komplement-Verb-Abfolge zu erhalten. An dieser Stelle ist es nochmals wichtig zu betonen, daß die hier referierten Prinzipien den Theoriestand der GB-Analyse spiegeln. In neueren, dem Minimalismus verpflichteten Arbeiten gibt es hier prinzipielle Änderungen (siehe dazu weiter unten in Kap. 2.3.5).
Generative Satzanalysen und Kasus
69
Mit den Regeln (i) bis (iv) erfaßt Chomsky, in welchen syntaktischen Konfigurationen eine NP Kasus erhalten kann. Diese Kasuszuweisung unterliegt diversen Wohlgeformtheitsbedingungen, die in der GB unter Stichwörtern wie 'Kasusfilter', 'Kasuszuweisungsrichtung', 'Singularitätsbedingung', 'Adjazenzbedingung' diskutiert wurden. Auf diese werde ich hier nicht im einzelnen eingehen, weil nicht wenige in Anbetracht der Entwicklungen im Minimalistischen Programm keine Relevanz mehr haben. Sie werden außerdem in einer dem älteren Theoriestand verpflichteten Arbeit, in Czepluch (1996), ausführlich behandelt und kritisch für das Deutsche hinterfragt.56 Ich werde an dieser Stelle nur die Termini 'c-Kommando' und 'm-Kommando' erläutern, da diese für den weiteren Gang der Diskussion, insbesondere für die generative Begriffsfassung von 'Rektion', von zentraler Bedeutung sind. Rektion wird, wie auch andere traditionelle Termini in der Generativen Grammatik, ausschließlich strukturell definiert: Ein Element X o regiert eine Phrase nur dann, wenn diese in einer bestimmten strukturellen Beziehung zu diesem X o steht. Die Kasuszuweisung an eine XP verläuft im GB-Modell über eine solche Rektionsbeziehung; kasuszuweisendes und kasusempfangendes Element müssen in einer spezifischen strukturellen Relation stehen. Diese Relation, die auch für andere syntaktische Prozesse relevant ist, ist das 'cKommando' bzw. das 'm-Kommando'. Eine c-Kommando-Beziehung liegt dann vor, wenn die XP und das c-kommandierende Element von derselben Konstituente direkt dominiert werden, d. h. wenn beide in einer Schwesterbeziehung zueinander stehen. Das Verb, das zusammen mit einer NP von V' dominiert wird, weist dieser NP den Objektivkasus zu (vgl. ii). Als Objektiv wird der Kasus bezeichnet, der in einer Sprache als typischer Komplementkasus auftritt. Im Deutschen ist es der Akkusativ. Der Nominativ wird, so die Annahme, nicht vom Verb, sondern von der funktionalen Kategorie Infi bzw. von einem Infl-Element, dem Kongruenzmerkmal [+Agr] zugewiesen. Als Argument wird angeführt, daß nominativisch markierte NPs nur in finiten Sätzen auftreten, also nur dann, wenn das Verb mit einem lexikalischen Subjekt kongruiert. Für die Kasuszuweisung unter Rektion tritt hier ein Problem auf: Da die VP in einer CP/IP-Analyse der Satzstruktur das Komplement zu Infi (= I o ) darstellt und die Subjekt-NP in dieser Analyse im Specifier der IP steht, besteht zwischen Subjekt-NP und Infi keine c-Kommando-Beziehung. Subjekt und I o werden aber von derselben maximalen Projektion dominiert, wenn auch nicht unmittelbar. Der c-Kommandobegriff muß also erweitert werden, um auch die Nominativzuweisung zu erfassen. In Chomsky (1986:8) geschieht dies über die Defi56
Die Arbeit von Czepluch (1996) geht auf eine im Jahr 1989 eingereichte Habilitationsschrift zurück. Hinsichtlich des Theoriestandes hat der Verfasser, wie er selbst im Vorwort vermerkt, nur geringfügige Änderungen vorgenommen.
70
Generative Kasussyntax
nition von 'm-Kommando'. Danach stehen zwei Kategorien A und Β in einer m-Kommandobeziehung, wenn die maximale Projektion, die die mkommandierende Kategorie A dominiert, auch die Kategorie Β dominiert. Damit zwischen A und Β auch eine Rektionsbeziehung vorliegt, darf keine Barriere zwischen den beiden Kategorien A und Β intervenieren.57 α governs β iff α m-commands β and every barrier for β dominates a. Chomsky (1986:8)
Wenn wir die strukturelle Relation zwischen Infi und der NP im Specifier von Infi betrachten (vgl. (9')), stellen wir fest, daß die hier von Chomsky (1981) formulierte Bedingung dann erfüllt ist, wenn das Subjekt in SpecIP steht. Die maximale Projektion, die I o dominiert (= IP), dominiert auch das Subjekt in SpecIP, und es gibt zwischen I o und der NP in SpecIP keine intervenierende Barriere: (9')
IP NP Der Mann
t
Γ
W ein Auto kauf-
c-Kommando m-Kommando Geht man dagegen davon aus, daß das Subjekt innerhalb der VP generiert wird, kann Infi das Subjekt nicht regieren, weil in diesem Fall die VP als Barriere die Rektionsbeziehung zwischen Infi und dem Subjekt blockieren würde. Die NP muß somit für die erforderliche Nominativzuweisung in SpecIP basisgeneriert oder nach SpecIP bewegt werden. Daß letzteres ein unökonomisches Verfahren ist, liegt auf der Hand. Im Modell der GB stellt dies jedoch kein
57
In Chomsky (1986) wird ausgeführt, unter welchen strukturellen Bedingungen eine XP zur Barriere wird. Angemerkt sei hier nur, daß nicht jede maximale Projektion auch gleichzeitig eine Barriere ist. Sie ist es beispielsweise dann nicht, wenn sie eine Θ-Rolle trägt.
Generative Satzanalysen und Kasus
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Problem dar, da hier - im Gegensatz zum Minimalistischen Programm - ökonomische Überlegungen noch keine Rolle spielen. Ein Problem für die strukturelle Identifikation syntaktischer Relationen und die Hypothese einer daran geknüpften Kasuszuweisung stellt die AbsolutivErgativ-Distribution in Ergativsprachen dar. Der Absolutiv weist Eigenschaften auf, die einerseits dazu berechtigen, ihn als Subjekt anzusehen (Verbkongruenz, Nullkasus, Zielkasus bei Passivierung), andererseits Anlaß dazu geben, ihn in transitiven Sätzen in der Komplementposition der VP anzusetzen (Wortstellung, Patienskodierung). Die VP-externe Position ist in diesem Fall von der Ergativ-NP besetzt. Hier liegt eine zu Nominativ-Akkusativ-Sprachen komplementäre Verteilung der grammatischen Relationen vor, denn die Subjektkonstituente einer Ergativsprache steht hierarchisch neben der Verbkonstituente, also in der für Nominativsprachen typischen DO-Position. Es muß also geregelt werden, daß die Kasuszuweisung komplementär zu der Kasuszuweisung in Nominativ-Akkusativ-Sprachen erfolgt. Komplizierter wird die Zuordnung von Kasus und grammatischen Relationen noch, wenn man Sprachen mit sog. 'Split-Ergativity' betrachtet. In diesen ist es ζ. B. der Fall, daß das Pronominalsystem (1. und 2. Person) dem Nominativmuster, das Nominalsystem dem Ergativmuster folgt (vgl. Anderson 1985:182). Ein zentraler Kritikpunkt an der Infi-Analyse der GB bezieht sich auf die Art der postulierten Kasuszuweisung. Sie erfolgt nicht einheitlich, da jeweils unterschiedliche Konfigurationen als Basis dienen: Die Kasuszuweisimg an das Objekt verläuft über das c-Kommando; für die Kasuszuweisung an das Subjekt ist das übergeordnete m-Kommando relevant. Außerdem haben die Kasuszuweiser unterschiedlichen Status. Sie gehören entweder zur Klasse der lexikalischen oder zur Klasse der funktionalen Kategorien. Neben dem funktionalen Infi und dem lexikalischen V als potentiellen Kasuszuweisern für den Nominativ und den sog. Objektiv wird in Chomsky (1981:170) auch noch die Präposition als lexikalischer Kasuszuweiser genannt. Umstritten ist in der GB-Theorie auch die Frage, an welcher Position das Subjekt basisgeneriert werden muß. Wie bereits erwähnt, finden sich in neueren Arbeiten Argumente dafür, das Subjekt VP-intern, an der Spec-Position der VP, zu generieren (vgl. dazu ausführlich die Diskussion in Haider 1993:132-176). Damit würden sich alle Argumentpositionen innerhalb der maximalen Projektion des Verbs befinden. Die Θ-Rollen, die das Verb zu vergeben hat, würden somit strikt lokal, innerhalb der V-Projektion, vergeben. Geht man dagegen davon aus, daß das Subjekt in SpecIP basisgeneriert wird, so nimmt man in Kauf, daß es eine Θ-Rolle gibt, die nicht innerhalb der mKommando-Domäne eines lexikalischen Kopfes zugewiesen wird (vgl. Chomsky/Lasnik 1993:531).
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Generative Kasussyntax
Ein syntaktisches Argument fiir die Subjekt-in-der-VP-Hypothese führt Lenerz (1994) an. Er bezieht sich auf die relative Stellung von subjektextrahierten Konstituenten zu Modalpartikeln. Wenn man annimmt, daß Modalpartikeln die linke VP-Grenze markieren, so bedeute dies, daß in einem Satz wie Was haben dich denn [ßr Leute] angesprochen (Bsp. aus Lenerz 1994:163) die ins
Vorfeld gestellte Subjektkonstituente was aus einer VP-internen Position extrahiert wurde. Ein weiteres, vielbeachtetes und umstrittenes Argument für die Subjekt-inder-VP-Hypothese hat Hubert Haider in die Diskussion eingebracht. Er stellt fest, daß nicht nur Sätze, in denen das Subjekt mit einem ergativen Verb topikalisiert wurde, voll grammatisch sind, sondern auch solche, in denen ein nicht-ergatives Verb zusammen mit dem Subjekt im Vorfeld steht. Nach Haider (1993) haben in den folgenden Beispielen beide Konstruktionstypen (10 a. und b.) und ( I I a . und b.) das gleiche Akzeptabilitätsniveau, obwohl es sich nur bei (11 a. und b.) um ergative Subjekte handelt: (10) a. b. (11) a. b.
?Ein Außenseiter gewonnen hat hier noch nie. ?Kinder gespielt haben hier noch nie. ?Rosen verblüht sind hier noch nie vor Ende Oktober, ?Ein Gefangener entwichen ist hier noch nie. Beispiele aus Haider (1933:152)
Haider versieht beide Konstruktionstypen mit einem Fragezeichen, bewertet also beide als problematisch, aber nicht als ungrammatisch. Abgesehen davon, daß der Status von Daten, die durch Introspektion gewonnen wurden, umstritten ist und die Daten von anderen Muttersprachlern zweifellos anders beurteilt werden,58 gibt es im Rahmen der Infl-Analyse noch ein theoretisches Problem. Wie erhalten die mit dem Verb topikalisierten Subjekt-NPs den Nominativ? Denn wenn tatsächlich alle Subjekte VP-intern generiert werden und die Subjekt-NP ihren Kasus erst durch Bewegung nach [SpecIP] erhält, dann müßte man annehmen, daß in den zugegebenermaßen nicht völlig ungrammatischen Sätzen (10) und (11) die Subjekt-NP fur die Kasusmarkierung erst nach Spec58
Zur Problematik der intuitiven Sprecherurteile vgl. z. B. das folgende Zitat aus der Jäger/Bierwisch/Grewendorf/Habel-Kontroverse in der Zeitschrift för Sprachwissenschaft: „'Verhalten' ist - wie Chomsky formuliert - , 'kein Kriterium für Kenntnis' (vgl. Chomsky 1981:59 f.). Allerdings zeigte sich, wenn dem so wäre - ganz unabhängig von der Triftigkeit der Chomskyschen Behauptung - hier ein grundlegendes, methodisches Problem: denn wenn Verhalten kein Kriterium für Kenntnis ist, dann können intuitive Sprecherurteile, die eine Form des rezeptiven Sprachverhaltens sind, auch nicht als Evidenz für die Adäquatheit von grammatischen Hypothesen herangezogen werden." (Jäger 1993:251).
Generative Satzanalysen und Kasus
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IP und anschließend für die Topikalisierung zurück in die VP bewegt würde. Da die letzte Bewegung durch nichts motiviert würde, erscheint dies unplausibel. Nimmt man dagegen an, daß nur Ergativsubjekte in der Verbprojektion stehen und alle anderen Subjekte VP-extern zu generieren sind, muß man nur für diese Klasse von Subjekten einen Mechanismus der indirekten Nominativzuweisung postulieren (vgl. Grewendorf 1989:134-145). Grewendorf zeigt, daß die VP-externe Subjektposition in Ergativstrukturen lexikalisch nicht realisiert wird, und stipuliert, daß an dieser Position ein phonetisch leeres PRO steht, das mit dem Ergativsubjekt in der VP koindiziert ist und diesem den regulär von INFL zugewiesenen Kasus vererbt. Ich werde die Diskussion um die Kasuszuweisung an Subjekte auf diesem Theoriestand nicht fortsetzen, denn durch weitere Modifikationen der GBTheorie wurde diese Frage ohnehin obsolet. Mit anderen Worten: Das Problem der Kasuszuweisung an die VP-interne Subjekt-NP entfallt, wenn wir, wie im folgenden dargestellt, von einer Subjekt-Kongruenz-Phrase (im folgenden Agr(S)-Phrase) ausgehen, die als Landeplatz für alle nominativerhaltenden NPs dient, unabhängig davon, ob es sich bei diesen NPs um transitive oder um ergative Subjekte handelt.
2.3.4
Kasus in der Agr-Analyse der GB-Theorie
Seit der in Pollock (1989) vorgetragenen Argumentation wird in vielen generativen Arbeiten angenommen, daß die IP ihrerseits aus der Projektion von mehreren funktionalen Kategorien besteht (sog. 'Split-Infl-Hypothese').5' Pollock selbst argumentiert für eine Aufspaltung der IP in TP (Tense Phrase), NegP (Negations-Phrase) und AgrP (Agreement Phrase). Ich kennzeichne diesen Ansatz im folgenden mit dem Terminus 'Agr-Analyse'. Vertreter der Agr-Analyse nehmen an, daß die funktionale Kategorie Infi in die zwei projizierenden Subkategorien Agreement und Tense zerfällt und daß diese beiden funktionalen Kategorien jeweils eine Position für einen Specifier und ein Komplement vorsehen. Die hierarchische Anordnung der beiden daraus resultierenden Kategorien AgrP und TP wird als das Ergebnis einer sprachspezifischen Parametrisierung angesehen. Statt einer CP/IP-Struktur liegt somit alternativ eine CP/AgrP/TP- oder eine CP/TP/AgrP-Struktur vor. Für das Deutsche wird angeführt, daß die AgrP über der TP angesetzt werden muß, weil das Verb bei seiner Anhebung aus der VP erst die Tempusmerkmale, dann die Kongruenzmerkmale (vgl. lach-t-e) lexikalisiert (vgl. Grewendorf 5
'
Zu den Argumenten vgl. ausführlich Pollock (1989) oder eine dem neueren Theoriestand verpflichtete Einführung (z. B. Radford 1997, Kap. 10).
74
Generative Kasussyntax
1992).60 Legt man diese hierarchische Strukturierung zugrunde, muß man davon ausgehen, daß das Verb schrittweise über V o nach T° und von da aus nach Agr° angehoben wird. Chomsky (1989) differenziert die Satzstruktur noch weiter: Aufgrund von Objektkongruenzphänomenen setzt er zwei Kongruenzphrasen (AgreementPhrasen) an, eine Subjekt-Agr-Phrase, die im Strukturbaum über der TP, und eine Objekt-Agr-Phrase, die unter der TP lokalisiert wird." Auch Belletti (1990) bringt Argumente für eine hierarchisierte AgrP/TP/VP-Struktur, geht aber von der Existenz nur einer AgrP aus. Wie viele Projektionen IP-intern angesetzt werden müssen und ob die IP überhaupt gesplittet wird, ist in der generativen Literatur umstritten (vgl. Lalande 1997:127 f.). Einige plädieren dafür, noch weitere Infl-Projektionen anzunehmen (z. B. eine Aspekt-Phrase, vgl. Schmidt 1994), andere sprechen sich gegen eine solche 'Inflation' funktionaler Kategorien und gegen eine komplexe Agr-Analyse aus (z. B. Abraham 1995 d, 1997 b).62 Unumstritten ist in diesem neueren Ansatz nunmehr, daß das Subjekt wie auch das Objekt innerhalb der VP zu generieren ist. Unterschieden werden beide durch die Projektionsstufe, auf der sie eingefügt werden: das Subjekt unter SpecVP, das Objekt bzw. die Objekte rekursiv unter V (vgl. auch die Strukturdarstellung in Marantz (1995:364)). Subjekt- und Objektkonstituente werden aus der VP in die Spec-Positionen der jeweiligen Agr-Phrase bewegt, d. h. entweder in die Subjekt-Agr- oder in eine der Objekt-Agr-Phrasen. Als Grund für die Bewegung wird angenommen, daß die NP nur in dieser SpecPosition vom jeweiligen Kopf der Agr-Phrase m-kommandiert und damit kasusmarkiert werden kann. Ich lege für die weitere Darstellung eine komplexe Agr-Analyse zugrunde, sehe also eine Expansion der Agr-Knoten vor. Folgt man dieser Analyse, so kann man davon ausgehen, daß neben den Basis-Argumentpositionen maximal drei Agr-Phrasen bereitstehen. Die Agr-Phrasen enthalten die für die Kasuszuweisung relevanten Kasuspositionen: die Specifier Position in der Agr60
61
62
Hier wird SOV-Stellung vorausgesetzt. Folgt man dagegen mit Chomsky Kaynes Antisymmetrie-Hypothese, nach der alle Phrasen kopfinitial sind (vgl. Kayne 1994), kann es basisstrukturell nur SVO-Sprachen geben. Sprachen mit SOVStellung müßten dann als Resultat einer Derivation angesehen werden (vgl. Kap. 2.3.5.2). Objektkongruenz liegt z. B. in den Bantu-Sprachen Swahili und Kinyarwanda vor und in den kaukasischen Sprachen Abkhasisch und Lasisch. Partielle Objekt-VerbKongruenz findet sich auch im Französischen, wo das Partizip mit einem vorangestellten Objektpronomen kongruiert (vgl. Lalande 1997:134-137). Kritik an der Agr-Analyse übt auch Iatridou (1990). Zur Kritik an dieser Kritik siehe Schmidt (1992, 1995: 219-223) und Lalande (1997:110-134).
Generative Satzanalysen und Kasus
75
Phrase über der TP und die Specifier-Position in den Agreement-Phrase unterhalb der TP. Der Kasus wird einheitlich vergeben vom Kopf der jeweiligen Agr-Phrase. Wir haben somit als Kasuszuweiser nicht ein Nebeneinander von lexikalischen und funktionalen Kategorien. Welcher Kasus jeweils an die SpecAgr-Position zugewiesen wird, hängt von der hierarchischen Position der Agr-Phrase ab: Der Kopf der obersten Agr-Phrase weist den Nominativ zu, der Kopf der mittleren Agr-Phrase den Dativ. In der untersten Agr-Phrase wird der Akkusativ zugewiesen. Die verschiedenen Agr-Phrasen werden im folgenden aus mnemotechnischen Gründen mit Agr(S), Agr(0) und Agr(IO) bezeichnet. Die Zusätze S, O und 10 dienen, wie eingangs erläutert, zur Kennzeichnung der verschiedenen Positionen. Es könnten ebensogut andere Indizes beigegeben werden. Auch die Konfiguration, unter der sich diese Kasuszuweisung vollzieht, ist einheitlich. Das Subjekt und die Komplemente werden an den VP-internen Positionen basisgeneriert: das Objekt als Schwester von V o , 10 und Subjekt rekursiv als Schwestern von V'. Alle Argument-NPs werden vom Verb innerhalb seiner Projektion theta-markiert (zur Theta-Theorie vgl. Kap. 2.4). Um dem Kasusfilter zu entgehen, müssen die NPs in den Specifier der jeweiligen Agr-Phrase wandern, wo sie vom Agr-Kopf ihren Kasus erhalten.63 Das Verb wird ebenfalls schrittweise aus der VP angehoben, d. h. es gelangt über die Köpfe der Agr-Phrase(n) und der TP zum Kopf der AgrP(S), wo es overt mit dem Subjekt kongruiert. In Verbend-Sätzen bleibt es an dieser Position stehen, in Verbzweit-Sätzen wird die Kopf-zu-Kopf-Bewegung fortgesetzt, d. h. es wird noch weiter nach C° bewegt. Fazit: Als relevante Strukturbeziehung für die Kasuszuweisung gilt nur noch das m-Kommando. Kasus wird generell über eine Specifier-Kopf-Beziehung an die Spec-Agr-Position der AgrP zugewiesen: Structural Case in general is simply a manifestation of the [Spec,AGR.] relation, with realizations as Case or agreement, depending on language-particular morphology. Chomsky/Lasnik (1993:562) In der folgenden Darstellung eines deutschen Verbzweit-Satzes ist die Bewegung der strukturellen Kasus in die Agr-Positionen bereits vollzogen, d. h. die NPs besetzen bereits die jeweiligen [SpecAgr]-Positionen. Da in diesem Fall nur eine Objekt-NP vorhanden ist, steht unter der TP nur eine Agr-Phrase. Nur in Doppelobjektkonstruktionen benötigen wir eine Agr(0) und eine Agr(IO)Phrase. Die Subjekt-NP ist topikalisiert, d. h. sie steht nicht mehr in der AgrP, 63
Wohlgemerkt: Das ist die präminimalistische Analyse, nach der NPs erst ihren Kasus 'erhalten'. Im Minimalistischen Programm, in dem die NPs bereits Kasus tragen, ist der Auslöser der XP-Bewegung ein anderer. Die Bewegungen selbst vollziehen sich aber nach demselben Schema (siehe dazu weiter unten in Kap. 2.3.5).
76
Generative Kasussyntax
in der sie ihren Kasus erhält, sondern in der [SpecCPJ-Position. Ich lasse dabei die Frage offen, ob bei der Anhebung der Subjekt-NP auch die SpecTP als Zwischenlandestelle dienen muß.64 (12) CP
Für die verbalen Kasus stellt das X'-Schema jeweils zwei Typen von Positionen zur Verfügung: maximal drei (basisgenerierte) Argumentpositionen in der VP und maximal drei (derivierte) Kasuspositionen in den AgrPs (vgl. Schmidt 1994, Dürscheid 1994). Als Oberflächenmarker fur die Grenze zwischen der VP- und der AgrP-Domäne dient die Satznegation. Sie wird an der linken VPGrenze basisgeneriert. Die Struktur muß also ggf. noch um eine NegP erweitert werden (vgl. Büring 1994). Die AgrPs nehmen nur solche NPs auf, deren Kasus strukturell zugewiesen wird. Die NPs, die lexikalischen Kasus tragen, bleiben an ihrer Basisposition in der VP und erhalten dort den Kasus direkt vom Verb. Da es sich um lexikalische Kasus handelt, deren Auftreten bereits im Lexikoneintrag des Verbs vermerkt ist, müssen sie nicht in eine funktionale Projektion bewegt werden, um Kasus zu erhalten. "
Es sei nochmals daran erinnert: Aus Gründen der anschaulicheren Darstellung notiere ich die maximale Projektion mit XP und nicht, wie es konsequenterweise korrekt wäre, mit X". Außerdem berücksichtige ich für die satzstrukturelle Darstellung nicht die Diskussion um die DP/NP-Analyse. Ich notiere weiterhin ' N P ' .
Generative Satzanalysen und Kasus
77
Daß sich die Agr-Projektionen für die Zuweisung des strukturellen Kasus außerhalb der VP befinden und die NPs für die Kasusmarkierung in diese Position gebracht werden müssen, entspricht genau dem Umstand, daß diese Art der Kasuszuweisung positions- und nicht verbabhängig ist. Es korreliert auch damit, daß die NP in der Oberflächensyntax nicht an diesen Kasus gekoppelt ist: Muß sie in eine alternative Agr-Phrase bewegt werden (wie z. B. bei Passivierung), erhält sie den Kasus in dieser Agr-Phrase (z. B. den Nominativ). Im Passiv kann keine der NPs innerhalb der Agr-Domäne den Akkusativ erhalten, die Akkusativzuweisung ist bei Verben mit passivischer Morphologie generell blockiert.65 Was die lineare Abfolge der Argument-NPs betrifft, so ist zu erwarten, daß ein lexikalisch zugewiesener Kasus verbnäher steht als ein strukturell zugewiesener Kasus. Dies ist in der Tat so: Der verbale Genitivkasus, der ohne jede Einschränkung zur Klasse der lexikalischen Kasus gezählt werden kann, befindet sich obligatorisch in der verbadjazenten VP-Komplementposition. Die bereits über den Lexikoneintrag des Verbs als genitivisch ausgewiesene Argument-NP muß nicht mehr bewegt werden, um ihren Kasus zu erhalten. Dies schließt natürlich nicht aus, daß die NP in eine Nicht-Kasusposition, wie z. B. die SpecCP-Position es ist, bewegt werden kann. Dasselbe gilt für die nur in bestimmten Konstruktionen auftretenden lexikalischen Dative: In den wenigen subjektlosen einwertigen Dativ-Konstruktionen (grauen, schaudern etc.), in denen der Dativ lexikalisch ist, bleibt die DativNP in der Komplementposition von V o , die Subjektposition bleibt leer. Wird der Dativ strukturell zugewiesen, wie in transitiven Aktivkonstruktionen der Fall, so erfolgt dies innerhalb der SpecAgr(IO)-Phrase über die KopfSpecifier-Relation. Zweiwertige Agens-Verben wie gratulieren, widersprechen, applaudieren, beipflichten selegieren ebenfalls eine lexikalisch kasusmarkierte Dativ-NP. Dies gilt auch für dreiwertige Verben mit postakkusativem Dativ. In beiden Fällen steht der Dativ verbadjazent. Als Fazit können wir festhalten: Strukturelle Kasus werden in die SpecAgrPositionen bewegt, in denen sie den Kasus über m-Kommando vom Agr-Kopf zugewiesen bekommen. Wenn ein struktureller Kasus mit einem lexikalischen Kasus kombiniert wird, steht die NP, die den lexikalischen Kasus trägt, in engerer Verbindung zum Verb als die NP, die den Kasus strukturell zugewiesen bekommt. Zur Illustration des Gesagten dient die Übersicht in Abb. 1. In diesem Schema wird eine maximal expandierte Basisstruktur mit drei Agr-Phrasen zugrun65
Diese Regelhaftigkeit wird in der generativen Literatur als 'Burzios Generalisierung' bezeichnet. Burzio stellt fest, daß Verben, die dem Subjekt keine thematische Rolle zuweisen, den Akkusativ absorbieren (vgl. Burzio 1986, zu Erläuterungen dazu Abraham 1995 a:46).
Generative Kasussyntax
78
de gelegt.66 Die Bezeichnungen SU, IO und DO dienen, wie oben erläutert, nur zur terminologischen Unterscheidung der drei Argumentposition. DO steht für die unmittelbar präverbale Position, die sowohl durch eine NP als auch durch eine PP besetzt werden kann. Die den Spuren (= t) beigegebenen Indizes zeichnen lediglich die einzelnen Derivationsschritte nach, eine Zuordnung der Strukturpositionen (etwa der Art SpecAgr-IO und VP-ΙΟ oder SpecAgr-DO und VP-DO) soll damit nicht angezeigt werden. SpecAgr -S (13) ichk
SpecAgr -10 dem Jungen.
(14) ich, (15) ichk (16) ich, (17) ichk (18) ich,
dem Arzt;
SpecAgr -DO das Buchj das Kindj den Marnij das Buchj
SU
10
DO
V
tk
t¡
ti
gebe
der Kälte des Raubes aus dem Schrank für die Hilfe auf andere
aussetze beschuldige nehme
\ tk
dem Kind den Ball zuwerfen). Neben diesen
140
Ich gebrauche hier die von mir eingeführte Terminologie. In Olsens Worten liest sich das folgendermaßen: „Entworfen habe ich ein Bild, in dem im Lexikon Templates vorhanden sind, die formale Operationen auf dem Thetaraster des Basisverbs bewirken der Art, daß eines der beiden strukturellen Argumente des Verbs unterdrückt wird." (Olsen 1994:231).
Verbbedeutung und Verbstruktur
201
zu-Bildungen gehören zu dieser Klasse noch Bildungen mit nach, vor und bei (vgl. Olsen 1997:323). Zusammenfassend ergibt sich: Die semantischen Rollenverschiebungen und die damit einhergehenden morphologischen Kasusverschiebungen, die durch Präfigierungen ausgelöst werden, sind nicht idiosynkratischer Natur, sondern lassen sich systematisch beschreiben. Wenn wir der Auffassung folgen, daß in Applikativkonstruktionen die Akkusativ-NP jeweils als Patiens interpretiert wird, bleibt für Handlungskonstruktionen im Aktiv die Kasus-RollenIsomorphie erhalten. Die Rollendistribution in der Applikativkonstruktion entspricht dann dem Default-Fall fur transitive Verben im Aktiv: NominativNP - Agens, Akkusativ-NP - Patiens. Was sich im Vergleich zur Basiskonstruktion ändert, ist die ontologische Rolle, die in der Akkusativ-NP kodiert ist.
4.4
Verbdiathesen
4.4.1
Vorbemerkung
In diesem Abschnitt wird der Frage nachgegangen, in welchem Verhältnis die Semantik der Kasus zu den Verbdiathesen Aktiv, Passiv, Medium und Ergativ steht. Gemeinsam haben diese Diathesen, daß sie das Verhältnis zwischen Agens und Nominativ in der Subjektposition in jeweils spezifischer Weise verändern. Sie unterscheiden sich darin vom Applikativ, der auch als Verbdiathese betrachtet wird (vgl. Wunderlich 1993). Der Applikativ tangiert nicht die Subjektposition und somit nicht das Nominativ-Agens-Verhältnis, sondern die Position des direkten Objekts. Das Aktiv sehe ich als Basisdiathese an, aus der die anderen Diathesen abgeleitet werden (vgl. auch Wunderlich 1993:730). Ein Diathesenwechsel kann morphologisch am Verb selbst markiert sein, aber auch analytisch oder gar nicht angezeigt werden. Durch einen Diathesenwechsel ändert sich die Zahl der in der Konstruktion realisierten semantischen Rollen und ihre Verteilung auf die syntaktischen Positionen des Satzes. Kennzeichnend für alle Diathesen ist, daß sie die ganze Konstruktion betreffen. Ich werde deshalb im folgenden nicht mehr von Aktiv, Passiv, Ergativ und Medium sprechen, sondern von Aktiv-, Passiv-, Ergativ- und Mittelkonstruktionen. Des weiteren mache ich einen Unterschied zwischen Handlungs- und Nicht-Handlungskonstruktionen. Erstere realisieren ein Agens im Nominativ, letztere nicht. Passiv-, Ergativund Mittelkonstruktionen gehören zu den Nicht-Handlungskonstruktionen. Zu den Ergativkonstruktionen werden hier nur solche gezählt, die auf eine Handlungskonstruktion mit einem prototypischem Agens im Subjekt zurück-
202
Bedeutungskonstituierende Faktoren
zufuhren sind.141 Dazu gehören auch Konstruktionen mit reflexivierten Verben wie sich bewegen und sich drehen. Von diesen unterscheiden sich die reflexiven Mittelkonstruktionen vom Typ 'Verb + Reflexivum' sowohl in formaler als auch in semantischer Hinsicht.142 Zunächst zum formalen Unterschied: In diesen Mittelkonstruktionen tritt, anders als in ergativen Reflexivkonstruktionen, regelhaft ein qualifizierendes Adverbial auf (vgl. Das Buch verkauft sich gut), und selbst wenn dieses fehlt, wird ein solches mitgedacht (Das Buch verkauft sich). In semantischer Hinsicht unterscheiden sich Mittel- von ergativen Reflexivkonstruktionen dadurch, daß sie eine Eigenschaftslesart implizieren (vgl. Das Buch verkauft sich gut - Das Buch hat die Eigenschaft, sich gut verkaufen zu lassen). In Mittelkonstruktionen ist das Agens noch implizit vorhanden als genetisches, nicht-spezifisches Agens (vgl. Fagan 1992), in reflexiven Ergativkonstruktionen wird kein Agens impliziert. Nehmen wir nun an, daß sich alle Nicht-Handlungskonstruktionen syntaktisch auf eine Handlungskonstruktion zurückfuhren lassen, und bezeichnen wir diese Handlungskonstruktion als Basiskonstruktion. Kennzeichnend für die Basiskonstruktion ist die in Abb. 1 beschriebene Kasus-Rollen-Isomorphie. In den Nicht-Handlungskonstruktionen ist diese Isomorphic aufgehoben. Die im Übergang von dem einen in den anderen Konstruktionstyp erfolgten Rollenverschiebungen werden im folgenden für jeden Konstruktionstyp gesondert beschrieben.
4.4.2
Passivkonstruktionen
Statt der für Handlungskonstruktionen typischen Nominativ-NP - AgensVerbindung erfolgt in Passivkonstruktionen die Kodierung einer Nicht-AgensRolle im Nominativ. In (12) handelt es sich um eine Rollenanhebung, d. h. eine in der semantischen Hierarchie tiefer stehende Rolle wird in die Subjektposition gebracht (vgl. dazu ausführlich Kap. 4.7). Möglich ist aber auch, daß keine Rollenanhebung stattfindet. Ist dies der Fall, gibt es wiederum zwei Möglichkeiten: Der Nominativ wird entweder durch pronominales es wie in (13) oder aber gar nicht - wie in (14) - realisiert.143
141
142 143
Fanselow (1992) hingegen subsumiert alle intransitiven Konstruktionen mit einem Thema-Verb (z. B. ankommen) unter den Ergativkonstruktionen. Zu anderen Typen von Mittelkonstruktionen vgl. Vater (1988). Konstruktionen wie (14) werden in der traditionellen Grammatik als 'unpersönliches Passiv' bezeichnet, obwohl dieser Passivtyp nicht 'unpersönlich' ist, denn er impliziert wie das persönliche Passiv einen personalen Handlungsträger.
Verbdiathesen
(12) (13) ( 14) (15) ( 16)
203
Die Kinder werden unterstützt. Es wird ihnen heute noch geholfen. Ihnen wird heute noch geholfen. *Die Kinder sind geholfen. ?Den Kindern ist geholfen.
Im werden-Passiv ist eine Rollenanhebung nur dann möglich, wenn die semantische Rolle, die im Nominativ kodiert werden soll, in der Basiskonstruktion im Akkusativ steht. Ist dies nicht der Fall, so behalten, wie die Beispielsätze (13) und (14) illustrieren, die semantischen Rollen ihren Kasus bei. Satz (15) zeigt, daß die Rollenanhebung im sein-Passiv ausgeschlossen ist, wenn der Aktant im Aktivsatz dativisch markiert war. Die Alternative, den Kasus unverändert zu lassen (vgl. (16)), ist im iei'w-Passiv im Gegensatz zum wen/en-Passiv nur bedingt akzeptabel. Marginale Beispiele fur Dativ-NPs im jein-Passiv wie z. B. Ist dir damit gedient? führen Hentschel/Weydt (1995) an. Sie weisen darauf hin, daß die Akzeptabilität solcher Beispiele steigt, wenn das sem-Passiv mit einem Verb gebildet wird, das im Konjunktiv steht (vgl. ?Daför ist dir gedankt vs. Dafür sei dir gedankt). Die insgesamt stark eingeschränkte Akzeptabilität solcher Konstruktionen ist m. E. darauf zurückzuführen, daß das sem-Passiv meist bei Verben auftritt, die im Aktiv eine Handlung beschreiben, in der der Objektreferent stark affiziert ist. Stark afïïzierte Objektreferenten werden im Aktivsatz i. d. R. im Akkusativ kodiert. Und da akkusativisch markierte Objekte bei Passivierung systematisch zum Nominativsubjekt werden, liegt im sein-Passiv bis auf wenige Fälle eine Rollenanhebung vor. Betrachten wir nun die Fälle, in denen es beim Übergang zur NichtHandlungskonstruktion tatsächlich zu Rollenverschiebungen kommt. Hier ist zu unterscheiden zwischen dem Dativ- und dem Akkusativpassiv. Im Dativpassiv wird eine in der Basiskonstruktion dativisch markierte NP nominativisch (17 b.), im Akkusativpassiv wird eine akkusativisch markierte NP zur Nominativ-NP (17 c.). 1 " (17)
a. b. c.
Der Dieb stahl ihr den ganzen Schmuck. Sie bekam den ganzen Schmuck gestohlen. Der ganze Schmuck wurde ihr gestohlen.
Für die Basiskonstruktion gilt die Rollenbelegung 'Nominativ-NP - Agens, Akkusativ-NP - Patiens und Dativ-NP - Rezipient'. Durch die Passivierung kommt es zu vorhersagbaren Rollenverschiebungen: Im Dativpassiv trägt die 144
Die semantischen Restriktionen fur das Dativpassiv bespricht Wegener (1985). Vgl. auch Leirbukt (1977) und (1997).
204
Bedeutungskonstituierende Faktoren
Nominativ-NP die semantische Rolle Rezipient, im Akkusativpassiv trägt die Nominativ-NP die semantische Rolle Patiens. Die anderen Kasus behalten ihre semantischen Rollen bei. Das Agens kann nicht gewissermaßen in eine der frei gewordenen Kasus 'schlüpfen', d. h. im Dativpassiv zum Dativ oder im Akkusativpassiv zum Akkusativ werden. Es muß vielmehr präpositional angeschlossen werden. Daraus ergibt sich der folgende Befund: Bis auf den Nominativ blockieren alle Kasus (auch der Genitiv) in der Passivkonstruktion die Neubelegung durch eine alternative semantische Rolle. Diese Beobachtung trifft auch auf Ergativ- und Mittelkonstruktionen zu, allerdings mit dem Unterschied, daß das Agens in der Regel gar nicht, d. h. nicht einmal präpositional, wieder aufgenommen werden kann.
4.4.3
Ergativkonstruktionen
Die Überführung der Ergativ- in eine Handlungskonstruktion ist ohne eine Veränderung der Verbmorphologie nur bei einer kleinen Klasse von Verben möglich (ζ. B. zerreißen, brechen). In der Regel wird der Verbstamm morphologisch verändert, um die Kausativierung anzuzeigen (vgl. sitzen/setzen; liegen/legen; ertrinken/ertränken). Als syntaktischer Indikator für die Dekausativierung dient im Deutschen - im Gegensatz zum Englischen - das Reflexivum (bewegen/sich bewegen; drehen/sich drehen). In anderen Sprachen, so ζ. B. im Polnischen, wird die Dekausativierung obligatorisch durch ein Reflexivum angezeigt (vgl. Vater 1995:162). Die Reflexivierung ist das einzige Dekausativierungsmuster, das im Deutschen produktiv eingesetzt wird. Der Grund dafür ist in der Kasus-RollenIsomorphie zu suchen: Intransitiva, die ohne Reflexivum analog zu brechen oder zerreißen gebildet würden, legen eine Agenslesart des Nominativsubjekts nahe. In Reflexivkonstruktionen dagegen wird durch das Auftreten von sich angezeigt, daß diese Agenslesart ausgeschlossen ist. Vgl. die deutschen Beispiele (18 a. und b.) mit dem englischen Beispiel (18 c.): (18) a. *Die Sprache [Agensj verändert. b. Die Sprache [P¡ltien$1 verändert sich. c. The language changes. Das Englische benötigt diesen Reflexivmarker nicht. Im Englischen gibt es bekanntlich ein breites Spektrum an Rollenanhebungen. Dadurch werden die eingeschränkten Wortstellungsmöglichkeiten ausgeglichen. Eine Agenslesart stellt sich bei diesen Rollenanhebungen nicht ein. So ist es z. B. im Englischen
205
Verbdiathesen möglich zu sagen The drug encourages
the heart to beat more
regularly
(Doherty 1993:8), wohingegen sich in der wörtlichen deutschen Übersetzung Das Medikament
ermutigt das Herz, regelmäßiger
zu schlagen
der Eindruck
einer unfreiwilligen Personifizierung (genauer: einer starken Agentivierung) einschleichen würde. Gemeinsam haben alle hier diskutierten Ergativkonstruktionen, daß die Patiensrolle, die in der Basiskonstruktion im Akkusativ kodiert wird, zur Nominativ-NP wird. Die akkusativische Basiskodierung des Patiens ist eine notwendige Voraussetzung für diese Rollenanhebung. Die semantischen Rollen, die in der Basiskonstruktion dativisch oder genitivisch kodiert sind, lassen keinen Kasuswechsel zu. Daß eine Dativ-NP in der Ergativkonstruktion nicht zum Nominativ werden kann, hat folgende Ursachen: 1. Tritt der Dativ als Objektkasus neben einem Akkusativ auf, trägt er die Rezipientenrolle. Ergativkonstruktionen sind aber gerade dadurch charakterisiert, daß das Geschehen vom Patiens ausgeht. 2. Steht der Dativ als einziger Objektkasus, kodiert er das Patiens (wie bei helfen, widersprechen z. B.).'45 Dieser Dativ ist im Lexikoneintrag des Verbs fest verankert. Für die damit kodierte semantische Rolle ist eine Variation ausgeschlossen. Kommen wir nun noch zu der Frage, auf welchen Typus von Handlungskonstruktionen Ergativkonstruktionen semantisch überhaupt zurückfuhrbar sind. Ein wesentlicher Unterschied zu Passivkonstruktionen ist, daß die Agenswahl in der zur Ergativkonstruktion gehörenden Basiskonstruktion stark eingeschränkt ist. Wie die folgenden Beispiele zeigen, kann das Agens in der zu (19 a.) und (19 b.) korrespondierenden Basiskonstruktion nicht ein intentional Handelnder sein, in der Basiskonstruktion von (19 c.) hingegen wird genau dies verlangt (Beispiele aus Dürscheid 1995:118 f.):
145
Diese Auffassung ist umstritten. Nach den Grundzügen (1981:343) ist eine Patiensrolle anzunehmen, andere argumentieren, daß es sich um eine Rezipientenrolle (Wegener 1985:25) handelt, wieder andere lassen diese Frage bewußt offen (Zifonun et al. 1997:1335). Ich gehe, wie bereits weiter oben in Kap. 3.7.2 erläutert, davon aus, daß eine Patiens-Rezipient-Unterscheidung im Objekt nur dann einen Sinn macht, wenn in einem Satz beide semantischen Rollen kodiert werden. Ist dies nicht der Fall, so setze ich für das Objekt die Patiensrolle an.
206 (19)
Bedeutungskonstituierende Faktoren a. b. c.
Der Wind fegte das Geschirr vom Tisch. Alle Gläser zerbrachen. (?Alle Gläser wurden zerbrochen) Starker Wind kam auf. Alle Türen öffneten sich. (?Alle Türen wurden geöffnet) Wer hat das getan? Alle Gläser wurden zerbrochen! (?Alle Gläser zerbrachen)
Die Frage Wer hat das getan? in (19 c.) läßt darauf schließen, daß der Sprecher einen „menschlichen Handlungsbeteiligten" (Terminus von Zifonun 1992:268) impliziert. Diese Implikation hat auch der anschließende Passivsatz, weshalb es in (19 c.) kommunikativ angemessener ist, mit einer Passivkonstruktion und nicht mit einer Ergativkonstruktion fortzufahren. Im Kontext von (19 a.) dagegen, in dem der Wind der Verursacher des Geschehens ist, ist es natürlicher, wenn der Sprecher eine Ergativkonstruktion wählt. Dies gilt auch fur Beispiel (19 b.). Das Passiv Alle Türen wurden geöffnet impliziert einen intentional Handelnden, was durch den vorangehenden Minimalkontext ausgeschlossen wurde. Das prototypische Agensmerkmal 'x verursacht y' (vgl. Dowty 1991:572) ist somit vorhanden, aber andere prototypische Agensmerkmale wie ζ. B. 'x handelt willentlich' (vgl. Dowty 1991:572) fehlen. Ergativkonstruktionen korrespondieren folglich in semantischer Hinsicht nur dann mit Handlungskonstruktionen, wenn das Agens den vom Verb beschriebenen Sachverhalt nicht intentional herbeigeführt hat. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Mit der Ergativkonstruktion wird zum Ausdruck gebracht, daß der Referent der Dativ-NP das Geschehen unabsichtlich verursacht hat (vgl. Ihm ist die Hose zerrissen). Drossard (1991:473) spricht in diesem Zusammenhang von einer „Verschiebung ins 'Unabsichtliche'" und macht die interessante Feststellung, daß diese „Unabsichtlich"-Variante in Sprachen des Nominativtyps aussieht wie die „Absichtlich"-Variante in Sprachen des Ergativtyps. Der transitive Aktivsatz ist im Deutschen in dieser Hinsicht ambig. Die Handlung kann absichtlich oder unabsichtlich herbeigeführt worden sein (vgl. Wegener 1985:315 ff.). Dies sieht man daran, daß sowohl ein Adverbial, das auf die Intentionalität der Handlung (absichtlich), als auch ein solches, das auf Nicht-Intentionalität (aus Versehen) schließen läßt, auftreten kann. Vgl. Wegeners Beispiele (1985:316): (20) a. b.
Ich habe das Glas absichtlich/aus Versehen zerbrochen, Mir ist das Glas * absichtlich/aus Versehen zerbrochen.
Wegener bezeichnet die semantische Rolle der Dativ-NP in (20 b.) als 'Cause'. Diese Cause-Rolle subsumiert sie unter der Hyperrolle 'Betroffener'. Wenn
Verbdiathesen
207
wir von Dowtys Prototypenkonzept ausgehen, können wir diese 'Cause-Rolle* zu den Proto-Agensrollen zählen. Von der im Nominativ kodierten AgensRolle in (20 a.) unterscheidet sie sich nämlich nur dadurch, daß sie nicht über die Implikation 'x handelt intentional' verfugt.
4.4.4
Mittelkonstruktionen
Ich gehe hier nur auf solche Mittelkonstruktionen ein, die ohne eine periphrastische Verbform gebildet werden, d. h. ich klammere lassen+sich-, jeirt+Infinitiv-, Äöwnew+Infinitiv-Konstruktionen aus. Der Grund ist der folgende: In diesen Mittelkonstruktionen würde die Rückführung auf eine Handlungskonstruktion mit einer Reduktion des Verbkomplexes einhergehen (vgl. Das Buch läßt sich gut verkaufen > Man verkauft das Buch gut). Hier interessieren aber nur die Konstruktionswechsel, die über eine geänderte Kasuskonstruktion und nicht noch zusätzlich über eine geänderte Prädikatstruktur erfolgen. Die Auflösung der Agens-Nominativ-Verbindung führt in Mittelkonstruktionen dazu, daß die Nominativ-NP entweder eine andere semantische Rolle kodiert oder aber dazu, daß sie semantisch leer bleibt. Ersteres ist der Fall bei den Mittelkonstruktionen, die zu transitiven Basiverben gebildet werden (vgl. Das Buch verkauft sich gut). Wie in der Ergativkonstruktion auch, kann in der Mittelkonstruktion nur eine in der Basiskonstruktion im Akkusativ kodierte Rolle nominativisch markiert werden. Es ist dies die Patiensrolle. Betrachten wir nun die Mittelkonstruktionen, die auf der Basis von intransitiven Verben gebildet werden können. Charakteristisch für solche Konstruktionen ist, daß die Nominativ-NP durch ein referenzsemantisch leeres es besetzt wird (vgl. (21 b.) und (22 b.). (21) a. b. (22) a. b.
Hier arbeitet man gut. Hier arbeitet es sich gut. Hier tanzt man gut. Hier tanzt es sich gut.
In den a.-Sätzen trägt die Nominativ-NP die Proto-Agens-Rolle. In den b.Sätzen ist dieses Agens nur noch implizit vorhanden, es wird lexikalisch nicht realisiert. Daß in diesen Sätzen ein expletives es auftritt, ergibt sich notwendigerweise aus dem Umstand, daß in der Basiskonstruktion keine Akkusativ-NP vorhanden ist, deren semantische Rolle in der Mittelkonstruktion nominativisch markiert werden könnte. Anders als das es in unpersönlichen Passivkonstruktionen bleibt dieses es bei Topikalisierung einer Mittelfeldkonstituenten
208
Bedeutungskonstituierende Faktoren
in Verbzweitsätzen erhalten (vgl. (23 b.)) und fällt in konjunktional eingeleiteten Nebensätzen standardsprachlich nicht weg (vgl. 24 b.)): (23)
a. b. (24) a. b.
4.4.5
*Getanzt wird es hier, Gut tanzt es sich hier. *Ich weiß, daß es hier getanzt wird, Ich weiß, daß es sich hier gut tanzt.
Zusammenfassung
Durch den Diathesenwechsel wird die Rollenisomorphie in Handlungskonstruktionen aufgehoben. Die Kasus-Rollenwechsel sind vorhersagbar. Die Regularitäten werden in den Abbildungen 2 und 3 dargestellt. Anmerkung: Wenn ein Feld eine gestrichelte Linie enthält, bedeutet dies, daß der Kasus/die semantische Rolle aus der Basiskonstruktion in der alternierenden Konstruktion nicht realisiert werden darf. Ist das Feld leer, so wird keine Aussage darüber gemacht, ob das Auftreten einer Kasus-NP an dieser Stelle gefordert ist. Basiskonstruktion mit transitivem Verb Basiskonstruktion weri/e«-Passiv Ergativkonstruktion •rein-Passiv bekommen-Fassiv unpersönliches Passiv Mittelkonstruktion
Nom/Agens Nom/Patiens Nom/Patiens Nom/Patiens Nom/Rezipient (es)/Nom/Patiens
Akk/Patiens
Dat/Rezipient
— — — — —
—
—
Abb. 2 Basiskonstruktion mit intransitivem Verb Basiskonstruktion unpersönliches Passiv Mittelkonstruktion
Nom/Agens (es)/es/—
—
—
—
Abb. 3 An den Darstellungen erkennt man, daß die einzige Rollenverschiebung, die produktiv auftritt, die Nominativ-NP betrifft. Diese nimmt in der Regel das
Verbdiathesen
209
Patiens auf; lediglich beim stark restringierten bekommen-Passiv ist es der Rezipient, der im Nominativ kodiert werden kann. Die andern Kasus werden bei einem Diathesenwechsel nicht mit einer alternativen semantischen Rolle besetzt, auch wenn sie eine solche prinzipiell aufnehmen könnten, da sie nicht bzw. nicht mehr durch eine semantische Rolle belegt sind. Es stellt sich nun abschließend die Frage, warum Passiv- und Mittelkonstruktionen, die auf Basiskonstruktionen mit intransitivem Verb aufbauen, möglich sind, Ergativkonstruktionen dagegen nicht. Wir hatten gesehen, daß die Nominativ-NP in den Basiskonstruktionen mit intransitivem Verb jeweils eine mehr oder weniger prototypische Agensrolle trägt (vgl. (25 a.)). Warum ist es nun nicht möglich, diese Konstruktionen in eine Ergativkonstruktion vom Typ (25 b.) mit referenzsemantisch leerem es zu überfuhren - analog zu (25 c.)? Bei den Beispielen in (25 b.) ist allerdings zu beachten, daß diese nicht zu verwechseln sind mit Sätzen, in denen es (ko-)referentiell ist (vgl. Das Kind schläft - Es schläft). Diese sind selbstverständlich grammatisch. (25) a. b. c.
Ich arbeite. Ich tanze. Ich schlafe. *Es arbeitet. Es tanzt. Es schläft. Es wird gearbeitet, getanzt, geschlafen.
Gemeinsam haben Ergativ- und Passivkonstruktionen, daß der Sachverhalt agensdezentriert dargestellt wird.144 Ein konstitutives Merkmal von Ergativkonstruktionen ist darüber hinaus, daß der Sachverhalt patienszentriert präsentiert wird (vgl. Herok 1985, Ágel 1997). Dies ist in Passivkonstruktionen nicht obligatorisch. Es kann auch die Rezipientenrolle zentriert werden oder wie beim unpersönlichen Passiv gar keine semantische Rolle. Da intransitive Agensverben kein Patiens implizieren, das zentriert werden könnte, ist eine Konstruktion ausgeschlossen, deren Funktion gerade darin besteht, das Patiens zu zentrieren. In einer Ergativkonstruktion mit referenzsemantisch leerem es würde der paradoxe Fall eintreten, daß der Sachverhalt patienszentriert dargestellt werden soll, aber kein Patiens vorhanden ist, das zentriert werden könnte. Mittelkonstruktionen, die zu intransitiven Verben gebildet werden, sind demgegenüber möglich, weil die semantische Funktion der Mittelkonstruktion nicht die patienszentrierte Geschehenspräsentation, sondern die Denotierung einer Eigenschaft ist. Und die Zusprechung einer Eigenschaft kann auch an Orte oder Instrumente erfolgen. Dies zeigen abschließend die folgenden Beispiele:
146
Die Termini 'dezentriert' und 'zentriert' werden hier in einem intuitiven Sinne verwandt. Explikationen dazu erfolgen in Kap. 5.3.
210
Bedeutungskonstituierende Faktoren
(26) a. Hier schläft es sich gut. b. Mit diesem Stift schreibt es sich gut.
4.5
Kasuskonstruktionen
4.5.1
Vorbemerkung
Im folgenden werden die Kasus in ihrer Interaktion betrachtet. Der gelegentlich dafür verwendete Terminus 'Kasusrahmen' (so bei Ickler 1990) darf nicht mit dem gleichnamigen Terminus aus Filimores Kasusgrammatik verwechselt werden.147 Filimores 'case frames' beziehen sich auf die mit einem Verb möglichen Kombinationen aus Tiefenkasus (vgl. Fillmore (1968:26): „[...] verbs are selected according to the case environments the sentence provides - what I shall refer to as the 'case frame'"), nicht auf mit einem Verb kombinierbaren NPs. Es werden hier nur solche Konstruktionen in die Analyse einbezogen, in denen die Kasus in der syntaktischen Funktion des Subjekts, direkten Objekts oder indirekten Objekts auftreten, der Kasus also lexikalisch oder strukturell vom Verb zugewiesen wird, nicht aber inhärent ist. Unberücksichtigt bleiben also sowohl die Adverbialkasus als auch die Gleichsetzungskasus in prädikativen Konstruktionen (Sf'eNom ist LehrerinNom) und die Kasus, die extrasentential auftreten. Daraus folgt, daß Konstruktionen mit vier und mehr Kasus, die beim Vorkommen von adverbialen Akkusativen, Genitiven oder freien Dativen prinzipiell möglich sind (vgl. die Kasuskumulation in (27)), nicht behandelt werden. (27)
[Er]N0M trägt [ihr]DAT [guten Mutes]GEN [jeden A b e n d ] ^ [die Tasche]^ [ein Stück]^.
Betrachtet werden außerdem nur solche Konstruktionen, in denen das Verb im Aktiv steht. Im Hinblick auf den bedeutungskonstituierenden Faktor 'Verbdiathese' wird der Parameterwert also auf [+Aktiv] festgelegt. Auf der Basis dieser Überlegungen ergibt sich, daß sich die Zahl der für die Untersuchimg relevanten Kasuskonstruktionen auf neun beläuft. Es handelt sich um die folgenden Konstruktionen (die lineare Abfolge der Kasus bleibt unberücksichtigt) : 147
Die Kasusrahmen sind bei Ickler (1990) zwar morphologisch-syntaktisch motiviert, doch verfolgt sie diesen Ansatz nicht konsequent. In dem Kasusrahmen N+A+L beispielsweise, in dem Ν und A fur Nominativ- bzw. Akkusativaktant und L für Lokalaktant stehen, kombiniert sie morphologische und semantische Klassifikation.
Kasuskonstruktionen
211
Nom-Dat-Akk, Nom-Akk-Akk, Nom-Akk-Gen (ternäre Konstruktionen) Nom-Akk, Nom-Dat, Nom-Gen (binäre Konstruktionen) Nom, Akk, Dat (singuläre Konstruktionen) Da die Bedeutung eines einzelnen Kasus um so spezifischer ist und damit um so leichter erfaßt werden kann, je mehr andere Kasus auftreten, werde ich bei den ternären Kasuskonstruktionen beginnen und jeweils alle Kombinationsmöglichkeiten durchgehen.
4.5.2
Ternäre Konstruktionen
4.5.2.1 Nom-Dat-Akk- und Nom-Akk-Dat-Konstruktionen In diesem Abschnitt wird sowohl die große Klasse der Nom-Dat-AkkKonstruktionen als auch die kleine Klasse der Konstruktionen, in denen der Dativ in der normalen Wortstellung postakkusativisch auftritt, betrachtet. NomDat-Akk-Konstruktionen sind typische Handlungskonstruktionen. Es sind Konstruktionen, die mit dreiwertigen Verben gebildet werden (v. a. mit den Verben des Gebens, Nehmens, Mitteilens), aber auch solche, die mit einem - in der Valenztradition so klassifizierten - zweiwertigen Verb auftreten, zu denen aber noch eine Dativ-NP hinzufügbar ist. Die Dativ-NP trägt typischerweise die Rezipientenrolle. Wir haben bereits gesehen, daß Wegener (1985:263) die Verben, die in diese Konstruktionen eintreten können, als „Verben, die eine Handlung beschreiben, durch die eine Haben-Relation entweder etabliert oder annulliert oder aber gar nicht tangiert wird" klassifiziert. Damit erfaßt sie nicht nur die bereits erwähnten Verben des (positiven und negativen) Besitzwechsels und alle Verben, die eine Veränderung bezeichnen, sondern auch die Verben, die eine Handlung denotieren, bei der das Objekt erst hervorgebracht wird (jdm. einen Brief schreiben ζ. B.). In allen diesen Handlungskonstruktionen ist die Fixierung des Dativs auf die Rezipientenrolle so groß, daß eine andere semantische Rolle nicht im Dativ kodiert werden kann, auch wenn der Dativ prinzipiell zur Verfugung stehen würde.148 Dies zeigen die folgenden Beispiele: (28) (29)
141
*Ich begieße die Blumen [dem Wasser] DAT *Ich erlöse ihn [den Fesseln]DAT
Das gilt natürlich nicht umgekehrt. Eine Rezipientenrolle kann durchaus auch im Nominativ auftreten (vgl. Das Kind erhält ein Buch).
212
Bedeutungskonstituierende Faktoren
Auch in Dativierungskonstruktionen ist es nur dann möglich, eine NP im Dativ zu kodieren, wenn der Dativ-NP Merkmale der Proto-Rezipientenrolle zugesprochen werden können. Dies zeigen die Beispiele mit Partikelverben, die eine Präposition mit inhärenter „Ziel-Semantik" (Terminus von Olsen 1997:323) inkorporieren. Diese Verben regieren den Dativ, der in der Folge als Rezipient interpretiert wird (vgl. 30 a. und b.). In den Beispielen (31 a. und b.) sind die unterschiedlichen Realisierungen des Rezipienten (Präpositionalphrase oder Dativ-NP) inhärent-semantisch bedingt: In der Präpositionalkonstruktion steht i. d. R. eine Institution oder ein Amtsträger, im Dativ eine Person. Dabei handelt es sich aber nur um eine Tendenz. In vielen Fällen ist alternativ auch das Auftreten einer Dativ-NP (vgl. (31a') bzw. einer PP möglich (vgl. (31 b')). (30)
a. b.
Er warf dem Mann die Zeitung nach. Sie legten der Kommission ein Gutachten vor. Beispiele aus Olsen (1997:324)
(31)
a. a. ' b. b'
Ich schreibe einen Brief an den WDR. Ich schreibe dem WDR einen Brief. Ich schreibe meiner Freundin einen Brief. Ich schreibe einen Brief an meine Freundin.
Kommen wir nun noch zu der kleinen Klasse von Konstruktionen, in denen im unmarkierten Fall die Dativ-NP der Akkusativ-NP folgt. Diese lassen sich wiederum in zwei Klassen unterteilen (vgl. Wegener 1995:134-136): in Konstruktionen mit Vergleichsverben (vgl. (32)) und solche mit Funktionsverben (vgl. (33)). (32) (33) a. b.
weil er [die Studentin]AKK [den Kollegen]DAT vorstellt. weil er [das Kind]AKK [der Gefahr]DAT aussetzt. weil er [den Studenten]AKK [einer Prüfung] DAT unterzieht. Beispiele abgeändert nach Wegener (1995:134-136)
Die Dativ-NP in (32) kodiert den Rezipienten und weist demnach die in dieser Konstruktion erwartbare Rollensemantik auf. Anders ist es bei den Funktionsverben in (33 a. und b.). Hier steht die Dativ-NP nach Wegener (1995:134) fur das 'Goal'. Dieses Goal, das sich unter der Lokativrolle subsumieren läßt, wird im Deutschen i. d. R. als PP kodiert. Analog zu den typischen Patiens-Lokativ-Verbindungen im Akk-PP-Format (vgl. das Buch auf den Tisch legen) tritt bei den Funktionsverben eine PatiensLokativ-Verbindung auf - aber in einer Akk-Dat-Konstruktion. Wie Wegener ausführt, ist dieser (und nur dieser) „postakkusative Dativ eine idiosynkrati-
Kasuskonstruktionen
213
sehe Eigenschaft der Verben, folglich ein lexikalischer Kasus, der einzeln zu lernen ist." (1995:136). Das bedeutet für die Kasus-Rollenanalyse, daß die bei Funktionsverben zu beobachtende Zuordnung Dativ-NP-Lokativrolle nicht über allgemeine Regeln vorhergesagt werden kann. Sie ist beschränkt auf eine kleine Subklasse aus der - ebenfalls kleinen - Klasse der postakkusativen Dativverben.
4.5.2.2 Nom-Akk-Akk-Konstruktionen Welche semantische Rolle trägt der Akkusativ bzw. tragen die Akkusative in Nom-Akk-Akk-Konstruktionen, die in der Umgebung von Verben wie kosten, fragen, abfragen, abhören und lehren auftreten? Daß die beiden Akkusative morphosyntaktisch nicht denselben Status haben, wurde in der Literatur mehrfach gezeigt. Dabei bezieht sich die Argumentation i. d. R. nur auf eine Klasse der Doppelakkusatiwerben, auf die didaktischen Verben, denn nur diese regieren noch produktiv zwei Akkusativ-NPs. Bei bitten und fragen treten nach Plank (1987:40) „als 'Sach'-Objekte, wenn sie nicht satzhaft oder infinitivisch sind, [...] nur neutrale Pronomina [...] oder 'Akkusative des Inhalts'" auf, bei kosten - außer in formelhaften Wendungen - bevorzugt Massenangaben. Plank führt die folgenden Beispiele an: (34) (35)
jdn. etwas bitten/fragen; jdn. eine schwierige Frage fragen jdn. Kopf und Kragen kosten; jdn. einen Tausender kosten.
Plank bringt an dieser Stelle nur Zitierformen. Daraus lassen sich grammatische Satzbeispiele bilden wie Ich muß [dich]AKK mal [was]AKKfragen oder Das kostet [mich]AKK [Kopf und Kragen]AKK Planks Beispiel [jdn.]AKK [eine schwierige Frage]AKK fragen halte ich dagegen für ungrammatisch. An diese Stelle tritt regelhaft die Wendung \jdm.]DAT [eine schwierige Frage]AKK stellen. Auch bei bitten darf ernsthaft bezweifelt werden, ob dieses Verb tatsächlich in eine Nom-Akk-Akk-Konstruktion eintritt. Ein Beispiel wie Ich muß dich mal was bitten analog zu Ich muß dich mal was fragen halte ich für ungrammatisch. Hier wird das von Plank so bezeichnete Sachobjekt regelhaft durch eine PP wiedergegeben: Ich muß Dich mal um was bitten. Im folgenden geht es ausschließlich um Konstruktionen mit didaktischen Verben. Sowohl die Satzgliedstellung als auch syntaktische Tests wie Topikalisierung, Passivierung, Attribuierung und Nominalisierung zeigen, daß sich die beiden Objekte in diesen Konstruktionen nicht analog verhalten. Der Passivtest weist nur einen der beiden Kasus als direktes Objekt aus, da nur dieser bei der wer Patiens > Rezipient > Benefaktiv > Instrument > Lokativ > Temporal
Nach Dik (1978:74 f., 1993:382) gilt die Hierarchie in (58) fur alle Nominativsprachen. Genau genommen beschreibt Dik aber nur die Hierarchie von semantischen Rollen in der Umgebung von Handlungsverben. Dies sieht man daran, daß in der in (58) notierten Hierarchie die semantischen Rollen, die bei Empfindungsverben auftreten, fehlen. Diks Hierarchisierung wird von Primus (1987:177) deshalb um eine zweite ergänzt:
Kasushierarchie und Rollenhierarchie
227
(59) Experiencer > Stimulus Beide Hierarchien zeigen die Präferenz einer semantischen Rolle für die syntaktischen Funktionen Subjekt und Objekt an. Sie können folgendermaßen gelesen werden: Je weiter rechts eine semantische Rolle steht, desto unwahrscheinlicher ist ihre Realisierung als Subjekt oder Objekt. Das bedeutet aber auch, daß in Sprachen, in denen die Realisierung einer rangniedrigen Rolle im Subjekt möglich ist, auch alle vorgeordneten Rollen im Subjekt realisiert werden können. Dik gibt dazu das folgende Beispiel: Thus, if a language has the possibility of assigning subject to Instrument, as in (43a), then it may be expected to also allow all the assignments preceding in the hierarchy as exemplified in (43b) etc: (43 a) (43b) (43c) (43d)
This knife [InstrSubj] was cut the bread by John. Mary was [BenSubj] bought a dress by John. Mary [RecSubj] was given a book by John. John [AgSubj] kissed Mary.
Dik (1993:382)
Die Frage der Zuordnung von semantischer und syntaktischer Struktur wurde in verschiedenen Theorien diskutiert. Die Funktionale Grammatik stellt nur eine dieser Theorien dar. Auf den Linkingansatz der Generativen Grammatik bin ich bereits eingegangen (vgl. Kap. 2.4.3). Daneben ist auch die Relationale Grammatik zu nennen (vgl. Perlmutter 1983). In der Relationalen Grammatik wird die Zuweisung der grammatischen Relationen über die sog. 'Universal Alignment Hypothesis' beschrieben. Sie besagt, daß die grammatischen Relationen, in denen die NPs in einer syntaktischen Struktur auftreten, vorhersagbar sind.157 Diese Annahme ist aber zu restriktiv und wird hier nicht weiter verfolgt. Wäre dies nämlich der Fall, so gäbe es feste Zuordnungen zwischen grammatischen Relationen und semantischen Rollen. Daß dies nicht so ist, hat die Diskussion bereits gezeigt. Plausibler ist es, statt eines festen Zuordnungsprinzips ein dynamisches Prinzip anzunehmen. Dazu wird in der Syntax auf die folgende Hierarchie rekurriert:
157
Zwischen grammatischen Relationen einerseits und Satzgliedern/syntaktischen Funktionen andererseits wird in der Rezeption der Relationalen Grammatik meist kein Unterschied gemacht, die Termini werden als Äquivalente aus verschiedenen Theorien angesehen. Auf den Umstand, daß jeweils unterschiedliche Aspekte im Vordergrund stehen, macht aber sehr richtig Rauh (1988:14) aufmerksam: „Hierarchisch gesehen ist eine Nominalphrase beispielsweise Subjekt eines Satzes (= funktionale Bestimmung), hierarchisch und linear gesehen Subjekt eines Verbs (= relationale Bestimmung)."
228 (60)
Bedeutungskonstituierende Faktoren Subjekt > direktes Objekt > indirektes Objekt > obliques Objekt > andere grammatische Relationen
Diese Hierarchie wurde im Rahmen der Universalienforschung von Keenan/Comrie (1977) motiviert. Sie ist wie die semantischen Hierarchien in (58) und (59) eine Zugänglichkeitshierarchie, d. h. sie gibt an, in welchem Maße syntaktische Funktionen an grammatischen Regularitäten teilhaben können. Es gilt: Wenn in einer Sprache eine Regularität für ein in der Hierarchie weiter rechts stehendes Satzglied möglich ist, dann ist sie immer auch fur die links davon stehenden Satzglieder möglich. Das heißt aber auch: Je weiter rechts eine grammatische Relation in der Hierarchie steht, desto seltener findet eine Regularität auf sie Anwendung. Nehmen wir als grammatische Regularität ζ. B. die Verbkongruenz: Das Subjekt rangiert ganz links auf der Hierarchie, es ist für die Verbkongruenz am zugänglichsten. Das heißt, daß Verben eher mit dem Subjekt kongruieren als mit dem Objekt. Tatsächlich ist es so: Es gibt weniger Sprachen, in denen VerbObjekt-Kongruenz vorliegt als solche mit Verb-Subjekt-Kongruenz. Auch bei syntaktischen Prozessen wie Relativsatzbildung, Passivbildung oder Reflexivierung wird das Subjekt präferiert. Kontrollphänomene sprechen ebenfalls für diese syntaktische Hierarchie: Das leere Subjekt des Infinitivsatzes kann koreferentiell mit dem Subjekt und mit dem Objekt sein (vgl. (61)), aber nicht mit dem indirekten Objekt (vgl. (62)): (61) (62)
a. b.
Ichj versprach ihm ¡ zu kommen, Ich befahl ihrrij _ ¡ zu kommen * Er vertraute sie dem Mann¡ an, ¡ um für ihre Sicherheit zu sorgen.
Wir haben bereits gesehen, daß NPs im Nominativ, Akkusativ und Dativ eine zunehmend größere semantische Homogenität aufweisen. Dieser Umstand kann über die syntaktische Hierarchie in (60) erklärt werden: Je weiter links eine grammatische Relation in der Hierarchie steht, desto weniger restringiert ist ihr Auftreten. Und je weniger restringiert das Auftreten einer solchen NP ist, desto unspezifischer ist ihre Semantik. Damit wird aber präsupponiert, daß der Nominativ mit dem Subjekt, der Akkusativ mit dem direkten Objekt und der Dativ mit dem indirekten Objekt korreliert. Eine solche Korrelation nehmen z. B. Wunderlich (1985) und Mariliier (1998) an: (63) Nom > Akk > Dat > Genitiv Die Korrelation von semantischer Hierarchie, syntaktischer Hierarchie und Kasushierarchie wird von Wunderlich folgendermaßen kommentiert:
Kasushierarchie und Rollenhierarchie
229
Im unmarkierten Fall wird die ranghöchste semantische Rolle in der ranghöchsten grammatischen Relation kodiert und diese im ranghöchsten Kasus. Wunderlich (1985:192) Wunderlich begründet die Kasushierarchie in (63) nicht. Dies geschieht dagegen ausfuhrlich in dem hierarchiebasierten Ansatz von Primus (1987) und Primus (1999) (vgl. aber auch Marillier 1998:48-52), auf den ich deshalb im folgenden kurz eingehen werde. Primus fuhrt in mehreren ihrer Arbeiten den Nachweis, daß für eine adäquate Beschreibung von grammatischen Regularitäten die Begriffe Subjekt, Objekt etc. nicht benötigt werden, ja, daß diese fur die Formulierung von universellen Generalisierungen und für die Datenbeschreibung „nicht nur unnötig, sondern auch hinderlich sind" (Primus 1987:17). Dieser Standpunkt ist allerdings umstritten. In anderen Ansätzen, wie ζ. B. in der Relationalen Grammatik (Perlmutter 1983), wird die Auffassung vertreten, daß relationale Begriffe theorienotwendige Begriffe seien. Eisenberg (1994 3 :61) wiederum weist dara u f h i n , daß bereits in der Grammatik von Blatz (1896) deutlich wurde, daß auf solche Funktionsbezeichnungen verzichtet werden könne (vgl. auch Sternefeld 1985). Auch Wegener plädiert in ihrem Schlußwort zu dem Aufsatz mit der Frage Gibt es im Deutschen ein indirektes Objekt? dafür, „parallel zur Ablehnung des Subjektbegriffs zugunsten des Terminus 'Nominativ-NP' durch Reis (1982), es auch beim 10 für das Deutsche beim Terminus 'DativNP' zu belassen." (1986:21) Ich vertrete den Standpunkt, daß alle drei Beschreibungsebenen getrennt voneinander ihre Berechtigung haben. Selbst wenn es gelingt, die Regularitäten innerhalb einer Sprache ohne Rückgriff auf alle drei Ebenen zu beschreiben, ist für den übereinzelsprachlichen Kontext die Unterscheidung aller drei Ebenen relevant. Primus setzt für das Deutsche die morphologische Hierarchie Nominativkomplement > Akkusativkomplement > Dativkomplement an (in der Notation abgeändert nach Primus 1987:187)."® Mit dieser Hierarchie erklärt sie Daten zur Flexionsmarkierung, zum Kasusabbau, zum Passiv, zur Verbkongruenz und zur Reflexivierung - und zwar unabhängig voneinander und ohne Rückgriff auf grammatische Relationen (siehe auch Primus 1999:16-31). Sie stützt ihre Argumentation auf typologische Untersuchungen von Greenberg (1966) und formuliert darauf aufbauend die folgenden morphologischen Gesetze:. Je höher der Rang eines Kasus [...], um so weniger markiert ist seine flexivlose Realisation. Primus (1987:178)
151
Dies ist die morphologische Hierarchie für das Deutsche. Im Französischen ζ. B. würde die Hierarchie Nominativkomplement > Akkusativkomplement > à-Komplement lauten (in der Notation abgeändert nach Primus 1987:187).
230
Bedeutungskonstituierende Faktoren
Je höher der Rang eines Kasus [...], um so markierter ist sein diachroner Abbau. Primus (1987:180) Als Evidenz fuhrt Primus an, daß der Nominativ, der ranghöchste Kasus, typischerweise der Kasus ist, der morphologisch nicht markiert wird. Für das Deutsche gilt dieses Gesetz, außer fur das Flexionsparadigma im Genitiv Plural, generell (vgl. Kap. 0.3.2). Der Genitiv Plural stellt eine Ausnahme dar, denn er wird flexivlos realisiert, während ein höher rangierender Kasus, der Dativ, ein Suffix benötigt: Männer-n (Dativ Plural) - Männer (Genitiv Plural). Was den Kasusabbau betrifft, demonstriert aber gerade der Genitiv in seiner sprachhistorischen Entwicklung die Gültigkeit der Kasushierarchie. Auch andere in der Kasushierarchie weiter rechts rangierende Kasus werden immer weiter abgebaut (wie ζ. B. im Deutschen der Dativschwund im Singularparadigma beweist) oder sind schon abgebaut worden, wie die Reduktion der acht indoeuropäischen Kasus auf vier im heutigen Deutsch, auf zwei im heutigen Englisch und Niederländisch und auf maximal drei in den romanischen Sprachen (außer Rumänisch) zeigt (vgl. Primus 1987:181). Ein weiteres Argument für die oben angeführte Kasushierarchie ist, daß im unmarkierten Fall das Auftreten eines rangniedrigeren Kasus vom Auftreten eines ranghöheren Kasus abhängig ist, daß also der ranghöhere Kasus wesentlich häufiger von einem Verb selegiert wird als der rangniedrigere Kasus (vgl. zu dieser Argumentation Primus 1993:692). Primus verweist in diesem Zusammenhang auf eine Studie von Mater (1971), der mit einer Auflistung von 17.500 deutschen Verben statistische Evidenz dafür bringt, daß der Akkusativ weitaus häufiger vom Verb regiert wird als der Dativ. Die Beziehung, die für den unmarkierten Fall zwischen semantischen Rollen und Kasus anzusetzen ist, wird von Primus folgendermaßen formuliert: Im unmarkierten Fall kodiert eine beliebige ranghöchste morphosyntaktische Relation eine ranghöchste semantische Rolle. Primus (1987:229) Die Generalisierung hat den Vorteil, daß sie fur jede Einzelsprache offenläßt, welche Elemente jeweils in der Kasus- und Rollenhierarchie die einzelnen Positionen besetzen. Es wird lediglich postuliert, daß es in jeder Einzelsprache eine spezifische Korrelation zwischen den beiden Hierarchien gibt. Diese läßt sich für das Deutsche in folgendem Schema darstellen (vgl. Primus 1999:55): Proto-Agens Experiencer
> >
Proto-Patiens Stimulus
>
Proto-Rezipient
Nominativ
>
Akkusativ
>
Dativ Abb. 4
Kasushierarchie und Rollenhierarchie
231
Bezüglich weiterer Rollen gilt nicht nur für das Deutsche, sondern übereinzelsprachlich für alle Nominativsprachen, daß sie rechts von den genannten Proto-Rollen rangieren. Für Nominativsprachen wird damit begründet, warum im prototypischen Fall das Agens im Nominativ kodiert wird, das Patiens im Akkusativ, der Rezipient im Dativ bzw. der Experiencer im Nominativ und der Stimulus im Akkusativ oder Dativ. Ein 'Umweg' über die syntaktische Hierarchie ist für diese Generalisierung nicht nötig. Ein weiterer Vorteil dieser Betrachtungsweise ist, daß den Kasus keine feste, statische Rollensemantik zugesprochen wird, sondern daß die Rollenbelegung eines Kasus in Relation zu allen anderen in einer Konstruktion verfügbaren semantischen Rollen gesehen wird. Aus dieser Hierarchie erklärt sich auch, warum im Deutschen in der Mehrzahl der Fälle (nämlich in allen transitiven Handlungskonstruktionen) der Eindruck einer festen Rollensemantik entsteht. Es lassen sich aber nicht Fälle inverser Rollenverteilungen erklären, die, wie wir gesehen haben, gerade bei Empfindungsverben (vgl. hierzu auch Wegener 1999) und Besitzverben häufig auftreten. Ein Beispiel ist in (64) gegeben: (64) a. Die Note freut mich. b. Ich freue mich über die Note. (64 b.) ist mit der Kasus- und Rollenhierarchie konform, weil die ranghöchste semantische Rolle, der Experiencer, in der ranghöchsten Kasusposition steht. In (64 a.) ist es der Stimulus, der im Nominativ realisiert wird. Wenn wir hier nicht der Analyse der Lexikalischen Dekompositionsgrammatik folgen wollen, nach der in (64 a.) eine verdeckte Agens-Rolle vorliegt, mit der die rangniedrigere Rolle koindiziert wird (vgl. dazu Kap. 2.4.2), so müssen wir anerkennen, daß die Zuordnungssystematik nicht mit Hilfe der Kombination aus Kasus- und Rollenhierarchie erklärbar ist. Die Variation erklärt sich vielmehr, wie weiter oben schon erwähnt, aus dem hybriden Status der Experiencer- und der Stimulus-Rolle. Beide weisen sowohl Agens- als auch Patienseigenschaften auf, konkurrieren also gewissermaßen um die Realisierung im Nominativ, dem ranghöchsten Kasus der Kasushierarchie. Ein anderer Fall von inverser Rollenverteilung liegt vor, wenn in Dat-NomKonstruktionen ergativischer Verben der Handelnde im Dativ steht. Auf diese Konstruktionen bin ich weiter oben schon eingegangen. Hier nochmals ein Beispiel: (65) a. Die Regierung hat ein Meisterstück vollbracht. b. Der Regierung ist ein Meisterstück gelungen.
232
Bedeutungskonstituierende Faktoren
Primus erklärt diese Konstruktionsalternativen typologisch: Wie Aktivsprachen „eigene Formen fur das Agens in transitiven und intransitiven Strukturen und für das Non-Agens in transitiven und intransitiven Strukturen" (Primus 1987:239) aufweisen, so gebe es in einer Nominativsprache wie dem Deutschen die Möglichkeit, die Opposition Agens vs. Träger eines Zustande morphologisch zu differenzieren. Dies geschehe, indem das Agens in einer Handlungskonstruktion in den Nominativ, der Zustandsträger in einer Ergativkonstruktion in den Dativ gesetzt wird. Diese Analyse ist auch anwendbar, wenn wir beide Rollen (d. h. Agens und Träger eines Zustande) als Subtypen des Proto-Agens ansehen, wie wir es weiter oben getan haben. Es gilt: Sind die prototypischen Agensmerkmale nur schwach ausgeprägt, steht die Rolle im Dativ; sind sie stark ausgeprägt, wird sie in den Nominativ gesetzt.
4.7
Rollenanhebung, Rollenrückstufung, Rollenkonstanz
Wie wir gesehen haben, kann die Zuordnung Nominativ-NP/Agens, Akkusativ-NP/ Patiens und Dativ-NP/Rezipient durch verschiedene Faktoren aufgelöst werden bzw. gar nicht erst zustande kommen: Zum einen ist es die Verbdiathese, die zu systematischen Veränderungen in der Zuordnungssystematik fuhrt, zum anderen die Verbsemantik. Auch das Auftreten der anderen Kasus-NPs im Syntagma leistet einen Beitrag zur semantischen Interpretation des Kasus. Mit der Kasus- und Rollenhierarchie können bestimmte Korrelationen erklärt, Abweichungen davon systematisch beschrieben werden. Die durch Umordnungen in der Kasus- und Rollenhierarchie hervorgerufenen Rollenverschiebungen lassen sich als Rollenanhebung, Rollenrückstufung und Rollenkonstanz beschreiben: a) Bei Rollenanhebung wird eine rangniedrigere semantische Rolle in einem ranghöheren Kasus kodiert. Rollenanhebung liegt im Deutschen im werden- und bekommen-V&ssiv und in Ergativ-, Mittel- und Applikativkonstruktionen vor. b) Bei Rollenkonstanz ändert sich in der Default-Zuordnung nichts, obwohl ein ranghöherer Kasus semantisch nicht (mehr) belegt ist und somit theoretisch zur Rollenbelegung zur Verfügung steht. Dies ist beim unpersönlichen Passiv und in allen nicht-nominativischen Konstruktionen der Fall, in denen trotz verfugbarem Nominativ die Zuordnung Dativ-NP/semantische Rolle oder Genitiv-NP/semantische Rolle erhalten bleibt (vgl. Dem Kind wird geholfen/Der Toten wird gedacht).
Rollenanhebung, Rollenrückstufung, Rollenkonstanz
233
c) Rollenrückstufung ist die Kodierung einer semantischen Rolle in einem rangniedrigeren Kasus oder in einer PP. Von Rollenrückstufung spreche ich nur, wenn in der zugrundeliegenden Kasus-Rollen-Isomorphie die betrachtete semantische Rolle einen höheren Rang einnehmen würde. Rollenanhebung und Rollenrückstufiing sind nicht notwendigerweise aneinander gekoppelt. Eine Rollenanhebung kann auch ohne Rollenrückstufung erfolgen - und umgekehrt. Ersteres ist der Fall in Mittel- und Ergativkonstruktionen, in denen das Agens gar nicht mehr, d. h. auch nicht an rangniedrigerer Stelle, realisierbar ist; letzteres liegt vor beim Wechsel von einer Doppelobjekt- in eine Objekt-PP-Konstruktion: (66) a. Ich schreibe dem Bürgermeister^ mit dem Computer einen BriefAkk. b. Ich schreibe — ^ mit dem Computer einen BriefAkk an den BürgermeisterPP. In Beispiel (66 b.) wird die Rezipientenrolle nicht mehr im Dativ kodiert, sondern präpositional angeschlossen. Der frei gewordene Kasus kann dennoch nicht durch eine rangniedrigere Rolle, hier durch das Instrument, besetzt werden. Es findet also keine Rollenanhebung statt. Rollenverschiebungen sind nur dann möglich, wenn strukturell zugewiesene Kasus involviert sind. Lexikalische und inhärente Kasus zeichnen sich durch Rollenkonstanz aus. Für den Fall, daß die drei zentralen Proto-Rollen Agens, Patiens und Rezipient auf strukturelle Kasus verteilt sind, lassen sich die Rollenverschiebungen wie in den Abbildungen 5-7 beschreiben. Ich gehe dabei von der semantischen Hierarchie Agens > Patiens > Rezipient aus, die, wie weiter oben dargelegt, der Kasushierarchie Nominativ > Akkusativ > Dativ zugeordnet wird. Es wird jeweils ein Beispiel hinzugefugt, das die angegebene Rollenverschiebung aufweist. In der Applikativkonstruktion (70) ist zu beachten, daß mit der Rollenverschiebung die Korrespondenz zwischen ontologischer und semantischer Rolle auseinanderfallt (vgl. weiter oben in Kap. 3.7.1). Die im Akkusativ realisierte Rolle erhält die prototypischen Patiensimplikationen.
234
Bedeutungskonstituierende Faktoren
Rollenanhebung I.
Proto-Agens
1 Nominativ (68) Der Wagen wird gewaschen.
II.
(69)
III.
Proto-Agens
Proto-Patiens 1
Proto-Rezipient
Proto-Patiens
Proto-Rezipient 1
Nominativ Er bekommt den Führerschein entzogen.
Proto-Agens
Proto-Patiens
Proto-Rezipient 1
Alckusativ (70) Er beschenkt die Kinder. Abb. 5
235
Rollenanhebung, Rollenrückstufung, Rollenkonstanz
Rollenrückstufung mit Rollenanhebung I.
Proto-Agens I
Proto-Patiens 1
Proto-Rezipient 1 PP
Nominativ Akkusativ (71) Der Wagen wird von Petra gewaschen.
Dativ
II.
Proto-Rezipient 1
Proto-Agens
Proto-Patiens
Nominativ Akkusativ (72) Petra erhält das Buch von Peter.
Dativ
in.
Proto-Rezipient
Proto-Agens
Proto-Patiens 1
Nominativ Akkusativ (73) Er begießt die Blumen mit Wasser.
andere
andere 1 PP
I Dativ
andere ι PP
Abb. 6 Rollenrückstufung ohne Rollenanhebung Proto-Agens
Proto-Patiens
Proto-Rezipient
Nominativ Akkusativ Dativ (74) Ich schreibe einen Brief an den Bürgermeister.
andere
PP
Abb. 7
4.8
Synthese der bedeutungskonstituierenden Faktoren
Wir haben gesehen, daß den Kasusträgern keine inhärente Rollensemantik zugesprochen werden kann, daß es aber Affinitäten gibt zwischen einem Ka-
236
Bedeutungskonstituierende Faktoren
sus und einer semantischen Rolle. Diese könnten auch statistisch belegt werden, indem ausgezählt würde, wie oft in einem ausgewählten Corpus der Nominativ als Agens, der Akkusativ als Patiens und der Dativ als Rezipient interpretiert wird. Die semantischen Rollen wurden als Proto-Rollen definiert. Die kompositioneile Analyse der Kasussemantik zeigte, daß es insgesamt sechs Faktoren sind, die Auswirkungen auf die Kasussemantik haben (genauer: die die Kasusträgerbedeutung steuern) und die Tendenz zur Kasus-Rollen-Isomorphie aufheben: die Art der Kasuszuweisung, die Verbbedeutung, die Verbstruktur, die Verbdiathesen, die Kasuskonstruktion und die Kasus- und Rollenhierarchie. Die Frage stellt sich nun, wie diese Faktoren, die die Kasusträgersemantik konstituieren und zu den oben beschriebenen Rollenverschiebungen fuhren, interagieren. Betrachten wir dazu Abb. 8:
Verb
Kasuszuweisung
Verbbedeutung
Verbdiathese
Kasuskonstruktion
temär
binär
singulär
Kasus-/Rollenhierarchie
Kasussemantik Abb. 8 Zentraler Faktor in der Konstitution der Rollensemantik ist das Verb. Vom Verb hängen drei bedeutungskonstituierende Faktoren ab: die Art der Kasuszuweisung, die Verbbedeutung und die Verbdiathese. Die Kasuszuweisung ist ausschlaggebend dafür, ob es bei den Kasus-NPs überhaupt zu einer Rollenverschiebung kommen kann. Zu welcher Kasus-Klasse eine NP in einem konkreten Syntagma zählt, hängt von den Rektionseigenschaften des Verbs ab. Drei Vorhersagen sind hier möglich:
Synthese der bedeutungskonstituierenden Faktoren
237
1. Wenn das Verb einen strukturellen Kasus zu sich nimmt, ist die Kasussemantik variabel. 2. Wenn das Verb einen lexikalischen Kasus zu sich nimmt, ist die Kasussemantik nicht variabel. Sie ist ausschließlich vom Verb abhängig. 3. Wenn mit dem Verb ein inhärenter Kasus auftritt, ist die Kasussemantik weder variabel noch verbabhängig. Sie ist gebunden an Eigenschaften der rollen- und kasustragenden NP. Über die Verbbedeutung kann spezifiziert werden, welche semantischen Proto-Rollen die lexikalischen und strukturellen Kasus in der Umgebung des Verbs tragen. Es gilt: 1. Wenn das Verb ein Handlungsverb ist, selegiert es neben anderen potentiellen Rollen ein Agens. 2. Wenn das Verb ein Empfindungsverb ist, selegiert es neben anderen potentiellen Rollen einen Empfindungsträger. 3. Wenn das Verb ein Besitzverhältnis ausdrückt, selegiert es ein Possessum und einen Possessor. Die Verbdiathese zeigt an, welche der in der semantischen Struktur des Verbs angelegten semantischen Rollen tatsächlich realisiert werden und ob diese Realisierung kasusisomorph ist oder nicht. Die verschiedenen Diathesen fuhren zu systematischen Rollenverschiebungen (vgl. Abb. 5-7). Auf der Basis der drei Faktoren Kasuszuweisimg, Verbbedeutung und Verbdiathese baut sich die Kasuskonstruktion auf. Es wurde unterschieden zwischen ternären, binären und singulären Kasuskonstruktionen. Als Ausgangspunkt diente dabei die Aktivdiathese. Es gilt: 1. Je mehr Kasus in einer Konstruktion auftreten, desto restringierter ist die Semantik jedes einzelnen Kasus. 2. Die Semantik der Kasuskonstruktion und die Verbsemantik stehen in einer Wechselbeziehung. Über die Kasus- und Rollenhierarchie läßt sich schließlich vorhersagen, welche der in der jeweiligen Konstruktion vom Verb selegierten semantischen Rollen in welchem Kasus auftreten. Nehmen wir wieder die Aktivdiathese als Basiskonstraktion, so gilt:
238
Bedeutungskonstituierende Faktoren
1. Selegiert ein Verb die zwei semantischen Rollen Agens und Patiens und die zwei Kasus-NPs Nominativ und Akkusativ bzw. Dativ, kodiert der Nominativ die hierarchisch höher stehende Agensrolle, der Akkusativ bzw. der Dativ die niedriger positionierte Patiensrolle. 2. Selegiert ein Verb kein Agens, so rückt die in der Hierarchie dem Agens am nächsten stehende semantische Rolle in den Nominativ. Mit solchen Generalisierungen kann die Kasussemantik für die Aktivdiathese immer weiter eingegrenzt werden. Die über alternative Diathesen zustande kommenden Rollenverschiebungen können ebenfalls damit erfaßt werden als systematische Veränderungen der Zuordnung von semantischer Hierarchie und Kasushierarchie. Es ist nun aber noch nicht die Frage beantwortet, warum Rollenverschiebungen überhaupt auftreten. Immerhin ist für alle Konstruktionen, die eine Rollenanhebung oder eine Rollenrückstufung aufweisen, charakteristisch, daß zwei Sachverhaltspräsentationen vorliegen, die denotativ gleich sind (vgl. Ich wasche das Auto - Das Auto wird von mir gewaschen).
Es würde also auch
genügen, wenn die Sprachen nur über eine dieser Konstruktionen verfugten. Ein Vorteil wäre die größere Kasus-Rollen-Isomorphie, die den Spracherwerb wesentlich erleichtern würde. Wodurch sind diese Rollenverschiebungen also motiviert? Mit dieser Frage komme ich zum letzten wichtigen Faktor, der sich auf die Kasussemantik auswirkt: die Perspektive. Diesem Faktor wird ein eigenes Kapitel gewidmet, da er von grundlegender Bedeutung ist. Er ist allen anderen bedeutungskonstituierenden Faktoren vorgeschaltet.
5
5.1
Kasuskonstruktionen und Perspektivität
Forschlingsüberblick
Im folgenden unterscheide ich zwischen 'Perspektivierung' und 'Perspektive', als Oberbegriff wähle ich den Terminus 'Perspektivität*. Den Prozeß der perspektivischen Wiedergabe eines außersprachlichen Sachverhalts mit den Mitteln der Sprache bezeichne ich als Perspektivierung,15' das Resultat dieses Perspektivierungsprozesses als Perspektive. An dieser Stelle soll zunächst ein Überblick gegeben werden über Arbeiten, in denen das Phänomen der Perspektivität aus philosophischer und sprachwissenschaftlicher Sicht angegangen wird. In diesem Zusammenhang werde ich auch die eigenen Grundannahmen zu diesem Themenkomplex darlegen. Erst nachdem diese notwendige Standortbestimmung erfolgt ist, kann der Zusammenhang zwischen Kasuskonstruktionen und Perspektivität untersucht werden. Koller (1993:15) betont in seinem Beitrag Perspektivität in Bildern und Sprachsystemen, daß die „Perspektivität als ein anthropologisches und kulturelles Urphänomen betrachtet werden kann". Gerade weil die Perspektivität ein solches dem Menschen eigenes „Urphänomen" sei, könne sich der Mensch dessen nur metareflexiv bewußt werden. Koller fuhrt dies in einer früheren Arbeit, in der er sich in einem größeren Kontext ebenfalls mit dem Phänomen der Perspektivität befaßt, am Beispiel des visuellen Wahrnehmens aus:
159
Im Deutschen schafft das Suffix -ung in dem Wort Perspektivierung eine Doppeldeutigkeit (-ung kann sowohl ein Nomen actionis als auch ein Nomen resultatis ableiten), die ich mit dieser terminologischen Festlegung umgehe.
240
Kasuskonstruktionen und Perspektivität
Der Tatbestand, daß in jedem Bild und in jedem Text die jeweiligen Wahrnehmungsgegenstände perspektiviert werden müssen, wird uns als spezifisches Interpretationsproblem meist nicht bewußt, weil wir uns gar keine anderen als perspektivisch geordnete Wahmehmungssituationen denken können. Als Menschen mit einer bestimmten Position in Raum und Zeit und bestimmten, genetisch angelegten und kulturell erarbeiteten Erkenntnisinteressen sind wir gewohnt, alles perspektivisch und aspektuell wahrzunehmen. Eine >göttliche< Wahrnehmungssituation, in der wir einen Sachverhalt gleichsam total in all seinen Aspekten zugleich wahrnehmen können, ist uns verwehrt. (Koller 1988:369) Ein Betrachter kann, so Koller (1993), jeweils nur einen Aspekt, eine Seite, einen Teil des Objekts wahrnehmen. Dieser Umstand schränke die Wahrnehm u n g zwar ein, ermögliche aber dadurch ein auf das Wesentliche konzentriertes Sehen. Insofern ist das perspektivengebundene Sehen im Sinne des Wortes tatsächlich ein 'genaues Sehen' (lat. perspicere, 'genau sehen'). In erkenntnistheoretisch ausgerichteten Werken finden sich eine Vielzahl von Überlegungen zu dem, was ich hier unter 'Perspektivität' fasse. So vertritt Kant die Auffassung, daß die Welt dem erkennenden Subjekt nur so zugänglich ist, wie sie von ihm im Erkenntnisprozeß erfaßt wird: Wir haben in der transzendentalen Ästhetik hinreichend bewiesen, daß alles, was im Räume oder der Zeit angeschauet wird, mithin alle Gegenstände einer uns möglichen Erfahrung, nichts als Erscheinungen, d. i. bloße Vorstellungen (Hervorhebung von mir, C. D.) sind, die, so wie sie vorgestellt werden, als ausgedehnte Wesen, oder Reihen von Veränderungen, außer unseren Gedanken keine an sich gegründete Existenz haben. Diesen Lehrbegriff nenne ich den transzendentalen Idealism. Kant (17872:5 1 8 f.) Im weitesten Sinne stehen auch die Phänomenologie u n d der Radikale Konstruktivismus in der Tradition des Idealismus: Heidegger argumentiert in seiner berühmten Schrift Sein und Zeit, die erstmals 1927 in d e m v o n Husserl herausgegebenen Jahrbuch für Philosophie und phänomenologische Forschung erschien, daß das Seiende uns nicht direkt zugänglich ist, sondern immer nur im Phänomen. Insofern sei jede Ontologie immer nur als Phänomenologie möglich (vgl. Heidegger 1927, 1993 17 :35). Der Radikale Konstruktivismus geht über diesen Standpunkt noch hinaus. Hier steht der Gedanke im Mittelpunkt, daß es 'die' Wirklichkeit gar nicht gebe, daß die Dinge also weder scheinen noch sind, sondern daß sie v o m erkennenden Subjekt als solche nur konstruiert werden (vgl. als Basiswerk Maturana 1982). 160
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Ágel problematisiert diese in der Literatur gängige „Idealismus-Einstufung des RK" (Radikalen Konstruktivismus) folgendermaßen: „Während nämlich Realismus und Idealismus die Mensch-Welt-Beziehung thematisieren und somit in gewissem Sinne zum gleichen Paradigma gehören, will sich der RK weder positiv noch negativ zur Welt-an-sich äußern." (Ágel 1995 b:5, Fn. 4).
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Auch Psychologen, Biologen und Anthropologen haben sich mit dem Phänomen der Perspektivität befaßt (vgl. hierzu ausfuhrlich Koller 1988:31). Graumann (1960) fordert eine „psychologische Analyse dieser Perspektivität" (1960:6). Er betont, daß sich die Bedürfnisse, Affekte und Interessen des Subjekts auf den Prozeß der Wahrnehmung auswirken (vgl. Graumann 1960:75). Seiner Untersuchung liegt die Auffassung zugrunde, daß Perspektivität nicht nur an das anschauliche, gegenständliche Sehen gebunden ist, sondern auch charakteristisch ist für das ,,nicht-anschauliche[n] Gewahren" (Graumann 1960:80). Dies ist auch die These, die ich im folgenden vertrete: Notwendig perspektivisch sind alle kognitiven Prozesse, das konkrete, visuelle Wahrnehmen ebenso wie das Konzeptualisieren und das Versprachlichen eines Sachverhalts. In einigen kognitionswissenschaftlich orientierten Arbeiten wird betont, daß alles Wahrnehmen ein perspektivisches Wahrnehmen ist und daß dies wiederum sprachliche Konsequenzen hat (vgl. ζ. B. die Beiträge in den kürzlich erschienenen Sammelbänden von Nuyts/Pederson (1997) und Umbach/Grabski/Hömig (1997)). In dem letztgenannten Sammelband werden interessante Überlegungen zum Verhältnis von Sprache und Perspektive aus dem Bereich der Kognitionspsychologie, der Semantik und der Künstlichen Intelligenz präsentiert. Bei diesen Untersuchungen geht es vorwiegend um die Verarbeitung natürlicher Sprache, d. h. um die Rezipientenperspektive (vgl. ζ. B. den Beitrag von Roßdeutscher (1997) in Umbach/Grabski/Hörnig 1998). Die Herausgeber schließen ihr Vorwort mit der Bemerkung, daß sich Perspektive augenscheinlich „als ein essentieller Begriff der kognitionswissenschaftlichen Diskussion herauskristallisiert." (Umbach/Grabski/Hörnig 1997:9). Es bleibt zu wünschen, daß dies in Zukunft auch für die sprachwissenschaftliche Diskussion gelten wird. Die folgenden Ausführungen, in denen das Phänomen der Perspektivität auf die Analyse von Kasuskonstruktionen bezogen wird, sollen einen Beitrag dazu leisten. Bislang allerdings wurde der Zusammenhang zwischen Perspektivität und Sprache nur von wenigen Sprachwissenschaftlern behandelt - und dies, obwohl sich bereits bei W. v. Humboldt Überlegungen dazu finden. Humboldts sprachphilosophischen Abhandlungen liegt die Überzeugung zugrunde, daß die verschiedenen Nationalsprachen verschiedene Weltansichten widerspiegeln. In seinem letzten großen Werk Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts legt Humboldt seinen Standpunkt folgendermaßen dar:
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In die Bildung und in den Gebrauch der Sprache geht [...] nothwendig die ganze Art der subjectiven Wahrnehmung der Gegenstände über. Denn das Wort entsteht eben aus der Wahrnehmung, ist nicht ein Abdruck des Gegenstandes an sich, sondern des von diesem in der Seele erzeugten Bildes. Da aller objectiven Wahrnehmung unvermeidlich Subjectivität beigemischt ist, so kann man, schon unabhängig von der Sprache, jede menschliche Individualität als einen eigenen Standpunkt der Weltansicht betrachten. Humboldt ( 1830/35, 1963:433 f.) Eben diese „Subjectivität", die nach Humboldt aller objektiven Wahrnehmung „beigemischt ist", fuhrt dazu, daß der Sprecher einen Sachverhalt gar nicht anders als perspektivisch darstellen kann. Dies hat Humboldt zwar deutlich hervorgehoben; was aus sprachwissenschaftlicher Sicht aber fehlt, ist eine Sprachtheorie, die auf der Basis dieser Grundannahmen die grammatischen Erscheinungen einer Sprache beschreibt. Im Bereich der Lexik hingegen wurde der Zusammenhang zwischen Sprache, Denken und Wahrnehmung schon ausfuhrlich diskutiert (vgl. Whorf 1956). Als Evidenz wurde immer wieder angeführt, daß die Möglichkeiten der Farbwahrnehmung in direktem Zusammenhang zum Farbwortschatz einer Sprache stehen, daß also pointiert gesagt die Zahl der Farben, die wir sehen, von der Zahl der Farbwörter abhängt, über die wir verfugen. Es wird postuliert, daß unsere Welterfahrung durch die Sprache determiniert wird. Daß es aber keine solche gesetzmäßige Korrelation gibt, wie diese strenge Version der sprachlichen Relativitätstheorie besagt, wurde durch ethnologische und biologische Untersuchungen nachgewiesen (vgl. ζ. B. die Feldstudien von Gipper (1972)). Ob und inwieweit die Wahrnehmung von der Sprache bestimmt wird, soll im folgenden nicht zur Debatte stehen.161 Mir geht es hier nur um einen kleinen Ausschnitt in diesem großen Komplex von Sprache, Denken und Wahrnehmen: um den Zusammenhang zwischen dem Wahrnehmen eines Sachverhalts und seiner Perspektivierung mittels Sprache. Die einzige Grammatiktheorie, in der das Phänomen der Perspektivität natürlicher Sprachen in die Theoriebildung selbst eingeht, ist die Funktionale Grammatik. Dik betont, daß denotativ gleiche Sätze sich darin unterscheiden können, daß sie denselben Sachverhalt unter verschiedenen Perspektiven darstellen (vgl. Dik 1978:71, 1993:381). Das Subjekt nehme dabei jeweils eine
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Ein interessantes logisches Argument gegen die Annahme einer gesetzmäßigen Korrelation von Sprache und Denken sei aber noch wiedergegeben: „Wenn die Gefangenschaft des Denkens in den Strukturmustem der Sprache so unaufhebbar wäre wie die des Steins in den Gesetzen der Schwerkraft, dann könnte die Gefangenschaft des Denkens in der Sprache nur in einer Sprache höheren Typs beschrieben werden." (Köller 1988:269). Whorf wäre also gar nicht dazu imstande gewesen, die Abhängigkeit des Denkens von der Sprache zu erkennen und zu beschreiben.
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andere Funktion ein. Es wird von Dik klassifiziert als „primary vantage point, from which the state of affairs is to be presented" (1993:381). Diese - von ihm so bezeichnete - pragmatische Funktion des Subjekts unterscheidet er von der des Objekts. Es ist der „secondary vantage point" (1993:381). Welke übernimmt in seinen Arbeiten Diks Zuordnung von pragmatischen zu grammatischen Funktionen (vgl. Welke 1988, 1989, 1994). Er unterscheidet „pragmatische Rollen" (Topic, Second Topic und Focus, vgl. Welke 1994:4) und vertritt die These, daß Verben grundsätzlich perspektivierend seien. Es gebe zwar die Freiheit, zwischen verschiedenen Perspektiven auszuwählen, doch diese Freiheit bestehe nur im Rahmen der Möglichkeiten des jeweiligen Sprachsystems. Jedes relationale Zeichen, jedes Verb ist ein Vorschlag der Sprachgemeinschaft an den Sprecher, ein zu bezeichnendes Geschehen aus einer bestimmten subjektiven (nicht individuellen) Perspektive darzustellen. Man kann geradezu von einem Zwang zur Perspektivierung sprechen. Welke ( 1994:13)
Welke (1989) geht sogar so weit zu sagen, daß bereits im Lexikoneintrag der Verben bestimmte Perspektiven verankert sind. Man könnte diese Auffassung nun fortfuhren, indem man behauptete, es handle sich bei Verben stets um 'gefrorene Perspektiven'. Dem ist aber nicht so. Ein Verb für sich betrachtet übermittelt keine Perspektive. Es verfügt nur über ein bestimmtes Perspektivierungspotential. Dieses wird im Syntagma in eine Perspektive umgesetzt.162 Dasselbe gilt, wie wir weiter unten noch sehen werden, auch für die Kasus: Es sind nicht die einzelnen Kasus, die perspektivische Funktionen tragen, sondern die Kasuskonstruktionen, d. h. die Kasus in der Kombination miteinander und mit den anderen lexikalischen Einheiten im Syntagma. Auch Leiss (1992) geht in ihrer Arbeit zu den Verbalkategorien des Deutschen auf das Phänomen der Perspektivität ein. Sie beschreibt das Passiv als eine „Perspektivierungskategorie, die die Wahl zwischen zwei Standorten ermöglicht, vorausgesetzt, sie sind vorhanden." (Leiss 1992:105, siehe dazu weiter unten). Sie weist nach, daß auch in den Aspekteigenschaften der Verben Perspektivierungsunterschiede kodiert sind. Diese beschreibt sie folgendermaßen: Ein Sprecher ordnet sich selbst in Relation zu dem von ihm beschriebenen Sachverhalt ein, er lokalisiert sich innerhalb oder außerhalb des beschriebenen Sachverhalts (vgl. Leiss 1992:35). Die jeweilige Perspektive, die der Sprecher einnehme, bestimme seine Entscheidung für eine Aktionsart 162
An einem Beispiel, einer vergleichenden Studien zu den Bewegungsverben kommen und gehen, zeigt dies auch Di Meola (1994). Er kommt im Rahmen seiner kognitiv-linguistischen Untersuchung zu folgendem Schluß: „Es dürfte somit deutlich geworden sein, daß die Bedeutungsvielfalt der beiden Verben mit der einfachen Formel KOMMEN = BEWEGUNG ZUM BETRACHTER HIN, GEHEN = BEWEGUNG VOM BETRACHTER WEG nicht adäquat zu fassen ist." (1994:238).
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oder - in Sprachen mit entsprechender morphologischer Kategorisierung - für eine Aspektform (nach Leiss zusammengefaßt unter dem Terminus „Aspektualität"). Um ein Geschehen als kontinuierlichen Vorgang darzustellen, wird der Sprecher im Deutschen ein imperfektives Verb wählen (ζ. B. brennen), bei Fokussierung der Abgeschlossenheit des Geschehens ein perfektives Verb (z. B. verbrennen). Leiss bezeichnet diese komplementären Perspektivierungsmuster als Innen- und Außenperspektive. Bei ersterer betrachtet sich der Sprecher als Teil des Lokalgeschehens, bei letzterer sieht er sich außerhalb des Geschehens. Über die Aspektualität der Verben werden somit zwei Perspektiven gegenübergestellt. Auch die Tempora haben nach Leiss eine solche perspektivierende Funktion. Ihre Aufgabe sei es, immer wieder eine Innenperspektive herzustellen (vgl. Leiss 1992:233). Der Sprecher versetze sich mittels der Tempora an den Ort, an dem der beschriebene Sachverhalt zu lokalisieren ist, und stelle aus dieser Perspektive heraus das Ereignis dar. Koller (1993) weist mit Recht darauf hin, daß die Perspektivität auf die Ebene der langue, nicht auf die Ebene der parole gehört. Es ist ja gerade der Umstand, daß sich die Perspektivensetzung bereits auf der Systemebene vollzieht, der dazu fuhrt, daß dem Sprachbenutzer gar nicht bewußt ist, daß alle seine Äußerungen eingebunden sind in eine Perspektive. Zur Perspektivierung stehen dem Sprecher verschiedene Mittel aus den Bereichen der Lexik, der Morphologie und der Syntax zur Verfügung. Insofern sie Paradigmen bilden, stellen sie Verbalisierungsalternativen bereit und schaffen damit, wie oben in bezug auf die Verben angedeutet, ein Perspektivierungspotential. Dieses Potential wird im Syntagma aktiviert. Daß es einen Zusammenhang zwischen Perspektivierung und Paradigmenbildung gibt, betonen unabhängig voneinander sowohl Koller (1993) als auch Ickler (1990). Beide Autoren ordnen die Perspektivität der Systemebene zu: Die Existenz grammatischer Paradigmen signalisiert, daß ein Sprachsystem seinen Verwendern Ordnungsformen zur Verfügung stellen kann, denen unterschiedliche kognitive Perspektivierungsintentionen zugrunde liegen, [...] Köller (1993:29) Semantisch relevant ist diese perspektivische Darstellung aber nur, wenn in einer Sprache die Wahl zwischen mehreren Perspektiven möglich ist, d. h. wenn sprachliche Mittel bereitstehen, um einen Sachverhalt aus mehr als einer Perspektive zu beschreiben. Wenn dieses sprachliche Mittel in regelhafter morphologischer oder struktureller Markierung besteht, dann ist die perspektivische Darstellung auch grammatisch relevant. Ickler ( 1990:6)
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In vielen Arbeiten ist nicht ersichtlich, ob die Autoren die Perspektivesetzung als pragmatisches oder als strukturbildendes Phänomen ansehen. Heibig ζ. B. spricht im Zusammenhang mit der vom ihm konstatierten „Perspektivebildungspotenz" (Heibig 1991:58) der Verben von pragmatischer Valenz, schreibt aber an anderer Stelle, daß es sich im Grunde genommen um „kognitive Aspekte" der Valenz handle (vgl. Heibig 1991:56). Storrer (1992) nimmt die perspektivierende Funktion der Verben sogar in ihre Valenzbeschreibung mit auf. Sie zeigt in einem interessanten Artikel zum Verhältnis von Verbbedeutung und Situationsperspektivierung (Storrer 1996), über welche Möglichkeiten ein Sprecher verfugt, um eine ausgewählte Perspektivierung kommunikativ angemessen zu verbalisieren. Der Sprecher wird, so Storrer, das Verb danach auswählen, ob die mit diesem Verb evozierte Rollenkonstellation situationsangemessen ist. Ist sie dies nicht, wird er sich fur ein anderes Verb entscheiden, dessen Rolleninventar ihm für seine Zwecke geeigneter zu sein scheint. Den Nutzen einer solchen Analyse sieht Storrer in der lexikographischen Anwendung. Valenzbeschreibungen in Wörterbüchern sollten so gestaltet sein, daß es dem Benutzer möglich ist, das fur die jeweilige Situationsbeschreibung passende Verb auszuwählen. Storrer unterscheidet zwischen perspektivierungsfixierten Rollen, i. e. verbspezifischen Rollen, die in bezug auf einen bestimmten Situationstyp auf jeden Fall zu realisieren sind, und solchen, die entweder flexibel oder gar nicht realisiert werden können (vgl. Storrer 1992:285). Als Beispiel nennt sie das Verbpaar liigen/belügen. Will der Sprecher den Angelogenen benennen, so wird er sich für das Verb beliigen entscheiden. Die Rolle des Belogenen ist bei diesem Verb perspektivierungsfixiert (1992:314 f.). Es stellt das für diesen Situationstyp geeignete Verb dar. Die Perspektivierungsfixiertheit einer semantischen Rolle kann, wie Storrer (1992:319) betont, nicht absolut bestimmt werden. Sie ist immer abhängig vom Situationstyp, auf den sich das Verb bezieht."3 Storrer weist überzeugend nach, daß ihre Unterscheidung in 'perspektivierungsfixiert' und 'nichtperspektivierungsfixiert' nicht gleichzusetzen ist mit der syntaktischen Unterscheidung in 'obligatorisch' und 'fakultativ* (vgl. dazu ausfuhrlich Storrer 1992:315-320). Ermittelt werden könne die Perspektivierungsfixiertheit einer Rolle durch Korpusanalysen. Ergänzend dazu schlägt sie den sog. Kontrasttest als systeminteme Methode vor (Storrer 1992:318 f.). Hierdurch wird genau die Rolle als perspektivierungsfixiert ausgewiesen, die ergänzt werden muß, damit ein Satz bei Kontrastfokussierung in einem bestimmten Situationstyp akzeptabel ist (vgl. Storrers Beispiel *Er hat nicht geschlafen, sondern bearbeitet). 163
Im Situationstyp 'Eierlegen' ζ. B. ist der Satz Sie legt nicht nur voll grammatisch, sondern auch kommunikativ angemessen. Es gibt in diesem Situationstyp fur das Verb legen also keine weitere Rolle, die perspektivierungsfixiert ist.
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Weiter unten werde ich auf das Storrersche Prädikat „perspektivierungsfixiert" zurückgreifen, wenn es um die Beschreibung von perspektivischen Unterschieden zwischen Kasuskonstruktionen geht. Storrer stellt in ihrer Arbeit, wie sie selbst vermerkt, Aspekte der Sprachgenerierung in den Vordergrund. Dagegen legt Ickler (1990) den Schwerpunkt auf die Sprachanalyse. Dieses wird deutlich, wenn sie betont: Die Fragestellung ist absichtlich semasiologisch, d. h. sie geht nicht wie die Kasustheorie seit Fillmore von einer Anzahl universaler semantischer Rollen und von zugrundeliegenden Sätzen aus. [...] Im Gegensatz dazu gehe ich von dem Subkategorisierungsrahmen (Kasusrahmen) eines Verbs aus und ermittle unabhängig von dem Verb und unabhängig von Paraphrasen die semantische Funktion der Kasus [...] Ickler (1990:1) Wenn ich im folgenden das perspektivische Darstellen von Sachverhalten im Zusammenhang mit der Figur-Grund-Strukturierung analysiere, so geht es mir um den Prozeß der Perspektivierang und damit um die Produktion sprachlicher Äußerungen (vgl. Kap. 5.3). In Kap. 5.4 hingegen, in dem die in Kasuskonstruktionen kodierten Perspektiven beschrieben und miteinander verglichen werden, wird die semasiologische Blickrichtung gewählt. Zuvor werden aber in Kap. 5.2 die Überlegungen zur Perspektivierang von Charles Fillmore vorgestellt und kritisch hinterfragt. Da Filimores 'Scenes-and-frames'Semantik einen entscheidenden Einfluß auf die linguistische Diskussion der Perspektivität hatte, wird diesem Ansatz ein eigenes Kapitel gewidmet. Den allgemeinen Forschungsüberblick abschließend, sollen die bisher erarbeiteten Thesen an dieser Stelle resümiert werden. Sie dienen als Basis fur das weitere Vorgehen: -
Das kognitive Wahrnehmen eines Sachverhalts ist notwendigerweise perspektivengebunden. Zwischen der kognitiven und der sprachlichen Perspektivierang gibt es einen Zusammenhang. Sprachliche Mittel verfugen über ein Perspektivierungspotential. Im Syntagma wird dieses Potential aktiviert. Zur Perspektivierang stehen dem Sprecher auf der Systemebene lexikalische, morphologische und syntaktische Mittel zur Verfugung. Wenn diese Mittel Paradigmen bilden, können sie als grammatikalisierte Perspektivierungsalternativen angesehen werden.
'Scenes-and-frames'-Semantik
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'Scenes-and-frames'-Semantik
In vielen linguistischen Arbeiten, in denen das Konzept der Perspektivität überhaupt Erwähnung findet, wird auf neuere Arbeiten von Charles Fillmore (Fillmore 1977 a, b) und auf seinen Entwurf einer 'Scenes-and-frames-Semantik' verwiesen. So bezieht Starrer den Terminus 'Situation', der in ihrem Modell eine zentrale Rolle spielt, explizit auf Filimores Szene-Begriff (vgl. Starrer 1992:258, Fn. 192). Auch Heringer (1984) knüpft mit seinem Terminus 'Verbszene' an Fillmore an. Er bringt den folgenden anschaulichen und deshalb oft zitierten Vergleich: [...] ein Verb, das ist so, wie wenn man im dunklen Raum das Licht anknipst. Mit einem Schlag ist eine Szene da [...]. Mit dem Verb oder mit der Szene sind auch schon die Rollen festgelegt. Heringer ( 1984:49) In seinem Beitrag The Case for Case reopened (1977 a) legt Fillmore dar, daß mit jeder sprachlichen Äußerung eine 'Szene' aktiviert werde. Er beruft sich in diesem Kontext auf den Psychologen Bartlett, auf den der Terminus 'Schema' zurückgeht (vgl. Bartlett 1932), macht also keinen Unterschied zwischen 'Szene' und 'Schema'. 164 Außerdem bezieht er den Terminus 'Szene' sowohl auf die außersprachliche Wirklichkeit selbst als auch auf die kognitive Repräsentation eines außersprachlichen Sachverhalts. Dies zeigen seine Erläuterungen in dem Aufsatz Scenes-and-frames-semantics (1977 b): I intend to use the word scene [...] in a maximally general sense, to include not only visual scenes but familiar kinds of interpersonal transactions, standard scenarions, familiar layouts, institutional structures, enactive experiences, body image; and in general, any kind of coherent segment, large or small, of human beliefs, actions, experiences, or imaginings. Fillmore (1977 b:63) An späterer Stelle differenziert Fillmore seinen Szenenbegriff weiter in „prototypical scenes", „real-world-scenes" und „schematic scenes" (vgl. Fillmore 1977 b:70). Als Beispiel für eine „schematic scene" nennt er die mit den Verben buy bzw. seil aktivierte Kauf-Szene, in die mehrere Beteiligte involviert sind: der Käufer, der Verkäufer, die Ware und das Geld.165 Diese könnten sprachlich in unterschiedlicher Weise perspektiviert sein. 164
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Als 'Schema' wird in der Kognitiven Wissenschaft eine komplexe Wissenseinheit bezeichnet, die aus einzelnen Szenen besteht (vgl. Schwarz 1992:87-89). Fillmore fuhrt nur diese vier Beteiligten an. Man könnte natürlich argumentieren, daß auch der Ort, die Zeit, die Art und Weise und der Grund der Transaktion zu einer Standard-Kaufsituation zählen. Dies müßte durch kognitionspsychologische Experimente überprüft werden. Ich denke hier an Heringers Assoziationsexperiment (vgl. Heringer 1986). Heringer legte Probanden Verben vor und bat sie, Fragewörter zu den Verben zu assoziieren. Daraus ermittelte er das für die jeweiligen Verben spezifische Rolleninventar.
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Kasuskonstruktionen und Perspektivität
Die vom Sprecher jeweils gewählte sprachliche Umsetzung einer Szene bezeichnet Fillmore als 'frame'. Er erläutert diesen Terminus folgendermaßen: I intend to use the word frame for referring to any system of linguistic choices (the easiest being collections of words, but also including choices of grammatical rules or grammatical categories) that can get associated with prototypical instances of scenes. The distinction between scene and frame that I am trying to make appears to be like the distinction between schema and description. Fillmore (1977 b:63) Im „frame" werden die an einem Geschehen Beteiligten in eine bestimmte Perspektive gebracht. Nur die Entitäten, die in diesem „frame" als Subjekt und direktes Objekt kodiert werden, können nach Fillmore 'in der Perspektive' sein: We foreground or bring into perspective some possibly quite small portion of such a scene. Of the elements which are foregrounded, one of them gets assigned the subject role - in underlying or logical structure - and one of them - if we are foregrounding two things - gets assigned the direct object in the clause. Fillmore (1977 a:80) Hier ist kritisch anzumerken: Wie ist der Unterschied zwischen den Fillmoreschen Kategorisierungen 'in perspective' und 'out of perspective' überhaupt nachweisbar? Kann dieser Unterschied, wie Fillmore es tut, tatsächlich an syntaktische Funktionen geknüpft werden? Um die damit verbundenen Probleme deutlich zu machen, wähle ich ein englisches Beispiel, da Fillmore zweifellos nur das Englische im Blick hatte: Warum sollte in dem Satz He gave the book to Mary der Rezipient 'out of perspective' sein, in der Doppelobjektkonstruktion He gave Mary the book dagegen nicht? In beiden Sätzen haben die Objektreferenten ontologisch denselben Status. Die Sätze unterscheiden sich darin, wie sie den Referenten perspektivieren, aber nicht darin, ob sie ihn perspektivieren. Ähnlich argumentiert auch Storrer (1992:284), wenn sie schreibt, daß nicht einsichtig sei, warum nach den Kriterien Filimores in dem Satz Auf seinen Rappen stieg der Prinz der Rappe nicht in der Perspektive ist, in dem Satz Der Prinz bestieg seinen Rappen dagegen sehr wohl. Ich nehme also anders als Fillmore an, daß alle in einer sprachlichen Äußerung realisierten Entitäten in der Perspektive sind. Außerhalb der Perspektive sind alle die ontologischen Entitäten, die zwar am Sachverhalt beteiligt sind, aber in der sprachlichen Präsentation des Sachverhalts ausgeblendet, d. h. im Prozeß der Perspektivierung nicht versprachlicht werden. Was genau heißt aber 'in der Perspektive' sein? Wessen Perspektive ist gemeint? Ich beziehe mich damit auf die Perspektive des Sprechers in der Äußerungssituation. In der Rezeption zur Fillmoreschen 'Scenes-and-frames'Semantik wird nicht klar zwischen dieser (Sprecher-)Perspektive und der Per-
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spektive des am dargestellten Sachverhalt beteiligten Referenten getrennt. Die Vermischung der beiden Ebenen ist bei Fillmore (1977a, 1977b) selbst angelegt. Wenn er davon spricht, daß der Verkauf einer Ware aus der Perspektive des Käufers dargestellt wird, so geht es ihm darum, daß der in der Äußerung beschriebene Sachverhalt von einem bestimmten Punkt aus dargestellt wird. Dies wird auch daran deutlich, daß er den Terminus 'Perspektive' mit dem der Orientierung' gleichsetzt (vgl. ζ. B. „the orientational or perspectival structuring of a message", Fillmore 1977 a:61). Wenn andererseits davon die Rede ist, daß die Aktivität des Käufers bzw. die des Verkäufers in die Perspektive gerückt wird, so ist damit die Perspektive des Sprechers bzw. die Perspektive des Hörers gemeint. Es gilt folglich zu unterscheiden zwischen der Perspektive des Sprechers in der Äußerungssituation und der virtuellen Perspektive des Sprechers in der Rekurssituation. Letztere läßt sich bestimmen über den Standort eines der in der Äußerung genannten Referenten. Eine solche Differenzierung findet sich bereits bei Bühler (1934). Bühler unterscheidet in dem Abschnitt „Das Zeigfeld der Sprache und die Zeigwörter" insgesamt drei „Modi des Zeigens": Die Modi des Zeigens sind verschieden; ich kann ad oculos demonstrieren und in der situationsfernen Rede dieselben Zeigwörter anaphorisch gebrauchen. Es gibt noch einen dritten Modus, den wir als Deixis am Phantasma charakterisieren werden. Phänomenologisch aber gilt der Satz, daß der Zeigefinger, das natürliche Werkzeug der demonstratio ad oculos, zwar ersetzt wird durch andere Zeighilfen; ersetzt schon in der Rede von präsenten Dingen. Doch kann die Hilfe, die er [der Zeigefinger, C. D.] und seine Äquivalente leisten, niemals schlechterdings wegfallen und entbehrt werden. Bühler (1934:80) Bühler faßt unter Deixis nicht nur das Zeigen in der konkreten, sinnlich wahrnehmbaren Äußerungssituation, ad oculos, sondern auch das anaphorische Zeigen im „Kontext einer Rede" (Bühler 1934:124). Die dritte Form des Zeigens, das Zeigen am Phantasma, d. h. das Zeigen im „Reich des abwesend Erinnerbaren" (Bühler 1934:124f.), entspricht dem, was ich im folgenden als 'innersprachliche Perspektivierung' bezeichne. Dieses Zeigen, das von einem virtuellen Punkt ausgeht, ist losgelöst von der Äußerungssituation. Als Beispiel seien Äußerungen wie Paul fuhr nach Paris. Hier gefiel es ihm gut genannt, in denen der Sprecher ein „Positionszeigwort" verwenden kann, weil er sich selbst an diesen Ort versetzt und damit sein „Koordinatensystem der subjektiven Orientierung" (Bühler 1934:102) auf diesen Ort überträgt. „Deshalb vermag er als Sprecher die Positionszeigwörter hier, da, dort und die Richtungsangaben vorn, hinten, rechts, links genau so am Phantasma wie in der primären Wahrnehmungssituation zu verwenden." (Bühler 1934:137). Bühlers Feststellung, daß die Origo des Sprechers wandern kann, daß sich der Sprecher mit seinen „Standpunktskoordinaten" (Bühler 1934:131) gewissermaßen in einen Vorstellungsraum versetzen kann, erklärt, warum in
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sprachlichen Äußerungen der Eindruck entsteht, die Perspektive des Referenten sei die des Sprechers. Der Sprecher versetzt sich an den Standpunkt eines der Referenten und bringt von dort aus die Geschehensbeteiligten in eine Ordnungsstruktur. Dieser Punkt wird zum (virtuellen) Standpunkt des Sprechers. Bühler erläutert dies sehr anschaulich: [...] man hat das Vorgestellte vor dem geistigen Auge von einem bestimmten Aufnahmestandpunkt aus, den man angeben kann und an dem man sich selbst befindet in der Vorstellung. Bühler (1934:135)'«
Zwei Origines liegen hier vor: die Origo des Sprechers in der konkreten Äußerungssituation und die Origo des Sprechers in der Rekurssituation. In beiden Fällen nimmt die Perspektivierung ihren Ausgang beim Sprecher, doch nur im erstgenannten Fall steht die Perspektivierung in unmittelbarer Beziehung zum aktuellen Sprecherstandort. Es gilt folglich zu unterscheiden zwischen einem auf das Sprecher-WeltVerhältnis bezogenen Perspektivierungsprozeß, der die Auswahl der zu versprachlichenden ontologischen Rollen steuert, und einem innersprachlichen Perspektivierungprozeß, der die relative Anordnung der Rollen zueinander regelt und eine rekursbezogene Perspektive aufbaut. Ich möchte diesen Unterschied an einem Beispiel aus Leiss (1992) erläutern. Leiss konstruiert die folgende Situation: Nehmen wir als Beispiel folgende Szene oder folgende beide 'Verbszenen' und stellen uns vor, wir sollten diese Szene in eine filmische Szene umsetzen: ( 1 ) Hausmeister Soundso ruft die Feuerwehr an. (2) Die Feuerwehr wird von Hausmeister Soundso angerufen. Es ist in diesem Fall nur möglich, einen der beiden Standpunkte als Zentrum und als Drehort zu wählen. (1) gibt dabei eine andere Drehanweisung als (2). Leiss (1992:102)
In beiden Sätzen werden dieselben ontologischen Rollen (Hausmeister/Feuerwehr) in die Perspektive gebracht. Die Sätze unterscheiden sich nur darin, wie diese Rollen innersprachlich perspektiviert werden. Anders gesagt: Das Anrufen des Hausmeisters bei der Feuerwehr wird im Aktivsatz von einem anderen Standpunkt aus präsentiert als im Passivsatz. Leiss bezeichnet diesen Standpunkt als den „Referenzausgangspunkt". Dieser Standort entspricht dem virtuellen Standort des Sprechers. Leiss gibt in diesem Zusammenhang eine interessante Erklärung für die Passiv(un-)fähigkeit bestimmter Konstruktionen: Passivierung sei nur dann möglich, wenn potentiell zwei Standpunkte (in einem durchaus konkreten Sinne) zur Verfügung stehen. Bei Identität oder Inklusion der Standpunkte sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Damit erklärt 166
Dies ist nur eine der drei Formen der 'Versetzung', die Bühler unter die Deixis am Phantasma faßt. Vgl. hierzu ausführlich Bühler (1934:134-136).
' Scenes-and-frames ' -Semantik
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Leiss die Nicht-Passivierbarkeit von Verben mit Akkusativobjekten, die einen Körperteil bezeichnen (ζ. Β. Ich hebe den Fuß - *Der Fuß wird von mir gehoben, Leiss 1992:103). Konverse syntaktische Konstruktionen unterscheiden sich - wie auch die lexikalischen Konversen (kaufen/verkaufen; geben/nehmen) - also darin, daß in der Sachverhaltsdarstellung jeweils ein anderer Referenzausgangspunkt gewählt wird. Die Konversen dienen, wie es Eroms (1998:62) formuliert, „der Lösung der primären Perspektivierung von Sachverhalten." Weiter unten wird noch zu untersuchen sein, was als 'primäre Perspektivierung' (in meiner Terminologie: als Basisperspektive) zu gelten hat (vgl. Kap. 5.3). Halten wir fest: Der Sprecher macht sich in der sprachlichen Äußerung die Perspektive eines der Referenten zu eigen. Dabei handelt es sich i. d. R. um die Perspektive des Subjektreferenten. Die Perspektive des Sprechers wird auf die Perspektive des Subjektreferenten übertragen. Beide Perspektiven dürfen nicht gleichgesetzt werden. Die Sprecherperspektive ist an die Origo der Äußerungssitation, die Perspektive des Subjektreferenten an die Origo der Rekurssituation gebunden. Die Origines fallen nur dann zusammen, wenn der Sprecher sich selbst als Referenzausgangspunkt setzt, wie dies in den Äußerungen der Fall ist, die sich unmittelbar auf die Sprechsituation beziehen (vgl. Ich habe Hunger).
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Zur Figur-Grund-Strukturierung in Sätzen
Im Zentrum dieses Abschnitts stehen die Prinzipien, die das perspektivische Darstellen von Sachverhalten bestimmen. Die hier zu beobachtenden Mechanismen lassen sich sehr gut mit den Erkenntnissen der Gestalttheorie beschreiben (zu den Grundannahmen der Gestalttheorie vgl. Wertheimer (1925).)167 Ich werde mich im folgenden auf ein gestaltpsychologische Prinzip, das der FigurGrund-Wahrnehmung, konzentrieren. Dazu greife ich zunächst auf ein Beispiel aus Schecker (1995:489), wiederholt in Schecker (1998:132), zurück. Man betrachte die folgende Zeichnung und frage sich, wie man das räumliche Verhältnis von Stern und Linie am ehesten beschreiben würde.
167
Auf Erkenntnisse der Gestalttheorie stützt sich auch Jackendoff (1983:23-29) in seiner Definition von realer und projizierter Welt (vgl. dazu weiter oben in Kap. 3.7.1).
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Kasuskonstruktionen und Perspektivität
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Abb. 1 Wie Schecker berichtet, beschrieben fast 90 % der von ihm befragten Studenten (absolute Zahlen nennt er leider nicht) die Zeichnung mit „Sätzen der Art Über einer Linie befindet sich ein Stern/Der Stern befindet sich über der Linie" (1995:489). Nur etwa 10 % antworteten mit Sätzen wie Unter einem Stern befindet sich eine Linie, setzten also die Linie ins Subjekt. Stern und Linie stehen, so Schecker, zueinander in der Relation von Figur und Grund. Der Stern sei es, über dessen räumliche Lage etwas ausgesagt wird, die Linie stelle nur den Bezugspunkt dar. Eine Frage drängt sich hier auf: Wie kommt Schecker eigentlich zu der Annahme, daß die Studenten, die Sätze äußern wie Der Stern befindet sich über der Linie, den Stern als die Figur, die Linie als den Grund wahrnehmen? Dazu findet sich weder in seinem Beitrag von (1995) noch in dem Beitrag von (1998), in dem über dasselbe Experiment berichtet wird, eine Angabe. Wie die Ausführungen aber nahelegen, folgert Schecker dies daraus, daß der Stern als Subjekt kodiert wird. Er geht also implizit von einem Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung als Figur und der sprachlichen Realisierung im Subjekt aus, d. h. er setzt voraus, daß Figur-Grund-Konstellationen in ganz spezifischer Weise auf sprachlicher Ebene widergespiegelt werden. Auf diesen Sachverhalt wurde in der Literatur bereits mehrfach hingewiesen (vgl. Hopper/Thompson 1980, Talmy 1978, Herok 1985, Langacker 1987, Welke 1994, Ágel 1997 u. a.). Talmy (1978:629) gibtu. a. das folgende Beispiel: (1) a. b.
The bike[Figur] is near the house[Gnmd]. The house[Figur] is near the bike[Gnind]
Talmy kennzeichnet in diesen Sätzen jeweils das Subjekt als Figur. Es setzt sich vom Rest des Satzes, vom Grund, ab. Der Unterschied zwischen den Sätzen besteht darin, daß bei gleichem Wahrheitswert jeweils ein anderer Referent sprachlich in den Vordergrund gerückt, d. h. zur Figur gemacht wird.
Zur Figur-Grund-Strukturierung in Sätzen
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Die beiden Sätze unterscheiden sich aber nicht nur in ihrer Figur-GrundStrukturierung, sondern auch deutlich im Grad ihrer Akzeptabilität. Doch weder Talmy (1978) noch Dowty (1991:563), der Talmys Ansatz knapp skizziert, erwähnen diesen Unterschied. Daß es einen solchen Unterschied gibt, betonen dagegen Zifonun et al. (1997:1335). Sie bringen als deutsches Beispiel: Das Fahrrad befand sich unmittelbar bei dem Haus versus ?Das Haus befand sich unmittelbar bei dem Fahrrad. Dieses Akzeptabilitätsurteil entspricht auch meiner Intuition: Satz (1 b.) ist weniger akzeptabel als (1 a.). In (1 b.) wird das Haus in Relation zu einem mobilen Gegenstand gesehen, in (1 a.) ist es umgekehrt. Zwischen den beiden Ereignisbeteiligten besteht ein „Aktivitätsgefälle" (Zifonun et al. 1997:1335). Dies ist der Grund, warum nicht beide NPReferenten gleich gut zum Subjekt gemacht werden können. Um das Prinzip der Figur-Grund-Strukturierung in Sätzen zu verdeutlichen, eignen sich daher am ehesten solche Sätze, die wahrheitswertfunktional äquivalent sind und keinen Akzeptabilitätsunterschied aufweisen. Es sind dies z. B. die Sätze, deren NPs auf Entitäten referieren, die gleichermaßen immobil sind: (2) a. b.
Die Post[Figlir) ist neben der Sparkasse[Gnind]. Die Sparkasse^] ist neben der Pos^o,^. Beispiel abgeändert nach Welke (1994:16)
In Beispiel (2) liegt wie auch in (1) eine Asymmetrie vor. Diese zeigt sich darin, daß nur Satz (2 a.), nicht aber Satz (2 b.) eine kommunikativ angemessene Antwort auf die Frage Wo ist die Post? ist (vgl. Welke 1994:16). Diese Asymmetrie wurde sowohl in der Kognitiven Grammatik (vgl. Langacker 1987) als auch in der Funktionalen Grammatik (Dik 1978) herausgestellt. In der Kognitiven Grammatik wird eine Unterscheidung gemacht zwischen „trajector" (~ Figur) und „landmark" (« Grund) (vgl. Kap. 3.5.7), in der Funktionalen Grammatik eine Unterscheidung zwischen „primary vantage point" (~ Figur) und „secondary vantage point" (« Grund) (vgl. Kap. 5.2). Talmy (1978) sieht die Figur-Grund-Strukturierung als eine feste Bedeutungskomponente von Sätzen an. Sie sei obligatorischer Bestandteil eines jeden Satzes (Hervorhebung im Orig.): Even where a speaker does not want to assert anything about relative referencing, language inescapably imposes that semantic addition upon a basic proposition [...] Talmy (1978:629)
In Talmy (1985) wird auf der Basis solcher Überlegungen sogar vorgeschlagen, die Figur-Grund-Unterscheidung zur Klassifikation von semantischen Rollen heranzuziehen, d. h. Figur und Grund als semantische Rollen zu analysie-
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Kasuskonstruktionen und Perspektivität
ren.16« Dowty (1991:564) lehnt diesen Vorschlag mit Recht ab. Er argumentiert, daß es sich dabei um Unterschiede handle, die nicht an die semantische Struktur gebunden seien, betont aber gleichzeitig, daß dies die theoretische Relevanz der Figur-Grund-Unterscheidung nicht schmälere: „This is not to deny the existence of these distinctions or their importance, but to propose that thematic roles is the wrong rubric for them." (Dowty 1991:563). Ich stimme Dowty zu, daß der Unterschied zwischen Figur und Grund nicht als Rollenunterschied zu kennzeichnen ist. Es wird sich aber zeigen, daß die Figur-Grund-Strukturierung Einfluß hat auf die Verteilung der semantischen Rollen auf die syntaktischen Positionen. Nicht nur auf der syntaktischen Ebene regiert das Figur-Grund-Prinzip die Anordnung der sprachlichen Zeichen. Als konstituives Ordnungsprinzip läßt es sich auf allen sprachlichen Ebenen nachweisen. Selbst - oder gerade - die Groß- und Kleinschreibung im Deutschen ist ein Figur-Grund-Gefiige. Graphisch genutzt wird dieses Prinzip auch wortintern. So finden sich seit einiger Zeit gehäuft Belege wie KölnLiteraturkreis, FrauenStadtKonferenz, WärmeGewinnHaus, LernTraining, SchulService, unBehindert miteinander leben, GebäudeManagement (zu weiteren Beispielen vgl. Nussbaumer (1996) und Heller (1996)). Die interne Wortstruktur wird hier auf eine Figur-GrundStruktur abgebildet: Über die Großschreibung des Buchstabens im Wortinnern wird dieser (als Figur) von seiner unmittelbaren Umgebung (dem Grund) ikonisch abgesetzt. Das Wort und seine Bestandteile werden auf diese Art und Weise optisch markiert.1" Wir können festhalten: Das Prinzip der Figur-Grund-Strukturierung in der Anordnung der Zeichen gilt innerhalb von Syntagmen unterschiedlicher Komplexität. Mit anderen Worten: Figur-Grund-Relationen lassen sich sowohl unterhalb als auch oberhalb der Satzebene nachweisen. Darauf weist auch Koller (1988) hin (Hervorhebung im Orig.):
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Diesen Hinweis habe ich Dowty (1991:563) entnommen. Talmy (1985) ist ein Vortragsmanuskript, das ich nicht selbst einsehen konnte. Je mehr sich solche Schreibungen ausbreiten, desto mehr wird natürlich dieser Markiertheitseffekt verloren gehen. Viele weitere Beispiele zu dieser „BinnenGroßschreibung" (so ζ. B. die zahlreichen Wortbildungen der deutschen Bahn AG wie RegionalBahn, MinigruppenTicket, InterCityNightLine etc.) lassen vermuten, daß solche Schreibweisen zunehmen werden. Hingewiesen sei noch darauf, daß auch die wortinterne Kleinschreibung eines Buchstabens markiert sein kann, nämlich genau dann, wenn alle andern Buchstaben groß geschrieben sind (vgl. KAUFhOF).
Zur Figur-Grund-Strukturiening in Sätzen
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Der Grund, von dem sich eine Figur absetzen muß, kann sowohl etwas Amorphes und Unstrukturiertes sein als auch eine andere Gestalt. Bezogen auf die sprachlichen Wahrnehmungsobjekte bedeutet das, daß Texte, Sätze und Wörter bzw. Textsorten, Satztypen und Wortarten sich morphologisch und semantisch klar von einem andersartigen Grund absetzen müssen, um gut identifizierbar zu sein. Köller (1988:327) Daß die Figur-Grund-Anordnung auch auf der Diskursebene eine wichtige Rolle spielt, zeigen Hopper/Thompson (1980) in ihrer Analyse transitiver Sätze. Sie vertreten die Ansicht, „that the discourse distinction between foregrounding and backgrounding provides the key to understanding the grammatical and semantic facts we have been discussing" (1980:295). Sätze unterscheiden sich, so legen sie dar, dahingehend, ob sie als Figur oder als Grund fungieren. Will der Sprecher einen Satz vom Hintergrund absetzen, dann wird er ihn mit einer großen Zahl an morphosyntaktischen Transitivitätsmerkmalen ausstatten. Hohe bzw. niedrige semantische Transitivität resultieren folglich aus der Einordnung als Figur bzw. Grund. Im folgenden werde ich nachweisen, daß die Einordnung als Figur oder Grund auch satzintern, in der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Kasuskonstruktion, von entscheidender Bedeutung ist. Die satzinterne FigurGrund-Strukturierung bezeichne ich in Anlehnung an Herok (1985) und Agel (1997) als 'Zentrierung'. Die Zentrierung darf nicht gleichgesetzt werden mit dem, was Zubin (1979) in seinem psycholinguistisch ausgerichteten Ansatz unter „focus of interest" und Ickler (1990) in Anlehnung an R. Jakobson unter „Zentralität" verstehen. Nach Zubin wählt der Sprecher aus den Entitäten, die an einem Sachverhalt beteiligt sind, eine aus, die er ins Zentrum seines Interesses stellt. Welche dies ist, hängt von der Position dieser Entität auf einer Skala ab, die ihren Ausgangspunkt bei der Egobezogenheit des Sprechers nimmt. Zubin kennzeichnet diese Skala folgendermaßen: speaker > hearer > other > inanimate > abstract Zubin ( 1979:478) Die Entität, die der Person des Sprechers am nächsten steht, die also in dieser Skala ganz links rangiert, bildet den „focus of interest". Dieser Interessenschwerpunkt darf nicht mit dem Informationsschwerpunkt verwechselt werden. Der „focus of interest" wird nach Zubin im Deutschen im Nominativ kodiert: This system, as a hypothesis about the grammar of German, makes the claim that the speaker uses the nominative case to indicate an entity that is his „focus of interest" in an event and the dative or the accusative cases for entities that are not the focus of his interest." Zubin (1979:474)
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Kasuskonstruktionen und Perspektivität
Die Probleme, die die Fixierung des Interessenschwerpunkts auf den Nominativ in Passiv- und Ergativsätzen und in Sätzen mit semantisch leerem Subjekt aufwirft, haben Oppenrieder (1991:21-26) und Wegener (1995:124-126) bereits ausführlich dargestellt. Wegener macht in ihrer Kritik an Zubin darauf aufmerksam, daß die Markierung des Interessenschwerpunkts (den sie irreführenderweise als 'Topic' bezeichnet) im Deutschen allein schon durch die freiere Satzgliedstellung erfolgen könne.170 Sie betont, daß der Sprecher das, was er als interessant darstellen möchte, an den Satzanfang stellt. Darauf weist allerdings auch Zubin hin, wenn er seine Ausführungen damit beschließt, daß es neben der Kasusmarkierung noch andere sprachliche Mittel (i. e. die Wortstellung) gibt, die der Aufmerksamkeitslenkung dienen können. A u c h Ickler ( 1 9 9 0 ) nimmt als Ausgangspunkt die Interessenlage des Sprechers, w e n n sie die Kasus als 'zentral' b z w . 'peripher' charakterisiert. D e n Terminus 'Zentralität' erläutert sie folgendermaßen: Gemeint ist die Zentralität in bezug auf das Sprecher-Hörer-Interesse: die Referenten von Nominativ- und Akkusativaktant sind diejenigen, von denen die Aussage handelt. Sie werden um ihrer selbst willen erwähnt und nicht zur Charakterisierung anderer Entitäten. Sie haben einen hohen diskurspragmatischen Status, d. h., sie werden öfter durch unmarkierte anaphorische Mittel im Text wiedererwähnt als die Referenten anderer Aktanten. Ickler (1990:2)
Ickler geht davon aus, daß der Sprecher die Entitäten, die er als interessant darstellen möchte, im Nominativ oder Akkusativ realisiert, die Entitäten, die an den Rand des Interesses gerückt werden sollen, dagegen im Dativ oder als PP (vgl. Ickler 1990:3).17' Sie illustriert dies an dem Satz Hans wirft (die) Steine gegen die Mauer, den sie der Applikativkonstruktion Hans bewirft die Mauer mit Steinen gegenüberstellt. Der charakteristische Unterschied sei, daß nur in der Applikativkonstruktion die Mauer „innerhalb des Interessenschwerpunkts von Sprecher/Hörer" (1990:2) liege. Ickler stellt fest, daß ein Sprecher, der die Orts- oder Eigenschaftsveränderung einer Entität als interessant darstellen möchte, diese Entität nicht im peripheren „Instrumentalkasus" nennen wird, sondern im zentralen Kasus Akkusativ (vgl. Ickler 1990:3).
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Wegener (1995:126) verweist in diesem Zusammenhang auch auf Lenerz' Terminus 'Mitteilungszentrum' (Lenerz 1977). Für mich stellt sich aber die Frage, ob dieser Terminus tatsächlich mit dem Zubinschen 'Interessenschwerpunkt' parallelisiert werden kann. Lenerz definiert nämlich 'Mitteilungszentrum' über die semantische Beziehung zum Verb: „Insgesamt sieht es so aus, als sei die Voranstellung des OBJ nur dann möglich, wenn es in einem gewissen Sinne direkter an der Aussage des Satzes beteiligt ist als das SU, wenn es also, um dafür einen Terminus zu prägen, das 'Mitteilungszentrum ' ist." (Lenerz 1977:108). Der Interessenschwerpunkt dagegen wird über die Person des Sprechers festgelegt. Der Genitivkasus fehlt in Icklers Klassifikation.
Zur Figur-Gnind-Strukturierung in Sätzen
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Dieser Beobachtung möchte man intuitiv zustimmen, wenn man die von Ickler angeführten Beispiele betrachtet, doch stellt sich zum einen die Frage, inwieweit tatsächlich eine solche Generalisierung über alle Kasusdistributionen möglich ist, zum andern, wie empirisch überprüft werden kann, welche Konstituenten jeweils im Interessenschwerpunkt von Sprecher und Hörer liegen. Das Prinzip der größtmöglichen Ich-Nähe, das der Bestimmung des Interessenschwerpunktes in Zubin (1979) zugrunde liegt, hat sich ja schon als problematisch für die Nominativmarkierung erwiesen und kann auf die Akkusativmarkierung gar keine Anwendung finden. In anderen Ansätzen wird denn auch nur der Nominativ als 'zentral' charakterisiert, alle anderen Kasus als 'peripher' (vgl. Drossard 1991). Ickler selbst gibt einen knappen Hinweis darauf, wie der Interessenschwerpunkt ihrer Ansicht nach methodisch ermittelt werden könnte (vgl. Ickler 1990:3): Durch Fortführungen wie [...] und untersucht sie dann und die Konstruktion von Minimalkontexten ( Was tut Hans mit der Mauer?) könne nachgewiesen werden, daß in Satz (3 a.) die Mauer innerhalb des Interessenschwerpunkts liegt. (3) a. Hans bewirft die Mauer mit Steinen. b. Hans wirft Steine gegen die Mauer. c. *Er bewirft die Mauer mit einem Steinchen. Aber der Fragetest ( Was tut Hans mit der Mauer?) wirft Probleme auf, denn auch wenn die Mauer stark affiziert ist (wie die Frage nahelegen soll), ist es denkbar, daß sie in der Antwort als Lokalangabe, also nach Ickler in einem 'peripheren Kasus' realisiert wird (vgl. (3 b.)). Zu bedenken ist auch, daß die Kodierung einer Entität im Akkusativkasus mit einer Bedeutungsveränderung einhergeht. In der Applikativkonstruktion ist das affizierte Objekt holistisch von der Handlung betroffen. Ist diese Lesart nicht erwünscht oder nicht möglich, wie ζ. B. in Satz (3 c.) der Fall, so kann der Sprecher nicht die Veränderung als interessant darstellen, indem er in der Konstruktion das affizierte Objekt im Akkusativ realisiert. In anderen Fällen sind es ausschließlich syntaktische Gründe, die darüber entscheiden, ob ein Aktant in einem zentralen oder einem peripheren Kasus kodiert wird. Wenn in der Umgebung des Verb eine PP auftritt, so müßte es sich Ickler zufolge um eine periphere Konstituente handeln. Dies mag zutreffen für die adverbialen, nicht vom Verb regierten PPs, wie es die PP gegen die Mauer ist. Wie verhält es sich aber mit PPs, die vom Verb regiert sind (ζ. B. sich auf jdn. verlassen)? Hier ließe sich schwerlich rechtfertigen, daß dieses Satzglied peripher sei.
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Kasuskonstruktionen und Perspektivität
Ein anderes Problem stellt sich bei den Verben, bei denen keine Kasusalternation möglich ist, bei denen der Sprecher also gar keine Wahl hat, einen Aktanten alternativ in einem zentralen oder in einem peripheren Kasus zu kodieren. Nehmen wir dazu wieder das Beispiel sich verlassen auf. Für dieses Verb gibt es, im Gegensatz zu den von Ickler diskutierten Beispielklassen von Verben mit verschiedenen Kasusrahmen (hängen - behängen; fegen, - fegen2.
gehören - besitzen etc.), nur den einen Kasusrahmen 'Nom-PP-V'. Als Fazit ergibt sich: Es läßt sich nicht absolut, sondern jeweils nur strukturabhängig bestimmen, welcher Kasus als zentral ausgewiesen wird (Ickler) bzw. als Interessenschwerpunkt zu gelten hat (Zubin). Beide Ansätze dürfen nicht gleichgesetzt werden mit dem, was ich hier ausgehend von der Gestaltpsychologie als Zentrierung beschrieben habe. Natürlich wird der Sprecher am ehesten das, was in seinem Interessenbereich liegt, zentrieren, d. h. im Figur-Grund-Gefuge des Satzes zur Figur machen. Zentralität und Zentrierung liegen aber auf verschiedenen Ebenen. Die Zentralität ist auf das SprecherWelt-Verhältnis bezogen. Der Ausgangspunkt ist die Origo des Sprechers in der Äußerungssituation. Die Leitfragen lauten hier: Was ist wichtig fur den Sprecher, was möchte er als interessant darstellen? Die Zentrierung ist rekursbezogen. Hier wird gefragt: Was repräsentiert im dargestellten Sachverhalt die Figur, was den Grund? Die Zentrierung innerhalb eines Satzes ist auch nicht von der Satzgliedstellung abhängig. Die zentrierte Konstituente ist weiterhin zentriert, auch wenn sie umgestellt wird. Nehmen wir dazu einen Satz aus Bühler (1934), und modifizieren wir die Satzgliedstellung: (4) a. Caius tötet den Löwen, b. Den Löwen tötet Caius. In beiden Sätzen geht die Handlung des Tötens vom Subjektreferenten aus. Der Subjektreferent bildet die Figur, vor dem sich das Prädikat als Grund absetzt. Was sich im Übergang von Satz (4 a.) zu Satz (4 b.) ändert, ist die Informationsgliederung des Satzes. Diese wird in der Topik-KommentarGliederung beschrieben. Von der Topik-Kommentar-Gliederung wiederum ist die Fokus-Hintergrund-Gliederung zu unterscheiden (vgl. Jacobs 1991/92:7). Als Antwort auf die Frage Wer hat den Löwen getötet? steht die Subjekt-NP Caius im Fokus, sie trägt die neue Information.172 Lautet die Frage hingegen Wen hat Caius getötet?, so bildet die Objekt-NP den Löwen den Fokus. Lineare Umstellungen im Satz fuhren dazu, daß sich die Fokus-Hintergrund173
Auf die Abgrenzung zwischen Fokus und Rhema bzw. Hintergrund und Thema gehe ich hier nicht ein. Zu den verschiedenen Definitionen von Thema und Rhema vgl. neben vielen anderen Lenerz (1977:11-15).
Zur Figur-Grund-Strukturierung in Sätzen
259
Gliederung des Satzes ändert, nicht aber, daß sich die Figur- bzw. Grundeigenschaften der Satzkonstituenten ändern. Auf syntagmatischer Ebene können sich somit mehrere Typen von FigurGrund-Relationen überlagern, und es ist durchaus möglich, daß eine Konstituente in bezug auf die eine Relation (ζ. B. die Informationsgliederung) als Figur, in bezug auf die andere Relation (ζ. B. die Zentrierung) als Grund fungiert. Zifonun et al. (1997:1334) weisen sogar daraufhin, daß „kognitive Figur-Struktur und textuelle oder diskursive Strukturierung in Hintergrund- und Vordergrundinformationen in der Regel gegenläufig zueinander sind". Dies ist genau dann der Fall, wenn das Subjekt in der Diskursstruktur als Hintergrundelement fungiert, in der kognitiven Figur-Grund-Konstellation hingegen als Vordergrundelement. Es liegt in der Natur jeder Figur-Grund-Strukturierung, daß innerhalb einer solchen Konstellation jeweils nur ein Element zentriert sein kann. Wären mehrere Elemente zentriert, so ginge der Kontrast zwischen Figur und Hintergrund verloren. Auf syntagmatischer Ebene heißt dies, daß es jeweils nur eine semantische Rolle geben kann, die zentriert ist. In allen bisher genannten Beispielen war es das Subjekt, das als die zentrierte Konstituente fungierte. Daß hier im prototypischen Fall eine Korrelation vorliegt, betonen sowohl Ágel (1997) als auch Leiss (1992). Leiss schreibt: In jedem Satz kann nur ein Standort als Zentrum der Referenz fungieren. Es muß einen Standpunkt geben, von dem aus auf die 'Welt' verwiesen wird. Dieser Standpunkt, der durch die grammatischen Kategorien lokalisiert wird, ist als Subjekt grammatikalisiert. Wenn durch die Verbvalenz mehrere Standpunkte vorgegeben sind, dann gibt es potentiell mehrere Kandidaten für die privilegierte Subjektposition. Leiss (1992:103)
Leiss charakterisiert das Subjekt als dasjenige Element, das über einen „maximalen Grad an Referentialität verfugt" (Leiss 1992:126).175 Mit Bezug auf diese Subjekteigenschaft vermerkt sie, daß die Funktionen der Aspekt-, Tempus- und Modusmarkierung im Prädikat darin bestünden, auf den Subjektreferenten zu verweisen, ihn zu lokalisieren (vgl. Leiss 1992:127). Das Subjekt sei somit dasjenige sprachliche Zeichen, das maximal hervorgehoben wird, auf das die anderen Zeichen gerichtet seien. Diese Subjektauffassung kommt dem gestaltpsychologischen Konzept einer Figur-Grund-Strukturierung in Subjekt und Prädikat sehr nahe. Eine solche Subjektauffassung vertritt Agel (1997):
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Reis (1982) weist allerdings nach, daß es sich bei dieser in der Literatur häufig genannten Subjekteigenschaft nicht um eine feste Gesetzmäßigkeit handelt. Zu ihren Argumenten und zu Beispielen für nicht-referentielle NPs im Nominativ vgl. Reis (1982:176-178).
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Kasuskonstruktionen und Perspektivität
'Subjekt' ist die prominenteste grammatische Funktion, die die kognitive (Wahrnehmungs)Figur auf die semantische Struktur des Satzes d-ikonisch abbildet. Die D-Ikonizität der Abbildung des Subjekts manifestiert sich in der Relation des Subjekts zum Prädikat, das den kognitiven (Wahmehmungs)Grund auf die semantische Struktur des Satzes abbildet. Ágel (1997:179) Ágel verweist mit dem Terminus 'D-Ikonizität' auf Peirce (1932). Diagrammatische Ikonizität liegt nach Peirce dann vor, wenn eine Ähnlichkeitsbeziehung besteht zwischen der Relation der Zeichen untereinander und der Relation der Objekte, für die sie stehen (vgl. die Reihung veni, vidi, vici, bei der die Abfolge der Wörter der Abfolge der Ereignisse entspricht).174 Die strukturelle Relation des Subjekts zum Prädikat bildet, so Ágel, die interne Relation von Figur und Grund d-ikonisch ab. In bezug auf das Deutsche kann die von Ágel beschriebene d-ikonische Relation zwischen Subjekt und Prädikat auf die Relation zwischen NominativNP und Verbalgruppe bezogen werden. Kasusbezogen lautet Ágels Formulierung folgendermaßen: Der Nominativ ist die prominenteste grammatische Kategorie, die die kognitive (Wahrnehmungs)Figur auf die semantische Struktur des Satzes d-ikonisch abbildet. Die D-Ikonizität der Abbildung des Nominativs manifestiert sich in der Relation des Nominativs zur Verbalgruppe, die den kognitiven (Wahmehmungs)Grund auf die semantische Struktur des Satzes abbildet. abgeändert nach Ágel (1997:179) Daß es der Nominativ ist, der vor allen anderen Kasus in kasusmarkierenden Sprachen als zentriert zu gelten hat, läßt sich folgendermaßen erklären: Der Nominativ ist, wie wir schon in Kap. 4.6 gesehen haben, der Kasus, der an der Spitze der Kasushierarchie rangiert. Es ist der Kasus, der in Nominativsprachen die primäre grammatische Relation kodiert, also dem Subjekt entspricht. Die fur das Subjekt konstatierten Eigenschaften gelten also im prototypischen Fall für den Nominativ. Auf der Basis der bis hierher eingeführten Terminologie (in der Perspektive, zentriert, perspektivierungsfixiert) sollen nun im folgenden die perspektivi-
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Im Zusammenhang mit der semantischen Analyse der Kasuskategorien habe ich den von Mayerthaler (1980) geprägten Terminus 'konstruktioneller Ikonismus' erläutert (vgl. Kap. 3.3.3). Auch dabei handelt es sich um eine Variante der diagrammatischen Ikonizität.
Zur Figur-Grund-Strukturierung in Sätzen
261
sehen Eigenschaften von Kasuskonstruktionen im paradigmatischen Vergleich beschrieben werden.
5.4
Perspektivische Unterschiede zwischen Kasuskonstruktionen
Die Perspektive, die in einer Kasuskonstruktion aufgebaut wird, läßt sich am besten beschreiben, wenn die Konstruktion einer anderen gegenübergestellt wird, die sich nur in perspektivischer Hinsicht von ihr unterscheidet. Dazu muß zunächst ermittelt werden, welche der Kasuskonstruktionen die Basisperspektive repräsentiert, wie die Perspektiven also aufeinander bezogen werden können. Ich treffe folgende terminologische Festlegungen: Als perspektivische Basiskonstruktion bezeichne ich die Konstruktion, die in der Sachverhaltspräsentation (Terminus von Herok (1985) in Anlehnung an Frege (1892)) das Agens-Actio-Schema umsetzt und dabei das Agens zentriert. Diese Konstruktionen repräsentieren die Basisperspektive. Die Basisperspektive ist die für einen Situationstyp normale, erwartbare Perspektivierung. Eroms (1998:62) spricht in diesem Zusammenhang von „Standardperspektivierung" oder „primärer Perspektivierung". Sie korreliert seiner Ansicht nach mit einer isomorphen Verteilung der semantischen Rollen auf die Kasus. Eroms macht aber keine Angaben dazu, wie sich nachweisen läßt, daß es sich dabei um die Standardperspektivierung handelt. Empirische Untersuchungen sind erforderlich, um festzustellen, welche Verbalisierungsalternativen die Sprecher zur Wiedergabe eines ontologischen Sachverhalts bevorzugen, was also im Einzelfall als 'normale Perspektivierung' eines Sachverhalts zu gelten hat. Über eine derartige, allerdings in keiner Weise repräsentative Befragung berichtet Schecker (1995) und (1998). Er legte Studenten eine Auswahl an Sätzen vor, mit denen sie den Umstand beschreiben sollten, daß ihr Fahrrad gestohlen wurde. Es ergab sich, daß in der von Schecker konstruierten Situation die meisten Studenten (58 %) nach ihren eigenen Angaben den Satz Mein Fahrrad ist weg! äußern würden (vgl. Schekker 1995:488). Andere Äußerungen, wie z. B. Jemand hat mein Fahrrad gestohlen, wurden nur zu einem vergleichsweise geringen Prozentsatz als mögliche Verbalisierungen des vorgegebenen Sachverhalts genannt. Allerdings fuhrt Schecker auch hier keine absoluten Zahlen an, so daß nichts über die Repräsentativität dieser Ergebnisse gesagt werden kann.
262
Kasuskonstruktionen und Perspektivität
Evidenz dafür, was in den Einzelsprachen als Basisperspektive zu gelten hat, liefert auch der Vergleich verschiedener Sprachen, insbesondere der Vergleich verschiedener Sprachtypen (Nominativ-Akkusativ-, Ergativ- und Aktivsprachen). Diese unterscheiden sich systematisch hinsichtlich der bevorzugten Basisperspektiven. So steht in einer Nominativsprache bei der Beschreibung eines Agens-Patiens-Sachverhalts die Tätigkeit im Vordergrund, in einer Ergativsprache die Objektsveränderung (vgl. Herok 1985:139). Mit anderen Worten: In Nominativsprachen ist das Agens im unmarkierten Fall zentriert, in Ergativsprachen das Patiens (vgl. auch Agel 1997). Leiss (1992:98) weist daraufhin, daß der Umstand, daß Nominativsprachen ein Passiv, Ergativsprachen ein Antipassiv entwickelt haben, zeigt, daß eine einzige Perspektive nicht ausreicht. Aktivsprachen ließen sich hier nicht einordnen, da in diesen Sprachen weder die Handlungs- noch die Geschehensperspektive dominant sei. Über die Aktiv- und Inaktivformen stehen, so Leiss, beide Perspektiven gleichrangig nebeneinander (vgl. zu diesem dritten Sprachtypus auch Primus (1987:239 f.) und Primus (1999)). Koller (1993:28) macht darauf aufmerksam, daß die Dominanz des AgensActio-Schemas in indoeuropäischen Sprachen so stark ist, daß der Sprecher auch Geschehnisse, die sich agenslos vollziehen, als agensgesteuerte Tätigkeiten perspektiviert. Er bringt dafür die Beispiele Die Welle kommt und Der Wind weht und stellt fest, daß das Agens-Actio-Schema dazu verführen kann, „Prozesse sprachlich nach diesem Modell zu objektivieren, die ontologisch eigentlich ganz anders objektiviert werden müßten" (Koller 1993:28). Auch Engel (1995) äußert sich in diesem Sinne (Hervorhebung im Orig.): Indoeuropäische Sprachen besitzen die Möglichkeit, Sachverhalte agentivisch wiederzugeben ohne Rücksicht darauf, ob die uns zugängliche Wirklichkeit eine solche Darstellung rechtfertigt. Und weiter: Die indoeuropäischen Sprachen neigen zu einer solchen Darstellungsweise, sie zeigen eine unverkennbare Tendenz, Sachverhalte als durch einen „Täter" ausgelöst und verantwortet aufzufassen. Diese Tendenz beherrscht das System der genannten Sprachen, sie stößt erst sehr spät an entlegene Grenzen. Engel (1995:55) Nehmen wir also an, daß das Agens-Actio-Schema die Basisperspektive im Deutschen darstellt. Diese ist dann optimal kodiert, wenn eine isomorphe Zuordnung von Kasus, syntaktischer Funktion und semantischer Rolle vorliegt. Daraus ergibt sich für die Kombination aus Kasus, Rollensemantik und Perspektivierungseigenschaften die folgende Verteilung (+/-z steht für + / zentriert): (5)
Nominativ (Agens)^ - Akkusativ (Patiens)^ - Dativ (Rezipient).z
(5) ist die perspektivische Basiskonstruktion für Sätze, die mit transitiven Handlungsverben gebildet werden. Wie wir bereits in Kap. 4.7 gesehen haben,
Perspektivische Unterschiede zwischen Kasuskonstruktionen
263
operieren Rollenverschiebungen vorzugsweise auf eben dieser Konstruktion. Die Frage, warum solche Rollenverschiebungen überhaupt stattfinden, kann nun beantwortet werden: Rollenverschiebungen dienen dazu, die Figur-Grund-Strukturierung zu modifizieren. Besonders deutlich wird dies, wenn man syntaktische Alternativkonstruktionen wie Aktiv-, Passiv- und Ergativkonstruktionen im Hinblick auf ihre perspektivischen Eigenschaften miteinander vergleicht (vgl. Dürscheid 1997:253 f., Ágel 1997:155 f., Eroms 1998:62-68). Es läßt sich folgendes feststellen: Das konstitutive Merkmal von Passiv- und Ergativkonstruktionen ist, daß das Agens nicht mehr zentriert ist. Stattdessen wird das Patiens zentriert (in Ergativkonstruktionen und im werden- und sei'n-Passiv) oder der Rezipient (im bekommen-Passiv). In (6) werden Aktiv-, Ergativ- und Passivkonstruktionen einander gegenübergestellt. Die zentrierte Konstituente ist jeweils mit einem Index versehen: (6) a. b. c. d. e.
Ich+j zerbrach den Teller. Der Teller+Z zerbrach. Der Teller+2 zerbrach mir. Der Teller+Z wurde von mir zerbrochen. Mir+Z zerbrach der Teller.
In (6 a.) ist das Agens, in (6 b.-d.) das Patiens zentriert. Das als PP realisierte Agens in der Passivkonstruktion (6 d.) ist fokussiert. Als Indikator für diese Fokussierung dient die nunmehr komplexere sprachliche Form. Von dieser Fokussierung ist, wie bereits weiter oben erläutert, die Zentrierung zu unterscheiden. Zentriert ist in (6 a.) bis (6 d.) jeweils die im Subjekt kodierte semantische Rolle. Offensichtlich ist aber für den Fall, daß trotz der Rollenumverteilung keine Veränderung der linearen Positionierung der semantischen Rollen erfolgt (vgl. Es ärgert mich, daß ich den Teller zerbrochen habe/daß mir der Teller zerbrochen ist), die Zentrierung nicht länger subjektbezogen. Dies zeigt Beispiel (6 e.). So argumentiert auch Wegener (1999:197), daß in diesem Fall die zentrierte semantische Rolle diejenige ist, die an Erstposition, also im Dativ, realisiert ist. Die Wortstellung spielt m. E. aber nur dann eine Rolle fur die Bestimmung der zentrierten Konstituente, wenn 1. die Rollenverteilung von der perspektivischen Basiskonstruktion abweicht und wenn 2. eine nicht-nominativische Konstituente in Erstposition steht. Insbesondere wenn wir solche Sätze betrachten, in denen ohne Diathesenwechsel eine in der semantischen Hierarchie weit unten stehende semantische Rolle im Subjekt realisiert wird, sehen wir, daß diese Rollenanhebung mit einer geänderten Figur-Grund-Konstellation einhergeht. In der Regel wird
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Kasuskonstruktionen und Perspektivität
dabei keine semantische Rolle ausgeblendet, die vorhandenen Rollen werden lediglich anders angeordnet. Der perspektivische Unterschied zwischen den Sätzen entsteht dadurch, daß jeweils eine andere Rolle das Merkmal [+zentriert] trägt. Dies zeigen die beiden Sätze aus Wunderlich (1985:221), die auf das bekannte Beispiel aus Fillmore (1968) The garden swarms with bees
zurückgehen: (7) a. Bienen+j wimmeln im Garten, b. Der Garten^ wimmelt von Bienen. In (7 a.) wird die NP Bienen sprachlich in den Vordergrund gerückt, in (7 b.) die NP der Garten. Mit dieser unterschiedlichen Zentrierung korrelieren weitere, semantische Unterschiede, auf die ich bereits in Kap. 3.7.1 eingegangen bin: Eine NP kann aufgrund einer Rollenverschiebung ihren semantischen Rollenstatus verändern, aber weiterhin dieselbe ontologische Rolle kodieren. Daß diese geänderte Rollensemantik Konsequenzen für die Perspektive des ganzen Satzes hat, zeigt wiederum der Sprachenvergleich. Darauf weist Engel (1995) in einem Vergleich des Deutschen mit dem Französischen hin. Bezugnehmend auf die beiden Sätze Bei diesen
Worten erbleichte
Hans u n d Ces mots
firent
pâlir Jean stellt er fest: Ich halte es für wesentlich und auch für semantisch relevant, daß das Deutsche hier eine adverbiale Bestimmung verwendet [...]. Die Wortgruppe bei diesen Worten wird damit als „nicht zentral" ausgewiesen, sie interessiert nicht in erster Linie, wird lediglich nebenbei genannt. Im Gegensatz dazu weist das Französische diese Ursache als zentrales Element, als bewegende, verändernde Kraft aus: durch 'ces mots' wird etwas getan, bewirkt, es wird gehandelt. Engel (1995:56)
Wie Engel kritisch anmerkt, können solche Unterschiede nicht gesehen werden, wenn in semantischen Untersuchungen auf Testverfahren zurückgegriffen wird, deren tertium comparationis - wie es z. B. beim Paraphrasentest der Fall ist - ontologischer Natur ist. Die Unterschiede liegen ausschließlich auf der innersprachlichen Ebene, der mit der Äußerung denotierte Sachverhalt ist derselbe. Im Französischen ist die Ursache des Erbleichens die „verändernde Kraft", im Deutschen bleibt sie der „begleitende Umstand" (Engel 1995:56). Zwar kann man einwenden, daß im Deutschen auch die Formulierung Diese
Worte ließen Hans erbleichen
mög-
lich ist, doch handelt es sich hierbei nicht um ein gleichwertiges und gleichermaßen gebräuchliches Übersetzungsäquivalent zum französischen Ces mots firent pâlir Jean (vgl. hierzu Engel 1995:55).
Vergleichen wir nun die in den Applikativkonstruktionen kodierte Perspektive mit den bislang diskutierten Konstruktionswechseln. Am Status der
Perspektivische Unterschiede zwischen Kasuskonstruktionen
265
Agens-Zentrierung ändert sich beim Übergang in eine Applikativkonstruktion nichts. Was sich ändert, ist der Status des Lokativreferenten. Er rückt in den Vordergrund:
(8) a.
Ich gieße
Figur
Wasser auf die Blumen.
Grund paradigmatische
b.
Ich begieße
Figur
Figur-Grund-Relation
Figur die Blumen.
Grund
syntagmatische Figur-Grund-Relation Abb. 2 In (8 b.) ist die im Akkusativ kodierte Rolle im Vergleich zu der alternativen Kodierung als PP in den Vordergrund gerückt. In (8 a.) gehört die PP in zweifacher Hinsicht zum Grund: Sie ist Grund in syntagmatischer Relation zum Subjekt, und sie ist Grund in paradigmatischer Relation zur alternativen Kodierung als Akkusativobjekt. Innerhalb von (8 a.) und (8 b.) besteht somit eine syntagmatische, zwischen (8 a.) und (8 b.) eine paradigmatische Figur-Grund-Relation. Letztere läßt sich nur dann bestimmen, wenn man die syntaktische Kodierung ein und derselben ontologischen Rolle in verschiedenen Konstruktionen gegenüberstellt. In Applikativkonstruktionen, die auf Basiskonstruktionen mit intransitiven Verben zurückzufuhren sind (vgl. reisen > das Land bereisen), kommt zu der paradigmatischen Figur-Grund-Opposition noch ein weiterer paradigmatischer Unterschied hinzu: In diesen Konstruktionen wird eine semantische Rolle als „perspektivierungsfixiert" (vgl. Starrer 1992) ausgewiesen, die es in der Basiskonstruktion nicht ist. Die Perspektivierungsfixiertheit einer solchen Rolle wird deutlich, wenn die Konstruktion, in der diese Rolle perspektivierungsfixiert auftritt, verglichen wird mit einer anderen, in der dies nicht der Fall ist. Dies zeigt folgendes Beispiel aus Starrer (1992). In Satz (9 a.) kann der Ob-
266
Kasuskonstruktionen und Perspektivität
jektreferent aus der Perspektive herausgenommen werden (Paul heiratet), in (9 b.) ist dies nicht möglich (*Paul ehelicht). (9) a. Paul heiratet Maria, b. Paul ehelicht Maria. Mit einer solchen Gegenüberstellung lassen sich Unterschiede festmachen, die nicht über die syntagmatische Figur-Grund-Strukturierung erfaßbar sind, da ja in beiden Sätzen der Objektreferent zum Hintergrund gehört. Die perspektivischen Unterschiede liegen auf einer tieferen Ebene. Sie gehen in den Beispielen (9 a.) und (9 b.) vom Verb aus: Das Verb heiraten ermöglicht es, eine Rolle auszuklammern, die bei ehelichen auf jeden Fall realisiert werden muß. In bezug auf die Applikativkonstruktionen heißt dies: In einer Applikativkonstruktion zu einem intransitiven Basisverb ist eine Rolle perspektivierungsfixiert, die es in der Basiskonstruktion nicht ist. In der Basiskonstruktion kann diese Rolle in der Perspektive sein, sie muß es aber nicht. Die perspektivierungsfixierte Rolle in der Applikativkonstruktion tritt im Vergleich zu der ontologisch äquivalenten Rolle in der Basiskonstruktion in den Vordergrund: (10) a.
b.
5.5
Peter reist durch das L a n d ^ ^ ^ ^ . rund paradigmatische Figur-Grund-Relation Figur Peter bereist das Land(+pOTpektivieningsfixiert].
Abschließende Bemerkungen
Als Fazit bleibt festzuhalten: Welche Kasuskonstruktion jeweils gebildet wird, hängt von der vom Sprecher intendierten Perspektivierung ab. Alle vom Sprecher in die Konstruktion eingebrachten Rollen sind in der Perspektive. Sie werden relativ zueinander in einer Figur-Grund-Konstellation angeordnet. Für den prototypischen Fall gilt, daß die zentrierte semantische Rolle im Deutschen diejenige ist, die im Nominativ kodiert ist. Die Origo des Sprechers wird auf diesen Punkt übertragen. So erklärt sich, warum der Eindruck entsteht, daß der Sachverhalt aus der Perspektive des zentrierten Referenten dargestellt wird. Ergänzend zu der syntagmatischen Figur-Grund-Relation läßt sich bei syntaktischen Alternativkonstruktionen auch eine paradigmatische Figur-Grund-Relation nachweisen.
Abschließende Bemerkungen
267
Wenn im Syntagma eine isomorphe Kasus-Rollen-Verteilung vorliegt, handelt es sich um die für das Deutsche typische perspektivische Basiskonstruktion. Kennzeichnend fur die darin kodierte Basisperspektive ist, daß das Agens im Nominativ kodiert wird. Unter Bezugnahme auf diese Basisperspektive lassen sich Umperspektivierungen systematisch erfassen. Diese zeichnen sich dadurch aus, daß neue Rollen in die Perspektive gebracht, andere ausgeblendet werden und/oder daß die vorhandenen Rollen in eine alternative Figur-GrundRelation gebracht werden. Bei Umperspektivierung wird also mindestens einer der Parameterwerte (+/-perspektivierungsfixiert, +/-zentriert, +/-in der Perspektive) geändert. Wenn man nun die bereits in der Einfuhrung getroffene Unterscheidung in Kasuskategorien und Kasusträger (vgl. Kap. 0.1) auf die Perspektivität bezieht, so ergibt sich das folgende Bild: Über die Kasuskategorien werden die perspektivischen Unterschiede (d. h. +/-perspektivierungsfíxiert, +/-zentriert) angezeigt. Die Kasusträger setzen als phrasale Einheiten diese Perspektivierungseigenschaften im Syntagma um. Welche Perspektivierungseigenschaften es jeweils sind, die von einem Kasusträger kodiert werden, läßt sich nicht absolut bestimmen, ebensowenig, wie sich kontextunabhängig eine Vorhersage darüber machen läßt, welche semantische Rolle ein Kasusträger kodiert. Nur über die Kasuskonstruktion als Ganzes in der Interaktion mit dem Verb sind Rückschlüsse möglich auf die in der Konstruktion kodierte Perspektive. Daß es in jeder Sprache konventionalisierte Perspektivierungs- und Umperspektivierungsmuster gibt, ist zu vermuten."5 Zu den wichtigsten grammatikalisierten Perspektivierungsalternativen zählen die Aktiv-/Passiv- bzw. die Ergativ-/Antipassivkonstruktionen (vgl. Herok 1985, Leiss 1992, Koller 1993, Agel 1997). Eine genaue Bestandsaufnahme der sprachlichen Mittel, mit denen Einzelsprachen solche Perspektiven aufbauen, steht aber noch aus. Gerade der Sprachenvergleich bietet hier die Möglichkeit, einzelsprachspezifische Perspektivierungsmuster aufzudecken und sich damit der Perspektivierungszwänge der eigenen Sprache bewußt zu werden. Weiterer Forschung bleibt es auch vorbehalten, den Zusammenhang zwischen der Perspektivierung des Sachverhalts auf Seiten des Sprechers und der Verarbeitung von perspektivierten Äußerungen auf Seiten des Rezipienten zu untersuchen. Hingewiesen sei hier auf folgende Asymmetrie: Während der Sprecher in der Produktion einer sprachlichen Äußerung die Möglichkeit hat, sich zwischen verschiedenen Perspektivierungsalternativen zu entscheiden, ist die kognitive Perspektivierung auf der Hörerseite nicht frei, sondern an die 175
Selbst so nah verwandte Sprachen wie Deutsch und Englisch unterscheiden sich in ihren Perspektivierungsstrategien. Dies zeigt Doherty (1993) in ihrem Aufsatz Parametrisierte Perspektive auf instruktive Weise.
268
Kasuskonstruktionen und Perspektivität
Darstellung durch den Sprecher gebunden. Die Rolle von kognitiver und sprachlicher Perspektivierung sollte sowohl in Sprachproduktions- als auch in Sprachverarbeitungsmodellen berücksichtigt werden.
6
Zusammenfassung
Im Zentrum der vorliegenden Arbeit stand die Frage nach einer angemessenen Beschreibung und Erklärung des Kasus-Syntax- und des Kasus-SemantikVerhältnisses. Ziel war, die verbalen Kasus des Deutschen ganzheitlich zu erfassen, d. h. sowohl ihre syntaktischen als auch ihre semantischen und ihre perspektivischen Eigenschaften zu beschreiben und zu erklären. Für die Zwekke der Untersuchimg wurde zwischen Kasuskategorien, Kasusformen und Kasusträgern unterschieden. Der Schwerpunkt lag auf einer systematischen Darstellung der Kasusträger. Einleitend wurden die wichtigsten Fakten zur Kasusmorphologie und Kasuskombinatorik präsentiert. Anschließend habe ich mich in den fünf Hauptkapiteln der Arbeit mit den Funktionen der Kasus befaßt. Nicht nur aus heuristischen Gründen wurden dabei die Kasussyntax und die Kasussemantik getrennt voneinander behandelt. Der Grund war auch der, daß unterschiedliche theoretische Zugänge verfolgt wurden: Nach einem Überblick über die syntaktischen Funktionen der Kasus wurde in Kap. 2 die Kasussyntax aus generativer Sicht dargestellt. Im Vordergrund stand dabei die Frage, wie die Kasus enkodiert werden, wie also die in syntaktischen Konstruktionen auftretenden Oberflächenkasus aus der syntaktischen und semantischen Struktur abgeleitet werden können. In den Kapiteln 3 und 4 war die Blickrichtung gerade invers dazu. Die Kasus wurden hier als Ausgangspunkt, nicht als Endpunkt der linguistischen Beschreibung genommen. In Kap. 5, in dem das Verhältnis von Kasuskonstruktionen und Perspektivität diskutiert wurde, wurden beide Blickrichtungen miteinander kombiniert. In bezug auf die Perspektivierung rückte die Frage in den Mittelpunkt, wie der Sprecher einen Sachverhalt wahrnimmt und wie er ihn sprachlich präsentiert. Ausgegangen wurde dabei von der These, daß jede sprachliche Äußerung perspektivengebunden ist. Als aufschlußreich erwies sich der Rückgriff auf Erkenntnisse aus der Gestalttheorie. Es wurde gezeigt, daß das Prinzip der Figur-GrundStrukturierung Einfluß hat auf die Anordnung der semantischen Rollen im Satz. Unter diesem Blickwinkel ließen sich Kasuskonstruktionen als sprachlich kodierte Perspektiven analysieren.
270
Zusammenfassung
Die im Laufe der Untersuchung erzielten Ergebnisse lassen sich abschließend in neun Punkten zusammenfassen: 1. Die vier Kasuskategorien des Deutschen können wegen ihrer defizienten morphologischen Markierung nicht über die Flexionsendungen, sondern nur unter Rückgriff auf die syntaktischen Funktionen, die sie enkodieren, unterschieden werden. Legt man eine valenzgrammatische Subklassifikation der Verben zugrunde, so ergibt sich, daß das Deutsche über neun Kasuskonstruktionen verfugt: Nom-V, Dat-V, Akk-V, Nom-Akk-V, Nom-Dat-V, Nom-Gen-V, Nom-Dat-Akk-V, Nom-Akk-Akk-V, NomAkk-Gen-V. Der Nominativ ist der Kasus, der an den meisten Kasuskombinationen teil hat, der Akkusativ tritt am zweithäufigsten auf. Verbale Dative sind weitaus seltener, verbale Genitive sind auf eine kleine Klasse von Verben und auf feststehende lexikalische Wendungen beschränkt. 2. Die syntaktische Beschreibung der Kasus in Kap. 1 nahm ihren Ausgangspunkt bei der Beobachtung, daß die Kasus nicht in einem Eins-zu-EinsVerhältnis zu Satzgliedfunktionen stehen. Es wurde gezeigt, welche syntaktischen Funktionen jeder einzelne Kasus im Deutschen kodieren kann. Die systematische Darstellung dieser Eins-zu-Viele-Zuordnung von Kasus und syntaktischer Funktion gestaltete sich als schwierig, da syntaktische Funktionen selbst nicht einheitlich definiert sind bzw. die benötigten Funktionsbezeichnungen in der schulgrammatischen Terminologie fehlen. Am Beispiel der Unterscheidung von direktem und indirektem Objekt wurde deutlich gemacht, daß heterogene Kriterien zur Satzglieddefinition herangezogen werden. 3. Um die in Kap. 1 aufgelisteten Fakten zur Kasussyntax in einen einzelfallübergreifenden Zusammenhang stellen zu können, wurde in Kap. 2 auf das Modell der Generativen Grammatik rekurriert. Untersuchungsgegenstand in generativen Analysen sind die abstrakten Kasus. Die in der vorliegenden Untersuchung zur Diskussion stehenden Oberflächenkasus stellen eine der möglichen Ausdrucksvarianten dieser Kasus dar. Insofern bot es sich an, die generativen Kasuszuweisungsmechanismen auf die Herleitung der vier Kasus des Deutschen zu beziehen. Die folgenden Erweiterungen des Generativen Modells erwiesen sich als notwendig, um die Syntax der (Oberflächen-)Kasus adäquat erfassen zu können:
Zusammenfassung
271
a) Die generative Kasustheorie beschränkt sich auf die Beschäftigung mit strukturellen und lexikalischen Kasus, d. h. auf die vom Verb selegierten Argumentkasus. In der vorliegenden Arbeit wurde die Analyse ausgedehnt auf inhärent kasusmarkierte NPs. Diese zählen zur Klasse der Adjunkte. Die Herleitung aller drei Kasustypen erfolgte, nach einer Diskussion älterer generativer Ansätze, im Rahmen des Minimalistischen Programms. b) Als theoretischer Ausgangspunkt diente die Annahme, daß ein Merkmalüberprüfungsmechanismus auf einer mit Agr-Phrasen angereicherten Satzstruktur operiert. Auf dieser minimalistischen Basis konnte gezeigt werden, daß lexikalischer Kasus in einer basisgenerierten SpecVP-V°-Relation, struktureller Kasus in einer derivierten SpecAgrP-Agr°-ReIation überprüft wird. Der Kasusüberprüfung von inhärentem Kasus liegt eine in der Adjunktphrase selbst etablierte SpecAdP-Ad-Relation zugrunde. NPs, die einen inhärenten Kasus tragen, werden an der Specifier-Position dieser Adjunktphrase eingefugt. Sie gleichen ihren Kasus mit den Kasusmerkmalen des lexikalisch leeren Adjunktkopfes ab. Diese Analyse erlaubt eine einheitliche und stringente Beschreibung der Kasus. Alle drei Kasustypen treten in eine Spec-Kopf-Relation. Der Unterschied liegt lediglich in der Domäne, innerhalb derer der Kasus überprüft wird: Lexikalische Kasus werden in situ, in der VP-Domäne, überprüft, strukturelle Kasus in der Agr-Domäne, inhärente Kasus in der Adjunktdomäne. 4. Im Rahmen der generativen Analyse konnte außerdem gezeigt werden, welcher Zusammenhang zwischen der semantischen Ebene, der syntaktischen Ebene und den Oberflächenkasus besteht. Die Verbindung zwischen der semantischen und der syntaktischen Struktur von Sätzen wurde über spezifische Linkingmechanismen hergestellt. Dabei wurde zwischen Argument- und Adjunkt-Linking unterschieden. Als kennzeichnend fur das Adjunkt-Linking wurde herausgestellt, daß ΘRollen, die im Satz auftreten, aber nicht vom Verb selegiert sind, in den Adjunktphrasen außerhalb der VP-Domäne basisgeneriert werden und ihre thematische Markierung aus den semantischen Merkmalen des Adjunkts selbst resultiert. Θ-Rollen, die dem Argument-Linking unterliegen, werden dagegen auf die hierarchisch angeordneten syntaktischen Argumentpositionen innerhalb der Verbprojektion verteilt. Dies entspricht dem Umstand, daß alle Argument-0-Rollen vom Verb aus zugewiesen werden. Die Zuordnung dieser ΘRollen zu den Spec-Positionen der VP-Schalen erfolgt nach ihrer Position
272
Zusammenfassung
in der Θ-Hierarchie. Die Überprüfung der Kasusmerkmale von NPs mit Argument- und Adjunkt-9-Rollen ist diesem Linking-Verfahren nachgeordnet. 5. Mit Blick auf die semantische Analyse der Kasus wurde darauf verwiesen, daß in der Linking-Theorie nicht von den Oberflächenkasus ausgegangen wird, sondern von semantischen Relationen. Der in den Kapiteln 3 und 4 gewählte Ausgangspunkt ist hingegen der Kasus selbst. In Kap. 3 wurde unterschieden zwischen der Semantik der Kasuskategorien, der Semantik der Kasusformen und der Semantik der Kasusträger. Die einschlägigen Arbeiten in der Kasusforschung wurden, soweit dies möglich war, danach klassifiziert, welches Verständnis von Kasusbedeutung sie jeweils zugrunde legen. In bezug auf das Deutsche ergab sich, daß in den Kasusformen keine semantische Information kodiert ist, in den Kasuskategorien und Kasusträgern dagegen sehr wohl. Die semantische Funktion der Kasuskategorien besteht darin, semantische Rollen zu unterscheiden. Aufgabe der Kasusträger ist es, semantische Rollen zu identifizieren. Auf einer Skala der semantischen Homogenität der Kasusträger stellen der Dativ und der Nominativ die beiden Endpunkte dar: Der Dativ ist der Kasus, der am engsten, der Nominativ der Kasus, der am wenigsten mit einer semantischen Rolle assoziiert ist. Dieser Befund läßt sich über die Frequenz der einzelnen Kasus im deutschen Kasussystem und über ihre Stellung in der Kasushierarchie erklären. 6. Drei Rollentypen wurden unterschieden: ontologische Rollen, konzeptuelle Rollen und semantische Rollen. Daß diese nicht in einem Ein-zu-EinsVerhältnis stehen, konnte am Beispiel der Applikativkonstruktionen gezeigt werden. Mit Bezug auf die Prototypen-Theorie wurden die semantischen Rollen zu Protorollen zusammengefaßt. Im Protorollenkonzept wird angenommen, daß nicht alle Mitglieder einer Rollenkategorie über die gleiche Zahl von Rollenmerkmalen verfugen müssen. In der vorliegenden Arbeit wurde dieses Konzept der Prototypizität von Agens- und Patiens-Rollen ausgedehnt auf die Klassifikation weiterer semantischer Rollen wie Experiencer, Stimulus, Lokativ und Instrument. Gegenüber den nicht weiter explizierten ΘRollen der Generativen Grammatik haben die Protorollen den Vorteil, daß sie über eine Anzahl von Implikationen („entailments") identifiziert werden können. 7. Im Anschluß an die Diskussion der in der Literatur angestellten Überlegungen zur Semantik der Kasusträger erschien es notwendig, systematisch und vollständig alle Faktoren zu erfassen, die die Rollensemantik der NPs steu-
Zusammenfassung
273
ern. Als Ausgangspunkt dieser kompositionellen Analyse diente die Annahme, daß es im Default-Fall (d. h. in der Umgebimg von transitiven Handlungsverben im Aktiv) eine isomorphe Zuordnung von semantischer Rolle und Kasus gibt: Nominativ-NP - Agens, Akkusativ-NP - Patiens, Dativ-NP - Rezipient. Untersucht wurde, durch welche Faktoren diese Isomoiphie modifiziert wird. Als relevant für die Konstitution des Kasus-Semantik-Verhältnisses erwiesen sich die Art und Weise der Kasuszuweisung, die Verbbedeutung und Verbstruktur, die Verbdiathese, die im Syntagma kookkurrent auftretenden NPs (d. h. die Kasuskonstruktionen) und die Kasus- und Rollenhierarchie. Über die auf diesen Faktoren basierenden Regularitäten ließ sich die Rollensemantik einer NP immer weiter eingrenzen. Verschiebungen in der Kasus-Rollen-Isomorphie konnten damit ebenfalls erfaßt werden. Sie wurden als das Ergebnis von Eingriffen in die semantische Hierarchie erklärt. 8. Nach der Zahl der mit einem Verb auftretenden Argumentkasus wurde unterschieden zwischen singulären, binären und temaren Kasuskonstruktionen. Die Diskussion der Rollenverteilung in diesen Konstruktionen erbrachte die folgenden Ergebnisse: 1. Je mehr Kasus in einer Konstruktion auftreten, desto restringierter ist die Semantik jedes einzelnen Kasus. 2. Über die Kasuskonstruktionen sind in begrenztem Maße auch Rückschlüsse auf die Verbsemantik möglich. 3. Kasus- und Verbsemantik interagieren. 9. Ein weiteres wichtiges Ergebnis der vorliegenden Untersuchung ist, daß Kasuskonstruktionen perspektivisch motiviert sind. Die in einer Äußerung kodierte Perspektive wurde als das Ergebnis eines spezifischen Perspektivierungsprozesses angesehen. Perspektivierung und Perspektive wurden unter dem Terminus 'Perspektivität' zusammengefaßt. Mit dem Konzept der Perspektivierung konnte erklärt werden, warum es zum Aufbau spezifischer Kasuskonstruktionen kommt. Der dahinter stehende Perspektivierungsprozeß wurde folgendermaßen beschrieben: Wenn der Sprecher eine Entscheidung darüber getroffen hat, welche ontologischen Rollen er in die Perspektive bringen möchte, so wird er diese in geeigneter Weise verbalisieren, d. h. in eine Figur-Grund-Anordnung bringen. Solche Figur-Grund-Strukturierungen bestimmen nicht nur auf syntagmatischer, sondern auch auf paradigmatischer Ebene die Beziehungen der Konstituenten untereinander. Innerhalb einer sprachlichen Äußerung gibt es jeweils eine semantische Rolle, die in den Vordergrund gerückt wird, zur Figur gemacht wird. Diese zentrierte Konstituente ist im prototypischen Fall diejenige, die im Subjekt steht.
274
Zusammenfassung
Aus diesen Überlegungen folgte, daß jede Kasuskonstruktion eine sprachlich kodierte Perspektive ist. Als perspektivische Basiskonstruktion wurde die folgende Kombination aus Kasus, Rollensemantik und Perspektivierungseigenschaften angesehen: Nominativ-NP - Agens^, AkkusativNP - Patiens.j, Dativ-NP - Rezipient.z. Evidenz für die Annahme, daß in dieser Konstruktion die für das Deutsche typische Basisperspektive kodiert ist, ergab sich aus dem Sprachenvergleich. Die perspektivische Analyse der Kasuskonstruktionen machte deutlich, daß Kasusträger semantische Rollen auf perspektivische Funktionen abbilden, Kasuskategorien die perspektivischen Unterschiede anzeigen. Durch Umperspektivierung wird mindestens einer der für die Perspektive relevanten Parameterwerte (+/perspektivierungsfixiert, +/-zentriert, +/-in der Perspektive) in der Kasuskonstruktion geändert. Abschließend sei noch einmal betont, daß eine so vielschichtige grammatische Erscheinung, wie es der Kasus ist, nur dann vollständig erfaßt wird, wenn verschiedene Blickrichtungen eingenommen werden. Eine nur ausschnitthafte Analyse, die sich, je nach forschungstheoretischem Standpunkt, auf morphologische, syntaktische, semantische oder perspektivische Aspekte beschränkt, würde der Komplexität dieses Untersuchungsgegenstandes nicht gerecht. Hingewiesen sei an dieser Stelle auch darauf, daß Gesamtdarstellungen zu hochfrequenten Einzelphänomenen des Deutschen nicht nur in der Sprachwissenschaft, sondern auch in der Sprachdidaktik ein Desideratum darstellen. So gibt es zwar zahlreiche Werke zur Grammatik der deutschen Sprache, aber wenige breit angelegte Untersuchungen zu ausgewählten, insbesondere für den Deutschlernenden wichtigen Aspekten.176 Was künftige linguistische Forschungen betrifft, so bleibt zu hoffen, daß Wierzbicka (1980:xi) nicht länger recht behält mit ihrer Feststellung: „Cases have fallen on hard times. No one believes in them anymore." Die Kasus bedürfen gerade wegen ihrer Polyfunktionalität weiterer Studien. Die vorliegende Untersuchung sollte einen Beitrag dazu leisten.
176
Darauf weist auch Catherine Fabricius-Hansen in ihrem Vortrag Welchen besonderen Bedarf hat die Auslandsgermanistikl anläßlich der 34. Jahrestagung des Instituts für deutsche Sprache ( 10.-12.03.1998) hin.
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Autorenregister Abraham 3; 29; 30; 32; 34; 36; 37; 40; 44; 74; 77; 81; 83; 88; 89; 168; 175; 215 Adelung 122; 123; 155; 170 Ágel 16; 19; 30; 37; 196; 209; 240; 252; 255; 259; 260; 262; 263; 268 Anderson 8; 71; 154; 161 Arens 120; 121 Baker 100; 101; 110 Ballweg 3; 36 Bartlett 247 Bausewein 1; 3; 5; 29; 30; 31; 32; 164; 168; 171; 225; 226 Becker 121 Beckmann 56; 112 Behaghel 10; 15; 170; 216 Belletti 74 Bierwisch 65; 84; 90 Blake 129; 156; 158; 161 Blatz 27; 29; 35; 229 Böhtlingk 120; 158 Bondzio 224 Bossong 61; 222 Brinker 33 Brinkmann 164 Bühler 147; 249; 250; 258 Büring 76; 92; 101-104; 106; 107; 108; 109; 110; 111 Burzio 77 Busse 127 Buttmann 121; 122 Cávar 81
Chomsky 4; 51; 52-55; 57; 63; 64; 66; 68; 69; 70-72; 74; 75; 80-82; 84; 85; 87-89; 91; 97-99; 101; 112; 138; 185 Chur 187 Clahsen 58 Comrie 228 Czepluch 21; 52; 58; 69; 145; 146; 156; 214 DiMeola 35; 196; 243 Dik 226; 227; 242; 253 Doherty 205; 268 Dowty 182; 188; 189; 190; 191; 200; 206; 253; 254 Drossard 206; 257 Duden 11; 13; 15; 18; 20; 21; 22; 25; 31; 32; 36; 41; 42; 195; 200; 214 Dürscheid 23; 46; 51; 68; 76; 78; 79; 91; 97; 101; 197; 200; 205; 221; 224; 263 Eisenbeiß 58 Eisenberg 2; 13; 27; 33; 35; 39; 41; 229 Engel 262; 264 Engelen 18 Erben 18 Eroms 16; 251; 261; 263 Fagan 202 Fanselow 48-50; 52; 56; 66; 68; 99; 185; 202 Felix 48; 49; 50; 52; 56; 66; 68; 99; 185
298
Autorenregister
Fillmore 3; 65; 96; 97; 104; 105; 125; 126; 157; 159; 173; 184; 185; 210; 218; 246-249;264 Frege 127; 261 Freidin 80; 81; 88 Gallmann 10; 28; 121 Gipper 242 Glinz 42; 150; 164; 165 Gottsched 9; 14 Grabski 241 Graumann 241 Greenberg 229 Grewendorf 59; 66; 72; 73; 79; 84 Grimshaw 104 Groot 129 Gruber 97; 98; 103; 159; 185 Grundzüge 155 Günther 30; 186; 198 Habel 72; 84 Häcki Buhofer 9; 14 Haider 49; 52; 57; 58; 71; 72 Heidegger 240 Heibig 4; 9; 11; 18; 24; 25; 27-29; 38; 96; 97; 119; 120; 125; 126; 132; 133; 136; 140; 149; 160; 163; 196; 216; 245 Heller 254 Hentschel 23; 25; 35; 40; 43; 197; 203 Heringer 247 Herok 209; 252; 255; 261; 262; 268 Hjelmslev 119; 125; 128; 129; 131; 132; 133; 149; 150; 159; 160 Hopper 28; 29; 154; 190; 252; 255 Hörnig 241 Huber 64 Humboldt 162; 241; 242 Iatridou 74 Ickler 210; 224; 244; 246; 255; 256; 257; 258
Jackendoff 53; 97; 101; 102-104; 110; 159; 184; 185; 251 Jacobs 258 Jäger 72; 84 Jakobson 125; 128; 129-131; 133138; 141; 149; 150; 255 Jespersen 124 Kant 240 Kayne 64; 74; 85; 86 Keenan 47; 48; 228 Kirschbaum 152 Kleiber 187; 188 Knifflea 36 Köller 239; 240; 241; 242; 244; 254; 255; 262; 268 Kummer 64 Lalande 74 Langacker 177; 252; 253 Larson 53; 68; 91; 101; 104 Lasnik 53; 54; 71; 75; 80; 98 Lattewitz 3; 168 Leirbukt 39; 203 Leiss 3; 34; 144; 168; 243; 244; 250; 259; 262; 268 Lenerz 11; 20; 45; 61; 72; 79-81; 83; 86; 87; 112; 179; 256; 258 Lenz 3; 34; 35 Leys 195 Lyons 127; 128 Marantz 74; 80; 91; 94 Marillier 176; 214; 228; 229 Mater 21; 230 Maturana 240 Mayerthaler 137; 138-142; 147; 260 Mensching 88 Molnárfi 58 Moravcsik 153; 155 Nussbaumer 254 Nuyts 241 Ogawa 221 Olsen 114; 171; 199; 200; 201; 212
Autorenregister Oppenrieder 3; 168; 175; 256 Paul 6; 10; 14; 22; 28; 29; 32; 34; 35; 36; 38; 46; 63; 112; 123; 124; 149; 217; 249; 266 Pederson 241 Peirce 137; 141; 260 Perlmutter 227; 229 Plank 30; 213; 214 Pollock 73; 83 Pottelberge 3; 38; 126 Primus 21; 104; 142; 189; 217; 218; 222; 226; 229; 230; 232; 262
299
Steinitz 33 Stemefeld 48; 229 Stiebeis 199 Starrer 125; 245; 246; 247; 248; 265 256; 258; 259; 260; 263; 265; 273 Talmy 177; 252; 253; 254 Tauscher 152 Thieroff 196; 197 Thurmair 40 Tracy 58 Travis 68 Umbach 241
Radford 73; 80; 91 Rappaport 200 Rauh 11; 97; 128; 129; 144; 147149; 152; 156; 157; 159; 161; 173; 185; 227 Reis 10; 26; 174; 175; 229; 259 Rosch 187 Rosengren 79; 87 Roßdeutscher 241 Rousseau 11 Sasse 59 Saussure 131 Sauter 3; 34; 168 Schanen 12; 195 Schecker 251; 252; 261 Schmid 144; 145; 146; 147 Schmidt 10; 43; 54; 55; 57; 74; 76; 85; 87; 90; 101 Schnelle 84 Schottelius 14 Schrodt 3; 36; 168 Schützeichel 144 Schwarz 184; 187; 247 Seidel 1;2 Sitta 10; 28; 121 Smith 156; 177-180 Sproat 85 Sprouse 86 Starosta 156 Stechow 49; 50; 56
Valentin 6; 25; 168; 175 Vater 19; 20; 22; 30; 33; 34; 37; 41; 56; 59; 68; 97; 127; 132; 143; 163; 172; 173; 187; 188; 202; 204 Vendler 196 Verkuyl 197 Vuillaume 4; 6; 126 Webelhuth 80 Wegener 3; 6; 13; 16; 17; 20; 34; 36; 38-41; 44-46; 56; 58; 59; 61; 119; 120; 126; 129; 130; 163; 168; 169; 170-176; 194; 195; 203; 205; 206; 211; 212; 215; 217; 218; 219; 222; 225; 226; 229; 231; 256; 263 Weisgerber 161-164 Welke 97; 182; 184-186; 243; 252; 253 Wertheimer 251 Weydt 23; 25; 35; 40; 43; 197; 203 Whorf 162; 242 Wierzbicka 3; 47; 48; 120; 122; 126; 152; 153; 156; 166; 167; 168; 274 Wilder 81 Willems 3; 5; 29; 31; 36; 38; 43; 120; 126; 128; 132; 149; 150; 151; 179; 180; 225 Williams 182 Wüllner 123; 159; 160
300
Autorenregister
Wunderlich 55; 102; 104; 105; 171; 201; 228; 229; 264 Wurzel 17; 29; 138; 140; 141; 143; 144
Zaima 224; 225 Zifonun 2; 12; 26; 173; 205; 206; 253; 259 Zubin 255; 256; 257; 258
Sachregister
Adjunkt 20; 51; 54; 55; 56; 57; 90; 93; 97; 99; 106; 108; 112; 113; 114-116; 183; 271; 272 Adverbial 9; 19; 22; 23-25; 31-33; 129; 140; 202; 206 Agens 6; 59; 77; 91; 98; 99; 102-105; 107-110; 115; 142; 157-159; 169; 174-176; 182; 184; 186; 188; 189; 190-192; 194; 196-198; 201-208; 217-223; 226; 230-238; 261-263; 265; 267; 272-274 Agentivität 171; 174; 217; 225 Agreement-Phrase 62; 69; 73-75; 7 7 79; 83; 84; 86-88; 90-96; 111; 112; 115; 117; 271 Akkusativ 1; 2; 3; 6; 8; 9; 14-17; 20; 21; 24; 28-38; 41-44; 47; 54; 5660; 62; 65; 69; 71; 75; 77; 78; 85; 88; 91; 93; 105; 112; 120; 122; 123; 124; 129; 134; 135; 136; 139; 140-146; 150-158; 160-164; 170173; 176-180; 183; 186; 187; 191196; 199; 200; 201; 203; 205; 207; 212-220; 223; 225; 228-236; 238; 256; 257; 262; 265; 270; 273; 274 Akkusativpassiv 203; 204 Aktiv 8; 30; 57; 107; 140; 141; 162; 178; 187; 192; 194; 197; 198; 201; 203; 210; 215; 262; 263; 268; 273 Applikativkonstruktion 101; 199; 201; 233; 256; 257; 265; 266 Argument 9; 16; 19; 27; 40; 45; 49; 51; 55; 57-59; 63; 68; 69; 72; 75; 77-79; 87; 88; 90-94; 97-99; 103; 105-112; 114; 115; 124; 182; 189; 190; 199; 230; 242; 271; 273
Argumentposition 66; 78; 94; 99; 104; 106; 107; 112; 114; 115 Argumentstruktur 106; 110 Aspekt 223; 244 Attribut 22-25; 34; 38; 63 Belebtheit 39; 152; 155; 171; 173 Betroffenheit 43; 136; 170-173; 179; 215; 221 Dativ 1-3; 8; 9; 10; 14-18; 20; 21; 23; 25; 34-45; 52; 57; 58; 59; 60; 61; 75; 77; 78; 88; 91; 105; 119; 120; 122; 124; 126; 134; 136; 142; 145; 146; 150; 151; 155-158; 160; 162-206; 211; 212; 214-221; 223; 224; 228-233; 235; 236; 238; 256; 262; 263; 272-274 Dativierung 200 Dativpassiv 203 Dati vus Commodi 38-41 Dativus Ethicus 39; 40; 45; 56; 194; 221 Dativus Incommodi 38; 40 Dativus Iudicantis 38-40; 45; 56; 194; 195; 221 Deklination 13-16; 134; 152 Dekomposition 102; 103; 109; 110; 166 Doppelobjekt 53; 58; 176; 233; 248 Empfindungsträger, s. a. Experiencer 174; 237 Empfindungsverb 237 Englisch 16; 230; 268 Ergativsprache 59; 71; 146; 262
302
Sachregister
Experiencer, s. a. Empfindungsträger 61; 102; 105; 109; 110; 115; 182; 191; 217; 218-223; 227; 230; 231; 272 Funktion deiktische 146; 149 perspektivische 243; 274 semantische 119; 123; 124; 149; 152; 180; 181; 209; 246; 272 syntaktische 7; 10; 22; 25; 50; 140; 146; 149; 150; 228; 248; 270 Funktionale Grammatik 182; 226; 227; 242; 253 Generative Grammatik 4; 5; 7; 27; 48; 50-52; 62-64; 66; 69; 85; 88; 94; 96; 100; 104; 116; 127; 185; 226; 227; 270; 272 Genitiv 1-3; 6; 8; 14; 15; 20; 23; 24; 34-37; 43; 45; 47; 52; 54; 55; 60; 62; 78; 111; 120-124; 129; 135; 136; 142; 145; 150; 152; 153; 157; 158; 160; 165; 168; 172; 194-196; 204; 215; 216; 220; 223; 228; 230; 232 Gesamtbedeutung 134; 135; 166 Grundbedeutung 124; 126; 159; 160 Handlungsverb 197; 201-204; 207; 232; 237 Ikonismus 35; 41; 137; 141; 143; 144; 173; 254; 260 Ikonizität 35; 137; 138; 141; 143; 144; 260 Inhaltbezogene Grammatik 156; 161164 Inkorporierung 29; 30; 46; 48; 94; 116; 173 Instrumental 8; 11; 120; 123; 136; 145; 148; 157-159; 167; 256 Isomorphic 101; 116; 187; 201; 202; 204; 233; 236; 238; 273
Kasus abstrakter 3; 4; 51; 52; 57; 66; 79; 89; 96 inhärenter 52; 54; 55; 89; 93; 95; 193; 233; 271 kognitiver 3; 177; 179 lexikalischer 37; 53-55; 57; 58; 60; 71; 76; 89; 193; 194; 213; 271 semantischer 3; 123; 125; 126; 182 struktureller 52; 54; 55; 57-60; 77; 86-89; 95; 117; 193; 233; 271 Kasusalternation 41; 43; 58; 89; 124; 195; 205; 225; 258 Kasusbedeutung, s. a. Kasussemantik 4; 8; 120; 127; 128-130; 132; 133; 146; 153; 181; 192; 272 Kasusfilter 57; 69; 75; 89 Kasusflexiv 8; 12; 17 Kasusform 2; 5; 35; 124; 127; 128; 130; 137; 151; 152-155 Kasusgrammatik 65; 97; 125; 157; 161; 210 Kasushierarchie 226; 228; 229-233; 238; 260; 272 Kasuskategorie 2; 3; 7-10; 12; 14; 15; 22; 45; 120; 127; 128-134; 136; 137; 142-146; 149; 151; 153; 155; 157; 165; 166; 180; 181; 195; 260; 267; 269; 270; 272; 274 Kasuskonstruktion 7; 8; 19; 21; 85; 117; 156; 168; 193; 199; 207; 210; 211; 217-221; 223-225; 236; 237; 239; 241; 243; 246; 255; 261; 267; 269; 270; 273; 274 Kasusmarkierung 12; 13; 15-17; 22; 47; 51-54; 56; 64; 65; 72; 77; 95; 100; 111; 114; 117; 142; 144; 153; 154; 155; 173; 193; 256 Kasusmerkmal 87-91; 93 Kasusmorphologie 22; 55; 59; 132; 269 Kasusparadigma 125; 130; 165 Kasusposition 77; 79; 94; 231 Kasusrahmen 97; 210; 224; 226; 246; 258
Sachregister Kasussemantik, s. a. Kasusbedeutung 4; 6; 8; 96; 120; 126; 139; 165; 168; 196; 236; 237; 238; 269 Kasussynkretismus 8; 10 Kasussyntax 4; 6; 7; 37; 50-52; 62; 100; 116; 117; 168; 183; 269; 270 Kasussystem 8; 131; 133; 145; 149; 159; 160; 175; 177; 272 Kasustheorie 3; 4; 52; 57; 64; 66; 97; 126; 132; 133; 136; 140; 146; 149; 156; 159; 161; 177; 179; 180; 246; 271 Kasusträger 2; 3; 5; 7; 119; 127; 128; 129; 130; 137; 144; 149-152; 155; 156; 160; 165; 180-182; 191; 192; 226; 267; 269; 272; 274 Kasusüberprüfung 50; 82; 87-90; 91; 93; 99; 114; 117; 271 Kasuszuweisung 50; 52; 58; 62; 66; 69; 71; 73-75; 77; 82; 95; 148; 193; 194; 236; 237; 273 Kausativierung 55; 204 Komplement 25; 59; 67; 68; 69; 73; 85; 91; 216; 229 Kontextbedeutung 129; 168; 181 Kognitive Grammatik 177; 253 Linking 97; 105; 106; 107; 111; 112; 114; 115; 117; 190; 271; 272 Linking, s. a. Argument- und AdjunktLinking 97; 105-107; 111; 112; 114; 115; 117; 190; 271; 272 Lokativ 6; 8; 120; 123; 124; 135; 136; 145; 157; 158; 161; 183; 186; 200; 212; 226; 272 Markiertheit 137-144 Merkmal, semantisches 97; 129; 140; 152; 154; 169; 171; 173; 174; 195; 226 Merkmalhañigkeit 133; 135; 137; 138; 140; 144 Minimalistisches Programm 80-91; 94; 95; 98; 99; 101; 107; 110-112; 115-117
303 Mittelkonstruktion 207-209 Nominativ 1-3; 5; 6; 8; 9; 14; 15; 17; 21; 24-27; 35; 44; 45; 57; 58; 60; 61; 65; 69; 71; 72; 75; 77; 78; 88; 93; 105; 117; 120-122; 134-136; 139-142; 144-146; 150; 152; 154; 155; 157; 158; 160; 161; 164; 165; 172; 174-176; 178; 179; 186; 192194; 198; 201-205; 207-211; 213; 217-221; 223; 228-238; 255-257; 259; 260; 262; 267; 270; 272-274 Nominativsprache 71; 146; 226; 231; 232; 260; 262 Oberflächenkasus 3-7; 64; 96; 125; 126; 156; 181; 269; 270-272 Objekt 7; 11; 22-25; 27-30; 32-38; 40-48; 53; 55; 57-59; 63; 67; 68; 71; 74; 75; 86; 87; 91; 92; 94; 98; 129; 136; 140-142; 146; 154; 155; 157; 163; 171; 184; 188; 190; 198; 200; 203; 205; 211; 213; 214; 216; 218; 221; 222; 227-229; 233; 248; 257; 258; 260; 270 Objekt direktes 11 ; 42-50; 57; 68; 71 ; 78; 86-88; 92-95; 100; 109; 110; 111; 116; 142; 164; 194; 214 indirektes 11; 22; 23; 37; 38; 4150; 75; 77; 78; 86-88; 92; 94; 95; 100; 116; 164; 190; 194; 214; 228; 229 Passiv 8; 30; 36; 39; 40; 47; 57; 59; 77; 101; 108; 162; 175; 176; 186; 194; 197; 201-204; 206; 208; 209; 214; 221; 229; 232; 243; 250; 256; 262; 263; 268 Passivierung 29; 31; 39; 46; 47; 48; 55; 60; 71; 77; 94; 116; 173; 194; 203; 213;250
304
Sachregister
Patiens 6; 142; 157; 171; 176; 179; 182; 183; 186-192; 194; 196; 199; 201; 203-205; 208; 209; 212; 214; 215; 218-220; 222; 223; 226; 230238; 262; 263; 272-274 Perspektive 5; 58; 177; 238; 239; 241; 243; 244; 245; 248-251; 260262; 264; 266-268; 273; 274 Perspektivierung 5; 8; 147; 183; 239; 242-246; 248-251; 261; 267-269; 273 Perspektivität 7; 8; 85; 239-244; 246; 247; 267; 269; 273 Pertinenzdativ 38; 39; 40; 41; 169; 172; 216 Präfigierung 163; 164; 198; 199 Präpositionalkonstruktion 212; 220 Reflexivkonstruktion 35; 197; 202; 204 Rektion 43; 69; 82; 87; 121; 163; 195; 215 Relation semantische 96; 97; 100; 106; 113; 126; 127; 160; 173; 182; 185; 200 syntaktische 51; 100; 103; 146; 161; 173; 190 Rezipient 80; 104; 169; 170; 171; 177; 182; 191; 192; 194; 199; 203; 205; 208; 209; 212; 215; 218; 223; 226; 230-236; 248; 262; 263; 268; 273; 274 Rolle konzeptuelle 182; 184; 272 ontologische 183; 201; 264; 272 semantische 5; 60; 61; 176; 181; 183; 185; 186; 188; 190; 192; 193; 203-209; 211; 213; 215; 218; 220; 222; 227; 229-233; 238; 253; 259; 263; 265; 267; 272-274 Rollenanhebung 202; 203; 205; 232; 233-235; 238; 263 Rollenhierarchie 176; 193; 226; 230; 231; 232; 236; 237; 273
Rollenrückstufung 232; 233; 235; 238 Rollensemantik 7; 189; 194; 195; 198; 199; 212; 220; 222-224; 226; 231; 235; 236; 262; 264; 272-274 Rollenverschiebung 208; 233; 236; 264 Rollenverteilung 98; 218; 219; 222; 231; 263; 273 Russisch 128 Satzglied 10; 22; 23; 25; 26; 27; 33; 38; 121; 228; 257; 270 Semasiologie 6; 246 Subjekt 3; 20; 22-24; 26; 27; 29-32; 36; 39; 40; 43; 46-49; 57; 59; 61; 63; 67; 69-75; 77; 78; 87; 88; 91; 92; 94; 95; 99; 100; 104; 115; 116; 140; 142; 146; 147; 164; 174; 175; 179; 184; 190; 193; 201; 218; 221; 227; 228; 229; 240; 242; 248; 252; 253; 258-260; 263; 265; 273 Thematisierung 147; 148 Theme 98; 100; 102-105; 107-109; 110 Tiefenkasus 3; 65; 97; 115; 125; 126; 156; 157; 173; 181-185; 210; 218 Topik 258 Transitivität 28; 29; 31; 47; 154; 255 Türkisch 152; 154 Ungarisch 37; 152; 154 unpersönliches Passiv 197; 202; 208 Valenz 18; 125; 196; 245; 259 Verbbedeutung, s. a. Verbsemantik 29; 102; 129; 192; 193; 196; 223226; 236; 237; 245; 273 Verbdiathese 193; 201; 210; 232; 236; 237; 273 Verbprojektion 67; 73; 78; 91; 115; 271
Sachregister Verbsemantik, s. a. Verbbedeutung 56; 91; 145; 165; 170; 183; 189; 198-200; 220; 224-226; 232; 237; 273 Verbstruktur 92; 111; 193; 196; 199; 236; 273 Verbvalenz 259 Vorgangsverb 102; 197
305 Zentrierung 209; 255; 258; 259; 260265; 267; 274 Zustandsverb 102; 198
STUDIA LINGUISTICA GERMANICA
ANNE-FRANÇOISE EHRHARD
Die Grammatik von Johann Christian Heyse Kontinuität und Wandel im Verhältnis von Allgemeiner Grammatik und Schulgrammatik (1814-1914) 1998. XVIII, 354 Seiten. Mit 4 Abbildungen und zahlreichen Tabellen. Leinen. ISBN 3-11-014624-X (Band 45)
ANJA LOBENSTEIN-REICHMANN
Freiheit bei Martin Luther Lexikographische Textanalyse als Methode historischer Semantik 1998. XIII, 598 Seiten. Mit zahlreichen Tabellen. Leinen. ISBN 3-11-016076-5 (Band 46)
RAJA TAZI
Arabismen im Deutschen Lexikalische Transferenzen vom Arabischen ins Deutsche 1998. XXI, 416 Seiten. Leinen. ISBN 3-11-014739-4 (Band 47)
TILMANN WALTER
Unkeuschheit und Werk der Liebe Diskurse über Sexualität am Beginn der Neuzeit in Deutschland 1998. VIII, 597 Seiten. Leinen ISBN 3-11-016085-4 (Band 48)
Walter de Gruyter
W DE G
Berlin · New York
STUDIA L I N G U I S T I C A G E R M A N I C A KLAAS WILLEMS/JEROEN VAN POTTELBERGE
Geschichte und Systematik des adverbalen Dativs im Deutschen Eine funktional-linguistische Analyse des morphologischen Kasus 1998. XIV, 671 Seiten. Leinen. ISBN 3-11-016265-2 (Band 49)
JOCHEN A. BÄR
Sprachreflexion der deutschen Frühromantik
Konzepte zwischen Universalpoesie und Grammatischem Kosmopolitismus Mit lexikographischem Anhang 1999. IX, 582 Seiten. Leinen. ISBN 3-11-016372-1 (Band 50)
SIBYLLE ORGELDINGER
Standardisierung und Purismus bei Joachim Heinrich Campe 1999. IX, 481 Seiten. Leinen. ISBN 3-11-016312-8 (Band 51)
INGO WARNKE
Wege zur Kultursprache
Die Polyfunktionalieierung des Deutschen im juridischen Diskurs 1200—1800 1999. XV, 467 Seiten. Leinen. ISBN 3-11-016429-9 (Band 52)
Walter de Gruyter
W DE G
Berlin · New York