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German Pages 260 Year 1992
STEPHAN GÖCKELER
Die Stellung der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts im Erkenntnis-, Vollstreckungs- und Konkursverfahren
Schriften zum Prozess recht Band 110
Die Stellung der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts im Erkenntnis-, Vollstreckungs- und Konkursverfahren Grundlagen, Einzelprobleme und Auswirkungen auf das materielle Recht
Von Dr. Stephan Göckeler
DUßcker & Humblot . Berliß
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Göckeler, Stephan: Die Stellung der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts im Erkenntnis-, Vollstreckungs- und Konkursverfahren: Grundlagen, Einzelprobleme und Auswirkungen auf das materielle Recht / von Stephan GÖckeler. - Berlin : Duncker und Humblot, 1992 (Schriften zum Prozessrecht ; Bd. 110) Zug!.: Heidelberg, Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07563-3 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 3-428-07563-3
Meinen lieben Eltern und meiner lieben Andrea
Vorwort
Die nachfolgende Arbeit wurde im Wintersemester 1991/92 von der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg als Dissertation angenommen. Besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. H. Roth aussprechen, der die Anregung zu der Arbeit gab und ihre Anfertigung mit wertvollen Hilfen und großem Verständnis jederzeit unterstützte. Ebenso sei Herrn Prof. Dr. P. Ulmer für die Erstellung des Zweitgutachtens herzlich gedankt. Bedanken möchte ich mich schließlich bei Herrn österr. Prof. N. Simon für die Aufnahme in die Reihe "Schriften zum Prozeßrecht" und bei allen, die mich in den vergangenen Jahren begleitet haben. Heidelberg und Fredeburg, im Frühjahr 1992
Stephan Göckeler
Inhalt
A. Einführung . . .
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I. Einleitung.
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11. Der Meinungsstand 1. Die Rechtsprechung . 2. Die herrschende Lehre 3. Neuere Tendenzen .
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III. Gang der Darstellung .
Bo Das materiell-rechtliche Verständnis der GbR .
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I. Geschichtliche Entwicklung der Gesamthand 1. Das römische Recht a) societas b) communio . . . . . 20 Deutschrechtliche Entwicklungen 3. Der erste Entwurf zum BGB 4. Der zweite Entwurf und die heute geltende Regelung Die Novelle der ZPO o. 6. Ein einheitliches Wesen der Gesamthand? a) Problemstellung b) Stellungnahme . . . . 7. Tatsächliche Erscheinungsvielfalt 0
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110 Die individualistische Lehre 1. Allgemeine Einführung a) Darstellungskriterien b) Terminologie . 2. Gesellschafter als Rechtsträger . 3. Vertretung 40 Schuld und Haftung . . . . 0 •• a) Allgemeines b) Schuld und Haftung nach der individualistischen Lehre Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis a) Sozialansprüche b) Sozialverpflichtungen 0
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III. Die Verbundenheitslehre . 1. Rechtsträger 2. Vertretung 30 Gesellschafts- und Gesellschafterschulden 0
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Inhalt a) Anerkennung von Gesellschaftsschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis von Gesellschafts- und Gesellschafterschuld . . . . . . . . . . aa) Dogmatische Begründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nebeneinander beider Verpflichtungen . . . . . . . . . . 4. Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sozialansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sozialverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Die Lehre von der Teilrechtsfähigkeit . . . . . . . . . . . . 1. Dogmatische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. GbR als Rechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . 3. Verbindlichkeiten und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesellschaftsschulden . . . . . . . . . . . . . . b) Gesellschafterschulden . . . . . . . ... . . . 4. Vertretung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis . . . . .. . . . . . . . . . . . . . 6. Differenzierende Ansicht von K. Schmidt . . . .. . . . . . . . . . . . . a) Beschränkung der Teilrechtsfähigkeit auf unternehmenstragende Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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V. Kritik und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesellschaftsschulden und Gesellschafterschulden . a) Problemstellung und Folgerungen . . . . . . . . . b) Argumente der individualistischen Lehre . . . . . . . . . . . . . . . c) Argumente für die Anerkennung von Gesellschaftsschulden . . . . . . . aa) Teilrechtsfähigkeitslehre . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wortlaut und Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Aufrechnungsverbot nach § 719 11 BGB . . . . . . . . . . . . . . dd) Gleichlauf von Rechts- und Verpflichtungszuständigkeit ... . . ee) Rückschluß aus § 736 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Haftung im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Weiterhaftung des Gesellschaftsvermögens bei Neueintritt eines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Anerkennung von Gesellschaftsschulden in der höchstrichterlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vereinbarkeit der Trennung mit der Verbundenheitslehre . . . . . . f) Dogmatische Begründung der Gesellschafterschulden . . . . . . . . aa) Akzessoritätslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Lehre von der Doppelverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Zusammenfassung der Schuld und Haftungsstruktur der GbR . . . . . . aa) Rechtsgeschäftliche Schulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bereicherungsrechtliche Verpflichtungen . . . . . . . . . . cc) Verpflichtungen aus unerlaubter Handlung . . . . . . . . . . dd) Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen . . . . . . . 2. Konsequenzen für das Prozeßrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zwei mögliche Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unvereinbarkeit der Verbundenheitslehre mit der Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Folgt aus der Teilrechtsfähigkeit die Parteifähigkeit'! . . . . . . . . . . aa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
c.
Die Stellung der GbR Im Prozeß . . . . I. Die Streitgenossenschaftslösung . 1. Wesentlicher Inhalt . . . . . . . . . . 2. Dogmatische Grundlagen der Streitgenossenschaft a) Unterschied von einfacher und notwendiger Streitgenossenschaft . b) Notwendige Streitgenossenschaft aus prozeßrechtIichen Gründen . aa) Rechtskrafterstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einheitliche Gestaltungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Notwendige Streitgenossenschaft aus materiell·rechtlichen Gründen (Verbot der Einzelklage ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gemeinschaftliche Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis . bb) Gestaltungsklagen . . . . . . 3. Aktivprozesse der Gesellschaft . a) Leistungsklagen .. . . . . . . . . aa) Herrschende Meinung . . . . bb) Differenzierende Ansicht von Schwab cc) Stellungnahme. b) Gestaltungsklagen . c) Feststellungsklagen aa) Normalfall . . . bb) Sonderfall: § 737 BGB . 4. Passivprozesse der Gesellschaft ... a) Leistungsklagen . . . . . . . . . . aa) Einfache Streitgenossenschaft mit Ausnahme bei "echten Gesellschaftsschulden" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einfache Streitgenossenschaft mit Ausnahme der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen . . . . . . . . . . cc) Notwendige Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichem Grund . . . . . dd) Stellungnahme. b) Gestaltungsklagen . c) Feststellungsklagen aa) Grundsatz der einfachen Streitgenossenschaft mit der Anerkennung von Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Notwendige Streitgenossenschaft bei "echten Gesamthandsschulden" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ß) Differenzierende Auffassung von Henckel . bb) Notwendige Streitgenossenschaft cc) Stellungnahme. . . . . . . . . d) Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . 11. Lehre der "einheitlichen Streitpartei" . . . . 1. Darstellung und Unterschiede zur notwendigen Streitgenossenschaft . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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111. Schluß von der Teilrechtsfähigkeit auf die Parteifähigkeit der GbR . 1. Erweiternde Auslegung des § 50 I zpo ....... 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Analogie zu parteifähigen Gesamthandsgemeinschaften 1. Gesetzesanalogie zu § 50 11 zpo ..... . . . . . . 2. Gesetzesanalogie zu § 124 I HGB . . . . . . . . . . . 3. Gesetzesanalogie zu § 493 111 HGB (Partenreederei) . 4. Rechts-(Gesamt-)analogie zu §§ 50 11 ZPO, 1241,493111 HGB 5. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt a) Vorliegen einerplanwidrigen Gesetzeslücke . . . . . . . . . b) Vergleichbare Tatbestände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unvergleichbarkeit mit dem nichtrechtsfähigen Verein bb) Keine Ähnlichkeit zu OHG, KG und Partenreederei . .
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V. Parteifähigkeit der GbR infolge gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritische Würdigung und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . a) Methodische Voraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesetzlicher Anknüpfungspunkt. . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fehlen eines Fortbildungshindernisses . . . . . . . . . . . . . aa) Bürgerlich-rechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . bb) Entgegenstehen von § 50 I ZPO? . . . . . . . . . . . . . . cc) §§ 5011 ZPO, 124 I HGB als abschließende Regelungen? dd) Entgegenstehen des § 50 11 ZPO . . . . . . . . . . . . . . ee) Entgegenstehen von § 124 I HGB? . . . . . . . . . . . . . ff) Widerspruch zu § 736 ZPO . . . . . . . . . . . . d) Notwendigkeit der Rechtsfortbildung . . . . . . . . .
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafls(schuld)prozesses l. Bezeichnung der Prozeßparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Notwendigkeit der Bezeichnung . . . . . . . . . . . . .
2. Die Parteibezeichnung nach der Streitgenossenschaftslösung . . . 3. Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verbot der Benutzung eines Gesamtnamens . . .. . . . . . . . b) Gerichtliche Hilfestellung. . . c) Konsequenzen . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .
11. Bestimmung des Gerichtsstands ............ . 1. Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeiner Gerichtsstand der Gesellschafter .... b) Gerichtsstand kraft Sachzusammenhangs . . . . . . . c) Analogie zu § 856 11 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gerichtsstand nach der Parteifähigkeitslösung .. . 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . a) Zur Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . . . . ............. b) Zur Parteifähigkeitslösung c) Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Zustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Bedeutung . . . . . . . . . . . . 2. Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . . . . . . a) Zustellung an jeden Streitgenossen ... . . . . . . . . . . . . . b) Abweichende Ansicht von Hellwig . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zustellung an einen geschäftsführenden Gesellschafter. . . . . . . . d) Ersatzzustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ersatzzustellung nach § 181 ZPO. . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ersatzzustellung nach § 183 I ZPO . . . . . . . . . . . . . . . a) Sonderproblem der Publikumsgesellschaft . . . . . . . . .
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Inhalt
ß) Sonderproblem der Zustellung an einen Gesellschafter im Geschäftslokal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zustellung . . . . . . . . . . . . . b) Ersatzzustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Ausschluß und Ablehnung eines Richters .. .
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V. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prozeßkostenhilfe . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung . . . . . . . . . . . . . b) Streitgenossenschaftslösung . c) Parteifähigkeitslösung .... . d) Stellungnahme . . . . . . . . .
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VI. Prozeßfähigkeit und Vertretung . . . . . 1. Begriff und Bedeutung der Prozeßfähigkeit 2. Begriff und Bedeutung der Vertretung im Prozeß . . 3. Streitgenossenschaftslösung ..... . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz der Selbständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertretung durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter . 4. Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VII. Prozeßführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Bedeutung .. . . . . . . . . . . . . . . 2. Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . . . . . a) Prozeßführungsbefugnis auf der Grundlage der Verbundenheitslehre b) Prozeßführungsbefugnis auf der Grundlage der Teilrechtsfähigkeitslehre .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aktivprozeß der Gesellschaft (Gesamthandsprozeß) . . . a) Gesetzliche Prozeßstandschaft . , . . . . . . . . . . . ß) Gewillkürte Prozeßstandschaft . . . . . . . . . . . . . bb) Passivprozeß der Gesellschaft (Gesamthandsschuldprozeß) . . a) Gewillkürte Prozeßstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . ß) Gesetzliche Prozeßstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . .
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VIII. Prozeßhandlungen . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Systematik . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prozeßhandlungen nach der Streitgenossenschaftslösung . . . a) Prozeßhandlungen mit verfügender oder verfügungsgleicher Wirkung. aa) Grundsatz der Gemeinschaftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Sonderprobleme . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . ß) Stellungnahme. . . . . . . b) Sonstige Parteiprozeßhandlungen aa) Präklusionslösung . . . . . . . bb) BeweisveIWertungslösung . . cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prozeßhandlungen nach der Parteifähigkeitslösung . 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt IX. Beteiligung Dritter am Rechtsstreit - Zeuge, NebenintelVenient und Streitverkündeter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vernehmung als Zeuge oder als Partei . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzliche Regelung und Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Parteivernehmung der vertretungsberechtigten Gesellschafter . .. bb) Parteivernehmung aller Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. NebenintelVention und Streitverkündung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unzulässigkeit der NebenintelVention . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Nebenintervention aufgrund getrennter Vermögenskreise . . . . cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) NebenintelVention nur der nichtvertretungsberechtigten Gesellschafter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) NebenintelVention aller Gesellschafter. . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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X. Die GbR im Versäumnisverfahren. . . . . . . . . 1. Gesetzliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Säumnissituation nach der Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . 3. Säumnis nach der Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Zur Vertretungsfiktion bei einem nichtvertretungsberechtigten Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Widersprechende Erklärungen erschienener Gesellschafter . . . . . c) Keine Notwendigkeit zur Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . .
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XI. Gesamthandsschuldprozeß und Gesamtschuldprozeß. . . . . . . . . 1. Ausgangslage und Auslegung des Klagantrags . . . . . . . . . . . a) Streitgegenstand der Gesamthands- bzw. Gesamtschuldklage b) Auslegung des Klagantrags . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gleichzeitige Erhebung beider Klagen .... a) Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . . . . . . . b) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . 3. Übergang von der einen Klage auf die andere a) Rechtshängigkeit und Rechtskraft . . . . . . aa) Auswirkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . a) Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . ß) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . y) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . b) Übergang nach der Streitgenossenschaftslösung . . aa) Unanwendbarkeit des § 264 ZPO . . . . . bb) Anforderungen des § 263 ZPO . . . . cc) Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Übergang nach der Parteifähigkeitslösung . . . . aa) Gewillkürter Parteiwechsel .. a) Voraussetzungen . . . . . . ß) Wirkungen. . . . . . . . . . bb) Nachträgliche Klagehäufung . . d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
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XII. Durchsetzung von Anspriichen im Innenverhältnis der GbR, insbesondere aetio pro socio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sozialanspriiche (aetio pro sodo) . . . . . . . . . . . a) Streitgenossenschaftslösung ... . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . b) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . c) Verhältnis der aetio pro sodo zum Gesamthandsprozeß . . . . . . . . d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Sozialverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Streitgenossenschaftslösung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XIII. NotgeschäftsfUhrung und Durchsetzung von Ansprüchen zwischen Gesamthand und Gesellschaftern außerhalb des Innenverhältnisses . . . . . . . . . 1. Notgeschäftsführung. . . . . . . . . . . . . . . a) Prozessuale Verwirklichung . . . . . . . . b) Verhältnis zum Gesamthandsprozeß ... 2. Ansprüche außerhalb des Innenverhältnisses . a) Streitgenossenschaftslösung ... b) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV. Wechsel im Gesellschafterbestand . . . . . . . . . . 1. Ersatzloses Ausscheiden eines Gesellschafters. a) Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . aa) Gesetzliche Prozeßstandschaft .... bb) Gesetzliche Parteiänderung . . . . . . . . . . . . . b) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Sonderproblem: Fortbestehen der Prozeßführungsbefugnis eines ausgeschiedenen Gesellschafters bei bereits von ihm erhobener actio pro sodo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Neueintritt eines Gesellschafters. . . . . . . . . . a) Materiell-rechtliche Grundlage . . . . . . '. . b) Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . . c) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . 3. GesellschafteIWechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Veränderungen im Gesellschafterbestand nach Urteilserlaß . . a) Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . . . . b) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . 5. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . XV. Veränderungen der Gesellschaft. . . . . 1. Formwechselnde Umwandlung. . . . . . . . . . . a) Materiell-rechtliche Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zur Parteifähigkeit von Personenhandelsgesellschaften . . . . . . . . aa) Ältere Rechtsprechung und ehemals h.M. . . . . . . . . . bb) Lehre der formellen Parteifähigkeit . . . . . cc) Gesetzliche Prozeßstandschaft der OHG .. dd) Parteifähigkeit der OHG . . . . . . . . . . . . ee) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Umwandlung einer GbR in eine OHG . . . . . aa) Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . bb) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . d) Umwandlung einer OHG in eine GbR ....
159 159 159 160 160 160 161 161 162 163 163 163 164 164 165 167 168 168 169 169 169 170 170 171 171 171 171 171 172 172 173 173 173 174 174 174 176 176
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Inhalt
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3.
4. 5.
aa) Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzlicher Parteiwechsel . . . . . . . . . . . . ß) Parteifähigkeit der Scheinhandelsgesellschaft? bb) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übergang zur Liquidation der GbR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Materiell-rechtliche Grundlagen und Auswirkungen .. b) Prozessuale Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Beendigung der GbR . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beendigung nach durchgeführter Liquidation . aa) Aktivprozeß der Gesamthand . . . . . . . . bb) Passivprozeß der Gesamthand .. '. . . . . cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aktivprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . ß) Passivprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beendigung ohne vorhergehende Liquidation aa) Übernahme durch einen Gesellschafter . bb) Übernahme durch einen Dritten . . . . . cc) Übertragende Umwandlung. . . . . . . . c) Wiederaufnahmeverfahren nach Beendigung. aa) Streitgenossenschaftslösung . . . . . . . . . . . . . bb) Parteifähigkeitslösung . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . .... . . . . GbR als Vorgesellschaft. . . . . Abschließende Stellungnahme .
XVI. Besondere Verfahrensarten . . . . E. Die GbR In Zwangsvollstreckung und Konkurs I. Grundlagen der Zwangsvollstreckung bei einer GbR
1. Allgemeine Voraussetzungen. . . . . . . . . . . . . 2. Zwangsvollstreckung in das GbR-Vermögen . . . a) § 736 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 859 I ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gewahrsam an Gegenständen des Gesellschaftsvermögens .
11. Auslegung von § 736 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Weitc Auslegung nach der h.M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 736 ZPO erfaßt auch gesellschaftsfremde Forderungen. . . b) Keine Notwendigkeit eines einheitlichen Titels. . . . . . . . . 2. Abweichende Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 736 ZPO erfaßt nur gesellschaftsbezogene Forderungen aa) Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage . . . . . . . . . bb) Formale U nzulässigkeit der Zwangsvollstreckung ... cc) Argumente für die Reservierung des Gesellschaftsvermögens für die GeseUschaftsgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wortlaut des § 736 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ß) Entstehungsgeschichte des § 736 ZPO . . . . . . . . . . . . . . y) Existenz der Vollstreckungsmöglichkeit nach § 859 I ZPO . . . b) § 736 ZPO gilt ausschließlich für Gesamthandsschulden . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . a) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Übereinstimmung mit prozessualen Prinzipien und Tenorierung . .
176 176 177 178 179 179 179 180 180 180 181 182 182 183 184 185 186 187 188 189 189 189 189 191 191 193 193 193 194 194 194 195 195 195 195 197 197 197 197 198 198 198 199 199 200 201 201 201 202 204
Inhalt
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e) Vermeidung des Problems der Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . f) Unzulässigkeit der Umschreibung von Gesamtschuldtiteln gegen alle Gesellschafter in einen Gesamthandsschuldtitel . . . . . . . . . . . . .
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111. Die GbR im Konkurs nach derzeitiger Rechtslage . . . . . . . . . 1. Grundlagen und Problemkonstellation nach h.M. . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelkonkurs der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . 2. Lösung nach BGHZ 23, 307ff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konkursfähigkeit der GbR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Argumentation und Stellungnahme .... . aa) Haftungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entgegenstehen gesetzlicher Vorschriften a) §728BGB . . . . . . . . . . . . . . . . ß) §§ 209, 213, 214 KO . . . . . . . . . . cc) Unterschiedlichkeit der GbR-Typen . . . . . . . . . . dd) Entgegenstehen der fehlenden Parteifähigkeit ... .
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IV. Die Stellung der GbR im Insolvenzverfahren nach der Insolvenzrechtsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schuld- und Haftungsstruktur der GbR .. . b) Parteifähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . c) Auslegung des § 736 ZPO d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
219 219 219 220 222 222 222
F. Entscheidung über die malerieU-ret:hlliche Slruktur der GbR und ZIL. 96 (1983), 494. 164 Aderhold, S. 166. 165 Henckel, Prozeßrecht, S. 7f.; Krüger, NJW 1990, 1208; Stein/Jonas/Schumann, Ein\. Rz. 4.
166 So Henckel, Gerechtigkeitswert, S. 9 mit Hinw. auf die gegenteilige Auffassung von Goldschmidt, in: Prozeß als Rechtslage: es besteht eine strikte Trennung von Prozeßrecht und materiellem Recht; das Prozeßrecht soll nur zu einer Entscheidung führen, ob diese richtig ist, interessiert es nicht. Henckel möchte dagegen auf das Kriterium des gerechten Urteils nicht verzichten. 167 Jauemig, JuS 1971, 329: existentielle Abhängigkeit des Prozeßrechts vom materiellen Recht; vgl. auch Rosenberg/Schwab, § 1 III 1, 2. 168 Henckel, Gerechtigkeitswert, S. 9f.
54
B. Das materiell-rechtliche Verständnis der GbR
des Verhaltens der Prozeßsu~ekte in einem bestimmten Prozeß bzw. der Wirkungen dieses Verhaltensl . Hierzu bedarf es einer eigenen Wertungssphäre des Zivilprozeßrechts170• Diese ist notwendig, um das Erreichen der Zwecke des Zivilprozesses zu sichern. Diese Zwecke sind im wesentlichen die Durchsetzung subjektiver Rechte17l und die Schaffung von Rechtsgewißheit und Rechtssicherheit, insbesondere in Bezug auf die streitenden Parteienl'n. Die zivilprozessuale Wertungssphäre berücksichtigt sowohl allgemein gültige Rechtsgrundsätze (z.B. Treu und Glauben)l73 als auch besondere prozessuale Wertungen, wie vor allem Klarheit und Sicherheit des Verfahrens l74 und Formenstrenge 17S • Diese Feststellungen schränken somit die Auffassung einer rein dienenden Funktion des Prozeßrechts ein. Sie erfordern die Berücksichtigung prozessualer Normen und Wertungen bei Behandlung der Frage, ob aus der materiell-rechtlich behaupteten Teilrechtsfähigkeit zwingend die Parteifähigkeit der GbR folgt. Der Begriff der juristischen Person und der damit verbundenen Rechtsfähigkeit hat zum Inhalt, daß die juristische Person grundsätzlich Träger aller Rechte und Pflichten sein kann. Daß sie in realiter nicht alle Rechte und Pflichten vereinnahmen kann, war bereits Gegenstand der Darstellungl7'. Mit der Qualifizierung eines Verbandes als juristische Person ist aber die (widerlegbare) Vermutung begründet, daß der Verband Träger eines Rechtes oder einer Pflicht ist. Der Begriff der Teilrechtsfähigkeit, erkennt man ihn an, begründet eine solche Vermutung indessen nicht. Hier ist vielmehr mittels einer sorgfältigen Analyse der in Rede stehenden Gesetzesvorschrift(en) zu erforschen, ob und inwieweit die GbR als Zurechnungssubjekt von Rechtsbeziehungen anzuerkennen ist m .
Stein/Jonas/Schumann, Einl. Rz.33. Stein/Jonas/Schumann, Einl. Rz. 30, 71ff. 171 Stein/Jonas/Schumann, Einl. Rz. 7-9; Jauernig, ZPR, § 111 1: ders., JuS 1971,329; Henckel, Prozeßrecht, S. 48ff. (6Off.), der im Prozeßrecht nicht eine Institution zum Schutze subjektiver Rechte sieht, sondern ein Verfahren zur Ausübung subjektiver Rechte; dies bezeichnet er als das Hauptziel des Zivilprozesses (S. 64); Krüger, NJW 1990, 1208; für Rosenberg/Schwab, § 1 III 1 besteht hierin der alleinige Prozeßzweck. l'n Stein/Jonas/Schumann, Einl. Rz. 17-20; vgI. auch: Henckel, Gerechtigkeitswert, S. 10; Häsemeyer, AcP 188 (1988), 161f. (zur prozessualen Rechtskrafttheorie). 173 Rosenberg/Schwab, § 7 11 2 e; Stein/Jonas/Schumann, Einl. Rz. 36; Thomas/Putzo, Einl. Anm.IV. 174 BGHZ 41,310 (312); E. Schmidt, Zweck des Zivilprozesses, S. 97; Stein/Jonas/Schumann, Einl. Rz. 85 (Vorhersehbarkeit des Prozeßergebnisses). l7S Vollkommer, Formenstrenge, passim. 176 Siehe oben B.II.2. m In diesem Sinne auch: Ulmer, § 705 Rz. 131ff. 169
170
c. Die Stellung der GbR im Prozeß J. Die Streitgenossenschaftslösung 1. Wesentlicher Inhalt
Die Vertreter der individualistischen Theorie 1 und der Verbundenheitslehre2 lehnen entsprechend ihrer Auffassung zur Teilrechtsfähigkeit konsequenterweise die (aktive und passive) Parteifähigkeit ab3• Ihrer Ansicht nach können nur die Gesellschafter Parteien eines Zivilprozesses sein4• Trotz eines vorhandenen Gesellschaftsvermögens seien doch die Gesellschafter in ihrer Summe Subjekt des Verfahrenss. Neben dem Argument der fehlenden Rechtsfähigkeit wird insbesondere auf §§ 50 I, 736 ZPO verwiesen. Letzterer setzt zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer GbR einen Titel gegen alle Gesellschafter voraus. Hingewiesen wird ferner auf die spezialgesetzlich geregelte Stellung der OHG im Prozeß nach § 124 HGB 6• Die Möglichkeit einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung wird als unzulässig verworfen7• Dieser Argumentation schließen sich im Ergebnis zu einem Teil auch Autoren der Teilrechtsfähigkeitslehre8 an9• Sie schließen nicht von der Teilrechtsfähigkeit auf die Parteifähigkeieo. Die Frage aber, wie sich das jeweilige der GbR zugrunde gelegte materiellrechtliche Verständnis im Prozeß auswirkt, wird unterschiedlich beantwortet. Siehe hienu oben B.II. Siehe hienu oben B.III. 3 Vgl. hienu oben B.V.2.b). 4 AK-ZPO/Koch, § 50 Rz. 13; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 50 Anm. 2 F b; Blomeyer, ZPR, § 7 11 2; Erman/Westermann, § 718, Rz. 13; Hoche/Haas, S. 53; KombIum, BB 1970,1447; Jauemig, ZPR, § 19111; Palandt!fhomas, § 714 Rz. 6; RosenberglSchwab, § 43 114 a.E.; Stein/Jonas/Leipold, § 50 Rz. 17; Sudhoff, S. 31/32; ZöllerNollkommer, § 50 Rz. 26. S Stein/Jonas/Leipold, § 50 Rz. 17. 6 Vgl. hienu: KombIum, BB 1970, 1446. 7 So sehr entschieden: Jauemig, ZPR, § 19111; Thein, S. 162f. 8 Siehe hienu oben B.IV. 9 Ulmer, § 718 Rz.42; Hennecke, S. 126ff. 10 Daß ein solcher Schluß grundsätzlich zwar möglich, nicht aber zwingend ist, war Gegenstand der Ausführungen unter B.V.2.c). 1
2
56
C. Die Stellung der GbR im Prozeß
Dabei besteht Einigkeit in der Hinsicht, daß im Fall eines von der GbR (genauer: von den Gesellschaftern) geführten Aktivprozesses nur eine einheitliehe Entscheidung ergehen darf. Prozessual soll dieses Ergebnis über das Institut der notwendigen Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichem Grund, § 62 12. Alt. ZPO, gesichert werdenll • Umstritten aber ist, ob dies auch hinsichtlich von Gesellschaftsschuldprozessen gilt, oder ob in Passivprozessen der GbR nur eine einfache Streitgenossenschaft nach § 59 ZPO zwischen den Gesellschaftern bestehe2• Zur praktischen Bedeutung folgendes Beispiel: Hat sich im Ausgangsfall die Platt GmbH das Eigentum an der Dampfwalze bis zur Zahlung des vollständigen Kaufpreises vorbehalten und verklagt sie A, Bund C auf Herausgabe der Dampfwalze, weil diese den Kaufpreis nicht mehr entrichten können, liegt eine Gesamthandsschuldklage vor. Kann nun, wenn B im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint und nicht anwaltlich vertreten ist, ein Versäumnisurteil gegen ihn ergehen, oder ist er nach § 62 I 2. Alt. ZPO durch A und C als vertreten anzusehen? Wie ist der Fall zu behandeln, wenn die Platt GmbH den Kaufpreis einklagt? 2. Dogmatische Grundlagen der Streitgenossenschaft
a) Unterschied von einfacher und notwendiger Streitgenossenschaft §§ 59ff. ZPO regeln die Beteiligung mehrerer als nur zwei Parteien an einem Rechtsstreit. Als Folge des § 62 ZPO, der bei Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale und bei Säumnis eines Streitgenossen im Prozeß dessen Vertretung durch die übrigen (anwesenden) Streitgenossen fingiert, unterscheidet man allgemein zwischen einfacher und ';otwendiger Streitgenossenschaft13 •
Die einfache Streitgenossenschaft ist nach § 59 ZPO zulässig, wenn mehrere Personen hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen 14 oder aus demselben tatsächlichen oder rechtlichen Grunde berechtigt oder verpflichtet sind l5 • § 60 ZPO eröffnet zudem die Möglichkeit einer einfachen Streitgenossenschaft, wenn gleichartige Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden und sie auf im wesentlichen gleichartigem rechtlichem und tatsächlichem Grund beruhen l6 • Das Fehlen einer dieser Vgl. nur Ulmer, § 718 Rz. 45. Siehe hierzu: Kornblum, BB 1970,1447; unten C.I.4. 13 Vgl. nur Rosenberg/Schwab, § 50 I; Jauernig, ZPR, §§ 81, 82; ZöllerNollkommer, §§ 59, 60 Rz. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übersicht § 59 Anm. 1 b. 14 Z.B. Miteigentümer, Gesamtschuldner, Miterben. 15 Z.B. mehrere Gläubiger oder Schuldner aus einem gemeinschaftlich geschlossenen Vertrag, mehrere Verletzte aus einer unerlaubten Handlung; mehrere Schädiger haften nach § 840 BGB als Gesamtschuldner und fallen daher unter § 59 1. Alt. ZPO. 16 Z.B. Klage einer Versicherung gegen mehrere Versicherungsnehmer, Klage eines Vermie11
12
I. Die Streitgenossenschaftslösung
57
Voraussetzungen macht die anhängigen Klagen aber nicht unzulässig. Vielmehr sind sie zu trennen, § 145 ZPO. Diese Regelungen zeigen, daß Prozesse, in denen im wesentlichen die gleichen sachlichen oder rechtlichen Fragen zu klären sind, aus prozeßökonomischen Gründen zusammengefaßt werden sollen 17• Dabei geht die Zusammenfassung aber nicht soweit, daß eine einheitliche Entscheidung zu fällen ist. Vielmehr ist ein jedes Prozeßverhältnis (daher auch der Begriff: Subjektive Klagehäufung) hinsichtlich Zulässigkeit18 und Begründetheit gesondert zu untersuchen19• Daher sind unterschiedliche Ergebnisse möglich. Ist in der Sache bei Beteiligung mehrerer nur eine einheitliche Feststellung eines Rechtsverhältnisses möglich oder liegen sonstige Gründe vor, so ist von einer notwendigen Streitgenossenschaft auszugehen, § 62 I ZPO. Diese ist ebenso wie die einfache Streitgenossenschaft sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite möglich20 • Prozeßökonomische Überlegungen, die bei der einfachen Streitgenossenschaft im Vordergrund stehen, spielen daher eine untergeordnete Rolle21 • Hauptmerkmal der notwendigen Streitgenossenschaft ist somit die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung gegen alle Streitgenossen22• Diese Notwendigkeit kann sich nach allgemeiner Auffassung aus prozeßrechtlichen und aus materiell-rechtlichen Gründen ergeben. b) Notwendige Streitgenossenschaft aus prozeßrechtlichen Gründen Das Prozeßrecht zwingt im wesentlichen in zwei Fällen zu einer einheitlichen Entscheidung; zum einen in Fällen der Rechtskrafterstreckung, zum andern bei bestimmten Gestaltungsklagen. aa) Rechtskrafterstreckung
Würde sich die Rechtskraft eines Urteils zwischen zwei Parteien auf einen Dritten erstrecken, so muß, wenn dieser Dritte selbst Partei ist, eine einheitliters gegen verschiedene Mieter auf Räumung oder Klage eines Abzahlungsverkäufers gegen mehrere Abzahlungskäufer. 17 Blomeyer, ZPR, § 108 I 1; RosenbergiSchwab, § 4911 1 a; vgl. auch Jauernig, ZPR, § 81 III; Gottwald, JA 1982, 64f. 18 Bei Unzulässigkeit einer Klage wegen fehlender örtlicher oder sachlicher Zuständigkeit kann dieses Prozeßrechtsverhältnis - u.U. nach richterlichem Hinweis, § 139 ZPO - gemäß. § 145 ZPO getrennt und die Klage an das zuständige Gericht verwiesen werden, § 281 ZPO. 19 Jauernig, ZPR, § 81 I 3, III; ZöllerNollkommer, §§ 59,60 Rz. 9. 20 ZöllerNollkommer, §§ 59, 60; Jauernig, ZPR, §§ 81 I, 82 I. 21 So auch: Heller, S. 59. 22 RosenberglSchwab, § 50 I; Lent, JherJb 90 (1942), 97f.; vgl. auch: Jauernig, ZPR, § 82 IV 3; Gottwald, JA 1982, 66f.
58
c. Die Stellung der GbR im Prozeß
che Entscheidung ergehen (auf der Aktiv- oder Passivseite). Die gesetzliche Rechtskrafterstreckung nach § 325 ZPO fällt allerdings nicht hierunter, weil eine gemeinsame Klage z.B. des Rechtsvorgängers und des Rechtsnachfolgers oder gegen beide ausgeschlossen ist23• Beispielhaft zu nennen sind vielmehr §§ 326, 327, 640h, 856 ZPO, 249, 256 VII AktG, 147, 144 KO.
bb) Einheitliche Gestaltungswirkung Gestaltet ein begehrtes Urteil die Rechtsverhältnisse der Streitgenossen, ohne daß diese bereits eine notwendige Streitgenossenschaft aus materiellrechtlichem Grund bildeten, in einheitlicher Weise, so sind die auf einer Seite Beteiligten notwendige Streitgenossen24• Als Beispiele sind zu nennen §§ 1496, 2342 BGB, 245, 248 I, 275 AktG. Anhand der angeführten Beispiele läßt sich feststellen, daß die notwendige Streitgenossenschaft aus prozeßrechtlichen Gründen für das grundsätzliche Verhältnis der Gesellschafter im Aktiv- oder Passivprozeß der GbR keine Bedeutung erlangen wird. c) Notwendige Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen (Verbot der Einzelklage2S ) Die notwendige Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen umfaßt im wesentlichen die Fälle, in denen mehrere nur gemeinschaftlich ein Recht verwalten und darüber verfügen dürfen, sowie die Gestaltungsklagen, die nur gemeinsam durch oder gegen mehrere geltend gemacht werden dürfen 26 •
aa) Gemeinschaftliche Verwaltungs- und Verjügungsbejugnis Aus dem Erfordernis gemeinschaftlicher Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis folgt aufgrund der verfügungsähnlichen Wirkung eines rechtskräftigen Urteils die Notwendigkeit gemeinsamer Prozeßführung27• Die Hauptbeispiele
23 So Jauemig, ZPR, § 82 IIj mit ausgeschlossen ist hier die Unzulässigkeit einer der beiden Klagen wegen fehlender Prozeßführungsbefugnis gemeint, Gottwald, JA 1982, 64. 24 Jauemig, ZPR, § 82 11, RosenberglSchwab, § 50 I1j ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 4j Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 62 Anm. 3 B b. 2S So: Schumann, Rz. 11Uf.j im folgenden wird die überkommene Terminologie (Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen) verwandt. 26 Überblick bei: Jauemig, ZPR, § 82 IIIj vgl. auch Seile, S. 17ff., 37ff. 27 Jauemig, ZPR, § 82 IIIj Grunsky, § 29 I11j Gottwald, JA 1982, 68j Hoche/Haas, S. 240.
I. Die Streitgenossenschaftslösung
59
hierfür bilden nach einhelliger Auffassung28 die Aktivprozesse der Gesamthandsgemeinschaften (GbR, eheliche Gütergemeinschaft, Erbengemeinschaft).
bb) Gestaltungsklagen Gestaltungsklagen können sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passivseite eine notwendige Streitgenossenschaft bedingen29• Beispiele sind die Ehenichtigkeitsklage des Staatsanwalts gegen heide Ehegatten nach § 632 ZPO, sowie die Gestaltungsklagen im Bereich der OHG nach §§ 117, 127, 133, 140 HGB. Von Bedeutung für die weitere Untersuchung wird die notwendige Streitgenossenschaft aus dem materiellen Grund der gemeinschaftlichen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis sein. 3. Aktivprozesse der Gesellschaft
a) Leistungsklagen
aa) He"schende Meinung Nach überwiegender Ansicht stehen die Gesellschafter in einem Aktivprozeß der GbR, mit dem sie eine dem Gesellschaftsvermögen zustehende Leistung (Tun oder Unterlassen~ geltend machen, in notwendiger Streitgenossenschafei. Die Begründung ergibt sich aus folgendem Gedankengang. § 719 I BGB bestimmt das sachenrechtliehe Element der Gesamthand, indem es eine Verfügung über Gegenstände des Gesellschaftsvermögens nur durch alle Gesellschafter gemeinschaftlich zuläßt. Dieser gesamthänderischen Verfügungsbefugnis entspreche im Prozeß die gemeinschaftliche Prozeßführungsbefugnis32• Das Geltendmachen eines zum Gesellschaftsvermögen gehörigen
28 Jauemig, ZPR, § 82 111; ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 13; BaumbachlLauterbach/AIbers!Hartmann, § 62 Anm. 3 B a Gew.m.v.w.Nachw.). 29 Vgl. Jauemig, ZPR, § 82111; Baumbacb/Lauterbacb/Albers/Hartmann, § 62 Anm. 3 B b; Zöller-Vollkommer, § 62 Rz. 19,20. 30 Der Trennung von zwei Klagen hinsichtlich Tun und Unterlassen, so RGZ 78, 101 (106), ist nicht zuzustimmen. Dem widerspricht die Legaldefinition in § 1941 BGB und die Erkenntnis, daß die Klagetypen den materiell-rechtlichen Ansprüchen entsprechen. 31 So die Rechtsprechung: BGHZ 30, 195 (197); 39, 15; BGH, WM 1%3, 728 (729); OLG Hamburg, JurBüro 1978, 1806; aus dem Schrifttum: AK-ZPO/Koch, § 62 Rz. 11; BaumbacblLauterbacb/Albers!Hartmann, § 62 Anm. 3 B a; Blomeyer, ZPR, § 108111 2 b; Jauemig, ZPR, § 82 111; ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 13; Arens, Rz.447; Schellhammer, Rz. 1360; Seile, S. 38ff.; Ulmer, § 718 Rz. 45 Gew.m.w.Nachw.). 32 Siehe hierzu unten D.VII.
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C. Die Stellung der GbR im Prozeß
Rechts käme einer Verfügung über dieses Recht gIeich33 • Die Klage eines einzelnen Gesellschafters auf Leistung an das Gesellschaftsvermögen sei mangels Prozeßführungsbefugnis als unzulässig abzuweisen34• Das Institut der notwendigen Streitgenossenschaft sei daher aus dem materiell-rechtlichen Grund der gemeinsamen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis anzuwenden35 • Um eine einheitliche Entscheidung i.S.v. § 62 I 2 Alt. ZPO erreichen zu können, ist demnach eine einheitliche Klageerhebung erforderlich36• Der Klageantrag muß auf Leistun~ an die Gesellschaft (Gesellschafter in ihrer Verbundenheit) gerichtet sein 1. Als unzulässig abzuweisen wären demnach einzelne (widersprüchliche) Anträge der Gesellschafter38• Die h.M. folgert hieraus, daß nur ein Antrag gestellt wird, auf den der Gegner mit nur einem Klagabweisungsantrag reagieren muß39• Nach anderer Auffassung liegen soviele Anträge wie Gesellschafter an der Zahl vor, die nur in einem zusammengefaßt werden40 • bb) Differenzierende Ansicht von Schwab
Schwab vertritt in der Festschrift für Lent41 die Auffassung, nur die Klageerhebung hinsichtlich absoluter Rechte der Gesamthand erfordere die notwendige Streitgenossenschaft zwischen den Gesellschaftern. Würden alle übrigen Ansprüche i.S.v. § 194 I BGB eingeklagt, so könne dies jeder Gesellschafter oder mehrere in einfacher Streitgenossenschaft tun. Dem liegt der Ansatz zugrunde, daß in analoger Anwendung von § 2039 BGB (Klagebefugnis jedes einzelnen Miterben hinsichtlich eines Nachlaßanspruchs) jedem Gesellschafter eine Einzelklagebefugnis - mit Ausnahme für die absoluten Rechte zustehe42 • ce) Stellungnahme
Wenn man grundsätzlich der Streitgenossenschaftslösung folgt, was in diesem Zusammenhang noch nicht zu entscheiden ist, muß die Ansicht von 33 So ausdrücklich: Schönke/Kuchinke, § 24 IV 2 a; Jauemig, ZPR, § 82 111 mit Hinweis auf die Rechtskraft des Urteils. 34 Lent, JherJb 90 (1942), 34. 35 Vgl. die Nachweise in FN 31. 36 Rosenberg/Schwab, § 50 IV 1 a; Lent, JherJb 90 (1942), 35; Jauemig, ZPR, § 82 111. 31 Vgl. hierzu: BGH, WM 1979,366 (betr. Klage eines einzelvertretungsberechtigten Gesellschafters). 38 Seile, S. 18. 39 Lent, JherJb 90 (1942), 33; vgI. auch die Nachweise in FN 31. 40 Kisch, S. 10ff. 41 Schwab, (PS Lent) 1957), 294f. 42 Lent, JherJb 90 (1942), 33ff.
I. Die Streitgenossenschaftslösung
61
Schwab abgelehnt werden. Zunächst bestehen hinsichtlich des von ihm gewählten methodischen Ansatzpunktes der Analogie zu § 2039 BGB durchgreifende Bedenken. Diese sind Gegenstand späterer Ausführungenf'3. Darüber hinaus wäre die Differenzierung zwischen absoluten Rechten und sonstigen Ansprüchen in diesem Zusammenhang nur dann in sich konsequent, wenn man unter Gegenständen i.S.v. § 719 I BGB nur die zum Gesellschaftsvermögen gehörigen absoluten Rechte zählt. Diese einschränkende Auslegung ist jedoch weder mit dem Wortlaut, noch mit der Entstehungsgeschichte und dem Sinn der Vorschrift vereinbar. Dieser liegt ja gerade darin, das gesamte Gesamthandsvermögen, also auch alle sonstigen Ansprüche außerhalb der absoluten Rechte, der dinglich wirkenden Verfügungsbeschränkung zur Sicherung der vertraglichen Absprachen der Gesellschafter zu unterwerfen44. Schließlich ist eine Sonderbehandlung des absoluten Rechts nicht mit seiner Natur vereinbar. Der absolute oder dingliche Anspruch verwirklicht das dingliche Recht. Er steht somit auf einer Stufe mit dem schuldrechtlichen Erfüllungsanspruch45. Ansprüche i.S.v. § 194 BGB sind demnach auch die dinglichen Ansprüche. b) Gestaltungsklagen Die notwendige Streitgenossenschaft bei aktiven Gestaltungsklagen wird in der Regel mit der Wirkung des rechtskräftigen Gestaltungsurteils für und gegen die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit begründet46• Maßgeblich sei das der Gestaltungsklage zugrunde liegende Gestaltungsrecht. Stehe dies der Gesellschaft zur gemeinschaftlichen Ausführung durch die Gesellschafter zu, folge hieraus die Notwendigkeit gemeinschaftlicher Prozeßführung. Die Argumentation ist demnach identisch mit der bei der Leistungsklage. Demgegenüber knüpft Henckel47 nicht an die Verfügungsbefugnis, sondern an die Beziehung der Partei zum zu gestaltenden Rechtsverhältnis an. Wenn man jedoch diese Beziehung ermitteln will, ist danach zu fragen, wem ein Gestaltungsrecht zukommt. Derjenige besitzt aber auch die Verfügungsbefugnis über dasselbe. Im Ergebnis führt die Ansicht Henckels somit nicht zu Abweichungen48•
43
44 45 46 47 48
Siehe hierzu unten D.VII.2.b). Vgl. Ulmer, § 719 Rz. 2 m.w.Nachw. Vgl. Medicus, BR, Rz. 436 m.w.Nachw. Vgl. die Nachweise in FN 31. Henckel, Parteilehre, S. 35, 95, 286. So auch: Heller, S. 65 FN 48 a.E.
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C. Die Stellung der GbR im Prozeß
c) Feststellungsklagen Nach § 256 I ZPO ist eine Klage unter besonderen Voraussetzungen zulässig, die zum Ziel hat, das Bestehen oder Nichtbestehen eines RechtsverhäItnisses festzustellen 49•
aa) Nonnalfall Nach h.M. ist die Verfügungsbefugnis auch hinsichtlich der notwendigen Streitgenossenschaft im Falle aktiver Feststellungsklagen das entscheidende Kriterium. Das das Feststellungsbegehren stützende Recht steht, sofern es sich auf die Gesamthand bezieht, allen Gesellschaftern zur gemeinschaftlichen Verfügung und damit auch zur gemeinschaftlichen Prozeßführung zuso• Die differenzierende Ansicht von Schwab ist aufgrund der erläuterten Bedenken gleichfalls zu verwerfenSl •
bb) Sonderfall: § 737 BGB Anders als bei den Personenhandelsgesellschaften, §§ 140, 133, 16111 HGB, bedarf es bei einer GbR zur Ausschließung eines Gesellschafters nicht der gerichtlichen Entscheidung, § 737 S. 3 BGB. Es genügt eine Erklärung der übrigen Gesellschafter. Um aber Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit des Ausschlusses zu vermeiden, kann von den Gesellschaftern Klage auf Feststellung hierüber erhoben werden. Hierzu wird die Ansicht vertreten, daß in diesem Fall notwendige Streitgenossenschaft aus prozeßrechtlichem Grund vorliege, weil die Entscheidung gegen alle beteiligten Gesellschafter wirken mußS2• Diese Auffassung übersieht jedoch § 737 S. 2 BGB. Danach steht das Ausschließungsrecht den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Somit ist eine gemeinschaftliche Verfügungsbefugnis begründet (eine Gesamthand in der Gesamthand), die die gemeinschaftliche Prozeßführungsbefugnis nach sich zieht. Demnach ist auch im Sonderfall des § 737 BGB von einer notwen-
49 Vgl. allgemein zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Feststellungsklage: Jauernig, ZPR, §35 III. so Gottwald, JA 1982, 69: Da die rechtskräftige Einzelfeststellung aber das Ergebnis der Leistungsklagen praktisch festlegt, besteht auch hier eine notwendige Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen; Stein/Jonas/Leipold, § 62 Rz. 22; Seile, S. 43; Henckel, Parteilehre, S. 86ff., der zurecht darauf hinweist, daß u. U. auch ein einzelner Gesellschafter ein rechtliches Interesse an der Feststellung eines die GbR betr. Rechtsverhältnisses haben kann; vgI. auch 8GHZ 12, 308 (311f.); 8GHZ 17, 340 (346f.); vgI. auch Ulmer, § 718 Rz. 48. SI Siehe hierzu C.I.3.a)bb),cc). S2 Wieczorek, § 62 Anm. A 11 b 1; ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 21; Heller, S. 64.
I. Die Streitgenossenschaftslösung
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digen Streitgenossenschaft aus dem materiell-rechtlichen Grund der gemeinschaftlichen Verfügungsbefugnis auszugehen. 4. Passivprozesse der Gesellschaft
a) Leistungsklagen aa) Einfache Streitgenossenschaft mit Ausnahme bei "echten Gesellschaftsschulden "
Die h.M. im prozeßrechtlichen Schrifttum geht bei einer gegen die Gesellschafter erhobenen Klage von einer einfachen Streitgenossenschaft aus53• Dies entspricht dem materiell-rechtlichen Ausgangspunkt der individualistischen Lehre54, die Gesellschaftsschulden leugnet und auf der Passivseite allein eine gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter (mit zwei Haftungsobjekten: Gesellschafts- und Privatvermögen) annimmt. Ausnahmen werden aber dann anerkannt, wenn eine Schuld ihrer Natur nach nur von allen zusammen erfüllt werden kann ("echte Gesellschaftsschuld"). Dies gilt insbesondere dann, wenn die geschuldete Leistung nicht teilbar ist55 • Als Beispiele "echter Gesellschaftsschulden" werden die Auflassung und die Eintragungsbewilligung genannt56• Für den Ausgangsfall bedeutete dies, daß A, Bund C zwar bei der Klage der Platt GmbH auf Herausgabe der Dampfwalze, nicht aber bei der Klage auf Zahlung des Kaufpreises in notwendiger Streitgenossenschaft nach § 62 I 2. Alt. ZPO verbunden sind. Im ersten Fall wäre B also durch A und C als vertreten anzusehen, im zweiten Fall könnte gegen ihn ein Versäumnisurteil ergehen. bb) Einfache Streitgenossenschaft mit Ausnahme der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvennögen
Nach anderer Auffassung57 ist zwar zwischen Gesamthands- und Gesamtschulden zu trennen. Dennoch sollen die Gesellschafter aber grundsätzlich nur als einfache Streitgenossen in Schuldprozessen auftreten. Die Begründung 53 Jauemig, ZPR, § 82 III; ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 17; Rosenberg/Schwab, § 50 III 1 b; Schellhammer, Rz. 1361; Schwab, (FS Lent) 1957, 286, 295; Lent, JherJb 90 (1942), 36; Thomas!Putzo, § 62 Anm. 2 c; BaumbacblLauterbach/Albers/Hartmann, § 62 Anm. 2 c; Schönke!Kuchinke, § 24 IV 2 a; Baur, ZPR, Rz. 124; Arens, Rz. 447; Seile, S. 100ff.; Zeiss, § 85 III 2; Hoche/Haas, S. 240; ebenso aus dem gesellschaftsrechtlichen Schrifttum: Jauemig/Stümer, §§ 714, 715 Anm. 5 a bb; Palandt(fhomas, § 714 Rz. 6; Kraft/Kreutz, S. 99. 54 Siehe hierzu oben B.II. 55 Vgl. hierzu die Nachweise in FN 53. 56 Vgl. Schellhammer, Rz. 1361; Arens, Rz. 447. 57 Insbesondere: Lux, S. 51ff.; vgl. auch Schwab, (FS Lent) 1957, 285f.
C. Die Stellung der GbR im Prozeß
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hierfür wird darin gesehen, daß die Gesellschafter sowohl mit dem Gesellschaftsvermögen als auch mit ihrem Privatvermögen haften. Liegt allerdings eine Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen58 vor, so sei von einer notwendigen Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen auszugehen.
cc) Notwendige Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichem Grund Eine im Vordringen befindliche Auffassung knüpft an die materiell-rechtliche Trennung von Gesellschafts- und Gesellschafterschulden an, unterscheidet demnach einen Gesellschaftsschuld- und einen Gesellschafterschuldsprozeß. Während die Gesellschafter in letzterem als einfache Streitgenossen verbunden seien, weil sie als Gesamtschuldner haften, sei es unumgänglich, sie im Gesellschaftsschuldprozeß als notwendige Streitgenossen anzuerkennen59• Dieser Auffassung scheint sich in jüngerer Zeit auch der BGH anzuschließen, wenngleich er die Streitfrage im konkreten Fall unentschieden läßt6O • Der Gesellschaftsschuldklage liege das Begehren einer Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen zugrunde. Diese Leistung könne aber, da sie eine Verfügung über Gegenstände des Gesellschaftsvermögens voraussetze, nur von allen Gesellschaftern gemeinschaftlich vorgenommen werden, § 719 I BGB61 • Die somit notwendige einheitliche Entscheidung werde durch das Institut der notwendigen Streitgenossenschaft (aus dem materiell-rechtlichen Grund der gemeinschaftlichen Verfügungsbefugnis, § 62 I 2. Alt. ZPO) gewährleistet. Dieses zwinge den Gesellschaftsgläubiger zur Klageerhebung gegen alle Gesellschafter. Der Grund für die letzte Annahme liegt darin, daß ansonsten die Gesellschaftsschuldklage wegen mangelnder passiver Prozeßführungsbefugnis der verklagten Gesellschafter als unzulässig abzuweisen und dem Gläubiger so der direkte Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen verwehrt wäre. Evtl. Gesamtschuldklagen dagegen sind weiterhin zulässig62 • Auf den Ausgangsfall übertragen führte diese Auffassung zu folgendem Ergebnis: Die Klage auf Herausgabe der Dampfwalze zielt auf eine Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen, es liegt eine Gesellschaftsschuld vor, A, Bund C sind notwendige Streitgenossen nach § 62 I 2. Alt. ZPO, so daß ein Versäumnisurteil gegen B nicht ergehen kann. Hinsichtlich der Zahlungsklage ist zu differenzieren: Macht die Platt 58
Siehe hierzu oben B.V.1.g)dd).
59 Ulmer, § 718 Rz.46; Knoke, S. 90; Henckel, Parteilehre, S. 61; Kornblum, BB 1970, 1448ff.;
Nicknig, S.I28; Erman/Westermann, § 718 Rz. 14; Heller, S. 76ff.; Westermann, (FS Baur) 1981, S. 731; K. Schmidt, GesR, S. 1517, der dies entsprechend seinem Ansatz konsequenterweise nur für die schlicht-zivilistische GbR vertritt und für die unternehmenstragende GbR die Parteifähigkeit postuliert. 60 BGH, NJW-RR 1990, 867. 61 BGH, NJW-RR 1990, 867. 62 Zu dem Verhältnis von Gesamtschuld- und Gesellschaftsschuldklage siehe unten D.xI.
I. Die Streitgenossenschaftslösung
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GmbH die A, Bund C in ihrer Verbundenheit treffende Gesellschaftsschuld klagweise geltend, so ändert sich die Beurteilung nicht, denn es wird eine Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen verlangt. Macht sie dagegen die Gesamtschuldklage anhängig, sind A, Bund C einfache Streitgenossen, mit der Folge, daß gegen B grundsätzlich ein Versäumnisurteil ergehen kann. dd) Stellungnahme
Mit der Anerkennung selbständiger Gesellschaftsschulden mit der GbR (entweder als Gruppe oder als die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit) als eigenem Verpflichtungssubjekt63 ist die Entscheidung der Stellung der Gesellschafter, sofern man nicht die Parteifähigkeit der GbR bejaht, vorgezeichnet. Die Tatsache der gemeinschaftlichen Erfüllungsverpflichtung, die eine gemeinschaftliche Verfügung über Gegenstände des Gesellschaftsvermögens erfordert, zwingt zu einer einheitlichen Entscheidung. Die (noch) h.M., die eine einfache Streitgenossenschaft annimmt, ist dementsprechend auch bei "echten Gesellschaftsschulden" gezwungen, eine notwendige Streitgenossenschaft anzuerkennen. Die einzige tragfähige dogmatische Begründung hierfür kann nur eine eigene Verpflichtung der Gesamthand sein. Akzeptiert man diesen unausweichlichen Ausgangspunkt, ist kein Grund ersichtlich, die notwendige Streitgenossenschaft auf Fälle unteilbarer Leistungen zu beschränken und sie z.B. für Gesamthandsschulden in Geld abzulehnen. Demnach ist auch für Gesellschaftsschuldprozesse von einer notwendigen Streitgenossenschaft der Gesellschafter aus dem materiell-rechtlichen Grund der gemeinschaftlichen Verfügungsbefugnis auszugehen64 • b) Gestaltungsklagen Treten die Gesellschafter in Gestaltungsklagen auf der Passivseite auf, so liegt nach nahezu einhelliger Ansicht eine notwendige Streitgenossenschaft vor6S • Begründet wird dies in der Hauptsache mit der notwendig einheitlichen Wirkung eines Urteils, welches mit der Gestaltungsklage gegen die Gesamthand erstritten werden soll66. Meiner Ansicht nach ist in diesem Zusammenhang entscheidend auf folgendes abzustellen: Dem geltend gemachten und der Gestaltungsklage zugrundeliegenden Gestaltungsrecht korrespondiert notSiehe hierzu oben B.V.1.c). Zu den vollstreckungsrechtlichen Konsequenzen, insbesondere für die Auslegung des § 736 ZPO, siehe unten E.II. 6S Blomeyer, ZPR, § 108 III 1 b; JauemiglStümer, §§ 714, 715 Anm. 5 a bb; Nikisch, § 110 I 1 c; Nicknig, S. 130; Heller, S. 83; Rosenberg/Schwab, § 50 III 1 b; Schönke/Kuchinke, § 24 IV 2 a; Stein/Jonas/Leipold, § 62 Rz. 15; Seile, S. 110. 66 Vgl. hierzu das Beispiel bei Lent, JherJb 90 (1942), 38f. 63
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5 Göckeler
C. Die Stellung der GbR im Prozeß
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wendig eine Verpflichtung. Sind die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit Verpflichtete in diesem Sinne, so folgt hieraus die Wirkung eines Gestaltungsurteils gegen alle Gesellschafter. Somit ist auch dies ein Fall der notwendigen Streitgenossenschaft aus dem materiell-rechtlichen Grund der gemeinsamen Verwaltung- und Verfügungsbefugnis. c) Feststellungsklagen Die bei der Gestaltungsklage herrschende Übereinstimmung hinsichtlich einer notwendigen Streitgenossenschaft weicht bei der Feststellungsklage gegen die Gesamthand den verschiedensten Meinungen. aa) Grundsatz der einfachen Streitgenossenschaft mit der Anerkennung von Ausnahmen
Den nachfolgenden Meinungen ist die Aussage gemeinsam, daß bei Feststellungsbegehren, die im Wege des Gesamthandsschuldprozesses gegen alle Gesellschafter geltend gemacht werden, grundsätzlich nur eine einfache Streitgenossenschaft vorliegt. Solche Feststellungsklagen setzten demnach gegenüber jedem Gesellschafter ein rechtliches Feststellungsinteresse nach § 256 I ZPO voraus; andernfalls seien einzelne Klagen als unzulässig abzuweisen67 • a) Notwendige Streitgenossenschaft bei "echten Gesamthandsschulden "
Diese Auffassung vertritt ebenso wie bei der Leistungsklage die These, es liege bei Passivfeststellungsprozessen der Gesamthand solange einfache Streitgenossenschaft vor, wie nicht eine "echte Gesellschaftsschuld" in Streit stehe. Werde aber auf Feststellung einer solchen Schuld gegen alle Gesellschafter geklagt, so seien sie notwendige Streitgenossen, weil auch eine Leistungsklage in diesem Fall gegenüber allen Gesellschaftern einheitlich erhoben und entschieden werden müßte68•
67
So ohne weitere Ausnahmen: Jauernig/Stürner, §§ 714, 715 Anm. 5 a bb; PalandtfThomas,
§ 714 Rz. 6; Schönke/Kuchinke, § 24 IV 2 a (ohne allerdings nach K1agtypen zu unterscheiden).
68 Vgl. AK-ZPO/Koch, § 62 Rz. 14; Rosenberg/Schwab, § 50 III 1 b ß; Stein/Jonas/Leipold, § 62 Rz. 22, 23; ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 21, der bis zur 14. Auflage ausnahmslos von einfacher Streitgenossenschaft ausging.
I. Die Streitgenossenschaftslösung
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ß) Differenzierende Auffassung von Henckel Insbesondere Henckel69 begründet die Annahme einfacher Streitgenossenschaft mit folgender Überlegung: Werde ein Feststellungsbegehren gegen einen einzelnen Gesellschafter anhängig gemacht, so fehle diesem i.d.R. nicht das Feststellungsinteresse nach § 256 I ZPO. Denn der Kläger könne das festgestellte Rechtsverhältnis im Rahmen einer späteren Gesamtschuldklage einbringen. Erforderlich sei darüberhinaus, daß der einzelne verklagte Gesellschafter das Rechtsverhältnis bestreite. Hieraus ergibt sich auch die von Henckel anerkannte Ausnahme. Ist im Einzelfall eine Inanspruchnahme der Gesellschafter im Wege der Gesamtschuldklage ausgeschlossen, haftet also nur das Gesellschaftsvermögen, fehle das erforderliche Feststellungsinteresse gegenüber einem Gesellschafter. In diesem Falle seien die Gesellschafter als notwendige Streitgenossen anzusehen. Denn der Kläger könne sein Ziel der Feststellung solange nicht erreichen, als nur gegenüber einem Gesellschafter das Rechtsverhältnis festgestellt ist.
bb) Notwendige Streitgenossenschaft In Anlehnung zu der Situation bei Leistungs- und Feststellungsklage nehmen einige Autoren auch bei der Feststellungsklage, die gegen die Gesamthand gerichtet ist, notwendige Streitgenossenschaft der Gesellschafter an70• Auch insoweit sei eine einheitliche Streitentscheidung erforderlich. Das Feststellungsinteresse sei bei Bestreiten schon eines geschäftsführenden Gesellschafters gegeben11
ce) Stellungnahme In diesem Zusammenhang ist klar zwischen dem Feststellungsinteresse des
§ 256 I ZPO und der Frage, ob eine einheitliche Klage gegen alle Gesellschaf-
ter zu erheben ist und diese dann als notwendige Streitgenossen anzusehen sind, zu unterscheiden. Bei der Frage der notwendigen Streitgenossenschaft ist von § 256 I ZPO auszugehen. Danach soll das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt werden. Richtiger Kläger und Beklagter ergeben sich demnach aus der behaupteten Beziehung zu diesem Rechtsverhältnis'n. Nun ist aber anerkannt, daß die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit VerpflichHenckel, Parteilehre, S. 92ff. Ulmer, § 718 Rz. 48; Erman-Westermann, § 718 Rz. 14; Heller, S. 82. 11 Ulmer, § 718 Rz. 48 mit Hinweis auf Stein/Jonas/Leipold, § 62 Rz. 23; dieser aber nur in Bezug auf "echte Gesamthandsschulden". 'n Ob dieses wirklich besteht, ist eine Frage der Begründetheit. 69
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C. Die Stellung der GbR im Prozeß
tungsträger sein können73 • Somit können sie auch gemeinschaftlicher Verpflichtungsträger eines Rechtsverhältnisses sein, welches ein Dritter begehrt festzustellen. Hieraus ergibt sich, daß ein Dritter, will er ein Rechtsverhältnis gegenüber der Gesamthand feststellen, die Gesellschafter gemeinschaftlich verklagen muß. Nur eine einheitliche Entscheidung ist denkbar. Richtige Beklagte sind demnach die Gesellschafter als notwendige Streitgenossen, wiederum aus dem materiell-rechtlichen Grund der gemeinschaftlichen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis heraus. Die Richtigkeit dieser Auffassung zeigt sich abschließend an folgender Überlegung. Bei einem bestehenden Rechtsverhältnis können alle Beteiligten (unter den Voraussetzungen des § 256 ZPO) Feststellungsklage erheben. Somit entschiede der Zufall, ob eine Gesamthand zuerst Klage erhebt und so nach einhelliger Auffassung eine notwendige Streitgenossenschaft bildete, oder ob sie verklagt würde und u.U. eine einfache Streitgenossenschaft darstellte. Henckel ist insofern Recht zu geben, als er u.U. auch die Feststellungsklage gegen einen einzelnen Gesellschafter zuläße4• Dies ändert aber nichts daran, daß bei einem Feststellungsbegehren, welches gegen die Gesamthand gerichtet ist, die Gesellschafter notwendige Streitgenossen sind. Zusammenfassend läßt sich zu allen Klagetypen sagen, daß die GbR immer eine notwendige Streitgenossenschaft bilden muß, sofern ein zum Gesellschaftsvermögen gehörendes Recht im Streit steht. Allein diese Auffassung entspricht der im materiellen Recht festgestellten Parallelität von Rechts- und Verpflichtungszuständigkeit. d) Perspektiven Die vorstehende Untersuchung hat ergeben, daß die (noch) h.M. im Zivilprozeßrecht mit der grundsätzlichen Annahme einfacher Streitgenossenschaft im Gesamthandspassivprozeß im Gegensatz zur herrschenden gesellschaftsrechtlichen Auffassung der Existenz von Gesellschaftsschulden steht. Jedoch sind die Unterschiede nicht unüberbrückbar. Das prozeßrechtliche Schrifttum erkennt seinerseits bereits "echte Gesellschaftsschulden" und für diese die notwendige Streitgenossenschaft an. Würden in Zukunft auch teilbare Leistungen, also insbesondere Geldschulden, unter diesen Begriff gefaßt, käme man zur Übereinstimmung von Gesellschafts- und Prozeßrecht auf diesem Gebiet, ohne daß eine Seite ihre dogmatische Auffassung vollständig aufgeben müßte. Siehe hierzu oben B.V.1.c). Vgl. allgemein zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen einen nicht am festzustellenden Rechtsverhältnis Beteiligten: BGH, NJW 1984, 2950f.; BGH, NJW-RR 1987, 1522f. 73
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11. Lehre der "einheitlichen Streitpartei"
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11. Lehre der "einheitlichen Streitpartei" 1. Darstellung und Unterschiede zur notwendigen Streitgenossenschaft
Ausgangspunkt dieser Lehre ist die Feststellung, daß die GbR selbst nicht Partei eines Zivilprozesses sein kann. Parteien sollen aber auch nicht die einzelnen Gesellschafter sein, denn dem einzelnen Gesellschafter fehlt das Prozeßführungsrecht, so daß über keinen Antrag eines Gesellschafters sachlich entschieden werden kann, die Klage wäre als unzulässig abzuweisen7S. Um diesem Dilemma zu entgehen, wird vorgeschlagen, in Anlehnung an die österreichische Zivilprozeßordnung das Institut einer "einheitlichen Streitpartei" zuzulassen. § 14 öZPO hat folgendes zum Inhalt: »Wenn die Wirkung des zu fällenden Urteils sich kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auf sämtliche Streitgenossen erstreckt, so bilden diese eine einheitliche Streitpartei. Sind einzelne Streitgenossen säumig, so erstreckt sich die Wirkung der Prozeßhandlungen der tätigen Streitgenossen auch auf sie«76. Die einzelnen Streitgenossen sollen also eine Streitpartei bilden, ohne daß ihrer Vereinigung Parteifähigkeit zukäme77. Diese Lösung steht demnach zwischen Streitgenossenschaftslösung und Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR78. Der entscheidende Unterschied der Lehre der einheitlichen Streitpartei zur notwendigen Streitgenossenschaft liegt darin, daß nur ein Prozeßrechtsverhältnis gegeben ist. Die notwendige Streitgenossenschaft beläßt es grundsätzlich bei mehreren selbständigen Prozeßrechtsverhältnissen, die Streitgenossen bleiben in ihrer Prozeßführung selbständig. Notwendig einheitlich sind nur Klageerhebung und Entscheidung79• Die einheitliche Streitpartei zwingt dagegen auch zu einheitlicher ProzeßführungSO 2. Stellungnahme
Der einzig methodisch gangbare Weg zur dogmatischen Begründung der Lehre von der einheitlichen Streitpartei ist die Auslegung des § 62 ZP08\ 7S Lent, JherJb 90 (1942), 3Of., 34.
76 In Ergänzung hierzu bestimmt § 15 I ÖZPO: Das Recht zur Betreibung des Prozesses kann von jedem einzelnen der Streitgenossen ausgeübt werden. 77 Lent, JherJb 90 (1942), passim; vgl. zu dieser Lehre auch: Schwab, (FS Lent) 1957, S. 27lff. und Holzhammer, S. 39ff.; kritisch: Säcker, JZ 1967, 53. 78 Lindacher, JuS 1986,542 ist der Auffassung, daß eine Vemeinung der Partei fähigkeit der GbR nur die Anerkennung der Gesellschafter als einheitliche Streitpartei zur Folge haben könne. 79 Siehe oben C.I.2.c),3.,4. so Vgl. Lent, JherJb 90 (1942), S. 35. 81 So auch Holzhammer, S. 40, 128f.; ein Analogieschluß zu § 14 öZPO scheitert, weil diese Vorschrift nicht geltendes Recht in der Bundesrepublik ist, zum andem besteht wegen § 62 ZPO keine Gesetzeslücke, vgI. Säcker, JZ 1967, 53; Westermann, (FS Baur) 1981, S. 737ff. erkennt für
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c. Die Stellung der GbR im Prozeß
insbesondere nach Sinn und Zweck der Vorschrift. Verschiedentlich wird daraufhingewiesen, daß die Lehre der einheitlichen Streitpartei in praktischen Ergebnissen nicht sonderlich von denen der notwendigen Streitgenossenschaft abweiche und die einheitliche Streitpartei die konsequente Weiterentwicklung des Rechtsinstituts der notwendigen Streitgenossenschaft darstelle82• Somit könnte die der GbR eigene Situation der gesamthänderischen Bindung der Gesellschafter dadurch zum Ausdruck kommen, daß man die Gesellschafter gleichsam zu einer Partei verschmelzen ließe. Aufgrund des eindeutigen Norminhalts von § 63 ZPO, der schon allein wegen seiner systematischen Stellung und mangels differenzierender Aussagen im Text auch hinsichtlich der notwendigen Streitgenossenschaft Anwendung findet 83, ist jedoch die Annahme der Parteistellung eines jeden Streitgenossen unumgänglich. Somit bliebe nur der Ausweg, den Gesellschaftern eine rein formale Parteistellung einzuräumen, die Prozeßführung in ihrer Gesamtheit aber einer einheitlichen Streitpartei aller Gesellschafter zuzuweisen84• Holzhammer&5 sieht in den §§ 62, 63 ZPO lediglich eine prozeßgerechte Modifikation der die Gesamthand kennzeichnenden Grundsätze der Einstimmigkeit und Repräsentation. Demnach könne, auch wenn man die Streitgenossen als Parteienmehrheit betrachte, von deren grundsätzlicher Selbständigkeit keine Rede mehr sein. Einheitliche Klageerhebung, Prozeßführung und Entscheidung mache die Gesellschafter zu einer "einheitlichen Streitpartei" . Die Einheitlichkeit der Prozeßführung sei dadurch sicherzustellen, daß neben das Einstimmigkeitsprinzip das Repräsentationsprinzip trete: jeder Gesellschafter könne die GbR vertreten und binden, dies gelte auch im Prozeß. Diese Ausführungen werfen allerdings die Frage auf, wie ein solcher Repräsentationsgrundsatz dogmatisch zu begründen ist. Die Regelungen der §§ 714, 709 BGB sprechen eindeutig gegen einen solchen allgemeinen Grundsatz. Für den Prozeß kann er auch nicht § 62 I ZPO entnommen werden, denn der Wortlaut " ... werden ... als ... vertreten angesehen." bedeutet eine Fiktion der Vertretungs macht, die aber sinnvollerweise nur dann angeordnet werden kann, wenn eine Vertretung gerade nicht besteht. Darüber hinaus sprechen aber noch weitere tiefgreifende Bedenken gegen die Anerkennung der Lehre von der einheitlichen Streitpartei, die eine teleodas Schiedsgerichtsverfahren die einheitliche Streitpartei auf der Grundlage einer auch das Schiedsgericht bindenden vertraglichen Abrede an, schließt diese Möglichkeit für das Verfahren vor ordentlichen Gerichten aber ausdrücklich wegen der bestehenden, insoweit zwingenden Gesetzeslage aus. 8Z Holzhammer, S. 40; Schwab, (PS Lent) 1957, S. 276. 83 Zöller/Vollkommer, § 63 Rz. 1; Baumbach!Lauterbach/Aibers!Hartmann, § 63 Anm. 1. 84 Holzhammer, S. 40; vgl. auch die früher vertretene Lehre der formellen Parteifähigkeit der OHG: Düringer/HachenburglFlechtheim, § 124 Anm. 6 und Schlegelberger/Geßler, § 124 Anm.9. &5 Holzhammer, S. 47f.
III. Schluß von der Teilrechtsfähigkeit auf die Parteifähigkeit
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logische Auslegung von § 62 ZPO in diese Richtung verbieten. Zunächst ist festzustellen, daß eine Aufspaltung der Parteirolle in eine formale ParteisteIlung der Gesellschafter und eine zweite der "verschmolzenen" Gesellschafter widersprüchlich ist. Es gibt nur die Alternativen der Gesellschafter als Partei oder einer einheitlichen Streitpartei86• Diese Auffassung widerspricht den anerkannten Formen der Parteifähigkeit. Die Metapher "Verschmelzung zu einer Streitpartei" verläßt so die Ebene präziser juristischer Dogmatik und Methodik. Entscheidend spricht gegen die Anerkennung der einheitlichen Streitpartei aber auch die bestehende Gesetzeslage. § 50 I ZPO knüpft die Parteifähigkeit grundsätzlich an die Rechtsfähigkeit87• Ließe man eine einheitliche Streitpartei zu, umginge man die ratio des § 50 I ZPO und käme im Ergebnis zur Parteifähigkeit der GbR88• Auch die Behandlung der einheitlichen Streitpartei im Prozeß wäre sehr fraglich. Zu Recht wird festgestellt, daß dieses "Denkprodukt" die Parteifunktionen nicht wahrnehmen könne89• Stellt man bei prozessualen Einzelfragen, z.B. Bestimmung des allgemeinen Gerichtsstandes, Zustellung u.ä., auf die für parteifähige Gesellschaften geltenden Vorschriften ab, gelangt man wiederum im Ergebnis zur Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR. Zieht man dagegen die Regel der notwendigen Streitgenossenschaft heran, führt sich diese Lehre selbst ad absurdum, weil sie dann ein kompliziertes Denkmodell entwirft, daß im Prozeß aber den gleichen Regeln folgen soll wie das Modell, welches es zu verdrängen sucht. Es ist zudem darauf hinzuweisen, daß mit dem Institut der notwendigen Streitgenossenschaft gerade ein Modell zur Verfügung steht, das dem Erfordernis einer einheitlichen Entscheidung gerecht wird.
III. Schluß von der Teilrechtsfähigkeit auf die Parteifähigkeit der GbR 1. Erweiternde Auslegung des § 50 I ZPO
Ein Teil der Vertreter der Teilrechtsfähigkeitslehre zieht aus dem materiellrechtlichen Verständnis der GbR direkt aus einer weiten Auslegung von § 50 I ZPO den Schluß der Parteifähigkeit. Demnach bedürfen sie des Konzepts Vgl. Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 172; Reichert, S.101. In der österreichischen Zivilprozeßordnung fehlt eine solche Verknüpfung, so daß schon die faktische Anerkennung einer Personenmehrheit als Rechtsträger im Rechtsverkehr zur Bildung einer einheitlichen Streitpartei führt; darauf weist zurecht hin: Heller, S. 94. 88 So auch: Heller, S. 94. 89 So Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 172. 86
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C. Die Stellung der GbR im Prozeß
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einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung nicht. Neben der schlichten Behauptung, die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR verlange als Pendant die aktive und passive Parteifähigkeit90 und der Argumentation, es bedürfe ganz besonderer dogmatischer Erwägungen, wenn die GbR zwar materiell-rechtlich als Schuldnerin einer entsprechenden Gesamthandsschuld anerkannt werde, dies aber im entsprechenden Erkenntnis- und Vollstrekkungsverfahren nicht gelten solle91, wird im wesentlichen wie folgt argumentiert. § 50 I ZPO sei weiter als üblich auszulegen. So habe der Gesetzgeber unter Rechtsfähigkeit in § 50 I ZPO zunächst nur die infolge Registereintragung erlangte Rechtsfähigkeit verstanden, weil er materiell-rechtlich eine Entscheidung zugunsten der Anerkennung einer Teilrechtsfähigkeit noch nicht getroffen habe. Wie sich aus einem Vergleich zu § 5011 ZPO ergebe, der dem in keinem Register eingetragenen nichtrechtsfähigen Verein passive Parteifähigkeit zugestehe, lasse sich dieser Begriff der Rechtsfähigkeit nicht mehr halten. Durch die Anknüpfung der Parteifähigkeit an die Rechtsfähigkeit sei vielmehr nicht nur auf die "volle" Rechtsfähigkeit Bezug genommen, sondern auch auf eine wie auch immer gestaltete Teilrechtsfähigkeit92• Mit Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR sei daher auch von der Parteifähigkeit auszugehen. Als ein weiteres Argument, daß § 50 I ZPO nicht auf die "volle" Rechtsfähigkeit abstelle, wird die Existenz von §§ 50 11, 124 I HGB angeführt, die zeigten, daß die Parteifähigkeit nicht vollrechtsfähigen Vereinigungen vorbehalten sei9J • Auf den Ausgangsfall übertragen bedeutete diese Auffassung, daß, mit Ausnahme der Erhebung der Gesamtschuldklage gegen A, Bund C als einfache Streitgenossen, nicht A, Bund C, sondern die aus ihnen bestehende GbR zu verklagen sei (und auch selbst, z.B. auf Wandlung, klagen müßte). 2. Stellungnahme
Diese Auffassung scheint in Widerspruch zu der bereits getroffenen Aussage zu stehen, daß aus der materiell-rechtlichen Teilrechtsfähigkeit nicht zwingend die Parteifähigkeit der GbR folgt94. Dem ist aber nicht so, weil die Frage, ob aus der materiell-rechtlichen Konzeption die Parteifähigkeit folgt, in erster Linie durch Auslegung der Vorschriften über die Parteifähigkeit zu entscheiden ist. Genau dies aber versucht die dargestellte Auffassung.
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91 92
9J
94
Soergel/Hadding, § 714 Rz.52; Schünemann, S. 212ff.; Reinhardt, GesR, 1973 Tz. 92. Aderhold, S. 166f. Reichert, S. 104ff. (107), 109ff. (l11f.); vgI. zu dieser Überlegung auch: Aderhold, S. 167. Vgl. hierzu ablehnend: Westermann, (FS Baur) 1981, S. 727f. Siehe oben B.V.2.c).
IV. Analogie zu parteifähigen Gesamthandsgemeinschaften
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Betrachtet man die Literatur zu § 50 I ZPO, so stellt man fest, daß nahezu ausnahmslos wie selbstverständlich davon ausgegangen wird, daß Parteifähigkeit "volle" Rechtsfähigkeit voraussetzt9S • Die Richtigkeit dieser Auffassung belegen im wesentlichen zwei Argumente. Zum einen ist die Regelung, daß die Parteifähigkeit an die Rechtsfähigkeit anknüpft, erst mit der Anpassungsnovelle zur ZPO von 1898 zum Inkrafttreten des BGB eingeführt. Vorher ging man von dieser Regelung als Selbstverständlichkeit aus96• Der Grund der ausdrücklichen Normierung kann sinnvollerweise nur in dem Bestreben zu finden sein, materiell-rechtlich unter Umständen als teilrechtsfähig anerkannte Gebilde des BGB, z.B. die GbR, von der Parteifähigkeit gerade auszuschließen. Zum andern ergibt sich aus §§ 50 11 ZPO, 124 I HGB, daß in § 50 I ZPO nur an die "volle" Rechtsfähigkeit angeknüpft wird. Der genau entgegenstehenden Auslegung durch die in Rede stehende Auffassung ist zwar zuzubilligen, daß § 50 I ZPO insofern keinen abschließend regelnden Normcharakter hat97• §§ 50 11 ZPO, 124 I HGB sind aber als Ausnahmevorschriften zu dem in § 50 I ZPO angeordneten Grundsatz der "vollen" Rechtsfähigkeit als Voraussetzung der Parteifähigkeit zu verstehen; andernfalls wären diese Normierungen überflüssig. Die Parteifähigkeit der GbR kann somit nicht im Wege einer erweiternden Auslegung von § 50 I ZPO begründet werden98•
IV. Analogie zu parteifähigen Gesamthandsgemeinschaften 1. Gesetzesanalogie zu § 50 11 ZPO
Denkbar, jedoch in der Literatur nur andeutungsweise vertreten99, ist es, der GbR in Analogie zur in § 50 11 ZPO gesetzlich angeordneten passiven Parteifähigkeit eben diese zuzuerkennen. Zur Begründung ließe sich vortragen, daß § 54 S. 1 BGB für den nichtrechtsfähigen Verein auf die Vorschriften der GbR verweist. Diese Verweisung setze aber eine Ähnlichkeit der beiden Rechtsinstitute voraus, die ihrerseits den Analogieschluß rechtfertige.
9S
Statt vieler: Stein/Jonas!Leipold, § 50 Rz. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers!Hartmann,
§ 50 Anm. 1, 2 Gew.m.w.Nachw.). 96
Vgl. Gesetzesmaterialien bei Hahn/Mugdan, Bd. 8, S. 84. Vgl. hierzu unten C.V.2.c)bb) 98 So im Ergebnis auch: Hüffer, (FS Stimpel) 1985, 178, den Reichert, S.112, zu Unrecht für ihre Auffassung in Anspruch nimmt, denn Hüffer begründet die Parteifähigkeit der GbR im Wege der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung. 99 Vgl. Westermann, (FS Baur) 1981, S. 729 (im Ergebnis aber ablehnend); desgleichen Henckel, Prozeßrecht, S. 67. 97
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c. Die Stellung der GbR im Prozeß 2. Gesetzesanalogie zu § 124 I HGB
§ 124 I HGB hat zum Inhalt, daß die Personenhandelsgesellschaften unter ihrer Firma klagen und verklagt werden können. Die heute h.M. zieht daraus den Schluß, daß diesen Gesellschaften aktive und passive Parteifähigkeit zusteht lOO• Insbesondere für Erwerbsgesellschaften (auch MitunternehmerGesellschaften genannt) fordert ein Teil der gesellschaftsrechtlichen Literatur in analoger Anwendung des § 124 I HGB aktive und passive Parteifähigkeieol • Zur Begründung wird zunächst ein unabweisbares Bedürfnis der Parteifähigkeit einer unternehmenstragenden GbR behauptee02• Desweiteren wird auf die historische Entwicklung hingewiesen lO3 • Die Streichung der Übernahmemöglichkeit der OHG-Regelungen auf die GbR durch die zweite Kommission sei in Hinblick auf § 2 HGB und der damit verbundenen Erwartung geschehen, daß alle GbR, die als Erwerbsgesellschaften einer Verselbständigung im Handeisverkehr bedürften, sich als Handelsgesellschaften konstituieren würden. 3. Gesetzesanalogie zu § 493 III HGB (Partenreederei)
Die Rechtsfigur des HGB der Partenreederei bezeichnet nach § 489 I HGB einen Personenzusammenschluß mit dem Zweck, durch Seefahrt mit einem den Mitgliedern gemeinsam gehörenden Schiff für gemeinschaftliche Rechnung Erwerb zu betreiben. Diese Definition entspricht in den wesentlichen Merkmalen der der GbR in § 705 BGB, hinzukommt das Betreiben eines Grundhandelsgewerbes nach § 1 II Nr. 6 HGB. Gleichwohl wird die Partenreederei nicht als GbR oder OHG qualifiziert, sondern als Gesamthandsgemeinschaft eigener Art lO4 • Dies zeigt sich darin, daß sie im wesentlichen im Außenverhältnis wie die OHG auftritt. Sie ist selbst Beziehungssubjekt aller Rechte und Pflichten; sie ist nach einhelliger Auffassung aktiv und passiv parteifähiglO5 • Dies ist zwar gesetzlich nicht ausdrücklich angeordnet,ergibt sich aber aus der Auslegung von § 493 III HGB, wonach der Korrespondentenreeder in bestimmtem Umfang berechtigt ist, die Reederei zu vertreten. Die Tatsache, die Partenreederei nicht als GbR zu qualifizieren, findet ihren 100 Statt vieler: BGHZ 62, 132; 64, 156; Baumbach/Duden/Hopt, § 124 Anm. 5 A; vgl. auch Kämmerer, NJW 1966, 803ff. 101 K. Schmidt, GesR, S. 1517f., 1443ff., 1423ff.; ders., HandelsR, S. 106; ders., JZ 1985, 913; de lege ferenda: Thein, S. 163. 102 K. Schmidt, vgl. die Nachweise in FN 101. 103 K. Schmidt, Gutachten, S. 499. 104 Prüßmann/Rabe, § 489 Anm. B 1, 2 (m.w.Nachw.). 105 So RGZ 71, 26 (27); 82, 131 (132); BGH, MDR 1960, 665 (obiter dictum); Prüßmann/Rabe, § 489 Anm. CI a; Rosenberg/Schwab, § 4311 4 a.E.; Stein/Jonas/Leipold, § 50 Rz. 14; ZöllerN011kommer, § 50 Rz. 19.
IV. Analogie zu parteifähigen Gesamthandsgemeinschaften
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Niederschlag auch im Vollstreckungsrecht: nicht § 736 ZPO, sondern § 735 ZPO ist analog anzuwenden106• Nun könnte man erwägen, daß der Partenreederei die Parteifähigkeit infolge einer Notwendigkeit zuerkannt wird, die sich aus der intensiven Beteiligung am Rechtsverkehr ergibt. Diese Überlegung könnte zumindest auf die GbR in Form einer Erwerbsgesellschaft übertragen werden 107• 4. Recbts-(Gesamt-)analogle zu § 50 11 ZPO, §§ 1241, 493111 HGB
In der Literatur bisher nicht erwogen wurde eine Rechtsanalogie zu §§ 50 11 ZPO, 124 I, 493 III HGB. Der Ansatz zu einer solchen Überlegung könnte darin bestehen, daß man aus diesen Einzelregelungen auf ein den am Rechtsverkehr teilnehmenden Gesamthandsgesellschaften ihrem Wesen nach immanentes Prinzip der Verselbständigung schlösse. Dieses Prinzip müßte sich dann auch zumindest bei Erwerbsgesellschaften in Form einer GbR in ihrer Teilrechtsfähigkeit und Parteifähigkeit auswirken. 5. Stellungnabme
Den vier in Rede stehenden Überlegungen ist ihr methodischer Ansatz der Analogie gemeinsam. Insofern sind sie alle auf das Vorliegen der Voraussetzungen einer Analogie zu überprüfen: Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke und Vergleichbarkeit der Tatbestände 108• a) Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke 109 Hinsichtlich der GbR in sämtlichen Erscheinungsformen liegt eine planwidrige Gesetzeslücke nicht vor. Für die von K. Schmidt "schlicht-zivilistisch" genannten GbR ist von der Parteistellung der Gesellschafter in notwendiger Streitgenossenschaft auszugehen. Dies entspricht dem Plan des Gesetzes, der die Parteifähigkeit der GbR im Gegensatz zu OHG, KG, Partenreederei und nichtrechtsfähigem Verein nicht ausdrücklich anordnete. Somit verbleibt die Fragestellung, ob hinsichtlich der Erwerbsgesellschaften, die in Gestalt einer GbR geführt werden, eine planwidrige Lücke besteht. Bereits im Zusammenhang der von K. Schmidt vertretenen Teilrechtsfähigkeit für ErwerbsgesellPrüßmann/Rabe, § 489 Anm. C 1 d. Zu diesem Ansatz vgI.: Westermann, (PS Baur) 1981, S. 729f., der die Zulässigkeit einer Analogie aber im Ergebnis dahinstehen läßt. 108 Zur Methodik einer Analogie vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 381ff. 109 Zu diesem Begriff vgI. Larenz, Methodenlehre, S. 370. 106
107
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C. Die Stellung der GbR im Prozeß
schaften ist auf die Absicht des Gesetzgebers hingewiesen worden, das Rechtsinstitut der GbR einheitlich zu regeln. Ein Anhaltspunkt für eine differenzierte Betrachtungsweise der Erwerbsgesellschaften ergibt sich aus dem Gesetz nicht llO• Eine planwidrige Gesetzeslücke hinsichtlich der Erwerbsgesellschaften kann auch nicht mit der Streichung der Übernahmemöglichkeiten der OHG-Vorschriften auf die GbR111 durch die zweite Kommission begründet werden. Die Kommission sah nicht alle Erwerbsgesellschaften durch die handeisrechtlichen Regelungen erfaßt, sondern hatte lediglich die Erwartung, daß sich Erwerbsgesellschaften in Form einer Handelsgesellschaft konstituieren würden. Dieser Erwartung liegt aber logisch der Ansatz zugrunde, daß Erwerbsgesellschaften auch im Rahmen der GbR-Vorschriften existieren können. Insbesondere K. Schmidt setzt hier einen seiner Meinung nach vorhandenen rechtspolitischen Fehler des Gesetzes (keine differenzierende Behandlung der Erwerbsgesellschaften) mit einer planwidrigen Gesetzeslücke gleich. Dies aber ist methodisch unzulässig112• Insgesamt ist somit eine Gesetzeslücke hinsichtlich der Parteifähigkeit der (Erwerbs-)GbR ebenso zu verneinen wie eine Gesetzeslücke hinsichtlich der materiell-rechtlichen Beurteilung113• b) Vergleichbare Tatbestände Ein Analogieschluß zu den genannten Vorschriften, gleich ob als Gesetzesoder Rechtsanalogie, scheitert zudem auch daran, daß die zu regelnden Sachverhalte nicht ähnlich sind 114 •
aa) Unvergleichbarkeit mit dem nichtrechts!ähigen Verein § 54 S. 1 BGB in der Hinsicht auszulegen, daß die Verweisung auf die GbR-Regeln einer Rechtsähnlichkeit der beiden Institute Rechnung trüge, läßt sich mit der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift nicht vereinbaren. § 54 S. 1 BGB entsprang der rechtspolitischen Absicht des historischen' Gesetzgebers am Ende des 19. Jahrhunderts, nichtrechtsfähige Vereine (insbesondere Parteien und Gewerkschaften) durch Verweisung auf die für Vereine unbequeme Vorschriften der GbR zur Rechtsformwahl des eingetragenen Vereins, damit zur Beantragung der Eintragung im Vereinsregister und somit zur Offenlegung vor der Staatlichkeit zu zwingen 115 • Diese mißglückte VorVgl. hierzu oben B.lV.6.b). ersten Entwurfes zum BGB. 112 Siehe hierzu: Larenz, Methodenlehre, S. 374. 113 Siehe hierzu oben B.IV.6.b). 114 Zum Begriff der Ähnlichkeit der Sachverhalte vgI. Larenz, Methodenlehre, S. 381. 115 Statt vieler: ErmanlWestermann, § 54 Rz. 1; MüKo!Reuter, § 54 Rz. 5. 110
111 § 659 des
IV. Analogie zu parteifähigen Gesamthandsgemeinschaften
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schrift wird demnach von der Rechtsprechung116 und der Literatur ll7 dahingehend ausgelegt, daß grundsätzlich aufgrund der bestehenden Verwandtschaft zum rechtsfähigen Verein (körperschaftliche Struktur) die dafür geltenden Regeln angewandt werden sollen. § 54 S. 1 BGB stelle nur eine Verweisung für die Fälle dar, in denen mangels Rechtsfähigkeit des Vereins eine Anwendung der Vereinsvorschriften nicht in Betracht komme. Grundlegende Unterschiede in der Struktur der bei den Rechtsformen verbieten daher eine Analogie. bb) Keine Ähnlichkeit zu OHG, KG und Partenreederei
Eine Ähnlichkeit sämtlicher Erscheinungsformen der GbR mit den Gesamthandsgemeinschaften des Handelsrechts kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil einige nicht in derselben Weise am Rechtsverkehr wie OHG, KG und Partenreederei teilnehmen. Letztere haben ja gerade den Zweck der Teilnahme am Handel und damit am Rechtsverkehr. Eine solche Ähnlichkeit wird in der Literatur auch nicht behauptet 118• Ähnlichkeit soll aber zwischen den genannten Rechtsformen und der Erwerbsgesellschaft bestehen 119• Dies mag in der Weise richtig sein, daß eine Teilnahme am Rechtsverkehr festzustellen ist. Entgegen der Gesamthandsgemeinschaften des Handelsrechts besitzt die GbR aber keine Registerpublizität. Zudem verbietet die Forderung der einheitlichen Behandlung der Erscheinungsformen der GbR 120 eine Sonderbehandlung der Erwerbsgesellschaften, für die es einen Anhalt im Gesetz nicht gibt. Eine Analogie ist daher auch mangels festzustellender Ähnlichkeit der Rechtsinstitute abzulehnen 121.
Ständige Rspr. seit BGHZ 50,328. Vgl. nur MüKo!Reuter, § 54 Rz. 2; Erman/Westermann, § 54 Rz. Uf. Gew.m.w.Nachw.). 118 Vgl. nur die Unterscheidung von schlicht-zivilistischer und Erwerbs-GbR bei K Schmidt, GesR, passim. 119 Insbesondere K Schmidt, GesR, S. 1517f.; ähnlich Westermann, (FS Baur) 1981, S. 729, der i.E. aber die Parteifähigkeit der GbR ablehnt. 120 Siehe hierzu oben B.lV.6.b). 121 Im Ergebnis so auch: Westermann, (PS Baur) 1981, S. 729, der von einer bewußten Beschränkung der Vorschrift auf die Personenhandelsgesellschaften spricht; Ulmer, § 718 Rz. 42; Heller, S. 98ff.; Fischer, ZGR 1979, 258. 116
117
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C. Die Stellung der GbR im Prozeß
v. Parteirähigkeit der GbR infolge gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung 1. Darstellung Eini~ der Autoren, die die GbR als teilrechtsfähige Wirkungseinheit verstehen , ziehen daraus die prozessuale Konsequenz der (aktiven und passiven) Parteifähigkeit der GbR I23 • Insbesondere Hüffer geht von dem zuvor Dargelegten aus. Die Parteifähigkeit der GbR läßt sich weder mit dem Wortlaut noch durch (gesetzesimmanente) Auslegung des § 50 I ZPO begründen. Ein Analogieschluß scheitert daran, daß eine planwidrige Gesetzeslücke nicht festzustellen und die Ähnlichkeit der zu regelnden Sachverhalte nicht gegeben ist. Erachtet man die Parteifähigkeit der GbR dennoch als unabdingbar, ist es methodisch richtig, dies im Wege der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung herausarbeiten zu wollen l24 • Insofern man nicht der differenzierten Auffassung von K. Schmidt zur Teilrechtsfähigkeit der GbRI25 folgt, wird eine Rechtsfortbildung für Außengesellschaften mit Gesamthandsvermögen vertreten. Ein Fortbildungshindernis ergebe sich aus dem geltenden Recht nicht. § 50 I ZPO stelle kein Hindernis dar, weil diese Regelung nicht abschließend zu verstehen sei. Dies ergebe sich z.B. aus der Existenz von §§ 50 11 ZPO, 124 I HGB I26 • Ebenso könne eine Rechtsfortbildung nicht an § 736 ZPO scheitern, weil diese Vorschrift nicht als Fortbildungsschranke, sondern als prozeßrechtliches Spiegelbild der unausgereiften materiell-rechtlichen Gesamthandskonzeption des 19. Jahrhunderts zu interpretieren sei 127• Ein gesetzlicher Anhaltspunkt für die Weiterentwicklung der Außen-GbR mit Gesamthandsvermögen sei in den materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 718, 719 BGB zu sehen l18 • Das zur Rechtsfortbildung erforderliche, unabweisbare Bedürfnis ergebe sich zumindest daraus, daß die GbR als Zurechnungssubjekt der Rechtsbeziehungen auch selbst nur die richtige Partei sein könne l29•
122 Siehe hierzu oben die Nachweise zu B.lV. 123 Neben den in C.lV. Genannten insbesondere: Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 176ff.; ausdrücklich ablehnend: Ulmer, § 718 Rz. 45f. 124 So ausdrücklich: Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 176ff.; in Anlehnung an K. Schmidt, JZ 1985, 913 ist eine Differenzierung nach Erwerbsgesellschaften und sonstigen GbR bei den Überlegungen zu berücksichtigen. 125 Siehe hienu oben B.lV.6. 126 Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. In. 127 Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. In. 118 Hüffer, (FS Stimpel), S. 178. 129 Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 171ff., 177.
V. Parteifähigkeit der GbR infolge gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung
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2. Kritische Würdigung und Stellungnahme
a) Methodische Voraussetzungen Nach einhelliger Auffassung hängt die Zulässigkeit einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung von drei Faktoren130 ab: Fehlen eines Rechtsfortbildungshindernisses, Vorhandensein eines gesetzlichen Anknüpfungspunktes sowie das Vorliegen eines Rechtsfortbildungsbedürfnisses, welches entweder in einem unabweisbaren Bedürfnis des Rechtsverkehrs, in der Natur der Sache oder in einem in seiner Bedeutung erst später erkannten Rechtsprinzip (Verfassungsprinzip) gegeben sein kann131. An diesem methodischen Gerüst orientiert sich auch die dargestellte Auffassung132• Zu untersuchen ist, ob die Voraussetzungen auch, wie behauptet, erfüllt sind. b) Gesetzlicher Anknüpfungspunkt Zunächst ist zu konstatieren, daß in der ZPO ein Anhalts- oder Anknüpfungspunkt für die Fortentwicklung zur Parteifähigkeit der GbR nicht zu finden ist. So werden denn auch als mögliche Anknüpfungspunkte die materiell-rechtlichen Normen der §§ 718, 719 BGB genannt 133 • Schon hieraus und aus der Tatsache, daß im materiellen Recht Ansatzpunkte für eine differenzierte Behandlung von Erwerbsgesellschaften nicht zu finden sind, folgt, daß eine Rechtsfortbildung in Anlehnung an die Differenzierung von K. Schmidt l34 unzulässig ist. Unerörtert bleibt jedoch die logisch vorrangige Frage, ob zur Rechtsfortbildung des Prozeßrechts in seinem Teilbereich der Parteifähigkeit einer Gesamthandsgesellschaft Normen des materiellen Rechts als Anknüpfungspunkt dienen können. Diese Möglichkeit ist aber wohl grundsätzlich zu bejahen, weil alle Rechtsgebiete eine Einheit darstellen und untereinander in einem engen Beziehungsverhältnis stehen 135 • Bei der Rechtsfortbildung sind allerdings die Eigenarten des jeweiligen Rechtsgebietes zu beachten. Gerade im vorliegenden Zusammenhang sind materiell-rechtliche Normen als Ansatzpunkt zur Fortentwicklung des Prozeßrechts zulässig, weil § 50 I ZPO die Parteifähigkeit in Bezug zur Rechtsfähigkeit setzt. §§ 718, 719 BGB stellten Daß eine andere Methode ausscheidet, war Gegenstand der Ausführungen zu C.lII.,IV. Zu den methodischen Voraussetzungen einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung siehe im einzelnen: Larenz, Methodenlehre, S. 413ff. 132 Vgl. Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 173ff., 177. 133 Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 169; Heller, S. 106. 134 K. Schmidt, GesR, passim. 135 Henckel, Prozeßrecht, S. 65f.; Häsemeyer, AcP 188 (1988), 151; Jauemig, ZPR § 24 I; Krüger, NJW 1990, 1208ff.; Wolff, Bürgerliches Recht und Prozeßrecht, passim; Stein/Jo· nas/Schumann, Einl. Rz. 34ff. 130 131
C. Die Stellung der GbR im Prozeß
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bereits den Eckpfeiler der Argumentation zugunsten der Anerkennung der GbR als teilrechtsfähige Wirkungseinheit dar und sind somit als Anknüpfungspunkt grundsätzlich zur Rechtsfortbildung hin zur Parteifähigkeit der GbR geeignet. Aus der neueren gesetzgeberischen Tätigkeit ergibt sich zudem für die Zukunft ein weiterer Anknüpfungspunkt. Der Entwurf eines neuen Insolvenzrechts sieht die Konkursfähigkeit der GbR vor, § 1211 Nr. 1 des Referentenentwurfs. c) Fehlen eines Fortbildungshindernisses Viele Autoren bejahen mit kurzer Begründung das Fehlen eines sich aus dem geltenden Recht ergebenden Rechtsfortbildungshindernisses l36, oder aber es wird die Unzulässigkeit einer Rechtsfortbildung als mit dem Gesetz unvereinbar festgestelltm . aa) Bürgerlich-rechtliche Vorschriften
Bürgerlich-rechtliche Vorschriften, die einer Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR im Wege der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. bb) Entgegenstehen von § 50 I ZPO?
Nach § 50 I ZPO ist parteifähig, wer rechtsfähig ist. Eine wie auch immer gestaltete Teilrechtsfähigkeit ist nicht ausreichend l38 • Doch regelt § 50 I ZPO die Fragen der (aktiven/passiven) Parteifähigkeit nicht abschließend l39• So wird in § 50 11 ZPO die passive Parteifähigkeit nichtrechtsfähiger Vereine, in § 124 I HGB die aktive und passive Parteifähigkeit der Personenhandelsgesellschaften statuiert. Hieraus ergibt sich, daß das Gesetz grundsätzlich. eine Erweiterung der Parteifähigkeit über die rechtsfähigen Verbände hinaus zuläßt. Somit wird richtigerweise festgestellt, daß § 50 I ZPO eine abschließende Regelung hinsichtlich der Parteifähigkeit nicht enthält l40 •
Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 177f.; Heller, S. 104, 109; Reichert, S. 111. So: Jauernig, ZPR, § 1911 1; Thein, S. 162f. 138 Siehe oben c.m.2. 139 So auch Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 177; Westermann, (FS Baur) 1981, S. 727f. 140 So im Ergebnis auch: Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. In; Heller, S. 104, 109.
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V. Parteifähigkeit der GbR infolge gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung
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cc) §§ 50 ZPO, 124 I HGB als abschließende Regelungen?
Im vorliegenden Zusammenhang wurde bisher noch nicht die Frage aufgeworfen, ob §§ 50 II ZPO, 124 I HGB als abschließende Ausnahmevorschriften zu § 50 I ZPO verstanden werden müssen. Weitere gesetzesübersteigende Ausnahmen wären dann nicht zulässig. Das Beispiel der anerkannten Parteifähigkeit der Partenreederei als Ergebnis einer Auslegung von § 493 III HGB zeigt, daß Rechtsprechung und Lehre den §§ 50 II ZPO, 124 I HGB keinen abschließenden Ausnahmecharakter zuerkennen141 • Dies ist im Ergebnis richtig. Wenn man § 50 I ZPO nicht als abschließende Regelung der Parteifähigkeit ansieht, so kann man §§ 50 II ZPO, 124 I HGB nicht als abschließende Ausnahmevorschriften charakterisieren. Die entgegenstehende Aussage enthielt einen Widerspruch in sich. dd) Entgegenstehen des § 5011 ZPO § 50 II ZPO könnte aber aufgrund seines Regelungsgehalts der Rechtsfortbildung hin zur Parteifähigkeit der GbR entgegenstehen. § 50 II ZPO verleiht dem nichtrechtsfähigen Verein die passive Parteifähigkeit. Der Grund hierfür lag in einem erkannten Bedürfnis des Rechtsverkehrs. Aufgrund der regelmäßig großen Mitgliederzahl eines Vereins sollte dem Gläubiger eines nichtrechtsfähigen Vereins die Durchsetzung seiner Forderung im Wege der Klage durch die passive Parteifähigkeit des nichtrechtsfähigen Vereins erleichtert werden l42• Der Gläubiger sollte nicht darauf angewiesen sein, sämtliche Mitglieder des Vereins herausfinden und das Innenverhältnis durchleuchten zu müssen.
Erkennt man nun die aktive und passive Parteifähigkeit der GbR an, so gibt man ihr mehr als dem nichtrechtsfähigen Verein, der nur passiv parteifähig ist. Dieser ist aber aufgrund seiner korporativen Struktur und Unabhängigkeit des Vereins vom wechselnden Mitgliederbestand 143 weitaus mehr zur Teilnahme am Rechtsverkehr ausgelegt als die GbR. Der GbR eine größere Selbständigkeit zuzuerkennen als dem nichtrechtsfähigen Verein bedeutete die grundlegenden Strukturunterschiede beider Rechtsformen zu verkennen. Will man dennoch die (aktive und passive) Parteifähigkeit der GbR begründen, so könnte dies nur konsequenterweise mit der gleichzeitigen Anerkennung der aktiven Parteifähigkeit des nichtrechtsfähigen Vereins erfolgen l44 • Nach einhelliger Auffassung stellt aber gerade diese Forderung einen typiVgl. hierzu oben C.lV.3. Vgl. MüKo!Reuter, § 54 Rz.5. 143 Erman/Westermann, § 54 Rz. 1; MüKo!Reuter, § 54 Rz. Hf. 144 So dann auch: Hüffer, (PS Stimpel), 1985, S.183. 141
142
6 Göckeler
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C. Die Stellung der GbR im Prozeß
schen Fall der unzulässigen gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung contra legern darl4s • Der eindeutige Wortlaut verbietet dem Rechtsanwender (vor
allem dem Richter), den nichtrechtsfähigen Verein als aktiv parteifähig anzusehen l46• Die Anerkennung der aktiven Parteifähigkeit von Gewerkschaften durch die Rechtsprechung kann in diesem Zusammenhang nicht als Gegenargument herangezogen werden, weil diese mit Rücksicht auf die verfassun~ rechtliche Anerkennung der Gewerkschaften in Art. 9 III GG geschah 47. Hinsichtlich des normalen nichtrechtsfähigen Vereins sind solche im Sinnganzen der Rechtsordnung gelegene Gründe l48 nicht gegeben. Das möglicherweise vorhandene Bedürfnis der aktiven Parteifähigkeit reicht nicht aus. Die Einführung einer solchen Regelung muß dem Gesetzgeber vorbehalten sein l49 • Da somit die aktive Parteifähigkeit des nichtrechtsfähigen Vereins mit geltendem Recht unvereinbar ist, gilt dies auch für die aktive Parteifähigkeit der GbR. § 50 11 ZPO steht dem entgegen. Hierdurch nicht ausgeschlossen ist allerdings die Möglichkeit einer Rechtsfortbildung hin zur passiven Parteifähigkeit der GbR. Eine solche wurde aber bisher in der Literatur noch nicht vertreten. ee) Entgegenstehen von § 124 I HGB?
Erkennt man die Parteifähigkeit der GbR an, so stellt man sie prozeßrechtlich mit den Personenhandelsgesellschaften gleich. Dies stellt aber kein Rechtsfortbildungshindernis dar, weil § 124 I HGB es nicht verbietet, anderen Gesamthandsgemeinschaften die Parteifähigkeit zuzuerkennen. Dies zeigt sich zum einen in der Anerkennung der Partenreederei als parteifähig, zum andern aber auch in dem nicht abschließenden Charakter des § 124 I HGB.
ff) Widerspruch zu § 736 ZPO? § 736 ZPO setzt zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer GbR einen Titel gegen alle Gesellschafter voraus. Die herrschende Auffassung zu § 736 ZPO geht davon aus, daß diese Re~elung im Zusammenhang mit der fehlenden Parteifähigkeit der GbR stehes • Einer Rechtsfortbildung hin zur Parteifähigkeit steht § 736 ZPO dann entgegen, wenn die h.M. Statt vieler: Larenz, Methodenlehre, S. 428. Vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann;, § 50 Anm. 3 A. 147 Ständige Rechtsprechung seit BGHZ 50, 325; vgI. in diesem Zusammenhang auch § 10 ArbGG. Aus der Literatur: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 50 Anm. 3 B; ZöllerNollkommer, § 50 Rz. 22. 148 Larenz, Methodenlehre, S. 428. 149 Hierzu: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 50 Anm. 3 A; Larenz, Methodenlehre, S. 426ff.: Funktionsteilung zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung. . ISO Statt vieler: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 736 Anm. 1. 14S
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V. Parteifähigkeit der GbR infolge gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung
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richtig ist. Zu untersuchen ist daher, ob § 736 ZPO nur so ausgelegt werden kann, daß er die Gesellschafter als Partei ansieht oder voraussetzt. Zuvor soUen die abweichenden Auffassungen dargesteUt werden. Hüffer hält dem entgegen, § 736 ZPO sei nur das prozeßrechtliche Spiegelbild zu einer unausgereiften Gesamthandskonzeption des 19. JahrhundertslSl • Daher dürfe man dieser Vorschrift ein Rechtsfortbildungshindernis nicht entnehmen. Zudem hätten die Verfasser bereits die Notwendigkeit der Parteifähigkeit für "Erwerbsgesellschaften" gesehen. Die zunächst vorgesehene Option der Wahl der handelsrechtlichen Vorschriften umfaßte ausdrücklich auch § 124 HGB. Die Nichtübernahme dieser Regelung habe allein auf der Einschätzung beruht, ErWerbsgesellschaften würden sich nach § 2 HGB als Handelsgesellschaften bilden. Die darin liegende korrekturbedürftige Fehleinschätzung sei heute evidenes2• Insbesondere Schünemann und Aderhold sehen in § 736 ZPO weder die Regelung einer der GbR als Gesamthand zugrundeliegenden dogmatischen Konzeption noch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen. Allein die materiell-rechtliche Beurteilung der Schuldsubjektivität der GbR entscheide über die materiellen Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckung in das Gesamthandsvermögen1S3• Daraus folge, daß § 736 ZPO den Sinn habe, die vollstreckungsrechtliche Individualisierung des Vollstreckungssubjekts zu gewährleisten. Da die Führung eines Namens für die GbR zwar möglich ls4 , nicht aber zwingend sei, bedürfe es einer gesetzlichen Beschreibung des zur Vollstreckung in das Gesamthandsvermögen erforderlichen Titels, der nicht auf Namen oder Firma der GbR zurückgreifen könne, sondern nur auf den Namen aller GesellschafterISS. Die Parteistellung der Gesellschafter werde nicht festgeschrieben. Nach der Auffassung von Hadding erhält § 736 ZPO erst bei der Anerkennung der Rechtssubjektivität der GbR einen rechten Sinn. Diese VorsChrift lege die zulässige Partei- und Schuldnerbezeichnung fest. Sähe man nämlich im Sinne der herkömmlichen Betrachtungsweise als Vollstreckungsschuldner die einzelnen Gesellschafter als Gesamtschuldner an (insoweit mit dem Gesellschaftsvermögen als Haftungsobjekt), dann wäre es eigentlich auch ohne die gesetzliche Anordnung in § 736 ZPO selbstverständlich, daß zur Vollstreckung in das dem einzelnen nicht allein verfügbare Haftungsobjekt ein Urteil gegen alle Gesellschafter ergangen sein muß IS6 • ISI IS2 IS3 IS4 ISS IS6
Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. In; ihm folgend: Reichert, S. 111. Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 178. Vgl. Aderhold, S. 169. Siehe hierzu unten D.I.2. Schünemann, S. 226ff.; Aderhold, S. 169. Soergel/Hadding, § 714 Rz. 53.
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C. Die Stellung der ObR im Prozeß
Ob § 736 ZPO für den Rechtsanwender zwingend die Parteirolle der einzelnen Gesellschafter festlegt und damit der Parteifähigkeit der GbR eindeutig im Wege steht, ist mit Hilfe der anerkannten Auslegungskriterien (Wortlaut, historische, systematische und teleologische Auslegung) zu ermitteln. § 736 ZPO sagt, daß zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ein Titel gegen alle Gesellschafter vorliegen muß. Ein Titel gegen alle Gesellschafter kann aber nur dann ergehen, wenn auch die Gesellschafter verklagt worden sind. Werden die Gesellschafter verklagt, so sind sie Parteien des Rechtsstreits und Schuldner des Vollstreckungsverfahrens. Erachtete man die GbR selbst als Partei, so würde sie im Titel als Partei zu nennen sein. Eine Zwangsvollstreckung auf der Grundlage des § 736 ZPO wäre dann aber unmöglich. Diese am Wortlaut orientierte Auslegung stimmt mit dem sich aus § 750 ergebenden Grundsatz überein, daß in der Zwangsvollstreckung Parteien die im Vollstreckungstitel Genannten (Gläubiger und Schuldner) sind151• Fraglich ist, ob die Auffassung, die § 736 ZPO als bloße vollstreckungsrechtliche Individualisierungsnorm sieht, mit dem Wortlaut in Einklang zu bringen ist. Gegen diese Sicht spricht die Formulierung "gegen alle Gesellschafter". Gegen deutet auf einen Antagonismus hin, der im Zivilprozeß gerade zwischen den beteiligten Parteien besteht. Wollte man § 736 ZPO als vollstreckungsrechtliche Individualisierung auffassen, so müßte es etwa lauten: "Die GbR ist im Titel durch Nennung aller Gesellschafter zu bezeichnen.". Die Wortlautauslegung ergibt somit, daß § 736 ZPO von der ParteisteIlung der Gesellschafter ausgeht.
Hüffer l58, der in § 736 ZPO eine Folge der unausgereiften Gesamthandsdiskussion sieht und auf eine evidente Fehleinschätzung des Gesetzgebers hinweist, ist zuzugeben, daß dies durchaus der Fall sein mag. Die historische Auslegung hat jedoch weniger die subjektiven Einschätzungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen, sondern vielmehr den im Gesetz zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers zu bewerten. Subjektive Auffassungen können hierauf jedoch einen Hinweis geben l59• Es ist allgemein anerkannt, daß der historische Gesetzgeber durch § 736 ZPO der Parteiunfähigkeit der GbR Rechnung tragen wolltel60• Die Gesetzgebungsmaterialien zur CPO-Novelle von 1898, mit der § 736 ZPO in Anpassung an das BGB eingeführt wurde, belegen, daß die Parteifähigkeit der GbR nicht der Konzeption der ZPO zu Ende des 19. Jahrhunderts entsprochen hae 61 • Die Frage, ob aus Vgl. BayObLG, ZMR 1980, 256. Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 177f. 159 Zur historischen Auslegung: Larenz, Methodenlehre, S. 328ff. 160 Hiervon geht auch Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 177 aus, verneint aber § 736 ZPO als Rechtsfortbildungsschranke. 161 Hahn/Mugdan, Bd. 8, S. 138. 157 158
V. Parteifähigkeit der ObR infolge gesctzesübersteigender Rechtsfortbildung
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dieser historischen Auslegung ein Rechtsfortbildungshindernis folgt, kann nur im Rahmen der teleologischen Auslegung entschieden werden l62• § 736 ZPO steht im systematischen Zusammenhang der Allgemeinen Vorschriften der Zwangsvollstreckung. Daher ist es zulässig, die allgemeinen Grundsätze der Zwangsvollstreckung zu berücksichtigen. Mit Ausnahme der Rechtsnachfolge, §§ 727ff. ZPO, sind die Parteien des Erkenntnisverfahrens, die im Titel Genannten und die Parteien im Vollstreckungsverfahren identisch; es gilt das Gebot der Nämlichkeie63• Dies bedeutet, daß die im Titel Genannten zwingend Parteien des Vollstreckungsverfahrens sind. Da aber auch das Vollstreckungsverfahren wie das Erkenntnisverfahren nur bei Vorliegen der allgemeinen Prozeßvoraussetzungen durchgeführt werden kann, worunter auch die Parteifähigkeit fällt l64 , muß im Titel sichergestellt sein, daß nur Parteifähige Beteiligte des Vollstreckungsverfahrens sind. Gerade diese Aufgabe erfüllen die §§ 735ff. ZPO, in deren engerem systematischen Zusammenhang § 736 ZPO zu sehen ist. § 735 ZPO dient dem Gebot der Nämlichkeit, indem an die passive Parteifähigkeit des nichtrechtsfähigen Vereins angeknüpft wird. Erstreitet nämlich der Gläubiger einen Titel gegen alle Mitglieder des Vereins als Gesamtschuldner, ist die Grundlage der Zwangsvollstreckung in das Vereinsvermögen nicht mehr § 735 ZPO, sondern § 736 ZPO I65 • §§ 74Off. ZPO sind dazu bestimmt, durch Festlegung der erforderlichen Nennung des Schuldners im Titel die Passivpartei des Vollstreckungsverfahrens zu bezeichnen l66 • In diesen Vorschriften eine vollstreckungsrechtliche Individualisierung zu sehen, ist daher unmöglich und wird auch nicht vertreten l67• Wollte man nun § 736 ZPO als eine solche bloße Individualisierungsnorm verstehen, hieße es, den systematischen Zusammenhang zu verkennen. Ist somit anerkannt, daß § 736 ZPO von den Gesellschaftern als Parteien des Vollstreckungsverfahrens ausgeht, müssen diese aufgrund des Gebots der Identität der Parteien von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren auch als Parteien des Erkenntnisverfahrens angesehen werden. Die systematische Auslegung spricht daher für § 736 ZPO als Rechtsfortbildungshindernis, weil dort die Gesellschafter als Parteien des Zivilprozesses festgelegt werden.
Hierzu siehe sogleich unten. Vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 724 Anm. 3 C dd; Zöller/Stöber, § 724 Rz.3,4. 164 Baumbach/Lauterbach/A1bers/Hartmann, Orundz § 704 Anm. 6 Ca; Zöller/Stöber, Vor § 704 Rz. 16; Blomeyer, ZwVR, § 8 11 1; Brox/Walker, ZwVR, Rz. 22; Jauemig, ZwVR, § 1 VII. 165 Zöller/Stöber, § 735 Rz. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 735 Anm. 1; Jauemig, ZwVR, § 5 11 1. 166 Vgl. Zöller/Stöber, §§ 739ff.,jeweils Rz. 1. 167 Dies erkennt auch Reichert, S. 138f., geht aber wegen der von ihr vertretenen Parteifähigkeit der ObR dann von § 736 ZPO als "gegenstandslos" aus. 162
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C. Die Stellung der GbR im Prozeß
Berücksichtigt man den klaren Wortlaut von § 736 ZPO und die systematische Stellung im Gesetz, so verbietet dies allein, der in Rede stehenden Vorschrift einen anderen Inhalt geben zu wollen als den, daß § 736 ZPO die ParteisteIlung der Gesellschafter regeln will. Der Argumentation Haddings l68, § 736 ZPO erhalte erst bei Anerkennung der Rechtssubjektivität und der Parteifähigkeit der GbR einen rechten Sinn, ist nicht zu folgen. Ihr widerspricht zum einen die systematische Stellung von § 736 ZPO im Gesetz (s.o.). Zum andern eröffnet § 736 ZPO erst die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in das gesamthänderisch gebundene Vermögen der Gesellschafter wegen einer Gesamthandsschuld. Ohne diese Vorschrift wäre es zweifelhaft, gegen wen ein Titel, der zur Vollstreckung berechtigt, zu erstreiten ist. Vollstrekkungssubjekt könnte dann auch die Gesamthand als solche sein. Dies gerade aber soll durch § 736 ZPO ausgeschlossen werden. Zudem wäre es auch dann, wenn ein Gläubiger einen Titel gegen alle Gesellschafter erstritten hat, nicht durchaus selbstverständlich, daß er dadurch eine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit auf das Gesellschaftsvermögen erhält. Denkbar ist nämlich die Alternative der Anteilspfändung, wie sie in § 859 I ZPO geregelt ist. Somit ergibt die teleologische Auslegung des § 736 ZPO, daß dieser die Schuldner des Zwangsvollstreckungsverfahrens und damit auch die Passivlegitimierten im Erkenntnisverfahren festlegen soll, um eine unmittelbare Zwangsvollstrekkung in das gesamthänderisch gebundene Gesellschaftsvermögen zu eröffnen. Erkennt man mit Hüffer die Parteifähigkeit der GbR im Wege der Rechtsfortbildung an, so stellt man sich in Widerspruch zu der in § 736 ZPO enthaltenen Aussage, daß die Gesellschafter selbst Parteien des Zivilprozesses sind. Somit liegt dem neueren Konzept eine Rechtsfortbildung contra legern zugrunde. Diese ist aber grundsätzlich unzulässig, weil sie der Funktionenteilung zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung widerspriche69, Art. 20 11, 111 GG. Nur in ganz engen Grenzen und Ausnahmefällen ist eine richterliche Rechtsfortbildung contra legern zulässig. Dann nämlich, wenn infolge dauernden Versagens des Gesetzgebers ein echter Rechtsnotstand entstanden ist; Die Anforderungen an einen solchen sind aber höher als die zur gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung erforderlichen Bedürfnisse des Rechtsverkehrs 170• In diesem Zusammenhang kann nicht auf das Beispiel der Rechtsentwicklung zu § 54 S. 1 BGB 171 verwiesen werden. Bei der dort vorgenommenen Rechtsfortbildung blieb gerade die in der Norm zum Ausdruck kommende Verweisung auf §§ 705ff. BGB für die Fälle bestehen, in denen eine Anwendung der vereinsrechtlichen Vorschriften aufgrund der fehlenden Rechtsfähigkeit des
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Soergel/Hadding, § 714 Rz. 53.
169 BVerfGE 20,162 (219); Larenz, Methodenlehre, S. 426f. 170
Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 427f.
171 Siehe hierzu oben C.lV.5.b)aa).
V. Parteifähigkeit der GbR infolge gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung
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nichtrechtsfähigen Vereins ausscheidet172• Ebensowenig kann aus den bereits genannten GrÜDden 173 auf die im Widerspruch zu § 50 11 ZPO stehende Anerkennung der aktiven Parteifähigkeit von Gewerkschaften Bezug genommenwerden. Somit ist als Ergebnis festzuhalten, daß §§ 50 11, 736 ZPO gegen eine Rechtsfortbildung hin zur Parteifähigkeit der GbR sprechen. d) Notwendigkeit der Rechtsfortbildung Von entscheidender Bedeutung für die Zulässigkeit einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung ist das Vorliegen eines Bedürfnisses zur Weiterbildung. Ein in der geltenden Rechtsordnung, insbesondere in der Verfassung, angelegtes Rechtsprinzip, welches die Parteifähigkeit der GbR forderte und notfalls im Ausnahmefall auch eine Rechtsfortbildungcontra legern zuließe, ist nicht ersichtlich 174• Somit bedarf es einer Analyse, ob die behaupteten Bedürfnisse des Rechtsverkehrs für die Parteifähigkeit der GbR 175 tatsächlich vorliegen 176• Schon in diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß Praktikabilitätserwägungen 177 oder reine Zweckmäßigkeitsfragen178 ein solches Bedürfnis nicht begrÜDden können. Notwendig sind spezifisch rechtliche Erwägungen 179• Sollten Bedürfnisse in diesem Sinne festgestellt werden, so müßte der Gesetzgeber die bestehende Rechtslage ändern. Dem Richter ist dies im Wege der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung allerdings wegen der Rechtsfortbildungshindernisse der §§ 50 11, 736 ZPO verwehrt, es sei denn diese Bedürfnisse erlauben die Qualifizierung als echter Rechtsnotstand.
BGHZ 50, 328; MüKo!Reuter, § 54 Rz. 2; Palandt/Heinrichs, § 54 Rz. 1. Siehe hienu oben C.V.2.c)dd). 174 Vgl. hienu die Anerkennung der aktiven Parteifähigkeit von Gewerkschaften durch BGHZ50,325 im Anschluß an BGHZ42,210. 175 Vgl. Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 173ff. 176 Siehe dazu eingehend unten D. 177 Siehe dazu: Larenz, Methodenlehre, S. 426. 178 Larenz, Methodenlehre, S. 428. 179 Larenz, Methodenlehre, S. 427f.; Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 179 mit der Anmerkung, die Parteifähigkeit folge nicht schon allein aus der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit. In
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
I. Bezeichnung der Prozeßparteien 1. Gesetzliche Notwendigkeit der Bezeichnung
Die Bezeichnung der Parteien ist nach der ZPO in folgenden Fällen erforderlich: § 130 Nr. 1 ZPO bestimmt als Grundsatz für vorbereitende Schriftsätze, daß diese die Bezeichnung der Parteien (und ihrer gesetzlichen Vertreter) nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und ParteisteIlung (Kläger oder Beklagter/Widerkläger oder Widerbeklagter) enthalten muß. § 253 11 Nr. 1 ZPO verlangt die Bezeichnung der Parteien in der Klagschrift, die Art der Beschreibung ist allerdings nicht geregelt. Bis auf Ausnahmefälle! wird man die Konkretisierung wohl § 130 Nr. 1 ZPO entnehmen können 2• Nach § 313 I Nr. 1 ZPO muß das Urteilsrubrum, nach §§ 690 I Nr. 1; 692 I Nr. 1 der Mahnantrag und der Mahnbescheid die Parteibezeichnung enthalten. § 750 I ZPO verlangt als Voraussetzung der Zwangsvollstreckung gleichfalls die Bezeichnung der Parteien im Vollstreckungstitel bzw. in der Vollstreckungsklausel. Die Bezeichnung der Parteien ist ebenso, obwohl nicht gesetzlich ausdrücklich angeordnet, im Vollstreckungsbescheid3 erforderlich4• 2. Die Partei bezeichnung nach der Streitgenossenschaftslösung
Die Streitgenossenschaftslösung hat zur Folge, daß sowohl im Aktiv- als auch im Passivprozeß der Gesellschaft alle Gesellschafter als Parteien des Rechtsstreits zu bezeichnen sinds. Im Aktivprozeß mag dies zwar umständlich Vgl. hierzu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 253 Anm. 3 A. Siehe allgemein zum Geltungsbereich von § 130 ZPO: BaumbachlLauterbach/AIbers/Hartmann, § 130 Anm. 1 A. 3 BaumbachlLauterbach/Albers/Hartmann, § 699 Anm. 4 A. 4 Im Arbeitsgerichtsverfahren ist eine Bezeichnung der Parteien in entsprechender Anwendung der ZPO-Vorschriften erforderlich, § 4611 S. 1 ArbGG. S Baumbach!Lauterbach/Albers/Hartmann, § 253 Anm. 3 A; Stein/Jonas/Leipold, § 50 Rz. 17; Zöller/Stephan, § 253 Rz. 8. !
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D. Prozessuale Einzelprobleme des GeseUschafts(schuld)prozesses
sein - insbesondere bei einer Vielzahl von Gesellschaftern -, doch ist (zumindest) den geschäftsführenden Gesellschaftern das Innenverhältnis und somit die Gesamtheit der Mitglieder bekannt. Für den Passivprozeß der GbR, in dem dem Kläger die Bezeichnung der Partei obliegt6, bedeutet die Erforschung des Innenverhältnisses dagegen eine unter Umständen unlösbare Aufgabe. Diese Schwierigkeit könnte man umgehen, wenn man zur Bezeichnung aller Streitgenossen einen Gesamtnamen zuließe. Es ist allgemein anerkannt, daß die GbR einen Namen führen kann7 und dieser auch z.B. nach § 12 BGB im Rechtsverkehr geschützt und somit der GbR zugewiesen ist8• Dies gilt jedoch nur solange, als nicht gegenläufige Interessen dem widersprechen9• Das Prozeßrecht verlangt aber in besonders hohem Maße Rechtssicherheit und Klarheit lo. Somit scheidet als Bezeichnung ein Name, der keine Registerpublizität genießt, aus l1 • Die einschränkende Auffassung, wonach die Auslegung von Parteibezeichnungen zulässig ist und U.U. der übliche im Verkehr benutzte Name der GbR zur Parteibezeichnung ausreicht 12, steht diesem Grundsatz nicht entgegen; jedoch kann hieraus nicht die generelle Zulässigkeit eines Gesamtnamens als Parteibezeichnung der Gesellschafter geschlossen werden. Eine Bezeichnung aller Streitgenossen mit einem Namen widerspräche zudem dem Grundsatz der Selbständigkeit der Prozeßrechtsverhältnisse13 und würde die Lehre von der einheitlichen Streitparteil4 auf einem Umweg in das Prozeßrecht einführen. Dieser Auffassung entspricht auch eine jüngere Entscheidung des BGH ls . In diesem Fall war eine GbR unter ihrem Namen, vertreten durch den Geschäftsführer, verklagt. Die Klage wurde dem Geschäftsführer zugestellt. Der BGH geht in seiner Entscheidung davon aus, daß mit Zustellung an den Geschäftsführer alle Gesellschafter verklagt sind. Damit erkennt das Gericht aber nicht die Zulässigkeit eines einheitlichen Namens im Prozeß an. Vielmehr verlangt es von der Beklagtenseite die Nennung aller an der GbR beteiligten Gesellschafter, um das Rubrum berichtigen zu können l6. Im Ausgangsfall geben A, Bund C der GbR den Namen "ARGE BAB 46 Schönerland". Unter diesem Namen treten sie im Rechtsverkehr auf, er erscheint z.B. im 6
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820.
Stein/Jonas/Schumann, § 253 Rz. 131; vgl. auch Wieczorek, § 253 Anm. C I a l. Erman/Westermann, § 705 Rz.67; Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 180; Lindacher, JuS 1981,
Siehe nur: Erman/Westermann, § 705 Rz. 68, auch bzgl. § 16 UWG. Vgl. nur Ulmer, § 705 Rz. 225f. 10 E. Schmidt, Zweck des Zivilprozesses, S. 97; Stein/Jonas/Schumann, Einl. Rz. 85; VoUkommer, Formenstrenge, passim; Ulmer, § 718 Rz. 43. 11 Mit dieser Begründung auch: HeUer, S. 118f. 12 RosenberglSchwab, § 41 11 1,2. 13 Siehe hierzu oben C.1I.l. 14 Siehe hierzu oben C.II. IS BGH, NJW-RR 1990, 867. 16 BGH, NJW-RR 1990, 867; der Entscheidung zustimmend: G. Roth, ZHR 155 (1991), 36f. 8
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I. Bezeichnung der Prozeßparteien
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Briefkopf. Dennoch ist es nach der Streitgenossenschaftslösung nicht möglich, A, Bund C unter diesem Namen zu verklagen. Haben A, Bund C jedoch z.B. den gleichen Rechtsanwalt R mit der Führung aller prozessualen Interessen beauftragt und wird diesem die Klage zugestellt, so ist eine Klage gegen A, Bund C rechtshängig geworden, die Parteibezeichnung ist aber zu berichtigen und die Gesellschafter A, Bund C sind aufzuführen. 3. Parteirähigkeitslösung
Dem Ansatz der Parteifähigkeitslösun~ entspräche es, als Parteibezeichnung den Namen der GbR zu verwenden '. Dem steht jedoch der Grundsatz der grozessualen Klarheit und die fehlende Registerpublizität der GbR entgegen 8. Dennoch wird vereinzelt die Verwendung eines Gesamtnamens erwogen. Die fehlende Registerpublizität soll nach K. Schmidt 19 nicht ausschlaggebend sein. Vielmehr erhalte die unternehmenstragende Gesellschaft20 durch ihre Teilnahme am Rechtsverkehr eine sog. "natürliche Publizität", aufgrund derer eine Benutzung des gebräuchlichen Namens ebenso wie bei einem registrierten Namen im Prozeß möglich sein soll. Nach anderer Auffassung führt das Fehlen eines gesetzlichen Namens (Register) der GbR dazu, daß die GbR ihren gesellschaftsvertraglich festgelegten und im Rechtsverkehr benutzten Namen auch im Prozeß verwenden dürfe oder aber daß, mangels eines solchen Namens, alle Gesellschafter zur Bezeichnung der GbR genannt werden müßten 21 • Nach der einen Auffassung könnte die GbR im Ausgangsfall unter ihrem im Rechtsverkehr gebräuchlichen Namen ,ARGE BAß 46 .Schönerland" die Platt GmbH verklagen oder von dieser verklagt werden. Die Tatsache, daß sich dieser Name für die GbR "eingebürgert" hat, ersetzt die fehlende Eintragung in einem Register. Nach der anderen müßte die GbR durch Angabe der Gesellschafter A, Bund C in der Klagschrift bezeichnet werden.
Siehe hierzu: Soergel/Hadding, § 714 Rz. 53. Siehe hierzu oben 0.1.2. 19 K. Schmidt, GesR, S. 1518; ders., Gutachten, S. 483 FN 462; ders., BB 1983, 1697. 20 Zur Abgrenzung zur schlicht-zivilistischen GbR und zur Unvereinbarkeit dieser Differenzierung mit dem geltenden Recht siehe oben B.IV.6. 21 Zu diesen Alternativen: Soergel/Hadding, § 714 Rz. 53; Reichert, S. 125ff.; zur Bezeichnung durch Nennung der Gesellschafter: ErmanIWestermann, § 718 Rz. 13 mit Hinweis auf § 736 ZPO; Lindacher, JuS 1982,593; Schünemann, S. 234f.; zur Verwendung eines Gesamtnamens: Reinhardt, GesR 1973, Tz. 9lf., der einen die GbR kenntlichmachenden Zusatz befürwortet; Reinhardt/Schultz, Rz. 86. 17 18
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gese\1schafts(schuld)prozesses
4. Stellungnahme
a) Verbot der Benutzung eines Gesamtnamens Wie bereits dargelegt22, verbietet sich aufgrund der besonderen Wertungssphäre des Prozeßrechts die Verwendung einer Parteibezeichnung, die nicht hinreichend bestimmt ist. Eine solche Bestimmtheit kann nur durch Eintragung in ein Register erlangt und nicht durch die sog. "natürliche Publizität" und die Teilnahme am Rechtsverkehr unter Verwendung eines Gesamtnamens ersetzt werden. K. Schmidt ist überdies die Unvereinbarkeit seiner Differenzierung mit geltendem Recht entgegenzuhalten23 • Im Ausgangsfall benutzen A, Bund C zwar den Gesamtnamen im Rechtsverkehr. Durch ihn ist jedoch nicht ersichtlich, wer Gesellschafter der GbR ist. Es ist gleichfalls nicht möglich, in einem Register, gleich etwa dem Handelsregister, die Gesellschafter ausfindig zu machen. Ließe man daher einen Gesamtnamen als Bezeichnung zu, bliebe offen, wer hinter der ARGE steht, oder ob eine Veränderung im Gesellschafterbestand (Bauunternehmer D ist für C in die GbR eingetreten) erfolgt ist.
Man könnte aber mit der (bisher, soweit ersichtlich, noch nicht entwickelten) Überlegung argumentieren, § 50 11 ZPO gestatte zur Bezeichnung des nichtrechtsfähigen Vereins auch dessen Namen, was ebenfalls nur mit dessen Teilnahme am Rechtsverkehr zu begründen sei. Doch übersähe man bei diesem Gedanken, daß § 50 11 ZPO eine Spezialregelung ist, deren Anwendung auf bestimmte Typen der GbR gegen das gesetzgeberische Ziel der einheitlichen Behandlung aller GbR verstieße. Zudem wäre auch in diesem Fall eine Differenzierung notwendig, ob die Teilnahme unter einem Gesamtnamen im Einzelfall zur Verwendung auch im Prozeß ausreicht oder nicht. Die dadurch entstehende Rechtsunsicherheit widerspräche aber der erforderlichen Rechtsklarheit im Prozeß. Daher bleibt auch der Parteifähigkeitslösung nur der Ausweg, alle Gesellschafter (zumindest zur Verdeutlichung des Gesamtnamens) zu nennen. b) Gerichtliche Hilfestellung Die für den Kläger somit unausweichliche Nennung aller Gesellschafter im Passivprozeß der GbR kann durch Hilfestellungen des Gerichts erleichtert werden. Gesetzliche Grundlage hierfür bietet § 139 ZPO. Dies gilt umsomehr, als das Gericht selbst für eine KlarsteIlung der Parteibezeichnung im Hinblick
22 Siehe oben D.I.2. 23
Siehe hierzu oben B.lV.6.b).
11. Bestimmung des Gerichtsstands
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auf §§ 313 I Nr. 1,750 I S. 1 ZPO hinzuwirken hae4• Danach hat das Gericht z.B. den eine GbR verklagenden Kläger darauf hinzuweisen, daß ein Gesamtname zur Bezeichnung nicht ausreicht, es kann den Kläger u. U. darauf hinweisen, daß er nicht alle Gesellschafter aufgeführt hat. Ferner sollte eine Aufforderung an die Gesellschafter möglich sein, sich darüber zu erklären, ob sie vollständig in der Klage aufgeführt sind, und wenn nicht, die noch fehlenden oder bereits ausgeschiedenen zu benennen2S • c) Konsequenzen Die Streitgenossenschaftslösung ist in dieser Hinsicht mit dem materiellrechtlichen Teilrechtsfähigkeitsmodell zu vereinbaren. Die Oualifizierung der GbR als Rechtsträger verbietet nicht, im Prozeß zur Parteibezeichnung auf die Namen der einzelnen Gesellschafter zurückzugreifen. Eine Notwendigkeit zur Rechtsfortbildung26 kann sich aus dem Dargelegten nicht ergeben.
11. Bestimmung des Gerichtsstands 1. Gesetzliche Regelungen
Die Frage nach dem Gerichtsstand bezeichnet prozessual die Frage nach der örtlichen Zuständigkeit eines Gerichts. Gemäß §§ 12ff. ZPO ist der allgemeine Gerichtsstand, an dem grundsätzlich' alle Klagen gegen eine Person zu erheben sind, von den besonderen Gerichtsständen zu unterscheiden27• Letztere können für die vorliegende Untersuchung außer acht gelassen werden, weil sie bestimmte andere, vom Vorliegen einer GbR unabhängige Voraussetzungen haben, so daß allein zu untersuchen ist, wonach der allgemeine Gerichtsstand der GbR zu bestimmen ist. Für natürliche Personen ist nach §§ 12, 13 ZPO ihr Wohnsitrs maßgeblich, in Ermangelung eines solchen § 16 ZPO. Für alle übrigen parteifähigen Gebilde ist nach § 17 I ZPO ihr Sitz ausschlaggebend. Der Sitz ist nach § 17 I S. 2 ZPO grundsätzlich der Ort, an dem die Verwaltung geführt wird.
24 Blomeyer, ZPR, § 6 111; Rosenberg/Schwab, ZPR, § 41111; aus der Rechtsprechung: RGZ 157,369 (374f.); OLG Frankfurt, OLGZ 1977, 360 (362f.). 2S Vgl.BGH, NJW·RR 1990, 867. 26 Zu den Anforderungen vgI. oben C.V.2.d). 27 Hierzu: Jauemig, ZPR, § 9 111. 28 Zur WOhnsitzbestimmung sind §§ 7ff. BGB anzuwenden.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Ocscllschafts(schuld)prozesscs
z. StreitgenOS5enscbaftslösung a) Allgemeiner Gerichtsstand der Gesellschafter Nach der Streitgenossenschaftslösung ist auf den allgemeinen Gerichtsstand der Gesellschafter als Parteien zurückzugreifen. Einen ausdrücklich geregelten allgemeinen Gerichtsstand der notwendigen Streitgenossenschaft sieht die ZPO nicht vor29• Dabei ergeben sich solange keine Probleme, wie die Wohnsitze der Gesellschafter ein Gericht als das örtlich zuständige begründen. Liegen die verschiedenen Wohnsitze der einzelnen Gesellschafter aber nicht innerhalb eines gemeinsamen Gerichtsbezirks, sind demnach verschiedene Gerichte örtlich zuständig, so stellt sich das Problem der Zuständigkeit eines einzigen Gerichts. Ein solches ist im Hinblick auf die notwendig einheitliche Entscheidung30 zwingend erforderlich. § 36 Nr. 3 ZPO hält für diesen Fall folgende Lösung bereit: das im Rechtszug zunächst höhere Geriche 1 hat eine Gerichtsstandsbestimmung vorzunehmen. Eine einheitliche Entscheidung ist nunmehr möglich. b) Gerichtsstand kraft Sachzusammenhangs Im Anschluß an § 93 ÖZPO, der einen allgemeinen Gerichtsstand des Sachzusammenhanges für die Streitgenossenschaft statuiert, wird auch für das deutsche Zivilprozeßrecht ein solchervertreten32• § 25 ZPO für den dinglichen Gerichtsstand und § 603 11 ZPO als Gerichtsstand für die Klagen gegen mehrere Wechselverpflichtete zeigten, daß bei einem einheitlichen Klageziel immer nur ein einziges Gericht aus Zweckmäßigkeitsgründen entscheiden soll. Bei einer notwendigen Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichen Gründen wäre ein solcher Sachzusammenhang zu bejahen, weil die Gesellschaftsschuld die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, die die GbR darstellen, triffe3 •
29 vgl. Baumbach!Lauterbach/Albers!Hartmann, § 36 Anm. C 3; Stein/Jonas/Schumann, § 36 Rz. 11; vgI. aber Art. 6 Nr. 1 EuOVÜ und dazu OLO München, RIW/AWD 1980, 728 und
H. Roth, RIW 1987, 814 (m.w.Nachw.). 30 Siehe hierzu oben C.I.4. 31 Hierzu siehe: Baumbach!Lauterbach/Albers!Hartmann, § 36 Anm. 2; ZöllerNollkommer, § 36 Rz. 4. 32 RosenberglSchwab, §§ 36 VI 2, 38 I 3 (nicht ausdrücklich für die ObR), der allerdings grundsätzlich eine Oesamthandsschuld und damit eine notwendige Streitgenossenschaft auf der Passivscite ablehnt. 33 Vgl. Heller, S. 124.
11. Bestimmung des Gerichtsstands
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c) Analogie zu § 856 11 ZPO Nach § 856 11 ZPO kann jeder Pfändungsgläubiger einem Überweisungsgläubiger in jeder Lage des Rechtsstreits als Streitgenosse beitreten. Dem liegt die Situation zugrunde, daß ein Gläubiger, dem ein Anspruch überwiesen wurde, gegen den Drittschuldner auf Erfüllung seiner Pflichten nach §§ 853855 ZPO klagt. Dem reinen Pfändungsgläubiger ist eine solche Klage verwehrt, ihm bleibt nur die Möglichkeit, bei bereits erhobener Klage als Streitgenosse des Klägers aufzutreten. Diese Möglichkeit steht auch anderen Überweisungsgläubigern offen34• Eine solche Mehrheit von klagenden Gläubigern ist eine notwendige Streitgenossenschaft aus prozessualem Grund3s • Der von einem Gläubiger angestrengte Prozeß begründet einen für alle Streitgenossen verbindlichen Gerichtsstand, so daß ein einheitliches Urteil gesichert ist. Lent36 zieht daraus den Schluß, daß auch bei einer notwendigen Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichem Grund, die ebenfalls eine einheitliche Entscheidung sichern soll, ein einheitlicher Gerichtsstand erforderlich sei. Dahinter müßten eine Abweichung von der üblichen Zuständigkeitsregelung und die mit der Abweichung verbundene Erschwerung der Parteitätigkeit zurücktreten. 3. Gerichtsstand nach der Parteirähigkeitslösung
Betrachtet man die GbR als parteifähiges Gebilde, so findet § 17 I ZPO Anwendung. Die Möglichkeit divergierender Gerichtsstände gäbe es nicht. Allgemeiner Gerichtsstand wäre demnach der Sitz der GbR. Als Sitz gilt, sofern sich nichts anderes ergibt, der Ort, an,dem die Verwaltung geführt wird, § 17 I S. 2 ZPO. Die Anwendung von § 17 I ZPO auf Personenhandelsgesellschaften ist einhellig anerkannt, sofern von deren Parteifähigkeit ausgegangen wird37• Zur Anwendung des § 17 I ZPO auf die GbR ist demnach die Möglichkeit der Bestimmung eines Verwaltungssitzes notwendig. Da ein solcher aber bei der existierenden Vielfalt von GbR-Typen38 nicht durchgängig zu beobachten sei, könne § 17 I ZPO nur auf solche GbR anzuwenden sein, bei denen ein Geschäftssitz auszumachen ist. Ein solcher sei in der Regel dann gegeben, wenn sich ihre Tätigkeit auf einen bestimmten räumlichen Mittelpunkt konzentriere39• Davon könne bei einer GbR mit Gesellschaftsvermögen ausgegan34
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 856 Anm. 2.
Rz. 1. Lent, JherJb 90 (1942), S. 100; ihm folgend Behringer, S. 173f. 37 Baumbach/Duden/Hopt, § 124 Anm. 5 A; Stein/Jonas/Schumann, § 17 Rz. 3; Wieczorek, § 17 Anm. All; Blomeyer, ZPR, § 5 IV 1; Henckel, Parteilehre, S. 130; Zöller/Vollkommer, § 17 Rz. 5; Baumbach/Lauterbach/A1bers/Hartmann, § 17 Anm. 2. 38 Siehe hierzu oben B.I.7. 39 Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 179f.; Lindacher, JuS 1986,542. 3S Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 856 Anm. 1; Zöller/Stöber, § 856
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
gen werden. Bei einer Erwerbsgesellschaft sei dies der Ort, an dem die Geschäfte geführt werden, bei einer BesitzgeseUschaft der Ort, an dem sich das Vermögen befindet. Demnach beschränkt Hüffer40 die Anwendbarkeit des § 17 I ZPO auf vermögenstragende Gesellschaften, bei denen sich ein Verwaltungssitz ausmachen läßt. Nur eine solche GbR könne aber die zuständigkeitsbestimmende Funktion des Parteibegriffs übernehmen und damit selbst Partei sein, andere GbR-Typen dagegen nicht41 • Nach anderer Auffassung soll auch bei Besitzgesellschaften der Gerichtsstand der Sitz der Gesellschaftsorgane • 42 seID . 4. Stellungnahme
a) Zur Streitgenossenschaftslösung Im Rahmen der Streitgenossenschaftslösung ist der Auffassung der Vorzug zu geben, die an die allgemeinen Gerichtsstände der Gesellschafter und im Divergenzfall an § 36 I Nr. 3 ZPO anknüpft. Die Rechtsanalogie zu den in der ZPO vorgesehenen Gerichtsständen kraft Sachzusammenhangs und die Gesetzesanalogie zu § 856 11 ZPO sind bereits aus methodischen Gründen abzulehnen. Ein Analogieschluß ist nur bei Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke erlaubt43 • Allein aus dem Wortlaut des § 36 I Nr. 3 ZPO, der die Streitgenossenschaft ausdrücklich erwähnt, ergibt sich, daß eine Gesetzeslücke nicht vorliegt. Eine solche kann auch nicht hinsichtlich der notwendigen Streitgenossenschaft angenommen werden, indem man Streitgenossenschaft i.S.v. § 36 I Nr. 3 ZPO als einfache Streitgenossenschaft verstünde. Hiergegen spricht neben dem Wortlaut entscheidend die einheitliche Regelungsabsicht des Gesetzgebers in Bezug auf die Streitgenossenschaft. Einfache und notwendige Streitgenossenschaft sind soweit als möglich gleich zu behandeln. Nur zwingend erforderlichen Unterschieden hat der Gesetzgeber in § 62 ZPO Rechnung getragen. Da § 36 I Nr. 3 ZPO aber eine Regelung der Gerichtsstandbestimmung enthält, liegt keine Notwendigkeit für einen besonderen Gerichtsstand der notwendigen Streitgenossenschaft vor44 Ohnedies stellt die Gesetzesanalogie zu § 856 11 ZPO einen untauglichen Versuch dar. In dem § 856 11 ZPO zugrundeliegenden Fall sind die notwendigen Streitgenossen auf der Aktivseite. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich somit nach den allgemeinen für den Drittschuldner maßgeblichen GerichtsstandsHüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 180. Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 179, 181; diese Aussage übersieht Heller, S. 122. 42 Reichert, S. 129f. 43 Larenz, Methodenlehre, S. 370, 381ff. 44 So im Ergebnis auch: Heller, S. 126.
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11. Bestimmung des Gerichtsstands
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regeln. § 856 11 ZPO sagt daher über die Bestimmung des allgemeinen Gerichtsstands einer notwendigen Streitgenossenschaft far nichts aus, sondern soll nur die Einheitlichkeit der Entscheidung sichern4 • b) Zur Parteifähigkeitslösung Auf den ersten Blick scheint die Parteifähigkeitslösung mit der Anwendung von § 17 I ZPO den Vorteil zu haben, die zeitraubende Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 I Nr. 3 ZPO bei unterschiedlichen örtlich zuständigen Gerichten entfallen zu lassen. Grundsätzlich ist eine Anwendbarkeit von § 17 I ZPO auf die GbR nicht ausgeschlossen, wenn man materiellrechtlich des Selbständigkeitsmodell zugrunde legt, wie der Wortlaut und die Anwendung auf Personenhandelsgesellschaften zeigen. Probleme ergeben sich aber hinsichtlich der Bestimmung des maßgebenden Sitzes der GbR. Anders als bei den Personenhandelsgesellschaften ist der Verwaltungssitz einer GbR nicht in einem öffentlichen Register publiziert. Dies führt zu der Notwendigkeit, den Sitz auf andere Weise zu bestimmen. Nun ergibt sich aus § 17 I S. 2, daß auf den Ort der Verwaltung abzustellen ist. Nur wenn man hierunter auch den nicht publizierten Verwaltungsort fassen könnte, wäre eine Anwendung des § 17 I ZPO auf die GbR durchaus möglich. Bis auf den nichtrechtsfähigen Verein haben alle in Frage kommenden Verbände entweder einen in einem Register publizierten oder durch Gesetz zwingend vorgeschrieben in ihrem Statut enthaltenen Sitz"'. Die Ausnahme des nichtrechtsfähigen Vereins zeigt aber, daß durchaus auf einen Ort, an dem der Mittelpunkt der gesamten Geschäftstätigkeit zu sehen ist, abgestellt werden kann. § 17 I S. 2 ZPO stellt gerade eine Regel für den Fall des fehlenden publizierten oder satzungsmäßig bestimmten Sitzes dar. Die fehlende Registerpublizität der GbR allein steht damit einer Anwendung von § 17 I ZPO nicht entgegen41• Entscheidend ist vielmehr auf die Tatsache abzustellen, daß nicht alle GbRTypen einen solchen Verwaltungssitz begründen. Dies wird auch von den Vertretern der Parteifähigkeitslehre anerkannt48• Die nunmehr zwingend gebotene Differenzierung nach verschiedenen rechtstatsächlichen Ausformungen der GbR widerspricht aber der in §§ 705ff. BGB eindeutig zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Absicht, alle GbR-Typen einheitlich behandeln und regeln zu wollen. § 17 I ZPO kann aus diesem Grunde nicht auf die GbR angewandt werden.
45 Siehe hierzu: Jauemig, ZwVR, § 211. 46 41 48
Vgl. ZöIlerNoIlkommer, § 17 Rz. 9. Anderer Ansicht ist HeIler, S. 125. Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 179ff.; vgI. oben D.II.3.
1 Göckeler
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
c) Konsequenzen Die Tatsache, daß § 17 I ZPO nicht auf die GbR anzuwenden ist, hat die Ablehnung der Parteifähigkeitslösung auch aus diesem Grunde zur Folge. Das unter Umständen akut werdende Problem der Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 I Nr. 3 ZPO bei Anwendung der Streitgenossenschaftslösung kann jedenfalls nicht als zwingendes Rechtsfortbildungserfordernis angesehen werden; eine andere Lösung wäre höchstens zweckmäßiger. Die Streitgenossenschaftslösung ist in dieser Hinsicht sowohl auf der Grundlage der Verbundenheitslehre als auch auf der der Teilrechtsfähigkeitslehre vertretbar.
111. Zustellung 1. Begriff und Bedeutung
Zustellung bedeutet die Übergabe eines Schriftstücks durch amtliche Organe in bestimmter Form und unter Beurkundung des Vorgangs, damit feststeht, daß, wann und an wen die Übergabe erfolgt ist49• Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem, dem die Zustellung obliegt, dem Zustellungsadressaten und dem Zustellungsempfänger50• Die Frage, wem die Zustellung obliegt, entscheidet sich danach, ob Partei- oder Amtsbetrieb (so nach § 270 I ZPO der Regelfall) herrscht. Herrscht Amtsbetrieb, so ist die Frage der Parteifähigkeit der GbR für die Bestimmung desjenigen, dem die Zustellung obliegt, ohne Bedeutung. Die erforderlichen Handlungen sind von Amts wegen vorzunehmen. Zu untersuchen ist aber, ob dies auch im Rahmen der parteibetriebenen Zustellung gilt. Aus § 166 I ZPO geht hervor, daß die Parteien in den vorgesehenen FällenSi die Zustellung selbst betreiben. Die entscheidende Handlung der Partei liegt dabei in einem Auftrag52 an den Gerichtsvollzieher, §§ 166 11, 167 I ZPO. Da es sich dabei um eine Prozeßhandlung handeIt53, ist hinsichtlich der Wirksamkeitsvoraussetzungen auf die Ausführungen zu diesem Thema zu verweisen 54• Zustellungsempfänger ist diejenige (natürliche) Person, an die das Schriftstück tatsächlich übergeben (zugestellt) wurde, § 191 Nr. 4 ZPO. In dieser Hinsicht ergeben sich für die Gesamthand keine besonderen ProbleJauernig, ZPR, § 79 I; vgl. auch RosenberglSchwab, § 73 I 1. Jauernig, ZPR, § 79 11. 51 §§ 699 IV, 750 I S. 2, 11; 751 11; 756; 829 11; 835 III; 858 III, 922 11; 936 ZPO. 52 Auftrag ist nicht i.S.v. §§ 662ff. BGB, sondern als Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung zu verstehen; vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers. § 166 Anm. 3 C, § 166 Anm. 1 A; Zöller/Stephan, § 166 Rz. 1. 53 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 167 Anm. 1. 54 Siehe dazu unten D.VII. 49
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111. Zustellung
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meSS • Zustellungsadressat ist, für wen das Schriftstück bestimmt ist, § 191 Nr. 3 ZPO. Bei Zustellungen an eine Partei ist Zustellungsadressat immer die Partei, bei Prozeßunfähigen allerdings der gesetzliche Vertreter, § 171 ZPO. Somit stellt sich die Frage, wer bei einer GbR Zustellungsadressat ist. 2. Streitgenossenschaftslösung
a) Zustellung an jeden Streitgenossen Nach § 63 ZPO, der auch im Falle einer notwendigen Streitgenossenschaft anzuwenden ist56, betreibt jeder Streitgenosse seinen Prozeß, sein Prozeßrechtsverhältnis selbst. Da zum Prozeßbetrieb auch die Zustellung gehört (andernfalls wäre das Recht zur Prozeßbetreibung illusorisch), ergibt sich die Notwendigkeit der Zustellung an jeden einzelnen Streitgenossen, d.h. im Regelfall an jeden Gesellschafter57• Die Zustellung an einen einzelnen Streitgenossen wirkt nicht gegenüber den anderen Streitgenossen. b) Abweichende Ansicht von Hellwig
aa) Darstellung HellwigS8 zieht aus dem Recht eines jeden Streitgenossen zur Prozeßbetreibung den gegenteiligen Schluß. Im Hinblick auf ein einheitliches Urteil müsse auch die Prozeßentwicklung einheitlich sein. Aus diesem Grunde müsse die Zustellung an einen Streitgenossen auch gegenüber den anderen wirken.
bb) Stellungnahme Zunächst spricht der Wortlaut des § 63 ZPO gegen diese Auslegung. Wird einem Streitgenossen nicht zugestellt, so kann er sein Recht auf Prozeßbetreibung u.U. gar nicht ausüben. Wird die Klagschrift z.B. nur einem Streitgenossen zugestellt, weiß ein anderer Streitgenosse womöglich gar nichts von dem anhängigen Prozeß. Da aber an die Zustellung der Klagschrift die Folge der Rechtshängigkeit mit weitreichenden Wirkungen (z.B. §§ 209ff., 291, 292, 989 BGB) geknüpft ist, träfen den Streitgenossen dieselben Folgen, obwohl er persönlich die "Warnwirkung" der Klage nicht erfahren hat. Ihm gegenüber Zur Frage der Ersatzzustellung siehe unten 0.111.2.3. Baumbach/Lauterbach/Albers!Hartmann, § 63 Anm. 1; ZöllerNollkommer, § 63 Rz. 1. 57 Baumbach/Lauterbach/A1bers!Hartmann, § 62 Anm. 4 B e; Stein/Jonas/Leipold, § 62 Rz. 31; Wieczorek, § 62 Anm. B 11 a; ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 24; RGZ48, 417ff. 58 Hellwig, § 158 V 1 mit abI. Anm. zu RGZ 48, 417ff. 55
56
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
wäre ein ProzeßrechtsverhäItnis mit dem Kläger nicht entstanden. Zudem ist gegenüber dieser Auffassung einzuwenden, daß im Fall der notwendigen Streitgenossenschaft zwar eine einheitliche Entscheidung zu ergehen hat, diese aber nicht eine einheitliche Prozeßentwicklung fordert, solange dadurch nicht eine einheitliche Entscheidung unmöglich wird. Die Forderung der einheitlichen Prozeßentwicklung ist Inhalt der wegen Unvereinbarkeit mit geltendem Recht abzulehnenden Lehre der einheitlichen Streitparteis9• Die unbedingt einheitliche Prozeßentwicklung mit Hellwig einzuführen, widerspräche daher dem Grundsatz der Selbständigkeit der Prozeßrechtsverhältnisse. c) Zustellung an einen geschäftsführenden Gesellschafter Ein geschäftsführender Gesellschafter ist nach § 714 BGB im Zweifel auch zur Vertretung der übrigen Gesellschafter befugt. Legt man die Vertretungsmacht so aus, daß diese auch die ProzeßvolImacht nach § 81 ZPO umfaßt, ergäbe sich folgendes. § 81 ZPO bestimmt den Umfang der Prozeßvollmacht dahingehend, daß sie zur Vornahme aller den Rechtsstreit betreffenden Prozeßhandlungen ermächtigt. § 173 ZPO bestimmt, daß alle Zustellungen an den Generalbevollmächtigten mit gleicher Wirkung wie an die Partei selbst erfolgen können. Generalbevollmächtigter in diesem Sinne ist eine Person, die nicht notwendig alle Vermögensangelegenheiten eines anderen, wohl aber einen bestimmten, durch objektive Merkmale begrenzten größeren Kreis von Vermögensangelegenheiten mit Vollmacht waI1rnimmt60• Hierzu rechnen Rechtsprechung61 und Lehre62 auch den geschäftsführenden Gesellschafter einer GbR. Dies hat zur Folge, daß die Zustellung (in vermögensrechtlichen Streitigkeiten63) an den geschäftsführenden Gesellschafter einer GbR Wirkung gegenüber allen Gesellschaftern entfaltet64• Diese Aussage hat neben den reinen prozeßökonomischen und praktischen Vorzügen auch den Vorteil, daß sie sich in den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis einreiht. Die Zustellung gehört nicht zu den sog. Grundlagengeschäften, für die die Geschäftsführungsbefugnis nicht gilt6S , sondern ist vom Umfang der Geschäftsführungsbefugnis Siehe dazu oben C.I1. Zöller/Stephan, § 173 Rz. 1; ähnlich: RosenbergiSchwab, § 74 11 2; Baumbach/Lauterbach/Albers!Hartmann, § 173 Anm. 1. 61 BGH, NJW 1986, 1991ff. m.w.Nachw. 62 K1auss/Lange, Rz. 201; Stein/Jonas/Schumann, § 173 Rz. 10; RGRK/v. Gamm, § 714 Rz. '0; Noack, JR 1971, 224. 63 Vgl. Baumoach/Lauterbach/Albers!Hartmann, § 173 Anm. 1; Stein/Jonas/Schumann, § 173 Rz. 8; wohl auch ZöllerNollkommer, § 173 Rz. 1; a.A. (z.B. auch für Ehrenschutzsachen): Wieczorek, § 173 Anm. B I a. 64 Ohne weitere Begründung: BGH, NJW-RR 1990, 867. 6S Statt vieler: Ulmer, § 714 Rz. 16. S9 60
III. Zustellung
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gedeckt66• Die Zustellung an die Parteien selbst oder an einen anderen Bevollmächtigten ist durch Anwendung des § 173 ZPO aber nicht ausgeschlossen67 • § 173 ZPO ist in einem bereits rechtshängigen Prozeß aber dann nicht anzuwenden, wenn ein Prozeßbevollmächtigter bestellt68 ist, § 176 ZP069• d) Ersatzzustellung aa) Ersatzzustel/ung nach § 181 ZPO
Nach § 181 I, II ZPO kann bei Abwesenheit des Zustellungsadressaten in dessen Wohnung oder Haus die Zustellung ersatzweise auch an andere im Gesetz näher bestimmte Personen70 erfolgen. Eine solche Zustellung hat aber nur Wirkung gegenüber dem einzelnen Gesellschafter. Wenn man schon nicht der Zustellung an nur einen Gesellschafter Wirkung gegenüber den anderen Gesellschaftern beimißt, so kann die Ersatzzustellung diese erst recht nicht hervorrufen. bb) Ersatzzustel/ung nach § 183 I ZPO § 183 I ZPO kann für Gewerbetreibende, die ein besonderes Geschäftslokal haben, bei Abwesenheit des Gewerbetreibenden die Zustellung im Geschäftslokal an einen darin befindlichen Gewerbegehilfen erfolgen. Unter den Begriff des Gewerbetreibenden fällt derjenige, der eine dauernde Erwerbstätigkeit ausübt, sei es im Handel oder in einem freien Beruf7t. Ist der Betrieb einer GbR demnach auf Erwerbstätigkeit ausgerichtet72 und besteht ein Geschäfts10kal73, so kann nach § 183 I ZPO grundsätzlich dem Gewerbegehilfen ersatzweise mit Wirkung gegenüber allen Gesellschaftern zugestellt werden, denn das Geschäftslokal der GbR ist zugleich als das Geschäftslokal eines jeden Gesellschafters anzusehen74. auch zustimmend: Heller, S. 132. Stein/Jonas/Schumann, § 173 Rz. 8; ZöllerlStephan, § 173 Rz. 5. 68 Vgl. hierzu: BaumbachtLauterbach/Albers/Hartmann, § 176 Anm. 2 B: Unterscheidung zwischen Vollmachtserteilung und Bestellung; aus diesem Grunde ist § 176 ZPO auch nicht vor wirksamer Bestellung auf einen geschäftsführenden Gesellschafter anzuwenden. 69 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 173 Anm. 1 b; ZöllerlStephan, § 173 Rz. 7. 70 Siehe hierzu: BaumbachtLauterbach/Albers/Hartmann, § 181 Anm. 1 B 2. 71 BaumbachtLauterbachlAlbers!l-lartmann, § 183 Anm. 1 A; Wieczorek, § 183 Anm. A 11 a; ZöllerlStephan, § 183 Rz. 2; Beispiele aus der Rechtsprechung: BSG, MDR 19TI, 700 (Arzt); LAG Hamm, MDR 1983, 612 (Betreiber einer Eisdiele). 72 Heller, S. 132f., stellt nur auf das Geschäftslokal ab, doch muß das Betreiben eines Geschäftslokals nicht zwingend das Betreiben eines Gewerbes i.S.v. § 183 I ZPO bedeuten. 73 Zu den Voraussetzungen eines Geschäftslokals siehe: BaumbachtLauterbach/AI· bers!l-lartmann, § 183 Anm. 1 B. 74 Noack, JR 1971, 223f.; Heller, S. 132f.; Stein/Jonas/Schumann, § 183 Rz. 3. 66 So
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
a) Sonderproblem der Publikumsgesellschaft
Die Wirkung der Ersatzzustellung nach § 183 I ZPO gegenüber allen ist aber dann zu verneinen, wenn bestimmte Gesellschafter nicht als Gewerbetreibende aufgefaßt werden können, weil sie z.B. der GbR nur als Kapitalanleger beigetreten sind (Publikumsgesellschaften). Hier wirkt die Ersatzzustellung direkt nur gegen die übrigen Gesellschafter. Jedoch kommt in diesen Fällen eine Zustellung an die Gesellschafter nach §§ 183, 173 ZPO in Betracht.
ß) Sonderproblem der Zustellung an einen Gesellschafter im Geschäftslokal Wird nur an einen Gesellschafter zugestellt, so soll nach richtiger Auffassung7S eine Wirkung gegenüber den anderen Gesellschaftern mit Ausnahme des § 173 ZPO nicht eintreten. Fraglich ist jedoch, ob dies auch dann gilt, wenn einem Gesellschafter im Geschäftslokal zugestellt wird. Der Wortlaut des § 183 I ZPO spricht dafür, denn ein Gesellschafter ist nicht der Gewerbegehilfe des anderen. Wird einem geschäftsführenden Gesellschafter zugestellt, so wirkt diese Zustellung schon nach § 173 ZPO gegenüber allen Gesellschaftern. Ist der im Geschäftslokal angetroffene Gesellschafter aber nicht geschäftsführungsbefugt, gilt § 173 ZPO somit nicht, so fragt sich, ob § 183 I ZPO analog angewandt werden kann. Dies ist zu bejahen. Wenn schon einem Gewerbegehilfen ersatzweise zugestellt werden kann, so muß dies auch hinsichtlich eines Gesellschafters im Geschäftslokal möglich sein76• Übertragen auf den Ausgangsfall kommt die Streitgenossenschaftslösung daher zu folgenden Ergebnissen: Grundsätzlich haben Zustellungen an die Gesellschafter A, B und C zu erfolgen. Eine Zustellung an nur einen Gesellschafter, z.B. an A, wirkt nur dann gegenüber Bund C, wenn Azum Geschäftsführer bestellt worden war, oder wenn die bestehende GbR ein Geschäftslokal in Schönerland eingerichtet hat und die Zustellung dort erfolgt ist. 3. Parteirahigkeitslösung
a) Zustellung Sieht man die GbR selbst als Partei an, so ist auch die GbR selbst Zustellungsadressat. Da sie aber nicht prozeßfähig ist, müssen Zustellungen nach § 171 I ZPO an den gesetzlichen Vertreter, mithin an den/die geschäftsfüh-
Siehe hierzu oben D.III.2.b). A.A. Zöller/Stephan, § 183 Rz. 4, hinsichtlich eines assoziierten Rechtsanwalts; vgl. BGH, NJW 1969, 1486. 7S
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III. Zustellung
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rungs- und vertretungsberechtigten Gesellschafter, erfolgen. Nach § 171 111 ZPO wirkt die Zustellung an einen von mehreren Geschäftsführern gegen alle anderen und damit gegenüber der GbR. b) Ersatzzustellung Als mögliche ErsatzzusteUung ist die Zustellung an einen Bediensteten im Geschäftslokal nach § 184 I ZPO für OHG, KG und nichtrechtsfähigen Verein anerkanntn . Diese Vorschrift ist auch dann (analog) anzuwenden, wenn man die GbR als parteifähig und damit als Zustellungsadressat anerkennt. Eine sonstige Ersatzzustellung an den gesetzlichen Vertreter nach §§ 181, 182 ZPO ist allerdings gemäß § 184 11 ZPO ausgeschlossen, es sei denn, ein Geschäftslokal existiert nicht. 4. Stellungnahme
Mag die Zustellung bei zugrundegelegtem Streitgenossenschaftsmodell, sofern § 173 ZPO nicht eingreift, umständlich sein78, so begründet dies jedoch kein zwingendes Erfordernis zur Rechtsfortbildung. Die Parteifähigkeitslösung bringt hier sogar den Nachteil mit sich, daß eine Ersatzzustellung in der Wohnung oder durch Hinterlegung nach § 18411 ZPO in der Regel ausgeschlossen ist. Die Zustellungsadressaten bei der Streitgenossenschaftslösung sind klar zu definieren 79, nimmt man die GbR als Zustellungsadressat, so ergeben sich wiederum Probleme der Bezeichung und der Bestimmtheit. Die Streitgenossenschaftslösung mit dem Teilrechtsfähigkeitsmodell zu vereinbaren, stößt jedoch auf Bedenken. Dieses qualifiziert die vertretungsberechtigten Gesellschafter als Organeso. Diese Tatsache legt es eigentlich nahe, bei der Zustellung von § 171 I, 11 ZPO auszugehen, so wie es die Parteifähigkeitslösung tut.
n Vgl. nur Zöller/Stephan, § 184 Rz. 1.
Zu beachten ist aber, daß bei Publikumsgesellschaften § 173 ZPO regelmäßig eingreift, siehe oben D.III.2.d)bb)a. 79 Die Kritik von Heller, S. 134, an Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 172, geht fehl, da sich die Aussage von Hüffer, es bleibe unklar, an wen die Zustellungen zu bewirken sind, auf die Lehre der einheitlichen Streitpartei (dazu siehe oben C.I1.) bezieht. 80 Siehe hierzu oben B.lV.4. 78
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
IV. Ausschluß und Ablehnung eines Richters Ein Richter darf nicht in seiner Funktion als Richter mitwirken, wenn entweder Ausschlußgründe vorliegen (dann keine Mitwirkung kraft Gesetzes, iudex inhabilis) oder Ablehnungsgründe gegeben sind (iudex suspectus), die zurecht von einer Partei geltend gemacht werden. Der Hauptgrund ist eine ParteisteIlung des Richters81, wobei nicht nur auf den sonst geltenden formellen Parteibegriff, sondern auch auf den materiellen abzustellen ist82• Ausgehend von der Streitgenossenschaftslösung ist das Verhältnis des Richters zu jedem einzelnen Gesellschafter und zu der Verbundenheit der Gesellschafter zu untersuchen. Liegt ein Ausschluß- oder Ablehnungsgrund auch nur hinsichtlich eines einzigen Gesellschafters vor, so darf der Richter nicht mehr mitwirken. Nach der Parteifähigkeitslösung ist in erster Linie auf das Verhältnis des Richters zur GbR abzustellen. Da aber alle Gesellschafter an der GbR als ihre Mitglieder beteiligt sind, ist ein Prozeß der GbR zugleich auch immer eine Sache der Gesellschafter selbst i.S.v. §§ 41, 42 ZPO. Daraus ergibt sich, daß auch bei Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR stets das Verhältnis eines jeden Gesellschafters zum Richter zu untersuchen ist. Dies ist für die als parteifähig anerkannten Personenhandelsgesellschaften herrschende Meinung83 • Eine Mindermeinung faßt als Mitberechtigungl-verpflichtung i.S.v. § 41 Nr. 1 ZPO allerdings nicht die Beteiligung an einer OHG aufW. Dieser Streit bedarf jedoch keiner näheren Erörterung, da er für den Gegner einer GbR allenfalls dann einen Nachteil bringen kann, wenn man die GbR als parteifähig ansieht. Eine Rechtsfortbildungsnotwendigkeit läßt sich somit daraus nicht ableiten. Da Streitgenossenschafts- und Parteifähigkeitslösung im wesentlichen zu gleichen Ergebnissen gelangen, besteht kein Bedürfnis für eine Rechtsfortbildung oder gar eine Gesetzesänderung.
Vgl. im einzelnen: RosenberglSchwab, § 2511, 112. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 41 Anm. 2A; Henckel, Parteilehre, S. 133; Rosenberg/Schwab, § 4011; ZöllerNollkommer, § 41 Rz. 6; ungenau insoweit Heller, S. 135, der nur auf den materiellen Parteibegriff abstellen will. 83 Stein/Jonas/Leipold, § 41 Rz. S; ZöllerNollkommer, § 41 Rz.7. 84 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 41 Anm. 2 A. 81
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V. Kosten
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v. Kosten 1. Kostentragung8S
Nach § 91 I 1 ZPO hat grundsätzlich die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, §§ 91aff. ZPO enthalten dazu Modifikationen und Abweichungen. Die als parteifähig akzeptierte GbR trüge demnach selbst die Kosten des Rechtsstreits (insoweit sie ihr auferlegt worden sind), sie haftete mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Betrachtet man dagegen die Gesellschafter der GbR als Parteien, verbunden in notwendiger Streitgenossenschaft, so haften diese nach § 100 I ZPO grundsätzlich nach Kopfteilen. Dies deutet auf eine Haftung mit ihrem Privatvermögen hin. § 100 IV ZPO, der eine gesamtschuldnerische Haftung anordnet, wenn mehrere als Gesamtschuldner verurteilt wurden, ist nicht anzuwenden, denn im Gesamthandsschuldprozeß sind die Gesellschafter nicht Gesamtschuldner, sondern Schuldner in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Eine Haftung der Gesellschafter in ihrer Verbundenheit mit dem Gesellschaftsvermögen ist aber dennoch im Gesamthands(schuld)prozeß anzuerkennen, entweder in erweiternder Auslegung des § 100 I ZPO oder in direkter Anwendung des § 91 I mit dem materiell-rechtlichen Gesamthandsprinzip der GbR86• Die Frage, inwiefern für Prozeßkosten auch das Privatvermögen haftet, stellt sich für beide Auffassungen. Prozeßkoste~ entstehen kraft Gesetzes, so daß die Lehre von der Doppelverpflichtung87 eine Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen nicht begründen kann. Folgt man der Streitgenossenschaftslösung, kommt aber eine Haftung der Gesellschafter neben der gesamthänderischen Haftung mit dem Gesellschaftsvermögen nach § 100 I ZPO in Betracht. Ein Grund, diese sich aus dem Wortlaut ergebende Auslegung einzuschränken, ist nicht ersichtlich. Er kann jedenfalls nicht in dem Hinweis auf die Haftung des Gesellschaftsvermögens gesehen werden. Die Anwendung von § 100 I ZPO verbietet sich aber, wenn man die GbR als Partei des Prozesses sieht. Somit erweist sich die Streitgenossenschaftslösung gegenüber der Parteifähigkeitslösung insoweit als prozeßgegnerfreundlicher, als sie eine direkte
85 Heller, S. 137, ist rechtzugeben, daß die Kostenfrage Folge der ParteisteIlung ist, dies gilt jedoch auch in gleichem Maße für andere Fragen (Zustellung, Prozeßvertretung etc.); auch aus einer unbilligen Kostentragungspflicht könnte sich aber ein Bedürfnis der ReChtsfortbildung ergeben. 86 So auch Heller, S. 137 ohne nähere Begründung. 87 Zur Ablehnung der Akzessoritätslehre siehe oben B.V.1.f)cc).
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen nach Kopfteilen anordnet88• 2. Prozeßkostenhilfe
a) Bedeutung Die ZPO stellt bedürftigen Personen und Vereinigungen zur Durchsetzung ihrer rechtlichen Positionen das Institut der Prozeßkostenhilfe, §§ 114ff. ZPO, zur Verfügung. Dieses ersetzt das bis 1976 geltende Armenrecht. Neben der hinreichenden Aussicht, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung- bzw. -verteidigung Erfolg verspricht und sie nicht mutwillig erscheint, §§ 114 I S. 1, 116 S. 2 ZPO, kommt es entscheidend auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Partei an. Bei einer parteifähigen Vereinigung nach § 116 S. 1 Nr. 2 sind zudem allgemeine Interessen zu berücksichtigen. b) Streitgenossenschaftslösung Sind die einzelnen Gesellschafter Partei, so ist die Gewährung von Prozeßkostenhilfe hinsichtlich jedes einzelnen Gesellschafters anhand seiner persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse zu prüfen. Nach § 115 I ZPO hat jeder Gesellschafter sein monatliches Nettoeinkommen anzugeben89, desweiteren hat er sein Vermögen, soweit zumutbar, einzusetzen. Fraglich allein ist, inwieweit auch bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe das Gesellschaftsvermögen zu berücksichtigen ist. Da es um Prozeßkostenhilfe im Gesamthands(schuld)prozeß geht, somit eine Angelegenheit aller Gesellschafter in ihrer Verbundenheit betroffen ist, ist insoweit der materiell-rechtlichen Gesamthand im Prozeßrecht Rechnung zu tragen, so daß für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe in erster Linie das Gesamthandsvermögen zu berücksichtigen istgo. Sofern dies nicht zur Prozeßführung ausreicht, ist das Privatvermögen, soweit zumutbar, einzusetzen. Erst, wenn auch dies nicht ausreicht, kann einem Streitgenossen Prozeßkostenhilfe gewährt werden.
88 Eine andere Kostenverteilungals nach Kopfteilen kommt im Gesamthands(schuld)prozeß nicht in Betracht, vgI. Heller, S. 137. 89 Vgl. hierzu: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 115 Anm. 2 B; Jauemig, ZPR, §%II. 90 So auch Heller, S. 139 mit Nachw. für die OHG: BGH, NJW 1954, 1933 (§ 116 ZPO ist in seiner heutigen Fassung erst durch das Gesetz über die Prozeßkostenhilfe vom 13.06.1980 eingeführt worden); RosenberglSchwab, § 90 11 4; Schiller, S. 38; Stein/Jonas/Leipold, § 114 Rz. 4.
V. Kosten
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c) Parteifähigkeitslösung Erachtet man die GbR selbst als parteifähige Vereinigung, so käme man zur Anwendung von § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO. Danach wäre der GbR Prozeßkostenhilfe zu gewähren, wenn die Kosten weder von ihr (Gesellschaftsvermögen) noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten (Gesellschafter mit Privatvermögen) aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung des Rechtsstreits allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Damit ergibt sich gegenüber der Streitgenossenschaftslösung insoweit kein Unterschied, als daß zur Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse sowohl das Gesellschaftsvermögen als auch das Privatvermögen der Gesellschafter berücksichtigt werden muß. Um einer GbR als Partei Prozeßkostenhilfe zubilligen zu können, müßte aber noch hinzukommen, daß die Unterlassung des Rechtsstreits allgemeinen Interessen zuwiderliefe91 • d) Stellungnahme Die Streitgenossenschaftslösung erweist sich hier als die gesellschaftsfreundlichere, weil sie auf das zuletzt genannte Erfordernis des § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO nicht angewiesen ist. Ginge man von der parteifähigen GbR aus, so könnten durchaus unbillig erscheinende Ergebnisse die Folge sein. Ein allgemeines Interesse ist dann z.B. zu bejahen, wenn der Zusammenbruch der Gesellschaft weittragende gemeinwirtschaftliche Nachteile hätte oder außer den unmittelbar am Prozeß rechtlich oder wirtschaftlich Beteiligten zahlreiche weitere Personen in Mitleidenschaft gezogen würden9Z• Das Interesse an einer richtigen Entscheidung allein genügt nicht93• Zahlreichen, insbesondere wirtschaftlich weniger bedeutsamen GbR, würde es aber schwerfallen, ein solches allgemeines Interesse darzulegen94, so daß einer GbR im Regelfall wohl selten Prozeßkostenhilfe gewährt werden könnte. Somit ergibt sich auch aus § 116 I Nr. 2 ZPO, der in keiner Weise auf die Bedürfnisse einer GbR zugeschnitten ist, daß die GbR selbst nicht Partei sein kann.
91 Zur Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift: BVerfGE 35, 360; Rosenberg/Schwab, § 90 11 4, mit der Forderung restriktiver Auslegung; jüngst mit restriktiver Auslegung: BGH, NJW 1991,40, wonach § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO nicht für den Konkursverwalter einer in Konkurs geratenen m~
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BFH, BB 1982, 1536; BFH, NJW 1974, 256 (Entlassung); vgI. auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 116 Anm. 3 C; Zöller/Schneider, § 116 Rz. 21. 93 BGHZ 25,185; BGH, NJW 1965, 585. 94 Dies hat in der Antragsbegründung zu erfolgen, BFH, BB 1982, 1536. 9Z
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
VI. Prozeßrähigkeit und Vertretung 1. Begriff und Bedeutung der Prozeßrähigkeit § 51 I ZPO bestimmt die Prozeßfähigkeit als Fähigkeit, vor Gericht zu stehen. Damit ist die Fähigkeit gemeint, einen Prozeß selbst oder durch einen selbst bestellten Vertreter zu führen, also Prozeßhandiungen selber wirksam vorzunehmen, vornehmen zu lassen oder entgegenzunehmen9S • § 52 ZPO bestimmt, daß eine Person insoweit prozeßfähig ist, als sie sich durch Verträge verpflichten kann96• Die Prozeßfähigkeit kann somit grundsätzlich als Gegenstück zur (unbeschränkten) Geschäftsfähigkeit bezeichnet werden. Die Prozeßfähigkeit ist Prozeßvoraussetzung und daher in jeder Lage des Rechtsstreits von Amts wegen zu prüfen. Fehlt sie, so ergeht ein klagabweisendes Prozeßurteil, fehlt sie nur zu Beginn des Prozesses, so kann der gesetzliche Vertreter des Prozeßunfähigen den Prozeß übernehmen und dessen Prozeßführung im ganzen genehmigen97• Darüberhinaus ist die Prozeßfähigkeit Prozeßhandlungsvoraussetzung, so daß die Prozeßhandlungen Prozeßunfähiger unwirksam sind98• Ohne Prozeßfähigkeit vorgenommene Prozeßhandlungen können später vom gesetzlichen Vertreter genehmigt werden99• Zur Wirksamkeit von Prozeßhandlungen ist ferner die Postulationsfähigkeit notwendig lOo.
2. Begriff und Bedeutung der Vertretung im Prozeß
Der Prozeßvertreter handelt wie bei der bürgerlich-rechtlichen Stellvertretung in fremdem Namen und mit Vertretungsmacheol. Zu unterscheiden ist zwischen gesetzlicher und gewillkürter Vertretung. Die gesetzliche Vertretung ergibt sich aus den Vorschriften des BGB, § 51 I ZPO. Die gewillkürte Vertretung beruht auf einer Bevollmächtigung (als einer einseitigen Prozeßhandlung)l02. Der Umfang der durch die Bevollmächtigung erteilten Vollmacht ist in § 81 ZPO geregelt. Da die Vertretungsmacht Prozeßhandlungsvoraussetzung ist, ist eine trotz Fehlens der Vertretungsmacht vorgenommene Prozeß-
9S Baumbach/LauterbachJAlbers/Hartmann, § 51 Anm. 1; vgl. auch Übers. § 50 Anm. 1; Jauemig, ZPR, § 20 I; ZöllerNollkommer, § 52 Rz. 1; RosenberglSchwab, § 441. 96 Zur Frage, ob eine juristische Person prozeßfähig ist, vgI.: Jauemig, ZPR, § 20 11 1 m.w.Nachw. 97 Vgl. hierzu: Jauemig, ZPR, § 20 IV 2; RosenberglSchwab, § 44 1111 a,2; 8GHZ 92, 140ff. 98 Jauemig, ZPR, § 20 IV 1; RosenberglSchwab, § 44 1111 b. 99 Vgl. Nachweise in FN 97. 100 Hierzu vgl.: ZöllerNollkommer, Vor § 50 Rz. 16; Jauemig, ZPR, § 211113. 101 Jauemig, ZPR, § 211; RosenberglSchwab, § 521 2, 3. 102 Vgl. zum Ganzen: Jauemig, ZPR, § 2111,111.
VI. Prozeßfähigkeit und Vertretung
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handlung unbeachtlich, eine Genehmigung aber möglich 103• Ein wichtiger Fall der gesetzlich notwendigen Vertretung ist der Anwaltszwang nach § 78 ZP0 104 •
3. StreitgeoDSSeoschaftslösuog
a) Grundsatz der Selbständigkeit Nach der Streitgenossenschaftslösung ist jeder Gesellschafter Partei und, soweit er voll geschäftsfähig ist (§§ 104ff. BGB), prozeßfähig, § 52 ZPO. Aus dieser, in § 63 ZPO manifestierten, selbständigen Stellung eines jeden Streitgenossen ergibt sich, daß jeder Streitgenosse selbst im Prozeß auftreten und handeln darf. Somit kann sich jeder Gesellschafter grundsätzlich auch einen eigenen Prozeßbevollmächtigten bestellen, § 79 ZPO. Im Anwaltsprozeß kann sich jeder Gesellschafter einen eigenen Anwalt als Prozeßbevollmächtigten wählen, § 78 ZPO. Eine einheitliche Vertretung aller Streitgenossen ist nicht notwendig, wenngleich zulässig und in der Praxis der Regelfalllos. b) Vertretung durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter Haben die Gesellschafter nach § 710 BGB die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis auf einen oder mehrere Gesellschafter übertragen, so ist, mangels entgegenstehender Anhaltspunkte im Gesellschaftsvertrag, in der Regel davon auszugehen, daß die Vertretungsmacht auch die Vertretung der Gesellschafter im GbR-Prozeß umfassen SOlll06. Die Handlungen der vertretungsberechtigten Gesellschafter im GbR-Prozeß wirken demnach für und gegen alle Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Im Hinblick auf die notwendige Einheitlichkeit der Entscheidung ist eine solche einheitliche Vertretung von großem Nutzen, denn widersprüchliche Prozeßhandlungen der Parteien sind ausgeschlossen, Gegner und Gericht haben im gesamten Prozeßbetrieb gegenüber dem Vertreter zu handeln (vgl. §§ 176, 208, 210a ZPO)107. Im Gegensatz zu dieser rechtsgeschäftlichen (gewillkürten) Vertretung könnte man die vertretungsberechtigten Gesellschafter als gesetzliche Vertreter im Gesamthands(schuld)prozeß auffassen, wenn man diese mit Jauernig, ZPR, § 21 V; Rosenberg/Schwab, § 56 IV; ZöllerNollkommer, § 51 Rz.8ff. RosenberglSchwab, § 52 111. 165 Jauernig, ZPR, § 81 111; ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 24; Baumbach/Lauterbach/AI· bers!Hartmann, § 62 Anm. 4 B d. 106 PalandtfThomas, § 714 Rz. 2; RGRK/v. Gamm, § 714 RdNr. 10; aus der Rechtsprechung: RGZ 57, 92; hiervon geht jüngst BGH, NJW·RR 1990, 867, ohne weitere Begründung aus. 107 Jauernig, ZPR, § 21 IV 4. 103
104
110
D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
dem Teilrechtsfähigkeitsmodell als Organe qualifIZiere08• In (analoger) Anwendung des § 51 I ZPO oder in einer erweiternden Auslegung von § 62 I 2. Alt. ZPO (mit Hinblick auf die notwendig einheitliche Entscheidung) könnte hierin die gesetzliche Grundlage gesehen werden lO9• Daraus ergäbe sich dann für das Teilrechtsfähigkeitsmodell die einheitliche Prozeßvertretung. 4. Parteirähigkeitslösung
Betrachtet man die GbR als parteifähig, so ist zunächst festzustellen, daß diese selbst nicht prozeßfähig sein kann llO• Daher ist sie nach § 51 I ZPO durch ihre gesetzlichen Vertreter zu vertreten. Im Einklang mit der materiell-rechtlichen Teilrechtsfähigkeitslehre sind dies die vertretungsberechtigten Gesellschafter, wie sie im Gesellschaftsvertrag oder im Gesetz (§§ 714, 709 BGB) vorgesehen sind111 • S. Stellungnahme
Wegen der notwendig einheitlichen Vertretung der GbR bei Annahme der Parteifähigkeit der GbR ist diese Lösung der Streitgenossenschaftslösung, die durchaus auf das Problem unterschiedlicher Prozeßbevollmächtigter stoßen kann, gegenüber überlegen. Diese Erkenntnis könnte dazu führen, daß eine Notwendigkeit zur Rechtsfortbildung bestünde, wenn dadurch die einheitliche Entscheidung nach § 62 I ZPO in Gefahr geriet. Ob dies so ist, bleibt späteren Ausführungen ll2 vorbehalten. Die bloße Möglichkeit, daß die gesellschaftsrechtliche Organisationsregelung im Prozeß nicht gewahrt werden könnte (z.B. kann grundsätzlich neben dem geschäftsführenden Gesellschafter jeder andere Gesellschafter im Prozeß auftreten und Erklärungen abgeben), kann nicht zur Ablehnung der ParteisteIlung aller Gesellschafter führen 113• Zu fragen ist vielmehr, ob sich dadurch unbillige Ergebnisse ergeben; andernfalls ist diese vom Prozeßrecht vorgegebene Folge zu beachten1l4 Festzustellen sind aber wiederum Unstimmigkeiten zwischen der Streitgenossenschaftslösung und der Teilrechtsfähigkeitslehre. Sieht man die vertretungsberechtigten Gesellschafter als Organe und gesetzliche Vertreter der GbR an, so steht dies im Siehe oben B.lV.4. So wohl Heller, S. 143f. 110 Für die OHG: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 52 Anm. 1 B; RosenberglSchwab, §§ 43 114, 53 I; Stein/Jonas/Leipold, § 51 Rz. 34. 111 Reichert, S. 52ff. 112 Siehe dazu unten D.VII. 113 So aber Reichert, S. 52ff. 114 Siehe unten D.VII. 108
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VII. Prozeßführungsbefugnis
111
Widerspruch zur Aussage, daß die Gesellschafter als selbständige Streitgenossen prozeßfähig sind. Denn eine prozeßfähige Partei (natürliche Person) benötigt nach § 51 I ZPO keinen gesetzlichen Vertreter. Ein gesetzlicher Vertreter ist überhaupt erst dann nötig, wenn eine Funktion nicht selbst von einer Partei ausgeübt werden kann.
VII. Prozeßführungsbefugnis 1. BegrifTund Bedeutung
Die Prozeßführungsbefugnis bezeichnet nach allgemeiner Auffassung das Recht, einen bestimmten Prozeß als richtige Partei zu führen 115 • Als Prozeßvoraussetzung ist die Prozeßführungsbefugnis sowohl auf der Kläger- als auch auf der Beklagtenseite erforderlich116• Zu verstehen ist die Notwendigkeit der Prozeßführungsbefugnis nur im Zusammenhang mit den verschiedenen Parteibegriffen. Nach dem materiellen Parteibegriff ist nur der Partei, der in einer - behaupteten - materiell-rechtlichen Beziehung zum streitigen Rechtsverhältnis stehe 17• Dieser Begriff vermag aber nicht solche Fälle zu erklären, in denen ein Dritter fremde Rechte einklagt (Prozeßstandschaft). Daher wird der Parteibegriff nunmehr rein formell verstanden: Partei ist, durch und gegen wen Rechtsschutz begehrt wird118• Um jedoch zu verhindern, daß jeder fremde Rechte einklagen und das Gericht zu einer Prüfung der Begründetheit zwingen kann, wird ein Prozeßführungsrecht der Partei verlangtl19. Fehlt dieses, so wird die Klage als unzulässig abgewiesen l20, eine Begründetheitsprüfung findet nicht mehr statt. Die Prozeßführungsbefugnis steht demjenigen zu, der behauptet l2l , Inhaber des streitigen Rechts zu sein, und darüberhinaus denjenigen, die kraft Gesetzes oder Ermächtigung zur Geltendmachung eines fremden Rechts befugt sind (im letzteren Fall könnte man auch von abgeleiteter
115 Baumbach!Lauterbach/Albers!Hartmann, Grundz. § 50 Anm. 4 A; Pawlowski, JuS 1990, 378; RosenberglSchwab, § 46 I 1. 116 Jauemig, ZPR, § 22 11; ZöllerNollkommer, Vor § 50 Rz. 19. 117 Vgl. Jauemig, ZPR, § 18 IV. 118 Baumbach/Lauterbach/Albers!Hartmann, Grundz. § 50 Anm. 2 A; Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 170; Heintzmann, S. 46ff.; RosenberglSchwab, § 40 I 1. 119 Jauemig, ZPR, § 22 11; Heintzmann, S. 5; Seile, S. 18. 120 Statt vieler: Baumbach/Lauterbach/Albers!Hartmann, Grundz. § 50 Anm. 4 A, mit richtiger Unterscheidung zur Aktiv- und Passivlegitimation, die, wenn sie fehlt, zur Klagabweisung durch Sachurteil führt. 121 Ob ihnen das Recht wirklich zusteht oder nicht, ist eine Frage der Aktiv- bzw. Passivlegitimation und damit der Begründetheit.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
Prozeßführungsbefugnis sprecheni22• Sie kann als das Gegenstück zur materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis angesehen werden 123 2. Streitgenossenschaftslösung
Bei der Untersuchung, wem im Rahmen der Streitgenossenschaftslösung die Prozeßführungsbefugnis zusteht, ist wegen der engen Beziehung zum materiellen Recht zwischen dem materiell-rechtlichen Ausgangspunkt der Verbundenheitslehre und der Teilrechtsfähigkeitslehre zu unterscheiden. a) Prozeßführungsbefugnis auf der Grundlage der Verbundenheitslehre Nach der Verbundenheitslehre sind die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit Träger der Rechte und Pflichtenl24 • Ihrer Stellung als Partei entspräche ein eigenständiges Prozeßführungsrecht, denn auch bei notwendiger Streitgenossenschaft bestehen selbständige Prozeßrechtsverhältnisse. Da einem Gesellschafter aber materiell-rechtlich eine Verfügung über Rechte der Gesellschaft verwehrt ist, kann er keine alleinige Prozeßführungsbefugnis besitzen 125 • Der Gesellschafter ist somit eine Partei ohne eigenständige Prozeßführungsbefugnis. Daraus darf jedoch nicht die Folge der Unzulässigkeit aller einzelnen Klagen gezogen werden, mit der Folge, daß Rechtsschutz für und gegen die GbR unmöglich würde, akzeptierte man nicht die Parteifähigkeit der GbR. Zu berücksichtigen ist vielmehr die Tatsache, daß die Gesellschafter notwendige Streitgenossen aus materiell-rechtlichem Grund sind. Dies soll eine einheitliche Entscheidung für und gegen die materiell-rechtlich gemeinschaftlich berechtigten und verpflichteten Gesellschafter ermöglichen und sichern. Da aber auch die Prozeßführungsbefugnis in der Regel ihre Grundlage in der Verfügungsbefugnis über das streitige Recht findee 26, muß es entsprechend der materiell-rechtlichen gesamthänderischen Verfügungsbefugnis eine gesamthänderische Prozeßführungsbefugnis geben 121. Den gemeinschaftlich berechtigten Gesellschaftern steht die gemeinschaftlich auszuübende aktive und passive Prozeßführungsbefugnis zu. Dies bedeuJauemig, ZPR, § 2211; Pawlowski, JuS 1990, 378; RosenberglSchwab, §46 I 3. Henckel, Prozeßrecht, S. 65ff.; Stein/Jonas/Schumann, Einl. Rz. 34; Seile, S. 18,38. 124 Siehe hierzu oben B.III. 125 Gottwald, JA 1982, 70. 126 Henckel, Parteilehre, S. 4lf., 86f., 105. 121 So auch: Winte, S.53f. mit VelWeis auf die h.M.: Jauemig, ZPR, §82 111; Blomeyer, ZPR, § 109 111 1; Lent, JherJb 90 (1942), S. 30; Holzhammer, S. 78f., vgI. auch die Übersicht bei RosenberglSchwab, § 50 111 2. 122 123
VII. Prozeßführungsbefugnis
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tet, daß alle Gesellschafter einen Gesamthands(schuld)prozeß nur gemeinschaftlich führen können, d.h., sie müssen gemeinschaftlich klagen und gegen sie gemeinschaftlich muß Klage erhoben werden. Erheben nur einige Gesellschafter die Gesamthandsklage, so ist sie demnach grundsätzlich mangels aktiver Prozeßführungsbefugnis als unzulässig abzuweisen; wird nur gegen einige Gesellschafter die Gesamthandsschuldklage erhoben, so ist diese wegen fehlender passiver Prozeßführungsbefugnis der verklagten Gesellschafter als unzulässig durch Prozeßurteil abzuweisen. b) Prozeßführungsbefugnis auf der Grundlage der Teilrechtsfähigkeitslehre Nach der Teilrechtsfähigkeitslehre ist die GbR selbst Trägerin aller Rechte und Pflichtenl28• Geht man richtigerweise davon aus, daß die Prozeßführungsbefugnis ihre Grundlage in der materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis findet, wäre auch der GbR selbst die Prozeßführungsbefugnis zuzuerkennen. Dies aber setzte ihre Parteifähigkeit voraus l29 • Vertritt man dennoch auf der Grundlage der Teilrechtsfähigkeitslehre die Auffassung der notwendigen Streitgenossenschaft aller Gesellschafter, so erfolgt dies im wesentlichen mit dem Hinweis auf die Mitgliedschaft der Gesellschafter in der GbR130• Da aber die Gesellschafter selbst nicht Rechts- und Verpflichtungsträger sind, kann diese Aussage nur auf eine Prozeßführungsbefugnis kraft Gesetzes oder kraft Ermächtigung (gesetzliche oder gewillkürte Prozeßstandschaft) hinweisen. aa) Aktivprozeß der Gesellschaft, (Gesamthandsprozeß) a) Gesetzliche Prozeßstandschaft
In gesetzlich geregelten Ausnahmefällen besitzen Personen die Prozeßführungsbefugnis, (teilweise) fremde Rechte in eigenem Namen prozessual geltend zu machen l31 • Es sind dies z.B. der Gesamtgläubiger nach §§ 428,432 BGB, der Miteigentümer nach § 1011 BGB, der verwaltende Ehegatte einer Gütergemeinschaft nach § 1422 BGB, ein Elternteil nach § 1629 III BGB, ein Miterbe nach § 2039 BGB oder der Veräußerer einer streitbefangenen Sache nach § 265 ZPO. Für die GbR ist eine gesetzliche Prozeßstandschaft eines oder Siehe hierzu oben B.lV. So auch: Hüffer, (FSStimpel) 1985, S.I71: aus dem Selbständigkeitsmodell folgt zwingend, daß auch nur die GbRselbst die Prozeßführungsbefugnis innehat und daher Prozeßpartei ist; vgl. Brehm, ZZP 101 (1988),230; Reichert, S. 36ff. 130 So ausdrücklich: Ulmer, § 718 Rz. 43. 131 Die dogmatische Einordnung ist im einzelnen umstritten. Darstellungen finden sich bei: Blomeyer, ZPR, § 4111; RosenberglSchwab, § 46 11; ZöllerNollkommer, vor § 50 Rz. 23ff. 128
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8 Göckeler
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
mehrerer Gesellschafter im Gesetz grundsätzlich nicht vorgesehen132• Die Begründung einer solchen könnte daher nur in einer Rechtsanalogie zu den Vorschriften einer gesetzlichen Prozeßstandschaft, insbesondere zu §§ 1422, 2039 BGB, erfolgen. Den Fällen der gesetzlichen Prozeßstandschaft ist gemeinsam, daß nicht alle Berechtigten ein Recht gemeinschaftlich, sondern immer nur ein Teilberechtigter allein geltend macht133• Die Begründung der Parteistellung aller Gesellschafter in notwendiger Streitgenossenschaft auf der Grundlage der Teilrechtsfähigkeitslehre könnte dagegen aber nur in der Weise erfolgen, daß alle Gesellschafter gemeinschaftlich prozeßführungsbefugt sind, nicht nur einer allein.
ß) Gewillkürte Prozeßstandschajt Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozeßstandschaft sind neben dem Vorliegen einer Ermächtigung seitens des eigentlichen Rechtsträgers, ein schutzwürdiges Interesse des Prozeßstandschafters an der Geltendmachung des behaupteten fremden Rechts sowie die Übertragbarkeit des Rechts, es sei denn die Prozeßstandschaft ist mit Sinn und Zweck der Unübertragbarkeit des Rechts vereinbar 134. Bei der Ermittlung des Interesses des Prozeßstandschafters ist auch das Interesse des Prozeßgegners zu berücksichtigen 13S • Die Ermächtigung zur Prozeßführung aller Gesellschafter kann entweder ausdrücklich durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter erteilt werden, oder eine solche Ermächtigung ist konkludent in ihrer Mitwirkung am Prozeß zu sehen136. Das schutzwürdige Interesse aller im Prozeß auftretenden Gesellschafter wäre in der Regel im Wert ihrer Mitgliedschaft zu sehen, soweit das Prozeßergebnis auf diesen zurückwirken kann (was in der Regel der Fall sein wird)137. Die Interessen des Gegners dürften durch eine solche Prozeßstandschaft nicht beeinträchtigt werden, weil diese eine rechtliche Konstruktion zur Harmonisierung des Teilrechtsfähigkeitsmodells mit der Streitgenossenschaftslösung, und nicht die bewußte Abspaltung einer Gläubigerstellung bewirken so1l138.
132 Zur actio pro socio und der Notgeschäftsführung nach § 744 11 BGB siehe unten D.XII.,XIII. 133 RosenberglSchwab, § 4611 2; vgl. auch: ZöllerNoUkommer, Vor § 50 Rz. 23. 134 Statt vieler: Jauemig, ZPR, § 22 IV; für die Rechtsprechung: BGH, NJW -RR 1988, S. 127; BGH, NJW 1969, 1111; BGH, NJW 1984, 2349. 135 Stein/Jonas/Leipold, Vor § 50 Rz. 41; BGH, WM 1986,57; aUerdings dürfte dieses Interesse in der Regel dadurch hinreichend berücksichtigt sein, daß die Rechtskraft des Urteils auch gegen den wahren Rechtsinhaberwirkt, BGH, NJW-RR 1987,127; vgI. auch RGZ 91, 390 (398). 136 Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 173; HeUer, S. 149; Reichert, S. 41f. 137 Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 173; Heller, S. 149; Reichert, S. 40f. 138 HeUer, S. 149.
VII. Prozeßführungsbefugnis
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bb) Passivprozeß der Gesellschaft (Gesamthandsschuldprozeß) a) Gewillkürte Prozeßstandschaft Für den Passivprozeß wird davon ausgegangen, daß nur eine gesetzliche Prozeßstandschaft in Betracht kommt, weil ansonsten die vertretungsberechtigten Gesellschafter die Möglichkeit erhielten, durch Verweigerung der Prozeßstandschaftsermächtigung die Rechtsdurchsetzung gegen die GbR zu vereiteln139• Diese Aussage ist zwingend richtig und im Ergebnis geboten, wenn man nicht die Gesellschafter zur Ermächtigungserteilung zwingen könnte. Einen solchen Zwang könnte man aus dem Grundgedanken des venire contra factum proprium herleiten, weil die Gesellschaft sich ja durch ihre Gründung und Teilnahme am Rechtsverkehr möglichen Rechtsstreitigkeiten aussetzt. Es könnte daher gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn die Gesellschafter dann eine Rechtsverfolgung vereitelten. Diese Auffassung ist aber nicht haltbarl40 • Zum einen würden die Probleme nur auf einen zweiten Prozeß verlagert, zum andern könnte man den vertretungsberechtigten Gesellschaftern kaum treuwidriges Verhalten vorwerfen, wenn sie von der Unbegründetheit des gegen die GbR geltend gemachten Anspruchs ausgingen und die Führung des Gesamthandsschuldprozesses ablehnten. Entscheidend sprechen gegen eine solche Begründung der gewillkürten Prozeßstandschaft auch die unsichere Rechtsgrundlage und insbesondere die Tatsache, daß es nicht Aufgabe der Bürger, sondern des Staates ist, ein Verfahren zur Durchsetzung der Rechtsansprüche zu schaffen141 •
ß) Gesetzliche Prozeßstandschaft Daher kommt zur Begründung der ParteisteIlung der Gesellschafter auf der Grundlage der Teilrechtsfähigkeitslehre in Gesamthandsschuldprozessen nur das Institut der gesetzlichen Prozeßstandschaft in Betrache42• Eine Analogie hinsichtlich der passiven Prozeßführungsbefugnis kommt ausschließlich·zu § 1422 BGB in Betracht; andere spezialgesetzliche Vorschriften begründen dagegen nur eine aktive Prozeßführungsbefugnis l43 • Zu berücksichtigen ist aber auch hier, daß § 1422 BGB die passive Prozeßführungsbefugnis einem Teilberechtigten, nämlich dem verwaltenden Ehegatten, überträgt, bei einem Passivprozeß der Gesellschaft aber alle Gesellschafter prozeßführungsbefugt sein sollen. Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 173; Heller, S. 149; Reichert, S. 43. Soweit ersichtlich wird sie in der Literatur auch nicht vertreten. 141 Dies folgt aus dem grundsätzlichen Verbot der Selbsthilfe: Jauemig, ZPR, § 111; RosenberglSchwab, § 11111; Stein/Jonas/Schumann, Ein\. Rz. 7. 142 So auch: Reichert, S. 43f. 143 Siehe oben D.VII.2.b)aa)a). 139
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
3. Parteifahigkeitslösung
Alle Vertreter der Parteifähigkeitslösung sehen die GbR materiell-rechtlich als Zuordnungssubjekt aller Rechte und Pflichten und damit als verfügungsbefugt an. Ist die GbR Partei eines Rechtsstreits, so machte sie Rechte geltend, die ihr nach dieser Auffassung materiell-rechtlich zustehen können, bzw. gegen sie würden Rechte geltend gemacht, die sie selbst verpflichten. Die GbR besäße demnach die aktive und passive Prozeßführungsbefugnisl44 • 4. Stellungnahme
Ausgehend von den Ergebnissen zeigt sich, daß sowohl die Parteifähigkeitslösung als auch die Streitgenossenschaftslösung in sich konsequent und stimmig sind, sofern letztere auf der materiell-rechtlichen Grundlage der Verbundenheitslehre vertreten wird. Dagegen ist es dogmatisch nicht möglich, die Teilrechtsfähigkeitslehre und die Streitgenossenschaftslehre zu verbinden. Den Gesellschaftern steht kein eigenes Prozeßführungsrecht zu. Der Hinweis auf die Mitgliedschafe 45 der Gesellschafter in der GbR kann ein solches nicht begründen, denn die Mitgliedschaft bezieht sich auf das Innenverhältnis und läßt die Beziehungen der GbR - zumal nach der Teilrechtsfähigkeitslehre im Außenverhältnis grundsätzlich unberührt. Es ist aber auch nicht möglich, eine Prozeßstandschaft der Gesellschafter für die GbR zu begründen. Die Annahme einer gewillkürten Prozeßstandschaft scheidet jedenfalls in Passivprozessen aus, weil die Gesellschafter sonst selbst entscheiden könnten, ob sie sich einem Prozeß aussetzen oder nicht. Selbst wenn man die Ermächtigung zur Prozeßführung im Gesellschaftsvertrag sieht, könnten doch alle Gesellschafter diesen gemeinschaftlich dahingehend ändern, daß eine Ermächtigung zur Prozeßführung ausgeschlossen ist. Daß diese Ermächtigung nicht durch den Grundsatz des Rechtsrnißbrauchs ersetzt werden kann, ist bereits dargelegt worden l46• Die Annahme einer gesetzlichen Prozeßstandschaft stößt ebenfalls auf nicht auszuräumende Bedenken l47 • Ein denkbarer Analogieschluß scheitert sowohl am Fehlen einer planwidrigen Gesetzeslücke als auch an der mangelnden Vergleichbarkeie48 •
So: Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 172. Ulmer, § 718 Rz. 43. 146 Siehe oben D.VII.2.b)bb)a). 147 Heller, S. 150, hält dagegen eine Analogie zu § 1422 für Passivprozesse für möglich. 148 Zu den methodischen Voraussetzungen vgI. im einzelnen: Larenz, Methodenlehre, S. 370fr., 381fr. 144 145
VII. Prozeßführungsbefugnis
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Geht man davon aus, daß die Parteifähigkeit der GbR nicht der Konzeption der ZPO entspricht, so ist die ParteisteIlung der Gesellschafter der logische Schluß. Daraus folgt aber, daß es auch der Konzeption der ZPO entspricht, daß die Gesellschafter (in ihrer Verbundenheit) prozeßführungsbefugt sind. Da das geltende Recht aber nicht wie bei anderen Gesamthandsgemeinschaften eine gesetzliche Prozeßstandschaft angeordnet hat, entspricht der gesetzlichen Konzeption nur die Annahme einer eigenen Prozeßführungsbefugnis der Gesellschafter, die ihrer (gemeinschaftlichen) Verfügungsbefugnis entspringt. Eine planwidrige Gesetzeslücke ist daher nicht zu erkennen, sie wird nur durch die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR herbeigeführt. Eine Analogie scheitert auch an der fehlenden Vergleichbarkeit der Tatbestände. Zunächst ist zu berücksichtigen, daß nur § 1422 BGB die aktive und passive Prozeßführungsbefugnis gewährt, § 2039 BGB dagegen nur die aktive. Weiterhin gelten §§ 1422, 2039 BGB für (unstreitig) nicht teilrechtsfähige Gesamthandsgemeinschaften. Während in diesen Fällen einem Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft die Prozeßführungsbefugnis übertragen wird, soll dies bei der als teilrechtsfähig erachteten GbR auf alle Gesellschafter erfolgen. Bei einer Miterbengemeinschaft besitzt grundsätzlich jeder Miterbe die aktive Prozeßführungsbefugnis, § 2039 BGB. Der verwaltende Ehegatte in einer ehelichen Gütergemeinschaft führt die Prozesse, die sich auf das Gesamtgut beziehen, im eigenen Namen. Bei der als teilrechtsfähig erachteten GbR dagegen soll die Prozeßführungsbefugnis nicht nur einem Mitglied, sondern allen Gesellschaftern infolge gesetzlicher Prozeßstandschaft zustehen. In den gesetzlich geregelten Fällen können neben dem Prozeßstandschafter aber auch alle anderen Berechtigten kraft ihrer ,Mitberechtigung grundsätzlich im Prozeß auftreten. Dies wäre bei einer zwar als teilrechtsfähig, nicht aber als parteifähig anerkannten GbR nicht der Fall. Wären die Gesellschafter A, Bund Cdes Ausgangsfalls Miterben in einer Miterbengemeinschaft, so könnte A als gesetzlicher Prozeßstandschafter eine den Miterben gesamthänderisch zustehende Forderung einklagen (Leistung an alle Miterben). Dieser Klage könnten sich die übrigen Miterben kraft ihrer Berechtigung anschließen. Bei einer als teilrechtsfähig erachteten GbR könnte dagegen neben allen Gesellschaftern die GbR nicht, obwohl verfügungsbefugt, im Prozeß auftreten.
Zudem ist bei §§ 1422,2039 BGB die Prozeßführungsbefugnis einem Verfügungsberechtigten der Gesamthandsgemeinschaft übertragen. Nach der Teilrechtsfähigkeitslehre soll aber gerade die GbR selbst Rechtsträger und Verfügungsberechtigter sein. Daher würde den Gesellschaftern als Nichtverfügungsberechtigten entgegen dem in §§ 1422,2039 BGB angelegten Prinzip die Prozeßstandschaft übertragen l49 •
149
Zur fehlenden Vergleichbarkeit siehe: Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 173; Reichert, S. 46f.
118
D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
Somit ergibt sich, daß die Streitgenossenschaftslösung nicht auf der Grundlage der Teilrechtsfähigkeitslehre vertreten werden kann. Dem Vorschlag von Heller lSo, der materiell-rechtlichen Selbständigkeit im Rahmen der Streitgenossenschaftslösung dadurch Rechnung zu tragen, daß die Gesellschafter im Gesamthands(schuld)prozeß wie eine Einheit auftreten müßten und keine widersprechenden Verfügungen getroffen werden könnten, ist nicht zu folgen. Er übersieht, daß eine im Rahmen des geltenden Rechts dogmatisch befriedigende Begründung der ParteisteIlung der Gesellschafter auf Grundlage der Teilrechtsfähigkeitslehre gerade nicht möglich ist, somit eine bereits als unzulässig abzuweisende Klage vorliegt. Diese Erkenntnis kann nicht durch praktische Erwägungen unterlaufen werden.
VIII. Prozeßhandlungen 1. Begrifl'und Systematik
Prozeßhandiungen bezeichnen die Handlungen, die auf das Verfahren einwirken. Sie können vom Gericht und von den Parteien vorgenommen werden lSl • Vorliegend sind nur die Parteiprozeßhandlungen von Relevanz. Diese werden nach h.M. in Erwirkungs- und Bewirkungshandlungen eingeteilt 1S2• Erwirkungshandlungen sollen eine gerichtliche Tätigkeit herbeiführen und werden nach ihrer Zulässigkeit und Begründetheit beurteilt153• Bewirkungshandlungen zielen auf eine unmittelbare prozessuale Wirkung, sie gestalten den Prozeß, ohne daß es einer gerichtlichen Tätigkeit bedürfte. Sie sind entweder wirksam oder unwirksam, mithin beachtlich oder unbeachtlich 1S4 • Für die vorliegende Untersuchung ist im Hinblick auf die notwendig einheitliehe Entscheidung im Gesamthands(schuld)prozeß eine weitere Einteilung notwendig. Zu unterscheiden sind die Prozeßhandlungen, die zugleich eine materiell-rechtliche Verfügung über den Streitgegenstand darstellen (z.B. Prozeßvergieich oder Prozeßaufrechnung) bzw. in ihrer Wirkung einer materiell-rechtlichen Verfügung gleichstehen (z.B. Anerkenntnis, § 307 ZPO, und Verzicht, § 306 ZPO) und solche, die sich nur auf das Verfahren als solches beziehen (z.B. alle Prozeßanträge) oder keine verfügende oder verfügungsgleiche Wirkung haben (z.B. Tatsachenvortrag, Beweisangebote, Geständnis). Heller, S. 151. Jauemig, ZPR, § 30 I. 152 So im Anschluß an Goldschmidt, S. 364ff.: Jauemig, ZPR, § 30 111; RosenberglSchwab, §64. 153 Jauemig, ZPR, § 30 1111; RosenberglSchwab, § 64 I. 154 Jauemig, ZPR, § 30 111 2; RosenberglSchwab, § 64 11. 150 1Sl
VIII. Prozeßbandlungen
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Erwirkungshandlungen können niemals verfügende oder verfügungsgleiche Wirkung zeitigen. Prozeßhandlungen aller Art erfordern Partei-, Prozeß- und Postulationsfähigkeit, sie werden vollzogen, indem sie dem Gericht gegenüber in der mündlichen Verhandlung oder dem Gericht oder dem Gegner außerhalb der mündlichen Verhandlung erklärt werden lSS • 2. Prozeßhandlungen nach der Streitgenossenschaftlösung
Betrachtet man die §§ 62, 63 ZPO und die daraus zu ziehende Folge, daß hinsichtlich jedes einzelnen Streitgenossen ein selbständiges Prozeßrechtsverhältnis mit dem Prozeßgegner besteht, so folgt hieraus konsequent, daß grundsätzlich jeder GesellschafterlStreitgenosse bzw. sein Prozeßbevollmächtigter zur Vornahme von Parteiprozeßhandlungen befugt ist156• Notwendig einheitlich sind nur Klageerhebung und Entscheidung. Um eine einheitliche Entscheidung zu sichern, ist zu untersuchen, wie sich dieses Ziel auf die Vornahme und Wirksamkeit von Parteiprozeßhandlungen auswirkt. Anzumerken ist, daß es sich dabei nicht um ein spezifisch gesellschaftsrechtliches Problem, sondern allgemein um ein Problem des Instituts der notwendigen Streitgenossenschaft handeIt l57 • a) Prozeßhandlungen mit verfügender oder verfügungsgleicher Wirkung aa) Grundsatz der Gemeinschaftlichkeit Bei der Streitgenossenschaft der Gesellschafter einer GbR handelt es sich um eine notwendige aus materiell-rechtlichem Grund, § 62 12. Alt. ZPO. Der Grund ist in der gemeinschaftlichen Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen nach § 719 I BGB zu sehen. Daher ist die grundsätzlich selbständige Prozeßführung eines jeden Gesellschafters insoweit eingeschränkt, als eine Prozeßhandlung materiell-rechtlich eine Verfügung darstellt oder einer solchen Verfügung in ihrer Wirkung gleichkommt. Daraus ergibt sich, daß solche Prozeßhandlungen nur gemeinschaftlich und einheitlich von allen Streitgenossen bzw. deren Prozeßbevollmächtigten vorgenommen werRosenberg/Scbwab, § 65 11. Hierzu kritiscb und ein Bedürfnis für die ParteisteIlung der GbR im Scbiedsgericbtsverfabren folgernd: Westennann, (FS Baur) 1981, S. 732. IS7 Vgl. bierzu ausfübrlicb: Winte, S. 96ff., der eine Unterscbeidung von prozessual notwendiger und materiell-recbtlicb notwendiger Streitgenossenscbaft vornimmt und nicbt allgemein bierauf, sondern spezifiscb auf die einzelnen Prozeßbandlungen abstellt, vgl. die zusammenfassende Kritik, S. 188ff. ISS
IS6
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
den können. Geschieht dies nicht, schließt z.B. ein Gesellschafter allein einen Prozeßvergleich ab, ist die vorgenommene Prozeßhandlung, weil es sich notwendig um eine Bewirkungshandlung handelt, unbeachtlich und damit unwirksam. Eine Bindungswirkung gegenüber den anderen Gesellschaftern tritt nicht ein1S8. Dem Gericht bleibt es allerdings unbenommen, eine solche unbeachtliche Prozeßhandlung beweismäßig frei zu würdigen, § 286 ZPO, weil sie Inhalt der mündlichen Verhandlung !eworden ist1S9. Zu diesen Prozeßhandlungen gehören: der Prozeßvergleich1 ,die Prozeßaufrechnung, der Verzicht (§ 306 ZPO)16t, das Anerkenntnis (§ 307 ZPO)I62. Umstritten ist die Behandlung der Klagrücknahme, Klagänderung und Erledigungserklärung in der Hauptsache. bb) Sonderprobleme a) Meinungsstand
Die wohl h.M. hält eine einseitige Klagrücknahme, Klagänderung oder Erledigungserklärung für unbeachtlich und unwirksam l63 , weil auch die Klageerhebung nur gemeinschaftlich erfolgen könne. Andernfalls läge eine Verfügung über den Streitgegenstand vor, die wegen der notwendig einheitlichen Entscheidung nicht von einem Streitgenossen allein vorgenommen werden dÜrfte. Ein einzelner Streitgenosse könne sonst eine einheitliche Entscheidung im Gesamthands(schuld)prozeß verhindern; den anderen Streitgenossen dürfe nicht der Boden ihrer Klage entzogen werden l64 • Nach anderer Auffassung sind Klagrücknahme, Klagänderung und Erledigungserklärung durch einen einzelnen Gesellschafter stets zulässig. Es sei Sache der Streitgenossen, die notwendige Einheitsfrontl65 zu wahren. Gelinge
IS8 vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 62 Anm. 4 B c; AK-ZPO/Koch, § 62 Rz.4; Blomeyer, ZPR, § 108 IV 3 b; Gottwald, JA 1982, 70; Jauemig, ZPR, § 82 IV 3; Wieczorek, § 62 Anm. B III; Winte, passim, z.B. für das Anerkenntnis, S. 144. IS9 Baur, ZPR, Rz. 124; Grunsky, § 29 11 1 c; Gottwald, JA 1982, 70; Jauemig, ZPR, § 82 IV 3; RosenberglSchwab, § 50 IV 3 a. 160 Vgl. hienu Winte, S. 168ff. 161 Vgl. hienu Winte, S. 154ff. 162 Vgl. hienu Winte, S.144. 163 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 62 Anm. 4 A d; Heller, S. 156; Jauemig, ZPR, § 82 IV 3; Lent, JherJb 90 (1942), 64; RosenberglSchwab, §SO IV 1 a; Schönke/Kuchinke, § 24 V; Blomeyer, ZPR, § 109 IV 3 b; ThomaslPutzo, § 62 Anm. 6 a; Zeiss, § 86 III 3; hinsichtlich der Klagänderung auch ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 26. Eine K1agrücknahme wird nur dann als zulässig angesehen, wenn der Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, vgI. für den nichtrechtsfähigen Verein: RGZ 78,101 (104). 164 Hoche/Haas, S. 241. 165 Grunsky, § 29 11 1 c.
VIII. Prozeßhandlungen
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ihnen das nicht, so müßten sie die Folgen tragen l66 • Die Folge sei dann die Unzulässigkeit der übrigen Klagen l67•
ß) Stellungnahme Die Auffassung der h.M. wäre richtig, wenn bei einer notwendigen Streitgenossenschaft allein ihr Ziel der einheitlichen Entscheidung zu berücksichtigen wäre. Dabei würde aber der Aspekt vernachlässigt, daß die notwendige Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichem Grund der gemeinschaftlichen Verfügungsbefugnis nach § 719 I BGB Rechnung trägt. Insofern müssen aber auch nur solche Parteiprozeßhandlungen zwingend gemeinschaftlich vorgenommen werden, die eine Verfügung über das materielle Recht beinhaltenl68 oder eine verfügungsgleiche Wirkung zeitigen. Eine solche Wirkung haben Klagrücknahme, Klagänderung und Erledigungserklärung allerdings nicht. Die materielle Rechtslage wird in keiner Weise geändert; ebensowenig sind die Gesellschafter daran gehindert, denselben Anspruch in einem neuen Prozeß geltend zu machen, weil eine entgegenstehende rechtskräftige Entscheidung nicht ergangen ist l69• Daher können eine Klagrücknahme, eine Klagänderung und eine Erledigungserklärung einseitig von einem Gesellschafter vorgenommen werden. Die Folge davon ist, schließen sich die übrigen Gesellschafter der Erklärung nicht an, die Unzulässigkeit der Klage. Klagen im Ausgangsfall A, Bund C gegen die Platt GmbH auf Wandlung und Rückzahlung des Kaufpreises, so ergibt sich folgendes: Erklärt A, aus welchen Gründen auch immer, den Rechtsstreit für erledigt, schließen sich Bund C dem aber nicht an, so ist ihnen gegenüber die Klage als unzulässig abzuweisen; im Verhältnis zwischen A und der Platt GmbH ergeht eine Kostenentscheidungnach § 91 a ZPO. Ähnliches gilt, wenn A die Klage zurücknimmt, § 269 ZPO, oder wenn er nunmehr einen Anspruch gegen Grunsky, § 29 111 c. Zu dieser Auffassung: Behringer, S. 141; Gottwald, JA 1982, 70; Säcker, JZ 1967,.51ff.; Stein/Jonas/Leipold, § 62 Rz. 35; ausführlich Winte, S. 173ff., 179ff., 184ff.; ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 25ff., L. Fischer, S. 48f.; Seile, S. 221; Hundertmark, DJZ 1930 Sp. 968; Schellhammer, Rz. 1358, der fälschlicherweise bei (zulässiger) K1agrücknahme vom Wegfall der Aktivlegitimation und damit von der Unbegründetheit der übrigen Klagen ausgeht, richtigerweise fehlt den übrigen Gesellschaftern die Prozeßführungsbefugnis; für die ausnahmsweise Unzulässigkeit der K1agrücknahme bei Kollusion oder Schikane: Gottwald,JA 1982, 70, im Anschluß an: Säcker,JZ 1967, 53ff. (exceptio doli). 168 Hierauf allein stellt Hundertmark, DJZ 1930 Sp. 968 ab. 169 Siehe hierzu ausführlich: Behringer, S. 141; Gottwald, JA 1982, 70; Winte, S. 173ff. (Kag rücknahme), 179ff. (Klagänderung), 184ff. (Erledigung in der Hauptsache, sowohl für die übereinstimmende als auch für die einseitige Erledigungserklärung); anders wäre allerdings für die übereinstimmende Erledigungserklärung zu entscheiden, wenn man für einen neuen Prozeß mit Rosenberg/Schwab, § 133 11 3 entgegen der h.M., z.B. ZöllerNollkommer, § 91a Rz. 28 m.w.Nachw., das Rechtsschutzbedürfnis verneint. Zu diesem Ergebnis müßte auch Schellhammer, Rz. 1358 kommen, weil er die Klagen nur für unbegründet hält und damit zu einer in Rechtskraft erwachsenden Sachentscheidung gelangt. 166
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
die Platt GmbH auf Lieferung einer zweiten Dampfwalze verfolgen will und dementsprechend die Klage ändert, § 263 ZPO. Im letzten Fall wäre aber auch gegenüber A die geänderte Klage als unzulässig abzuweisen, wenn die Forderung den Gesellschaftern A, Bund C als GbR zusteht und A dies so vorträgt. Behauptet er aber, nur er sei forderungsberechtigt, hat das Gericht unter den Voraussetzungen der §§ 263, 267 ZPO die Begründetheit der Klage zu prüfen. Erkennt dagegen A die Klage der Platt GmbH auf Zahlung an, oder schließt er einen Prozeßvergleich mit ihr, so haben diese Erklärungen, wenn sie nicht auch von Bund C (u.U. durch Avertreten) abgegeben werden, keine Wirkung. Das Gericht muß weiterhin die Begründetheit der Klage nach den allgemeinen Vorschriften prüfen; ein Anerkenntnisurteil darf, auch A gegenüber, im Gesamthandsschuldprozeß nicht ergehen. b) Sonstige Parteiprozeßhandlungen AUe sonstigen Prozeßhandlungen kann ein GesellschafterlStreitgenosse grundsätzlich selbständig vornehmen, § 63 ZPO. Ein Geständnis nach § 288 ZPO stellt sich niemals als Verfügung über den Streitgegenstand dar und hat auch keine verfügungsgleiche Wirkung, weil es sich immer nur auf Tatsachen bezieht. Eine Bindungswirkung gegenüber den übrigen Gesellschaftern ergibt sich nur dann, wenn ihr Verhalten den Schluß zuläßt, daß diese dem Geständnis (zumindest konkludent) beitreten. Dies gilt auch für das Nichtbestreiten von Tatsachen nach § 138 III ZPO J7o. Probleme ergeben sich aber im Gesamthands(schuld)prozeß, wenn widersprechende Erklärungen abgegeben oder widersprechende Prozeßhandlungen vorgenommen werden. Zur Lösung dieser Kollissionen können zwei Auffassungen vertreten werden. aa) Präklusionslösung
§ 15 I ÖZPO bestimmt für die einheitliche Streitpartei, daß das Recht zur Betreibung des Prozesses von jedem einzelnen der Streitgenossen ausgeübt werden kann. § 14 S. 1 ÖZPO sagt aus, daß sich die Wirkung der Prozeßhandlungen der tätigen Streitgenossen auch auf die säumigen erstreckt111 • Aus diesen, den §§ 62 I, 63 ZPO entsprechenden Regelungen zieht man im österreichischen Zivilverfahrensrecht überwiegend den Schluß, daß bei sich widersprechenden Prozeßhandlungen die zeitlich zuerst erklärte, und wenn sie der Widerrufsmöglichkeit unterliegt, die letzte bzw. die günstigste gilt 172• Dadurch soll sichergestellt werden, daß nur eine Prozeßhandlung zur Grundlage der einheitlichen Entscheidung gemacht wird. Obwohl bisher in der Literatur nicht 110 A1lg. Meinung: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 624 B a; Jauemig, ZPR, § 82 IV 3; Winte, S. 160ff.; ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 24. 111 Siehe hierzu bereits oben C.I1.1. 172 Grundlegend: Fasching, S. 198ff.; Ballon, S. 79.
VIII. Prozeßhandlungen
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vorgeschlagen, könnte man daran denken, diese Ansicht der Auslegung von §§ 62 I, 63 ZPO zugrundezulegen.
bb) Beweisverwertungslösung Nahezu einhellig wird dagegen die Auffassung vertreten, daß sich widersprechenden Prozeßhandlungen keine Bindungswirkung zukommt, sie unterliegen aber als vorgetragener Inhalt der mündlichen Verhandlung der freien Beweiswürdigung durch das Gericht nach § 286 ZP0 173• Bewirkungshandlungen sind danach unbeachtlich und unwirksam, Erwirkungshandlungen zwar zulässig, aber i.d.R. unbegründet174•
ce) Stellungnahme Gegen die Präklusionswirkung spricht, daß die zeitliche Reihenfolge und die Günstigkeit in der Wirkung willkürliche Kriterien sind, die ein sachgerechtes Ergebnis nicht garantieren können 175. Zudem bleibt unklar, welche Prozeßhandlung gelten soll, wenn mehrere gleichzeitig erklärt oder in ihrer Wirkung gleich günstig sind. Schließlich kann diese Auffassung wohl nur im Rahmen der Lehre der einheitlichen Streit~artei sinnvoll und konsequent vertreten werden. Diese aber ist abzulehnen 1 6. Dagegen entspricht die Beweisverwertungslösung der in § 63 ZPO zum Ausdruck kommenden grundsätzlichen Selbständigkeit aller notwendigen Streitgenossen, die nur in Ausnahmefällen (Sicherung der Einheitlichkeit der Entscheidung unter Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Verhältnisse) zugunsten einer gemeinschaftlichen Proz~ßführung durchbrochen werden muß. Mit Anerkennung dieser Auffassung wird auch die Qualifizierung der vertretungsberechtigten Gesellschafter als gesetzliche Vertreter 117 überflüssig, im Gegenteil, sie verbietet sich, weil sie den im Gesetz angelegten Grundsatz der Vielzahl der Prozeßrechtsverhältnisse mißachtet. Auch insoweit zeigt sich,
173 AK-ZPO/Koch, § 62 Rz. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 62 Anm. 4 Ba; Baur, ZPR, Rz. 124; Behringer, S. 219ff.; Hellwig, § 1581112; Heller, S.158; Jauemig, ZPR, § 82 IV 3; RosenberglSchwab, § 50 IV 3 a b; Gottwald, JA 1982, 70; Stein/Jonas/Leipold, § 62 Rz. 33; Arens, Rz. 448; Blomeyer, ZPR, § 109 IV 3 b; Seile, S. 222; Zeiss, § 86 1113; ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 24 mit dem Hinweis, daß ein einseitiges Geständnis den einzelnen Gesellschafter, der es abgegeben hat, nach § 290 ZPO bindet, was wichtig ist, wenn im Nachhinein die anderen Gesellschafter ebenfalls gestehen, der einzelne aber jetzt widerrufen möchte; ebenso: Winte, S. 131ff., für das Geständnis, S. 16Off., Grunsky, § 29 11 1 c. 174 Zu den unterschiedlichen Prozeßhandlungen siehe im einzelnen: Winte, S. 131ff. 175 So auch Heller, S. 157. 176 Siehe hierzu oben C.II.2. 117 Siehe hierzu oben D.VI.3.b)a.E.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
daß Teilrechtsfähigkeitsmodell und Streitgenossenschaftslösung nicht miteinander harmonieren. 3. Prozeßhandlungen nach der Parteirahigkeitslösung
Nach der Parteifähigkeitslösung ist die GbR zwar selbst Partei, nicht aber prozeßfähig. Somit handeln für sie im Prozeß ihre gesetzlichen Vertreter, § 51 I ZPO oder der für die GbR bestellte Prozeßbevollmächtigte118• Als gesetzliche Vertreter werden die geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschafter angesehen l79 • Somit ist grundsätzlich eine einheitliche Prozeßführung und -entscheidung gesichere BO• Besteht Gesamt- (oder Mehrfach-)vertretung, §§ 709, 710, 714 BGB, und ist die GbR nicht durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten, müssen die vertretungsberechtigten Gesellschafter gleichlautende Prozeßhandlungen vornehmen l81 • 4. Stellungnahme
Die Parteifähigkeitslösung vermeidet die bei der Streitgenossenschaft auftauchenden Probleme uneinheitlicher Prozeßführung. Doch hat die Untersuchung ergeben, daß mit der Streitgenossenschaftslösung nicht nur die Einheitlichkeit der Entscheidung gesichert werden kann, sondern auch den materiellrechtlichen Besonderheiten der GbR Rechnung zu tragen ist. Dies geschieht durch die nur gemeinschaftlich zulässige Vornahme der genannten Prozeßhandlungen und durch die Berücksichtigung der übrigen Prozeßhandlungen in der Beweiswürdigung. Ein drängendes Bedürfnis zur Rechtsfortbildung kann daher ebensowenig festgestellt werden wie ein Bedürfnis zur Korrektur der bestehenden Gesetzeslage.
Zur einheitlichen Prozeßvertretung im Anwaltsprozeß: Lindacher, JuS 1982, 594. Siehe oben D.Vl.3. IBO Lindacher, JuS 1982, 594; Soergel/Hadding, § 714 Rz. 53. 181 Andernfalls ist die GbR säumig, siehe unten D.x.3.
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IX. Beteiligung Dritter am Rechtsstreit
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IX. Beteiligung Dritter am Rechtsstreit Zeuge, Nebenintervenient und Streitverkündeter 1. Vernehmung als Zeuge oder als Partei
a) Gesetzliche Regelung und Unterschiede Eine Person, die in Bezug auf den streitigen Sachverhalt Tatsachen oder Zustände wahrgenommen hat, kann als Beweismittel entweder als Zeuge, §§ 373ff. ZPO, oder als Partei, §§ 445 ff. ZPO, vernommen werden. Letzteres ist in aller Regel der Fall, wenn die Person selbst Partei des anhängigen Rechtsstreits ist, § 445 I ZPO. Eine Ausnahme hiervon bildet § 455 I ZPO für den gesetzlichen Vertreter einer prozeßunfähigen Partei, der, obwohl selbst nicht Partei, als solche zu vernehmen ist. Wer als Partei vernommen werden kann, scheidet als Zeuge aus; wer nicht als Partei zu vernehmen ist, katin Zeuge seinl82• Die Parteivernehmung ist anderen Beweismitteln gegenüber subsidiär, § 445 11 ZPO; sie kann auf Antrag des Gegners oder von Amts wegen, § 448 ZPO, erfolgen. Im Unterschied zum Zeugen besteht kein Zwang zum Erscheinen, zur Aussage und zur Eidesleistung für die zu vernehmende Partei. Eine Weigerung ist nach § 446 ZPO ebenso wie die Aussage selbst der freien Beweiswürdigung durch das Gericht ausgesetzt. Dabei sind Gründe, die für den Zeugen ein Zeugnisverweigerungsrecht begründen, zu berücksichtigenl83 • b) Streitgenossenschaftslösung Alle Gesellschafter sind nach dieser Auffassung prozeßfähige Partei. Die Folge hieraus ist, daß die Gesellschafter grundsätzlich nur im Wege der Parteivernehmung, nicht aber als Zeugen vernommen werden können, unabhängig davon, ob sie vertretungsberechtigt sind oder nicht l84 • § 449 ZPO, der diesen Schluß voraussetzt, stellt es in das Ermessen des Gerichts, ob alle oder nur einer der Streitgenossen vernommen werden sollen. Nach der (allerdings umstrittenen) Auffassung der Rechtsprechung kommt die Zeugenvernehmung eines Streitgenossen jedoch dann in Betracht, wenn er Tatsachen bekunden soll, die ausschließlich für andere Streitgenossen von Relevanz sindl85 • Ob dieser Auffassung zu folgen ist, braucht hier nicht entschieden zu werden, weil BAG, JZ 1973, 59. 183 Jauernig. ZPR, § 56 IV. 184 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers. § 373 Anm. 2 B "Streitgenosse"; Düringer/Hachenburg/Geiler, § 142 Anm. 8, 10; Ulmer, § 718 Rz. 37; RGRK/v. Gamm, § 714 Rz. 10; ZöllerNollkommer, § 373 Rz. 6. 185 BGH, NJW 1983, 2508; BAG, BB 1972, 1455; OLG Düsseldorf, MDR 1971, 56; a.A. OLG Köln, VersR 1973, 285. 182
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
schon die Voraussetzung nicht vorliegt. Bei einer notwendigen Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichem Grund, die eine einheitliche Entscheidung sichern soll, sind Tatsachen, die nur einen Streitgenossen betreffen und für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, nicht denkbar. Die Vernehmung eines Gesellschafters als Zeuge ist daher in keinem Fall möglich l86• Auch aus der Auffassung, die die vertretungsberechtigten Gesellschafter als gesetzliche Vertreter ansieht l87, ergibt sich nichts anderes, denn auch sie geht von den partei- und prozeßfähigen Gesellschaftern als Partei aus. Die auf der Grundlage der Lehre von der formellen Parteifähigkeit der OHG vertretene Auffassung, daß nur die vertretungsberechtigten Gesellschafter als Partei, die übrigen aber als Zeugen vernommen werden können l88, ist aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage, die nur auf die ParteisteIlung Bezug nimmt, abzulehnen. Daraus ergibt sich auch, daß ein aus der Gesellschaft und dem Prozeß ausgeschiedener Gesellschafter als Zeuge vernommen werden kann. Ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 ZPO kann er allerdings in aller Regel nicht geltend machen l89, weil das bloße Ausscheiden aus der GbR allein kein Grund i.S.v. § 383 ZPO ist. Im Ausgangsfall bedeutet dies, daß weder A, B noch C als Zeugen im Gesamthands(schuld)prozeß vernommen werden können. Sie sind ggf. als Partei zu vernehmen.
c) Parteifähigkeitslösung
aa) Parteivemehmung der vertretungsberechtigten Gesellschafter Sieht man die GbR zwar als partei-, nicht aber als prozeßfähig an l90, so ergibt sich bei konsequenter Anwendung des Gesetzes, daß nur die gesetzlichen Vertreter der GbR als Partei zu vernehmen sind, § 455 I ZPO. Die gesetzlichen Vertreter sind nach dieser Auffassung die vertretungsberechtigten Gesellschafter l91 • Alle übrigen Gesellschafter dagegen können als Zeugen im Gesamthands(schuld)prozeß vernommen werden l92• Zum Beleg der Richtigkeit dieser Auffassung wird darauf hingewiesen, daß die Parteivernehmung zu Vgl. die Nachweise in FN 185. Siehe oben D.VI.3.b)a.E. 188 Vgl. Düringer/HachenburglFlechtheim, § 124 Anm. 8,10. 189 A.A. Heller, S. 165. 190 Siehe hierzu oben D.VI. 191 Siehe oben D.VI.4. 192 So für die GbR: Reichert, S. 131ff.; für d. OHG: BGH, NJW 1965, 2254; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers. § 373 Anm. 2 B "Gesellschaft"; Kämmerer, NJW 1966, 805; Rosenberg/Schwab, § 123 11 2; Thomas!Putzo, Vor § 373 Anm. 3 b; Zöller/Stephan, § 373 Rz. 5; Fischer, (PS Hedemann) 1958, S. 84; Schiller, S. 117f. 186 187
IX. Beteiligung Dritter am Rechtsstreit
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einem Teil auch prozessualer Dispositionsakt sei. Daher könne es nicht richtig sein, auf die nichtvertretungsberechtigten Gesellschafter die Vorschriften über die Parteivernehmung anzuwenden l93
bb) Parteivemehmung aller Gesellschafter Hiergegen wendet sich eine Auffassung, die alle Gesellschafter den Regeln der Parteivernehmung unterwerfen will. Begründet wird dies zumeist mit dem Hinweis, daß die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit Partei seien und bei der Lösung prozessualer Probleme auf die Beteiligung der Gesellschafter abzustellen sei l94. Zudem sprächen die praktischen Erfordernisse für eine solche Regelung: es sei nicht einzusehen, warum der nichtvertretungsberechtigte Gesellschafter im Gegensatz zum vertretungsbefugten einem Aussagezwang unterliegen solll95. Als Argument wird auch angeführt, daß Gesamthands(schuld)prozeß und Gesamtschuldprozeß praktisch immer gemeinsam verhandelt würden. In letzterem seien die Gesellschafter aber ohnehin als Parteien zu vernehmen.
cc) Stellungnahme Gegen die zuletzt genannte Ausführung spricht der klare Gesetzeswortlaut, der nur an die formale ParteisteIlung anknüpft. Unklar ist zudem die methodische Konstruktion, die es erlauben soll, eine Nichtpartei als Partei zu vernehmen, wenn nicht die Voraussetzungen des § 455 I ZPO vorliegen. Der Hinweis auf die Gleichzeitigkeit von Gesamtschuld- und Gesamthandsschuldprozeß vermag nicht zu überzeugen. Er kann schon für den Aktivprozeß der Gesellschaft keine Wirkung entfalten. Zudem verschleiert er die konstruktiv streng durchzuhaltende Trennung beider Schulden und Prozessel96. Die GeseIlschafterstellung wäre allerdings bei der BeweisWÜfdigung wegen des regelmäßig vorhandenen Interesses am Verfahrensausgang zu berücksichtigen. Erachtete man somit im Ausgangsfall nicht A, Bund C, sondern die GbR "ARGE BAB 46 Schönerland" als klagende und zu verklagende Prozeßpartei, so würde allein A, vorausgesetzt er ist von den Gesellschaftern zum Geschäftsführer bestellt worden, als Partei vernommen, Bund C dagegen als Zeugen. Da sie aber - zumindest mittelbar über ihre Beteiligung am Gesellschaftsvermögen - z.B. daran interessiert sind, nicht den 193 Reichert, S. 135f. 194 Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 182 (für GbR/OHG); Lindacher, JuS 1982, 597 (ausdrücklich
für die GbR); Hueck, GesR, § 15 15 (für die OHG); Hueck, OHG, § 22 III; vgl. auch BGHZ 34, 297. 19S Lindacher, JuS 1982, 597. 196 Siehe hierzu auch: Heller, S. 163, der auf die Eigenschaft der Parteivemehmung als Dispositionsakt hinweist; siehe hierzu bereits oben D.VI.1.c)bb) mit Hinweis auf: Reichert, S.l35f.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
vollen Kaufpreis für die Dampfwalze an die Platt GmbH zahlen zu müssen, ist bei Zahlungsklage der Platt GmbH und Einwendung der Minderung seitens der GbR die AusSage von Bund C, nach der Mängel an der Dampfwalze bestanden hätten, im Rahmen der freien Beweiswürdigung, § 286 ZPO, besonders vorsiChtig zu würdigen. Nicht überzeugen kann der Versuch der Vertreter der Parteifähigkeitslehre, wenn sie von ihrem dogmatischen Ausgangspunkt um der Sachgerechtigkeit der Ergebnisse willen abweichen und entgegen § 455 I ZPO alle Gesellschafter als Partei vernehmen wollen. Führt eine Auffassung zu unvertretbaren Ergebnissen, sind nicht diese dem Rechtsgefühl nach zu korrigieren, sondern der Ansatzpunkt dem geltenden Recht anzupassen. Dieses aber sieht die Parteifähigkeit der GbR gerade nicht vor und kommt so zur Parteivernehmung aller Gesellschafter. 2. Nebenintervention und Streitverkündung
a) Begriff und Bedeutung Das Rechtsinstitut der Nebenintervention, geregelt in §§ 66ff. ZPO, ermöglicht es einem Dritten, sich an einem zwischen zwei anderen Personen anhängigen Rechtsstreit zu beteiligen und diejenige Partei zu unterstützen, an deren Sieg er ein rechtliches Interesse hat l91 • Ein rechtliches Interesse liegt immer dann vor, wenn die Entscheidung oder ihre Vollstreckung den Streithelfer in bestimmten Rechtsbeziehungen zur Partei oder zum Streitgegenstand gefährden; eine Rechtskrafterstreckung des Urteils auf den Streithelfer ist dafür aber nicht Voraussetzung l98 • Bezüglich der GbR ist der Beispielsfall denkbar, daß eine GbR aufgrund eines behaupteten Vertragsschlusses in Anspruch genommen werden soll. Dabei wurden die Verhandlungen im Außenrechtsverhältnis zwar wirksam, jedoch entgegen den Vereinbarungen im Innenverhältnis geführt. Wird nun im Prozeß gegen die GbR die Begründetheit der Klage festgestellt, so läuft der Gesellschafter der GbR Gefahr, wegen Verletzung des Gesellschaftsvertrages aus positiver Forderungsverletzung von der GbR bzw. den übrigen Gesellschaftern in Anspruch genommen zu werden. Wegen dieser Regreßgefahr hätte er also ein rechtliches Interesse, den Ausgang des Prozesses beeinflussen zu können l99• Die Nebeninterventionswirkung des § 68 ZPO geht weiter als die Rechtskrafterstreckung, weil sie neben der Entscheidung selbst auch die rechtlichen und tatsächlichen Feststellungen erfaßt, auf denen 191 Vg1. Baumbach/Lauterbach/AlbersJHartmann, § 66 Anm. 1; Jauemig, ZPR, § 83 I; RosenberglSchwab, § 471, 112. 198 Baumbach/Lauterbach/Albers!Hartmann, § 66 Anm. 2 C; Blomeyer, ZPR, § 112 13; Jauemig, ZPR, § 83 113; Rosenberg/Schwab, §47112; ZöllerNollkommer, § 66 Rz. 8ff. 199 Weiterer Beispielsfall: Ein Gesellschafter haftet als Bürge für eine Gesellschaftsschuld, seine persönliche Haftung ist ausgeschlossen.
IX. Beteiligung Dritter am Rechtsstreit
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die Entscheidung beruht200• Der Nebenintervenient darf aber nie selbst Partei des anhängißen Rechtsstreits sein, dies ergibt sich allein aus dem Wortlaut des § 66 I ZPO 1. Mittels der Streitverkündung, §§ 72ff. ZPO ist es einer Partei möglich, die Interventionswirkung nach § 68 ZPO auf einen Dritten zu erstrecken202• Da nach § 74 I ZPO auf das Verhältnis des beigetretenen Streitgenossen die Vorschriften der Nebenintervention anzuwenden sind, stellen sich die Fragen in gleicher Weise. Insbesondere ergibt sich daraus, daß der Streitverkündete selbst nicht Partei sein darf203• b) Streitgenossenschaftslösung
aa) Unzulässigkeit der Nebenintervention Grundsätzlich besteht Einigkeit in Rechtsprechung204 und LiteraturZOS darüber, daß es im Falle einer notwendigen Streitgenossenschaft eine Nebenintervention nicht geben kann. Dies folge aus dem Umstand des zugrundeliegenden einheitlichen rechtlichen Grundes. Der Streithelfer darf nicht selbst Partei sein206• Für den Gesamtschuldprozeß gilt dies aber nicht, weil dort die Selbständigkeit der Prozeßrechtsverhältnisse nicht durch ein einheitliches materiell-rechtliches Verhältnis überlagert wird. Die Gesellschafter sind in dieser Hinsicht nur einfache Streitgenossen. A, Bund Cwerden im Ausgangsfall von der Platt GmbH auf Zahlung des Kaufpreises in Anspruch genommen. Die Haftung ist bei Abschluß des Kaufvertrages auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt worden. Zudem hat B gegenüber der Platt GmbH eine Bürgschaft, §§ 765ff. BGB, übernommen. B ist es nun aufgrund seiner ParteisteIlung verwehrt, A, B (also auch sich selbst) und C als Nebenintervenient beizutreten, obwohl er durchaus wegen der Bürgschaftsverpflichtung ein rechtliches Interesse daran hat, daß die Klage gegen A, Bund C als GbR abgewiesen wird. Liegt eine Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen nicht vor und verklagt die Platt GmbH A und C als Gesamtschuldner, so wäre es dagegen dem B nicht verwehrt, als Nebenintervenient beizutreten, wenn er befürchten muß, von A und C in Anspruch genommen zu werden, weil er z.B. bei Abschluß des im Außenverhältnis wirksamen Kaufvertrages entgegen Weisungen im Innenverhältnis gehandelt hat. BGHZ 96, 53; Jauemig, ZPR, § 83 V m.w.Nachw.; Rosenberg/Schwab, § 47 IV 6. hierzu: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 66 Anm. 2 A; Jauemig, ZPR, § 83 11 2; Rosenberg/Schwab, § 47 11 1 d; Thomas/Putzo, § 66 Anm. 3 a; ZöllerNollkommer, § 66 Rz.5ff. 202 Vgl. hierzu: Jauemig, ZPR, § 84; Rosenberg/Schwab, § 48. 203 Siehe hierzu: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Einf §§ 72-74 Anm. 1; ZöllerNollkommer, § 72 Rz. 1. 204 RGZ 151, 210 (212); BGHZ 8,72 (78). lOS Blomeyer, ZPR, § 112 I 2; Jauemig, ZPR, § 83 11 2; Stein/Jonas/Leipold, § 66 Rz. 9. 206 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 66 Anm. 2 A. 200
201 V gI.
9 Göckeler
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
bb) Nebenintervention au/grund getrennter Vermögenskreise Dagegen wird eingewandt, die Gesellschafter verträten zwei Vermögenskreise. Zum einen den der Gesellschafter (in ihrer Verbundenheit), zum andern ihren eigenen privaten. Letzteren könnten sie als Streithelfer im Gesellschaftsprozeß vertreten207• Im Aktivprozeß der Gesellschaft sei der Gesellschafter dann einfacher Nebenintervenient, weil eine Rechtskrafterstreckung des Urteils im Gesamthandsprozeß nicht eintritt208, im Gesamthandsschuldprozeß dagegen streitgenössischer Nebenintervenient nach § 69 ZPO, weil das gegen die Gesamthand ergehende Urteil auch mit Rechtskraft gegenüber ihm insofern wirke, als das Bestehen einer Gesamthandsschuld festgestellt wird209 Im obigen Fan wäre es dem A nach dieser Auffassung daher nicht verwehrt, im Gesamthandsschuldprozeß als Partei, infolge seines Vermögenskreises "Beteiligung an der GbR", und zugleich als Nebenintervenient mit dem Vermögenskreis "Privatvermögen" aufzutreten.
ce) Stellungnahme Die zuletzt genannte Auffassung ist zunächst insofern zu kritisieren, als sie im Gesamthandsschuldprozeß den Gesellschafter als streitgenössischen Nebenintervenienten210 ansieht. Auszugehen ist von der als vorzugswürdig erachteten Lehre der Doppelverpflichtung21l • Danach bewirkt die Feststellung einer Gesamthandsschuld nicht zwingend auch die Folge einer Gesellschafterschuld. Der Gesellschafter muß sich im Gesamtschuldprozeß zwar die festgestellte Gesamthandsschuld entgegenhalten lassen, doch ist dies eine Folge der ihn als Partei des Gesamthandsschuldprozesses treffenden Rechtskraft des Urteils. Im Gesamtschuldprozeß ist er nicht gehindert, Einwendungen gegen seine persönliche Verpflichtung geltend zu machen. Die Stellung als streitgenössischer Nebenintervenient kann daher nur auf der Grundlage der Akzessorietätslehre erfolgen. Gegen die gesamte Auffassung aber spricht, daß sie mit der gesetzlichen Regelung, die an die ParteisteIlung der Personen anknüpft, schon vom Wortlaut her nicht zu vereinbaren ist. Darüberhinaus verkennt sie aber auch den in der Nebenintervention und Streitverkündung liegenden Sinn, bisher am Verfahren Unbeteiligten eine Mitwirkung am Verfahren zum Schutz ihrer rechtlichen Interessen zu ermöglichen. Die Gesellschafter sind aber Parteien und können somit grundsätzlich auf den Prozeß
207 So insbesondere Henckel, Parteilehre, S. 145; undifferenziert für die Streitgenossenschaft und nicht ausdrücklich für die GbR: ZöllerNollkommer, § 66 Rz. 6. 208 Henckel, Parteilehre, S. 145. 209 Henckel, Parteilehre, S. 145. 210 Vgl. dazu: RosenberglSchwab, § 47 V. 211 Hierzu und zur Akzessorietätslehre siehe oben B.V.1.f).
IX. Beteiligung Dritter am Rechtsstreit
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einwirken212• Die Einschränkungen, die sich aus der gesamthänderischen Verbundenheit ergeben, können aber nicht durch die Nebenintervention überspielt werden, denn dem Nebenintervenienten stehen nicht mehr Befugnisse zu als der Hauptpartei213, § 67 ZPO. Im Beispielsfall ist A aufgrund seiner ParteisteIlung ausreichend in der Lage, seine sämtlichen Interessen wahrzunehmen. Die Stellung eines Nebenintervenienten brächte ihm keine zusätzlichen Befugnisse. Nimmt man diese Auffassung beim Wort, so könnte es zu der kuriosen Situation kommen, daß ein Gesellschafter sich selbst als (womöglich streitgenössischer) Nebenintervenient beitritt oder sich selbst den Streit verkündet. Dies aber kann nicht sein. Somit ist auch kein rechtliches oder praktisches Bedürfnis festzustellen, die Nebenintervention oder Streitverkündung eines Gesellschafters zuzulassen214• c) Parteifähigkeitslösung
aa) Nebellilltervelltiollllur der Ilichtvertretungsberechtigten Gesellschafter Sieht man die GbR selbst als Partei des Gesamthand(schuld)prozesses an, sind die Gesellschafter grundsätzlich Dritte, so daß für sie eine Nebenintervention bzw. eine Streitverkündung an sie durch die GbR zulässig ist2lS • Lediglich die vertretungsberechtigten Gesellschafter sind hiervon ausgenommen, wenn man sie mit der Parteifähigkeitslehre als gesetzliche Vertreter der prozeßunfähigen GbR ansiehe l6•
bb) Nebenintervention aller Gesellschafter Für die OHG wird von einer Meinung die Qualifikation der vertretungsberechtigten Gesellschafter als gesetzliche Vertreter verneint. Die Folge davon ist, daß alle Gesellschafter als Nebenintervenienten oder Streitverkündete am Gesamthandsprozeß teilnehmen können217• Diese Auffassung ist aber schon aus dem Grunde abzulehnen, weil die Stellung einer prozeßunfähigen Partei im Prozeß einen gesetzlichen Vertreter Vgl. hienu D.VII. Vgl. zur Stellung des NebenintelVenienten: ZöllerNollkommer, § 67 Rz. 3; vgl. auch BGH, NJW 1988, 712f. 214 So im Ergebnis auch: Heller, S. 169. 215 Für die OHG: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 66 Anm. 2 E a; BaumbachIDuden/Hopt, § 128 Anm. 8 B; Blomeyer, ZPR, § 112 I 3; RosenberglSchwab, §§ 43 11 4, 47 11 1 d; BGHZ62,132. 216 Siehe hienu oben D.VI.4. 217 Hueck, OHG, § 22 11 1; Stein/Jonas/Leipold, § 66 Rz. 8; ZöllerNollkommer, § 66 Rz. 5; Fischer, (FS Hedemann) 1958, S. 79f.; (jew.f.d.OHG). 212 213
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
gebietet, § 51 I ZPO. Andernfalls wäre die VertretungsIage der OHG/GbR nicht zu klären. Zudem ist es allgemeine Auffassung, daß ein Nebenintervenient als Zeuge vernommen werden kann218• Dann würde sich aber ein Widerspruch zur gesetzlichen Regelung nach § 455 I ZPO ergeben, denn auch die genannte Auffassung vernimmt die vertretungsberechtigten Gesellschafter als Partei. Nach der Parteifähigkeitslehre wären demnach die nichtvertretungsberechtigten Gesellschafter als Nebenintervenienten und Streitverkündete zuzulassen. 3. Stellungnahme
Die Streitgenossenschaftslösung besitzt gegenüber der Parteifähigkeitslösung den Vorteil, daß sich aus ihr zwanglos die Vernehmung aller Gesellschafter als Partei ergibt. Dieses Ergebnis wird auch von Vertretern der Parteifähigkeitslösung als sachgerecht anerkannt, weil es nicht einleuchte, warum der nicht vertretungsberechtigte Gesellschafter im Gegensatz zum vertretungsbefugten einem Aussagezwang unterliegen S01l219. Sie erweist sich demnach als überlegen und der Struktur der GbR als eine von den Mitgliedern abhängige Gesellschaft angemesen. Die Parteifähigkeitslösung bietet demgegenüber den scheinbaren Vorteil, die nichtvertretungsberechtigten Gesellschafter als Nebenintervenienten und Streitverkündete zuzulassen. Da aber festgestellt wurde, daß ein rechtliches und praktisches Bedürfnis für eine solche Stellung aufgrund der ParteisteIlung der Gesellschafter nicht gegeben ist, ist die Parteifähigkeitslösung der Streitgenossenschaftslösung nicht überlegen. Eine Notwendigkeit zur Rechtsfortbildung oder Gesetzesänderung läßt sich demnach in dieser Hinsicht nicht feststellen.
x. Die GbR im Versäumnisverfahren 1. Gesetzliche Ausgangslage
Erscheint eine Partei im mündlichen Verhandlungstermin nicht oder verhandelt eine erschienene Partei nicht, d.h. stellt sie keine Anträge220, so kann 216 Baumbach/Laüterbach/Albers/Hartmann, Übers. § 373 Anm. 2 B "Streithelfer"; ZöllerlStephan, § 37" Rz. 5; a.A. Wieczorek, § 373 B 11 a 4, der den NebenintelVenienten als Partei ansieht. 219 Vgl. Lindacher, JuS 1982,597. 220 Zum Begriff des Nichtverhandelns vgl' BGH, ZZP 1980,483; BGH, NJW -RR 1986, 1253f.; BGH, LM Nr. 3 zu § 88.
x. Die GbR im Versäumnisverfahren
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unter den Voraussetzungen der §§ 33Off. ZPO ein Versäumnisurteil gegen sie ergehen. Sind beide Parteien säumig, kann gemäß § 331 a ZPO eine Entscheidung nach Aktenlage ergehen. Im Anwaltsprozeß ist hinsichtlich der Säumnis auf den prozeßbevollmächtigten Anwalt abzustellen221 • 2. Säumnissituation nach der Streitgenossenschaftslösung
Ausgehend von der ParteisteIlung eines jeden Gesellschafters ist auf das Erscheinen und Verhandeln eines jeden Gesellschafters abzustellen. Um aber eine einheitliche Entscheidung zu ermöglichen; die bei Säumnis nur eines Gesellschafters nicht ergehen könnte, bestimmt § 62 11 ZPO, daß die säumigen Streitgenossen als durch die nicht säumigen vertreten anzusehen sind222• Allgemeiner Ansicht nach folgt hieraus, daß die Vertretung der säumigen Streitgenossen durch die nichtsäumigen fingiert wird223 • Daher komme es auf die Vertretungsbefugnis der erschienenen Gesellschafter nicht an. Demgegenüber könnte man aus der Auffassung, die die vertretungsberechtigten Gesellschafter als gesetzliche Vertreter aller Gesellschafter ansieht224 folgern, daß die erschienenen Gesellschafter vertretungsberechtigt sein müssen, andernfalls ein Versäumnisurteil mit Wirkung gegen alle zulässig wäre22S • 3. Säumnis nach der Parteifähigkeitslösung
Die als Partei anerkannte GbR ist im Gesamthandsprozeß säumig, wenn die vertretungsberechtigten Gesellschafter bzw. im Anwaltsprozeß der von ihnen bestellte Prozeßbevollmächtigte nicht erscheinen bzw. nicht verhandeln 226• Als säumig sei die GbR aber auch dann anzusehen, wenn ein nicht (oder nicht einzel-) vertretungsberechtigter Gesellschafter im Termin zur mündlichen Verhandlung erscheint. Dies folge aus der Stellung der vertretungsberechtigten Gesellschafter als gesetzliche Vertreter227• Ebenso sei von der Säumnis der GbR auszugehen, wenn mehrere (einzel- oder gesamt-)vertretungsberechtigte Gesellschafter widersprüchliche Erklärungen abgeben228• 221 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers. § 330 Anm. 2 B; Jauernig, ZPR, § 66 11 2; ZöllerlStephan, Vor § 330 Rz. 4 m. Rechtspr.Nachw. 222 Eingehend zu dieser Vertretungsregelung: Behringer, S. 9ff., 64ff., 226ff.; Winte, S. 191ff. 223 Stein/Jonas/Leipold, § 62 Rz. 26; RosenberglSchwab § 50 IV 3 b; Jauernig, ZPR, § 82 IV 1; Blomeyer, ZPR, § 109 IV 1; Behringer, S. 22f.; Holzhammer, S. 43ff.; Thomas/Putzo, § 62 Anm. 9; Winte, S.193. 224 Siehe hierzu oben D.VI.3.b)a.E. 22S So Ulmer, § 718 Rz. 43. 226 Lindacher, JuS 1982,595. 227 Siehe hierzu: Lindacher, JuS 1982,595. 228 Lindacher, JuS 1982, 595; für die OHG: Westermann, Handbuch Rz. 1347.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
4. Stellungnahme
a) Zur Vertretungsftktion bei einem nichtvertretungsberechtigten Gesellschafter Zu klären ist, ob den nichtsäumigen Streitgenossen Vertretungsmacht zustehen muß, oder ob die säumigen Gesellschafter auch von gesellschaftsvertraglich nichtvertretungsberechtigten Gesellschaftern als vertreten angesehen werden können. Wäre davon nicht auszugehen, so geriete die Einheitlichkeit der Entscheidung nicht in Gefahr, denn es könnte gegen alle ein Versäumnisurteil ergehen. Abzulehnen aber ist die Auffassung, die innerhalb der Streitgenossenschaftslösu~ die vertretungsberechtigten Gesellschafter als gesetzliche Vertreter sieht . Somit ist grundsätzlich von der Vertretungsftktion nach § 62 11 ZPO bei Erscheinen nur eines Streitgenossen/Gesellschafters auszugehen. Diese Sicht entspricht der Stellung des Gesellschafters als Partei. Es stellt sich aber die Frage, ob eine Vertretungsfiktion bei Erscheinen eines nichtvertretungsberechtigten Gesellschafters auch dann zu bejahen ist, wenn ein vertretungsberechtigter Gesellschafter als Prozeßbevollmächtigter bestellt istZ30• Dagegen scheint zu sprechen, daß Gegner und Gericht nur gegenüber dem Prozeßbevollmächtigten zu handeln haben231 • Entscheidend ist aber auf die Stellung des einzelnen Gesellschafters als Partei abzustellen. Der Schutz einer erschienenen Partei darf nicht durch Verneinung der Vertretungsfiktion illusorisch werden23z, denn andernfalls könnte ein als Prozeßbevollmächtigter bestellter Gesellschafter die übrigen Gesellschafter um die gerichtliche Durchsetzung der Gesamthandsrechte bringen. In ihrer Wirkung käme die Säumnis des Prozeßbevollmächtigten einer Verfügung eines einzelnen über Gesamthandsrechte gleich. Für diese Ansicht spricht auch die Möglichkeit des jederzeitigen formlosen Widerrufs der Prozeßvollmacht233• Im Verhandeln der erschienenen Partei wäre von einem solchen (konkludent erklärten) Widerruf auszugehen. Daher vertritt ein nichtvertretungsberechtigter Gesellschafter die säumigen nach § 6211 ZPO auch dann, wenn zugunsten eines anderen, säumigen Gesellschafters eine Prozeßvollmacht besteht.
ZZ9 Vgi. hierzu oben D.VI.3.b)a.E. 230 Vgi. hierzu D.VI.2.b). 231 Jauernig, ZPR, § 21 IV 4 a; so verneint Heller, S. 173, die Vertretungsfiktion im Ergebnis, allerdings ohne Begründung. 232 Zum Schutzzweck vgI. Baumbach/Lauterbach/A1bers/Hartmann, § 62 Anm. 4 C; Zöl· lerNollkommer, § 62 Rz. 28; Winte, S. 192. 233 Zum Widerruf der prozeBvollmacht vgI. Jauernig, ZPR, § 21 IV 2 a.
X. Die GbR im Versiiumnisverfahren
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b) Widersprechende Erklärungen erschienener Gesellschafter Sowohl die Parteifähigkeitslehre als auch die Streitgenossenschaftslösung gehen davon aus, daß bei widersprüchlichen Erklärungen erschienener Gesellschafter Säumnis gegeben ist. Diese Aussage bedarf der Klärung. Die Folge der Säumnis kann nicht schon dann eintreten, wenn die erschienenen Gesellschafter lediglich widersprüchliche Tatsachen vorbringen oder einzeln Prozeßhandlungen vornehmen, die sie nur gemeinschaftlich vornehmen können. Daher ist ein Verhandeln bei widersprüchlichen Erklärungen nur dann zu verneinen, wenn die Gesellschafter nicht einen einheitlichen Antrag stellen, hinsichtlich der übrigen Prozeßhandlungen gelten die allgemeinen Regeln234• c) Keine Notwendigkeit zur Rechtsfortbildung Nach der Parteifähigkeitslösung ergeht ein Versäumnisurteil, wenn der/die vertretungsberechtigte(n) Gesellschafter oder der bestellte Prozeßbevollmächtigte im Anwaltsprozeß nicht erscheinen oder mehrere vertretungsberechtigte Gesellschafter keinen einheitlichen Antrag stellen. Nach der Streitgenossenschaftslösung ist ein Versäumnisurteil zu erlassen, wenn kein Gesellschafter erscheint, mehrere erschienene Gesellschafter keinen einheitlichen Antrag stellen oder der bestellte Anwalt im Anwaltsprozeß ausbleibt. Im Vergleich der beiden Lösungen erweist sich die Streitgenossenschaftslösung als die geselischaftsfreundlichere. Da sie zudem eine einheitliche Entscheidung sichert, kann kein Bedürfnis zpr Rechtsfortbildung oder für eine Gesetzesänderung erblickt ~erden. A ist vertretungsberechtigter Gesellschafter der GbR ,,ARGE BAß 46 Schönerland". Im frühen ersten Termin vor dem Amtsgericht auf die Klage der Platt GmbH auf Restkaufpreiszahlung i.H.v. DM 4000,- erscheinen Bund C. FOlgt man der Streitgenossenschaftslösung und der hier vertretenen Ansicht, so kann ein Versaumnisurteil nicht ergehen, weil A von Bund C als vertreten anzusehen ist, das Gericht hat zu verhandeln. Folgt man dagegen der Parteifähigkeitslösung und sieht die "ARGE BAß 46 Schönerland" als Partei des Gesamthandsschuldprozesses an, so kann gegen diese ein Versaumnisurteil ergehen. Nach der Streitgenossenschaftslösung kann allerdings gegen A ein Versaumnisurteil im Gesamtschuldprozeß ergehen, weil hier die Gesellschafter nur einfache Streitgenossen sind und die Vertretungsfiktion des § 62 I ZPO keine Wirkung entfaltet.
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Hierzu siehe oben D.VIII.; im Ergebnis so auch Winte, S. 259ff.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
XI. Gesamthandsschuldprozeß und Gesamtschuldprozeß 1. Ausgangslage und Auslegung des KJagantrags
Ausgehend von der im materiellen Recht angelegten Unterscheidung zwischen Gesamthands- und Gesamtschuld235 ist prozessual die Differenzierung zwischen Gesamthands- und Gesamtschuldklage zwingend236• Nachfolgend soll untersucht werden, wie das Verhältnis der beiden Klagen zueinander nach den unterschiedlichen Auffassungen zu beurteilen ist. Als Ausgangspunkt ist hierfür festzuhalten, daß die der Gesamthands- und Gesamtschuld zugrundeliegenden Ansprüche nicht in einem Subsidiaritätsverhältnis stehen, sondern gleichrangig sind. Dem ist im Verfahrensrecht dadurch Rechnung zu tragen, daß nicht eine Klage der anderen gegenüber subsidiär ist231• a) Streitgegenstand der Gesamthands- bzw. Gesamtschuldklage Die Möglichkeit zweier getrennt oder gleichzeitig erhobener Klagen wäre allerdings ausgeschlossen, wenn beide Klagen denselben Streitgegenstand haben. Die Bestimmung des Streitgegenstandes setzt sowohl nach der Auffassun~des eingliedrigen als auch nach der des zweigliedrigen Streitgegenstandes am Antrag des Klägers an. Sind die Anträge verschieden, so sind es auch die Streitgegenstände239• Im Falle der Gesamthandsschuldklage lautet der Antrag des Klägers auf Verurteilung der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit (nach der Parteifähigkeitslösung der GbR selbst) zur Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen24O• Dagegen richtet sich der Antrag im Gesamtschuldprozeß auf Verurteilung aller oder mehrerer Gesellschafter als Gesamtschuldner zur Leistung aus ihrem Privatvermögen. Die Unterschiedlichkeit beider Anträge bewirkt somit, daß die Streitgegenstände der beiden Klagen nicht identisch sind. Dies hat zur Folge, daß prozessual bei einer Klage der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit bzw. der Einwand der Rechtskraft hinsichtlich der anderen Klage nicht mit Erfolg von den Gesellschaftern erhoben werden kann.
Siehe hierzu oben B.V.!. Siehe hierzu oben B.V.2.a); Erman/Westermann, § 718 Rz. 9, 12. 231 So auch: Ulmer, § 718 Rz. 49; Soergel/Hadding, § 714 Rz. 54. 238 Vgl. hierzu: Jauemig, ZPR, § 37; RosenberglSchwab, § 96. 239 Jauemig, ZPR, § 37 11. 240 So auch: Ulmer, § 718 Rz. 51; zur Tenorierung siehe unten E.II.3.d). 235
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XI. Gesamthandsschuldprozeß und Gesamtschuldprozeß
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b) Auslegung des Klagantrags Da der Gläubiger somit grundsätzlich die Wahl hat, die Gesamthands- oder die Gesamtschuldklage oder beide gleichzeitig zu erheben, stellt sich angesichts des Klagantrags zunächst die Frage, welches Begehren der Kläger verfolgt. Dies unabhängig davon, ob man die Gesellschafter oder die GbR als Partei ansieht. Zweifel ergeben sich insbesondere, wenn sich aus dem Antrag nicht eindeutig ergibt, welchen Anspruch er geltend macht. Obwohl die Haftungssubjekte der beiden Ansprüche verschieden sind (zum einen die Gesellschafter als Gesamtschuldner, zum andern die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit bzw. die GbR selbst), vermeidet auch die notwendige Parteibezeichnung, § 253 11 Nr. 1 ZPO, Unklarheiten nicht241 • Nach der Streitgenossenschaftslösung sind die Parteien beider Prozesse gleich, lediglich mit dem Unterschied der notwendigen Streitgenossenschaft im Gesamthandsschuldprozeß. Nach der Parteifähigkeitslösung ist zwar die GbR selbst Partei, in der Regel sind aber - mangels eines bestimmten Namens - alle Gesellschafter zu nennen. Keine der Lösungen vermeidet also von vornherein Unklarheiten. Nach § 253 I Nr. 2 ZPO ist notwendiger Bestandteil einer Klage die genaue Bezeichnung des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs. Strenggenommen läge also bereits eine unzulässige Klage vor, wenn sich das Begehren nicht eindeutig aus dem Klagantrag ergibt. Doch ist in Rechtsprechung242 und Literatur243 anerkannt, daß auch der Klagantrag der Auslegung zugänglich ist. Diese ist insbesondere unter Zuhilfenahme der Klagbegründung vorzunehmen244 • Ergibt sich daraus z.B., daß eine Leistung aus dem Gesamthandsvermögen begehrt wird, z.B. Übereignung eines im Gesamthandseigentum stehenden Gegenstandes, wird von einer Gesamthandsschuldklage auszugehen sein245 • Dies gilt gegenüber einem Gesellschafter ebenfalls, von dem der Kläger vorgetragen hat, daß seine Haftung mit dem Privatvermögen ausgeschlossen ist. Die Bezeichnung "als Gesamtschuldner" kann entgegen anderer Auffassung246 zum derzeitigen Augenblick noch nicht unbedingt als Indiz für die Erhebung der Gesamtschuldklage gewertet werden. Dagegen spricht die Tatsache, daß die Auffassung der Trennung von Gesamthands- und Gesamtschulden durchaus noch nicht allgemeine Meinung ise47, so daß die Bezeichnung "als Gesamtschuldner" auch auf eine Gesamthandsschuld hindeuten könnte. Somit verbleiben insbesondere bei Geldforderungen Zur Parteibezeichnung siehe oben D.I. BGH, NJW 1963" 1612; BGHZ 97,180. 243 Erman/Westermann, § 718 Rz. 14; Jauemig, ZPR, § 39 11 2. 244 Ulmer, § 718 Rz. 50. 245 Vgl. Ulmer, § 718 Rz. 50; Gottwald, JA 1982, 69. 246 Heller, S. 176. 247 Zu diesem Streit siehe oben B.V.1. 241
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
Zweifel über die erhobene Klage. Das Gericht hat im Rahmen der §§ 139, 278 III ZPO darauf hinzuwirken, diese zu beseitigen und den Kläger zur Stellung eindeutiger Anträge zu veranlassen. Entgegen anderer Auffassung248 ist aber im Zweifel nicht nur von der Erhebung der Gesamthandsschuldklage, sondern von der Erhebung beider Klagen auszugehen249• Nur so kann dem Interesse des Gläubigers an umfassender Befriedigung, die wegen der geringen Kapitaldecke vieler GbR oftmals nur im Privatvermögen der Gesellschafter zu finden ist, Rechnung getragen werden. 2. Gleichzeitige Erhebung beider Klagen
a) Streitgenossenschaftslösung Nach richtiger Auffassung bilden die Gesellschafter im Gesamthandsschuldprozeß eine notwendige Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichem Grund, § 62 I 2. Alt. ZP0250• Im Gesamtschuldprozeß dagegen bilden die Gesellschafter nur eine einfache Streitgenossenschaft, § 59 ZPO, eine gegenüber allen Gesellschaftern einheitliche Entscheidung ergeht nicht zwingend251 • Die Parteien sind in beiden Prozessen identisch. Wegen der Nichtidentität der Streitgegenstände schadet dies aber nicht252 (Theorie der Doppelrolle253). Die gleichzeitige Erhebung beider Klagen ist zulässig254• Beide Prozesse oder die beiden zugrundeliegenden Ansprüche, wenn sie in einem Prozeß geltend gemacht werden, § 260 ZPO, sind nach Zulässigkeit und BegrÜDdetheit selbständig zu untersuchen. Daher kann im Gesamtschuldprozeß z.B. ein Versäumnisurteil gegen einen säumigen Gesellschafter ergehen, während derselbe säumige Gesellschafter im Gesamthandsschuldprozeß durch die fleißigen Gesellschafter als vertreten anzusehen ist, § 6211 ZPO. So kann im Gesamtschuldprozeß ein Gesellschafter auch als Zeuge vernommen werden, wenn er Tatsachen bekunden soll, die ausschließlich für andere Streitgenossen in 248 Heller, S. 177 mit Verweis auf Henckel, Parteilehre, S. 57, der allerdings fehlgeht, weil der von Henckel erwähnte Fall schon bei der Auslegung des K1agantrags die Erhebung der Gesamthandsschuldklage ergibt. 249 So auch Ulmer, § 718 Rz. 49; BGH, NJW-RR 1990, 867 mit Verweis auf K. Schmidt, GesR, §60IVla. 250 Hienu siehe oben C.I.4. 251 Ulmer, § 718 Rz. 47. 252 Nach Henckel, Parteilehre, S. 186ff. ist überhaupt keine Parteiidentität gegeben, weil die Gesellschafter jeweils verschiedene Vermögenskreise vertreten und der formelle Parteibegriff dies berücksichtigen müsse. Zu dieser Auffassung vgI. bereits oben D.lX.2.b )bb ).cc). 253 So ausdrücklich: Kornblum, BB 1970, 1454; ablehnend: Hennecke, S. 129, insofern allerdings inkonsequent zu seinem Ausgangspunkt der Teilrechtsfähigkeit der GbR 254 Fischer, (PS Hedemann) 1958, S. 77f. (für die Personenhandelsgesellschaften); Westermann, (PS Baur) 1981, S. 731.
XI. Gesamthandsschuldprozeß und Gesamtschuldprozeß
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Betracht kommen können oder wenn er bereits rechtskräftig oder durch einen Vergleich aus dem Rechtsstreit ausgeschieden ist25s • Dagegen ist im Gesamthandsschuldprozeß die Vernehmung eines Gesellschafters als Zeuge ausgeschlossen256• b) Parteifähigkeitslösung Nach dieser Auffassung ist im Gesamthandsschuldprozeß die GbR Partei, im Gesamtschuldprozeß sind es die Gesellschafter der GbR in einfacher Streitgenossenschaft (insoweit besteht kein Unterschied zur Streitgenossenschaftslösung). Die Parteien auf der Passivseite beider Prozesse sind demnach nicht identisch. Fraglich aber ist, wie das Verhältnis der GbR und der Gesellschafter zu qualifizieren ist. Für die OHG wurden bisher sowohl das Verhältnis der einfachen257 als auch der notwendigen Streitgenossenschaft258 vertreten. Letztere käme aber nur unter den Voraussetzungen des § 62 I ZPO in Betracht259• Jedoch liegen weder prozessuale noch materiell-rechtliche Gründe für eine zwingend einheitliche Entscheidung vor. Selbst wenn man das Verhältnis von Gesellschaft und Gesellschafter als Gesamtschuldnerschaft charakterisieren wollte26O, so würde dies nicht eine einheitliche Entscheidung in beiden Prozessen erfordern. Die persönlichen Einwendungen der Gesellschafter können zu verschiedenen Entscheidungen hinsichtlich der Gesamtschuldansprüche führen261 • Geht man vom Parteifähigkeitsmodell aus, müßte das Verhältnis zwischen GbR und Gesellschaftern wohl als e4tfache Streitgenossenschaft qualifiziert werden. Nach den Grundsätzen der §§ 59ff. ZPO kann ein Versäumnisurteil im Gesamtschuldprozeß gegen einen einzelnen Gesellschafter ergehen, wenn dieser säumig ist. Unter den bereits genannten Voraussetzungen262 25S Baumbach/Lauterbach/A1bers/Hartmann, § 61 Anm. 2 E; Übers. § 373 Anm. 2 B "Streitgenosse"; BGH, NJW 1983, 2508; KG, OLGZ 1977, 245. 256 Siehe hierzu oben D.lX.1.b). 257 BGHZ 54, 251; 63,54; Baumbach/Duden/Hopt, § 128 Anm. 8 A; Hueck, OHG, § 22 IV 3; Schiller, S. 70; Henckel, Parteilehre, S. 202; Rosenberg/Schwab, § 50 11 1 d. 258 RGZ 136, 266 (268); Blomeyer, ZPR, § 109 III 2 a, IV 2 a.E.; kritisch zur einfachen Streitgenossenschaft: ZöllerNollkommer, § 62 Rz. 7. 259 Siehe hierzu eingehend oben C.I.2. 260 Anders aber die g.h.M.: Vgl. nur BGHZ 36,224. 261 So ausdrücklich für die GbR: Soergel/Hadding, § 714 Rz. 54; für die OHG: BGHZ54, 251; 63, 54; Baumbach/Duden/Hopt, § 129 Anm. 8 A; Thomas!Putzo, § 62 Anm. 3 a aa. Jedoch wird eine notwendige Streitgenossenschaft zwischen OHG und Gesellschaftern aus anderen Gründen ausnahmsweise anerkannt: Auflösungsklage nach §§ 133, 140 HGB, BGH, LM § 133 HGB Nr. 3; Klage auf Feststellung einer Bilanz, BGH, WM 1983, 1279 (1280). 262 Siehe oben D.XI.2.a).
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
kommt im Gesamtschuldprozeß auch die Zeugenvernehmung eines Gesellschafters in Betracht. 3. Übergang von der einen Klage auf die andere
a) Rechtshängigkeit und Rechtskraft Wie bereits dargestellt wurde263, hindert eine bereits anhängige Gesamtschuldklage wegen der Nichtidentität der Streitgegenstände nicht die Erhebung der Gesamthandsschuldk1age und umgekehrt. Aus dem gleichen Grund ist der Einwand der Rechtskraft bei einem bereits rechtskräftigen entschiedenen Prozeß nicht mit Erfolg zu erheben. Es fragt sich aber, welchen Einfluß die rechtskräftige Entscheidung im Gesamthandsschuldprozeß auf den Gesamtschuldprozeß hat. Ein solcher Einfluß wäre nur gegeben, wenn die Entscheidung auch im Gesamtschuldprozeß bindend ist und Auswirkungen auf die Entscheidung überhaupt haben kann.
aa) Auswirkungen Auswirkungen der rechtskräftigen Entscheidung im Gesamthandsschuldprozeß auf die Entscheidung im Gesamtschuldprozeß sind nur dann möglich, wenn das Bestehen oder Nichtbestehen einer Gesamthandsschuld materiellrechtlich Bedeutung für die Gesamtschuld hat. Materiell-rechtlich folgt aus dem Vorliegen einer Gesamthandsschuld nach vorzugswürdiger Theorie der Doppelverpflichtung nicht die Existenz einer Gesamtschuld264 • Umgekehrt folgt aber aus dem Nichtbestehen einer Gesamthandsschuld, daß keine gesellschaftsbezogene Gesamtschuld der Gesellschafter vorliegt. Möglich allerdings sind gemeinsame Privatverbindlichkeiten der Gesellschafter. Daher haben die Gesellschafter ein Interesse daran, daß über das Nichtbestehen einer Gesamthandsschuld nicht im folgenden Gesamtschuldprozeß erneut verhandelt wird und das Gericht die Sach- und Rechtslage möglicherweise anders beurteilt. Für den Gläubiger einer GbR könnte die rechtskräftige Entscheidung über das Bestehen einer Gesamthandsschuld von Bedeutung sein, wenn er nach eingetretener Leistungsstörung Schadensersatz von den einzelnen Gesellschaftern im Wege der Gesamtschuldklage geltend macht. Ist in einem Prozeß z.B. entschieden worden, daß eine Anwaltssozietät einem Mandanten bestimmte Dienste schuldet, so wäre es für den Mandanten günstig, wenn in dem Gesamtschuldprozeß, in dem er Vertragsverletzungen durch einen oder mehrere
263 264
Siehe hierzu oben D.XI.1.a),2.a). Anders die Akzessorietätstheorie, siehe dazu oben B.V.l.f)aa).
XI. Gesamthandsschuldprozeß und Gesamtschuldprozeß
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Anwälte behauptet, vom Bestehen der Gesamthandsschuld auszugehen ist265 • Somit ist auf beiden Seiten ein Interesse zu erkennen, daß hinsichtlich der Gesamthandsschuld eine einheitliche Entscheidung im Gesamthands- und Gesamtschuldprozeß sichergestellt wird. Ist umgekehrt bereits im Gesamtschuldprozeß ein rechtskräftiges Urteil ergangen, aus dem ersichtlich wird, daß das Gericht vom Bestehen oder Nichtbestehen einer Gesamthandsschuld ausgeht, so könnten die Partein des Gesamthandsschuldprozesses ein Interesse daran haben, daß diese Frage vom Gericht nicht anders beurteilt wird.
bb) Bindungswirkung a) Streitgenossenscha!tslösung
Nach der Streitgenossenschaftslösung sind die Parteien im Gesamthandsschuldprozeß mit denen im Gesamtschuldprozeß identisch. Die in Rechtskraft erwachsenden Tatsachen sind daher auch für das Gericht des zweiten Prozesses bindend. Zu untersuchen ist daher, welche Tatsachen im Gesamthandsbzw. Gesamtschuldprozeß in Rechtskraft erwachsen. § 322 I ZPO bestimmt die objektiven Grenzen der Rechtskraft. Danach ist das Urteil nur insoweit der Rechtskraft fähig, als über den erhobenen Anspruch entschieden ist. Der Inhalt der Entscheidung ist primär dem Tenor zu entnehmen. Reicht dieser zur Konkretisierung nicht aus,so ist er mit Hilfe von Tatbestand und Entscheidungsgründen auszulegenUCi• Danach erwächst im Gesamthandsschuldprozeß in Rechtskraft, daß die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit aus dem Gesellschaftsvermögen zu einer näher bestimmten Leistung (nicht) verpflichtet sind. Für die in einem evtl. nachfolgenden Gesamtschuldprozeß als Vorfrage zu klärende Gesamthandsschuld ist das Gericht an die Beurteilung des Gerichts des Gesamthandsschuldprozesses gebunden, weil die Entscheidung im Gesamthandsschuldprozeß zwischen den Parteien rechtskräftig ist. Die Parteien des Gesamthandsschuldprozesses sind aber die des Gesamtschuldprozesses. Zwar wirkt die Rechtskraft der Entscheidung in diesem Fall nicht als negative Prozeßvoraussetzung (Einwand der Rechtskraft; die daraus resultierende Folge der Unzulässigkeit in der Gesamtschuldklage wäre untragbar), aber das ,Ile bis in idem" gilt in gleicher Weise. Denn der Richter hat die rechtskräftig entschiedene Vorfrage nicht noch
26S Zu dieser Fallkonstellation und allgemein zu Fällen der Leistungsstörungen nach der Theorie der Doppelverpflichtung im Verhältnis zu § 425 11 BGB: Ulmer, § 714 Rz. 39f. UCi Jauernig, ZPR, § 63 III 5; ZöllerNollkommer, Vor § 322 Rz. 31 (m.v.w. Nachw.); aus der Rechtsprechung vgI. nur: BGHZ 82, 246 (254); BGH, NJW 1982, 2257; für enge Grenzen der objektiven und subjektiven Rechtskrafterstreckung: Häsemeyer, AcP 188 (1988),162.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
einmal gleichlautend zu entscheiden, sondern das Bestehen und die Wirkung der früheren Entscheidung zu beachten267• Klagt die Platt GmbH im Ausgangsfall gegen A, Bund C nur auf Zahlung des Kaufpreises aus dem Gesel\schafisvermögen (Gesamthandsschuldklage), weil sie z.B. irrtümlich von einer Haftungsbeschränkung auf das Gesel\schafisvermögen ausgeht, und weist das Gericht die Klage ab, so erwachst diese Entscheidung zwischen der Platt GmbH einerseits und A, Bund C andererseits in R~htskraft. Die Platt GmbH entdeckt nunmehr ihren Irrtum und möchte A, Bund C als Gesamtschuldner auf Zahlung des Kaufpreises in Anspruch nehmen. Diese Klage ist zwar zulässig, sie hat aber keinen Erfolg, weil zwischen den Parteien rechtskräftig feststeht, daß eine Gesamthandsschuld nicht besteht. Eine erneute Prüfung durch das Gericht darf nicht stattfinden; es ist an die rechtskräftige Entscheidung aus dem Gesamthandsschuldprozeß gebunden. Ist aber hinsichtlich des Zahlungsanspruches eine Gesamthandsschuld zu verneinen, so liegt in der Regel auch keine Gesamtschuld der Gesellschafter vor.
Im Gesamtschuldprozeß erwächst die (Nicht-)Verpflichtung der Gesellschafter in Rechtskraft, eine bestimmte Leistung als Gesamtschuldner (aus ihrem Privatvermögen) zu erbringen. Das möglicherweise als Vorfrage beurteilte Bestehen oder Nichtbestehen einer Gesamthandsverbindlichkeit erwächst nach der h.M. dagegen im Gesamtschuldprozeß als präjudizielles Rechtsverhältnis nicht in Rechtskraft, es sei denn, es ist im Wege der (negativen) Inzidentfeststellungsklage festgestellt worden268• Daher ist im zweiten Prozeß eine abweichende Beurteilung möglich. Nach anderer Auffassung erwachsen auch präjudizielle Rechte und Rechtsverhältnisse in Rechtskraft, wenn solche in einem zweiten Prozeß ihrem Ziel der angestrebten Ordnung nach in einem Sinnzusammenhang mit der nunmehr festzustellenden Rechtsfolge stehen269• Dieser Zusammenhang bewirke, daß die erste Entscheidung nicht beiseite geschoben werden dürfe, sondern im zweiten Prozeß Rechtskraft bewirke. Dies gelte beispielsweise in folgenden Fallkonstellationen: Ist wegen Nichtigkeit des gegenseitigen Vertrages die Klage auf Leistung abgewiesen, so soll das zur Abweisung der späteren Klage auf die Gegenleistung zwingen, weil auch die Vertragsnichtigkeit bindend festgestellt sd70• Gleiches gelte auch für die Geltendmachung von Rechten, die wahlweise auf eine Existenzgrundlage gestützt werden können, so z.B. Schadensersatz in Natur oder Geld, §§ 249ff. BGB, Anspruch auf verschiedene 267 Rosenberg/Schwab, § 152 IV 2; Jauemig, ZPR, § 62 III 2; Grunsky, § 47 IV 2 a; ZöllerN011kommer, vor § 322 Rz. 22ff.; BGH, NJW 1985, 2535f. 268 Vgl. hierzu: Jauemig, ZPR, § 63 III 2; ZöllerNollkommer, Vor § 322 Rz. 34ff.; BGHZ 85, 367 (374). 269 Vgl. hierzu eingehend: Zeuner, passim; Blomeyer, ZPR, § 89 V 4 a; Bruns, ZPR, Rz. 234; Rosenberg/Schwab, § 155 III 2; Grunsky, §47 IV e b Geweils m.w.Nachw.). 270 Zeuner, S. 75ff.; dem zust.: Blomeyer, ZPR, § 89 V 4 a; Bruns, ZPR, Rz. 234; Rosenberg/Schwab, § 155 III 2.
XI. Gesamthandsschuldprozeß und Gesamtschuldprozeß
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Leistungen nach Wahl, § 262 BGB, oder das Recht, bei Nichterfüllung eines Vertrages Schadensersatz zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten. Werde in diesen Fällen ein Anspruch wegen fehlender Rechtsgrundlage ver~ neint, so stehe dies auch für die Klage fest, die auf das andere zur Wahl stehende Recht gestützt wird271 • Wird auf Herausgabe nach § 985 BGB geklagt, so stehe für einen zweiten Prozeß der Parteien im Falle der Klagabweisung mangels Eigentum das fehlende Eigentum, im Falle derBegründetheit der Klage das Eigentum rechtskräftig fese72, weil das Ordnungsziel der Klage aus § 985 BGB den vollen Gehalt des zugrunde liegenden Eigentums umfasse. Durch das Urteil über einen Rechnungslegungsanspruch soll nach dieser Auffassung auch die in diesem Prozeß im Rahmen der Vorfrage getroffene Entscheidung über das Bestehen des Hauptanspruches inter partes in Rechts~ kraft erwachsen, weil der Rechnungslegungsanspruch lediglich ein technisches Hilfsmittel für die Inhaltsbestimmung und praktische Durchsetzung des Hauptanspruches see73• Folgt man dieser Meinung und zieht die angeführten Beispiele verg1eichs~ weise heran, könnte man eine im Gesamtschuldprozeß als präjudizielles Rechtsverhältnis festgestellte Gesamthandsschuld im folgenden Gesamt~ handsschuldprozeß als rechtskräftig entschieden betrachten. Die Platt-GmbH klagt zunächst gegen die einzelnen Gesellschafter A, Bund C auf Zahlung des Kaufpreises für die Dampfwalze, in der irrigen Annahme, Gesellschaftsvermögen sei nicht vorhanden. Das Gericht bejaht als Voraussetzung seiner Entscheidung das Vorliegen eines Kaufvertrages und das Bestehen einer Gesamthandsschuld. Klagt sie in einem neuen Prozeß gegen A, Bund C nunmehr auf Erfüllung der Gesamthandsschuld, z.B. weil eine Befriedigung in den Privatvermögen nicht gefunden werden konnte, so dürfte nach dieser Ansicht das Gericht das Bestehen einer Gesamthandsschuld nicht verneinen. Die Gesellschafter wären somit mit Einwendungen gegen das Bestehen der Gesamthandsschuld grundsätzlich ausgeschlossen. Dies fOlgt daraus, daß das im ersten Prozeß als Vorfrage festgestellte Rechtsverhaltnis der Gesamthandsschuld mit der Rechtsfolge des zweiten Prozesses, Leistung infolge der Gesamthandsschuld, in einem Sinnzusammenhang steht274•
Nach beiden Auffassungen ist im Gesamtschuldprozeß die in Rechtskraft erwachsene Entscheidung des Gesamthandsschuldprozesses, daß eine Gesamthandsschuld (nicht) besteht, zu beachten, weil über diesen geltend gemachten Anspruch entschieden worden ist. Insofern bedarf es diesbezüglich Zeuner, S. 164ff. Zeuner, S. 143ff.; ablehnend: Blomeyer, ZPR, § 89 V 4 d. 273 Zeuner, S. 157ff. 274 Zur Unzulässigkeit der Zwangsvollstrec~ung in das Gesellschaftsvermögen nach § 736 ZPO aufgrund gegen alle Gesellschafter erwirkter Gesamtschuldtitel siehe unten E.II.3.; zur Unzulässigkeit der Umschreibung von Gesamtschuldtiteln gegen alle Gesellschafter in einen Gesamthandsschuldtitel siehe unten E.II.3.t). 271
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
nicht des Heranziehens der abweichenden Meinung zur Rechtskraft der präjudiziellen Rechtsverhältnisse. Jedoch beurteilt die abweichende Auffassung die Wirkung der im Gesamtschuldprozeß als Vorfrage entschiedenen Gesamthandsschuld im Unterschied zur h.M. als eine Rechtskraftwirkung. Dieser Auffassung stehen jedoch durchgreifende Bedenken entgegen. Zunächst legt der Wortlaut des § 322 I ZPO, nach dem in Rechtskraft die Entscheidung nur insoweit erwächst, als über den Anspruch entschieden ist, nahe, die Rechtskraftwirkung eng auszulegen. Zum andern kann unbilligen Ergebnissen mit dem materiell-rechtlichen Gedanken des Rechtsmißbrauchs abgeholfen werden275 • Entscheidend jedoch ist auch der Schutz der Parteien. Würde man eine Rechtskraftwirkung hinsichtlich der Entscheidungsgründe zulassen, so liefen die Parteien Gefahr, an nur beiläufig geäußerte Urteilsgründe gebunden zu sein 276, ohne die Möglichkeit der Anfechtung mit Rechtsmitteln zu haben. Schließlich können die Parteien widersprüchliche Urteile durch die Erhebung der (negativen) Inzidentfeststellungsklage, § 256 11 ZPO, vermeiden. Daher ist als Ergebnis festzuhalten, daß der im Gesamtschuldprozeß über das Bestehen einer Gesamthandsschuld als Vorfrage getroffenen Entscheidung im Gesamthandsschuldprozeß keine Rechtskraftwirkung zukommt.
ß) Parteifähigkeitslösung Nach der Parteifähigkeitslösung sind die Parteien in Gesamthands- und Gesamtschuldprozeß nicht identisch. In jenem sind es die GbR und der Gläubiger, in diesem die Gesellschafter und der Gläubiger. Daher wirken die jeweiligen Entscheidungen grundsätzlich nicht im späteren zweiten Prozeß, § 325 I ZPO zn . Für die OHG ist von diesem Grundsatz allerdings allgemein eine Ausnahme anerkannt. Nach § 129 I HGB kann ein in Anspruch genommener Gesellschafter Einwendungen, die außerhalb seiner Person begründet sind, dem Gläubiger nur insoweit gegenüber geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können. Diese Norm wird als Rechtskrafterstreckung des Urteils der OHG auf ihre Gesellschafter und daher als ausdrückliche Ausnahme zu § 325 I ZPO ausgelege78• Bei einem klagabweisenden Urteil im OHG-Prozeß wirkt dies zu Gunsten der Gesellschafter, bei einer Verurteilung zu ihren Ungunsten279• Weitere Rechtskraftwirkungen von einem
Vgl. hierzu Jauemig, ZPR, § 63111 2. So auch: Jauemig, ZPR, § 63111 2. 2n Für die OHG: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 325 Anm. 6 "Gesellschaft"; ZöllerNollkommer, § 325 Rz. 35, 36. 278 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 325 Anm. 6 "Gesellschaft"; ZöllerNollkommer, § 325 Rz. 35. 279 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 325 Anm. 6 "Gesellschaft, Anm. B a, b"; ZöllerNollkommer, § 325 Rz. 35. 275
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XI. Gesamthandsschuldprozeß und Gesamtschuldprozeß
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Prozeß auf den anderen sind für die OHG daher nicht festzustellen 280• Daher kommt es für die Parteifähigkeitslösung entscheidend darauf an, ob eine Rechtskrafterstreckung, wie sie § 129 I HGB für die OHG vorsieht, auch hinsichtlich der GbR zu bejahen ist. Dies wird z.T. wegen der besonderen Mitverpflichtung der Gesellschafter für Gesamthandsverbindlichkeiten und der Zugehörigkeit der Gesamthandsschuld zum Tatbestand der im Gesamtschuldprozeß geltend gemachten persönlichen Haftung für möglich erachtet281 • r) Stellungnahme
Eine Rechtskrafterstreckung bei der als parteifähig erachteten G bR ähnlich
§ 129 I HGB erscheint nicht möglich. Ein Analogieschluß scheitert sowohl an
der fehlenden Gesetzeslücke als auch an der mangelnden Vergleichbarkeit beider Gesellschaftstypen282• Die Erstreckung der Rechtskraftwirkung läßt sich aber auch nicht mit der besonderen Mitverpflichtung der Gesellschafter für Gesamthandsverbindlichkeiten und der Zugehörigkeit der Gesamthandsschuld zum Tatbestand der persönlichen Haftung erklären. Die Mitverpflichtung der Gesellschafter einer OHG ist wegen § 128 HGB strenger als bei der GbR, und auch die Gesamthandsschuld gehört hier wegen § 128 HGB zum Tatbestand der persönlichen Haftung. Gleichwohl erachtete der Gesetzgeber es für notwendig, in § 129 I HGB die Rechtskrafterstreckung anzuordnen. Daher ist es nicht möglich, ohne gesetzliche Grundlage eine solche Erstrekkung bei der als parteifähig anerkannten GbR anzunehmen. Im Vergleich zur Streitgenossenschaftslösung stellt die Parteifähigkeitslösung die unbefriedigendere dar, weil nach ihr wegen der fehlenden Parteiidentität beider Prozesse eine Rechtskraftwirkung von einem Prozeß 'auf den anderen niemals eintreten kann. Im Umkehrschluß kann daher gesagt werden, daß das Fehlen einer gesetzlichen Anordnung der Rechtskrafterstreckung auf der gesetzlichen Annahme, daß in Gesamthands- und Gesamtschuldprozeß die Parteien identisch sind, und damit auf der gesetzgeberischen Konzeption der Parteiunfähigkeit der GbR und der ParteisteUung der Gesellschafter beruht. b) Übergang nach der Streitgenossenschaftslösung Da nach der Streitgenossenschaftslösung die Gesellschafter sowohl im Gesamthands- als auch im Gesamtschuldprozeß Prozeßparteien sind, stellt sich 280 Zu Rechtskraftwirkungen im Innenverhältnis vgl. ZöllerNollkommer, § 325 Rz. 36; BGHZ 48, 174. 281 So Heller, S. 184, der im Ergebnis aber der Streitgenossenschaftslösung den Vorzug gibt, S.246ff. 282 Siehe hierzu bereits oben B.V.l.f)cc),C.lV.5.b)bb). 10 Göckeler
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D. Prozessuale Einzelprobleme des GeseUschafts(schuld)prozesses
ein Übergang des klagenden Gläubigers von der einen Klage auf die andere oder die Erweiterung der einen Klage um die andere niemals als Parteiwechsel dar. Vielmehr sind die Regeln der Klagänderung, §§ 263ff. ZPO, anzuwenden. aa) Unanwendbarkeit des § 264 ZPO
Ändert der Kläger seine Klage in einer der beschriebenen Art, so ergänzt oder berichtigt er weder nur seine tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen (§ 264 Nr. 1 ZPO), noch fordert er statt des ursprünglichen Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung einen anderen Gegenstand oder das Interesse. Die fehlende Identität der Streitgegenstände von Gesamthands- und Gesamtschuldprozeß verbieten eine solche Interpretation283 . Erweitert oder beschränkt der Kläger jedoch den Klagantrag in der Hauptsache, so stellt dies nach § 264 Nr. 2 ZPO keine Klagänderung dar. Voraussetzung hierfür ist, daß der Klagegrund derselbe bleibt und lediglich eine quantitative Änderung des Klagantrags erfolgt284. Ändert der Kläger jedoch seine Klage in der oben beschriebenen Weise, so führt er einen neuen Klagegrund in den Prozeß ein. Hat er zunächst die Gesamthandsschuldklage erhoben, so behauptet er eine Verpflichtung der Gesellschafter in ihrer Verbundenheit. Mit der Gesamtschuldklage behauptet er aber eine persönliche, auf einem besonderen Grund beruhende Verpflichtung der einzelnen Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen. Daher liegen in keinem denkbaren Fall der Klagänderung (Übergang von der einen Klage auf die andere, nachträgliche Erhebung der anderen Klage) die Voraussetzungen des § 264 Nr. 2 ZPO vor. bb) Anforderungen des § 263 ZPO
Somit ist der Übergang von einer Klage auf die andere oder die nachträgliche Erhebung der bisher nicht rechtshängigen Klage im Prozeß nach § 263 ZPO zu beurteilen. Eine solche Klagänderung ist danach nur möglich, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht die Klagänderung für sachdienlich erachtet. Zu beachten ist aber die Einwilligungsvermutung nach § 267 ZPO. ce) Wirkungen
Die Klagänderung bewirkt die Rechtshängigkeit der geänderten Klage ex nunc ab Zustellung (§§ 261 1,253 ZPO) oder ab AntragsteIlung im Prozeß 283 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 264 Anm. 2 B, D; Zöller/Stephan, § 264 Rz.lff. 284 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 264 Anm. 2 C; Jauemig, ZPR, § 41 11 2; ZöllerlStephan, § 264 Rz. 3.
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(§ 261 11 ZPO)28S. Zwar sind die Parteien der bisherigen Klage und der geänderten Klage identisch, doch können vor der Klagänderung vorgenommene Parteiprozeßhandlungen2&\ nur dann auch für die geänderte Klage wirksam und von bindender Wirkung sein, wenn sie auch in Bezug auf den neuen Streitgegenstand wirksam sind. Andernfalls steht einer Verwertung dieser Tatsachen im Wege der freien Beweisführung nichts im Wege. Zur Verdeutlichung folgendes Beispiel: Die Platt GmbH verklagt zunächst A, Bund C als Gesamtschuldner, weil sie glaubt, daß kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. Nach Aufdeckung dieses Irrtums möchte sie nunmehr nicht A, Bund C als Gesamtschuldner, sondern als GbR mit Haftung des Gesellschaftsvermögens in Anspruch nehmen. Sie ändert daher die Gesamtschuldklage in eine Gesamthandsschuldklage um. Hat A im Gesamtschuldprozeß nach § 307 ZPO anerkannt, so wirkt im Gesamthandsschuldprozeß dieses Anerkenntnis nicht, weil ein solches nur gemeinschaftlich von A, Bund C abgegeben werden kann287•
c) Übergang nach der Parteifähigkeitslösung Geht der klagende Gläubiger von der Gesamthands- auf die Gesamtschuldklage über (oder umgekehrt) oder erhebt er sie nachträglich, so ändern sich auf der Passivseite die Beklagten (GbR statt Gesellschafter oder umgekehrt) oder es kommen ein oder mehrere neue Beklagte hinzu (GbR/Gesellschafter). Der erste Fall ist als gewillkürter Parteiwechsel, der zweite als nachträgliche subjektive Klagehäufung zu bewerten.
aa) Gewillkürter PaTteiwechsel Der Übergang vom Gesamthands- zum Gesamtschuldprozeß oder umgekehrt ist gesetzlich nicht als Parteiwechsel geregelt. Daher ist ein solcher anhand der entwickelten Auffassungen zum gewillkürten Parteiwechsel zu messen. a) Voraussetzungen
Unter welchen Voraussetzungen ein gewillkürter Parteiwechsel zulässig ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die ältere Rechtsprechung behandelte einen gewillkürten Parteiwechsel wie eine Klagänderung. Demnach müssen die Beklagten ihre Zustimmung erteilen 28S ZöllerlStephan, § 263 Rz. 16. 2&\ Vgl. hierzu ausführlich oben D.VIII. '1ß7
Siehe hierzu oben D.VIII.2.a)aa).
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
oder das Gericht den Parteiwechsel für sachdienlich erachten288• Dies hat zur Folge, daß ein Parteiwechsel in jeder Lage des Verfahrens bis hinein in die Berufungsinstanz, ohne Zustimmung des alten und neuen Beklagten zulässig ist, wenn das Gericht ihn für sachdienlich erachtet289• Nach anderer Auffassung ist ein Parteiwechsel auf der Passivseite nur mit Zustimmung des alten Beklagten zulässig, in der Berufungsinstanz zudem nur mit der Zustimmung des neuen Beklagten29O• Die Zustimmung des alten und neuen Beklagten kann nach dieser Auffassung ersetzt werden, wenn ihre Verweigerung einen Mißbrauch bedeutete291 • Erfolgt der Parteiwechsel in erster Instanz allerdings ohne Zustimmung des neuen Beklagten, so soll dieser nicht an den bisherigen Prozeßverlauf und seine Ergebnisse gebunden sein292• Die Argumente dieser Auffassung berücksichtigen insbesondere den Schutz des neuen Beklagten vor einer Parteistellung in der Berufungsinstanz ohne seine Zustimmung293• Danach ist beim Übergang vom Gesamthandsschuldprozeß auf den Gesamtschuldprozeß die Zustimmung der GbR, in zweiter Instanz auch die der Gesellschafter als neue Beklagte erforderlich. Umgekehrt ist immer die Zustimmung der Gesellschafter, in zweiter Instanz die der GbR notwendige Voraussetzung des gewillkürten Parteiwechsels. Der zweiten Auffassung zu den Voraussetzungen gebührt der Vorzug. Zum einen vermeidet er für den neuen Beklagten den unfreiwilligen und ungerechtfertigten Verlust einer Instanz, weil er ohne seine Zustimmung nicht Partei des Berufungsverfahrens werden kann (volenti nonfit iniuria). Zum andern schützt diese Auffassung auch den alten Beklagten. Dieser hat u.U. ein Interesse daran, daß er nicht nochmals mit einem Rechtsstreit durch den Kläger überzogen wird. Dieses Interesse kann er, ähnlich wie bei der Klagrücknahme, dadurch sichern, daß er der Klagrücknahme bzw. dem Parteiwechsel nicht zustimmt und so eine Entscheidung, die in Rechtskraft erwächst, erzwingt, § 269 I ZP0 294 • Diese Schutzerwägungen schränken die Ersetzungsmöglichkeit der Zustimmung wegen Mißbrauchs ein. 288 RGZ49, 376 (377); 108,350 (351); 141,277 (283); 157,369 (377); BGHZ 16, 318 (321f.); 17,340 (342); wohl auch BGH, WM 19821170. 289 Vgl. für einen Fall in der Berufungsinstanz: BGHZ 21, 287ff. (betr. OHG); vgl. auch Fischer, (PS Hedemann) 1958, S. 80 m.w.Nachw., der § 264 ZPO anwenden möchte. 290 De Boor, (PS Siber) 1941, 38ff.; ihm folgend: Rosenberg/Schwab, § 421112 c; Blomeyer, ZPR, § 114 V; Henckel, Parteilehre, S. 236; Jauernig, ZPR, § 86 11; Arens, Rz. 109; Baur, ZPR, Rz. 76; Hoche!Haas, S. 268f.; Zeiss, § 50 11 3; als Vertreter der Parteifähigkeitslehre: Lindacher, JuS 1982,596; aus der jüngeren Rechtsprechung vgI. BGHZ 71,219; 91, 134; BGH, NJW-RR 198(j,428f. 291 BGH, NJW 1987; H. Roth, NJW 1988, 2981f.; Jauernig, ZPR, § 8611; Hoche!Haas, S. 268f.; Zeiss, § 50 11 3. 292 Schellhammer, Rz. 1432; Zeiss, § 50 11 3. 293 Vgl. Nachweise in FN 292. 294 Das Zustimmungserfordernis nach § 269 I ZPO ist auch bei einer Klagänderung nicht
XI. Gesamthandsschuldprozeß und Gesamtschuldprozeß
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ß) Wirkungen Die Wirkungen eines gewillkürten Parteiwechsels sind in Rechtsprechung und Lehre sehr umstritten29S • Das Problem dieser Diskussion liegt insbesondere in der Frage, inwieweit die neue Partei an bereits im Zeitpunkt ihres Eintritts bestehende Prozeßlagen gebunden ist296• Auszugehen ist davon, daß das Verfahren vor und nach dem Parteiwechsel ein Ganzes bildef91. Daher ergeht z.B. eine einheitliche Kostenentscheidung, nicht eine getrennt nach Verfahrensabschnitten. Über die außergerichtlichen Kosten des ausgeschiedenen alten Beklagten (GbR oder Gesellschafter) ist auf seinen Antrag hin durch Beschluß in analoger Anwendung des § 269 III S. 3 ZPO zu entscheiden298• Die Mehrkosten hat der Kläger zu tragen, § 269 III S. 2 ZPO analog. An den neuen Beklagten ist die Zustellung der Klagschrift nach § 73 ZPO analog mit Angabe des Streitgegenstandes erforderlich. Die materiell-rechtlichen Wirkungen der Rechtshängigkeit, Z.B. die verschärfte Haftung gemäß § 292 BGB oder die Unterbrechung der Verjährung gemäß § 209 BGB299 treten grundsätzlich erst mit der Rechtshängigkeit ein300• Erst ab diesem Zeitpunkt können auch Prozeßzinsen nach § 291 BGB verlangt werden301 • Eine Bindung an bereits bestehende Prozeßlagen besteht in den von H. Roth302 entwickelten Fallgruppen der Bindungswirkung durch Rechtskrafterstreckung, Bindung kraft willentlicher Übernahme, Bindung kraft Prozeßbeeinflussung und Bindungswirkung kraft nicht verböserungsfähiger Prozeßsituation. Eine Bindungswirkung kraft Rechtskrafterstreckung kommt beim Wechsel von der Gesamthandsschuldklage gegen die als parteifähig erachtete GbR zur Gesamtschuldklage gegen die Gesellschafter (oder umgekehrt) nicht in Betracht, weil sich insoweit der Streitgegenstand ändert. Anders als bei den Personenhandelsgesellschaften kann die Rechtskrafterstreckungsnorm des § 129 HGB 303 auf die als parteifähig erachtete GbR wegen der fehlenden durch die Sachdienlichkeit ersetzbar, vgl. ZöllerlStephan, § 263 Rz. 18; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 264 Anm. 2 C. 29S Vgl. Jauernig, ZPR, § 86 11; eingehend: H. Roth, NJW 1988, 2977ff. 296 H. Roth, NJW 1988, 2977. 297 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 263 Anm. 2 C ace; Jauernig, ZPR, § 86 11; RosenberglSchwab, § 42 III 6; ZöllerlStephan, § 263 Rz. 6, 9. 298 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 263 Anm. 2 D; RosenberglSchwab, § 42 III 6. 299 Hierzu: BAG, AP § 264 ZPO Nr. 2. 300 H. Roth, NJW 1988, 2983, mit Hinweis auf die Ausnahme von diesem Grundsatz unter Anwendung des § 826 BGB. 301 H. Roth, NJW 1988, 2983, mit Hinweis auf: Stein/Jonas/Schumann, § 264 Rz. 126, und Jauernig, ZPR, § 86 11. 302 H. Roth, NJW 1988, 298Off. 303 Hierzu: H. Roth, NJW 1988,2981 mit w.Nachw.
150
o. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
Gesetzeslücke und der mangelnden Vergleichbarkeit der Gesellschaftstypen304 keine (analoge) Anwendung fmden. Möglich sind dagegen die übrigen Fallgruppen, aus denen sich eine Bindungswirkung ergeben kann. So wenn die Gesellschafter die bestehende Prozeßlage willentlich übernehmenlOS, wenn sie schon zuvor die Führung des Rechtsstreits maßgeblich beeinflußt haben306 oder wenn die bestehende Prozeßlage für den neuen Beklagten (GbR oder Gesellschafter) lediglich vorteilhaft ist und die Prozeßsituation durch den Beklagtenwechsel nicht verbösert werden kann307• Die Wirkung besteht Z.B. in einer Bindung an die Ergebnisse von Beweisaufnahmen, an Geständnisse der alten Partei, in einer Zurechnung der Verspätungen der alten Partei oder im Verlust prozessualer Rügen308• Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist eine Bindungswirkung an die bestehende Prozeßlage zu verneinen. Da die Streitgegenstände von Gesamthands- und Gesamtschuldklage unterschiedlich sind, wird dies der Regelfall sein.
bb) Nachträgliche Klagehäufung Erhebt der Kläger nachträglich im Gesamthandsschuldprozeß zusätzlich die Gesamtschuldklage oder umgekehrt, so stellt dies eine nachträgliche subjektive Klagehäufung dar. Ihre Zulässigkeit ist daher nach §§ 59f. ZPO zu beurteilen. Aus § 60 ZPO, wonach mehrere Personen auch dann verklagt werden können, wenn gleichartige und auf einem im wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Dies ist hinsichtlich der Gesamthandsbzw. Gesamtschuld der Fall, eine nachträgliche subjektive Klagehäufung daher zulässig309• Das Gericht kann nach § 147 ZPO beide Verfahren verbinden. Die Rechtshängigkeit der nachträglichen Klage wird erst ab Zustellung der Klagschrift begründet, §§ 261 I, 253 ZPO. Die AntragsteIlung im Prozeß nach § 261 11 ZPO reicht nicht, da die Parteien nicht identisch sind. Die Wirksamkeit von zuvor vorgenommenen Prozeßhandlungen bestimmt sich nach jeder Klage selbst. In der Berufungsinstanz ist eine Verbindung nach § 147 ZPO und damit die zusätzliche Klageerhebung unzulässig3lO•
304
Siehe hierzu oben O.xI.3.a)bb)y).
lOS Vgl. H. Roth, NJW 1988, 2981.
Hierzu: H. Roth, NJW 1988, 2981f. Vgl. H. Roth, NJW 1988, 2982 mit Hinw. aufBGH, NJW-RR 1986, 356. 308 Vgl. hierzu: H. Roth, NJW 1988, 2982f. 309 Zur nachträglichen subjektiven Klagehäufung: Jauemig, ZPR, § 81 11; anderer Auffassung ist der BGH, NJW -RR 1986, 356 m.w.Nachw., der die Grundsätze des gewillkürten Parteiwechsels anwendet. 310 Siehe Jauemig, ZPR, § 86 III. 306
307
XII. Durchsetzungvon Ansprüchen im Innenverhältnis
151
d) Stellungnahme Die Streitgenossenschaftslösung liefert insbesondere aufgrund der Tatsache, daß eine analoge Anwendung des § 129 I HGB auf die (parteifähige) GbR nicht möglich ist, gegenüber der Parteifähigkeitslösung die überzeugenderen und der Struktur der GbR angemesseneren Ergebnisse. So vermeidet sie die schwierigen Folgeprobleme eines gewillkürten Parteiwechsels. Sie allein kann aufgrund der Parteienidentität im Gesamthandsschuld- und im Gesamtschuldprozeß eine Rechtskraftwirkung der Entscheidung im Gesamthandsschu~d prozeß für den Gesamtschuldprozeß begründen. Demnach ist die gleichzeitige Erhebung von Gesamthands- und Gesamtschuldklage zulässig. Der Übergang von der einen auf die andere Klage ist als Klagänderung nach den Voraussetzungen des § 263 ZPO zulässig. Dabei ist zu berücksichtigen, daß § 267 eine Vermutung hinsichtlich der Einwilligung der beklagten Gesellschafter statuiert. Zum andern wird in aller Regel die Sachdienlichkeit der Klagänderung zu bejahen sein, weil hierdurch ein zweiter Rechtsstreit vermieden wird und die neue abgeänderte Klage in ihrer Begründung Viele Tatsachen mit derjenigen der alten Klage gemeinsam hat3l1 • Eine Notwendigkeit zur Rechtsfortbildung kann in diesem prozessualen Teilbereich ebensowenig festgestellt werden wie das Bedürfnis einer Gesetzesänderung.
XII. Durchsetzung von Ansprüchen im Innenverhältnis der GbR, insbesondere actio pro socio Im Innenverhältnis stehen der Gesellschaft bzw. den übrigen Gesellschaftern vielfach Ansprüche gegen die einzelnen Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsvertrages zu (Sozialansprüche)312. Auf der anderen Seite können einem Gesellschafter Ansprüche gegen die Gesellschaft bzw. die übrigen Gesellschafter zustehen, welche wiederum ihren Ursprung im Gesellschaftsvertrag oder im Gesetz, § 713 BGB, haben (Sozialverpflichtungen)313. Im folgenden sollen die prozessualen Durchsetzungsmöglichkeiten nach den verschiedenen Parteimodellen untersucht werden.
Zur Sachdienlichkeit der KIagänderung vgl. Jauemig, ZPR, § 411112. Siehe hierzu bereits oben 8.1I.5.a), 1II.4.a), IV.5. 313 Vgl. hierzu bereits oben 8.1I.5.b), 1I1.4.a), IV.5. 311
312
152
D. Prozessuale Einzelprobleme des Oesellschafts(schuld)prozesses
1. Sozialanspriicbe (actio pro socio)
a) Streitgenossenschaftslösung Sozialansprüche stehen nach der Verbundenheitslehre314 den Gesellschaftern in ihrer Verbundenheit ZU31S. Dies hat prozessual die Prozeßführungsbefugnis aller Gesellschafter in ihrer Verbundenheit zur Folge. Die logische Folge hiervon wäre, daß auf der Aktivseite des Prozesses alle Gesellschafter Partei sein müßten. Da aber auf der Passivseite nur der nachlässige Gesellschafter Partei sein kann, läge strenggenommen partielle Parteiidentität vor. Eine Parteiidentität ist aber mit den Grundsätzen des bürgerlichen und prozessualen Rechts nicht vereinbar316• So geht die Verbundenheitslösung ebenso wie die Streitgenossenschaftslösung davon aus, daß Sozialansprüche den übrigen Gesellschaftern als Gesamthand gegenüber dem nachlässigen zustehen und daher allein die übrigen Gesellschafter auch die gemeinschaftliche Prozeßführungsbefugnis besitzen317• Bei einer Zweimann-GbR sind die Ansprüche demnach durch den anderen Gesellschafter geltend zu machen. Die gesamthänderische Gebundenheit zeige sich darin, daß der verpflichtete Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen zu leisten hat, an dem auch er Anteil hat und der Klagantrag so zu lauten hat318• Daneben ist anerkannt, daß auch jeder einzelne Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt ist, Sozialansprüche gegen einen Gesellschafter geltend zu machen. Dabei kann auch in diesem Fall nur Leistung an die Gesamthand gefordert werden319• Auf diese Konstellation allein paßt der Begriff der actio pro socio3'1JJ. Dabei taucht das Problem der Parteiidentität nicht auf, weil sowohl der klagende als auch der beklagte Gesellschafter im eigenen Namen prozessieren. Die dogmatische Begründung der Prozeßführungsbefugnis des einzelnen Gesellschafters ist umstritten. Nach einer Auffassung macht der Gesellschafter einen eigenen Anspruch auf Leistung des Gesellschafters geltend, der dem Gesellschaftsvertrag entspringt und so die
314 Die Teilrechtsfähigkeitslehre bleibt hier außer acht, weil sie mit dem Streitgenossenschaftsmodell hinsichtlich der Prozeßführungsbefugnis - um diese Frage geht es im wesentlichen - nicht in Einklang zu bringen ist; siehe dazu oben D.V1I.4. 31S Siehe dazu oben 8.115.a), 1I1.4.a). 316 Vgl. Schünemann, S. 222 mit Verweis auf Gierke, S. 683; Fischer, (FS Hedemann) 1958, S. SOf.; Oottwald, JA 1982,64: Zivilprozeß als kontradiktorischer Zweiparteienprozeß; eingehend: Heinsheimer, passim, insbes. S. 22, 25, 35ff. 317 BOH, DB 1974, 1519; Palandt/Ibomas, § 705 Rz. 20. 318 BOH, NJW 1960,433; Staudinger/Keßler, § 70S Rz. 59. 319 Hadding, § 1 I, zum Umfang § 2 1,2 b, 3. 3'1JJ Kübler, § 6 3 b; Hadding, § 2 I 1; sehr entschieden: Pawlowski, JuS 1990, 380; aus der Rechtsprechung: BOHZ 75, 178ff.
XII. Durchsetzung von Ansprüchen im Innenverhältnis
153
Prozeßführungsbefugnis aus behauptetem eigenen Recht ermögliche21 • Die Klage ist aber auch nach dieser Ansicht auf Leistung an die GbR zu richten322• Diese Auffassung ist aber abzulehnen, weil sie die gesamthänderische Struktur der GbR nicht genügend beachtet. Es stellt einen Widerspruch dar, jedem Gesellschafter einen Anspruch auf Leistung gegen jeden anderen Gesellschafter einzuräumen, den Inhalt dieses Anspruchs aber auf Leistung an die Gesamthand einzuschränken323• Wenn die Gesamthand Leistungsempfänger sein soll, muß sie auch selbst berechtigt sein. Daher geht die h.M. bei der actio pro socio von einer Prozeßstandschaft aus, die entweder als Gewohnheitsrecht mit den Wirkungen einer gesetzlichen Prozeßstandschaft anzuerkennen324 oder aber durch Auslegung des Gesellschaftsvertrages als gewillkürte Prozeßstandschaft zu ermitteln sei325 • Die nähere Erörterung dieser Frage erübrigt sich im vorliegenden Zusammenhang. Um die Prozeßführungsbefugnis zu begründen, muß der im eigenen Namen klagende Gesellschafter des weiteren besondere Umstände darlegen und notfalls beweisen. Diese können die Unfähigkeit der Bildung eines Gesamtwillens oder die nicht legitime Gesamtwillensbildung sein326• Liegen diese Umstände nicht vor, so ist die Klage durch Prozeßurteil wegen Fehlens der Prozeßführungsbefugnis als unzulässig abzuweisen327• Das als weitere Voraussetzung einer gewillkürten Prozeßstandschaft erforderliche eigene schutzwürdige Interesse des Gesellschafters folgt aus seiner Mitgliedschaft: der Gesellschafter partizipiert am Erfolg und Mißerfolg der GbR über seine Beteiligung328• b) Parteifähigkeitslösung Sieht man mit der Parteifähigkeitslösung die GbR als Partei an, so macht sie die ihr zustehenden Sozialansprüche in eigenem Namen gegen den säumigen Gesellschafter geltend. Auf der Aktiv- und Passivseite stehen sich verschiedene, auch nicht teilidentische Parteien gegenüber329• Daneben ist aber auch innerhalb der Parteifähigkeitslösung die Möglichkeit der Geltendmachung 321 Buchner, AcP 169 (1969),505; Pawlowski, JuS 1990, 381; Fischer, ZGR 1979, 26Of.
Pawlowski, JuS 1990, 381. Vgl. Grunewald, S. 7ff. 324 Ulmer, § 705 Rz. 172 m.w.Nachw., zu den Wirkungen: Rz. 175; ZöllerNollkommer, vor § 50 Rz. 23; unentschieden: Erman/Westermann, § 705 Rz. 55. 325 Hadding, § 6; Eisenhardt, § 4 IV 8; Grunewald, S. 11ff., die zugleich eine Analogie zu §§ 432, 2039 ablehnt, S. 56. 326 Vgl. hierzu im einzelnen: Hadding, § 6 11; Ulmer, § 705 Rz. 173. 327 Vgl. nur Hadding, § 10 I. 328 Grunewald, S. 56; vgI. zum schutzwürdigen Interesse auch: Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 173. 329 So für die OHG: Fischer, (FS Hedemann) 1958, S. 8Of. 322 323
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
von Sozialansprüchen äegen einen Gesellschafter durch einen einzelnen Gesellschafter anerkanne . Diesbezüglich kann in vollem Umfang auf die bereits ausgeführten Grundlagen verwiesen werden331 • Der einzige Unterschied liegt darin, daß der einzelne klagende Gesellschafter nicht als Prozeßstandschafter der Gesellschafter in ihrer Verbundenheit, sondern als Prozeßstandschafter der GbR selbst die Prozeßführungsbefugnis besitzt. c) Verhältnis der actio pro socio zum Gesamthandsprozeß Fraglich ist, ob durch die rechtskräftige Entscheidung in einem aufgrund einer actio pro socio geführten Prozeß gegenüber der Klage der Gesamthand auf Erfüllung des Sozialanspruchs der Einwand der Rechtskraft mit Erfolg vom betroffenen Gesellschafter erhoben werden kann. Nach der Aussage, daß der im Wege der actio pro socio klagende Gesellschafter die Prozeßführungsbefugnis aufgrund gewillkürter Prozeßstandschaft innehat, ist·eine Rechtskrafterstreckung auf die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit bzw. auf die GbR selbst anzunehmen. Dies verlangt der Schutz des betroffenen Gesellschafters332• Dem wird entgegengehalten, das Recht zur Geltendmachung eines Gesamthandsanspruchs durch einen einzelnen Gesellschafter sei ein Sonderrecht, welches vom gleichen Recht aller anderen Gesellschafter unabhängig zu betrachten sei. Diese Betrachtungsweise erlaube ausnahmsweise, eine Rechtskrafterstreckung in diesem Fall der Prozeßstandschaft auszuschließen333 • Diese Auffassung vernachlässigt jedoch gänzlich den Schutz des in Anspruch genommenen Gesellschafters. Er wäre neben dem Gesamthandsanspruch U.U. auch noch Klagen anderer Gesellschafter ausgesetzt. Daneben verkennt diese Meinung die Tatsache, daß die actio pro socio denselben Streitgegenstand hat wie die Gesamthandsklage, nämlich Erfüllung des Sozialanspruchs an die Gesamthand334• Daher kann der im Wege der actio pro socio in Anspruch genommene Gesellschafter der Klage der Gesamthand den Einwand der Rechtskraft entgegenhalten. Die Richtigkeit dieser Auffassung zeigt sich auch am umgekehrten Fall: hat bereits die Gesamthand (erfolglos) gegen den Gesellschafter auf Erfüllung des Sozialanspruchs geklagt, so ist jedem Gesellschafter die actio pro socio hinsichtlich dieses Anspruchs wegen der Soergel/Hadding, § 705 Rz. 50. Siehe hierzu oben D.XII.1.a). 332 So auch Hadding, § 10 VIII; vgI. allgemein zur Rechtskrafterstreckung bei gewillkürter Prozeßstandschaft: Jauemig, ZPR, § 22 IV m.w.Nachw. 333 Hueck, OHG, § 18 11 3; Staudinger/Keßler, § 705 Rz.69. 334 So auch: Grunewald, S. 57; Heller, S. 71. 330 331
XII. Durchsetzung von Ansprüchen im Innenverhältnis
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rechtskräftigen Entscheidung im Gesamthandsprozeß verwehre3s • Damit sind aber auch die Grenzen dieses Einwandes gesteckt. Wird die actio pro socio oder die Gesamthandsklage als unzulässig abgewiesen (durch Prozeßurteil), so steht einer neuen Klage der Einwand der Rechtskraft nicht entgegen336• Diese Ausführungen gelten sinngemäß auch für den Einwand der Rechtshängt'gkel't331. Klagen mehrere Gesellschafter (gleichzeitig oder nacheinander, solange nicht der erste Prozeß bereits rechtskräftig entschieden ist) im Wege der actio pro socio auf Erfüllung desselben Sozialanspruchs, so muß ihnen gegenüber notwendig eine einheitliche Entscheidung ergehen. Der Gesellschafter kann nicht einmal voll zu Erfüllung, einmal gar nicht oder nur teilweise verurteilt werden. Die Einheitlichkeit der Entscheidung wird durch das Institut der notwendigen Streitgenossenschaft sichergestellt. Zwar bilden die klagenden Gesellschafter keine Gesamthand, so daß eine notwendige Streitgenossenschaft aus materiellem Grund, § 62 I 2. Alt. ZPO, nicht in Frage kommt. Es liegt aber eine notwendige Streitgenossenschaft aus prozessualen Gründen vor. Die Entscheidung gegenüber einem Gesellschafter als Prozeßstandschafter wirkt rechtskräftig für und gegen die Gesellschaft. Daher wäre es einem anderen Gesellschafter verwehrt, einen Anspruch der Gesellschaft, der bereits rechtskräftig vorbeschieden ist, als Prozeßstandschafter einzuklagen. Denn der Schutz des Gegners durch die Rechtskraft kann nicht im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft umgangen werden. Daher ist eine notwendige Streitgenossenschaft aus dem prozessualen Grund der Rechtskrafterstrekkun§, § 62 I 1. Alt. ZPO, zwischen den einzelklagenden Gesellschaftern gegeben 38. d) Stellungnahme In den Auswirkungen unterscheiden sich die Streitgenossenschafts- und Parteifähigkeitslösung sowohl hinsichtlich der Geltendmachung von Sozialan33S Vgl. hierzu Flurne, § 10 IV; K1auss/Lange, Rz.195; Ulmer, § 705 Rz.175: der Gesellschafter soll sogar mit dem Rechtskrafteinwand die Vollstreckungsgegenklage aus § 767 ZPO erheben können, wenn er aufgrund eines im Wege der actio pro sodo erstrittenen Titels in der Zwangsvollstreckung in Anspruch genommen wird. Diese Auffassung ist nicht unproblematisch, weil sie einen Umstand berücksichtigt, der vor Schluß der mündlichen Verhandlung hätte vorgetragen werden können, und daher gegen § 767 11 ZPO verstößt. 336 Hadding, § 10 VIII. 331 Grunewald, S. 57. 338 So im Ergebnis auch: Bruns, ZPR, Rz. 63; Henckel, Parteilehre, S. 213f.; Heller, S. 72; KombIum, BB 1970, 1449; Lindacher, JuS 1986,383; allgemein zum Institut der notwendigen Streitgenossenschaft aus prozessualem Grund und zu dessen Wirkungen: Behringer, passim; Winte, passim (insbes. S. 15ff., 105ff., 178f., 268ff.).
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
sprüchen durch die Gesamthand als auch durch einzelne Gesellschafter im Wege der actio pro socio nicht. Daher kann diesbezüglich auch keine Notwendigkeit zur Rechtsfortbildung oder Gesetzesänderung gesehen werden. Problematisch allein aber ist, wie die in der Streitgenossenschaftslösung aufgetretene partielle Parteiidentität dogmatisch zu lösen ist. Problematisch erscheint es, die Gesamthand der übrigen Gesellschafter materiell-rechtlich als Rechtsträger anzusehen339• Wären sie forderungsberechtigt, so fiele der begehrte Leistungsgegenstand in ihr (gesamthänderisches?) Vermögen; der leistende Gesellschafter aber soll als Mitglied der Gesamthand ebenfalls über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen mittelbar an diesem Gegenstand berechtigt sein. Daher ist vielmehr mit Hadding340 davon auszugehen, daß die Gesamthand forderungsberechtigt ist, eine Konfusion oder Konsolidation aber nicht eintrete, weil eine auch nur ideelle Teilberechtigung der Gesellschafter an einzelnen Rechten der Gesellschaft ausgeschlossen ist341 • Daher können die übrigen Gesellschafter (auch nicht als Gesamthand) aus eigenem Recht Sozialansprüche gegen einen säumigen Gesellschafter einklagen342• In Betracht kommt aber eine gewillkürte Prozeßstandschaft der übrigen Gesellschafter für die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit. Billigt man einem einzelnen Gesellschafter die actio pro socio zu, so ist kein Grund ersichtlich, warum nicht auch die Gesamtheit der übrigen Gesellschafter als Prozeßstandschafter gemeinschaftlich den Sozialanspruch soll einklagen können. Die Grundlage hierfür ist im Gesellschaftsvertrag zu sehen. Im Prozeß bilden sie eine notwendige Streitgenossenschaft aus dem prozessualen Grund der Rechtskrafterstrekkung343• Der besondere Umstand, der zur Prozeßstandschaft berechtigt, ist hier allein in der Erfüllungsverweigerung des säumigen Gesellschafters zu sehen, denn eine Klage der Gesamthand ist aufgrund partieller Parteiidentität unzulässig. Zu erwägen ist weiterhin eine gesetzliche Prozeßstandschaft der
339 Hiervon müßten konsequent BGH, DB 1974, 1519 und PalandtfThomas, § 705 Rz. 20 ausgehen. 340 Hadding, § 211 1; ähnlich Kraft!Kreutz, S. 86; Hueck, OHG, § 18 I: die Verselbständigung "der Gesellschaft" in der Form der Gesamthandsgemeinschaft gestattet Rechtsbeziehungen zwischen ihr und ihren einzelnen Mitgliedern auch nach der individualistischen Lehre; Staudinger/Keßler, § 705 Rz. 56. 341 Diese Auffassung setzt nicht die Anerkennung der GbR als teilrechtsfähig voraus. Die Schwierigkeit der partiellen Parteiidentität vermeidet die individualistische Lehre, die in Ansprüchen eines Gesellschafters gegen die GbR eine Gesamtschuld der übrigen Gesellschafter sieht, vgI. PalandtfThomas, § 718 Rz. 9ff. Doch zeigt sich dadurch gleichsam die Schwäche dieser Auffassung: wie soll ein Gesellschafter, der zur vollen Leistung verurteilt ist, ohne Verfügungsbefugnis aus dem Gesellschaftsvermögen leisten, eine Inanspruchnahme seines Privatvermögens ist nach § 707 BGB ausgeschlossen. 342 Die von Henckel, Parteilehre, S. 188, begründete Lehre der verschiedenen ParteisteIlung infolge verschiedener Vermögenskreise kann nicht überzeugen; sie wird den besonderen Anforderungen im Prozeßrecht an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nicht gerecht. 343 Hierzu siehe oben D.XII.l.d).
XII. Durchsetzung von Ansprüchen im Innenverhältnis
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übrigen Gesellschafter für alle Gesellschafter im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung. Der gesetzliche Anknüpfungspunkt könnte in § 737 S. 2 BGB gesehen werden. Danach steht das Ausschließungsrecht gegenüber einem Gesellschafter den übrigen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Dies beinhaltet für den Prozeßfall die Prozeßführungsbefugnis. Die Tatsache, daß das Ausschließungsrecht den übrigen Gesellschaftern auch materiell-rechtlich zusteht, steht zwar einer Analogie (weil § 737 S. 2 BGB keinen Fall der Prozeßstandschaft regelt), nicht aber einer Rechtsfortbildung entgegen. Es entspricht der gesetzgeberischen Konzeption, daß gemeinschaftliche Ansprüche gegen einen Gesellschafter prozessual von den übrigen Gesellschaftern durchgesetzt werden können. Dem und der materiellen Rechtslage entspricht daher die Prozeßstandschaft. Diese als gesetzliche aufzufassen, erlaubt die richterliche Rechtsfortbildung. 2. SozialverpDichtungen
a) Streitgenossenschaftslösung Nach der Streitgenossenschaftslösung ist die Gesamthand Verpflichtete der Sozialverpflichtungen einzelner Gesellschafter. Im Prozeß wäre dem dadurch Rechnung zu tragen, daß der berechtigte Gesellschafter alle Gesellschafter in ihrer Verbundenheit, d.h. auch sich selbst, verklagt. Somit stellt sich auch hier das Problem der Vermeidung der partiellen Parteiidentität, denn die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit sind Verpflichtete der Sozialverpflichtung. Dementsprechend läßt die h.M. eine Klage gegen alle übrigen Gesellschafter zu, sieht wegen § 707 BGB als Haftungsobjekt aber nur das Gesellschaftsvermögen an344 • Somit ist auch hier an die Prozeßstandschaftslösung anzuknüpfen. Zu denken ist wiederum an eine gewillkürte Prozeßstandschaft der nichtberechtigten Gesellschafter für die Gesellschafter der GbR. Die Grundlage hierfür ist wiederum im Gesellschaftsvertrag zu sehen, dessen Auslegung ergibt, daß die übrigen Gesellschafter im Falle von Sozialverpflichtungen die passive Prozeßführungsbefugnis als gewillkürte Prozeßstandschafter für alle Gesellschafter in ihrer Verbundenheit ausüben sollen. Die Gesellschafter sind dann notwendige Streitgenossen aus dem prozessualen Grund der Rechtskrafterstreckung. Zum gewünschten Ergebnis führt auch auf der Passivseite die Annahme der gesetzlichen Prozeßstandschaft in richterlicher Rechtsfortbildung des § 737 S. 2 BGB. Nach diesen Lösungen ist in Abweichung von § 736 ZPO zur Zwangsvollstreckung in das GbR -Vermögen nur ein Titel gegen die übrigen Gesellschafter erforderlich345 • 344 345
Vgl. ErmanIWestermann, § 705 Rz. 52. Vgl. Kraft!Kreutz, S. 88; Staudinger/Keßler, § 705 Rz. 78; vgl. auch Schünemann, S. 254.
158
D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
Folgt man dieser Prozeßstandschaftslösung nicht, so ließe sich die Parteüdentität mit folgender Überlegung vermeiden. Der berechtigte Gesellschafter verlangt eine Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen. Zu dieser Leistung sind alle Gesellschafter nur gemeinschaftlich berechtigt, § 719 I BGB. Der berechtigte Gesellschafter seinerseits ist leistungsbereit. Daher könnte er auch Klage gegen die übrigen Gesellschafter erheben, mit dem Ziel, diese zur Mitwirkung bei der Leistung bzw. zur Zustimmung zu verpflichten. Die erforderliche einheitliche Entscheidung wird wiederum durch das Institut der notwendigen Streitgenossenschaft gesichert. Diese ist aus dem materiell-rechtlichen Grund der gemeinschaftlichen Verfügungsbefugnis, § 62 I 2. Alt. ZPO, anzuerkennen. Die Vollstreckbarkeit des erstrittenen Titels richtet sich nach § 894 ZPO. Jedoch hat diese Lösung den Nachteil, daß auf Grundlage eines solchen Titels nicht direkt ins Gesellschaftsvermögen vollstreckt werden kann. Diesen Nachteil vermeidet Heinsheimer346, der den Sozialverpflichtungen einen Anspruch des berechtigten Gesellschafters gegen die übrigen Gesellschafter auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen unterlegt. Diesen zuletzt genannten Lösungen ist gemeinsam, daß sie den ursprünglichen Leistungsanspruch in einen Zustimmungs- bzw. Duldungsanspruch umwandeln. Dabei bleibt aber unklar, auf welcher Grundlage diese Auswechslung des materiell-rechtlichen Klaggrundes geschehen soll347. Wie soll sich ein Zahlungsanspruch in einen Anspruch auf Zustimmung oder in einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen umwandeln? In der Konsequenz dieser Auffassungen bedeutete dies, daß ein materiell-rechtlicher Anspruch besteht, der prozessual nicht durchsetzbar ist. Daher ist die Prozeßstandschaftslösung vorzuziehen. Sie löst das prozessuale Problem der partiellen Parteiidentität mit dem prozessualen Institut der Prozeßstandschaft, ohne den zugrundeliegenden materiell-rechtlichen Anspruch manipulieren zu müssen348• b) Parteifähigkeitslösung Erachtet man die GbR als parteifähig, so hat der berechtigte Gesellschafter einen Anspruch aufgrund der Sozialverpflichtung gegen die GbR. Prozessual bereitet die Durchsetzung dieser Verpflichtung keine Schwierigkeiten, weil die Parteien auf der Aktiv- und der Passivseite (GbR) verschieden sind, eine (partielle) Parteiidentität kann nicht auftreten.
346
Heinsheimer, S. 45.
347 Schünemann, S. 221.
348 Allgemein zum Verhältnis prozessualer und materiell-rechtlicher Lösungsansätze für prozessuale oder materiell-rechtliche Probleme: Häsemeyer, AcP 188 (1988), 152ff.
XIII. Notgeschäftsführung und Durchsetzung von Ansprüchen
159
3. Stellungnahme
Die Parteifähigkeitslösung ist der Streitgenossenschaftslösung insofern überlegen, als sie den dogmatisch einfacheren Weg zur Durchsetzung von Sozialverpflichtungen und Sozialansprüchen bietet. Jedoch kann dieser Umstand keine Notwendigkeit zur Rechtsfortbildung begründen. Die Streitgenossenschaftslösung bietet insbesondere bei Anerkennung der (gewillkürten/gesetzlichen) Prozeßstandschaft einen dogmatisch befriedigenden Weg zur Vermeidung des Problems der partiellen Parteüdentität349•
XIII. Notgeschäftsführung und Durchsetzung von Ansprüchen zwischen Gesamthand und Gesellschaftern außerhalb des Innenverhältnisses 1. Notgeschäftsf'ührung
a) Prozessuale Verwirklichung § 744 11 BGB gibt jedem Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft das Recht, die zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes notwendigen Maßregeln ohne die Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen350; er kann verlangen, daß diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im voraus erteilen. Diese Regelung ist nach h.M. auf die GbR analog anzuwenden351 • Danach kann jeder Gesellschafter Maßnahmen der Notgeschäftsführung im eigenen Namen geltend machen. Dazu gehören die Verfügung über einen Gegenstand des Gesamthandsvermögens, Z.B. wenn dieser zu verderben droht, und auch folgerichtig die Prozeßführung im eigenen Namen, wenn die Umstände diese erfordern352• Dies hat, gleich ob man der Streitgenossenschafts- oder der Parteifähigkeitslösung folgt, prozessual zur Folge, daß der "notgeschäftsführende" Gesellschafter als gesetzlicher Prozeßstandschafter (für die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit bzw. für die GbR) im eigenen Namen auftritt. Macht er dabei eine Leistung gegenüber einem Dritten geltend (auf die die 349 Siehe hierzu eingehender unten D.xm.3. 350 Ob darüber hinaus unter best. Umständen ein Recht eines einzelnen Gesellschafters zur Durchsetzung von Ansprüchen im Außenverhältnis in Anlehnung an die actjo pro socio besteht, bedarf hier nicht der weiteren Klärung, weil prozessuale Probleme nicht auftreten; vgl. dazu Grunewald, S. 40ff. m.w.Nachw. 351 F1ume, § 15 11 1; MüKo/Schmidt, § 744 Rz. 38; Palandt!Thomas, § 744 Rz. 3; Soergel/Had. ding, § 705 Rz. 56; aus der Rechtsprechung: BGHZ 17,181 (183f.); OLG Düsseldorf' ZIP 1985, 1000. 352 Vgl. Ulmer, § 709 Rz. 21; BGHZ51, 125 (128).
160
D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
GbR ZU ihrer Erhaltung angewiesen ist), so kann er aber nur Leistung an die Gesamthand fordem 3s3• b) Verhältnis zum Gesamthandsprozeß Hinsichtlich des Verhältnisses zum Gesamthandsprozeß kann auf die Ausführungen zur actio pro socio verwiesen werden. Aufgrund der Qualifizierung als gesetzliche Prozeßstandschaft findet eine Rechtskrafterstreckung auf die GbR statt. 2. Ansprüche außerhalb des Innenverhältnisses
Denkbar sind auch Ansprüche im Verhältnis der Gesellschaft zu einem Gesellschafter, die ihren Ursprung nicht im Gesellschaftsverhältnis haben. Der Gesellschafter tritt hier also gegenüber der Gesellschaft wie jeder andere beliebige Dritte auf. Zu denken ist an einen Darlehensvertrag, einen Kaufvertrag oder ähnliche Rechtsverhältnisse. Materiell-rechtlich sind die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit bzw. die GbR nach der Teilrechtsfähigkeitslehre selbst und der einzelne Gesellschafter Berechtigte und Verpflichtete der Rechtsbeziehungen3s4• a) Streitgenossenschaftslösung Nach der Streitgenossenschaftslösung steht auf einer Prozeßseite der berechtigte/verpflichtete Gesellschafter, auf der anderen die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit. Da diese Konstellation aufgrund der auftretenden partiellen Parteiidentität nicht zulässig ist, ist nach dogmatischen Lösungen zu forschen, nur die übrigen Gesellschafter als Parteien in einem solchen Prozeß für oder gegen die GbR auftreten zu lassen. Behauptet der klagende Gesellschafter gegenüber der Gesamthand einen Anspruch, so wäre es wiederum möglich, sein Klageziel als Mitwirkung bei der bzw. Zustimmung zur Leistungserbringung auszulegen. Er selber ist als Gesamthänder leistungswillig und bedarf nur der Zustimmung der übrigen Gesellschafter. Da alle Gesellschafter nur gemeinschaftlich verfügen können, muß ihnen gegenüber eine einheitliche Entscheidung ergehen, die übrigen Gesellschafter sind notwendi353 Vgl. hierzu BGH, WM 1979, 366 (bezieht sich allgemein auf die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, muß aber erst recht auch für die Notgeschäftsführung gelten). 354 Zur Vereinbarkeit der Verbundenheitslehre mit dieser Aussage siehe oben D. XII. 1. c); vgI. auch Staudinger/Keßler, § 705 Rz.82ff.
XIII. Notgeschäftsführung und Durchsetzung von Ansprüchen
161
ge Streitgenossen aus materiell-rechtlichem Grund. Diese Lösung unterliegt aber den aufgezeigten Bedenken3ss • Diese Lösung versagt auch dann, wenn die Gesamthand einen Anspruch gegen einen Gesellschafter gerichtlich geltend macht. In diesem Fall kann wiederum nur die Lösung der Prozeßstandschaft möglich sein. Die übrigen Gesellschafter sind als gewillkürte Prozeßstandschafter für alle Gesellschafter in ihrer Verbundenheit anzusehen. Die einzig problematische Frage ist, ob von einer Ermächtigung auch des beklagten Gesellschafters ausgegangen werden kann. Diese kann nur im Gesellschaftsvertrag selbst gesehen werden. Dieser ist dahingehend auszulegen, daß alle übrigen Gesellschafter auch im Falle einer Forderung gegen einen Gesellschafter aus dem Außenverhältnis ermächtigt sein sollen, diesen Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Die übrigen Gesellschafter bilden dann eine notwendige Streitgenossenschaft aus prozessualem Grund (Rechtskrafterstreckung). Die actio pro socio durch jeden einzelnen Gesellschafter deckt diese Auslegung allerdings nicht; die übrigen Gesellschafter sollen nur gemeinschaftlich ermächtigt sein, gegen den Gesellschafterschuldner im Klageweg vorzugehen. Dieser Lösungsweg ist auch als passive gewillkürte Prozeßstandschaft als Alternative zur Klage auf MitwirkunglZustimmung möglich. In Fortführung der in richterlicher Rechtsfortbildung zu entwickelnden gesetzlichen Prozeßstandschaft ist auch eine solche grundsätzlich möglich. b) Parteifähigkeitslösung Nach der Parteifähigkeitslehre sind die Parteien auf der Aktiv- und Passivseite eines Prozesses, in dem Ansprüche zwischen der GbR und einem Gesellschafter aus dem Außenverhältnis im Streit stehen, verschieden. Prozessuale Probleme, insbesondere das der Parteiidentität, werden vermieden. 3. Stellungnahme
Insgesamt bleibt festzuhalten, daß die Parteifähigkeitslösung den einfacheren Weg zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen im Außenverhältnis der Gesamthand zu einem Gesellschafter darstellt. Die Streitgenossenschaftslösung ist für Aktivprozesse auf die Annahme einer (gewillkürten oder gesetzlichen) Prozeßstandschaft der übrigen Gesellschafter angewiesen. Diese ist möglich. Der Einwand, daß die Gesellschafter bei einer passiven gewillkürten Prozeßstandschaft die Durchsetzung des gegen die Gesamthand gerichteten Anspruchs vereiteln könnten, ist, anders als bei
3SS
Siehe oben D.XII.2.a).
11 Göckeler
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D. Prozessuale Einzelprobleme des GeseIJschafts(schuld)prozesses
der Frage der gewillkürten Prozeßstandschaft für die als teilsrechtsfähig anerkannte GbR3s6, nicht durchschlagend. Die Auslegung des Gesellschaftsvertrages ergibt grundsätzlich eine solche Prozeßstandschaft der übrigen Gesellschafter. Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages bedürfte in dieser Hinsicht der Zustimmung aller Gesellschafter, weil es sich für den einzelnen Gesellschafter um ein so wichtiges Element handelt, daß die Grundlagen der Gesellschaft berührt sind. Dieses Problem wird gänzlich vermieden, wenn man eine gesetzliche Prozeßstandschaft der übrigen Gesellschafter für alle Gesellschafter für die Fälle anerkennt, in denen ein Anspruch der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter oder ein Anspruch eines Gesellschafters gegen die Gesamthand prozessual durchgesetzt werden soll. Im Ergebnis wird dieser Lösung der gesetzlichen Prozeßstandschaft in richterlicher Rechtsfortbildung der Vorzug zu geben sein, weil sie an die gesetzliche Bestimmung des § 737 S. 2 BGB anknüpfen kann und eine dahingehende Übung in der Praxis (die das Problem der Parteiidentität noch nicht ausdrücklich angesprochen hat) festzustellen ist. Abschließend läßt sich somit die Notwendigkeit zu einer Rechtsfortbildung hin zur Parteifähigkeit der GbR nicht begründen. Allein die zweckmäßigere und einfachere Handhabung der Parteifähigkeitslösung erlauben die gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung nicht.
De lege ferenda ist eine Regelung wünschenswert, die die Prozeßstandschaft der übrigen Gesellschafter bei Aktiv- und Passivprozessen über Ansprüche, die zwischen einem Gesellschafter und der Gesamthand sowohl aus dem Innenverhältnis als auch aus dem Außenverhältnis heraus bestehen, statuiert. Diese könnte etwa lauten: Gehören zum Gesellschaftsvermögen Ansprüche gegen einen oder mehrere Gesellschafter, so können diese von den übrigen Gesellschaftern im Prozeß geltend gemacht werden. Ansprüche eines oder mehrerer Gesellschafter gegen die Gesamthand auf Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen sind gegen die übrigen Gesellschafter im Prozeß geltend zu machen.
XIV. Wechsel im Gesellschafterbestand Nachfolgend sollen die verfahrensrechtlichen Konsequenzen eines Wechsels im Gesellschafterbestand für einen Rechtsstreit erörtert werden, in dem es um Gesamthandsansprüche oder Gesamthandsschulden einer GbR geht. Auf einen möglichen Gesamtschuldprozeß hat eine Gesellschafterbestandsveränderung grundsätzlich keinen Einfluß3s7• Die Gesellschafter stellen eine 3S6 Vgl. hierzu oben D.VII.2.b)bb)a); allgemein kritisch zur Figur der gewillkürten Prozeßstandschaft: ZöllerNollkommer, Vor § 50 Rz. 32. 3S7 Ulmer, § 718 Rz. 58.
XIV. Wechsel im Gesellschafterbestand
163
einfache Streitgenossenschaft dar. Im Streit steht jeweils eine persönliche Verpflichtung eines jeden Gesellschafters. Ein Wechsel im Gesellschafterbestand läßt sowohl die Parteirolle als auch die Prozeßführungsbefugnis der einzelnen Gesellschafter unberührt. 1. Ersatzloses Ausscbeiden eines Gesellscbafters
Dieser Fall betrifft die Konstellation, daß ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, ohne daß ein neuer Gesellschafter eintritt. Ein solches Ausscheiden kann durch den Tod eines Gesellschafters, freiwillig oder aber durch die übrigen Gesellschafter erzwungen erfolgen. Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß die Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt werden soll, so wird sie nicht aufgelöst, § 736 BGB. Sowohl die Verbundenheitslehre als auch die Teilrechtsfähigkeitslehre sieht die Identität der Gesellschaft dadurch unberühre58• Nach § 738 I S. 1 BGB wächst der Anteil des ausgeschiedenen Gesellschafters den übrigen zu. Da somit das Gesellschaftsvermögen unangetastet bleibt, ändert sich an der Haftungslage für Gesamthandsschulden durch das ersatzlose Ausscheiden eines Gesellschafters nichts. a) Streitgenossenschaftslösung
aa) Gesetzliche Prozeßstandschaft Die wohl noch h.M. wendet auf den Fall'des ausgeschiedenen Gesamthänders § 265 11 ZPO an. Nach dieser Vorschrift hat die Veräußerung oder Abtretung der streitbefangenen Sache auf den Prozeß keinen Einfluß. Danach wirke sich das materiell-rechtliche Ausscheiden des Gesellschafters aus der GbR prozessual nicht im Verlust der Parteistellung aus. Vielmehr bleibe der ausgeschiedene Gesellschafter als gesetzlicher Prozeßstandschafter Prozeßpartei359• Dies hat zur Folge, daß die Rechtskraft des ergangenen Urteils für und gegen den aus der GbR ausgeschiedenen Gesellschafter wirkt § 322 ZPO (Rechtskraft inter partes).
Siehe hierzu unten F.I.2.b). K1auss/Lange, Rz. 203; RosenberglSchwab, § 42 11 2 a; RGRK/v. Gamm, § 714 Rz. 10; Stein/Jonas/Schumann, § 265 Rz. 20f,; aus der Rechtsprechung: RGZ 46, 320ff.; 78, 101 (105); BGH, WM 1963, 728 (729f.); BGH, LM Nr. 7 zu § 265 ZPO. 358 359
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
bb) Gesetzliche Parleiänderung Nach anderer Auffassung ist auf den Fall des ersatzlosen Ausscheidens eines Gesellschafters nicht § 265 11 ZPO, sondern es sind die Regeln der gesetzlichen Parteiänderung anzuwenden36O• Dies wird mit dem Wegfall der Prozeßführungsbefugnis des ausgeschiedenen Gesellschafters (er ist materiell-rechtlich nicht mehr an der Verfügungsbefugnis und so prozessual nicht mehr an der gemeinschaftlichen Prozeßführungsbefugnis beteiligt) begründet. § 265 11 ZPO erfasse aber nur den Fall des nachträglichen Wegfalls der Sachlegitimation, nicht aber den des nachträglichen Wegfalls der Prozeßführungsbefugnis361 • Daher entfalle die ParteisteIlung des ausgeschiedenen Gesellschafters. Eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 239 ZPO analog sei in der Regel nicht erforderlich, weil die übrigen prozeßführungsbefugten Gesellschafter den Prozeß fortsetzen können; nur bei Ausscheiden des einzig vertretungsberechtigten und damit grundsätzlich auch mit Prozeßvollmacht ausgestatteten Gesellschafters und fehlender anwaltlicher Vertretung sei die Unterbrechung des Verfahrens erforderlich362• Zwar hafte der ausgeschiedene Gesellschafter für die Kosten des Verfahrens, doch wirke die Rechtskraft des gegen die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit ergangenen Urteils nicht für und gegen ihn363 • b) Parteifähigkeitslösung Nach der Parteifähigkeitslösung läßt das Ausscheiden eines Gesellschafters die Parteirolle der GbR unberührt, jedenfalls solange, wie die Gesellschaft fortbesteht364• Lediglich die Parteibezeichnung365 sei zu berichtigen und an den neuen Gesellschafterbestand anzupassen, sofern man nicht den Namen der GbR selbst als Parteibezeichnung im Prozeß zuläßt366• War der ausgeschiedene Gesellschafter gesetzlicher Vertreter der GbR, so hat die GbR einen neuen Vertreter zu bestimmen, andernfalls sei von der Vertretungsberechtigung aller Gesellschafter auszugehen367•
360 So vor allem: Ulmer, § 718 RdNr. 60; Heller, S. 196f.; auch Fischer, (PS Hedemann) 1958, S. 92f. für die als parteifähig anerkannte OHG, ohne auf deren Parteifähigkeit abzustellen. 361 Ulmer, § 718 Rz. 60; vgl. zu § 265 11 ZPO auch: RosenberglSchwab, § 46 IV 3. 362 Ulmer, § 718 Rz. 60. 363 Ulmer, § 718 Rz. 60. J6.1 Hüffer, (PS Slimpel) 1985, S. 174; Lindacher, JuS 1982, 596; allgemeine Meinung für die OHG; Schönke/Kuchinke, § 22 11; Westermann, Handbuch, Rz. I 348; Fischer, (PS Hedemann) 1958, S. 79. 365 Siehe hierzu oben D.I. 366 Lindacher, JuS 1982,596. 367 Lindacher, JuS 1982,596.
XlV. Wechsel im Gesellschafterbestand
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c) Stellungnahme Die Parteifähigkeitslösung löst das Problem des ersatzlos ausscheidenden Gesellschafters prozessual einfacher und in sich konsequent. Jedoch stößt auch diese Lösung auf Probleme, wenn die Gesellschaft bei nur noch einem verbleibenden Gesellschafter nicht mehr fortbesteht und der Gesellschafter die ParteisteIlung übernehmen muß. Innerhalb der Streitgenossenschaftslösung stellt sich die Frage, ob einer gesetzlichen Parteiänderung oder einer gesetzlichen Prozeßstandschaft nach § 265 11 ZPO der Vorzug zu geben ist. Der Weg der gesetzlichen Prozeßstandschaft verfolgt u.a. das Ziel, die Rechtskraftwirkung des im Gesamthands(schuld)prozeß ergangenen Urteils auch auf den ausgeschiedenen Gesellschafter zu erstrecken. Daher ist zunächst zu untersuchen, ob dies notwendig ist. Würde die Rechtskraft nicht gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter wirken, so brächte dies dem Prozeßgegner im Hinblick auf die Gesamthands(schuld)forderung keine Nachteile. Ist er Schuldner der GbR, kann er von dem ausgeschiedenen Gesellschafter nicht in Anspruch genommen werden, weil diesem die Prozeßführungsbefugnis hinsichtlich einer Gesamthandsforderung fehlt. Ist er Gläubiger einer Gesamthandsforderung, kann er in das Gesamthandsvermögen vollstrecken, ohne daß es dazu eines rechtskräftigen Titels gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter bedürfte. Die Notwendigkeit der Rechtskrafterstreckung könnte sich aber im Hinblick auf den Gesamtschuldprozeß ergeben, in dem ein Gesellschaftsgläubiger die persönliche Verpflichtung der Gesellschafter geltend macht. Aus der Trennung von Gesamthands- und Gesamtschuldprozeß ergibt sich aber, daß ein Ausscheiden des Gesellschaiters aus dem Gesamthandsschuldprozeß keinen Einfluß auf seine ParteisteIlung im Gesamtschuldprozeß hat, der klagende Gläubiger kann einen Titel gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter erstreiten. Demnach wäre eine Rechtskrafterstreckung auf den ausgeschiedenen Gesellschafter für den Gläubiger nur insofern von Vorteil, als damit das Bestehen einer Gesamthandsschuld auch mit Wirkung gegen den Ausgeschiedenen feststünde. Hierzu bedarf es aber nicht der Rechtskrafterstreckung aufgrund gesetzlicher Prozeßstandschaft. Ein gegen die Gesellschaft erstrittenes Urteil wirkt mit Rechtskraft auch für den ausgeschiedenen Gesellschafter. Dies ergibt sich aus der Berechtigung der übrigen Gesellschafter, die während seiner Zugehörigkeit laufenden Geschäfte mit Wirkung für und gegen ihn zu beenden, § 740 I S. 2 BGB. Wenngleich § 740 BGB in vollem Umfang dispositiv ist368, kann diese Norm dennoch im vorliegenden Zusammenhang zur Begründung einer Bindung des ausgeschiedenen Gesellschafters an das Ergebnis des Gesamt368 Ulmer, § 740 Rz. 7.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Oesel\schafts(schuld)prozesses
handsschuldprozesses herangezogen werden. Denn wenn § 740 S. 2 BGB abbedungen ist, führt der ausgeschiedene Gesellschafter das Geschäft selbst in eigener Person (mit) zu Ende. Er bliebe somit auch Partei des Gesamthandsprozesses, dessen Rechtskraft in diesem Fall gegen ihn aufgrund seiner Parteistellung wirkt. Die Befugnis aus § 740 I S. 2 BGB umfaßt auch die Prozeßführung. Somit ist der ausgeschiedene Gesellschafter im Außenverhältnis an ein Prozeßergebnis gebunden, welches für oder gegen die Gesellschafter ergangen ist, wenn es sich um ein im Zeitpunkt des Ausscheidens schwebendes Geschäft handelt. Daher kommt es auch nicht entscheidend darauf an, daß der Gesellschafter erst während des Rechtsstreits ausgeschieden ist; die gleiche Wirkung trifft ihn auch, wenn er vor Rechtshängigkeit ausscheidet und das Geschäft im Ausscheidenszeitpunkt schwebend war369• Daher ist die Rechtskrafterstreckung auf den ausgeschiedenen Gesellschafter nach § 265 11 ZPO und seine ParteisteIlung nicht erforderlich. § 265 11 ZPO verfolgt jedoch weiterhin den Zweck, den Prozeßgegner vor Nachteilen eines Parteiwechsels auf der Gegenseite zu bewahren, insbesondere vor dem Verlust eines Kostenschuldners und vor Verzögerungen des Rechtsstreits370• Letzere würden bei Annahme eines Parteiwechsels wohl kaum auftreten. Allerdings verlöre der Prozeßgegner einen Kostenschuldner . Wenngleich der Kostenerstattungsanspruch aufschiebend durch Ergehen einer Kostenentscheidung bereits mit Rechtshängigkeit entstehe71, so tritt die aufschiebende Bedingung für den ausgeschiedenen Gesellschafter nicht ein, er wird nicht Kostenschuldner des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs312• Dieses Ergebnis spricht dafür, mit der h.M. § 265 11 ZPO anzuwenden. Dem kann auch nicht generell entgegengehalten werden, § 265 11 ZPO betreffe nur den Wegfall der Sachlegitimation, nicht aber den der Prozeßführungsbefugnis373, und im Falle des ausscheidenden Gesellschafters verlöre dieser nachträglich lediglich seine Prozeßführungsbefugnis374• Diese Auffassung ist auf der Grundlage der Teilrechtsfähigkeitslehre richtig375, weil danach die GbR Rechtsträgerin ist, die Gesellschafter lediglich prozeßführungsbefugt sind. Folgt man 369 So auch, jedoch beschränkt auf das Ausscheiden eines Oese\1schafters nach Rechtshängigkeit: Düringer/HachenburglF1echtheim, § 128 Anm. 9; Schlegelberger/Oeßler, § 124 Anm. 21 (jew. für die als nicht parteifähig anerkannte OHO); Schiller, S. 90 (für die parteifähige OHO); He\1er, S. 198 (für die ObR). 370 Stein/Jonas/Schumann, § 265 Rz. 9; Arens, Rz. 174. 371 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 3 B vor § 91 ZPO; Rosenberg/Schwab, § 87 V 3; Stein/Jonas/Leipold, Rz. 13 vor § 91; Thomas/Putzo, Anm. IV 1 a aa vor § 91 ZPO; BOH, NJW 1975,304. 312 A.A. Ulmer, § 718 Rz. 60 ohne weitere Begründung. 373 So die h.M.: Rosenberg/Schwab, § 103 11 4; Blomeyer, ZPR, § 28 11; Zeiss, § 49 11 2; Hoche/Haas, S. 262; a.A.: Orunsky, § 26 IV; Stein/Jonas/Schumann, § 265 Rz. 20. 374 He\1er, S. 197, im Anschluß an Ulmer, § 718 Rz. 60. 375 Ulmer, § 718 Rz. 60.
XIV. Wechsel im Gesellschafterbestand
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aber der Verbundenheitslehre, ist der einzelne Gesellschafter auch (in Verbundenheit mit dem übrigen) sachlegitimiert, so daß bei seinem Ausscheiden seine Sachlegitimation und nicht nur seine Prozeßführungsbefugnis entfällt. Gegen die Zulässigkeit einer Analogie zu §§ 239ff. ZPO (gesetzliche Parteiänderung) wird eingewandt, die vorgesehene Rechtsfolge des § 239 ZPO, Auswechslung der Partei, passe nicht, da im Falle des Gesellschafterausscheidens kein Parteiwechsel erfolge, sondern nur das Ausscheiden eines Streitgenossen316• Dem könnte jedoch entgegengehalten werden, daß der völlige Parteiwechsel nur die ausgeprägteste Form der Parteiänderung auf einer Prozeßseite ist, so daß bei dessen Zulässigkeit auch die mindere Form des Ausscheidens einer Partei zulässig sein soll. Entscheidend ist daher letztlich darauf abzustellen, ob die Interessenlage des gesetzlich angeordneten Parteiwechsels nach §§ 239ff. ZPO der bei Ausscheiden eines Gesellschafters entspricht317• Gegen eine Vergleichbarkeit spricht, daß eine wirkliche Gesamtrechtsnachfolge, wie z.B. beim Erbfall, im Falle der Anwachsung nach § 738 I S. 1 BGB nicht vorliegt318. Zudem folgt § 239 ZPO aus der Natur der Sache: da die bisherige Partei gestorben ist, ist es unumgänglich, die ParteisteIlung auf eine andere Person zu übertragen. Ist eine solche Notwendigkeit nicht gegeben, wie etwa bei Ausscheiden eines Gesellschafters, muß § 239 ZPO als Grundlage einer Analogie ausscheiden319• Zieht man weiterhin in Betracht, daß der Prozeßgegner einen Kostenschuldner verlöre, ist mit der h.M. davon auszugehen, daß der ausgeschiedene Gesellschafter nach § 265 11 ZPO Partei des Gesamthands(schuld)prozesses bleibt. d) Sonderproblem: Fortbestehen der Prozeßführungsbefugnis eines ausgeschiedenen Gesellschafters bei bereits von ihm erhobener actio pro socio Nach einer hauptsächlich in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung behält ein ausgeschiedener Gesellschafter hinsichtlich einer von ihm erhobenen actio pro socio die Prozeßführungsbefugnis nach § 265 11 ZP038O• Dies hat zur Folge, daß er diesen Prozeß für die Gesellschaft zu Ende führt ohne noch Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 174f.; Reichert, S. 62f. Zur Interessenlage als Abgrenzungskriterium zwischen § 265 11 und dem gesetzlichen Parteiwechsel: Stein/Jonas/Schumann, § 265 Rz. 9: Bestreben, dem Prozeßgegner die Einstellung auf eine andere Person als Partei zu ersparen, ihm die bisherige Partei als Kostenschuldner zu erhalten und die rechtlichen (Unterbrechung, Aussetzung §§ 239ff. ZPO) und tatsächlichen Verzögerungen zu vermeiden, die ein Parteiwechsel mit sich bringen kann. 318 Hueck, OHG, § 29 11. 319 Grunsky, § 26 IV. 380 BGH, NJW 1960, 964; Hadding, § 10 III; Schellhammer, Rz. 1082. 316 311
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
deren Mitglied zu sein. Dagegen nimmt eine andere Auffassung den Verlust der Prozeßführungsbefugnis an, so daß die actio pro socio als unzulässig abzuweisen ist381 • Die actio pro socio beruhe auf einer ausnahmsweisen Durchbrechung der gesellschaftlichen Kompetenzordnung und sei daher in ihrer Anwendung so eng wie möglich auszulegen. Geht man davon aus, daß § 265 11 ZPO nicht den Wegfall der Prozeßführungsbefugnis, sondern den der Sachlegitimation im Auge hat, so ist diese Vorschrift auf den vorliegenden Sonderfall nicht anwendbar. Der Gesellschafter verliert seine im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft zu begründende Prozeßführungsbefugnis mit Ausscheiden aus der Gesellschaft, denn die Grundlagen sind in der GesellschaftersteIlung zu finden382 • Die Abweisung der Klage als unzulässig ist zudem das sachgerechtere Ergebnis, weil so vermieden wird, daß ein nicht zur Gesellschaft Gehöriger die Kompetenzordnung der GbR stört. 2. Neueintritt eines Gesellschafters
a) Materiell-rechtliche Grundlage Die Gesellschafter einer GbR können jederzeit einen neuen Gesellschafter in die GbR mittels eines Aufnahmevertrages aufnehmen383 • Dabei gehen sowohl die Verbundenheitslehre als auch die Teilrechtsfähigkeitslehre vom Fortbestand der Gesellschaft in der Weise aus, daß ihre Identität durch den Neueintritt nicht berührt wird384• Dem neuen Gesellschafter wächst sein Anteil kraft Gesetzes zu, den übrigen Gesellschaftern in gleichem Maße ab. Daraus ziehen beide materiell-rechtlichen Grundauffassungen den Schluß, daß das Gesellschaftsvermögen weiterhin für bestehende Gesellschaftsschulden haftet, insoweit nach der Verbundenheitslösung auch der neueingetretene Gesellschafter gemeinschaftlich mit den übrigen Gesellschaftern verpflichtet ist. Dagegen haftet der Neueingetretene nicht mit seinem Privatvermögen. Eine solche Haftung ließe sich nur auf der Grundlage der bereits abgelehnten Akzessorietätslehre3&5 begründen, weil es an einem besonderen Verpflichtungs!rund in der Person des neueingetretenen Gesellschafters in aller Regel fehlt . Ein solcher könnte nur in einem Schuldbeitritt, in der Vermögensübernahme (§ 419 BGB) oder in der Erbenhaftung gesehen werden. Ulmer, § 705 Rz. 173; Erman/Westermann, § 705 Rz. 57; Wiedemann, GesR, § 8 IV 1 c. Siehe hierzu ausführlich: Hadding, § 6; anders wäre zu entscheiden, wenn man der actio pro socio - wie bereits abgelehnt, siehe oben D.XII.l.a) - ein eigenes Recht des Gesellschafters zugrundelegt. 383 RGZ 128,172 (176); BGHZ26, 330 (333); Kübler, § 6 IV 4 b. 384 Siehe hierzu eingehend unten F.I.2.b). 3&5 Vgl. hierzu oben B.V.l.f)cc). 386 Ulmer, § 714 Rz. 56; Staudinger/Keßler, § 718 Rz. 125; Kübler, § 6 III 4 b cc; BGHZ 74,240 (242); BGH; NJW 1981, 1095f. 381
382
XIV. Wechsel im Gesellschafterbestand
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b) Streitgenossenschaftslösung Aus den gleichen Erwägungen wie im Falle des ausgeschiedenen Gesellschafters führt der Neueintritt eines Gesellschafters während eines laufenden Prozesses nicht zu einem gesetzlichen Parteiwechsel in analoger Anwendung der §§ 239, 241, 246 ZPO, sondern zu einer gesetzlichen Prozeßstandschaft der alten Gesellschafter nach § 265 11 ZPO für den neuen Gesellschafter im Gesamthands(schuld)prozeß387• Das Urteil wirkt mit Rechtskraft für und gegen ihn, § 325 I ZPO. c) Parteifähigkeitslösung Nach der Parteifähigkeitslösung bewirkt der Neueintritt eines Gesellschafters keine Änderung hinsichtlich der ParteisteIlung der GbR selbst. Allenfalls ist die Parteibezeichnung um den Namen des neuen Gesellschafters zu ergänzen, sofern die Bezeichnung im Prozeß mit einem Gesamtnamen als unzulässig angesehen wird388• 3. Gesellschaftenvechsel
Materiell-rechtlich ist das Ausscheiden eines Gesellschafters und der Eintritt eines Gesellschafters gleichzeitig zulässig, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen oder durch einen besonderen Aufnahmevertrag geregelt ist. Kraft Gesetzes vollzieht sich ein Gesellschafterwechsel, wenn im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, daß die Gesellschaft mit den Erben eines verstorbenen Gesellschafters fortgesetzt wird. Dann treten die Erben als neue Gesellschafter automatisch (an Stelle des verstorbenen Gesellschafters) in die GbR ein389, was nach der Streitgenossenschaftslösung zur Anwendung der §§ 239, 241,246 ZPO (nicht § 265 11 ZPO) führt, währenddessen nach der Parteifähigkeitslösung die ParteisteIlung der GbR unberührt bleibt, lediglich U.U. die Parteibezeichnung zu berichtigen ist. Im Ergebnis ist daher die komplette 387 A.A. Ulmer, § 718 Rz. 61f.; Reichert, S. 66f., die allerdings § 265 11 ZPO nicht erwähnt und von einem gewillkürten Parteibeitritt ausgeht. 388 Lindacher, JuS 1982, 596; Schünemann, S. 219; vgl. oben 0.1.3. 389 Kübler, §§ 6 IV 4 d, 7 VII; zum Verhältnis von Gesellschafts- und Erbrecht vgl. einführend Medicus, BR, Rz. 402 m.v.w.Nw., insbes. auf BGHZ 68, 225ff.: Danach bestimmt sich im Todesfalle eines Gesellschafters der Eintritt seiner Erben in die Personengesellschaft nach den im Gesellschaftsvertrag getroffenen Vereinbarungen. Diese haben gegenüber einer letztwilligen Verfügung des Erblassers, sofern diese etwas anderes bestimmt, Vorrang. Allerdings steht den dann nicht in die Gesellschaft eingetretenen Erben ein Ausgleichsanspruch gegen die Erben zu, die an Stelle des Erblassers in die Gesellschaft eingetreten sind.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
Auswechslung aller Gesellschafter möglich, ohne daß die Identität der GbR berührt wird. Bei einem Gesellschafterwechsel handelt es sich entweder um die gleichzeitige Vornahme zweier Rechtsakte, zum einen das Ausscheiden, zum andem der Neueintritt oder um eine echte Anteilsübertragung390• Es ergeben sich prozessual keine neuen Aspekte. Auf die Ergebnisse der bisherigen Untersuchung kann verwiesen werden: die Streitgenossenschaftslösung geht von der weiterbestehenden ParteisteIlung des alten Gesellschafters nach § 265 11 ZPO aus (mit Ausnahme des Todes des alten Gesellschafters, s.o.), nach der Parteifähigkeitslösung bleibt die ParteisteIlung der GbR unberührt. 4. Veränderungen im Gesellschafterbestand nach Urteilserlaß
Schließlich stellt sich die Frage, wie eine Veränderung im Gesellschafterbestand sich auf die Vollstreckbarkeit eines vor der Veränderung gegen die "alte" GbR erstrittenen Titels auswirkt. Dabei besteht Einigkeit hinsichtlich der Tatsache, daß eine Veränderung, insbesondere also ein Neueintritt, die Vollstreckung in das Gesamthandsvermögen nicht verhindern kann. a) Streitgenossenschaftslösung Nach der Streitgenossenschaftslösung erfolgt die Umschreibung des für oder gegen die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit ergangenen Gesamthands(schuld)titels nach § 727 ZPO. Somit erlangt z.B. der Gesellschaftsgläubiger einen Gesamthandsschuldtitel, der ihm nach § 736 ZPO die Zwangsvollstreckung in das Gesamthandsvermögen eröffnet, ohne daß er eine neue Klage erheben und ein neues Urteil erstreiten muß391 • Nach einer Gegenauffassung soll ein Gesamthandsgläubiger auch gegen einen nach Rechtskraft des Urteils eingetretenen neuen Gesellschafter grundsätzlich einen Titel erstreiten müssen, weil ein gegen alle Gesellschafter wirksamer Titel im Zeitpunkt der Vollstreckung vorliegen müsse392• Die Anwendbarkeit des § 727 ZPO setze die Wirkung des § 325 ZPO voraus393• Diese Auffassung stößt jedoch auf Bedenken. Ein Gesamthandsgläubiger könnte nämlich der Wirkung seines rechtskräftigen Titels beraubt werden, indem die Gesellschaft nach Rechtskraft einen neuen Gesellschafter aufnimmt. Der Gläubiger müßte nach dieser An390 Larenz, SBT, § 60 IV c; Ulmer, § 718 Rz. 63, und § 719 Rz. 13ff. zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen. 391 Baumbach/LauteroachlAlbersIHartmann, § 736 Anm. 2; Bruns, ZwVR, § 10 12 a; Noack, JR 1971, 224; Rosenberg/GauVSchilken, § 19 14; Ulmer, § 718 Rz. 64; Wieczorek, § 736 Anm. A 11; Winter, KTS 1983, 364; Zöller/Stöber, § 736 Rz. 2. 392 Brox/Walker, Rz. 33; Baur/Stümer, ZwVR, Rz. 309; Stein/Jonas!Münzberg, § 736 Rz. 2. 393 Stein/Jonas!Münzberg, § 736 Rz. 2, § 727 Rz. 16.
XV. Veränderungen der Gesellschaft
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sicht dann, um einen Gesamthandsschuldtitel zu erlangen, nochmals gegen alle Gesellschafter klagen. Sein alter Titel wäre damit wertlos. Somit ist die analoge Anwendung des § 727 ZPO zu bejahen. Bejaht man bei einer Veränderung im Gesellschafterbestand die Anwendung des § 265 11 ZPO, so liegt die Anwendung von § 325 ZPO nach Rechtskraft auf der Hand und damit auch die Anwendbarkeit von § 727 ZPO. b) Parteifähigkeitslösung Da die ParteisteIlung der GbR nach der Parteifähigkeitslösung auch in der Zwangsvollstreckung besteht, berührt ein Wechsel im Gesellschafterbestand diese nicht. Lediglich die Parteibezeichnung ist zur Individualisierung der Vollstreckungssubjekte394 im Wege einer KlarsteUungsklausel zu berichtigen395 • S. Stellungnahme
Die Parteifähigkeitslösung bietet, ebenso wie im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesamthand, die einfachere Lösung gegenüber der Streitgenossenschaftslösung. Diese bedarf zur sachangemessenen Bewältigung der Probleme der Regelung des § 265 11 ZPO. Jedoch läßt sich daraus allein eine Notwendigkeit zur Rechtsfortbildung nicht erkennen. De lege ferenda wäre allerdings eine klarere Regelung der prozessualen Folgen einer Veränderung im Gesellschafterbestand wünschenswert. Denkbar wäre etwa folgende Norm: (1) Tritt ein Gesellschafter nach Rechtshängigkeit aus der Gesellschaft aus, oder tritt ein Gesellschafter nach diesem Zeitpunkt in die Gesellschaft ein, ist § 265 11 ZPO entsprechend anzuwenden. (2) §§ 325, 727 ZPO sind entsprechend anzuwenden.
XV. Veränderungen der Gesellschaft 1. Fonnwechselnde Umwandlung a) Materiell-rechtliche Grundlagen
Beginnt eine GbR ein Grundhandelsgewerbe nach § 1 HGB, dessen Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfor-
394 Vgl. Soergel/Hadding, § 714 Rz. 53; Schünemann, S. 226ff.; Aderhold, S. 169; Reichert, S. 89f.; siehe hierzu bereits eingehend oben C.V.2.c)ft). 395 Lindacher, JuS 1982, 596; Schünemann, S. 251ff.; Reichert, S. 89f.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
dert, § 4 HGB, oder betreibt sie ein Gewerbe nach § 2 HGB und wird im Handelsre§!ster eingetragen, so wird aus der GbR automatisch eine OHG/KG3 • Umgekehrt wird aus einer OHG automatisch eine GbR, wenn diese Voraussetzungen entfallen. Diese Folge tritt aber nicht ein, solange das Gewerbe betrieben wird und die Löschung im Handelsregister nicht erfolgt ist, § 5 HGB 391• Sowohl nach der Verbundenheitslehre als auch nach der Teilrechtsfähigkeitslehre wird die Identität der Gesellschaft durch die Umwandlung nicht berührt, eine Gesamtrechtsnachfolge findet nicht statt, Übertragungsakte sind nicht erforderlich398• Lediglich die Eintragungen im Grundbuch sind zu berichtigen, §§ 22, 14 GBO. Anstelle der OHG (Firma) sind die Gesellschafter mit einem ihr Gesellschaftsverhältnis angebenden Zusatz, § 49 GBO, einzutragen und umgekehrt. Es liegt eine formwechselnde Umwandlung vol99• Erfolgt eine solche formwechselnde Umwandlung während eines laufenden Prozesses, stellt sich die Frage nach der angemessenen prozessualen Reaktion. b) Zur Parteifähigkeit von Personenhandelsgesellschaften aa) Ältere Rechtsprechung und ehemals h.M.
Die ältere Rechtsprechung400 und die ehemalige h.M.401 zogen aus § 124 I HGB, der bestimmt, daß eine OHG unter ihrer Firma klagen und verklagt werden kann, nicht den Schluß der Parteifähigkeit der OHG. Vielmehr waren nach dieser Auffassung wie bei der GbR die Gesellschafter Parteien des (Aktiv- und Passiv-)Prozesses, verbunden als notwendige Streitgenossen. GbR und OHG seien strukturell gleich und daher auch dogmatisch gleich zu behandeln. § 124 HGB stellte demnach lediglich eine Vereinfachung für den Rechtsverkehr dar, indem zur Bezeichnung der Gesellschafter als Parteien die im Handelsregister eingetragene gemeinschaftliche Firma verwendet wird402•
396 Im folgenden wird allein auf die OHG abgestellt; für die KG gilt nach § 161 11 HGB Entsprechendes. Bei der Umwandlung einer KG in eine GbR wird die Trennung von Komplementären und Kommanditisten für die Haftungsverhältnisse der GbR im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung übernommen: BGH, NJW 1971, 1698; BGH, BB 1972,61; BaumbachIDuden/Hopt, § 105 Anm. 3 B; Ulmer, § 705 Rz. 12. 391 BGHZ32, 307 (313f.). 398 Baumbach/Duden/Hopt, Ein!. vor § 105 Anm. 4 B; Kübler, § 27114; Ulmer, § 705 Rz. 9ff.; zur Vereinbarkeit dieser Aussage mit dem dogmatischen Ausgangspunkt der Verbundenheitslehre siehe unten F.I.2.c)aa)y. 399 Zur übertragenden Umwandlung siehe unten D.XV.3.b)cc). 400 RGZ 35, 389; 127, 100; 141, 2n. 401 Vgl. Henckel, Parteilehre, S. 116ff.; Holzhammer, S. 87; umfassender Überblick bei Schiller, S. 26ff.; Heinsheimer, S. 42ff.
xv. Veränderungen der Gesellschaft
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bb) Lehre der fonnellen Parteifähigkeit
Daneben wird von vielen Autoren ebenfalls die Parteistellung der ORG-Gesellschafter anerkannt, andererseits aufgrund des § 124 I RGB und seines Wortlauts der ORG aber die formelle Parteifähigkeit zuerkannt. Diese Art der Parteifähigkeit soll bewirken, daß im Grunde doch die Mitglieder des formell parteifähigen Gebildes die Verfahrenssubjekte darstellen, wenngleich natürlich nicht sie, sondern die formell parteifähige Einheit als Partei anzusehen ist403 • cc) Gesetzliche Prozeßstandschaft der OHG
Nach dieser Auffassung stellt § 124 I HGB die gesetzliche Anordnung einer Prozeßstandschaft der ORG für die Gesellschafter dar. § 124 I RGB ändere nicht die Struktur der GbR, wenn sie sich in eine ORG wandelt. Die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit bleiben die Rechtsträger . Doch erhalte die ORG durch § 124 I RGB eine gewisse Rechtssubjektivität hinsichtlich der dort aufgeführten Rechte, die sie in eigenem Namen durch ihre Organe für die Gesellschafter ausübe404• dd) Parteifähigkeit der OHG
Die jüngere Rechtsprechung405 und die h.L.406 gehen von der aktiven und passiven Parteifähigkeit der ORG aus. Dies folge aus der scharfen Sonderung des gesamthänderischen Vermögens und dem klaren Wortlaut des § 124 I RGB. Um der Strukturgleichheit von ORG und GbR Rechnung zu tragen, fordern die BefÜTWorter der Parteifähigkeit der GbR eine für GbR und ORG gleichlautende Ent5cheidung zur gesamthänderischen Parteifähigkeit401• Erst die Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR lieferte das dogmatische Fundament für die Anerkennung der Parteifähigkeit der Personenhandelsgesellschaften408•
40Z
Vgl. die weiteren Nachweise bei Schünemann, S. 209ff.
403 Schlegelberger/Geßler, § 124 Rz. 9; vgI. auch RGZ49, 343; BGHZ 17, 342; vgl. auch Hueck,
OHG, § 22 1Il. 404 Kämmerer, NJW 1966, 8Olff., insbes. 805. 405 BGHZ 62, 132; 64, 156. 406 Baumbach/Duden/Hopt, § 124 Anm. 5 A; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 50 Anm. 2 D; Hellwig, S. 311; Huber, ZZP 182 (1969), 236ff.; Lindacher,JuS 1982,592; Schünemann, S. 212; Schiller, zusammenfassend S. 119ff.; Thomas/Putzo, § 50 Anm. 2 c; RosenberglSchwab, § 43114; Jauemig, ZPR, § 19 111; ZöllerNollkommer, § 50 Rz. 17. 401 Lindacher, JuS 1982,592; Schünemann, S. 212f. 408 Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 182; ders., GesR, § 7 2.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
ee) Stellungnahme Welcher Auffassung zur Parteifähigkeit der OHG zu folgen ist, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingehend untersucht werden. Darauf hinzuweisen ist aber, daß es nicht möglich erscheint, der OHG nur eine formelle Parteifähigkeit zuzuerkennen, denn dabei bliebe unklar, wer eigentlicher Träger der Parteirechte ist, und nach wem die Parteifunktionen auszurichten sind409• Desgleichen erscheint unmöglich, die OHG als Prozeßstandschafter der Gesellschafter anzusehen. Diese Auffassung ist in sich inkonsequent. Sieht man die OHG als Prozeßstandschafter an, so muß man ihr die Parteifähigkeit zuerkennen, ein Prozeßstandschafter muß parteifähig sein. Ist die OHG aber selbst parteifähig und Rechtsträger nach § 124 I HGB, so ist die Konstruktion einer Prozeßstandschaft unverständlich und überflüssig. Daher verbleiben als Alternativen nur die Anerkennung oder Ablehnung der Parteifähigkeit der OHG. Für die vorliegende Untersuchung ist daher auf folgendes zu achten: Setzt die QualifIZierung der OHG als parteifähig dogmatisch zwingend die Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR voraus oder kann die Streitgenossenschaftslösung auch bei gleichzeitiger Anerkennung der Parteifähigkeit der OHG vertreten werden? c) Umwandlung einer GbR in eine OHG
aa) Streitgenossenscha!ts[ösung Vollzieht sich während eines laufenden Prozesses die formwechselnde Umwandlung einer GbR in eine OHG, so bleiben nach der Streitgenossenschaftslösung die Gesellschafter auch dann Parteien des Prozesses, wenn man der Auffassung folgt, die auch die Gesellschafter einer OHG als Parteien ansieht. Der Prozeß wird ohne Unterbrechung fortgeführt. Eine Parteiberichtigung ist nicht erforderlich, allenfalls in einem das Gesellschaftsverhältnis angebenden Zusatz. Sieht man dagegen mit der h.M. die OHG selbst als parteifähig an, so stellt sich die Frage, ob die Gesellschafter der ehemaligen GbR Parteien nach § 265 11 ZPO bleiben, oder ob die OHG Partei infolge eines gesetzlichen Parteiwechsels wird. Dies ist unter Berücksichtigung der Interessenlage zu entscheiden410. Für die Annahme, daß weiterhin die Gesellschafter Prozeßparteien nach § 265 11 ZPO als gesetzliche Prozeßstandschafter der OHG bleiben, spricht, daß die für §§ 239, 241, 246 ZPO unumgängliche Notwendigkeit eines Parteiwechsels fehlt 411 , da die Gesellschafter ja weiterhin existent sind. Dies ist aber nur Vgl. auch die Kritik bei: Schünemann, S. 209f. Stein/JonaS/Schumann, § 265 Rz. 20; ähnlich Grunsky, § 26 IV. 411 Vgl. Grunsky, § 26 IV. 409
410
XV. Veränderungen der Gesellschaft
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bedingt richtig, weil ja die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit gerade als GbR nicht mehr existent sind, sondern umgewandelt in einer OHG zusammengefaßt sind. Die Annahme eines gesetzlichen Parteiwechsels würde den Prozeßgegner nicht seiner ursprünglichen Kostenschuldner berauben. Die Gesellschafter einer OHG haften nach § 128 HGB auch für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch412, dies gilt nach § 159 HGB auch dann, wenn sie nach Umwandlung aus der OHG ausgeschieden sind. Eine Verzögerung des Rechtsstreits würde durch diesen gesetzlichen Parteiwechsel regelmäßig nicht eintreten (solange sich nicht die Geschäftsführungs- und Vertretungsverhältnisse ändernt 13 • Er brächte für den klagenden Gesellschaftsgiäubiger sogar den Vorteil mit sich, daß er aus dem Urteil direkt in das OHG-Vermögen vollstrecken kann, ohne den gegen die Gesellschafter erstrittenen Titel auf die OHG nach § 727 ZPO umschreiben lassen zu müssen. Daher ist aufgrund der bestehenden Interessenlage dem gesetzlichen Parteiwechsel in analoger Anwendung der §§ 239, 241, 246 ZPO derVorzug zu geben414• Dem ist durch entsprechende Änderung der Parteibezeichnung (statt der Gesellschafternamen die Firma) Rechnung zu tragen. Auf einen laufenden Gesamtschuldprozeß hat dieser gesetzliche Parteiwechsel keinen Einfluß415 • Wird die formwechselnde Umwandlung im Prozeß vorgetragen, vom Gericht im Urteil bei der Parteibezeichnung aber nicht berücksichtigt, so kann nach § 319 ZPO eine Berichtigung des Urteils vorgenommen werden416, weil § 319 ZPO auch die Bezeichnung der Parteien umfaßt417 • Wird die formwechselnde Umwandlung dagegen in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen, kann das Gericht sie auch nicht im Urteil in Form der richtigen Parteibezeichnung verwerten. Somit ergeht ein U rtei) für oder gegen die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit an Stelle eines Urteils für oder gegen die OHG. Nach der einen Auffassung soll diesem Umstand durch eine KlarsteIlungsklausel abgeholfen werden418• Nach der anderen Meinung ist § 727 ZPO analog anzu-
Baumbach/Duden/Hopt, § 128 Anm. 1 B. Vgl. Ulmer, § 718 Rz. 65; Noack, OB 1970, 1817; BGH, WM 1976, 1053 (1055); BGH, NJW 1971,1698; BGH, BB 1972, 61. 414 Heller, S. 221 führt in diesem Zusammenhang BGHZ 62, 13Uf. als Beleg für die Annahme eines gesetzlichen Parteiwechsels an. Dies ist aber nicht möglich, weil die BGH-Entscheidung den Übergang vom Prozeß gegen eine OHG zum Prozeß gegen die Gesellschafter aufgrund deren persönlicher Haftung nach § 128 HGB und damit einen nicht vergleichbaren Fall betrifft. 415 Ulmer, § 718 Rz. 65. 416 Ulmer, § 718 Rz. 66; Heller, S. 222 m.w.Nachw. 417 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 319 Anm. 2 0 a; RosenberglSchwab, §§ 41 III, 60, I 3 a a; ZöllerNollkommer, § 319 Rz. 14; zur Auslegung von § 319 ZPO vgl. auch BGH, JZ 1964,591. 418 Noack, OB 1970,1817; ders.,JR 1971, 225; Eickmann, RPfleger1970, 113; Lindacher, ZZP % (1983), 497f.; Schünemann, S. 248f. 412 413
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D. Prozessuale Einzelprobleme des GeseUschafts(schuld)prozesses
wenden und der Titel auf die OHG umzuschreiben419• Der letzten Auffassung ist der Vorzug zu geben, weil sie ohne den in der ZPO nicht geregelten Rechtsbehelf der Klarstellungsklausel auskommt. Der Analogieschluß zu § 727 ZPO ist möglich, weil die formwechselnde Umwandlung, die die Identität der Gesellschaft nicht berührt und somit keine Gesamtrechtsnachfolge darstellt42O, in gleicher Weise wie eine Rechtsnachfolge wirkt und eine Änderung des Titels erfordert.
bb) Parteifähigkeitslösung Nach der Parteifähigkeitslösung ist sowohl die OHG als auch die GbR parteifähig. Das hat bei einer formwechselnden Umwandlung, die die Identität der Gesellschaft unberührt läßt, zur Folge daß ein (gesetzlicher) Parteiwechsel nicht erforderlich ist. Lediglich die Parteibezeichnung ist zu berichtigen, an die Stelle der Gesellschafternamen bzw. des Gesamtnamens tritt die Firma der OHG421 • d) Umwandlung einer OHG in eine GbR
00) Streitgenossenschaftslösung a) Gesetzlicher Parteiwechsel
Wandelt sich eine OHG während eines Prozesses in eine GbR um, so gilt grundsätzlich dasselbe wie im umgekehrten Fall der formwechselnden Umwandlung: gesetzlicher Parteiwechsel von der ORG als Partei zur ParteisteIlung der Gesellschafter der GbR422 • Zwei Überlegungen beweisen dies. Wandelt sich die OHG kraft Gesetzes in eine GbR um, so ist die OHG für die Zukunft nicht mehr existent, daher besteht die Notwendigkeit der Aufnahme des Prozesses durch eine neue Partei423 • Dem Prozeßgegner geht durch die Umwandlung auch kein Kostenschuldner verloren. Das Gesellschaftsvermögen haftet weiterhin für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch, ebenso die Gesellschafter der GbR als Parteien des Prozesses424 • 419 Ulmer, § 718 Rz. 66; Heller, S. 222f.; RosenberglGauVSchilken, § 19 I 4; vgI. zu § 727 ZPO auch: Jauemig, ZwVR, § 4 III 1; nach BGH, NJW 1967, 821f. kommt ausnahmsweise auch die Auslegung des Titels in Betracht. 420 Siehe hienu oben D.XV.1.a). 421 Lindacher, ZZP 96 (1983),497. 422 Siehe hienu eingehend oben D.XV.1.c)aa); unproblematisch ist auch dieser Fall der Umwandlung, wenn man auch bei der OHG die Gesellschafter als Parteien ansieht. 423 Vgl. zu diesem Aspekt: Grunsky, § 26 IV. 424 Siehe hienu oben D.V.1.
XV. Veränderungen der Gesellschaft
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ß) Parteifähigkeit der Scheinhandelsgesellschaft ? Insbesondere die Rechtsprechung geht von der fortbestehenden Parteifähigkeit einer OHG aus, die aufgrund des Wegfalls der handelsrechtlichen Erfordernisse (gleich ob vor oder nach Klageerhebung) zur GbR abgesunken ist. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß dies im Interesse des Rechtsverkehrs erforderlich ist, was in der Regel bei Unkenntnis des Prozeßgegners von der formwechselnden Umwandlung der Fall ist415 • Die Klageerhebung gegen die Scheinhandelsgesellschaft sei ein Akt der Vertrauensinvestition. Wer mit einer Scheinhandelsgesellschaft kontrahiere, soU auch darauf vertrauen kön~ nen, den aus dem Rechtsgeschäft erworbenen Anspruch nach § 124 I HGB gegen die ScheinhandelsgeseUschaft als Partei durchsetzen zu können426• Die Folge dieser Ansicht ist, daß gegen die ScheinhandelsgeseUschaft ein Urteil wie gegen die OHG ergeht, aus dem die Zwangsvollstreckung wie gegen eine OHG durchgeführt werden kann, § 124 II HGB. Demgegenüber wendet Lindacher ein, der auf den bloßen Schein Vertrauende dürfe nicht besser stehen als der, der eine OHG verklagt hat, die während des Verfahrens zur GbR absinkt427• Im Zivilprozeßrecht gelten ebenso wie im materiellen Recht Rechtsscheingrundsätze. Denn der Grundsatz, daß der Vertrauende so zu stellen ist, als entspräche der Schein der Wirklichkeit, ist nicht auf das materielle Recht zu beschränken428. Daher erscheint es grundsätzlich möglich, im Prozeß von einer Scheinhandelsgesellschaft und deren Parteifähigkeit auszugehen. Darüberhinaus müssen aber auch die besonderen Wertungen des Zivilprozeßrechts429 berücksichtigt werden, insbesondere Rechtsklarheit und -sicherheit. Daher ist es unzulässig, eine im Prozeß als GbR erkannte Scheinhandelsgesellschaft als parteifähige OHG zu behandeln. Ist dem Gericht das Absinken durch Tatsachenvortrag bekannt geworden, hat es von einem gesetzlichen Parteiwechsel auszugehen und die Anwendung der §§ 239, 246 ZPO zu prüfen. Der klagende Gläubiger hat seinen Antrag auf Verpflichtung aller Gesellschafter in ihrer Verbundenheit zur Leistung umzustellen, notfalls ist er nach § 139 ZPO darauf hinzuweisen bzw. ist ihm gerichtliche Hilfestellung bei der Parteibezeichnung zu gewähren. Damit wird der Kritik Lindachers im Ergebnis Rechnung getragen, denn das bloße Kontrahieren mit einer Scheinhandelsgesellschaft allein reicht zur Anwendung der Rechtsscheingrundsätze im Prozeß nicht aus. Vielmehr muß sich die Gesellschaft auch im Prozeß als Scheinhandelsgesellschaft 415 BGH, NJW 1980, 784f.; Heller, S. 220f. 426 BGH, NJW 1980, 784f.
427 Lindacher, 'Z:zJ> 96 (1983), 496; kritisch gegenüber der Rechtsscheinlösung auch: K. Schmidt, GesR, S. 1518 der von einer "Scheinlösung" spricht. 428 Canaris, NJW 1974,456. 429 Siehe hierzu oben D.I.2. 12 GOCkel..
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
darstellen. In dem vom BGH entschiedenen Fall war der Gesellschaftsprozeß bereits rechtskräftig abgeschlossen, so daß die Rechtsscheinsgrundsätze anwendbar waren. In diesen Grenzen ist demnach die Parteifähigkeit der Scheinhandelsgesellschaft anzuerkennen. Diese Auffassung hat auch jüngst der BGIt30 vertreten, bezogen allerdings auf die Konkursfähigkeit. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt war über das Vermögen einer Schein-KG das Konkursverfahren eröffnet worden. An den zwischenzeitlich rechtskräftig gewordenen Beschluß über die Konkurseröffnung fühlte sich der BGH431 mit der h.M.432 gebunden. Wäre der (nach h.M.) Mangel der Konkursfähigkeit der als Schein-KG aufgetretenen GbR im Konkursverfahren vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Eröffnung bekannt geworden, wäre die Konkurseröffnung abzulehnen gewesen. In der Konsequenz dieser Auffassung liegt dann die Entscheidung des BGH, § 171 11 HGB auf die Durchführung des Konkursverfahrens anzuwenden433 • A, Bund C gerieren sich als aHG und zeichnen einen Wechsel zu Lasten der aHG. Wird nun die Schein-aHG von dem Wechselgläubiger in Anspruch genommen und wird der Schein im Prozeß aufrechterhalten, ergeht ein Urteil gegen die aHG; gegen die aHG ist zu vollstrecken. Wird von A, Bund C im Vollstreckungsverfahren der Einwand erhoben, eine aHG habe niemals existiert und demnach liege ein Titel gegen eine nichtexistente Partei vor, so haben sie hiermit keinen Erfolg. Lediglich die Parteibezeichnung ist zu berichtigen: Statt der Firma der aHG sollten A, Bund C aufgeführt werden. Wird im Prozeß jedoch der Rechtsschein zerstört, ist die Klage nunmehr auf A, Bund C umzustellen. Die Tatsache, daß A, Bund C sich als aHG im Rechtsverkehr aufgeführt haben, wird jedoch materiell-rechtlich berücksichtigt und führt zu einer Haftung für die Wechselverbindlicheit sowohl mit dem Gesel\schaftsvermögen, obwohl eine GbR als solche nicht wechselrechtsfähig ist, als auch mit den Privatvermögen der Gesellschafter A, Bund C.
bb) Parteifähigkeitslösung Bei der Umwandlung einer OHG in eine GbR während eines laufenden Prozesses ist wie bei der umgekehrten Umwandlung nur die Berichtigung der Parteibezeichnung erforderlich; ein Parteiwechsel findet nicht statt434• Ein 430 BGH, ZIP 1991, 233ff.; mit zust. Anm. von: K. Schmidt, EWiR, § 171 HGB 1/91,1003 und Uhlenbruck, WuB, VI B, § 109 KO 1/91. 431 BGH, ZIP 1991, 233 (234). 432 Aus der früheren Rechtsprechung: RGZ 129, 390 (392); RGZ 136, 97 (99f.); aus der Literatur: Kuhn/Uhlenbruck, § 105 Rz. 5, § 109 Rz. 11 und Vorbem. B vor § 207 Rz. 2; Kilger, § 74 Anm. 2 und § 109 Anm. 7. 433 BGH, ZIP 1991,233 (235); anderer Ansicht die Vorinstanz: OLG Koblenz, ZIP 1990,1268 (1269f.). 434 Siehe oben D.XV.1.b )bb).
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Rückgriff auf die Grundsätze vom Rechtsschein ist auf der Grundlage der Parteifähigkeitslösung entbehrlich. 2. Übergang zur UquidatioD der GbR
a) Materiell-rechtliche Grundlagen und Auswirkungen Wird eine GbR aus einem der in §§ 7'13-7'l2, BGB genannten Gründe435 aufgelöst, so wird sie in die Phase der Auseinandersetzung überführt. Dabei ändert sich der Zweck der GbR: aus der "werbenden" GbR wird eine "sterbende" GbR, die Liquidationsgesellschaft. Dabei wird die Identität der Gesellschaft in keiner Weise berührt436• Erst die Beendigung nach durchgeführter Auseinandersetzung bedeutet das Ende des Gesamthandsvermögen und der GbR437• Während der Liquidation ist die Rückwandlung in eine wieder "werbende" GbR mit Zustimmung aller Gesellschafter zulässig438• Der Übergang zur Liquidationsgesellschaft wirkt sich nach §§ 7'13-725 BGB, die nach § 731 BGB allerdings durch anderslautende Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag abbedungen werden können, insbesondere dahingehend aus, daß die vertraglichen Geschäftsführungsbefugnisse (und damit auch die vertretungsbefugnisse) erlöschen und an ihre Stelle für die Liquidationsgesellschaft Gesamtgeschäftsführungsbefugnis (und damit auch Gesamtvertretungsbefugnis) tritt, § 730 11 S. 2 a.E. BGB. b) Prozessuale Auswirkungen Da die Gesellschaft durch den Übergang zur Liquidation in ihrem Bestand nicht berührt wird, ändert sich auch an der bestehenden ParteisteIlung im Gesamthands(schuld)prozeß nichts. Nach der Streitgenossenschaftslösung bleiben die Gesellschafter Parteien in notwendiger Streitgenossenschaft; nach der Parteifähigkeitslösung bleibt es bei der GbR als Partei. Der Prozeß geht (bis zur Beendigung der GbR) grundsätzlich unbeeinflußt seinen Gang439• Das Entfallen der bisherigen Vertretungsbefugnisse mit der Folge der Gesamtvertretungsbefugnis (in Ermangelung anderer gesellschaftsvertraglicher Abreden) macht in der Regel die Unterbrechung bzw. Aussetzung nach §§ 241, 246 ZPO analog nicht notwendig, weil die GbR in aller Regel immer vertreten ist Siehe hierzu und darüberhinaus zu den einzelnen Auflösungsgründen: Kübler, § 6 IV 2. Kübler, § 6 11 1 a; K. Schmidt, GesR, S. 1474ff.; Ulmer, Vor § 723 Rz. 12ff. 437 Kübler, § 6 I 1 b; Ulmer, Vor § 723 Rz. 23. 438 Kübler, § 6 IV 1 c. 439 RosenberglSchwab, § 43 III 2 c. 435
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
(zumindest als vertreten anzusehen ist, § 6211 ZPO). Eine Ausnahme ist jedoch dann gegeben, wenn die Gesellschaft durch den Tod des alleinvertretungsberechtigten Gesellschafters aufgelöst wird (und eine anwaltliehe Vertretung nicht gegeben ist); dann ist eine Unterbrechung bzw. Aussetzung nach §§ 241, 246 ZPO erforderlich. 3. Beendigung der GbR
Beendigung der GbR bedeutet Beseitigung als eigenständiges Gebilde; das Gesellschaftsvermögen ist in Geld umgesetzt, die Schulden sind bezahlt, der Überschuß (soweit vorhanden) an die Gesellschafter verteilt440 • Die Beendigung kann nach durchgeführter Liquidation, aber auch sofort, d.h. ohne vorhergehende Liquidation, erfolgen441. a) Beendigung nach durchgeführter Liquidation
aa) Aktivprozeß der Gesamthand Nach einer für die als parteifähig anerkannte OHG entwickelten Auffassung führt die Vollbeendigung der Gesellschaft während eines laufenden Gesamthandsprozesses zum Ausscheiden der Gesellschaft als Partei aus dem Prozeß. Demnach wäre die Klage als unzulässig abzuweisen442. Demgegenüber wird eingewandt, daß auf diesem Wege eine Partei willkürlich aus dem Prozeß ausscheiden und so den Gegner um ein Sachurteil bringen könne (arg.e. § 269 ZPO)443. Daher müsse es bei der ParteisteIlung der Gesellschaft bleiben, die Beendigung des Verfahrens falle noch in den Zweck der Abwicklungsgesellschaft444 • Es sei daher § 265 11 ZPO anzuwenden. Der/die Erwerber des Gesellschaftsvermögens seien Einzelrechtsnachfolger und träten nicht in vollem Umfang in die Rechtsstellung des Veräußerers ein, sondern erwürben nur das Eigentum an den Sachen bzw. die Inhaberschaft an Rechten. So bleibe der Veräußerer als gesetzlicher Prozeßstandschafter des/der Einzelrechtsnachfolger Partei des Verfahrens; § 265 11 ZPO. Die Gesellschaft müsse aber ihren Klagantrag auf Leistung an den/die Einzelrechtsnachfolger umstellen445. 440
Kübler, § 6 IV 1 b.
441 Zu den einzelnen Fällen siebe unten D.XV.3.b). 442 Vgl. zu dieser Auffassung kritisch und mit Nachweisen: Schiller, S. 142; Henckel, Partei-
lehre, S. 178f.; Ro~ellberg/Schwab, § 42 III 2 c; Heller, S. 207f. 443 Schiller, S. 142. 444 Vgl. die Nachweise in FN 442. 445 Vgl. Henckel, Parteilehre, S. 178f.; zustimmend auch: Heller, S. 208; Blomeyer, ZPR, § 7 III 2; siehe weiterhin: RGZ 35, 388 (389); 46, 320 (321); 124, 146 (150); 141, 2n (281) und Düringer/HachenburglFlechtheim, § 124 Anm. 13 (ausgehend von der Streitgenossenschaftslö-
XV. Veränderungen der Gesellschaft
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bb) Passivprozeß der Gesamthand
Für den nichtrechtsfähigen Verein hat der BGH446 im Passivprozeß angenommen, daß bei seiner Beendigung die ParteisteIlung des Vereins entfalle und die Klage als unzulässig abzuweisen sei. Dem wird entgegengehalten, daß - übertragen auf den Gesamthandsschuldprozeß der GbR - die GbR einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger erhalte, der in das bereits verteilte Gesamthandsvermögen falle, so daß der Grund des Wegfalls der ParteisteIlung - Beendigung der GbR - an sich nicht gegeben sei447• Nach anderer Auffassung soll bei Beendigung der GbR ebenso wie im Aktivprozeß auch im Passivprozeß der GbR § 265 11 ZPO anzuwenden sein, so daß die Gesellschaft gesetzlicher Prozeßstandschafter bliebe448• Für den Passivprozeß wird hiergegen jedoch kritisch eingewandt, das Fortbestehen der ParteisteIlung bringe dem Gläubiger keine Vorteile: im Passivprozeß könne eine Rechtsnachfolge nicht angenommen werden; in das Gesellschaftsvermögen könne mit einem Gesamthandsschuldtitel nicht mehr vollstreckt werden, weil ein solches nach Beendigung der GbR nicht mehr bestehe; ebenso könne mittels eines Gesamthandsschuldtitels nicht in das Privatvermögen vollstreckt werden449. Nach wiederum anderer Meinung tritt bei Beendigung der GbR im Passivprozeß Erledigung der Hauptsache ein, weil mit der Beendigung das Gesellschaftsvermögen entfallen ist450• Schließlich wird die Auffassung vertreten, daß während eines Passivprozesses eine Beendigung der Gesellschaft nicht eintreten könne, so daß die Gesellschaft (Parteifähigkeitslösung) bzw. die Gesellschafter als notwendige Streitgenossen Partei(en) des Prozesses blieben451 • Zur Stützung dieser Ansicht könne auf § 733 I S. 1 BGB zurückgegriffen werden, wonach zunächst, d.h. vor Beendigung durch Vermögensverteilung, die Schulden zu berichtigen sind, weil der Gläubiger ein Interesse an der Erhaltung des einmal gegen die Gesamthand erworbenen Vermögensvorteils habe452• Im Rahmen dieser Auffassung wäre wohl auch konsequenterweise § 733 I S. 2 BGB anzuführen, wonach bei streitiger Schuld (eine solche liegt im Gesamthandsschuldprozeß vor) das zur Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten ist. sung für die als nicht parteifähig angesehene OHG mit den Gesellschaftern als gesetzliche Prozeßstandschafter nach § 265 11 ZPO). 446 BGHZ 74, 212ff. 447 Theil, JZ 1979, 567f. 448 Theil, JZ 1979, 567 m.w.Nachw.; Blomeyer, ZPR, § 7 III 2; vgl. auch Huber, ZZP 182 (1969), 232fr. Geweils für die OHG). 449 Vgl. BGHZ 74,212 (214f.); RosenberglSchwab, § 43 III 2 d. 450 So für die OHG: BGH, NJW 1982, 238; Buchner, AcP 169 (1969), 511. 451 Schiller, S. 132ff. m.w.Nachw. 452 Heller, S. 210.
182
D. Prozessuale Einzelprobleme des Geseltschafts(schuld)prozesses
Für den Fall des Herausgabeverlangens hinsichtlich eines (ehemals) zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Gegenstandes, der an einen Dritten veräussert worden sei, weist Schiller4S3 daraufhin, daß nach § 265 I ZPO diese Veräußerung auf den laufenden Prozeß keinen Einfluß habe. Sei dagegen der Gegenstand das letzte Vermögensstück der Gesellschaft gewesen, entfalle wegen Beendigung der Gesellschaft ihre Parteistellung. Dies könne aber wegen § 265 11 ZPO nicht sein; die Beendigung einer Gesellschaft während eines laufenden Passivprozesses sei demnach unzulässig. ce) Stellungnahme
a) Aktivprozeß Für den Aktivprozeß sind wohl zwei mögliche Konstellationen zu unterscheiden: (1) Macht die GbR einen Anspruch geltend, den sie noch nicht im Rahmen der Liquidation verteilt hat, ist in Wahrheit noch keine Beendigung eingetreten, weil ein zum Gesellschaftsvermögen gehörender Anspruch bei der Auseinandersetzung unberücksichtigt geblieben ist. Die GbR (nach der Parteifähigkeitslösung) bzw. die Gesellschafter als notwendige Streitgenossen führen den Prozeß mit dem Ziel der Leistung an die Gesamthand zu Ende. Daraus ergibt sich, daß die GbR bzw. die Gesellschafter zumindest solange Parteien des Gesamthandsprozesses bleiben, bis im Prozeß die Beendigung der GbR vorgetragen ist, indem die Übertragung der streitbefangenen Sache bzw. die Abtretung der entsprechenden Forderung dargelegt worden ist. (2) Sind diese Umstände dargelegt und notfalls bewiesen worden, steht zum einen die Beendigung der GbR fest, zum andern aber auch, wer als Einzelrechtsnachfolger in das betreffende Recht anzusehen ist. Die Klage sodann als unzulässig abzuweisen, ist aus den bereits angeführten Gründen nicht sachgemäß. Daher ist gemäß § 265 11 ZPO von einer gesetzlichen Prozeßstandschaft der Gesamthand für den Einzelrechtsnachfolger auszugehen. Die Tatsache, daß mit der Beendigung der GbR nach der Parteifähigkeitslösung die ParteisteIlung der GbR und nach der Streitgenossenschaftslösung die der Gesellschafter als notwendige Streitgenossen aus dem materiell-rechtlichen Grund der gemeinschaftlichen Verfügungsbefugnis eigentlich entfallen müßte4S4, schadet nicht. Für die Streitgenossenschaftslösung folgt dies bereits aus dem Umstand, daß die Gesellschafter gemeinschaftlich gesetzliche Prozeßstandschafter sind und ihnen gegenüber daher nur eine einheitliche Entscheidung ergehen kann und sie somit notwendige Streitgenossen aus prozessualem 453
Schitter, S. 134.
454 So Schiller, S. 134.
XV. Veränderungen der Gesellschaft
183
Grund sind. Im übrigen normiert § 730 11 S. 1 BGB, daß die GbR für die Beendigung schwebender Geschäfte als fortbestehend (auch im Außenverhältnis) gilt. Als Beendigung schwebender Geschäfte ist auch die Prozeßführung und somit auch die Fortführung eines Prozesses in gesetzlicher Prozeßstandschaft anzusehen. § 730 11 S. 1 BGB betrifft zwar in erster Linie die Liquidationsgesellschaft, muß aber im Interesse des Rechtsverkehrs auch dann angewandt werden, wenn Liquidationsstreitigkeiten über die Beendigung der GbR hinaus ausgetragen werden. Dem Beklagten erwachsen aus dieser Lösung keine Nachteile. Die Rechtskraft des Urteils wirkt nach § 325 I ZPO für und gegen den Einzelrechtsnachfolger4SS ; der Beklagte führt den Prozeß gegen die Partei fort, auf die er sich seit Beginn des Verfahrens eingestellt hat, Verzögerungen des Rechtsstreits infolge einer sonst möglicherweise notwendigen Unterbrechung werden vermieden.
ß) Passivprozeß Hinsichtlich des Passivprozesses ist Schiller insofern zu folgen, als eine Beendigung der Gesellschaft während eines laufenden Passivprozesses nach § 733 I S. 1 BGB eigentlich unzulässig ist, zumindest nach § 733 I S. 2 BGB das zur Berichtigung Erforderliche zurückbehalten werden muß. Tut dies eine GbR aber nicht, so ist dennoch materiell-rechtlich von einer Beendigung auszugehen4s6• Dieser Tatsache ist auch prozessual Rechnung zu tragen: die Ansicht, weil die Gesellschafter die GbR nicht beenden dürfen, ist sie nicht beendet und weiterhin Partei bzw. die Gesellschafter in notwendiger Streitgenossenschaft, ist ein Fehlschluß4s1• Daher endet grundsätzlich die Parteisteilung der Gesellschafter bzw. der GbR im Gesamthandsschuldprozeß bei Beendigung der GbR. Jedoch ist wiederum die Fiktion des § 730 11 S. 1 BGB zu beachten, so daß durchaus eine übereinstimmende Erledigungserklärung nach § 91 a ZPO in Betracht kommt4S8• Ebenso kann die Gesamthand nach § 265 11 ZPO als gesetzlicher Prozeßstandschafter aufgefaßt werden, wenn ein Herausgabeanspruch im Streit steht4s9• Grundsätzlich aber ist infolge der Beendigung der GbR von einer unzulässigen (Parteifähigkeitslösung) bzw. unbegründeten Klage (Streitgenossenschaftslösung; die ehemaligen Gesellschafter sind weiterhin existent) auszugehen. Um einen Prozeßveriust zu vermeiden, liegt es somit im klägerischen 4SS Darauf weist Heller,
S. 208 hin.
vgI. Hoffmann, NJW 1969, 726ff. 4S1 Hinsichtlich der OHG vgl. hierzu: Huber, UJ> 182 (1969), 244f.; Eickmann, RPfleger 1970, 116. 4S8 A.A. Huber, 'Zll182 (1969), 247. 459 Insofern sind die Bedenken von Schiller, S. 134 (vgl. oben D.XV.3a)bb). a.E.) unbegründet. 4S6 ZU den unterschiedlichen materiell-rechtlichen Lösungsansätzen
184
D. Prozessuale Einzelprobleme des Oesellschafts(schuld)prozesses
Interesse, die ehemaligen Gesellschafter persönlich in Anspruch zu nehmen. Dies ist dem Kläger zum einen im Rahmen der Gesamtschuldklage möglich, sofern er seinen Anspruch auf eine besondere persönliche Verpflichtung der Gesellschafter neben der Gesamthand stützen kann. Zum andern muß einem Gesellschaftsgläubiger gegen die an der Auseinandersetzung beteiligten Gesellschafter ein Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung zustehen. Allerdings folgt ein Schadensersatzanspruch der Gesellschafter nicht aus §§ 823 II BGB i.V.m. § 733 I BGB, weil diese Norm wegen ihrer Abdingbarkeit kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 II BGB ist4(,O. Diese möglichen Ansprüche muß der Gläubiger im Wege der Gesamtschuldklage gegen die Gesellschafter geltend machen; seine ursprüngliche Klage gegen die Gesamthand wäre nach § 263 ZPO in eine Klage gegen die Gesellschafter zu ändern461. Die Streitgenossenschaftslösung erweist sich in diesem Zusammenhang der Parteifähigkeitslösung überlegen, weil zum Übergang auf die Gesamtschuldklage nicht wie bei der Anerkennung der parteifähigen GbR ein gewillkürter Parteiwechsel462, sondern lediglich eine Klagänderung nach §§ 263, 264 Nr. 3 ZPO erforderlich ist463• Im Ergebnis ist daher festzustellen, daß es im Passivprozeß auf die Reaktion des Klägers auf den Vortrag der Beendigung ankommt. Bestreitet er die Beendigung, so ist hierüber Beweis zu erheben. Ist die Beendigung erwiesen, hält der Kläger aber an der Gesamthandsschuldklage fest, so ist nach der Streitgenossenschaftslösung die Klage als unbegründet abzuweisen; der Kostenerstattungsanspruch steht den obsiegenden ehemaligen Gesellschaftern zu. Möglich ist die Erledigungserklärung, der die Gesellschafter zustimmen müssen, andernfalls sie sich in Widerspruch zur behaupteten Beendigung verhielten. Steht ein Herausgabeanspruch im Streit, kann der Gläubiger gegen die Gesellschafter als gesetzliche Prozeßstandschafter nach § 265 II ZPO weiter prozessieren. Schließlich kann er seine Gesamthandsschuldklage in eine Gesamtschuldklage umwandeln, sofern er diese nicht bereits zugleich mit der Gesamthandsschuldklage erhoben hat. b) Beendigung ohne vorhergehende Liquidation Ohne vorhergehende Liquidation tritt die Beendigung der GbR bei Übernahme durch einen Gesellschafter, Übernahme durch einen Dritten und bei einer übertragenden Umwandlung ein. KO, JR 1951, 22; Palandt/fhomas, § 823 Rz. 153; Ulmer, § 733 Rz. 9f. Vgl. hierzu Eickmann, RPfleger 1970, 116f. (für die OHO). 462 So die h.M. für die OHO, vgI. Fischer, (FS Hedemann) 1958, S. 87 m.w.Nachw., der aber den gewillkürten Parteiwechsel den Regeln der Klagänderung unterwirft; zur Behandlung des gewillkürten Parteiwechsels nach h.M. siehe oben D.xI.3.c)aa). 463 Eickmann, RPfleger 1970, 116 zu § 268 Nr. 3 ZPO a.F. 4(,0
461
XV. Veränderungen der Gesellschaft
185
aa) Übernahme durch einen Gesellschafter Übernimmt ein Gesellschafter der GbR die GbR, so tritt er im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in .alle Rechte und Pflichten der Gesamthand ein*', Daher haftet der übernehmende Gesellschafter für alle bestehenden Gesamthandsverbindlichkeiten. Die übrigen Gesellschafter haften neben ihm als Gesamtschuldner, sofern bei ihnen ein~ersönlicher Verpflichtungsgrund eingetreten ist, mit ihren Privatvermögen . Prozessual stellt sich die Frage, ob der übernehmende Gesellschafter alleinige Partei im Wege des Parteiwechsels wird, oder ob alle (ehemaligen) Gesellschafter (Streitgenossenschaftslösung) bzw. die GbR (Parteifähigkeitslösung) gesetzliche Prozeßstandschafter gem. § 265 11 ZPO sind. Für die Annahme eines gesetzlichen Parteiwechsels mit der Folge der analogen Anwendung von §§ 239, 241, 246 ZPO könnte die Tatsache sprechen, daß die h.M. von einer Gesamtrechtsnachfolge ausgeht466, Diese Überlegung allein kann aber nicht den Ausschlag geben, vielmehr ist zur Abgrenzung des gesetzlichen Parteiwechsels zur gesetzlichen Prozeßstandschaft nach § 265 11 ZPO die Interessenlage zu berücksichtigen467. Geht man davon aus, daß ein gesetzlicher Parteiwechsel die Notwendigkeit hierzu voraussetzt468, andernfalls eine Analogie zu §§ 239, 241, 246 ZPO ausgeschlossen sein soll, so ist, folgt man der Streitgenossenschaftslösung, eine solche Notwendigkeit nicht gegeben. Die Gesellschafter sind weiterhin existent und können (im Rahmen des § 265 11 ZPO) ihre Parteifunktionen ausüben. Auf der Grundlage der Parteifähigkeitslösung wäre eine solche Notwendigkeit wohl zu bejahen, denn mit Beendigung fällt die GbR als Partei fort. Die Auffassung, innerhalb der Streitgenossenschaftslösung der gesetzlichen Prozeßstandschaft nach § 265 11 ZPO den Vorzug zu geben, wird zudem durch das bei der aufgeworfenen Abgrenzungsfrage immer zU berücksichtigende Argument der Erhaltung des ursprünglichen Kostenschuldners469 unterstützt. Im Falle eines gesetzlichen Parteiwechsels schieden die (ehemaligen) Gesellschafter, obwohl bei Begründung der Rechtshängigkeit Partei, als Kostenschuldner aus. Der Prozeßgegner würde so in der möglichen Durchsetzung seines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs unbillig beeinträchtigt. Ihm haftete lediglich der übernehmende Gesellschafter. Daher ist nach der Streitgenossenschaftslö*' Ulmer, § 730 Rz. 56; K Schmidt, GesR, S. 1479; PalandtfThomas, § 736 Rz. 3; vgl. OLG Celle, MDR 1978, 846. 46S Siehe hierzu oben B.V.l.t)bb),cc). 466 So für die OHG: RosenberglSchwab, § 12711; für gewillkürten Parteiwechsel Huber, ZZP 182 (1 %9), 253ff., 256, der aber von Einzelrechtsnachfolge ausgeht; ähnlich: Fischer, (FS Hedemann) 1958, S. 92f.; siehe auch Henckel, Parteilehre, S. 169 (für gesetzlichen Parteiwechsel aufgrund des Wechsels der Verfügungsbefugnis über das gesamte Interessevermögen). 467 Siehe hierzu bereits oben D.xIV.1.c), XV.1.c)aa). 468 Grunsky, § 26 IV. 469 So insbesondere: Arens, Rz. 174; Stein/Jonas/Schumann, § 265 Rz. 9.
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellscbafts(scbuld)prozesses
sung bei der Beendigung einer GbR infolge Übernahme durch einen Gesellschafter gesetzliche Prozeßstandschaft nach § 265 11 ZPO aller ehemaligen Gesellschafter anzunehmen470• Erfolgt die Übernahme des Gesellschaftsvermögens durch einen Gesellschafter nach Urteilserlaß, so ist der Gesamthands(schuld)titel auf ihn umzuschreiben, § 727 ZPO. Die Rechtskraft eines vor Übernahme der Gesellschaft ergangenen Urteils wirkt nach der Streitgenossenschaftslösung direkt nach § 325 I 1. Alt. ZPO für und gegen den Gesellschafter, sofern er Partei des Gesamthandsprozesses war, sonst als Rechtsnachfolger, § 325 I 2. Alt. ZPO. Nach der Parteifähigkeitslösung wirkt die Rechtskraft nach § 325 I 2. Alt. für und gegen den Gesellschafter als Rechtsnachfolger, weil nicht er, sondern die GbR selbst Partei des Gesamthandsprozesses war. bb) Übernahme durch einen Dritten
Übernahme der GbR durch einen Dritten (natürliche oder juristische Person, Gesamthands(handels)gesellschaft) bedeutet Veräußerung des gesamten Gesellschaftsvermögens durch Beschluß aller Gesellschafter (nicht nur der geschäftsführungsberechtigten, weil es sich um ein Grundlagengeschäft handelt) an den Dritten, der nicht Gesellschafter ist. Der Dritte erwirbt sämtliche zum Gesellschaftsvermögen gehörige Gegenstände im Wege der Einzelrechtsnachfolge471. Ereignet sich dieser Vorgang während des laufenden Gesamthandsprozesses, so wendet die h.M. darauf § 265 11 ZPO an. Der Einzelrechtsnachfolger kann nicht ohne Zustimmung des Gegners in den Prozeß eintreten. Die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit nach der Streitgenossenschaftslösung oder die GbR selbst nach der Parteifähigkeitslösung bleiben Parteien und führen den Prozeß als gesetzliche Prozeßstandschafter mit Rechtskraftwirkung für und geßen den übernehmenden Dritten, sie können Leistung nur an ihn verlangen4 • Eine abweichende Auffassung geht von einem gesetzlichen Parteiwechsel aus, der analog zu §§ 239, 241, 246 ZPO zu behandeln sei. Zum einen soll so
470 So für die OHG aucb: BGH, BB 1971,974; Baumbacb/Duden/Hopt, § 124 Anm. 3 A; allerdings dürfte die Frage bei der OHG im Sinne eines gesetzlicben Parteiwecbsels zu beantworten sein. Zum einen bestebt infolge Wegfalls der OHG eine Notwendigkeit bierzu. Zum andem baften die ebemaligen Gesellscbafter aucb nacb ibrem Ausscbeiden nocb für den prozessualen Kostenerstattungsansprucb, §§ 128, 159 HGB; dieser war in seinem Recbtsgrund bereits vor dem Ausscbeiden gelegt, was nacb b.M. ausreicbt: Baumbacb/Duden/Hopt, § 128 Anm. 5 C; Scblegelberger/Geßler, § 128 Rz. 31; BGHZ 55, 259. 471 Ulmer, § 730 Rz. 6Off.; BGHZ 71, 296ff. 4'n Ulmer, § 730 Rz. 6Off.; BGHZ 71, 296ff.; für die als nicbt parteifäbig anerkannte OHG: Scblegelberger/Geßler, § 124 Anm. 26; RGZ 35, 388ff.; für die parteifäbige OHG: Fiscber, (FS Hedemann) 1958, S. 91f.
xv. Veränderungen der Gesellschaft
187
dem Gläubiger der Zugriff auf das Gesamthandsvermögen erhalten bleiben413 ; zum andern wird als Argument angeführt, der Dritte übernehme die GbR wie ein Gesamtrechtsnachfolger474. Zu bevorzugen ist die Annahme der gesetzlichen Prozeßstandschaft. Insofern kann auf die vorhergehenden Ausführungen47S verwiesen werden, sie gelten entsprechend. Darüberhinaus stellt sich diese Alternative als die gesetzestreuere dar. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang allerdings auf die Schwierigkeiten der Parteifähigkeitslehre, die eine an sich nicht mehr existente GbR als Prozeßstandschafter zuläßt. Ein Rückgriff auf die Gesellschafter ist für die Parteifähigkeitslösung jedenfalls nicht möglich476• Dem Interesse des Gläubigers der Gesamthand, in das ehemalige Gesellschaftsvermögen vollstrecken zu können, wäre durch die analoge Anwendung des § 419 BGB Rechnung zu tragen, prozessuale Lösungen helfen in diesem Zusammenhang nicht4n •
ce) Übertragende Umwandlung Eine übertragende Umwandlung findet statt, wenn eine GbR dadurch aufgelöst und beendet wird, daß sie in eine neugeschaffene Gesellschaft anderer Rechtsform (AG oder GmbH) eingebracht wird478• Mit anderen Worten: aus der GbR wird eine Kapitalgesellschaft. Hierzu wird die Auffassung vertreten, das Gesellschaftsvermögen gehe im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Kapitalgesellschaft über, so daß es zu einem gesetzlichen Parteiwechsel mit der Folge der Unterbrechung bzw. Aussetzung nach §§ 239, 246 ZPO komme479• Diese Ansicht ist für ~ine Personenhandelsgesellschaft gewiß richtig, denn für diese ordnen §§ 4Off. UmwG die Gesamtrechtsnachfolge ausdrücklich an48O• Ebenso findet Gesamtrechtsnachfolge nach §§ 21ff. i.V.m. § 1811 Hs. 2 UmwG statt, wenn eine Kapitalgesellschaft in eine GbR umgewandelt wird481 • Aus diesen eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen muß 413 474
253f.
Henckel, Parteilehre, S. 180; De Boor, (FS Siber) 1941, S. 74. So für die OHG: Schiller, S. 139f.; für gewillkürten Parteiwechsel: Huber, ZZP 182 (1969),
Siehe oben D.XV.3.b)aa). Vgl. Baumbach/Duden/Hopt, § 124 Anm. 5 E, der für die parteifähige OHG bei Übernah· me durch einen Dritten auf die Gesellschafter im Wege des gewillkürten Parteiwechsels zurückgreift. 4n Zur generellen Untauglichkeit prozessualer Lösungen für materiell·rechtliche Probleme: Häsemeyer, AcP 188 (1988), 152ff. 478 Kübler, § 27 I 3 b; Ulmer, § 718 Rz. 22, für den umgekehrten Fall der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine GbR nach §§ 21ff. i.V.m. § 18 11 Hs. 1 UmwG, sowie § 730 Rz. 63. 479 Heller, S. 215. 480 Vgl. BGHZ 71, 296 (299). 481 Ulmer, § 718 Rz. 22; vgI. Kübler, § 27 11 7. 47S
476
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D. Prozessuale Einzelprobleme des Gesellschafts(schuld)prozesses
im Wege des argumentum e contrario der Schluß gezogen werden, daß bei der übertragenden Umwandlun.J einer GbR in eine Kapitalgesellschaft Einzelrechtsnachfolge stattfmdet . Dieser Fall ist materiell-rechtlich somit nicht anders zu beurteilen als der der Übernahme einer GbR durch einen Dritten (Kapitalgesellschaft). Diese Erkenntnis legt es nahe, die Konstellationen auch prozessual gleich zu behandeln. Insofern kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden483• Die Gesellschafter bleiben als gesetzliche Prozeßstandschafter nach § 265 11 ZPO als notwendige Streitgenossen Parteien des Prozesses, sie führen den Prozeß mit Wirkung für und gegen die Kapitalgesellschaft zu Ende, sie können nur Leistung an diese fordern. Diese Lösung belegt zugleich die Richtigkeit der Annahme, daß die GbR nicht selbst Partei des Zivilprozesses ist. Wäre sie dies nach dem Willen des Gesetzgebers, so hätte es nahegelegen, auch bei Umwandlung einer GbR in eine Kapitalgesellschaft Gesamtrechtsnachfolge anzuordnen. Diese hätte prozessual, ebenso wie die übrigen übertragenden Umwandlungen, wegen des Erlöschens der Existenz einer Partei (Personenhandelsgesellschaften, Kapitalgesellschaften) nämlich einen gesetzlichen Parteiwechsel zur Folge. c) Wiederaufnahmeverfahren nach Beendigung Ist ein Urteil formell rechtskräftig, so ist es grundsätzlich unanfechtbar484• In Ausnahmefällen, bei schwerwiegenden Mängeln des Urteils oder des Verfahrens, kann aber die formelle Rechtskraft des Urteils zugunsten eines Wiederaufnahmeverfahrens durchbrochen werden, §§ 578ff. ZPO. Die hierzu erforderliche Nichtigkeits- oder Restitutionsklage (§§ 579, 580 ZPO) ist durch und gegen die richtige Partei zu erheben, ansonsten ist sie als unzulässig zu verwerfen, § 589 ZPO. Die richtigen Parteien sind in der Regel die Parteien des alten, wiederaufzunehmenden Prozesses48S • Somit stellt sich für die vorliegende Untersuchung die Frage, wer nach Beendigung der GbR Partei des Wiederaufnahmeverfahrens ist486. 482 Kübler, § 27 115; Ulmer, § 718 Rz. 22: eine übertragende Umwandlung aus der Rechtsform der GbR in diejenige einer Kapitalgesellschaft (i.S. einer Gesamtrechtsnachfolge) ist dem geltenden Recht unbekannt. 483 Siehe oben D.XV.3.b)bb). 484 Jauemig, ZPR, § 61 11. 48S Baumbach/Lauterbach/A1bers/Hartmann, § 578 Anm. 1 B; Jauemig, ZPR, § 76 IV 1; Schiller, S. 146ff.; BGHZ 59,373. 486 Bei der formwechselnden Umwandlung einer GbR in eine OHG ist die OHG richtige Partei, bei der umgekehrten Umwandlung sind es nach der Streitgenossenschaftslösung die Gesellschafter, nach der Parteifähigkeitslösung ist es die ObR selbst. Befindet sich die Gesellschaft mittlerweile in der Auseinandersetzungsphase, so sind die Gesellschafter bzw. die Liquidationsgesellschaft selbst richtige Parteien.
XV. Veränderungen der Gesellschaft
189
aa) Streitgenossenschaftslösung Nach der Streitgenossenschaftslösung sind die Gesellschafter grundsätzlich richtige Parteien des Wiederaufnahmeverfahrens. Ob und unter welchen Umständen einmal ein Einzelrechtsnachfolger richtige Partei sein kann, ist umstritten, bedarf in diesem Rahmen jedoch nicht der Lösung487.
bb) Parteifähigkeitslösung Für die OHG ist nach deren Beendigung einer Ansicht zufolge der Rechtsnachfolger richtige Partei des Wiederaufnahmeverfahrens, nach anderer Auffassung ist es die OHG selbst488• Vorzugswürdig ist die Annahme des/der Rechtsnachfolger der OHG als Partei(en), denn die OHG hört mit ihrer Beendigung auf zu existieren. Dementsprechend muß auch der Rechtsnachfolger der als parteifähig anerkannten GbR richtige Partei des Wiederaufnahmeverfahrens sein. Schiller wendet nach Beendigung der OHG § 146 11 HGB an, gelangt so zur ParteisteIlung der OHG, vertreten durch einen gerichtlich bestellten "Liquidator". Zumindest für die GbR kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden, denn eine dem § 146 11 HGB entsprechende Norm kennt das GbR-Recht nicht.
ce) Ergebnis Im Teilbereich der Wiederaufnahme des Verfahrens gegen die Gesamthandsgesellschaft erweist sich demnach die Streitgenossenschaftslösung gegenüber der Parteifähigkeitslösung als deutlich überlegen. 4. GbR als Vorgesellschaft
Wollen mehrere Personen eine Kapitalgesellschaft gründen, so entsteht diese nicht schon durch den Gründungsvertrag. Im Rahmen des Systems der Normativbedingungen 489 entstehen z.B. eine AG oder eine GmbH erst mit und im Zeitpunkt ihrer Eintragung ins Handelsregister. Zwischen Gründungsvertrag und Eintragung vergeht so eine (u.U. sehr lange) Zeitspanne der Entstehungsphase einer Kapitalgesellschaft. Vor Abschluß des Gründungsvertrages bilden die die Entstehung der Kapitalgesellschaft betreibenden Personen die Vorgründungsgesellschaft. 481 vgl. Baumbach/Lauterbach/AlberslHartmann, § 578 Anm. 1 B; für die grundsätzliche Anwendung von § 265 11 ZPO: RGZ 168, 225 (227f.); 168, 257ff.; Stein/Jonas/Grunsky, § 578 Rz. 7; Rosenberg/Schwab, § 162 11 2; Thomas/Putzo, § 579 Anm. 2. 488 Vgl. Schiller, S. 146ff. 489 Siehe hienu Kübler, § 4 IV 3.
190
D. Prozessuale Einzelprobleme des Oesellschafts(schuld)prozesses
Zweck dieser Gesellschaft ist die Gründung der späteren Kapitalgesellschaft. Diese Vorgründungsgesellschaft ist in der Regel als GbR, ausnahmsweise bei Betreiben eines Grundhandelsgewerbes nach § 1 11 HGB als OHG zu qualifizieren490; mithin sind die hierfür geltenden gesetzlichen Regeln anzuwenden; §§ 705ff. BGB, ausnahmsweise §§ 105ff. HGB. Somit ist die Vorgründungsgesellschaft auch prozessual wie eine GbR (OHG) zu behandeln. Nach der Gründung der Kapitalgesellschaft (z.B. Feststellung der Satzung in notarieller Urkunde bei einer AG, §§ 23, 28 AktG) spricht man von einer Vorgesellschaft. In diese Vorgesellschaft muß das Vermögen der Vorgründungsgesellschaft im Wege der Einzelrechtsnachfolge übertragen werden. Vollzieht sich dieser Übergang während eines laufenden Prozesses der Vorgründungsgesellschaft, so bleiben die Gesellschafter der Vorgründungsgesellschaft nach § 265 11 ZPO gesetzliche Prozeßstandschafter der Vorgesellschaft (Streitgenossenschaftslösung). Nach g.h.M. wird die Vorgesellschaft als gesamthänderisch strukturierte Gesellschaftsform sui generis angesehen (Sonderrechtstheorie). Das auf sie anzuwendende Recht ist im wesentlichen vom Recht der späteren Kapitalgesellschaft geprägt491. So ist es anerkannt, daß eine Vorgesellschaft als notwendige Vorstufe zur juristischen Person492 als passiv parteifähig anzuerkennen ist, wenn sie im Rechtsverkehr selbst wie die juristische Person auftritt493 • Im Anschluß hieran meint Hüffer494, erst die Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR gäbe ein tragbares dogmatisches Fundament für die Anerkennung der Parteifähigkeit der Vorgesellschaften. Zwar käme eine isolierte prozeßrechtliche Betrachtung über §§ 265 11, 325 ZPO mit den Gründungsmitgliedem als gesetzliche Prozeßstandschafter z.B. der AG im Fall der Entstehung der AG während eines Prozesses zu einer Lösung, doch lasse diese die zwingende Kompetenzordnung des Aktienrechts außer acht49S • Sachgerecht sei eine Gesamtrechtsnachfolge und ein gesetzlicher Parteiwechsel mit der Folge der Unterbrechung/Aussetzung des Prozesses nach §§ 239,
246ZP0496•
Diese Auffassung erscheint schlüssig, allerdings ist eine nähere Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich. Allerdings darf auf Grundlage 490 Kübler, § 24 I 2 c; dazu Nitschke, S. 145, 148f.; Beispiel einer OHO in BOHZ22, 240 (244).
491 Kübler, § 24 11 3; Nitschke, S. 145ff.; Hüffer, OesR, § 311 a; Ulmer, Vor § 705 Rz. 14; Staudinger!Keßler, Vorbem. zu § 70S Rz. 119ff. 492 BOHZ SO, 129 (136ff.); BOH, ZIP 1983, 933 (934). 493 BOHZ 79, 241 m.w.Nachw.; ZöllerNollkommer, § 50 Rz. 39. 494 Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 182, der allerdings auch die aktive Parteifähigkeit der VorgeseIlschaften fordert. 49S Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 182f. 496 Von einer Oesamtrechtsnachfolge von der VorgeseUschaft auf die Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt ihrer Entstehung geht auch die h.M. aus: vgI. Kübler, § 24 11 3 c; ausdrücklich in diesem Sinne für Verbindlichkeiten: BOHZ 45, 338 (342).
XVI. Besondere Verfahrensarten
191
dieser Auffassung die Parteifähigkeit der GbR nicht gefordert werden497• Die Vorgesellschaften sind gesamthänderische Zusammenschlüsse sui generis, die in ihrem Sonderrecht weitgehend dem Recht der späteren Kapitalgesellschaft folgen. Daß insoweit beträchtliche Unterschiede zum Recht der GbR bestehen können, ist Ausdruck der Elastizität der Gesamthand. Die Entwicklung der dogmatischen Struktur der Vorgesellschaften beruht im wesentlichen auf richterlicher Rechtsfortbildung mit Anknüpfungspunkten im Recht der Kapitalgesellschaften (§§ 29ff., 41 AktG, 11 GmbHG), so daß ihre Ausgestaltung offener als die der GbR ist. Auch insofern erscheint es allerdings methodisch möglich, den Vorgesellschaften Parteifähigkeit in vollem Umfang (d.h. auch die aktive) zuzuerkennen.
s. Abschließende Stellungnahme Die beleuchteten Problemkreise lassen keine rechtliche Notwendigkeit erkennen, der GbR die (aktive und passive) Parteifähigkeit zuzuerkennen. Die Streitgenossenschaftslösung hält mit der gesetzlichen Prozeßstandschaft nach § 265 11 ZPO und dem gesetzlichen Parteiwechsel in analoger Anwendung der §§ 239ff. ZPO taugliche Wege bereit, die aufgeworfenen Schwierigkeiten dogmatisch angemessen zu bewältigen.
XVI. Besondere Verfahrensarten Für die besonderen Verfahrensarten des Arrests/einstweilige Verfügung
(§§ 916ff. ZPO), des Mahnverfahrens (§§ 688ff. ZPO) und des Urkunden- und Wechselprozesses (§§ 592ff. ZPO) ergeben sich im Vergleich zu den bisheri-
gen Ausführungen für das Auftreten einer GbR keine weiteren Besonderheiten.
497 So aber Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 182f.
E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
I. Grundlagen der Zwangsvollstreckung bei einer GbR 1. Allgemeine Voraussetzungen
Das Vollstreckungsverfahren ist Teil des Zivilprozesses und dient als Ergänzung des Erkenntnisverfahrens dazu, das Recht des Gläubigers gegenüber dem zur Leistung verurteilten Schuldner mit Hilfe staatlicher Zwangsgewalt durchzusetzen 1. Wie auch im Erkenntnisverfahren ist die Parteifähigkeit der Beteiligten (Gläubiger und Schuldner) Vollstreckungsvoraussetzung2; daher gewinnt die Frage, wer bei der GbR als Partei anzusehen ist, auch auf diesem prozessualen Gebiet Bedeutung. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme sind ein Vollstreckungstitel, §§ 704, 794 ZPO, die Vollstreckungsklausel, §§ 724 ff. ZPO, sowie die Zustellung des Vollstreckungstitels an den Schuldner, § 750 zpo. Wer Gläubiger und wer Schuldner im Vollstreckungsverfahren ist, richtet sich nach dem Vollstreckungstitel: Schuldner ist, wer danach etwas zu leisten, Gläubiger ist, wer danach etwas zu fordern hae. Bezüglich der Parteibezeichnung und der Titelzustellung gilt das für das Erkenntnisverfahren Gesagte entsprechend4• Die zweifelsfreie Feststellbarkeit der Identität von Gläubiger und Schuldner mit Hilfe des Titels ist Voraussetzung der Vollstreckungsfähigkeit des Titelss.
Baur/Stümer, § 11; Jauemig, ZwVR, § 1 (m.w.Nachw. zur Grundlagenliteratur). Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Grundz. § 704 Anm. 6 Ca. 3 Baur/Stümer, §§ 1 11 5, 19 I; Jauemig, ZwVR, § 1 IV; zur Argumentation, daß aus diesem Grundsatz i.V.m. § 736 ZPO zwingend die ParteisteIlung der Gesellschafter und die Ablehnung der Parteifähigkeit der GbR folgt, siehe oben C.V.2.c)ff). 4 Siehe hierzu oben D.I., 111. S Jauemig, ZwVR, § 1 IV. 1
2
13 Göckeler
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E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
2. Zwangsvollstreckung in das GbR-Vennögen
Ist die GbR (Gesellschafter in ihrer Verbundenheit) oder ein bzw. mehrere Gesellschafter Vollstreckungsschuldner, stellt sich die Frage, unter welchen materiellen und formellen Voraussetzungen die Zwangsvollstreckung in das GbR-Vermögen mit Erfolg durchgeführt werden kann. Die Kodifizierung des Zwangsvollstreckungsrechts im 8. Buch der ZPO hält mit §§ 736, 859 I zwei die GbR betreffende Vorschriften bereit. a) §736ZPO Nach § 736 ZP06 ist zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach § 705 BGB eingegangenen GbR ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urteil erforderlich. Trennt man nach als vorzufwürdig erachteter Auffassung zwischen Gesamthands- und Gesamtschulden und unterscheidet man daher zwischen Gesamthands- und Gesamtschuldprozeß, so erfolgt die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen zumindest immer dann, wenn der Gläubiger gegen die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit aufgrund einer Gesamthandsschuld einen Titel erstritten hat. Darüber hinaus ist aber umstritten, ob § 736 ZPO auch in zwei anderen denkbaren Fällen anzuwenden ist: Vorliegen eines gesellschaftsbezogenen Gesamtschuldtitels und Vorliegen eines Gesamtschuldtitels gegen alle Gesellschafter, der in keinerlei Beziehung zur Gesellschaftstätigkeit steht8 • b)§8591 ZPO Nach § 736 ZPO ist zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ein Titel gegen alle Gesellschafter erforderlich. Hat dagegen ein Gläubiger nur einen Titel gegen einen (oder einen Teil) der Gesellschafter erstritten, so kann er dennoch nach § 859 I ZPO auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen. Die Inanspruchnahme erfolgt jedoch nicht im Wege des direkten Zugriffs, sondern über den Umweg der Anteilspfändung. Der Anteil eines Gesellschafters am GbR-Vermögen ist anders als der Anteil eines Gesellschafters an einzelnen Gegenständen des Gesellschaftsvermögens der Pfändung durch einen Gläubiger unterworfen, § 859 I ZPO. Ist die Pfändung wirksam vollzogen - zuständig ist das Vollstreckungsgericht, § 828 ZPO -, erlangt der Gläubiger den 6 Zur Auslegung dieser Vorschrift im Zusammenhang mit der Lehre von der Parteifähigkeit der GbR siehe bereits oben C.V.2.c)ff). 7 Zu dieser Trennung siehe oben B.V.1. 8 Siehe hierzu sogleich unten E.I1.
11. Auslegung von § 736 ZPO
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Anspruch auf den Gewinnanteil des gepfändeten Gesellschafters und er darf die Gesellschaft fristlos kündigen. § 725 BGB. In letzterem Fall darf der Gläubiger die Auseinandersetzung betreiben, §§ 730ff. BGB9• c) Gewahrsam an Gegenständen des Gesellschaftsvermögens10 Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Gesamthandsvermögen setzt den Gewahrsam des Schuldners über die Gegenstände voraus, § 808 I ZPO. Übt ein Dritter den Gewahrsam über einen der Zwangsvollstreckung unterworfenen Gegenstand aus, so kann in diesen nur vollstreckt werden, wenn der Dritte zur Herausgabe bereit ist, § 809 ZPO. Gewahrsam i.S.d. Zwangsvollstreckungsrechts bedeutet die Innehabung der tatsächlichen Gewalt, die in der Regel gleichbedeutend ist mit dem unmittelbaren Besitz11 • Es ist umstritten, wie bei einer GbR die Besitzverhältnisse geordnet sind12• Darauf kommt es aber für die Zwangsvollstreckung nicht entscheidend an. Übt ein Gesellschafter, gleich ob er vertretungsberechtigt ist oder nicht, die tatsächliche Gewalt über einen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstand aus, so ist nach § 808 ZPO zu vollstrecken. Die Rechtskraft des Titels wirkt gegen den Gesellschafter. § 809 ZPO kann nicht zur Anwendung gelangen, weil ein Gesellschafter im Verhältnis zur GbR nicht als Dritter angesehen werden kann 13.
11. Auslegung von § 736 ZPO 1. Weite Auslegung nach der h.M.
a) § 736 ZPO erfaßt auch gesellschaftsfremde Forderungen Nach h.M. ist die Zwangsvollstreckung nach § 736 ZPO in das Gesellschaftsvermögen neben den Gesamthandsschulden14 auch für die Gesamtschulden 9 Vgl. hierzu im einzelnen: Baumbach/Lauterbach/A1bers!Hartmann, § 859 Anm. 1 B (m.v.w.Nachw.). Nach h.M. ist die Pfändung nach § 8591 ZPO nur den Privatgläubigern eines Gesellschafters gestattet, vgI. Beuthien, DB 1975, 727; a.A. Nicknig, S. 138. 10 Vgl. hierzu auch: Schünemann, S. 256ff. 11 Baumbach/LauterbachJAlbers!Hartmann, § 808 Anm. 3 A; Jauernig, ZwVR, § 17 11; Zöller/Stöber, § 808 Rz. 5. 12 Siehe hierzu eingehend unten F.I.2.d). 13 So auch: Schünemann, S. 261f. 14 Diese werden, weil dieser Auffassung zumeist das individualistische Modell als materiellrechtliche Grundstruktur der GbR dient, nicht immer als solche bezeichnet. Zuweilen tritt der Begriff zur Qualifizierung "echter" Gesamthandsschulden auf, siehe dazu oben B.II.4.b).
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E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
aller Gesellschafter gegeben. Dabei soll es keinen Unterschied machen, ob diese Gesamtschulden im Zusammenhang mit einer gesellschaftsbezogenen Tätigkeit der Gesellschafter stehen oder nicht. Daher steht das GeseUschaftsvermögen auch zur Zwangsvollstreckung wegen pesamtschuldnerischer Privatschulden aller Gesellschafter zur Verfügung1 • Dieses Ergebnis sei dem Wortlaut des § 736 ZPO zu entnehmen, der nicht das Vorliegen einer Gesamthandsschuld als Vollstreckungsvoraussetzung statuiere. Die weite Auslegung dieser Vorschrift sei zudem mit Rücksicht auf deren Entstehungsgeschichte geboten l6• Der Antrag, die Zwangsvollstreckung nach § 736 ZPO auf Gesellschaftsschulden zu beschränken, wurde ausdrücklich von der zweiten Gesetzgebungskommission abgelehnt17• Die Vorschrift geite nicht nur für die Zwangsvollstreckung einer Gesellschaftsschuld, sondern auch wegen jeder sonstigen Verbindlichkeit, für welche die Gesellschafter, sei es vermöge eines Rechtsgeschäfts, sei es aus anderen Gründen, insbesondere in Folge einer unerlaubten Handlung als Gesamtschuldner haften l8 • Weiterhin wird darauf hingewiesen, daß es nicht Aufgabe des Vollstreckungsbeamten se~ zu unterscheiden, ob eine gesellschaftsbezogene Forderung gegen alle Gesellschafter vorliegt oder nicht. Zu einer solchen Unterscheidung werde er aber bei Beschränkung der Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nach § 736 ZPO auf gesellschaftsbezogene Forderungen gezwungen l9• Schließlich sei der Bestand der GbR gefährdet, weil die Privatgläubiger über § 859 I ZPO den Gesellschaftsanteil pfänden lassen und so die GbR auflösen könnten2O• Für die OHG sei ein Zugriff der Gesellschaftsgläubiger auf den Anteil eines Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen daher sogar ausdrücklich ausgeschlossenlI. Zudem kämen bei einer Vollstreckung nach § 859 I ZPO den Gesellschaftern nicht die Vorschriften der §§ 811 Nr. 5, 813 a ZPO zbgute22•
IS Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 736 Anm. 2; Buchner, AcP 169 (1969), 490; Baur/Stümer, § 18 B I 3; Brox/Walker, Rz. 33; Blomeyer, ZwVR, S. 59; Esser, § 95 V 3; Jauemig, ZwVR, § 511 1; Larenz, SBT, § 60 IV; Maiberg, § 2.1.6.a; Noack, JR 1971, 223f.; ders., MDR 1974, 812; RGRK/v. Gamm, § 714 Rz. 10; RosenberglGauVSchilken, § 19 I 2; Hüffer, GesR, § 12 4; Staudinger/Keßler, § 718 Rz. 10; Stein/Jonas!Münzberg, § 736 Rz. 5; Thomas/putzo, § 736 Anm.l a; Thein, S. 173 (einschränkend nur für die nicht unternehmenstragenden GbR); Westermann, Handbuch, Rz. I 340, 378; Zöller/Stöber, § 736 Rz. 1. 16 Rüßmann, ZZP 102 (1989), 401 mit Hinweis auf Jauemig, ZwVR, § 511. 17 Protokolle 11, S. 434f. 18 Hahn!Mugdan, Bd. 8, S. 138. 19 Hierzu: RosellberglGauVSchilken, § 19 I 2; Ulmer, § 718 Rz. 54f., der allerdings die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO zuläßt, siehe sogleich unten E.II.2.a). 20 RosenberglGauVSchilken, § 19 I 2; Noack, MDR 1974, 812; in diesem Sinne auch Stein/Jonas!Münzberg, § 736 Rz.5. 21 Noack, MDR 1974, 812. 22 Noack, MDR 1974, 812.
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b) Keine Notwendigkeit eines einheitlichen Titels Darüber hinaus verlangt die h.M. konsequenterweise zur Zwangsvollstrekkung nach § 736 ZPO keinen einheitlichen Titel. Es ist nach dieser Auffassung ausreichend, wenn der Gläubiger entweder einen Titel gegen alle oder mehrere gleichlautende Titel gegen alle Gesellschafter erstritten hat23• Bezogen auf den Ausgangsfall bedeutet dies: Sowohl die Platt GmbH wegen der Kaufpreisforderung gegen A, Bund C als auch die Häuser GmbH&Co KG wegen der Forderung aus dem Verkauf des Ferienhauses können nach § 736 ZPO in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken, wenn sie einen Titel gegen A, Bund C erstritten haben. Eine Vollstreckung ist selbst dann möglich, wenn die Gläubiger erst A verklagen, in einem zweiten Prozeß B und in einem dritten C. 2. Abweicbende Auffassungen
Gegenüber der h.M. schränken verschiedene Auffassungen den Anwendungsbereich von § 736 ZPO unterschiedlich stark ein. a) § 736 ZPO erfaßt nur gesellschaftsbezogene Forderungen Nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung soll § 736 ZPO bei nichtgesellschaftsbezogenen Schulden aller Gesellschafter nicht zur Anwendung gelangen. Das Gesellschaftsvermögen sei den Gesellschaftsgläubigern zu reservieren24• Innerhalb dieser Auffassung werden zwei Lösungswege zur Erreichung dieses Ziels vorgeschlagen.
aa) Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage Nach der einen Meinung darf das Vollstreckungsorgan nicht mit der materiell-rechtlichen Prüfung des dem Titel zugrundeliegenden Anspruchs belastet werden. Insofern wird ein Argument der h.M. aufgegriffen. Die Zwangsvollstreckung soll nach § 736 ZPO immer formal möglich sein, wenn die beschriebenen Voraussetzungen vorliegen. Allerdings soll den Gesellschaftern bzw. der GbR selbst die Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage gegeben sein,
13.
23 Arens,
Rz. 552j Baur/Stümer, § 18 B I 1 Gew.m.w.Nachw.)j Hüffer, GesR, § 12 4j vgI. FN
24 Vgl. Heller, S. 230, der allerdings diese Behauptung als Argument verwendetj Kornblum, UP 91 (1978), 348j Thein, S. 174 (mit Beschränkung auf Erwerbsgesellschaften)j dies erkennt auch Rüßmann, ZZP 102 (1989), 4OOf., folgt aber mit historischen Überlegungen der h.M.
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E. Die GbR in Zwanpvollstreckung und Konkurs
wenn die Vollstreckung aufgrund von gesamtschuldnerischen Privatverbindlichkeiten aller Gesellschafter erfolgt, § 771 ZP0 2S •
bb) Fonnale Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung Nach einer anderen Meinung soll schon formal die Zwangsvollstreckung nach § 736 ZPO unzulässig sein, wenn der geltend gemachte Anspruch nicht in einem materiell-rechtlichen Verhältnis zur GbR wurzelt. Die Belastung des Vollstreckungsorgans mit der materiell-rechtlichen PrüfunJ soll durch die analoge Anwendung der §§ 780ff. ZPO vermieden werden . Danach könne § 736 ZPO nur dann angewandt werden, wenn die Gesamthand im Titel explizit als Vollstreckungsschuldner benannt ist. Andernfalls sei nicht erkennbar, ob dem Titel eine Gesellschaftergesamtschuld oder eine Privatgesamtschuld zugrunde liegt. Hat nach dieser Auffassung ein Gläubiger gesellschaftsbezogene Gesamtschuldtitel gegen alle Gesellschafter erstritten, könnte er nicht nach § 736 ZPO vollstrecken, weil die Gesamthand nicht als Schuldner benannt ist. Um nunmehr eine neue Klage zu vermeiden, soll der Gläubiger die einzelnen Gesamtschuldtitel analog § 727 ZPO in einen Gesamthandsschuldtitel umschreiben lassen und dann ins Gesellschaftsvermögen vollstrecken können. Diese Vorgehensweise unterliege keinen Bedenken, weil aus dem Bestehen einer Gesellschaftergesamtschuld aufgrund des akzessorischen Verhältnisses das Bestehen einer Gesamthandsschuld folge 21•
cc) Argumente für die Reservierung des Gesellschaftsvennögens für die Gesellschaftsgläubiger a) Wortlaut des § 736ZPO § 736 ZPO verlangt einen Titel gegen alle Gesellschafter. Lege man die materiell-rechtliche Trennung von Gesamthandsschulden und sonstigen Privatschulden der Gesellschafter zugrunde, könne mit "einem Titel" nur der Gesamthandsschuldtitel gemeint sein. Die h.M. stamme aus der Gleichsetzung von Gesamthandsschulden und Privatverbindlichkeiten und müsse geradezu von der Notwendigkeit mehrerer gleichlautender Titel ausgehen, weil Gesamtschulden mehrere Titel aus verschiedenen Prozessen zulassen2B•
2S So insbesondere: Ulmer, § 718 Rz. 54f.; Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 184; Kornblum, BB 1970, 1450f. U Aderhold, S. 165; Lindacher, JuS 1982,595; Schünemann, S. 228; Soergel/Hadding, § 714 Rz.56. 27 Lindacher, JuS 1982,595. 2B Kornblum, 'Zll91 (1978), 348; Schünemann; S. 227; Soergel/Hadding, § 714 Rz. 56.
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ß) Entstehungsgeschichte des § 736 ZPO § 736 ZPO stelle die Reaktion auf das für die GbR mit Inkrafttreten des BGB eingeführte Gesamthandsprinzip dar. Das Gesamthandsprinzip sei eingeführt worden, um den Privatgläubigern den unmittelbaren Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen zu verwehren. Die Gesamthandsgläubiger werden so den Privatgläubigern vorgezogen. Gesellschafts- und Privatgläubiger sollten aber gleichgestellt werden. Bei "normalem" Beratungsverlauf wäre dem Antrag auf Beschränkung der Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen auf Gesamthandsforderungen entsprochen worden29• Zudem sei § 736 ZPO im Hinblick auf das Leitbild der Gelegenheitsgesellschaft, zumal auf der Grundlage der individualistischen Gesamthandslehre, entwickelt worden. Die Vielzahl heutiger Erscheinungsformen erfordere jedoch eine Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 736 ZPO auf Gesellschaftsschulden3O• Schließlich wird argumentiert, der in den Protokollen zum Ausdruck kommende materiell-rechtliche Ansatz, die Gesellschafter könnten einen Gesellschaftsgegenstand einverständlich zur Befriedigung eines Privatgläubigers bei solidarischer Haftung verwenden (und dieser Wille werde durch den Titel ge~en aller ersetzt), sei falsch, weil dies den Gesellschaftern gerade verboten sei 1.
y) Existenz der Vollstreckungsmöglichkeit nach § 859 I ZPO Nach § 859 I ZPO besteht für den Privatgläubiger eines Gesellschafters die einzige Verwertungsmöglichkeit des Gesellschaftsvermögens in der Pfändung des Anteils des Gesellschaftsschuldners an dem Gesellschaftsvermögen (nicht an einzelnen Gegenständen des Gesellschaftsvermögens). Daraus könne gefolgert werden, daß der Privatgläubiger nicht unmittelbar in die Gegenstände des Gesellschaftsvermögens soll vollstrecken können. Dieses Verbot dürfe nicht mit Hilfe des § 736 ZPO, der die Zwangsvollstreckung in einzelne Gegenstände des Gesellschaftsvermögens ermöglicht, umgangen werden32 • Nach diesen Auffassungen ergibt sich für den Ausgangsfall folgendes: Der Platt GmbH steht die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nach § 736 ZPO offen. Die Häuser GmbH&Co KG dagegen hat keinen Erfolg (entweder weil man die Zwangsvollstreckung schon formal· für unzulässig hält oder nach erhobener Wider-
29 Michelfelder, S. 44ff., mit VelWeis auf: Protokolle 11, S. 427f., 434f.
Heller, S. 231. Nicknig, S. 132 mit Hinweis auf Protokolle 11, S. 434f.; m.E. ist dieses Argument verfehlt. Materiell·rechtlich sind die Gesellschafter in Ausübung ihrer gesamthänderischen Verfügungsbefugnis unbeschränkt. Daher können sie auch in ihrer Verbundenheit auch die (einen einzelnen oder alle Gesellschafter treffende) Gesamtschuld durch Verfügung über einen Gesellschaftsgegenstand begleichen. 32 Michelfelder, S. 35; Nicknig, S. 132; ihnen folgend: Heller, S. 231; vgI. auch Rüßmann, ZZP 102 (1989), 400, der aber aufgrund der Entstehungsgeschichte der h.M. folgt. 30
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E. Die ObR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
spruchsklage, § 771 ZPO), weil ihre Forderung aus dem Verkauf des Ferienhauses auf Sylt nicht in einem Zusammenhang mit der Tätigkeit der GbR ,,ARGE BAB 46 Schönerland" steht. In folgendem Fall ist aber eine Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen auch nach dieser Auffassung möglich: Beim Ausbau der Straße fährt die Dampfwalze in das Milchfahrzeug des Bauern Teckelhoff, weil A, Bund C keine ausreichenden Sicherungsmaßnahmen getroffen haben. Für den entstandenen Schaden haften A, Bund C als Gesamtschuldner. Werden sie von Teckelhoff als Gesamtschuldner in Anspruch genommen und obsiegt er, ist die Zwangsvollstreckung in das Gesel\schaftsvermögen nach § 736 ZPO möglich, weil es sich um eine gesel\schaftsbezogene Gesamtschuld handelt.
b) § 736 ZPO gilt ausschließlich für Gesamthandsschulden Eine weitere abweichende Auffassung läßt die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nach § 736 ZPO ausschließlich bei Vorliegen einer Gesamthandsschuld ZU33 • Der Wortlaut des § 736 ZPO verlange ein Urteil als Vollstreckungsvoraussetzung; ein Urteil sei aber nur im Hinblick auf den Gesamthandsschuldprozeß zu bejahen, weil im Gesamtschuldprozeß keine notwendig einheitliche Entscheidung gegenüber den als Gesamtschuldnern verklagten Gesellschaftern ergehen muß. So wird die Trennung des Erkenntnisverfahrens zwischen Gesamthandsschuldprozeß und Gesamtschuldprozeß im Vollstreckungsverfahren fortgesetzt. Diese Auffassung unterscheidet sich von der unter 11 1 b beschriebenen insbesondere dadurch, daß sie eine Vollstreckung nach § 736 ZPO generell auch für gesellschaftsbezogene GesamtschuIden ausschließt, indem sie bei Vorliegen von Gesamtschuldtiteln gegen alle Gesellschafter keine Umschreibung auf einen Gesamthandsschuldtitel in analoger Anwendung des § 727 ZPO zuläßt. Um das Vollstreckungsorgan von einer materiell-rechtlichen Prüfung zu entlasten, sollen die Gesellschafter die Vollstreckung wegen Gesamtschulden mit Hilfe der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO abwehren können34• Für den Ausgangsfall bedeutet dies: Die Platt GmbH kann nur in das Gesellschaftsvermögen nach § 736 ZPO vollstrecken, wenn sie die Gesamthandsschuldklage gegen A, Bund C erhoben und gewonnen hat. Titel, die gegen A, Bund C aufgrund deren gesamtschuldnerischer Haftung erstritten wurden, eröffnen diese Möglichkeit nicht. Die Häuser GmbH&Co KG kann nicht nach § 736 ZPO vollstrecken, weil es sich bei der Forderung aus dem Verkauf des Ferienhauses nicht um eine Gesamthandsschuld handelt. Teckelhoff könnte nur dann nach § 736 ZPO vollstrecken, wenn man die
Heller, S. 232; Neumann, S. 83; Nicknig, S. 133. Heller, S. 232; Nicknig, S. 133 stellt eine Vermutung zugunsten des Vorliegens einer Oesamthandsschuld auf; diese Vermutung kann sinnvollerweise nur mittels einer Drittwiderspruchsklage widerlegt werden (was Nicknig nicht ausdrücklich sagt). 33
34
11. Auslegung von § 736 ZPO
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analoge Anwendung des § 31 BGB bejaht, so daß neben der Gesamtschuld eine Gesamthandsschuld bestünde3s • 3. Stellungnahme
Einigkeit besteht nach allen Auffassungen darüber, daß ein Gesamthandsschuldtitel zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nach § 736 ZPO berechtigt. Inwieweit darüberhinaus § 736 ZPO zur Anwendung gelangt, ist näher zu prüfen. a) Wortlaut Folgt man dem Wortlaut des § 736 ZPO, der von einem Urteil gegen alle Gesellschafter spricht, so ist dem Buchstaben nach nur ein Gesamthandsschuldtitel und ein in einem Prozeß gegen alle Gesellschafter gleichlautendes Gesamtschuldurteil erfaßt. Nicht erfaßt werden (Gesellschafts- oder Privat-) Gesamtschuldtitel gegen alle Gesellschafter aus verschiedenen Prozessen, es sei denn man versteht "ein Urteil" nicht im Sinne eines einzigen (körperlichen) Titels, sondern im Sinne einer mehreren Urteilen zugrunde liegenden gleichlautenden Entscheidung. Da letztere Version noch mit dem Wortlaut der Vorschrift zu vereinbaren ist, kann aus diesem heraus keine Entscheidung über die Reichweite von § 736 ZPO getroffen werden36• Das Argument, ein Titel sei bei Neueintritt eines Gesellschafters niemals ausreichend, weil immer auch ein Titel gegen den Neueingetretenen erstritten werden müßte37, und so könne der Wortlaut des § 736 ZPO nicht nur einen einzigen Titel verlangen, ist nicht zwingend. Nach vorzugswürdiger Ansicht genügt bei Neueintritt eines Gesellschafters die Titelumschreibung nach § 727 ZP038, so daß weiterhin nur ein Titel (hinsichtlich der Gesamthandsschuld) vorliegt. b) Historische Auslegung Alle Auffassungen nehmen für sich die Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Vorschrift in Anspruch. Die Ablehnung des Antrags auf Beschränkung der Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen wegen Gesellschaftsforderungen zeigt, daß die Gesetzgebungskommission von einer sol-
3S 36 37 38
Zur analogen Anwendbarkeit von § 31 BGB siehe unten F.I.2.e). So auch: Michelfelder, S. 26; Blomeyer, JR 1971, 402 FN 43; KombIum, BB 1970, 1450. Brox/Walker, Rz. 33; Stein/Jonas/Münzberg, § 736 Rz. 2. Siehe hierzu oben D.XIV.4.a).
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E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
chen Beschränkung nicht ausging. Der Hinweis demgegenüber auf eine anderslautende Entscheidung bei "normalem" Beratungsverlauf ist zu hypothetisch und daher wenig hilfreich. Völlig unklar bleibt, was unter einem normalen Beratungsablauf zu verstehen ist. Doch ist mit der historischen Aussage der Gesetzgebungskommission nicht die Entscheidung zugunsten einer weiten Auslegung des § 736 ZPO getroffen39• Denn es ist methodisch falsch, allein auf den Willen der am Gesetzgebungsverfahren konkret beteiligten Personen und Kommissionen abzustellen. Dieser kann immer nur ein Element der Auslegupg zur Ermittlung der Regelungsabsicht sein. Entscheidend ist darauf abzustellen, was der Gesetzgeber selbst verfolgte4O• Nun legen aber die Protokolle und Gesetzesmaterialien den Schluß nahe, daß auch der historische Gesetzgeber von einem weiten Anwendungsbereich des § 736 ZPO ausging, wenngleich er wiederum andererseits die Gebundenheit des Gesellschaftsvermögens zur Deckung der Lasten und Schulden der Gesellschaft betont41 • Betrachtet man zudem die Möglichkeit der Privatgläubiger eines (oder mehrerer) Gesellschafters nach § 859 I ZPO auf das Gesellschaftsvermögen zuzugreifen, ist es sehr zweifelhaft, ob ein solcher Wille des historischen Gesetzgebers zur weiten Anwendung des § 736 ZPO hinreichend im Gesetzestext manifestiert ist. Darauf aber kommt es entscheidend an42• c) Teleologische Auslegung Daher ist letztlich auf die teleologische Auslegung abzustellen. Da die Zwangsvollstreckung die Fortsetzung des Erkenntnisverfahrens ist, ist die auf das materielle Recht zurückzuführende Trennung von Gesamthands- und Gesamtschuldprozeß zu berücksichtigen43. Diese Trennung legt es nahe, § 736 ZPO ausschließlich bei Vorliegen einer Gesamthandsschuld anzuwenden. Geht man von zwei Verpflichtungen aus, so erscheint es beim unmittelbaren Zugriff im Wege der Zwangsvollstreckung interessengerecht, jeder Verpflichtung ein eigenes Haftungsobjekt nicht nur materiell-rechtlich, sondern auch vollstreckungsrechtlich zuzuordnen. So statuiert § 859 I ZPO den Haftungszugriff wegen Schulden der Gesellschafter (gleich ob gesellschaftsbezogen oder privat) und § 736 ZPO die Haftungsrealisierung der Gesamthandsschulden. Für eine solche Reservierung des Gesellschaftsvermögens zugunsten von Gesamthandsgläubigern sprechen auch §§ 12, 14,16 KO i.V.m. §§ 73lff. BGB, die ein Vorrecht der Gesamthandsgläubiger am Gesellschaftsvermögen auch Anders aber: Rüßmann, ZZP 102 (1989), 401. Larenz, Methodenlehre, S. 204f, 316ff., 328f. 41 Protokolle 11, S. 429; Mugdan Bd. 2, S. 993f. 42 Larenz, Methodenlehre, S. 204f., 328f. 43 Ähnlich: Schünemann, S. 225.
39
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bei Konkurs eines Gesellschafters begründen44• Die Tatsache, daß die Trennung von Gesamthands- und Gesamtschulden erst seit jüngerer Zeit erkannt und konsequent durchgeführt wird, hebt somit die Bedenken auf, die sich bei Betrachtung der Gesetzesmaterialien ergeben haben. Der Einwand, § 736 ZPO einschränkend auszulegen, hieße, den Bestand der GbR zu gefährden, weil die Privatgläubiger nach § 859 I ZPO vorgehen müßten, überzeugt nicht. Diese Gefährdung ist bei jedem einzelnen Privatgläubiger eines Gesellschafters gegeben. Den Gesellschaftern ist es unbenommen, für diesen Fall die Fortsetzung der Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern im Gesellschaftsvertrag zu vereinbaren. Zwar kann diese Möglichkeit dann nicht ausgeschöpft werden, wenn die Anteile aller Gesellschafter nach § 859 I ZPO gepfändet wurden. Doch liegt der den Bestand der GbR gefährdende Aspekt weniger in der Pfändung als vielmehr in der Leistungsverweigerung aller als Gesamtschuldner verurteilten Gesellschafter. Ihnen steht es frei, das GbR-Vermögen zur Tilgung dieser Schulden zu verwenden. Aus diesen Gründen wiegt auch der Verlust der Vollstreckungsschutzvorschriften der §§ 811 Nr. 5, 813 a ZPO weniger schwer. Darüberhinaus wären diese Belange im Rahmen der allgemeinen Vollstreckungsschutzklausel nach § 765 a ZPO zu berücksichtigen und bewahrten die Gesellschafter vor unbilligen Härten. Zudem ist der Vollstreckungsschutz bei einer GbR aus rechtstatsächlichen Gründen nur mit Zurückhaltung als Argument zu benutzen, denn ein Gesellschaftsvermögen ist häufig nicht in ausreichendem Maße zur Deckung der Gesellschaftsschulden vorhanden. Dies wiederum spricht für eine Reservierung des Gesellschaftsvermögens für Gesellschaftsgläubiger, die nicht immer die Gesellschafter persönlich in Anspruch nehmen können. Letztlich sichert die Beschränkung der Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nach § 736 ZPO auf Gesamthandsschulden eher den wirtschaftlichen Bestand der GbR, indem das Gesellschaftsvermögen dem direkten Zugriff der Privatgläubiger der Gesellschafter entzogen ist, so daß sie darauf verwiesen sind, zunächst bei diesen (in ihren Privatvermögen) Befriedigung zu suchen. Schließlich bringt der Ausschluß der Vollstreckungsmöglichkeit nach § 736 ZPO auch für gesellschaftsbezogene Gesamtschulden aller Gesellschafter keinen unbilligen Nachteil für den Gläubiger mit sich. Ihm ist es jederzeit möglich, einen Gesamthandstitel gegen die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit zu erstreiten. Dies ist einfacher, als mehrere Gesamtschuldtitel zu erlangen und kann zudem gleichzeitig mit der Gesamtschuldklage geschehen4s • Sodann steht ihm die Zwangsvollstreckung nach § 736 ZPO in das Gesellschaftsvermögen offen.
44 Vgl. Michelfelder, S. 52f.
4S Siehe hierzu oben D.xI.2.
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E. Die ObR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
d) Übereinstimmung mit prozessualen Prinzipien und Tenorierung Das materielle Recht allein bestimmt aber nicht die Auslegung verfahrensrechtlicher Normen; vielmehr ist zusätzlich auf die spezifisch prozessualen Anforderungen Rücksicht zu nehmen046• Insofern ist der Einwand der (noch) h.M., das Vollstreckungsorgan sei von jeglicher materiell-rechtlichen Prüfung zu entlasten, eine Unterscheidung gesellschaftsbezogener und privater Gesamtschulden sei anband des Titels nicht erkennbar, von Bedeutung. Läßt man jedoch, wie hier vorgeschlagen, die Zwangsvollstreckung nach § 736 ZPO ausschließlich bei Gesamthandsschulden und damit auch nicht bei gesellschaftsbezogenen Gesamtschulden aller Gesellschafter zu, genügt man gerade dem Erfordernis der Bestimmtheit und Klarheit im Zwangsvollstreckungsverfahren. Liegt eine Gesamthandsschuld vor, so dürfen die Gesellschafter im Tenor nicht als Gesamtschuldner bezeichnet werden. Denn sie sind in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit verpflichtet, was im Tenor entweder durch die Bezeichnung "A, B, C in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit" oder "A, B, C als GbR" zum Ausdruck gebracht werden müßte47• Die Umschreibung "als Gesamtschuldner" darf nur bei Vorliegen einer Gesamtschuld, nie bei Vorliegen einer Gesamthandsschuld verwandt werden. Eine Verurteilung ohne einen das GbR-Verhältnis angebenden Zusatz würde dazu führen, daß die Gesellschafter zwar materiell-rechtlich wie beschrieben weiterhaften; doch würde ein solcher Titel strenggenommen nur die Vollstreckung in die Privatvermögen der Gesellschafter zu gleichen Teilen (vgl. § 420 BGB) eröffnen, weil sie weder als Gesamtschuldner noch gemeinschaftlich als GbR verurteilt wor,den sind. Für diesen Fall ist es überlegenswert, ob nicht eine Vermutung für das Vorliegen einer Gesamthandsschuld aufgestellt werden kann, wenn alle Gesellschafter im Titel aufgeführt worden sind, jedoch nicht als Gesamtschuldner haften sollen und kein das Gesellschaftsverhältnis andeutender Zusatz im Tenor aufgenommen ist48• Ließe man dies zu, so müßte man den Gesellschaftern als GbR zur Verhinderung der Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen allerdings die Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage, § 771 ZPO, eröffnen. Dagegen spricht aber das Erfordernis der Bestimmtheit des Urteilstenors. Da die Verurteilung aller Gesellschafter auch ohne Zusatz ("als Gesamtschuldner" bzw. "als GbR" oder "in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit") möglich ist und die Zwangsvollstreckung in die Privatvermögen der Gesellschafter (nur zu gleichen Teilen nach § 420 BGB) Siehe hierzu oben B.V.2.c)bb). Ähnlich: Schünemann, S. 235; für die Parteifähigkeitslösungvgl. Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 181; Michelfelder, S. 32; Ulmer, § 718 Rz. 51; siehe auch: Westermann, Handbuch, Rz. I 378: Verurteilung auf Leistung aus dem Oesellschaftsvermögen. Vgl. auch § 47 OBO; dazu: Ulmer, § 705 Rz. 131; O. Roth, § 84 b; Staudinger!Keßler, § 718 Rz. 4; ErmanIWestermann, Vor § 705 Rz.16. 48 VgI. zu einer ähnlichen Überlegung: Nicknig, S. 133. 46
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11. Auslegung von § 736 ZPO
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eröffnet, würde eine mit obigem Inhalt aufgestellte Vermutung die verschiedenen materiell-rechtlichen Haftungsalternativen einer Personenmehrheit negieren. Das erkennende Gericht muß im Tenor die realisierte Haftungsmöglichkeit aussprechen. Zudem widerspräche es dem Gebot der Prozeßökonomie, eine Vermutung ohne Notwendigkeit aufzustellen, die in einem zweiten Prozeß zu widerlegen ist. Zudem wird der Urteilstenor aufgrund der Entscheidungsgründe hinreichend bestimmt werden können. Damit sind auch die in den Gesetzgebungsberatungen aufgeworfenen Bedenken beseitigt, die Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach § 736 ZPO auf Gesamthandsschulden ließe sich praktisch nicht durchführen49. Für das Vollstreckungsorgan entfällt die materiell-rechtliche Prüfung. Die Zwangsvollstreckung nach § 736 ZPO ist nur dann zulässig, wenn die Gesellschafter im Titel als GbR oder in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit aufgeführt worden sind. Fehlt ein solcher Zusatz, so sollte er vom Gläubiger im Wege der Berichtigung nach § 319 ZPO erlangt werden können. Legt man die hier vorgeschlagene Lösung zugrunde, so stellt sich, werden die Gesellschafter sowohl im Gesamthandsschuld- als auch im Gesamtschuldprozeß z.B. auf Zahlung von DM 100.000,- verurteilt, das Problem der Tenorierung im Urteil. Die richtige Tenorierung hängt vom materiell-rechtlichen Verhältnis der heiden Verpflichtungen ab. Für die OHG wird ganz überwiegend ein Gesamtschuldverhältnis zwischen Gesamthandsschuld einerseits und Gesellschafterschuld andererseits, also zwischen OHG und Gesellschaftern, verneineo. Diese Auffassung wird mit der (inhaltlichen) Akzessorietät der beiden Verbindlichkeiten (§§ 128, 129 HGB)51 und mit der Feststellung, das Gesellschaftsvermögen sei ein Sondervermögen der Gesellschafter selbst52, begründet. Der Tenor eines die OHG und die Gesellschafter verurteilenden Urteils lautet demnach: Die OHG und die Gesellschafter werden verurteilt, DM 100.000,- nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 01.01.1990 an den Kläger zu zahlen53. Teilweise wird der klarstellende Zusatz "als wären sie Gesamtschuldner" hinzugefügt, um sicherzustellen, daß der obsiegende Kläger die im Urteil genannte Summe (in der Zwangsvollstreckung) insgesamt nur einmal erhält54 . 49 Protokolle 11, S. 434f.
50 Aus der Rechtsprechung: 8GHZ 44, 229 (233); 47, 376 (378f.); 73, 217 (225); aus der Literatur: Baumbach/DudeniHopt, § 128 Anm. 2 C; Hueck, OHG, § 2111 7; § 29 11 4; Hüffer, GesR, § 18 3 a; Kraft/Kreutz, S. 145f.; MüKo/Selb, § 421 Rz. 20; Palandt/Heinrichs, § 421 Rz.5; K. Schmidt, GesR, S. 1175f. Gew.m.w.Nachw.). 51 So insbesondere die Rechtsprechung (vgl. die Nachw. in FN 50) und Hüffer, GesR, § 18 3a. 52 MüKo/Selb, § 421 Rz. 20. 53 Siehe hierzu: 8GHZ 22,240 (241, 246). 54 LG Hamburg, MDR 1967,401; OLG Karlsruhe, MDR 1968, 755f.; Schneider, MDR 1%7, 353 (356); Erman!Westermann, § 421 Rz. 10; Palandt/Heinrichs, § 421 Rz. 6; ausdrücklich ablehnend dagegen: 8GHZ 22,240 (241, 246).
206
E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
Es stellt sich daher die Frage, ob das aufgeworfene Problem für die GbR ähnlich wie für die OHG zu beurteilen ist. Da sich die hier vorgeschlagene Lösung des Nebeneinanders von Gesamthands- und Gesamtschuld im Recht der GbR noch nicht allgemein durchgesetzt hat, wird auch das Verhältnis beider Verbindlichkeiten wenig diskutieres. Geht man von der als vorzugswürdig erachteten Lehre der DoppeiverpflichtungS6 aus, so liegt die Annahme einer Gesamtschuld nahe, §§ 427, 431 BGB. Eine Akzessorietät, also eine Abhängigkeit der Gesellschafterschuld von der Gesamthandsschuld, so wie bei der OHG, gibt es im Recht der GbR gerade nicht. Sie kann daher der QualifIZierung als Gesamtschuld nicht entgegenstehen57• Auch ist es unschädlich, daß das Gesellschaftsvermögen ein Sondervermögen der Gesellschafter ist58• Dieser Gedanke trägt schon bei der OHG die Ablehnung einer Gesamtschuld nicht. Denn gründen A, Bund C eine X-OHG und eine Y-OHG, und verpflichten sich sowohl die X-OHG als auch die Y-OHG gegenüber dem Kläger, so liegt eine Gesamtschuld vor, obwohl beide Gesellschaftsvermögen als Sondervermögen der Gesellschafter angesehen werden können. Voraussetzung für die Anerkennung einer Gesamthandsschuld ist auch nicht die Qualifizierung der GbR als teilrechtsfähig59; dies gilt als Konsequenz auch für die QualifIZierung des Verhältnisses von Gesamthands- und Gesellschafterschuld als Gesamtschuldverhältnis. Die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit und die Gesellschafter als persönlich Verpflichtete sind demnach Gesamtschuldner/iO. Der Tenor eines die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit und die Gesellschafter persönlich verurteilenden Urteils lautet somit (Beklagte sind die Gesellschafter A, Bund C): 1. Die Beklagten in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit und die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, DM 100.000,- nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 01.01.1990 an den Kläger zu zahlen. 2. Die Kosten tragen die Beklagten als Gesamtschuldner. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 110.000,- vorläufig vollstreckbar.
55 Vgl. Hüffer, GesR, § 12 3 a (echte Gesamtschuld); Ulmer, § 714 Rz. 37 ("unechte" Gesamtschuld). 56 Vgl. hierzu oben B.V.1.f)bb),cc). 57 So auch: Hüffer, GesR, §§ 123 a, 183 a FN 19. 58 Vgl. zu diesem Einwand bzgl. der OHG: MüKo/Selb, § 421 Rz. 20. 59 Siehe hierzu eingehend oben B.V.1.e). /iO So auch Hüffer, GesR, § 123 a; Ulmer, § 714 Rz. 37, spricht von "unechter" Gesamtschuld, er umschreibt damit die Tatsache, daß im Innenverhältnis in aller Regel die Gesamthand die gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten erfüllen soll. Beide Autoren gehen allerdings von der GbR mit Gesamthandsvermögen als teilrechtsfähig aus.
11. Auslegung von § 736 ZPO
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e) Vermeidung des Problems der Haftungsbeschränkung61 In Rechtsprechung und Literatur wird häufig das Problem diskutiert, wie einer materiell-rechtlichen Haftungsbeschränkung auf das GbR-Vermögen62 in der Zwangsvollstreckung Rechnung zu tragen ist. Nach einer verbreiteten Auffassung soll die Haftungsbeschränkung durch einen Ausspruch im Urteilstenor für das Vollstreckungsorgan verbindlich festgestellt werden63 • Nach einer Gegenauffassurig sollen die §§ 780ff. ZPO, die die im Urteil vorbehaltene Möglichkeit der beschränkten Erbenhaftung erst als in der Zwangsvollstrekkung zu erhebende Einwendung ausgestalten, entsprechend zur Anwendung gelangen64 • Folgt man der hier vorgeschlagenen strikten Trennung von Gesamthands- und Gesamtschuldprozeß mit entsprechenden deutlich voneinander zu unterscheidenden Tenorierungen im Gesamthands- bzw. Gesamtschuldtitel, so stellt sich das skizzierte Problem nicht6S • Ist die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, so erlangt der Gläubiger einen Gesamthandsschuldtitel; einen Gesamtschuldtitel dagegen kann er nicht erstreiten. Die Vollstreckung in die Privatvermögen der Gesellschafter aus einem Gesamthandsschuldtitel aber ist unzulässig. Erfolgt sie dennoch, ist dem Gesellschafter die Möglichkeit der Driuwiderspruchsklage, § 771 ZPO, zur Abwehr der Vollstreckung gegeben66• f) Unzulässigkeit der Umschreibung von Gesamtschuldtiteln gegen alle Gesellschafter in einen Gesamthandsschuldtitel Ausgehend von dem Ergebnis, daß eine Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach § 736 ZPO auf Gesamthandsschulden anzunehmen ist, stellt Vgl. hierzu im Überblick: Hennecke, S. 132ff.; Schünemann, S. 236ff. Zur vertraglichen Haftungsbeschränkung siehe oben B V. 1. g) dd); weitere Beispiele: Haftung der GbR aus ungerechtfertigter Bereicherung, sofern die Gesellschafter nicht selbst bereichert sind; Haftung der GbR aus unerlaubter Handlung eines Gesellschafters, sofern man eine Analogie zu § 31 BGB zuläßt. 63 BGH, LM Nr. 3 zu § 780 ZPO; Knoke, S. 83, 91; Michelfelder, S. 83; Westermann, Handbuch, Rz. I 378; Stein/Jonas!Münzberg, § 736 Rz. 7, § 735 Rz. 1 FN 5; RGRK/v. Gamm, § 714 Rz. 10; StaudingerjKeßler, § 714 Rz. 20; BrunsIPeters § 10 I 2 a. 64 Esser, § 95 V 3; Nicknig, S. 134ff.; Noack, MDR 1974, 813f.; Thein, S. 176ff. (18Of.); ZöllerNollkommer, § 736 Rz. 1; jeweils mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes und weiteren Nachweisen. Nach RosenberglGaul/Schilken, § 19 I 3 sollen beide Möglichkeiten gegeben sein: wenn eine Haftungsbeschränkung nicht im Urteilstenor ausgesprochen worden ist, soll der Gesellschafter den Einwand der beschränkten Haftung nach §§ 780ff. ZPO analog geltend machen dürfen. 6S So auch: Schünemann, S. 239ff. 66 Für die Zulässigkeit der Vollstreckung in das Privatvermögen aufgrund eines Gesamthandsschuldtitels: Kornblum, BB 1970, 1452; mit Recht dagegen: Schünemann, S. 231. 61
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208
E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
sich die Frage, ob gleichlautende Gesamtschuldtitel gegen alle Gesellschafter in einen Gesamthandsschuldtitel umgeschrieben werden dürfen. Hiergegen spricht entscheidend die strikte Trennung von Gesamthands- und Gesamtschuldprozeß. Nur im ersten ist eine notwendig einheitliche Entscheidung Voraussetzung und aufgrund des Instituts der notwendigen Streitgenossenschaft gesichert. Wollte man eine Umschreibung zulassen, käme man über einen Umweg zur direkten Verwertungsmöglichkeit des Gesellschaftsvermögens auch für "private" Gesellschafterverbindlichkeiten (Gesamtschulden aller Gesellschafter) und verstieße so gegen die als interessengerecht erachtete Reservierung des Gesellschaftsvermögens für Gesamthandsverbindlichkeiten. Zudem wäre unklar, in welch einem Verfahren eine solche Umschreibung erfolgen sollte. Die Möglichkeit einer Umschreibung von Gesamtschuldtiteln gegen alle Gesellschafter in einen Gesamthandsschuldtitel ist daher nicht eröffnet61• 111. Die GbR im Konkurs nach derzeitiger Rechtslage
1. Grundlagen und Problemkonstellation nach h.M. a) Einführung Der Konkurs soll zur grundsätzlich gleichmäßigen Befriedigung aller vermögensrechtlichen Gläubiger eines Schuldners durch Verwertung des gesamten Schuldnervermögens führen, wenn der Schuldner den wirtschaftlichen Zusammenbruch erleidet68• Der Unterschied zur Zwangsvollstreckung69 besteht darin, daß das Konkursverfahren nicht auf die Verwertung einzelner Vermögensstücke, sondern auf die des gesamten Schuldnervermögens im Sinne einer "Gesamt-oder Totalvollstreckung" zielt. Nach § 14 KO findet nach Konkurseröffnung eine Zwangsvollstreckung in das Schuldnervermögen nicht statt, eine solche ist unzulässig. Der Schuldner wird im Konkursverfahren zum Gemeinschuldner; Verwaltungs- und Verfügungsrechte über sein Vermögen werden für die Dauer des Konkurses vom Konkursverwalter ausgeübt, § 6 KO. Konkursfähigkeit als formelle Konkursvoraussetzung bedeutet die rechtliche Möglichkeit, Gemeinschuldner eines Konkursverfahrens zu sein. Nach überwiegender AuffassunI kann jeder Gemeinschuldner sein, der im Zivil prozeß passiv parteifähig ist . Entsprechend der entwickelten Ergebnisse lehnt die h.M. die (passive) Parteifähigkeit der GbR ab und folgert hieraus auch die 61 So auch:
Heller, S. 232; Reichert, S. 152ff. Baur, KuVglR, § 1 I; Jauemig, ZwVR, § 38 I; Kuhn/Uhlenbruck, Vorb. Rz. 5; Michelfelder, S. 5, 10; Kilger, § 3 Anm. 1 a. 69 Hinsichtlich der Zwangsvollstreckung in das Gesamthandsvermögen einer GbR siehe oben E.I., 11. 70 Baur/Stümer 11, § 7 IV 1; Jauemig, ZwVR, § 40 I. 68
III. Die GbR im Konkurs nach derzeitiger Rechtslage
209
fehlende Konkursfähigkeit der GbR11. Ziel der Untersuchung ist es, festzustellen, ob diese Auffassung zwingend richtig ist. b) Einzelkonkurs der Gesellschafter Unbestritten anerkannt ist die Möglichkeit des Konkurses eines jeden Gesellschafters. Wird der Konkurs über das Vermögen eines Gesellschafters eröffnet, führt dies grundsätzlich nach § 728 BGB zur Auflösung der GbR und zu ihrer Auseinandersetzung, §§ 73Off. BGB. Sofern zulässigerweise7Z im Gesellschaftsvertrag die Fortsetzung der GbR unter den übrigen Gesellschaftern vereinbart ist, finden Auflösung und Auseinandersetzung nicht statt; dem in Konkurs geratenen Gesellschafter steht jedoch ein Abfmdungsanspruch zu. Zur Konkursmasse zählen in einem solchen Fall der Gesellschaftsanteil oder, bei Fortsetzung der GbR, der Abfmdungsanspruch des Gesellschafters, §§ 1 I KO, 859 I ZPO, nicht das Gesellschaftsvermögen oder einzelne Gegenstände desselben73. Diese Tatsache stellt sich als Auswirkung der gesamthänderischen Gebundenheit des Gesellschaftsvermögens bzw. der dazu gehörigen Gegenstände dar. Der Gesellschaftsanteil bzw. der Abfmdungsanspruch ist jedoch um den Wert der Gesamthandsverbindlichkeiten geschmälert, weil nach § 16 I KO die Auseinandersetzung der Gesellschaft außerhalb des Konkursverfahrens erfolgt. Die Folge der ausschließlichen Zulässigkeit von Einzelkonkursen der Gesellschafter ist somit die Unmöglichkeit der Verwertung des gesamten Gesellschaftsvermögens in einem Konkursverfahren74• Daraus Wiederum folgt, daß die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 736 ZPO weiterhin möglich ist. §§ 12, 14 KO stehen dem nicht entge.gen, weil nur der Anteilswert zur Konkursmasse des Gesellschafters gehört . Aufgrund dieser Ausgangsposition kommt es insbesondere bei folgender Konstellation zu Schwierigkeiten. Sowohl die GbR als auch die 11 Baur, KuVglR, § 3 IV; Baur/Stümer 11, § 33 I 2; Erman!Westermann, Vor § 705 Rz. 16; Jauemig, ZwVR, § 40 I; Noack, JR 1971, 224, 226 ("die Gesamtstruktur der GbR verbietet die Konkursfähigkeit"); Palandt{fhomas, § 728 Rz. 1; Ulmer, § 705 Rz. 134, § 728 Rz. 3; Westermann, Handbuch, Rz. I 709; AK-BGBffeubner, § 728 Rz. 2; Hueck, GesR, § 11 11 5; RGRK/v. Gamm, Vor § 706 Rz. 4; Soergel/Hadding, § 728 Rz. 1; Staudinger/Keßler, Vor § 728 Rz. 5; Jaeger/Henckel, § 1 Rz. 151; Kilger, § 1 Anm. 9; Kuhn/Uhlenbruck, Vorb. B § 207 Rz. Hf.; Nicknig, S. 138; KombIum, Haftung, S. 54; G. Roth, § 8 4 b; aus der Rechtsprechung: BGHZ 23, 307ff.; ausdrücklich offengelassen allerdings jüngst in: BGH, ZIP 1991,233 (234); vgl. hierzu die zust. Anm. von K. Schmidt, EWiR, § 171 HGB 1191,481 und Uhlenbruck, WuB, VI B, § 109 KO 1191; zur Gegenansicht siehe unten FN 85. 7Z Baur/Stümer 11, § 33 I 2; Palandt{fhomas, § 728 Rz. 1. 73 Siehe hierzu: Baur/Stümer 11, § 33 I 2; Palandt{fhomas, § 728 Rz. 1; zu einem Sonderfall: BGHZ 23, 307ff., sogleich unten E.III.2. 74 Vgl. Neumann, S. 10f. 75 Baur/Stümer 11, § 33 I 2 mit Hinweis auf die analoge Anwendung von § 68 KO. 14 Göcke1er
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E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
Gesellschafter sind zahlungsunfähig. Wird nunmehr über alle Gesellschaftervermögen der Konkurs eröffnet, so ist den GeseIIschaftergläubigem die Zwangsvollstreckung in das GbR-Vermögen untersagt. Demgegenüber können alle Gesellschaftsgläubiger weiterhin die EinzeIzwangsvoIIstreckung in das Gesellschaftsvermögen betreiben76• Eine gleichmäßige Befriedigung ist somit nicht möglich. Über den geschilderten Problemfall hinaus wird allgemein im Hinblick auf die weit verbreitete Verwendung der Rechtsform der GbR im Wirtschaftsleben eine gesetzgeberische Korrektur dahingehend verlangt, den Konkurs über das Gesellschaftsvermögen zuzulassen77. 2. Lösung nach BGHZ 23, 307ft:
a) Darstellung der Entscheidung In dem vom BGH zu entscheidenden Fall waren über die Vermögen der vier Gesellschafter einer ARGE78 Konkurse eröffnet worden. Alle vier Konkurse wurden von einem Konkursverwalter abgewickelt. Auf einem Sonderkonto des Konkursverwalters befand sich ein größerer Geldbetrag zugunsten der ARGE. Auf diesen versuchte ein Gläubiger der ARGE mittels Klage zuzugreifen. Der BGH wies die Klage aus zwei Erwägungen heraus ab. Die GbR habe kein eigentliches Gesellschaftsvermögen und daher könnten auch keine Gesellschaftsschulden existieren; sie sei weder partei- noch konkursfähig. Der Gläubiger, der die Gesellschafter verklagt, um auf diese Weise an das gemeinschaftiche Vermögen heranzukommen, mache danach nichts anderes geltend als den Anspruch, den er gegen jeden einzelnen Gesellschafter persönlich habe. Befänden sich diese im Konkurs, so könne der Gläubiger von ihnen nicht außerhalb des Konkursverfahrens Befriedigung wegen jener persönlichen Schuld verlangen (§ 12 KO)"". Zusammengefaßt führte der BGH weiter aus, daß bei einem Konkurs sämtlicher Gesellschafter auch die Gegenstände des gemeinschaftlichen Vermögens konkursbefangen seienso. Zwar führe der Konkurs eines Gesellschafters grundsätzlich zur Auflösung der Gesellschaft nach § 7213 BGB und zur Auseinandersetzung außerhalb des Konkursverfahrens, § 16 I KO, so daß zur Konkursmasse nur das Anteilsrecht am Gesellschaftsvermögen, nicht aber der Anteil an einzelnen Gegenständen gehöre. Daher sei grundsätzlich die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung nach § 736 ZPO nicht deshalb verwehrt, weil ein Gesellschafter in Konkurs gefallen sei. Rein formal Michelfelder, S. 17f. m.w.Nachw. BaurlStürner 11, § 33 11 m.v.w.Nachw. 78 Siehe hierzu oben B.I.7. 79 BGHZ 23, 307 (313f.). so BGHZ 23,307 (314f.). 76 77
III. Die GbR im Konkurs nach derzeitiger Rechtslage
211
ändere sich hieran auch nichts, wenn alle Gesellschafter in Konkurs fielen. Um jedoch der "wirklichen Rechtslage gerecht zu werden", müßten bei Konkurs aller Gesellschafter alle Gegenstände des Gesellschaftsvermögens in allen Verfahren konkursbefangen sein. Allein auf diese Weise könne dem Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger, § 3 KO, Rechnung getragen werden. Würde man einem Gläubiger trotz des über das Vermögen sämtlicher Gesellschafter eröffneten Konkursverfahrens den Zugriff auf das gemeinschaftliche Vermögen gestatten, so würde dies zu einer Bevorzugung einzelner führen, die das Gesetz grundsätzlich nicht billige, sobald die Voraussetzungen des § 102 KO gegeben seien. So sei das Vermögen vor dem (bevorzugten) Zugriff einzelner Gläubiger wirksam geschützt, denn eine Anfechtungsmöglichkeit bestünde nicht8!. b) Stellungnahme Auf eine ausführliche Kritik dieser Entscheidung kann im vorliegenden Zusammenhang angesichts der bereits ergangenen umfangreichen Besprechung82 und der seltenen dem BGH-Fall zugrundeliegenden Konstellation verzichtet werden. Für die weitere Untersuchung ist jedoch auf folgendes hinzuweisen. Aus dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt und der Begründung des BGH ergibt sich, daß es ein rechtliches Bedürfnis für die Anerkennung der Konkursbefangenheit auch der Gegenstände des Gesellschaftsvermögens gibt. Es liegt in dem in § 3 KO zum Ausdruck kommenden Grundsatz, daß bei einem wirtschaftlichen Zusammenbruch eines Schuldners alle Gläubiger gleichmäßig befriedigt werden sollen. Ein "Kampf aller gegen alle,,83 ist zu vermeiden. Bei Betrachtung der Entscheidung ist weiterhin festzustellen, daß der BGH zum damaligen Zeitpunkt noch die individualistische Theorie84 mit der Ablehnung von Gesellschaftsschulden vertrat, somit von einer anderen Haftungsstruktur als der von ihm heute und auch hier vertretenen ausging. 3. Konkursrähigkeit der GbR
a) Einführung In jüngerer Zeit mehren sich die Stimmen, die die Konkursfähigkeit der GbR de lege Iota befürworten8S • Für die Vertreter der Teilrechtsfähigkeitslehre BGHZ 23, 307 (315). Vgl. Ulmer, § 728 Rz. 13f.; Neumann, S. 12f., der auf den im Anschluß an die BGH-Entscheidung erlassenen Beschluß des OLG Neustadt, NJW 1958, 999, hinsichtlich der Schwierigkeiten bei der HaftungsveIWirklichung eingeht; jeweils mit zahlreichen Literaturhinweisen. 83 Baur/Stürner, § 52 I. 84 Siehe hierzu oben B.II. 8S Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 186; eingehend Neumann, S. 6ff., passim; ihm folgend Heller, 81
82
212
E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
folgt dies aus der Anerkennung der GbR als eigenem Zuordnungs(end)subjekt von Rechten und Pflichten86, für andere sind insbesondere die rechtliche Notwendigkeit und die bestehende Haftungsstruktur der GbR ausschlaggebend87• Dabei ist wohl Einigkeit dahingehend zu konstatieren, daß ein Konkurs über das Gesellschaftsvermögen einer GbR nur als Sonderkonkurs (in Anlehnung an die gesetzlich anerkannten Sonderkonkurse) und nicht in Anlehnung an den Konkurs der (natürlichen und juristischen) Personen entwickelt werden kann88• Sonderkonkurs heißt, daß eine "Sondermasse" einer "Sonderklasse" von Gläubigern in besonderer Weise haftet89• b) Argumentation und Stellungnahme
aa) Haftungsstruktur Gesetzlich geregelt ist der Sonderkonkurs über das Nachlaßvermögen, § 214 KO, über das Vermögen einer Personenhandelsgesellschaft (OHG/KG), § 209 KO, über das Vermögen des nichtrechtsfähigen Vereins, § 213 KO, über das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft, § 236 KO und über das gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut der Gütergemeinschaft, §§ 236 a ff. KO. Das bestimmende Strukturmerkmal dieser Sonderkonkurse besteht darin, daß das jeweilige Sondervermögen einer bestimmten Gläubigerklasse bevorrechtigt als Haftungsverband zur Verfügung steht (Sonderhaftung)9O. Bei den Personenhandelsgesellschaften91 haftet den Gesellschaftsgläubigern das Gesellschaftsvermögen. Die Privatgläubiger der Gesellschafter können nur über den Anteil ihres Schuldners sm Auseinandersetzungsguthaben (mittelbar) auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen, § 135 HGB. Dies gilt für Zwangsvollstreckung und Konkurs. Treffen Gesellschafts- und Privatkonkurs eines Gesellschafters zusammen, können die Gesellschaftsgläubiger im Privatkonkurs ihre ganze Forderung nur noch in Höhe des im Gesellschaftskonkurs erlittenen Ausfalls geltend machen, § 212 KO. Die Sonderhaftung bei den Personenhandelsgesellschaften liegt somit in einer bevorrechtigten ZugriffsS.238ff.; ausdrücklich offengelassen in: BGH, ZIP 1991, 233 (234); vgl. hienu die zust. Anm. von K. Schmidt, EWiR, § 171 HGB 1/91,481 und Uhlenbruck, WuB, VI B, § 109 KO 1/91; für Mitunternehmergesellschaften im Gegensatz zu schlicht-zivilistischen GbR auch: K. Schmidt, GesR, S. 279, 1522; ders., JZ 1985, 914. 86 So ausdrücklich: Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 186. 87 So vor allem: Neumann, S. 6ff., passim. 88 Neumann, S. 2Of.; nicht ganz eindeutig: Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 186. 89 Baur, KuVglR, § 3 IV; Neumann, S. 21ff.; Kilger, § 1 Anm. 9. 90 Vgl. Neumann, S. 21ff., SOff.; Jaeger/Henckel, § 1 Rz. 149; Kuhn/Uhlenbruck, § 1 Rz. 8; Kilger, § 1 Anm. 9. 91 Vgl. hienu: Neumann, S. 32ff. m.w.Nachw.
111. Die GbR im Konkurs nach deneitiger Rechtslage
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möglichkeit der Gesellschaftsgläubiger gegenüber den Privatgläubigern auf das Gesellschaftsvermögen. Die Sonderhaftung beim Nachlaßkonkurs92 besteht darin, daß im Nachlaßkonkurs der Nachlaß nur der Befriedigung der Nachlaßgläubiger dient, § 226 KO. Mit der Ausnahme, daß bei unbeschränkbarer Haftung des Erben93 die Eigengläubiger des Erben ebenso auf das Nachlaßvermögen zugreifen können wie die Nachlaßgläubiger, entspricht die Haftungssituation im Konkurs im wesentlichen der in der Zwangsvollstreckung. Im Falle des Konkurses über das Gesamtgut der Gütergemeinschaft94 besteht die Sonderhaftung darin, daß sowohl in der Zwangsvollstreckung als auch im Konkurs das Gesamtgut nur den Gesamtgutsgläubigern, nicht aber den persönlichen Gläubigern eines einzelnen Ehegatten haftet, § 145911 S. 1 BGB, § 860 ZPO, § 236 a 11 KO. Im Fall der fortgesetzten Gütergemeinschaft, § 236 KO, haftet das Gesamtgut nur den Gesamtgutsgläubigern. Für den Fall des Konkurses beschränkt § 236 S. 2 KO die KonkursgläubigersteIlung auf die Gesamtgutsgläubiger, die bereits zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft Gesamtgutsgläubiger waren9S • Eine solche Sonderhaftung läßt sich auch für die GbR feststellen. Folgt man der hier zur Zwangsvollstreckung nach § 736 ZPO vorgeschlagenen Lösung, nach der ausschließlich Ansprüche gegen die Gesamthand (Gesamthandsschulden) zur unmittelbaren Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nach § 736 ZPO berechtigen, ist eine Sonderhaftung gegeben. Denn den Gläubigern, die einen solchen Gesamthandsschuldtitel erstritten haben, haftet das Gesellschaftsvermögen bevorrechtigt. Alle übrigen Gläubiger, auch die, denen die Gesellschafter als Gesamtschuldner verpflichtet sind, können nur über die Anteilspfändung nach § 859 I ZPO auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen96• Doch auch wenn man mit der noch h.M. die Zwangsvollstreckung nach § 736 ZPO wegen jeder Gesamtschuld aller Gesellschafter zuläßt, müßte man wohl von einer Sonder- oder Voraushaftung des Gesellschaftsvermögens für eine bestimmte Gläubigerklasse ausgehen97• Denn aus § 736 ZPO folgt, daß das Gesellschaftsvermögen im voraus nur denen haftet, die einen den Anforderungen des § 736 ZPO entsprechenden Titel erwirken können. Andere Gläubiger sind auf § 859 I ZPO verwiesen98• Privatgläubiger einzelner oder mehrerer Gesellschafter (aber nicht aller) können einen zur Zwangsvollvgl. hienu: Neumann, S. 3Sff. m.w.Nachw. Vgl. hierzu: Neumann, S. 4Off., 47ff. 94 Vgl. hienu: Neumann, S. 44ff. m.w.Nachw. 9S Hienu: Neumann, S. 45ff. 96 So auch Neumann, S. 83f. 97 So auch: Michelfelder, S. 129f.; Neumann, S. SIr. 98 Neumann, S. 75f. 92 93
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E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
streckung nach § 736 ZPO erforderlichen Titel nicht erwirken. Sie sind immer auf § 859 I ZPO verwiesen. Insoweit steht den Gläubigem, denen die Gesamthand oder die Gesellschafter als Gesamtschuldner verpflichtet sind, gegenüber den Privatgläubigem das Gesellschaftsvermögen als Haftungsmasse im voraus zu. Die Sonderhaftung ist demnach auch auf der Grundlage der h.M. zur Zwangsvollstreckung in das GbR-Vermögen nach § 736 ZPO zu bejahen. Besonders deutlich wird die Sonderhaftung bei der GbR, wenn man sie mit der Haftungsstruktur der unbeschränkt haftenden Miterbengemeinschaft vergleicht, §§ 2032ff. BGB. Nachlaßgläubigern haftet zum einen der ungeteilte Nachlaß, § 2059 11 BGB, zum andern haften die Miterben den Nachlaßgläubigern als Gesamtschuldner, § 2058 BGB. Dies entspricht der häufigen Situation bei der GbR, daß neben der gesamthänderischen eine gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter gegeben ist. Die Eigengläubiger einzelner Miterben können, ebensowenig wie die Privatgläubiger einzelner Gesellschafter einer GbR nach § 736 ZPO, nicht nach § 747 ZPO in den Nachlaß vollstrecken, weil hierzu ein gegen alle Miterben ergangenes Urteil erforderlich ist. Die Eigengläubiger können aber gemäß § 859 11 ZPO, der auf den für die GbR geltenden § 859 I ZPO Bezug nimmt, den Miterbenanteil pfänden und so über das Auseinandersetzungsguthaben mittelbar auf den Nachlaß zugreifen. Ebenso wie die (noch) h.M. für die GbR läßt jedoch auch die h.M. für die Erbengemeinschaft eine Zwangsvollstreckung nach § 747 ZPO zu, wenn einem Gläubiger aus einem anderen Rechtsgrund, also auch bei Fehlen einer Nachlaßverbindlichkeit, alle Miterben gesamtschuldnerisch haften99• Im Nachlaßkonkurs sind Eigengläubiger dagegen ausgeschlossen, weil die GläubigersteIlung die Berechtigung aus einer NachlaßverbindlicJtkeit voraussetzt, § 226 KO. Aus diesem Vergleich folgt, daß das Vorliegen einer Sonderhaftung bei der GbR schließlich auch nicht mit einem Hinweis auf § 859 I ZPO verneint werden kann.
bb) Entgegenstehen gesetzlicher Vorschriften In den bisherigen Stellungnahmen bleibt allerdings überwiegend unklar, welches methodische Konzept der Anerkennung des Sonderkonkurses über das GbR-Vermögen zugrundeliegt. In Betracht kommen die Rechtsanalogie zu den gesetzlich geregelten Fällen der Zulässiteit von Sonderkonkursen und die gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung1 • Das Gesetz erkennt für das 99
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 747 Anm. 2; Stein/Jonas!Münzberg, § 747
Rz. 2; Zäller/Stöber, § 747 Rz. 7; aus der Rechtsprechung: BGHZ 53, 110 (115).
100 Im Sinne einer Analogie wohl eher Neumann, passim; deutlich im Sinne einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung: Hüffer, ZHR 151 (1987),400; ders., (FS Stimpel) 1985, S. 186. Der Umkehrschluß aus § 54 S. 1 BGB i.V.m. § 213 KO kann die Zulässigkeit des Sonderkonkurses bei der GbR nicht begründen, weil über § 54 S. 1 BGB nicht das Recht der GbR durch das des nichtrechtsfähigen Vereins beeinflußt werden soll, sondern umgekehrt; vgI. hierzu Neumann, S. 17f.; zu § 54 S. 1 BGB siehe bereits oben C.IV 5.b )aa).
III. Die GbR im Konkurs nach derzeitiger Rechtslage
215
Nachlaßvermögen, § 214 KO, und für das Vermögen einer Personenhandelsgesellschaft (OHG/KG), § 209 KO, sowie für den nichtrechtsfähigen Verein, § 213 KO, für das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft, § 236 KO, und für das gemeinschaftlich verwaltete Gesamtgut bei Gütergemeinschaft, §§ 236 a ff. KO, die Zulässigkeit eines Sonderkonkurses an. Gegen eine Rechtsanalogie zu diesen Vorschriften scheint zu sprechen, daß eine solche hinsichtlich der Parteifähigkeit der GbR in Bezug auf die Personenhandelsgesellschaften abgelehnt wurde101• Vorliegend ist jedoch entscheidend auf die Vergleichbarkeit der Haftungsstrukturen von GbR einerseits und den angeführten Gemeinschaften andererseits abzustellen. Eine solche Vergleichbarkeit aber ist zu bejahen102• Neben der Vergleichbarkeit der Tatbestände ist das Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Analogie. Eine solche wäre vorliegend zu verneinen, wenn sich aus gesetzlichen Bestimmungen ergäbe, daß der Sonderkonkurs über das GbRVermögen ausgeschlossen sein soll. Historische Anhaltspunkte lassen sich weder für das Vorliegen einer Lücke, noch für das Verneinen einer solchen anführen103. a) §728BGB
Als Argument gegen die Zulässigkeit eines Sonderkonkurses wird vielfach angeführt, der Gesetzgeber habe zwar den Konkurs des einzelnen Gesellschafters, nicht aber den der GbR als Auflösungsgrund statuiert, § 72Jj BGB 104• Dagegen hat Neumann überzeugend dargelegt, daß es die Funktion der Auflösungsgründe der §§ 723ff. BGB nicht erfordere, die Eröffnung des Sonderkonkurses ausdrücklich als Auflösungsgrund festzuschreibenlOS. Der Konkurs ist eine Abwicklung oder Liquidation anderer Art106• Notwendige Folge der Konkurseröffnung ist daher die Auflösung der werbenden Gesellschaft, einer expliziten gesetzlichen Anordnung bedarf es somit nicht. Zwar enthalten zahlreiche Bestimmungen die Konkurseröffnung als Auflösungsgrund101, das Fehlen einer ausdrücklichen Anordnung beim nichtrechtsfähigen Verein, der sich mit Konkurseröffnung auflöseos, zeigt aber, daß dies nicht zwingend notwendig ist. Im Gegensatz zur Miterben- und Gütergemeinschaft, bei denen im einen Fall bereits eine Liquidationsgesellschaft besteht, im anderen Fall Siehe hierzu oben C.IV5. E.III.3.b)aa). 103 Vgl. hierzu Neumann, S. 100ff.; Michelfelder, S. lllf. verweist zwar auf die Geschichte der KO, mißt ihr letztlich aber keine entscheidungserhebliche Bedeutung bei. 104 Knoke, S. 23; Nicknig, S. 138f. lOS Neumann, S. 95ff. 106 Kuhn/Uhlenbruck, § 209 Rz. 7. 107 Vgl. §§ 262 I Nr. 3 AktG, 60 I Nr. 4 GmbHG, 101 GenG, 42 Nr. 3 VAG, 131 Nr. 3 HGB. lOS Erman/Westermann, § 54 Rz. 16; Kuhn/Uhlenbruck, § 213 Rz. 5. 101
102 Siehe oben
216
E. Die ObR in Zwang;svollstreckung und Konkurs
eine Auflösung wegen der auf die Zeit der Ehe angelegten Gemeinschaft nicht erfolgt, sei in diesem Zusammenhang auch auf das in richterlicher Rechtsfortbildung als konkursfähig anerkannte Institut der Partenreederd09 verwiesen.
ß) §§ 209,213, 214KO Desweiteren, so wird ausgeführt, stehe die ausdrückliche Anordnung der Zulässigkeit der gesetzlichen Sonderkonkurse und des Konkurses der juristischen Person der Zulassung des Sonderkonkurses über das GbR-Vermögen entgegen110• Dieser Auffassung stehen jedoch folgende Einwände gegenüber: Zum einen legen die in Anspruch genommenen Vorschriften nur besondere Einzelheiten des jeweiligen Konkursverfahrens fest. Das bedeutet aber, daß sie nicht die Zulässigkeit des Konkurses selbst begründen; vielmehr setzen sie die Zulässigkeit des jeweiligen Konkurses voraus11l• Allerdings könnte zumindest § 209 KO auch so verstanden werden, daß dort für die ORG, die KG und die KGaA die Zulässigkeit des Konkurses über das Gesellschaftsvermögen (und nicht nur die Konkursvoraussetzung der Zahlungsunfähigkeit) ausdrücklich angeordnet wird. Jedoch kommt es auf die Auslegung der §§ 209, 213, 214 KO für die Frage der abschließenden gesetzlichen Regelung der zulässigen Sonderkonkurse aus folgendem Grund nicht mehr entscheidend an: Selbst wenn man den ,Ilumerus c1ausus" der gesetzlichen Sonderkonkurse aus den genannten Vorschriften herzuleiten vermag, so wäre dieser Grundsatz doch in der Zwischenzeit kraft infolge richterlicher Rechtsfortbildung entwickelten Gewohnheitsrechts durchbrochen worden und daher bei Vorliegen der an einen Sonderkonkurs zu stellenden Anforderungen weiterhin der Durchbrechung fähig. Allgemein anerkannt sind nämlich der Sonderkonkurs über das übernommene Vermögen nach § 419 BGB 1l2, über das übernommene Vermögen nach liquidationsloser Verschmelzung von Aktiengesellschaften113, über das Vermögen einer Partenreederei114, einer Vorgesellschaft llS sowie über das Gesamtgut der in Liquidation befindlichen Gütergemeinschaft116• Somit enthalten die gesetzlichen Sonderkonkurse keine abschließende, eine Rechtsanalogie verbietende Regelung. Da die Raftungsstruktur einer GbR einen Sonderkonkurs ermöglicht, gleichsam fordert, ist dieser also anzuerkennen, es sei denn, die Eigenart der Pcüßmann/Rabe, § 489 Anm. 3 C m.w.Nachw. BOHZ 23, 307 (315); Knoke, S. 23; Ulmer, § 705 Rz. 134, § 728 Rz. 3. m Neumann, S. 99. 112 BOHZ 16, 184 (187). 113 ROZ 84, 242. 114 Pcüßmann/Rabe, § 489 Anm. 3 C m.w.Nachw. llS Jaeger/Henckel, §§ 207, 208 Anm. 3 b m.w.Nacbw. 116 Jaeger/Henckel, § 1 Rz. 152.
109
110
III. Die GbR im Konkurs nach derzeitiger Rechtslage
217
GbR verböte einen solchen117• Zu denken ist dabei zum einen an das weite Regelungsfeld der §§ 705ff. BGB und der daraus entspringenden Forderung nach weitestgehender Gleichbebandlung aller GbR-Typen sowie zum andem an die im Rahmen dieser Untersuchung bestätigte fehlende Parteifähigkeit der GbR.
ce) Unterschiedlichkeit der GbR-Typen Bei Behandlung der materiell-rechtlich dogmatischen Grundlagen ist aus der gesetzlichen Regelung die Absicht des Gesetzgebers deutlich geworden, alle denkbaren Erscheinungsformen der GbR nach §§ 705ff. BGB möglichst einer einheitlichen rechtlichen Wertung zu unterziehen118• Ein Sonderkonkurs kann aber nicht hinsichtlich jeder GbR eröffnet werden, sondern setzt zwingend das Vorhandensein eines Gesellschaftsvermögens voraus. Daher kommt ein Sonderkonkurs nicht bei Innengesellschaften ohne Gesellschaftsvermögen und bei den Außengesellschaften, die nach der Vereinbarung der Gesellschafter kein Gesellschaftsvermögen besitzen119, in Betrachtl20 • Insofern könnte man die Sonderbehandlung der Außen-GbR mit Gesellschaftsvermögen im Konkurs ablehnen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß die Gesellschaften mit Gesellschaftsvermögen schon vom Gesetz her eine Sonderbehandlung erfahren, § 718 BGB. Gerade an dieses bereits gesetzlich berücksichtigte Merkmal knüpft die Zulässigkeit eines Sonderkonkurses an, nicht z.B. an das schwer zu bestimmende Merkmal der Erwerbsgesellschaftl2l • In der logischen Konsequenz liegt es, daß nach unbestrittener Auffassung § 736 ZPO ebenfalls nur für Außengesellschaften mit Gesellschaftsvermögen gile22• Für die übrigen Gesellschaften ist ebenso wie im Falle des Sonderkonkurses ein Anwendungsbereich gar nicht eröffnet. Daher kann es der Zulässigkeit eines Sonderkonkurses nicht entgegenstehen, wenn einige GbR-Typen die Konkursvoraussetzung des Gesamthandsvermögens nicht erfüllen und daher anders zu behandeln sind.
dd) Entgegenstehen der fehlenden Parteifähigkeit Die bisherigen Betrachtungen haben zu dem Ergebnis geführt, daß die Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR nicht im Einklang mit dem geltenden Recht stehe23 und daher von der h.M. zu Recht abgelehnt wird. Aus der 117 So z.B. Noack, JR 1971, 226.
Siehe hierzu oben B.IV.6.b). Zu den Voraussetzungen siehe: Ulmer, § 705 Rz. 214. 120 So auch Neumann, S. l05f. 121 Siehe hierzu oben B.IV5. 122 So ausdrücklich: Rosenberg/GauVSchilken, § 19 I 1. 123 Siehe hierzu insbesondere oben C. V.2.c). 118 119
218
E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
fehlenden passiven Parteifähigkeit wird nun weiter der Schluß gezogen, über das Vermögen der GbR sei ein Sonderkonkurs nicht zulässigl24 • Diese Auffassung ist jedoch nicht zwingend. Hiergegen läßt sich anführen, daß nicht alle gesetzlich geregelten Sonderkonkurse die passive Parteifähigkeit des Schuldners als Voraussetzung haben, so Z.B. die Gütergemeinschaft oder die Erbengemeinschaft im Nachlaßkonkurs12s• Anzuerkennen wäre die passive Parteifähigkeit als Konkursvoraussetzung nur dann, wenn andernfalls die verfahrensmäßige Durchführung des Konkursverfahrens scheitern müßte l26• Wie aber bereits die Aussagen zur Stellung der GbR im Erkenntnisverfahrenl27 vermuten lassen, hängt die Durchführung des Konkursverfahrens nicht von der Anerkennung der passiven Parteifähigkeit und auch nicht von der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR ab l2B • Die Rechte und Pflichten des Gemeinschuldners im Konkurs können von den (vertretungsberechtigten) Gesellschaftern wahrgenommen werden. Das Konkursgericht ist nach §§ 71 I, 72 KO notfalls i.V.m. § 36 Nr. 3 ZPO zu bestimmen. Hinsichtlich der im Konkurs auftretenden Einzelfragen ist auf die ausführliche Darstellung von Neumann l29 mit der Maßgabe zu verweisen, daß die Anerkennung der GbR als teilrechtsfähig abzulehnen ise3O• Die Gesellschafter sind als Gemeinschuldner in Fortführung des prozessualen Instituts der notwendigen Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichem Grund, § 62 I 2. Alt. ZPO, anzusehen. Im Wege der Rechtsanalogie zu den gesetzlich geregelten Sonderkonkursen ist somit auch nach derzeit geltendem Recht der Sonderkonkurs über das Gesellschaftsvermögen einer GbR zulässig. Ist die von A, Bund C im Ausgangsfall gegründete ARGE nunmehr zahlungsunfähig, so wird über das verbliebene Gesellschaftsvermögen der Konkurs eröffnet, so daß die Dampfwalze verwertet werden kann. Damit ist zugleich ausgeschlossen, daß die Platt GmbH die Dampfwalze im Wege der Einzelzwangsvollstreckung pfänden lassen und so möglichen anderen Inhabern von Gesamthandsschuldansprüchen zuvorkommt.
124 Siehe hierzu die Nachweise in FN 71.
Michelfelder, S. 122f.; Neumann, S. 61. Baur, KuVglR, § 3 IV weist ebenfalls daraufhin, daß es weniger auf die ParteisteIlung als vielmehr auf die mit Beschlag zu belegende Vermögensmasse des "Konkursfähigen" ankommt (verneint aber die Zulässigkeit eines GbR·Sonderkonkurses); ähnlich: Baur/Stürner 11, § 7 IV 1. 127 Siehe hierzu oben D.I.-XVI. 12B So auch Neumann, S. 61, l08ff. und Michelfelder, S. 12lf., die aber von der Teilrechtsfähigkeit der GbR ausgehen. 129 Neumann, S. l08ff., zum Konkursgrund der Zahlungsunfähigkeit S. 120ff., GbR-Vermögen als Konkursmasse, S. 124; Gläubiger der GbR als Konkursgläubiger, S. 125ff. 130 Siehe hierzu unten F.I. 125
126
IV. Die Stellung der GbR im Insolvenzverfahren nach der Insolvenzrechtsreform
219
IV. Die Stellung der GbR im Insolvenzverfahren nach der Insolvenzrechtsreform 1. Darstellung
Der allgemein erhobenen und weitreichenden Kritik am derzeitigen Kokursrecht soll eine 1978 eingeleitete, umfassende Insolvenzrechtsreform Rechnung tragen13l • Diese Reform soll auch eine Lösung der Probleme hinsichtlich der GbR beinhalten. Der nunmehr vorliegende Referentenentwurf enthält dazu die folgenden Regelungen: § 1211 Nr. 1 Entw. eröffnet die Möglichkeit eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GbR. Den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens sollen nach § 17 Entw. jeder Gläubiger und jeder persönlich haftende Gesellschafter stellen können. § 100 Entw. bestimmt, daß während des Konkursverfahrens nur der Konkursverwalter die persönliche Haftung der Gesellschafter geltend machen kann. Die Anhörung des Schuldners erfolgt bei einer GbR nach § 10 11 Entw. durch Anhörung der (vertretungsberechtigten) Gesellschafter. In §§ 144, 14SEntw. wird die Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, mithin die GbR, als Schuldner des Insolvenzverfahrens bezeichnet. Somit wird sich im wesentlichen das bereits durch Anerkennung des Sonderkonkurses skizzierte Bild ergeben. Die im BGB enthaltenen Regelungen der GbR, §§ 70Sff., sollen in folgendem Umfang durch das neue Insolvenzrecht geändert werden. § 728 I BGB bestimmt danach, daß die GbR durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst wird. Sie kann nach § 728 I S. 2 BGB aber von den Gesellschaftern durch Beschluß fortgesetzt werden, wenn das Verfahren auf Antrag des Schuldners (GbR) eingestellt oder ein Insolvenzplan bestätigt wird, der den Fortbestand der GbR vorsieht. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters ist nach § 728 11 BGB weiterhin (abdingbarer) Auflösungsgrund. § 730 I BGB jetziger Fassung wird dahingehend ergänzt, daß die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern unterbleibt, sofern über das Vermögen der GbR das Insolvenzverfahren eröffnet ist. In § 736 ZPO wird der Ausdruck "Konkurs" durch den Begriff "Insolvenzverfahren" ersetzt. 2. Konsequenzen
Legt man den Referentenentwurf als zukünftig geltendes Recht den bisherigen Überlegungen zugrunde132, so stellt sich die Frage, welche Schlüsse sich 131 Zur allgemeinen Kritik vgI.: Jauemig, ZwVR, § 38 X m.w.Nachw.;jüngst: K. Schmidt, Anm. zu BGH, ZIP 1991, 233 in: EWiR, § 171 HGB 1191,481; zum Stand der Reformbemühungen: Erster Bericht der Kommission (1985); zweiter Bericht der Kommission (1986); daran anschließend: Baur/Stümer 11, § 3313 (bzgl. der GbR); siehe nunmehr den Referentenentwurf (1989). 132 Wenngleich nicht mit einer schnellen Umsetzung zu rechnen ist.
220
E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
im Hinblick auf die Schuld- und Haftungsstruktur, die Parteifähigkeit der GbR sowie für die Auslegung des § 736 ZPO ergeben. a) Schuld- und Haftungsstruktur der GbR Die Formulierungen der §§ 17, 144, 145 Entw. könnten als Argumente für die Anerkennung von Gesamthandsschulden in die Diskussion eingeführt werden und so das individualistische Modell verabschieden. Hiergegen spricht, daß eine ähnliche Formulierung ("gemeinschaftliche Schulden") auch schon in §§ 733 I, 734, 735 S. 1, 738 I, 739 BGB 133 gegeben ist, ohne daß diesen bisher streitentscheidende Bedeutung zukam. Somit stellen sich die neuen Regelungen im Insolvenzrechtsentwurf nicht als neue, eigenständige Argumente dar, sie ergänzen lediglich das auf den Wortlaut abzielende Argument der Befürworter von Gesamthandsschulden. Die zentrale Frage lautet daher, ob mit der gesetzlichen Zulassung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GbR eine Entscheidung des Gesetzgebers für die Anerkennung von Gesamthandsschulden in deutlichem Unterschied zu den Gesamtschulden der Gesellschafter und somit eine Absage an die individualistische Lehre verbunden ist. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GbR ist ähnlich den bisher in der KO bekannten Sonderkonkursen ausgestaltet. Es folgt daher nicht den Regeln über das Insolvenzverfahren natürlicher und juristischer Personen; damit kann aus der Zulässigkeit des Insolvenzverfahrens auch nicht auf die Rechtsnatur der GbR nach heutigem gesetzgeberischen Verständnis rückgeschlossen werden, mit der Ausnahme, daß die GbR keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, §§ 144, 145 Entw. Von der Anerkennung von Gesamthandsschulden wäre nur dann auszugehen, wenn diese zwingende Voraussetzung des Insolvenzverfahrens sindl34 • Zur Beantwortung dieser strukturellen Frage wird auf Grundsätze zum derzeit geltenden Konkursrecht zurückzukommen sein, welche aber auch im zukünftigen Insolvenzrecht Gültigkeit beanspruchen werden. Betrachtet man die bisher als zulässig erachteten Sonder konkurse, z.B. den gesetzlich geregelten der Erbengemeinschaft und den über das übernommene Vermögen nach § 419 BGB als richterrechtlich entwickelten, ergibt sich, daß diese nicht zwingend von (Gesamthands-)Schulden des Gemeinschuldners ausgehen. Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft haften nach § 2058 BGB für die Nachlaßverbindlichkeiten als Gesamtschuldner. Diese Vorschrift betrifft aber nur die gesamtschuldnerische persönliche Haftung der Miterben neben der gesamthänderischen Haftung der Erbenge-
Siehe hierzu oben B.V.l.c)bb). Gesamthandsschulden als notwendige Voraussetzung eines Sonderkonkurses über das Vermögen der GbR: Heller, S. 239; anders: Neumann, S. 100. 133 134
IV. Die Stellung der GbR im Insolvenzverfahren nach der Insolvenzrechtsreform
221
meinschaft13S• Die Haftung mit dem Privatvermögen entfällt aber, wenn über das Nachlaßvermögen der Konkurs eröffnet worden ist, § 1975 BGB. Ab diesem Zeitpunkt ist lediglich die gesamthänderisehe Haftung der Miterben für die Nachlaßverbindlichkeiten von Bedeutung. Diese aber kann dogmatisch aus konkursrechtlicher Sicht sowohl im Sinne der individualistischen Lehre (eine mit der Gesamtschuld identische Schuld mit Haftungsbeschränkung auf das Nachlaßvermögen) als auch der Verbundenheits- bzw. Teilrechtsfähigkeitslehre (Anerkennung einer Gesamthandsschuld) erklärt werden. Die materiell-rechtlichen Gründe, die für die Anerkennung von Gesamthandsverbindlichkeiten sprechen, müssen für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage naturgemäß außer acht gelassen werden. Zur näheren Beleuchtung dieser Frage ist folgende Überlegung dienlich. Konkurs (Insolvenzverfahren) bedeutet in erster Linie Haftungsverwirklichungl36 • Der Begriff der Haftung ist von dem der Schuld zu trennen. Schuld bedeutet die Verpflichtung zur Leistung und Erfüllung (§§ 362ff. BGB); Haftung betrifft dagegen die Frage, welche Vermögensgegenstände oder -massen dem Gläubiger des Schuldverhältnisses als Zugriffsmögllchkeit zur Verfügung stehen. Wenn der Konkurs aber Haftungsverwirklichung ist, so ist weniger auf das Schuldmodell als vielmehr auf die Haftungsstruktur abzustellen. Dies zeigt sich am Beispiel des § 419 BGB. Danach bleiben das bisherige Schuldverhältnis und insbesondere die Haftung des übernommenen Vermögens unberührt. Das Bestehenbleiben dieser Haftung ermöglicht den Sonderkonkurs. Die zentrale Bedeutung der Haftungsstruktur für den Sonderkonkurs zeigt sich gerade auch daran, daß das Verfahren über ein Vermögen, das aber niemals im Gegensatz zu natürlichen und juristischen Personen Beziehungspunkt eines Schuldverhältnisses sein kann, eröffnet wird, nicht aber über die Gemeinschaft der Gesellschafter. Diese, der das Vermögen zugeordnet ist, nimmt lediglich Verfahrensfunktionen wahr. Das Vermögen aber ist als Haftungsobjekt von Bedeutung. Steht die Haftung des Vermögens fest, so ist es aus konkursrechtlicher Sicht unerheblich, für welche Schuld gerade die Haftung besteht. Es ist mithin unerheblich, ob eine Schuld mit zwei Haftungsmassen oder zwei Schulden mit jeweils zugeordneter Haftungsmasse bestehen. Die als Strukturelement der Sonderkonkurse erkannte Sonderhaftung137 besteht auch auf Grundlage der individualistischen Theorie. Somit ergibt sich aus dem geplanten Sonderkonkurs über das GbR-Vermögen kein Argument für oder gegen die Anerkennung von Gesamthandsschulden i.S. der Verbundenheits- oder Teilrechtsfähigkeitslehre.
135 Palandt/Edenhofer, § 2058 Rz. 1; zur Qualifizierung der Erbengemeinschaft als Gesamthand: Blomeyer, JR 1971, 397. 136 Jaeger/Henckel, § 1 Rz. 150. 137 Vgl. Neumann, S. 85ff.
222
E. Die GbR in Zwangsvollstreckung und Konkurs
b) Parteifähigkeit Wie bereits ausgeführt wurde, ist die wassive) Parteifähigkeit keine zwingende Konkursverfahrensvoraussetzung1 • Mit gesetzlicher Statuierung eines Sonderkonkurses über das Vermögen der GbR kann daher nicht die Anerkennung der GbR als parteifähig gefordert werden. c) Auslegung des § 736 ZPO Wie von Neumann dargelegt, spielt die Auslegung des § 736 ZPO für die Zulässigkeit des Sonderkonkurses nach geltendem Recht keine Rolle139• Umgekehrt ist es daher ebensowenig möglich, Schlüsse für oder gegen eine einschränkende Auslegung des § 736 ZPO zu ziehen. d) Ergebnis Sollte die geplante Insolvenzrechtsreform oder eine spätere, die ebenfalls die Einführung eines Sonderkonkurses über das Vermögen der GbR beinhaltete, vom Gesetzgeber realisiert werden, so brächte dies keine zusätzlichen Argumente für den bislang umstrittenen Themenkreis der Rechtsnatur der GbR und deren Parteifähigkeit; eine solche Reform wäre insoweit somit "neutral".
Siehe oben E.III.3.b )dd). Neumann, S. 85; zum Verhältnis der individualistischen Lehre und Zulässigkeit eines Sonderkonkurses vgI. auch Neumann, S. 76ff., der im Ergebnis keine Einflüsse feststellt, siehe auch oben E.III.3.b)aa). 138 139
E Entscheidung über die materiell-rechtliche Struktur der GbR und Zusammenfassung
I. Entscheidung über das materiell-rechtliche Verständnis der GbR unter besonderer Berücksichtigung der prozessualen Erkenntnisse 1. Ausgangslage
a) Prozeßrecht mit materiell-rechtlich strukturbestimmendem Regelungsgehalt Im 3. und 4. Kapitel ist dargelegt worden, daß die Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR auf der Grundlage des geltenden Prozeßrechts nicht zulässig ist; die Grenzen der richterlichen Gesetzesanwendung und Rechtsfortbildung, mithin die Bindung des Richters an Gesetz und Recht nach Art. 20 11, 111 GG, würden andernfalls überschritten. Daher sind die Gesellschafter einer GbR selbst als Parteien im Gesamthands(schuld)prozeß (nach vorzugswürdiger Ansicht in notwendiger Streitgenossenschaft verbunden) anzusehen. Wie das 4. Kapitel bei der Untersuchung praktisch wichtiger prozessualer Einzelprobleme gezeigt hat, bietet das Prozeßrecht mit dem - wenngleich im Gesetz nur andeutungsweise geregelten - Institut der notwendigen Streitgenossenschaft aus materiell-rechtlichem Grund eine ausreichende Grundlage für die Bewältigung der aufgeworfenen Probleme. Im Rahmen der Untersuchung ist die Unvereinbarkeit von Teilrechtsfähigkeitslehre und Parteistellung der Gesellschafter festgestellt worden 1. De lege Iota ist es nicht möglich, für die als Zurechnungsendsubjekt aufgefaßte GbR die Gesellschafter im Prozeß als Parteien auftreten zu lassen. Insbesondere das Prozeßführungsrecht der Gesellschafter läßt sich auf der Grundlage der Teilrechtsfähigkeitslehre dogmatisch befriedigend nicht begründen2• Aus dieser Erkenntnis muß der Schluß gezogen werden, daß mit Festlegung der ParteisteIlung der Gesellschafter, vor 1
2
Vgl. hierzu oben D.III.4., VI5., VII..2.b),4., X.2. Siehe hierzu eingehend D.VII.2.b),4.
224
F. Entscheidung über die materiell-rechtliche Struktur
allem durch § 736 ZPO, aber auch durch § 5011 ZPO, zugleich die Beurteilung der materiell-rechtlichen Struktur der GbR verbunden ist. Dies bedeutet, daß das geltende Prozeßrecht materiell-rechtlich die Anerkennung der GbR als teilrechtsfähige Wirkungseinheit verbietet. Mit der ParteisteIlung der Gesellschafter sind nur die individualistische Auffassung und die Verbundenheitslehre vereinbar; jedoch ergibt sich aus dem Prozeßrecht kein Hinweis, welcher dieser beiden Auffassungen der Vorzug zu geben ist. Darüber ist das materielle Recht zu befragen3• Einflüsse von Vorschriften des Zivilprozeßrechts auf das materielle Recht sind grundsätzlich möglich4• Sie sind zum einen als direkte Einflüsse festzustellen. So gibt es Einwirkungen, durch die der Ausübung subjektiver Rechte aufgrund prozessualer Vorschriften oder Rechtsgrundsät ze Grenzen gesetzt werden, die in ihren Wirkungen den materiell-rechtlichen Schranken der Rechtsausübung vergleichbar sinds. So schafft z.B. die Rechtskraft des Urteils zwar materiell-rechtlich kein neues Recht6, sie erzeugt aber eine Bindung der Parteien an den Urteilsspruch, die der an das materielle Recht gleichkommt, §§ 322, 325, 767 11 ZPO . Zum andern ist das Prozeßrecht wegen der bestehenden Einheit der Rechtsordnung8 bei der Auslegung materiell-rechtlicher Normen zu berücksichtigen. Verfahrensvorschriften sind nicht Normen zweiter Ordnung, die nur eine dem materiellen Recht dienende Funktion haben9, sondern Vorschriften mit formeller und materieller Gesetzeskraft, die der Gesetzgeber im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung zu deren Gestaltung erlassen hat. Somit ist die Möglichkeit gegeben, mittels der gängigen Auslegungskriterien Prozeßrechtsnormen und deren Wertungen bei der Entscheidung materiell-rechtlicher Fragen zu verwerten10. b) Prüfungsziel und Prüfungsumfang Prüfungsziel der nachfolgenden Untersuchungen ist es, festzustellen, ob das materielle Recht, wie behauptee\ zwingend die Anerkennung der GbR als teilrechtsfähig gebietet. Kommt man zu diesem Ergebnis, sind Überlegungen notwendig, wie eine Harmonisierung von Prozeßrecht und materiellem Recht Hierzu und zur Anerkennung von Gesamthandsschulden siehe oben B.V.l. Vgl. Henckel, Gerechtigkeitswert, passim; ders., Prozeßrecht, passim; Wolff, Bürgerliches Recht und Prozeßrecht, passim. S Vgl. hierzu: Henckel, Prozeßrecht, S. 62. 6 Vgl. Häsemeyer, AcP 188 (1988), 16lf. 7 Vgl. als Beispiel jüngst: BGH, NJW 1990,1119. 8 Hierzu: Stein/Jonas/Schumann, Ein\. Rz. 71; Jauemig, JuS 1971, 330. 9 In diesem Sinne aber wohl: Aderhold, S. 165ff. 10 V g1. für das Problem der Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil: Krüger, NJW 1990, 1211ff. 11 Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 169 m. umfassenden Nachweisen. 3
4
I. Entscheidung über das materiell-rechtliche Verständnis
225
herbeizuführen sein könnte. Angesichts dieses Prüfungsziels reduziert sich der Prüfungsumfang auf die Frage der zwingend notwendigen Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit. Dies soll anhand materiell-rechtlicher Einzelprobleme, die die Teilrechtsfähigkeitslehre als Belege ihrer Richtigkeit anführt, erfolgen. Ergibt sich somit als Ergebnis, daß nach materiellem Recht (zumindest auch) die individualistische Lehre und die Verbundenheitslehre vertreten werden kann, so gebietet es das geltende Prozeßrecht im Hinblick auf das Postulat der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, die Teilrechtsfähigkeitslehre de lege lata abzulehnen und die Gesellschafter als Zurechnungsendsubjekt der Rechtsbeziehungen einer GbR (entweder im Sinne der individualistischen Lehre oder der Verbundenheitslehre) aufzufassen. c) Praktische Notwendigkeit einer Entscheidung Viele Autoren betrachten den Streit um die materiell-rechtliche Einordnung der GbR entweder als Wortspielerei mit bloßer Akzentverschiebung12 oder als für die praktischen Ergebnisse irrelevantll• Inwieweit insbesondere letztere Aussage zutrifft, ergibt sich für das materielle Recht erst nach der Untersuchung von Einzelproblemen. Wie aber die Unvereinbarkeit der Teilrechtsfähigkeitslehre nach geltendem Recht mit der ParteisteIlung der Gesellschafter zeigt, ist eine Entscheidung über das materiell-rechtliche Verständnis der GbR unausweichlich, um ein Auseinanderfallen von prozessualen und materiell-rechtlichen Wertungen zu verhindern und auf diesem Gebiet die Einheit der Rechtsordnung zu wahren. Es ist daher eine praktische Notwendigkeit zur Entscheidung gegeben. 2. Materiell-rechtliche Einzelfragen
a) Schuld- und Haftungsstruktur Die Schuld- und Haftungsstruktur der GbR nach den unterschiedlichen dogmatischen Grundmodellen war bereits Gegenstand eingehender Darstellung und Untersuchung. Auf diese ist zu verweisen 14• Die an dieser Stelle primär zu beantwortende Frage, ob die als vorzugswürdig erachtete Trennung von Gesamthands- und Gesamtschulden zwingend die Anerkennung der GbR als teilrechtsfähig voraussetzt oder auch auf dem Boden der Verbundenheits12 Erman!Westermann, Vor § 705, der in dem einen Fall die Einheit, in dem anderen die Vielfalt der Gesellschafter einer GbR stärker betonen will. II Hueck, GesR, S. 20. 14 Siehe oben B.II.4., 111.3., IV.3., zusammenfassend B.V.I. 15 Göcke1er
226
F. Entscheidung über die materiell-rechtliche Struktur
lehre vertreten werden kann, ist im Sinne der zweiten Alternative bereits entschieden worden1s • Die Bejahung der Existenz von Gesamthandsschulden erzwingt nicht die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeitslehre. b) Veränderungen im Gesellschafterbestand Veränderungen im Gesellschafterbestand werden durch einen Neueintritt, einen Austritt oder einen Gesellschafterwechsel herbeigeführt. Der Gesellschafterwechsel erfolgt entweder als Zusammenfassung der beiden erstgenannten Rechtsakte oder als echte Anteilsübertragung16• Bei den Auswirkungen einer Veränderung im Gesellschafterbestand ist zwischen der Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen und dem Schicksal der Gesamthandsschuld zu unterscheiden. aa) Mitberechtigung am Gesellschaftsvennögen
Scheidet ein Gesellschafter aus der GbR aus, so ist in § 738 I BGB ausdrücklich angeordnet, daß sein Anteil den übrigen Gesellschaftern anwächst. Wird ein neuer Gesellschafter in die GbR aufgenommen, so wird er (nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages) am GeseUschaftsvermögen berechtigt. Zur Erklärung dieser Vorgänge bedarf es nicht zwingend der Teilrechtsfähigkeitslehre, weil in § 738 I BGB das Prinzip der An- und Abwachsung zum Ausdruck kommt, ohne die GbR als teilrechtsfähig vorauszusetzen. bb) Schicksal der Gesamthandsschuld
Scheidet ein Gesellschafter aus der GbR aus, so ist unbestritten, daß die Gesamthandsschuld weiterhin die übrigen Gesellschafter trifft (bzw. die übrigen Gesellschafter mit dem Gesamthandsvermögen weiterhin haften). Der ausgeschiedene Gesellschafter bleibt aber im Rahmen der Gesamtschuld in der Weise verpflichtet, daß er mit seinem Privatvermögen haftet, sofern die Begründung der Gesamtschuld in die Zeit seiner Gesellschaftszugehörigkeit fällt und ihn persönlich trifft (Theorie der Doppelverpflichtung)17. Heftig umstritten ist in der Lehre aber das Problem, wie sich die Aufnahme eines neuen Gesellschafters in die GbR auf eine bestehende Gesamthandsschuld auswirkt. Dabei besteht auch hier im Ergebnis Einigkeit, daß die Gesamthandsschuld bestehen bleibt und das Gesellschaftsvermögen für diese haftet. Siehe hierzu oben B.V.1.e). Siehe hierzu bereits oben D.XIV.3.; eingehend zu Voraussetzungen und Rechtsfolgen: Ulmer, § 719 Rz. 13ff. 17 Erman/Westermann, § 714 Rz. 17 m.w.Nachw. 1S
16
I. Entscheidung über das materiell-rechtliche Verständnis
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a) Teilrechtsjähigkeitslehre Die Teilrechtsfähigkeitslehre nimmt für sich in Anspruch, bei Neueintritt eines Gesellschafters allein eine dogmatisch befriedigende Lösung für die Weiterhaftung des Gesellschaftsvermögens zu bietenl8• Die Weiterhaftung folge aus der Teilrechtsfähigkeit der GbR und der Anerkennung als selbständigem Zuordnungssubjekt in Verbindung mit dem Anwachsungsprinzip; eines besonderen Verpflichtungsgrundes gegenüber dem neuen Gesellschafter bedürfe es daher für den Gläubiger dazu nicht!!).
ß) Verbundenheitslehre Nach der Verbundenheitslehre sind die Gesellschafter (in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit) Zuordnungssubjekt der Rechtsbeziehungen. Wird ein neuer Gesellschafter aufgenommen, so wird er als Gesellschafter Mitberechtigter am Gesellschaftsvermögen20• Wäre der neue Gesellschafter nicht in Verbundenheit mit den übrigen hinsichtlich einer vor seiner Zugehörigkeit eingegangenen Gesamthandsschuld (mit-)verpflichtet, könnte er durch Verweigerung der Zustimmung zur Entnahme eines Vermögensgegenstandes aus dem Gesellschaftsvermögen die Befriedigung eines Gesellschaftsgläubigers verhindern21 • Würde der Aktivberechtigung am Gesellschaftsvermögen keine Passiwerpflichtung entsprechen, könnte der Gläubiger die Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermögen auch im Klageweg nicht in Anspruch nehmen. Anders liegt es nur dann, wenn ein Gesellschafter ersatzlos ausscheidet, denn in diesem Fall sind die Altgesellschafter weiterhin in ihrer Verbundenheit berechtigt und verpflichtet. Zur Vermeidung dieses Problems werden verschiedene Lösungen angeboten. Neben der schlichten Behauptun% der Weiterhaftung des Gesellschaftsvermögens für Gesamthandsschulden wird auf das Verbot des Entzuges des Haftungsobjekts23, auf den in §§ 130 HGB, 2059 11,2382, 2383,1488 BGB enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken der Weiterhaftung2\ auf einen zwischen den Gesellschaftern stillschweigend geschlos-
Ulmer, § 714 Rz. 55; Soergel/Hadding, § 714 Rz. 45. Aume, § 16 IV 2; Ulmer, § 714 Rz. 55, der zudem die Rechtsprechung, BGHZ 74,240 (241), BGHZ 79, 374 (378) u. BGH, NJW 1981, 1095 (1096), für diese Auffassung zitiert. Dies zu Unrecht, weil der BGH nicht mit der Teilrechtsfähigkeit der GbR argumentiert. 20 Siehe oben F.I.2.b)aa). 21 Vgl. Buchner, AcP 169 (1969), 491ff. (494). 22 ErmanIWestermann, § 714 Rz. 17; Hueck, GesR, § 10 13: der Eintretende tritt mit allen Rechten und Pflichten in die Gesellschaft ein; ähnlich: Esser, § 96 I 1. 23 Larenz, SBT, § 60 VI c (zugleich Überblick zum gesamten Problem). 24 Blomeyer, JR 1971, 403; Kornblum, Haftung, S. 70. 18 19
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F. Entscheidung über die materiell-rechtliche Struktur
senen Vertrag zugunsten der Gläubiger2S , auf die analoge Anwendung des § 419 BGB26 oder auf das Prinzip der An- und Abwachsung27 verwiesen. y) Stellungnahme Der Teilrechtsfähigkeitslehre ist die Einfachheit und die daraus resultierende Überzeugungskraft in der Begründung ihres Ergebnisses zuzugestehen. Kritisch sei zur Teilrechtsfähigkeitslehre aber angemerkt, daß sie in sich nicht widerspruchsfrei ist. So wird zum einen bei der für sie unumgänglichen Abgrenzung zur juristischen Person betont, daß eine Loslösung der GbR von ihren Gesellschaftern im Gegensatz z.B. im Verein nicht erfolge, und dies der entscheidende Unterschied zur juristischen Person sei28• So wird dann auch überzeugend das Verbot der Einmann-GbR statuiert und begründet29• Begründet man nun allerdings die Weiterhaftung des Gesellschaftsvermögens in erster Linie mit der Aussage, daß ein Wechsel im Gesellschafterbestand die GbR als solche unberührt lasse, löst man gerade die GbR von ihren Mitgliedern ab und kommt in die Gefahr, die Grenzen zur juristischen Person zu verwischen. Die Verbundenheitslehre hat es naturgemäß von ihrem Ansatzpunkt her schwerer. Wenig hilfreich ist die These allein, die GbR bleibe in ihrer materiell-rechtlichen Identität unberührt3O, mag sie das Ergebnis auch zutreffend charakterisieren. Denn sie unterliegt ähnlichen Bedenken, wie soeben hinsichtlich der Teilrechtsfähigkeitslehre geäußert. Richtig dagegen erscheint es, die Weiterhaftung des Gesellschaftsvermögens und die Mitverpflichtung des neuen Gesellschafters auf das Prinzip der Anwachsung, wie es in § 738 I BGB zum Ausdruck kommt, zurückzuführen31 • Wenngleich diese Vorschrift nur das Prinzip der Anwachsung ausdrücklich regelt, bietet es doch einen gesetzlichen Anhaltspunkt dafür, daß ein in die GbR neu aufgenommener Gesellschafter einen Anteil am Gesellschaftsvermögen erwirbt, der auch die Mitverpflichtung in Verbundenheit mit den übrigen Gesellschaftern beinhaltee2• Die im Bereich von Schuld und Haftung rudimentäre gesetzliche Regelung der GbR verbietet es nicht, sondern erfordert es geradezu, gegebene Normen auszulegen und
2S
EnneccerusjLehmann, SehR, S. 759.
26 Vgl. Nicknig, S. 94. 27 Larenz, SBT, § 60 VI c; Wiedemann, § 5 IV 1.
Soergel/Hadding, Vor §7OS Rz. 14. 29 Ulmer, § 705 Rz. 1; Soergel/Hadding, Vor § 705 Rz.6; Hüffer, GesR, § 131. 30 Kübler, § 6 IV 2 d. 31 So auch Larenz, SBT, § 60 VI c; auch Ulmer, § 714 Rz. 55 als Anhänger der Teilrechtsfähigkeitslehre verweist auf dieses Prinzip. 32 In diesem Sinn sind wohl auch die Entscheidungen BGHZ 74, 240 (241); 79, 374 (378) und BGH, NJW 1981, 1095 (1096) zu verstehen; vgI. auch KombIum, Haftung, S. 69f. 28
I. Entscheidung über das materiell-rechtliche Verständnis
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ihrem Sinn nach weiterzuentwickeln. Daher ist es zulässig, aus § 738 I BGB das Prinzip der An- und Abwachsung33 zu entwickeln und auf die Verpflichtungsseite zu übertragen. Unterstützend ist darauf hinzuweisen, daß das deutschrechtliche Prinzip, Schulden als Lasten des Vermögens zu kennzeichnen, welches durch einen Wechsel der/des Vermögensträgers nicht außer Kraft gesetzt werden darf, seinen positiv-rechtlichen Niederschlag in §§ 419,1488, 205911, 2382f. BGB, 130 HGB gefunden hat34• Die vorgeschlagene Auslegung des § 738 I BGB folgt demnach den im BGB zum Ausdruck gekommenen Grundgedanken von Schuld und Haftung. Diese Erkenntnis schließt es zwar nicht aus, die Teilrechtsfähigkeitslehre zu vertreten; doch zeigt sie, daß es ihrer nicht zur dogmatisch befriedigenden Begründung der Weiterhaftung des GeseUschaftsvermögens bei Veränderungen im Gesellschafterbestand bedarf3s • Falsch wäre es auch zu behaupten, das Prinzip der An- und Abwachsung könne dogmatisch nur auf der Grundlage der Teilrechtsfähigkeitslehre vertreten werden. Denn der in § 738 I BGB zum Ausdruck kommende Grundsatz stellt eine gesetzliche Ausgestaltung des Gesamthandsprinzips der GbR dar und ist von den Verfassern des BGB gerade in dem Bewußtsein ausgestaltet worden, die Streitfrage über das Wesen der Gesamthand nicht entscheiden zu wollen36• Die sich aus Veränderungen im Mitgliederbestand ergebenden Rechtsfolgen lassen sich auf der Grundlage der Anerkennung der Gesellschafter als Zurechnungsendsubjekte dogmatisch befriedigend erklären. c) Veränderungen der Gesellschaft Vertreter der Teilrechtsfähigkeitslehre verweisen bei Behauptung der zwingend notwendigen Anerkennung der GbR als teilrechtsfähig auf die auftretenden Probleme bei Veränderungen der Gesellschaft. Als von der Verbundenheitslösung nicht zu erklärende Fälle werden die formwechselnde Umwandlung und die GbR als Vorgesellschaft genannt. aa) Fonnwechselnde Umwandlung
Von einer formwechselnden Umwandlungwird gesprochen, wenn eine GbR ein Grundhandelsgewerbe, § 1 HGB, dessen Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert, § 4 HGB, beginnt oder ein Gewerbe nach § 2 HGB betreibt und im Handelsregister eingetragen und so automatisch zur OHG/KG wird. Vom Begriff der form33 Protokolle 11, S. 430. 34 Vgl. RGZ 69, 286; BGHZ 62,101. 3S 36
A.A.: Kraft/Kreutz, S. 116. Protokolle 11, S. 430; siehe hierzu bereits oben B.I.4.
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wechselnden Umwandlung ist auch der umgekehrte Fall des Absinkens einer OHG/KG zur GbR (vgl. aber § 5 HGB) umfaße7• a) Teilrechtsföhigkeitslehre
Die Teilrechtsfähigkeitslehre ordnet sowohl bei OHG/KG als auch bei der GbR das Gesellschaftsvermögen und die die Gesellschaft treffenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft selbst als Endzurechnungssubjekt ZU38. Wird demnach aus einer GbR eine OHG/KG oder schrumpft eine OHG/KG zur GbR, so ändert dies an der Rechts- und Pflichtenzuständigkeit nichts. Sie verbleibt bei der jeweiligen Gesellschaft als Gruppe oder Wirkungseinheit selbst; formwechselnde Umwandlungen bereiten somit auf diesem Fundament keine dogmatischen Schwierigkeiten.
ß) Verbundenheitslehre Nach der Verbundenheitslehre soll die Identität der Gesellschaft bei einer formwechselnden Umwandlung ebenfalls unberührt bleiben39• Eine Gesamtrechtsnachfolge finde nicht statt, so daß eine Übertragung der zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Sachen nicht erforderlich ist40• Daher bedürfe es z.B. nur einer Grundbuchberichtigung bei einem zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstück. Im Ergebnis unterscheidet sich die Verbundenheitslehre daher nicht von der Teilrechtsfähigkeitslehre. y) Stellungnahme
Für das Recht der Personenhandelsgesellschaften wird in §§ 105 11, 161 11 HGB subsidiär auf die das Recht der GbR regelnden Vorschriften der §§ 705ff. BGB verwiesen. Hieraus wird allgemein der Schluß gezogen, die GbR sei die Grundform der Personenhandelsgesellschaften41 • Diesem Gedankengang entspringt die Forderung, GbR und OHG/KG systematisch gleich zu behandeln42• Die Teilrechtsfähigkeitslehre ist in sich konsequent und dogmatisch befriedigend. Sie wird der Forderung nach systematischer Gleichbehandlung gerecht. Bei Beurteilung der Verbundenheitslehre ist ähnlich wie bei
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38
137.
Vgl. zum Ganzen bereits oben D.XV.1.a). Siehe hierzu eingehend oben B.IV., zur formwechseinden Umwandlungvgl. Hennecke, S.
39 Hueck, G(.sR, § 38 I 2 a; Kübler, § 27 I 3 a; Heller, S. 218; Schlegelberger/Geßler, § 105 Rz.64; aus der Rechtsprechung: BGH, LM Nr. 17 zu § 705 BGB; BGH, WM 1975,99. 40 Kübler, § 27 11 4. 41 Statt vieler: Baumbach/Duden/Hopt, Ein!. vor § 105 Anm. 3 A; Eisenhardt, § 4 I 2. 42 Hüffer, GesR, § 7 2; G. Roth, § 8 4 b.
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Behandlung der prozessualen Folgen einer formwechselnden Umwandlung43 die unterschiedliche QualifIzierung der OHG/KG zu berücksichtigen. Faßt man auch bei OHG/KG die Gesellschafter als Endzurechnungssubjekt aller Rechtsbeziehungen der Gesellschaft auf'" und deutet § 124 HGB mehr im Sinne einer Vereinfachung für den Rechtsverkehr als eine zuständigkeitsbegründende Norm, bereitet die dogmatische Bewältigung der formwechselnden Umwandlung ebenfalls keine Probleme; desgleichen ist die systematische Gleichbehandlung von GbR und Personenhandelsgesellschaften gegeben. Sieht man die Personenhandelsgesellschaften dagegen mit der herrschenden gesellschaftsrechtlichen Auffassung4S selbst als Zuordnungssubjekt an, was der Wortlaut des § 124 I HGB nahelegt, bedarf die Aussage der Verbundenheitslehre einer näheren Begründung; die bloße Behauptung des Fortbestandes der materiell-rechtlichen Identität genügt nicht. Erklärungsversuche sind allerdings in der Literatur nicht ersichtlich. Somit kommt es entscheidend darauf an, ob trotz Änderung der Zuordnungssubjekte (Gesellschafter in ihrer Verbundenheit einerseits, OHG/KG andererseits) eine Rechtsübertragung nicht notwendig ist und ob eine systematische Gleichbehandlung zwingend erforderlich ist. Beide Fragen sind zu verneinen. Bei der GbR sind die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit Zurechnungssubjekt von Rechten und Pflichten. Diese Verbundenheit bedeutet mehr als die bloße summenmäßige Addition aller Gesellschafter; andernfalls läge eine schlichte Gemeinschaft vor, §§ 741ff. BGß. Dies ergibt sich aus der in der Regelung der Verfügungsbefugnis, § 719 I BGB, manifestierten gesamthänderischen Bindung der Gesellschafter. Gewinnt diese Verbundenheit infolge des Vorliegens der handelsrechtlichen Voraussetzungen durch staatliche Registrierung Publizität, so erstarkt sie kraft Gesetzes (§§ 105, 124 HGB) zu einer im Rechtsverkehr nahezu selbständigen Organisation, die sich aber nicht von ihren Mitgliedern loslöst. Ebenso verliert sie diese Selbständigkeit im Rechtsverkehr, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen einer Personenhandelsgesellschaft nicht mehr vorliegen. Mit der gesetzlich angeordneten formwechselnden Umwandlung ist eine Zuständigkeitsverlagerung von den Gesellschaftern in ihrer Verbundenheit einerseits auf die Personenhandelsgesellschaft andererseits und umgekehrt verbunden. Diese Zuständigkeitsverlagerung ist aber nicht als Ausdruck einer Gesamtrechtsnachfolge, sondern als gesetzlich angeordneter Vorgang im Rahmen des Übergangs von zwei unterschiedlich ausgestalteten Gesamthandsgemeinschaften zu verstehen. Dazu bedarf es aber nicht der Übertragung von Rechten und Pflichten. Diesem Erklärungsmodellliegt die Erkenntnis zugrunde, daß es ein einheitliches Gesamthandsprinzip nicht Siehe hienu oben D.XV.1.c)aa). Kübler, § 7 IV 1. 45 Statt vieler: Baumbach/Duden/Hopt, § 124 Anm. 1 A.
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gibt46, sondern daß die Gesamthand innerhalb der ihr gesetzlich zugewiesenen Normen verstanden und behandelt werden muß_ So sind bei einem Übergang von verwandten Gesamthandsgemeinschaften (§ 105 11 HGB), der kraft Gesetzes erfolgt, auch Zuständigkeitsverschiebungen kraft Gesetzes anzunehmen, die der nunmehr maßgebenden gesetzlichen Ausgestaltung der Gesamthand Rechnung tragen47• Die Aussage, die materiell-rechtliche Identität der Gesellschaft bleibe bei einer Umwandlung unberührt, ist insofern richtig. Wie bereits dargelegt, wird aus den Verweisungsnormen der §§ 10511,161 11 HGB der Schluß gezogen, GbR und OHG/KG seien systematisch gleichzubehandeln. Dieser Schluß ist aber nicht zwingend. Wie sich aus dem subsidiären Charakter der Verweisungen ergibt, sind zunächst die Eigenarten der Personenhandelsgesellschaften selbst zu berücksichtigen. Eine dieser Eigenart besteht aber gerade in der in § 124 HGB ausdrücklich angeordneten Selbständigkeit von OHG/KG 48• Diese Erscheinung kann aber dogmatisch und methodisch richtig dazu führen, die Personenhandelsgesellschaften systematisch anders zu behandeln als die GbR. Die Verweisung verliert dadurch nicht an Bedeutung, weil Verweisungsnormen generell im Hinblick auf das zu regelnde Rechtsgebiet lediglich eine entsprechende Anwendung der in Bezug genommenen Normen anordnen. Man könnte umgekehrt sogar behaupten, die ausdrückliche Verweisung trage gerade den systematischen Unterschieden Rechnung, weil es bei offensichtlicher systematischer Gleichheit einer solchen Verweisung gar nicht bedurft hätte. Wäre bereits die GbR selbst als Zurechnungssubjekt anzusehen, hätte § 124 I HGB über § 105 11 HGB hinaus keine eigenständige, sondern ausschließlich deklaratorische Bedeutung. Es bedarf daher nicht zwingend der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR, um ein dogmatisch befriedigendes System der Personenhandelsgesellschaften mit Begründung der formwechselnden Umwandlung zu entwickeln. Sowohl Teilrechtsfähigkeits- als auch Verbundenheitslehre sind aus diesem Gesichtspunkt heraus materiell-rechtlich vertretbar.
bb) GbR als Vorgesellschaft einer AG oder GmbH Soll eine AG oder eine GmbH gegründet werden, so bedarf es bis zur endgültigen Eintragung ins Handelsregister und Entstehung der Kapitalgesellschaft verschiedenster, spezialgesetzlich geregelter Voraussetzungen49 • In der notwendigen Schwebezeit zwischen Gründung und Eintragung bilden die Gründungsgesellschafter die sog. Vorgesellschaft, die nach h.M. als GesellSiehe hierzu bereits oben B.I.6.b). Ähnlich auch: Eickmann, RPfieger, 1970, 113: Wechsel des rechtlichen Charakters. 48 So auch Hüffer, GesR, § 7 2. 49 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen im Rahmen der prozessualen Behandlung der Vorgesellschaft oben D.XV5. 46 47
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schaft eigener Art zu qualifIzieren ist. Diese Vorgesellschaft unterliegt bereits zu einem Teil dem Recht der angestrebten Kapitalgesellschaft50• Nun wird behauptet, erst die Anerkennung der GbR als teilrechtsfähig könne die von der normalen Behandlung einer GbR abweichende der Vorgesellschaft dogmatisch erklären51 • Bereits im Zusammenhang der prozessualen Behandlung der Vorgesellschaft52 ist darauf hingewiesen worden, daß das Recht der Vorgesellschaft aufgrund der rudimentären spezialgesetzlichen Regelung in besonderem Maße der richterrechtlichen Ausgestaltung und Fortbildung bedarf. Diese Rechtsfortbildung ist den Weg gegangen, die Vorgesellschaft in weiten Teilen dem Recht der angestrebten Kapitalgesellschaft zu unterstellen. Die dogmatische Grundlage hierfür liegt im methodischen Ansatz der richterlichen Rechtsfortbildung mit den §§ 29ff., 41 AktG, 11 GmbHG als gesetzlichen Anknüpfungspunkten, die vorgefundene Gesamthandsgemeinschaft Vorgesellschaft nach weitgehend eigenen Regeln auszugestalten. Man kann daher von einer Gesamthandsgemeinschaft sui generii 3 sprechen. Es ist somit wiederum von einer eigenständigen Ausgestaltung einer Gesamthandsgemeinschaft auszugehen, die aber nicht wie die der GbR oder OHG/KG auf Gesetz, sondern in weiten Teilen auf richterlicher Rechtsfortbildung beruht. Der notwendigen QualifIzierung der GbR als teilrechtsfähig bedarf es daher zur befriedigenden dogmatischen Bewältigung der Vorgesellschaft nicht. d) Besitzverhältnisse Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen zwischen Teilrechtsfähigkeitslehre und Verbundenheitslehre stehen zunehmend die Besitzverhältnisse bei einer GbR. Von Vertretern der Teilrechtsfähigkeitslehre wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, nur diese gewährleiste eine praktikable und konsequente Handhabung der Besitzvorschriften54•
aa) Teilrechtsfähigkeitslehre In Anlehnung an die Besitzverhältnisse bei einer juristischen Person ordnen die Vertreter dieser Auffassung den Besitz an Gegenständen des Gesamt-
50 Wegen der Einzelheiten sei auf die einschlägige Literaturvetwiesen: Hüffer, GesR, § 311 a; Ulmer, Vor § 705 Rz. 14f.; Staudinger/Keßler, Vorbem. zu § 705 Rz. 119ff.; jew.m.w.Nachw. 51 In diesem Sinne: Hüffer, (PS Stimpel) 1985, S. 182; ders., GesR, § 7 2. 52 Siehe hierzu oben D.XV.4. 53 So Kübler, § 24 11 3 d; Nitschke, S. 145ff. 54 Aume, § 6111; Hüffer, ZHR 151 (1987), 397ff.; Ulmer, § 718 Rz. 26ff.; SoergeI/Hadding, §718 Rz.19.
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handsvermögens nicht den Gesellschaftern, sondern der GbR selbst zuss. Dies sei eine Folge der anerkannten Teilrechtsfähigkeit. Ähnlich wie bei OHG und KG auch werde der unmittelbare Besitz für die Gesellschaft durch ihre Organe oder Besitzdiener ausgeübt. Demnach seien alle Ansprüche, die sich auf den Besitz gründen, Bestandteile des Gesellschaftsvermögens; sie stünden mithin unmittelbar der GbR zu. In den sich aus dieser Konzeption ergebenden Rechtsfolgen erweise sich die Teilrechtsfähigkeitslehre der Verbundenheitslehre als überlegen. Im Ausgangsfall wären demnach nicht die Gesellschafter A, Bund C Besitzer der Dampfwalze, sondern die GbR ,,ARGE BAB 46 Schönerland". bb) Verbundenheitslehre
Die Verbundenheitslehre lehnt die Besitzzurechnung an die GbR von vornherein mangels Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit und von Organen ab. Als Folge dieser Prämisse kommen wiederum nur die Gesellschafter als Besitzer in Frage, entscheidend sei, wer die Sachherrschaft ausübeSCi. Fraglich bleibt aber die konkrete Ausgestaltung. Für den Regelfall nimmt die h.M. schlichten Mitbesitz aller an der GbR beteiligten Gesellschafter anS7• Die tatsächlichen Umstände könnten aber auch qualifIZierten Mitbesitz begründenS8, d.h., den Gesellschaftern ist die Sache nur gemeinschaftlich zugänglichs9. Nach einer abweichenden Auffassung steht nur dem (den) geschäftsführenden Gesellschafter(n) der unmittelbare (Fremd-)Besitz ZU60, nach wiederum anderer Auffassung dagegen nur demjenigen zu, der eine Sonderaufgabe oder einen abgegrenzten Bereich der Geschäftsführung übernommen hat61 • Ergeben sich aus der Besitzfrage rechtliche Folgen, so sei bei ihrer Bestimmung allerdings das der GbR zugrundeliegende Kriterium der lesamthänderischen Verbundenheit aller Gesellschafter zu berücksichtigen . Besitzer der Dampfwalze sind nach dieser Auffassung die Gesellschafter A, Bund C.
ss F1ume, § 6 111; Hüffer, ZHR 151 (1987), 397ff.; ders., GesR, § 73; Ulmer, § 718 Rz. 26ff.; Schünemann, S. 261ff. (264ff.); Soergel/Hadding, § 718 Rz. 19. S6 Palandt/Bassenge, § 854 Rz. 14; RGRK/Kregel, § 854 Rz. 19, § 866 Rz. 8; Huber, S. 113; SoergeI/Mühl, § 866 Rz. 2; MüKo/Joost, § 854 Rz. 41; aus der Rechtsprechung: BGHZ 86,300 (307); 86, 340 (344); BGH, WM 1963,560. S7 Statt vieler: Erman!Westermann, § 854 Rz. 6; Jauemig, § 854 Anm.1I 3: Palandt/Bassenge, § 854 Rz. 14; MüKo/Joost, § 854 Rz. 41. S8 BGHZ 86, 300 (307). S9 Palandt/Bassenge, § 866 Rz. 2. 60 Huber, S. 113; Ballerstedt, JuS 1965, 276. 61 Palandt/Bassenge, § 854 Rz. 15. 62 Palandt/Bassenge, § 854 Rz. 14; Staudinger/Bund, § 866 Rz. 12.
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ce) Stellungnahme anhand von Einzelproblemen Beide Konzeptionen stellen, läßt man grundsätzliche Bedenken gegen die Teilrechtsfähigkeitslehre außer acht, einen dogmatisch vertretbaren Weg zur Regelung der Besitzfragen dar. Die Teilrechtsfähigkeitslehre besticht dabei durch das glatte Ergebnis der Zurechnung des Besitzes an die GbR mit der Folge, daß die Ansprüche aus dem Besitz der GbR unmittelbar zustehen. Geht man von der Verbundenheitslehre aus, so steht grundsätzlich allen Gesellschaftern gleichrangiger Mitbesitz zu. Abstufungen im Besitzverhältnis ergeben sich entgegen den genannten Auffassungen aber nur dann, wenn ein (oder mehrere) Gesellschafter in der Weise die Sachherrschaft über einen Gegenstand ausübt(en), daß die übrigen Gesellschafter hiervon tatsächlich ausgeschlossen sind. Diesem(n) Gesellschafter(n) steht dann der alleinige unmittelbare Besitz an den Gegenständen zu. Dabei kann es aber wegen der Anknüpfung der Besitzverhältnisse an rein tatsächliche Umstände63 nicht auf die Regelungen der Geschäftsführung ankommen; entscheidend ist die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit, die Sachherrschaft über den Gegenstand. Geschäftsführung und unmittelbarer Besitz werden jedoch rechtstatsächlich häufig zusammentreffen. Allerdings ist davon auszugehen, daß ein unmittelbar besitzender Gesellschafter den übrigen Gesellschaftern auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages den mittelbaren Besitz an dem jeweiligen zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Gegenstand i.S.v. § 868 BGB vermittelt. Allgemein anerkannt ist, daß ein Auftrag taugliches Besitzmittlungsverhältnis sein kann64; daher ist die auftragsähnliche Bindung eines für die GbR den unmittelbaren Besitz ausübenden Gesellschafters, die dem Gesellschaftsvertrag entspringt (vgl. § 713 BGB), ebenso als Besitzmittlungsverhältnis geeignet6S • Dabei ist die Forderung, das Besitzmittlungsverhältnis müsse konkret sein66, erfüllt, denn zumindest die Auslegung des Gesellschaftsvertrages wird hinreichend konkrete Anhaltspunkte geben67• Halt sich von den drei Gesellschaftern nur A ständig auf der Baustelle auf, stellen dagegen die Gesellschafter Bund C lediglich weitere Maschinen zur Verfügung, ist A als unmittelbarer Besitzer der Dampfwalze anzusehen, der Bund C den mittelbaren Besitz vermittelt.
63 vgl. Palandt/Bassenge, § 854 Rz. 2; MüKo/Joost, § 854 Rz. 41; StaudingerIBund, § 866 Rz.11. 64 Erman/Wemer, § 868 Rz. 13; StaudingerIBund, § 868 Rz. 12ff. 6S So auch: Ballerstedt, JuS 1965, 277 FN 19 (allerdings für die OHG, aber mit nicht gereChtfertigter Beschränkung auf geschäftsführende Gesellschafter); Soergel!Mühl, §866 Rz. 2; Huber, S. 113; StaudingerIBund, § 866 Rz. 11. Diese Aussage stellt zugleich eine Antwort auf Hüffer, GesR, § 7 3, dar. 66 Jauemig, § 868 Anm. 3 c; StaudingerIBund, § 868 Rz. 12ff. 67 Zu dem ähnlichen Problem im Zusammenhang der Sicherungsübereignung vgl' Medicus, BR, Rz.491.
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Dieses Konzept soll dem der Teilrechtsfähigkeitslehre anband von Einzelfragen zum Besitzrecht gegenüber gestellt und so herausgefunden werden, ob die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit aufgrund sonst nicht zu bewältigender Besitzprobleme zwingend notwendig ist. (1) § 929 S. 1 BGß regelt, daß es zur Eigentumsübertragung an einer beweglichen Sache neben der (rechtsgeschäftlichen) Einigung der Übergabe der Sache bedarf. Fraglich ist, wie die Übergabe an eine GbR erfolgt. Nach der Teilrechtsfähigkeitslehre erlangt die GbR durch Übergabe der zu übereignenden Sache selbst unmittelbaren Besitz (und damit das Eigentum an der Sache), wenn die Sache einem Organ der GbR übergeben wird68• Legt man die Verbundenheitslehre zugrunde, so sollen nach Ulmer69 Eigentumserwerb und Besitzverschaffung auseinanderfallen. Huber70 glaubt, dieses Problem mit Hilfe der Lehre vom Geheißerwerb lösen zu können. Den Gesellschaftern werde die Sache dadurch übergeben, daß der Veräußerer sie auf Geheiß der (geschäftsführenden) Gesellschafter einem Gesellschafter übergibt. Hierzu ist kritisch anzumerken, daß diese Form der Übergabe oft eine Fiktion sein wird, weil nicht immer (wohl nur in Ausnahmefällen) ein echter Geheiß vorliegen dürfte7l • Diese Lösung ist Folge des zweifelhaften Ansatzes, daß nur den geschäftsführenden Gesellschaftern unmittelbarer Besitz zustehe. Der überwiegende Teil der Lehren und die Rechtsprechung73 gehen wie selbstverständlich - ohne nähere Begründung - von einem Besitzerwerb aller Gesellschafter aus. Diese Auffassung ist im Ergebnis richtig, legt man ihr den hier vorgeschlagenen Ansatz zugrunde. Der für die GbR handelnde (nicht notwendige geschäftsführende) Gesellschafter erlangt durch Übergabe der Sache vom Veräußerer unmittelbaren Besitz. Aufgrund des Gesellschaftsvertrages vermittelt er den übrigen Gesellschaftern mittelbaren Besitz. Das Einschalten von Besitzmittlern schadet einer Übergabe nach § 929 S. 1 BGB indes niche4• Entscheidend für eine wirksame Übergabe ist vielmehr, daß der Veräußerer seinen Besitz völlig verlieres. Dies aber ist der Fall. Somit erwerben alle Gesellschafter, die in ihrer Verbundenheit Eigentümer werden (unmittelbaren oder mittelbaren) Besitz an der Sache. Ein Auseinanderfallen von Eigentumsverschaffung und Besitzerwerb ist daher nicht gegeben. Flume, § 6 III; Soergel/Hadding, § 718 Rz. 19; Ulmer, § 718 Rz. 29. Ulmer, § 718 Rz. 29; ähnlich: Hüffer, ZHR 151 (1987),399. 70 Huber, S. 113, mit der Annahme, nur den geschäftsführenden Gesellschaftern stehe der unmittelbare Besitz zu. 7l Allgemein zum Geheißerwerb: Medicus, BR, Rz. 563ff. n Statt vieler: Palandt/Bassenge, § 854 Rz. 14 (allgemein für die Rechtsfolgen). 73 Vgl. BGHZ 86,300 (307); 86, 340 (344); BGH, WM 1963,560. 74 BGH, WM 1976, 153; Palandt/Bassenge, § 929 Rz. 14; MüKo/Quack, § 929 Rz. 119. 7S RGZ 137, 25; Palandt/Bassenge, § 929 Rz. 9; MüKo/Quack, § 929 Rz. 114; Soergel/Mühl, §929 Rz.5. 68
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(2) Nach § 935 I BGB fmdet ein grundsätzlich möglicher gutgläubiger Eigentumserwerb an einer beweglichen Sache dann nicht statt, wenn diese dem Eigentümer abhandengekommen ist. Abhandenkommen ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn der ummittelbare Besitzer ohne seinen Willen den Besitz verloren hat'6. Nach der Teilrechtsfähigkeitslehre ist die GbR Eigentümerin der beweglichen Sachen des Gesamthandsvermögens. Da ihre Organe für sie den Besitz ausüben, liege ein Abhandenkommen immer dann vor, wenn andere Personen als die Organe oder die in ihrem Auftrag handelnden Personen eine Sache des Gesamthandsvermögens im eigenen Namen veräußern. Dies gelte auch für Verfügungen nichtberechtigter Gesellschafter17• Gegenüber einem gutgläubigen Eigentumserwerb Dritter ist die GbR demnach nur bei Verfügungen im eigenen Namen von Organen oder der in ihrem Auftrag handelnden Personen schutzlos. Sieht man mit der Verbundenheitslehre die Gesellschafter als Mitbesitzer an, so liegt ein Abhandenkommen schon immer dann vor, wenn die Voraussetzungen des Abhandenkommens hinsichtlich eines Gesellschafters gegeben sind. Liegt unmittelbarer Besitz eines oder mehrerer Gesellschafter vor, mit der Folge, daß diese den übrigen Gesellschaftern mittelbaren Besitz vermitteln, beurteilt sich das Abhandenkommen nach § 935 I S. 2 BGB. Wenngleich die mittelbaren Besitzer nicht (alleinige) Eigentümer sind, sondern alle Gesellschafter in ihrer Verbundenheit, kann diese Vorschrift ihrem Sinn nach doch angewandt werden. Danach ist die Sache den mittelbaren Besitzern abhandengekommen, wenn sie dem unmittelbaren Besitzer abhandengekommen ist. Umgekehrt liegt ein Abhandenkommen in Bezug auf den (die) mittelbaren Besitzer dann nicht vor, wenn der unmittelbare Besitzer seinen Besitz freiwillig aufgegeben hat78• Die GbR ist nach dieser Lösung also schutzlos gegen Verfügungen im eigenen Namen eines unmittelbar besitzenden Gesellschafters. Der Schutz nach der Verbundenheitslehre ist demnach etwas geringer als nach der Teilrechtsfähigkeitslehre, weil unmittelbar besitzende Gesellschafter nach der hier vertretenen Auffassung nicht notwendig geschäftsführende Gesellschafter sind. Doch ist dieses Ergebnis nicht unbillig. Überlassen die Gesellschafter einem Gesellschafter den ummittelbaren Besitz, so begeben sie sich freiwillig ihrer Stellung als unmittelbare Besitzer. In Abwägung dieser aus dem schuldrechtlichen Charakter der GbR entspringenden Vertrauenssituation zu den Verkehrsschutzinteressen scheint dann der gutgläubige Eigentumserwerb eines Dritten gerechtfertigt. (3) Rechtsfolgen aus dem Innehaben des Besitzes an einer Sache ergeben sich in vielfältiger Weise, z.B. aus §§ 823, 858ff., 937, 955, 987ff., 1006, 1007 BGB. Gerade im Zusammenhang der Rechtsfolgen weist die TeilrechtsfähigRz. 2. F1ume, § 6 I1I; Ulmer, § 718 Rz. 29; Soergel/Hadding, § 718 Rz. 19; so auch für die OHG: Palandt/Bassenge, § 854 Rz. 14. 78 So auch: Staudinger/Bund, § 866 Rz. 12. 76 RGZ 101, 22'i; Palandt/Bassenge, § 935 17
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keitslehre auf ihre Überlegenheit hin. Weil die GbR ja selbst Besitzerin sei, träten all diese Rechtsfolgen unmittelbar für und gegen sie ein79. Obwohl die Verbundenheitslehre den Besitz den Gesellschaftern einer GbR zuordnet, sollen die Rechtsfolgen als rechtliche Abstraktion der unmittelbaren Sachherrschaft doch die GbR als die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit treffen80• Diese Erkenntnis folge aus dem Prinzip der gesamthänderischen Bindung aller Gesellschafter. Angesichts dieser Aussagen ist zunächst zu prüfen, ob es einer Zurechnung der Rechtsfolgen aus dem Besitz an die GbR überhaupt bedarf. Dabei lassen sich die Rechtsfolgen in echte Besitzschutzansprüche, in Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche (Geldansprüche) und in Vermutungswirkungen (§ 1006 BGB) samt Eigentumserwerb nach § 955 BGB einteilen. Sollte sich ein Bedürfnis der Zurechnung an die GbR ergeben, wäre zu untersuchen, ob es neben der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR dogmatisch andere Begründungswege gibt, die mit der vom Prozeßrecht nahegelegten Struktur harmonisieren. Echte Besitzschutzansprüche sind die Ansprüche auf Wiedereinräumung des Besitzes (§§ 861, 823 i.V.m. § 249 BGB, 812 I BGB), auf Beseitigung und Unterlassung von Besitzstörungen (§§ 862, 823, 1004 BGB), sowie das Selbsthilferecht des Besitzers (§ 859 BGB) und das Besitzverfolgungsrecht (§ 867 BGB). Diese Rechte stehen bei Mitbesitz jedem unmittelbaren und nach Maßgabe des § 869 BGB jedem mittelbaren Besitzer zu8t • Daher ist jeder Gesellschafter, weil er zumindest mittelbarer Besitzer ist, berechtigt, die aufgeführten Rechte auszuüben und den alten, störungsfreien Besitzzustand wieder herzustellen. Ein mittelbar besitzender Gesellschafter kann also für sich nur Einräumung des mittelbaren Besitzes, d.h. aber Einräumung des unmittelbaren Besitzes für den berechtigten Gesellschafter verlangen. Lehnt dieser die Übernahme des unmittelbaren Besitzes ab, so ist dem ehemals mittelbaren Besitzer unmittelbarer Besitz einzuräumen, § 869 S. 2 BGB. Da somit jeder Gesellschafter in seinem Besitzrecht ausreichend geschützt ist, ist ein Bedürfnis, die Rechtsfolgen der GbR zuzurechnen, nicht erkennbar. Klagen alle Gesellschafter gemeinsam, so liegt nach dieser Konstellation keine Gesamthandsklage vor; die Gesellschafter sind einfache Streitgenossen, §§ 59, 60 ZPO. Geldansprüche können sich aus dem Besitz als Schadensersatz- (§§ 823 I, U BGB) oder Bereicherungsansprüche (§§ 812ff., 818 BGB), zudem aus Verwendungsersatz (§§ 994ff. BGB) ergeben. Erleidet ein Gesellschafter wegen Aume, § 6111; Soergel/Hadding, § 718 Rz. 19; Ulmer, § 718 Rz. 29. Palandt/Bassenge, § 854 Rz. 14; Aume, § 6111 spricht in diesem Zusammenhang von einer notwendigen Transsubstantiation. 8l Erman/Westermann, § 866 Rz. 4; Jauemig, § 866 Anm. 3 a aa; Palandt/Bassenge, §§ 866 Rz. 9, 869 Rz. 1, 3; zum Innenverhältnis: ders., § 866 Rz. 8. 79
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Verletzung seines Besitzrechts einen Schaden, so ist er unzweifelhaft Anspruchsberechtigter. Erleidet die GbR einen Schaden, so sind die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit immer dann anspruchsberechtigt, wenn z.B. das gesamthänderische Eigentum verletzt ist. Ist die GbR nun aber geschädigt infolge einer Besitzrechtsverletzung hinsichtlich der Gesellschafter, so kann der einzelne Gesellschafter grundsätzlich nur seinen Schaden geltend machen, nicht aber den aller Gesellschafter in ihrer Verbundenheit. Dieser besteht in der Wertminderung seines Anteils am Gesellschaftsvermögen. Somit könnten alle Gesellschafter, entsprechend ihrem Anteil am Gesellschaftsvermögen, nur jeweils einen Bruchteil des Schadens liquidieren. Im Prozeß wären sie wiederum einfache Streitgenossen. Um dieses umständliche, aber mögliche Verfahren zu vermeiden, ist es in der Tat angebracht, die Rechtsfolgen aus der Verletzung der notwendig allen Gesellschaftern zustehenden Besitzrechte zu einer Gesamthandsforderung zusammenzufassen, die im Gesamthandsprozeß von den Gesellschaftern als notwendige Streitgenossen durchgesetzt werden kann. Ein ähnliches Bedürfnis ist dann gegeben, wenn Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (in Frage kommen nur Wertersatz nach § 818 11 bzw. Herausgabe der Nutzungen, § 818 III BGB) oder aus Verwendungen nach §§ 994ff. BGB in Streit stehen. Will man als Konsequenz nicht die Anerkennung der GbR als zwingend teilrechtsfähig ziehen, ist mit der wohl h.M. eine Zurechnung der Rechtsfolgen in Fortführung der gesamthänderischen Bindung aller Gesellschafter zu bejahen82• Diese hält auf der Aktivseite (GbR als Berechtigte) auch F1ume als Vertreter der Teilrechtsfähigkeitslehre für möglich83• An die gesamthänderische Bindung anzuknüpfen ist in der Tat richtig. Die Zurechnung der vermögensrechtlichen Besitzrechtsfolgen an die Gesamthand der Gesellschafter ist im Gesetz nicht vorgesehen, insofern ist von einer Gesetzeslücke des BGB auszugehen. Diese ist in Weiterentwicklung des in § 719 BGB zum Ausdruck kommenden Gedankens der gesamthänderischen Verbundenheit zu schließen. Die einzelnen Gesellschafter besitzen (unmittelbar oder mittelbar) gerade als Mitglied der GbR und auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages. Dies ist bei den (vermögensrechtlichen) Rechtsfolgen, die das gesamthänderisch gebundene Gesellschaftsvermögen betreffen, zu berücksichtigen. Die Anerkennung dieser Lückenfüllung ist gegenüber der Anerkennung der gesetzlich nicht vorgesehenen Teilrechtsfähigkeit der dogmatisch weniger schwer wiegende Eingriff in das Recht der GbR und daher als gesetzestreuerer Weg vorzuziehen. Soweit eine Sache im vermeintlichen Eigentum der GbR steht, fragt sich, wer Eigentümer der Erzeugnisse und Früchte dieser Sache nach § 955 BGB 82 Palandt/Bassenge, § 854 Rz. 14; Staudinger/Bund, § 866 Rz. 12: Petitorische und possessorische Ansprüche unterliegen der gesamthänderischen Bindung. 83 F1ume, § 6 111.
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wird. Dies ist der guttäubige Eigentümer. Da Besitz i.S.v. § 955 BGB auch der mittelbare Besitz ist , werden grundsätzlich alle Gesellschafter als unmittelbare oder mittelbare Mitbesitzer erfaßt. Eigenbesitzer ist, wer die Sache als ihm gehörend besitzt, § 872 BGB. Die Gesellschafter besitzen die Sache aber nicht im Glauben ihres jeweiligen Alleineigentums, sondern im Glauben gesamthänderischen Eigentums. Sie sind daher nur insofern und alle gemeinschaftlich Eigenbesitzer. Somit kann auch das Eigentum an den Erzeugnissen und Früchten der Sache den Gesellschaftern auch nur in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zukommen, sofern alle Gesellschafter gutgläubig sind. Das Erzeugnis oder die Früchte fallen unmittelbar ins Gesamthandseigentum, einer besonderen Zurechnung des Besitzes oder der Rechtsfolgen aus dem Besitz an die Gesamthand bedarf es nicht. Dies erklärt sich bereits aus der Tatsache, daß § 955 BGB i.V.m. § 872 BGB auf das Eigentum Bezug nimmt und daher auch den verschiedenen Formen des Eigentums einer Personenmehrheit Rechnung trägt. Schließlich stellt sich die Frage, wem die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB zugute kommt, wenn man die Gesellschafter als Besitzer auffaßt; mit anderen Worten: Kann die Gesamthand sich auf § 1006 BGB berufen? Die Gesellschafter sind (unmittelbare und mittelbare) Mitbesitzer. Bei Mitbesitz wird grundsätzlich Miteigentum i.S.v. § 1008 BGB vermutet8S • Soll aber nun im Prozeß der Mitbesitz der Gesellschafter Eigentumsvermutungswirkung zugunsten gesamthänderischen Eigentums aller Gesellschafter entfalten, muß die Darlegung (und notfalls der Beweis) des Gesellschaftsverhältnisses ausreichen. Den Gesellschaftern wird damit die Vermutungswirkung weder völlig genommen noch in unbilliger Weise verkürzt, weil diese Obliegenheit von ihnen ohne Schwierigkeiten erfüllt werden kann. Eine Zurechnung dieser sich aus dem Besitz ergebenden Rechtsfolge unmittelbar an die GbR ist demnach entbehrlich; der Grund hierfür liegt darin, daß § 1006 BGB mit dem Eigentum ein Recht vermutet, daß bei identischen Besitzverhältnissen verschieden ausgestaltet sein kann86• (4) Betrachtet man mit der Teilrechtsfähigkeitslehre die GbR als Besitzer des (vermeintlich) zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstandes, so treffen auch sie unmittelbar Ansprüche Dritter aus §§ 985ff. BGB, sofern die Voraussetzungen vorliegen, und aus § 812 BGB, wenn die GbR den Besitz erlangt hat81 • Nach der Verbundenheitslehre sind Ansprüche dieser Art gegen
Erman/Hefermehl, § 955 Rz. 3; Palandt/Bassenge, § 955 Rz. 2. Erman/Hefermehl, § 1006 Rz. 2; Jauemig, § 1006 Anm. 2 a; Palandt/Bassenge, § 1006 Rz. 1; MüKo!Medicus, § 1006 Rz. 12; Soergel/Mühl, § 1006 Rz. 14; BGH, LM Nr. 1 zu § 985. 86 Im Ergebnis so auch: MüKo!Medicus, § 1006 Rz. 12. 87 F1ume, § 6111; Soergel/Hadding, § 718 Rz. 19; Ulmer, § 718 Rz. 29. 84
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alle Gesellschafter als unmittelbare oder mittelbare88 Besitzer zu richten. Im Prozeß sind die Gesellschafter als einfache Streitgenossen verbunden; es liegt aber keine Gesamtschuld vor, weil der Berechtigte nicht von jedem Gesellschafter die volle Leistung verlangen kann, sondern nur den "Besitzteil", den dieser innehat. Somit stellt sich auch in diesem Zusammenhang die Frage, ob ein Bedürfnis besteht, die (Passiv-)Rechtsfolgen den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zuzurechnen. Hierbei ist zwischen den Herausgabeansprüchen und den Neben- oder Ersatzansprüchen zu unterscheiden. Ein Bedürfnis hinsichtlich der Herausgabeansprüche ist zu verneinen. Für den Anspruchsberechtigten brächte es keine nennenswerten Vorteile mit sich, wenn der Anspruch gegen die GbR gerichtet ist. Materiell-rechtlich könnte er nicht mehr erreichen als die Herausgabe. Diese kann er aber auch von allen Gesellschaftern verlangen. Prozessual hätte er ebenso alle Gesellschafter zu verklagen, mit dem einzigen Unterschied, daß diese nicht in notwendiger, sondern in einfacher Streitgenossenschaft verbunden sind. Hinsichtlich der Neben- bzw. Ersatzansprüche zeichnet sich folgendes Bild. Solange der einzelne Gesellschafter noch bereichert ist, sei es auch durch den Wert oder die gezogenen Nutzungen, ist er weiterhin der richtige Anspruchsgegner. Dies bringt für den Berechtigten sogar den Vorteil der Zugriffsmöglichkeit auf das Privatvermögen des Gesellschafters mit sich. Ist der Gesellschafter dagegen nicht bereichert bzw. entreichert, was in der Regel der Fall sein dürfte, weil der Wert oder die gezogenen Nutzungen ins Gesamthandsvermögen übergegangen sind, so sind die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit unmittelbar Verpflichtete (Gesamthandsschuld), ohne daß es einer Zurechnung der Rechtsfolgen oder gar des Besitzes an die GbR bedürfte. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 812 I S. 1 2. Alt. BGB (Eingriffskondiktion), u.U. auch aus § 822 BGB, wenn der Gesellschafter den Wert oder die Nutzungen in das Gesellschaftsvermögen übertragen hat. Regelmäßig aber fallen der Wert oder die Nutzungen unmittelbar ins Gesamthandsvermögen, wenn ein Gesellschafter sie für die GbR aufgrund seiner Besitzstellung zieht. Verpflichteter der Nutzungsherausgabeansprüche nach §§ 987, 988 BGB ist der Besitzer. Fallen nun aber die Nutzungen unmittelbar in das Gesamthandsvermögen, so kann der einzelne Gesellschafter diese nicht an den Berechtigten herausgeben. Wollte man nun dem Berechtigten gegen die Gesamthand einen Bereicherungsanspruch nach § 812 I S. 1 2. Alt BGB (Eingriffskondiktion) zugestehen, so käme die Gesamthand, deren Gesellschafter samt und sonders Besitzer sind oder waren, in die Gefahr, den Schutz der §§ 987ff. BGB zu 88 Mittelbarer Besitz als das Erlangte i.S.v. § 812 BGB: BGH, WM 1%1,274; Palandt/Thomas, § 812 Rz. 19; zum möglichen Anspruch aus § 985 BGB gegen den mittelbaren Besitzer: Palandt/Bassenge, § 985 Rz. 3.
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verlieren. Dies könnte zu unbilligen Ergebnissen führen. Daher ist es angezeigt, auch hier die Rechtsfolgen unmittelbar in der Gesamthand eintreten zu lassen. Ansprüche wegen Schadensersatz nach §§ 989ff. BGB verpflichten unmittelbar die Gesellschafter, sofern in ihrer Person die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind. Allerdings erscheint es diesbezüglich nicht möglich, die Gesamthand unmittelbar zu verpflichten. Dies ist mit dem deliktischen Charakter der Schadensersatzansprüche nach §§ 989ff. BGB89 zu erklären. Eine Zurechnung mit der Folge der Haftung des Gesellschaftsvermögens ließe sich allenfalls über eine Analogie zu § 31 BGB begründen90• Die - notwendig - knappen Ausführungen haben im Bereich der Nutzungsherausgabeansprüche nach §§ 987,988 BGB ein Bedürfnis für die Zurechnung der Rechtsfolgen an die GbR aufgezeigt. Darüber hinaus ist es nicht ausgeschlossen, daß es weitere Fälle gibt, in denen eine Zurechnung auch an die Gesamthand auf der Passivseite geboten erscheint. Wie dargelegt9\ setzt die Zurechnung der Rechtsfolgen aber nicht die Anerkennung der GbR als teilrechtsfähig voraus. Entgegen Flume92, der eine solche Zurechnung (Transsubstantiation) auf der Passivseite nicht für möglich hält, ist diese anzuerkennen. Der Grund hierfür liegt in der prinzipiellen Möglichkeit der gesamthänderisehen Verpflichtung (Gesamthandsschulden) auch auf der Grundlage der Verbundenheitslehre93• Die Zurechnung der Rechtsfolgen aus dem Besitz an die GbR hat neben der dogmatischen Zulässigkeit einen entscheidenden Vorteil für sich. Wie aufgezeigt, ist eine Zurechnung nur in bestimmten Problemfällen notwendig. Mit der Überprüfung der Erforderlichkeit im Einzelfall geht so eine differenziertere Betrachtungsweise einher, die es in einigen Bereichen (z.B. Schadensersatzansprüche nach §§ 987ff. BGB) als unangemessen erscheinen lassen mag, die Rechtsfolgen der Gesamthand zuzurechnen. (5) § 857 BGB hat zum Regelungsinhalt, daß der Besitz des Erblassers auf den Erben übergeht. Diese Vorschrift ist demnach eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß Besitz nur durch Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft begründet werden kann. Im Zusammenhang mit der GbR stellt sich die Frage, auf wen der Besitz eines verstorbenen Gesellschafters übergeht. Die Teilrechtsfähigkeitslehre beläßt § 857 BGB keinen Anwendungsbereich. Der Tod eines Gesellschafters ändert nichts an der BesitzersteIlung der GbR selbst94• Auf der Grundlage des Verbundenheitsmodells ist das Besitzrecht eines jeden VgJ. Medicus, BR, Rz. 581. Siehe hierzu sogleich unten F.I.2.e). 91 Siehe oben F.I.2.d)cc). 92 F1ume, § 6 111. 93 Siehe hierzu eingehend oben B.V.1.c)ff). 94 F1ume, § 6 111; Soergel/Hadding, § 718 Rz. 19; Ulmer, § 718 Rz. 29.
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Gesellschafters als Inhalt des aus dem Gesellschaftsvertrag folgenden Anteils am Gesamthandsvermögen zu qualiflZieren9S und geht daher bei Ausscheiden eines Gesellschafters durch dessen Tod kraft Anwachsung auf die anderen Gesellschafter über, § 738 I S_ 1 BGB. Für den Fall des Alleinbesitzes eines Gesellschafters soll nach der h.L. der Besitz jedoch auf die Erben des Gesellschaftererblassers nach § 857 BGB übergehen96• Gemeint sein kann damit nur der alleinige unmittelbare Besitz. Doch sehe ich für die Anwendung des § 857 BGB in dieser Form angesichts des Prinzips der Anwachsung keinen Raum. So wächst auch der unmittelbare Besitz den verbleibenden Gesellschaftern an, sie nehmen zusammen die Stellung unmittelbarer Mitbesitzer ein. Der Einwand, daß sie u. U. tatsächlich nicht den unmittelbaren Besitz ausüben, ist unbegründet. Hier sollte der Gedanke des § 857 BGB aufgegriffen werden, so daß auch bei der Anwachsung infolge des Todes des unmittelbar besitzenden Gesellschafters der unmittelbare Besitz auf die Gesellschafter übergeht, ohne daß es der Ergreifung der tatsächlichen Sachherrschaft der Gesellschafter bedarf. dd) Abschließende Stellungnahme zum Besitz
Die vorstehende Untersuchung hat gezeigt, daß sich die Verbundenheitslehre mit der Auffassung, daß die Gesellschafter den Besitz an den Gegenständen des Gesellschaftsvermögens innehaben, in den Erfordernissen des Rechtsverkehrs mit den hier vorgeschlagenen Modifikationen bewährt. Dabei gewährleistet eine sinnvolle und systemkonforme Weiterentwicklung von im BGB angelegten Wertungen (§§ 719, 857 BGB) sachgerechte Ergebnisse, ohne der GbR den Besitz zurechnen zu müssen. Daher ist es aufgrund der streitigen Fragen um die QualifIZierung der Besitzverhältnisse einer GbR nicht zwingend notwendig, die GbR als teilrechtsfähige Wirkungseinheit aufzufassen. e) Analoge Anwendbarkeit von § 31 BGB aa) Darstellung des Problems § 31 BGB besagt, daß der (rechtsfähige) Verein für den Schaden verantwortlich ist, den ein verfassungsmäßig berufener Vertreter des Vereins in Ausführung einer ihm obliegenden Verrichtung einem Dritten durch eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung zufügt. Sinn des § 31 BGB ist die Gleichstellung der juristischen Person mit der natürlichen bezüglich der Haftung für eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung. Dabei begründet 9S 96
Huber, S. 113. Palandt/Bassenge, § 857 Rz. 1; Soergel!Mühl, § 857 Rz. 3.
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§ 31 BGB keine eigene Haftung des Vereins, sondern rechnet dem Verein die Haftung des Vertreters zu'Y1. Andernfalls würde die juristische Person außerhalb vertraglicher Rechtsverhältnisse immer nur mit der Entlastungsmöglichkeit des § 831 BGB haften'l8. Für die GbR sieht das BGB eine vergleichbare Regelung nicht ausdrücklich vor. § 831 BGB, der eine Haftung für vermutetes eigenes Verschulden im Hinblick auf ein widerrechtliches99 Verhalten eines Verrichtungsgehilfen begründet, kommt nach einhelliger Auffassung in Lehre und Rechtsprechung mangels Weisungsgebundenheit der (geschäftsführenden) Gesellschafter nicht zur AnwendunglOo• Aufgrund der fehlenden Schuldfähigkeit der GbR käme ohnehin nur eine Haftung der einzelnen Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen in Betracheo1• Somit ergibt sich für die GbR daß für schadensersatzpflichtige Handlungen eines geschäftsführenden Gesellschafters im außervertraglichen Bereich nur der betreffende Gesellschafter mit seinem Privatvermögen haftee02• Dieses Ergebnis wird in der Lehre vielfach als unbefriedigend erachtet, so daß eine analoge Anwendung des § 31 BGB mit dem Ziel der Haftung des Gesellschaftsvermögens gefordert wird103• Die Rechtsprechung lehnt eine analoge Anwendung des § 31 BGB auf die GbR ab 104, währenddessen sie diese bei Personenhandelsgesellschaften mit der überwiegenden LehrelOS zuläßt106• Die GbR sei zu wenig körperschaftlich organisiert, als daß man die für die handelnden Gesellschafter als "Organe" bezeichnen könnte107• Anzumerken ist, daß die analoge Anwendung des § 31 BGB eine Gesamthandsschuld mit der Haftung des Gesellschaftsvermögens, nicht aber die Haftung der einzelnen Gesellschafter persönlich mit ihrem Privatvermögen begründen kann 108•
ErmanIWestermann, § 31 Rz. 1; Palandt/Heinrichs, § 31 Rz. 1. ErmanIWestermann, § 31 Rz. 1. 99 Daß regelmäßig ein schuldhaftes Handeln des Verrichtungsgehilfen vorliegen muß, zeigt Medicus, BR, Rz. 782. 100 ErmanIWestermann, § 705 Rz. 64; Maiberg, § 2 1.6.b; Medicus, BR, Rz. 795; Selb, § 10 11 1; Ulmer, § 705 Rz. 216; BGHZ 45,311. 101 Vgl. aber ErmanIWestermann, § 705 Rz. 64; § 7(1) Rz. 4 für den Fall, daß eine Bauherrengemeinschaft - contra legern - einem Dritten Geschäftsführungsrechte übertragen hat. 102 So im Ergebnis ausdrücklich: BGHZ45, 311; vgI. auch oben zur Problematik der Schadensersatzansprüche nach §§ 987ff. BGB: F.I.2.d)cc). 103 Beuthien, OB 1975, S. 729f.; Erman/Westermann, § 705 Rz. 64; Esser, § 95 V 1; Selb, § 10 111; Ulmer, § 705 Rz. 216. 104 BGHZ45, 311; BGH, NJW 1975,534. 105 Baumbach/Duden/Hopt, § 124 Anm. 3 B; Medicus, BR, Rz. 793; Palandt/Heinrichs, § 31 Rz. 3; G. Roth, § 8 6 b. 106 RGZ 76, 48; BGH, NJW 1952,528; BGHZ45, 311. 107 BGHZ 45,311 (312); a.A.: G. Roth, § 8 5 b. 108 Kübler, § 6 III 4 d; Medicus, BR, Rz. 795 FN 6; Selb, § 10 11 1; eine persönliche Haftung der Gesellschafter könnte nur im Rahmen der Akzessorietätslehre begründet werden, vgI. F1ume, § 16 IV und oben B.V.l.f)aa); G. Roth, ZHR 155 (1991),42. 'Y1
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Beschädigt der Gesellschafter A mit der zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Dampfwalze bei den Bauarbeiten zur BAß 46 wertvolle Pflanzen des Bauern Teckelhoff, so kann sich dieser gemäß § 823 I BGB zunächst an A halten. Will er auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen, so kann er dies nur, wenn das Gesellschaftsvermögen für die von A begangene unerlaubte Handlung in analoger Anwendung des § 31 BGB haftet. bb) Lösung nach der Teilrechtsfähigkeitslehre
Die Vertreter der Teilrechtsfähigkeitslehre bejahen ausnahmslos die analoge Anwendung des § 31 BGB auf die GbR109• Aus dem Blickwinkel dieser Auffassung kommt es auf das vom BGH vorgetragene Argument der fehlenden körperschaftlichen Organisation nicht an; die Anwendung des § 31 BGB ergibt sich aus dem Verständnis der GbR als teilrechtsfähige Gruppe und der Charakterisierung der geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschafter als Organe 110• ce) Auffassungen innerhalb der Verbundenheitslehre
Innerhalb der Verbundenheitslehre sind die Auffassungen über die analoge Anwendbarkeit des § 31 BGB auf die GbR geteilt. Ein Teil der Lehre folgt der Rechtsprechung und lehnt die analoge Anwendung des § 31 BGB auf die GbR generell ab lll • Nach einer einschränkenden Auffassung, die das vom BGH angeführte Argument der fehlenden körperschaftlichen Organisation aufgreift, soll eine analoge Anwendung des § 31 BGB immer nur dann erlaubt sein, wenn die Geschäftsführungsbefugnis abweichend von §§ 709, 711 BGB in Anwendung des § 710 BGB geregelt ist. Erst dann sei die Ähnlichkeit zu der von § 31 BGB vorausgesetzten Repräsentation durch ein Organ gegeben112• Der überwiegende Teil der Vertreter der Verbundenheitslehre wendet § 31 BGB uneingeschränkt analog auf die GbR an113• Gegen das Argument der fehlenden körperschaftlichen Organisation wird die Organisationsmöglichkeit nach § 710 BGB, vor allem aber das Auftreten der Gesellschafter im Rechtsverkehr als Einheit mit der damit verbundenen Möglichkeit von Gesamthands-
109 F1ume, § 16 IV; Ulmer, § 705 Rz. 217ff.; AK-BGB/Teubner, §§ 714, 715 Rz. 4; Reinhardt, (1973) Rz. 86; Siegmund/van Venrooy, Rz.I28; Soergel/Hadding, § 718 Rz. 23; Hüffer, ZHR 151 (1987), 398f.; ders., GesR, § 12 1 c; G. Roth, § 8 6 b; ders., ZHR 155 (1991),42. 110 Siehe hierzu oben B.IV.4. 111 MüKolReuter, § 31 Rz. 11, PalandtIHeinrichs, § 31 Rz.3 und Palandt/Thomas, § 714 Rz. 5, die allerdings eher der individualistischen Lehre zuneigen. 112 Medicus, SBT, § 110 IV 3; ders., BR, Rz. 795; ähnlich: Kübler, § 6 III 4 d (anders noch die Vorauflage). 113 Beuthien, DB 1975, 729f.; Eisenhardt, § 4 VI 2 a.E.; Esser, § 95 V 1; Hueck, GesR, § 9 IV 3 b, Larenz, SBT, § 60 IV. 16 Göcke1er
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schulden angeführt114• Die für eine Analogie erforderliche Ähnlichkeit der zu regelnden Sachverhalte11S sei zu bejahen: die hinter § 31 BGB stehende Wertung, daß eine Körperschaft durch die Vertretung Vorteile ziehen kann und entsprechend auch die Nachteile zu tragen habe, träfe auch auf die GbR zu. So wie sich die Vorteile der Geschäftsführung im Gesellschaftsvermögen niederschlügen, müsse dieses Sondervermögen auch für den Ausgleich der Nachteile offenstehen, die Dritten im Zusammenhang mit der Bildung und Verwaltung dieses Sondervermö1ens durch die zur Geschäftsführung berufenen Personen zugefügt werden11 • dd) Stellungnahme
Nachfolgend soll analysiert werden, ob die analoge Anwendung des § 31 BGB auf die GbR, für die in der Tat gute Gründe sprechen, die Anerkennung der GbR als teilrechtsfähig unumgänglich voraussetzt, oder ob ein solcher Analogieschluß ebenso auf der Grundlage der Verbundenheitslehre vertreten werden kann. Ob eine Norm auf einen anderen, von ihr ausdrücklich nicht erfaßten Sachverhalt analog angewendet werden kann, richtet sich nach dem Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke und der Ähnlichkeit des der Norm zugrundeliegenden und des zu regelnden Sachverhaltes117• Ob eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, mag für die vorliegende Untersuchung dahinstehen, denn diese Frage stellt sich für die Teilrechtsfähigkeitslehre in gleichem Maße wie für die Verbundenheitslehre. Dies zu entscheiden, bedürfte einer näheren Untersuchung, insbesondere anhand der Gesetzesmaterialien 118• Fraglich ist allein, ob nur die als teilrechtsfähig anerkannte GbR einen dem § 31 BGB zugrundeliegenden vergleichbaren Sachverhalt liefert. Von den Vertretern der Verbundenheitslehre wird dies bestritten 119• Zwei Sachverhalte, die ähnlich sind, stimmen in einigen Punkten überein, in anderen wiederum nicht (andernfalls wären sie identisch). Ähnlich im Sinne der Voraussetzung einer Analogie sind sie dann, wenn sie in den für die rechtliche Bewertung maßgebenden Hinsichten übereinstimmen l20• Demnach wäre die Teilrechtsfähigkeit der GbR dann notwendige Voraussetzung, wenn gerade sie eine im Hinblick auf die Haftungszurechnung für die rechtliche Bewertung maßgebliche Hinsicht ist. § 31 BGB stützt seine Regelung aber nicht entscheidend auf das Kriterium der Rechtsfähigkeit des Vereins, sondern vielmehr auf den Beuthien, DB 1975, 729. Vgl. hierzu: Larenz, Methodenlehre, S. 381. 116 Beuthien, DB 1975, 729f. 117 Larenz, Methodenlehre, S. 381. 118 Vgl. Motive I, S. 102f. zu EI § 46, dem späteren § 31 BGB. 119 Hueck, GesR, § 9 IV 3 b; Larenz, SBT, § 60 IV. 120 Larenz, Methodenlehre, S. 381. 114
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Gleichlauf von aus der Geschäftsführung gezogenen Vorteilen und den aus ihr entstandenen Nachteilenl21• Dieser Gleichlauf ist bei einer GbR jedoch unabhängig von der zugrundegelegten dogmatischen Ausgangsposition festzustellen. Die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR kann damit nicht notwendige Voraussetzung für die Zulässigkeit des Analogieschlusses sein. Somit ist auch aus diesem Aspekt heraus nicht die Anerkennung der GbR als teilsrechtsfähige Wirkungseinheit zwingend geboten. 3. Zusammenfassung
a) Ablehnung der Teilrechtsfähigkeitslehre
aa) Widerspruch zum Prozeßrecht Ausgangspunkt der vorstehenden - notwendig gestrafften - Untersuchung materiell-rechtlicher Einzelprobleme war die aus dem Prozeßrecht gewonnene Erkenntnis, daß die Parteifähigkeit der GbR mit geltendem Recht nicht zu vereinbaren ist. Die Gesellschafter selbst treten als Parteien des Zivilprozesses auf; diese ParteisteIlung der Gesellschafter ist aber mit dem materiell-rechtlichen Modell der GbR als teilrechtsfähiger Wirkungseinheit nicht zu vereinbaren. Im Rahmen der Untersuchung hat sich aber gezeigt, daß materiell-rechtlich die· Verbundenheitslehre dogmatisch mit befriedigenden Ergebnissen vertreten werden kann. Läßt sich nun aber mit dem Prozeßrecht ausschließlich die Verbundenheitslehre und nicht die Teilrechtsfähigkeitslehre vereinbaren, so ist ihr als Grundmodell des materiell-rechtlichen Verständnisses der GbR der Vorzug zu geben. Oder mit anderen Worten: Die Teilrechtsfähigkeitslehre, mag sie auch materiell-rechtlich vertretbar sein und zu befriedigenden Ergebnissen bei der Lösung von Einzelproblemen führen, ist nach geltendem Recht nicht vertretbar, weil es an einer prozessualen Entsprechung fehlt. Im Ergebnis ist daher mit §§ 736, 50 11 ZPO als Normen mit materiell-rechtlich strukt~rbestimmendem Regelungsgehalt ein Einfluß des Prozeßrechts auf das materielle Recht festgestellt worden.
bb) Weitere Bedenken gegen die Teilrechts[ähigkeitslehre Obwohl nicht unmittelbarer Untersuchungsgegenstand, seien im folgenden kurz weitere, sich allein aus dem materiellen Recht ergebende Bedenken gegen die Teilrechtsfähigkeitslehre angeführe22• Zwar wird von der Teilrechtsfähigkeitslehre der Wortlaut des § 718 I BGB als dogmatischer Ansatzpunkt für die
121 122
Beuthien, DB 1975, 729f.; ähnlich Larenz, SBT, § 60 IV. Vgl. hienu auch Selb, § 10 11 2.
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Entwicklung der GbR zu einer teilrechtsfähigen Wirkungseinheit angegeben l23, doch ist sehr zweifelhaft, ob diese Norm einen Ansatzpunkt für die Ausformung einer Lehre darstellen kann, die im Gesetz, anders als die Personenhandelsgesellschaften in § 124 HGB, keine weitere Stütze finden kann. Dabei kann nicht auf die Tatsache, daß die Gesetzgebungskommission nicht zur umstrittenen materiell-rechtlichen Qualifizierung Stellung nehmen wollte l24, verwiesen werden l2S ; denn Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Gesetzestext und nicht die Auffassung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen. Die Teilrechtsfähigkeitslehre sieht sich zudem der Schwierigkeit ausgesetzt, nicht alle tatsächlich existierenden Erscheinungsformen der GbR in ihren materiell-rechtlichen Grundlagen gleich qualiftzieren zu können. Dies widerspricht aber der in §§ 705ff. BGB zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Regelungsabsicht, alle GbR-Typen systematisch gleich zu behandeln. Dieses Argument war bereits bei der Ablehnung der Parteifähigkeit der GbR beachtet worden. Ob der Gesetzgeber sich angesichts der unterschiedlichsten Erscheinungsformen· allerdings nicht zu einer Reform entschließen sollte l26, muß dahinstehen, vieles spricht dafür. Schließlich ist darauf zu verweisen, daß die Teilrechtsfähigkeitslehre zur Lösung von Einzelproblemen häufig auf die Selbständigkeit der GbR gegenüber ihren Mitgliedern verweist127, auf der anderen Seite aber bei Abgrenzung zur juristischen Person dagegen die Berücksichtigung der Gesellschafter hervorhebt. Es fällt gedanklich schwer, neben natürlicher und juristischer Person eine dritte Kategorie einführen zu wollen. Daher resultieren die Abgrenzungsschwierigkeiten. Die Teilrechtsfähigkeitslehre führt im Ergebnis eher zur Verwischung der Grenzen. b) Exkurs: Lösungsmöglichkeiten bei Qualifizierung der GbR als notwendig teilrechtsfähig Vertreter der Teilrechtsfähigkeitslehre, die ihre Auffassung als zwingend und allein richtig erachten, ziehen hieraus den Schluß, daß die GbR auch parteifähig sein muß, um Rechtsträgerschaft und Prozeßführungsbefugnis in Einklang zu bringen l28• Der methodische Weg hierzu soll die gesetzesüberstei-
VgJ. K. Schmidt, GesR, S. 1436f., SoergeI/Hadding, § 718 Rz. 1. Protokolle 11, S. 430; siehe auch oben B.I.4. 125 So aber K. Schmidt, GesR, S. 1436f. und SoergeI/Hadding, § 718 Rz. 1. 126 VgJ. zu den Ansätzen: K. Schmidt, Gutachten, S.415ff. 127 VgJ. hinsichtlich der Verfügungsbefugnis z.B. Hüffer, GesR, § 7 2; ders., ZHR 151 (1987), 397f.; zur Frage der Weiterhaftung des Gesellschaftsvermögens bei Gesellschaftemeueintritt siehe oben F.I.2.b). 128 Insbesondere Hüffer, (FS Stimpel) 1985, S. 176ff. 123
124
11. Zusammenfassung und Endergebnis
249
gende Rechtsfortbildung seinl29• Es ist allerdings falsch, so überzeugend die Argumentation erscheint, diesen Weg als den einzig richtigen darzustellen. Zwar ist es wegen fehlender Übereinstimmung von Prozeßführungsbefugnis und Rechtsträgerschaft nicht möglich, die Parteistellung der Gesellschafter nach geltendem Recht in Einklang mit der Teilrechtsfähigkeitslehre zu vertreten. Doch ist es denkbar, diese Kluft nicht durch Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR, sondern durch Anerkennung einer Prozeßstandschaft aller Gesellschafter für die GbR zu überwinden l3O • Da auch eine solche Prozeßstandschaft nur im Wege der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung zu begründen ise31, bedarf es keiner näheren Erörterung des rechtlichen Interesses oder der Ermächtigung. Dieser Weg stellte gegenüber der Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR den dogmatisch weniger tiefgreifenden Eingriff in das Prozeßrecht und zudem im Hinblick auf §§ 736,5011 ZPO den gesetzestreueren dar. Erachtete man die Teilrechtsfähigkeitslehre entgegen den Wertungen des Prozeßrechts als einzig mögliche Qualifizierung der Rechtsnatur der GbR, so führte dies im Prozeßrecht nicht zum Verlust der ParteisteIlung der Gesellschafter. Vielmehr wären diese als (gesetzliche) Prozeßstandschafter der GbR, begründet in gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung, anzusehen.
11. Zusammenfassung und Endergebnis 1. Die Gesellschafter einer GbR sind Parteien sowohl des Gesamthands(schuld)prozesses als auch des Gesamtschuldprozesses. Beide Prozesse sind wegen der Anerkennung von Gesamthandsschulden zu trennen. Im Gesamtschuldprozeß sind die Gesellschafter in einfacher, im Gesamthands(schuld)prozeß in notwendiger Streitgenossenschaft aus dem materiellrechtlichen Grund der gemeinschaftlichen Verfügungsbefugnis verbunden (siehe oben C.L).
2. Die Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR scheitert sowohl an den gesetzlichen Regelungen der §§ 5011,736 ZPO als auch an einem erkennbaren rechtlichen Bedürfnis (siehe oben C.III.-V.). 3. Für die wesentlichen Fragen des Gesamthands(schuld)prozesses ergibt sich folgendes Bild (siehe im einzelnen oben D.I.-XVI.):
129 Zur Darstellung und Unvereinbarkeit dieser Auffassung mit geltendem Prozeßrecht vgI. oben c.v. 130 So ließe sich die Auffassung von Ulmer, § 718 Rz. 45f. begründen. 131 Siehe hierzu bereits oben D.VII.2.b)aa),bb),4.
250
F. Entscheidung über die materiell-rechtliche Struktur
a) Die Verwendung eines Gesamtnamens der GbR zur Parteibezeichnung ist unzulässig, alle Gesellschafter müssen klagen und verklagt werden (0.1.). Der Gerichtsstand wird nach den allgemeinen Gerichtsständen der Gesellschafter bestimmt, bei Divergenzen notfalls durch das nächsthöhere Gericht, § 36 I Nr. 3 ZPO (0.11.). Die Zustellung hat grundsätzlich an jeden Gesellschafter zu erfolgen, möglich ist auch die Zustellung an einen geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschafter, § 173 ZPO. Die Ersatzzustellung nach § 181 ZPO ist mit Wirkung für und gegen den jeweiligen Gesellschafter möglich, grundsätzlich möglich ist auch die Ersatzzustellung nach § 183 I ZPO (D.III.). b) Liegt ein Ausschluß- oder Ablehnungsgrund hinsichtlich nur eines Gesellschafters vor, so ist der Richter von der Mitwirkung am Gesamthands(schuld)prozeß ausgeschlossen (D.IV.). Für die Prozeßkosten haften die Gesellschafter sowohl in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit mit dem Gesellschaftsvermögen als auch gesamtschuldnerisch mit ihren PrivatVermögen nach § 100 I ZPO. Die Gewährung von Prozeßkostenhilfe richtet sich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen eines jeden Gesellschafters, wobei das gemeinschaftliche Gesamthandsvermögen zu berücksichtigen ist (0. V.). c) Grundsätzlich führt jeder Gesellschafter den Prozeß selbst, eine einheit1iche Vertretung durch den/die vertretungsberechtigten Gesellschafter ist möglich und regelmäßig gegeben (D.VI.). d) Die Prozeßführungsbefugnis steht den Gesellschaftern entsprechend ihrer gesamthänderischen Verfügungsbefugnis gemeinschaftlich in ihrer Verbundenheit zu. An diesem Punkt zeigt sich die Unvereinbarkeit von TeiIrechtsfähigkeitslehre und Streitgenossenschaftslösung am deutlichsten; eine Prozeßstandschaft der Gesellschafter für die GbR ist nach geltendem Recht nicht zu begründen (D.VII.). e) Prozeßhandlungen mit verfügender oder verfügungsgleicher Wirkung können nur gemeinschaftlich von allen Gesellschaftern vorgenommen werden, alle anderen dagegen können wirksam von jedem einzelnen Gesellschafter vorgenommen werden. Zu diesen Prozeßhandlungen gehören auch die K1agrücknahme, die Klagänderung und die Erledigungserklärung. Widersprüchliche Prozeßhandlungen sind im Wege der freien Beweiswürdigung zu berücksichtigen (D.VIII.).
t) Alle Gesellschafter sind nur als Partei zu vernehmen, ein ausgeschiedener Gesellschafter kann dagegen als Zeuge vernommen werden. Nebenintervention und Streitverkündung eines Gesellschafters sind unzulässig (D.IX.). g) Die Säumnissituation ist nach § 62 11 ZPO zu beurteilen, dabei vertritt auch ein nichtvertretungsberechtigter Gesellschafter die übrigen. Säumnis ist
11. Zusammenfassung und Endergebnis
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auch dann gegeben, wenn die (vertretungsberechtigten) Gesellschafter widersprüchliche Anträge stellen (D.X.). h) Der Gesamthands(schuld)prozeß hat einen anderen Streitgegenstand als der Gesamtschuldprozeß. Rechtshängigkeit oder Rechtskraft des einen Prozesses stehen dem anderen Prozeß nicht entgegen. Welche Klage erhoben ist, ist im Wege der Auslegung zu klären. Der Übergang von der einen Klage zur anderen stellt eine nach § 263 ZPO zu behandelnde Klagänderung dar (D.xI.). i) Die actio pro socio ist anzuerkennen. Notgeschäftsführung und Durchsetzung von Ansprüchen zwischen GbR und Gesellschaftern innerhalb und außer halb des Gesellschaftsverhältnisses sind prozessual mit der Streitgenossenschaftslösung zu verwirklichen (D.xll., XIII.).
j) Das ersatzlose Ausscheiden eines Gesellschafters ist ebenso wie der Neueintritt eines Gesellschafters nach § 265 11 ZPO zu behandeln. Erfolgt eine solche Veränderung nach Urteilserlaß, ist der Titel nach § 727 ZPO umzuschreiben (D.xIV.). k) Die Behandlung der formwechselnden Umwandlung hängt von der prozessualen Einordnung der Personenhandelsgesellschaften ab. Erachtet man auch dort die Gesellschafter als Parteien, so vollzieht sich die Umwandlung problemlos. Sieht man dagegen die OHG/KG selbst als Partei an, bewirkt die Umwandlung einen gesetzlichen Parteiwechsel. Die Anerkennung einer Scheinhandelsgesellschaft als parteifähig ist in Grenzen möglich, nämlich dann, wenn sich die Gesellschaft auch im Prozeß als Handelsgesellschaft geriert. Die Beendigung der GbR im Prozeß (nach durchgeführter oder ohne Liquidation) ist prozessual mit der Streitgenossenschaftslösung angemessen zu verwirklichen (D.xV.). 4. § 736 ZPO ist nur bei der Vollstreckung von Gesamthandsschulden, nicht aber bei Gesamtschulden aller Gesellschafter, mögen sie auch Bezug zur Gesellschaftstätigkeit haben, anzuwenden (siehe oben E.II.). 5. Wegen der besonderen Haftungssituation der GbR ist die Zulässigkeit eines Sonderkonkurses trotz fehlender gesetzlicher Regelung anzuerkennen. Die fehlende Parteifähigkeit steht dem nicht entgegen. Die beabsichtigte Insolvenzrechtsreform beinhaltet nicht die gesetzliche Anerkennung von Gesamthandsschulden oder gar die der (passiven) Parteifähigkeit der GbR (siehe oben E.III., IV.). 6. Die Verbundenheitslehre ist materiell-rechtlich vertretbar. Ihr ist gegenüber der Teilrechtsfähigkeitslehre deshalb der Vorzug zu geben, weil sie die gesamthänderische Rechts- und Verpflichtungsträgerschaft der Gesellschafter der in §§ 50 11, 736 ZPO festgelegten ParteisteIlung der Gesellschafter als notwendige Streitgenossen anpaßt. Sie allein verwirklicht die im Prozeßrecht angelegten materiell-rechtlichen Strukturen der GbR (siehe oben F.I.).
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