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German Pages 417 Year 1995
LOTHAR KUHL
Die Untersuchungs- und Berichtstätigkeit des "Special Committee to Investigate Israeli Practices" der Generalversammlung der Vereinten Nationen
Schriften zum Völkerrecht Band 117
Die Untersuchungs- und Berichtstätigkeit des "Special Committee to Investigate Israeli Practices" der Generalversammlung der Vereinten Nationen
Von Lotbar Kohl
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Kuhl, Lothar:
Die Untersuchungs- und Berichtstätigkeit des "Special Committee to Investigate Israeli Practices" der Generalversammlung der Vereinten Nationen I von Lothar Kuh!. - Berlin : Duncker und Humblot, 1995 (Schriften zum Völkerrecht ; Bd. 117) Zug!.: Bonn, Univ., Diss., 1994 ISBN 3-428-08392-X NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1995 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübemahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Druckerei Gerike GmbH, Berlin Peinted in Germany ISSN 0582-0251 ISBN 3-428-08392-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 S
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
I. Die Einordnung des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
II. Die Ziele der vorliegenden Erörterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 III. Die Arbeitsmethode und die Abgrenzung des Untersuchungsthemas . . .
23
A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
I. Die Einsetzung des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Das Abstimmungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Die Entschließungsinhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3. Die israelische Reaktion auf die Wahl des Untersuchungsthemas . . . 30 II. Die Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Die Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Rechtsgrundlage der Einsetzung des Ausschusses . . . . . . . . . . b) Der thematische Anwendungsbereich des Untersuchungsrechts . . 2. Die historischen Vorbilder und verwandten Ausprägungen der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die typologische Einordnung des Ausschusses unter seine historischen Vorläufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die vertraglichen Vorläufer des Untersuchungsverfahrens Das Fact-tinding als Instrument der Streitbeilegung . . . . . . . . (1) Die Haager Abkommen zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Bryan-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Das Untersuchungsverfahren im Rahmen der Völkerbundsatzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Die vertraglichen Untersuchungsverfahren im Rahmen der Genfer Rotkreuz Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Das Fact-tinding-Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Das Fact-tinding im Rahmen von menschenrechts-vertraglichen Staaten- und Individualbeschwerdeverfahren . bb) Die Entwicklung vom Streitbeilegungsverfahren zum Verfahren kollektiver Friedenssicherung im Rahmen der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Das Fact-tinding als Mittel der Friedenssicherung des VN-Sicherheitsrates nach Kapitel VI der VN-Charta . . .
32 33 35 38 38 38 39 39 40 41 41 42
44 44
6
Inhaltsverzeichnis (a) Die rechtlichen Grundlagen des Untersuchungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die Einzelfälle von Ad-hoc-Untersuchungen im Auftrag des VN-Sicherheitsrates . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Untersuchungspraxis der Generalversammlung . . . . . (a) Das ,UN Special Comrnittee on Palestine' (GYRes. 106 (S-1), 15.5.1947) ...................... (b) Das ,UN Special Comrnittee on the Balkans' . . . . . . (c) Die ,UN Commission on the Racial Situation in the Union of South Africa' (GV-Res. 616 A (VII), 5. 12. 1952) und das ,UN Special Committee on the Palieies of Apartheid of the Govemment of the Republic of South-Africa' (GV-Res. 1761 (XVII), 6. 11. 1962) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Das ,UN Special Comrnittee on the Problem of Hungary' (GV-Res. 1132 (XI), 10. 1. 1957) . . . . . . . . (e) Das ,UN Special Committee on South West Africa' (GV-Res. 1702 (XVI), 19.12.1961) . . . . . . . . . . . . . . (f) Die ,UN Fact-tinding Mission to South-Vietnam' . . b) Die Abgrenzung der Untersuchung von anderen Untersuchungsverfahren durch Organe der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Menschenrechts-Untersuchungsverfahren im Rahmen des Econornic and Social Council (ECOSOC) . . . . . . . . . . . . . (l) Die periodischen Verfahren der Prüfung von Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Das öffentliche Verfahren nach ECOSOC-Res. 1235 (XLII), 6. 6. 1967 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Das nicht-öffentliche Verfahren nach ECOSOCRes. 1503, 27.5.1970 . . .. . . .. . . .. . .. . .. . . .. . . .. . (2) Die Ad-hoc-Ausschuß-Untersuchungsverfahren der ECOSOC-Menschenrechtskommission (MRK) . . . . . . . . . (a) Die ,Special Working Group of Experts to Investigate Charges of Torture and Ill-treatment of Prisoners in South Africa' (MRK-Res. 2 (XXIII), 6. 3. 1967) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die ,Special Warking Group of Experts to Investigate Allegations Conceming Israels Violations of the Fourth Geneva Convention' (MRK-Res. 6 (XXV), 4.3.1969) .......... . ................... (c) Die ,Ad Hoc Working Group to Inquire into the Situation of Human Rights in Chile' (MRK-Res. 8 (XXXI), 27. 2. 1975) .. . .. .. .. . .. .. .. .. . .. .. .. .. . (3) Die im Rahmen der MRK eingesetzten Sonderberichterstatter ftir bestimmte Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44 46 46 47 49
49 51 51 52 52 53 53 53 54 56
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57 59 61
Inhaltsverzeichnis (4) Die thematischen Untersuchungsverfahren der MRK und der ,Sub-Commission on Prevention of Diselimination and Protection of Minorities' . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . bb) Die Untersuchungen im Auftrag des Generalsekretärs . . . . . . cc) Die Tatsachenfeststellung durch den Treuhandrat bzw. den Dekolonisierungs-Ausschuß der Generalversammlung . . . . . . (1) Das Treuhandrats-Untersuchungsverfahren nach Kapitel XIII der VN-Charta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Dekolonisierungs-Ausschuß (GV-Res. 1654 (XVI), 27. 11.1961) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Aufgabenbereich des Ausschusses (terms of reference) . . . . . . . . a) Die Zuständigkeitsgrundlage (mandate) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der territoriale Untersuchungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die betroffene Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die untersuchten Menschenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Die zurechenbaren Untersuchungssachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die finanzielle und administrative Einbindung der Untersuchungstätigkeit des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Bereitstellung der finanziellen und logistischen Mittel (facilities) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Rolle des Generalsekretariats im Verfahren . . . . . . . . . . . bb) Die Auswirkungen der Haushaltslage der Vereinten Nationen und die Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Logistik des Sekretariats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Berichtsvorlage und die Sicherstellung der öffentlichen Verbreitung der Ausschußarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Aussprache über die Berichte im Politischen Ausschuß (SPC) der Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Annahme von Entschließungen durch die Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Öffentlichkeitswirkung der Ausschußarbeit . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Aufgaben des Generalsekretariats bei der Verbreitung der Ausschußtätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Verwendung der Berichte durch die ECOSOC-Menschenrechtskomrnission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
61 62 62 62 64 65 66 68 71 72 76
78 78 78 82 83 84 85 86 86 88
III. Die Zusammensetzung des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 1. Die Bestellung der Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Rechtsstellung der Teilnehmer als Staatenvertreter . . . . . . . . . . . . a) Die Frage der Ausgewogenheit der Staatenzusammensetzung . . . aa) Der israelische Vorwurf der durch die Zusammensetzung bedingten Vorverurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Kriterium des Abstimmungsverhaltens des Mitgliedstaates in der Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Umstand fehlender diplomatischer Beziehungen . . . . . . .
88 91 91 92 93 93
8
Inhaltsverzeichnis
dd) Die Beachtung einer ausgeglichenen geographischen Aufteilung ...... .... .. ; . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Die sonstigen Kriterien, insbesondere die fehlende Konsultierung Israels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Ernennung der Ausschußteilnehmer durch die Staaten . . . . . . aa) Die Kritik der Benennung der Teilnehmer durch die Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Vorschlag des Rückgriffs auf einen ,Panel of Inquiry' oder eine Expertenliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die personale Struktur des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die personale Zusammensetzung seit 1969 . .. .... ... ...... .. . aa) Sri Lanka ..................... .... ........... .... ..... bb) ,)ugoslawien" . ................ . . . . .................. . . cc) Somalia . . . ... ................ ... ............. .... . . . . dd) Senegal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die sozioprofessionelle Analyse und Kritik der Diplomatisierung ...... . .... .. ....... .. ........ .... .................. . 4. Die kollegiale Natur des Ausschusses ..... .. ................. . .. a) Die Beratung und Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Quorum .. ................ . ... . ............... . . . . bb) Die Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Vorsitz im Ausschuß ... . . ....... ... ..... . . . ............ 5. Die Statusrechte und -pflichten der Ausschußmitglieder . ........ . . a) Die Verpflichtung zur Unparteilichkeit und die Abgabe der feierlichen Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vorrechte (privileges) der Mitglieder des Ausschusses ... . . B. Das Verfahren ........ . .. .... .. . ......... . ..... . . ... . ...... . ........
94 95 96 96 98 99 100 101 102 102 I 02 103 104 I 04 104 I 05 106 107 I 07 109 110
I. Die Geschäftsordnung des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
I. Die inhaltlichen Anleihen der Geschäftsordnung - Die Behandlung der Methoden des Fact-tinding durch die VN-Organe .. . .......... a) Die Teheraner Menschenrechts-Konferenz von 1968 ....... . ... b) Der Vorentwurf der ,Model Rules of Procerlure for UN Bodies Dealing with Violations of Human Rights' des Generalsekretärs von 1970 ...... . . . ...... ... ......... . . .............. . .. ... c) Die Überarbeitung des Vorentwurfs durch die Working Group der ECOSOC-Menschenrechtskommission (197211974) . . . . . . . . d) Die Diskussion in der Literatur über die Notwendigkeit von Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Erlaß der Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Organisation der Sitzungen des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
110 112 113 114 115 116 118
I. Der Sitzungsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 a) Die Tagesordnung . . ... . .. . . . . ....... . . . ...... ... . . ........ 118 b) Die Sitzungspolizei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II9
Inhaltsverzeichnis 2. Die Öffentlichkeit der Untersuchung ....... .. ................... a) Die Geschichte und Funktion des Öffentlichkeitsgrundsatzes .... b) Die Öffentlichkeit der Beweisaufnahme .. . . .... . ..... .. ...... aa) Die Entwicklung der Ausschußpraxis seit I970 ........... bb) Die Kritik der Ausschußpraxis .................. .... .... c) Die Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse .... .. ...... aa) Die Veröffentlichung der Protokolle .. . ............ .. .... bb) Die Abgabe von Pressemitteilungen .. . ........... .. .... .
9 I20 I20 I21 I2I I24 I26 I26 I27
III. Die Untersuchungs- und Aufklärungsrechte vor dem Ausschuß .. ..... 128 I. Die Bedeutung der Amtsermittlungsmaxime im Vorgehen des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die allgemeinen Auskunftsersuchens- und Anhörungsrechte gegenüber den Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Anhörungsrecht gegenüber Staatenvertretern . . . . . . . . . . bb) Das Recht zum Ersuchen um Information und Auskunft .... b) Die Aufklärungsrechte gegenüber dem ,direkt betroffenen Staat' aa) Das Auskunfts- und Informationsersuchen gegenüber dem unmittelbar betroffenen Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (I) Die Frage des Anspruchs auf Zusammenarbeit . . . . . . . . (2) Das Recht auf Anbringen des Ersuchens zur Zusammenarbeit .......................... . .......... ... ..... (3) Das Recht zur Einladung von Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Anhörungsrechte des Ausschusses bei Staatenvertretern des ,direkt betroffenen Staates' ................ ... . .. .... cc) Das Recht des Ausschusses zur Besichtigung vor Ort .. .... (1) Die Regelung der Geschäftsordnung und die Haltung Israels ............................................ (2) Die Überlegungen zur Grundlage des Besichtigungsrechts des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Das Besichtigungsrecht vor Ort als Bestandteil des Sachbefassungsrechts der Generalversammlung .... (b) Die Beachtung des Grundsatzes der souveränen Gleichheit der Staaten nach Art. 2 Ziff. I VNCharta . . .. . ........... . ..... . . ... ........ . .... (c) Das Nichtvorliegen einer verbotenen Intervention in die inneren Angelegenheiten nach Art. 2 Ziff. 7 VN-Charta ... .... . . . .. . . . . .. . . . ...... . .... . ... (d) Die Kritik an der vom Ausschuß in die Geschäftsordnung übernommenen Regelung ............... 2. Die Rechte der Verfahrensbeteiligten .. .. . . . .. . .... . ..... .. . .. .. a) Die Beteiligungsrechte Israels . . . .... . . ...... . . ......... .. . . . aa) Die von der Geschäftsordnung vorgesehenen Beteiligungsrechte . ...................... .. . . . . . .... . . .... . ... . . .. bb) Die praktische Unwirksamkeit der getroffenen Regelung ...
I29 130 130 131 132 133 I34 I36 138 139 139 I39 I4I I42 146 I49 153 I57 158 I 58 160
10
Inhaltsverzeichnis b) Die Beteiligtenstellung der übrigen Staaten ............ .. .. ... aa) Das Recht zur Abgabe von Stellungnahmen ........... . . . bb) Das Recht auf Anhörung .... : . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Fragerecht gegenüber Zeugen ................ ... ... . c) Die Kritik der Geschäftsordnungsregeln über die Rechte der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die von der Geschäftsordnung nicht vorgesehenen Verfahrensbeteiligungen ............................. . . , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Beteiligung von öffentlichen internationalen Organisationen . .. . . ....... ... ... ........... .. .. . .............. .... . . aa) Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) .. .. . bb) Die betroffenen VN-Unterorganisationen .......... . .... .. (1) Die ,United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East' (UNRWA) .... ..... . . (2) Die ,UN Educational, Scientific and Cultural Organization' (UNESCO) . . . . . .. . . .. . . ...... .. . ........ ... . . b) Die Beteiligung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) .... .. ............... .. . .. . . . .. .. . ... ....... . ... .. . . aa) Die Stellung der PLO in der Generalversammlung . . . . . . . . . bb) Die Beteiligung der PLO am Verfahren vor dem Ausschuß . . c) Die Erforderlichkeit der Beteiligung von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Praxis des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Vorschlag der Ausgestaltung eines Konsultativstatus' für NGOs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Frage der Beteiligung von Einzelpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Entgegennahme von Mitteilungen durch den Ausschuß . bb) Das Fehlen der ausdrücklichen Verankerung eines ,Petitionsrechts' .. .. ... .... . ..... . . . ... . . . ...... . ...... . .......
161 162 163 164 164 166 166 166 168 168 169 170 170 171 172 172 173 175 175 176
C. Die Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
I. Die Bedingungen der Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 1. Der Auftrag der Beweiserhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 2. Die praktischen Rahmenbedingungen der Beweiserhebung . . . . . . . . 179
II. Die Zulassung der Beweise .. . . . .... . ... .. . .. ... ................. 180 1. Die Regeln der Beweiszulassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
a) Der Stand der völkerrechtlichen Rechtsprechung und Literatur .. b) Die Praxis des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Beweisquellen im einzelnen ......... ... ................... a) Die Klassifikation der Beweisquellen .. .... ................ . . aa) Die Zusammenstellung der Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Unterscheidung von Beweis- und Informationsquellen .. b) Die Zeugenaussage . .... . .................................. aa) Die Auswahl der Zeugen . . ........ .. ...... .... .........
180 182 184 185 185 186 187 187
Inhaltsverzeichnis
11
(1) Die eigene Zeugensuche des Ausschusses ...... . .. . ... 188
c) d) e)
f)
g)
h)
(a) Die Vorgehensweise des Ausschusses und ihre Vorbilder ...... ... .. . .. . .......................... (b) Der Vorwurf einseitiger Auswahl der Zeugen ...... (2) Die vorgesehene Benennung von Zeugen durch den direkt betroffenen Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die von anderer Seite benannten Zeugen ............. (4) Die Vorschläge für die Auswahl von Zeugen .......... bb) Die Zulassung schriftlicher Zeugenaussagen . . . . . . . . . . . . . . (I) Die Regeln der Geschäftsordnung und die Praxis des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Problematik der Überprüfung schriftlicher Beweise . Der Sachverständigenbeweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die dokumentarischen Beweisstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Augenscheinsbeweis ................................... aa) Die Begutachtung der körperlichen Konstitution der Zeugen ..... ... . .... . .... . .. . .. .. .. .. . ....... .. .... . .. .. . bb) Das Foto- und Filmmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Ortsbesichtigung von Quneitra . .. ................... Die Rechts- und Verwaltungsvorschriften .. ............... . ... aa) Die unmittelbare Verwendung von Rechtsvorschriften als Beweisquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die mittelbare Bezugnahme auf Rechtsvorschriften ........ Die Presse- und Zeitungsberichte ...... ... ................... aa) Die Auswahl der verwendeten Pressequellen .............. bb) Die Gründe der Privilegierung der Presse als Informationsquelle ...... ... ................... . ............ . ...... cc) Die Kritik der Berücksichtigung von Presseberichten bei der Tatsachenermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Beweismaterial anderer Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die internationalen Regierungsorganisationen . . . . . . . . . . . . . (I) Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) . (2) Die VN-Unterorganisationen .. . .......... . .......... bb) Die Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) ............ (I) Die unmittelbare Verwendung von Untersuchungsmaterial der NGOs ......... .. . ... .. . ......... ... . . ..... (2) Die Verwendung von Zeugenaussagen über die Tätigkeit von NGOs ........ . ......... . ........ . ... ..... (3) Die Heranziehung von Presseberichten über die Tätigkeit von NGOs ............... . . ............ . ......
188 189 191 193 193 194 194 195 196 197 197 198 198 199 199 199 200 201 201 203 205 206 207 207 209 210 210 212 213
III. Die Zeugenvernehmung in mündlicher Verhandlung (hearings) . ...... 214 l. Die feierliche Erklärung der Zeugen und Sachverständigen . . . . . . . . 214 2. Die Belehrung und die Vernehmung zur Person . ...... . .. ... ..... 215 a) Die Funktion der Vernehmung zur Person .......... . . ...... .. 216
12
Inhaltsverzeichnis b) Die Praxis des Ausschusses in bezug auf die Entgegennahme anonymer Zeugenaussagen ............. ... .................. c) Der Stand der Völkerrechtspraxis und -lehre zur Entgegennahme anonymer Zeugenaussagen ............ . ..................... d) Die Kritik der Entgegennahme anonymer Zeugenaussagen ...... 3. Die Vernehmung zur Sache .............. .. ............... .. ... a) Das Sprachenproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Kritik der Zulassung vorgefertigter Erklärungen . . . . . . . . . . . c) Die Beachtung der Sachbezogenheit der Aussagen ............. d) Die Zulassung von Zeugenaussagen vom Hörensagen . . . . . . . . . . aa) Die Praxis des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die internationale Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Stellungnahme zur Ausschußpraxis .................. 4. Die Zeugenbefragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Ausgestaltung des Fragerechts vor dem Ausschuß . . . . . . . . . b) Die Praxis der Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Erschwerung des Kreuzverhörs auf Grund der Abwesenheit Israels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Ansätze des Ausschusses zu kritischer Befragung ...... cc) Der Vorschlag der Befragung der Zeugen durch einen unabhängigen Vertreter des öffentlichen Interesses . . . . . . . . . . . . . c) Die Problematik von Suggestiv- und Erwartungsfragen (leading questions) . ...... . .. ....... . . ......... .. ... ... ......... . . .
216 217 218 218 219 219 220 223 223 224 226 227 227 227 228 228 230 232
D. Die Berichterstattung durch den Ausschuß . ...................... .. .... 234 I. Die Strukturen des Berichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 l. Die formale Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die linguistische Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die kontradiktorische Struktur ............. . . ... ... ... .. . ... . .. a) Die Berichtsvorläufer und ihre Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Kritik der Berichtsstruktur des Ausschusses ..... . .... . ....
234 236 237 237 238
II. Die Grundfunktionen der Berichtstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 l. Die einzelnen Berichtsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Sammlung der Fakten (gathering) und das Zusammenstellen des Materials (collation) ............ . ............................. a) Die Berichtspraxis des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Frage inhaltlicher Ausgewogenheit des gesammelten Materials ................. ............. .......... ... .. ... . . .... aa) Die Vollständigkeit der Berichterstattung .......... . ...... bb) Die Berücksichtigung entlastender Umstände, insbesondere der Verbesserung der Menschenrechtslage, durch den Ausschuß ........... . ....... .. .. . ...... . ........... . . .... 3. Die Funktion der Beweisverwertung und -Würdigung (evaluation) .. a) Die Rahmenbedingungen für die Beweiswürdigung ...... . . .. . .
240 241 241 242 242 245 246 247
Inhaltsverzeichnis b) Die Kriterien der Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Wahrnehmung des Zeugen ..................... . .. . . bb) Die Wiedergabe des Zeugen ..................... . . ..... cc) Die innere Wahrscheinlichkeit der Zeugenaussage ... .. .... dd) Die Beurteilung der äußeren Wahrscheinlichkeit der Aussage (corroboration, cross-checking) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Der persönliche Eindruck von dem Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . ff) Die Berücksichtigung der Aussagemotivation - Das Interesse der Zeugen am Untersuchungsgegenstand ............ c) Die zusammenhängende Würdigung der Beweisquellen .. .. .... aa) Der Nachweis einer systematischen Praxis (consistent pattem) ......................... . . .................. . . .. bb) Die Verwendung der Indizientechnik zum Nachweis einer israelischen Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Kritik der Armut an Beweiswürdigungskriterien . . . . . . . . . . . aa) Das Auftreten von Begründungsmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Verzicht des Ausschusses auf Beweiswürdigungselemente ............................................ . ... 4. Die Beweisstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Bedingungen der Verwendung von Beweisstandards durch den Ausschuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Grundsatz freier Beweiswürdigung in der Praxis anderer internationaler Tatsachenermittlungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die vom Ausschuß verwendeten Beweisstandards im einzelnen . aa) Der Vollbeweis (proof beyond reasonable doubt) ....... .. . bb) Der Beweis des ersten Anscheins (prima facie evidence) . . . cc) Der Indizienbeweis (circumstantial evidence) .......... ... dd) Die Offenkundigkeit untersuchter Tatsachen (matters of public record) und der Verzicht auf Beweisstandards . . . . . .
13 248 249 249 249 251 254 255 255 255 257 257 258 259 259 260 261 263 263 266 268 269
III. Die rechtliche Würdigung als Berichtselement . . . .......... . ..... ... 271 1. Die Bezugnahme auf allgemeine völkerrechtliche Normen und Rechtsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Heranziehung der Charta, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und des menschenrechtliehen Vertragsrechts als Rechtsquellen ,unveräußerlicher Rechte' (inalienable rights) .... b) Die Auslegung des Untersuchungsauftrags anhand der einschlägigen Resolutionen der VN .... . ........ ... ......... . . ........ 2. Die Prüfung der Anwendbarkeit der einschlägigen kriegsrechtliehen Menschenrechtsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Praxis der VN und des Special Committee . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Rechtsstandpunkt Israels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Funktion der rechtlichen Prüfung im Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . .
272 273 276 279 279 282 283 285
14
Inhaltsverzeichnis a) Die Bezugnahme auf die Normen zur Konkretisierung der Verletzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Auslegung der herangezogenen Normen .................. c) Die eingehendere rechtliche Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Ansätze rechtlicher Subsumtion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Ausführungen zur Zurechenbarkeit von Verletzungen .. cc) Die Prüfung von Ausnahmetatbeständen und Rechtfertigungsgründen nach der Vierten Genfer Konvention . . . . . . . . (1) Die Auseinandersetzung mit der Berufung Israels auf Sicherheitsbelange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Prüfung der Beachtung von Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Willkürverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
286 287 288 288 290 290 290 292
IV. Die Untersuchungsthemen der Ausschußberichte .. .................. 293 I. Der Überblick über die allgemeine Lage in den besetzten Gebieten . a) Die Erörterung der politischen Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Hinweis auf die interne Rechtslage ... . ....... . .......... aa) Die Feststellungen zum anwendbaren internen Recht . . . . . . bb) Das Verhältnis von Notstandsrecht zu der Vierten Genfer Konvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Aufzeichnung der Änderungen des Besatzungsrechts . . . c) Die wirtschaftlichen und sozialen Fakten und die Auswertung statistischen Materials . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die demographische Entwicklung und der Aufbau der Infrastruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Eskalation der Gewalt ........................ .. .... 2. Die Beschreibung der Behandlung der Zivilbevölkerung . . . . . . . . . . a) Die Mißhandlungen (harassment and physical ill-treatment) bei Unruhen und gewaltsamen Zwischenfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Schußwaffengebrauch und Tränengaseinsatz . . . . . . . . . . bb) Die Kritik der willkürlichen Gewalt gegen Demonstranten . . cc) Die Gewaltakte von Siedlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Beschreibung von Kollektivstrafen (collective punishments) . aa) Die Häuserzerstörungen und -versiegelungen . . . . .... . .. ... (1) Die Zerstörungen im unmittelbaren Anschluß an die Kampfhandlungen (1967) ..................... .. .... (2) Die Häuserzerstörungen als Repressalie gegen Gewaltakte einzelner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Ausgangssperren und Abriegelungen ........... .. .... c) Die Erörterung von Abschiebungen und Zwangsverschickungen (expulsions, deportations) . . ..... . ... . ...... . .. ... .. .. .. ... .. aa) Der Vorwurf der Massenvertreibungen und die Verweigerung des Rechts, in das Heimatland zurückzukehren . . . . . . . (1) Die Feststellungen des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . .
294 294 296 296 298 299 300 300 301 302 302 304 305 306 309 310 310 311 313 314 314 314
Inhaltsverzeichnis (2) Die Kritik des Nachweises einer ,Politik der Vertreibung' ......................... . ................... (3) Die Auseinandersetzung mit dem Recht auf Rückkehr . . bb) Die Einzelabschiebungen (expulsions) aus Sicherheitsgründen ........... . .............................. .... .... 3. Die Beachtung der Justizgrundrechte ..... . ............. .. . . .... a) Die Beschreibung der Gerichtsverfahren, der allgemeinen Organisation der Justiz und der Verurteilungen .................... aa) Die Kritik an der Handhabung der Zuständigkeiten der Militärgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der unzureichende Charakter der Rechtsschutzmöglichkeiten ............................................ . .. .... cc) Die Kritik an den Verurteilungen Sicherheitsverdächtiger .. (1) Die Hervorhebung der unangemessenen Härte der verhängten Haftstrafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Erörterung der Ungleichbehandlung von palästinensischen und israelischen Gewalttätern . . . . . . . . . . . . . b) Die Prüfung der Beachtung des rechtlichen Gehörs ...... . . .... aa) Die Verkürzung der Rechte der Verteidigung ....... . . .... bb) Die Mißachtung des Rechts auf anwaltliehe Vertretung .... c) Die Administrativhaft ...................................... aa) Die Praxis der Administrativhaft ................. . .. .... bb) Die rechtliche Beurteilung der Administrativhaft . . . . . . . . . . d) Die Beschreibung der Haftbedingungen in den besetzten Gebieten ............................... . ......... . ........ . .... aa) Die Überlänge der Untersuchungshaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Folter und die Mißhandlungen ...................... (1) Das Problem des Nachweises der Foltervorwürfe .. .... (2) Die rechtliche Beurteilung der Vorwürfe ......... . .... cc) Die allgemeinen Haftbedingungen ........ . ....... . . ..... 4. Die Annexions- und Siedlungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Siedlungspolitik als Bestandteil der Berichterstattung . . . . . . b) Die Elemente der Untersuchung der Siedlungspolitik .......... aa) Die offiziellen Stellungnahmen zur Siedlungspolitik . . . . . . . bb) Die Maßnahmen zur Umsetzung dieser Politik .... . .. . .... cc) Die Beschreibung von Bevölkerungsumsiedlung und Enteignungen . . ........... . ..... . . . . . . ....... . .. ...... .. . ... c) Die Bewertung der Besiedlung durch den Ausschuß .. . ... . .. .. aa) Die Auseinandersetzung mit den ideologischen Grundlagen der Siedlungspolitik . . ....... . ........ . . . ....... ... . . .. . bb) Der Vorwurf der Annexion ... .. . ... . .. .. . ......... . ... . d) Die Prüfung der besatzungsrechtliehen Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Herleitung der Verbote von Annexion und Besiedlung . bb) Die rechtliche Beurteilung der Eigentumseingriffe . . . . . . . . .
15 315 316 317 320 321 321 323 324 324 325 326 326 328 329 329 331 332 332 334 334 337 338 339 339 340 341 342 344 347 347 349 351 351 353
16
Inhaltsverzeichnis
5. Die Ausbeutung der wirtschaftlichen Ressourcen und des .kulturellen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Einbeziehung der Fragestellung in die Berichterstattung . . . . b) Die wirtschaftlichen Aspekte der Besatzung .................. c) Die Wertungen und Erkenntnisse des Ausschusses ............. d) Die rechtliche Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
354 354 355 357 358
E. Die Ziele der Berichtstätigkeit und die Rolle des Ausschusses . . . . . . . . . . . . 360 I. Die Empfehlungen (recommendations) und Schlußfolgerungen (conclusions) des Ausschusses . . ................... . .................. 360 l. Die Inhalte der Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361
a) Die Empfehlung der Einsetzung von Schutzmächten ........... aa) Der Vorschlag einer internationalen Präsenz in den besetzten Gebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Vorstellung des Ausschusses von der Rolle der Schutzmacht ........... ·................ ... .................. cc) Die Kritik des Ausschusses an der Nichtberücksichtigung seiner Empfehlungen durch die Generalversammlung . . . . . . b) Die inhaltliche Entwicklung der Schlußabschnitte des Ausschußberichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Ziele der Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die humanitären Aspekte der Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die politische Seite der Zielsetzungen .. . . . ... .... . . . ........ aa) Das Ziel der Beeinflussung der Weltmeinung .. . .......... bb) Das Motiv der Verurteilung des Besatzungszustands . ...... cc) Die Feststellung einer rechtswidrigen Siedlungs- und Annexionspolitik in den besetzten Gebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Bekräftigung des Selbstbestimmungsrechts der Palästinenser ......... . .................. .... . .............. .
361 361 363
364 365 367 367 369 369 371 373 374
II. Die Kritik der Ausschußtätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 l. Die Infragestellung der friedensstiftenden Funktion der Untersu-
chung .............. ... ............... . . . .. .............. . ... a) Die Konsequenzen der politischen Ausrichtung der Untersuchung ... .. .. ... . .... . : . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die selbstbestimmungsrechtliche Legitimierung des bewaffneten Widerstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Stand des Völkerrechts . . . .. .. .................. (2) Die Haltung des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die nur formale Berücksichtigung des Sicherheitsarguments. b) Der Anschein der Einseitigkeit des Ausschusses ....... : ....... aa) Die Gefährdung der Glaubwürdigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Kritik der Sprache des Ausschusses ........... . ...... ( 1) Die emphatischen und polemischen Elemente der Sprache ..... .. . . ..... . . .......... . . . ..................
377 377 379 380 382 383 384 384 386 386
Inhaltsverzeichnis (2) Die fehlende Distanzierung von unsachlichen und poli-
tisch gefärbten Zeugenaussagen . . .. ...... . ... . .... . .. cc) Der Verlust der Kriterien der Zurechnung ........ . ....... 2. Die Hindernisse für die Zusammenarbeit mit Israel . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Rolle des Ausschusses als politisches Kampfinstrument . . . . b) Die Begrenztheit der eigentlichen Tatsachenuntersuchungs-Funktion ........... .. . . ............. . . .. . ... ............... . . .. c) Die Suche nach Zusammenarbeit als Kriterium der Objektivität ..
17 388 388 392 393
394 395
Thesen und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Literaturverzeichnis ........ ..... .. ....... .... ...... .. . .. . ...... .. ... .... 407
2 Kohl
Einleitung Die Förderung der Menschenrechte und Grundfreiheiten und ihre Festigung ist eines der in der Charta der Vereinten Nationen festgeschriebenen Ziele, das die Staatengemeinschaft zu einer Angelegenheit von internationaler Bedeutung erhoben hat. Präambel und Ziele der Charta haben die Verpflichtung aller Staaten entstehen lassen, mit der Organisation gemeinsam zu diesem Zweck zusammenzuarbeiten. Die Praxis der Vereinten Nationen weist auf dem Gebiet der Menschenrechtsförderung eine breit gefächerte Palette von Verfahren auf1• Eine besonders wichtige der zur Förderung und Wahrung der Menschenrechte eingesetzten Verfahrensarten ist das Fact-tinding (Untersuchung). Fact-tinding erlebt bereits seit einiger Zeit sowohl als Verfahren der Konfliktvorbeugung und Wahrung kollektiver Interessen der Staatengemeinschaft wie auch im Bereich der Menschenrechte eine große Beachtung. Das Ende der Blockkonfrontation und die zunehmende Zahl regionaler, ethnischer und nationaler Konflikte haben diese praktische Bedeutung in den vergangeneo Jahren noch verstärkt.
I. Die Einordnung des Untersuchungsgegenstands Die Einsetzungsmöglichkeiten für Untersuchungsorgane folgen einer Zweiteilung. Herkömmlich werden einerseits vertragliche Verfahren, die sich auf eine ausdrückliche Verpflichtungserklärung des betroffenen Staates gründen, - wie etwa die Verfahren vor dem Menschenrechtsausschuß (Human Rights Committee) nach dem Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR)2 -, und andererseits nicht-vertragliche Verfahren, die auf 1 Vgl. dazu C. Tomuschat, Menschenrechtsschutz durch die Vereinten Nationen, Vereinte Nationen 24 (1976), S. 166 (168); C. Tomuschat, Menschenrechtspolitik der Vereinten Nationen, Europa Archiv (EA) 36 (1981), S. 587 (592f.). 2 Vgl. dazu K. Das, United Nations Institutions and Procedures Founded on Conventions on Human Rights and Fundamental Freedoms, in: K. Vasak/P. Alston, The International Dimensions of Human Rights, Bd. I (1982), S. 303; C. Tomuschat, Der Ausschuß für Menschenrechte- Recht und Praxis, Vereinte Nationen 29 (1981), S. 141; C. Tomuschat, Zehn Jahre Menschenrechtsausschuß-Versuch einer Bilanz, Vereinte Nationen 35 (1987), S. 157; D. Fischer, Reporting Under the Covenant on Civil and Political Rights - The First Five Years of the Human Rights Committee, American Journal of International Law (AJIL) 76 (1982), S. 142; A. Oe Zayas/J. Möller/T. Opsahl, Application of the International Covenant on Civil and
2*
20
Einleitung
Grund eines einseitigen Einsetzungsbeschlusses zustandekommen, unterschieden3. Letztere werden von den Organen der Vereinten Nationen (VN) im Rahmen ihrer funktionalen Zuständigkeiten eingerichtet. Man kann permanente Verfahren, - wie die Verfahren nach Res. 1235 (XLII) und 1503 (XLVIII) des Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSOC) -, und Ad-hoc-Verfahren unterscheiden. Zu letzteren gehört das Untersuchungsverfahren des ,Special Committee to Investigate Israeli Practices' (im folgenden ,Special Committee' oder ,Ausschuß'). Die Verfahren der Ad-hoc-Untersuchung menschenrechtlicher Sachverhalte durch internationale Organisationen außerhalb der vertraglichen Regelungen kennen keine allgemeine und umfassende rechtliche Festlegung. Im Vergleich zum klassischen Untersuchungsverfahren, so wie es modellhaft durch die Haager Konventionen von 1899 und 1907 ausgestaltet worden ist, gelten für Ad-hoc-Ausschüsse besondere Verfahrensvoraussetzungen. Sie sind nicht durch das zwischenstaatliche Prinzip bestimmt. So bedarf es keiner gemeinsamen Initiative der "betroffenen" Staaten und nicht der Geltendmachung einer Beschwer zur Einsetzung der Untersuchung4. Organisatorischer Rahmen dieser Verfahren ist innerhalb der Vereinten Nationen heute vor allem die vom Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) gern. Art. 68 VN-Charta geschaffene Menschenrechtskommission (Human Rights Commission, MRK)5 . Aber auch die Generalversammlung hat wiederholt von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Nebenorgane mit einem Menschenrechtsauftrag zu befassen. Mit der Einsetzung von Ad-hoc-Untersuchungsausschüssen hat sie das Interesse der Staatengemeinschaft an der Einhaltung der Menschenrechte in einem bestimmten Land artikuliert. Political Rights under the Optional Protocol by the Human Rights Committee, German Yearbook of International Law (GYIL) 28 (1985), S. 9; J. Gomez del Prado, United Nations Conventions on Human Rights - The Practice of the Human Rights Committee and the Committee on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination in Dealing with Reporting Obligations of State Parties, Human Rights Quarterly (HRQ) 7 ( 1985), S. 492. 3 M. Tardu, Les mecanismes de l'ONU visant a assurer Ia protection des droits de l'homme, Recueil des Cours de !'Institut international des droits de l'homme, Strasbourg ( 1982), S. 1; A. Vijapur, The UN Mechanisms and Procedures for the Promotion and Implementation of Human Rights, Indian Journal of International Law 25 (1985), S. 576. 4 Vgl. hierzu N. Bar-Yaacov, The Handling of International Disputes by Means of Inquiry (1974), S. 292. 5 Vgl. zu deren Tätigkeit: United Nations Action in the Field of Human Rights, Veröffentlichung des United Nations Centre for Human Rights (Genf), ST/HR/2/ Rev.3 (1988), S. 14ff. §§ 101- 148; M. Bossuyt, The Development of Special Procedures of the United Nations on Human Rights, Human Rights Journal (HRJ) 6 (1985), s. 179.
Il. Die Ziele der vorliegenden Erörterung
21
Die seit 1970 durchgeführte Ad-hoc-Untersuchung des Special Committee kann als ein illustratives Beispiel dieser Fact-tinding-Praxis der Generalversammlung der Vereinten Nationen gelten. Wegen der einzigartigen Zeitspanne des Wirkens dieses Ausschusses steht ein äußerst umfangreiches Untersuchungsmaterial zur Verfügung. In der Literatur hat die Tätigkeit des Ausschusses erstaunlicher Weise nur wenig Beachtung gefunden6 . Das Schrifttum beschäftigt sich zumeist mit den im Rahmen der ECOSOC-MRK geschaffenen Verfahren7 . Um das historische Umfeld der Fact-tinding-Tätigkeit des Special Committee aufzuzeigen, bedarf es im Rahmen der vorliegenden Erörterung zunächst einer Darstellung der Vorläufer im Rahmen der Vereinten Nationen. Es gilt dabei bereits, die Besonderheiten und Probleme des Ad-hocUntersuchungsverfahrens im Rahmen der VN, die anband des Special Committee dann exemplarische Erörterung erfahren, zu veranschaulichen.
II. Die Ziele der vorliegenden Erörterung Die Durchführung einer Ad-hoc-Untersuchung dient zwar der Ermittlung eines konkreten Menschenrechtssachverhalts, über den Aufklärung erstrebt wird. Dies muß aber zugleich als Element der Auseinandersetzung mit einer staatlichen Politik verstanden werden. In aller Regel verbirgt sich hinter der menschenrechtliehen Problematik ein politischer Konflikt, der - wie dies etwa im Fall Südafrika gewesen ist - an die Strukturen selbst des betroffenen Staates rührt8 . 6 Vgl. allein: M. Tardu/B. Martin-Barmada, Human Rights, The International Petition System, Bd. 2, Complaint Procedures of the United Nations Organization (1980), Kapitel XIV; D. Shefi, The Reports of the UN Special Committee on Israeli Practices in the Territories, in: M. Shamgar: Military Government in the Territories Administered by Israel, Bd. 1 (1982), S. 285. 7 T. Gonzales, The Political Sources of Procedural Debates in the United Nations: Structural Impediments to Implementation of Human Rights, New York University Journal of International Law & Politics 13 (1980), S. 427; M. Tardu, United Nations Response to Gross Violations of Human Rights: the 1503 Procedure, Santa Clara Law Review (SCLR) 20 (1980), S. 559; H. Tolley, The Concealed Crack in the Citadel: The United Nations Commission on Human Rights' Response to Confidential Communications, Human Rights Quarterly 6 (1984), S. 420; T. Farer, The United Nations and Human Rights : More than a Whimper Less than a Roar, Human Rights Quarterly 9 (1987), S. 550; K. Brennan/R. Brody/D. Weissbrodt, The 40th Session of the UN Sub-Commi~sion on Prevention of Discrimination and Protection of Minorities, Human Rights Quarterly 11 (1989), S. 295; A. Dormenval, Procerlures onusiennes de mise en oeuvre des droits de l'homme: limites ou defauts? (1991), s. 52 ff. 8 Vgl. N. Valticos, Foreword, in: B. Ramcharan, International Law and Fact-tinding in the Field of Human Rights (1982), S. VIII.
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Einleitung
Eine Menschenrechtsuntersuchung ist unter diesen Bedingungen mit besonderen politischen Schwierigkeiten konfrontiert. Im Mittelpunkt steht daher die Frage nach den Zwecken der Untersuchung. Fact-tinding durch die Generalversammlung ist, wie bereits angedeutet, nicht ein rein justizförmiges, neutrales Verfahren, sondern wird zugleich als ein Instrument der parlamentarischen Diplomatie gehandhabt9 . Eines der Ziele dieser Arbeit ist es daher, die Voraussetzungen für den menschenrechtspolitischen Nutzen der Untersuchung zu bestimmen. Im Mittelpunkt des Interesses steht, gerade auch in bezug auf die Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten, die Frage nach den Möglichkeiten des Ad-hoc-Ausschusses als eines Nebenorgans der Generalversammlung, durch die Untersuchung und Darstellung der Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten einen Beitrag zur Lösung des humanitären und menschenrechtliehen Problems zu leisten10. Das Special Committee wurde von der Generalversammlung nach dem Sechstagekrieg (1967) im Jahre 1968 eingesetzt, nachdem der Sicherheitsrat und die Generalversammlung bereits zu dem Konflikt, der durch die israelische Besatzung, insbesondere des Westjordanlandes und des Gazastreifens, in einen neuen Zustand versetzt worden war, verschiedentlich Stellung genommen hatten. Die Frage der Voraussetzungen für den menschenrechtliehen Nutzen der Untersuchung stellt sich im Fall des Special Committee daher vor dem Hintergrund einer stark angespannten politischen Ausgangslage, an der auch die jüngsten Ereignisse mit der wechselseitigen Anerkennung von PLO und Israel am 10.9.1993 erst ansatzweise etwas zu ändern vermocht haben. Die Einsetzung einer Untersuchung ist bereits für sich betrachtet Ausdruck der Isolation des betroffenen Staates. Sie muß als ultima ratio gelten 11 • Den Staatenverfahren innerhalb der Generalversammlung, wie auch in der MRK, ist, nach Scheitern sonstiger Bemühungen durch die Staatengemeinschaft, nicht zuletzt das Bestreben gemeinsam, internationalen Druck auf die betroffene Regierung auszuüben. Nicht nur seitens der israelischen Regierung sind insoweit Zweifel zum Ausdruck gekommen, ob die politischen Antriebe der Mehrheit innerhalb der Staatengemeinschaft eine objektive Behandlung der kontroversen Frage der Menschenrechte in den besetzten Gebieten zulassen. Bei N. Bar Yaacov etwa kann man lesen: 9 F. Ennacora, Partiality and Impartiality of Human Rights Enquiry Commissions of International Organizations, in: Rene Cassin, Amicorum discipulorumque liber, Bd. l (1969), S. 64 (68). 10 Vgl. dazu J. Bender, Ad hoc Committees and Human Rights lnvestigations: A Comparative Case Study in the Middle East, Social Research (1971), S. 241. 11 E. Riede!, Menschenrechtskommission, in: R. Wolfrum, Handbuch Vereinte Nationen, 2. Auf!. (1991), S. 572 (580) § 17.
III. Die Arbeitsmethode und die Abgrenzung des Untersuchungsthemas
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.,the investigations of Israeli practices in the occupied territories, like those relating to southern Africa, were prompted by strong political motivations. The general aim of the Arab states was to use an investigatory machinery as one of the means of bringing Israeli occupation to an end, without any concessions on their part. u12
Die Kontroverse um die Unvoreingenommenheit der Untersuchung des Special Committee gewinnt besondere Qualität dadurch, daß im Zeitpunkt ihrer Einleitung die politischen VN-Organe zur israelischen Besatzungspolitik bereits Stellung genommen hattenn. Auch die Weigerung Israels, mit dem Ausschuß zusammenzuarbeiten, bedeutet im Hinblick auf die Möglichkeiten einer objektiven Untersuchung der Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten eine große Schwierigkeit. Gewiß birgt die zur Förderung der multilateralen Debatte angestrengte Untersuchung die Chance, sich in der Auseinandersetzung auf umfangreicheres Material und klarere Tatsachen zu stützen. Die völlige Weigerung des betroffenen Staates, das Verfahren zu unterstützen und daran teilzunehmen, bedingt jedoch zugleich die Gefahr einer wenig ausgewogenen Behandlung der Konfliktfragen und damit einer weiteren Verhärtung der Fronten. Israels Weigerung zur Zusammenarbeit ist insoweit kein Einzelfall. In der Praxis hat die Generalversammlung nach anfänglichen Zweifeln an der Sachdienlichkeit einer gegen den Willen der betroffenen Regierung durchzuführenden Untersuchung 14 wiederholt Untersuchungen auch gegen den Widerspruch des betroffenen Staates angestrengt. 111. Die Arbeitsmethode und die Abgrenzung des Untersuchungsthemas Der gegenständliche Bereich der Arbeit soll im folgenden kurz abgegrenzt werden: Die Notwendigkeit und die Praktikabilität der Beachtung von Verfahrensregeln in der methodischen Untersuchungsarbeit bilden einen Schwerpunkt der Themenbehandlung. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, welche verfahrensmäßigen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um die Durchführung einer Untersuchung auch unter den eben geschilderten Bedingungen zum Erfolg zu führen. 12 N. Bar Yaacov, The Handling of International Disputes by Means of Inquiry (1974), S. 286. 13 VN-Sicherheitsrats-Res. 237 v. 15.6.1967 und Res. 242 v. 22.11.1967 sowie Generalversammlungs-Res. 2252 (ES-V) v. 4. 7.1967. 14 Vgl. die Fälle Indonesien ( 1946), Behandlung der Inder in Südafrika und Menschenrechte in Bulgarien/Ungarn (1949), in denen auf die Durchführung einer Untersuchung verzichtet wurde. Dazu: W. Shore, Fact-Finding in the Maintenance of International Peace (1970), S. 124.
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Einleitung
Die Frage nach dem Nutzen der Untersuchung ist eng verknüpft mit der verfahrensmäßigen Gewähr für die Verläßlichkeit und Akzeptanz der Tatsachenermittlung und für deren Berichtsergebnisse. Eine solche Gewähr muß im methodischen Vorgehen des Ausschusses ebenso wie in der Einflußnahme auf die äußeren Bedingungen seiner Arbeit gesucht werden. Unverzichtbar ist etwa die Beachtung der Garantien der Waffengleichheit und des rechtlichen Gehörs. Hier besteht Anlaß, über mögliche methodische Verfahrensanpassungen und -Verbesserungen des Ad-hoc-Untersuchungsverfahrens nachzudenken, ohne zugleich den Gesichtspunkt der Praktikabilität solcher Regeln außer Acht zu lassen 15 . Es stellt sich insbesondere die Frage, inwiefern die Beachtung verfahrensrechtlicher Grundsätze und quasi-justizförmlicher Beweiserhebungsund Beweisverwertungsregeln im Rahmen des institutionellen Fact-finding geeignet ist, die Glaubwürdigkeit und den Erfolg des Handeins eines Untersuchungsausschusses der Generalversammlung zu steigern. Gerade im Bereich eines politisch bedingten Konflikts mit menschenrechtliehen Auswirkungen ist diese Frage von zentraler Bedeutung. Andererseits kann die Frage der Praktikabilität der Untersuchungsregeln nicht ausgeklammert werden. Die Arbeit des Special Committee wird darüber hinaus Gegenstand einer exemplarischen Auseinandersetzung mit dem Institut des Fact-finding im Rahmen des Menschenrechtsschutzes durch die Vereinten Nationen sein. Die Geschäftsordnung und Verfahrenspraxis des Ausschusses sollen anband der von internationalen Tatsachenermittlungs- und Rechtsprechungsorganen aufgestellten Verfahrensregeln im Hinblick auf die Notwendigkeit ihrer Anpassung und Verbesserung erörtert werden. Fragen des Statuts der besetzten Gebiete, also sowohl des materiellen Menschenrechtsschutzes in den besetzten Gebieten als auch die Palästinafrage selbst 16 werden insoweit zur Sprache kommen, als sich auf Grund der Berichtstätigkeit des Ausschusses und der von ihm vorgenommenen Ausführungen konkreter Anlaß hierzu ergibt. Nur insoweit wird auch auf die 15 Vgl. zu diesen Gesichtspunkten: N. Valticos, Foreword (1982), S. VIIIf.; B. Ramcharan, Introduction (1982), S. 1 f. Bereits S. Kaufman hält in der Zusammenfassung zu seiner Untersuchung über die Fact-tinding Aktivitäten der Vereinten Nationen im Bereich des Menschenrechtsschutzes ein Plädoyer für die Erarbeitung allgemeiner Verfahrensregeln: "Such rules of procedure would place a check on and inhibit the natural inclinations of the investigators to prejudge. " Kaufman, The Necessity for Rules of Procerlure in ad hoc United Nations Investigations, American University Law Review (AULR) 18 (1969), S. 739 (762). 16 Vgl. dazu A. Roberts, Prolonged Military Occupation. The Israeli-Occupied Territories Since 1967, American Journal of International Law (AJIL) 84 (1990), S. 44; M. Curtis, International Law and the Territories, Harvard International Law Journal (HIU) 32 (1991), S. 457.
III. Die Arbeitsmethode und die Abgrenzung des Untersuchungsthemas
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Tätigkeit der Vereinten Nationen in bezug auf den Palästina-Konflikt und das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser einzugehen sein 17• Die Untersuchungstätigkeit des Ausschusses bildet stets den eigentlichen Anlaß und Rahmen dieser Erörterungen. Die Arbeit ist in fünf Teile gegliedert. In einem ersten Teil (A.) werden die Grundlagen der Ausschußtätigkeit erörtert. Hierzu gehören Einsetzung, Rechtsstellung und Zusammensetzung. In einem zweiten Teil (B.) geht es um Fragen des Verfahrens. Hier werden Probleme der Geschäftsordnung, der Öffentlichkeit, der Untersuchungsrechte und der Beteiligung erörtert. Der dritte Teil (C.) befaßt sich mit der Beweiserhebung. Hier geht es um die Beweiszulassung und die Zeugenvemehmung. Im vierten Teil (D.) soll die Berichtstätigkeit des Ausschusses erörtert werden. Dabei soll eingegangen werden auf die Berichtsstrukturen, die Berichtsfunktionen, die Rechtswürdigung und die Berichtsthemen. Abschließend wird in einem fünften Teil (E.) nach den Zielen der Untersuchungstätigkeit gefragt. Dabei wird auf die Empfehlungen des Ausschusses einzugehen und kritisch die Ausschußtätigkeit zu bewerten sein.
17 Vgl. dazu : Question of Palestine, Legal Aspects, A Compilation of Papers Presented at the United Nationes Seminars on the Question of Palestine in 19801986, Veröffentlichung der VN (1992); The Origins and Evolution of the Palestine Problem, 1917- 1988, Veröffentlichung der VN, (1990); The Right of Return of the Palestinian People, Veröffentlichung der VN, ST/SG//SER.F/2 (1978) ; The Right of Self-Deterrnination of the Palestinian People, Veröffentlichung der VN, ST/SG/SER. F/3; W. Mallison/S. Mallison, An International Law Analysis of the Major United Nations Resolutions Conceming the Palestine Question, Veröffentlichung der VN, ST/SG/SER.F/4 (1979).
A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit Eingangs sollen die Einsetzung des Ausschusses durch die Generalversammlung (I.), die Rechtsstellung des Ausschusses (II.) und seine Zusammensetzung (III.) beschrieben werden. I. Die Einsetzung des Ausschusses Nachdem der VN-Sicherheitsrat in Res. 237 vom 14.6.1967 und diesem zustimmend auch die Generalversammlung in Res. 2552 (ES-V) vom 4. 7.1967 bereits unmittelbar nach Beendigung der Feindseligkeiten im Sechstagekrieg Israel zur Wahrung der humanitären Belange der Zivilbevölkerung aufgefordert hatten, nahm sich zunächst die ECOSOC-MRK während ihrer 24ten Sitzungsperiode des Themas an. Auf der Grundlage eines vom Kongo, Indien, Pakistan und Jugoslawien eingebrachten und mündlich von Chile und Italien abgeänderten Entwurfs kam es dort am 27. 2. 1968 mit 29 Simmen ohne Enthaltung und Gegenstimmen (Israel nahm an der Abstimmung nicht teil) zur Annahme einer Resolution, durch die die Kommission das Rückkehrrecht der Bewohner, die ihre Heimat seit Ausbruch der Feindseligkeiten verlassen hatten, bestätigte und die betroffenen Regierungen zum Ergreifen der notwendigen Maßnahmen zur Erleichterung der Rückkehr ohne Verzögerung aufforderte 1 • Kurze Zeit danach fand in Teheran die internationale Menschenrechtskonferenz statt (April/Mai 1968). Das Thema der Menschenrechte in den besetzten Gebieten wurde mit 42 Stimmen ohne Gegenstimme bei 32 Enthaltungen auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt. Auch die Bundesrepublik nahm an der Konferenz teil und stimmte für eine Befassung der Konferenz mit dem Thema. Die am 7. 5. 1968 mit 42 gegen 5 Stimmen bei 25 Enthaltungen angenommene Entschließung der Konferenz (Res. 1., "Respect for and implementation of human rights in occupied territories")2 stellte die Verletzung der Menschenrechte in den besetzten Gebieten fest, 1 Res. 6 (XXIV), 27.2.1968, 44 Official Records of the Economic and Social Council (ECOSOCOR), Beil. Nr. 4, Dok. E/4475, Kapitel VIII (18), S. 151 f.; der ECOSOC übernahm diese Entschließung, Res. 1336 (XLIV). 2 A/CONF.32/41, S. 5; Ergebnisprotokoll: A/CONF.32/SR.23, S. 117 (126); vgl. dazu J. Rideau, Le problerne du respect des droits de l'homme dans !es territoires occupes par Israel, Annuaire fran9ais de droit international (AFDI) 16 (1970), S. 204 (212, Fn. 48).
I. Die Einsetzung des Ausschusses
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drückte die tiefe Betroffenheit der Teilnehmerstaaten über die Verletzung der Menschenrechte in den besetzten Gebieten aus (op. § 1) und ersuchte die Generalversammlung zur Einsetzung eines Sonderausschusses, der die Menschenrechtsverletzungen in den von Israel besetzten Gebieten untersuchen und darüber berichten solle (op. § 5). Gleichzeitig forderte sie die ECOSOCMRK auf, die Frage permanent auf die Tagesordnung zu setzen (op. § 6). Auf eine Empfehlung des Dritten Ausschusses der Generalversammlung (Social, Humanitarian and Cultural Affairs) hin, die dort am 6. 12.1968 mit 55 gegen 16 Stimmen bei 41 Enthaltungen auf Vorschlag von Afghanistan, Burundi, Guinea, Indien, Indonesien, Jugoslawien, Malaysia, Pakistan, Sambia, Senegal, Somalia, Spanien und Tanzania3 angenommen worden war4 , kam es am 19.12.1968 dann während der 23ten Sitzungsperiode unter dem Titel "Respect for and implementation of human rights in occupied territories" zur Annahme der Einsetzungsresolution 2443 (XXIII) durch die Generalversammlung (GV)5 . Die Befassung der GV mit diesem Thema war nicht unumstritten. Die Staaten, die den Vorschlag einbrachten, argumentierten, wegen des ausschließlich humanitären Charakters der Resolution stehe ihrer Annahme die Tatsache der parallelen Befassung des VN-Sicherheitsrats mit den politischen Aspekten des Nahost-Problems nicht entgegen6 • Dagegen wurde im Dritten Ausschuß teilweise auch das Argument vorgebracht, der Sicherheitsrat sei mit der Frage der besetzten Gebiete befaßt. Die Resolution verfolge ganz allgemein ein politisches Anliegen7 • Die Schwierigkeit einer Beschränkung der Untersuchung auf rein humanitäre Aspekte sollte sich in den Ausschußberichten in der Tat erweisen8 . Nachfolgend werden das Abstimmungsverhältnis der Resolution (1.), die Entschließungsinhalte (2.) und die israelische Kritik an der Wahl des Untersuchungsthemas durch die Generalversammlung (3.) erörtert. 1. Das Abstimmungsverhältnis
Die Annahme der Resolution zur Einsetzung des Ausschusses kam durch einen mit knapper einfacher Mehrheit (vgl. Art. 18 (3) VN-Charta) gefaß20./29. 11. 1968, Tagesordnungspunkt (TOP) 62, A/C. 3/L.1626/Add. 1. A/7433, 6. 12.1968, S. 13 ff. (16) § 47; Yearbook of the United Nations (UNYB) 22 (1968), S. 554. 5 UN Res. Ser. I Bd. XII (1968 - 69), S. 164. 6 23 General Assembly Official Records (GAOR), Dritter Ausschuß, 1630te Sitzung, 5. 12.1968, S. 1, Dok. A/7433, § 41. 7 Vgl. Art. 12 VN-Charta; Dok. A/7433, 18.12. 1968, § 43 S. 15. 8 Vgl. unten E. I. 2. 3
4
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
ten Beschluß der GV zustande. 60 Staaten stimmten für die Resolution, 22 dagegen, 37 enthielten sich der Stirnrne9 . Der Annahme der Resolution war im Dritten Ausschuß eine durch die arabisch-israelische Konfrontation gekennzeichnete Debatte vorausgegangen10. Innerhalb der Zahl der für die Resolution stimmenden Staaten (60), die einer Minderheit der Mitglieder der Vereinten Nationen entsprach, gehörten viele Staaten einer Koalition der arabischen Staaten und des sozialistischen Blocks an 11 • Die überwiegende Zahl der Resolutionsbefürworter hatte nie diplomatische Beziehungen mit Israel unterhalten oder sie später aufgelöst. Interessant ist auch das Abstimmungsverhalten der westlichen und pro-westlichen Staaten. Zu denen, die sich der Stimme enthielten gehörten Argentinien, Österreich, Belgien, Niederlande, Brasilien, Kanada, die skandinavischen Länder, Frankreich, Italien und Großbritannien. Gegen die Resolution stimmten Australien, Bolivien, wie überhaupt einige mittelund Südamerikanische Staaten, einige afrikanische Staaten, die USA und Israel 12. Diese Umstände des Zustandekoromens der Resolution haben ein negatives Bild geprägt, mit dem die Arbeit des Ausschusses von Anfang an belastet war. Die Unterstützung der westlichen Staaten ist dem Ausschuß stets versagt geblieben. Die Abstimmungsanalyse veranlaßte auch einige Literaturstimmen, die Einsetzung des Ausschusses als ein rein politisches Manoeuver der sozialistischen und arabischen Staaten zu beschreiben. 13 Bei T. Gonzales kann man lesen: "The Soviet Union backed the Arab Iobby in seeking sanctions directed at Israeli conduct in occupied territories. The Arabs were recovering from their defeat during the six-day war and sought a forum in the United Nations to score political gains. " 14 9 23 GAOR, Plenary Meetings, 1748te Sitzung, 19.12.1968, S. 7. Das Abstimmungsverhalten einiger Staaten war auf Irrtümer beim Aufruf des TOP 62 zurückzuführen, vgl. dort Fn. * und **. 10 23 GAOR, Dritter Ausschuß, 1630te- 1632te Sitzung, 16. 12. 1968. 11 Dok. N1433 § 47, UNYB 22 (1968), S. 555. 12 UNYB 22 (1968), S. 555. 13 Vgl. auch N. Rodley, Tbe United Nations and Human Rights in the Middle East, Social Research 1971, S. 217 (230): "A political body such as the General Assembly .. .• where it purports to establish a quasi-judicial body, that body's difficulties can only be increased if it can be shown to owe its life to the pressures of political manoeuver rather than impartial concem for the subject-matter of the investigation. 14 Gonzales, The Political Sources of Procedural Debates in the United Nations: Structural Impediments to Implementation of Human Rights, New York University Journal of International Law & Politics (NYUJIL&P) l3 (1980), S. 427 (462).
I. Die Einsetzung des Ausschusses
29
2. Die Entschließungsinhalte
In der Einsetzungs-Resolution 2443 (XXIII) vom 19.12. 1968 nahm die Generalversammlung neben dem Hinweis auf die einschlägigen Resolutionen von VN-Sicherheitsrat (Res. 237, 259) und ECOSOC-MRK (Res. 6 (XXIV)) auch ausführliche Notiz von der Resolution I. der Teheraner Konferenz, in der die Teilnehmerstaaten am 7.5.1968 ihre Betroffenheit über die Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten zum Ausdruck gebracht hatten, Israel aufgefordert hatten, die Menschenrechtsverstöße zu beenden und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte zu verwirklichen, und in der die Konferenz das Recht all jener Bewohner, die als Folge der Auseinandersetzung geflohen waren, in ihre Heimat zurückzukehren, bekräftigt hatte: "Noting resolution I. on respect for and implementation of human rights in occupied territories, adopted by the International Conference on Human Rights on 7 May 1968, in which the Conference, inter alia: (a) Expressed its grave concern at the violation of human rights in Arab territories occupied by Israel, (b) Drew the attention of the Government of Israel to the grave consequence resulting from the disregard of fundamental freedoms and human rights in occupied territories, (c) Called upon the Govemment of Israel to desistforthwithfrom acts of destroying homes of the Arab civilian population inhabiting areas occupied by Israel and to respect and implement the Universal Declaration of Human Rights and the Geneva Conventions of 12 August 1949 (UNTS 75 ( 1950), N °s. 970 973) in occupied territories, (d) Affirmed the inalienable rights of all inhabitants who have left their homes as a result of the outbreak of hostilities in the Middle East to retum home, resume their normal life, recover their property and homes, and rejoin their families according to the provisions of the Universal Declaration of Human Rights. "
Die "Sponsoren-Staaten" der Resolution gaben vor, durch diese bloßen Verweise den Verdacht vermeiden zu wollen, sie selbst beabsichtigten, Israel anzuklagen 15 . Im operativen Teil ihrer Resolution beschloß die Generalversammlung die Einsetzung des ,Special Committee to lnvestigate Israeli Practices Affecting the Human Rights of the Population of the Occupied Territories'. Die Resolution sieht eine Zusammensetzung des Ausschusses aus drei Mitgliedstaaten vor (op. § 1). Mit der Ernennung der Mitglieder wurde der Präsident der Versammlung beauftragt (op. § 2). Israel wurde aufgefordert, den Sonderausschuß zu empfangen, mit ihm zusammenzuarbeiten und seine Arbeit zu erleichtern (op. § 3). Das Special Committee wurde aufgefordert, so bald als möglich und wann immer erforderlich auch danach, Bericht zu erstatten (op. § 4). 15
23 GAOR, Dritter Ausschuß, 1630te Sitzung, 5.12. 1968, S. 2.
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
3. Die israelische Reaktion auf die Wahl des Untersuchungsthemas
Die gegen die Entschließung gerichtete israelische Kritik gründete sich u. a. auf die Behauptung, daß in der zitierten Teheraner Entschließung die Menschenrechtsverletzungen, deren Prüfung der Gegenstand der eingeleiteten Untersuchung sein sollte, bereits unterstellt würden. Dies veranlaGte Israel, der Res. 2443 (XXIII) Vorverurteilung vorzuwerfen. In einer Verbalnote erhob der israelische Vertreter den Vorwurf: " (The General Assembly resolution) attempted blatantly to prejudge the very allegations the Special Committee was supposed to investigate. " 16
Auch in der Literatur ist die ausführliche Bezugnahme auf die Teheraner Resolution kritisiert und darin die Ursache für Israels Vorwurf gesehen worden. Rodley schreibt: "The gratuitous and detailed insertions of its provisions could not have been conducive to Israeli confidence in the purpose of investigation. " 17 J. Bender stellt übereinstimmend fest: "The inconsistency between the idea of an impartial investigation and the inclusion, in the resolution initiating the investigation, of a statement which constituted a prior determination of the matter under investigation was not lost on Israel ... " 18
Die Bezugnahme auf Res. I der Teheraner Konferenz hat also Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Untersuchung geweckt, noch bevor sie überhaupt begonnen hatte. Die Frage ist, ob dies objektiv berechtigt war. Die Einsetzungsresolution bildet mit ihren Hinweisen und Bezugnahmen den Rahmen für die Untersuchung. Sie trifft aber keine für den weiteren Verlauf der Untersuchung verbindlichen tatsachenbezogenen Vorgaben. Der ausführliche Bezug in Res. 2443 (XXIII) auf einschlägige Resolutionen zur 16 Verbalnote des Ständigen Vertreters Israels bei den Vereinten Nationen vom 6. 1. 1970, A/8089 § 11. In der Erklärung der israelischen Regierung vom 2.11.1970, Dok. A/8164, 13.11.1970, 25 GAOR, Anhänge, TOP 101, S. 2, heißt es darüber hinaus: " The Special Committee. . . is a body tainted with political bias and procedural irregularity. Since its inception, it has merely served as a tool of Arab propaganda. " 17 N. Rodley, The UN and Human Rights, Social Research (1971), S. 230. 18 J. Bender, Ad hoc Committees, Social Research (1971), S. 241 (245f.). Ähnlich, aber stark verkürzend, S. Bailey, UN-Fact-Finding and Human Rights Complaints, International Affairs 48 (1972), S. 250 (261): " The preamble to the Assembly's resolution establishing the Special Committee .. . took itfor granted that Israel was in breach of its international obligations." T. Franck/S. Fairley, Procedural Due Process in Human Rights Fact-Finding by International Agencies, AJIL 74 (1980), S. 308 (316) behandeln dieses Problem ausdrücklich unter dem Gesichtspunkt von Indikatoren der Unparteilichkeit: "(The resolution) included conclusory language that palpably interfered with the integrity of the fact-finding process by violafing the essential line between political assumptions and issues to be impartially determined. "
I. Die Einsetzung des Ausschusses
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Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten beinhaltet daher für sich betrachtet keinen zwingenden Hinweis auf eine Vorverurteilung Israels durch den Ausschuß. Entsprechend den Voraussetzungen für eine unvoreingenommene Untersuchungstätigkeit 19, ist der Ausschuß in seiner Untersuchungsarbeit auch stets von ,behaupteten' Verstößen ausgegangen. Insoweit ist der Vorwurf der Vorverurteilung zumindest in bezug auf den alleinigen Inhalt der Entschließung zur Einsetzung des Ausschusses verfehlt. Ein weiterer Vorwurf Israels bezog sich darauf, die Resolution sei in ihrem operativen Teil "discriminatory and unbalanced". Das Schicksal der jüdischen Gemeinden in bestimmten arabischen Ländern, wo deren Rechte in gemeiner Weise mißachtet würden, werde nämlich, so der israelische Einwand, einfach ausgeklammert20. Israel bekundete daher, nur unter der Bedingung einer gleichzeitig durchzuführenden Besichtigung jüdischer Gemeinden in den arabischen Nachbarstaaten bereit zu sein, eine Besichtigung vor Ort in den besetzten Gebieten zuzulassen21 . Die GV handelt bei der Auswahl des Untersuchungsthemas als politisches Organ. Maßgeblich für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist nicht allein der Grad behaupteter Menschenrechtsverletzungen, sondern vor allem die Gunst des betroffenen Staates in der Staatengemeinschaft22. Dies war lange Zeit der Grund, weshalb isolierte Staaten wie Südafrika, Israel oder Chile bevorzugte Zielscheiben der VN-Untersuchungstätigkeit auf dem Gebiet der Menschenrechte waren. Dennoch ist dies kein vorab gültiges Argument für die Unausgewogenheit der konkreten Untersuchung. Es ist wohl unzweifelhaft, daß eine Untersuchung Ausgewogenheit herstellen muß, um Legitimität beanspruchen zu können. Die Frage kann aber jeweils nur im Rahmen eines konkreten Untersuchungsgegenstands gestellt werden. Dem israelischen Einwand, die Eingrenzung des Untersuchungsthemas auf die israelisch besetzten Gebiete sei ein Beleg für die fehlende Ausgewogenheit der Ad-hoc-Untersuchung, liegt demgegenüber der Gedanke der Gegenseitigkeit zu Grunde. Eine Forderung, die auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit aufbaut, ließe den Menschenrechtsschutz aber weitgehend leerlaufen. Gerade im Bereich der Menschenrechte ist das tu quoque-Argu19 Vgl. F. Ennacora, Partiality and Impartiality, Festschrift für R. Cassin (1969), Bd. I, S. 64 (69). 20 A/8089 § 11; vgl. unten E. II. l. b) aa). 21 UNYB 24 (1970), S. 245. 22 Vgl. F. Ennacora, Human Rights and Domestic Jurisdiction, Article 2, § 7, of the Charter, Recueil des Cours de I' Acadernie de Droit de Ia Haye (RdC) 124 (1968 II), S. 371 (406); T. Franck, Of Gnats and Camels, Is there a Double Standard at the UN? AJIL 78 (1984), S. 839.
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
ment, so politisch naheliegend es sein mag, daher kein allgemeiner Rechtfertigungsgrund. Die souveräne Gleichheit der Staaten gebietet im Bereich des Menschenrechtsschutzes kein einförmiges Vorgehen in bezug auf alle entsprechenden Fälle in anderen Staaten23 . Es geht im Bereich der Ad-hoc-Untersuchung nicht um einen Vergleich der Menschenrechtspraktiken verschiedener Staaten, bei dem Verletzungen gegeneinander aufgerechnet werden. Anderenfalls müßten Verfahren gegen einzelne Staaten stets als unausgewogen erachtet werden. Thematische Verfahren zur Untersuchung von Menschenrechten, die länderübergreifend vorgehen24, können nicht die mit einer Ad-hoc-Untersuchung bezweckte, gezielte Verfolgung eines konkreten Menschenrechtsanliegens ersetzen, weil die dort getroffenen Feststellungen in der Regel unverbindlicher und weniger eingehend sind. In bezug auf die Untersuchungspraxis der VN kann im übrigen gesagt werden, daß sich der Kreis der von Menschenrechtsverfahren der VNOrgane betroffenen Staaten erheblich erweitert hat.
II. Die Rechtsstellung Die Generalversammlung selbst ist von Größe und Organisation her als Untersuchungsrahmen ungeeignet. Daher wird die Untersuchung konkreter Fragen üblicherweise an einen Ausschuß übertragen. Kurz eingegangen werden soll eingangs auf die Rechtsnatur des Ausschusses (1.). Zur Einordnung des Ausschusses solien sodann die Vorbilder und verwandten Ausprägungen des Untersuchungsverfahrens dargestellt werden (2.). Der Aufgabenhereich des Ausschusses wird durch den ihm aufgegeben Untersuchungsgegenstand bestimmt (3.). Für seine Tätigkeit bedarf es der Bereitstellung finanzieller Mittel und eines administrativen Rahmens innerhalb der Organisation (4.). 1. Die Rechtsnatur
Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geschieht auf einer von der Einwilligung des betroffenen Staates unabhängigen Rechtsgrundlage [a)]. Voraussetzung ist aber die Zuständigkeit der Generalversammlung im Rahmen der Charta, sich mit konkreten Fällen von Menschenrechtsverstößen zu befassen [b)]. 23
Il),
Vgl. F. Ermacora, Human Rights and Domestic Jurisdiction, RdC 124 (1968
s. 371 (443 f.).
24
Vgl. unten A.II.2.b)aa)(4).
II. Die Rechtsstellung
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a) Die Rechtsgrundlage der Einsetzung des Ausschusses Die Rechtsgrundlage der Ausschußtätigkeit ist die Einsetzungsresolution der Generalversammlung. Es handelt sich um eine Rechtsgrundlage nichtvertraglicher Art. Die VN-Charta sieht die Einsetzung von Nebenorganen (subsidiary organsf5 durch die Hauptorgane, also insbesondere durch die Generalversammlung, innerhalb ihres Aufgabenbereichs "in Übereinstimmung mit dieser Charta" vor (Art. 7 (2) VN-Charta). Art. 7 (2) VN-Charta wird allein oder in Zusammenhang mit Art. 22 VN-Charta so ausgelegt, daß er als Rechtsgrundlage für die Einsetzung von Nebenorganen überall dort herangezogen werden kann, wo dies zur Wahrnehmung der Aufgaben der Generalversammlung erforderlich ist26. Diese Auslegung wird vom Internationalen Gerichtshof (IGH) in seinem Gutachten vom 13.7.1954 über die Rechtswirkungen der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts der VN bestätigt. Der IGH stellte fest, daß die GV die sich aus der Sache ergebende Kompetenz (implied power) habe, auf der Grundlage der Art. 7 (2), 22, 101 VN-Charta ein Verwaltungsgericht für Streitigkeiten zwischen den VN und ihren Bediensteten zu errichten 27 . Der Hinweis des Gerichtshofs auf die sich aus der Sache ergebende Kompetenz der Generalversammlung zur Einsetzung eines Nebenorgans enthält zugleich eine Bestätigung der Theorie der ,implied powers ', wonach die Internationale Organisation unabhängig von konkreten Bestimmungen jedenfalls die Rechte besitzt, deren sie zur Erfüllung der ihr zukommenden Aufgaben bedarf. Auf die implied powers Lehre hatte der IGH sich bereits in seinem Gutachten über im Dienste der Vereinten Nationen erlittenen Schäden gestützt: "Under international law, the Organization must be deemed to have those powers which, though not expressly provided in the Charter, are conferred upon it by necessary implication as beeing essential to the performance of its duties. " 28 25 In Regel 1 der Geschäftsordnung des Ausschusses heißt es: "The Special Committee considers itself to be a subsidiary organ of the United Nations General Assembly." Report of the Special Committee, Dok. N8089, Anhan~ III, S. 65. Die vom Sprachendienst des Auswärtigen Amtes verfaßte deutsche Ubersetzung der Charta verwendet nicht den Begriff des ,Hilfsorgans ', sondern den Begriff ,Nebenorgan', BGBI. 1973 Il, S. 431. 26 Vgl. G. Jaenicke, in: B. Simma, Charta der Vereinten Nationen (1991), Art. 7, Rdnr. 27. 27 Effect of Awards of Compensation Made by the United Nations Administrative Tribunal, International Court of Justice (ICJ) Reports 1954, Gutachten v. 13.7.1954, s. 47 (56ff.). 28 Reparation of Injuries Suffered in the Service of the United Nations, ICJ Reports 1949, Gutachten v. 11.4.1949, S. 174 (182). 3 Kuhl
A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
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Angewandt auf die Frage der Schaffung von Nebenorganen bedeutet sie, daß ein Recht internationaler Organisationen bzw. ihrer Organe, Nebenorgane einzusetzen, insoweit besteht, als sie lediglich beratende Funktionen ausüben, keine außenwirksamen Rechtshandlungen erlassen sollen und im Hinblick auf die zweckentsprechende Ausübung ausdrücklicher vertraglicher Zuständigkeiten eingesetzt werden. Vorliegend setzt die Einsetzung daher voraus, daß die Generalversammlung im Rahmen des ihr satzungsrechtlich ausdrücklich eingeräumten Diskussions- und Empfehlungsrechts in Art. 10 VN-Charta auch Untersuchungen durchführen kann. Ein Argument hierfür läßt sich der Rechtsprechung des IGH im Fall ,Certain Expenses of the Unires Nations' entnehmen. Dort führt der Gerichtshof aus: " ... when the Organization takes action which warrants the assertion that it was appropriate for the fulfilment of one of the stated purposes of the United Nations, the presumption is that such action is not ultra vires the Organization. " 29
Um eine Angelegenheit erschöpfend diskutieren zu können, muß die Generalversammlung in der Tat auch in der Lage sein, die erforderlichen Untersuchungen hierfür anzustellen. Dies bedingt das Recht, Untersuchungskommissionen einzusetzen 30 . Insofern daher die Durchführung von Untersuchungen Bestandteil der Erfüllung der Hauptaufgaben der Generalversammlung ist, darf sie auch Fact-tinding Organe schaffen3 1• Die Funktion eines nicht-vertraglichen Fact-tinding Ausschusses gleicht insoweit derjenigen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses32 . Zum Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse führt das deutsche Bundesverfassungsgericht zum Beispiel aus: "Durch die Untersuchungsverfahren erhalten die Parlamente lediglich die Möglichkeit ... selbständig die Sachverhalte zu prüfen, die sie in Erfüllung ihres Verfassungsauftrages . . . für aufklärungsbedürftig halten."33
ICJ Reports 1962, Gutachten v. 20. 7. 1962, S. 151 (168). K. Hailbronner/E. Klein, in: B. Simma, Charta der Vereinten Nationen, Art. 10, Rdnr. 5; M. Bedjaoui, L'inspection internationale dans Je cadre des operations des Nations Unies pour le maintien de Ia paix, in: G. Fischer/D. Vignes, L'inspection internationale (1976), S. 25 (45). 31 F. Ermacora, The Competence and Functions of Fact-Finding Bodies, in: B. Ramcharan, International Law and Fact-Finding in the Field of Human Rights (1982), s. 83 (85 f .). 32 F. Ermacora, Competence and Functions, S. 89; vgl. Art. 44 GG; vgl. auch Art. 41 LVerfNW und Gesetz v. 18. 12. 1984, Hippel-Rehbom Nr. lb. 33 BVerfG NJW 1988, S. 890 (891). 29 30
II. Die Rechtsstellung
35
b) Der thematische Anwendungsbereich des Untersuchungsrechts Dieser Gedanke läßt sich auch auf einen Ad-hoc-Untersuchungsausschuß der VN-GV übertragen, vorausgesetzt, daß der Untersuchungsgegenstand nicht über den materiellen Aufgabenbereich, mit dem die Generalversammlung durch die Mitgliedstaaten beauftragt ist, hinausgeht. Daher ist weiter zu prüfen, ob die Untersuchung von konkreten Menschenrechtsvorwürfen gegen einen bestimmten Staat in den Aufgabenbereich der Generalversammlung fällt. Umstritten war im vorliegenden Zusammenhang in den Ausschußdebatten der Generalversammlung zum einen die Kompetenz der GY zur Befassung mit dem Nahostkonflikt, da bereits der Sicherheitsrat in Res. 259 den Generalsekretär beauftragt hatte, einen Vertreter in die besetzten Gebiete zu schicken, um die Lage der Bewohner zu untersuchen (Jarring-Mission) 34 . Die auf Art. 12 gestützten Bedenken wurden im Dritten Ausschuß unter Hinweis auf das rein humanitäre Anliegen der GY-Untersuchung im Gegensatz zur politischen Mission des Sonderbeauftragten Jarring beiseite geschoben35. Jarrings Aufgabe war zwar vorrangig die Vorbereitung einer Vereinbarung auf der Grundlage der Res. 242 des VN-Sicherheitsrates, also kein spezifischer Menschenrechtsauftrag. Formal ließ sich daher eine Aufgabentrennung konstruieren. Die Tätigkeit des Special Committee sollte allerdings im Verlauf der Untersuchung zeigen, wie schwierig, ja praktisch unmöglich die Aufrechterhaltung einer klaren Trennungslinie zwischen humanitären und politischen Belangen ist36. Die Frage der Verletzung von Art. 12 VN-Charta ist indes eher von akademischer Bedeutung. In der Praxis der Vereinten Nationen ist Art. 12 VNCharta nicht sehr konsequent angewandt worden. Der Hauptgrund hierfür dürfte sein, daß der Sicherheitsrat sich bislang der Generalversammlung gegenüber nicht auf Art. 12 berufen hat. Im Fall der Untersuchung des Special Committee hat er dies auch nicht getan. Eine weitere Frage bildete die generelle Zuständigkeit der Generalversammlung für Menschenrechtsuntersuchungen. Die Verwirklichung der Menschenrechte gehört, wie sich bereits aus Art. 13 VN-Charta ergibt, zu den Aufgaben der Generalversammlung. Dort heißt es unter Buchstabe b), daß die Generalversammlung Untersuchungen veranlassen und Empfehlun34 Vgl. die Auffasssong des Vertreters Frankreichs, 23 GAOR, Dritter Ausschuß, 6.12.1968, 1632te Sitzung, S. 2 § 11. 35 Vgl. den Vertreter Syriens, 23 GAOR, Dritter Ausschuß, 1631te Sitzung, 5.12.1968, s. 5 § 40. 36 Vgl. unten, E.l. 2. 3*
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
gen abgeben kann, um zur Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten beizutragen. Allerdings spricht Art. 13 der VN-Charta wie auch Art. 1 Ziff. 3 nicht ausdrucklieh vom "Menschenrechtsschutz" (protection). Ähnlich wie in Art. 55 Buchst. c) und Art. 62 (2) oder 68 VN-Charta ist hier nur von der Befugnis die Rede, die Verwirklichung (realization) der Menschenrechte zu ,,fördern" (to promote). Damit ist, was die Behandlung konkreter Menschenrechtsverstöße angeht, ein Spannungsverhältnis zu Art. 2 Ziff. 7 VN-Charta angelegt, der eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, verneint. Gesichert ist aufgrund der genannten Bestimmungen der VN-Charta lediglich, daß "promotion" und " encouragement", also die allgemeine Förderung und Festigung der Menschenrechte als Aufgabe der Vereinten Nationen anzusehen und daher dem Bereich ausschließlicher staatlicher Zuständigkeit enthoben ise7 . Dagegen kann in bezug auf die Wahrnehmung konkreter Menschenrechtsaufgaben der Grundsatz der Nichteinmischung grundsätzlich anwendbar sein. Der Charta sind insbesondere keine genaueren Vorschriften dariiber zu entnehmen, ob und, wenn ja, in welcher Form eine Untersuchungstätigkeit im Bereich konkreter Menschenrechtssituationen stattfinden kann. Für die Frage, ob auf Grund der Verankerung der Menschenrechte im internationalen Recht und insbesondere in Artt. 1 und 55 VN-Charta deren Durchsetzung eine internationale Angelegenheit der Organe der Vereinten Nationen geworden ist, gewinnt daher die Praxis dieser Organe eine maßgebliche Bedeutung38 . Einen entscheidenden Präzedenzfall in der Praxis der Generalversammlung, die Verwirklichung der Menschenrechte im Bereich von Diskriminierungen - zumindest soweit schwere und systematische Verletzungen betroffen sind - nicht als ausschließlich in den Bereich der inneren Angelegenheiten eines Staates fallend zu erachten, stellte der Bericht der , Commission on the Racial Situation in the Union of South Africa' (UNCORS) dar39 . Der Bericht der Kommission setzte sich eingehend mit den Argumenten, die für die Anwendung der Vorschrift des Art. 2 Ziff. 7 VN-Charta vorgebracht wurden, auseinander und gelangte zu der Schlußfolgerung, daß die Generalversammlung die Befugnis habe, Untersuchungen und Empfehlungen im Falle systematischer und schwerer Menschenrechtsverletzungen zu unternehmen. Bezogen auf die in der Einsetzungsresolution 616 A (VII) 37 F. Ennacora, in: B. Simma, Charta der Vereinten Nationen, Art. 2 Ziff. 7, Rdnr. 43. 38 F. Ennacora, Human Rights and Domestic Jurisdiction, RdC 124 (1968) II, s. 371 (435 ff.). 39 8 GAOR, Beil. Nr. 16, Dok. A/2505 und A/2505/Add. 1, v. 3. 10. 1953; vgl. auch unten 2. a) bb )(2)(c).
li. Die Rechtsstellung
37
vom 5.12.1952 enthaltenen Beschränkungen seiner Tätigkeit .,with due regard to the provisions of Art. 2 § 7" VN-Charta führte der Bericht aus: "(U)nder the Charter, the Assembly is empowered to undertake any investigations and make any recommendations to Member States that it deems desirable concerning the application and enforcement of the Purposes and Principles of the Charter, among which the respect of human rights and fundamental freedoms is outstanding. The exercise of the powers and functions devolving on the Assembly on such matters does not constitute an intervention within the meaning of Art. 2 § 7 of the Charter. Hence since the commission is a subsidiary body of the Assembly il too is not restricted by these provisions in its activities . .. " 40
Seit der Befassung der Generalversammlung mit dem Fall Südafrika hat sich das Kriterium der massiven und systematischen Menschenrechtsverletzung als Entscheidungsmerkmal für den Übergang einer Angelegenheit in den Bereich des ., international concem" in der Praxis der Vereinten Nationen durchgesetzt, und zwar unabhängig von der Frage, ob diese Angelegenheit potentiell den Frieden bedroht oder nicht41 , also auch außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 14 VN-Charta, wonach die GV berechtigt ist .,(to) recommend measures for the peaceful adjustment of any situation ... " 42 Die seither ständig geübte Praxis der Organe der Generalversammlung, Menschenrechtsuntersuchungen, soweit es um schwere und systematische Verstöße geht, auch ohne eine besondere vertragliche Grundlage durchzuführen, wie sie in dem Individualmitteilungsrecht nach ECOSOC-Res. 1503 ihren bekanntesten Ausdruck gefunden hat4 3 , stößt auch in der Literatur auf keinen grundsätzlichen Widerspruch44. Das Special Committee besitzt also einen mit den statutarischen Befugnissen· der Generalversammlung im Einklang stehenden Menschenrechts40 UNCORS Bericht A/2505 und Add.l, §§ 117ff. (254 (2)), S. 15ff. (34). Dieser Bericht fand die vorbehaltlose Billigung der Generalversammlung: Res. 721 (VIII) op. § 2 vom 8.12.1953, UNYB, S. 197f. 41 A/2505, § 254 (3); vgl. auch C. Ritterband, Universeller Menschenrechtsschutz und völkerrechtliches Interventionsverbot (1982), S. 435. 42 Die im Konsens-Verfahren zustande gekommene Manila-Deklaration vom 15.11.1982 (Res. 37/10) betont diese Rolle der Generalversammlung bei der friedlichen Streiterledigung, UNYB 36 (1982), S. 1371 ff. 43 Res. vom 27. 5.1970, 48 ECOSOC OR, Beil. Nr. I A, S. 8; Text deutsch, in: B. Simma/U. Fastenrath, Menschenrechte - Ihr internationaler Schutz, 3. Aufl. (1992), S. 15; s. auch unten d)aa)(1)(b). 44 F. Errnacora, RdC 124 (1968) II, S. 436; ders., in: B. Simma, Charta (1991), Art. 2 Ziff. 7, Rdnr. 23; G. Guillaume, in: J. Cot/ A. Pellet, La Charte des Nations Unies (2. Aufl. 1991), Art. 2 Ziff. 7, S. 154f.; K. Hemd!, Recent Developments conceming United Nations Fact-Finding in the Field of Human Rights, in: Fortschritt im Bewußtsein der Grund- und Menschenrechte, Festschrift für F. Errnacora (1988), S. 1 (5); C. Tomuschat, Menschenrechte, Individualbeschwerde, in: R. Wolfrum/N. Prill/J. Bruckner, Handbuch Vereinte Nationen (2. Aufl. 1991), S. 551.
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
Untersuchungsauftrag, und zwar unabhängig von der Frage, ob mit dem Besatzungszustand eine die internationale Sicherheit und den Weltfrieden bedrohende Situation geschaffen ist (vgl. Art. 11 (2) VN-Charta)45 . 2. Die historischen Vorbilder und verwandten Ausprägungen der Untersuchung
Um die Tätigkeit des Special Committee in den Zusammenhang der Praxis des Fact-tinding als internationales Tatsachenermittlungsverfahren einordnen zu können, sollen im folgenden kurz einige Vorläufer und verwandten Ausprägungen dargestellt werden. Die Untersuchung konkreter Menschenrechtsverstöße durch die Generalversammlung kennt eine Reihe historischer Vorläufer [a)]. Die Praxis des Menschenrechtsschutzes innerhalb der VN kann darüber hinaus heute auf eine Vielzahl verwandter Untersuchungsverfahren blicken [b)]. a) Die typologische Einordnung des Ausschusses unter seine historischen Vorläufer
Es lassen sich zwei Grundtypen von Vorläufern unterscheiden: Fact-tinding dient einmal auf vertraglicher Grundlage als Verfahren der friedlichen Streiterledigung [aa)]. Zum anderen hat sich das Untersuchungsverfahren im organisatorischen Rahmen der VN zu einem Instrument kollektiver Menschenrechts- und Friedenssicherung entwickelt [bb)] 46. aa) Die vertraglichen Vorläufer des Untersuchungsverfahrens Das Fact-tinding als Instrument der Streitbeilegung Fact-tinding ist als ein Verfahren zur Förderung der Streitbeilegung auf bilateraler Basis entstanden. Die Herrschaft über den Streitstoff verbleibt hier bei den Parteien. Der eingeschaltete Dritte oder ein von den Streitparteien unabhängiges Organ nimmt allein die Hilfsfunktion der Tatsachenermittlung vor47 •
45 Vgl. zu letzterem Aspekt den Vertreter der Ukraine, 23 GAOR, Dritter Ausschuß, 1632te Sitzung, 6.12.1968, S. 3. 46 Eine Studie der Geschichte des Fact-tinding seit 1899 enthält der ,Report of the Secretary-General on methods of fact-finding', Dok. A/5694 (1964); vgl. auch die umfassende Abhandlung bei W. Shore, Fact-Finding in the Maintenance of International Peace (1970). 47 Vgl. B. Ramcharan, Introduction (1982), S. 2; C. Tomuschat, in : B. Simma, Charta ( 1991 ), Art. 33, Rdnr. 26.
II. Die Rechtsstellung
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(1) Die Haager Abkommen zur
friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle 48
Schon das erste Haager Abkommen von 1899 sah die Untersuchung als ein Verfahren der friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle vor49 . Es handelte sich um ein freiwilliges Verfahren durch ein nicht-ständiges Organ. Die Aufgabe des Untersuchungsverfahrens sollte allein die Beseitigung der Ungewißheit über die in Streit befindlichen Tatsachen sein, die Parteien sollten aber frei bleiben in der Beurteilung der daraus zu ziehenden Schlußfolgerungen. Der Wortlaut der revidierten Konvention von 1907 sieht ebenfalls für die Untersuchungskommission eine reine Tatsachenuntersuchungsaufgabe vor50 . Das Haager Abkommen von 1899 fand in einem der berühmtesten vertraglichen Tatsachenuntersuchungsverfahren Anwendung, dem DoggerbankFall. Aufgabe der dort eingesetzten Untersuchungskommission war allerdings nicht allein, den Sachverhalt aufzuklären, der zur Eröffnung des Feuers auf die englische Trawler-Flotte von Hull durch die russische Baltik-Flotte geführt hatte, sondern auch die Beantwortung der Frage "as to where the responsibility lies and the degree of blame attaching to the subjects of the two high contracting Parties ... " 51
(2) Die Bryan-Verträge
Zwischen 1913 und 1915 kam es zum Abschluß zahlreicher bilateraler Verträge, der sog. Bryan-Verträge, durch die Vereinigten Staaten. Durch sie wurden fünfköpfige, permanente Untersuchungskommissionen eingesetzt. Diese Kommissionen sollten sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht jede Art zwischenstaatlicher Streitigkeit behandeln. Großer Erfolg A/5694, §§ 11 - 61. RGBI. 1901, S. 393. 50 RGBI. 1910, S. 5, Art. 9: "Bei internationalen Streitigkeiten, die weder die Ehre noch wesentliche Interessen berühren und einer verschiedenen Würdigung von Tatsachen entspringen, erachten die Vertragsmächte es für nützlich und wünschenswert, daß die Parteien, die sich auf diplomatischem Wege nicht haben einigen können, soweit es die Umstände gestatten, eine internationale Untersuchungskommission einsetzen mit dem Auftrage, die Lösung dieser Streitigkeiten zu erleichtern, indem sie durch eine unparteiische und gewissenhafte Prüfung die Tatfragen aufklären." Das Verfahren vor der Kommission regeln im einzelnen die Art. 18ff. 51 A/5694, §§ 20 - 29 (23) und 376; zum Ganzen: F. Ermacora, International Enquiry Commissions in the Field of Human Rights, Human Rights Journal (HRJ) 1 (1968), S. 180 (182); T. Franck/L. Cherkis, The Problem of Fact-Finding in International Disputes, Western Reserve Law Review (WRLR) 18 (1967), S. 1483 (1488ff.); S. Kaufman, The Necessity for Rules of Procedure, AULR 18 (1969) s. 739 (74lff.). 48 49
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
war ihnen nicht beschieden, denn zur Anwendung des Untersuchungsmechanismus der Verträge ist es nie gekommen5 2 •
(3) Das Untersuchungsveifahren im Rahmen der Völkerbundsatzung Die Regelung eines vertraglichen Tatsachenuntersuchungsverfahrens enthielt auch Art. 15 der Satzung des Völkerbunds. Darin stimmten die Mitglieder überein, dem Völkerbundrat "any dispure likely to Lead to a rupture which is not submitred to arbitration or judicial settlement" vorzulegen. Die Resolution der Dritten Vollversammlung des Völkerbunds vom 22. 9. 1922 (" The Procedure of Conciliation ") schlug die Einsetzung von Sondervermittlungskommissionen aufgrund separater Verträge der Mitgliedstaaten vor53 . Das Fact-tinding im Rahmen dieser Verfahren wurde in den Dienst einer Vermittlungstätigkeit gestellt, die den Auftrag zu konkreten Vorschlägen an die Streitparteien beinhaltete (Art. 7). Die Praxis aus der Zeit des Völkerbunds weist eine Vielzahl bilateraler und kollektiver Verträge und auch Fälle auf, in denen von der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen Gebrauch gemacht worden ist54. Die Besonderheit des von der Völkerbundsatzung in Art. 12 und 15 vorgesehenen Einsetzungsverfahrens für Untersuchungsmissionen war die Übertragung des Initiativrechts von den direkt betroffenen Parteien auf eine dritte Instanz, nämlich den Rat oder die Versammlung. Erstes und zugleich bekanntestes Beispiel für dieses Vorgehen des Völkerbundrates auf der Grundlage von Art. 15 ist die im Streit zwischen Finnland und Schweden durch Resolution vom 20. 9. 1920 eingesetzte Untersuchungskommission zur Klärung der finnischen Souveränitätsrechte über die in der Mehrzahl von Schweden bewohnten Aaland-lnseln. Die Untersuchung führte zu einer vertraglichen Regelung des Konflikts aufgrund des nach Abschluß der Ermittlungen durch die Kommission vorgelegten Berichts5 5 . 52 Vgl. Bericht des Generalsekretärs, N5694, §§ 62ff.; W. Shore, Fact-Finding (1970), S. 19ff. m.w.Nw. 53 League of Nations, Records of the Third Assembly, Plenary Meetings, Bd. I (Genf 1922), S. 199f.; Bericht des Generalsekretärs, Dok. N5694, § 83; W. Shore, Fact-Finding (1970), S. 22f.; F. Ermacora, International Inquiry Commissions, HRJ I (1968), S. 183. 54 Bericht des VN-Generalsekretärs N5694, §§ 84 - 103. 55 Report of the Comrnission of Rapporteurs on the Aaland Islands Question, League of Nations Council, 16.4.1921, Dok. B 7 21168/106; zur Praxis des Völkerbunds allgemein: D. Wainhouse, International Peace Observation, A History and a Forecast (1966), S. 7ff.; N. Bar Yaacov, The Handling of International Disputes (1974), S. 119ff.; vgl. auch: T. Bensalah, L'enquete internationale dans Je reglementdes conflits (1976), S. 126f.
II. Die Rechtsstellung
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(4) Die vertraglichen Untersuchungsveifahren im Rahmen der Genfer Rotkreuz Abkommen
Während vor 1940 eine Vielzahl von Abkommen über die Einsetzung von Untersuchungskommissionen abgeschlossen worden sind, ist es danach nur zum Abschluß weniger multilateraler und bilateraler Untersuchungsabkommen gekommen56. Erwähnenswert sind aber die speziellen Bestimmungen der vier Genfer Abkommen zum Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte und unter ihnen im hier einschlägigen Zusammenhang insbesondere die der Vierten Konvention zum Schutz von Zivilpersonen vom 12. 8. 1949 -, die zur Feststellung behaupteter Verletzungen der Abkommen jeweils die Durchführung eines Untersuchungsverfahrens auf Begehren einer am Konflikt beteiligten Partei vorsehen 57. Zur Einleitung einer solchen Untersuchung ist es insbesondere im Fall der von Israel besetzten Gebiete nicht gekommen. Auch das im Zusatzprotokoll I. (8. 6. 1977) zu den Genfer Rotkreuzabkommen vorgesehene fakultative Verfahren nach Art. 90 vor der "internationalen Errnittlungskommission" ist bislang nicht zur Anwendung gelangt, auch wenn die MRK die Staaten noch jüngst zur Anwendung dieses Mechanismus im Fall der besetzten Gebiete aufgefordert hat58 . Die permanente Kommission ist zuständig, "alle Tatsachen zu untersuchen, von denen behauptet wird, daß sie eine schwere Verletzung im Sinne der Abkommen und (des) Protokolls oder einen anderen erheblichen Verstoß gegen die Abkommen und das Protokoll darstellen" (Absatz 2ci). Das Untersuchungsverfahren vor der Kommission, das auch die Leistung guter Dienste vorsieht, tritt im Falle seiner Anwendbarkeit zwischen den Parteien an die Stelle der in den vier Konventionen von 1949 vorgesehenen Verfahren (Absatz 2e)59 . (5) Das Fact-finding-Veifahren vor dem Internationalen Gerichtshof
Art. 50 des Statuts des Internationalen Gerichtshofs vom 26. 6. 1945 sieht, wie schon das Statut des Ständigen Internationalen Gerichtshofs (StiGH), Bericht des VN-Generalsekretärs A/5694, §§ 104 - 148 und §§ 365 - 373. BGBI. 1954 II, S. 783, Art. 52; S. 813, Art. 53; S. 838, Art. 132; S. 917, Art. 149. 58 MRK, Res. 1992/3, 14.2.1992, 48 ECOSOCOR (1992), Beil. 2, S. 23. 59 BGBI. 1990 II, S. 1551; vgl. dazu R. Clark, Legal Representation, in: B. Ramcharan, International Law and Fact-Finding (1982), S. 104 (120f.); vgl. zur Haltung der Bundesrepublik in der Frage der Abgabe der Fakultativerklärung nach Art. 90: F.A.Z. 12.3.1991, S. 14. 56 57
A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
42
die Möglichkeit der Einsetzung von Untersuchungskommissionen durch den Gerichtshof vor60. Der Gerichtshof hat hiervon bislang nur im Korfu KanalFall einmal Gebrauch gemacht. Zuvor hat allerdings der StiGH im Chorzow Factory-Fall ebenfalls einmal eine Untersuchung durch Sachverständige in Auftrag gegeben61 • Der IGH führt zur Aufgabe der Sachverständigen im Korfu Kanal-Fall im einzelnen aus: " ... VI. The Experts shall bear in mind that their task is not to prepare a scientific or technical Statement of the problems involved, but to give to the Court a precise and concrete opinion upon the points submitted to them. V//. The Experts shall not Iimit themselves to stating their findings ; they will also, as far as possible, give the reasons for these findings in order to make their true significance apparent to the Court. " 62
(6) Das Fact-finding im Rahmen von menschenrechts-vertraglichen Staatenund Individualbeschwerdeverfahren
Auch einige Menschenrechtsverträge, die Staatenbeschwerdeverfahren sowie individuelle Anrufungsmöglichkeiten vor den zuständigen Vertragsorganen vorsehen, enthalten Regelungen über eine inzidente, uneigentliche Tatsachenermittlungsfunktion der Vertragsorgane. In einigen Fällen ist die Untersuchung durch das für die Behandlung der Beschwerde zuständige Organ selbst vorgesehen. Die (Europäische) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. 11. 195063 sieht etwa in Art. 28 Buchst a) vor, daß die Kommission, falls sie das Individualbeschwerde-Gesuch (gern. Art. 25) annimmt, "zum Zwecke der Tatsachenfeststellung mit den Vertretern der Parteien eine kontradiktorische Prüfung und, falls erforderlich, eine Untersuchung der Angelegenheit vorzunehmen (hat)". Ein weiteres Beispiel ist die in Art. 12 des Rassendiskriminierungs-Übereinkommens vom 7. 3. 1966 in einem ersten Stadium des Staatenbeschwerde-Verfahrens vorgesehene Aufgabe des Committee on the Elimination of Racial Discrimination (CERD) 64, die notwendige Information entgeBGBI. 1973 II, S. 505. International Court of Permanent Justice (ICPJ) Reports, 1928, Beschluß v. 13.9.1928, Ser. A Nr. 17 S. 99 (lOOff.). 62 ICJ Reports 1948, Beschluß vom 17. 12. 1948, S. 124 ff. (126 - 127); vgl. dazu: W. Foster, Fact Finding and the World Court, The Canadian Yearbook of International Law 7 (1969), S. 150 (164ff.). 63 BGBI. 1952 II, S. 686. 64 BGBI. 1969 II, S. 961. 6o 61
li. Die Rechtsstellung
43
genzunehmen (to obtain, erhalten) und (to collate, auswerten), bevor es zur Bildung einer Ad-hoc-Vergleichskommission durch den Vorsitzenden des CERD kommt. Den vorstehenden Regelungen vergleichbar, enthält die im Rahmen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) auf der Konferenz in San Jose am 2. 11. 1969 unterzeichnete ,American Convention on Human Rights ' 65 in Art. 48 Buchst. d) Satz 2 die sowohl für das Staaten- (communication) als auch für das Individualbeschwerdeverfahren (petition) maßgebliche Regelung, derzufolge "(i)f necessary and advisable, the (lnter-American) Commission (on Human Rights) shall carry out an investigation, for the effective conduct of which it shall request, and the states concemed shall furnish to it, all necessary facilities. "
Auch nach der VN-Folterkonvention kann der dort in Art. 17 vorgesehene Ausschuß gern. Art. 20 (2) "eines oder mehrere seiner Mitglieder beauftragen, eine vertrauliche Untersuchung durchzuführen und ihm zu berichten", wenn er dies auf Grund der ihm vorliegenden Informationen über einen Vertragsstaat für gerechtfertigt hält66 . In anderen Fällen sehen die Verträge die Beauftragung eines gesonderten Tatsachenermittlungsorgans mit der Untersuchung vor. Das Staaten-Mitteilungsverlabren nach Art. 41 des Pakts über Bürgerliche und Politische Rechte (IPBPR) vom 19.12. 196667 spricht zwar strenggenommen nicht von einem Fact-tinding Auftrag. Gern. Art. 42 kann aber der Ausschuß mit vorheriger Zustimmung der beteiligten Vertragsstaaten eine Ad-hoc-Vergleichskommission einsetzen. Diese nimmt in den nach Absatz 7 dem Vorsitzenden des Ausschusses zur Übermittlung an die beteiligten Vertragsstaaten vorgelegten Bericht dann, wenn keine gütliche Regelung im Sinne von Buchstabe b) erzielt worden ist, gern. Buchst. c) "ihre Feststellungen zu allen für den Streit zwischen den beteiligten Vertragsstaaten erheblichen Sachfragen sowie ihre Ansichten über Möglichkeiten einer gütlichen Regelung auf." Schließlich und nicht zuletzt besteht im Rahmen des Staatenbeschwerdeverfahrens nach Art. 26 der Verfassung der International Labour Organisation (IL0) 68 ein Verfahren, demzufolge der Verwaltungsrat der ILO auf die Stellungnahme der betroffenen Regierung hin einen aus unabhängigen Per65 Basic Documents Pertaining to Human Rights in the Inter-American System (1988), General Secretariat OAS, S. 25; Text deutsch, in: B. Simma/U. Fastenrath, Menschenrechte- Ihr internationaler Schutz, 3. Autl. (1992), S. 534. 66 BGBI. 1990 II, S. 247. 67 BGBI. 1973 II, S. 1534. 68 BGBI. 1957 II, S. 318; geändert: 30.6. 1962, BGBI. 1964 II, S. 101 und 27.6.1972, BGBI. 1975 II, S. 2208.
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
sönlichkeiten zusammengesetzten Untersuchungsausschuß einsetzen kann, der die Tatsachen festzustellen und dem Verwaltungsrat einen mit Empfehlungen versehenen Bericht zu erstatten hat, der dann auch veröffentlicht wird69 . bb) Die Entwicklung vom Streitbeilegungsverfahren zum Verfahren kollektiver Friedenssicherung im Rahmen der Vereinten Nationen Im Rahmen der Vereinten Nationen hat sich nach 1945 die bereits unter der Satzung des Völkerbunds angedeutete Entwicklung des Fact-finding von einer vertraglichen Streiterledigungs-Tätigkeit zu einer Maßnahme kollektiver Interessens- und Friedenssicherung vollzogen. Die Fact-findingTätigkeit durch die Organe der VN folgt in Teilen anderen Grundsätzen und Regeln als das vertragliche Fact-finding-Verfahren. Weder ist eine gemeinsame Initiative der betroffenen Staaten noch die Geltendmachung einer Beschwer erforderlich. Der "beklagte Staat" braucht sein Einverständnis in die Untersuchung grundsätzlich nicht zu geben. Der Untersuchungsausschuß ist nicht den Konfliktparteien, sondern der Organisation gegenüber verantwortlich. In der Praxis ist auch eine rechtliche Würdigung und eine Empfehlung des Untersuchungsorgans an das einsetzende Organ üblich. Je nach einsetzendem Organ ist die Fact-finding-Tätigkeit des VNSicherheitsrates (1) und die Untersuchungstätigkeit im Auftrag der Generalversammlung (2) zu unterscheiden. (1) Das Fact-finding als Mittel der Friedenssicherung
des VN-Sicherheitsrates nach Kapitel VI der VN-Charta
(a) Die rechtlichen Grundlagen des Untersuchungsrechts Primäre Quelle des Untersuchungsrechts des Sicherheitsrates ist die ihm durch die Mitgliedstaaten der Organisation übertragene Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens gern. Art. 24 VN-Charta. Art. 34 VNCharta sieht im Einklang hiermit ein (obligatorisches) Untersuchungsrecht des Sicherheitsrats vor. Art. 29 ermächtigt den VN-Sicherheitsrat parallel zur Einsetzung von Nebenorganen. Interessanterweise hat aber die "Viermächteerklärung" der ständigen Sicherheitsrats-Mitglieder vom 7. 6. 1945 dazu geführt, daß Ein69 Vgl. dazu : D. Vignes, Procedures internationales d' enquete, Annuaire de droit international (AFDI) 9 (1963), S. 438.
fran~ais
II. Die Rechtsstellung
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setzungsbeschlüsse für Untersuchungsorgane (investigation) gern. Art. 34 nicht als Verfahrensfragen im Sinne von Art. 27 (2) VN-Charta behandelt werden und so dem Vetorecht der ständigen Mitglieder unterliegen (vgl. Art. 27 (3) VN-Charta). Op. § 5 der Erklärung begründet dies mit dem Hinweis darauf, daß "in ordering an investigation, the Council has to consider whether the investigation - which may involve calling of reports, hearing of witnesses, dispatehing a commission of inquiry, or other means - might not further aggravate the situation. " 70
Die damit verbundene eingeschränkte Handhabbarkeil des Untersuchungsrechts hat in der Rechtspraxis des VN-Sicherheitsrats zu teilweise recht uneinheitlicher Vorgehensweise in der Frage geführt, ob eine Untersuchung als , investigation' im Sinne von Art. 34 VN-Charta oder als , inquiry' einzustufen und doch nach Art. 29 i. Verb.m. 27 (2) VN-Charta einzusetzen sei71 . Im Rahmen der friedlichen Streiterledigung nach Kapitel VI, wozu insbesondere auch die vermittelnde Tätigkeit und die Friedensbeobachtung im Rahmen von Artt. 36, 37 VN-Charta (peace observation) gehören, sind dem Sicherheitsrat im Gegensatz zum Vorgehen nach Kapitel VII grundsätzlich keine verbindlichen Entscheidungskompetenzen eingeräumt. Die gern. Art. 34 VN-Charta getroffenen Verfahrensanordnungen des VNSicherheitsrates sind aber gern. Art. 25 VN-Charta für die Staaten verpflichtend, worin, wie noch zu zeigen sein wird72 , ein wesentlicher Unterschied im Vergleich zu den der Generalversammlung eingeräumten Befugnissen liegt. Von der Einsetzung eigener Untersuchungsmissionen durch den Sicherheitsrat zu unterscheiden ist die Anhörung von Sonderberichterstattern, die im Auftrag anderer Organe Untersuchungen durchführen (Generalsekretär, Menschenrechtskommission). Ein jüngeres Beispiel dieser Praxis des Sicherheitsrats ist der von den Mitgliedern USA, Frankreich, Großbritannien und Belgien erbetene mündliche Untersuchungsbericht des VN-Sonderbeobachters van der Stoel über die Menschenrechtslage im Süden des Irak. Die Anhörung van der Stoels vor dem Sicherheitsrat am 11. 8. 1992 fand trotz der von China und anderen Mitgliedern geäußerten Zweifel an der Kompetenz des Sicherheitsrats zur Befassung mit der Menschenrechtslage in einem Mitgliedsland statt73 . 70 71
72 73
UNYB 1946- 47, S. 23f. Vgl. dazu: W. Shore, Fact-Finding (1970), S. 85ff. Vgl. unten B.III.l.b)aa)(1). S/PV/3105, 11. 8. 1992, S. 13; vgl. auch FAZ, 13. 8. 1992, S. 6.
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
(b) Die Einzelfälle von Ad-hoc-Untersuchungen im Auftrag des VN-Sicherheitsrates Die frühe Fact-tinding Tätigkeit des VN-Sicherheitsrates (SR) wird eingeleitet durch die Einsetzung des ,Sub-Committee on the Spanish Question' durch die SR-Resolution vom 29.4.194674, das beauftragt, " to conduct such inquiries as it may deem necessary", einen einstimmig angenommenen Bericht mit Erkenntnissen und Empfehlungen vorlegte, die Umsetzung aber durch das Veto der Sowjetunion verhindert wurde75 • Die Praxis weist als ein weiteres Beispiel die auf Art. 34 VN-Charta gestützte Einsetzung der ,Balkan-Kommission' auf6 , die beauftragt war,
"to conduct its investigation in northern Greece . . ., in Albania, Bulgaria and Yugoslavia ", und auf Grund der Verrichtung dieses Auftrags in ihrem Bericht mit der Mehrheit der Mitglieder zu der Erkenntnis kam, daß Albanien, Bulgarien und Jugoslawien griechische Guerillakämpfer in ihren Aktivitäten gegen die Regierung ermuntert, unterstützt, ausgebildet und versorgt hatten 77 .
(2) Die Untersuchungspraxis der Generalversammlung Von diesen Missionen ist die Untersuchungstätigkeit im Auftrag der Generalversammlung zu unterscheiden. Während auch sie, vorbehaltlich des Art. 12 VN-Charta, Untersuchungen im Hinblick auf die Wahrung des Weltfriedens veranlassen kann (Art. 11 VN-Charta), ist der Bereich der möglichen Untersuchungsgegenstände hier nicht auf dieses Thema beschränkt (vgl. Art. 10 VN-Charta). Die Praxis der Generalversammlung weist entsprechend eine breit gestreute Vielfalt von Untersuchungen auf 8 . Diese Praxis kann hier nicht erschöpfend dargestellt werden. Es sollen im folgenden nur einige der Vorläufer des Ausschusses genannt werden, die nach Tätigkeitsbereich und Art der Aufgabenwahrnehmung die Untersu74
UNYB 1946 - 47, S. 346f.; Bericht des VN-Generalsekretärs, A/5694,
§§ 243 - 248; dazu auch: W. Shore, Fact-Finding (1970), S. 50f.
UNYB 1946- 47, S. 349. UNYB 1946 - 47, S. 361; A/5694, §§ 249 - 259; dazu auch: W. Shore, FactFinding (1970), S. 51. 77 UNYB 1946- 47, S. 365f.; weitere Beispiele: Bericht des VN-Generalsekretärs, A/5694, §§ 260 - 312. 78 Diese Staaten-Sonderverlabren sind nicht mit dem Verfahren nach ECOSOCRes. 1235 (1967) zu verwechseln. Vgl. die nicht ganz zutreffenden Ausführungen von M. Bossuyt, HRU 6 (1985), S. 179 (185); A. Dormenval, ProeMures onusiennes (1991), S. 72; zum Verfahren nach Res. 1235 vgl. unten d)aa)(l)(a). 75 76
II. Die Rechtsstellung
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chungstätigkeit im Auftrag der Generalversammlung in für das Special Committee relevanter Beziehung geprägt haben. Erwähnung verdienen diese Untersuchungen, auch wenn nicht alle dieser Ausschüsse einen spezifischen Menschenrechtsauftrag hatten. Zwei der Untersuchungskommissionen waren mit der Untersuchung der Bedingungen zur Abhaltung von Wahlen betraut, und zwar die ,UN (Temporary) Commission on Korea' 79 und die ,UN Commission to lnvestigate Conditions for Free Elections in Germany' 80 . Wie viele andere von der Generalversammlung geschaffene Staatenuntersuchungsausschüsse haben beide Kommissionen es nicht vermocht, die volle Zusammenarbeit der betroffenen Staaten zu erzielen, und konnten ihre Aufgabe daher nicht in erfolgreicher Weise erfüllen. Zwei weitere Ausschüsse untersuchten die Umstände politischer Attentate, die zum Tod einzelner Persönlichkeiten geführt hatten. Die , UN Commission of lnvestigation into the Death of Mr. Lumumba ' 81 hatte die Aufgabe, "to hold an immediate and impartial investigation in order to ascertain the circumstances of the death of Mr. Lumumba and his colleagues". Die Kommission mußte jedoch aus Sicherheitsgründen auf eine Besichtigung des Kongo verzichten. Die , UN Commission of lnvestigation into the death of Mr. Hammar-sköld' hatte vier spezifische, durch die Generalversammlung gestellte Fragen bezüglich des Flugzeugabsturzes des VN-Vertreters und seiner Mitarbeiter über Rhodesien zu beantworten. Eingesetzt durch GY-Res. 1628 (XVI) vom 26.10.1961 82 , hatte der Ausschuß Gelegenheit, sich nach Rhodesien zu begeben, und hörte eine Vielzahl von Zeugen. Einige weitere der von der Generalversammlung eingesetzten Vorläuferausschüsse sollen hier kurz im einzelnen dargestellt werden. (a) Das ,UN Special Committee on Palestine' (GY-Res. 106 (S-1), 15.5. 1947) Als im Jahre 1947 die Mandatsmacht Großbritannien vor dem Hintergrund des Scheiteros der eigenen Bemühungen um die Errichtung eines Unabhängigkeitsstatuts für Palästina das Palästinaproblem vor die Vereinten 79 GV-Res. 112 (II) vom 14. 11.1947; Berichte: VN Dok. A/575 und A/936 ; vgl. dazu auch A/5694, §§ 172 ff. 80 GV-Res. 510 (VI) vom 20.12.1951; Bericht: VN Dok. A/2122/Add.l vom 30.4. 1952 und Add. 2 vom 11. 8. 1952; A/5694, §§ 178 ff. 81 GV-Res. 1601 (XV) vom 15.4.1961; Bericht: VN Dok. A/4964 vom 11. 11. 1961; vgl. dazu auch A/5694, §§ 205 ff. 82 Bericht, 17 GAOR, Anhänge, TOP 22, VN Dok. A/5069 und Add. I vom 24.4.1962; vgl. dazu auch A/5694, §§ 218ff.
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
Nationen gebracht hatte, bediente sich die Generalversammlung erstmals eines Untersuchungsausschusses. Die Untersuchung diente der Vorbereitung einer Lösung der Palästinafrage83 . Die Einsetzungsresolution 106 (S-1) vom 15.5.194784 bestimmte eine Zusammensetzung aus elf Mitgliedern (Staaten). Die Resolution erlaubte UNSCOP das Problem der europäischen Juden-Flüchtlinge mit einer Lösung der Palästinafrage zu verknüpfen, indem sie vorsah, der Sonderausschuß solle " ... conduct investigations in Palestine and wherever it may deem useful, receive and examine written or oral testimony, whichever it may consider appropriate in each case, from the mandatory Power, from representatives of the population of Palestine, from Govemments and from such organizations and individuals as it may deem necessary. " 85
Weiter heißt es in op. § 6 der Resolution: "The Special Committee shall prepare a report to the General Assembly and shall submit such proposals as it may consider appropriate for the solution of the problern of Palestine. "
Der Ausschuß versuchte sich im Rahmen einer ersten Besichtigung einen Überblick über das Land, die Bevölkerung und deren Wünsche und über die sozialen, wirtschaftlichen und religiösen Gegebenheiten zu machen. Sein Weg führte durch arabische und jüdisch bevölkerte Gebiete. Der Ausschuß unternahm weiter Untersuchungen bezüglich der ihm von den Parteien unterbreiteten Tatsacheninformationen. Ferner veranstaltete er Anhörungen, die Vertreter politischer und anderer gesellschaftlicher Organisationen, aber auch Einzelpersonen sowie Würdenträger der verschiedenen Glaubensgruppen einschlossen86. Seiner Aufgabe entsprechend unterbreitete UNSCOP einen Bericht, der die Beendigung des Palästinamandats und die Regelung der Unabhängigkeit nach Ablauf einer Übergangszeit unter Verantwortung der Vereinten Nationen vorschlug. Die Empfehlungen des Ausschusses für ein Unabhängig83 A/5694, §§ 160ff.; zur Kritik der Arbeit von UNSCOP: An International Law Analysis of the Major United Nations Resolutions Concerning the Palestine Question, United Nations (1979), S. 12ff.; insgesamt zur Arbeit von UNSCOP auch: The Origins and Evolution of the Palestine Problem, Teil II (1947 - 1977), S. 10- 20; vgl. auch D. Wainhouse (1966), S. 245ff. 84 VN Dok. A/310 (1947), Resolutions adopted by the General Assembly during its First Special Session, S. 6 f. 85 Op. § 4; abgedruckt im Bericht des Generalsekretärs, A/5694, § 164 sowie bei B. Ramcharan, Evidence, in: ders., International Law and Fact-Finding (1982), S. 69. 86 A/5694, § 164.
II. Die Rechtsstellung
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keitsstatut enthielten zwei konkurrierende Vorschläge: Einen von der siebenköpfigen Mehrheit vorgeschlagenen Teilungsplan und einen von drei Mitgliedern vorgeschlagenen Föderationsplan87 . Der Bericht wurde durch ein Ad hoc Committee der Generalversammlung geprüft, auf dessen Vorschlag hin die Generalversammlung die VN-Teilungsresolution 181 (II) A am 29.11.1947 annahm. (b) Das ,UN Special Committee on the Balkans ' Eingesetzt durch GY-Res. 109 (II) vom 21.10.1947, die - nach Absetzung der Frage der Zwischenfälle an der griechischen Grenze von der Tagesordnung des Sicherheitsrates88 - die zerstritteneo Regierungen zur Zusammenarbeit und friedlichen Streitbeilegung aufforderte, sollte der Ausschuß die Befolgung der Empfehlungen der Generalversammlung durch die Staaten beobachten. Zur Untersuchung, ob die Staaten gutnachbarliche Beziehungen entwickeln, Grenzverträge schließen, in der Flüchtlingsfrage zusammenarbeiten und die Minderheitenfragen regeln würden, unternahm der Ausschuß Grenzbesichtigungen von Griechenland aus und ermittelte in Fragen der Guerilla-Aktivitäten. Albanien, Bulgarien und Jugoslawien verweigerten dem Ausschuß die Anerkennung89 • (c) Die ,UN Commission on the Racial Situation in the Union of South Africa' (GY-Res. 616 A (VII), 5.12.1952) und das ,UN Special Committee on the Policies of Apartheid of the Govemment of the Republic of South-Africa' (GV-Res. 1761 (XVII), 6. 11. 1962) Zwei weitere der von der Generalversammlung eingesetzten Ausschüsse hatten den Rassenkonflikt in Südafrika zum Gegenstand. In diesen beiden, die Menschenrechtslage in Südafrika betreffenden Fällen setzte die Generalversammlung sich über die gegen die Untersuchungen gerichteten Einwände der verbotenen Einmischung in die inneren Angelegenheiten seitens der betroffenen Regierung hinweg. Damit wurde ein wichtiger Präzedenzfall für die Durchführung von Untersuchungen unabhängig vom Einverständnis des betroffenen Staates geschaffen. 2 UN GAOR, Beil. 11, Dok. N364, 3. 9.1947, S. 42- 64. s. oben (l)(b). 89 Bericht des Generalsekretärs N5694, §§ 166 - 171; UN Interim Comrnittee of the General Assembly. Organization and procedure of United Nations Commissions VI, Publications of the Secretariat, 1948 Serie X, Nr. 1 bis 12 (1949 XI), zitiert nach: W. Shore, Fact-Finding (1970), S. 53. 87
88
4 Kuh!
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
Die , Commission on the Racial Situation ' 90 wurde in Res. 616 A (VII) op. § 1 damit beauftragt, "to study the racial situation in the Union of South Africa in the light of the purposes and principles of the Charter, with due regard to the provision of Article 2, paragraph 7, as weil as the provisions of Article 1, paragraphs 2 and 3, Article 13, paragraph 1 b ), Article 55 c ), and Article 56 of the Charter . .. "
Der Ausschuß bestand aus drei in persönlicher Eigenschaft tätigen Mitgliedern. Der Bericht der Kommission stellte fest, daß die Generalversammlung auf Grund der Charta berechtigt sei, jede Untersuchung durchzuführen, und daß sie jede Entschließung, die sie im Hinblick auf Anwendung und Umsetzung der Ziele und Grundsätze der Charta für erforderlich hält, fassen kann91 . Der Bericht der Kommission stützte sich in Anbetracht der Umstände der Untersuchung, die eine Vor-Ort-Besichtigung nicht zuließen, im wesentlichen auf eine Darstellung der einschlägigen in Kraft befindlichen Gesetzgebung in Südafrika sowie auf mündliche und schriftliche Aussagen von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) und Privatpersonen. Zusätzlich untersuchte der Ausschuß schriftliche Stellungnahmen von Staaten. Das Mandat der Kommission wurde zweimal verlängert92 • Durch Res. 1761 (XVII) vom 6. 11. 1962 wurde erneut ein Untersuchungsausschuß zur Lage in Südafrika eingesetzt93 . Er war aus elf Staaten, unter ihnen vier Staaten vom afrikanischen Kontinent, zusammengesetzt. Das ,Special Committee on the Policies of Apartheid' hatte zur Aufgabe, "(a) to keep the racial policies of the government of South-Africa under review when the Assembly is not in session" und "(b) to report either to the Assembly or to the Security Council or to both . . . from time to time. "
Der Ausschuß legte 1963 einen ersten Abschlußbericht94 und, auf entsprechende Verlängerung seines Mandats durch die Generalversammlung hin, 1964 zwei weitere Berichte vor95 .
Vgl. dazu bereits oben 1. b). 8 UN GAOR, Beil Nr. 16, Dok. N2505/Add.1, § 254 S. 34; vgl. auch N5694, §§ 185 - 189. 92 GV-Res. 721 (VIII), 8. 12. 1953, op. § 3; GV-Res. 820 (IX), 14. 12. 1954. 93 Vgl. dazu: N5694, §§ 228 - 233. 94 Dok. N5497 und Add.1 , 16.9.1963. 95 VN Dok. N5692, 25.3.1964 und N5707, 25.5.1964. 90
91
II. Die Rechtsstellung
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(d) Das ,UN Special Committee on the Problem of Hungary' (GY-Res. 1132 (XI), 10.1. 1957) Der Ad-hoc-Ausschuß zu Ungarn wurde von der Generalversammlung mit dem Auftrag versehen, die Mitglieder mit "the fullest and best available information regarding the situation created by the intervention of the Union of Soviet Socialist Republics, through its use of armed force and other means, in the intemal affairs of Hungary . .. "
zu versorgen. Der Ausschuß hatte insbesondere die Aufgabe, " to investigate, and to establish and maintain direct observation in Hungary and elsewhere, taking testimony, collecting evidence and receiving information, as appropriate, in order to report its findings to the General Assembly" 96•
Im Einleitungskapitel zu seinem Bericht, der einen vorbildhaften Rechenschaftsbeleg der methodischen Vorgehensweise des Ausschusses im Hinblick auf die Zeugenauswahl, die Zeugenanhörung, die Verwendung von dokumentarischem Material und die Berichtsstruktur enthält, stellte der Ausschuß mit Bedauern fest, daß die Weigerung der ungarischen Regierung ihm eine direkte Beobachtung vor Ort nicht ermöglicht hatte97 • (e) Das ,UN Special Committee on South West Africa' (GY-Res. 1702 (XVI), 19. 12. 1961) Obwohl Südafrika, die Mandatsmacht unter dem Völkerbund, auch die Gesetzmäßigkeit des Südwest-Afrika Ausschusses bestritt, erlaubte es die Regierung im Gegensatz zu den beiden Südafrika-Ausschüssen dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter, nach Südwest-Afrika zu reisen, um dort eine Besichtigung vor Ort durchzuführen, wie auch zu informellen Gesprächen mit Regierungsmitgliedern und Vertretern verschiedener politischer und rassischer Gruppen nach Südafrika zu kommen. In seinem Bericht kam der Ausschuß zu der Feststellung, daß die Bevölkerung Südwest-Afrikas eine sofortige Verwaltung durch die Vereinten Nationen und eventuelle Unabhängigkeit anstrebe98 . Die Generalversammlung bekräftigte daraufhin das Recht Südwest-Afrikas auf Unabhängigkeit99 . 96 Res. 1132 (XI) op. § 1, abgedruckt in: 11 UN GAOR, Beil. 18, Dok. N3592 (1957); vgl. auch N5694, §§ 198ff., sowie B. Ramcharan, Evidence (1982), S. 69. 97 N3592, § 4. 98 17 UN GAOR, Beil. 12, Dok. N5212, 31.8.1962; vgl. auch N5694, §§ 223227. 99 Res. 1805 (VII), 14. 12. 1962, löste das Committee aber auf und übertrug seine Aufgaben dem ,Special Committee on the Situation with Regard to the Implementation of the Declaration on the Granfing of Independence to Colonial Countries and Peoples', Res. 1806 (XVII), 14.12.1962; s. unten b)cc)(2). 4*
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
(t) Die , UN Fact-finding Mission to South-Vietnam'
Im Unterschied zu den übrigen Ausschüssen wurde die Vietnam-Mission ohne formellen Beschluß der Generalversammlung auf unwidersprochene Empfehlung des Versammlungspräsidenten hin eingesetzt. Der Ständige Vertreter Süd-Vietnams hatte zuvor bestimmte Mitglieder der Generalversammlung zur Besichtigung des Landes eingeladen. Der Ausschuß unternahm es, die Situation eines religiösen Konfliktes im Lande zu untersuchen. Seine Aufgabe, die der Ausschuß selbst in der von ihm verfaßten Geschäftsordnung formulierte, war, "to ascertain the facts of the situation as regards the alleged violations of human rights by the Govemment of the Republic of Viet-Nam in its relations with the Buddhist community ofthat country. " 100
Der Ausschuß, der aus sieben Staatenvertretern zusammengesetzt war, setzte sich zur Aufgabe, "to seek factual evidence", und erarbeitete dazu recht prägnante Verfahrensregeln. Diese vom Ausschuß ausgearbeitete Geschäftsordnung sieht Regeln über die Verwendung von Beweisquellen, die Besichtigung vor Ort, Petitionen von Individuen und die Anhörung von Zeugen vor 101 . Die Verfahrensregeln des Ausschusses haben Einfluß auf die späteren Versuche im Rahmen der Menschenrechtskommission gehabt, model rules für Fact-tinding Ausschüsse zu entwickeln. Auch in der Literatur wird allgemein die besondere Bedeutung der Vietnam-Mission für die Entwicklung des Untersuchungsverfahrens im Rahmen der Vereinten Nationen hervorgehoben102. b) Die Abgrenzung der Untersuchung von anderen Untersuchungsverfahren durch Organe der Vereinten Nationen
Neben den Verfahren, die als Vorläufer des Untersuchungsausschusses zu den besetzten Gebieten angesehen werden können, sind im Rahmen der 100 Vietnam Fact-Finding Mission (1963), 18 UN GAOR Anhänge 77, S. 3ff. (78), VN-Dok. N5630, 7. 12.1963, ,Rules of procedure', Anhang II Nr. 12; Geschäftsordnung auch abgedruckt in: UN Action in the Field of Human Rights (1983), S. 333 § 92; zur Tätigkeit des Ausschusses auch: Bericht N5694, §§ 234239. 101 N5630 Anhang II, Nr. 14 - 20. 102 S. Kaufman, Rules of Procedure, AULR 18 (1969), S. 754, Text abgedruckt S. 764 ff.; B. Ramcharan, UN Practice in Fact-Finding and on the Spot Investigations in the Field of Human Rights, Institut international des Droits de l'homme 11 (1980), S. lOf.; ders., Evidence (1982), S. 69; T. Franck/L. Cherkis, S. 1496ff. (1503) ; R. Clark, Legal Representation (1982), S. 121 f. (122).
II. Die Rechtsstellung
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Vereinten Nationen auch einige verwandte Verfahren zu nennen, die für die Einordnung der Praxis der Untersuchung wichtig sind. Untersuchungsverfahren sind im Rahmen der Vereinten Nationen außer durch die Generalversammlung und den Sicherheitsrat auch im Rahmen des Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSOC, vgl. Art. 62 VN-Charta) vorgesehen [aa)]. Daneben ist die Untersuchungspraxis durch den Generalsekretär [bb)] und durch den Treuhandrat (vgl. Art. 87 VN-Charta) bzw. den Dekolonisierungs-Ausschuß [cc)] zu nennen. aa) Die Menschenrechts-Untersuchungsverfahren im Rahmen des Economic and Social Council (ECOSOC) Im Bereich der Menschenrechtsuntersuchungen überlagern sich die Aufgaben und Zuständigkeiten der Generalversammlung mit denen des ECOSOC. Im Rahmen der auf Grund von Art. 68 VN-Charta durch den ECOSOC eingesetzten Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen ist es seit Ende der sechziger Jahre zu einer verwirrenden Ausbreitung von periodischen (1) und von Ad-hoc-Untersuchungsverfahren (2) gekommen. Sie sind insgesamt von herausragender Bedeutung für die Fortentwicklung der VN-Praxis auf dem Gebiet der Untersuchung von schweren und zusammenhängenden Verstößen gegen die Menschenrechte. (1) Die periodischen Verfahren
der Prüfung von Mitteilungen
Seit Bestehen der Menschenrechtskommission war die Frage der Befugnis zur Betreibung von Untersuchungen auf Grund konkreter Mitteilungen über Menschenrechtsverstöße in einzelnen Mitgliedstaaten immer wieder diskutiert worden. Bis 1966 stand der Gedanke der Nichteinmischung aus Art. 2 Ziff. 7 VN-Charta der Etablierung einer Verfahrenspraxis im Wege, die über die Behandlung dieser Mitteilungen im Rahmen kommissionsinterner Listen hinausging 103 • (a) Das öffentliche Verfahren nach ECOSOC-Res. 1235 (XLII), 6.6.1967 Die Wende trat erst unter dem Einfluß einer durch die gewachsene Mehrheit der Drittewelt-Staaten innerhalb der Vereinten Nationen angefachten 103 Vgl. ECOSCOC Res. 75 (V), 5.8.1947, VN Dok. E/573 (1947); ECOSOC Res. 728 F (XXVIII), 30. 7.1959, VN Dok. E/3290 (1959) S. 20; in diesen Resolutionen stimmte der ECOSOC den Bewertungen der MRK zu, die gesagt hatte, sie habe "no power to take any action in regard to any complaints regarding human rights".
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
Rassismus- und Dekolonisierungsdebatte ein, die sich Ausdruck in GVRes. 2144 (XXI) vom 26.10. 1966 mit dem Titel ,Question of the violation of human rights and fundamental freedoms, including policies of racial discrimination and segregation and of apartheid, in all countries, with particular rejerence to colonial countries and other dependent countries and territories' verschaffte. Als gestützt auf deren op. § 12 die MRK in Res. 8 (XXIII) vom 16.3.1967 den ECOSOC aufforderte, ihr die Befugnis einzuräumen "to examine information relevant to gross violations of human rights and fundamental freedoms" (op. § 4), antwortete der ECOSOC in Res. 1235 (XLII) vom 6.6.1967, die MRK könne in geeigneten Fällen "and after careful consideration of the information thus made available to it" eine "thorough study of situations which reveal a consistent pattem of violations of human rights" (op. § 3) vornehmen. Auf dieser Grundlage ist eine gefestigte Praxis periodischer Prüfung individueller Mitteilungen zur Untersuchung von Menschenrechtsverstößen entstanden 104. (b) Das nicht-öffentliche Verfahren nach ECOSOC-Res. 1503, 27.5.1970 Das im Rahmen von ECOSOC-Res. 1235 (XLII) geschaffene Verfahren fand eine Ergänzung in der ECOSOC-Res. 1503 (XLIII) vom 27. 5.1970 mit dem Titel ,Procedure for dealing with communications relating to violations of human rights and fundamental freedoms '. Dieses Verfahren hat außerordentliche Bedeutung erlangt. Auch hier handelt es sich um ein Verfahren, das der Prüfung menschenrechtlicher Situationen dient, über die behauptet wird, es handele sich um massive und systematische Verletzungen. Das vom Ablauf wesentlich stärker ausgestaltete Verfahren sieht in einem ersten Schritt vor, daß der Generalsekretär eingegangene Mitteilungen zusammen mit etwaigen Erwiderungen der betroffenen Regierungen einer Arbeitsgruppe der ,Sub-Commission on Prevention of Discrimination and Profeetion of Minorities' vorlegt. Die Arbeitsgruppe legt die Mitteilungen, die ein "consistent pattem of gross and reliably attested violations of human rights " erkennen lassen, der Sub-Commission vor (op. § 1), die sie in einem zweiten Arbeitsschritt prüft und gegebenenfalls der Menschenrechtskommission vorlegt (op. § 5). Die MRK befindet alsdann, ob und wie sie tätig werden will. Ihre Maßnahmen können in einer gründlichen Untersuchung mit anschließendem Bericht an den ECOSOC (op. § 6 (a)) oder in Ermittlungen durch einen 104 Zur Entwicklungsgeschichte dieses Verfahrens: UN Action (1983), S. 325ff. (328); T. Gonzales, The Political Sources of Procedural Debates, NYUJIL&P l3 (1981), S. 447ff. (452); A. Dormenval, Procedures onusiennes (1991), S. 94ff. (98); J. Partsch, in: B. Simma, Charta (1991), Art. 68, Rdnr. 87f.
li. Die Rechtsstellung
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Ad-hoc-Ausschuß aus unabhängigen Persönlichkeiten bestehen, der allerdings nur mit Zustimmung des betroffenen Staates zusammentritt (op. § 6 (b)) und unter Ausschluß der Öffentlichkeit verhandelt (op. § 7 (c)) 105 • Zustimmungsbedürftigkeit und Vertraulichkeit vor dem Ad-hoc-Committee haben zu Kritik an dem vorgesehenen Verfahren geführt. Insgesamt ist dessen praktische Bedeutung auf Grund dieser Voraussetzungen stark gehernrnt 106. Der Wille, staatliche Souveränitätsempfindungen zu respektieren, wird hier deutlich spürbar 107 . Zugleich wird das Verfahren auch wegen seiner politischen Ausrichtung kritisiert. Dies betrifft insbesondere die Rolle der Sub-Commission, die, obwohl aus unabhängigen Experten zusammengesetzt, erheblichen politischen Einflußnahmen der Staaten unterliegt 108 , aber auch das inkonsequente Verhalten der Menschenrechtskornmission selbst, was die Einleitung von Maßnahmen gemäß op. § 6 der Res. 1503 angeht 109. Manche Autoren betonen denn auch, das Verfahren diene nicht der Untersuchung bestimmter Menschenrechtsverletzungen, sondern allein der "Identifizierung menschenrechtsfeindlicher politischer Systeme" und bemängeln die "politische Ausrichtung des Verfahrens" und die "politische Voreingenommenheit einiger Mitglieder der Menschenrechtskommission."110 Andere formulieren ergänzend, zwischen Beschwerdeführer und Verletzerstaat finde kein kontradiktorisches oder prä-judiziäres Verfahren, sondern ein indirektes, eher politisches Verfahren zwischen betroffenem Staat und der Staatengemeinschaft insgesamt statt 111 . 105 Zu diesem Verfahren: UN Action in the Field of Human Rights (1983), S. 328ff. §§ 47ff.; R. Lagoni, in: B. Simma, Charta (1991), Art. 62, Rdnr. 26; M. Tardu, UN Response to Gross Violations of Human Rights, SCLR 20 (1980), s. 561 ff. 106 M. Bossuyt, The Development of Special Procedures, HRU 6 (1985), S. 183f.; R. Clark, in: B. Ramcharan (1982), Legal Representation, S. 117. 107 Vgl. T. van Boven, Fact-Finding in the Field of Human Rights, Israel Yearbook on Human Rights (IYHR) 3 (1973), S. 93ff. (108). 108 T. Farer, The United Nations and Human Rights, HRQ 9 (1987), S. 550 (576); K. Brennan/R. Brody/D. Weissbrodt, The 40th Session of the UN Sub-Commission of Discrimination and Protection of Minorities, HRQ 11 (1989), S. 295ff. (303f.); A. Dormenval (1991), S. 57, 138; T. Gonzales, The Political Sources of Procedural Debates, NYUJIL&P 13 (1981), S. 433. 109 T. van Boven, United Nations and Human Rights: A Critical Appraisal, in: A. Cassese, UN Law/Fundamental Rights (1979), S. 119 (124); C. Tomuschat, Menschenrechte, lndividualbeschwerde, in: R. Wolfrum, Handbuch Vereinte Nationen (1991), S. 554 Rdnr. 8. 110 Vgl. stellvertretend H. Bartsch, Die Entwicklung des internationalen Menschenrechtsschutzes, NJW 1977, S. 474 (477). 111 E. Riedel, Menschenrechtskommission, in: R. Wolfrum, Handbuch der Vereinten Nationen (1991), S. 576 Rdnr. 8.
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A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
Dennoch ist festzuhalten, daß es die Verfahren nach den ECOSOCRes. 1235 und 1503 sind, die ein institutionalisiertes Rahmenwerk zum Schutz der Menschenrechte geschaffen haben, das unabhängig von ratifizierten Vertragspflichten ein Vorgehen zur Untersuchung von individuellen Vorwürfen gegen einen jeden Staat ermöglicht 112 .
(2) Die Ad-hoc-Ausschuß-Untersuchungsveifahren der ECOSOC-Menschenrechtskommission (MRK) Auch außerhalb dieser Verfahren kann die MRK entsprechend ihrer Praxis Ad-hoc-Hilfsorgane einsetzen. Die Menschenrechtskommission hat dies in drei Fällen in Form von besonderen Experten-Arbeitsgruppen für bestimmte Länder getan. Der 1968 beschlossenen Einsetzung der ,Special Warking Group to Investigate Allegations Conceming Israel's Violations of the Geneva Convention' (b) war bereits 1967 die Einsetzung der ,Special Warking Group of Experts to Investigate Charges of Torture and Ill-treatment of Prisoners in South Africa' (a) vorausgegangen. Ein weiteres Beispiel bildet die 1975 eingesetzte ,Ad hoc Warking Group to Inquire into the Situation of Human Rights in Chile' (c). (a) Die ,Special Warking Group of Experts to Investigate Charges of Torrure and Ill-treatment of Prisoners in South Africa' (MRK-Res. 2 (XXIII), 6. 3. 1967) Dieser ersten Ad-hoc-Arbeitsgruppe der MRK wurde aufgetragen "(to) receive communications and hear witnesses and use such modalities of procedure as it may deem appropriate" 113•
Im Rahmen der Anti-Apartheid-Politik der Vereinten Nationen hat sie sich mit der Untersuchung konkreter Menschenrechtsverstöße in Südafrika beschäftigt. Ihr Mandat ist seither alle zwei Jahre verlängert worden. Sie ist, wie im übrigen alle Ad-hoc-Arbeitsgruppen der MRK, aus unabhängigen Experten zusammengesetzt. Sie hatte zu Anfang die Aufgabe, der Frage der Mißhandlung politischer Häftlinge und der Arbeiterrechte zur Bildung von Gewerkschaften nachzugehen, sah ihr Mandat aber sukzessive erweitert. Die Arbeitsgruppe hat die Wahl ihrer Arbeitsmethoden den Bedingungen fehlender Zusammenarbeit Südafrikas angepaßt und Informa112 A. Cancado Trindade, Co-existence and Co-ordination of Mechanisms of International Protection of Human Rights, Recueil des Cours de I' Academie de Ia Haye (RdC) 202 (1987 II), S. 9 (217). 113 MRK-Res. 2 (XXIII) op. § 3 (b), 42 ECOSOC OR, Beil. 6; Bericht, 23te Sitzungsperiode, VN Dok. E/4322 = E/CN.4/940 (1967), S. 77 § 268; abgedruckt auch bei: F. Ermacora, International Enquiry Commissions in the Field of Human Rights, HRJ 1 (1968), S. 180 (210) Anhang III.
II. Die Rechtsstellung
57
tion unter Zuhilfenahme schriftlicher Quellen aufgezeichnet. Sie hat aber auch die Zusammenarbeit betroffenener Staaten gesucht und führt Zeugenanhörungen im Rahmen von Auslandsreisen durch 114• Die Arbeitsgruppe hat in der Literatur geteiltes Echo gefunden. Bemerkenswert war bereits in den ersten Berichten der Gruppe die Beurteilung der Gesetzes- und Verwaltungsvorschriften in Südafrika auf Grund internationaler Rechtsinstrumente und Menschenrechtsverträge, die Südafrika zum großen Teil nicht ratifiziert hatte 115• Zusammensetzung und Verfahren des Ausschusses sind in der Literatur auf ein zumeist kritisches Echo gestoßen. Kritisiert worden ist sowohl die fehlende Annahme einer förmlichen Geschäftsordnung 116 als insbesondere die einseitige Auswahl der Zeugen. Die Zeugen sind vielfach durch afrikanische Befreiungsorganisationen vermittelt worden 117• Andererseits ist lobend die sorgfältige Beweiswürdigung durch die Arbeitsgruppe erwähnt worden 118• (b) Die ,Special Warking Group of Experts to lnvestigate Allegations Conceming Israels Viatations of the Fourth Geneva Convention ' (MRK-Res. 6 (XXV), 4.3.1969) Die MRK hatte bereits während ihrer Sitzungsperiode im Jahre 1968 außerhalb der Tagesordnung die Menschenrechte in den besetzten Gebieten debattiert und am 27.2. 1968 mit 29 Stimmen die Res. 6 (XXIV) angenommen, mit der sie Israel zur Erleichterung der Rückkehr der geflohenen Bewohner der besetzten Gebiete in ihr Heimatland aufforderte 119• Der Wirtschafts- und Sozialrat billigte diese Resolution am 31. 5. 1968 120 • Als sich herausstellte, daß die Aufnahme der Untersuchungstätigkeit durch das mit GY-Res. 2443 (XXIII) vom 19. 12. 1968 eingesetzte ,Special Committee to lnvestigate Israeli Practices' sich verzögern würde 121 , 114 UN Action in the Field of Human Rights (1983), S. 283 §§ 142- 150, S. 334 §§ 100- 104; M. Tardu, Human Rights : The International Petition System (1980)
Bd. II, Teil 6, Kapitel XIII; T. Zuijdwijk, Petitioning the United Nations: A Study in Human Rights (1982), S. 244ff. 115 Vgl. F. Ennacora, RdC 124 (1968 Il), S. 417f. ; ders., HRJ 1 (1968), S. 194. 116 F. Ennacora, HRJ 1 (1968), S. 187 (192). 117 S. Kaufman, Ad Hoc UN Investigations, AULR 18 (1969), S. 755 (756f.). 118 J. Carey, Procedures for International Protection of Human Rights, Iowa Law Review 53 (1967), S. 291 (307f.) ; Carey, UN Protection of Civil and Political Rights (1970), S. 108: "(t)he Ad Hoc Group was established to serve a quasi-judicial function requiring impartial search for the truth. " 119 Abgedruckt in: E/CN.411016, § 1, dort: op. § 2. S.o. A. 12o ECOSOC Res. 1336 (XLIV). 121 Vgl. zur Verfahrenshäufung im Fall Israel: F. Ennacora, Über das Kumulationsverbot in Menschenrechtsverfahren, in: Völkerrecht und Rechtsphilosophie, Internationale Festschrift fürS. Verosta (1980), S. 187 (197 Fn. 27).
A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
58
beschloß die MRK auf ihrer Sitzung am 4.3.1969 mit 13 Stimmen gegen eine bei 16 Enthaltungen die Einsetzung einer Arbeitsgruppe 122 . Die bis dahin bestrittene Befugnis der MRK zur Einsetzung von Untersuchungsorganen wurde auf diese Weise ein weiteres Mal durch die Praxis bestätigt 123 . Aufgabe der Arbeitsgruppe sollte es sein, "to receive communications, to hear witnesses and to use such modalities of procedure as it may deem necessary" zur Untersuchung von behaupteten Verletzungen der Vierten Genfer Konvention (1949) durch lsrael 124. Etwas unglücklich bei der Formulierung des Resolutionstextes mutet die Tatsache an, daß die Entschließung in op. §§ 2 und 3 bereits Bedauern über andauernde Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten äußerte und Betroffenheit über Israels Weigerung zur Beachtung ("to abide by") der Vierten Genfer Konvention zum Ausdruck brachte. Dies hat der Untersuchung nicht nur seitens der israelischen Regierung Kritik eingetragen 125 . Die Gruppe bestand aus denselben sechs Experten, aus denen sich auch bereits die Südafrika-Arbeitsgruppe zusammensetzte: lbrahim Boye (Senegal) als Vorsitzender, Branimir Jankovic (Jugoslawien), Felix Ermacora (Österreich), Nagenora N. Jha (Indien), Luis Marehand Stens (Peru) und Waldo Emerson Ramsey (Tansania). Die Gruppe, der Israel den Zugang zu den besetzten Gebieten verwehrte, hielt Sitzungen in New York, Genf, Beirut, Damaskus, Arnman und Kairo. Sie hörte über 100 Zeugen, die meisten davon öffentlich 126. Israel gründete seine ablehnende Haltung auf ähnliche Argumente wie die, die es auch dem Special Committee to Investigate Israeli Practices entgegenbringen sollte 127 • Die Arbeitsgruppe nahm in ihrem Bericht eine sehr ausführliche und sorgfältige Auslegung ihres Auftrags im Hinblick auf die Vorgaben der Einsetzungsresolution der MRK wie auch im Hinblick auf das anzuwendende Kriegsvölkerrecht vor 128 • Namentlich enthält der Bericht eine eingehende 46 ECOSOC OR, VN Dok. E/4621 = E/CN.411007, §§ 192ff. (224) S. 76. Vgl. dazu: J. Rideau, Le respect des droits de l'homme dans les territoires occupes par Israel, AFDI 16 (1970) S. 213f.; F. Ermacora, Competence and Functions in: B. Ramcharan, International Law and Fact Finding in the Field of Human Rights (1982), S. 83 (86): "The present practice in the United Nations, which has developed since 1967, is that functional commissions which are not composed solely of experts may establish fact-.finding bodies with the authorization of their parent bodies. " 124 Res. 6 (XXV), op. § 4 (b). 125 N. Rodley, UN and Human Rights in the Middle East, Social Research (1971), S. 233 (235f.); J. Bender, Ad Hoc Committees, Social Research (1971), S. 249. 126 A/CN.411016, §§ 13, 15, 18. 127 E/CN.4/1016, §§ 21, 22. 12s E/CN.4/1016, Kapitel I, §§ 20- 53. 122
123
II. Die Rechtsstellung
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Analyse der Verlautbarungen und Befehle der israelischen Militärregierung unter Berücksichtigung des jeweils einschlägigen Rechtsmaßstabes des humanitären Völkerrechts der Vierten Konvention 129 • Der Bericht unterscheidet als Beweisquellen: Zeugenaussagen von Einzelpersonen (a), Erklärungen vor dem Ausschuß (b), Materialien der Vereinten Nationen (c), schriftliche Mitteilungen über Tatsachen, die dem Mandat der Gruppe zuzurechnen sind (d) und solche, die die allgemeine Lage im Nahen Osten betreffen (e) sowie Berichte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (f) 130• Den untersuchten Behauptungen werden jeweils die einschlägigen Bestimmungen der Vierten Genfer Konvention als Rechtsmaßstab gegenübergestellt. Die Arbeitsgruppe hat in den Schlußbemerkungen ihres Berichts festgestellt, die ohne die Zusammenarbeit Israels allein zugänglichen Quellen ermöglichten keinen abschließenden und umfassenden Beweis der aufgestellten Behauptungen. Die Arbeitsgruppe schreibt: "The evidence received by the group was one-sided." Dennoch sieht sie sich zu einer Würdigung der ihr vorliegenden Beweise in der Lage und nimmt eine erste Bestandsaufnahme der gewonnenen Beweise vor131 . Sie verbindet damit die Aufforderung an Israel, den erhobenen Vorwürfen, insbesondere dem Vorwurf der Folter, nachzugehen 132 . (c) Die ,Ad Hoc Working Group to Inquire into the Situation of Human Rights in Chile ' (MRK-Res. 8 (XXXI), 27.2.1975) Die 1975 nach dem Staatsstreich gegen Präsident Allende (11. 9. 1973) eingesetzte Arbeitsgruppe, die aus fünf unabhängigen Persönlichkeiten zusammengesetzt war, gab sich eine inhaltlich auf die "model rules of procedure for UN bodies dealing with violations of human rights" 133 gestützte Geschäftsordnung 134, fand aber zunächst nicht die Unterstützung der chilenischen Regierung. Die Arbeitsgruppe legte dennoch mehrere Berichte vor 135 . 129
E/CN.4/l016/Add.l, Kapitel II, §§ I- 53.
° Kapitel III § 54.
13
E/CN.4/l016/Add. 2, S. 2 § I. Kapitel V, Empfehlungen, E/CN.4/l016/Add. 2 S. 5 §§ 4 und 8. 133 s. unten B. I. I. b). 134 "First Progress Report" VN Dok. A/10285, Anhang II (1975). 135 VN Dok. A/10285 (Erster Bericht); E/CN.4/l188 (Zweiter Bericht); A/31/253 (Dritter Bericht); E/CN.4/122l, 10.2.1977; A/32/227, 26.8.1977; E/CN.4/l266, 1.2.1978; vgl. dazu F. Ermacora, UN and Human Rights in Chile, The Human Rights Review 1 (1976), S. 145 (146f.). Zum anwendbaren Recht: J. Marie, La situation des droits de l'homme au Chili: enquete de Ia Comrnission des droits de l'homme des Nations Unies, Annuaire fran~ais de droit international (AFDI) 22 131
132
60
A. Die Grundlagen der Ausschußtätigkeit
Auf der Grundlage eines Memorandums vom 26.5.1978 136 kam es dann aber mit Vertretern Chiles zur Vereinbarung einer zweiwöchigen Besichtigung des Landes. Drei Mitglieder der Arbeitsgruppe, Abdoulaye Dieye (Senegal), Felix Ermacora (Österreich) und Martin J. T. Kamara (Sierra Leone), besuchten Chile vom 12. - 27. 7.1978. Die getroffene Vereinbarung sah für die Gruppe Freizügigkeit und ein umfassendes Untersuchungsrecht mit der Möglichkeit zur Besichtigung von Gefängnissen und Zugang zu Privatpersonen und gesellschaftlichen Gruppen vor. Interviews sollten vertraulich, ohne Gegenwart staatlicher Stellen, geführt werden dürfen. Die Belangung von Personen durch Chiles Regierung, die mit der Arbeitsgruppe in Kontakt getreten waren, wurde verboten. Bei ihrer Ankunft gaben die Vertreter der Gruppe eine Presseerklärung über ihr Mandat, ihr Vorgehen und die für Einzelpersonen vereinbarten Garantien ab, die in den chilenischen Presse-, Radio- und Fernsehmedien weite Verbreitung fand 137. Die Generalversammlung würdigte die behutsame und objektive Vorgehensweise der Gruppe und richtete die Aufmerksamkeit der MRK auf die Vorbildhaftigkeit der Erfahrung der Arbeitsgruppe für die künftige Tätigkeit auf dem Feld der Behandlung von zusammenhängenden und schweren Menschenrechtsverstößen 138. 1979 wurde die Gruppe durch einen Sonderberichterstatter139 abgelöst 140, dem es ab 1985 auch gelang, Besichtigungen vor Ort unter Zusammenarbeit der chilenischen Regierung durchzuführen. Die zunächst F. Ermacora übertragene Aufgabe der Untersuchung des Schicksals verschwundener Personen 141 wurde 1980 einer , Working Group on Enforced or lnvoluntary Disappearances' übertragen 142•
(1976), S. 305 (312ff.); M. Bossuyt, The UN and Civil and Political Rights in Chile, International and Comparative Law Quarterly (ICLQ) 27 (1978), S. 462; D. Shelton, Utilization of Fact-Finding Missions to Promote and Protect Human Rights: The Chile Case, HRU 2 (1981), S. 1 (8ff.). 136 A/33/331 ' §§ 18 ff. 137 VN Dok. A/33/331 (Siebter Bericht), 25. 10.1978; vgl. auch E/CN.4/1310 1.2.1979; dazu: UN Action in the Field of Human Rights (1983), S. 335 §§ 109 119. 138 GV -Res. 33/176, 20. 12. 1978. 139 A. Di