Die Stellung des Kindes nach heterologer Insemination: Vortrag gehalten vor der Juristischen Gesellschaft zu Berlin am 14. Mai 1997 9783110892147, 9783110158113


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Die Stellung des Kindes nach heterologer Insemination
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Die Stellung des Kindes nach heterologer Insemination: Vortrag gehalten vor der Juristischen Gesellschaft zu Berlin am 14. Mai 1997
 9783110892147, 9783110158113

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Johannes Hager Die Stellung des Kindes nach heterologer Insemination

Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft zu Berlin Heft 153

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1997

Walter de Gruyter • Berlin • New York

Die Stellung des Kindes nach heterologer Insemination

Von Johannes Hager

Vortrag gehalten vor der Juristischen Gesellschaft zu Berlin am 14. Mai 1997

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1997

Walter de Gruyter • Berlin • New York

D r . 'mr. Johannes

Hager,

o. P r o f e s s o r an d e r H u m b o l d t - U n i v e r s i t ä t z u Berlin

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Die Deutsche Bibliothek -

CIP-Einheitsaufnahme

Hager, Johannes : Die Stellung des Kindes nach heterologer Insemination : Vortrag, gehalten vor der Juristischen Gesellschaft zu Berlin am 14. Mai 1997 / von Johannes Hager. - Berlin ; N e w York : de Gruyter, 1997 (Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft zu Berlin ; H . 153) ISBN 3-11-015811-6

© Copyright 1997 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Saladruck, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Industriebuchbinderei Fuhrmann, Berlin

Die Stellung des Kindes nach heterologer Insemination" Bei ungefähr 15 % aller verheirateten Paare in der Bundesrepublik bleibt der Kinderwunsch zur Gänze oder jedenfalls der Zahl nach unerfüllt 1 T e n d e n z steigend. Das erklärt, w a r u m neuere M e t h o d e n der Fortpflanzungsmedizin auf große Resonanz gestoßen sind und sich viele betroffene Ehepaare auch zu einer heterologen Insemination bei der Frau entschieden haben. Mag die heterologe Insemination inzwischen durch die Fortschritte der Medizin auch in manchen Fällen durch eine homologe ersetzt werden können, so erscheint diese M e t h o d e nach wie vor f ü r manche Ehepaare neben der A d o p t i o n als die einzige Lösung. D a ß eine solche medizinische Entwicklung auch zu juristischen Problemen führt, ist nicht neu. Mit einer Grundsatzfrage hatte sich der Bundesgerichtshof vor einiger Zeit in zwei Entscheidungen zu befassen. Im ersten Fall beschlossen Eheleute, durch einen Arzt eine heterologe Insemination bei der Ehefrau d u r c h f ü h r e n zu lassen, da der E h e m a n n infolge einer Krankheit zeugungsunfähig war. Die Eheleute unterzeichneten einen von der Klinik zur Verfügung gestellten vorformulierten Text, in dem sich der E h e m a n n unter anderem gegenüber seiner Ehefrau, der Klinik, den behandelnden Ärzten sowie gegenüber dem Samenspender verpflichtete, die Ehelichkeit des im Wege der therapeutischen Befruchtung erzeugten Kindes nicht anzufechten u n d das Kind als sein eheliches Kind anzuerkennen. N a c h erfolgreicher Behandlung, die zu einer Schwangerschaft führte, ließ sich der Ehemann durch seine Frau bestätigen, die Befruchtung durch einen Samenspender sei zuletzt gegen seinen Willen durchgeführt worden; der Klinik gegenüber zog er die Genehmigung f ü r weitere Inseminationsbehandlungen bei seiner Ehefrau zurück. Die Ehefrau gebar wenig später ein Kind 2 . Die Ehe scheiterte jedoch alsbald; die Eheleute w u r d e n geschieden. Daraufhin focht der E h e m a n n erfolgreich die Ehelichkeit des Kindes an 3 . Dieses klagte n u n m e h r auf Unterhalt. D e r Bundesgerichtshof gab der Klage statt. D u r c h die Vereinbarung sei zwischen Ehemann u n d Ehefrau ein berechtigender Vertrag zugunsten des Klägers, also des Kindes, abgeschlossen worden. Die Z u s t i m m u n g des Ehe-

* Bemerkungen zu B G H Z 129, 297 ff. und B G H N J W 1995,2031 f. 1 Nieschlag, in: Nieschlag/Behre, Andrologie, 1996, S. 6; von Sethe, Die Durchsetzung des Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung aus der Sicht des Kindes, 1995, S. 35. 2 In den BGH-Fällen waren es jeweils Zwillinge. 3 B G H N J W - R R 1993, 643. Entscheidend war es dort auf die Beweis last angekommen. Das Kind konnte nicht beweisen, daß die Zustimmung des Ehemannes zum Zeitpunkt seiner Zeugung noch vorlag.

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mannes könne zwar bis zu dem Zeitpunkt der zur Zeugung führenden Behandlung widerrufen werden; damit werde auch gleichzeitig der Vertrag gekündigt. Nach der erfolgreichen Insemination scheide der Widerruf dagegen aus; dasselbe gelte für eine Anfechtung oder Aufhebung durch eine Vereinbarung mit der Ehefrau. Denn es habe ein Vorgang begonnen, der - normalen Verlauf vorausgesetzt - unmittelbar zur Geburt eines Kindes führe. Ein Widerruf würde damit nicht die Zustimmung zur Insemination betreffen, sondern nur noch den Versuch des Ehemannes darstellen, die Konsequenzen abzuwenden, die sich für ihn notwendigerweise aus der Insemination ergäben. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die Klausel, die Ehelichkeit nicht anzufechten, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nichtig sei. Nach § 6 Abs. 1 A G B G sei der restliche Vertrag wirksam. Auch § 139 B G B führe zum selben Ergebnis, da die Eheleute auf den Plan, die Ehefrau solle mit Hilfe der heterologen Insemination ein Kind bekommen, nicht verzichtet und daher die Vereinbarung auch dann geschlossen hätten, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, daß sie die Absicht, die Ehelichkeit des Kindes nicht anzufechten, nicht rechtsverbindlich hätten festschreiben können 4 . Allerdings sei die Geschäftsgrundlage des Vertrages entfallen, die in der Vorstellung der Beteiligten bestanden habe, die persönlichen und rechtlichen Beziehungen zwischen dem Ehemann und dem aus der heterologen Insemination hervorgehenden Kind würden sich so entwickeln, als sei der Ehemann der biologische Vater. Die Scheidung der Ehe führe zwar nicht zum Wegfall, weil eine derartige Entwicklung auch hätte eintreten können, wenn der Mann der biologische Vater wäre. Dagegen sei die Geschäftsgrundlage durch das rechtskräftige Statusurteil entfallen, das die Nichtehelichkeit des Kindes festgestellt habe. U n d doch fehle es an den Voraussetzungen auch nur für eine Anpassung der Unterhaltsregelung. Derjenige, der die Änderung der Verhältnisse hier: durch Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes - selbst bewirkt habe, könne aus dem Wegfall der Geschäftsgrundlage keine Rechte herleiten 5 . Vor dem Hintergrund dieser Argumentation konsequent urteilte das Gericht umgekehrt in seiner am selben Tag erlassenen Parallelentscheidung. Dort hatte das Kind - vertreten durch seine Mutter und mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichts - die Ehelichkeit angefochten. Hier ist der Bundesgerichtshof der Auffassung, die Geschäftsgrundlage sei weggefallen; darauf könne sich der Ehemann auch berufen 6 . Obgleich die Urteile des Bundesgerichtshofs auf den ersten Blick durchaus plausibel wirken, überzeugt bei näherem Zusehen nur das erste Urteil, und dies auch nur im Ergebnis, nicht jedoch in seiner Argumentation, das 4 5 6

B G H Z 129, 297, 306 ff. B G H Z 129, 297, 309. B G H N J W 1995, 2031, 2032.

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zweite ist dagegen, auch was das Resultat angeht, abzulehnen. Um das zu begründen, sei zunächst der gesetzliche Rahmen geschildert, der für das durch die heterologe Insemination gezeugte Kind gilt (dazu I). Dann ist nach den Besonderheiten der vom Bundesgerichtshof für nötig erachteten Zustimmung sowie nach der rechtlichen Struktur des Vertrages zugunsten Dritter zu fragen (dazu II). Wenig überzeugend sind die Ausführungen des Gerichts zum Wegfall der Geschäftsgrundlage (dazu III). Und schließlich geht es um das gedanklich vorgelagerte - in den Entscheidungen angesichts der Rechtskraft der Urteile in den vorangegangenen Anfechtungsprozessen allerdings nicht zu hinterfragende - Problem, ob denn ein Verzicht des Ehemannes auf das Recht, die Nichtehelichkeit feststellen zu lassen, der Anfechtungsklage im Wege steht (dazu IV).

I. Der rechtliche Rahmen 1. Nach § 1591 Abs. 1 S. 1 BGB ist ein Kind, das nach der Eheschließung geboren wird, ehelich. Wenn das Gesetz als weitere Voraussetzung unter anderem die nach § 1591 Abs. 2 BGB allerdings vermutete Beiwohnung des Mannes innerhalb der Empfängniszeit nennt, so ist das ebenso mißverständlich wie die Regelung des§ 1591 Abs. 1 S.2BGB,derzufolgedas Kind nicht ehelich ist, wenn es den Umständen nach unmöglich ist, daß die Frau das Kind von dem Mann empfangen hat. Nähme man diese Regelung wörtlich, so wäre das Kind in beiden den Urteilen des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fällen angesichts der jeweils unstreitigen Zeugungsunfähigkeit des Ehemannes nicht ehelich. a) Die Funktion dieser weiteren Voraussetzungen wie auch diejenige des Beweises des Gegenteils nach § 1591 Abs. 1 S. 2 BGB erschließt sich indes erst, wenn man § 1593 BGB mit berücksichtigt. Danach kann die Nichtehelichkeit eines Kindes, das während der Ehe oder innerhalb von 302 Tagen nach der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe geboren ist, nur geltend gemacht werden, wenn die Ehelichkeit angefochten und die Nichtehelichkeit rechtskräftig festgestellt ist. Diese Sperrwirkung des § 1593 BGB 7 rückt auch die Funktion der in § 1591 BGB genannten Voraussetzungen zurecht. Sie spielen - von hier nicht einschlägigen und daher nicht weiter zu verfolgenden Ausnahmen abgesehen 8 - ihre Rolle erst im Anfechtungsprozeß 9 . Bis zu dessen rechtskräftigem Abschluß, der aller7 MünchKomm/^i«tscA/er, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Aufl. 1992, § 1593 Rdn. 14; Soergel/Gaul, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl. Stand 1987, § 1593 Rdn. 2; Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des Familienrechts, 4. Aufl. 1994, § 51 I 6. - Die geplante Reform des Kindschaftsrechts wird an der Rechtslage, soweit hier von Interesse, sachlich nichts ändern. 8 9

Vgl. z. B. B G H Z 72, 299, 300 f.; Soergel/Gaul Gernhuber/Coester-Waltjen § 51 I 5.

§ 1593 Rdn. 23, 31.

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dings bei erfolgreicher Klage die Wirkung hat, daß das Kind ab seiner Geburt nichtehelich ist10, ist es ehelich, auch wenn es biologisch gesehen nicht vom Ehemann abstammen kann. b) Die Sperrwirkung des § 1593 BGB begründet nicht nur die Ehelichkeit im Verhältnis zum Ehemann der Mutter, sondern hat Konsequenzen auch für die rechtliche Beziehung des Kindes zum biologischen Vater. Die Klage auf Feststellung der Vaterschaft gemäß § 1600 n BGB kann erst nach rechtskräftiger Feststellung der Nichtehelichkeit erhoben werden 11 . Selbst eine früher erfolgende Anerkennung der Vaterschaft durch den Erzeuger als solche der Interessen des Kindes wegen von der wohl h. M. für zulässig gehalten 12 - entfaltet erst mit der Rechtskraft des Anfechtungsurteils seine Wirkung 13 . 2. O b der Ehemann, der der heterologen Insemination bei seiner Ehefrau zugestimmt hat, die Ehelichkeit des Kindes anfechten kann, ist sehr strittig 14 . Doch spielte der Streit in beiden Fällen keine Rolle, da die Statusklage jeweils erfolgreich gewesen und daher schon die Rechtskraft der vorangegangenen Urteile zu beachten war 15 . Nach der erfolgreichen Anfechtung entsprechen die Rechte des Kindes denjenigen nichtehelicher Kinder, sieht man von den Besonderheiten zunächst ab, die sich aus dem Vertrag zwischen den Eheleuten und der Klinik ergeben können. Das Kind ist mit dem Ehemann nicht verwandt, wenn auch über die Ehe der Mutter mit ihm verschwägert, wie aus § 1590 Abs. 2 BGB folgt 16 . Demgemäß gibt es keinen wechselseitigen Anspruch auf Unterhalt. Ebenso hat das Kind nach dem Tod des Ehemannes weder ein gesetzliches Erb- noch ein Pflichtteilsrecht 17 . Die Vaterschaft des Samenspenders kann, so er sie nicht anerkennt, auf Klage des Kindes nach § 1600 n BGB gerichtlich festgestellt werden 18 . Der biologische Vater schuldet Unterhalt gemäß §§ 1615 a, 1601 BGB, bei seinem Tod steht dem Kind das Erbrecht bzw. ein Erbersatzanspruch nach Maßgabe der §§ 1934 a und 1934 b BGB zu; gemäß § 1934 d BGB ist es berechtigt, von seinem Vater einen vorzeitigen Erbausgleich in Geld zu verlangen. 10 BGHZ7&,201,201;Palandt/Diederichsen, Bürgerliches Gesetzbuch, 56. Aufl. 1997, § 1593 Rdn. 6; MünchKomm/Mutschler § 1593 Rdn. 26; Soergel/Gaul § 1593 Rdn. 5, 33. " B G H Z 80, 218, 220; Palandt/Diederichsen § 1593 Rdn. 8; M ü n c h K o m m / M u t s c h ier § 1593 Rdn. 16; Soergel/Gaul § 1593 Rdn. 20; Gernbuber/Coester-Waltjen § 51 I 7. 12 B G H Z 99, 236,241 f.; Palandt/Diederichsen § 1600 b Rdn. 3; a. A. M ü n c h K o m m / Mutschier § 1600 b Rdn. 2 m. w. N.; Soergel/Gaul § 1600 b Rdn. 4. 13 B G H Z 99, 236, 239. 14 Vgl. dazu unten IV. 15 B G H Z 129, 297, 301 f.; B G H N J W 1995, 2031, 2032. 16 Coester-Waltjen, 56. Deutscher Juristentag, 1986, B 55. 17 Coester-Waltjen, 56. Deutscher Juristentag B 58. 18 Gernhuber/Coester-Waltjen § 53, 2; a. A. Ramm JZ 1989, 871, da es an der Beiwohnung des Samenspenders gefehlt habe. Doch würde damit dem Kind auch gegen seinen Willen der (biologische) Vater vorenthalten.

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II. Die Bedeutung der rechtsgeschäftlichen Erklärungen 1. D i e gesetzlichen Regeln wurden in den entschiedenen Fällen ergänzt durch die rechtsgeschäftlichen Erklärungen und Abreden. H i e r hat der Bundesgerichtshof die ausschlaggebenden P u n k t e nicht hinreichend berücksichtigt. D a s G e r i c h t rückt zunächst die Z u s t i m m u n g des E h e m a n n e s zur heterologen Insemination ins Z e n t r u m seiner Argumentation 1 9 . D o c h ist nicht klar, welche F u n k t i o n eine derartige Zustimmung oder ihr Fehlen haben soll. V o n § 4 A b s . 1 N r . 1 E S c h G wird sie jedenfalls nicht gefordert; unabdingbar sind nach dieser N o r m nur die Einwilligung der Frau, deren Eizelle befruchtet wird, sowie diejenige des Mannes, dessen Samenzelle für die Befruchtung verwendet wird 2 0 . M a n könnte zwar die Ansicht vertreten, der A r z t dürfe die Befruchtung nicht vornehmen, wenn die Zustimmung des E h e m a n n e s nicht vorliege 2 1 . D o c h bleibt zumindest die Sanktion für das V o r g e h e n des Arztes o h n e Z u s t i m m u n g des Ehemannes unklar. Kann dieser nach h. M . nicht einmal einen vollstreckbaren Unterlassungstitel gegen einen E h e s t ö r e r 2 2 oder gegen seine Ehefrau 2 3 erlangen, um nicht auf diesem W e g das Vollstreckungsverbot des § 888 Abs. 2 Z P O gegenüber dem E h e partner unterlaufen zu k ö n n e n , so m u ß das auch für einen Unterlassungsanspruch gegen die Ehefrau, aber auch gegen den behandelnden A r z t gelten, mag sein Verhalten auch unter ethischen Gesichtspunkten zu verwerfen sein. In B e t r a c h t könnten allenfalls Schadensersatzansprüche gegen den A r z t k o m m e n . W i e stets darf der M a n n seiner Frau nicht mit H i l f e eines Unterlassungstitels gegen einen Dritten seinen Willen in solchen höchstpersönlichen Entscheidungen aufzwingen. 2. R ü c k t man so die Bedeutung der Zustimmung zurecht, so gibt das den B l i c k frei für den tatsächlich ausschlaggebenden Punkt, nämlich die vertragliche Vereinbarung, an der die Eheleute und die Klinik beteiligt waren. W e n n der Bundesgerichtshof hier im Einklang mit Vorschlägen aus der Literatur 2 4 einen Vertrag zwischen der Ehefrau und späteren M u t t e r und dem E h e m a n n

BGHZ 129, 297 Leitsatz 1 und 2, 302, 306 f. Fehlt die Zustimmung des Spenders, so ist auch sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt; vgl. BGHZ 124, 52, 55 f. m. w. N. 21 So wohl Ramm, Jugendrecht, 1990, § 29 IV 1 a; a. A. Coester-Waltjen, 56. Deutscher Juristentag B 48, allerdings ohne Diskussion der von der homologen Insemination abweichenden Interessenlage; die Beschlüsse des 56. Deutschen Juristentages III 8, NJW 1986, 3069 fordern ebenfalls das Einverständnis des Ehemannes, ohne zur Frage der Rechtsfolge des Fehlens Stellung zu nehmen. 22 BGHZ 6, 360, 364 f.; BGH NJW 1956, 1149, 1150; MünchKomm/Waote, 3. Aufl. 1993, § 1353 Rdn. 42 m. w. N. 23 BGHZ 34, 80, 85; 37, 38, 41 f.; BGH LM Nr. 1 b zu § 823 (Af) Blatt 1 Rückseite. 24 So schon - je nach Lage des Falles - Dölle, in: FS Rabel, Bd. 1, 1953, S. 204; ferner Coester-Waltjen, 56. Deutscher Juristentag B 56; dies. NJW 1983, 2060 m. w. N.; Gernhuber/Coester-Waltjen §53, 1; LG Duisburg NJW 1987, 1485; Palandt/Diedenchsen 19

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zugunsten des zu diesem Zeitpunkt noch nicht gezeugten Kindes annimmt 2 5 , so ist damit allerdings die Problematik nicht überzeugend erfaßt. a) D a s wird deutlich, wenn man die oben skizzierten A n s p r ü c h e des Kindes gegen den Samenspender mit in die Überlegungen einbezieht. (1) Riskiert nämlich der Samenspender, als biologischer Vater auf U n t e r halt in Anspruch genommen zu werden, so ist es sein primäres Interesse, daß nur dann eine heterologe Insemination durchgeführt wird, wenn sich u m gekehrt der E h e m a n n verpflichtet, das K i n d als eheliches zu behandeln und ihm jedenfalls den Unterhalt zu bezahlen. U n d auch damit ist die Problematik noch nicht in jeder Hinsicht beschrieben. Zu beachten sind nämlich auch n o c h die Belange der Klinik; entsprechendes gilt für den behandelnden Arzt. D e n n ein Samenspender dürfte in aller Regel mit der Verwendung seiner G a m e t e n für eine heterologe Insemination nur einverstanden sein, wenn die Klinik durch eine Vereinbarung mit dem Ehepaar dafür sorgt, daß nicht er, der Samenspender, mit Ansprüchen seines biologischen Kindes k o n frontiert werden kann. Es ist kaum anzunehmen, daß jemand bereit wäre, sich ohne eine solche Vereinbarung als Samenspender zur Verfügung zu stellen. Unterläuft der Klinik ein Fehler, versäumt sie etwa den A b s c h l u ß einer entsprechenden Vereinbarung, so haftet sie dem Samenspender wegen Verletzung des zugrunde liegenden Vertrages mit ihm, dem Samenspender. (2) Stellt man all das in R e c h n u n g , so ist auch die A b r e d e in ihrem K e r n anders zu interpretieren. Sie wird z u m einen jedenfalls nicht ausschließlich unter den Eheleuten, sondern in erster Linie zwischen der Klinik und dem E h e m a n n geschlossen. M a g die Z u s t i m m u n g zur Behandlung durch die Ehefrau schon des E S c h G wegen notwendig sein, so ist die Ehefrau doch nicht notwendig Partnerin eines Vertrages mit dem E h e m a n n . Diese V e r einbarung hat z u m anderen jedenfalls nicht nur den Inhalt, dem K i n d einen A n s p r u c h zu geben, sondern in erster Linie den Z w e c k , den biologischen Vater von Ansprüchen - jedenfalls in H ö h e des vom E h e m a n n geschuldeten Unterhalts - freizustellen 2 6 . D a ß aufgrund der Vereinbarung U n t e r h a l t § 1593 Rdn. 11; Erman/Holzhauer, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 9. Aufl. 1993, § 1594 Rdn. 17; skeptisch dagegen noch Holzhauer FamRZ 1986,1164, der (de lege ferenda) zumindest notarielle Beurkundung fordert; Göppinger/Wax/Hoffmann, Unterhaltsrecht, 6. Aufl. 1994, Rdn. 1676; Beitzke/Lüderitz, Familienrecht, 26. Aufl. 1992, § 22 IV 3; Kampfs MedR 1994, 348; vgl. auch LG Zwickau NJW 1995, 787, 788; MünchKomm/ÄoA/er vor § 1601 Rdn. 20 sieht in der Vereinbarung einen Vertrag zwischen dem Ehemann und der Mutter, der diese von der Unterhaltspflicht freistelle; a. A. Mansees, Das Erbrecht des Kindes nach künstlicher Befruchtung, 1991, S. 101 f. 25 BGHZ 129, 297, 303, 305; BGH NJW 1995, 2031 f. 26 Junghans, Der familienrechtliche Status des durch artifizielle Insemination gezeugten Kindes, Diss. Bonn 1987, S. 271 f.; von Sethe S. 188; a. A. ohne Begründung CoesterWaltjen NJW 1983, 2060; dies., 56. Deutscher Juristentag B 61 kommt für den Regelfall zu ähnlichen Ergebnissen wie hier, was den Unterhalt angeht, da sie angesichts des Anspruchs des Kindes gegen den Ehemann der Mutter die Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes verneint (vgl. dazu sogleich im Text unter II 2 b).

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direkt an das K i n d gezahlt werden und dieses auch ein R e c h t auf Leistung an sich selbst b e k o m m e n soll, ist eine Frage der Praktikabilität und der Abwicklungsmodalität; der Samenspender selbst soll ja nicht in die A b wicklung einbezogen werden 2 7 . M a n k ö n n t e natürlich fragen, o b nicht mit der Ü b e r n a h m e der Unterhaltspflicht gegenüber dem Samenspender und in seinem Interesse ein Vertragswille des E h e m a n n e s postuliert, wenn nicht gar unterschoben werde. D o c h ist der Samenspender in der A b r e d e mit der Klinik ausdrücklich genannt. D a ß er begünstigt werden soll, zeigt zudem die Überlegung, daß man es anderenfalls als Inhalt der Willenserklärungen auffassen müßte, der E h e m a n n sei zur Freistellung des Samenspenders nicht bereit, o b w o h l dieser nach Lage der D i n g e und erkennbar für alle Beteiligten nur unter dieser Voraussetzung seine G a m e t e n zur Verfügung stellt. U n d es ist anerkannt, daß bei der Auslegung, ob ein berechtigender Vertrag zugunsten D r i t t e r vorliegt, dem Vertragszweck eine besondere Bedeutung zukommt28. (3) A u c h die Anfechtung wegen eines Irrtums nach § 119 A b s . 1 Fall 1 B G B scheidet aus. W e i ß der E h e m a n n nicht, daß der Verzicht auf das Recht, die Ehelichkeit des Kindes anzufechten, unwirksam ist, so kann seine W i l lenserklärung nur den Sinn haben, daß er mit der Stellung gleich einem b i o logischen Vater auch die Unterhaltspflicht ü b e r n i m m t . D i e Erklärung stimmt somit mit dem Willen überein. K e n n t er dagegen sein R e c h t , die Ehelichkeit anzufechten, so weiß er gleichzeitig, daß der Vertrag insoweit nichtig ist. D e r R e s t des Vertrages bleibt dagegen bestehen; derjenige, zu dessen G u n s t e n sich die U n w i r k s a m k e i t einer A b r e d e auswirkt, handelt rechtsmißbräuchlich, wenn er geltend macht, der Vertrag sei zur G ä n z e nichtig 2 9 . A u c h dann kann also der E h e m a n n seine Erklärung nur so verstehen, daß er trotzdem die vertragliche Verpflichtung zur Unterhaltszahlung übernimmt; wiederum weichen Wille und Erklärung nicht voneinander ab. b) Diese zunächst aus der Würdigung der betroffenen Belange entwickelte Lösung läßt sich auch dogmatisch untermauern. N a c h der rechtskräftigen Feststellung der Nichtehelichkeit k ö n n t e nämlich nichts das Kind daran hindern, n u n m e h r die Vaterschaft seines Erzeugers, sollte dieser bekannt sein oder zumindest ermittelt werden können, feststellen zu lassen. D a s führt zu der Frage, welche Möglichkeiten dem Samenspender zur Seite stehen, wenn das K i n d anschließend den U n t e r h a l t von ihm verlangt. D i e Auslegung des Vertrages als eines Vertrages nur zugunsten des Kindes be27 Eine ähnliche Konstruktion kennt § 76 W G , wenn der Versicherungsnehmer im Besitz des Scheines ist; vgl. BGHZ 64, 260, 261 f. 28 BGH LM Nr. 6 zu § 328 BGB unter 2. 29 BGH NJW 1993, 1587, 1588 m. w. N.; Palandt/Heinrichs § 139 Rdn. 16 m. w. N.; J. Hager, Gesetzes- und sittenkonforme Auslegung und Aufrechterhaltung von Rechtsgeschäften, 1983, S. 110 f. m. w. N.

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antwortet sie nicht; erst die Interpretation, der Spender solle im Ergebnis freigestellt werden, erlaubt diesem den Rückgriff gegen den Ehemann. Ohne eine solche Auslegung wäre sowieso die vom Bundesgerichtshof vertretene Lösung ein Schlag ins Wasser. G e m ä ß § 1615bAbs. IS. 1 BGB geht nämlich der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den biologischen Vater auf den Ehemann der Mutter über, soweit er den Unterhalt gewährt. Damit könnte letztendlich doch der Samenspender in Anspruch genommen werden. Das wäre allenfalls dann anders, wenn man wegen des Anspruchs des Kindes gegen den Ehemann der Mutter die Bedürftigkeit des Kindes im Sinn des § 1602 Abs. 1 BGB verneinen würde 30 . Doch sind Leistungen Dritter nicht anspruchsmindernd anzurechnen, wenn das Gesetz durch eine cessio legis verdeutlicht, daß der Schuldner nicht entlastet werden soll. Diese im Schadensrecht anerkannte Regel31 ist wegen § 1615 b BGB auch auf das Unterhaltsrecht zu übertragen. Denn der gesetzliche Ubergang würde keinen Sinn machen, wenn es mangels Bedürftigkeit keinen Anspruch gäbe32. Der Ubergang kraft Gesetzes läßt sich auch nicht mit Blick darauf verneinen, daß die Leistung des Ehemannes nicht freiwillig erfolgt ist; vor der Anfechtung war er zur Unterhaltsgewährung eben von Gesetzes wegen, nach der Anfechtung aufgrund des Vertrages verpflichtet. Denn § 1615 b BGB nimmt auf die Motive dessen, der den Unterhalt erbringt, keine Rücksicht 33 , greift also z. B. auch dann ein, wenn der Ehemann aufgrund einer einstweiligen Verfügung zur Bezahlung angehalten wurde 34 . So hätte letztendlich doch der biologische Vater den Unterhalt zu zahlen; das würde die Ausgangsentscheidung des Bundesgerichtshofs zumindest im Ergebnis konterkarieren. Die Anwendung des § 1615 b BGB kann somit nur vertraglich abbedungen werden; dies setzt die Interpretation der Vereinbarung als Vertrag zwischen dem Arzt und dem Ehemann zugunsten des Samenspenders voraus. c) Wenn man die Dinge so zurechtrückt, so folgen daraus auch Konsequenzen praktischer Art. Läßt man mit dem Bundesgerichtshof wegen der familienrechtlichen Besonderheit des Vertrages - man spräche wohl besser von der Bedeutung der höchstpersönlichen Entscheidung - bis zur erfolg-

30 So Coester-Waltjen, 56. Deutscher Juristentag B 61, da es nicht um eine freiwillige Leistung Dritter gehe. 31 M ü n c h K o m m / G r u n s k y , 3. Aufl. 1994, vor §249 Rdn. 103 f.; SoergeU Mertens, 12. Aufl. 1990, vor § 249 Rdn. 33; Staudinger/Medicus, 12. Aufl. 1983, § 249 Rdn. 140; Lange, Schadensersatz, 2. Aufl. 1990, § 9 III 4; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I, Allgemeiner Teil, 14. Aufl. 1987, § 30 II c; Esser/Schmidt, Schuldrecht, Bd. I, Allgemeiner Teil, Teilband 2, 7. Aufl. 1993, § 33 V 2 c; Thiele AcP 167 (1967), 216. 32 Staudinger/Medicus § 249 Rdn. 140; Lange § 9 III 4; Esser/Schmidt § 33 V 2 c; Thiele AcP 167 (1967), 216. 33 Gernhuher/Coester- Waltjen § 47 VIII 2. 34 MünchKomm/ATöWer § 1615 b Rdn. 2; Soergel/Häberle § 1615 b Rdn. 3.

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reichen B e f r u c h t u n g den W i d e r r u f der Z u s t i m m u n g und damit die K ü n digung des Vertrages zu 3 5 , so folgt aus dem hier vertretenen Ansatz, daß E m p f ä n g e r des Widerrufs jedenfalls auch die K l i n i k ist. N u r so ist sie in der Lage, von einer (weiteren) Behandlung abzusehen, nur ihr gegenüber kann der Vertrag zugunsten des Samenspenders gekündigt werden. Sieht man - wie hier vertreten - die Ehefrau insoweit nicht als Vertragspartnerin des E h e m a n n e s 3 6 an, so braucht der W i d e r r u f ihr gegenüber nicht erklärt zu werden. W i c h t i g e r als dieser m e h r formale A s p e k t ist j e d o c h der U m f a n g der vertraglichen A b r e d e . D e n n das dem E h e m a n n auch e r k e n n bare Interesse des Samenspenders geht nicht nur dahin, von U n t e r h a l t s ansprüchen des Kindes verschont zu werden, sondern auch die E r b e r s a t z ansprüche auf den E h e m a n n abzuwälzen 3 7 . D a s läßt sich exemplarisch am A n s p r u c h auf vorzeitigen Erbausgleich nach § 1934 d A b s . 1 B G B verdeutlichen. Ihn hat der E h e m a n n dem biologischen V a t e r zu ersetzen. Steht dem K i n d nach dem T o d des Samenspenders ein E r b e r s a t z a n s p r u c h gegen den oder die E r b e n zu, so hat der E h e m a n n den E r b e n oder die E r b e n g e m e i n s c h a f t freizustellen. O b dasselbe gilt, wenn Verwandte des Samenspenders nach § 1930 B G B wegen des Kindes nicht zur E r b f o l g e berufen sind, ist dagegen zweifelhaft. U n d schließlich hätte es das K i n d nicht in der H a n d , auf den A n s p r u c h gegen den E h e m a n n wirksam zu verzichten und sich nur an den Samenspender als seinen biologischen Vater zu halten. D e s s e n Rückgriffsanspruch steht nicht zur D i s p o s i t i o n des Kindes. d) Natürlich kann im Einzelfall gleichzeitig auch ein Vertrag zwischen den Eheleuten zugunsten des Kindes abgeschlossen werden. Eine derartige A b r e d e sichert das K i n d zusätzlich, genügt aber entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht, u m die Interessen des Samenspenders hinreichend abzusichern. e) Schwieriger ist die Frage zu beurteilen, o b auch die Ehefrau zur F r e i stellung des Samenspenders verpflichtet ist, o b sie also ebenfalls mit der K l i n i k einen Vertrag zu seinen G u n s t e n geschlossen hat. D e n Interessen der Beteiligten entspricht das wohl. A u c h die Ehefrau will wie der E h e m a n n die therapeutische Behandlung und muß daher die berechtigten Belange des Samenspenders berücksichtigen. D a s spricht für eine Ü b e r n a h m e der finanziellen Pflichten. M a n wird im konkreten Fall einen Vertragsschluß m ö g licherweise zu verneinen haben, weil und soweit die Frau gegenüber der

BGHZ 129, 297, 307 unter dem Aspekt primär der Zustimmung. Siehe oben II 2 a. 37 A. A. Hobloch Anm. zu BGH LM Nr. 155 und 156 zu § 242 (Bb) BGB unter 2; a. A. auch Coester-Wakjen, 56. Deutscher Juristentag B 58, die beim Tod des Ehemannes dem Kind einen Anspruch gegen den Nachlaß in Höhe des Pflichtteils zuerkennt, wie er ohne Anfechtung gegeben wäre. 35

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Klinik keine Willenserklärung abgegeben hat. Für künftige Konstellationen kann dem jedenfalls durch eine Änderung des Vertrages Rechnung getragen werden.

III. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage 1. Bejaht man einen berechtigenden Vertrag zugunsten des Samenspenders, so stößt man gleichwohl sodann auf das Problem, wie sich das Scheitern der Ehe und die anschließende Anfechtung der Ehelichkeit auf das Schicksal des Anspruchs des Samenspenders auf Freistellung etwa von Unterhaltspflichten auswirken. Darin, daß die Scheidung keine Rolle spielt, ist dem Bundesgerichtshof ohne Vorbehalt zuzustimmen. Auch wenn der Ehemann der biologische Vater des Kindes wäre, so hätte er das Risiko des Scheiterns der Ehe und die mögliche Konsequenz zu tragen, daß das Kind nicht mit ihm in einem Hausstand aufwächst. Vor allem aber würde sich der Wegfall der Geschäftsgrundlage des Vertrages gar nicht auswirken. Auch nach der Scheidung ist der Ehemann seinem ehelichen Kind nämlich nach § 1601 BGB unterhaltspflichtig, ohne daß dieses den Samenspender in Anspruch nehmen könnte; die Erörterungen, die der Bundesgerichtshof hierzu anstellt, sind also zumindest entbehrlich. Der Bundesgerichtshof glaubt jedoch, die Geschäftsgrundlage sei - abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen - weggefallen, nachdem durch das Statusurteil die Nichtehelichkeit des Kindes festgestellt sei. Die Eltern-Kind-Beziehung, derentwegen der Ehemann der Insemination zugestimmt habe, sei beendet. Namentlich habe er kein Umgangsrecht und keine Unterhaltsansprüche, wenn er selbst in Not geraten sollte; es gebe auch kein gegenseitiges Erbrecht mehr 38 . a) Doch überzeugt das nicht. Bis zur Anfechtung der Ehelichkeit war der Ehemann nach § 1601 BGB, also von Gesetzes wegen, unterhaltspflichtig, das gegenseitige Erbrecht regelten die §§ 1924, 1925 BGB; eines irgendwie gearteten vertraglichen Anspruchs bedurfte es daneben selbst für den Fall der Scheidung der Ehe nicht. Dieser vertragliche Anspruch entfaltet seine Wirksamkeit also erst in dem Augenblick, da der gesetzliche Anspruch des § 1601 BGB mit dem rechtskräftigen Statusurteil weggefallen ist. Wenn der Vertrag überhaupt einen Zweck haben soll, dann doch den, das Kind im Fall der Anfechtung zu sichern. Man müßte daher Zuflucht zu dem Gedanken nehmen, der Ehemann habe den Samenspender entgegen der erkennbaren Interessenlage nicht freistellen wollen; das geriete in Kollision zu der Auslegung des Vertrages, wie sie auch vom Bun-

38 BGHZ 129, 297, 310; BGH NJW 1995, 2031, 2032 unter unklarem Hinweis auf BGH NJW 1986, 2054.

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desgerichtshof verfochten wird. Schon das Ergebnis, daß die Geschäftsgrundlage des Vertrages ausgerechnet in dem Augenblick wegfällt, in dem der Vertrag erstmals seine Wirkung entfaltet, ja für den er geschlossen wurde, ist wenig plausibel. b) So ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in diesem Punkt denn auch in sich unschlüssig, wie sich an den einzelnen Argumentationen zeigen läßt. Das Gericht gelangt bei der Auslegung der Vereinbarung zu dem richtigen Ergebnis, die Unterhaltspflicht solle gerade bestehen, obwohl der Beklagte nicht der biologische Vater sei 39 . U n d bei der Prüfung der Teiloder Totalnichtigkeit mit Hilfe des § 139 BGB entnimmt der Bundesgerichtshof dem Verhalten und den Interessen der Eheleute, daß sie auf ihren Plan, im Wege der heterologen Insemination ein Kind zu bekommen, nicht verzichtet und eine die Unterhaltsregelung für das Kind enthaltende Vereinbarung auch dann geschlossen hätten, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, daß sich die Absicht, die Ehelichkeit des Kindes nicht anzufechten, nicht rechtsverbindlich festschreiben lasse 40 . Ohnehin ist diese Begründung wenig überzeugend, übersieht sie doch - wie schon gezeigt wurde - , daß derjenige regelmäßig rechtsmißbräuchlich handelt, der sich auf die Gesamtnichtigkeit eines Vertrages beruft, obwohl sich die Nichtigkeit der Klausel zu seinen Gunsten auswirkt 4 1 . Damit, aber auch schon mit der Begründung des Bundesgerichtshofs, paßt es schlecht zusammen, wenn das Gericht die Beendigung der rechtlichen, niemals biologischen Verwandtschaft als Wegfall der Geschäftsgrundlage begreift 42 . 2. W u r d e im ersten Fall die Annahme, die Geschäftsgrundlage sei weggefallen, im Ergebnis noch dadurch korrigiert, daß der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen für eine Anpassung verneint, weil der Ehemann selbst den Wegfall herbeigeführt habe 43 , so stützt das Gericht im zweiten Fall, nämlich bei der Unterhaltsklage des Kindes, das selbst die Ehelichkeit erfolgreich angefochten hatte, die Abweisung der Klage eben auf den W e g fall der Geschäftsgrundlage. Es sei dem Ehemann nicht zuzumuten, als anonymer Zahlvater in Anspruch genommen zu werden. Die erforderliche Anpassung führe dazu, daß die Unterhaltspflicht erlösche. Verschulden auf Seiten des Kindes sei unnötig; obendrein müsse es sich das Verhalten der Mutter als seiner gesetzlichen Vertreterin zurechnen lassen 44 . Es hat sogar etwas den Anschein, als habe das Gericht auch in der ersten Ent-

3' 40 41 42 43 44

B 63.

B G H Z 129, 297, 303 m. w. N. B G H Z 1 2 9 , 2 9 7 , 306. B G H N J W 1 9 9 3 , 1 5 8 7 , 1588 m. w. N.; Palandt/Heinrichs B G H Z 129, 297, 310. B G H Z 129, 297, 310. B G H N J W 1995, 2031, 2032; so schon Coester-Waltjen,

§ 139 Rdn. 16.

56. Deutscher Juristentag

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Scheidung die Konstruktion vorwiegend im Hinblick auf die Fallgestaltung gewählt, die dann dem zweiten Urteil zugrunde lag. So plausibel das Ergebnis auf den ersten Blick wirkt, so wenig hält es der näheren U b e r prüfung stand. a) Das folgt zum einen schon aus dem skizzierten Zweck des Vertrages. Da vor der rechtskräftigen Feststellung der Ehelichkeit der Unterhaltsanspruch aus § 1601 BGB, also direkt aus dem Gesetz folgt, entfaltet der Vertrag wiederum erst dann seine Funktion, wenn der gesetzliche Anspruch nicht mehr besteht. Man müßte daher zumindest - wie es der Bundesgerichtshof letztendlich tut - den Einwand des Rechtsmißbrauchs bemühen. Wer selbst dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch durch die Anfechtung den Boden entzieht, darf sich dann nicht mehr auf den vertraglichen Anspruch stützen. Doch ist das nicht einmal vom Boden der Argumentation des Bundesgerichtshofs aus plausibel, wie die Anfechtung nach § 1596 Abs. 1 Nr. 4 und 5 BGB - also wegen einer schweren Verfehlung oder Erbkrankheit des Ehemannes - zeigt. Der Bundesgerichtshof müßte also innerhalb des Katalogs des § 1596 Abs. 1 BGB wiederum differenzieren und zwischen anerkennenswerten und nicht zu billigenden Anfechtungsgründen unterscheiden. b) Zudem verkürzt diese Sicht wiederum die Problematik. Der Vertrag dient ja keineswegs ausschließlich, ja nicht einmal primär den Interessen des Kindes, sondern den Belangen des Samenspenders, dessen Interesse es ist, zu verhindern, selbst unterhaltspflichtig zu werden, und der, für den Ehemann erkennbar, nur unter diesen Voraussetzungen zur Samenspende bereit war. Ihm kann der Einwand des Rechtsmißbrauchs indes von vornherein nicht entgegengehalten werden, kann er doch nichts dafür, daß das Kind die Ehelichkeit angefochten hat. Auch wenn man diesen Gedanken in die Kategorien der Geschäftsgrundlage übersetzt, ändert sich am Ergebnis nichts. Denn das Verhalten des Kindes ist dem Samenspender nicht zuzurechnen, so daß auch der - durchaus problematische - Gedanke, daß derjenige, der die Ursache des Wegfalls gesetzt habe, daraus keine Rechte ableiten dürfe, nicht einschlägig ist. c) Wie bei der Anfechtung durch den Ehemann geriete nämlich auch bei der Anfechtung durch das Kind das vertragliche System, das die Beteiligten verbindet, in Unordnung, wenn man für den Wegfall der Geschäftsgrundlage plädiert. Der Samenspender könnte je nach Lage des Falles bei dem Träger des Krankenhauses Rückgriff nehmen - etwa mit der Begründung, über dieses Risiko nicht hinreichend aufgeklärt worden zu sein 45 , der Krankenhausträger u. U. beim Ehemann, weil er im Vertrauen auf die Übernahme der Unterhaltspflicht durch den Ehemann die Behandlung durchgeführt habe. Nicht zuletzt könnte ein Regreßkarussel in Gang kommen. Obendrein besteht die Gefahr, daß der Ehemann und das Kind kollusiv, 45

Coester-Waltjen,

56. Deutscher Juristentag B 68.

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aber nicht nachweisbar, die Ehelichkeitsanfechtung durch das Kind in die W e g e leiten, u m den rückwirkenden U b e r g a n g des Unterhaltsanspruchs gegen den Samenspender gemäß den §§ 1615 b A b s . 1 S. 1 , 1 6 1 5 d B G B auf den E h e m a n n zu erreichen.

IV. Das Problem der Anfechtbarkeit 1. W e n n die hier vertretene Lösung, den Vertrag zwischen der Klinik und dem E h e m a n n als Vertrag zugunsten des Samenspenders zu interpretieren, diesen auch in vielen Fällen schützt, so läßt sich gleichwohl nicht in A b r e d e stellen, daß das Modell seine Interessen, letztendlich nicht für den U n t e r h a l t a u f k o m m e n zu müssen, nicht stets zur G ä n z e sichert. P r o b l e m e gibt es nach der A n f e c h t u n g bei der Insolvenz des E h e m a n n e s , bei einem frühen T o d des Samenspenders, weil dann dessen E r b e n von der Forderung des Kindes freizustellen sind; auch hat der E h e m a n n kein E r b r e c h t bei einem Vorversterben des Kindes. All das legt denn doch die Frage nahe, o b man nicht die Prämisse zu korrigieren hat, nämlich das R e c h t des E h e mannes, entgegen seinem ausdrücklich erklärten Verzicht die Ehelichkeit gleichwohl anfechten zu können. a) D e r Bundesgerichtshof bejaht dieses R e c h t 4 6 und hat seinen Standpunkt gegen massive Kritik in der Lehre verteidigt und erneut bekräftigt 4 7 . D i e Literatur hatte bereits auf die erste Entscheidung nur z u m Teil mit Z u stimmung 4 8 , überwiegend jedoch mit Kritik reagiert 4 9 und hält diese auch nach dem bestätigenden Urteil aufrecht. A m weitesten geht der Vorschlag, die §§ 1593 f. B G B nach einer heterologen Insemination aufgrund einer teleologischen Reduktion nicht anzuwenden 5 0 . Andere betonen den G r u n d satz der rechtsgeschäftlichen Bindung; es gebe keinen G r u n d , den vertraglichen Verzicht als unwirksam anzusehen 5 1 . V o r allem aber hatte die L i t e ratur mit Hinweis auf die Regeln der A d o p t i o n widersprochen. Eine einmal erklärte A n n a h m e als Kind k ö n n e nur unter den sehr engen V o r a u s setzungen des § 1760 B G B aufgehoben werden. Das Einverständnis des E h e m a n n e s mit der heterologen Insemination habe große Ähnlichkeit mit

46 BGHZ 87, 169, 174 ff. mit umfangreicher Darstellung des Streitstandes zur damaligen Zeit; vgl. S. 172 ff.; OLG Celle NJW 1992, 1516, 1517. 47 BGH NJW 1995, 2921, 2922 f. 48 MünchKomm/tfo'Wer vor § 1601 Rdn. 20; Soergel/Gaul § 1591 Rdn. 34; § 1594 Rdn. 18; Beitzke/Lüderitz § 22 IV 3; Schwab, Familienrecht, 8. Aufl 1995, Rdn. 409; Beitzke, in: FS für Müller-Freienfels, 1986, S. 35 ff.; Coester-Waltjen, 56. Deutscher Juristentag B 51 ff.; dies. NJW 1983, 2059 f.; dies. Jura 1987, 631; Mansees S. 94 ff., der aber für eine Änderung des Gesetzes plädiert (S. 99). 49 Vgl. die Nachweise in Fn. 50-53; daneben z. B. Schumacher FamRZ 1987, 315 f. 50 Singer, Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens, 1993, S. 213. 51 A. Roth FamRZ 1996, 771; Herl DRiZ 1986, 305.

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der Adoption; seine Beseitigung durch die Anfechtung der Ehelichkeit sei daher den gleichen Restriktionen unterworfen 5 2 . Zumindest sei es rechtsmißbräuchlich, w e n n der Ehemann, der schließlich vor der Zeugung hinreichend Gelegenheit gehabt habe, sich gut zu überlegen, ob er das Kind als eheliches akzeptieren wolle, später anfechte 5 3 . A u c h auf dem 56. Deutschen Juristentag war gefordert worden, die Wirksamkeit der Z u s t i m m u n g (auch) des Ehemannes von der notariellen B e u r k u n d u n g abhängig zu machen, im Gegenzug aber die Möglichkeit der Anfechtung auszuschließen 5 4 . b) D o c h verliert die Kritik die entscheidenden P u n k t e aus den Augen. (1) Z u m einen k ö n n t e sich auch die Auffassung, die auf strikter Bindung an die rechtsgeschäftliche Erklärung beharrt, nicht über deren Wirksamkeitsanforderungen hinwegsetzen u n d etwa auch den geschäftsunfähigen Mann binden. Fälle dieser Art, oft als typische E r f i n d u n g von Juristengehirnen belächelt, mögen selten sein, k o m m e n aber immer wieder vor. So hatte im ersten Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs, in dem dieser die Anfechtung zugelassen hatte, der Ehemann behauptet, er sei bei der Abgabe seiner Erklärung wegen Alkohol- u n d Tablettenmißbrauchs geschäftsunfähig gewesen 55 . Die Grundregel, daß nur ein Geschäftsfähiger rechtlich nachteilige Willenserklärungen wirksam abgeben kann, darf nicht des Schutzes des Kindes bzw. Samenspenders wegen ohne weiteres aufgegeben werden. Mag auch eine notarielle B e u r k u n d u n g eine zusätzliche Sicherheit darstellen, eine umfassende Garantie kann auch sie nicht bieten 56 . (2) Z u m anderen ergibt sich aus der Entwicklung des Rechts der Ehelichkeitsanfechtung, daß eine strikte Bindung aus dem System fiele. D e n n nach nahezu einhelliger Ansicht schließt die Eingehung einer Ehe mit einer schwangeren Frau auch in Kenntnis der Tatsache, daß die Schwangerschaft auf der Beziehung mit einem anderen Mann beruht, die Anfechtung der Ehelichkeit nicht aus, selbst dann nicht, wenn der Ehemann das Kind zunächst als sein eigenes behandelt hatte und daher der Gedanke an einen

52 Giesen, Familicnrecht, 2. Aufl. 1997, Rdn. 518; ders. JZ 1983, 553; Staudinger/Göppinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. Stand 1983, § 1591 Rdn. 40; Bernat MedR 1986, 248. 53 O L G Düsseldorf FamRZ 1988, 762, 763 f.; A G Lüdenscheid N J W 1986, 784, 785; A G Dieburg N J W 1987, 713, 714 f.; MünchKomm/Mutschier § 1594 Rdn. 15; Staudinger/Göppinger § 1591 Rdn. 40; Giesen JZ 1983, 553; Kollhosser JA 1985, 555; Bernat MedR 1986, 247 m. w. N.; Härder JuS 1986, 507; wohl auch Palandt/Heinrichs § 242 Rdn. 76; Erman/Holzhauer § 1594 Rdn. 17; von B G H Z 87, 169, 177 für Ausnahmefälle angedeutet, in denen die Anfechtung das Kind besonders hart treffen würde. 54 Beschlüsse des 56. Deutschen Juristentages III 9a, 10, N J W 1986, 3069, 3070; ebenso Deutsch N J W 1986, 1974. 55 B G H Z 87, 169. 56 Vgl. als Beispiel der notariellen Beurkundung der Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen die Fallgestaltung in B G H N J W 1997, 581.

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Verzicht auf das Anfechtungsrecht nahe lag. Ein solcher Verzicht ist unwirksam 5 7 , ohne daß man in diesem Zusammenhang auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens abstellt. Das Ergebnis folgert man aus der Aufhebung der §§ 1598, 1599 a. F. B G B , die eine Anfechtung ausschlössen, wenn die Vaterschaft anerkannt war 5 8 ; selbst § 1598 a. F. B G B ließ eine pränatale Anerkennung indes nicht ausreichen 59 . Dann allerdings kann man für eine vertragliche Abrede, die schon vor der Empfängnis geschlossen wird und einen Verzicht auf die Anfechtung enthält, kaum anders entscheiden und sie als bindend ansehen 60 , zumal wenn die vermögensrechtlichen Konsequenzen von der statusrechtlichen Frage weitgehend abgekoppelt werden. (3) U n d schließlich ist auch die Parallele zur Adoption kaum überzeugend. So soll der Adoption nach § 1744 B G B regelmäßig eine angemessene Probezeit vorausgehen, in der der Annehmende das Kind in Pflege hat 61 . Dies sowie die sonstigen Kautelen, etwa der Antrag an das Vormundschaftsgericht, die Notwendigkeit notarieller Beurkundung der Erklärung usw., sollen eine gewisse Sorgfalt der Entscheidung sicherstellen, die bei der Zustimmung zur heterologen Insemination nicht stets und in gleichem Maß garantiert ist. In dem dem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fall hatte sich das Ehepaar schon vor der heterologen Insemination getrennt, hatte der ursprünglich zeugungsfähige Mann seine Zeugungsfähigkeit - wenn überhaupt - durch Tabletten- und Alkoholmißbrauch eingebüßt; das Kind sollte ersichtlich eine Ehe kitten, die dann indes gleichwohl zerbrach 62 . Obendrein wäre der Samenspender auch durch die analoge Anwendung des § 1760 B G B nicht stets hinreichend abgesichert, da auch bei der Zustimmung des Ehemannes ein nach dieser Vorschrift beachtlicher Fehler sich einschleichen kann. Eine auf Alkohol- und

57 O G H Z 3, 168, 171 f.; B G H Z 2, 130, 137; 87, 169, 174; B G H N J W 1979, 418, 419; L M Nr. 2 zu § 1598 B G B unter I; O L G Celle N J W 1992, 1515, 1517; Palandt/Diederichsen § 1594 Rdn. 5; Erman/Holzhauer § 1594 Rdn. 15; MünchKommIMutschier § 1594 Rdn. 14; Soergel/Gaul § 1594 Rdn. 18; Staudinger/Göppinger § 1594 Rdn. 26; B G B - R G R K / B ö c k e r m a n n , Das Bürgerliche Gesetzbuch, 12. Aufl. Stand 1981, §§ 1591, 1592 Rdn. 37; Singer S. 209. 58 O G H Z 3, 168, 171 f.; B G H Z 2, 130, 137; 87, 169, 174; B G H LM Nr. 2 zu § 1598 B G B unter I; MünchKomm/Mutschier § 1594 Rdn. 14; Soergel/Gaul § 1594 Rdn. 18; Singer S. 209; Mansees, S. 94; gegen diese Begründung Beitzke, in: FS für Müller-Freienfels S. 36, der die Abschaffung des § 1598 mit dem Anfechtungsrecht des Kindes erklärt. Doch sind die Anfechtungsrechte von Ehemann und Kind nicht notwendig miteinander verknüpft.

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Dölle, in: FS für Rabel Bd. I S. 201; Mansees S. 95. B G H Z 87, 169, 175. " B G H N J W 1995, 2921, 2922 f.; O L G Celle N J W 1992, 1516, 1517; § 1591 Rdn. 34. 62 B G H Z 87, 169, 179 ff. 60

Soergel/Gaul

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Tablettensucht basierende Geschäftsunfähigkeit 6 3 ist nach § 1760 A b s . 2 a B G B auch ein G r u n d , eine A d o p t i o n aufzuheben. 2. D a ß ungeachtet dieser B e d e n k e n das P r o b l e m nicht aus der W e l t geschafft werden kann, indem man das Anfechtungsrecht des Mannes z u r ü c k drängt oder gar negiert, zeigt sich mit aller Deutlichkeit, wenn man das Anfechtungsrecht des Kindes mit in die Überlegung einbezieht 6 4 . a) Es versteht sich von selbst, daß eine Abrede zwischen den Eheleuten bzw. zwischen dem E h e m a n n und der Klinik die Rechtsstellung des K i n des nicht zu dessen Nachteil beeinflussen kann 6 5 . A u c h die nach § 1597 B G B bei der A n f e c h t u n g durch das Kind u. U . notwendige G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichts ist ausschließlich am W o h l des Kindes auszurichten 6 6 . O b der Kenntnis von der eigenen A b s t a m m u n g für die G e n e h migung zwar besonderes G e w i c h t , aber kein V o r r a n g z u k o m m t 6 7 , mag dabei auf sich beruhen. D i e Interessen des Samenspenders haben in diesem Zusammenhang jedenfalls keine Bedeutung. b) M a n m ü ß t e daher schon erneut die Parallele z u m A d o p t i o n s r e c h t bemühen und auch die Anfechtungsmöglichkeit des Kindes in gleichem M a ß e einschränken 6 8 . § 1763 Abs. 1 B G B erlaubt die A u f h e b u n g nur, wenn sie aus schwerwiegenden G r ü n d e n z u m W o h l des Kindes erforderlich ist; diese Möglichkeit ist obendrein noch subsidiär gegenüber dem Eingreifen des Vormundschaftsgerichts nach § 1666 B G B 6 9 . D o c h stößt dieser Ansatz sehr schnell auf kaum überwindliche Schwierigkeiten. (1) D e r Vorschlag setzt sich zunächst schon über geltendes R e c h t hinweg und müßte begründen, w a r u m die A r t der Zeugung das Anfechtungsrecht des Kindes einschränken soll und kann. I m m e r h i n hat ja das K i n d die Entscheidung seiner M u t t e r und des E h e m a n n s hinzunehmen. So liegt zwar möglicherweise eine nachträgliche Gesetzeslücke vor, weil und soweit der G e s e t z g e b e r die Fortschritte in der R e p r o d u k t i o n s m e d i z i n nicht vorausgesehen hat und nicht voraussehen konnte. D o c h liegt eine A n w e n d u n g des § 1596 B G B wesentlich näher als ein U m k e h r s c h l u ß , der das gesetzliche Vgl. nochmals die Fallgestaltung in BGHZ 87, 169. Frank FamRZ 1988, 119. 65 Giesen JZ 1989,369. 66 BayOblG FamRZ 1995, 185, 186; Palandt/Diedenchsen § 1597 Rdn. 15; MünchKomm/Mutschier § 1597 Rdn. 7. 67 BayOblG FamRZ 1995, 185, 186; O L G Hamm FamRZ 1984, 81, 82; Palandt/ Diederichsen § 1597 Rdn. 15; Soergel/Gaul Nachtrag § 1597 Rdn. 9. 68 So die Erwägung von Bernat MedR 1986, 248; der Sache nach auch Deutsch MDR 1985, 181 („wesentliche Einschränkung des Anfechtungsrechts des Kindes"); Gottwald, in: FS für Hubmann, 1985, S. 118 f.; abl. Soergel/Gaul § 1591 Rdn. 34; a. A. auch Palandt/ Heinrichs § 242 Rdn. 76; von Sethe S. 189; vgl. auch Beschlüsse des 56. Deutschen Juristentages III 11, NJW 1986, 3070. 69 MünchKomm/Lüderitz § 1763 Rdn. 3; nicht ganz so weit gehend Palandt/Diederichsen § 1763 Rdn. 5. 63 64

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R e c h t des Kindes hintansetzt. So sind nämlich schon die Voraussetzungen der A n n a h m e primär zum W o h l des Kindes recht streng 7 0 . Darin liegt schon ein gravierender Unterschied zum Fall einer heterologen Insemination, wenn man dort für eine Beschränkung des Anfechtungsrechts des Kindes plädiert und so seine R e c h t e beschneidet, o b w o h l keine Prüfung vorausgegangen ist. Schließlich kann das Anfechtungsrecht nach § 1596 Abs. 1 N r . 4 und 5 B G B auf keinen Fall beschränkt w e r d e n " , so daß der Samenspender jedenfalls nicht zur G ä n z e abgesichert werden kann. D a n n allerdings ist die Legitimation einer solch einschneidenden Rechtsfortbildung praeter, vielleicht sogar contra legem mehr als fragwürdig. (2) Dessen ungeachtet - und darin liegt der eigentliche G r u n d - müßte sich der Vorschlag mit dem B e d e n k e n auseinandersetzen, o b denn § 1763 B G B in seiner restriktiven F o r m höherrangigem R e c h t standhält. D a s B u n desverfassungsgericht nimmt ja ein auf dem Persönlichkeitsrecht des K i n des basierendes R e c h t auf Kenntnis der eigenen A b s t a m m u n g an, das vor der Vorenthaltung erlangbarer Informationen schützt 7 2 . D a b e i geht es nicht nur u m die tatsächliche Kenntnis, sondern u m die Möglichkeit einer n o t falls gerichtlichen Klärung 7 3 . J e nach der Lage des Falles kann sich das R e c h t des Kindes sogar gegenüber der Schranke des § 1596 Abs. 1 N r . 2 B G B

Z. B. die Probezeit; vgl. MünchKomm/L«rfenrz § 1744 Rdn. 1. Auch Gottwald, in: FS für Hubmann S. 119 läßt hier eine Ausnahme von dem von ihm geforderten Ausschluß des Anfechtungsrechts des Kindes zu. 72 BVerfGE 79,256,268 f.; 90,263,271; OLG Düsseldorf NJW 1990, 1736; vgl. schon BVerfGE 38, 241, 251; BVerfG NJW 1988, 3010; aber auch BVerfGE 35, 41, 48; zust. Palandt/Diederichsen § 1596 Rdn. 3; § 1598 Rdn. 1; MünchKommAMutschier §1598 Rdn. 1,10; Coester-Waltjen Jura 1989,521 {.-,Starck}7. 1989,338; Enders NJW 1989,883; Giesen JZ 1989, 366 ff; Mansees NJW 1988, 2985 ff.; bei der heterologen Insemination auch Kirch FamRZ 1990, 574; von Sethe S. 85 ff.; kritisch Beitzke/Lüderitz § 22 IV 4; Deichfuß NJW 1988, 115 ff.; SmidJR 1990,225 f. - Die Entscheidung BVerfG NJW 1997, 1769 steht dem wohl nicht entgegen. Denn das Gericht hat die Entscheidung des LG Münster deswegen aufgehoben, weil dieses den ihm zustehenden Abwägungsspielraum zwischen den Interessen des nichtehelichen Kindes und seiner Mutter verkannt hat (BVerfG NJW 1997, 1769, 1770). Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung wurde dagegen erneut bejaht (BVerfG NJW 1997, 1769, 1770). Unklar und wenig überzeugend ist es allerdings, wenn das Gericht ausspricht, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG verleihe kein Recht auf Verschaffung solcher Kenntnisse, sondern könne nur vor der Vorenthaltung erlangbarer Informationen durch staatliche Organe schützen (BVerfG NJW 1997,1769,1770 unter Berufung auf BVerfGE 79,256,269; dort war das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung nicht auf den Schutz vor der Vorenthaltung durch staatliche Organe beschränkt worden). Dem liegt ein wenig überzeugendes Konzept der Wirkung der Grundrechte zwischen den Bürgern zugrunde (vgl. ausführlich]. Hager JZ 1994, 373 ff.). Nähme man diese Äußerung des Bundesverfassungsgerichts wörtlich, so gäbe es regelmäßig gerade kein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, jedenfalls nicht gegenüber der Mutter. Damit würde ein entscheidender Aspekt des Persönlichkeitsrechts des Kindes mißachtet. 70 71

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BVerfGE 79, 256, 269.

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durchsetzen, also eine A n f e c h t u n g auch bei intakter E h e der M u t t e r m ö g lich sein 7 4 ; erst recht garantiert die Verfassung das Anfechtungsrecht, wenn die E h e der M u t t e r zerbrochen ist. G e h t man von dieser verfassungsrechtlichen Lage aus und stellt man weiter in R e c h n u n g , daß der Gesetzgeber den W e g einer Abstammungsklage o h n e A u s w i r k u n g auf die verwandtschaftlichen Beziehungen, den das Bundesverfassungsgericht für verfassungsrechtlich gangbar hält 7 5 , jedenfalls bislang nicht gewählt hat, so strahlt dies auch auf § 1763 B G B aus. H a t etwa das R e c h t des Kindes auf K e n n t n i s seiner biologischen A b s t a m m u n g jedenfalls dann den Vorrang, wenn die E h e geschieden wird, wie dies § 1596 Abs. 1 N r . 2 B G B denn auch vorsieht, so spricht viel dafür, die Scheidung der Adoptiveltern auch als Aufhebungsgrund einer A d o p t i o n anzusehen 7 6 . Einen Unterschied zwischen den beiden Fällen in der Z u s t i m m u n g des Kindes nach § 1746 B G B zur A d o p t i o n zu sehen, k ö n n t e jedenfalls bei minderjährigen Kindern unter 14 J a h r e n nicht überzeugen. D i e Z u s t i m m u n g wird durch den gesetzlichen Vertreter erteilt und könnte das höchstpersönliche R e c h t des Kindes ebensowenig tangieren wie das durch einen vertraglichen Verzicht auf das Anfechtungsrecht gegenüber dem E h e m a n n der Fall wäre, wenn die M u t t e r das K i n d dabei verträte. c) L ä ß t sich also am R e c h t des Kindes, die Ehelichkeit anzufechten, nicht rütteln, so kann der Samenspender durch den Verzicht des E h e m a n n e s auf die Anfechtung ohnehin nicht umfassend geschützt werden. Dies spricht dafür, bei derartigen höchstpersönlichen Entscheidungen eine strikte B i n dung abzulehnen.

V. Zusammenfassung 1. M i t der Vereinbarung zwischen der Klinik und dem E h e m a n n , der E h e m a n n werde das durch eine heterologe Insemination gezeugte K i n d als sein eheliches K i n d anerkennen, k o m m t ein Vertrag zugunsten des Samenspenders zustande. D a r i n verpflichtet sich der E h e m a n n , den Samenspender bzw. seine E r b e n von allen Ansprüchen freizustellen, die das K i n d nach Anfechtung der Ehelichkeit und Feststellung der Vaterschaft gegen den Samenspender bzw. seine E r b e n geltend macht. 2. D u r c h die Anfechtung der Ehelichkeit fällt die Geschäftsgrundlage dieses Vertrages nicht weg, da der Z w e c k der Abrede gerade darin besteht,

BVerfGE 79, 256, 269; Münder RdJ 1989, 462. BVerfGE 79, 256, 274; 90, 263, 274; so auch der Vorschlag de lege ferenda von A. Roth FamRZ 1996, 771. 76 Anders die h. M.; vgl. z. B. Palandt/Diederichsen § 1763 Rdn. 4; MünchKomm/ Lüderitz § 1763 Rdn. 3; BayOblG FamRZ 1980,498, 500, wo es allerdings um einen Antrag des Adoptivvaters gegangen war. 74

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die Interessen des Samenspenders für diesen Fall zu wahren. O b der Ehemann oder das Kind die Ehelichkeit angefochten hat, spielt keine Rolle. 3. Die Verpflichtung des Ehemannes, die Ehelichkeit nicht anzufechten, ist nicht bindend. Eine abweichende Lösung folgt auch nicht aus der Parallele zur Adoption, da deren Voraussetzungen fehlen. Eine Beschränkung des Anfechtungsrechts des Kindes geriete obendrein in Kollision mit der Verfassung. So ist denn auch § 1763 B G B mit höherrangigem Recht nicht vereinbar.