Die Rolle des Europäischen Beihilferechts im globalen Standortwettbewerb [1 ed.] 9783428557776, 9783428157778

Die Globalisierung der Wirtschaft hat zu einem verstärkten Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen geführt. Vermehr

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German Pages 318 [319] Year 2019

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Die Rolle des Europäischen Beihilferechts im globalen Standortwettbewerb [1 ed.]
 9783428557776, 9783428157778

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Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Band 76

Die Rolle des Europäischen Beihilferechts im globalen Standortwettbewerb

Von

Lena Goller

Duncker & Humblot · Berlin

LENA GOLLER

Die Rolle des Europäischen Beihilferechts im globalen Standortwettbewerb

Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Begründet von Professor Dr. Wolfgang Blomeyer † und Professor Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Band 76

Die Rolle des Europäischen Beihilferechts im globalen Standortwettbewerb

Von

Lena Goller

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat diese Arbeit im Wintersemester 2018/2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2019 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 0947-2452 ISBN 978-3-428-15777-8 (Print) ISBN 978-3-428-55777-6 (E-Book) ISBN 978-3-428-85777-7 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2018/2019 von der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung wurde das Manuskript überarbeitet und die zitierte Literatur auf den Stand von April 2019 gebracht. An erster Stelle möchte ich mich ganz besonders bei meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Kyrill-Alexander Schwarz, für die Betreuung meiner Dissertation bedanken. Sein Zuspruch und seine allzeitige Hilfsbereitschaft haben maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Vor allem möchte ich mich für die Unterstützung bei der Organisation meines Forschungsaufenthaltes an der Suffolk University Law School in Boston bedanken. Mein besonderer Dank gilt auch Herrn Professor Dr. Markus Ludwigs für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Für die ideelle und finanzielle Förderung während meines Studiums und der Promotion danke ich der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Diese Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Herrn Professor Dr. Christoph Teichmann. Ihm möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich für die uneingeschränkte Unterstützung danken. Die Zeit am Lehrstuhl war für mich nicht nur in fachlicher, sondern auch in persönlicher Hinsicht eine große Bereicherung, an die ich stets besonders gerne zurückdenke. Besonderer Dank gilt auch Frau Ulrike Hennig und allen Lehrstuhlkollegen für die tolle Zusammenarbeit und die vielen gemeinsamen Stunden. Von ganzem Herzen danke ich all meinen Freunden für die Unterstützung während meines Studiums und der Promotion. Anne Sachse danke ich für die finale Durchsicht meiner Arbeit und die wertvollen Hinweise. Ganz besonderer Dank gilt all meinen Studienfreunden, die mich zum Teil seit dem ersten Semester begleiten und mit denen ich unzählige unvergessliche Momente teilen durfte. Mein größter Dank gilt von ganzem Herzen meiner Familie. Meinem Ehemann danke ich für sein großes Vertrauen in mich, seinen unermüdlichen Rückhalt und die Geduld während des Studiums und der Erstellung dieser Arbeit. Meinen Geschwistern danke ich für ihre uneingeschränkte Unterstützung und die vielen tollen gemeinsamen Stunden. In tiefster Dankbarkeit widme ich diese Arbeit meinen Eltern, auf deren starken Rückhalt ich stets vertrauen kann und die mir in allen Lebenslagen mit ehrlichem Rat zur Seite stehen. Ich danke euch für eure liebevolle Unterstützung und eure unermüdliche Energie. Hannover, im August 2019

Lena Goller

Inhaltsübersicht Kapitel 1 Einführung

25

A. Einführung in die Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 I. Subventionswettlauf im internationalen Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . 25 II. Internationale Subventionskontrollsysteme im Ansiedlungswettbewerb . . . . . . . 27 B. Ziele und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Terminologie: Beihilfe vs. Subvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Kapitel 2 Internationale Subventionskontrollsysteme

31

A. Subventionsrecht der Welthandelsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung und Ziele des Subventionsrechts der WTO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt des WTO-Subventionsübereinkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zuständigkeiten nach dem WTO-Subventionsübereinkommen . . . . . . . . . . . . . . IV. Verfahren nach dem WTO-Subventionsübereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Sonstige subventionsrechtliche Regelungen im Recht der WTO . . . . . . . . . . . . . VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 35 40 41 53 57

B. Beihilferecht der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Entwicklung und Ziele des Europäischen Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt des Europäischen Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zuständigkeiten im Europäischen Beihilferecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verfahren im Europäischen Beihilferecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 58 62 106 107 126

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Beihilferecht im Europäischen Wirtschaftsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Subventionsrecht in neueren Freihandelsabkommen der EU . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

127 128 132 145

D. Schlussfolgerungen – Internationale Subventionskontrollsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . I. WTO-Subventionsrecht und EU-Beihilferecht als prägende internationale Subventionskontrollsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zwischen dem WTO-Subventionsrecht und dem EU-Beihilferecht . . III. Wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem WTO-Subventionsrecht und dem EU-Beihilferecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis – Strenge des Europäischen Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

145 145 146 152 172

10

Inhaltsübersicht Kapitel 3 Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

174

A. Normierte Subventionskontrolle in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 I. Keine bundesrechtlich normierte Subventionskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 II. Subventionskontrolle zwischen den Einzelstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause . I. Die Dormant Commerce Clause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis – Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

181 181 187 212

C. Schlussfolgerungen – Nationale Subventionskontrolle innerhalb der USA . . . . . . . . . 213 Kapitel 4 Ansiedlungsprämien als Standortfaktor im globalen Standortwettbewerb A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriff des Standortwettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Standortfaktoren – Die Determinanten bei der Standortwahl . . . . . . . . . . . . . . . III. Regional vs. Global – Die Globalisierung des Standortwettbewerbs . . . . . . . . .

216 216 216 219 240

B. Ansiedlungsprämie als Standortfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 I. Systematisierung staatlicher Fördermittel im Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . 245 II. Staatliche Fördermittel als Determinante bei der Standortwahl . . . . . . . . . . . . . . 247 C. Schlussfolgerungen – Bedeutungsgewinn der staatlichen Förderung im Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Kapitel 5 Kontrolle von Ansiedlungsprämien im internationalen Subventionsrecht

254

A. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Subventionsrecht der WTO . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendungsbereich auf Waren beschränkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Spezifische Subvention i.S.d. Art. 1 und 2 SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Subventionskategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ex-post-Kontrolle gewährter Ansiedlungsprämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

255 255 255 259 264 264

B. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Beihilferecht der Europäischen Union . . . . . . I. Ansiedlungsprämie als verbotene Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . II. Ansiedlungsprämien im Geltungsbereich der Legal- und Ermessensausnahmen i.S.d. Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verfahrensrechtliche Überprüfung von Ansiedlungsprämien . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vollständige Rückforderung rechtswidrig gewährter Ansiedlungsprämien . . . . . V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

265 265 268 277 278 278

Inhaltsübersicht C. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im nationalen Subventionsrecht der USA . . . . . . I. Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 279 279 280 280

D. Schlussfolgerungen – Das Europäische Beihilferecht als Hindernis bei der Vergabe von Ansiedlungsprämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Kapitel 6 Ergebnisse und Perspektiven des internationalen Subventionsrechts im globalen Standortwettbewerb A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Stellung des Europäischen Beihilferechts im internationalen Gefüge der Subventionskontrollsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rolle von Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . . III. Regulierung von Ansiedlungsprämien durch die weltweit bestehenden Subventionskontrollsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Perspektiven des internationalen Subventionsrechts mit Blick auf den globalen Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mögliche Reformschritte auf Ebene des Subventionsrechts der WTO . . . . . . . . II. Mögliche Reformschritte auf Ebene des Subventionsrechts in Freihandelsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Mögliche Reformschritte auf Ebene des Europäischen Beihilferechts . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

282 282 282 283 284 285 286 288 291 298

C. Schlussfolgerungen – Die Rolle des Europäischen Beihilferechts im globalen Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einführung

25

A. Einführung in die Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 I. Subventionswettlauf im internationalen Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 II. Internationale Subventionskontrollsysteme im Ansiedlungswettbewerb . . . . . . . . 27 B. Ziele und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Terminologie: Beihilfe vs. Subvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Kapitel 2 Internationale Subventionskontrollsysteme

31

A. Subventionsrecht der Welthandelsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 I. Entwicklung und Ziele des Subventionsrechts der WTO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 II. Inhalt des WTO-Subventionsübereinkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Allgemeine Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 a) Begriff der Subvention, Art. 1 SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 aa) Finanzielle Zuwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 bb) Vorteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 b) Das Merkmal der Spezifität, Art. 2 SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2. Subventionskategorien – das Ampelsystem des SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 a) Verbotene Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Anfechtbare Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 III. Zuständigkeiten nach dem WTO-Subventionsübereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . 40 IV. Verfahren nach dem WTO-Subventionsübereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. Verhältnis zwischen den Verfahrensarten des SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Ausgleichsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 a) Materielle Voraussetzungen der Ausgleichszollerhebung . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Verfahrensvoraussetzungen der Ausgleichszollerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . 44 aa) Vorprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 bb) Untersuchungsverfahren und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 cc) „Reviews“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

14

Inhaltsverzeichnis 3. Abhilfemaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 a) Konsultationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Panelverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 c) Verfahren vor dem Appellate Body . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 V. Sonstige subventionsrechtliche Regelungen im Recht der WTO . . . . . . . . . . . . . . 53 1. Inhalt des Art. XVI GATT 1947 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2. Gegenmaßnahmen gemäß Art. VI und XXII, XXIII GATT 1947 . . . . . . . . . . . 54 3. Verhältnis der subventionsrechtlichen Vorschriften des GATT 1947 zum SCM 55 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

B. Beihilferecht der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 I. Entwicklung und Ziele des Europäischen Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 II. Inhalt des Europäischen Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 1. Rechtsgrundlagen und Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2. Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 a) Gewährung einer Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 aa) Direkte Feststellung der Marktkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 bb) Feststellung der Marktkonformität anhand anderer Methoden . . . . . . . . 67 b) Staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . 68 aa) Finanzierung der Maßnahme aus staatlichen Mitteln . . . . . . . . . . . . . . . 69 bb) Zurechenbarkeit der Maßnahme an den Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 c) Unternehmen oder Produktionszweige als Beihilfeempfänger . . . . . . . . . . . 71 d) Selektivität der Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 e) Potentielle Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel innerhalb der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 aa) Drohende Wettbewerbsverfälschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 bb) Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten . . . . . . . . . 76 cc) Spürbarkeitsschwelle und De-minimis-Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 (1) Vereinbarkeit der De-minimis-Verordnung mit dem Primärrecht . . . 78 (2) Inhalt der De-minimis-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3. Ausnahmen vom Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . . . 81 a) Legalausnahmen, Art. 107 Abs. 2 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Genehmigungsverpflichtung der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 bb) Tatbestände des Art. 107 Abs. 2 AEUV im Überblick . . . . . . . . . . . . . . 83 b) Ermessensausnahmen, Art. 107 Abs. 3 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 aa) Entscheidungsspielraum der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 bb) „Soft-Law“ – Selbstbindung der Europäischen Kommission . . . . . . . . . 85 cc) Einzelne Tatbestände des Art. 107 Abs. 3 AEUV im Überblick . . . . . . . 87 (1) Art. 107 Abs. 3 lit. a und c AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (a) Leitlinien für Regionalbeihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Inhaltsverzeichnis

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(b) Regionalbeihilfen in der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 (2) Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (a) Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse, Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 (b) Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats, Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 2 AEUV . . . . . . 96 (3) Art. 107 Abs. 3 lit. e AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 c) Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Entwicklung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung . . . . . . 99 bb) Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 cc) Voraussetzungen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung . . . 101 dd) Ex-post-Kontrolle der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung 103 (1) Befugnisse der Europäischen Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (2) Private Enforcement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 III. Zuständigkeiten im Europäischen Beihilferecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 IV. Verfahren im Europäischen Beihilferecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Verfahren bei der Anmeldung neuer Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 a) Notifizierungspflicht und Durchführungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 b) Vorläufiges Prüfverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 c) Förmliches Prüfverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 aa) Ablauf des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Fortlaufende Überprüfung im sog. Kooperationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Vorschlag zweckdienlicher Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 c) Rechtsfolgen – Verpflichtung zur Durchführung der zweckdienlichen Maßnahmen oder Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . 116 3. Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Vorläufiges Prüfverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Förmliches Prüfverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 aa) Ablauf des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 bb) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (1) Negativentscheidung – Grundsatz: Rückforderung der gewährten Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (2) Negativentscheidung – Ausnahmen von der Rückforderungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 c) Besonderheiten des Verfahrens bei rechtswidrigen Beihilfen . . . . . . . . . . . . 122 aa) Erlass einstweiliger Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 bb) Keine verbindlichen Fristen im Bereich der rechtswidrigen Beihilfen

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V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

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Inhaltsverzeichnis

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 I. Beihilferecht im Europäischen Wirtschaftsraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Entwicklung und Ziele des Beihilferechts im EWR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2. Inhalt des Beihilferechts im EWR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 3. Zuständigkeiten im Beihilferecht des EWR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 4. Verfahren im Beihilferecht des EWR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 II. Subventionsrecht in neueren Freihandelsabkommen der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1. Subventionsrecht im Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Republik Korea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 a) Zwei weitere Kategorien der verbotenen Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Umfassende Transparenzbestimmungen über die Subventionsgewährung 134 c) Streitbeilegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 d) Ziel der Erweiterung auf den Bereich der Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . 135 2. Subventionsrecht im Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur 136 a) Anwendungsbereich erstreckt sich auch auf Dienstleistungen . . . . . . . . . . . 137 b) Sonstige Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 c) Zweijährige Notifizierung gewährter Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 3. Subventionsrecht im Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada . . . 138 a) Mangelnde Regelungswirkung für Subventionen i.S.d. Art. 1 und 2 SCM 140 b) Geringfügige Weiterentwicklung im Bereich der Dienstleistungen . . . . . . . 141 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4. Verhandlungsposition der EU im Transatlantischen Freihandelsabkommen . . . 142 a) EU-Vorschlag für das Subventionskapitel im TTIP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 aa) Verhandlungstext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 bb) Weitere mögliche Verhandlungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 D. Schlussfolgerungen – Internationale Subventionskontrollsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . 145 I. WTO-Subventionsrecht und EU-Beihilferecht als prägende internationale Subventionskontrollsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 II. Verhältnis zwischen dem WTO-Subventionsrecht und dem EU-Beihilferecht . . . 146 1. Stellung des WTO-Rechts innerhalb der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 a) Grundsatz: Keine unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts innerhalb der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 b) Ausnahmen: Die Fediol- und Nakajima-Rechtsprechung des EuGH . . . . . . 147 c) WTO-konforme Auslegung des Sekundärrechts der EU . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Stellung des WTO-Subventionsrechts innerhalb der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Beihilferechtliche Betrachtung der Fediol- und Nakajima-Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

Inhaltsverzeichnis

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b) WTO-konforme Auslegung des Beihilferechts der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 III. Wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem WTO-Subventionsrecht und dem EU-Beihilferecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 3. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Verbotstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 aa) Gewährung einer Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 bb) Staatlich oder aus staatlichen Mitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 cc) Unternehmen oder Produktionszweige als Beihilfeempfänger . . . . . . . . 159 dd) Selektivität der Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 (1) Art. 2.1 lit. b SCM – Beihilfegewährung anhand objektiver Kriterien 161 (2) Art. 2.2 SCM – Regionale Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 ee) Potentielle Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel . . . . . . 163 b) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 4. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 5. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 a) Notifizierungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Einleitung eines Prüfverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 IV. Ergebnis – Strenge des Europäischen Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

Kapitel 3 Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

174

A. Normierte Subventionskontrolle in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 I. Keine bundesrechtlich normierte Subventionskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 II. Subventionskontrolle zwischen den Einzelstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause 181 I. Die Dormant Commerce Clause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Die negative Dimension der Commerce Clause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Inhalt der Dormant Commerce Clause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 3. Ausnahme – Der Staat als Marktteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

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Inhaltsverzeichnis II. Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Subventionskontrolle von tax incentives . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 a) Zusammenschau der ergangenen Rechtsprechung des US-Supreme Courts im Hinblick auf Steuersubventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Boston Stock Exchange v. State Tax Commission . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 bb) Westinghouse Electric Corporation v. Tully . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 cc) Bacchus Imports, Ltd. v. Dias . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 dd) New Energy Co. v. Limbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 ee) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 b) Erfolgte wissenschaftliche Bewertung der Rechtsprechung des US-Supreme Courts im Hinblick auf Steuersubventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 aa) Hellerstein/Coenen – „In-State Favoritism/State-Coercion Rationale Test“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 bb) Enrich – „Antidiscrimination Principle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 aa) Keine grundsätzliche Verfassungswidrigkeit von Steuersubventionen 194 bb) Bewertung der entwickelten Theorien im Lichte des CUNO-Cases . . . . 195 (1) DaimlerChrysler Corp v. Cuno . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (2) United States Court of Appeal wendet den „In-State Favoritism/ State-Coercion Rationale Test“ der Professoren Coenen und Hellerstein an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 (3) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. Subventionskontrolle von direkten Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 a) Zusammenschau der ergangenen Rechtsprechung des US-Supreme Courts im Hinblick auf direkte Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 aa) New Energy Co. v. Limbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 bb) West Lynn Creamery, Inc. v. Healy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (1) Entscheidung des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 (2) Dissenting Opinion der Richter Rehnquist und Blackmun . . . . . . . . 202 (3) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 b) Wissenschaftlicher Meinungsstand zur Vereinbarkeit von direkten Subventionen mit der Dormant Commerce Clause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 aa) Direkte Subventionen vereinbar mit der Dormant Commerce Clause . . 204 (1) Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen – Herleitung aus der Rechtsprechung des US-Supreme Courts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (2) Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen – Herleitung aus der Market-Participant-Exception . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (3) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Inhaltsverzeichnis

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bb) Strikte Trennung zwischen direkten Subventionen und Steuersubventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 (1) Rechtfertigung der strikten Trennung aufgrund von wesentlichen Unterscheidungsmerkmalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 (2) Keine Rechtfertigung der strikten Trennung zwischen direkten Subventionen und Steuersubventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 (3) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 aa) Keine grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen . . . . 209 bb) Verfassungsrechtliche Einzelfallbetrachtung im Bereich der direkten Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 III. Ergebnis – Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 C. Schlussfolgerungen – Nationale Subventionskontrolle innerhalb der USA . . . . . . . . . 213

Kapitel 4 Ansiedlungsprämien als Standortfaktor im globalen Standortwettbewerb

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A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 I. Begriff des Standortwettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Abgrenzung des Standortwettbewerbs zum Systemwettbewerb . . . . . . . . . . . . . 217 II. Standortfaktoren – Die Determinanten bei der Standortwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 1. Begriff der Standortfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Systematisierung der Standortfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 a) Harte und Weiche Standortfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 aa) Harte Standortfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 bb) Weiche Standortfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Systematisierung anhand von Einzelindikatoren und Obergruppen . . . . . . . 223 3. Relevanz der einzelnen Standortfaktoren bei der Standortwahl . . . . . . . . . . . . . 225 a) Ernst & Young . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 aa) Deutsche Großstädte: Zufriedenheit der Unternehmen mit ihrem Standort, 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (1) Key-Facts der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (2) Ranking der Standortfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

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Inhaltsverzeichnis bb) Ernst & Young attractiveness survey – Standort Deutschland 2014: Vorne bleiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (1) Key-Facts der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (2) Ranking der Standortfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 b) Ifo Institut für Wirtschaftsforschung – Die neuen Bundesländer im internationalen Standortvergleich, 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 aa) Key-Facts der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 bb) Ranking der Standortfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 c) Institut der deutschen Wirtschaft – Messung der industriellen Standortqualität in Deutschland, 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 aa) Key-Facts der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 bb) Ranking der Standortfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 (1) Unterschiede Industrie- und Dienstleistungsunternehmen . . . . . . . . 235 (2) Unterschiede kleine, mittlere und große Unternehmen . . . . . . . . . . . 235 (3) Unterschiede Auslands- und Inlandsinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . 237 d) Fazit – Relevanz der Standortfaktoren bei der Standortwahl . . . . . . . . . . . . . 238 III. Regional vs. Global – Die Globalisierung des Standortwettbewerbs . . . . . . . . . . . 240 1. Intensivierung des weltweiten Standortwettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 a) Verstärkte Mobilität der mobilen Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 b) Größere Anzahl an potentiellen Standorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 c) Abbau regionaler Bindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 d) Wettbewerbsdruck für immobile Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 2. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244

B. Ansiedlungsprämie als Standortfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 I. Systematisierung staatlicher Fördermittel im Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . . . 245 1. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 2. Der Begriff der Ansiedlungsprämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 II. Staatliche Fördermittel als Determinante bei der Standortwahl . . . . . . . . . . . . . . . 247 1. „Subventions-Hopping“ – Hohe Relevanz staatlicher Fördermittel? . . . . . . . . . 247 2. Auswertung der untersuchten Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Allgemeine Betrachtung: Geringe Relevanz staatlicher Fördermittel . . . . . . 249 b) Steuererleichterungen: Höhere Relevanz des Standortfaktors Unternehmensbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 c) Differenzierte Betrachtung: Besondere Relevanz staatlicher Fördermittel für Dienstleistungsunternehmen, kleine und ausländische Unternehmen . . . . . . 251 3. Fazit – Staatliche Fördermittel als „Zünglein an der Waage“ . . . . . . . . . . . . . . 251 C. Schlussfolgerungen – Bedeutungsgewinn der staatlichen Förderung im Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

Inhaltsverzeichnis

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Kapitel 5 Kontrolle von Ansiedlungsprämien im internationalen Subventionsrecht

254

A. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Subventionsrecht der WTO . . . . . . . . . . . . . . . 255 I. Anwendungsbereich auf Waren beschränkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 II. Spezifische Subvention i.S.d. Art. 1 und 2 SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 1. Subvention, Art. 1 SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 a) Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 2. Spezifität, Art. 2 SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 a) Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 b) Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 c) Ansiedlungsprämien im Subventionsstreit Airbus vs. Boeing . . . . . . . . . . . . 258 III. Subventionskategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 1. Verbotene Subventionen, Art. 3 SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 2. Anfechtbare Subventionen, Art. 5 SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 a) Nachteilige Auswirkungen auf die Interessen anderer Mitglieder, Art. 5 SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 aa) Ernsthafte Schädigung der Interessen eines anderen WTO-Mitglieds, Art. 5 lit. c SCM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 bb) Ansiedlungsprämie als ernsthafte Schädigung der Interessen eines anderen WTO-Mitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 b) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 IV. Ex-post-Kontrolle gewährter Ansiedlungsprämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 B. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Beihilferecht der Europäischen Union . . . . . . 265 I. Ansiedlungsprämie als verbotene Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . . 265 1. Merkmal der Selektivität bei Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2. Merkmal der Wettbewerbsverfälschung bei De-minimis-Beihilfen . . . . . . . . . . 268 II. Ansiedlungsprämien im Geltungsbereich der Legal- und Ermessensausnahmen i.S.d. Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 1. Regionalbeihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 a) Leitlinie für Regionalbeihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 b) Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 aa) Allgemeine Freistellungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 bb) Besondere Freistellungsvoraussetzungen für Regionalbeihilfen, Art. 13 – 15 AGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 (1) Regionale Investitionsbeihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 (2) Regionale Betriebsbeihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

22

Inhaltsverzeichnis III. Verfahrensrechtliche Überprüfung von Ansiedlungsprämien . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 IV. Vollständige Rückforderung rechtswidrig gewährter Ansiedlungsprämien . . . . . . 278 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

C. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im nationalen Subventionsrecht der USA . . . . . . 279 I. Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 II. Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 D. Schlussfolgerungen – Das Europäische Beihilferecht als Hindernis bei der Vergabe von Ansiedlungsprämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

Kapitel 6 Ergebnisse und Perspektiven des internationalen Subventionsrechts im globalen Standortwettbewerb

282

A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 I. Stellung des Europäischen Beihilferechts im internationalen Gefüge der Subventionskontrollsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 II. Rolle von Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . . . 283 III. Regulierung von Ansiedlungsprämien durch die weltweit bestehenden Subventionskontrollsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 B. Perspektiven des internationalen Subventionsrechts mit Blick auf den globalen Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 I. Mögliche Reformschritte auf Ebene des Subventionsrechts der WTO . . . . . . . . . 286 1. Schwachstellen des WTO-Subventionsrechts im Hinblick auf die Kontrolle von Ansiedlungsprämien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 2. Notwendige Reformen im WTO-Subventionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 II. Mögliche Reformschritte auf Ebene des Subventionsrechts in Freihandelsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 1. Bereits erzielte Fortschritte der Europäischen Union im Subventionsrecht in bilateralen Freihandelsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 2. Mut zum Export des Europäischen Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 3. Weiterentwicklung des Subventionsrechts in Freihandelsabkommen auf Basis des WTO-Subventionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 III. Mögliche Reformschritte auf Ebene des Europäischen Beihilferechts . . . . . . . . . . 291 1. Ausdehnung und Verbesserung der sog. Entsprechungsklausel . . . . . . . . . . . . . 291 a) Entsprechungsklausel im Unionsrahmen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 b) Ausdehnung der Entsprechungsklausel auf andere Bereiche des Europäischen Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

Inhaltsverzeichnis

23

c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 aa) Zu hohe Anforderungen an die zu erbringenden Beweise . . . . . . . . . . . 294 bb) Kein konkreter Verfahrensablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 cc) Beschränkung auf den Bereich der Förderung von FuEuI . . . . . . . . . . . 295 2. Globaler Standortwettbewerb als Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 a) Förderkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 aa) Hinreichend konkrete Beschreibung des Vorhabens . . . . . . . . . . . . . . . . 296 bb) Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse . . . . . . . . . . . . . . . 296 cc) Besondere qualitative und quantitative Bedeutung des Vorhabens . . . . . 297 b) Vereinbarkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 C. Schlussfolgerungen – Die Rolle des Europäischen Beihilferechts im globalen Standortwettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1: Kerninhalte Prüfprogramm Dormant Commerce Clause . . . . . . . . . . . . . . 184 Abbildung 2: Harte und Weiche Standortfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Abbildung 3: Relevanz der Standortfaktoren – Ernst & Young, Deutsche Großstädte . . 227 Abbildung 4: Relevanz der Standortfaktoren – Ernst & Young, Standort Deutschland . . 229

Tabelle 1: Indikatoren zur Beurteilung der Standortqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Tabelle 2: Relevanz der Standortfaktoren – Ifo – Neue Bundesländer . . . . . . . . . . . . . . . 231 Tabelle 3: Relevanz der Standortfaktoren, Obergruppen, Vergleich Industrie und Dienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Tabelle 4: Relevanz der Standortfaktoren, Einzelindikatoren, Vergleich Industrie und Dienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Tabelle 5: Relevanz der Standortfaktoren, Größenklassen, Industrie . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Tabelle 6: Relevanz der Standortfaktoren, Obergruppen, Vergleich der Regionen im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

Kapitel 1

Einführung A. Einführung in die Thematik I. Subventionswettlauf im internationalen Standortwettbewerb Die Globalisierung der Wirtschaft hat zu einem verstärkten Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen geführt.1 Standorte konkurrieren heute nicht nur mit einer kleinen Anzahl von benachbarten Regionen, sondern müssen sich im Ansiedlungswettbewerb weltweit mit einer Vielzahl von Konkurrenten vergleichen. Sinkende Kosten und schwindende regionale Bindungen führen dazu, dass Standortverlagerungen deutlich häufiger anzutreffen sind. Wollen Standorte heute in einer globalen Welt bestehen, müssen sie eine attraktive Standortpolitik betreiben und Ansiedlungsanreize für Unternehmen schaffen. Um die Attraktivität des eigenen Standortes zu erhöhen, wird weltweit vermehrt auf die Vergabe von sog. Ansiedlungsprämien2 zurückgegriffen.3 Unternehmen wird häufig ein ganzes Maßnahmenpaket präsentiert, das sie zur Ansiedlung in einer Region bewegen soll. Hierbei werden nicht nur direkte Subventionen oder Steuervergünstigungen garantiert, sondern etwa auch der Ausbau der Infrastruktur oder die Förderung der Ausbildung des Fachkräftepersonals versprochen. So wurde dem Unternehmen Advanced Micro Devices (AMD) im Jahre 2008 für den Bau einer neuen Fertigungsstätte im Einzelstaat New York insgesamt über 1 Mrd. $ angeboten.4 Dieser Gesamtbetrag ergab sich allerdings nicht ausschließlich aus direkten

1 Eingehend zu den Auswirkungen der Globalisierung auf den Standortwettbewerb, siehe die Ausführungen auf S. 216 ff. 2 Zum Begriff der Ansiedlungsprämie, siehe die Ausführungen auf S. 247 f. 3 BT-Drucksache 17/4982 vom 03. 03. 2011, S. 11, siehe zudem die Übersicht über die zehn größten Investitionsbeihilfen in den USA und in der EU im Jahre 2000 – 2008, S. 89; Dietrich/ Franz/Haschke/Heimpold, S. 80. Vgl. auch: Dallmann/Richter, S. 273; Ragnitz/Reinhard/ Schmalholz, ifo Dresden berichtet 4/2008, S. 25, S. 27; Thomas, Investment Incentives, S. 6 ff.; Thomas/Wishlade, Locational Tournaments, Anhang 2 und 3. Siehe zudem die Untersuchung der New York Times, Fn. 946. 4 Zu diesem Beispiel aus der Praxis, siehe exemplarisch: Geinitz, F.A.Z., 26. 03. 2007, Nr. 72, Seite 11, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/ostdeut sche-chipindustrie-da-koennen-wir-nicht-mehr-mithalten-1410858.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019).

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Kap. 1: Einführung

Investitionszuschüssen, sondern bezog auch gewährte Forschungszulagen und Steuererleichterungen mit ein.5 Die harte internationale Konkurrenz führt zu einem Wettlauf der in Aussicht gestellten Ansiedlungssubventionen. Einzelne Standorte bieten immer höhere Subventionen, um Unternehmen zu einer Ansiedlungsentscheidung zu bewegen.6 International agierenden Unternehmen wird häufig vorgeworfen, ein sog. „Subventions-Hopping“ zu betreiben und so in regelmäßigen Abständen Ansiedlungsprämien an verschiedenen Standorten abzugreifen.7 Dieses Vorgehen wurde etwa dem Mobilfunkkonzern Nokia vorgeworfen, der sein Werk zunächst von Bochum nach Rumänien und anschließend von dort nach China verlegte.8 An jedem Standort wurden Nokia großzügige Ansiedlungsprämien gewährt.9 Dieses Vorgehen des Mobilfunkunternehmens wurde politisch scharf kritisiert. Für die beteiligten Standorte rechnet sich die Gewährung von staatlichen Fördermitteln als Ansiedlungsanreiz nur, wenn langfristig eine Refinanzierung durch Steuereinnahmen garantiert werden kann. Der damalige EU-Kommissar Günther Verheugen plädierte im Zusammenhang mit dem Fall Nokia für eine vollständige Abschaffung von Ansiedlungsprämien in der Europäischen Union.10

5

Steinrücken, S. 104. Siehe die Nachweise in Fn. 3. 7 Eingehend zum Phänomen des „Subventions-Hopping“, siehe die Ausführungen auf S. 247 f. 8 Siehe etwa auch auf dieses Beispiel hinweisend: Steinrücken, S. 103 f.; Thoben, ifo Schnelldienst Band 61, 5/2008, S. 3 ff. Aus der Presse zur Produktionsverlagerung Nokias exemplarisch: Mihal, Rumänisches Werk: Nokia zieht weiter, Wirtschaftswoche, 21. 11. 2011, abrufbar unter: http://www.wiwo.de/un-ternehmen/it/rumaenisches-werk-nokia-zieht-weiter/ 5863658-all.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019); Steuer, Nokia ist selbst Rumänien zu teuer, Handelsblatt, 30. 09. 2011, S. 6. 9 Das Land Nordrhein-Westfalen gewährte Nokia nach Aussage der Landesregierung bei seiner Ansiedlung insgesamt Fördermittel i.H.v. 60 Mio. E, Landtag NRW, Plenarbericht, Landtag intern, 39 Jahrgang Ausgabe 2 vom 20. 02. 2009, S. 8 f. Zudem hatte der Bund noch mehrere Millionen an Fördermitteln gezahlt. Auch in Rumänien wurden Nokia 20 Mio. E als Ansiedlungsprämie gewährt, Süddeutsche Zeitung, 30. 09. 2011, Nokias Rumänien-Trick geht nicht auf, abrufbar: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/handymarkt-bittere-niederlage-fuernokia-1.1152517 (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 10 Schiltz/Gersemann, Fall Nokia: Brüssel verliert die Lust an Subventionen, Welt am Sonntag, 20. 01. 2008, abrufbar unter: http://www.welt.de/wams_print/article1575267/Fall-No kia-Bruessel-verliert-die-Lust-an-Subventionen.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 6

A. Einführung in die Thematik

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II. Internationale Subventionskontrollsysteme im Ansiedlungswettbewerb Ansiedlungsprämien begegnen weltweit einer Vielzahl von unterschiedlichen Subventionskontrollsystemen.11 Für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist insbesondere das Europäische Beihilferecht von entscheidender Bedeutung.12 Nach dem Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV sind „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“ Grundsätzlich muss jede beabsichtigte Beihilfe und somit auch jede geplante Ansiedlungssubventionen vor ihrer Gewährung vom jeweiligen Mitgliedstaat bei der Europäischen Kommission notifiziert werden. Bis zur endgültigen Feststellung der Vereinbarkeit mit den Art. 107 ff. AEUV, unterliegt die einzelne Beihilfe einem Durchführungsverbot. Das Europäische Beihilferecht ist somit von einer umfassenden ex-ante-Kontrolle durch die Europäische Kommission geprägt. Abweichungen von dieser vorläufigen Überprüfung sind jedoch im Rahmen der AGVO möglich. Insbesondere im Hinblick auf den zuvor beschriebenen verschärften internationalen Standortwettbewerb, wird auf die Gefahr des Europäischen Beihilferechts im globalen Wettbewerb hingewiesen.13 Die Vergabe von Beihilfen innerhalb der Europäischen Union werde zu streng reguliert und verhindere so eine Konkurrenzfähigkeit europäischer Standorte im globalen Ansiedlungswettbewerb.14 In der Folge hätten europäische Standorte das Nachsehen bei internationalen Standortentscheidungen, da außerhalb der Europäischen Union liegende Standorte, deutlich höhere Ansiedlungssubventionen gewähren könnten.15 Diese Kritik wurde z. B. bei dem bereits erwähnten Bau einer neuen Fertigungsstätte für AMD laut. Nicht nur der Einzelstaat New York war damals in die engere Standortauswahl gelangt, sondern auch ein Standort im sog. Silicon Saxony, nahe Dresden.16 Der deutsche Standort 11 Zu den bestehenden internationalen Subventionskontrollsystemen, siehe den Überblick im Kapitel 2 dieser Arbeit, S. 31 ff. 12 Eingehend zum Europäischen Beihilferecht, siehe die Ausführungen auf S. 58 ff. 13 Siehe etwa die Ausführungen m.w.N. bei: Blauberger/Krämer, 13 J Ind Compet Trade 171, 173 f. Siehe zudem die Stellungnahme des Staatssekretärs Würmeling im Jahre 2006, Beihilfenkontrolle in einer globalisierten Welt – Wettbewerbsnachteil im internationalen Standortwettbewerb, abrufbar unter: http://www.berliner-gespraechskreis.eu/mediathek/file/3 89/nyxy3QfbxrggSniR200ecfFmEEdCUeHyRbYim0gd1Ro/veranstaltungen/veranstaltung-10/ Document.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 14 Soltész, EuZW 2005, 385; vgl. auch: Frenz, EWS 2017, 194. 15 Soltész, EuZW 2005, 385. Nach dem Brexit ist dies sogar innerhalb Europas denkbar, vgl. hierzu: Hirsbrunner, EStAL 2016, 504 ff.; Hirsbrunner, EStAL 2017, 288 ff.; Hancher/Ottervanger/Slot, Rn. 1 – 092 ff.; auch mit Hinweis auf den Austritt eines Mitgliedstaates: Frenz, EWS 2017, 194, 195. 16 Vgl. die Nachweise in Fn. 4 und 5.

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Kap. 1: Einführung

konnte dem Chiphersteller aufgrund des Europäischen Beihilferechts nur Beihilfen i.H.v. 365 Mio. $ versprechen.17 Wie bereits erwähnt, hatte New York AMD insgesamt über 1 Mrd. $ angeboten. Wie zu erwarten, baute AMD das neue Werk in New York. Beobachter der Branche sehen den Grund für die Standortentscheidung in der deutlich höheren Subventionsquote.18 Das Europäische Beihilferecht ist international allerdings nicht das einzig bestehende Subventionskontrollsystem.19 Vielmehr werden staatliche Zuwendungen auch auf Ebene der WTO und in sonstigen regionalen Freihandelsabkommen reguliert. Trotzdem wird häufig behauptet, dass das Europäische Beihilferecht das einzig wirksame und tatsächlich beschränkende Subventionskontrollsystem darstelle.20 Das auf WTO-Ebene geltende Subventionsübereinkommen biete in dieser Hinsicht kaum effektiven Schutz.21 Hier sei eine Weiterentwicklung dringend notwendig, welche aktuell jedoch nicht absehbar ist.22 Aus diesem Grund wird eine Anpassung des Europäischen Beihilferechts diskutiert.23

B. Ziele und Gang der Untersuchung Die erläuterte Kritik am Europäischen Beihilferecht und seine in vielen Teilen unklare Rolle im globalen Standortwettbewerb hat zu dieser Arbeit angeregt. Im Fokus der folgenden rechtswissenschaftlichen Betrachtung stehen drei Fragen, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit beantwortet werden.

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Vgl. die Nachweise in Fn. 4 und 5. Wydra u. a., Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, TAB, 2010, Arbeitsbericht Nr. 137, S. 91 m.w.N. 19 Eingehend zu den einzelnen internationalen Subventionskontrollsystemen, siehe die Ausführungen in Kapitel 2, S. 31 ff. 20 Vgl.: BT-Drucksache 17/4982 vom 3. 3. 2011, S. 7; Buelens/Garnier/Meiklejohn/Johnson, European Economy Economic Papers Nr. 286, 2007, S. 3 („almost unique“); Ehlermann, in: Schwarze, Globalisierung und Entstaatlichung des Rechts, S. 125, 129 („Spezifikum der EG“); Ehlermann, 18 Fordham Int’l L.J. 1212, 1213 f. („unique“). 21 Vgl. BT-Drucksache 17/4982 vom 3. 3. 2011, S. 7; Würmeling, Beihilfenkontrolle in einer globalisierten Welt, Fn. 13. 22 Auch die Europäische Kommission sieht eine solche Weiterentwicklung des Subventionsrechts auf Ebene der WTO, oder zumindest in bilateralen Freihandelsabkommen als notwendig an: Mitteilung der Kommission – Handel, Wachstum und Weltgeschehen, Handelspolitik als Kernbestandteil der EU-Strategie Europa 2020, KOM (2010), 612, S. 17 (im Folgenden: Mitteilung-Europa 2020). 23 Vgl. etwa: Buelens/Garnier/Meiklejohn/Johnson, European Economy Economic Papers Nr. 286, 2007, S. 8; Soltész, EuZW 2005, 385; Weck/Reinhold, EuZW 2015, 376, 377. Eine solche Anpassung ablehnend: Flett/Jessen/Talaber-Ritz, in: Iglesias/Van Miert/Monti/Kroes, EC State Aid Law, S. 441, S. 461 ff. 18

B. Ziele und Gang der Untersuchung

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(1) Welche Stellung nimmt das Europäische Beihilferecht im internationalen Gefüge der Subventionskontrollsysteme ein? Nur selten wird in rechtswissenschaftlichen Arbeiten neben dem Europäischen Beihilferecht auch auf andere nationale und internationale Subventionskontrollsysteme verwiesen. Aus Sicht vieler europäischer Wissenschaftler ist das Europäische Beihilferecht das einzig tatsächlich regulierende Kontrollsystem für staatliche Beihilfen, zumindest sei es das einzig ernst zu nehmende Kontrollsystem.24 Die externen Effekte des Europäischen Beihilferechts werden nur selten betrachtet.25 Die vorliegende Arbeit hat sich deshalb im ersten Schritt zum Ziel gesetzt, neben dem Europäischen Beihilferecht, auch das Subventionsrecht der Welthandelsorganisation (WTO) und das Subventionsrecht in Freihandelsabkommen näher zu untersuchen. Auch das nationale Subventionsrecht der Vereinigten Staaten von Amerika wird eingehend vorgestellt. Die internationalen Subventionskontrollsysteme und das nationale Subventionsrecht der USA werden im zweiten und dritten Kapitel dieser Arbeit im Hinblick auf ihre Ziele, ihren Inhalt, ihr Verfahren und ihre Zuständigkeiten untersucht. So soll die Stellung des Europäischen Beihilferechts im internationalen Gefüge der Subventionskontrollsysteme ermittelt werden. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob das Europäische Beihilferecht ein Subventionskontrollsystem ist, das im internationalen Vergleich durch seine strenge Kontrolle einzigartig ist. (2) Welche Rolle spielen Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb? Im Zusammenhang mit der strengen Kontrolle von Subventionen durch das Europäische Beihilferecht wird immer wieder davor gewarnt, dass Standorte innerhalb der Europäischen Union ihre Stellung im internationalen Standortwettbewerb nicht halten können, wenn die Höhe der Ansiedlungsprämien nicht an internationale Standards angepasst wird. Dabei bleibt die Bedeutung von Ansiedlungsprämien im Standortwettbewerb zumeist unklar. Deshalb ist es ein weiteres Ziel dieser Arbeit, die Bedeutung von Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb zu untersuchen. Hierzu werden im vierten Kapitel dieser Arbeit verschiedene Studien ausgewertet. Anhand dieser Studien wird festgestellt, ob Ansiedlungsprämien tatsächlich entscheidende Faktoren bei der Standortwahl eines Unternehmens sind. (3) Wie werden Ansiedlungsprämien durch die weltweit bestehenden Subventionskontrollsysteme reguliert? Im anschließenden fünften Kapitel erfolgt eine gezielte Betrachtung der Kontrolle von Ansiedlungsprämien durch das Subventionsrecht der WTO, das Beihilferecht der Europäischen Union und durch das nationale Subventionsrecht der USA. Durch diese Gegenüberstellung wird ferner die Frage beantwortet, ob das Europäische

24 25

Vgl. die Nachweise in Fn. 20. So jedoch etwa: Damro, 13 J Ind Compet Trade 159 ff.

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Kap. 1: Einführung

Beihilferecht im Hinblick auf Ansiedlungsprämien tatsächlich das einzig regulierende System darstellt. Das abschließende sechste Kapitel widmet sich den Ergebnissen dieser Untersuchung und den hieraus gewonnenen Erkenntnissen für die Perspektiven des internationalen Subventionsrechts mit Blick auf den globalen Standortwettbewerb. Hierbei wird eine effiziente internationale Subventionskontrolle angestrebt, ohne die Ziele und die Effektivität des Europäischen Beihilferechts innerhalb der EU in Frage zu stellen. Neben Reformvorschlägen auf Ebene des Subventionsrechts der WTO und dem Subventionsrecht in Freihandelsabkommen, werden punktuelle Anpassungen des Europäischen Beihilferechts vorgestellt.

C. Terminologie: Beihilfe vs. Subvention Die klassische volkswirtschaftliche Unterscheidung zwischen dem Begriff der Beihilfe und der Subvention geht von einem weiteren Anwendungsbereich der Beihilfe aus.26 Der Begriff der Beihilfe erfasst hiernach im Gegensatz zur Subvention nicht nur positive Leistungen, sondern auch sämtliche Maßnahmen, die Belastungen vermindern.27 So hat dies auch der EuGH zu Art. 4 lit. c des EGKS-Vertrages festgestellt.28 Der Begriff der Subvention im Recht der WTO erfasst jedoch auch Belastungsminderungen und ist somit nicht ausschließlich auf positive Zuwendungen begrenzt.29 Eine strikte Trennung zwischen dem Begriff der Beihilfe und dem Begriff der Subvention im klassischen volkswirtschaftlichen Sinne ist für die vorliegende Untersuchung nicht zielführend.30 Deshalb soll im Rahmen dieser Arbeit der Begriff der Beihilfe ausschließlich im Kontext des Europäischen Beihiferechts und des hieran angelehnten Beihilferechts im EWR verwendet werden. Der Begriff der Subvention dient hingegen zum einen als Oberbegriff für gewährte staatliche Zuwendungen bzw. Belastungsminderungen und soll zum anderen im Bereich des WTO-Subventionsrechts und im Subventionsrecht in Freihandelsabkommen angewendet werden. 26

Siehe hierzu exemplarisch: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 10; Jirousek, S. 211 ff.; Lübbig/Martín-Ehlers, Rn. 145; Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 76 ff. Eingehend zum Subventionsbegriff: Bleckmann, D 8 ff.; Rodi, S. 29 ff. 27 Siehe die Nachweise in Fn. 26 und Fn. 28. 28 EuGH, Rs. C-30/59 (De Gezamenlijke Steenkolenmijnen), Slg. 1961, 1, S. 42 f. Siehe hierzu: Geiss, S. 31; Rodi, S. 39 f. 29 Zum Begriff der Subvention im WTO-Subventionsrecht, siehe die Ausführungen auf S. 35 ff. Ebenso auf das unterschiedliche Begriffsverständnis der Subvention i.S.d. WTO hinweisend: Böhm, S. 77. 30 Diese Abgrenzung wird auch als überholt angesehen: Jirousek, S. 213 m.w.N.; Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 78.

Kapitel 2

Internationale Subventionskontrollsysteme Für den weiteren Fortgang der Untersuchung ist es von besonderer Bedeutung, die Stellung des Europäischen Beihilferechts im internationalen Gefüge der Subventionskontrollsysteme zu ermitteln. Ist das Europäische Beihilferecht tatsächlich ein Subventionskontrollsystem, welches im internationalen Vergleich einzigartig ist? Oder sind die Unterschiede zwischen den geltenden Subventionskontrollsystemen möglicherweise doch geringer als es in der politischen und zum Teil auch wissenschaftlichen Praxis angenommen wird? Um sich diesen Fragen anzunähern, wird zunächst ein Überblick über die internationalen Subventionskontrollsysteme gewährt. Das internationale Subventionsrecht geht weit über das Europäische Beihilferecht hinaus. Neben diesem in Europa dominierenden Kontrollsystem, ist insbesondere das Subventionsrecht der WTO von entscheidender Bedeutung. Zudem umfasst das internationale Subventionsrecht die in bilateralen und plurilateralen Freihandelsabkommen getroffenen subventionsrechtlichen Vereinbarungen. An dieser Stelle sollen die internationalen Subventionskontrollsysteme zunächst eigenständig mit Blick auf die Ziele, den Inhalt, die Zuständigkeiten und das Verfahren betrachtet werden.

A. Subventionsrecht der Welthandelsorganisation I. Entwicklung und Ziele des Subventionsrechts der WTO Die WTO wurde im Jahre 1995 durch das Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation gegründet.31 Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen aus dem Jahre 1947 (GATT 1947), das den internationalen Welthandel zuvor maßgeblich bestimmte, besteht auch heute noch als eine der Säulen der WTO und wird über den Anhang 1 A durch das GATT 1994 in das WTO-Übereinkommen

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Das Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation vom 15. 04. 1994 trat einheitlich am 01. 01. 1995 in Kraft, Abl. 1994 L 336/3. Eingehend zur historischen Entwicklung der WTO und dem GATT als Vorgängerabkommen: Grave, S. 27 ff.; Jansen, EuZW 1994, 333 ff; Krenzler, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, A.I. Rn. 1 ff.; Roessler, in: Bourgeois/Berrod/Fournier, The Uruguay Round Results, S. 67 ff.; Wouters/De Meester, S. 6 ff.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

integriert.32 Parallel dazu wurden das Allgemeine Übereinkommen über den Dienstleistungsverkehr (GATS) und das Übereinkommen über die handelsbezogenen Rechte an geistigem Eigentum, einschließlich des Handels mit nachgeahmten Waren (TRIPS), über den Anhang 1B bzw. den Anhang 1C in das WTO-Abkommen aufgenommen. Im Ergebnis kann die WTO, trotz ihrer mit der Gründung bestehenden Stellung als internationale Organisation33, den inhaltlichen Erweiterungen sowie der Zusammenfassung der Vertragswerke, schwerpunktmäßig als Fortführung des GATT angesehen werden.34 Als solche versucht die WTO ein funktionierendes Handelssystem zwischen den Vertragsparteien aufzubauen. Mit dem Ziel einer fortschreitenden Liberalisierung sollen bestehende Zölle und sonstige Handelsbarrieren reduziert werden.35 Als Fortentwicklung des GATT beziehen sich die Ziele der WTO nicht ausschließlich auf den Handel mit Waren, sondern umfassen weitere Bereiche, wie den der Dienstleistungen.36 Als Teil der sonstigen Handelsbarrieren sollte die Subventionsvergabe bereits unter dem GATT 1947 eingeschränkt werden.37 Dieses Ziel verfolgten allerdings nicht alle Staaten in gleichem Maße. Eine inländische Wirtschaftsförderung durch Subventionen wurde nach dem vereinbarten Abbau der Zölle für einige Staaten als eine verbleibende Möglichkeit gesehen, um protektionistische Ziele zu verfolgen.38 Diese unterschiedlichen Positionen der einzelnen WTO-Mitglieder hemmten den Entwicklungsprozess des WTO-Subventionsrechts über viele Jahre. Trotzdem wurden bereits im GATT 1947 mit Art. VI, XVI und XXIII erste Vorschriften aufgenommen, die die Vergabe von Subventionen regulierten.39 Diese 32 Siehe zur Struktur des WTO-Rechts den Überblick bei: Weiß, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 207 AEUV Rn. 216 ff. Siehe auch die Ausführungen bei: Jansen, EuZW, 1994, 333, 334; Roessler, in: Bourgeois/Berrod/Fournier, The Uruguay Round Results, S. 69, 70. 33 Bergmann, WTO, Rn. 2; Berrisch/Kaman, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, XI, 111, Erwägungsgründe, Rn. 15; Jansen, EuZW 1994, 333, 334; Tietje, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, A.III. Rn. 9. Roesseler sah bereits das GATT 1947 de facto als internationale Organisation an: Roessler, in: Bourgeois/Berrod/Fournier, The Uruguay Round Results, S. 67, 69. 34 Roessler, in: Bourgeois/Berrod/Fournier, The Uruguay Round Results, S. 67, 84. Vgl. auch: Jansen, EuZW 1994, 333, 334. 35 Vgl. den Wortlaut der Präambel des WTO-Übereinkommens. Zu den Zielsetzungen der WTO-Rechtsordnung, siehe: Grave, S. 45 ff.; Stricker, S. 31 ff. 36 Vgl. den Wortlaut der Präambel des WTO-Übereinkommens. 37 Zur Entwicklung des Subventionsrechts im Welthandelsrecht: Bacon, 4.27 ff.; Crocioni, 47 Austrian J. Publ. Intl. Law 49, 50 ff.; Grave, S. 66 ff.; Jackson, S. 285 ff.; Luengo, S. 41 ff.; Müller, SCM, S. 20 ff. Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 1 ff.; Senti, Rn. 845 ff.; Stricker, S. 13 ff.; Wagner, S. 50 ff. 38 Luengo, S. 42. 39 Zu Art. VI, XVI und XXIII im GATT 1947 und deren Entwicklung, siehe: Grave, S. 67 ff.; Jackson, S. 285 ff.; Luengo, S. 43 ff.; Müller, SCM, S. 21 ff.; Pitschas, in: Prieß/ Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 1 – 5; Rivers/Greenwald, 11 Law & Pol’y Int’, 1447, 1455 ff.; Senti, Rn. 845 ff.; Stricker, S. 15 ff.

A. Subventionsrecht der Welthandelsorganisation

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Vorschriften bestehen noch heute und werden an späterer Stelle näher vorgestellt.40 Allerdings konnte mit diesen Vorschriften kein effektives Kontrollsystem realisiert werden.41 Im Rahmen der Tokio-Runde entschlossen sich die WTO-Mitglieder deshalb zum Erlass eines Subventionskodexes, der als Auslegungshilfe für die Interpretation des GATT dienen sollte.42 Ziel dieses separaten Kodexes aus dem Jahr 1979 war es, bestehende Lücken zu schließen und zudem für mehr Transparenz im Subventionsrecht der WTO zu sorgen.43 Die Verhandlungen waren allerdings auch hier von den widerstreitenden Interessen der Parteien geprägt.44 So wollten die USA und einige weitere Staaten zwingend einen Abbau staatlicher Subventionen erreichen. Die Europäische Union setzte sich dagegen für eine Verschärfung des Systems der Ausgleichsmaßnahmen ein. Im Ergebnis führten diese gegensätzlichen Interessen wieder zu einem unbefriedigenden Inhalt des Subventionskodexes. So wurde aufgrund der verhärteten Fronten auf eine Defintion des Subventionsbegriffs verzichtet.45 Tatsächlich wurde der Subventionskodex dann auch nur von 19 Staaten ratifiziert, vor allem gab es kaum Entwicklungsländer, die den Kodex unterzeichneten.46 Nachfolger des Subventionskodexes aus dem Jahre 1979 und Kern des heutigen Subventionsrechts ist das Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen (SCM) aus dem Jahre 1994.47 Auch wenn die gegensätzlichen Ansichten der Vertragsparteien auch bei den Verhandlungen zum SCM weiterhin präsent waren48, konnte hier trotzdem eine inhaltliche Weiterentwicklung erzielt werden.49 40

Siehe die Ausführungen auf S. 53 ff. Zur Kritik an den subventionsrechtlichen Vorschriften im GATT, siehe: Collins-Williams/ Salem-bier, 30 (1) Journal of World Trade 5, 8; Senti, Rn. 850. 42 Übereinkommen zur Auslegung und Anwendung der Art. VI, XVI und XXIII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens, abgedruckt in: Abl. 1980 L 71/72 (im Folgenden: Subventionskodex). 43 Crocioni, 47 Austrian J. Publ. Intl. Law 49, 51; Grave, S. 71; Stricker, S. 18. 44 Zu den vertretenen Positionen siehe etwa: Müller, SCM, S. 22; Senti, Rn. 848 ff. Mit weiteren Nachweisen zu den vertretenen Positionen: Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTOHandbuch, B.I.12. Rn. 6. 45 Grave, S. 126 f.; Stricker, S. 19. Die fehlende Definition des Subventionsbegriffs führte dazu, dass die einzelnen Staaten einen großen Spielraum im Hinblick auf das tatsächliche Vorliegen einer Subvention hatten und zudem stets versuchten diesen Spielraum weiter auszudehnen, siehe hierzu: Grave, S. 127 f.; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 9. 46 Crocioni, 47 Austrian J. Publ. Intl. Law 49, 51; Grave, S. 72; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 6 und 9. 47 Agreement on subsidies and Countervailing Measures (SCM), Anhang 1 A des Abkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (im Folgenden: SCM). Eingehend zu den Verhandlungen in der Uruguay Runde zum SCM: Becker, S. 21 ff.; Grave, S. 73 ff.; Senti, Rn. 851. 48 Siehe zu den Interessensgegensätzen bei den Verhandlungen zur Uruguay-Runde: Depayre, in: Bourgeois/Berrod/Fournier, Uruguay Round Results, S. 247, 247 ff.; Grave, 41

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Das SCM ist keine bloße Auslegungshilfe für die subventionsrechtlichen Vorschriften des GATT, sondern vielmehr ein eigenständiges materiell- und verfahrensrechtliches Regelungsgefüge.50 Als solches steht es neben den Vorschriften des GATT, wird aber aufgrund seiner inhaltlichen Präzisierung als lex specialis angesehen.51 Ein Erfolg des SCM war die Einführung einer ausdrücklichen Definition der Subvention in Art. 1.1 SCM.52 Zudem wurde das sog. Ampelsystem mit dem SCM in das WTO-Subventionsrecht eingeführt.53 Das Subventionsrecht der WTO ist heute vollständig im Anhang 1 A des WTOAbkommens verankert und bezieht sich folglich ausschließlich auf den Bereich des Warenhandels.54 Für den Bereich der Dienstleistungen wird im Recht der WTO kein Subventionskontrollsystem vorgesehen. WTO-Mitglieder, die sich durch eine von einem anderen WTO-Mitglied gewährte Subvention im Bereich der Dienstleistungen beeinträchtig sehen, haben gem. Art. XV Abs. 2 GATS lediglich das Recht Konsultationen zu ersuchen. Eine vollständige Ausdehnung des Subventionskontrollsystems auf den Bereich der Dienstleistungen, ist trotz andauernder Kritik aufgrund des politischen Stillstands auf WTO-Ebene vorerst nicht zu erwarten. Um das heute geltende Subventionsrecht der WTO besser verstehen zu können, soll an dieser Stelle zunächst in das bedeutende WTO-Subventionsübereinkommen eingeführt werden. Anschließend erfolgt dann eine Vorstellung der subventionsrechtlichen Vorschriften des GATT.

S. 74 f.; Müller, SCM, S. 22 ff.; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 11 m.w.N.; Stricker, S. 19 f. m.w.N. 49 Eingehend zu den Änderungen, die mit dem SCM eingeführt wurden: Crocioni, 47 Austrian J. Publ. Intl. Law 49, 67 ff.; Depayre, in: Bourgeois/Berrod/Fournier, Uruguay Round Results, S. 247, 252 f.; Horlick/Clarke, 17 World Competition 41 ff. 50 Becker, S. 30; Zampetti, 29 (6) Journal of World Trade 5, 16. 51 Das Verhältnis zwischen den Vorschriften des GATT 1947 und dem SCM werden auf S. 55 f. eingehend untersucht. 52 Siehe etwa: Becker, S. 31; Collins-Williams/Salembier, 30 (1) Journal of World Trade 5, 9; Grave, S. 127 f.; Horlick/Clarke, 17 World Competition 41, 41; Jirousek, S. 117; Lukas, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, VII, 71, Art. 1 Rn. 12; Müller, SCM, S. 25; Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 152; Stricker, S. 21. Siehe zur Entwicklung des Begriffs der Subvention vor dem Erlass des SCM: Grave, S. 125 ff. 53 Müller, SCM, S. 24; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 12. 54 Dupont/Scharf, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, EU Competition Law, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.399; Gross, S. 29; Micheau, S. 105 und S. 424; Müller, SCM. S. 1; Schuette, in: Säcker/Montag, European State Aid Law, II Rn. 63; Senti, Rn. 875; Stricker, S. 39.

A. Subventionsrecht der Welthandelsorganisation

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II. Inhalt des WTO-Subventionsübereinkommens 1. Allgemeine Bestimmungen Das SCM ist in elf Teile untergliedert. In Teil I, den Allgemeinen Bestimmungen des SCM, wird der Anwendungsbereich des Übereinkommens auf „spezifische Subventionen“ beschränkt. a) Begriff der Subvention, Art. 1 SCM Art. 1 SCM enthält zum ersten Mal in der Geschichte des WTO-Subventionsrechts eine eigenständige Definition des Subventionsbegriffs.55 Dies ist sicherlich eine der Haupterrungenschaften des Übereinkommens aus dem Jahre 1994. Nach Art. 1 SCM liegt eine Subvention vor, wenn eine Regierung oder öffentliche Körperschaft im Gebiet eines Mitglieds eine finanzielle Beihilfe leistet oder eine gem. Art. XVI GATT 1947 entsprechende Einkommens- oder Preisstützung gewährt wird, durch die einem Privaten ein Vorteil entsteht. Hierbei ist wiederum zu beachten, dass das Subventionsübereinkommen dem GATT zuzuordnen ist und folglich nur für Subventionen im Bereich des Warenhandels gilt.56 Im Ergebnis setzt sich der Begriff der Subvention im WTO-Subventionsübereinkommen somit aus zwei Elementen zusammen. Es muss sich aa) um eine finanzielle Zuwendung handeln, die bb) in einem Vorteil für einen Privaten mündet. aa) Finanzielle Zuwendung Im ersten Schritt muss eine Subvention i.S.d. Art. 1 SCM eine finanzielle Zuwendung darstellen. Hierzu zählt zum einen die finanzielle Beihilfe einer Regierung oder öffentlichen Körperschaft im Gebiet eines Mitglieds und zum anderen jede Einkommens- oder Preisstützung i.S.d. Art. XVI GATT 1947. Der Begriff der finanziellen Beihilfe wird in Art. 1.1 lit. a 1. i)-iv) SCM näher bestimmt. Demnach umfasst dieser Begriff den direkten und potentiell direkten Transfer von Geldern durch die öffentliche Hand (i), den Verzicht der öffentlichen Hand auf zu entrichtende Abgaben (ii), die zur Verfügungstellung oder den Ankauf von Waren oder Dienstleistungen durch die öffentliche Hand, die nicht bereits der allgemeinen Infrastruktur zuzuordnen sind (iii) sowie die Zahlung an Fondseinrichtungen oder die Betrauung einer privaten Einrichtung mit der Durchführung mindestens einer der in Art. 1.1 lit. a 1. i) – iii) genannten Tätigkeiten. Es handelt sich hierbei um eine abschließende Aufzählung.57 55

Siehe hierzu die Nachweise in Fn. 52. Siehe die Nachweise in Fn. 54. 57 Report of the Panel, WT/DS194/R (United States/Measures Treating Export Restraints), Rn. 8.73; Bacon, Rn. 4.33; Collins-Williams/Salembier, 30 (1) Journal of World Trade 5, 10 („exhaustive list“); Grave, S. 129; Jirousek, S. 119; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO56

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Eine finanzielle Zuwendung kann gem. Art. 1.1 lit. a 2. SCM allerdings auch in Form einer Einkommens- oder Preisstützung gewährt werden, die i.S.d. Art. XVI GATT 1947 direkt oder indirekt darauf abzielt, eine Erhöhung der Einfuhren oder eine Reduzierung der Ausfuhren herbeizuführen.58 Die konkrete Begriffsbestimmung der Einkommens- oder Preisstützung ist an dieser Stelle nicht eindeutig, was im Wesentlichen auf zwei Punkte zurückzuführen ist. In Art. XVI GATT 1947 wird der Begriff der Einkommens- und Preisstützung nicht definiert.59 Der Verweis auf Art. XVI GATT 1947 bringt diesbezüglich für die konkrete Begriffsbestimmung keinen weiteren Erkenntnisgewinn.60 Zudem wurde diese Form der finanziellen Zuwendung in der Praxis kaum vor den Organen der WTO gerügt.61 Aus diesem Grund mangelt es hier an einer näheren Ausgestaltung des Begriffs durch die Rechtsprechung. In einem Panel-Report aus dem Jahre 2012 wurde allerdings angedeutet, dass der Begriff der Einkommens- oder Preisstützung eine direkte Preisfestsetzung voraussetze und es nicht genüge, wenn eine Preisänderung ein bloßer Nebeneffekt zu einer sonstigen staatlichen Maßnahme sei.62 In beiden Alternativen wird deutlich, dass es sich hierbei um eine finanzielle Zuwendung handeln muss, die von einem Hoheitsträger gewährt wurde. Für die finanzielle Beihilfe ergibt sich dies unmittelbar aus Art. 1.1 lit. a 1. SCM. Hier wird bestimmt, dass es sich um eine finanzielle Beihilfe einer Regierung oder öffentlichen Körperschaft im Gebiet eines Mitglieds handeln muss. Es genügt nicht, wenn es sich um eine staatlich-kontrollierte Einheit handelt, vielmehr muss die Einheit staatliche Funktionen wahrnehmen.63 Für Art. 1.1 lit. a 2. SCM ergibt sich dies wiederum aus Art. XVI GATT 1947, in dem ausdrücklich bestimmt wird, dass die potentielle Subvention von einer der Vertragsparteien des Übereinkommens gewährt werden muss, somit also von einer staatlichen Stelle.64

Handbuch, B.I.12. Rn. 61; Weiß, in: Ehlers/Wolffgang/Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 21, 32; a.A.: Seitz/Breitenmoser, in: Epiney/Gammenthaler, Schweizerisches Jahrbuch für Europarecht 2009/2010, S. 139, 144; wohl auch a.A.: Ohlhoff, EuZW 2000, 645 (647). 58 Zum Inhalt des Art. XVI GATT siehe die Ausführungen auf S. 53. 59 Ebenso: Jirousek, S. 119. 60 Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 63. 61 Luengo, S. 122; Ohlhoff, EuZW 2000, 645, 647. Luengo weist allerdings auf die bestehende Bedeutung der Alternative hin und plädiert hierbei für eine breitere Beachtung in Literatur und Praxis. 62 Report of the Panel, WT/DS414/R (China/GOES), Rn. 7.86. Ebenso auf diesen Fall hinweisend: Bacon, Rn. 4.39. 63 Report of the Appellate Body, WT/DS379/AB/R (United States/Anti-Dumping and Countervailing Duties China), Rn. 290. Siehe auch: Bacon, Rn. 4.34. 64 Siehe auch: Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 63.

A. Subventionsrecht der Welthandelsorganisation

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bb) Vorteil Das zweite Element des Subventionsbegriffs der WTO erfordert, dass dem Beihilfeempfänger durch die finanzielle Zuwendung ein Vorteil entstehen muss.65 Der Begriff des Vorteils wurde vom Appellate Body in der Entscheidung Canada/ Civilian Aircraft konkretisiert.66 So hat das Appellate Body in dieser Entscheidung ausgeführt, dass ein Vorteil zwingend einer natürlichen oder juristischen Person zugutekommen muss und es ausschließlich auf die Sicht des Zuwendungsempfängers ankommt.67 Für das Vorliegen eines solchen Vorteils hat ein an den allgemeinen Marktbedingungen gemessener Vergleich zwischen Leistung und Gegenleistung zu erfolgen.68 Der Empfänger muss durch die finanzielle Zuwendung bessergestellt werden. Er darf die potentielle Subvention insofern nicht zu Marktkonditionen erhalten haben, in der die öffentliche Hand vergleichbar zu einem privaten Investor gehandelt hat.69 Auf eine tatsächliche Belastung des Staatshaushaltes kommt es nicht an.70 b) Das Merkmal der Spezifität, Art. 2 SCM Wie bereits erwähnt ist der Anwendungsbereich des Subventionsübereinkommens auf spezifische Subventionen beschränkt. Somit kommt dem in Art. 2 SCM definierten Element der Spezifität entscheidende Bedeutung zu.71 Parallel zum Merkmal der Selektivität im EU-Beihilferecht72, sollen auch nach dem WTO-Subventionsübereinkommen allgemeine Wirtschaftsfördermaßnahmen, die allen Un65 Siehe die Ausführungen zu diesem Element des Subventionsbegriffs bei: Bacon, 4.40; Grave, S. 170 ff.; Laprévote/Kang, EStAL 2011, 445, 448; Luengo, S. 123 ff.; Müller, SCM, S. 125 ff.; Ohlhoff, EuZW 2000, 645, 647 f.; Matsushita/Schoenbaum/Mavroidis, S. 316 ff.; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 64 ff.; Rubini, in: Biondi/Eeckhout/ Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 164 ff. jeweils m.w.N. 66 Report of the Appellate Body, WT/DS70/AB/R (Canada/CivilianAircraft), Rn. 153 – 161. 67 Report of the Appellate Body, WT/DS70/AB/R (Canada/CivilianAircraft), Rn. 154 ff. Siehe zudem zur Konkretisierung des Subventionsempfängers in Art. 2.1 SCM die Ausführungen auf S. 159 f. 68 Report of the Appellate Body, WT/DS70/AB/R (Canada/CivilianAircraft), Rn. 160. 69 Report of the Appellate Body, WT/DS70/AB/R (Canada/CivilianAircraft), Rn. 158; Report of the Appellate Body, WT/DS138/AB/R (United States/Lead and Bismuth II), Rn. 68. Auf die Einführung des Privaten Investor Tests im WTO-Recht hinweisend: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 44; Matsushita/ Schoen-baum/Mavroidis, S. 316 f. 70 Report of the Appellate Body, WT/DS70/AB/R (Canada/CivilianAircraft), Rn. 154 ff. Eingehend zu dieser Frage: Slotboom, S. 113 ff. 71 Vgl. Grave, S. 189; Jirousek, S. 128; Luengo, S. 129. 72 Zum Merkmal der Selektivität im Europäischen Beihilferecht, siehe die Ausführungen auf S. 72 ff. Zum Unterschied zwischen Spezifität und Selektivität, siehe die Ausführungen auf S. 160 ff.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

ternehmen und Produktionszweigen zugutekommen, nicht reguliert werden.73 In Art. 2.1 lit. a-c SCM werden Grundsätze festgelegt, nach denen zu bestimmen ist, ob eine Subvention als spezifische Subvention für ein Unternehmen oder einen Wirtschaftszweig bzw. eine Gruppe von Unternehmen oder Wirtschaftszweigen anzusehen ist.74 Hierbei stellt Art. 2.1 lit. a SCM positiv fest, dass eine spezifische Subvention vorliegt, wenn der Zugang ausdrücklich bestimmten Unternehmen gewährt wird. In Art. 2.1 lit. b SCM wird hingegen negativ bestimmt, dass keine spezifische Subvention anzunehmen ist, wenn objektive Kriterien und Bedingungen festgelegt wurden, nach denen über die Gewährung der Subvention zu entscheiden ist. Diese Grundsätze ergänzend, sieht Art. 2.1 lit. c SCM vor, dass eine Subvention auch dann als spezifisch angesehen werden kann, wenn bestimmte Faktoren vorliegen, die trotz des Anscheins der Nichtspezifität nach lit. a und lit. b, in Wirklichkeit für eine spezifische Subvention sprechen.75 Zudem sind gem. Art. 2.2 SCM solche Subventionen als spezifisch anzusehen, die ausschließlich einzelnen Unternehmen in einer bestimmten Region gewährt werden. In Art. 2.3 SCM wird ferner bestimmt, dass alle verbotenen Subventionen und somit alle ausfuhr- und importersetzenden Subventionen als spezifische Subventionen anzusehen sind. 2. Subventionskategorien – das Ampelsystem des SCM In den Teilen II, III und IV des Subventionsübereinkommens, werden die Subventionen in unterschiedliche Kategorien eingeteilt. Ursprünglich wurde diese Einteilung anhand des Ampelsystems76 veranschaulicht, sodass neben den verbotenen Subventionen (Teil II – rotes Licht) und den anfechtbaren Subventionen (Teil III – orangenes Licht), auch die Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen (Teil IV – grünes Licht) zu beachten war.77 Die Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen (Art. 8 und 9 SCM) besteht jedoch seit dem 01. 01. 2000, mangels Verlängerungsbeschlusses i.S.d. Art. 31 SCM, nicht mehr.78 73

Report of the Panel, WT/DS108/RW(United States/Foreign Sales Corporation), Rn. 8.66. Siehe eingehend zu dem Merkmal der Spezifität in der Literatur: Grave, S. 189 ff.; Luengo, S. 129 ff.; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 68 ff.; Rubini, in: Biondi/ Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 173 ff. 74 Das Subventionsübereinkommen enthält keine ausdrückliche Definition des Begriffs der Spezifität, vielmehr werden in Art. 2.1 SCM Grundsätze für die Bestimmung der Spezifität festgelegt, Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 701 ff.; Grave, S. 191; Müller, SCM, S. 161 ff. 75 Vgl. zur Struktur des Art. 2 SCM als „Regel – Ausnahme – Gegenausnahme“: Grave, S. 191 f. Eingehend zu Art. 2.1 lit. c SCM: Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 702. 76 Die Einteilung der Subventionen nach dem sog. „traffic light approach“ wird im Deutschen auch als „Ampelansatz“, „Ampelkategorisierung“ oder „Ampellösung“ bezeichnet. 77 Vgl. exemplarisch: Bacon, Rn. 4.45 ff.; Griller, S. 187 f.; Koenig/Kühling/Ritter, S. 32. 78 Bacon, Rn. 4.48; Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 39; Jirousek, S. 134 f.; Lukas, in: Ehlers/Wolffgang/Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 43, 49 f.; Lukas, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-

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a) Verbotene Subventionen Die Abschnitte über anfechtbare und verbotene Subventionen regeln parallel zueinander zunächst den Anwendungsbereich der jeweiligen Subventionskategorie und deren Rechtsfolge im Falle eines Verstoßes (Art. 3 bzw. 5 und 6 SCM). In die Gruppe der verbotenen Subventionen sind gemäß Art. 3.1 SCM die sog. ausfuhr(lit. a) und importersetzenden Subventionen (lit. b) einzuordnen.79 Der Anhang I zum SCM enthält eine Beispielliste von Ausfuhrsubventionen. Beide Kategorien der verbotenen Subventionen setzen stets eine Abhängigkeit der Subvention zur Ausfuhrleistung bzw. zur Bevorzugung einheimischer Waren voraus.80 Diese Voraussetzung führt zu einer starken Einschränkung der Kontrollmöglichkeit durch das Subventionsrecht der WTO.81 Erfüllt eine Subvention jedoch die Voraussetzungen der verbotenen Subventionen ist sie gem. Art. 2.3 SCM grundsätzlich als spezifische Subventionen einzustufen.82 Zudem muss für verbotene Subventionen nicht nachgewiesen werden, dass sie nachteilige Auswirkungen auf die Interessen anderer Mitglieder haben. Sie sind vielmehr gem. Art. 3.2 SCM verboten und dürfen somit weder gewährt noch beibehalten werden.83 b) Anfechtbare Subventionen Nachdem die Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen entfallen ist, sind alle spezifischen Subventionen i.S.d. Art. 1 und 2 SCM, die nicht nach Art. 3 SCM verboten sind, in die Kategorie der anfechtbaren Subventionen einzuordnen.84 Ein tatsächliches Vorgehen gegen diese anfechtbaren Subventionen setzt gem. Art. 5 SCM stets voraus, dass die Subvention nachteilige Auswirkungen auf die Interessen Außenwirtschafts- und Zollrecht, VII, 71, Art. 1 Rn. 18; Müller, SCM, S. 367; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 27; Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 185 f.; Sykes, 2 J. of Legal Analysis, 473, 484. Gemäß Art. 31 SCM sollten die Art. 8 und 9 des Abkommens für fünf Jahre ab dem Inkraftreten des Abkommens gelten. Spätestens 180 Tage vor dem Ablauf dieser Frist, sollte über eine erneute Verlängerung verhandelt werden. Da dies nicht erfolgte, sind die Artikel seit Anfang des Jahres 2000 außer Kraft. 79 Eingehend zur Kategorie der verbotenen Subventionen: Müller, SCM, S. 201 ff. Vgl. zur Bezeichnung der verbotenen Subventionsarten des Art. 3.1 SCM als ausfuhr- und importersetzende Subventionen: Jirousek, S. 129; ebenso: Grave, S. 84 ff. 80 Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 81 ff. 81 Siehe hierzu die Ausführungen im Hinblick auf Ansiedlungsprämien, S. 259 f. 82 Es handelt sich hierbei um eine gesetzliche Fiktion: Lukas, in: Ehlers/Wolffgang/ Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 43, 44. 83 Zur Kategorie der verbotenen Subventionen siehe etwa: Bacon, Rn. 4.46; Ehlermann/ Goyette, EStAL 2016, 695, 706 ff.; Griller, S. 189 ff.; Luengo, S. 456 ff.; Micheau, S. 111 ff.; Ohlhoff, EuZW 2000, 645, 648 ff.; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 81 ff.; Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 176 ff. m.w.N. 84 Vgl. Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 33.

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anderer Mitglieder des Abkommens hat.85 Anfechtbare Subventionen sind somit nicht per se verboten, sondern können vielmehr von einzelnen Mitgliedern vor den WTO-Gerichten angefochten werden, solange diese durch die Subvention nachteilig betroffen sind.86 Solche nachteiligen Auswirkungen werden angenommen, wenn Wirtschaftszweige eines anderen Vertragspartners geschädigt (lit. a), oder aus dem GATT 1947 resultierende Vorteile geschmälert werden (lit. b). Zudem liegt eine nachteilige Auswirkung vor, wenn eine nach Art. 6 SCM definierte, ernsthafte Schädigung der Interessen eines anderen Mitglieds besteht (lit. c).87 Die Beweislast für den Nachweis der nachteiligen Auswirkungen trägt der potentiell-beeinträchtigte Mitgliedstaat.88 Die i.R.d. Art. 6.1 SCM verankerte Beweislastumkehr ist parallel zu der Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen mangels Verlängerungsbeschlusses im Jahre 2000 außer Kraft getreten.89

III. Zuständigkeiten nach dem WTO-Subventionsübereinkommen Die Aufgaben innerhalb des SCM werden von dem Ausschuss für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen und der Ständigen Sachverständigengruppe (Permanent Group of Experts, PGE) wahrgenommen. Der sechste Teil des Subventionsübereinkommens verpflichtet die Vertragspartner zunächst gemäß Art. 24.1 SCM zur Einsetzung des sog. Ausschusses für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen. Ihm kommt bei der Umsetzung des Subventionsrechts der WTO eine bedeutende Rolle zu.90 Der Ausschuss für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen besteht aus Vertretern aller WTO-Mitgliedstaaten und tritt unter Leitung eines gewählten Vorsitzenden mindestens zweimal im Jahr zusammen.91 In seinen Aufgabenbereich fällt insbesondere die in Art. 26 Abs. 1 SCM normierte Überwachung der vorgelegten und vollständigen Notifikationen.92 85 Zur Kategorie der anfechtbaren Subventionen siehe etwa: Adamantopoulos/Beck, in: Wolfrum, Max Planck Encyclopedia, Volume IX, S. 662; Bacon, Rn. 4.47; Ehlermann/Goyette, EStAL 2016, 695, 710 f.; Griller, S. 200 f.; Luengo, S. 469 ff.; Lukas, in: Ehlers/Wolffgang/ Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 43 ff.; Micheau, S. 113 ff.; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 90 ff.; Müller, SCM, S. 261 ff.; Rubini, in: Biondi/ Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 180 ff. m.w.N. 86 Zum Verfahren nach dem WTO-Subventionsrecht, siehe die Ausführungen auf S. 41 ff. 87 Zu den hiermit verbundenen hohen Voraussetzungen, siehe die Ausführungen auf S. 260. 88 Exemplarisch: Lukas, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, VII, Art. 1 Rn. 14. 89 Siehe Art. 31 SCM. Siehe hierzu auch: Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 53; Lukas, in: Ehlers/Wolffgang/Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 43, 48. 90 Laprévote/Kang, EStAL 2011, 445, 452. 91 Art. 24.1 SCM. 92 Dies als „essential function of the SCM Committee“ bezeichnend: Laprévote/Kang, EStAL 2011, 445, 452.

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Darüber hinaus soll er die laufende Verwaltung des Übereinkommens sichern, zu der die WTO nach Art. III Abs. 1 WTO-Ü verpflichtet ist.93 Der Ausschuss für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen fungiert für die WTO-Mitglieder somit als Forum bei der Durchsetzung ihrer im Übereinkommen vereinbarten Ziele.94 Das zweite Organ, die ständige Sachverständigengruppe, wird wiederum vom Ausschuss für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen eingesetzt und besteht aus fünf unabhängigen Experten auf dem Gebiet der Subventionen und der internationalen Handelsbeziehungen.95 Das besondere Know-how dieser Sachverständigengruppe wird innerhalb des SCM insbesondere für gutachterliche Stellungnahmen eingesetzt. So kann jedes Mitglied gemäß Art. 24.4 SCM an die PGE herantreten und eine Stellungnahme über die Einordnung einer geplanten oder bereits gewährten Subvention verlangen. Die hier gefundenen Ergebnisse sind im Regelfall vertraulich und dürfen nicht in einem Verfahren nach Art. 7 SCM eingesetzt werden. Im Bereich der Abhilfemaßnahmen gegen verbotene Subventionen nimmt die Expertengruppe allerdings eine Sonderstellung ein. Wird die Expertengruppe in einem solchen Verfahren von der Sondergruppe eingesetzt und mit einer gutachterlichen Stellungnahme zur Einordnung als verbotene Subvention betraut, sind die hier getroffenen Schlussfolgerungen der Expertengruppe im weiteren Verfahren bindend.96

IV. Verfahren nach dem WTO-Subventionsübereinkommen Die Mitglieder des SCM haben sich gemäß Art. 25 SCM zur jährlichen Notifikation gewährter und aufrechterhaltender Subventionen (Art. 25.2 SCM) sowie zur unverzüglichen Berichterstattung über getroffene Ausgleichsmaßnahmen (Art. 25.11 SCM) verpflichtet. Frist für die jährliche Notifikation spezifischer Subventionen97 beim Ausschuss für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen ist der 30. Juni. Der Subventionsausschuss prüft die Notifikationsberichte allerdings nur im dreijährigen Rhythmus, sodass die dazwischenliegenden Notifikationen nur als Aktualisierungen der bestehenden Berichte eingeordnet werden.98 Die Notifikationspflicht soll den einzelnen Mitgliedern ermöglichen, sich über die Auswirkungen staatlicher Subventionen anderer Vertragsstaaten zu informieren und im Falle eines möglichen Verstoßes gegen das SCM-Übereinkommen das für diese Fälle vorgesehene Verfahren einzuleiten. Um eine umfassende Bewertung der Subventionen und eine Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Verfahrens zu ermöglichen, müssen 93

Grave, S. 101; Stricker, S. 23. Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 50. 95 Art. 24.3 SCM, siehe auch: Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 51. 96 Art. 4.5 SCM, Verpflichtung zur unveränderten Annahme der Schlussfolgerung der PGE. 97 Gemäß Art. 25.2 SCM bezieht sich die Notifikationspflicht nur auf spezifische Subventionen i.S.d. Art. 1 und 2 SCM. 98 Art. 26.1 SCM; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12 Rn. 54. 94

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

die Mitgliedstaaten bei der Notifikation bestimmte Mindestanforderungen einhalten.99 Verbleibende Unklarheiten sollen durch ein Informationsrecht der Mitglieder gelöst werden. So ist das subventionierende Mitglied gemäß Art. 25.8 SCM auf Antrag eines anderen Mitgliedstaates dazu verpflichtet, Informationen über eine gewährte oder aufrechterhaltene Subvention mitzuteilen. Zudem kann nach dieser Vorschrift eine Begründung für die nicht vorgenommene Notifikation einer fraglichen Maßnahme angefordert werden. In der Praxis ist der Nutzen dieser Notifikationspflicht zu Recht bereits hinterfragt worden, insbesondere da einzelne Staaten zum Teil über mehrere Jahre hinweg keine Notifikationen eingereicht haben.100 Das WTO-Subventionsrecht sieht keine Sanktionen für nicht eingereichte Notifikationen vor. 1. Verhältnis zwischen den Verfahrensarten des SCM Sieht ein WTO-Mitglied eine notifizierte Subvention als Gefahr für den internationalen Handel an, kann der einzelne Mitgliedstaat zwischen zwei möglichen Verfahrensarten wählen.101 Bereits seit der Tokio-Runde ist das Verfahren im WTOSubventionsrecht zweigleisig ausgestaltet.102 Als Gegenmaßnahmen stehen im „Track I“ die sog. Ausgleichsmaßnahmen zur Verfügung. Diese gestatten ein Untersuchungsverfahren auf nationaler Ebene, welches auf die Erhebung von Ausgleichszöllen abzielt.103 Im „Track II“ können die Mitglieder ein Streitbeilegungsverfahren als Abhilfemaßnahme vor den WTO-Streitbeilegungsorganen einleiten, das bei Vorliegen eines Verstoßes u. a. die Rückforderung der Subvention zur Folge haben kann.104 Ausgleichs- und Abhilfemaßnahmen stehen den WTO-Mitgliedern grundsätzlich parallel zur Verfügung.105 Hierbei ist allerdings zu beachten, dass eine tatsächliche Bekämpfung der Folgen einer gewährten Subvention auf dem Binnenmarkt des Einfuhrstaates nur im Verfahren nach Track I oder Track II erfolgen kann.106 Eine tatsächliche kumulative Anwendung der Verfahrensalternativen ist demzufolge nur bei Auswirkungen auf unterschiedliche Binnenmärkte möglich.107

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Vgl. zu den einzuhaltenden Mindestanforderungen: Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTOHandbuch, B.I.12 Rn. 54. 100 Siehe hierzu m.w.N.: Laprévote/Kang, EStAL 2011, 445, 452. Dupont/Scharf kritisieren zu Recht zudem den Mangel an effektiver Sanktionierung für nicht erfolgte Notifizierungen, Dupont/Scharf, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, EU Competition Law, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.416. 101 Vgl. exemplarisch: Sánchez Rydelski, Antisubventionsrecht, S. 300 m.w.N. 102 Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 56; Stricker, S. 22. 103 Teil V des SCM; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 113. 104 Art. 4 SCM für verbotene Subventionen; Art. 7 SCM für anfechtbare Subventionen. 105 So ausdrücklich Fußnote 1 zu Art. 10 SCM. 106 So ausdrücklich Fußnote 1 zu Art. 10 SCM.

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2. Ausgleichsmaßnahmen Wählt der betroffene Mitgliedstaat ein Vorgehen im „Track I“, so ermöglicht ihm dieser die Erhebung von Ausgleichsmaßnahmen, insbesondere die Erhebung von Ausgleichszöllen.108 Nach der Legaldefinition des Art. VI Abs. 3 S. 2 GATT 1994 versteht man unter einem Ausgleichszoll „einen Sonderzoll, der erhoben wird, um jede mittelbare oder unmittelbare für die Herstellung, Gewinnung oder Ausfuhr einer Ware gewährte Prämie oder Subvention unwirksam zu machen.“ Die Gegenmaßnahmen im „Track I“ führen folglich nicht zur Rücknahme der gewährten Subvention, sondern versuchen lediglich deren negative Auswirkungen zu neutralisieren.109 Rechtliche Vorgaben für die Erhebung von Ausgleichszöllen als Ausgleichsmaßnahmen gegen staatliche Subventionen, finden sich in Art. VI GATT 1994 und insbesondere im fünften Teil des SCM. Es wird hierbei nicht zwischen verbotenen und anfechtbaren Subventionen unterschieden.110 a) Materielle Voraussetzungen der Ausgleichszollerhebung Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer Ausgleichszollerhebung werden nicht ausdrücklich bestimmt. Art. 10.1 SCM regelt lediglich, dass die Mitglieder sicherstellen, dass eine Ausgleichszollerhebung im Einklang mit Art. VI GATT 1994 und dem gesamten SCM zu stehen hat.111 Einen Hinweis auf die konkreten materiellen Voraussetzungen einer solchen Ausgleichszollerhebung gibt die Verfahrensvorschrift des Art. 11.2 SCM.112 Demnach erfordert die Erhebung eines Ausgleichszolls (1) das Vorliegen einer Subvention, (2) deren Gewährung zur Schädigung i.S.d. Art. VI GATT 1994 führt, und dass (3) zwischen den subventionierten Einfuhren und der Schädigung ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss.113 Diese Voraussetzungen muss der Antragssteller gemäß Art. 11.2 SCM bei Einreichung des Antrags zur Einleitung des Untersuchungsverfahrens beweisen. Aus der Systematik des Übereinkommens und dem Wortlaut des Art. 10 SCM ergibt sich bereits, dass für die Erhebung einer Ausgleichsmaßnahme das Vorliegen

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Becker, S. 46; Norall, in: Bourgeois/Berrod/Fournier, Uruguay Round Results, S. 255, 258. So wird in der Literatur überwiegend ausdrücklich eine kumulative Anwendung verneint: Croome, S. 97 f.; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 100. Ob Griller hingegen eine tatsächliche kumulative Anwendung gestatten will, ist dem Beitrag nicht eindeutig zu entnehmen: Griller, S. 201. 108 Art. 10 ff. SCM. 109 Grave, S. 94; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 47. 110 Weiß, in: Ehlers/Wolffgang/Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 21, 29. 111 Grave sieht hierin eine Bestimmung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen, S. 94. 112 Vgl. Griller, S. 202; Luengo, S. 189. 113 Griller, S. 202; Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 61 („die zentralen Punkte der Untersuchung“); Luengo, S. 189.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

einer spezifischen Subvention i.S.d. Art. 1 und 2 SCM Voraussetzung ist.114 Diese Subvention muss sich zudem in die Kategorie der verbotenen oder anfechtbaren Subventionen einordnen lassen.115 Der pauschale Verweis auf Art. VI GATT 1994 in Art. 10 SCM erweitert die materiellen Voraussetzungen um das Erfordernis der Wirtschaftszweigschädigung. Aus Art. VI Abs. 6 lit. a GATT ergibt sich, dass die Erhebung eines Ausgleichszolls nur gestattet ist, wenn die Vertragspartei bei der Einfuhr einer subventionierten Ware feststellt, dass dadurch ein inländischer Wirtschaftszweig erheblich geschädigt wird, zu geschädigt werden droht oder seine Errichtung bedeutend verzögert wird. Inhaltlich wird die Voraussetzung der Schädigung eines inländischen Wirtschaftszweigs in Art. 15 SCM (Feststellung der Schädigung durch objektive Prüfung) und in Art. 16 SCM (Bestimmung des Begriffs „inländischer Wirtschaftszweig“) konkretisiert. Hierbei handelt es sich um ein Erfordernis, welches im Bereich der anfechtbaren Subventionen zur Schutzbereichseröffnung gehört. Einerseits ist zu beachten, dass die weiteren Schutzbereichskategorien der anfechtbaren Subventionen, wie die Zunichtemachung oder Schmälerung eines Vorteils (Art. 5 lit. b SCM) und die ernsthafte Schädigung der Interessen eines anderen Mitglieds (Art. 5 lit. c SCM), nicht für die Erhebung eines Ausgleichszolls genügen.116 Andererseits erfordert der Wortlaut des Art. 11.2 SCM, dass diese Voraussetzung auch in der Kategorie der verbotenen Subventionen nachgewiesen wird.117 In der Praxis wird auf den Beweis des Art. 11.2 SCM verzichtet, da im Bereich der ausfuhr-, und importersetzenden Subventionen, die Schädigung des inländischen Wirtschaftszweigs vermutet wird.118 Das Erfordernis des kausalen Zusammenhangs zwischen den subventionierten Einfuhren und der Schädigung des inländischen Wirtschaftszweigs und den hierzu erforderlichen Beweisen wird in Art. 15.5 SCM konkretisiert. b) Verfahrensvoraussetzungen der Ausgleichszollerhebung Das der Ausgleichszollerhebung vorgelagerte Verfahren, ist als Verwaltungsverfahren auf nationaler Ebene ausgestaltet.119 Dennoch enthält das SCM in seinem 5. Teil konkrete Vorgaben für die Ausgestaltung dieses autonomen Untersuchungsverfahrens. Die nationalen Umsetzungsvorschriften haben sich hieran zu orientieren. Grundsätzlich müssen drei Verfahrensstufen unterschieden werden: die 114

Luengo, S. 189 f. Vgl. Hancher/Ottervanger/Slot, Rn. 6 – 023; Sánchez Rydelski, Antisubventionsrecht, S. 301. 116 Weiß, in: Ehlers/Wolffgang/Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 21, 29 f. 117 Vgl. Pitschas sieht die Schädigung der inländischen Industrie entsprechend dem Wortlaut als Zulässigkeitsvoraussetzung an: Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12 Rn. 47 118 Luengo, S. 191. 119 Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 58; Jirousek, S. 169. 115

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Vorprüfung, das eigentliche Untersuchungsverfahren sowie die nachgelagerten „Reviews“.120 aa) Vorprüfung Das Untersuchungsverfahren kann direkt von einem inländischen Wirtschaftszweig oder in dessen Namen beantragt werden.121 Ein Antrag im Namen der inländischen Wirtschaft kann gem. Art. 11.4 SCM angenommen werden, wenn mindestens 50 % der Warenhersteller im betroffenen Bereich den Antrag unterstützen.122 Der Mindestinhalt und insbesondere die beizufügenden Beweise sind ausdrücklich in Art. 11.2 SCM normiert.123 Die zuständige Behörde überprüft in einer Vorprüfung sodann die Richtigkeit und Stichhaltigkeit des ihr vorgelegten Antrags.124 Die Überprüfung i.S.d. Art. 11.3 SCM ist keine umfassende Prüfung.125 Es wird vielmehr vergleichbar zum einstweiligen Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren, im Rahmen einer summarischen Prüfung untersucht, ob der Antrag nicht offensichtlich unbegründet ist. Hierbei wird entschieden, ob die erforderlichen Beweise vorliegen und das Zustimmungsquorum innerhalb der inländischen Hersteller erreicht wurde.126 Eine Einleitung des Untersuchungsverfahrens ist u. a. bei geringfügigen Subventionen (De-minimis) gem. Art. 11.9 SCM zu unterlassen.127 Die Höhe der Subvention wird gem. Art. 11.9 SCM als geringfügig angesehen, wenn sie wertmäßig weniger als 1 % beträgt. In diesen Fällen wird der Untersuchungsantrag gem. Art. 11.9 SCM abgelehnt.128 bb) Untersuchungsverfahren und Rechtsfolgen Wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer summarischen Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass ein Untersuchungsverfahren nicht offensichtlich unbegründet ist und sie die formellen Voraussetzungen als eingehalten ansieht, so eröffnet sie anschließend das eigentliche Untersuchungsverfahren.129 Mit dem Beschluss über die Einleitung des Untersuchungsverfahrens wird das Verfahren öffentlich bekannt 120

Jirousek gliedert das Verfahren hingegen lediglich in zwei Stufen, S. 171 f. Art. 11.1 SCM. Eine Einleitung von Amtswegen ist nur in Ausnahmefällen vorzunehmen, vgl. Art. 11.6 SCM. 122 Siehe hierzu: Horlick/Clarke, 17 World Competition 41, 49; Jirousek, S. 172. 123 Jirousek, S. 171. 124 Art. 11.3 SCM. 125 Jirousek, S. 172. 126 Vgl. zum Zustimmungsquorum: Art. 11.4 S. 2 SCM. 127 Griller, S. 203; Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 62; Horlick/Clarke, 17 World Competition 41, 50; Müller, SCM, S.389. 128 Art. 11.9 SCM erfasst auch die spätere Einstellung der Untersuchung, vgl. hierzu S. 46 f. 129 Vgl. Art. 11.4 SCM. 121

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

gegeben.130 Anschließend fordert die nationale Behörde alle erforderlichen Beweise an und gibt allen „interessierten Parteien“131 Gelegenheit, diese einzusehen und anschließend Stellung zu dem Sachverhalt zu beziehen.132 Um einer einvernehmlichen Lösung Vorrang zu gewähren, werden die Parteien gem. Art. 13 SCM verpflichtet, vor der tatsächlichen Einleitung des Untersuchungsverfahrens Konsultationen zu führen.133 Die Konsultationen können auch während des Untersuchungsverfahrens fortgeführt werden und sind somit keine Behinderung für das eigentliche Untersuchungsverfahren der Mitgliedstaaten.134 Im Untersuchungsverfahren überprüft die zuständige Behörde die materiellen Voraussetzungen einer Ausgleichszollerhebung. So wird neben dem Vorliegen einer Subvention und der kausalen Schädigung insbesondere die konkrete Subventionshöhe ermittelt. Gemäß Art. 14 SCM muss die nationale Verwaltungsvorschrift hierfür ein konkretes Verfahren vorsehen, welches die Vorgaben des Art. 14 lit. a-d SCM einhält. Bei dieser Vorschrift handelt es sich im Vergleich zum zuvor bestehenden Subventionskodex um eine wesentliche Neuerung, da mit Einführung dieser Vorschrift Leitlinien für ein objektives Berechnungsverfahren geschaffen werden konnten.135 Zudem fordert Art. 15 SCM für die Feststellung der Schädigung i.S.d. Art. VI GATT 1994, eindeutige Beweise und eine objektive Prüfung des Umfangs der subventionierten Einfuhren. Das gesamte Untersuchungsverfahren wird in der Regel innerhalb eines Jahres abgeschlossen. In Ausnahmefällen kann eine Verlängerung auf 18 Monate gewährt werden.136 Der nationalen Behörde stehen zum Abschluss des Verfahrens verschiedene Verfahrensalternativen mit unterschiedlichen Rechtsfolgen zur Verfügung. Sollte aus diesen Gründen nicht bereits der Antrag auf Einleitung des Untersuchungsverfahrens abgelehnt worden sein, kann das Untersuchungsverfahren eingestellt werden, wenn (1) die Beweise keine schädigende Subvention rechtfertigen können oder (2) die Höhe der Subvention geringfügig ist bzw. das Volumen der subventionierten Ein130

Art. 11.5 SCM. Gemäß Art. 12.9 SCM umfasst der Begriff der „interessierten Parteien“ im Sinne dieses Übereinkommens „i) einen Ausführer oder ausländischen Hersteller oder den Einführer einer Ware, die Gegenstand einer Untersuchung ist, oder einen Wirtschafts- oder Fachverband, dessen überwiegende Zahl von Mitgliedern Hersteller, Ausführer oder Einführer einer solchen Ware ist, ii) einen Hersteller der gleichartigen Ware im Einfuhrmitglied oder einen Wirtschaftsoder Fachverband, dessen überwiegende Zahl von Mitgliedern die gleichartigen Waren im Gebiet des Einfuhrmitglieds herstellt.“ Zudem können die Mitglieder nach Art. 12.9 a.E. die Liste der interessierten Parteien erweitern. Vgl. zu dem Begriff der interessierten Parteien nach dem SCM: Jirousek, S. 173 ff. 132 Vgl. insbesondere: Art. 12. 1 – 12.3 SCM. 133 Art. 13.2 SCM. 134 Art. 13.3 SCM garantiert dass die eigentlichen Untersuchungen ohne Verzögerungen eingeleitet werden. 135 Crocioni, 47 Austrian J. Publ. Intl. Law 49, 78. 136 Art. 11.11 SCM. 131

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fuhren oder die Schädigung unerheblich ist.137 Eine weitere Möglichkeit der Verfahrensbeendigung ohne Ausgleichszollerhebung ist in Art. 18 SCM normiert. Hiernach kann das Verfahren eingestellt werden und folglich auf die Erhebung vorläufiger Maßnahmen oder die Erhebung von Ausgleichszöllen verzichtet werden, wenn entweder a) der Ausfuhrmitgliedstaat sich zur Subventionsrücknahme verpflichtet, bzw. deren Folgen beseitigt oder begrenzt oder b) der ausführende Mitgliedstaat sich zur Preisanpassung verpflichtet, um so die schädigenden Auswirkungen zu beseitigen. Sind die ersten 60 Tage138 des Untersuchungsverfahrens verstrichen, besteht für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit der vorläufigen Ausgleichszollerhebung. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Untersuchung eingeleitet wurde, die a) öffentlich bekannt gemacht wurde und die Parteien bereits Gelegenheit erhalten haben, Informationen einzusehen und Stellungnahmen abzugeben; b) die materiellen Voraussetzungen einer Ausgleichszollerhebung vorläufig festgestellt wurden139 und c) die zuständigen Behörden eine vorläufige Ausgleichszollerhebung für erforderlich halten, um Schäden während der Untersuchung zu verhindern.140 Liegen diese Voraussetzungen vor, können die Mitgliedstaaten Sicherheitsleistungen in Form einer Barsicherheit oder Bürgschaft erheben, um die endgültige Ausgleichszollerhebung in einer vorläufig berechneten Höhe abzusichern.141 Die Behörden des Einfuhrmitglieds können nach angemessenen Konsultationsbemühungen und der tatsächlichen Überprüfung sämtlicher Voraussetzungen der Art. 10-Art. 16 SCM das Untersuchungsverfahren mit der Verhängung eines endgültigen Ausgleichszolls in der festgestellten Höhe beenden.142 Über dieses Verfahrensergebnis werden nicht nur die interessierten Parteien informiert, vielmehr ergeht gemäß Art. 22.1 SCM eine öffentliche Bekanntmachung des Abschlussberichts.143 Eine nachträgliche Überprüfung auf WTO-Ebene erfolgt ausschließlich anhand der in diesem Dokument aufgeführten Informationen.144

137

So ausdrücklich Art. 11.9 SCM. Art. 17.3 SCM. 139 Vgl. hierzu die Ausführungen auf S. 43 f. 140 So ausdrücklich Art. 17.1 SCM. 141 Art. 17.2 SCM. 142 Art. 19.1 und 19.2 SCM. Die Höhe des Ausgleichszolls darf gem. Art. 19.4 SCM nicht über der festgestellten Subventionshöhe liegen. 143 Der konkrete Inhalt einer solchen Bekanntmachung ist in Art. 22.2 SCM bestimmt. 144 Report of the Appellate Body, WT/DS248 – 259/AB/R (United States/Steel Safeguards), Rn. 299; siehe auch: Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 64. 138

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cc) „Reviews“ In Art. 21.1 SCM wird vorgesehen, dass ein Ausgleichzoll nur so lange erhoben werden darf, wie dies für den Ausgleich der schädigenden Subventionierung notwendig ist.145 Spätestens nach fünf Jahren wird die Ausgleichszollerhebung jedoch gem. Art. 21.3 SCM beendet.146 Vor Ablauf dieser fünf Jahre können die zuständigen Behörden die fortan bestehende Notwendigkeit der Ausgleichszollerhebung eigenständig oder auf Antrag einer betroffenen Partei überprüfen.147 Im Rahmen dieser sog. Reviews, die einen Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreiten dürfen148, wird überprüft, ob die weitere Erhebung des Ausgleichszolls erforderlich ist.149 Kommt die zuständige Behörde zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist, wird die Ausgleichszollerhebung gem. Art. 21.2 SCM unverzüglich beendet. 3. Abhilfemaßnahmen Gegen verbotene und anfechtbare Subventionen können WTO-Mitglieder auch im „Track II“ vorgehen und sog. Abhilfemaßnahmen ergreifen. Es handelt sich hierbei im Vergleich zum allgemeinen Streitbeilegungsverfahren der WTO um ein beschleunigtes Verfahren150, welches für verbotene Subventionen in Art. 4 SCM und für anfechtbare Subventionen in Art. 7 SCM geregelt ist. Das Verfahren orientiert sich an den allgemeinen Vorschriften des DSU151, welche gemäß Art. 1 Abs. 2 DSU i.V.m. Anhang 2 subsidiär zu den Vorschriften des SCM anzuwenden sind.152 So ist auch das Verfahren nach dem SCM, in erster Linie auf Konsultationen ausgerichtet.153 Erst bei deren Scheitern wird ein Streitbeilegungsverfahren vor den zuständigen Organen der WTO eingeleitet, welches im Wesentlichen auf die Rücknahme

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Report of the Appellate Body, WT/DS212/AB/R (United States/Countervailing Measures EC Products), Rn. 139. 146 Zu dieser sog. sunset clause siehe die Ausführungen bei: Horlick/Clarke, 17 World Competition 41, 50; Jirousek, S. 181 f.; Luengo, S. 197. 147 Art. 21.2 SCM. Zu diesem in Art. 21.2 SCM vorgesehenen Verfahren siehe die Ausführungen in: Report of the Appellate Body, WT/DS138/AB/R (United States/Countervailing Duties United Kingdom), Rn. 53 f. 148 Art. 21.4 SCM. 149 Siehe die Nachweise in Fn. 147. 150 Zu den verkürzten Fristen siehe die Ausführungen der einzelnen Verfahrensabschnitte, Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 43 ff. 151 Vereinbarung über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten (WTO), Abl. 1994 L 336/234. 152 Vgl. allgemein zum Ablauf eines WTO-Streitverfahrens nach der DSU 1994: Letzel, S. 250 ff.; Ohlhoff, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, C.I.2. Rn. 83 ff. 153 Siehe hierzu die folgenden Ausführungen zum Konsultationsverfahren nach dem SCM, S. 49 f.

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der Subvention abzielt.154 Im Folgenden sollen die zentralen Verfahrensschritte dargestellt und die Unterschiede des Verfahrens bei Abhilfemaßnahmen gegen verbotene und anfechtbare Subventionen herausgearbeitet werden. a) Konsultationsverfahren Das Verfahren gegen verbotene oder anfechtbare Subventionen ist stets mit einem Konsultationsverfahren einzuleiten.155 Mit diesem diplomatischen Vorverfahren156 soll neben der Aufklärung des Streitgegenstandes, insbesondere die einvernehmliche Lösungsfindung angestrebt werden.157 Um eine Steigerung der Effektivität dieses Vorverfahrens zu erreichen, haben sich alle Mitglieder der WTO gemeinsam gemäß Art. 4 Abs. 1 DSU ausdrücklich zur Stärkung und Verbesserung der Konsultationsverfahren verpflichtet. Das Konsultationsverfahren wird gemäß Art. 4.1 bzw. 7.1 SCM i.V.m. Art. 4 Abs. 4 DSU durch einen schriftlichen und begründeten Antrag des möglicherweise betroffenen Mitglieds eingeleitet. Dieses Mitglied muss Grund zur Annahme haben, dass eine verbotene oder anfechtbare Subvention gewährt wurde oder beibehalten werden soll. Die im DSU normierte Begründungspflicht des Antrags wird für Streitigkeiten nach dem SCM konkretisiert. Art. 4.2 SCM fordert für verbotene Subventionen „Angaben zu den verfügbaren Beweisen für das Bestehen und die Art der betreffenden Subvention“. Im Bereich der anfechtbaren Subventionen bezieht sich die Pflicht zur Angabe der verfügbaren Beweise zudem auf die in Art. 5 SCM konkretisierten Auswirkungen auf die Interessen anderer Mitglieder.158 Die Verhandlungen im Rahmen des Konsultationsverfahrens sind vertraulich und binden die Parteien im weiteren Verfahren nicht.159 Die zeitlichen Fristen eines Konsultationsverfahrens werden grundsätzlich im DSU geregelt, wobei eine einvernehmliche Änderung der Fristenregelungen jederzeit möglich ist.160 Für das Verfahren nach dem SCM werden zum Teil ausdrücklich

154 Siehe hierzu die folgenden Ausführungen zum Panelverfahren nach dem SCM auf S. 50ff. 155 Art. 4.1 SCM; Art. 7.1 SCM, Art. 4 DSU; die Pflicht zur vorrangigen Einleitung eines Konsultationsverfahrens ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des DSU: vgl. exemplarisch Art. 4 Abs. 2 DSU. 156 Letzel, S. 250; Ohlhoff, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, C.I.2. Rn. 84. 157 Art. 4.3 SCM, Art. 7.3 SCM, Art. 4 Abs. 5 DSU (zufriedenstellenden Ausgleich in der Angelegenheit). 158 Ausdrücklich fordert Art. 7.2 b) die Angabe zu den verfügbaren Beweisen für die Schädigung des inländischen Wirtschaftszweigs oder die Zunichtemachung bzw. Schmälerung oder die ernsthafte Schädigung der Interessen des Mitglieds, das um Konsultationen ersucht. 159 Art. 4 Abs. 6 DSU. 160 Ohlhoff, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, C.I.2. Rn. 86 mit Verweis auf Art. 4.3 und 4.7 DSU.

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verkürzte Fristen normiert.161 So muss die erste Stellungnahme der gegnerischen Partei gemäß Art. 4.3 bzw. 7.3 SCM „so bald wie möglich“ erfolgen und nicht innerhalb von zehn Tagen, wie in Art. 4.3 DSU vorgesehen. Zudem wird die Dauer der Konsultationsphase bei verbotenen Subventionen gemäß Art. 4.4 SCM auf 30 Tage gekürzt. Für anfechtbare Subventionen gilt hingegen die allgemeine Frist des Art. 4.7 DSU von 60 Tagen, welche in Art. 7.4 SCM ausdrücklich übernommen wurde. Somit wurde insbesondere für verbotene Subventionen eine Beschleunigung des Konsultationsverfahrens erreicht, wobei zu beachten ist, dass nach dem SCM auch eine einvernehmliche Fristenverlängerung jederzeit möglich ist.162 b) Panelverfahren Wird die Streitigkeit über eine verbotene oder anfechtbare Subvention im Konsultationsverfahren innerhalb von 30 bzw. 60 Tagen nicht beigelegt, kann jede der Parteien die Einsetzung eines Panels163 gemäß Art. 4.4 bzw. 7.4 SCM beim Dispute Settlement Body (DSB) der WTO beantragen.164 Dieses Panel hat gemäß Art. 4.6 bzw. 7.5 SCM innerhalb von 90 bzw. 120 Tagen einen Schlussbericht vorzulegen. Legen die Parteien keinen Einspruch vor dem Apellate Body ein und entscheidet das DSB nicht einvernehmlich gegen die Annahme des Berichts, wird dieser Bericht innerhalb von 30 Tagen gemäß Art. 4.8 bzw. 7.6 SCM rechtskräftig. Das Panelverfahren gegen verbotene Subventionen, zeichnet sich neben den im Vergleich zum Verfahren gegen anfechtbare Subventionen verkürzten Fristen, insbesondere durch die Möglichkeit aus, eine Ständige Sachverständigengruppe (PGE)165 einsetzen zu können. Die PGE entscheidet gemäß Art. 4.5 SCM, ob die Maßnahme als verbotene Subvention einzuordnen ist. Diese Entscheidung wird im Schlussbericht des Panels ohne Änderung angenommen.166 Ordnet das Panel die Maßnahme in die Kategorie der verbotenen Subventionen ein, empfiehlt sie gemäß Art. 4.7 SCM die unverzügliche Rücknahme der Subvention. Der Umfang der Rücknahmepflicht war lange Zeit unklar. Zum Teil wurde der Wortlaut des Art. 4.7 SCM („withdraw the subsidy without delay“), insbesondere in Verbindung mit der Systematik, als Argument für eine bloße Pflicht zur Beendigung andauernder Subventionszahlungen gesehen.167 Die Rechtsfolge sollte demnach nur für die Zu161 Zu beachten ist zudem die grundsätzliche Halbierung der Frist für verbotene Subventionen gemäß Art. 4.12 SCM. 162 Für verbotene Subventionen: Art. 4 SCM Fußnote 3; für anfechtbare Subventionen: Art. 7 SCM Fußnote 2. 163 Gemäß Art. 11 DSU hat das Panel die Aufgabe das DSB bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu unterstützen. 164 Becker, S. 42. 165 Siehe die Ausführungen zum PGE auf S. 40. 166 Art. 4.5 SCM a.E. 167 So plädierten alle beteiligten Parteien in der Entscheidung WT/DS126/R für eine Rücknahmepflicht, die ausschließlich Wirkungen für die Zukunft beinhaltet, vgl. Report of the

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kunft gelten.168 Bei dieser Interpretation blieb allerdings fraglich, welche Rechtsfolge für bereits vollständig gewährte Subventionen gelten sollte. Im Jahre 2000 befasste sich das Panel dann eingehend mit der Auslegung der Rücknahmepflicht des Art. 4.7 SCM.169 Das Panel kam zu dem Ergebnis, dass die Rücknahmepflicht, insbesondere mit Blick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift sowie der Wirksamkeit der Abhilfemaßnahme, zwingend auch die Rückzahlung bereits gewährter Beihilfen umfassen muss.170 Es geht hierbei allerdings nicht um eine vollständige Beseitigung der Auswirkungen der Subvention, vergleichbar zu dem EU-Beihilferecht.171 So besteht keine Pflicht zur Rückzahlung inklusive Zinsen.172 Trotz der klaren Aussage des Panels wurde diese strenge Rechtsfolge in der Praxis zum Teil nicht effektiv umgesetzt und in einigen Fällen auf eine vollständige Rücknahme verzichtet.173 Im Panelverfahren gegen anfechtbare Subventionen entscheidet das gemäß Art. 7.4 SCM innerhalb von 15 Tagen zusammenzusetzende Panel eigenständig und ohne Zuhilfenahme der PGE. Ordnet das Panel die Maßnahme in ihrem Schlussbericht in die Kategorie der anfechtbaren Subventionen ein und wird dieser Bericht oder der Bericht des Einspruchsgremiums angenommen, verpflichtet Art. 7.8 SCM das subventionierende Mitglied ausdrücklich dazu, entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen oder die Subvention zurückzufordern. Der Inhalt der Rücknahmepflicht bei anfechtbaren Subventionen ist heute weiterhin ungeklärt.174 In der ausdrücklichen Entscheidung des WTO-Panels zur Rücknahmepflicht bei verbotenen Subventionen wurde in einem Vergleich auch kurz auf die Bestimmung des Art. 7.8

Panel, WT/DS126/R (Australia – Subsidies Provided to Producers and Exporters of Automotive Leather), Rn. 6.20 ff. Siehe auch die systematischen Argumente bei: Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12 Rn. 105. Jirousek bezeichnet diese Ansicht als: „generelle, allerdings nicht offen ausgesprochene Haltung“, S. 153. Eingehende Auseinandersetzung mit Wortlaut und Systematik bei: Hübschen, S. 39 ff. 168 Vgl. die Nachweise in Fn. 167. 169 Report of the Panel, WT/DS126/R (Australia – Subsidies Provided to Producers and Exporters of Automotive Leather), Rn. 6.18 ff. Eingehend hierzu: Hübschen, S. 20 ff. 170 Report of the Panel, WT/DS126/R (Australia – Subsidies Provided to Producers and Exporters of Automotive Leather), Rn. 6.39. 171 Dupont/Scharf, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, EU Competition Law, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.420; Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 157. 172 Report of the Panel, WT/DS126/R (Australia – Subsidies Provided to Producers and Exporters of Automotive Leather), Rn. 6.49. 173 Jirousek, S. 154 mit einzelnen Beispielen aus der Rechtsprechung; Rubini, in: Biondi/ Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 157; Wegener Jessen, in: Gaines/ Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 306. Ebenso auf eine andere Interpretationslinie durch die Gerichte hinweisend: Luengo, S. 476. 174 Jirousek, S. 155; Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 157.

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SCM eingegangen.175 Allerdings blieb hier offen, welche Rechtsfolge das Panel für den Bereich der anfechtbaren Subventionen folgerte.176 Wird jedoch die umfassende Begründung des Panels im Bereich der verbotenen Subventionen betrachtet, sprechen keine überzeugenden Gründe dafür, die Rücknahmepflicht bei anfechtbaren Subventionen anders zu behandeln. Auch hier sollte mit Blick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift sowie dessen Wirksamkeit für eine vollständige Rückzahlung plädiert werden. c) Verfahren vor dem Appellate Body Jede der Streitparteien hat die Möglichkeit gegen den Schlussbericht des Panels förmlichen Einspruch beim Appellate Body einzulegen.177 Die Überprüfung durch den Appellate Body beschränkt sich auf den Inhalt und die Auslegung des Panelberichts.178 Es findet „keine erneute faktische Überprüfung“179 statt. Für das Verfahren gegen verbotene Subventionen, gelten gemäß Art. 4.9 SCM erneut verkürzte Fristen. So hat der Appellate Body den Bericht im Regelfall innerhalb von 30 Tagen vorzulegen. Eine Verlängerung auf maximal 60 Tage ist möglich. Für die Kategorie der anfechtbaren Subventionen, wurde in Art. 7.7 SCM eine Frist von 60 Tagen bestimmt, welche auf maximal 90 Tage verlängert werden kann. Solange die Parteien den Bericht des Appellate Bodys nicht einvernehmlich ablehnen, wird dieser gemäß Art. 7.14 DSU bedingungslos übernommen. 4. Fazit Das Abhilfemaßnahmenverfahren gegen verbotene und anfechtbare Subventionen, stellt im Vergleich zum allgemeinen Streitbeilegungsverfahren der WTO ein beschleunigtes Verfahren dar. Insbesondere das Verfahren gegen verbotene Subventionen wird durch mindestens halbierte Fristen beschleunigt. Beide Verfahren zielen auf die Rücknahme der Subvention ab, wobei dem subventionierenden Mitglied im Fall der anfechtbaren Subventionen ebenso die Möglichkeit eingeräumt wird sonstige geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen.

175 Report of the Panel, WT/DS126/R (Australia – Subsidies Provided to Producers and Exporters of Automotive Leather), Rn. 6.28. 176 Vgl. Report of the Panel, WT/DS126/R (Australia – Subsidies Provided to Producers and Exporters of Automotive Leather), Rn. 6.28, siehe auch: Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 157. 177 Art. 4.8 bzw. 7.6 SCM. 178 Art. 17.6 DSU. 179 Sánchez Rydelski, Antisubventionsrecht, S. 307.

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V. Sonstige subventionsrechtliche Regelungen im Recht der WTO Die ersten weltweiten Subventionsvorschriften sind bereits im GATT 1947 zu finden.180 Die zentrale Subventionsvorschrift des Art. XVI GATT 1947 wurde im Nachhinein durch Art. VI ergänzt.181 Beide Vorschriften haben durch die Einführung des SCM 1994 an Bedeutung verloren, bestehen aber in unveränderter Form im WTO-Recht fort.182 Aus Gründen der Vollständigkeit sollen diese Vorschriften und ihr Verhältnis zum SCM im Folgenden kurz dargestellt werden. 1. Inhalt des Art. XVI GATT 1947 Artikel XVI GATT 1947 wird in zwei Abschnitte untergliedert, dem Abschnitt über Subventionen im Allgemeinen (Abschnitt A) und dem Abschnitt über zusätzliche Bestimmungen für Ausfuhrsubventionen (Abschnitt B). Art. XVI Abs. 1 S. 1 GATT enthält zunächst eine Notifikationspflicht der Vertragsparteien, für jede gewährte Subvention, die mittelbar oder unmittelbar die Ausfuhr einer Ware steigert oder deren Einfuhr mindert. Diese Notifizierung hat gem. Art. XVI Abs. 1 S.1 GATT unmittelbar gegenüber den Vertragsparteien, unter Angabe der Art und des Ausmaßes zu erfolgen. Wird eine ernsthafte Schädigung der Interessen einer Vertragspartei festgestellt, so werden die Möglichkeiten einer Einschränkung gem. Art. XVI Abs. 1 S. 2 GATT gemeinsam erörtert. Der im Jahre 1955 hinzugefügte Abschnitt B über Ausfuhrsubventionen unterscheidet nochmals zwischen Ausfuhrsubventionen für Grundstoffe und für sonstige Waren.183 Für die Kategorie der Ausfuhr von Grundstoffen, wurde mit Art. XVI Abs. 3 S. 1 GATT zunächst die grundsätzliche Pflicht zur Vermeidung von Grundstoffen normiert. Darüber hinaus verbietet Art. XVI Abs. 3 S. 2 GATT die Ausfuhrsubventionierung von Grundstoffen, wenn der subventionierende Vertragsstaat dadurch mehr als einen angemessenen Teil am Welthandel erzielt.184 Im Bereich der Ausfuhr von Waren, die keine Grundstoffe sind, verbietet Art. XVI Abs. 4 GATT185 jede Art der Subventionierung nach der sog. „Doppelpreisklau180

Sánchez Rydelski, Antisubventionsrecht, S. 276. Nettesheim, S. 24; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12 Rn. 1. 182 Jirousek, S. 109. 183 Der ursprüngliche Vertragstext des GATT 1947 enthielt nur den Abschnitt A. Abschnitt B wurde im Jahre 1955 hinzugefügt, Grave, S. 69; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 14; Senti, Rn. 847; Sánchez Rydelski, Antisubventionsrecht, S. 276. 184 Jirousek, S. 107. Der Wortlaut des Art. XVI Abs. 3 S. 2 GATT spricht allerdings nicht ausdrücklich von einem Verbot, sondern regelt vielmehr, dass der subventionierende Vertragsstaat „diese Situation nicht so handhaben“ darf. 185 Die Zustimmung zu Art. XVI Abs. 4 wurde zunächst von den Entwicklungsländern verweigert, da diese eine Benachteiligung ihrer landwirtschaftlich geprägten Volkwirtschaften annahmen. Somit trat Art. XVI Abs. 4 im Jahre 1960 nur für die Vertragsstaaten in Kraft, die der 181

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sel“186. Hiernach ist die Gewährung einer Subvention immer dann verboten, wenn durch diese der Export der Ware zu einem Preis ermöglicht wird, der unter dem durchschnittlichen Inlandspreis des subventionierenden Mitglieds liegt.187 Im Ergebnis konnte Art. XVI GATT die Subventionierung von Waren nicht effektiv beschränken. Dies lag zum einen an der fehlenden verbindlichen Definition des Begriffs der Ausfuhrsubvention.188 Auch die 1960 eingeführte Liste von Exportsubventionen konnte diesem Defizit nicht entgegenwirken.189 Zum anderen fehlte Art. XVI GATT jegliche effektive Durchsetzungsmöglichkeit.190 So war die teilwiese erfolgte Zustimmung der Mitgliedstaaten zu Art. XVI Abs. 4 GATT nur ein weiteres Problem der GATT-Subventionskontrolle.191 2. Gegenmaßnahmen gemäß Art. VI und XXII, XXIII GATT 1947 Die heute im SCM normierten Maßnahmen gegen Subventionen und deren nachteilige Auswirkungen, bestanden inhaltlich bereits mit dem GATT 1947.192 So regelt Art. VI GATT 1947 die Möglichkeit der Erhebung von Ausgleichszöllen. Parallel hierzu besteht, ebenso wie im SCM die Möglichkeit der Einleitung eines Konsultations- und Streitbeilegungsverfahrens nach Art. XXII und XXIII GATT 1947. Im Rahmen des Art. VI GATT werden Subventionen insofern erwähnt, als dass eine gewährte Subvention die Erhebung eines Ausgleichszolls rechtfertigen kann.193 Allerdings darf ein solcher Ausgleichszoll gemäß Art. VI Abs. 3 S. 2 GATT den geschätzten Betrag der Subvention nicht übersteigen. Zudem enthält Art. VI Abs. 3 S. 2 GATT eine Legaldefinition des Ausgleichszolls, worin dieser als Sonderzoll definiert wird, „der erhoben wird, um jede mittelbare oder unmittelbare für die Herstellung, Gewinnung oder Ausfuhr einer Ware gewährte Prämie oder Subvention unwirksam zu machen.“ Grundsätzlich ist die Erhebung eines Ausgleichszolls gemäß Art. VI Abs. 6 lit. a GATT nur gestattet, wenn die Vertragspartei bei der Einführung dieser Vorschrift zugestimmt hatten. Hierunter waren alle wichtigen Industrienationen, Grave, S. 69 f.; Jackson/Davey/Sykes, S. 773; Stricker, S. 17. 186 Sog. „bilevel pricing test“: Jackson, S. 286; Grave, S. 69; Müller, SCM, S. 32; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12 Rn. 3 Fn. 7; Stricker, S. 17. 187 Art. XVI Abs. 4 S. 2 GATT 1947. 188 Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12 Rn. 4. 189 Vgl. zur Einführung der Liste von Exportsubventionen: Jackson/Davey/Sykes, S. 774; Stricker, S. 17 f. 190 Jackson, S. 285; Jackson/Davey/Sykes, S. 773 sprechen von „loose obligations to report all subsidies“. 191 Vgl. Fußnote 185; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12 Rn. 4. 192 Vgl. Sánchez Rydelski, Antisubventionsrecht, S. 277. 193 Weiß, in: Ehlers/Wolffgang/Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 21, 28.

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Einfuhr einer subventionierten Ware feststellt, dass dadurch ein inländischer Wirtschaftszweig erheblich geschädigt wird, zu geschädigt werden droht oder seine Errichtung bedeutend verzögert wird. Mit Art. 10 des SCM wurde gewährleistet, dass Art. VI GATT 1994 bei der Erhebung eines Ausgleichszolls nach dem SCM stets zu berücksichtigen ist. Zudem sind die bereits erläuterten Verfahrensschritte der Art. 11 ff. SCM zu beachten.194 Bei einer Verletzung des Art. XVI GATT 1947, bestand zudem die Möglichkeit ein Konsultations- und Streitbeilegungsverfahren i.S.d. Art. XXII und XXIII GATT 1994 einzuleiten.195 Diese Verfahren wurden im Jahre 1994 durch das DSU konkretisiert und zudem im Bereich der Subventionen durch die Vorschriften des SCM beschleunigt.196 Die Einhaltung der im Rahmen von Art. XXII und XXIII des GATT 1947 entwickelten Grundsätze wird im DSU durch Art. 3 Abs. 1 garantiert. 3. Verhältnis der subventionsrechtlichen Vorschriften des GATT 1947 zum SCM Mit Einführung des SCM im Jahre 1994 wurde der Tokio-Subventionskodex aufgehoben.197 Im Gegensatz zu diesem enthält das SCM-Übereinkommen keine bloßen Auslegungshilfen bei der Interpretation der GATT-Vorschriften, sondern normiert einen eigenständigen, umfassenden Regelungskodex.198 Die materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften des SCM, sollten die Bestimmungen des GATT nicht verdrängen, vielmehr sollten beide Regelungsgebilde nebeneinander bestehen bleiben.199 Dass die Vorschriften des GATT 1994 und die in diesem Zusammenhang entwickelten Grundsätze weiterhin Bestand haben sollen, wird innerhalb des SCM sowohl für die Begriffsbestimmungen als auch für die einschlägigen Verfahrensvorschriften ausdrücklich normiert.200 So werden vom Subventionsbegriff des SCM gemäß Art. 1.1 lit. a 2. SCM alle Formen der Einkommens- und Preisstützung im Sinne des Art. XVI GATT 1994 umfasst. Hierbei handelt es sich lediglich um einen Verweis auf die im GATT 1994 enthaltene Vorschrift und deren bereits bestehende Interpretationsformen. Zudem

194

Vgl. hierzu S. 44 ff. Sánchez Rydelski, Antisubventionsrecht, S. 279. 196 Vgl. zur Beschleunigung durch das SCM und dem Ablauf eines solchen subventionsrechtlichen Verfahrens, S. 41 ff. 197 Jirousek, S. 110. 198 Becker, S. 30. 199 Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 70. 200 Vgl. Stricker, S. 36, der auf die vielfältigen ausdrücklichen Regelungen zum Verhältnis der subventionsrechtlichen Vorschriften der WTO untereinander im SCM verweist, die vorrangig vor dem Grundsatz der Spezialität anzuwenden sind, vgl. hierzu allgemein ohne subventionsrechtlichen Bezug zudem Stoll/Schorkopf, Rn. 53. 195

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

wird zur Definition innerhalb der einzelnen Subventionskategorien auf die im Rahmen des GATT 1994 entwickelten Begriffsbestimmungen zurückgegriffen.201 Im Track I (Ausgleichsmaßnahmen) wird zu Beginn des Abschnitts gemäß Art. 10 SCM ausdrücklich festgehalten, dass die Erhebung eines Ausgleichszolls202 nicht im Widerspruch zu Art. VI GATT 1994 stehen soll. Zudem wird innerhalb der Antragsvoraussetzungen in Art. 11.2 SCM auf die „Schädigung im Sinne des Artikels VI des GATT 1994“ verwiesen. Die Abhilfemaßnahmen im Track II werden insbesondere im vorgelagerten Notifikationsverfahren an die Vorschriften des GATT gekoppelt.203 Die Notifikationspflicht des SCM besteht gemäß Art. 25.1 SCM unbeschadet der Notifikationspflicht des Art. XVI GATT 1994 und lässt diese folglich unberührt.204 Dass es sich hierbei nicht um eine Verdrängung der Notifikationspflicht des Art. XVI GATT 1994 handelt, wird zudem mit Art. 26.1 SCM verdeutlicht, der den Ausschuss zur Überwachung der Notifikationen nach den GATT-Vorschriften und dem SCM verpflichtet. Als Fazit kann insofern festgehalten werden, dass die subventionsrechtlichen Regelungssysteme der WTO, als völkerrechtliche Vereinbarungen, grundsätzlich parallel zueinander bestehen.205 Allerdings muss das SCM-Übereinkommen, aufgrund der wesentlichen inhaltlichen Präzisierung, als lex specialis angesehen werden.206 Die Vorschriften des GATT 1994 finden insofern nur Anwendung, wenn innerhalb des SCM ausdrücklich auf diese verwiesen wird bzw. das SCM das Verhältnis bestimmt.207 Im praktisch unwahrscheinlichen Fall einer Kollision beider Regelungsbereiche208 bestimmt die allgemeine Auslegungsregelung im Anhang 1 A des WTO-Übereinkommens, dass das SCM-Übereinkommen vorrangig anzuwenden ist.209 201 Vgl. exemplarisch: Verweis in Art. 5 lit. c Fn. 6 SCM auf die Begriffsbestimmung der „ernsthaften Schädigung der Interessen eines anderen Mitglieds“ des Art. XVI Abs. 1 GATT 1994. 202 Für den Begriff des Ausgleichszolls wird in Fn. 2 wiederum auf Art. VI Abs. 3 GATT 1994 verwiesen. 203 Beide Vertragswerke enthalten Notifikationspflichten: vgl. Art. 25.1 SCM und Art. XVI GATT, Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 70. 204 Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 70. 205 Müller, SCM, S. 27. Insbesondere kann der lex posterior-Grundsatz keine Wirkung entfalten, da die subventionsrechtlichen Bestimmungen zeitgleich vereinbart wurden, Stricker, S. 36. 206 Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 70; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12 Rn. 18; Stricker, S. 36 f.; Wagner, S. 106. 207 Müller, SCM, S. 27; Stricker, S. 36; Grave, S. 97 der angesichts der weitergehenden Vorschriften des SCM keinen verbleibenden Anwendungsbereich für Art. XVI Abs. 3 und Abs. 4 sieht. 208 Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 70; Grave, S. 97; Stricker, S. 36 f. 209 Allgemeine Auslegungsregel zu Anhang 1 A: „Bei Vorliegen eines Widerspruchs zwischen Bestimmungen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 und Bestim-

A. Subventionsrecht der Welthandelsorganisation

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VI. Ergebnis (1) Das Subventionsrecht der WTO ist heute vollständig im Anhang 1 A des WTOAbkommens verankert und bezieht sich folglich ausschließlich auf den Bereich des Warenhandels. Neben den eher weit gefassten Bestimmungen innerhalb des GATT 1994, enthält insbesondere das SCM ein vollständiges Subventionskontrollsystem für diesen Bereich. Ziel dieser subventionsrechtlichen Vorschriften ist der Abbau sonstiger Handelsbarrieren in Form von staatlichen Subventionen. (2) Der Begriff der Subvention wird in Art. 1 SCM ausdrücklich definiert. Es muss sich um eine finanzielle Zuwendung handeln, die in einem Vorteil für einen Privaten mündet. Zudem wird der Anwendungsbereich in Art. 2 SCM ausdrücklich auf spezifische Subventionen beschränkt. (3) Das SCM unterscheidet in der Folge zwischen der Kategorie der verbotenen und der anfechtbaren Subventionen. Die 3. Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen besteht seit 2000 mangels Verlängerungsbeschlusses nicht mehr fort. (a) Verbotene Subventionen werden gem. Art. 2.3 SCM grundsätzlich als spezifische Subventionen eingestuft. Zudem muss für verbotene Subventionen nicht nachgewiesen werden, dass sie nachteilige Auswirkungen auf die Interessen anderer Mitglieder haben. Sie sind vielmehr gem. Art. 3.2 SCM verboten und dürfen somit weder gewährt noch beibehalten werden. (b) In die Kategorie der anfechtbaren Subventionen fallen gemäß Art. 5 SCM Subventionen, die nachteilige Auswirkungen auf die Interessen anderer Mitglieder des Abkommens haben. Sie sind nicht per se verboten, sondern können vielmehr von einzelnen Mitgliedern vor den WTO-Gerichten angefochten werden, solange diese durch die Subvention nachteilig betroffen sind. (4) Die Aufgaben innerhalb des SCM werden im Wesentlichen von zwei Organen wahrgenommen – dem Ausschuss für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen und der Ständigen Sachverständigengruppe (Permanent Group of Experts). (5) Das Verfahren im WTO-Subventionsrecht ist zweigleisig ausgestaltet. Als Gegenmaßnahmen stehen im „Track I“ die sog. Ausgleichsmaßnahmen zur Verfügung. Diese gestatten ein Untersuchungsverfahren auf nationaler Ebene, welches auf die Erhebung von Ausgleichszöllen abzielt. Im „Track II“ können die Mitglieder ein Streitbeilegungsverfahren als Abhilfemaßnahme vor den WTO-Streitbeilegungsorganen einleiten, das bei Vorliegen eines Verstoßes u. a. die Rückforderung der Subvention zur Folge haben kann. Ausgleichs- und mungen einer anderen Übereinkunft in Anhang 1 A des Abkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (im Folgenden: „WTO-Abkommen“) sind die Bestimmungen der anderen Übereinkunft maßgebend.“, ebenso Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 70; Grave, S. 97; Müller, SCM, S. 27; Stricker, S. 36 f.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Abhilfemaßnahmen stehen den WTO-Mitgliedern grundsätzlich parallel zur Verfügung.

B. Beihilferecht der Europäischen Union I. Entwicklung und Ziele des Europäischen Beihilferechts Das Europäische Beihilferecht blickt auf eine lange Tradition zurück und nimmt seit langem eine grundlegende Rolle bei der Erhaltung und Stärkung des europäischen Binnenmarktes ein.210 Bereits in den Gründungsverträgen zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im Jahre 1957 war das Europäische Beihilferecht als Teil der Wettbewerbsvorschriften in den Art. 92 – 94 enthalten.211 Bis heute bestehen die primärrechtlichen Vorschriften fort und sind innerhalb des AEUV in Art. 107 – 109 nahezu identisch zu den Vorschriften in den Gründungsverträgen normiert.212 Das Europäische Beihilferecht soll den Binnenmarkt vor Wettbewerbsverzerrungen schützen, die aufgrund von staatlichen Begünstigungen einzelner Unternehmen oder Produktionszweigen entstehen.213 So soll vor allem ein Beihilfenwettlauf zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten verhindert werden, der dem Ziel eines gemeinsamen europäischen Binnenmarktes widerspricht.214 Auch wenn sich die Vorschriften innerhalb der Verträge kaum verändert haben, hat das Europäische Beihilferecht seit seiner Einführung eine starke Wandlung erfahren und vor allem stark an Bedeutung gewonnen. Bis in die frühen 80-er Jahre war

210

Rn. 2. 211

Mitteilung der Kommission – Modernisierung des EU-Beihilferechts, KOM (2012) 209,

Aktionsplan Staatliche Beihilfen, Weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen – Roadmap zur Reform des Beihilferechts 2005 – 2009, KOM (2005) 107 endgültig, Rn. 5; Heidenhain, in: Heidenhain, European State Aid Law, § 2 Rn. 1; Heinrich, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Einleitung Rn. 52. 212 Mit dem Lissabonner Vertrag wurde in Art. 108 AEUVein neuer Absatz 4 eingefügt, der der Kommission primärrechtlich ermöglicht Verordnugnen zu den Arten von staatlichen Beihilfen zu erlassen, die der Rat nach Art. 109 AEUV von der Notifizierungspflicht ausgenommen hat. Auf dieser Grundlage wurde etwa die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) erlassen, siehe zur AGVO die Ausführungen auf S. 99 ff. Zur Einführung des Art. 108 Abs. 4 AEUV: Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Einleitung Rn. 52. 213 Exemplarisch zu den Zielen des EU-Beihilferechts: Aktionsplan 2005, KOM (2005) 107 endgültig, Fn. 211, Rn. 7; Bacon, Rn. 1.16 ff.; Koenig/Hellstern, in: Müller-Graf, Enzyklopädie Europarecht Band 4, § 14 Rn. 1 ff. 214 So etwa: Bacon, Rn. 1.16; Mederer, in: Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 6. Teil, A Rn. 2.

B. Beihilferecht der Europäischen Union

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die Bedeutung des Europäischen Beihilferechts gering.215 Es wurden kaum beihilferechtliche Entscheidungen von der Europäischen Kommission getroffen. Zudem erließ die Kommission zunächst keine Durchführungsverordnungen in diesem Bereich, da sie eine Einschränkung ihrer eigenen Rechte befürchtete.216 In den 80-er Jahren stieg die Zahl der förmlichen Prüfverfahren jedoch rasant an. Zwölf Mal mehr Verfahren wurden in den Jahren 1981 – 1984 im Vergleich zu 1977 – 1980 entschieden.217 Zudem erließ die Europäische Kommission die ersten Mitteilungen und Leitlinien und begann so mit der Konkretisierung des Europäischen Beihilferechts.218 Auch in den 90-er Jahren setzte sich der Bedeutungsgewinn des Europäischen Beihilferechts fort.219 1997 beschloss die Kommission dann gemeinsam mit dem Europäischen Rat ein Reformprogramm, das zu mehr Transparenz und Rechtssicherheit beitragen sollte.220 Ein Kernpunkt dieses Reformprogrammes war die Erarbeitung geschriebener Verfahrensvorschriften, die bis dahin allein durch die Praxis der Kommission und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geprägt wurden.221 Der Erlass der ersten Verfahrensverordnung für das Europäische Beihilferecht im Jahre 1999 war somit ein wichtiger Schritt mit Blick auf die angestrebte verstärkte Transparenz und Rechtssicherheit.222 Trotzdem wurde dem Beihilferecht in den Folgejahren eine mangelnde Transparenz vorgeworfen.223 Die Kommission hatte inzwischen neben einer Vielzahl von sekundärrechtlichen Vorschriften auch eine Fülle von Mitteilungen, Leitlinien und Gemeinschaftsrahmen erlassen ohne hierbei eine klare Struktur erkennen zu lassen. Diese Fülle an Rechtstexten führte zu einem Defizit in der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit des Rechts und mündete so in einer steigenden Rechtsunsicherheit.224 Mit dem Aktionsplan „Weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen“ – dem sog. State Aid Action Plan strebte die Kommission im Jahre 2005 u. a. eine 215 Heidenhain, in: Heidenhain, European State Aid Law, § 2 Rn. 1; Luengo sieht bereits eine erste aufsteigende Tendenz ab 1970, jedoch auch einen weiteren deutlichen Bedeutungsgewinn in 1980, S. 294. 216 Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Einleitung Rn. 54. 217 Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Einleitung Rn. 59. 218 Siehe die Aufzählung bei: Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Einleitung Rn. 55. 219 Luengo, S. 295. 220 Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Auflage, Art. 107 Rn. 4. 221 Heidenhain, in: Heidenhain, European State Aid Law, § 2 Rn. 1. 222 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. 03. 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags, Abl. 1999 L 83/1 (im Folgenden: VerfahrensVO 1999). Siehe hierzu: Heidenhain, in: Heidenhain, European State Aid Law, § 2 Rn. 1; Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Einleitung Rn. 63. 223 Aktionsplan 2005, KOM (2005) 107, Fn. 211, Rn. 17. 224 Aktionsplan 2005, KOM (2005) 107, Fn. 211, Rn. 17.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

transparentere Beihilfenpolitik an.225 Zudem sollte ein vertiefter Blick auf wirtschaftliche Zusammenhänge geworfen werden.226 Neben dem Erlass der AGVO im Jahre 2008 wurden in diesem Zeitraum eine Vielzahl von Leitlinien und Mitteilungen überarbeitet.227 In diesem Modernisierungsprozess traf die Finanzkrise die Europäische Kommission mehr oder weniger unvorbereitet.228 Die Kommission musste mit einer flexibleren Anwendung des Europäischen Beihilfenregimes reagieren und konnte so deutlich weniger Widerstand gegen die starken staatlichen Eingriffe leisten.229 Auch mit Blick auf die Ziele des Aktionsplans Staatliche Beihilfen geriet die Kommission durch die Finanzkrise in Verzug. So konnte u. a. die vollständige Überarbeitung der Verfahrensverordnung nicht fertiggestellt werden.230 Dies wurde dann wiederum eines der vorrangigen Ziele der Mitteilung zur Modernisierung des EU-Beihilferechts aus dem Jahre 2012, die im Rahmen der Wachstumsstrategie Europa 2020 veröffentlicht wurde.231 Neben dem Ziel eines effizienteren Beihilfeverfahrens232, sind die Fokussierung des Europäischen Beihilferechts auf stark wettbewerbsverzerrende Beihilfen und die allgemeine Förderung des Wachstums in einem wettbewerbsfähigen Binnenmarkt die Ziele der sog. State Aid Modernisation.233 In den vergangenen Jahren hatte die Kommission mit der Last an Beihilfeverfahren zu kämpfen. Ihre Entscheidungspraxis ist von einem weiten Beihilfebegriff 225

Aktionsplan 2005, KOM (2005) 107, Fn. 211, Rn. 17. Sog. more economic approach, Aktionsplan 2005, KOM (2005) 107, Rn. 21 ff. Siehe auch die Ausführungen bei: Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Einleitung Rn. 69 ff. 227 Eine Auswertung der Erfolge des Aktionsplans 2005 finden sich bei: Hancher/Ottervanger/Slot, 4. Auflage, Rn. 1-010 ff.; Jaeger, EuZW 2010, 47 ff., siehe hierin auch die verwirklichten Vorhaben auf S. 48. 228 Jaeger, EuZW 2010, 47, 49. 229 Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, 3. Auflage, Art. 107 Rn. 1; Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Einleitung Rn. 72 ff. Eingehend zum Beihilferecht in der Finanzkrise: Soltész, EuR 2011, 119 ff. 230 Jaeger, EuZW 2010, 47, 48 und 49 f.; Votava, in: Jaeger/Haslinger, Jahrbuch Beihilferecht 2013, S. 327, 329. 231 Modernisierung des EU-Beihilferechts, COM (2012) 209, Fn. 210. 232 Mit diesem Ziel wurde die Verfahrensverordnung im Jahre 2013 reformiert: Verordnung (EU) Nr. 734/2013 des Rates vom 22. 07. 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 659/ 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrages, Abl. 2013 L 204/15 (im Folgenden: VerfahrensVO 2013), Zusammenschau der Erwägungsgründe. 233 Modernisierung des EU-Beihilferechts, COM (2012) 209, Fn. 210, Rn. 8; Eingehend zur State Aid Modernisation: Pesaresi/Beranger, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.10 ff.; Plank/Walch, EuZW 2012, 613 ff.; Votava, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht Jahrbuch 2013, S. 327 ff. Siehe auch zu den Entwicklungen in den Jahren 2014: Soltész, EuZW 2015, 277 ff. 226

B. Beihilferecht der Europäischen Union

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geprägt und greift so in eine Vielzahl von Bereichen ein.234 Hierzu gehören zum Teil auch strittige Bereiche, wie das Steuerrecht, welches grundsätzlich nicht im Kompetenzbereich der Europäischen Union liegt, in letzter Zeit jedoch eine Regulierung durch das Europäische Beihilferecht erfährt.235 Um die Arbeitsbelastung der Europäischen Kommission zu vermindern, wurde im Zuge der aktuellen Reformen auch an der Modernisierung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung gearbeitet, die eine Vielzahl von Beihilfen von der Notifizierungspflicht ausnimmt und der Kommission so ermöglicht, sich auf tatsächlich wettbewerbsverzerrende Beihilfen zu konzentrieren.236 Die erneute Reform des Europäischen Beihilferechts war zudem aufgrund der weiterhin bestehenden hohen Komplexität der Bestimmungen notwendig geworden.237 Die Zahl der Vorschriften wurde zwar reduziert. Dies genügte allerdings trotzdem nicht, um eine transparente ex-ante-Bewertung aus Sicht der Rechtsanwender zu ermöglichen. Da zudem viele der Mitteilungen im Jahre 2013 außer Kraft getreten sind, nutzte die Kommission die Gelegenheit für eine erneute vollständige Modernisierung des Europäischen Beihilferechts.238 In diesem Zusammenhang hat die Europäische Kommission in den vergangenen Jahren nahezu das gesamte beihilferechtliche Sekundär- und Tertiärrecht239 überarbeitet und zusammengefasst. Ob die dadurch erreichte Komplexitätsstufe bereits genügt, um eine für den Rechtsanwender taugliche Anwendung zu ermöglichen, bleibt abzuwarten.240

234

Vgl. zur Weite des Beihilfebegriffs etwa: Mederer, in: Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 6. Teil, A Rn. 4; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/ Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 1; Stöbener de Mora, EuZW 2016, 685 ff. 235 Siehe hierzu die Ausführungen und Nachweise auf S. 265. 236 Siehe so etwa Erwägungsgrund 3 in der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. 06. 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Art. 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden: AGVO). Zur AGVO siehe die Ausführungen auf S. 99 ff. 237 Modernisierung des EU-Beihilferechts, COM (2012) 209, Fn. 210, Rn. 6. So etwa auch die Feststellung von Koenig/Hellstern, in: Müller-Graf, Enzyklopädie Europarecht Band 4, § 14 Rn. 7 a.E. nach der eine Erarbeitung der jeweiligen Vorschriften nur schwer möglich ist, da sich die Kommissionsakte heute auf eine so große Anzahl von Bereichen erstrecken. 238 Modernisierung des EU-Beihilferechts, COM (2012) 209, Fn. 210, Rn. 7. 239 Zum Begriff des Tertiärrechts, siehe: Birnstiel, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Einleitung Rn. 5. 240 Zu der Frage nach dem Erfolg der State Aid Modernisation: Soltész, EuZW 2015, 277 ff.; Stöbener, EuZW 2014, 601 f, siehe auch: Hancher/Ottervanger/Slot, Rn. 1 – 025 ff.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

II. Inhalt des Europäischen Beihilferechts 1. Rechtsgrundlagen und Systematik Grundlage des Europäischen Beihilferechts sind die primärrechtlichen Bestimmungen in den Art. 107 – 109 AEUV. In diesen Vorschriften wird neben dem allgemeinen Verbotstatbestand in Art. 107 Abs. 1 AEUV und den Ausnahmebestimmungen in Art. 107 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV, auch das Verfahren der Europäischen Beihilfenkontrolle normiert (Art. 108 AEUV). Art. 109 AEUV ermächtigt die Kommission zum Erlass von Durchführungsverordnungen zu den Art. 107 und 108 AEUV. Das Primärrecht der Europäischen Beihilfenkontrolle erfährt eine Konkretisierung durch eine Vielzahl von sekundärrechtlichen und tertiärrechtlichen Bestimmungen.241 So wird das Verfahren der Europäischen Beihilfenkontrolle sekundärrechtlich in einer eigenständigen Verfahrensverordnung normiert.242 Die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung nimmt zudem eine Vielzahl von beihilferechtlichen Vorschriften von der Anmeldepflicht aus.243 Insbesondere die Ausnahmebestimmungen des Art. 107 Abs. 3 AEUV werden durch eine Vielzahl von Mitteilungen, Unionsrahmen und Leitlinien konkretisiert. So sollen die Ermessensentscheidungen der Kommission an transparenten und vorhersehbaren Kriterien messbar werden.244 Diese Vorschriften sind klassischerweise dem sog. Soft Law zuzuordnen, da sie eine praktische und rechtliche Relevanz aufweisen, allerdings für die Mitgliedstaaten im Gegensatz zu hartem Recht keine bindene Geltung entfalten.245 Allein die Kommission ist zunächst an das von ihr erlassene Soft Law gebunden.246 Nur wenn die Mitgliedstaaten der konkreten Mitteilung, Leitlinie oder sonstigem tertiärem Recht ausdrücklich zustimmen, entfaltet sie auch für die Mitgliedstaaten eine unmittelbare Verbindlichkeit.247 241

Zum Begriff des Tertiärrechts, siehe den Nachweis in Fn. 239. Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. 07. 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Abl. 2015 L 248/9 (im Folgenden: VerfahrensVO). 243 Siehe eingehend zur AGVO und den mit ihr verbundenen Rechtsfolgen die Ausführungen auf S. 99 ff. 244 Vgl. Bartosch, Art. 107 Abs. 3 AEUV, Rn. 2. 245 Zur Bindungswirkung der Bekanntmachungen, Leitlinien und Mitteilungen aus Sicht des Europäischen Wettbewerbsrechts: von Graevenitz, EuZW 2013, 169, 171 ff.; Pampel, EuZW 2005, 11 ff.; Thomas, EuR 2009, 423 ff. Allgemein zum Soft Law im Bereich des Europäischen Beihilferechts: Cini, 8 (2) Journal of European Public Policy 192 ff. Allgemein zum Soft Law in der Europäischen Union: Knauff, S. 214 ff.; Schwarze, EuR 2011, 3 ff.; Senden, S. 111 ff.; Snyder, EUI Working Paper LAW No. 93/5 jeweils m.w.N. 246 Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH darf sie nur mit sachlichem Grund vom Tertiärrecht abweichen: EuGH, Rs. C-464/09 (Holland Malt/Kommission), Slg. 2010, I-12446, Rn. 47 m.w.N. Siehe auch von Graevenitz, EuZW 2013, 169, 171 f.; Birnstiel, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 1062. 247 Siehe hierzu eingehend: Thomas, EuR 2009, 423, 432 ff. 242

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Im Ergebnis wird das Europäische Beihilferecht zwar durch die primärrechtlichen Vorschriften getragen, eine inhaltliche Ausführung und Konkretisierung erfährt es jedoch vor allem über die Vielzahl an Rechtstexten, die dem Sekundär- und Tertiärrecht zuzuordnen sind. Aufgrund dieser großen Anzahl an speziellen Vorschriften hat das Europäische Beihilferecht häufig mit einer hohen Komplexität zu kämpfen. Im Folgenden soll näher in die Art. 107 und 108 AEUV eingeführt werden und hierbei an den jeweiligen Stellen auf die relevanten Verordnungen, Richtlinien, Mitteilungen, Leitlinien und Unionsrahmen eingegangen werden.

2. Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV Kern des Europäischen Beihilferechts ist der Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV. Nach dieser Vorschrift sind „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“ Die Europäische Kommission248 und der EuGH249 entnehmen der Regelung eine ausdrückliche Legaldefinition des Begriffs der staatlichen Beihilfe und sehen bestimmte Kriterien als Elemente dieses Beihilfenbegriffs an. So muss eine staatliche Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV folgende Merkmale kumulativ erfüllen250 : (1) Gewährung einer Begünstigung; (2) staatlich oder aus staatlichen Mitteln; (3) Unternehmen oder Produktionszweige als Beihilfeempfänger; (4) Selektivität der Maßnahme; (5) potentielle Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel innerhalb der EU. Die Europäische Kommission hat die einzelnen Elemente in ihrer Bekanntmachung zum Beihilfenbegriff aus dem Jahre 2016 detailliert erläutert.251 Hierbei hat sie die umfassende Rechtsprechung der europäischen Gerichte zusammengefasst und diese immer dann um eine eigene Auslegung ergänzt, wenn die Unionsgerichte noch keine Aussage zu diesem Problemkreis getroffen haben.252 Für die Praxis wird diese 248

Die Kommission sieht den Begriff als „direkt im AEUV definiert“ an: Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 2016/C 262/01, Rn. 3, 5. 249 So z. B. ausdrücklich in: EuGH, Rs. C-280/00 (Altmark Trans), Slg. 2003, I-7747, Rn. 74. 250 Eingehend zu den einzelnen Kriterien, siehe die Ausführungen auf S. 65 ff. 251 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248. 252 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 3.

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Bekanntmachung von besonderer Bedeutung sein, da sie in vorbildlicher Weise zur Transparenz des Europäischen Beihilferechts beiträgt.253 In der Literatur wird in gegenteiliger Auffassung zum EuGH und zur Europäischen Kommission häufig angemerkt, dass Art. 107 Abs. 1 AEUV keine ausdrückliche Definition des Begriffs der staatlichen Beihilfe enthalte.254 Vielmehr werde der Beihilfenbegriff nur umschrieben.255 Betrachtet man etwa den Wortlaut des Art. 1 SCM und die darin enthaltene ausdrückliche Definition einer Subvention, ist es tatsächlich fraglich, ob eine Legaldefinition des Begriffes der staatlichen Beihilfe in Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt. Hinweise auf die inhaltliche Auslegung des Begriffs der staatlichen Beihilfe gibt die Vorschrift wohl vielmehr nur insoweit, als dass „Beihilfen gleich welcher Art“ umfasst werden sollen, was für eine weite Auslegung des Beihilfenbegriffs spricht.256 Im Ergebnis handelt es sich hierbei allerdings um einen rein theoretischen Streit. Ob die einzelnen Merkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV den Begriff der staatlichen Beihilfe definieren, oder genau genommen nur die Tatbestandsmerkmale des Verbotstatbestandes aufzählen, ist im Ergebnis für die Praxis ohne Bedeutung. Heute ist der Begriff der staatlichen Beihilfe wohl jedenfalls durch den EuGH und die Kommission ausgestaltet worden, sodass für das Vorliegen einer verbotenen staatlichen Beihilfe alle fünf Merkmale kumulativ vorliegen müssen. Der „Begriff der staatlichen Beihilfe“ ist ein objektiver Rechtsbegriff, dessen Auslegung in den Zuständigkeitsbereich des EuGH fällt.257 Die Europäische Kommission ist an diese Auslegung grundsätzlich gebunden und verfügt bei der Überprüfung der einzelnen Merkmale über keinen Ermessensspielraum.258 Lediglich bei komplexen wirtschaftlichen Fragestellungen wird ihr ein solcher Spielraum eingeräumt.259 253 So auch Stöbener de Mora, EuZW 2016, 685, 690 allerdings mit Hinweis darauf, dass das Ziel der Vorhersehbarkeit von Kommissionsentscheidungen nicht erfüllt wurde. Ebenso Soltész, der bereits den Mitteilungsentwurf als „handwerkliches Meisterstück“ bezeichnete, NJW 2014, 3128, 3129. Meßmer sieht die Rechtsanwendung insgesamt gestärkt und verbessert, KommJur 2017, 1 ff. 254 Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 1; Hancher/Ottervanger/Slot, Rn. 3 – 006; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 1; Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 56. 255 Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 1. 256 Der Beihilfenbegriff wird weiter verstanden als der klassische Begriff der Subvention. So werden nicht nur positive Zuwendungen, sondern auch sämtliche Maßnahmen erfasst, die die Belastungen eines Unternehmens vermindern. Siehe hierzu die Nachweise in Fn. 261. 257 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 3; Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 9. 258 EuGH, C-487/06 P (Britisch Aggregates Association), ECLI:EU:C:2008:757, Rn. 114 m.w.N. Siehe auch: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 4. 259 Siehe die Nachweise in Fn. 258.

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Im Folgenden werden die einzelnen Tatbestandsmerkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV überblicksartig vorgestellt. a) Gewährung einer Begünstigung Das Europäische Beihilfeverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV setzt zunächst voraus, dass eine Begünstigung gleich welcher Art vorliegen muss. Eine solche Begünstigung wird immer dann angenommen, wenn einem Unternehmen oder einem Produktionszweig ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird, ohne dass es hierfür eine marktgerechte Gegenleistung erhält.260 Wirtschaftliche Vorteile können hierbei nicht nur in Form von direkten staatlichen Zuwendungen entstehen, sondern sind vielmehr auch in jeder Art der Minderung einer grundsätzlich bestehenden finanziellen Verpflichtung eines Unternehmens zu sehen.261 Keine Begünstigung ist die Gewährung eines solchen wirtschaftlichen Vorteils nur dann, wenn das Unternehmen diese unter normalen Marktbedingungen erhalten hat.262 In diesem Zusammenhang wurden über die Jahre hinweg verschiedene Testverfahren entwickelt, mit denen die Marktüblichkeit einer Begünstigung und der gegenüberstehenden Gegenleistung ermittelt werden sollen. So wurde neben dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers263, auch das Kriterium des privaten Gläubigers und des privaten Verkäufers zur Überprüfung der Marktwirtschaftlichkeit herangezogen.264 Im Ergebnis handelt es sich bei diesen Kriterien allerdings nur um „Abwandlungen desselben Grundkonzepts“.265 Es geht stets um die Frage, ob ein privater Wirtschafts260 Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 11; Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 1; Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 10; Heidenhain, in: Heidenhain, Handbuch EU-Beihilferecht, § 4 Rn. 2; Kleine/Sühnel, in: Birnstiel/Bungenberg/ Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 89; Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 28. 261 Der EuGH stellt in diesem Zusammenhang in ständiger Rechtsprechung fest, dass der Begriff der Beihilfe weiter ist als der klassische Begriff der Subvention und insofern auch die Minderung von Belastungen einbezieht: EuGH, Rs. C-39/94 (SFEI U.A.), Slg. 1996, I-3547, Rn. 58; EuGH, Rs. C-328/99 und C-399/00 (Italien und SIM/Kommission), Slg. 2003, I-4035, Rn. 35; EuGH, Rs. C-6/97 (Italien/Kommission), Slg. 1999, I-2981, Rn. 15; EuGH, Rs. C-73/ 11 P (Frucona/Kommision), ECLI:EU:C:2013:32, Rn. 69. 262 So exemplarisch aus der ständigen Rechtsprechung des EuGH: EuGH, Rs. C-39/94 (SFEI U.A.), Slg. 1996, I-3547, Rn. 60; EuGH, Rs. C-200/97 (Ecotrade), Slg. 1998, I-7907, Rn. 34; EuGH, Rs. C-342/96 (Spanien/Kommission), Slg. 1999, I-2459, Rn. 41; EuGH, Rs. C256/97 (DM Transport), Slg. 1999, I-3913, Rn. 22; EuGH, Rs. C-66/02 (Italien/Kommission), Slg. 2005, I-10901, Rn. 77 m.w.N.; EuGH, Rs. C-222/04 (Cassa di Risparmio), Slg. 2006, I289, Rn. 131 m.w.N. Siehe auch die Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 66. 263 Siehe hierzu den aktuellen Beitrag von Cyndecka, EStAL 2016, 381 ff. 264 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 74; eingehend zu den einzelnen Verfahren m.w.N., siehe etwa: Kleine/Sühnel, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 103 ff. 265 So ausdrücklich die Europäische Kommission in ihrer Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 75.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

teilnehmer die Begünstigung in derselben Weise gewährt hätte.266 Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Vergleich der öffentlichen Hand mit dem marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten nicht für die Fälle gilt, in denen die öffentliche Hand in ihrer hoheitlichen Funktion tätig wird, sondern nur dann Anwendung findet, wenn sie selbst als Marktteilnehmer auftritt.267 Die Feststellung der Marktkonformität erfolgt anhand einer ex-ante-Überprüfung aller maßgeblichen Umstände zum Zeitpunkt der Vorteilsgewährung.268 Unberücksichtigt bleiben hierbei hingegen alle mit der hoheitlichen Funktion im Zusammenhang stehenden Erwägungen.269 Unproblematisch als marktkonform werden die Fälle eingestuft, in denen ein transparenter Marktpreis ermittelt werden kann und dieser von der öffentlichen Stelle auch bezahlt wurde.270 Ist dies nicht der Fall unterscheidet die Europäische Kommission im Rahmen der Prüfung zwei Fälle: aa) die Fälle in denen eine direkte Feststellung der Marktkonformität möglich ist und bb) diejenigen Fälle in denen zusätzliche Verfahren zur Ermittlung herangezogen werden müssen.271 aa) Direkte Feststellung der Marktkonformität Eine direkte Feststellung der Marktkonformität ist aus Sicht der Kommission in zwei Fällen möglich. Zum einen geht die Kommission immer dann von einer solchen direkten Feststellungsmöglichkeit aus, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer sich unter ähnlichen Bedinungen an einer Transaktion beteiligt hat (sog. pari-passu Transaktion).272 In diesem Zusammenhang muss u. a. berücksichtigt werden, ob die

266

Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 76. 267 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 77; siehe hierzu auch: Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 2; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 41 f. und 64 ff. 268 EuGH, Rs. C-124/10 P (Kommision/EDF), ECLI:EU:C:2012:318, Rn. 83 ff.; EuGH, C482/99 (Frankreich/Kommission), Slg. 2002, I-4397, Rn. 71 f.; siehe auch Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 78 und 82. 269 EuGH, Rs. C-124/10 P (Kommision/EDF), ECLI:EU:C:2012:318, Rn. 79 ff.; EuGH, Rs. C-234/84 (Belgien/Kommission), Slg. 1986, I-2263, Rn. 14; siehe auch: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 77; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 66. 270 Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 68 m.w.N. 271 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 83 ff. Siehe hierzu auch die Ausführungen bei: Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 68 ff. 272 EuG, Rs. T-296/97 (Alitalia/Kommission), Slg. 2000, II-3871, Rn. 81; Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 86 ff. m.w.N.

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Entscheidungen zu einem vergleichbaren Zeitpunkt ergangen sind und ob die jeweiligen Grundlagen für die Transaktionen vergleichbar waren.273 Zum anderen ist eine direkte Feststellung der Marktkonformität immer dann anzunehmen, wenn Waren, Dienstleistungen und sonstige Vermögenswerte im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens verkauft oder gekauft werden, welches die Vorgaben der Vergaberichtlinie beachtet.274 Die Kommission geht dann von einer Marktkonformität aus, wenn die öffentliche Hand im Rahmen eines Verkaufs, das höchste Kaufangebot bzw. im Rahmen eines Kaufs das günstigste dem Marktwert entsprechende Angebot auswählt.275 Das Ausschreibungsverfahren muss insofern wettbewerblich und bedingungsfrei ausgestaltet sein und in diesem Sinne allen potentiellen Bietern offenstehen.276 Zudem ist in sämtlichen Verfahrensschritten, die geforderte Transparenz und Diskriminierungsfreiheit zu wahren.277 bb) Feststellung der Marktkonformität anhand anderer Methoden Die Marktkonformität kann auch anhand anderer Methoden festgestellt werden. Insofern nennt die Kommission, in ihrer Mitteilung zum Begriff der staatlichen Beihilfe neben dem sog. Benchmarking, eine Reihe anderer Bewertungsmethoden, die der öffentlichen Hand ermöglichen, die Marktkonformität ihrer Transaktion zu gewährleisten.278 Beim Benchmarking wird die fragliche Transaktion im Vergleich zu früheren Transaktionen privater Wirtschaftsteilnehmer verglichen.279 Hierbei muss berücksichtigt werden, dass zum konkreten Zeitpunkt ein paralleler Ver-

273

In der Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, werden in Rn. 87 weitere Punkte aufgezählt, die bei der Prüfung berücksichtigt werden sollen. Siehe auch die Voraussetzungen bei: Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 70. 274 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 89 m.w.N. Siehe hierzu auch: Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 71. 275 Für die Alternative des Verkaufs siehe die Entscheidung des EuG, T-268/08 und T-281/ 08 (Land Burgenland/Kommision), ECLI:EU:T:2012:90Rn. 87; siehe hierzu allgemein die Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 95 und 96. 276 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 89, 90, 94 m.w.N. 277 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 89, 91 f. m.w.N. Siehe hierzu auch: Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/ Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 71 ff. 278 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 97 ff.; siehe hierzu auch die Ausführungen bei: Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 79 ff. 279 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 98; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 81.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

gleichsmaßstab im Hinblick auf die Struktur der Unternehmen, die Art der Transaktion und des betroffenen Marktes vorliegen muss.280 b) Staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe Der Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV setzt zudem voraus, dass eine „staatliche“ oder „aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe“ vorliegen muss.281 Diese Unterscheidung soll nach der Rechtsprechung des EuGH dazu dienen „in den Beihilfebegriff nicht nur unmittelbar vom Staat gewährte Beihilfen, sondern auch jene Beihilfen einzubeziehen, die durch vom Staat benannte oder errichtete öffentliche oder private Einrichtungen gewährt werden.“282 Hierbei handelt es sich um einen der umstrittensten Tatbestandsmerkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV, dem es bis heute an klar abgegrenzten Konturen und Voraussetzungen mangelt.283 Die überwiegende Mehrheit der Stimmen geht davon aus, dass dieses Element des Beihilfetatbestands zwei Voraussetzungen beinhaltet, die kumulativ vorliegen müssen.284 Es wird insofern häufig auch vom „doppelten Zurechenbarkeitstest“ gesprochen.285 Im ersten Schritt muss die Maßnahme aus staatlichen Mitteln finanziert sein.286 Hierzu ist entweder eine unmittelbare Belastung des Staatshaushaltes notwendig oder zumindest eine Mittelbelastung, die dem staatlichen Vermögen zugerechnet werden kann. Der erste Teil des Zurechenbarkeitstests prüft also, ob die verwendeten Mittel dem Staat zugerechnet werden können. Die zweite Voraussetzung fordert darüber hinaus, dass eine Zurechnung der Beihilfengewährung zum Staat erfolgen kann.287 In der Rechtsprechungspraxis des EuGH ver-

280 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 99. 281 Eingehend zu diesem Merkmal des Art. 107 Abs. 1 AEUV: Bührle, S. 280 ff.; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 247 ff.; Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 48 ff.; Soltész, in: Säcker/Montag, European State Aid Law, II Rn. 263 ff.; Schroeder, EuZW 2015, 207 ff. 282 EuGH, C-72/91 und C-73/91 (Sloman Neptun), Slg. 1993, I-887, Rn. 19. 283 Schroeder, EuZW 2015, 207 ff., kritisch zur Ausweitung des Merkmals: Nettesheim, NJW 2014, 1847, 1851 f. 284 Ständige Rechtsprechung des EuGH, exemplarisch jeweils m.w.N.: EuGH, Rs. C-482/ 99 (Frankreich/Kommission), Slg. 2002, I-4427, Rn. 24; EuGH, Rs. C-206/06 (Essent), ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 64. So auch ausdrücklich die Europäische Kommission in der Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 38. Eingehend zum Streitstand in der Literatur: Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 48 ff; Schroeder, EuZW 2015, 207, 209. 285 Jaeger, EStAL 2012, 535 f.; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 248; Schroeder, EuZW 2015, 207, 209. 286 Siehe hierzu die Ausführungen bei aa). 287 Siehe hierzu die Ausführungen bei bb).

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schwimmen diese Voraussetzungen häufig, sodass eine klare Abgrenzung der Argumentationslinien häufig nur schwer möglich ist.288 aa) Finanzierung der Maßnahme aus staatlichen Mitteln Eine Maßnahme ist jedenfalls dann aus staatlichen Mitteln finanziert, wenn sie unmittelbar aus dem Haushalt des Mitgliedstaates, seiner Gebietskörperschaften oder sonstiger öffentlicher Einrichtungen gewährt wird.289 Allerdings ist es nach der Rechtsprechung des EuGH nicht zwingend erforderlich, dass es sich unmittelbar um staatliche Mittel handelt, über die der Staat dauerhaft verfügen kann.290 Für die Zurechnung der Mittel zum Staat soll es vielmehr ausreichen, wenn die Mittel unter staatlicher Kontrolle stehen und es der staatlichen Stelle so zumindest abstrakt möglich ist, auf die Geldmittel zurückzugreifen, ohne hierfür eine gerichtliche Entscheidung zu benötigen.291 Dies ist etwa bei Mitteln öffentlicher Unternehmen der Fall, da der Staat auf diese Unternehmen stets einen mittelbar oder unmittelbar beherrschenden Einfluss ausüben kann und so Einfluss auf die Mittelerhebung und Mittelverwendung hat.292 Der EuGH wendet diese Formel allerdings auch auf Fälle an, in denen lediglich ein Mittelfluss zwischen Privaten vorliegt.293 Auch hier muss stets im Wege einer Gesamtbetrachtung überprüft werden, ob im konkreten Fall eine Zurechnung der Mittel zum Staat möglich ist und eine staatliche Zugriffsmöglichkeit so angenommen werden kann.294 Im Preussen Elektra-Urteil entschied der EuGH diesbezüglich, dass es für die Zurechnung im Grundsatz nicht ausreicht, wenn die Leistungsgewährung auf einem Gesetz beruht.295 Anderes gilt jedoch, wenn das 288

Vgl. Schroeder, EuZW 2015, 207, 209. EuGH, C-248/84 (Deutschland/Kommission), ECLI:EU:C:1987:437, Rn. 17; Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 48; Exemplarisch: Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 269. 290 EuGH, Rs. C-83/98 (Ladbroke), Slg. 1996, I-3271, Rn. 50; EuGH, Rs. C-482/98 (Frankreich/Kommission), Slg. 2002, I-4427, Rn. 37; EuG, T-47/15 (EEG), ECLI:EU:T:2016:28, Rn. 83. 291 EuGH, Rs. C-83/98 (Ladbroke), Slg. 1996, I-3271, Rn. 50; EuGH, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission), Slg. 2002, I-4427, Rn. 37; EuGH, Rs. C-677/11 (Doux Élevage), ECLI:EU:C:2013:348, Rn. 36; EuG, Rs. T-47/15 (EEG), ECLI:EU:T:2016:28, Rn. 83. 292 EuGH, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission), Slg. 2002, I-4427, Rn. 38; EuGH, C278/00 (Griechenland/Kommission), Slg. 2004, I-3997, Rn. 53 f.; Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 49 m.w.N.; siehe auch: Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 270 m.w.N. 293 Insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung erneuerbarer Energien, siehe hierzu den Entscheidungsüberblick bei: Schroeder, EuZW 2015, 207, 210 f. 294 Siehe die Aufzählung der einzelnen Indizien, die im Rahmen der Gesamtbetrachtung eine Rolle spielen können, bei: Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 272 m.w.N. 295 So grundlegend EuGH, Rs. C-379/98 (Preussen Elektra), Slg. 2001, I-2099, Rn. 61. 289

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Gesetz so detaillierte Vorgaben enthält, dass kein Entscheidungsspielraum für den Privaten verbleibt und von einer staatlichen Kontrolle ausgegangen werden muss.296 bb) Zurechenbarkeit der Maßnahme an den Staat Im zweiten Schritt muss die beihilfengewährende Maßnahme dem Staat zugerechnet werden können. Voraussetzung hierfür ist nicht nur eine potentielle Einflussnahme des Staates, sondern vielmehr eine tatsächliche Ausübung der staatlichen Kontrolle mit Blick auf die konkrete Maßnahme.297 So sah der EuGH eine grundsätzliche Zurechnung aller Maßnahmen öffentlicher Unternehmen an den Staat nicht als zielführend an.298 Im Rahmen der Prüfung der Maßnahme ist jedoch keine Beweisführung im konkreten Fall erforderlich, sondern vielmehr eine Auswertung anhand von Indizien, die aus den jeweiligen Umständen und dem Kontext des Einzelfalles folgen.299 Hierzu gehören etwa Indizien, wie die tatsächliche Aufsicht einer Behörde über die Unternehmensleitung und deren Intensität, die Verbindung zwischen Staat und Unternehmen mit Blick auf die organisationsrechtlichen Strukturen sowie die Eingliederung in der staatlichen Verwaltungsstruktur.300 Im Ergebnis erfolgt also eine Abwägung zwischen der Einflussnahme des Staates und der Einflussnahme Privater auf die konkrete Maßnahme. Eine solch detaillierte Überprüfung ist jedoch nur erforderlich, wenn es sich nicht um eine staatliche Stelle im engeren Sinne handelt.301 Eine staatliche Einflussnahme ist abzulehnen, wenn die Maßnahme auf einer einzelstaatlichen Grundlage erfolgt, die auf der Umsetzung eines hinreichend konkreten Rechtsaktes der Union beruht und der Mitgliedstaat bei der Umsetzung kein Ermessen hat.302

296 EuGH, Rs. C-206/06 (Essent), ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 69; EuG, Rs. T-251/11 (Österreich Ökostrom), ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 42 ff.; EuG, Rs. T-47/15 (EEG), ECLI:EU:T:2016:28, Rn. 106 ff. und 118. 297 EuGH, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission), Slg. 2002, I-4427, Rn. 52. 298 EuGH, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission), Slg. 2002, I-4427, Rn. 52. 299 EuGH, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission), Slg. 2002, I-4427, Rn. 53 ff. 300 EuGH, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission), Slg. 2002, I-4427, Rn. 55 m.w.N.; siehe auch die Aufzählung mit weiteren Indizien in der Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 43 m.w.N; siehe zudem Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 150 ff.; Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 69 ff. 301 Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 151; Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 31. 302 EuG, Rs. T-351/02 (Deutsche Bahn/Kommission), Slg. 2006, II-1047 Rn. 102; siehe auch: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 44 f.

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c) Unternehmen oder Produktionszweige als Beihilfeempfänger Voraussetzung für das Verbot einer staatlichen Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV ist zudem, dass ein Unternehmen oder ein ganzer Produktionszweig Empfänger der Begünstigung ist. Der Unternehmensbegriff in Art. 107 Abs. 1 AEUV entspricht dem Begriff in Art. 101 Abs. 1 AEUV, sodass von einem einheitlichen Unternehmsbegriff für das gesamte europäische Wettbewerbsrecht ausgegangen wird.303 Der Begriff des Unternehmens ist funktional zu bestimmen und wird insgesamt weit ausgelegt.304 Insbesondere spielt der nationale, rechtliche Status keine Rolle für die Kategorisierung als Unternehmen.305 Unternehmen sind hiernach „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung.“306 In der Praxis ist stets danach zu fragen, ob tatsächlich eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist jede Tätigkeit als wirtschaftlich anzusehen, „die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten“.307 Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich, kann jedoch als Indiz für eine wirtschaftliche Tätigkeit gewertet werden.308 Keine wirtschaftliche Tätigkeit soll etwa vorliegen, wenn staatliche hoheitliche Befugnisse ausgeübt werden.309 Ein Grenzfall sind hier die Universitäten, als öffentliche Forschungseinrichtungen, die grundsätzlich keine 303

So spricht etwa das EuG von dem „Begriff des Unternehmens im gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht“, EuG, Rs. T-128/98 (Aéroports de Paris/Kommission), Slg. 2000, II-3929, Rn. 107; Exemplarisch aus der Literatur: Bartosch, Einleitung, Rn. 24; Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 25 m.w.N.; Kliemann, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Art. 107 Rn. 32; Koenig/Hellstern, in: Müller-Graf, Enzyklopädie Europarecht Band 4, § 14 Rn. 37 f.; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 11; von Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 107 Rn. 39. 304 So etwa: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 28; Koenig/Hellstern, in: Müller-Graf, Enzyklopädie Europarecht Band 4, § 14 Rn. 37 f.; von Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 107 Rn. 39. 305 So ausdrücklich: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 8. 306 Ständige Rechtsprechung des EuGH, siehe etwa: EuGH, Rs. C-222/04 (Cassa di Pisparmio di Firenze), Slg. 2006, I-289, Rn. 107 m.w.N.; EuGH, Rs. C-180/98 bis C-184/98 (Pavlov), Slg. 2000 I-6497, Rn. 74 m.w.N.; EuGH, Rs. C-41/10 (Höfner und Elser), Slg. 1991, I-1979, Rn. 21; EuGH, Rs. C-237/04 (Enirisorse), Slg. 2006, I-2843, Rn. 28 m.w.N; EuG, Rs. T-347/09 (Deutschland/Kommission), ECLI:EU:T:2013:418, Rn. 25 m.w.N. 307 Ständige Rechtsprechung des EuGH, siehe etwa: EuGH, Rs. C-222/04 (Cassa di Pisparmio di Firenze), Slg. 2006, I-289, Rn. 108 m.w.N; EuGH, Rs. C-180/98 bis C-184/98 (Pavlov), Slg. 2000 I-6497, Rn. 74 m.w.N. 308 Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 28. 309 Hierzu mit weiteren Nachweisen: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 17 f.; Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/ Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 44; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/ Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 17.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

wirtschaftliche Tätigkeit betreiben.310 Wenn Universitäten aber z. B. ihre Geräte vermieten, ist in diesem Bereich von einer wirtschaftlichen Tätigkeit auszugehen.311 Hier ist dann streng zu trennen. Nur der wirtschaftliche Bereich der Tätigkeit fällt unter die Beihilfevorschrift des Art. 107 AEUV. Ein Produktionszweig als Subventionsempfänger liegt vor, wenn eine gesamte Branche von der staatlichen Förderung profitiert.312 Auch hier besteht ein weites Begriffsverständnis. So werden nicht nur Dienstleistungs- und Warenunternehmen unter das Tatbestandsmerkmal subsumiert, sondern auch freie Berufe wie etwa die Filmindustrie.313 d) Selektivität der Maßnahme Der Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV setzt zudem voraus, dass „bestimmte“ Unternehmen oder Produktionszweige begünstigt werden. Dieses Merkmal der sog. Selektivität, Spezifität bzw. Bestimmtheit der Beihilfe, ist eine bedeutende Stellschraube des Europäischen Beihilfetatbestandes und soll eine Abgrenzung zu allgemeinen wirtschaftlichen Fördermaßnahmen ermöglichen.314 Als selektive Maßnahme können unproblematisch direkte Zuschüsse an einzelne oder mehrere bestimmte Unternehmen eingestuft werden.315 In der Praxis wurden die Unionsgerichte im Zusammenhang mit der Selektivität jedoch vor allem mit Fiskalbeihilfen konfrontiert. Diese wirken nicht als direkte Zuschüsse, sondern gelten als Ausnahme von einer grundsätzlich für sämtliche Unternehmen bestehenden finanziellen Verpflichtung. Für diese Fälle stellt der EuGH in ständiger Rechtsprechung darauf ab, „ob eine nationale Maßnahme im Rahmen einer bestimmten 310 Zu diesem Bereich siehe exemplarisch: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 28 ff.; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 33; von Wendland, BRZ 2015, 203 ff. 311 Mit diesem Beispiel: Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 34. 312 Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 46; Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 27 a.E.; Koenig/Paul, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 73; von Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 107 Rn. 40. 313 Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 46; Koenig/Paul, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 73; von Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 107 Rn. 40. 314 Zum Zweck des Merkmals der Selektivität, siehe exemplarisch: Koenig/Paul, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 82; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 168; Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 209. 315 EuGH, Rs. C-15/14 (Kommission/MOL), ECLI:EU:C:2015:362, Rn. 60; so ausdrücklich auch die Kommission in ihrer Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 126.

B. Beihilferecht der Europäischen Union

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rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ gegenüber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden“316. Aus dieser Formel wurde von der Europäischen Kommission zunächst für den Bereich der Fiskalmaßnahmen eine dreistufige Prüfung der Selektivität entwickelt.317 Diese Prüfung gilt jedoch nicht nur für steuerliche Maßnahmen, sondern muss für sämtliche Formen der Begünstigung angewendet werden.318 Zudem wird sie für die Überprüfung der materiellen und regionalen Selektivität verwendet.319 Die dreistufige Prüfung erfordert folgende Prüfungsschritte320 : (1) Auf der ersten Stufe wird das konkrete Bezugssystem bestimmt, welches sich aus kohärenten Vorschriften zusammensetzen muss, „die – auf der Grundlage objektiver Kriterien – generell auf alle Unternehmen Anwendung finden, die definitionsgemäß in seinen Anwendungsbereich fallen.“321 Dieser Bezugsrahmen legt im Ergebnis fest, welche Unternehmen und Produktionszweige sich tatsächlich und rechtlich in einer vergleichbaren Situation befinden.322 Handelt es sich bei der fraglichen Maßnahme etwa um eine Ausnahmevorschrift, bildet

316

So ausdrücklich: EuGH, Rs. C-88/03 (Portugal/Kommission), Slg. 2006, I-7115, Rn. 54 m.w.N. Siehe auch: EuGH, Rs. C-143/99 (Adria-Wien Pipeline GmbH), Slg. 2001, I8365, Rn. 41. 317 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung vom 10. 12. 1998, Abl. 1998 C-384/3, Rn. 16. Siehe hierzu eingehend: Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 119 ff. 318 Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 106; Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 213. Auch die Kommission erläutert die 3-Schritt Prüfung allgemein und nennt die Befreiung von Steuern nur exemplarisch: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 127 f. 319 Der EuGH wendet die dreistufige Prüfung sowohl in Fällen der materiellen Selektivität (vgl. etwa: EuGH, Rs. C-143/99 (Adria-Wien Pipeline GmbH), Slg. 2001, I-8365, Rn. 41 ff.), als auch in Fällen der regionalen Selektivität (vgl. etwa: EuGH, Rs. C-88/03 (Portugal/Kommission), Slg. 2006, I-7115, Rn. 54 ff.) an: Siehe allgemein zur Differenzierung zwischen materieller und regionaler Selektivität: Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 105 ff.; Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 215 ff. 320 Eingehend zu dieser dreistufigen Prüfung: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 128; Kliemann, in: Müller-Graf, Enzyklopädie Europarecht Band 4, § 6 Rn. 50; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/ Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 191; Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 214. Siehe auch Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 106 ff. und Bartosch, EuZW 2015, 99, 100 mit einer etwas unterschiedlichen Reihung der Voraussetzungen. 321 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 133. 322 Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 218.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

die Grundsatzregelung den allgemeinen Bezugsrahmen.323 Mit Blick auf die regionale Selektivität ist zu beachten, dass das Bezugssystem nicht zwingend den gesamten Mitgliedstaat betreffen muss, sondern auch einzelne Regionen erfassen kann, ohne automatisch als selektive Maßnahme eingestuft zu werden.324 (2) Anschließend wird überprüft, ob die getroffene Maßnahme eine Abweichung vom Bezugssystem darstellt und so bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigt.325 Hierbei soll nicht nur die Vorschrift als solche betrachtet werden, sondern dessen gesamte Tragweite, unter Berücksichtigung der Verwaltungs- und Rechtsprechungspraxis, miteinbezogen werden.326 (3) Wenn im vorherigen Schritt eine Ungleichbehandlung und insofern grundsätzlich selektive Begünstigung festgestellt wurde, muss abschließend überprüft werden, ob diese Begünstigung möglicherweise durch das Bezugssystem als solches gerechtfertigt ist.327 Dies kann immer dann angenommen werden, wenn die begünstigende Maßnahme den Grund- und Leitprinzipien des Systems entspricht oder vielmehr erforderlich ist, um dessen Funktionieren zu garantieren.328 Politische Einflüsse außerhalb des Systems spielen hingegen keine Rolle.329

323

Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 193. Siehe auch die aufgezählten Beispiele für Bezugsrahmen in: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 134. 324 EuGH, Rs. C-88/03 (Portugal/Kommission), Slg. 2006, I-7115, Rn. 57; EuGH, Rs. C428/06 bis C-434/06 (UGT-Rioja), ECLI:EU:C:2008:488, Rn. 47. Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 142; Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 216. 325 EuGH, Rs. C-6/12 (P Oy), ECLI:EU:C:2013:525, Rn. 19; EuGH, Rs. C-78/08 bis C-80/ 08 (Paint Graphos), Slg. 2011, I-7611, Rn. 49. Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 135. 326 EuGH, Rs. C-88/03 (Portugal/Kommission), Slg. 2006, I-7115, Rn. 81; EuGH, Rs. C-6/ 12 (P Oy), ECLI:EU:C:2013:525, Rn. 20. Siehe zu dieser Voraussetzung auch die Ausführungen in: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 138 ff. m.w.N.; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 196 m.w.N. 327 EuGH, Rs. C-88/03 (Portugal/Kommission), Slg. 2006, I-7115, Rn. 81; EuGH, Rs. C78/08 bis C-80/08 (Paint Graphos), Slg. 2011, I-7611, Rn. 69. 328 EuGH, Rs. C-78/08 bis C-80/08 (Paint Graphos), Slg. 2011, I-7611, Rn. 69. 329 So etwa ausdrücklich für den Umweltschutz: EuGH, Rs. C-487/06 P (British Aggregates Association), Slg. 2008, I-10515, Rn. 92; EuGH, Rs. C-279/08 P (Kommission/Niederlande), Slg. 2011, I-7671, Rn. 75, ebenso etwa für die Regional- oder Sozialpolitik: EuGH, Rs. C-6/12 (P Oy), ECLI:EU:C:2013:525, Rn. 29.

B. Beihilferecht der Europäischen Union

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e) Potentielle Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel innerhalb der EU Mitgliedstaatliche Begünstigungen bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige können zudem nur dann als verbotene staatliche Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden, wenn sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und zudem den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Die Tatbestandsmerkmale der Wettbewerbsverfälschung und der Handelsbeeinträchtigung sind „untrennbar miteinander verbunden“330. In der Praxis werden die Voraussetzungen regelmäßig zusammen überprüft und dabei auch inhaltlich nicht differenziert betrachtet.331 Trotzdem handelt es sich bei diesen Prüfungspunkten um zwei getrennte Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen und deshalb an dieser Stelle auch getrennt betrachtet werden.332 aa) Drohende Wettbewerbsverfälschung Nach dem Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV muss eine Wettbewerbsverfälschung zumindest drohen. Demzufolge ist die Europäische Kommission nicht dazu verpflichtet eine konkrete Wettbewerbsverfälschung nachzuweisen, sondern muss lediglich darlegen, dass die potentielle Beihilfe geeignet ist, den Handel zu beeinträchtigen.333 Eine solche Beeinträchtigung liegt also nicht per se bei jeder Gewährung einer Beihilfe vor, die Kommission muss vielmehr zumindest die Umstände darlegen, aus denen sich die potentielle Wettbewerbsverfälschung ergibt.334 Inhaltlich soll eine solche Handelsbeeinträchtigung angenommen werden können, wenn dem Begünstigten aufgrund der gewährten Beihilfe eine gestärkte Position

330 So ausdrücklich: EuG, Rs. T-298/97 (Alzetta/Kommission), T-298/97 u. a. verbundene Rs, Slg. 2000, I-2319, Rn. 81. Mit Verweis auf diese Entscheidung auch: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 186. 331 So prüft etwa der EuGH die Voraussetzungen in der Rs. Philipp Morris zusammen und differenziert hierbei auch inhaltlich nicht zwischen den einzelnen Voraussetzungen, EuGH, Rs. 730/79 (Philip Morris/Kommission), Slg. 1980, I-2671, Rn. 11 f. 332 Ebenso mit Verweis auf die getrennte Prüfung: Bacon, Rn. 2.142; Bührle, S. 309 ff.; Eilmansberger, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 295 f. 333 EuGH, Rs. C-298/00 (Italien/Kommission), Slg. 2004, I-4087, Rn. 49; EuGH, Rs. C372/97 (Italien/Kommission), Slg. 2004, I-3679, Rn. 44. Siehe auch: Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 55. 334 EuGH, Rs. C-296 und 318/82 (Leeuwarder Papierwarenfabrik/Kommission), Slg. 1985, 809 Rn. 24; EuGH, Rs. C-15/98 und C-105/99 (Sardegna Lines), Slg. 2000, I-8855, Rn. 66 m.w.N.; EuGH, Rs. C-334/99 (Deutschland/Kommission), Slg. I-1139, Rn. 59 m.w.N.; EuGH, C-518/13 (Eventech/Parking Adjudicator), ECLI:EU:C:2015:9, Rn. 65; EuGH, C-197/ 11 und C-203/11 (Libert u. a.), ECLI:EU:C:2013:288, Rn. 76.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

im Wettbewerb zukommt.335 Hierzu muss die Position des Begünstigten im Wettbewerb vor und nach der Beihilfengewährung verglichen werden.336 Eine Vermutung für das Vorliegen einer Wettbewerbsverfälschung wird vor allem bei Betriebsbeihilfen angenommen.337 bb) Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten Der Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV soll darüber hinaus nur diejenigen Fälle erfassen, die den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen und so einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen. Auch hier genügt die drohende Handelsbeeinträchtigung innerhalb der Union.338 Durch die zunehmende Verflechtung des Europäischen Binnenmarktes wird dieses Tatbestandsmerkmal zunehmend obsolet, auch wenn die jüngere Entscheidungspraxis der Kommission einen Richtungswechsel andeutet.339 Im Regelfall kann die Kommission die Möglichkeit einer solchen Handelsbeeinträchtigung bejahen.340 Eine unionsinterne Handelsbeeinträchtigung liegt immer dann vor, wenn die Beihilfe ein Unternehmen stärkt, welches im unionsinternen Handel aktiv ist.341 Das Unternehmen muss al335

Die Literatur verweist hier stets auf folgende Leitentscheidung: EuGH, Rs. 730/79 (Philip Morris/Kommission), Slg. 1980, I-2671, Rn. 11 f. Bei diesem Verweis ist allerdings anzumerken, dass der EuGH an dieser Stelle nicht streng zwischen der Wettbewerbsverfälschung und der Handelsbeeinträchtigung differenziert und so beide Merkmale gemeinsam überprüft. Kommission und Literatur definieren die Handelsbeeinträchtigung jedoch durchweg ebenso: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 187; aus der Literatur exemplarisch: Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 154; Eilmansberger, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 293; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 307; Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S.72. 336 Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 154; Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 32. 337 Betriebsbeihilfen sind solche Beihilfen, die die laufenden Kosten eines Unternehmens senken. Zu der Vermutung der Wettbewerbsverfälschung im Fall der Gewährung von Betriebsbeihilfen: EuGH, Rs. C-156/98 (Deutschland/Kommission), Slg. 2000, I-6857, Rn. 30 m.w.N; EuGH, Rs. C-172/03 (Heiser), Slg. 2005, I-1627, Rn. 55. Siehe auch: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 189. 338 Der EuGH stellt dies in ständiger Rechtsprechung gemeinsam für die Handelsbeeinträchtigung und die Wettbewerbsverfälschung fest, vgl. insofern die Nachweise in Fn. 334. 339 Soltész/Pflock, EuZW 2017, 207 ff. 340 Koenig/Paul, in: Streinz, AEUV/EUV, Art. 107 Rn. 109. 341 Ausdrücklich für die unionsinterne Handelsbeeinträchtigung: EuGH, C-148/04 (Unicredito Italiano), Slg. 2005, I-11137, Rn. 56; EuGH, C-78/08 bis C-80/08 (Paint Graphos), Slg. 2011, I-7611, Rn. 79; EuGH, C-197/11 und C-203/11 (Libert u. a.), ECLI:EU:C:2013:288, Rn. 77; EuGH, C-518/13 (Eventech/Parking Adjudicator), ECLI:EU:C:2015:9, Rn. 66; Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 190. Zum Teil wird dies jedoch vom EuGH auch im Zusammenhang mit der Wettbewerbsverfälschung festgestellt, so etwa in: EuGH, Rs. 730/79 (Philip Morris/Kommission), Slg. 1980, I-2671, Rn. 11.

B. Beihilferecht der Europäischen Union

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lerdings nicht selbst am Handel innerhalb der Union teilnehmen. Es genügt, wenn seine innerstaatliche Position durch die Begünstigung derart gestärkt wird, dass es Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten den Markteintritt erschwert.342 Hierbei wird der Begriff des Handels weit verstanden und umfasst den gesamten Waren- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der Europäischen Union.343 cc) Spürbarkeitsschwelle und De-minimis-Beihilfen Der EuGH verzichtet ausdrücklich auf das Erfordernis einer Spürbarkeitsschwelle für die drohende Wettbewerbsverfälschung und die unionsinterne Handelsbeeinträchtigung.344 Weder die Höhe der Beihilfe noch die Größe des Unternehmens sollen eine konkrete Schwelle für oder gegen das Vorliegen dieser Tatbestandsmerkmale darstellen.345 Trotzdem hat die Europäische Kommission über die Jahre hinweg eine umfassende De-minimis-Politik entwickelt346, die im Kern der Verwaltungsvereinfachung dienen soll.347 Hierzu sieht die heutige De-Minimis-Verordnung vor, dass Beihilfen an ein einziges Unternehmen, die den De-minimis-Höchstbetrag von 200.000 E innerhalb von drei Jahren nicht übersteigen, „weder Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten haben noch den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.“348 Beihilfen, die die Voraussetzungen der De-minimis-VO er342

EuGH, C-148/04 (Unicredito Italiano), Slg. 2005, I-11137, Rn. 56; EuGH, C-78/08 bis C-80/08 (Paint Graphos), Slg. 2011, I-7611, Rn. 80; EuGH, C-197/11 und C-203/11 (Libert u. a.), ECLI:EU:C:2013:288, Rn. 78; EuGH, C-518/13 (Eventech/Parking Adjudicator), ECLI:EU:C:2015:9, Rn. 67; Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 191. 343 Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 160; Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 38 m.w.N.; Heidenhain, in: Heidenhain, European State Aid Law, § 4 Rn. 79; Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 243; Koenig/Paul, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 110. 344 So etwa in: EuGH, C-280/00 (Altmark Trans), Slg. 2003, I-7747, Rn. 81 m.w.N.; aus der jüngeren Rechtsprechung: EuGH, C-518/13 (Eventech), ECLI:EU:C:2015:9, Rn. 68. Siehe auch: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 192. Exemplarisch aus der Literatur m.w.N.: Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 295 und 327. 345 Siehe die Nachweise in Fn. 344. 346 Zur Entwicklung der De-minimis-Politik der Kommission eingehend: Bartosch, VO 1407/2013, Rn. 1; Terhechte, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 392 ff. Eingehend zu der neuen Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. 12. 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen, Abl. 2013 L 352/1 (im Folgenden: De-minimis-VO): Bartosch, VO 1407/2013; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/ Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 332. 347 Das Ziel der Verwaltungsvereinfachnung wurde auch ausdrücklich vom EuGH anerkannt: EuGH, Rs. C-310/99 (Italien/Kommission), Slg. 2002 I-2289 Rn. 94. 348 Erwägungsgrund 3 De-minimis-VO.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

füllen, sind von der in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht ausgenommen.349 (1) Vereinbarkeit der De-minimis-Verordnung mit dem Primärrecht Dieser Widerspruch hat in der Literatur zu einem Streit über die Rechtmäßigkeit der De-minimis-VO geführt.350 Sollte eine unter der De-minimis-Schwelle liegende Beihilfe trotzdem den Wettbewerb verzerren oder zu einer Handelsbeeinträchtigung führen, könnte die Verneinung dieses Merkmals gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoßen.351 Genau genommen muss nicht nur die Rechtmäßigkeit der De-minimis-VO untersucht werden, sondern auch deren Ermächtigungsverordnung VO (EG) Nr. 994/ 98352, im Hinblick auf ihre Ermächtigung zur De-minimis-VO überprüft werden.353 Die heutige De-minimis-VO wurde auf Grundlage des Art. 2 der VO 994/98 i.V.m. Art. 108 Abs. 4 AEUV erlassen.354 Hierin wird die Kommission ausdrücklich dazu ermächtigt, eine Verordnung zu verabschieden, die Beihilfen unter einem bestimmten Grenzwert von der Anmeldepflicht des Art. 108 Abs. 3 AEUV ausnimmt, da solche Beihilfen nicht alle Tatbestandsmerkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen.355 Die VO 994/98 basiert wiederum auf Art. 109 AEUV, der den Erlass zweckdienlicher Durchführungsverordnungen zu den Art. 107 und 108 AEUV gestattet, und hierbei insbesondere Ausnahmen von der in Art. 108 Abs. 3 AEUV normierten Notifizierungspflicht treffen kann.356 In der Folge wird zum Teil vertreten, dass Art. 2 der VO 994/98 über seine eigene Ermächtigungsgrundlage hinausgeht, da es eben nicht gestattet sei, einzelne Beihilfen von den Voraussetzungen

349

Art. 3 De-minimis-VO. Eingehend hierzu: Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 159 und 162, sowie VO 1407/2013, Rn. 1 ff.; Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 36 f.; Heinrich, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 322 ff.; Sinnaeve, EuZW 2001, 69, 75 f.; Sinnaeve, EStAL 2014, 261, 262. 351 Sinnaeve, EuZW 2001, 69, 75. 352 Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates vom 07. 05. 1998 über die Anwendung der Artikel 92 und 93 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen, Abl. 1998 L 142/1 (im Folgenden: VO 994/98). Die Ermächtigungsverordnung wurde inzwischen neu kodifziert: Verordnung (Eu) 2015/1588 des Rates vom 13. 07. 2015 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen, Abl. 2015 L 248/1 (im Folgenden: VO 2015/1588). 353 Insofern ebenso konkretisierend: Bartosch, VO 1407/2013, Rn. 2; Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 322 ff.; Sinnaeve, EuZW 2001, 69, 75. 354 Siehe die ausdrückliche Nennung der Ermächtigungsgrundlage in der De-minimis-VO. 355 Art. 2 VO 994/98. 356 Siehe den Verweis auf ex. Art 94 EGV in der VO 994/98. 350

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des Art. 107 Abs. 1 AEUV auszunehmen.357 Die Verordnung gestatte der Kommission im Ergebnis ein Handeln, welches eindeutig im Zuständigkeitsbereich des EuGH liege.358 Meiner Einschätzung nach deckt jedoch zumindest der Wortlaut des Art. 109 AEUV auch eine Einschränkung des in Art. 107 Abs. 1 verankerten Tatbestandes. So wird der Rat hierin ausdrücklich dazu ermächtigt, Durchführungsverordnungen zu den Art. 107 und 108 AEUV zu erlassen und hierbei insbesondere Ausnahmen von Art. 108 Abs. 3 AEUV zu treffen. Auch wenn insofern argumentiert werden könnte, dass dieser Verweis sich nur auf die Ausnahmetatbestände beziehen sollte, da der Kommission nur hier ein Ermessensspielraum zukommt, ist die in Art. 2 VO 994/98 vorgesehene Einschränkung des Tatbestandes durch eine solche Deminimis-VO der Kommission, zumindest durch den reinen Wortlaut des Art. 109 AEUV gedeckt. Vor allem muss dies gelten, wenn die getroffene Regelung im Ergebnis wiederum auf eine Ausnahme von der Notifizierungspflicht hinausläuft. Mit Blick auf die De-minimis-VO wird deutlich, dass die Kommission die Möglichkeit einer Wettbewerbsverzerrung bzw. Handelsbeeinträchtigung unterhalb des De-minimis-Wertes berücksichtigt hat. So wurde der Bereich der landwirtschaftlichen Erzeugnisse ausdrücklich aus der Verordnung ausgenommen, da die Kommission in diesem Bereich die Gefahr einer Verzerrung unterhalb der Schwelle sieht.359 Im Umkehrschluss geht die Kommission davon aus, dass die Gefahr einer solchen Verzerrung unterhalb des Wertes in den anderen Bereichen nicht besteht. Auch der EuGH hat keine grundlegenden Bedenken im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der De-minimis-Schwelle. In mehreren Entscheidungen, die sich noch auf die De-minimis-Mitteilung bezogen haben, hat der EuGH die De-minimisSchwelle in seine Betrachtung miteinbezogen und sie als Mittel zur Verwaltungsvereinfachung anerkannt.360 Diese Aussagen des EuGH zur De-minimis-Mitteilung dürften weiterhin für die heutige De-minimis-VO gelten.361 Zudem ist der Streit über die Rechtsmäßigkeit der De-minimis-VO wohl ein rein theoretisches Problem, denn solange der EuGH die Verordnung nicht ausdrücklich für unrechtmäßig erklärt, entfaltet sie für die Kommission und die nationalen Ge357 Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 327 f. 358 Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 328. 359 Erwägungsgrund 6, De-minimis-VO. 360 EuGH, Rs. C-351/98 (Spanien/Kommission), Slg. 2002 I-8031, Rn. 51 f.; EuGH, Rs. C310/99 (Italien/Kommission), Slg. 2002 I-2289 Rn. 94; EuGH, Rs. C-172/03 (Heiser), Slg. 2005 I-1627, Rn. 24; EuGH, Rs. C-156/98 (Deutschland/Kommission), Slg. 2000, I-6857, Rn. 40 f.; vgl auch: EuGH, Rs. C-278/00 (Griechenland/Kommission), Slg. 2004, I-3997, Rn. 73 f. 361 So werden die Entscheidungen des EuGH in der Literatur durchgängig weiterhin als Argument für die Rechtmäßigkeit der De-minimis-VO genannt. Siehe etwa: Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 329 Fn. 673; insofern konkretisierend: Bartosch, VO 1407/2013, Rn. 2.

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richte bindende Wirkung.362 Da der EuGH offensichtlich keine gravierenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der De-minimis-VO hegt, ist aktuell nicht von einer Änderung dieser Situation auszugehen. Deshalb sollen hier auch die Bewertungen abgelehnt werden, die die De-minimis-VO lediglich als „widerlegbare Vermutung zugunsten des Nicht-Vorliegens einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV“363 einstufen wollen. Eine solche Betrachtungsweise fördert die Rechtsunsicherheit ohne konkreten Anlass und steht mit dem hier vertretenen Verständnis der Rechtsprechung des EuGH nicht in Einklang. (2) Inhalt der De-minimis-Verordnung Es wurde bereits erläutert, dass die De-minimis-VO in ihrem Kern solche Beihilfen von der Notifizierungspflicht des Art. 108 Abs. 3 AEUV ausnimmt, die unterhalb der festgesetzten Schwelle von 200.000 E innerhalb von drei Jahren liegt, da diese Beihilfen nicht alle Tatbestandvoraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen.364 Genau genommen verneint die Kommission das Vorliegen einer drohenden Wettbewerbsverfälschung bzw. einer unionsinternen Handelsbeeinträchtigung in solchen Fällen.365 Die De-minimis-VO gilt grundsätzlich für Beihilfen an Unternehmen aller Wirtschaftszweige.366 Allerdings werden die Bereiche der Fischerei und der Aquakultur, sowie die Primärerzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus dem Geltungsbereich ausgenommen, da in diesen Fällen auch unterhalb der normierten Deminimis-Grenze eine Verfälschung droht.367 In diesen Sektoren sind die separat für diese Bereiche erlassenen De-minimis-VO zu berücksichtigen.368 Zudem werden Beihilfen an Unternehmen ausgeschlossen, die in der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse tätig sind369 oder exportbezogene Geschäfte tätigen.370 Die Europäische Kommission hat sich trotz langer Diskussionen gegen eine erneute Anhebung des Grenzwertes ausgesprochen, sodass die De-minimis-Schwelle 362 Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 329. 363 Bartosch, VO 1407/2013, Rn. 2 a.E.; so etwa auch: Sinnaeve, EStAL 2014, 261, 262. 364 Art. 3 Abs. 1 De-minimis-VO. 365 Erwägungsgrund 3 De-minimis-VO. 366 Art. 1 Abs. 1 De-minimis-VO. 367 Art. 1 Abs. 1 lit. a und b De-minimis-VO. Siehe hierzu auch Erwägungsgrund 6. 368 Siehe etwa die Verordnung (EU) Nr. 717/2014 der Kommission vom 27. 06. 2014 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Fischerei und Aquakultursektor, Abl. 2014 L 190/45; Verordnung (EU) 1408/2013 der Kommission vom 18. 12. 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimisBeihilfen im Agrarsektor, Abl. 2013 L 352/9. 369 Art. 1 Abs. 1 lit. c De-minimis-VO. 370 Art. 1 Abs. 1 lit. d De-minimis-VO.

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auch nach Erlass der neuen De-minimis-VO im Jahre 2013 weiterhin 200.000 E beträgt.371 Zu beachten ist, dass ausschließlich sog. transparente Beihilfen von der Verordnung erfasst werden. Das Vorliegen einer solchen transparenten Beihilfe kann angenommen werden, wenn das Bruttosubventionsäquivalent, wie etwa bei einem direkten Zsuchuss, im Voraus konkret bestimmt werden kann.372 Der betroffene Mitgliedstaat darf die einzelne De-minimis-Beihilfe nur gewähren, wenn er selbst sichergestellt hat, dass der Grenzwert von 200.000 E in drei Jahren nicht überschritten wurde.373 Hierbei wird der Zeitraum von drei Jahren fließend betrachtet, sodass jede konkrete Beihilfe im Hinblick auf die vergangenen zwei Steuerjahre den Grenzbetrag nicht überschreiten darf.374

3. Ausnahmen vom Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV Das Beihilfenverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV wird durch eine Vielzahl von Ausnahmebestimmungen ergänzt. So enthält Art. 107 AEUV selbst eine abschließende Aufzählung von sog. Legal- (Art. 107 Abs. 2 AEUV) und Ermessensausnahmen (Art. 107 Abs. 3 AEUV). Neben diesen Ausnahmebestimmungen ist zudem Art. 106 Abs. 2 AEUV zu beachten, in dem Subventionen gestattet werden, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden.375 Somit ist der Verbotstatbestand in Art. 107 Abs. 1 AEUV kein absolutes Beihilfeverbot, sondern vielmehr ein präventives Verbot mit Genehmigungsvorbehalt.376 Dieses präventive Kontrollsystem wird allerdings durch die AGVO durchbrochen.377 Im Hinblick auf die weitere Untersuchung wird es sinnvoll sein die Hauptmerkmale der einzelnen Ausnahmetatbestände des Art. 107 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV darzustellen. Ein besonderer Blick soll auch auf die AGVO geworfen werden, 371 Erwägungsgrund 3 De-minimis-VO. Zur Entwicklung des Schwellenwertes: Bartosch, Art. 3 VO 1407/2013, Rn. 2. 372 Zur Berechnung des Bruttosubventionsäquivalents und den transparenten Beihilfen: Art. 4 De-minimis-VO. 373 Art. 6 Abs. 3 De-minimis-VO. 374 Erwägungsgrund 10 De-minimis-VO. 375 Eingehend zu der sachgebietsübergreifenden Ausnahmeklausel des Art. 106 Abs. 2 AEUV: Bartosch, Art. 106 Abs. 2 AEUV. Siehe auch den DAWI-Beschluss der Europäischen Kommission: Beschluss 2012/21/EU der Kommission vom 20. 12. 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, Abl. 2012 L 7/3. 376 Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 3; Eisenhut, in: Geiger/ Khan/Kotzur, Art. 107 Rn. 2; Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 4. 377 Siehe hierzu die eingehenden Ausführungen auf S. 103 f. Ebenso exemplarisch auf die AGVO als Ausnahme vom präventiven Verbot mit Genehmigungsvorbehalt hinweisend: Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 4.

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die für die Praxis von besonderer Bedeutung ist. Auf eine Darstellung des Art. 106 Abs. 2 AEUV wird an dieser Stelle verzichtet, da Unternehmen die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen, im Regelfall räumlich gebunden sind und insofern nicht im internationalen Standortwettbewerb konkurrieren. a) Legalausnahmen, Art. 107 Abs. 2 AEUV aa) Genehmigungsverpflichtung der Kommission Erfüllt eine verbotene Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV die inhaltlichen Vorgaben einer der Tatbestände des Art. 107 Abs. 2 AEUV, ist diese von Vertrags wegen mit dem gemeinsamen Markt vereinbar. Dies verpflichtet die Kommission zur Überprüfung, „ob die Beihilfen die in dieser Bestimmung genannten Kriterien erfüllen, mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts vereinbar sind und in einem angemessenen Verhältnis zu dem damit verfolgten Ziel stehen. Ist dies der Fall, so muß die Kommission die Beihilfen genehmigen.“378 Die in Frage stehende Beihilfe muss ungeachtet der Verpflichtung zur Genehmigung, vom jeweiligen Mitgliedstaat notifiziert werden und unterliegt bis zur tatsächlichen Genehmigung dem grundsätzlich bestehenden Durchführungsverbot für verbotene staatliche Beihilfen i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV.379 Bei der Überprüfung steht der Kommission demzufolge kein Ermessensspielraum zu.380 Es wird allerdings von einem eigenen Beurteilungsspielraum bei der Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen ausgegangen.381 Parallel zu Art. 107 Abs. 1 AEUV muss ein solcher Spielraum insbesondere in Fällen anerkannt werden, in denen die Europäische Kommission komplexe wirtschaftliche Fragestellungen zu bewerten hat.382 Grundsätzlich sind die Legalausnahmen des Art. 107 Abs. 2 AEUV eng auszulegen383, was 378

Kommission, XXIV. Bericht über die Wettbewerbspolitik 1994, Rn. 354. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 42; Heidenhain, in: Heidenhain, European State Aid Law, § 10 Rn. 2. 380 Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Art. 107 Abs. 2 AEUV im Vergleich zu Art. 107 Abs. 3 AEUV: „Mit dem Binnenmarkt vereinbar sind“ und „Als mit dem Binnenmarkt vereinbar können angesehen werden“. Zudem hat dies der EuGH ausdrücklich festgestellt: EuGH, Rs. C-730/79 (Philip Morris), Slg. 1980, 2671, Rn. 17. 381 So ausdrücklich, ohne dies näher zu begründen: EuG, Rs. T-132/96 und 143/96 (Freistaat Sachsen & VW), Slg. 1999, II-3663, Rn. 148; für die Literatur exemplarisch; Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 34; Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 42; Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 115; Penner, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 1015. Hierbei muss beachtet werden, dass das Europäische Recht die aus dem Verwaltungsrecht bekannte Trennung zwischen Beurteilungsspielraum (Tatbestandseite) und Ermessenspielraum (Rechtsfolgenseite) nicht kennt, hierzu: Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 49. 382 Penner, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 1015; v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 107 Rn. 138. 383 Exemplarisch aus der ständigen Rechtsprechungspraxis des EuGH: EuGH, Rs. C-156/ 98 (Deutschland/Kommission), Slg. 2000 I-6857, Rn. 49; EuGH, Rs. C-277/00 (Deutschland/ 379

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in der Anwendungspraxis der Kommission, in Kombination mit dem von Grund auf eingeschränkten Anwendungsbereich, zu einer geringen Bedeutung der Legalausnahmen des Art. 107 Abs. 2 AEUV geführt hat.384 bb) Tatbestände des Art. 107 Abs. 2 AEUV im Überblick Gemäß Art. 107 Abs. 2 AEUV sind bestimmte staatliche Beihilfen mit dem gemeinsamen Markt vereinbar. Hierunter fallen zunächst soziale Beihilfen an einzelne Verbraucher, die für alle Waren unabhängig von ihrer Herkunft gewährt werden, Art. 107 Abs. 2 lit. a AEUV. Mit dieser Ausnahmebestimmung soll eine Zuwendung an wirtschaftlich und sozial schwache Bevölkerungsgruppen, z. B. durch Heiz- oder Lebensmittelzuwendungen, ermöglicht werden.385 Mit Art. 107 Abs. 2 lit. b AEUV nimmt der Europäische Gesetzgeber hingegen Beihilfen, die zum Ausgleich unmittelbarer Schäden von Naturkatastrophen oder sonstigen außergewöhnlichen Ereignissen gewährt werden, vom Beihilfeverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUVaus.386 Als Beispiele für Naturkatastrophen im Sinne dieser Vorschrift werden Überschwemmungen oder schwere Erdbeben genannt.387 Sonstige außergewöhnliche Ereignisse sind Kriege oder Terroranschläge, unvorhergesehene Entwicklungen im Wirtschaftsbereich fallen nicht unter diese Ausnahmebestimmung.388 Zuletzt erfasst Art. 107 Abs. 2 lit. c AEUV Beihilfen, die im Zusammenhang mit der Teilung Deutschlands gewährt werden sollen. Durch die Entscheidungspraxis der EU-Rechtsprechung wurde der Anwendungsbereich dieser Legalausnahme stark eingeschränkt. So haben sowohl der EuGH als auch das EuG festgestellt, dass die wirtschaftlichen Nachteile der neuen Bundesländer in Deutschland nicht mehr Kommission), Slg. 2004, I-3925, Rn. 20; EuGH, Rs. C-278/00 (Griechenland/Kommission), Slg. 2004, I-3997, Rn. 81; EuGH, Rs. C-346/03 und 529/03 (Atenzi), Slg. 2008, I-1875, Rn. 79. Exemplarisch aus der Literatur: Heidenhain, in: Heidenhain, European State Aid Law, § 10 Rn. 3; Koenig/Kühling/Ritter, Rn. 188. Eine andere Ansicht vertritt hierzu Penner, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 1000 f., Die Ausnahmetatbestände des Art. 107 Abs. 2 AEUV seien „so weit oder so eng auszulegen, wie die Tatbestände im Einzelnen reichen.“ (Rn. 1001). 384 Koenig/Paul/Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 115; Koenig/Kühling/ Ritter, Rn. 190; ebenso auf die geringe Bedeutung hinweisend: v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 107 Rn. 138. 385 Koenig/Paul/Kühling, in: Streinz, EUV/AUV, Art. 107 Rn. 116. 386 Zu beachten ist, dass nur Beihilfen zum Ausgleich unmittelbarer Schäden erfasst werden. Beihilfen zur Unterstützung beim wirtschaftlichen Wiederaufbau einer betroffenen Region werden hiervon nicht erfasst. Eine solche Beihilfe kann allerdings über Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV genehmigt werden. Vgl.: Entscheidung der Kommission, vom 25. 07. 1990, Abl. 1991 L 86/23, S. 25. So auch: Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 107 Abs. 45 AEUV. 387 So exemplarisch: Entscheidung der Kommission, vom 14. 12. 2009, N/386/A/2009, Nr. 2.1. 388 Siehe etwa: Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 44; Kreuschitz/ Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 107 Abs. 45 AEUV.

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kausal auf die Teilung Deutschlands zurückzuführen sind, da die Teilung Deutschlands als bloße Trennungslinie zu verstehen ist und die wirtschaftlichen Nachteile somit auf anderen Gründen beruhen.389 b) Ermessensausnahmen, Art. 107 Abs. 3 AEUV aa) Entscheidungsspielraum der Kommission In der Praxis spielen vor allem die Ausnahmebestimmungen des Art. 107 Abs. 3 AEUV eine gewichtige Rolle.390 Der wesentliche Unterschied zwischen den Legalausnahmen des Art. 107 Abs. 2 AEUV und den Ermessensausnahmen des Art. 107 Abs. 3 AEUV ist, dass der Kommission bei der Genehmigungserteilung nach Art. 107 Abs. 3 AEUV ausdrücklich ein Ermessensspielraum eingeräumt wird.391 Dieser Ausnahmevorschrift unterliegende Fälle können als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden und sind folglich nicht zwingend von der Kommission zu genehmigen. Der Ermessensspielraum der Kommission wird in der ständigen Rechtsprechungspraxis des EuGH als weit angesehen.392 Bei der Ausübung dieses Spielraums hat die Kommission im Rahmen einer sog. Vereinbarkeitsprüfung393 wirtschaftliche und soziale Wertungen im Hinblick auf die Interessen der gesamten Europäischen Union zu berücksichtigen.394 Mit der Einführung des sog. „more economic approach“ wurde die wirtschaftliche Betrachtungsweise dieser

389 EuGH, Rs. C-156/98 (Deutschland/Kommission), Slg. 2000 I-6857, Rn. 52 ff; EuG, Rs. T-132/96 und 143/96 (Freistaat Sachsen & VW), Slg. 1999, II-3663, Rn. 134 ff. 390 Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 121. 391 So ausdrücklich: EuGH, Rs. C-730/79 (Philip Morris), Slg. 1980, 2671, Rn. 17; für die Literatur exemplarisch: Bacon, Rn. 3.02 und 3.19; Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 38; Mederer, in: Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 6. Teil, B Rn. 212 ff. 392 Exemplarisch aus der ständigen Rechtsprechungspraxis: EuGH, Rs. C-301/87 (Frankreich/Kommission), Slg. 1990, I-307, Rn. 49; EuGH, Rs. C-372/97 (Italien/Kommission), Slg. 2004, I-3679, Rn. 83; EuGH, Rs. C-75/05 und C-80/05 (Kronofrance), Slg. 2008, I-6619, Rn. 59; EuGH, Rs. C-372/97 (Italien/Kommission), Slg. 2004, I-3679, Rn. 83; EuG, Rs. T349 – 03 (Corsica Ferries France/Kommission), Slg. 2005, II-2197, Rn. 137 ausdrücklich bezogen auf Art. 87 Abs. 3 lit. c EGV. 393 Allgemeine Grundsätze für eine ökonomisch ausgerichtete Prüfung der Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen nach Artikel 87 Abs. 3 EGV, Rn. 4, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/ competition/state_aid/reform/economic_assessment_de.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 394 Exemplarisch aus der ständigen Rechtssprechungspraxis: EuGH, Rs. C-730/79 (Philip Morris), Slg. 1980, 2671, Rn. 24; EuGH, Rs. C-310/85 (Deufil), Slg. 1987, I-901, Rn. 18; EuGH, Rs. C-301/87 (Frankreich/Kommission), Slg. 1990, I-307, Rn. 49; EuGH, C-278/95 (Siemens/Kommission), Slg. 1997 I-2507, Rn. 35; EuGH, Rs. C-372/97 (Italien/Kommission), Slg. 2004, I-3679, Rn. 83; EuGH, Rs. C-75/05 P und C-80/05 P (Kronofrance), Slg. 2008, I-6619, Rn. 59; EuG, Rs. T-349 – 03 (Corsica Ferries France/Kommission), Slg. 2005, II-2197, Rn. 137 ausdrücklich bezogen auf Art. 87 Abs. 3 lit. c EGV.

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Abwägungsentscheidung verstärkt.395 Seither überprüft die Europäische Kommission im Rahmen einer dreistufigen Prüfung, ob die Beihilfemaßnahme (1) einem im gemeinsamen Interesse liegenden, klar bestimmten Ziel dient, (2) insofern zielführend ausgestaltet ist und (3) die Wettbewerbsverzerrungen und die bestehenden Beeinträchtigungen des Handels in so geringem Maße auftreten, dass die positiven Wirkungen der Beihilfe überwiegen.396 Neben dem ausdrücklich eingeräumten Ermessensspielraum, wird der Kommission parallel zu den Ausnahmen des Art. 107 Abs. 2 AEUV, bei Auslegung der einzelnen weit gefassten Tatbestände des Art. 107 Abs. 3 AEUV ein Beurteilungsspielraum gewährt.397 Hierbei ist zu beachten, dass die Organe der Europäischen Union, die aus dem Deutschen Verwaltungsrecht bekannte Trennung zwischen Beurteilungsspielraum (Tatbestandseite) und Ermessensspielraum (Rechtsfolgenseite) nicht kennen und vielmehr von einem einheitlichen Entscheidungsspielraum ausgehen.398 Jedenfalls steht der Kommission insofern sowohl bei der Auslegung der einzelnen Tatbestände als auch bei der Rechtsfolgenbestimmung ein weiter Entscheidungsspielraum zu. bb) „Soft-Law“ – Selbstbindung der Europäischen Kommission Die Europäische Kommission versucht den ihr gewährten Entscheidungsspielraum durch den Erlass sog. Tertiärrechts zu konkretisieren.399 In der Folge hat sie eine Vielzahl von Unionsrahmen, Leitlinien und Mitteilungen erlassen.400 Diese Vorschriften werden als Soft Law angesehen, da sie eine praktische und rechtliche Relevanz aufweisen, die allerdings für die Mitgliedstaaten keine bindende Geltung 395 Der sog. „more economic approach“ wurde erstmals im Aktionsplan Staatliche Beihilfen erwähnt, indem die Kommission auf eine verfeinerte wirtschaftliche Betrachtungsweise im Zusammenhang mit staatlichen Beihilfen abzielt: Aktionsplan Staatliche Beihilfen, Weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen – Roadmap zur Reform des Beihilferechts 2005 – 2009 vom 07. 06. 2005, KOM (2005), 107, Rn. 18. Zum sog. „more economic approach“ in der Beihilfekontrolle siehe die verschiedenen Beiträge, in: Oberender (Hrsg.), Der „more economic approach“ in der Beihilfenkontrolle, 2008. 396 Allgemeine Grundsätze für eine ökonomisch ausgerichtete Prüfung der Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen nach Artikel 87 Abs. 3 EGV, Fn. 393, Rn. 9. 397 Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 38; Cremer, in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 48, 50. 398 EuGH, Rs. C-183/84 (Rheingold), Slg. 1985, I-3351, Rn. 23 bezogen auf die Gewährung eines Ermessensspielraums bei der VO 1608/74; siehe zudem im Zusammenhang mit Art. 107 Abs. 3 AEUV: Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 49; Jestaedt, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 14 Rn. 6. 399 Bartosch, Art. 107 Abs. 3 Rn. 2. Siehe bereits die Ausführungen und Nachweise auf S. 62. 400 Siehe die Zusammenstellung der Europäischen Kommission zu den geltenden Vorschriften über staatliche Beihilfen (Stand: 15. 04. 2014), abrufbar unter: http://ec.europa.eu/com petition/state_aid/legislation/compilation/index_de.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019).

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entfalten, sondern lediglich die Kommission selbst binden.401 So sollen die Entscheidungen der Kommission an transparenten Kriterien bewertet werden können. Nur in Ausnahmefällen kann die Europäische Kommission hiervon abweichen.402 Das gesammelte beihilferechtliche Soft Law hat in der Praxis einen enormen Stellenwert.403 Es ermöglicht den betroffenen Unternehmen und Mitgliedstaaten die beihilferechtliche Prüfung durch die Europäische Kommission anhand von transparenten Kriterien vorab zu bewerten. Allerdings erschwert die Vielzahl an Mitteilungen, Leitlinien und sonstigem Soft Law den praktischen Umgang mit diesen Vorschriften. Die im Rahmen der State Aid Modernisation angestrebte Reduzierung der Komplexität des Europäischen Beihilferechts ist insofern zu begrüßen.404 In diesem Zusammenhang wurde das gesamte Europäische Sekundär- und Tertiärrecht überarbeitet. Dies ist allerdings nicht die einzige bestehende Kritik am beihilferechtlichen Tertiärrecht. Zu Recht wird es auch als Rechtsunsicherheitsfaktor gewertet, dass die Europäische Kommission bei Vorliegen eines sachlichen Grundes von den erlassenen Bestimmungen abweichen kann.405 Für die Praxis erschwert dies die tatsächliche Bewertung der Erfolgsaussichten eines Notifizierungsverfahrens. Zudem scheint es fragwürdig, dass die Europäische Kommission sich zu einer „Quasigesetzgeberin“ aufschwingt und so über die Hintertür des Soft Law Regelwerke schafft, denen in der Praxis eine hohe faktische Wirkung zukommt.406 Im Folgenden werden die einzelnen Ausnahmetatbestände des Art. 107 Abs. 3 AEUV überblicksartig vorgestellt. Hierbei wird auch auf einzelne Bestimmungen des beihilferechtlichen Soft Law eingegangen.

401 Zur Bindungswirkung der Bekanntmachungen, Leitlinien und Mitteilungen aus Sicht des Europäischen Wettbewerbsrechts: von Graevenitz, EuZW 2013, 169, 171 ff.; Pampel, EuZW 2005, 11 ff.; Thomas, EuR 2009, 423 ff. Allgemein zum Soft Law im Bereich des Europäischen Beihilferechts: Cini, 8 (2) Journal of European Public Policy 192 ff. Allgemein zum Soft Law in der Europäischen Union: Knauff, S. 214 ff.; Schwarze, EuR 2011, 3 ff.; Senden, S. 111 ff.; Snyder, EUI Working Paper LAW No. 93/5 jeweils m.w.N. 402 Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH darf sie nur mit sachlichem Grund vom Tertiärrecht abweichen: EuGH, Rs. C-464/09 (Holland Malt/Kommission), Slg. 2010, I-12446, Rn. 47 m.w.N. Siehe auch von Graevenitz, EuZW 2013, 169, 171 f.; Birnstiel, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 1062. 403 Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 7; Soltész, EuZW 2013, 881, 881; von Graevenitz, EuZW 2013, 169, 169; vgl. zudem: Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EUVerträge, Art. 107 Rn. 47, 58. 404 Zur State Aid Modernisation siehe die Ausführungen und Nachweise auf S. 60. 405 Auf diesen unbefriedigenden Umstand hinweisend: Soltész, EuZW 2013, 881, 882. 406 Auf die erhebliche faktische Wirkung des Soft-Law hinweisend: von Graevenitz, EuZW 2013, 169, 169. Vgl. auch: Koenig, EStAL 2014, 611 ff. Siehe auch: Ludwigs, EuZW 2017, 41 f., der auf die demokratieferne Gestaltung des Europäischen Beihilferechts hinweist.

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cc) Einzelne Tatbestände des Art. 107 Abs. 3 AEUV im Überblick Die größte Bedeutung im Bereich der normierten Ermessensausnahmen hat heute Art.107 Abs. 3 lit. c AEUV.407 Da diese Vorschrift in einem engen Zusammenhang zu Art. 107 Abs. 3 lit. a AEUV steht, werden die Ausnahmetatbestände des Art. 107 Abs. 3 lit. a und lit. c AEUV gemeinsam dargestellt. In der Vergangenheit hat insbesondere die zweite Alternative des Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV an Bedeutung gewonnen, da diese Vorschrift in Zeiten der Finanzkrise häufig als Grundlage für die Gewährung von Beihilfen diente.408 Aktuelle Besonderheiten bestehen allerdings hinsichtlich des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV, da für den Bereich der Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse erstmals eine einheitliche Mitteilung der Kommission erlassen wurde. Neben diesen Ausnahmevorschriften soll auch auf die Vorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. e AEUV eingegangen werden, die eine Sonderstellung einnimmt, da dem Rat ermöglicht wird, sonstige Arten von Beihilfen zu bestimmen, die mit dem Binnenmarkt vereinbar sein sollen. (1) Art. 107 Abs. 3 lit. a und c AEUV Wie bereits erwähnt, stehen die Ausnahmevorschriften des Art. 107 Abs. 3 lit. a und lit. c AEUV in engem Zusammenhang zueinander. Art. 107 Abs. 3 lit. a AEUV gestattet die Beihilfengewährung zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten mit außergewöhnlich geringen Lebenshaltungsstandards oder erheblicher Unterbeschäftigung sowie unter Berücksichtigung der strukturellen, wirtschaftlichen und sozialen Lage auch der in Art. 349 AEUV genannten Gebiete. Die wirtschaftliche Lage dieser Gebiete muss im Vergleich zur gesamten Europäischen Union auffallend ungünstig sein.409 In der neuen Leitlinie für Regionalbeihilfen 2014 – 2020 werden diese Gebiete als „A-Fördergebiete“ bezeichnet.410 Weiter gefasst ist hingegen Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV, der die Förderung bestimmter Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete gestattet, wenn diese gegenüber der durchschnittlichen wirtschaftlichen Lage des jeweiligen Mitgliedstaates benachteiligt sind.411 Diese Gebiete werden von der Regionalbeihilfeleitlinie 2014 – 2020 als 407 Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 47; v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 107 Rn. 188. 408 Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 41; Heithecker, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 1058. 409 EuGH, Rs. C-248/84 (Deutschland/Kommission), Slg. 1987, 4036, Rn. 19; EuGH, Rs. C-169/95 (Spanien/Kommission), Slg. 1997, I-135, Rn. 15; EuGH, Rs. C-310/99 (Italien/ Kommission), Slg. 2002, I-2289, Rn. 77. Auf diese Rechtsprechung wird auch ausdrücklich in den Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, 2013/C 209/01 (im Folgenden: Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020), Rn. 149 verwiesen. 410 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 20a und 151. 411 EuGH, Rs. C-248/84 (Deutschland/Kommission), Slg. 1987, 4036, Rn. 19; vgl. zudem im Hinblick auf das weitere Verständnis: EuGH, Rs. C-169/95 (Spanien/Kommission), Slg. 1997, I-135, Rn. 15 allerdings ohne Verweis auf den geltenden Vergleichspunkt des je-

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„C-Fördergebiete“412 bezeichnet und sind im Vergleich zu Art. 107 Abs. 3 lit. a AEUV nicht in außergewöhnlichem Maße benachteiligt. Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV ermöglicht die Genehmigung von Beihilfen zur Entwicklungsförderung von bestimmten Wirtschaftszweigen („sektorale Beihilfen“) oder Wirtschaftsgebieten („regionale Beihilfen“)413. Über den ausdrücklichen Wortlaut hinaus werden auch sog. horizontale Beihilfen erfasst, die im Hinblick auf ein konkretes Förderziel unabhängig von einem bestimmten Wirtschaftszweig oder eines bestimmten Wirtschaftsgebiets gewährt werden.414 Beide Vorschriften gestatten folglich die Förderung bestimmter Gebiete mit sog. Regionalbeihilfen.415 Allerdings wird der Ausnahmetatbestand des Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV bereits tatbestandlich auf Beihilfen beschränkt, die keine Änderung der Handelsbedingungen entgegen dem gemeinsamen europäischen Interesse bewirken. Insofern hat die Kommission bei jeder Genehmigungsentscheidung im Wege einer umfassenden Interessenabwägung zu überprüfen, ob die positiven Auswirkungen der konkreten sektoralen, regionalen bzw. horizontalen Beihilfengewährung, die negativen Auswirkungen im Hinblick auf das Ziel eines unverfälschten Wettbewerbs überwiegen.416 Aus der ausdrücklichen Normierung kann im Umkehrschluss jedoch nicht gefolgert werden, dass das gemeinsame Interesse eines unverfälschten Binnenmarktes in der Ausnahme des Art. 107 Abs. 3 lit. a AEUV nicht zu berücksichtigen ist.417 Vielmehr muss die Kommission auch in diesen Fällen im Rahmen ihrer Ermessensausübung die wirtschaftlichen und sozialen Wertungen im Hinblick auf die gesamte Union berücksichtigen.418 Dies hat zur Konsequenz, dass auch in den Fällen des Art. 107 Abs. 3 lit. a AEUV eine Beihilfenabwägung vorzunehmen ist, bei der die positiven Auswirkungen auf das stark rückständige Gebiet, die negativen Auswirkungen auf den

weiligen Mitgliedstaates; ebenso ausdrücklich: Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 153. 412 Die „C-Fördergebiete“ werden wiederum in die sog. „prädefinierten C-Fördergebiete“ und die „nicht prädefinierten C-Fördergebiete“ unterteilt, Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 20a und 155. 413 Zur Kategorisierung der Beihilfen i.S.d. Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV siehe exemplarisch: Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 47; Cremer, in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 59; Heithecker, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 1462. 414 Insofern ist Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV als Auffangtatbestand anzusehen, statt vieler: Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 47; Heithecker, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 1462. 415 Vgl. exemplarisch für die ausdrückliche Bezeichnung als Regionalbeihilfen: Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 1. 416 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 25; v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/ Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 107 Rn. 188. 417 EuGH, Rs. C-169/95 (Spanien/Kommission), Slg. 1997, I-135, Rn. 17; Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 113. 418 EuGH, Rs. C-169/95 (Spanien/Kommission), Slg. 1997, I-135, Rn. 18; EuG, Rs. T-380/ 94 (Aiufass und Akt/Kommission), Slg. 1996, II-2169, Rn. 54.

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Binnenmarkt überwiegen müssen.419 Allerdings kann in den Fällen des Art. 107 Abs. 3 lit. a AEUV im Ergebnis eine größere Wettbewerbsverzerrung hingenommen werden.420 (a) Leitlinien für Regionalbeihilfen Unter welchen Voraussetzungen eine Regionalbeihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 3 lit. a und lit. c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar erachtet werden kann, wird in der Leitlinie für Regionalbeihilfen konkretisiert.421 Ziel dieser Leitlinie ist es eine Förderung von benachteiligten Gebieten zu ermöglichen und hierbei zudem die Minimierung der negativen Auswirkungen auf den Handel im Blick zu haben.422 Nach der Leitlinie für Regionalbeihilfen kann eine Vereinbarkeit der angemeldeteten Beihilfemaßnahme mit dem Binnenmarkt angenommen werden, wenn die Beihilfemaßnahme (1) einem genau definierten legitimen Ziel von gemeinsamen Interesse dient, (2) erforderlich, (3) geeignet und (4) angemessen ist.423 Zudem muss die Regionalbeihilfe (5) einen Anreizeffekt mit sich bringen, (6) übermäßige negative Auswirkungen vermeiden und (7) den Transparenzvorschriften entsprechen.424 Zu (1): Beitrag zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse Zunächst verlangt die Europäische Kommission gem. Rn. 26 lit. a der Leitlinien für Regionalbeihilfen, dass mit der Beihilfe ein Beitrag zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse gewährt wird. Als ein solches Ziel erkennt die Leitlinie insbesondere eine Reduzierung des Entwicklungsgefälles zwischen Regionen innerhalb der EU an.425 Dieses wiederum konkretisiert sie für Investitionsbeihilferegelungen (Rn. 31 – 39), Einzelinvestitionsbeihilfen (Rn. 40 – 42) und Betriebsbeihilferegelungen (Rn. 43 – 46). Im Zusammenhang mit Investitionsbeihilferegelungen wird so zunächst vorgeschrieben, dass diese Teil einer allgemeinen Strategie zur regionalen Entwicklungsförderung sein müssen. In Gebieten, die i.S.d. Art. 107 Abs. 3 lit. a 419

EuG, Rs. T-380/94 (Aiufass und Akt/Kommission), Slg. 1996, II-2169, Rn. 54. Bereits in der Leitlinie für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2000 – 2006 wurde die Berücksichtigung der Auswirkungen auf den Binnenmarkt ausdrücklich festgestellt, Abl. 1998 C-74/9 Rn. 2. In der heute geltenden Regionalbeihilfeleitlinie 2014 – 2020 wird bereits in der Einleitung gefordert, dass „die Vorteile, die eine Beihilfe im Hinblick auf die Entwicklung eines benachteiligten Gebiets bietet, die beihilfebedingten Wettbewerbsverzerrungen überwiegen“ müssen, Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 5. Exemplarisch aus der Literatur: Jestaedt, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 15 Rn. 2; Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 113. 420 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 5. 421 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 2. 422 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 3. 423 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 25 lit. a –c und lit. e. 424 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 26 lit. d, f und g. 425 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 30.

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AEUVaußergewöhnlich oder erheblich benachteiligt sind (sog. A-Fördergebiete426), können Regionalbeihilferegelungen für Erstinvestitionen in KMU oder in große Unternehmen erlassen werden.427 Handelt es sich jedoch leidglich um ein Gebiet, das gegenüber der durchschnittlichen wirtschaftlichen Lage des jeweilgen Mitgliedstaates benachteiligt ist (sog. C-Fördergebiete428), können Regionalbeihilferegelungen zunächst nur für Erstinvestitionen in KMU erlassen werden. Für große Unternehmen kann eine solche Regelung in C-Fördergebieten nur eingeführt werden, wenn hiermit eine Erstinvestition in eine neue wirtschaftliche Tätigkeit429 gefördert wird.430 Die geförderte Erstinvestition muss zudem mindestens fünf Jahre für große Unternehmen und mindestens drei Jahre für KMU im jeweiligen Fördergebiet erhalten bleiben.431 Für angemeldete Einzelinvestitionsbeihilfen nennt die Leitlinie Indikatoren anhand derer bestimmt werden soll, ob ein Beitrag zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse geleistet werden kann.432 So soll unter anderem die Zahl der geschaffenen direkten und indirekten Arbeitsplätze berücksichtigt werden und zudem mögliche Kooperationen mit ansässigen Hochschulen positiv gewertet werden.433 Eine Förderung benachteiligter Gebiete kann durch Betriebsbeihilferegelungen nur erfolgen, wenn nachgewiesen wird, dass Investitionsbeihilfen alleine nicht genügen um dieses Ziel zu erreichen.434 Für KMU konkretisiert die Leitlinie diese Voraussetzungen und fordert so einen Nachweis für die spezifischen Nachteile des Standortes und der fehlenden Möglichkeit diese Nachteile durch Investitionsbeihilfen zu beheben.435 Zu (2): Erforderlichkeit Die gewährte Regionalbeihilfe muss zudem für die Verwirklichung des Ziels erforderlich sein. Abhängig vom konkreten Einzelfall muss mit der Regionalbeihilfe so eine wesentliche Verbesserung erzielt werden, die der Markt ohne staatliche Einflussnahme nicht erreichen kann.436 Die Kommission vermutet die Erforder426

Siehe die Begriffsbestimmung der „A-Fördergebiete“ in Rn. 20a der Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020. 427 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 34. 428 Siehe die Begriffsbestimmung der „C-Fördergebiete“ in Rn. 20a der Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020. 429 Siehe die Begriffsbestimmung der „Erstinvestition in eine neue wirtschaftliche Tätigkeit“ in Rn. 20i der Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020. 430 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 34. 431 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 36. 432 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 40. 433 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 40 lit. a, b und f. 434 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 43. 435 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 44. 436 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 47.

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lichkeit jedoch für alle Gebiete, die als A- und C-Fördergebiete in der Fördergebietskarte eingetragen sind.437 Zu (3): Geeignetheit Die Regionalbeihilfe muss zudem dazu geeignet sein, das angestrebte Ziel zu verwirklichen. In diesem Zusammenhang fordert die Kommission, dass das Ziel nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden kann.438 Es muss sich hierbei nicht nur um das mildeste Politikinstrument handeln, sondern zudem um die für das konkrete Vorhaben mildeste Form der Regionalbeihilfe.439 Zu (4): Angemessenheit des Beihilfebetrages Zudem setzt die Leitlinie für Regionalbeihilfen die Angemessenheit des Beihilfebetrages voraus.440 Dieser soll das erforderliche Minimum nicht übersteigen. Dies wird für angemeldete Einzelbeihilfen zumindest dann angenommen, wenn der Beihilfebetrag nicht über den Nettomehrkosten liegt, die durch die regionalen Nachteile entstehen.441 Eine Obergrenze für diese Nettomehrkosten wird in der Leitlinie für Regionalbeihilfen durch die Festsetzung von Beihilfehöchstintensitäten geschaffen.442 Diese werden abhängig von der Lage und der Größe des Unternehmens, sowie der Größe des Investitionsvorhabens festgesetzt.443 Zu (5): Anreizeffekt Als weitere Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Regionalbeihilfen mit dem Binnenmarkt, setzt die Leitlinie für Regionalbeihilfen das Vorliegen eines Anreizeffektes voraus.444 Ein solcher Anreizeffekt kann immer dann angenommen werden, wenn die konkrete Investition ohne die Beihilfe nicht oder zumindest nicht in diesem Umfang erfolgt wäre.445 Die Leitlinie unterscheidet zwei Szenarien, die für den Nachweis des Anreizeffektes herangezogen werden können.446 Im ersten Szenario stellt die Beihilfe einen Anreiz für eine Investitionsentscheidung dar, die ohne die Förderung nicht rentabel gewesen wäre. Im zweiten Szenario führt die Beihilfe zu 437

Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 49. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 50. 439 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 50 ff. 440 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 77 ff. 441 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 78. 442 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 81 ff. und Rn. 171 ff. Zur konkreten Berechnung der Beihilfehöchstintensitäten, siehe die Ausführungen bei: Bartosch, Art. 107 Abs. 3 Rn. 41 ff. 443 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 84. 444 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 60 ff. Siehe hierzu auch die aktuelle Entscheidung des EuG, Rs. T-671/14 (Bayerische Motoren Werke AG/Kommission), ECLI:EU:T:2017: 599, Rn. 76 ff. und Müller-Ibold, EWS 2017, 121, 124 f. 445 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 60. 446 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 61. 438

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einer Standortentscheidung. Ohne die Beihilfe wäre die Investition an einem anderen Standort erfolgt. Zudem unterscheidet die Leitlinie wiederum zwischen Investitionbeihilferegelungen, Einzelinvestitionsbeihilfen und Betriebsbeihilfen. Für Investitionsbeihilferegelungen wird ein Anreizeffekt angenommen, wenn vor Beginn der Investition ein Beihilfeantrag gestellt wurde.447 Bei Einzelinvestitionsbeihilfen und Betriebsbeihilferegelungen sind weitere Beweise für den Anreizeffekt erforderlich.448 Zu (6): Vermeidung übermäßiger negativer Nachteile für Handel und Wettbewerb Grundsätzlich können Regionalbeihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, wenn die positiven Auswirkungen auf den beachteiligten Standort die negativen Auswirkungen auf den Handel und den Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten überwiegen. In bestimmten Fällen können die negativen Auswirkungen jedoch in besonderem Maße beeinträchtigen. Da in diesen Fällen keine Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt angenommen werden soll, nennt die Leitlinie für Regionalbeihilfen die Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen als zusätzliche Voraussetzung.449 In insgesamt drei Fällen geht die Kommission von einem Übergewicht der negativen Voraussetzungen aus.450 Zunächst überwiegen die negativen Voraussetzungen definitiv, wenn Investitionen in einen schrumpfenden Markt gefördert werden und so in einem nicht förderwürdigen Markt neue Kapazitäten geschaffen werden.451 Zudem geht die Leitlinie von einem Überwiegen der negativen Voraussetzungen aus, wenn die Investition ohne die Beihilfe in eine Region geflossen wäre, die i.S.d. Regionalbeihilfeleitlinie mindestens ebenso förderungsfähig wäre.452 Seit der Neufassung der Leitlinie im Jahre 2014 sieht die Leitlinie erstmals darüber hinaus vor, dass die positiven Auswirkungen kaum überwiegen können, wenn die Beihilfe eine Verlagerung der Betriebstätigkeit innerhalb des EWR fördert und ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Beihilfe und der Standortverlagerung angenommen werden kann. Zu (7): Transparenzvoraussetzungen Die Mitgliedstaaten werden in der Leitlinie für Regionalbeihilfen zudem dazu verpflichtet umfassende Informationen über die gewährten Beihilfen auf einer Website zu veröffentlichen.453 Neben dem Wortlaut der Beihilferegelung müssen u. a. der Beihilfeempfänger und die Beihilfeintensität benannt werden.454 447

Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 64 ff. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 69 ff. 449 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 112 ff. 450 Diese Aufzählung von Fällen, in denen die negativen Auswirkungen einer Beihilfe definitv deren positive Auswirkungen übersteigen, werden als „schwarze Liste“ bezeichnet: Otter/Glavanovits, EStAL 2014, 404, 407; Soltész, EuZW 2014, 89, 94. 451 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 120. 452 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 121. 453 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 141. 448

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(b) Regionalbeihilfen in der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung In der Praxis muss im ersten Schritt überprüft werden, ob die Beihilfe möglicherweise die Voraussetzungen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung erfüllt. Ist dies der Fall kann die jeweilige Regionalbeihilfe ohne vorherige Notifizierung unmittelbar gewährt werden. Neben den allgemeinen Voraussetzungen der AGVO, müssen stets die besonderen Freistellungsvoraussetzungen der jeweiligen Beihilfekategorie erfüllt sein.455 Für Regionalbeihilfen sind diese in den Art. 13 – 15 AGVO normiert. In Art. 13 AGVO werden zunächst eine Reihe von Regionalbeihilfen aufgezählt, die nicht in den Anwendungsbereich der Freistellungsverordnung fallen sollen. So sieht Art. 13 lit. a AGVO etwa vor, dass Beihilfen zur Förderung der Stahlindustrie, des Steinkohlebergbaus, der Kunstfaserindustrie und dem Verkehrs- oder Energiesektor nicht freigestellt werden können. Zudem werden in Art. 13 lit. b AGVO sämtliche Beihilferegelungen von dem Anwendunsgbereich ausgenommen, die nur eine begrenzte Zahl von Wirtschaftszweigen betreffen. Art. 13 lit. d AGVO nimmt darüber hinaus Einzelinvestitionsbeihilfen vom Anwendungsbereich aus, die eine Investition unterstützen sollen, die vom Beihilfeempfänger zumindest in ähnlicher Form in den zwei Jahren vor der Gewährung eingestellt wurde, oder eine solche Einstellung in Zukunft geplant ist. Die Vorschrift soll eine Förderung erfolgsversprechener Investitionsvorhaben garantieren und so zu einer nachhaltigeren Beihilfenpolitik führen. Die AGVO unterscheidet im nächsten Schritt zwischen Investitionsbeihilfen und Betriebsbeihilfen. Regionale Investitionsbeihilfen können ohne Notifizierung bei der Kommission immer dann gewährt werden, wenn die Voraussetzungen des Art. 14 AGVO vorliegen. Maßgebliche Kritierien sind hierbei u. a. das konkrete Fördergebiet und die jeweilige Größe des Unternehmens.456 Allgemein muss es sich jedoch stets um eine Erstinvestition handeln, die im konkreten Fördergebiet mindestens drei bzw. fünf Jahre erhalten bleibt.457 Auf die einzelnen Voraussetzungen des Art. 14 AGVO soll hier nicht im Detail verwiesen werden.458 Für Betriebsbeihilfen sind hingegen die weiteren Freistellungsvoraussetzungen in Art. 15 AGVO zu beachten. Nach dieser Vorschrift können Betriebsbeihilferegelungen in ausgewiesenen Gebieten äußerster Randlage oder in Gebieten mit einer geringen Bevölkerungsdichte von der Notifizierungspflicht befreit werden. Das ist möglich, wenn sie dem Aus454

Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 141. Art. 3 AGVO. Eingehend zu den allgemeinen Freistellungsvoraussetzungen siehe die Ausführungen auf S. 101 ff. 456 Siehe hierzu Art. 14 Abs. 3 AGVO. 457 Die Koppelung an Erstinvestitionen ergibt sich aus Art. 14 Abs. 3 AGVO. Zudem sieht Art. 14 Abs. 5 AGVO vor, dass Investitionen bei KMU mindestens drei Jahre und bei sonstigen Unternehmen mindestens fünf Jahre erhalten bleiben müssen. 458 Für weitere Hinweise siehe die Kommentierung zu Art. 14 AGVO bei: Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 14 AGVO. 455

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gleich von Beförderungsmehrkosten für Waren dienen und die in diesem Zusammenhang aufgestellten weiteren Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 lit. a AGVO erfüllen. Ebenso kann eine Beihilfe unter den Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 lit. b AGVO gewährt werden, die dem Ausgleich von Betriebsmehrkosten dient, die durch die Nachteile der jeweiligen Region entstanden sind. (2) Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV (a) Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse, Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV Die Ausnahmevorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV enthält zwei Alternativen. Zunächst wird der Europäischen Kommission mit Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV die Genehmigung von Beihilfen „zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse“ (im Folgenden IPCEI – „Important Projects of Common European Interest“) ermöglicht. Die Zuordnung zum Anwendungsbereich dieser Alternative gestaltete sich in der Vergangenheit schwierig, da es sowohl an einschlägiger Rechtsprechungspraxis als auch an konkreten Vorgaben der Europäischen Kommission mangelte.459 Anhaltspunkte für die Einordnung als Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse, lieferten die Leitlinien für Umweltschutzbeihilfen460 und der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation461. Am 20. 06. 2014 hat die Europäische Kommission die Mitteilung 2014/C-188/92 erlassen und so erstmals klare Konturen für den gesamten Anwendungsbereich der Vorschrift geschaffen.462 Die Mitteilung weitet die bestehenden Regelungen auf alle Wirtschaftszweige aus und ersetzt sämtliche zuvor bestehenden Bestimmungen in diesem Bereich.463 Als Teil der Initiative der Kommission zur Modernisierung des EU-Beihilferechts, sollte mit dem Erlass der Mitteilung, neben der Vereinheitlichung der Vorschriften und einer Ausweitung des Anwendungsbereichs, den Mitgliedstaaten insbesondere ermöglicht

459

Vgl. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 56; Heinrich, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 1168. Aus der Rechtsprechungspraxis des EuGH, Rs. C-62 und 72/87 (Exécutif régional wallon/Kommission), Slg. 1988, 1573. 460 Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen, 2008/C-82/01. 461 Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation, 2006/C-323/01. 462 Mitteilung der Kommission – Kriterien für die Würdigung der Vereinbarkeit von staatlichen Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse mit dem Binnenmarkt, 2014/C-188/02 (im Folgenden: IPCEI-Mitteilung). 463 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 9 und 6. Stöbener, EuZW 2014, 484, 484 hat dies als zentralen Aspekt der Mitteilung bezeichnet.

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werden, große transnationale Projekte zu fördern, um so eine Stärkung der europäischen Wirtschaft zu erreichen.464 Die IPCEI-Mitteilung formuliert so in Anlehnung an die zuvor ergangene Rechtsprechung in diesem Bereich, drei Voraussetzungen, die kumulativ vorliegen müssen465 : (1) Zunächst muss das geplante Vorhaben hinreichend konkret bestimmt sein und insofern die Ziele, Durchführungsbedingungen, Teilnehmer und die geplante Finanzierung präzise beschreiben.466 (2) Zudem muss ein gemeinsames europäisches Interesse nachgewiesen werden. Die Mitteilung fordert hierbei das kumulative Vorliegen einer Reihe von ausdrücklich aufgezählten Voraussetzungen.467 Unter anderem wird so verlangt, dass ein wesentlicher Beitrag zu einem oder mehreren Zielen der Union geleistet wird, sodass mit einer erheblichen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU zu rechnen ist.468 Als weitere kumulative Voraussetzung wird etwa gefordert, dass an dem Vorhaben in der Regel mehr als ein Mitgliedstaat beteiligt sein muss.469 (3) Als weiteres Förderkriterium verlangt die IPCEI-Mitteilung zudem, dass das geplante Vorhaben eine herausragende qualitative und quantitative Bedeutung aufweist.470 Neben dem Bereich der Umweltschutzbeihilfen und den Förderungen für Forschung, Entwicklung und Innovation471, wurde dies unter anderem auch im Bereich europäischer Infrastrukturvorhaben angenommen.472 Neben diesen allgemeinen Voraussetzungen fordert die IPCEI-Mitteilung zudem eine umfassende Vereinbarkeitsprüfung. In diesem Zusammenhang überprüft die Kommission ob die zu erwartenden positiven Auswirkungen die möglichen negativen Auswirkungen überwiegen.473 Hierbei wird neben der Erforderlichkeit und

464

Vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 13. 06. 2014, Staatliche Beihilfen: Kommission verabschiedet neue Regeln für die Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse, IP/14/673. 465 Siehe hierzu: Bartosch, Art. 107 Abs. 3 Rn. 12 m.w.N. 466 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 12. 467 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 14 ff. 468 Für die Annahme eines Vorhabens von gemeinsamem europäischem Interesse fordert die IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, das kumulative Vorliegen der sog. „Allgemeinen kumulativen Kriterien“ (Rn. 14 – 19). Darüber hinaus werden in der Mitteilung „allgemeine positive Indikatoren“ (Rn. 20) und „Besondere Kriterien“ (Rn. 21 – 23) normiert. Siehe zu dem Kriterium der Zielverwirklichung, IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 14. 469 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 16. 470 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 24. 471 Vgl. Fn. 460 und Fn. 461. 472 Bär-Bouyssiére, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 40; Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 Rn. 133. 473 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 26. Siehe hierzu: Bartosch, Art. 107 Abs. 3 Rn. 13 m.w.N.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Angemessenheit der Beihilfe474 zudem deren Geeignetheit475 und die Gefahr sonstiger negativer Auswirkungen476 überprüft. (b) Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats, Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 2 AEUV Die zweite Alternative des Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV ermöglicht der Kommission die Genehmigung von Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaates. Es muss sich hierbei um eine allgemeine Störung handeln, die das gesamte Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaates im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten der Union erheblich beeinträchtigt. Insbesondere darf es sich nicht um die bloße Störung einzelner Regionen handeln, da für diese Fälle die Vorschriften der Art. 107 Abs. 3 lit. a und c AEUVeinschlägig sind.477 Wie alle Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot staatlicher Beihilfen, ist auch die Bestimmung des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 2 AEUV eng auszulegen.478 In der Praxis hat dies zunächst dazu geführt, dass die Ausnahmevorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 2 AEUV nur in Einzelfällen angewandt wurde.479 Erst im Zuge der jüngsten Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise hat die Vorschrift an Bedeutung gewonnen.480 So hat die Europäische Kommission seit 2008 eine Vielzahl von Krisenmitteilungen481 und Gemeinschaftsrahmen482 auf Grundlage dieser Ausnahmebestimmung erlassen.

474

IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 28 ff. IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 40. 476 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 41. 477 EuGH, Rs. C-57/00 P und C-61/00 P (Sachsen/Kommission), Slg. 2003 I-9975, Rn. 97 f.; EuGH, Rs. C-301/96 (Deutschland/Kommission), Slg. 2003, I-9919, Rn. 106 ff. 478 EuGH, Rs. C-57/00 P und C-61/00 P (Sachsen/Kommission), Slg. 2003 I-9975, Rn. 98; EuGH, Rs. C-301/96 (Deutschland/Kommission), Slg. 2003, I-9919, Rn. 106. 479 So wurde die Vorschrift z. B. im Rahmen der ersten Erdölkrise im Jahre 1973 angewandt, 5. Wettbewerbsbericht 1975 Rn. 133; ebenso zur Förderung Griechenlands im Jahre 1987, 17. Wettbewerbsbericht 1987 Rn. 186; und im Jahre 1991, 21. Wettbewerbsbericht 1991 Rn. 251. 480 Bär-Bouyssiére, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 41. 481 Siehe hierzu die aktuelle Bankenmitteilung, die bereits die 7. Mitteilung in diesem Bereich seit 2008 darstellt: Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen ab dem 01. 08. 2013 auf Maßnahmen zur Stützung von Banken im Kontext der Finanzkrise, 2013/C-126/01, Rn. 1 ff. (im Folgenden: Bankenmitteilung). 482 Siehe hierzu den Vorübergehenden Unionsrahmen aus dem Jahre 2011: Mitteilung der Kommission – Vorübergehender Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise, 2011/C6/05. Hierbei handelt es sich um die Verlängerung des im Jahre 2008 eingeführten Vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens, 2009/C-16/06. 475

B. Beihilferecht der Europäischen Union

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(3) Art. 107 Abs. 3 lit. e AEUV Die Vorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. e AEUV nimmt innerhalb des Absatzes der Ermessensausnahmen eine Sonderstellung ein. So ermöglicht sie dem Rat, den Ermessensausnahmenkatalog des Art. 107 Abs. 3 AEUV durch Beschluss483 und auf Vorschlag der Kommission um sonstige Arten von Beihilfen zu erweitern. Insofern ermächtigt Art. 107 Abs. 3 lit. e AEUV den Rat zur Vertragsergänzung.484 Bereits die systematische Stellung und der ausdrückliche Wortlaut der Vorschrift („sonstige Arten“) weisen darauf hin, dass es sich hierbei ausschließlich um eine Ergänzung des Ausnahmenkatalogs handeln soll.485 So kann der Rat allgemeine Regelungen für sämtliche Unternehmen oder für eine bestimmte Gruppe von Unternehmen beschließen486, während eine Genehmigung einzelner Beihilfen über Art. 107 Abs. 3 lit. e AEUV nicht erfolgen kann.487 In der Praxis hat der Rat von dieser Vertragsergänzungsermächtigung insbesondere im Schiffsbau488 und im Steinkohlebergbau489 Gebrauch gemacht. Insgesamt ist die praktische Bedeutung allerdings als gering einzustufen.490 483

Ob hierunter ein Beschluss i.S.d. Art. 288 Abs. 4 AEUV zu verstehen ist, ist umstritten. So wird dies von v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 107 Rn. 411 ohne weitere Begründung angenommen. Zu Recht lehnt dies hingegen M. Schröder, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2115 ab, da der Rat seine „Beschlüsse“ in der Praxis zumeist in Form von Verordnungen oder Richtlinien (Vgl. hierzu Fn. 488 und 489) getroffen hat und somit mit dieser Begriffsverwendung nicht auf die Rechtsaktform geschlossen werden kann. Allerdings weist M. Schröder zudem zu Recht darauf hin, dass der aktuellste Rechtsakt (Beschluss 2010/787/EU über staatliche Beihilfen zur Erleichterung der Stilllegung nicht wettbewerbsfähiger Steinkohlebergwerke) in der Form des Beschlusses erfolgte. Grundsätzlich kann der Vorschrift allerdings keine zwingende Verwendung des Beschlusses als Rechtsaktform entnommen werden. 484 Heidenhain, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 20 Rn. 2; M. Schröder, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2112 f. 485 Ebenso auf die bloße Erweiterung des Ausnahmenkatalogs des Art. 107 Abs. 3 AEUV hinweisend: EuGH, Rs. C-356/90 und 180/91 (Belgien/Kommission), Slg. 1993, I-2323 Rn. 26; EuGH, Rs. C-311/94 (Ijssel-Vliet), Slg. 1996, I-5023 Rn. 26; zudem in der Literatur: Heidenhain, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 20 Rn. 1; M. Schröder, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2112 f. 486 Heidenhain, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 20 Rn. 1. 487 v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 107 Rn. 411. Abzugrenzen ist Art. 107 Abs. 3 lit. e AEUV insofern von Art. 108 Abs. 2 UAbs. 3 AEUV, der den Rat ausdrücklich im Falle außergewöhnlicher Umstände zur Genehmigung einzelner Beihilfen ermächtigt. 488 Im Schiffbau wurde zuletzt die Richtlinie des Rates vom 21. 12. 1990 über Beihilfen für den Schiffbau (Abl. 1990 L 380/27) auf den damaligen Art. 92 Abs. 3 lit. d EWG und Art. 113 EWG gestützt. Zudem wurde die VO 1540/1998 zur Neuregelung der Beihilfen für den Schiffbau neben Art. 94 und 113 EWG auf den damaligen Art. 92 Abs. 3 lit. e EWG gestützt. Heute unterfällt der Schiffbau der Ausnahmevorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. a und c AEUV, sodass dieser Anwendungsbereich des Art. 107 Abs. 3 lit. e AEUV entfallen ist. Siehe zu heute

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

In der zurückhaltenden Anwendung der Vorschrift spiegelt sich die grundsätzliche Wertung der Europäischen Beihilfenkontrolle wider.491 Beihilfen sollen verboten sein, so gilt auch für die Vertragsergänzungsermächtigung als Ausnahme vom Regelfall ein enger Anwendungsbereich. Dies ergibt sich allerdings nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. e AEUV, der selbst keine Vorgaben enthält in welchen Fällen der Rat einen solchen Beschluss treffen kann492. Vielmehr sieht auch der EuGH hierin eine „allgemeine Befugnis, staatliche Beihilfen unter Abweichung von dem allgemeinen Verbot des [Art. 107 Abs. 1 AEUV] zuzulassen“493. Die Stellung der Kommission wird durch diese Vorschrift nicht beschränkt.494 Ihr wird vielmehr zunächst ein Initiativrecht eingeräumt, da der Rat nur auf Vorschlag der Kommission einen Beschluss treffen kann.495 Eine Abweichung vom Vorschlag der Kommission ist nur bei einstimmiger Entscheidung des Rates möglich.496 Neben dem Initiativrecht verfügt die Kommission zudem über das bei der Anwendung des Art. 107 Abs. 3 AEUV bestehende, weite Ermessen.497 Die Kommission überprüft auch in diesen Fällen, ob die unter den entsprechenden Rechtsakt des Rates fallende Beihilfe im tatsächlichen Einzelfall unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und sozialen Wertungen mit Blick auf die Interessen der EU zu genehmigen ist.498 geltenden und auf Art. 107 Abs. 3 lit. a und c AEUV gestützten Vorschriften im Schiffbau: BärBouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 109; M. Schröder, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2038 ff. Beachte zudem insbesondere die Rahmenbestimmungen für Beihilfen an den Schiffbau, Abl. 2003 C-317/11. 489 Im Bereich des Steinkohlebergbaus erlangt Art. 107 Abs. 3 lit. e AEUV auch heute weiterhin an Bedeutung. Nachdem die VO 1407/2002 am 31. 12. 2010 außer Kraft trat, gilt heute der Beschluss 2010/787/EU des Rates vom 10. 12. 2010 über staatliche Beihilfen zur Erleichterung der Stilllegung nicht wettbewerbsfähiger Steinkohlebergwerke, der ebenso auf Art. 107 Abs. 3 lit. e AEUV gestützt wurde, Abl. 2010 L 336/24. Siehe zudem zu aktuellen Probleme im Hinblick auf Steinkohlebeihilfen: Lang, EStAL 2012, 113 ff. 490 Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 107 Rn. 61; M. Schröder, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2112. 491 Auf die Bindung des Rates an die Wertung der Europäischen Beihilfenkontrolle hinweisend: M. Schröder, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2114. 492 Ebenso: M. Schröder, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2114. 493 EuGH, Rs. 74/76 (Ianelli/Meroni), Slg. 1977, 557, Rn. 11/12. 494 So ausdrücklich: Heidenhain, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 20 Rn. 2. 495 M. Schröder, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2116. 496 Art. 293 Abs. 1 AEUV. 497 Vgl. EuGH, Rs. C-311/94 (Ijssel-Vliet), Slg. 1996, I-5023 Rn. 27. Ebenso in der Literatur: Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 Rn. 118; M. Schröder, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2120. 498 M. Schröder, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2120.

B. Beihilferecht der Europäischen Union

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c) Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung Die praktische Bedeutung der AGVO499 ist enorm. Nach dem Beihilfeanzeiger aus dem Jahr 2016 konnten 95 % der neuen Beihilfemaßnahmen auf Grundlage der AGVO ohne vorherige Kontrolle durch die Europäische Kommission gewährt werden.500 Beihilfen, die die Voraussetzungen der AGVO erfüllen, sind im Sinne des Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der in Art. 108 Abs. 1 AEUV verankerten Notifizierungspflicht befreit.501 Die AGVO wandelt somit die grundsätzliche ex-ante-Überprüfung sämtlicher Beihilfen, die die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen, in eine ex-post-Kontrolle.502 aa) Entwicklung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung Eine große Errungenschaft des State Aid Action Plans503 war der Erlass der ersten Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung im Jahre 2008.504 Diese fasste nicht nur alle bereits bestehenden Freistellungsverordnungen505 zusammen, sondern fügte weitere Kategorien hinzu.506 So sollte die Übersichtlichkeit und Kohärenz des Europäischen Beihilferechts gefördert und der Kommission eine stärkere Fokussierung auf tatsächlich wettbewerbsverzerrende Beihilfen ermöglicht werden.507

499 Nachweise zur aktuellen AGVO aus dem Jahre 2014, VO 651/2014 in Fn. 236. Siehe auch die umfassenden Kommentierungen zur AGVO 651/2014 bei: Bartosch, VO 651/2014, Rn. 1 ff.; Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO, Rn. 1 ff.; Jestaedt, u. a., in: Säcker/Montag, European State Aid Law, IV. 500 Beihilfeanzeiger 2016, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/state_aid/score board/index_en.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). Siehe zudem die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 15. 03. 2017, Staatliche Beihilfen: Laut Beihilfenanzeiger 2016 können die Mitgliedstaaten Beihilfen dank der Modernisierung des Beihilferechts rascher gewähren, IP/17/624. 501 Art. 3 AGVO. 502 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 101. Siehe zudem die weiteren Ausführungen zum grundsätzlich geltenden Verfahren der Europäischen Beihilfenkontrolle, S. 107. 503 Zum State Aid Action Plan siehe die Ausführungen und weiteren Nachweise auf S. 59. 504 Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 06. 08. 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung), Abl. 2008, L 214/3 (im Folgenden: AGVO 2008). Zur AGVO 2008 siehe: Bartosch, NJW 2008, 3612; Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2125 ff. 505 Siehe die umfassende Aufzählung der besonderen Gruppenfreistellungsverordnungen bei: Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO, Rn. 8. 506 Erwägungsgrund 2 ff. AGVO 2008. 507 Erwägungsgrund 4 AGVO und Aktionsplan 2005, KOM (2005) 107 endgültig, Fn. 211, Rn. 32 und 35 ff. Siehe auch: Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2137.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Die heute geltende AGVO ist das Ergebnis des im Jahre 2012 angestoßenen Modernisierungsprozesses der Europäischen Kommission – der State Aid Modernisation.508 Die Überarbeitung und Ausweitung der AGVO aus dem Jahre 2008 war eines der Kernziele dieses Modernisierungsprozesses.509 So wurden in diesem Zusammenhang, auf Grundlage der erweiterten Ermächtigungsgrundlage, weitere Beihilfegruppen von der Notifizierungspflicht freigestellt.510 Zudem wurde das Verfahren der nachträglichen Kontrolle staatlicher Beihilfen grundlegend überarbeitet und so etwa in Art. 10 AGVO die Möglichkeit eingeführt, Staaten, die die Voraussetzungen der AGVO nicht beachten, den mit der AGVO verbundenen Rechtsvorteil vollständig oder zum Teil zu entziehen.511 Zudem wurden die Mitgliedstaaten zur Einführung einer Beihilfe-Website verpflichtet, auf der bestimmte Angaben über diejenigen Beihifen veröffentlicht werden sollen, die auf Basis der AGVO gewährt wurden.512 Dies sollte dazu beitragen, dass verstärkt von dem Mechanismus des Private Enforcement Gebrauch gemacht wird.513 bb) Rechtsgrundlage Die AGVO aus dem Jahre 2014 wurde, parallel zur De-minimis-VO, auf Grundlage des Art. 108 Abs. 4 AEUV und der VO 994/98 erlassen.514 Im Gegensatz zu dieser wurde die AGVO allerdings auf die geänderte Fassung vom 22. Juli 2013 gestützt, da die Ermächtigungsverordnung erst nach Erlass der De-minimis-VO geändert wurde.515 In dieser Fassung wurden die freistellungsfähigen Beihilfegruppen erweitert, was folglich auch in der AGVO Niederschlag gefunden hat.516 Der Vollständigkeit halber soll darauf hingewiesen werden, dass die VO 994/98 im Jahre 2015 aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit durch die VO 2015/1588 neu kodifiziert wurde.517 Die vielen Änderungen hatten die Anwendung in der Praxis erschwert und so eine Neukodifizierung notwendig gemacht.518 508

Zur State Aid Modernisation siehe die Ausführungen und Nachweise auf S. 60. Siehe das Memo der Europäischen Kommission zum Erlass der neuen AGVO im Jahre 2014 vom 21. 05. 2014, MEMO/14/369, abrufbar unter: http://europa.eu/rapid/press-release_ MEMO-14-369_en.htm (im Folgenden: Memo AGVO 2014), (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 510 Erwägungsgrund 1 AGVO. Siehe die nun freigestellten Gruppen in Art. 1 AGVO und die Aufzählung der neu freigestellten Kategorien im Memo AGVO 2014, Fn. 509. 511 Erwägungsgrund 29 AGVO. Zur Einführung dieser Sanktionsmöglichkeit durch die AGVO 2014: Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO, Rn. 16. 512 Art. 9 und Erwägungsgrund 27 AGVO. 513 Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO, Rn. 15. 514 Siehe zur Rechtsgrundlage der De-minimis-VO und den Nachweisen zu der VO 994/98, S. 77 ff. und Fn. 352. 515 Erwägungsgrund 1 AGVO. Zur ÄnderungsVO 2013 siehe den Nachweis in Fn. 352. 516 Siehe die Ausführungen und Nachweise bei Fn. 510. 517 Erwägungsgrund 1 VO 2015/1588. 509

B. Beihilferecht der Europäischen Union

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cc) Voraussetzungen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung In der AGVO aus dem Jahre 2014 werden die Freistellungsvoraussetzungen in Art. 3 AGVO allgemein für alle Kategorien von Beihilfen bestimmt. So sind Beihilferegelungen (Art. 2 Nr. 15 AGVO), Einzelbeihilfen, die auf der Grundlage einer Beihilferegelung erlassen werden (Art. 2 Nr. 14 ii) AGVO) und Ad-hoc-Beihilfen (Art. 2 Nr. 14 i) und 17 AGVO) gem. Art. 107 Abs. 2 oder 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar und insofern von der in Art. 108 Abs. 3 verankerten Notifizierungspflicht befreit, wenn sie die Voraussetzungen des allgemeinen ersten Kapitels der AGVO und dem jeweiligen für die Beihilfegruppe einschlägigen weiteren Kapitel erfüllen. Insgesamt enthält die AGVO Vorschriften zu insgesamt 13 Beihilfegruppen: (1) Regionalbeihilfen; (2) Beihilfen für KMU; (3) Beihilfen zur Erschließung von KMU-Finanzierung; (4) Beihilfen für Forschung und Entwicklung und Innovation; (5) Ausbildungsbeihilfen; (6) Beihilfen für benachteiligte Arbeitnehmer und Arbeitnehmer mit Behinderung; (7) Umweltschutzbeihilfen; (8) Beihilfen für Naturkatastrophen; (9) Sozialbeihilfen für Bewohner entlegener Gebiete; (10) Beihilfen für Breitbandinfrastruktur; (11) Beihilfen zur Kulturförderung; (12) Beihilfen für Sportinfrastrukur und multifunktionaler Freizeitinfrastruktur und (13) Beihilfen für die lokale Infrastruktur.519 Die allgemeinen Voraussetzungen des ersten Kapitels sind in den Art. 4 – 10 AGVO normiert. Zunächst darf die konkrete Beihilfe, die für sie relevante Anmeldeschwelle nicht überschreiten. Art. 4 AGVO enthält absolute Grenzwerte, die abhängig von der konkreten Beihilfegruppe variieren. So können Investitionsbeihilfen für KMU bis zu einer Höhe von 7,5 Mio. E pro Unternehmen und Investitionsvorhaben gewährt werden.520 Im Bereich der regionalen Investitionsbeihilfen kann hingegen ein „angepasster Beihilfehöchstsatz“521 für beihilfefähige Kosten bis zu 100 Mio. E gewährt werden.522 Für regionale Betriebsbeihilfen gilt hingegen kein Höchstsatz.523 Wie die konkrete Berechnung der Beihilfeintensität zu erfolgen hat, wird in Art. 7 AGVO konkretisiert. Zudem sieht Art. 8 Abs. 1 AGVO vor, dass die für ein Projekt gewährten Beihilfen nicht einzeln, sondern kumuliert betrachetet werden müssen. Neben der Einhaltung der Anmeldeschwelle, muss die Beihilfe den Transparenzkriterien des Art. 5 AGVO entsprechen. So können, parallel zur De-minimisVO524, nur solche Beihilfen unter die AGVO subsumiert werden, deren Bruttosub518

Erwägungsgrund 1 VO 2015/1588. Vergleiche hierzu die AGVO und die Abschnitte 1 – 13 des 3. Kapitels. 520 Art. 4 Abs. 1 lit. c AGVO. 521 Der „angepasste Beihilfehöchstsatz“ wird anhand einer Formel berechnet, die in Art. 2 Nr. 20 AGVO normiert ist. 522 Art. 4 Abs. 1 lit. a AGVO. 523 Art. 15 AGVO. Siehe auch: Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 2 Rn. 6. 524 Vgl. zur Voraussetzung einer „transparenten Beihilfe“ in der De-minimis-VO, S. 81. 519

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

ventionsäquivalente im Voraus konkret bestimmt werden können und sie somit als „transparente Beihilfen“ einzustufen sind.525 Hierzu zählen nach der wohl nicht abschließenden Aufzählung in Art. 5 Abs. 2 AGVO526 u. a. direkte Zuschüsse oder Steuervergünstigungen, wenn eine konkrete Höchstgrenze vorgesehen ist.527 Zudem muss die Beihilfe zwingend einen Anreizeffekt haben.528 Die Gewährung der Beihilfe muss somit Bedingung für die tatsächliche Durchführung des Vorhabens gewesen sein.529 Außer im Fall der Ad-hoc-Beihilfe an große Unternehmen530 nimmt die AGVO das Vorliegen eines solchen Anreizeffekts immer dann an, wenn der Beihilfeempfänger noch vor dem Arbeitsbeginn am konkreten Vorhaben einen schriftlichen Beihilfeantrag gestellt hat.531 Für den Fall der steuerlichen Vergünstigung gelten jedoch erleichterte Voraussetzungen, die in Art. 6 Abs. 4 AGVO normiert sind. Einzelne Beihilfekategorien werden zudem von der Voraussetzung ausgenommen.532 So müssen etwa regionale Betriebsbeihilfen keinen Anreizeffekt aufweisen, wenn die Voraussetzungen des Art. 15 AGVO vorliegen.533 Zudem enthält Art. 9 AGVO eine Reihe von Informationspflichten der Mitgliedstaaten.534 Diese müssen auf einer sog. Beihilfe-Website eine Kurzbeschreibung der freigestellten staatlichen Beihilfen veröffentlichen.535 Hierfür wurde ein Muster im Anhang II der AGVO aufgenommen. Ebenso muss der volle Wortlaut einer jeden Beihilfemaßnahme veröffentlicht werden.536 Für Beihilfen ab einer Höhe von 500.000 E müssen zusätzliche Angaben auf der Beihilfe-Website aufgenommen werden.537 Diese Angaben sind im Anhang III der AGVO näher bestimmt. Zudem enthält Art. 9 AGVO zum Teil besondere Informationspflichten für bestimmte Formen von Beihilfen.538 Es handelt sich hierbei um Pflichten der Mitgliedstaaten, die eine effektive ex-post-Kontrolle durch die Europäische Kommission ermöglichen 525

17.

Art. 5 AGVO und die Legaldefinition der „transparenten Beihilfe“ in Erwägungsgrund

526 Zu der Frage, ob Art. 5 Abs. 2 AGVO eine abschließende Aufzählung enthält, siehe die Ausführungen bei: Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 5 Rn. 4. 527 Zuschüsse: Art. 5 Abs. 2 lit. a; Steuervergünstigungen: Art. 5 Abs. 2 lit. d AGVO. 528 Art. 6 Abs. 1 AGVO. 529 Erwägungsgrund 18 AGVO. 530 In diesen Fällen gilt Art. 6 Abs. 3 AGVO. 531 Art. 6 Abs. 2 AGVO. 532 Art. 6 Abs. 5 AGVO. 533 Art. 6 Abs. 5 lit. a AGVO. 534 Diese Pflichten gelten nur für Beihilfen, die nach dem Inkrafttreten der AGVO gewährt wurden. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus der in Art. 58 Abs. 1 AGVO normierten Übergangsbestimmung. 535 Art. 9 Abs. 1 lit. a AGVO. 536 Art. 9 Abs. 1 lit. b AGVO. 537 Art. 9 Abs. 1 lit. c AGVO. 538 So etwa für Steuervergünstigungen in Art. 9 Abs. 2 AGVO.

B. Beihilferecht der Europäischen Union

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sollen.539 Nur wenn in dieser Hinsicht eine Pflicht zur Veröffentlichung besteht und im Zusammenhang mit der Freistellungsvoraussetzung ein Anreiz zur Befolgung geschaffen wird, kann eine solche effektive Kontrolle gewährleistet werden.540 Anders liegt dies bei der in Art. 11 AGVO normierten Berichtspflicht an die Kommission. Diese Pflichten wurden im Zusammenhang mit der Modernisierung der AGVO aus den Freistellungsvoraussetzungen ausgenommen.541 Neben den soeben aufgezählten allgemeinen Voraussetzungen muss eine Beihilfe die besonderen Voraussetzungen des jeweiligen Abschnittes des dritten Kapitels erfüllen. Im Bereich der Regionalbeihilfen wurden diese speziellen Voraussetzungen bereits im Rahmen der Ausnahmebestimmung zu Art. 107 Abs. 3 lit. a und lit. c AEUV erläutert.542 Hierauf soll an dieser Stelle exemplarisch verwiesen werden. dd) Ex-post-Kontrolle der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung Erfüllt eine Beihilfe die allgemeinen Voraussetzungen und die jeweiligen besonderen Bestimmungen der konkreten Beihilfegruppe, ist sie im Sinne des Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der allgemeinen Notifizierungspflicht des Art. 108 Abs. 1 AEUV befreit.543 Die AGVO führt ferner dazu, dass nicht jede gewährte Beihilfe einer anfänglichen Kontrolle durch die Europäische Kommission unterliegt. Vielmehr werden alle Beihilfen, die die Voraussetzungen der AGVO erfüllen, von ebendieser Pflicht ausgenommen. Insofern wird die grundsätzliche ex-ante-Überprüfung der Kommission, zu einer nachträglichen Kontrollpflicht umgewandelt.544 (1) Befugnisse der Europäischen Kommission Jeder Mitgliedstaat ist gem. Art. 11 AGVO dazu verpflichtet, der Kommission umfassend Bericht über die nach der AGVO gewährten Beihilfen zu erstatten. Neben einer Kurzbeschreibung der freigestellten Beihilfen nach dem in Anhang II der AGVO enthaltenen Muster (Art. 11 lit. a AGVO), hat jeder Mitgliedstaat der Kommission einen Jahresbericht zu übermitteln (Art. 11 lit. b AGVO). Zudem müssen die Mitgliedstaaten alle relevanten Unterlagen im Zusammenhang mit der Freistellung der Beihilfe für zehn Jahre aufbewahren und sie der Kommission nach 539 Vgl. Erwägungsgrund 27 AGVO; Bartosch, Art. 9 VO 651/2014 Rn. 1; Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 9 Rn. 12. 540 Mit ähnlicher Argumentation: Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 9 Rn. 12. 541 Siehe hierzu: Bartosch, Art. 11 VO 651/2014 Rn. 1 mit Verweis auf die Vorauflage und dem hier noch nicht eindeutig entschiedenen Streit. 542 Siehe die Ausführungen auf S. 93ff. 543 Art. 3 AGVO. 544 Noch zur AGVO 2008: Jennert/Manz, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 1 Rn. 2242.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

einem Auskunftsersuchen innerhalb von 20 Tagen zur Verfügung stellen.545 Gelangt die Kommission durch die ihr zugetragenen Informationen zu dem Ergebnis, dass ein Mitgliedstaat eine Beihilfe auf Grundlage der AGVO gewährt hat, obwohl deren Voraussetzungen nicht erfüllt wurden, stehen der Kommission verschiedende Befugnisse zu. Ordnet man Beihilfen, die nach der AGVO freigestellt wurden, in die Kategorie der neuen Beihilfen ein, steht der Kommission, wenn sie einen Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV annimmt, zunächst das allgemeine Kontrollverfahren gem. Art. 108 Abs. 3 AEUV zu. Zum Teil wird in der Literatur jedoch auch vertreten, dass eine solche Beihilfe als bestehende Beihilfe546 eingeordnet werden sollte und die Kommission somit zu einer fortlaufenden Überprüfung verpflichtet ist.547 Dies ist allerdings abzulehnen. Eine bestehende Beihilfe liegt nur vor, wenn die Voraussetzungen des Art. 1 lit. b VerfahrensVO erfüllt sind.548 Und dies kann zumindest nicht grundsätzlich bei jeder nach der AGVO freigestellten Beihilfe angenommen werden.549 Deshalb handelt es sich bei einer nach der AGVO freigestellten Beihilfe im Regelfall, um eine sog. neue Beihilfe550 bzw., wenn die Voraussetzungen der Gruppenfreistellung nicht erfüllt sind, um eine sog. rechtswidrige Beihilfe551.552 Seit der Reform der AGVO im Jahre 2014 steht der Kommission zudem eine weitere Befugnis zu. Gemäß Art. 10 AGVO kann sie dem jeweiligen Mitgliedstaat den Rechtsvorteil der Gruppenfreistellung vollständig oder zum Teil entziehen, wenn die Voraussetzungen der Kapitel I-III nicht eingehalten werden.553 Diese Möglichkeit steht ihr somit nicht nur zu, wenn die Freistellungsvoraussetzungen der

545

Art. 12 AGVO. Zum Verfahren bei bestehenden Beihilfen siehe die Ausführungen auf S. 114 ff. 547 Erlbacher, in: Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 6. Teil, E Rn. 15; Schweda, in: Heidenhain, European State Aid Law, § 14 Rn. 62. 548 Ebenso Bartosch, Erwägungsgründe VO 651/2014 Rn. 5; Nowak, in: Immenga/ Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO Rn. 26. 549 Nowak zählt eine Reihe von Optionen auf, in denen möglicherweise die Voraussetzungen einer bestehenden Beihilfe erfüllt sein könnten: Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO Rn. 26. 550 Siehe die Legaldefinition der neuen Beihilfe in Art. 1 lit. c VerfahrensVO. Zum Verfahren bei neuen Beihilfen siehe die Ausführungen auf S. 109 ff. 551 Zum Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen, siehe die Ausführungen auf S. 117 ff. 552 Nach der AGVO freigestellte Beihilfen ebenso als neue Beihilfen einordnend: Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO Rn. 26. Eine Beihilfeart sui generis nimmt Bartosch, Erwägungsgründe VO 651/2014 Rn. 5 an. Eine rechtswidrige Beihilfe wird von Nowak und Bartosch angenommen, wenn die Freistellungsvoraussetzungen nicht vorliegen: Bartosch, Erwägungsgründe VO 651/2014 Rn. 6; Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO Rn. 26. 553 Siehe hierzu die Kommentierung von Art. 10 AGVO bei: Bartosch, Erwägungsgründe VO 651/2014 Rn. 1 f.; Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 10 Rn. 1 ff. 546

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Kapitel I und II nicht erfüllt werden, sondern darüber hinaus auch wenn die in Art. 11 AGVO normierten Berichtspflichten nicht eingehalten werden. Zuletzt verstößt jeder Mitgliedstaat, der eine Beihilfe ohne vorherige Notifizierung gewährt, obwohl die Freistellungsvoraussetzungen der AGVO nicht erfüllt sind, gegen die AGVO und die primärrechtliche Notifizierungspflicht des Art. 108 Abs. 1 AEUV.554 Somit kann die Europäische Kommission natürlich auch im Wege eines Vertragsverletzungsverfahrens (Art. 258 AEUV) gegen den jeweiligen Mitgliedstaat vorgehen.555 (2) Private Enforcement Die nachträgliche Kontrolle freigestellter Beihilfen, kann nicht nur durch die Europäische Kommission erfolgen.556 Die auf der Beihilfe-Website veröffentlichten Informationen, sollen zudem auch privaten Wettbewerbern ermöglichen sich über gewährte Beihilfen zu informieren und gegen diese im Wege des Private Enforcements vorzugehen.557 Eine Möglichkeit ist zunächst eine Beschwerde i.S.d. Art. 24 Abs. 2 VerfahrensVO bei der Europäischen Kommission einzulegen und diese, so zu einer Überprüfung zu zwingen. Handelt die Kommission im Anschluss an die eingelegte Beschwerde nicht, steht dem potentiellen Konkurrenten die Erhebung einer Untätigkeitsklage nach Art. 265 AEUV vor den europäischen Gerichten offen.558 Zudem kann der Wettbewerber vor den nationalen Gerichten eine Konkurrentenklage erheben und so etwa Unterlassungsansprüche geltend machen.559 Im deutschen Recht ist dies etwa über § 823 Abs. 2 und § 1004 BGB i.V.m. Art. 3 AGVO oder Art. 108 Abs 3 AEUV möglich.560

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Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO Rn. 27. Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO Rn. 27. 556 Erwägungsgrund 27 der AGVO spricht von einer Kontrolle durch „alle Beteiligten“. 557 Zum Private Enforcement im Rahmen der AGVO: Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO Rn. 27. 558 Für den Bereich der AGVO: Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO Rn. 28. Allgemein für den Rechtschutz Privater im Beihilferecht: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 81. 559 Für den Bereich der AGVO: Nowak, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Einl. AGVO Rn. 29. Allgemein für den Rechtschutz Privater im Beihilferecht: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 85. 560 Siehe die Nachweise in Fn. 559. 555

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III. Zuständigkeiten im Europäischen Beihilferecht Sämtliche Zuständigkeiten im Bereich des Europäischen Beihilferechts sind auf ein Organ konzentriert: Die Europäische Kommission. Die „Hüterin der Verträge“561 verfügt in der Beihilfenaufsicht und -kontrolle über weitreichende formelle und materielle Kompetenzen und besitzt eine außerordentlich starke Rechtsposition. Die zentrale Rolle der Europäischen Kommission im Bereich des Europäischen Beihilferechts beruht im Wesentlichen auf drei Säulen: Zunächst obliegt das in Art. 108 AEUV (ex. Art. 88 EGV) geregelte Verfahren ausschließlich der Europäischen Kommission (1).562 So ist die Europäische Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV zunächst zur Überprüfung aller neu angemeldeten Beihilfen verpflichtet, insofern sie diese nicht selbst durch Verordnung von dem Verfahren nach Abs. 4 AEUV ausgenommen hat.563 Nur wenn außergewöhnliche Umstände eine solche Entscheidung rechtfertigen, kann der Rat einstimmig und auf Antrag eines Mitgliedstaates bestimmen, dass eine geplante Beihilfe in Abweichung zu Art. 107 Abs. 1 AEUV als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen ist. Darüber hinaus überprüft die Kommission gemäß Art. 108 Abs. 1 und 2 AEUV fortlaufend, ob alle bestehenden Beihilferegelungen mit Art. 107 Abs. 1 AEUV in Einklang stehen, Art. 108 Abs. 1 und 2 AEUV. Auch innerhalb des Beihilfeverfahrens verfügt die Europäische Kommission über weitreichende Kompetenzen (2). So kann sie, wenn ihr die im vorläufigen Prüfverfahren vom betroffenen Mitgliedstaat gewährten Auskünfte nicht ausreichen, nach Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, auch umfassende Auskunftsansprüche gegenüber anderen Mitgliedstaaten, dem Beihilfeempfänger und dessen Wettbewerbern geltend machen.564 Diese Auskunftsansprüche sollen eine umfassende Tatsachengrundlage schaffen und der Kommission ermöglichen, den jeweiligen Einzelfall vollumfänglich zu würdigen.565 Denn auch in materiell-rechtlicher Hinsicht steht der Kommission ein weiter Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum zu (3)566, der sich sowohl auf den Verbotstatbestand als auch 561 Gemäß Art. 17 Abs. 1 EUV kontrolliert die Europäische Kommission die Anwendung der Verträge und überwacht die Anwendung des Unionsrechts unter Kontrolle des Europäischen Gerichtshofs. Die Europäische Kommission ist somit als „Hüterin der Verträge“ anzusehen, siehe hierzu exemplarisch: Martenczuk, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 17 Rn. 15; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 17 Rn. 7; Schmidt/Schmitt von Sydow, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Art. 17 Rn. 32. 562 Verordnung (EU) Nr. 734/2013, Fn. 221, Erwägungsgrund 2. 563 So wurde etwa die AGVO auf Grundlage des Art. 108 Abs. 4 AEUV erlassen, siehe hierzu die Ausführungen auf S. 100 f. 564 Art. 7 VerfahrensVO, dieses Auskunftsersuchen gegenüber anderen Auskunftsgebern wurde mit der VerfahrensVO 2013, Fn. 232, eingeführt. Ausführlich zum Auskunftsersuchen an andere Marktteilnehmer: Plappert, EuZW 2014, 216 ff. 565 Vgl. Art. 7 Abs. 1 VerfahrensVO, siehe zudem: Plappert, EuZW 2014, 216, 217; Stöbener, EuZW 2013, 644. 566 So der EuGH in ständiger Rechtsprechung: EuGH, Rs. 78/76 (Steinike und Weinlig/ Deutschland), Slg. 1977, I-595 Rn. 8 f.; EuGH, Rs. C-301//87 (Frankreich/Kommission), Slg. 1990, I-307 Rn. 15 f.; EuGH, Rs. C-39/94 (SFEI U.A.), Slg. 1996, I-3547 Rn. 36 ff.

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auf die Ausnahmebestimmungen erstreckt. Diesen vom Europäischen Gerichtshof nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessenspielraum konkretisiert die Europäische Kommission selbst durch den Erlass von Mitteilungen, Leitlinien und Gemeinschaftsrahmen. Die Geschwindigkeit mit der die Europäische Kommission dieses sog. Tertiärrecht erlässt und weiterentwickelt ist enorm und verblüfft auch immer wieder Experten auf dem Gebiet des Europäischen Beihilferechts. Nicht selten wird man mit dem Gefühl konfrontiert, dieser Schnelligkeit nicht mehr folgen zu können. Nicht nur deshalb wird die Kritik an der Arbeit der Europäischen Kommission im Europäischen Beihilferecht in Zeiten steigender Europaskepsis immer lauter.567 Vor allem seitdem die Kommission über die Hintertür des Europäischen Beihilferechts Rechtsmaterien reguliert, für die die EU grundsätzlich keine Zuständigkeit besitzt, steigt die Kritik an.568 Trotzdem ist genau diese Effektivität der Schlüssel zum Erfolg des Europäischen Beihilferechts. Im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten verfügt die Europäische Kommission über eine absolute und für das Unionsrecht einzigartige Monopolstellung.569 Nur durch die Zentrierung der gesamten Beihilfenaufsicht und deren Vollzug auf ein Organ, kann eine solche effektive Kontrolle gewährleistet werden. Es erscheint daher folgerichtig die Europäische Kommission aufgrund ihrer enormen Bedeutung im Bereich des Europäischen Beihilferechts, nicht nur als „Hüterin“, sondern vielmehr als „Herrin des Beihilfenverfahrens“570 zu bezeichnen.

IV. Verfahren im Europäischen Beihilferecht Das Verfahren der Europäischen Beihilfenkontrolle ist primärrechtlich in Art. 108 AEUV (ex-Art. 88 EGV) geregelt und obliegt ausschließlich der Europäischen Kommission.571 Bis zum Erlass der Verfahrensverordnung im Jahre 1999572 wurde das Beihilfenverfahren durch die Entscheidungspraxis der Kommission und insbesondere durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelt und konkretisiert.573 Um eine Effizienzsteigerung im Beihilfenverfahren zu erzielen und zudem für mehr Transparenz und Rechtssicherheit zu sorgen, wurde die Praxis von Kommission und EuGH im Jahre 1999 durch die VerfahrensVO erstmals kodifiziert und darüber hinaus zum Teil auch weiterentwickelt.574 Auf Grundlage des

567

Soltész, NJW 2014, 3128, 3132. Koenig, EStAL 2014, 611 ff.; Soltész, NJW 2014, 3128. 569 Götz, in: Dauses/Ludwigs, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, H. III. Rn. 9; Rosenfeld, S. 37; Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 44. 570 Montag, NJW 1998, 2088, 2095; Schroeder, ZIP 1996, 2097, 2104. 571 Zu den Zuständigkeiten im EU-Beihilferecht, siehe die Ausführungen auf, S. 106 f. 572 VerfahrensVO 1999, Fn. 222. 573 VerfahrensVO 1999, Fn. 222, Erwägungsgrund 2. 574 VerfahrensVO 1999, Fn. 222, Erwägungsgrund 2 und 3; VerfahrensVO, Erwägungsgrund 3. Siehe zur Entstehung der VerfahrensVO 1999, Sinnaeve, EuZW 1998, 268 ff. und 568

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Art. 27 VerfahrensVO 1999 hat die Kommission im Jahre 2004 zudem die sog. Durchführungsverordnung575 erlassen, die insbesondere ein Standardformular für die Anmeldung einer Beihilfe enthält. Mit dem Ziel ein schnelleres und transparenteres Beihilfeverfahren zu schaffen, wurde im Jahre 2009 der sog. Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren erlassen.576 Dieser Kodex stand als Ergänzung neben der VerfahrensVO 1999 und sollte anhand praktischer Leitlinien zu einer Straffung des Verfahrens führen. Schnell wurde klar, dass eine solche oberflächliche Lösung nicht ausreichen würde, um die grundlegenden, direkt in der VerfahrensVO 1999 liegenden, Probleme zu beseitigen.577 Sämtliche Reformen führten im Ergebnis zu keiner wesentlichen Änderung des Beihilfenverfahrens, vielmehr bestand im Kern das Grundmodell aus dem Jahr 1958 fort.578 Dies sollte sich im Jahre 2013 ändern. Im Zusammenhang mit der Modernisierung des Europäischen Beihilferechts und unter Berücksichtigung der gesammelten Erfahrungen wurde die VerfahrensVO im Jahre 2013 durch die VO (EU) Nr. 734/2013 erneut geändert.579 Ziel dieser Verfahrensreform war die Beschleunigung und insbesondere die Fokussierung der Beihilfenkontrolle auf besonders wettbewerbsverzerrende Beihilfen.580 Es sollten die Ziele erreicht werden, die mit der VerfahrensVO 1999 und dem zwischenzeitlich erlassenen Verhaltenskodex verfehlt wurden.581

zudem zur Entwicklung der Beihilfenkontrolle nach Einführung der VerfahrensVO 1999, Bartosch, EuZW 2004, 43 ff.; Becker, EWS 2007, 255 ff. 575 Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. 04. 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags, Abl. 2004 L 140/1. Zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2015/ 2282 der Kommission vom 27. 11. 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 hinsichtlich der Anmeldeformulare und Anmeldebögen, Abl. 2015 L 325/1 (im Folgenden: DurchführungsVO). 576 Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfenverfahren, Abl. 2009 C-136/13. 577 Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 659/ 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags, KOM (2012) 725 final, Begründung 2.1; Soltész/Hellstern, BRZ 2013, 3, 10. 578 Soltész/Hellstern, BRZ 2013, 3; vgl. auch Nehl, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht Jahrbuch 2013, S. 527, 528. 579 VerfahrensVO 2013, Fn. 232, Erwägungsgrund 1. 580 Pressemitteilung der Europäische Kommission, vom 23. 07. 2013, Staatliche Beihilfen: Kommission leitet Konsultation zum Entwurf der überarbeiteten AGVO ein – Freistellung von mehr Beihilfen von der Anmeldepflicht, IP/13/728; Soltész, EuZW 2014, 89, 93; siehe auch die zuvor erlassene Mitteilung zur Modernisierung des EU-Beihilferechts, Fn. 210, insbesondere Rn. 23; Nehl, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht Jahrbuch 2013, S. 527, 528 f.; Soltész/Hellstern, BRZ 2013, 3. 581 Vgl. Nehl, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht Jahrbuch 2013, S. 527, 528 f.

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Die Reform wurde im Markt jedoch als Enttäuschung angesehen und vor allem die fehlende Stärkung der Verfahrensrechte Dritter wurde kritisiert.582 Zudem blieb die Vorschrift des Art. 7 Abs. 6 VerfahrensVO 1999 unverändert, nach der die Kommission sich um die Begrenzung des Verfahrens auf eine Dauer von 18 Monaten bemühen sollte. Folglich wurde auch hier die stets vorgebrachte Forderung nach einer verbindlichen Frist nicht umgesetzt.583 Auch die Erweiterung der Kompetenzen der Kommission wurde als starke Einschränkung angesehen und deren Effektivität bezweifelt.584 Trotz all dieser Bedenken war die Reform im Jahre 2013 ein weiterer Fortschritt, mit dem insbesondere im Vergleich zum Verhaltenskodex, weitere wichtige Entwicklungen angestoßen wurden.585 Da die Vielzahl der Änderungen zu einer Unübersichtlichkeit der Verfahrensvorschriften geführt hat, wurde die Verfahrensverordnung im Jahre 2015 neu kodifiziert.586 Ohne hierbei weitere inhaltliche Veränderungen einzufügen, wurde lediglich die Nummerierung und Struktur im Zusammenhang mit den Änderungen aus dem Jahre 2013 harmonisiert.587 Im folgenden Abschnitt wird das heute innerhalb der Europäischen Union geltende Beihilfeverfahren überblicksartig dargestellt. Bereits die primärrechtliche Verfahrensgrundlage des Art. 108 AEUV grenzt zwischen der präventiven Überprüfung neuer Beihilfen (Art. 108 Abs. 3 AEUV) und der fortlaufenden Überprüfung bestehender Beihilfen (Art. 108 Abs. 1 AEUV) ab. Zudem ist ein Verfahren gegen rechtswidrige Beihilfen in der Rechtsprechung entwickelt worden, welches heute ausdrücklich in der VerfahrensVO kodifiziert ist. Die zitierten Vorschriften beziehen sich stets auf die neue Verfahrensverordnung aus dem Jahre 2015, es sei denn dies ist in anderer Art und Weise kenntlich gemacht. 1. Verfahren bei der Anmeldung neuer Beihilfen Das präventive Kontrollverfahren bei neuen Beihilfen ist primärrechtlich in Art. 108 Abs. 3 AEUV geregelt und wird in der Verfahrensverordnung aus dem Jahre 2015 in Art. 2 – 11 konkretisiert. In die Kategorie der „neuen Beihilfen“ werden alle Einzelbeihilfen und Beihilferegelungen eingeordnet, die nicht als

582 Nehl, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht Jahrbuch 2013, S. 527; Nehl, EStAL 2014, 235, 235; Plappert, EuZW 2014, 216, 219 geht sogar von einer Verschlechterung der Beteiligungsrechte aus. 583 Plappert, EuZW 2014, 216, 219. 584 Vgl. Soltész, NJW 2014, 3128, 3130 f. 585 Vgl. Soltész sieht die Verfahrensreform als großen Durchbruch an, NJW 2014, 3128, 3130. Soltész sieht die Verfahrensreform als ein wichtiges Element an, das zur Zukunftstauglichkeit und Effizienz des neuen Beihilferechts beitragen wird, NJW, 2014, 3128, 3132. 586 Erwägungsgrund 1, VerfahrensVO. 587 Siehe die Aufzählung der einzelnen Änderungen bei: Bartosch, VO 2015/1589, Rn. 3.

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bestehende Beihilfen anzusehen sind, es sei denn, eine bestehende Beihilfe soll geändert werden.588 a) Notifizierungspflicht und Durchführungsverbot Eingeleitet wird das präventive Kontrollverfahren durch die mitgliedstaatliche Notifizierung der Beihilfe bei der Europäischen Kommission. Die Mitgliedstaaten sind grundsätzlich gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VerfahrensVO dazu verpflichtet, alle neuen Beihilfen bei der Kommission anzumelden, die vom Beihilfentatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfasst werden (sog. Notifizierungspflicht).589 Es müssen also sämtliche Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV kumulativ erfüllt sein. Darüber hinaus können aus Gründen der Rechtssicherheit auch solche Beihilfen angemeldet werden, die aus Sicht des Mitgliedstaates keine Beihilfe darstellen, der Mitgliedstaat diesbezüglich aber eine ausdrückliche Entscheidung der Kommission erhalten möchte.590 Eine Pflicht zur Anmeldung einer Beihilfe nur bei Verdacht eines Verstoßes gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV wird heute abgelehnt.591 Die Mitgliedstaaten können in solchen Fällen selbst entscheiden, ob sie eine Anmeldung für notwendig halten oder ob sie das Risiko eines späteren Prüfverfahrens eingehen möchten.592 Hierbei sollten die Mitgliedstaaten stets die Effizienz des Beihilfekontrollsystems und das Prinzip der loyalen Zusammenarbeit im Blick haben. Ausdrücklich von der Notifizierungspflicht ausgenommen sind diejenigen Beihilfen, die die Voraussetzungen der De-minimis-VO593 oder der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung594 erfüllen. Für sämtliche Beihilfen, die von einem Mitgliedstaat bei der Kommission notifiziert wurden, besteht ab dem Zeitpunkt der Notifizierung bis zur abschließenden Entscheidung der Kommission ein Durchführungsverbot.595 Für die gerichtliche Durchsetzung dieser Stillstandsverpflichtung sind die nationalen Gerichte zustän588

Siehe hierzu die Negativdefinition in Art. 1 lit. c VerfahrensVO. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 lit. a VerfahrensVO. 590 Vgl. DurchführungsVO, Fn. 575, Anhang I, Teil I, 1 d); siehe zudem: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 51; Grespan, in: Tosato/Bellodi, EU Competition Law, Volume I Procedure, S. 414. 591 Vielmehr wird der Rechtsprechung des EuGH entnommen, dass für die Notifizierungspflicht in Art. 108 Abs. 3 AEUV sämtliche Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegen müssen. Vgl. EuGH, Rs. C-345/02 (Pearle), Slg. 2004, I-7139, Rn. 31 f. Siehe hierzu: Bartosch, Art. 2 VO 2015/1589 Rn. 3 m.w.N. Siehe zudem Sinnaeve, in: Heidenhain, European State Aid Law, § 2 Rn. 1 m.w.N.; v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 108 Rn. 12. 592 Bartosch, Art. 2 VO 2015/1589 Rn. 3. 593 Art. 3 Abs. 1 De-minimis-VO, siehe hierzu die Ausführungen und weiteren Nachweise auf S. 77. 594 Art. 3 AGVO. Allgemeine Ausführungen zur AGVO finden sich auf S. 99 ff. 595 Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV i.V.m. Art. 3 VerfahrensVO. 589

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dig.596 Diese sind nach ständiger Rechtsprechung des EuGH dazu verpflichtet, sämtliche Rechte Dritter im Rahmen der nationalen Vorschriften durchzusetzen. So muss sowohl die Gültigkeit der Rechtsakte als auch die Möglichkeit zur Rückforderung der gewährten Begünstigung überprüft werden.597 b) Vorläufiges Prüfverfahren Unmittelbar nach Eingang der Beihilfenanmeldung leitet die Europäische Kommission das sog. vorläufige Prüfverfahren ein, welches ab dem Eingang der vollständigen Anmeldeunterlagen auf die Dauer von zwei Monaten begrenzt ist.598 In diesem Verfahrensabschnitt soll der Kommission ermöglicht werden, sich ein erstes Meinungsbild über die angemeldete Beihilfe oder Beihilferegelung zu verschaffen.599 So ermittelt sie anhand einer summarischen Prüfung, ob die Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.600 Kommt sie hierbei zu dem Schluss, dass keine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt, wird das Verfahren durch eine dies feststellende Entscheidung beendet (Art. 4 Abs. 2 VerfahrensVO). Gleiches gilt für den Fall, dass zwar eine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt, allerdings keine Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt bestehen, da eine der Ausnahmebestimmungen vom grundsätzlichen Beihilfenverbot einschlägig ist (Art. 4 Abs. 3 VerfahrensVO).601 Zudem gilt die angemeldete Beihilfe als genehmigt, wenn die Kommission die vorgesehene Frist von zwei Monaten verstreichen lässt (Art. 4 Abs. 6 VerfahrensVO). Kommt die Kommission jedoch zu dem Ergebnis, dass die angemeldete Beihilfe möglicherweise nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, eröffnet sie unverzüglich das förmliche Prüfverfahren i.S.d. Art. 108 Abs. 2 AEUV.602 In diesen Fällen ist die Kommission zur Eröffnung des Prüfverfahrens 596

Ständige Rechtsprechung des EuGH: EuGH, Rs. C-354/90 (Fédertaion nationale du Commerce), Slg. 1991, I-5505 Rn. 12; EuGH, Rs. C-39/94 (SFEI U.A.), Slg. 1996 I-3547, Rn. 40. Siehe hierzu: Bartosch, Art. 108 Rn. 6. 597 Siehe die Nachweise in Fn. 596. 598 Art. 4 Abs. 1 und Abs. 5 VerfahrensVO. Die Begrenzung des vorläufigen Prüfverfahrens auf die Dauer von zwei Monaten in Art. 4 Abs. 5 VerfahrensVO ist die Kodifizierung der bereits seit der Lorenz-Entscheidung gängigen Praxis, EuGH, Rs. 120/73 (Lorenz/Deutschland), Slg. 1972, 1471 Rn. 4, siehe auch: Sinnaeve, EuZW 1998, 268, 269; Rusche, in: Immenga/ Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 4 VerfahrensVO, Rn. 8. 599 EuGH, Rs. 120/73 (Lorenz/Deutschland), Slg. 1972, 1471 Rn. 3; EuGH, Rs. 121/73 (Markmann/Deutschland), Slg. 1973, 1495 Rn. 3; EuGH, Rs. 84/82 (Deutschland/Kommission), Slg. 1984, 1451 Rn. 11. 600 Häufig wird von einer kursorischen Prüfung gesprochen: Bungenberg, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 16; Mederer, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Art. 88 Rn. 36. 601 Die einschlägige Ausnahmebestimmung muss in der Entscheidung angegeben werden. Siehe zu den Ausnahmen des Beihilfenverbots, S. 81 ff. 602 Art. 108 Abs. 3 S. 2 AEUV i.V.m. Art. 4 Abs. 4 VerfahrensVO. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist die Kommission auch dann zur Einleitung des Verfahrens verpflichtet, wenn „sie nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Beurteilung der Vereinbarkeit

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verpflichtet.603 Die Eröffnungsentscheidung muss gemäß Art. 6 Abs. 1 VerfahrensVO (1) eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, (2) eine erste Einordnung des Beihilfencharakters sowie (3) Ausführungen zur Vereinbarkeit der neuen Beihilfe mit dem gemeinsamen Markt enthalten. Zudem wird den Mitgliedstaaten und sonstigen Beteiligten im Eröffnungsbeschluss eine Frist zur Äußerung gesetzt.604 c) Förmliches Prüfverfahren aa) Ablauf des Verfahrens Das förmliche Prüfverfahren, welches auch als Hauptprüfungsverfahren bezeichnet wird605, ist in Art. 108 Abs. 2 S. 1 AEUV i.V.m. Art. 6 ff. VerfahrensVO normiert. Ziel dieses Verfahrensabschnitts ist die endgültige Entscheidungsfindung, unter Zugrundelegung einer umfassenden Sach- und Rechtsprüfung.606 Die Europäische Kommission arbeitet in diesem Verfahrensabschnitt eng mit dem betroffenen Mitgliedstaat und den sonstigen Beteiligten zusammen und versucht so, alle für die Entscheidung sachdienlichen Informationen zu erhalten.607 Bereits im Eröffnungsbeschluss setzt die Kommission gemäß Art. 108 Abs. 2 S. 1 AEUV i.V.m. Art. 6 Abs. 1 S. 2 VerfahrensVO eine Frist zur Äußerung. Innerhalb dieser Frist haben der betroffene Mitgliedstaat und die sonstigen Beteiligten die Möglichkeit, umfassend Stellung zu beziehen und insbesondere auf die in der Eröffnungsentscheidung getroffene Begründung einzugehen. Die sonstigen Beteiligten sollen hierbei lediglich die Kommission mit Informationen unterstützen.608 Im Gegensatz zu den Mitgliedstaaten steht ihnen kein umfassendes rechtliches Gehör zu. Sie verfügen lediglich über das Recht „unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden.“609 Zudem muss ihnen der Beschluss im Gegensatz zu den Mitgliedstaaten nicht gedieses Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt [hat] ausräumen können“, EuGH, Rs. 84/82 (Deutschland/Kommission), Slg. 1984, 1451 Rn. 12; EuGH, Rs. C-400/99 (Italien/Kommission), Slg. 2005, I-3657 Rn. 47. 603 Die Pflicht zur unverzüglichen Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens ergibt sich unmittelbar aus Art. 108 Abs. 3 AEUV, EuG, T 375/04 (Scheucher-Fleisch u. a./Kommission), Slg. 2009, II-4155 Rn. 69. 604 Art. 6 Abs. 1 S. 2 VerfahrensVO. Eingehend zum Umfang der Beteiligtenrechte in der förmlichen Prüfphase: Bartosch, Art. 6 VO 2015/1589, Rn. 4 f. 605 Vgl. Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 21. 606 Rosenfeld, S. 47; Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 186 f. 607 Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 187; Sinnaeve, EuZW 1998, 268, 272. 608 So nehmen die sonstigen Beteiligten nach ausdrücklicher Aussage des Gerichts, die „Rolle von Informationsquellen für die Kommission“ ein, EuG, T-371/94 und T-394/94 (British Airways), Slg. 1998, II-2405 Rn. 60. Siehe auch: Bartosch, Art. 6 VO 2015/1589, Rn. 1 m.w.N. 609 EuG, T-371/94 und T-394/94 (British Airways), Slg. 1998, II-2405 Rn. 60.

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sondert zugestellt werden.610 Vielmehr genügt die Veröffentlichung der Eröffnungsentscheidung im Amtsblatt für die Unterrichtung der sonstigen Beteiligten.611 Die Kommission kann sich jedoch zudem unter bestimmten Voraussetzungen eigenständig an den anmeldenden Mitgliedstaat (Art. 5 VerfahrensVO) oder andere Auskunftsgeber (Art. 7 VerfahrensVO) wenden, um für die Entscheidung notwendige Informationen zu erhalten. bb) Rechtsfolgen Kommt die Europäische Kommission im Rahmen ihrer umfassenden Prüfung zu dem Ergebnis, dass keine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt, wird das Verfahren durch Beschluss beendet (Art. 9 Abs. 2 VerfahrensVO). Liegt zwar eine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV vor, ist jedoch eine der beihilferechtlichen Ausnahmebestimmungen einschlägig und die Beihilfe somit als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen, erlässt die Europäische Kommission gemäß Art. 9 Abs. 3 VerfahrensVO eine Positiventscheidung. Diese Positiventscheidung setzt das Durchführungsverbot außer Kraft, sodass der einzelne Mitgliedstaat die Beihilfe als bestehende Beihilfe gewähren kann.612 Die Kommission kann eine solche Positiventscheidung gemäß Art. 7 Abs. 4 VerfahrensVO auch mit Bedingungen und Auflagen versehen. So kann das Wirksamwerden einer Beihilfengenehmigung von einer Bedingung abhängig gemacht werden oder die künftige Überwachung einer Beihilfe unter einer Auflage erfolgen.613 Die Nichteinhaltung einer solchen Auflage oder Bedingung führt dazu, dass alle zukünftigen Tranchen der Beihilfe als unvereinbar mit dem gemeinsamen Markt anzusehen sind.614 Kommt die Europäische Kommission grundsätzlich zu dem Schluss, dass die Beihilfe nicht mit dem gemeinsamen Markt vereinbar ist, so erlässt sie eine sog. Negativentscheidung.615 In der Folge darf die neue Beihilfe nicht eingeführt werden.616 Die Kommission bemüht sich gemäß Art. 9 Abs. 6 VerfahrensVO darum, das förmliche Prüfverfahren innerhalb von 18 Monaten abzuschließen. Wird das förmliche Prüfverfahren allerdings nicht innerhalb von 18 Monaten beendet, kann der betroffene Mitgliedstaat beantragen, dass die Kommission innerhalb von zwei

610

Bartosch, Art. 6 VO 2015/1589, Rn. 1. EuGH, Rs. C-323/82 (Intermills/Kommission), Slg. 1984, I-3809, Rn. 17. 612 Vgl. Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 361. 613 Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 364. 614 EuG, Rs. T-140/95 (Ryanair/Kommission), Slg. 1998, II-3327 Rn. 86; siehe auch: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 371. 615 Art. 9 Abs. 5 VerfahrensVO. 616 Siehe ebenso den Wortlaut des Art. 9 Abs. 5 VerfahrensVO. 611

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Monaten eine Entscheidung auf dem aktuellen Sachstand erlässt.617 Dem Grundsatz des Europäischen Beihilfenverbots entsprechend, erlässt die Europäische Kommission in diesem Fall einen Negativbeschluss, wenn die vorgelegten Informationen nicht ausreichen, um eine Vereinbarkeit festzustellen.618 2. Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen Das Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen ist in Art. 108 Abs. 1 und 2 AEUV primärrechtlich verankert und wird in den Art. 21 ff. VerfahrensVO sekundärrechtlich konkretisiert. Hiernach ist die Europäische Kommission dazu verpflichtet, alle bestehenden Beihilferegelungen fortlaufend hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt zu überprüfen. Bestehende Beihilferegelungen sollen sich stets an den aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten orientieren, die regelmäßig einem starken Wandel unterliegen.619 Der Anwendungsbereich dieser fortlaufenden Prüfungen ist allerdings auf bestehende Beihilferegelungen beschränkt.620 Bereits gewährte Einzelbeihilfen fallen hingegen nicht unter den Anwendungsbereich. Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine längerfristig gewährte Beihilfe handelt, die noch nicht vollständig ausbezahlt wurde.621 Der Beihilfeempfänger soll in diesen Fällen auf die Genehmigungsentscheidung vertrauen dürfen.622 a) Fortlaufende Überprüfung im sog. Kooperationsverfahren Die fortlaufende Überprüfung der bestehenden Beihilferegelung wird von der Kommission in Zusammenarbeit mit dem betroffenen Mitgliedstaat durchgeführt.623 617

Art. 7 Abs. 7 VerfahrensVO. Art. 7 Abs. 7 S. 2 VerfahrensVO; siehe auch: v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, Recht der EU, Art. 108 Rn. 64 f. 619 Vgl. EuGH, Rs. 78/76 (Steinicke und Weinlig/Deutschland), Slg. 1977, I-595 Rn. 9; vgl. zudem Entscheidung der Kommission zur britischen Beihilferegelung für die Off-shore-Industrie, Entscheidung der Kommission vom 02. 05. 1979 Nr. 79/496/EWG, Abl. 1979 L 127/50. 620 So der ausdrückliche Wortlaut des Art. 108 Abs. 1 AEUV und Art. 21 Abs. 1 VerfahrensVO. Siehe zudem die Legaldefinitionen in Art. 1 lit. d „Beihilferegelung“ i.V.m. Art. 1 lit. b VerfahrensVO „bestehende Beihilfe“. 621 Siehe exemplarisch: Bartosch, Art. 20 VO 2015/1589, Rn. 1; Bungenberg, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 38; Frenz, Rn. 1373; Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 36 Rn. 2; Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 174 Fn. 843. 622 Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 36 Rn. 2; Eine nachträgliche Rückforderung einer gewährten Einzelbeihilfe würde sonst gegen den Vertrauensgrundsatz verstoßen, EuG, Rs. T-6/99 (ESF/Kommission), Slg. 2001, II-1523, Fn. 189. 623 Die Pflicht zur Zusammenarbeit folgt einerseits aus dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 108 Abs. 1 AEUV und Art. 21 Abs. 1 VerfahrensVO. Siehe zudem exemplarisch: EuGH, Rs. C-135/93 (Spanien/Kommission), Slg. 1995, I-1651 Rn. 24. Andererseits ergeben sich Informations- und Auskunftsansprüche unmittelbar aus der in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegten Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit zwischen Unionsorganen und den Mitgliedstaaten, 618

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Im Rahmen dieses sog. Kooperationsverfahrens624 verfügt die Europäische Kommission über einen weiten Ermessensspielraum, der ihr u. a. ermöglicht, den konkreten Ablauf und die Regelmäßigkeit der Prüfung zu bestimmen.625 Allerdings hat die Kommission im Rahmen ihrer Ermessensausübung zu berücksichtigen, dass sie zur Überprüfung verpflichtet ist und keine Ungleichbehandlung der einzelnen Mitgliedstaaten erfolgen darf.626 Die Mitgliedstaaten tragen zunächst durch jährliche Berichte (Art. 26 VerfahrensVO) über die bestehenden Beihilferegelungen zur Zusammenarbeit bei und sind der Kommission darüber hinaus zur umfassenden Auskunftserteilung (Art. 21 Abs. 1 VerfahrensVO) verpflichtet. Das Kooperationsverfahren ist im Wesentlichen ein informelles Verfahren, welches dem gemeinsamen Erkenntnisgewinn dient.627 Die Kommission beschränkt sich bei der Prüfung auf die Vereinbarkeit der bestehenden Beihilferegelung mit den allgemeinen Merkmalen, sodass eine vollumfassende Prüfung jedes einzelnen Anwendungsfalls nicht erforderlich ist.628 Gelangt die Kommission im Rahmen dieser Prüfung zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die bestehende Beihilferegelung nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, teilt sie dies dem Mitgliedstaat mit und bittet ihn um eine Stellungnahme innerhalb einer Frist von mindestens einem Monat, Art. 21 Abs. 2 VerfahrensVO. Hierbei handelt es sich nicht um einen förmlichen Beschluss der Kommission i.S.d. Art. 288 Abs. 4 AEUV, sondern lediglich um ein Verwaltungsschreiben der jeweiligen Dienststelle der zuständigen Generaldirektion.629

vgl. die Herleitung in EuGH, Rs. C-35/88 (Kommission/Griechenland), Slg. 1990, I-3125, Rn. 38 ff.; siehe zudem Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 595, 602. Die Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit kann auch eine Kooperationspflicht aller anderen Mitgliedstaaten begründen: Rosenfeld, S. 67 f. 624 Bartosch, Art. 21 VO 2015/1589, Rn. 1. 625 Siehe nur: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 600 m.w.N.; Frenz, Rn. 1377; Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 36 Rn. 4. 626 Zu möglichen Ermessensschranken: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 600; Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 36 Rn. 4. 627 Klingbeil, S. 61; Rosenfeld, S. 64. 628 EuGH, Rs. C-66/02 (Italien/Kommission), Slg. 2005, I-10901 Rn. 91; EuGH, Rs. C278/00 (Griechenland/Kommission), Slg. 2004, I-3997 Rn. 24; EuGH, Rs. C-15/98 und C-105/ 99 (Italien und Sardegna Lines/Kommission), Slg. 2000, I-8855, Rn. 51 m.w.N. aus der Rechtsprechung. 629 Bartosch, Art. 22 VO 2015/1589, Rn. 1; Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 603; Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 36 Rn. 7.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

b) Vorschlag zweckdienlicher Maßnahmen Nach Erhalt der Stellungnahme des Mitgliedstaats entscheidet die Kommission endgültig über die Vereinbarkeit der Beihilferegelung mit dem Binnenmarkt. Kommt sie hierbei zu dem Schluss, dass die Beihilfe nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, schlägt die Kommission dem Mitgliedstaat sog. zweckdienliche Maßnahmen vor (Art. 108 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Art. 22 VerfahrensVO). Hierbei kann es sich um eine inhaltliche Anpassung der Beihilferegelung (Art. 22 lit. a VerfahrensVO), eine Einführung von Verfahrensvorschriften (Art. 22 lit. b VerfahrensVO) oder um eine endgültige Abschaffung der Beihilferegelung (Art. 22 lit. c VerfahrensVO) handeln. Die inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen Empfehlung darf, unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, nicht über das erforderliche Maß hinausgehen.630 Durch die Anpassung soll lediglich das Funktionieren des Binnenmarktes wiederhergestellt werden. Der Vorschlag zweckdienlicher Maßnahmen ist als Empfehlung i.S.d. Art. 288 Abs. 5 AEUV einzuordnen und demnach nicht verbindlich.631 Es entstehen keine unmittelbaren Verpflichtungen für den Mitgliedstaat, sondern vielmehr wird der weitere Verfahrensablauf davon abhängig gemacht, ob eine Zustimmung erfolgt oder nicht.632 c) Rechtsfolgen – Verpflichtung zur Durchführung der zweckdienlichen Maßnahmen oder Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens Welche Rechtsfolgen eine solche Zustimmung mit sich bringt wird in Art. 23 VerfahrensVO normiert. Entscheidet der Mitgliedstaat sich für eine Zustimmung zum Vorschlag zweckdienlicher Maßnahmen, hat er dies der Kommission zunächst gemäß Art. 23 Abs. 1 VerfahrensVO mitzuteilen. Nach erfolgter Aufzeichnung durch die Kommission und diesbezüglicher Bestätigung wird der Mitgliedstaat zur Erfüllung der Empfehlung verpflichtet. Stimmt der Mitgliedstaat der zweckdienlichen Maßnahme nicht zu, so leitet die Kommission das förmliche Prüfverfahren ein (Art. 23 Abs. 2 VerfahrensVO). In diesem Fall überprüft die Kommission umfassend, ob die bestehende Beihilferegelung mit dem Binnenmarkt vereinbar ist und trifft abschließend eine Verfahrensentscheidung i.S.d. Art. 9 VerfahrensVO. Das Verfahren entspricht dem förmlichen Verfahren bei der Anmeldung neuer Beihilfen und ist ausschließlich auf eine

630

Bartosch, Art. 18 VO 2015/1589, Rn. 1. Die Einstufung als unverbindliche Empfehlung des Art. 288 Abs. 5 AEUV ist unstreitig: Siehe exemplarisch: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 635 m.w.N.; Frenz, Rn. 1383; Rosenfeld, S. 77; v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 108 Rn. 135. 632 Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 635 und 644. 631

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Überprüfung für die Zukunft gerichtet.633 Art. 23 Abs. 2 VerfahrensVO verweist umfassend auf die hierfür maßgeblichen Vorschriften der Art. 6, 9 und 11 VerfahrensVO. Insofern soll auf die Ausführungen beim Verfahren zur Anmeldung neuer Beihilfen verwiesen werden. 3. Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen Wird eine neue Beihilfe nicht bei der Kommission angemeldet, zwar angemeldet aber noch vor der Genehmigungsentscheidung eingeführt oder entgegen einer Negativentscheidung der Kommission gewährt, handelt es sich um eine sog. rechtswidrige Beihilfe.634 Die primärrechtliche Verfahrensvorschrift des Art. 108 AEUV regelt den Fall der rechtswidrigen Beihilfe nicht.635 Allerdings hat der EuGH bereits im Jahre 1990 in der grundlegenden Entscheidung Boussac bestimmt, dass der Kommission im Fall der Gewährung einer rechtswidrigen Beihilfe geeignete Maßnahmen zur Verfügung stehen müssen, da nur so die Wirksamkeit des Beihilfenkontrollsystems garantiert werden kann.636 In dieser Entscheidung entwickelte der EuGH dann zugleich entsprechende Vorschriften für das Vorgehen bei rechtswidrigen Beihilfen, die stark an das Verfahren bei neuen Beihilfen angelehnt waren und in der Folgezeit die Grundlage des Verfahrens bildeten.637 Die VerfahrensVO 1999 hat diese Grundsätze im Wesentlichen übernommen und zum Teil ergänzt.638 Die mit der Modernisierung des Beihilferechts einhergehende Novellierung der VerfahrensVO im Jahre 2013 hat im Bereich der rechtswidrigen Beihilfen zu entscheidenden Änderungen geführt, die in der Neukodifikation im Jahre 2015 übernommen wurden. Nichtsdestotrotz orientiert sich das Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen weiterhin am Verfahren bei neuen Beihilfen und wird wie dieses in ein vorläufiges und ein förmliches Prüfverfahren unterteilt.639 Die Ähnlichkeit beider Verfahren zeigt sich insbesondere durch die wiederkehrenden Verweise auf die Vorschriften des förmlichen Prüfverfahrens innerhalb der Verfahrensverordnung.640 633

Bartosch, Art. 23 VO 2015/1589, Rn. 2. Gemäß Art. 1 lit. f VerfahrensVO ist eine rechtswidrige Beihilfe eine neue Beihilfe, die unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV gewährt wurde. Siehe zur Einordnung als rechtswidrige Beihilfe auch: EuGH, Rs. C-301/87 (Boussac), Slg. 1990, I-307, Rn. 19 f. Siehe zudem: Frenz, Rn. 1253. 635 Vgl. exemplarisch: Kühling/Rüchardt, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 108 Rn. 24. 636 EuGH, Rs. C-301/87 (Boussac), Slg. 1990, I-307, Rn. 18. 637 Vgl. die Ausführungen in: EuGH, Rs. C-301/87 (Boussac), Slg. 1990, I-307, Rn. 19 ff.; EuGH, Rs. C-142/87 (Tubemeuse), Slg. 1990, I-95 Rn. 14 ff. 638 Exemplarisch: Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 34 Rn. 2; v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 108 Rn. 89. 639 Vgl. exemplarisch aus der Literatur: Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 108 Rn. 6; v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 108 Rn. 91. 640 v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 108 Rn. 91. 634

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

a) Vorläufiges Prüfverfahren Befand sich die Europäische Kommission früher im Besitz von Informationen über angeblich rechtswidrige Beihilfen, war sie gemäß Art. 10 Abs. 1 VerfahrensVO 1999 zur unverzüglichen Verfahrenseinleitung verpflichtet. Im vorläufigen Prüfverfahren durfte die Kommission dann auch keinen Zustand der Untätigkeit zulassen, sondern musste vielmehr jedes eingeleitete Verfahren durch eine förmliche Entscheidung abschließen.641 Die Besonderheit dieser Verpflichtung bestand darin, dass die Herkunft der Informationen unerheblich war und die Kommission so, z. B. auch durch Presseberichte oder durch unbeteiligte Dritte, informiert werden konnte.642 Dies führte allerdings auch zu missbräuchlichen Eingaben bei der Europäischen Kommission und verwehrte dieser eine Fokussierung auf tatsächlich wettbewerbsverzerrende Beihilfen.643 Mit dem Ziel eine effektivere Beihilfenkontrolle zu schaffen, wurde diese grundsätzliche Verpflichtung abgeschafft und durch ein differenzierendes System ersetzt. Seit der Änderung der Verfahrensverordnung im Jahre 2013, besteht eine Verpflichtung zur Verfahrenseinleitung nur bei förmlich eingelegten Beschwerden von Beteiligten.644 Die förmliche Einlegung einer Beschwerde durch einen Beteiligten nach Art. 24 Abs. 2 VerfahrensVO erfordert die Erfüllung folgender zwei Kriterien: (1) muss es sich um die Beschwerde eines Beteiligten i.S.d. Art. 1 lit. h VerfahrensVO handeln, also um einen Mitgliedstaat, eine Person, ein Unternehmen oder eine Unternehmensvereinigung, die eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Interessen geltend machen kann; (2) muss die Beschwerde vollständig und unter Zuhilfenahme des vorgeschriebenen Beschwerdeformulars645 erklärt werden.646 Informationen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, werden lediglich als allgemeine Marktauskünfte behandelt.647 In diesen und allen sonstigen Fällen der Informationserlangung liegt die Verfahrenseinleitung im Ermessen der Europäischen Kommission.648 641 EuGH, Rs. C-521/06 (Athinaiki I), Slg. 2008, I-5829, Rn. 40; EuGH, Rs. C-322/09 (NDSHT), Slg. 2010, I-11911 Rn. 50. 642 EuGH, Rs. C-322/09 (NDSHT), Slg. 2010, I-11911 Rn. 49; Soltész/Hellstern, BRZ 2013, 3, 4; Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 34 Rn. 3; v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 108 Rn. 92. 643 Soltész/Hellstern, BRZ 2013, 3, 4. 644 Art. 12 Abs. 1 UAbs. 2 VerfahrensVO. 645 Beschwerdeformular für die Beschwerde über mutmaßlich rechtswidrige staatliche Beihilfen, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/forms/download_de.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 646 So ausdrücklich die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 09. 04. 2014, Staatliche Beihilfen: Kommission vereinfacht Bearbeitung von Beihilfebeschwerden, IP/14/ 404. 647 Siehe den ausdrücklichen Hinweis auf S. 2 des aktuellen Beschwerdeformulars der Kommission, Fn. 645; Soltész/Hellstern, BRZ 2013, 3, 4. 648 Art. 12 Abs. 1 UAbs. 1 VerfahrensVO: Die Kommission „kann“ von Amts wegen Auskünfte über mutmaßliche rechtswidrige Beihilfen, ungeachtet der Herkunft dieser Auskünfte prüfen.

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Wird das vorläufige Verfahren tatsächlich eingeleitet, verläuft dieses im Wesentlichen parallel zum Verfahren bei der Anmeldung neuer Beihilfen.649 So verweist Art. 15 Abs. 1 VerfahrensVO für die möglichen endgültigen Beschlüsse der Kommission umfassend auf die Varianten des Art. 4 Abs. 2 – 4 VerfahrensVO. Kommt die Kommission also im Rahmen der vorläufigen Prüfung zu dem Schluss, dass die rechtswidrige Beihilfe möglicherweise nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, eröffnet sie gemäß Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 4 VerfahrensVO das förmliche Prüfverfahren. Liegt hingegen keine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV vor (Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 2 VerfahrensVO) oder ist eine solche mit dem Binnenmarkt vereinbar (Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 3 VerfahrensVO), beendet die Kommission das Verfahren mit einer dies feststellenden Entscheidung. b) Förmliches Prüfverfahren aa) Ablauf des Verfahrens Das förmliche Prüfverfahren bei rechtswidrigen Beihilfen verläuft wiederum parallel zum förmlichen Prüfverfahren bei neuen Beihilfen.650 Auch hier geht es um eine abschließende Entscheidungsfindung unter Zugrundelegung einer umfassenden Sach- und Rechtsprüfung. Zudem verweist Art. 15 Abs. 1 VerfahrensVO auch für die Abschlussentscheidung im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens auf die für das Verfahren bei neuen Beihilfen geltende Bestimmung des Art. 9 VerfahrensVO.651 Im Gegensatz zum Verfahren bei neuen Beihilfen ist die Kommission bei der Prüfung rechtswidriger Beihilfen an keine Fristen gebunden.652 Die für das förmliche Verfahren bei neuen Beihilfen in Art. 9 Abs. 6 VerfahrensVO geltende Frist, nach der die Kommission sich bemüht das Verfahren innerhalb von 18 Monaten abzuschließen, gilt bei rechtswidrigen Beihilfen nicht.653 Zudem kann bei Ablauf dieser Frist kein Beschluss auf Wunsch des Mitgliedstaates innerhalb von zwei Monaten herbeigeführt werden.654

649 Vgl. exemplarisch: Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 108 Rn. 6; siehe zudem die Ausführungen zum vorläufigen Prüfverfahren bei neuen Beihilfen, S. 112. 650 Vgl. exemplarisch: Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 34 Rn. 14; siehe zudem die Ausführungen zum förmlichen Prüfverfahren bei neuen Beihilfen S. 112. 651 Siehe eingehend zu den Rechtsfolgen des förmlichen Prüfverfahrens bei rechtswidrigen Beihilfen die Ausführungen auf S. 119. 652 Art. 15 Abs. 2 VerfahrensVO. Siehe hierzu zudem die Ausführungen zu den Besonderheiten des Verfahrens bei rechtswidrigen Beihilfen, S. 122 ff. 653 Siehe den ausdrücklichen Verweis in Art. 15 Abs. 2 VerfahrensVO auf Art. 9 Abs. 6 VerfahrensVO. 654 Siehe den ausdrücklichen Verweis in Art. 15 Abs. 2 VerfahrensVO auf Art. 9 Abs. 7 VerfahrensVO.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

bb) Rechtsfolgen Die Kommission kann zum Abschluss des förmlichen Verfahrens parallel zum Verfahren bei neuen Beihilfen durch Entscheidung feststellen, dass keine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt (Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 9 Abs. 2), eine Positiventscheidung treffen und so die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem gemeinsamen Markt feststellen (Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 9 Abs. 3), eine Positiventscheidung unter Bedingungen oder Auflagen erlassen (Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 9 Abs. 4) oder das Verfahren durch eine sog. Negativentscheidung beenden (Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 9 Abs. 5). (1) Negativentscheidung – Grundsatz: Rückforderung der gewährten Beihilfe Ein wesentlicher Unterschied zum Verfahren bei neuen Beihilfen besteht im Hinblick auf den Inhalt der Negativentscheidung. Im Verfahren bei neuen Beihilfen beinhaltet eine solche Negativentscheidung stets das Verbot der Einführung dieser Beihilfe.655 Kommt die Kommission allerdings im Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen zu dem Schluss, dass eine solche Beihilfe nicht mit dem gemeinsamen Markt vereinbar ist, so erlässt sie eine Negativentscheidung, in der der betroffene Mitgliedstaat gemäß Art. 16 Abs. 1 und Abs. 2 VerfahrensVO zur Rückforderung der Beihilfe plus Zinsen verpflichtet wird.656 Die Kommission ist also zur Anordnung der Rückforderung der gewährten Beihilfe verpflichtet.657 Der jeweilige Mitgliedstaat hat die Rückforderungsentscheidung unverzüglich nach dem nationalen Verfahrensrecht umzusetzen.658 Es soll so eine Rückversetzung in die Wettbewerbssituation vor der Gewährung erfolgen.659 Setzt ein Mitgliedstaat die Negativentscheidung nicht fristgerecht um, kann die Kommission gem. Art. 28 Abs. 1 VerfahrensVO unmittelbar den EuGH anrufen. Im Rückforderungsbeschluss der Kommission muss

655

Vgl. den Wortlaut des Art. 9 Abs. 5 VerfahrensVO. Die Kommission hat die Rückforderung staatlicher Beihilfen in einer Bekanntmachung näher erläutert: Rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen: Gewährleistung der Umsetzung von Rückforderungsentscheidungen der Kommission in den Mitgliedstaaten, 2007 C-272/4 (im Folgenden: Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung). 657 Der EuGH ging bereits vor dem Erlass der VerfahrensVO von einem Recht zur Anordnung der Rücknahme der gewährten Beihilfe durch die Europäische Kommission aus. Es handele sich bei der Rückforderung um die logische Folge der Feststellung der Rechtswidrigkeit, vgl. EuGH, Rs. 169/95 (Spanien/Kommission), Slg. 1997, I-135, Rn. 47. Die Anordnung der Rückforderung hatte sich im Laufe der Zeit allerdings zu einer gängigen Praxis entwickelt, sodass bereits vor Erlass der VerfahrensVO teilweise von einer Pflicht zur Beihilfenrückforderung ausgegangen wurde, Sinnaeve, S. 49 ff. Mit Art. 14 Abs. 1 VerfahrensVO wird heute die ausdrückliche Pflicht zur Rückforderung geregelt. Vgl. hierzu: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 461, Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 34 Rn. 16. 658 Art. 16 Abs. 1 und 3 VerfahrenVO. 659 Siehe etwa: Zellhofer/Solek, EuZW 2015, 622, 622. 656

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der Rückzahlungsschuldner benannt werden.660 Hierbei handelt es sich stets um das Unternehmen, das einen tatsächlichen Vorteil durch die Beihilfe erlangt hat.661 In Einzelfällen kann es also notwendig werden, dass der jeweilige Mitgliedstaat die Rückforderung auf weitere Unternehmen ausdehnen muss.662 Zudem muss der Beschluss zumindest eine Begründung enthalten, nach der die Rückforderungshöhe bestimmbar ist.663 Eine konkrete Festsetzung des Rückforderungsbetrags ist nicht erforderlich, da dies der Kommission mangels umfassender Informationen häufig gar nicht möglich ist.664 Die Kommission bemüht sich jedoch den konkreten Betrag bereits in der Rückforderungsentscheidung festzusetzen.665 (2) Negativentscheidung – Ausnahmen von der Rückforderungsverpflichtung Nur in bestimmten Ausnahmefällen kann die Kommission von der Pflicht zur Rückforderung einer unionsrechtswidrigen Beihilfe abweichen. So sieht Art. 16 Abs. 1 S. 2 VerfahrensVO vor, dass keine Pflicht zur Rückforderung besteht, wenn hiermit ein Grundsatz des Unionsrechts verletzt werden würde.666 Hierzu zählt die Rechtsprechung etwa den Grundsatz des Vertrauensschutzes.667 Ein schützwürdiges Vertrauen wird aber nach der sehr restriktiven Auslegung des EuGH nur angenommen, wenn dieses Vertrauen auf ein Unionsorgan zurückzuführen ist und die gewährte Beihilfe im Rahmen des in Art. 108 AEUV i.V.m. VerfahrensVO normierten Verfahrens ordnungsgemäß genehmigt wurde.668 Der Mitgliedstaat selbst kann von der Pflicht zur Umsetzung der Rückforderungsentscheidung nur befreit werden, wenn er nachweisen kann, dass die Durchführung der Rückforderung ab660

Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung, Fn. 656, Rn. 32 ff. Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung, Fn. 656, Rn. 32. 662 Dies kann etwa dann der Fall werden, wenn die Beihilfe an andere Unternehmen weitergleietet wurde, Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung, Fn. 656, Rn. 32 f. 663 EuGH, Rs. C-480/98 (Spanien/Kommission), Slg. 2000, I-8717 Rn. 25; EuG, Rs. T-111/ 01 und 133/01 (Saxonia Edelmetalle und Zemag/Kommission), Slg. 2005, II-2335, Rn. 146. Siehe hierzu auch die Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung, Fn. 656, Rn. 36 ff. Aus der Litertaur hierzu: Bartosch, Art. 16 VO 2015/1589, Rn. 2. 664 EuGH, Rs. C-480/98 (Spanien/Kommission), Slg. 2000, I-8717 Rn. 25 f. Siehe hierzu auch die Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung, Fn. 656, Rn. 37. Aus der Literatur hierzu: Bartosch, Art. 16 VO 2015/1589, Rn. 2. 665 Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung, Fn. 656, Rn. 37. 666 Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 483 ff.; Rusche, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 16 VerfahrensVO, Rn. 5; Zellhofer/Solek, EuZW 2015, 622, 623. 667 EuGH, Rs. C-24/95 (Alcan Deutschland), Slg. 1997, I-1591, Rn. 25; EuGH, Rs. C-5/89 (Kommission/Deutschland), Slg. 1990, I-3437, Rn. 13.; EuGH, Rs. C-537/08 P (Kahla/Kommission), Slg. 2010, I-12917, Rn. 63; Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung, Fn. 656, Rn. 17. 668 EuGH, Rs. C-24/95 (Alcan Deutschland), Slg. 1997, I-1591, Rn. 25; EuGH, Rs. C-5/89 (Kommission/Deutschland), Slg. 1990, I-3437, Rn. 14; Bartosch, Art. 16 Rn. 8; Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 490 f. 661

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

solut unmöglich ist.669 Auch hier wendet der EuGH eine äußerst restriktive Auslegung an.670 Insbesondere die schlechte finanzielle Situation des Unternehmens kann die Unmöglichkeit der Rückforderung nicht pauschal begründen.671 Die Mitgliedstaaten und mit ihnen die betroffenen Unternehmen müssen deshalb eine Liquidation des Unternehmens in Kauf nehmen, um die Rückforderung so weit als möglich zu begleichen.672 Ebenso sind entgegenstehende nationale Vorschriften, wie etwa Verjährungsvorschriften, kein Grund für die Unmöglichkeit einer Rückforderung.673 Die Verjährungsvorschriften sind innerhalb der VerfahrensVO seit dem Jahre 2015 in einem eigenen Kapitel IV normiert. Hierin wird in Art. 17 Abs. 1 VerfahrensVO bestimmt, dass die Befugnisse der Kommission zur Rückforderung von Beihilfen für eine Frist von zehn Jahren gelten. Somit kann eine Rückforderungsentscheidung nach Ablauf dieser Verjährungsfrist nicht mehr erlassen werden. c) Besonderheiten des Verfahrens bei rechtswidrigen Beihilfen Die vorhergehende Darstellung hat gezeigt, dass sowohl das vorläufige als auch das förmliche Prüfverfahren bei rechtswidrigen Beihilfen im Wesentlichen parallel zum Verfahren bei neuen Beihilfen verläuft. Trotz dieser Parallelen regelt die Verfahrensverordnung entscheidende Besonderheiten des Verfahrens bei rechstwidrigen Beihilfen, die im folgenden Abschnitt herausgearbeitet werden sollen. Diese bestehen zum einen in der Möglichkeit zum Erlass einstweiliger Anordnungen (hierzu aa)) und zum anderen im grundsätzlichen Verzicht auf Fristen (hierzu bb)).

669 Exemplarisch aus der ständigen Rechtsprechung des EuGH: EuGH, Rs. C-404/00 (Kommission/Spanien), Slg. 2003, I-6695, Rn. 45; EuGH, Rs. C-348/93 (Kommission/Italien), Slg. 1995, I-673, Rn. 16; EuGH, Rs. C-261/99 (Kommission/Frankreich), Slg. 2001, I-2537, Rn. 23; EuGH, Rs. C-499/99 (Kommission/Portugal), Slg. 2002, I-6031, Rn. 21. Siehe eingehend zur absoluten Unmöglichkeit der Rückforderung rechtswidriger Beihilfen: Zellhofer/ Solek, EuZW 2015, 622 ff. 670 Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung, Fn. 656, Rn. 20; Bartosch, Art. 16 VO 2015/1589, Rn. 7; Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 485. 671 EuGH, Rs. C-52/84 (Kommission/Belgien), Slg. 1986, 89 Rn. 14; siehe auch: Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung, Fn. 656, Rn. 20 und 60 ff. 672 EuGH, Rs. C-52/84 (Kommission/Belgien), Slg. 1986, 89, Rn. 14; Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung, Fn. 656, Rn. 61; Bartosch, Art. 16 VO 2015/1589, Rn. 7; Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 487. 673 EuGH, Rs. C-24/95 (Alcan Deutschland), Slg. 1997, I-1591, Rn. 38; siehe auch: Bekanntmachung Rückforderungsentscheidung, Fn. 656, Rn. 20; Bungenberg, in: Birnstiel/ Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 486; Rusche, in: Immenga/ Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 108 Rn. 37.

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aa) Erlass einstweiliger Maßnahmen Die Verfahrensverordnung regelt eine Reihe einstweiliger Maßnahmen, die der Kommission ermöglichen sollen, die Folgen einer rechtswidrigen Beihilfengewährung vorzeitig abzumildern.674 Auch wenn ein solcher Erlass grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens erfolgen kann, macht die Kommission in der Praxis zumeist im Rahmen der Eröffnungsentscheidung hiervon Gebrauch.675 Insgesamt ist die praktische Bedeutung dieser einstweiligen Maßnahmen jedoch eher als gering einzustufen.676 Die erste einstweilige Anordnungsmöglichkeit knüpft an das Auskunftsrecht der Kommission gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat gemäß Art. 12 Abs. 2 UAbs. 1 VerfahrensVO an.677 Kommt der Mitgliedstaat dieser Forderung nicht nach, kann die Kommission die Auskünfte durch eine einstweilige Maßnahme, einer sog. Anordnung zur Auskunftserteilung, anfordern (Art. 12 Abs. 3 VerfahrensVO). Diese Anordnung enthält eine Aufzählung der geforderten Auskünfte und bestimmt zudem eine angemessene Frist zur Auskunftserteilung.678 Es handelt sich hierbei um eine Entscheidung, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugt und somit im Wege der Nichtigkeitsklage angegriffen werden kann.679 Sollte der Mitgliedstaat die Anordnung nicht erfüllen, entscheidet die Kommission gemäß Art. 15 Abs. 1 S. 3 VerfahrensVO auf Grundlage der verfügbaren Informationen. Nach Einleitung des förmlichen Verfahrens kann die Kommission zudem, seit der Novellierung der VerfahrensVO 2013 gem. Art. 12 Abs. 2 UAbs. 2, Auskünfte von jedem anderen Mitgliedstaat, einem Unternehmen oder einer Unternehmensvereinigung verlangen. Eine weitere einstweilige Maßnahme stellt die sog. Aussetzungsanordnung dar, die als Fortführung des Durchführungsverbots i.S.d. Art. 108 Abs. 3 und Art. 3 674

v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 108 Rn. 96. Vgl. zum häufigen gemeinsamen Erlass mit der Eröffnungsentscheidung – exemplarisch aus der Entscheidungspraxis der Kommission: Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme gemäß Art. 88 Abs. 2 EG-Vertrag vom 02. 06. 2001 (Umstrukturierung von Jahnke Stahlbau), Abl. 2001 C-160/2, Rn. 50 (Auskunftsersuchen); zudem aus der einschlägigen Literatur: Ritzek-Seidl, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 418 m.w.N.; Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 34 Rn. 5. 676 v. Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Recht der EU, Art. 108 Rn. 96. 677 Von diesem Auskunftsrecht kann grundsätzlich auch in jedem Verfahrensabschnitt Gebrauch gemacht werden. Ausnahme: Es wird angezweifelt, ob die Beihilfe nicht möglicherweise als bestehende Beihilfe einzuordnen ist. In diesen Fällen muss die Kommission zwingend im vorläufigen Prüfverfahren eine Entscheidung treffen, da den Mitgliedstaaten sonst die Möglichkeit der Anfechtung der Eröffnungsentscheidung im Wege der Nichtigkeitsklage zusteht, EuGH, Rs. C-47/91 (Italien/Kommission), Slg. 1994, I-4635, Rn. 34; Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 34 Rn. 5 Fn. 10, Rn. 6; Ritzek-Seidl, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 418. 678 Art. 12 Abs. 3 VerfahrensVO. 679 EuGH, Rs. C-463/10P und C-475/10P (Deutsche Post und Deutschland/Kommission), Slg. 2011, I-9639 Rn. 45. 675

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

VerfahrensVO angesehen werden kann.680 Nachdem die Kommission dem Mitgliedstaat Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat, kann im Wege einer Aussetzungsanordnung erreicht werden, dass die Zahlung einer möglicherweise rechtswidrigen Beihilfe bis zur endgültigen Verfahrensentscheidung ausgesetzt wird, Art. 13 Abs. 1 AEUV. Hiermit soll der mögliche Rückzahlungsbetrag so gering wie möglich gehalten werden.681 Wird die Aussetzungsanordnung vom betroffenen Mitgliedstaat nicht befolgt, kann die Kommission gemäß Art. 14 VerfahrensVO die Prüfung anhand der vorliegenden Informationen fortsetzen. Zudem kann die Kommission den EuGH um Feststellung der Vertragsverletzung durch die Nichtbefolgung der Aussetzungsanordnung bitten. Der betroffene Mitgliedstaat kann die jeweilige Aussetzungsanordnung hingegen mit einer Nichtigkeitsklage angreifen.682 Noch einen Schritt weiter kann die Kommission durch den Erlass einer sog. Rückforderungsanordnung gehen. Art. 13 Abs. 2 VerfahrensVO ermöglicht der Kommission noch vor Abschluss des förmlichen Verfahrens alle bereits gewährten Beihilfen einstweilig zurückzufordern. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass folgende drei Kriterien erfüllt sind und dem Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt wurde: (1) Es dürfen keinerlei Zweifel hinsichtlich des Beihilfecharakters der Maßnahme bestehen, (2) das Tätigwerden der Kommission ist in diesem Fall dringend geboten und (3) es droht ernsthaft ein erheblicher und nicht wiedergutzumachender Schaden für die Konkurrenten des Beihilfeempfängers. Somit sind die Hürden für den Erlass einer solchen Rückforderungsanordnung hoch, was in der Praxis dazu geführt hat, dass einstweilige Beihilferückforderungen nicht vorkommen.683 Der starke Eingriff einer vorläufigen Rückforderungsanordnung wird in zweierlei Hinsicht abgemildert. Zunächst wird die Kommission in diesem Fall ausnahmsweise an die für angemeldete Beihilfen geltenden Fristen gebunden, um so eine zeitnahe endgültige Entscheidung zu bewirken.684 Zudem ermöglicht Art. 13 Abs. 2 UAbs. 3 VerfahrensVO dem Mitgliedstaat die Gewährung einer Rettungsbeihilfe an das jeweilige Unternehmen, um die Rückerstattung der Beihilfe finanziell auszugleichen und das Unternehmen vor einer möglichen Insolvenz zu bewahren. 680

Vgl. Ritzek-Seidl, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 423. 681 Vgl. z. B. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 17. 07. 2013, Staatliche Beihilfen: Kommission leitet eingehende Untersuchung der geänderten spanischen Steuerregelung für den Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Unternehmen ein, IP/13/701: In diesem Verfahren hatte die Kommission eine Aussetzungsanordnung i.S.d. Art. 13 Abs. 1 VerfahrensVO angeordnet und ausdrücklich erklärt, dass es darum geht „zu verhindern, dass weitere Beihilfen gewährt werden, die dann möglicherweise ebenfalls zurückzufordern wären“. 682 Vgl. so z. B. die Entscheidung des: EuGH, Rs. C-400/99 (Italien/Kommission), Slg. 2005, I-3657. 683 Bartosch, Art. 13 VO 2015/1589, Rn. 3 a.E.; Ritzek-Seidl, in: Birnstiel/Bungenberg/ Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 430; Rusche, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art.13 VerfahrensVO, Rn. 3. 684 Art. 13 Abs. 2 UAbs. 2 VerfahrensVO. Siehe zum grundsätzlichen Fehlen verbindlicher Fristen die folgenden Ausführungen bei bb).

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Die Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der vorläufigen Rückforderungsanordnung entsprechen den Rechtsfolgen einer Nichtbeachtung der Aussetzungsanordnung, Art. 12 VerfahrensVO.685 Ebenso kann der Mitgliedstaat auch gegen die Rückforderungsanordnung im Wege der Nichtigkeitsklage vorgehen.686 bb) Keine verbindlichen Fristen im Bereich der rechtswidrigen Beihilfen Im Bereich der angemeldeten neuen Beihilfen bestimmt die VerfahrensVO zunächst, dass die Kommission innerhalb von zwei Monaten entscheiden muss ob sie ein förmliches Verfahren einleitet oder nicht, Art. 4 Abs. 5 VerfahrensVO. Das Hauptverfahren soll dann möglichst innerhalb von 18 Monaten beendet werden, Art. 9 Abs. 6 VerfahrensVO. Die Fristen im Bereich der neuen Beihilfen tragen dem Interesse des anmeldenden Mitgliedstaats an einer schnellen Entscheidung Rechnung.687 Für den Bereich der rechtswidrigen Beihilfen besteht ein solches schutzwürdiges Interesse des Mitgliedstaats allerdings nicht. So hatte der EuGH bereits vor Erlass der Verfahrensverordnung entschieden, dass es in einem solchen Fall an einer vergleichbaren Schutzwürdigkeit des Mitgliedstaates mangelt und dementsprechend, die für neue Beihilfen geltenden Fristen keine Anwendung finden.688 Heute regelt Art. 15 Abs. 2 VerfahrensVO ausdrücklich, dass die Kommission im Bereich der rechtswidrigen Beihilfen an keine Fristen gebunden ist.689 Über den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung wird jedoch eine Beschränkung der Verfahrensdauer auf eine angemessene, im Einzelfall zu ermittelnde, Frist erreicht.690 Dies ist insbesondere im Hinblick auf die tägliche Beihilfenpraxis zu begrüßen, denn in vielen Fällen werden rechtswidrige Beihilfen nicht vorsätzlich gewährt. Vielmehr bestehen Uneinigkeiten in der Auslegung des Beihilfenbegriffs, sodass die Mitgliedstaaten möglicherweise trotz vorheriger Prüfung zu einem anderen Ergebnis gelangen als die Europäische Kommission.691 Um in einem solchen Fall zu zügigen 685

Siehe die Ausführungen auf S. 123. Exemplarisch: Ritzek-Seidl, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 433 m.w.N. 687 EuGH, Rs. C-39/94 (SFEI U.A.), Slg. 1996, I-3547 Rn. 47 f. 688 EuGH, Rs. C-39/94 (SFEI U.A.), Slg. 1996, I-3547 Rn. 48. 689 Vgl. auch: Erwägungsgrund 22 VerfahrensVO. 690 EuG, Rs. T-95/96 (Géstevision Telecinco/Kommission), Slg. 1998, II-3407, Rn. 73 ff. (In Bezug auf die für das Vorprüfungsverfahren geltende Frist); EuG, Rs. T-17/96 (TF1/ Kommission), Slg. 1999, II-1757, Rn. 74 ff.; EuG, Rs. T-46/97 (SIC/Kommission), Slg. 2000, II-2125, Rn. 105 ff.; siehe zudem aus der Literatur: Ritzek-Seidl, in: Birnstiel/Bungenberg/ Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 451 ff.; Sinnaeve, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilferechts, § 34 Rn. 11. 691 Den Mitgliedstaaten wird zwar in Zweifelsfällen zu einer Anmeldung geraten, vgl. DurchführungsVO, Fn. 13, Teil I Anhang 1; siehe zudem: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 2 Rn. 51. Dies kann aber keine Hilfe in für den Mitgliedstaat eindeutigen Fällen bieten. 686

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Ergebnissen zu gelangen, wäre eine ausdrückliche Beschränkung der Verfahrensdauer auch im Bereich der rechtswidrigen Beihilfen zu begrüßen. Die Verfahrensverordnung selbst sieht eine Ausnahme vom grundsätzlichen Fristenerlass nur für den Fall der einstweiligen Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe vor. So hat die Kommission, gemäß Art. 13 Abs. 2 UAbs. 2 VerfahrensVO, nach Beihilfeneinziehung innerhalb der für angemeldete Beihilfen geltenden Fristen692 zu entscheiden.

V. Ergebnis (1) Das EU-Beihilferecht ist primärrechtlich in den Art. 107 – 109 AEUV verankert und wird durch eine Vielzahl von sekundär- und tertiärrechtlichen Bestimmungen ergänzt. Es ist in seinem Anwendungsbereich nicht beschränkt und grundsätzlich auf alle Formen von Beihilfen anwendbar. (2) Kern des Europäischen Beihilferechts ist der Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV. Nach dieser Vorschrift sind „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“ (3) Der Verbotstatbestand in Art. 107 Abs. 1 AEUV ist kein absolutes Beihilfeverbot, sondern vielmehr ein präventives Verbot mit Genehmigungsvorbehalt. Der Verbotstatbestand wird insofern von einer Reihe von Ausnahmebestimmungen ergänzt. Hierzu zählen etwa die sog. Legal-, und Ermessensausnahmen in Art. 107 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV. (4) Die Europäische Kommission ist die Herrin des Europäischen Beihilferechts. Sie ist nicht nur für die Kontrolle aller notifizierten neuen Beihilfen zuständig, sondern überprüft zudem fortlaufend alle bestehenden Beihilferegelungen und die gewährten rechtswidrigen Beihilfen. Im Grundsatz verfolgt das Europäische Beihilferecht das Ziel einer vollständigen ex-ante-Überprüfung sämtlicher Beihilfen durch die Europäische Kommission. Heute wird dieser Grundsatz allerdings durch die AGVO zunehmend durchbrochen. (5) Hinsichtlich des Verfahrens im EU-Beihilferecht muss zwischen dem Verfahren bei der Anmeldung neuer Beihilfen, dem Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen und dem Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen unterschieden werden.

692 Die Kommission hat das vorläufige Verfahren somit, gemäß Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 4 Abs. 5 VerfahrensVO, innerhalb von zwei Monaten abzuschließen. Zudem soll das förmliche Prüfverfahren, gemäß Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 7 Abs. 6 VerfahrensVO, innerhalb von 18 Monaten abgeschlossen werden.

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen

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(a) Die Mitgliedstaaten sind grundsätzlich gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VerfahrensVO dazu verpflichtet, alle neuen Beihilfen bei der Kommission anzumelden, die vom Beihilfetatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfasst werden. Für diese notifizierten Beihilfen besteht bis zur abschließenden Entscheidung der Kommission ein Durchführungsverbot. (b) Zudem überprüft die Europäische Kommission alle bestehenden Beihilferegelungen fortlaufend hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt. Stellt die Kommission eine Unvereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt fest, schlägt sie zweckdienliche Maßnahmen vor. Stimmt der Mitgliedstaat diesem Vorschlag nicht zu, leitet die Kommission das förmliche Prüfverfahren ein (Art. 23 Abs. 2 VerfahrensVO). (c) Wird eine neue Beihilfe nicht bei der Kommission angemeldet, zwar angemeldet aber noch vor der Genehmigungsentscheidung eingeführt oder entgegen einer Negativentscheidung der Kommission gewährt, handelt es sich um eine sog. rechtswidrige Beihilfe. Im Rahmen eines vorläufigen und eines förmlichen Prüfverfahrens überprüft die Europäische Kommission die Vereinbarkeit der gewährten Beihilfen mit den Vorschriften des EU-Beihilferechts. Erlässt die Europäische Kommission im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens eine Negativentscheidung, hat dies im Ergebnis grundsätzlich die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe zur Folge.

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen Weltweit existieren heute mehr als 300 regionale Freihandelsabkommen, die eine verstärkte Handelsliberalisierung zum Ziel haben.693 In ihrer inhaltlichen Ausgestaltung unterscheiden sich diese Freihandelsabkommen zum Teil deutlich. Das Subventionsrecht spielte lange Zeit in Freihandelsabkommen, trotz seiner enormen Bedeutung für eine weltweite Handelsliberalisierung, keine bedeutende Rolle.694 Nur im EWR-Abkommen konnte ein beihilferechtliches Kontrollsystem etabliert werden, das parallel zum Europäischen Beihilferecht eine effektive Kontrolle von staatlichen Subventionen vorsieht.695 Außerhalb des EWR-Abkommens waren Bestimmungen, die die Vergabe von Subventionen regulierten, nur vereinzelt Teil der vereinbarten bilateralen oder plurilateralen Freihandelsabkommen der Europäischen Union.696 In diesen Fällen wurde jedoch in großen Teilen das Subventionsrecht der 693 So sind bereits Rund 300 Freihandelsabkommen von WTO-Mitgliedern bei der WTO notifiziert. Die Liste der notifizierten regionalen Freihandelsabkommen ist hier abrufbar: http:// rtais.wto.org/UI/PublicAllRTAList.aspx (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 694 Jarosz-Friis/Pesaresi/Kerle, Competition Policy Newsletter, 1/2010, S. 78, 78. 695 Siehe hierzu eingehend die Ausführungen auf S. 128. 696 Siehe etwa: Abschnitt E, Staatliche Beihilfen im Abkommen u¨ ber Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen der Europa¨ ischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

WTO übernommen bzw. auf dieses verwiesen.697 Zudem wurde kein verbindliches Streitbeilegungssystem vereinbart.698 Seitdem die Verhandlungen auf Ebene der WTO ins Stocken geraten sind und über diesen Weg keine ernsthafte Weiterentwicklung des Welthandelsrechts erzielt werden kann, wird international wieder vermehrt auf den Abschluss von bilateralen Freihandelsabkommen zurückgegriffen.699 Erst in diesen neueren Freihandelsabkommen gelang es der EU auch in Freihandelsabkommen neben dem EWR, eine Weiterentwicklung über das WTO-Subventionsrecht hinaus zu erzielen.700 Da eine umfassende Betrachtung des Subventionsrechts aller Freihandelsabkommen an dieser Stelle nicht möglich ist, soll sich nun zum einen auf das Beihilferecht im Europäischen Wirtschaftsraum und zum anderen auf die jüngere Generation von Freihandelsabkommen mit europäischer Beteiligung konzentriert werden.

I. Beihilferecht im Europäischen Wirtschaftsraum 1. Entwicklung und Ziele des Beihilferechts im EWR Zwischen den EFTA-Staaten701 und der Europäischen Union wird das Beihilferecht im Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum geregelt.702 Das Abkommen trat am 01. 01. 1994 in Kraft.703 Ziel dieses Abkommens ist es, den Euroeinerseits und der Republik Su¨ dafrika andererseits, Abl. 1999 L 311/3. (Im Folgenden: Abkommen-EG/Südafrika). 697 Vgl. Abkommen-EG/Südafrika, Fn. 696. 698 Vgl. Abkommen-EG/Südafrika, Fn. 696. Siehe zudem den Nachweis auf die Problematik der mangelnden verbindlichen Streitbeilegungssysteme bei: Jarosz-Friis/Pesaresi/Kerle, Competition Policy Newsletter, 1/2010, S. 78, 78 Fn. 5. 699 Exemplarisch: Crawford/Fiorentino, WTO Discussion Paper No. 8, S. 1; Do/Watson, in: Bartels/Ortino, Regional Trade Agreements and the WTO Legal System, S. 7, 9; Ehring, in: Ehlers/Pitschas/Wolffgang, Die WTO nach Bali, S. 73, 73; Fiorentino/Verdeja/Toqueboeuf, WTO Discussion Paper No. 12, S. 1; Germelmann, EuZW 2016, 207, 207; Weck/Reinhold, EuZW 2015, 376, 379. 700 Siehe hierzu die folgenden Ausführungen zu den Freihandelsabkommen jüngerer Generation, S. 132ff. 701 Zwischen den EFTA-Staaten wird das Beihilferecht in Art. 16 des EFTA-Abkommens geregelt. 702 Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, Abl. 1994 L 1/3. 703 Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum wurde mit allen EFTA-Staaten am 02. 05. 1992 beschlossen. Die Schweiz trat dem Abkommen bereits zu Beginn aufgrund eines negativen Referendums nicht bei, sodass das Abkommen erst im Januar 1994 in Kraft treten konnte. Für Lichtenstein trat das Abkommen erst am 01. 05. 1995 in Kraft. Somit bestand das Abkommen ursprünglich zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Österreich, Finnland, Schweden, Norwegen, Island und Liechtenstein. Österreich, Schweden und Finnland sind inzwischen der Europäischen Union beigetreten, vgl. Abl. 1994 C-241/1; zur

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen

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päischen Binnenmarkt auf die EFTA-Staaten zu erstrecken, um so einen homogenen Europäischen Wirtschaftsraum zu schaffen.704 Vor dem Abschluss des Abkommens unterlagen die EFTA-Staaten kaum beihilferechtlichen Regelungen, sodass die Einführung des EWR-Abkommens bedeutende Änderungen mit sich brachte.705 Durch die Anlehnung an die Verträge der Europäischen Union wurde inhaltlich eine Vereinbarung erzielt, die weit über klassische Freihandelsabkommen hinausgeht.706 Inzwischen hat das EWR-Abkommen jedoch an Bedeutung verloren, da es heute nur noch mit Liechtenstein, Norwegen und Island besteht.707 2. Inhalt des Beihilferechts im EWR Das Beihilferecht wird in den Art. 61 – 64 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum geregelt und durch die Protokolle 26 und 27 (vgl. Art. 62 EWR-Abkommen) sowie den Anhang XV (vgl. Art. 63 EWR-Abkommen) ergänzt.708 Inhaltlich ist das Beihilferecht im Europäischen Wirtschaftsraum stark an das Europäische Beihilferecht angelehnt.709 So sieht der Verbotstatbestand des Art. 61 Abs. 1 EWR-Abkommen parallel zu Art. 107 Abs. 1 AEUV vor, dass staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Mitgliedstaaten der EU oder der EFTA gewährt werden, unvereinbar mit dem EWRAbkommen sind, wenn diese durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und den Handel zwischen den Vertragsparteien beeinträchtigen.710 Zudem enthalten Art. 61 Entstehung des EWR-Abkommens Norberg/Johansson, in: Baudenbacher, The Handbook of EEA Law, S. 3 ff. 704 Vgl. Art 1 EWR-Abkommen, Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 1; Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 36. 705 Blanchet/Piipponen/Westman-Clément, S. 229. 706 Gross, S. 31; Jakob-Siebert, WuW 1992, 387. 707 Gross, S. 31; zur Entwicklung der Vertragsparteien des EEA-Abkommens: Joris, in: FS Maresceau, The European Union in the World, S. 417 ff. 708 Protokoll 26 über die Befugnisse und Aufgaben der EFTA Überwachungsbehörde im Bereich staatlicher Beihilfen, Abl. 1994 L 1/19; Protokoll 27 Anhang XV – Staatliche Beihilfen – Verzeichnis nach Artikel 63, Abl. 1994 L 1/457. 709 Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 6, 19; Götz, in: Dauses/Ludwigs, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, H. III. Rn. 39 f.; Gross, 32; Joris, in: FS Maresceau, The European Union in the World, S. 417, 423; Kreuschitz/ Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Vorb. Art. 107 – 109 Rn. 3; Lübbig/Martín-Ehlers, Rn. 22; Sánchez Rydelski, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 189, 192; Sánchez Rydelski, in: Baudenbacher, The Handbook of EEA Law, S. 575, 578, 585, 587 ff. Siehe die Zusammenschau der für das Beihilferecht bedeutenden Vorschriften im EWR bei: http://www.eftasurv.int/state-aid/legal-framework/ (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 710 Zur Parallele zwischen Art. 61 Abs. 1 EWR-Abkommen und Art. 107 Abs. 1 AEUV: Sánchez Rydelski, in: Baudenbacher, The Handbook of EEA Law, S. 575, 578.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Abs. 2 und 3 des EWR-Abkommens Ausnahmevorschriften, die mit den Ausnahmebestimmungen in Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV übereinstimmen.711 Ein tatsächlicher Gleichlauf zwischen dem Beihilferecht im EWR und dem Beihilferecht der EU wird durch Art. 63 i.V.m. Anhang XV des EWR-Abkommens erreicht. Im Anhang XV werden eine Vielzahl von sekundär- und tertiärrechtlichen Bestimmungen des EU-Beihilferechts aufgezählt, welche über die Bestimmung des Art. 63 EWRAbkommen in das Recht der EWR übertragen werden.712 So gelten etwa die Deminimis-VO oder die AGVO ebenso innerhalb des EWR.713 Der Anhang wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert und so ein tatsächlicher Gleichlauf zum EUBeihilferecht erreicht.714 3. Zuständigkeiten im Beihilferecht des EWR Die Zuständigkeiten für das Beihilferecht im EWR sind in Art. 62 des EWRAbkommens normiert. Zunächst wird in dieser Vorschrift geregelt, dass alle beihilferechtlichen Regelungen und die geplante Gewährung oder Änderung staatlicher Beihilfen fortlaufend überprüft werden. Gem. Art. 62 Abs. 1 lit. a EWR-Abkommen ist für diese fortlaufende Kontrolle, im Falle der EU-Mitgliedstaaten die Europäische Kommission und im Falle der EFTA-Staaten die EFTA-Überwachungsbehörde, zuständig.715 Trotz der bestehenden Trennung der Zuständigkeiten wird auch hier ein Gleichlauf zwischen den zuständigen Organen erzielt. Protokoll 26 des EWR-Abkommens verpflichtet die EFTA-Staaten zunächst zur Übertragung von Befugnissen an die EFTA-Überwachungsbehörde, die parallel zu den Kompetenzen der Europäischen Kommission ausgestaltet werden sollen.716 Auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen werden die Aufgaben und Befugnisse in Umsetzung des Protokolls 26 711

Sánchez Rydelski, in: Baudenbacher, The Handbook of EEA Law, S. 575, 585. Siehe hierzu die Ausführungen bei: Joris, in: FS Maresceau, The European Union in the World, S. 417, 425 f. 713 Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum – Anhang XV – Staatliche Beihilfe – Verzeichnis nach Artikel 63, Abl. 1994 L 1/457, vgl. zudem: Blanchet/Piipponen/WestmanClément, S. 232; Sánchez Rydelski, in: Baudenbacher, The Handbook of EEA Law, S. 575, 587 ff. 714 Diese Änderungen erfolgen durch Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses, vgl. exemplarisch: Abl. 2014 L 342/63 (Aktualisierung der AGVO); Abl. 2013 L 81/27 (Aufnahme der VO 360/2012 über die Anwendung der Art. 107 und 108 AEUV auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen). 715 Die Verteilung der Zuständigkeiten wird als „two-pillar system“ bezeichnet, siehe etwa: Joris, in: FS Maresceau, The European Union in the World, S. 417, 420; Sánchez Rydelski, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 189, 191; Sánchez Rydelski, in: Baudenbacher, The Handbook of EEA Law, S. 575, 591. 716 Vgl. Wortlaut des Protokolls 26 des EWR-Abkommens; siehe zudem aus der Literatur: Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 16; Blanchet/Piipponen/Westman-Clément, S. 237; Hancher/Ottervanger/Slot, Rn. 29 – 141, s. auch: Rn. 5 – 004; Gross, S. 32; Jakob-Siebert, WuW 1992, 387, 393; Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 36. 712

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen

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EWR-Abkommen mit dem 3. Protokoll des Abkommens zwischen den EFTAStaaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs an die EFTA-Überwachungsbehörde übertragen.717 Art. 1 des 3. Protokolls entspricht dabei Art. 108 AEUV.718 Somit sind die Befugnisse der EFTA-Überwachungsbehörde identisch zu denen der Europäischen Kommission. Dieser Gleichlauf wird zudem durch Art. 62 Abs. 2 i.V.m. Protokoll 27 EWRA unterstützt, der die Europäische Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde zur Zusammenarbeit verpflichtet.719 4. Verfahren im Beihilferecht des EWR Die geteilte Zuständigkeit im Recht des EWR wirkt sich auch auf das beihilferechtliche Verfahren aus. Für die Mitgliedstaaten in der Europäischen Union gilt das zuvor ausführlich beschriebene Verfahren, welches vollständig von der Europäischen Kommission durchgeführt wird.720 Das für die EFTA-Staaten geltende Verfahren ist heute nahezu identisch zum beihilferechtlichen Verfahren der Europäischen Union und wird schwerpunktmäßig im 3. Protokoll des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs normiert.721 Im ersten Abschnitt des 3. Protokolls wird parallel zu Art. 108 AEUV zwischen dem Verfahren bei neuen Beihilfen (Abschnitt 1, Art. 1 Abs. 3), dem Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen (Abschnitt 1, Art. 1 Abs. 2) und dem Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen (Abschnitt 1, Art. 1 Abs. 1) unterschieden. Ein tatsächlicher Gleichlauf der beihilferechtlichen Verfahren wird in der Praxis vor allem durch den zweiten Abschnitt des 3. Protokolls erreicht.722 Hierin wurde die Verfahrensverordnung 659/1999 nahezu vollständig übernommen und an die Bedürfnisse des EWR angepasst. Aber auch zuvor hatte sich die EFTA-Überwachungsbehörde bereits am Verfahrensrecht der EU orientiert, das bis zum Erlass der Verfahrensverordnung 659/1999 überwiegend durch die Rechtsprechung des EuGH geprägt wurde.723 In der Europäischen Union wurde die Verfahrensverord717

Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs samt Protokollen 1 bis 7, Anhänge I und II sowie vereinbarte Niederschrift, in deutscher Fassung abrufbar unter BGBl. Österreich Nr. 911/1993, Protokoll 3 S. 7692 f. 718 So auch: Hancher/Ottervanger/Slot, Rn. 29 – 144. 719 Blanchet/Piipponen/Westman-Clément, S. 242. 720 Siehe die Ausführungen auf S. 107 ff. 721 Eingehend zum beihilferechtlichen Verfahren durch die EFTA-Überwachungsbehörde: Joris, in: FS Maresceau, The European Union in the World, S. 417, 426 ff.; Sánchez Rydelski, in: Baudenbacher, The Handbook of EEA Law, S. 575, 589 ff. Siehe die Zusammenschau der bedeutenden Vorschriften auf der Homepage der EFTA-Überwachungsbehörde: http://www.ef tasurv.int/state-aid/legal-framework/state-aid-guidelines/ (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 722 Ebenso auf die besondere Bedeutung des zweiten Abschnitts des 3. Protokolls hinweisend: Joris, in: FS Maresceau, The European Union in the World, S. 417, 428. 723 Joris, in: FS Maresceau, The European Union in the World, S. 417, 428 f.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

nung im Jahre 2015 mit der VO 2015/1588 neu gefasst.724 Diese Verordnung wurde von der Europäischen Union als bedeutend für den EWR gekennzeichnet. Im Regelfall passt die EFTA-Überwachungsbehörde die Verfahrensvorschriften in Zusammenarbeit mit einem Berufungsgremium und in Rücksprache mit der Europäischen Kommission an die Änderungen auf Ebene der Europäischen Union an.725 Es ist bis heute allerdings keine Anpassung des 3. Protokolls erfolgt.726 Trotz dieser mangelnden aktuellen Anpassung kann festgehalten werden, dass sich das beihilferechtliche Verfahren im EWR für die EFTA-Staaten stark am Verfahren des Beihilferechts innerhalb der EU orientiert.727 Aus diesem Grund soll an dieser Stelle auf die ausführliche Darstellung des Verfahrens im Beihilferecht der Europäischen Union verwiesen werden.728 5. Ergebnis Betrachtet man das Beihilferecht im EWR, lässt sich abschließend feststellen, dass dieses sich vollständig am Beihilferecht der Europäischen Union orientiert. Der Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV und seine Ausnahmevorschriften, das Verfahrensrecht und auch die Vielzahl von sekundär- und tertiärrechtlichen Vorschriften des Beihilferechts der Europäischen Union wurden in das Recht des EWR übernommen. Nur wenn die besondere Konstruktion des EWR eine Abweichung erforderte, wurde der Wortlaut der Vorschriften angepasst und so etwa die geteilte Zuständigkeit normiert.

II. Subventionsrecht in neueren Freihandelsabkommen der EU Außerhalb des EWR ist das Subventionsrecht in Freihandelsabkommen sehr unterschiedlich ausgestaltet. Als roter Faden dieser Freihandelsabkommen kann das im SCM verankerte Subventionsrecht der WTO ausgemacht werden, das grundsätzlich als Verhandlungsgrundlage dient.729 Trotzdem hat vor allem die Europäische Union in den vergangenen Jahren versucht, das Subventionsrecht in Freihandelsabkommen über das im SCM vereinbarte Maß hinaus weiterzuentwickeln. Sie hat erkannt, dass eine Weiterentwicklung des internationalen Subventionsrechts drin724 Zur Entwicklung des beihilferechtlichen Verfahrensrechts innerhalb der EU siehe die Ausführungen auf S. 107 ff. 725 Siehe Art. 27, 28 und 29 des 3. Protokolls, 2. Abschnitt. 726 Siehe die Hinweise zum rechtlichen Status auf der Homepage der Europäischen Freihandelsassoziation: http://www.efta.int/eea-lex/32015R1588 (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 727 Joris, in: FS Maresceau, The European Union in the World, S. 417, 430. 728 Siehe die Ausführungen auf S. 107 ff. 729 BT-Drucksache 17/4982 vom 03. 03. 2011, S. 7; Grundig u. a., Rechtfertigung von Ansiedlungssubventionen am Beispiel der Halbleiterindustrie, S. 44.

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen

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gend erforderlich ist, um eine Schlechterstellung europäischer Unternehmen im globalen Wettbewerb zu verhindern.730 Da die von der Kommission als „ideale Lösung“731 bezeichnete Weiterentwicklung des Subventionsrechts auf Ebene der WTO aktuell nicht als erfolgversprechend einzustufen ist, hat die Kommission sich dazu entschieden, zunächst eine Verbesserung auf bilateraler oder plurilateraler Ebene zu erzielen.732 An dieser Stelle soll sich nun insbesondere auf diese jüngere Generation von Freihandelsabkommen mit europäischer Beteiligung konzentriert werden. Zudem wird kurz in die Verhandlungsposition der EU im Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) eingeführt. 1. Subventionsrecht im Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Republik Korea Das erste Freihandelsabkommen, in dem die Europäische Union über die WTO hinausgehende Bestimmungen für das Subventionsrecht verhandeln konnte, war das am 1. Juli 2012 in Kraft getretene Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Republik Korea.733 In den Art. 11.9 – 11.15 FHA-EU/Korea wird ein umfassendes Subventionskontrollsystem normiert, das zum damaligen Zeitpunkt in Freihandelsabkommen weltweit einzigartig war.734 Dennoch basiert auch dieses Subventionskontrollsystem im Grundsatz auf dem Subventionsrecht der WTO. So wird nach der allgemeinen Vereinbarung in Art. 11.9 FHA-EU/Korea, in der die Parteien sich dazu verpflichten, sich nach besten Kräften darum zu bemühen durch Subventionen verursachte Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern bzw. zu beseitigen, für die Begriffbestimmung einer Subvention vollständig auf das SCM verwiesen.735 So sind Subventionen gem. Art. 11.10 Abs. 1 FHA-EU/Korea Maßnahmen, die die Voraussetzungen des Art. 1.1 SCM erfüllen. Zudem wird für die erforderliche Spezifität in Art. 11.10 Abs. 2 FHA-EU/Korea auf Art. 2 SCM verwiesen. Die Rechte der Vertragsparteien aus den Bestimmungen der

730 Mitteilung der Kommission – Handel, Wachstum und Weltgeschehen, Handelspolitik als Kernbestandteil der EU-Strategie Europa 2020, KOM (2010), 612, S. 17. 731 Siehe den Nachweis in Fn. 730. 732 Siehe den Nachweis in Fn. 730. Dies erfolgt nicht alleine in Freihandelsabkommen. Mit China hat die EU etwa im Juni 2017 die Aufnahme von Gesprächen über eine Zusammenarbeit bei der Kontrolle staatlicher Beihilfen aufgenommen, Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 02. 06. 2017, Staatliche Beihilfen: Kommission und China wollen bei der Kontrolle staatelicher Beihilfen zusammenarbeiten, IP/17/1520. 733 Freihandelsabkommen zwischen der Europa¨ ischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits, Abl. L 127/59. (Im Folgenden: FHA-EU/Korea) 734 Jarosz-Friis/Pesaresi/Kerle, Competition Policy Newsletter, 1/2010, S. 78, 78; Baier, 17 (1) Korean Journal of EU Studies, August 2012, abrufbar unter: https://ssrn.com/ab stract=2142337 (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 735 So auch: Bacon, Rn. 4.61; Weck/Reinhold, EuZW 2015, 376, 380.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

WTO werden durch dieses Abkommen ausdrücklich nicht eingeschränkt.736 Vielmehr bilden die Vorschriften die Grundlage für die im Freihandelsabkommen vereinbarten weitergehenden Verpflichtungen. Die Besonderheit der subventionsrechtlichen Bestimmungen in diesem Abkommen liegt darin, dass in insgesamt vier Punkten Vereinbarungen erzielt werden konnten, die über die im SCM verankerten Pflichten hinausgehen: a) Zwei weitere Kategorien der verbotenen Subventionen Zusätzlich zu den im SCM vorgesehenen verbotenen ausfuhr- und importersetzenden Subventionen gem. Art. 3.1 lit. a und lit. b SCM, ordnet das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Korea in Art. 11.11 FHA-EU/Korea zwei weitere Subventionsformen in die Kategorie der verbotenen Subventionen ein.737 So sind im Verhältnis zwischen der EU und Korea gem. Art. 11.11 lit. a FHA-EU/Korea Vereinbarungen als verbotene Subventionen einzustufen, die eine unbegrenzte Haftung des Staates oder öffentlicher Unternehmen für Schulden bestimmter Unternehmen vorsieht. Zudem sind Subventionen an insolvente Unternehmen, die ohne einen überzeugenden und realistischen Sanierungsplan gewährt werden, gem. Art. 11.11 lit. b FHA-EU/Korea verboten. Mit dieser Erweiterung der Kategorie der verbotenen Subventionen hat die Europäische Union es geschafft, den weiten Anwendungsbereich der anfechtbaren Subventionen zu reduzieren und die mit dieser Kategorie verbundenen Beweisschwierigkeiten zu umgehen. b) Umfassende Transparenzbestimmungen über die Subventionsgewährung Zudem konnte mit Art. 11.12 FHA-EU/Korea im Hinblick auf die Notifizierung gewährter Subventionen eine erhöhte Transparenz erzielt werden.738 Parallel zur WTO muss eine Meldung aller gewährten Subventionen gem. Art. 11.12 Abs. 1 FHA-EU/Korea jährlich erfolgen. Im Gegensatz zur WTO muss diese Meldung jedoch umfassende Informationen über die Ziele und die Form der gewährten Subventionen und die konkrete Subventionshöhe erhalten.739 Diese Meldung kann gem. Art. 11.12 Abs. 2 FHA-EU/Korea auch online auf einer Internet-Website erfolgen. Die Parteien haben sich gem. Art. 11.12 Abs. 3 FHA-EU/Korea dazu verpflichtet, der anderen Partei umfassend Auskunft über spezifische Subventionen zu erteilen. 736

Art. 11.13 FHA-EU/Korea. Jarosz-Friis/Pesaresi/Kerle, Competition Policy Newsletter, 1/2010, S. 78, 79 f.; Weck/ Reinhold, EuZW 2015, 376, 380. 738 Jarosz-Friis/Pesaresi/Kerle, Competition Policy Newsletter, 1/2010, S. 78, 79 f. 739 Art. 11.12 Abs. 1 FHA-EU/Korea. 737

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen

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Auch mit dieser Erweiterung der Transparenzbestimmungen hat die Europäische Union eine bedeutende Weiterentwicklung zum Recht der WTO verhandelt. Häufig waren Verfahren auf Ebene der WTO aufgrund mangelnder Informationen gescheitert.740 Deshalb ist die inhaltliche Erweiterung der Notifizierungspflicht von besonderer Bedeutung für potentielle Verfahren und kann auf Ebene der WTO zu einer verbesserten Kontrolle beitragen.741 Allerdings bleibt es auch nach dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Korea offen, welche Konsequenzen eine Nichteinhaltung der Verpflichtungen mit sich bringt. c) Streitbeilegung Eine bedeutende Errungenschaft für die subventionsrechtlichen Bestimmungen im Freihandelsabkommen zwischen der EU und Korea, ist die Möglichkeit einer förmlichen Streitbeilegung durch das in Kapitel 14 des Abkommens normierte Verfahren.742 Dieses Verfahren eröffnet den Parteien gem. Art. 14.3 FHA-EU/Korea zunächst die Möglichkeit, eine einvernehmliche Lösung im Wege von Konsultationen zu suchen. Scheitern diese Konsultationsbemühungen, wird gem. Art. 14.4 FHA-EU/Korea ein Schiedsverfahren eingeleitet, das mit einer Entscheidung des Schiedspanels beendet wird. Wird diese Entscheidung nicht befolgt, können gem. Art. 14.11 FHA-EU/Korea Wirtschaftssanktionen erhoben werden.743 Das Streitbeilegungsverfahren im Freihandelsabkommen zwischen der EU und Korea war auch für andere Bereiche eine große Errungenschaft. Im Subventionsrecht wurde allerdings erstmals eine effektive Möglichkeit zur Durchsetzung der vereinbarten Bestimmungen geschaffen und so die praktische Bedeutung des vereinbarten Subventionskontrollsystems erzielt.744 d) Ziel der Erweiterung auf den Bereich der Dienstleistungen Ein deutlicher Nachteil des WTO-Subventionsrechts, im Vergleich zum Europäischen Beihilferecht, ist der auf Waren beschränkte Anwendungsbereich.745 Vom WTO-Subventionsrecht wird somit nur ein Bruchteil der Subventionen erfasst. Auch das Subventionsrecht im Freihandelsabkommen zwischen der EU und Korea gilt ausschließlich für den Bereich der Waren.746 Es konnte keine voll740 741 742 743

80. 744

Jarosz-Friis/Pesaresi/Kerle, Competition Policy Newsletter, 1/2010, S. 78, 80. Jarosz-Friis/Pesaresi/Kerle, Competition Policy Newsletter, 1/2010, S. 78, 80. Jarosz-Friis/Pesaresi/Kerle, Competition Policy Newsletter, 1/2010, S. 78, 80. Siehe auch: Jarosz-Friis/Pesaresi/Kerle, Competition Policy Newsletter, 1/2010, S. 78,

Jarosz-Friis/Pesaresi/Kerle, Competition Policy Newsletter, 1/2010, S. 78, 80. Siehe hierzu eingehend die Ausführungen auf S. 154 f. 746 So ist der Geltungsbereich gem. Art. 11.15 Abs. 1 FHA-EU/Korea auf Waren beschränkt. 745

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

ständige Erweiterung der subventionsrechtlichen Vorschriften auf den Bereich der Dienstleistungen erzielt werden.747 Die Parteien haben sich jedoch in Art. 11.15 Abs. 2 FHA-EU/Korea ausdrücklich dazu verpflichtet, sich nach besten Kräften darum zu bemühen, subventionsrechtliche Regelungen im Bereich der Dienstleistungen auszuarbeiten. Hierfür wurde in Art. 11.15 Abs. 2 FHA-EU/Korea ein erster Erfahrungsaustausch nach drei Jahren angesetzt. Bis heute sind allerdings keine öffentlichen Vorschläge für ein Subventionsrecht für den Dienstleistungssektor bekanntgegeben worden. 2. Subventionsrecht im Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur Am 19. Oktober 2019 wurde das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Singapur unterzeichnet.748 Nach dem Freihandelsabkommen mit Korea ist es das zweite Abkommen, das im Zuge der Europa 2020-Strategie mit einem asiatischen Handelspartner geschlossen werden konnte und ambitionierte Ziele im Hinblick auf die Handelsliberalisierung verfolgt.749 Das Abkommen ist aktuell noch nicht in Kraft getreten. Zwar hat das Europäische Parlament dem Abkommen am 13. Februar 2019 zugestimmt, erforderlich ist jedoch darüber hinaus der Abschluss der internen Verfahren in Singapur.750 Im Gegensatz zum Investitionsschutzabkommen ist für das Inkrafttreten des Handelsabkommens keine weitere Zustimmung der Mitgliedstaaten der Europäischen Union erforderlich.751 Ausgangspunkt des Abkommens ist wiederum das WTO-Subventionsrecht. So wird in Art. 11.5 Abs. 1 FHA-EU/Singapur auf die Begriffsbestimmung in Art. 1.1 SCM und in Art. 11.5 Abs. 2 FHA-EU/Singapur auf die Definition der spezifischen Subvention in Art. 2 SCM verwiesen.752 Parallel zum Freihandelsabkommen mit Korea konnte auch mit Singapur ein erweiterer Katalog verbotener Subventionen vereinbart werden. So sind auch in diesem Freihandelsabkommen Subventionen verboten, die eine unbegrenzte Haftung des Staates oder eines öffentlichen Un747

Jarosz-Friis/Pesaresi/Kerle, Competition Policy Newsletter, 1/2010, S. 78, 80. Vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 19. 10. 2018, EU und Singapur intensivieren ihre wirtschaftlichen und politischen Beziehungen, IP/18/6139. Der verhandelte Text des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Singapur (im Folgenden: FHAEU/Singapur) ist hier abrufbar: http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=961 (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 749 Vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 16. 12. 2012, EU und Singapur einigen sich über richtungsweisendes Handelsabkommen, IP/12/1380. 750 Vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 13. 02. 2019, Abkommen mit Singapur soll Handel zwischen der EU und Asien ankurbeln, IP/19/906. 751 Vgl. Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 13. 02. 2019, Abkommen mit Singapur soll Handel zwischen der EU und Asien ankurbeln, IP/19/906. 752 So auch: Weck/Reinhold, EuZW 2015, 376, 380. 748

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen

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ternehmens vorsehen (Art. 11.7 Abs. 2 lit. a) bzw. einem Unternehmen in Insolvenz trotz unglaubwüdigen Sanierungsplan gewährt werden (Art. 11.7 Abs. 2 lit. b).753 Im Gegensatz zum Abkommen mit Korea werden im Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur die in Art. 3 SCM aufgezählten verbotenen Subventionen ausdrücklich als entsprechend anwendbar erklärt.754 Auch im Hinblick auf das Streitbeilegungsverfahren konnte an die Erfolge des Abkommens mit Korea angeknüpft werden.755 Für die Kategorie der verbotenen Subventionen ist der Anwendungsbereich des in Kapitel 14 normierten Streitbeilegungsverfahrens eröffnet. Dieses enthält umfassende Bestimmungen für ein förmliches Streitbeilegungsverfahren, welches parallel zum Abkommen mit Korea zunächst auf eine einvernehmliche Lösung durch Konsultationen abzielt und im nächsten Schritt die Einleitung eines Schiedsgerichtsverfahrens vorsieht.756 In drei Punkten bestehen im Hinblick auf die subventionsrechtlichen Bestimmungen im Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur Unterschiede im Vergleich zum Abkommen mit Korea: a) Anwendungsbereich erstreckt sich auch auf Dienstleistungen Für den Bereich des Subventionsrechts ist die größte Errungenschaft des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Singapur ohne Zweifel die in Art. 11.5 Abs. 1 vorgesehene Erstreckung auf den Bereich der Dienstleistungen. Erstmals in der Geschichte des internationalen Subventionsrechts gilt ein an der WTO orientiertes Subventionsrecht auch für den Bereich der Dienstleistungen. Auf Ebene der WTO werden solche Verhandlungen über eine Ausweitung der Subventionskontrolle auf den Bereich der Dienstleistungen seit langem angedacht, haben jedoch nie zu einem tatsächlichen Durchbruch geführt.757 Durch diese Erweiterung des Anwendungsbereichs wird eine deutlich größere Anzahl von Subventionen erfasst und zudem eine Annäherung an das Beihilferecht der Europäischen Union erzielt, das in seinem Anwendungsbereich unbeschränkt für sämtliche Beihilfen gilt.758

753

Weck/Reinhold, EuZW 2015, 376, 380. Art. 11.7 Abs. 1 FHA-EU/Singapur. 755 Zum Streitbeilegungsverfahren im FHA-EU/Korea, siehe die Ausführungen auf S. 135. 756 Siehe die Vorschriften in Kapitel 14 des FHA-EU/Singapur und die Ausführungen zum FHA-EU/Korea auf S. 135. 757 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 154 f. 758 Zu den Unterschieden im Anwendungsbereich des Europäischen Beihilferechts und des WTO-Subventionsrechts, siehe die Ausführungen auf S. 154 f. 754

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

b) Sonstige Subventionen In Art. 11.8 FHA-EU/Singapur haben die Parteien zudem Bestimmungen für Subventionen aufgenommen, die nicht in die Kategorie der verbotenen Subventionen einzuordnen sind. Sie haben sich gem. Art. 11.8 Abs. 1 FHA-EU/Singapur dazu verpflichtet, die aus den sonstigen Subventionen resultierenden negativen Auswirkungen im Rahmen ihres eigenen Wettbewerbsrechts zu beseitigen. Im Anhang Annex 11-A Abs. 1 FHA-EU/Singapur haben sie vereinbart, dass sonstige Subventionen nicht gewährt werden sollen, wenn sie den Handel zwischen den Parteien beeinträchtigen. Dieser Anhang enthält jedoch in seinem Abs. 2 zudem eine Reihe von Ausnahmebestimmungen, die vergleichbar zu Art. 107 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV bestimmte Subventionen von diesem Verbot ausnehmen. Im WTO-Subventionsrecht gibt es seit dem Wegfall der Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen keine vergleichbaren Ausnahmebestimmungen.759 Die Ähnlichkeit des Anhangs Annex 11-A Abs. 2 FHA-EU/Singapur zu den Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV ist eindeutig. An dieser Stelle hat die Europäische Union einen großen Teil des Europäischen Beihilferechts in das Freihandelsabkommen exportiert.760 c) Zweijährige Notifizierung gewährter Beihilfen Ein Unterschied, der hier der Vollständigkeit halber noch erwähnt werden soll, ist die Abweichung von der jährlichen Notifizierungspflicht. Die Parteien haben in Art. 11.9 FHA-EU/Singapur lediglich eine zweijährige Notifizierungspflicht vereinbart, hierbei allerdings an den umfassenden inhaltlichen Verpflichtungen festgehalten, die im Abkommen zwischen der EU und Korea erstmals vereinbart wurden. Hiermit sollte wohl eine Eingrenzung der Arbeitsbelastung der Parteien erreicht werden, die durch die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf Dienstleistungen und den im Vergleich zur WTO erweiterten inhaltlichen Verpflichtungen vor deutlich umfangreichere Notifizierungspflichten gestellt wurden. 3. Subventionsrecht im Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada Nach langjährigen Verhandlungen und kontroversen Diskussionen über die Vorund Nachteile eines Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Kanada wurden die Verhandlungen über das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement = CETA) am

759 Zum Wegfall der Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen, siehe die Ausführungen und Nachweise bei Fn. 78. 760 Weck/Reinhold, EuZW 2015, 376, 380.

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen

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26. 09. 2016 erfolgreich abgeschlossen.761 Am 30. 10. 2016 wurde das Abkommen von den Vertragsparteien endgültig unterzeichnet.762 Das CETA wurde innerhalb der Europäischen Union als sog. gemischtes Abkommen eingeordnet, sodass im Ergebnis neben der Zustimmung des Europäischen Parlamentes763 eine Zustimmung aller 28 Mitgliedstaaten notwendig ist.764 Am 5. 10. 2016 hat der Rat einen Beschluss u¨ ber die vorla¨ ufige Anwendung des CETA gefasst und so die Vorschriften für vorläufig anwendbar erklärt, die in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union fallen.765 Das BVerfG hatte den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen diesen Beschluss der vorläufigen Anwendbarkeit am 13. 10. 2016 unter drei Voraussetzungen abgelehnt und so auch in Deutschland die Tür für eine vorläufige Anwendung geöffnet.766 Seit dem 20. September 2017 ist das Abkommen vorläufig in Kraft. In der öffentlichen Diskussion wurde das CETA parallel zum TTIP aus verschiedenen Gründen kritisiert. Nicht nur die mangelnde Transparenz der Verhandlungen767, sondern auch grundsätzliche Bedenken über eine weitere Handelsliberalisierung sowie die hiermit einhergehende Angst vor Gentechnik und einer Absenkung des Datenschutzes768 haben die Verhandlungen in der Öffentlichkeit domi-

761 Allgemein zur Entwicklung des CETA, siehe etwa den Überblick auf der Homepage des BMWi: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/ceta.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 762 Vgl. den Nachweis in Fn. 761. 763 Das Europäische Parlament hat CETA am 15. 02. 2017 zugestimmt, siehe hierzu: Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 15. 02. 2017, Europäische Kommission begrüßt die Zustimmung des Parlamentes zum Handelsabkommen, IP/17/270. 764 Siehe die Pressemitteilung der EU-Kommission: CETA: Kommission bindet nationale Parlamente in Entscheidungsprozess mit ein, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/germany/news/ ceta-kommission-bindet-nationale-parlamente-entscheidungsprozess-ein_de (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). Zum Vertragsabschlussverfahren im Mehrebenensystem am Beispiel CETA, Bäumler, EuR 2016, 607 ff. 765 Beschluss des Rates u¨ ber die vorla¨ ufige Anwendung des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens zwischen Kanada einerseits und der Europa¨ ischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits, vom 05. 10. 2016, 10974/16. 766 BVerfG, 13. 10. 2016 – 2 BvR 1368/16, EuZW 2016, 916 ff. Nach diesem Urteil muss die Bundesregierung sicherstellen, dass (1) ein Ratsbeschluss über die vorläufige Anwendung nur die Bereiche von CETA umfassen wird, die unstreitig in der Zuständigkeit der Europäischen Union liegen, (2) bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache eine hinreichende demokratische Rückbindung der im Gemischten CETA-Ausschuss gefassten Beschlüsse gewährleistet ist, und (3) die Auslegung des Art. 30.7 Abs. 3 lit. c CETA eine einseitige Beendigung der vorläufigen Anwendung durch Deutschland ermöglicht. Siehe zudem exemplarisch die Urteilsanmerkungen von: Nettesheim, NJW 2016, 3567 ff.; Holterhus, EuZW 2016, 896 ff. 767 Die CETA-Verhandlungen sind bis heute nicht öffentlich. Ebenso auf diesen Misstand hinweisend: Mayer/Ermes, ZRP 2014, 237. 768 Eingehend zu der Frage einer Absenkung des Datenschutzniveaus durch CETA: Leopold, ZD 2016, 475 ff.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

niert.769 Trotz dieser Kritik bezeichnete die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström das Abkommen nach seinem Abschluss als „das ambitionierteste und fortschrittlichste Abkommen, das die EU jemals geschlossen hat“770. Der im CETA normierte Abschnitt über Subventionen hat in der öffentlichen Diskussion bislang keine bedeutende Rolle gespielt.771 Auch hier hatte die Kommission die Möglichkeit einen Export des Europäischen Beihilferechts zu betreiben und so auf Basis der WTO-Vorschriften eine Weiterentwicklung zu erzielen.772 Im 7. Kapitel des CETA sind subventionsrechtliche Bestimmungen normiert, die jedoch im Ergebnis nicht an die Erfolge der Freihandelsabkommen mit Korea und Singapur anknüpfen konnten. a) Mangelnde Regelungswirkung für Subventionen i.S.d. Art. 1 und 2 SCM Auch im Feihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada ist das SCM der Ausgangspunkt für die subventionsrechtlichen Vorschriften im 7. Kapitel des Abkommens. So wird in Art. 7.1 CETA für den Begriff der Subvention auf Art. 1.1 SCM verwiesen. Zudem fallen gemäß Art. 7.2 CETA nur spezifische Subventionen i.S.d. Art. 2 SCM unter den Anwendungsbereich des 7. CETA-Kapitels. Allerdings mangelt es diesem Kapitel vollständig an entsprechender Regelungswirkung für Subventionen im Bereich des Warenhandels.773 Im Gegensatz zu den Freihandelsabkommen mit Korea oder Singapur, wird kein Verbot bestimmter Subventionen im Bereich des Warenhandels normiert. Offensichtlich konnten sich die Parteien hinsichtlich dessen nicht auf eine verstärkte Zusammenarbeit verständigen. Subventionen im Bereich des Warenhandels können somit zwischen der Europäischen Union und Kanada, auch nach Inkrafttreten des CETA, nur über die Vorschriften und das Verfahren des WTO-Subventionsrechts geltend gemacht werden. Die EU und Kanada haben sich im Bereich des Warenhandels lediglich auf eine Erweiterung des Informationsrechts im Vergleich zum WTO-Subventionsrecht geeinigt. So haben sich die Parteien gem. Art. 7.2 Abs. 3 CETA dazu verpflichtet, auf Anfrage der anderen Partei Informationen über gewährte Subventionen bereitzustellen und gestellte Fragen unverzüglich zu beantworten. Die im CETA verankerte 769

Zu den wesentlichen Kritikpunkten an CETA, siehe etwa: Kafsack, Warum TTIP und CETA die Menschen aufregen, FAZ vom 16. 09. 2016, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktu ell/wirtschaft/ttip-und-freihandel/so-steht-es-um-ttip-ceta-und-das-sind-die-knackpunkte-1443 7113.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 770 Siehe die Nachweise in Fn. 764. Die Pressekonferenz von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström ist zudem abrufbar unter: http://ec.europa.eu/avservices/video/player.cfm? ref= I124009 (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 771 So auch: Reinhold, EWS 2016, 136, 137. 772 Eingehend zum Subventionsrecht im CETA und seinem Erfolg für einen Export des EUBeihilferechts siehe: Reinhold, EWS 2016, 136 ff. Allgemein zum Export des EU-Beihilferechts in internationalen Freihandelsabkommen siehe: Weck/Reinhold, EuZW 2015, 376 ff. 773 Hancher/Ottervanger/Slot, Rn. 1 – 094; Schiffbauer, EuZW 2016, 252, 257.

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen

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Notifizierungspflicht, stellt hingegen keine Weiterentwicklung im Vergleich zum WTO-Subventionsrecht dar. Obwohl in Art. 25.1 SCM eine jährliche Notifizierungspflicht für die WTO-Mitglieder vorgesehen ist, haben sich die Parteien in Art. 7.2 Abs. 1 CETA lediglich auf eine zweijährige Notifizierungspflicht geeinigt. Zudem wird in Art. 7.2 Abs. 2 CETA die erfolgte Notifizierung im Rahmen der WTO für ausreichend erklärt. Die Notifizierungspflicht im Rahmen des Art. 7.2 CETA dient somit nur als Auffangtatbestand für versäumte Notifizierungen der Parteien auf Ebene der WTO.774 Bis heute sind beide Parteien dieser Verpflichtung jedoch stets nachgekommen.775 Im Ergebnis hat Art. 7.2 CETA, abgesehen von dem erweiterten Recht auf Information, somit zumindest aktuell keine tatsächliche Relevanz. b) Geringfügige Weiterentwicklung im Bereich der Dienstleistungen Zu Beginn der Verhandlungen war eine Version an die Öffentlichkeit gelangt, in der die Europäische Union eine vollständige Erstreckung der Subventionsvorschriften auf den Bereich der Dienstleistungen befürwortete.776 Hiervon ist der endgültige Text des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada weit entfernt. In Art. 7.3 Abs. 1 CETA haben die Parteien die Möglichkeit zugelassen, Konsultationen zu ersuchen, wenn eine gewährte Subvention im Bereich des Dienstleistungssektors die beantragende Partei negativ beeinträchtigt. Im Rahmen dieser Konsultationen sollen die Parteien gem. Art. 7.3 Abs. 3 CETA anstreben, die Wettbewerbsbeeinträchtigung zu beseitigen oder zumindest zu minimieren. Mit dieser Vereinbarung haben die Parteien keine tatsächliche Weiterentwicklung im Vergleich zum WTO-Subventionsrecht erzielt. Vielmehr haben sie im Grundsatz eine zu Art. XV Abs. 2 GATS identische Vorschrift geschaffen und diese lediglich durch die Möglichkeit einer Beseitigung dieser negativen Effekte im Konsultationsverfahren ergänzt (Art. 7.3 Abs. 3 CETA). In Art. 7.3 Abs. 2 CETA konnten die Parteien sich auf weitere Informationsrechte im Rahmen des Konsultationsverfahrens einigen und haben sich so gegenseitig zugestanden, Informationen über die Ziele, die Höhe und die getroffenen Maßnahmen zur Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen zu beantragen.777 Auch im Hinblick auf das Subventionsrecht im Dienstleistungssektor sind die Ergebnisse des CETA somit enttäuschend und zeigen, dass die Europäische Union ihre Position im Verhandlungsprozess deutlich anpassen musste. Inbesondere nach 774

Reinhold, EWS 2016, 136, 142. Sämtliche Notifizierungen können für die jeweiligen Länder auf der Homepage der WTO abgerufen werden: https://www.wto.org/english/tratop_e/scm_e/scm_e.htm (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). Siehe zudem: Reinhold, EWS 2016, 136, 142. 776 Siehe hierzu: Reinhold, EWS 2016, 136, 141. Die von Reinhold genannte Fundstelle des Dokumentes führt leider nur zu einer allgemeinen Homepage über die Verhandlungen von verschiedenen Freihandelsabkommen. 777 Auch in Art. XV Abs. 1 GATS haben die Parteien Informationsrechte vereinbart, diese jedoch inhaltlich nicht konkretisiert. 775

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

dem erzielten Erfolg im Freihandelsabkommen mit Singapur, in dem eine umfassende Erstreckung auf den Dienstleistungsbereich erreicht werden konnte, sind die im CETA verhandelten Vorschriften ein erneuter Rückschritt für eine Verbesserung des internationalen Subventionsrechts. c) Fazit Das Subventionsrecht im CETA ist im Ergebnis enttäuschend. Der Europäischen Union ist es nicht gelungen, eine tatsächliche Weiterentwicklung über das Recht der WTO hinaus zu erzielen. Lediglich der Inhalt der Informationsrechte der Parteien wurde erweitert. Aus diesem Ergebnis darf allerdings nicht gefolgert werden, dass die Europäische Union von ihrem grundsätzlichen Ziel, einer Weiterentwicklung des internationalen Subventionsrechts, abgerückt ist. Vielmehr konnten sich die Parteien im zähen Verhandlungsmarathon, in dem andere Bereiche eine wesentlich bedeutendere Rolle gespielt haben, nicht auf striktere Vorschriften einigen. Die Europäische Union musste während der Verhandlungen mehrmals von ihren vertretenen Positionen im Subventionsrecht abrücken.778 Dieses Ergebnis deutet vielmehr darauf hin, dass ein Export des Europäischen Beihilferechts insbesondere bei großen Handelspartnern nur schwer zu verhandeln sein wird. Trotzdem erstaunt es, dass es den Bestimmungen nahezu vollständig an tatsächlicher Regelungswirkung mangelt. Dieses Ergebnis wird der Bedeutung des Subventionsrechts im Hinblick auf eine internationale Handelsliberalisierung nicht gerecht. Dem Standpunkt der EU-Handelskommissarin, nach dem das CETA als „das ambitionierteste und fortschrittlichste Abkommen, das die EU jemals geschlossen hat“779 einzustufen ist, muss deshalb, zumindest im Hinblick auf das Subventionsrecht, widersprochen werden. 4. Verhandlungsposition der EU im Transatlantischen Freihandelsabkommen Vielfach wurde über die Vor- und Nachteile, die Chancen und Risiken und sonstige Themen rund um das Transatlantische Freihandelsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership = TTIP) zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika berichtet. Auch dieses Abkommen wurde medial häufig als große Gefahr für Europa als Europäischen Wirtschaftsraum gesehen. Seit Januar 2017 ruhen die Verhandlungen und die Möglichkeit weiterer Verhandlungsbemühungen ist derzeit offen. Da im Rahmen der CETA-Verhandlungen zwischen der EU und Kanada überwiegend die mangelnde Transparenz der Verhandlungen kritisiert wurde, bemüht sich die EU im Zusammenhang mit den TTIP-Verhandlungen um eine weitgehende Transparenz. So veröffentlichte die 778 779

Siehe hierzu die Ausführungen bei Reinhold, EWS 2016, 136, 141 f. Siehe die Nachweise in Fn. 770.

C. Subventionsrecht in Freihandelsabkommen

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Europäische Kommission bis zum Verhandlungsabbruch im Jahr 2017 regelmäßig Berichte zu den aktuellen Verhandlungsrunden in verschiedenen Sprachversionen780 und hat zudem bereits eine Vielzahl von europäischen Verhandlungspositionen veröffentlicht.781 Auch für den Bereich des Subventionsrechts kann hier ein erster Vorschlag der EU abgerufen werden.782 Diese erste veröffentlichte TTIP-Verhandlungsposition der EU für den Bereich des Subventionsrechts soll im Folgenden näher untersucht werden. Vor allem wenn man die unterschiedlichen Verhandlungsergebnisse der zuvor vorgestellten Freihandelsabkommen betrachtet, erscheint es sinnvoll, einen genaueren Blick auf die Verhandlungsstrategie der Europäischen Union im Bereich des Subventionsrechts zu werfen. a) EU-Vorschlag für das Subventionskapitel im TTIP Die Europäische Kommission hat am 07. 01. 2015 einen ersten Entwurf des von ihr unterbreiteten Verhandlungsvorschlags zum Kapitel über Subventionen im TTIP veröffentlicht.783 Dieser Verhandlungstext war die Grundlage für die 4. Verhandlungsrunde zwischen den USA und der EU, die am 10. bis 14. 03. 2014 stattfand. aa) Verhandlungstext Der erste veröffentliche TTIP-Verhandlungstext im Bereich des Subventionsrechts ähnelt den im CETA erzielten Ergebnissen. Auf zwei bedeutende Unterschiede muss an dieser Stelle jedoch hingewiesen werden. Zum einen ist der im TTIP-Verhandlungstext vorgeschlagene Anwendungsbereich ausdrücklich auch auf den Bereich der Dienstleistungen erweitert.784 Dieses Ziel hatte die Europäische Union bereits im Rahmen der CETA-Verhandlungen verfolgt, musste jedoch im Laufe der zähen Verhandlungen von dieser Position abweichen.785 Zum anderen konnte im CETA keine Regelungswirkung für den Bereich der Waren erzielt werden. Die in Art. 7.3 Abs. 1 CETA eröffnete Möglichkeit Konsultationen zu ersuchen, wurde allein auf den Bereich der Dienstleistungen erstreckt.786 Im TTIP-Verhand780

Siehe so etwa den Bericht der 15. Verhandlungsrunde auf deutscher Sprache, abrufbar unter: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2016/december/tradoc_155131.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 781 Verhandlungstexte abrufbar unter: http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm? id=1252&langId=de (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 782 Der Verhandlungstext (im folgenden: Textual Propsal TTIP-Subsidies) ist abrufbar unter: http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/january/tradoc_153031.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 783 Siehe den Nachweis in Fn. 782. 784 Art. X.1 Textual Proposal TTIP-Subsidies, Fn. 783. 785 Siehe hierzu die Nachweise bei Reinhold, EWS 2016, 136, 141 f. 786 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 140.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

lungstext bezieht sich diese Konsultationsmöglichkeit in Art. X.4 auf die Subventionierung von Waren und Dienstleistungen. bb) Weitere mögliche Verhandlungsziele Im zuvor erläuterten Verhandlungstext hat die Europäische Kommission die von ihr verfolgten Kernziele zusammengefasst. Trotzdem erklärt sie zu Beginn dieses Verhandlungsvorschlags, dass sie auch weitere Elemente in die Verhandlung einbringen möchte.787 Als potentielles weiteres Verhandlungsziel nennt die Europäische Union so etwa die Erweiterung der Kategorie der verbotenen Subventionen.788 Diese Erweiterung hatte die Europäische Union in den Freihandelsabkommen mit Singapur und Korea erreicht und so einen Ausgleich zu der sehr weiten Kategorie der anfechtbaren Subventionen geschaffen.789 Eine Erstreckung des Streitbeilegungsverfahrens auf den Bereich der Subventionen, enthalten die potentiellen Verhandlungsziele hingegen nicht. b) Fazit Die von der Europäischen Union im TTIP-Verhandlungspapier im Bereich der Subventionen benannten Verhandlungsziele, bleiben weit hinter den im Freihandelsabkommen mit Singapur erreichten Vereinbarungen zurück. So benennt die Europäische Union die Erweiterung der Kategorie der verbotenen Subventionen nur als weiteres mögliches Verhandlungsziel. Eine Erstreckung des Streitbeilegungsverfahrens auf den Bereich der Subventionskontrolle oder eine Aufnahme von Ausnahmebestimmungen, parallel zu Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV, hat die Europäische Union von Anfang an nicht als Ziele verfolgt.790 Primär versucht die Europäische Union im Rahmen des TTIP, eine erhöhte Transparenz im Bereich der Subventionsvergabe zu erreichen. Zudem soll eine Erweiterung des Konsultationsverfahrens im Bereich der Dienstleistungen erzielt werden. Diese von der Europäischen Union formulierten Verhandlungsziele, bestätigen die im Zusammenhang mit der Darstellung des CETA formulierte Vermutung, nach der die Europäische Union ihre Ziele im Hinblick auf einen Export des Europäischen Beihilferechts insbesondere bei großen Verhandlungspartnern anpassen muss. Das Subventionsrecht spielt in diesen Freihandelsabkommen im Ergebnis nur eine Nebenrolle und wird von der Europäischen Union deshalb nicht als „Deal-Breaker“ formuliert. Jede Erweiterung über das Subventionskontrollsystem der WTO hinaus wird als Erfolg verstanden. 787

Textual Proposal TTIP-Subsidies, Fn. 783, Possible Provisions on Subsidies, Abs. 2. Textual Proposal TTIP-Subsidies, Fn. 783, Possible Provisions on Subsidies, Abs. 2. 789 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 134 f. und 136. 790 Im Freihandelsabkommen mit Singapur wurde eine solche Liste in Anhang Annex 12-A Abs. 2 aufgenommen, siehe hierzu die Ausführungen auf S. 138. 788

D. Schlussfolgerungen

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III. Ergebnis Betrachtet man das Subventionsrecht in bilateralen und plurilateralen Freihandelsabkommen, lässt sich abschließend feststellen, dass dieses sich überwiegend am Subventionsrecht der WTO orientiert. Das im SCM verankerte Kontrollsystem ist das Grundgerüst für bilaterale Verständigungen im Bereich der Subventionskontrolle. Eine Ausnahme bildet das EWR-Abkommen, welches sich vollständig am Recht der Europäischen Union orientiert. In den vergangenen Jahren hat die Europäische Union versucht, auch in anderen Freihandelsabkommen, eine Weiterentwicklung des Subventionsrechts zu erreichen. Das Freihandelsabkommen mit Singapur ist hier als herausragendes Beispiel zu nennen. In diesem Abkommen wurde eine Subventionskontrolle erzielt, die sich zwar weiterhin am WTO-Subventionsrecht orientiert, im Ergebnis aber trotzdem eine deutliche Weiterentwicklung darstellt. Diese Weiterentwicklung trägt an vielen Stellen eindeutig die Handschrift des Europäischen Beihilferechts. Trotzdem ist auch das Abkommen mit Singapur weit von einem Gleichlauf parallel zum EWR-Beihilferecht entfernt.

D. Schlussfolgerungen – Internationale Subventionskontrollsysteme Zu Beginn dieses Kapitels wurde das Ziel formuliert, die Stellung des Europäischen Beihilferechts im internationalen Subventionsrecht zu ermitteln. Es sollte sich der Frage genähert werden, ob das Europäische Beihilferecht tatsächlich weltweit einzigartig ist, oder ob andere internationale Subventionskontrollsysteme vielleicht doch über ähnliche Regulationsmechanismen verfügen.

I. WTO-Subventionsrecht und EU-Beihilferecht als prägende internationale Subventionskontrollsysteme Die vorherigen Ausführungen haben gezeigt, dass das internationale Subventionsrecht im Wesentlichen durch zwei Kontrollsysteme geprägt wird. Auf der einen Seite steht das Subventionsrecht der WTO, welches insbesondere im WTO-Subventionsübereinkommen, zumindest für den Bereich des Warenhandels, ein vollständiges Subventionskontrollsystem normiert. Die heute geschlossenen Freihandelsabkommen werden auf Basis dieses Subventionsübereinkommens erarbeitet. Auf der anderen Seite steht das Beihilferecht der Europäischen Union, welches grundlegend in Art. 107 – 109 AEUV normiert ist und durch eine Vielzahl von sekundär- und tertiärrechtlichen Bestimmungen ergänzt wird. Das Beihilferecht im Europäischen Wirtschaftsraum spiegelt die Vorschriften des Europäischen Beihilferechts vollständig wider. Und auch die Bestimmungen über Subventionen in

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Freihandelsabkommen nutzen das Europäische Beihilferecht heute als Inspirationsquelle für ihre Weiterentwicklung. Das an dieser Stelle gewählte zusammenfassende Ergebnis soll dazu dienen, das Verhältnis zwischen diesen prägenden internationalen Subventionskontrollsystemen zu erarbeiten. Hierbei soll zum einen auf das Verhältnis zwischen dem WTO-Subventionsrecht und dem EU-Beihilferecht eingegangen werden und zum anderen eine Herausarbeitung der zentralen inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten erfolgen.

II. Verhältnis zwischen dem WTO-Subventionsrecht und dem EU-Beihilferecht 1. Stellung des WTO-Rechts innerhalb der EU Bevor konkret auf das Verhältnis zwischen dem WTO-Subventionsrecht und dem EU-Beihilferecht eingegangen wird, soll zunächst allgemein in die Stellung des Rechts der WTO innerhalb der Europäischen Union eingeführt werden. a) Grundsatz: Keine unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts innerhalb der EU Die im Abkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation und in den jeweiligen Anhängen ausgehandelten Bestimmungen sind für die Organe der Europäischen Union und die einzelnen Mitgliedstaaten bindend.791 Dies ergibt sich unmittelbar aus dem geschlossenen Abkommen, wird allerdings zudem ausdrücklich in Art. 216 Abs. 2 AEUV normiert.792 Die Vorschriften der WTO sind in ihrem Rang oberhalb des Sekundärrechts einzuordnen.793 Sie sind jedoch innerhalb der Europäischen Union im Regelfall nicht unmittelbar anwendbar und insofern grundsätzlich kein Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit des Europäischen Sekundärrechts oder des nationalen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten.794 So sehen weder das Abkommen zur Errichtung der WTO noch die in den Anhängen vereinbarten 791

Siehe etwa: Stumpf, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 207 Rn. 200. Bereits in Bezug auf das GATT 1947 hatte der EuGH die Vorschriften des Abkommens in ständiger Rechtsprechung als „integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung“ bezeichnet: EuGH, Rs. C-104/81 (Hauptzollamt Mainz/Kupferberg), Slg. 1982, 3641, Rn. 13; EuGH, Rs. C-181/73 (Haegeman/Belgien), Slg. 1974, 449 Rn. 2/6. 792 Siehe etwa: Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 216 Rn. 25. 793 Prieß/Berrisch, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, C.II.1 Rn. 18. 794 Neben den folgenden Ausführungen siehe etwa auch die zusammenfassenden Darstellungen bei: Hahn, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 207 Rn. 165 ff.; Krajewski, S. 53 ff.; Prieß/Berrisch, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, C.II.1 Rn. 20; Stumpf, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 207 Rn. 200 ff.

D. Schlussfolgerungen

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Übereinkommen eine solche unmittelbare Anwendbarkeit vor.795 Auch der EuGH796 und die Streitbeilegungsorgane der WTO797 haben die unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts abgelehnt. Der EuGH argumentiert in diesem Zusammenhang zum einen mit dem hohen Stellenwert der Verhandlungen im WTO-Abkommen, die durch eine unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts innerhalb der Europäischen Union nicht umgangen werden dürften.798 Zum anderen stützt der EuGH seine ablehnende Haltung gegenüber einer unmittelbaren Anwendbarkeit des WTORechts innerhalb der Europäischen Union auf die mangelnde Gegenseitigkeit, da einige der wichtigsten Handelspartner der EU, die unmittelbare Anwendbarkeit ebenso nicht anerkennen.799 Der EuGH hatte die Ablehnung der unmittelbaren Wirkung später auch ausdrücklich auf Entscheidungen des WTO-Streitbeilegungsorgans erstreckt, in denen das Dispute Settlement Body den streitigen Sekundärrechtsakt ausdrücklich für unvereinbar mit den WTO-Regeln erklärt hatte.800 b) Ausnahmen: Die Fediol- und Nakajima-Rechtsprechung des EuGH Trotz dieser grundsätzlich ablehnenden Haltung gegenüber einer unmittelbaren Anwendbarkeit des WTO-Rechts überprüft der EuGH die Rechtmäßigkeit sekundärrechtlicher Vorschriften in zwei Ausnahmefällen doch anhand der Vorschriften der WTO.801 795

Bacon, Rn. 4.57; Prieß/Berrisch, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, C.II.1 Rn. 20; Royla, EuR 2001, 495, 498. 796 Der EuGH vertrat diese Sichtweise bereits in ständiger Rechtsprechung für das GATT 1947 seit: EuGH, Rs. C-21 – 24/72 (International Fruit), Slg. 1972, 1219, Rn. 19/20 ff. Siehe hierzu auch die Ausführungen bei: Prieß/Berrisch, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, C.II.1 Rn. 22; Hahn, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 207 Rn. 170 f., jeweils m.w.N. Für die WTO hat der EuGH in der Entscheidung Portugal/Rat grundlegend entschieden, dass „die ¨ bereinku¨ nfte wegen ihrer Natur und ihrer Struktur grundsa¨ tzlich nicht zu den VorWTO-U schriften [gehören], an denen der Gerichtshof die Rechtma¨ ßigkeit von Handlungen der Gemeinschaftsorgane mißt.“, EuGH, Rs. C-149/96 (Portugal/Rat), Slg. 1999, I-8395, Rn. 47. Im Ergebnis hat der EuGH die Rechtsprechung zum GATT 1947 auch zum WTO-Übereinkommen fortgeführt, siehe hierzu: Prieß/Berrisch, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, C.II.1 Rn. 23 ff.; Hahn, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 207 Rn. 172 ff. 797 Report of the Panel, WT/DS152/R (United States/Sections 301 – 310 of the Trade Act of 1974), Rn. 7.72 und 7.78. Siehe hierzu: Prieß/Berrisch, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, C.II.1 Rn. 20 f. 798 EuGH, Rs. C-149/96 (Portugal/Rat), Slg. 1999, I-8395, Rn. 36 ff. Siehe hierzu auch: Krajewski, S. 58 f. 799 EuGH, Rs. C-149/96 (Portugal/Rat), Slg. 1999, I-8395, Rn. 42 ff.; Krajewski, S. 59 f. 800 EuGH, Rs. C-377/02 (Van Parys), Slg. 2005, I-1465, Rn. 41 ff. Siehe auch die Urteilsanmerkungen von: Berg/Beck, RIW 2005, 401 ff.; Steinbach, EuZW 2005, 331 ff. 801 Siehe hierzu die zusammenfassenden Darstellungen bei: Hilpold, S. 296 ff.; Prieß/ Berrisch, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, C.II.1 Rn. 29 ff.; Weiß, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, Recht der EU, Art. 207 Rn. 202; Stumpf, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 207 Rn. 206 f.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Zunächst hatte der EuGH in seinem Fediol-Urteil anerkannt, dass eine solche Überprüfung sekundärrechtlicher Vorschriften anhand des WTO-Rechts nur dann möglich ist, wenn der streitige Sekundärrechtsakt ausdrücklich auf das Recht der WTO Bezug nimmt.802 Zudem soll nach der Rechtsprechung im Nakajima-Urteil eine solche Überprüfung möglich sein, wenn die Europäische Union mit dem Erlass des fraglichen Rechtsaktes eine bestimmte, sich aus dem WTO-Recht ergebende Verpflichtung, umgesetzt hat.803 Es müsse sich hierbei zwingend um eine besondere Verpflichtung handeln, die über die allgemeine Pflicht zur Umsetzung des WTORechts hinausgehe.804 Beide Ausnahmen wurden vom EuGH noch zum GATT 1947 erlassen, allerdings mit dem Urteil Portugal/Rat vom EuGH auf das Recht der WTO übertragen.805 Das Zusammenspiel zwischen der grundsätzlichen Versagung der unmittelbaren Anwendbarkeit des WTO-Rechts und den anerkannten Ausnahmen, die das Recht der WTO zumindest als mittelbaren Prüfungsmaßstab für das europäische Sekundärrecht gestatten, wurde in der Literatur806 und auch von einzelnen Generalanwälten807 vielfach kritisiert. Vor allem bei der Übertragung der Rechtsprechungslinie auf das Recht der WTO, wurde eine mögliche Rechtsprechungsänderung häufig diskutiert.808 Unabhängig davon, ob man der Rechtsprechung des EuGH inhaltlich zustimmen mag, muss die aktuelle Rechtslage wohl im Ergebnis als „causa finita“ angesehen werden.809 c) WTO-konforme Auslegung des Sekundärrechts der EU Wenn die Voraussetzungen der Fediol- und Nakajima-Rechtsprechung jedoch nicht vorliegen, bleibt es bei dem Grundsatz des EuGH, nach dem das WTO-Recht 802 EuGH, Rs. C-70/87 (Fediol/Kommission), ECLI:EU:C:1989:254, Rn. 19 f. Konkretisierung auf einen ausdrücklichen Verweis seit: EuGH, Rs. C-280/93 (Deutschland/Rat), Slg. 1994, I-4973, Rn. 111, siehe hierzu auch die ausdrücklichen Ausführungen in: EuGH, Rs. C-401/12 P – 403/12 P (Rat/Milieudefensie), ECLI:EU:C:2015:4, Rn. 58. 803 EuGH, RS. C-69/89 (Nakajima/Rat), ECLI:EU:C:1991:186, Rn. 26 ff. 804 EuGH, Rs. C-377/02 (Van Parys), Slg. 2005, I-1465, Rn. 41 ff.; EuGH, Rs. C-401/12 P – 403/12 P (Rat/Milieudefensie), ECLI:EU:C:2015:4, Rn. 59. 805 EuGH, Rs. C-149/96 (Portugal/Rat), Slg. 1999, I-8395, Rn. 49. Es handelt sich seither um die ständige Rechtsprechung des EuGH, siehe exemplarisch: EuGH, Rs. C-93/02 P (Biret International/Rat), Slg. 2003, I-10497, Rn. 53; EuGH, Rs. C-377/02 (Van Parys), Slg. 2005, I1465, Rn. 40; EuGH, Rs. C-401/12 P – 403/12 P (Rat/Milieudefensie), ECLI:EU:C:2015:4, Rn. 56 ff. m.w.N. 806 Exemplarisch: Berrisch/Kamann, EWS 2000, 89 ff; Hilf/Schorkopf, EuR 2000, 74 ff.; Oft, EuR 2003, 504 ff. jeweils m.w.N. 807 Siehe etwa: Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, Rs. C-53/96 (Hermès), Slg. 1998, I-3606, Rn. 22 ff.; Schlussanträge des Generalanwalts Saggio, Rs. C-149/96 (Portugal/Rat), Slg. 1999, I-8397, Rn. 14 ff. 808 Vgl. die Nachweise in den Fn. 806 und Fn. 807. 809 Hahn, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 207 Rn. 172 ff.

D. Schlussfolgerungen

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kein Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit des Europäischen Sekundärrechts ist.810 In vielen Fällen entsteht somit auf den ersten Blick ein Widerspruch zwischen der Bindung der Unionsorgane und der Mitgliedstaaten durch das Recht der WTO und der fehlenden unmittelbaren Anwendbarkeit. Dieser Widerspruch wird vom EuGH jedoch gelöst, indem er in ständiger Rechtsprechung die WTO-konforme Auslegung des Sekundärrechts der Europäischen Union und dem Recht der Mitgliedstaaten anerkennt.811 Die Gerichte der Europäischen Union ziehen das Recht der WTO immer dann zur Auslegung heran, wenn die einzelne Bestimmung auslegungsbedürftig erscheint, sie also einen gewissen Beurteilungs- oder Ermessensspielraum enthält.812 Es handelt sich hierbei im Kern um eine Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes der völkerrechtskonformen Auslegung.813 2. Stellung des WTO-Subventionsrechts innerhalb der EU Überträgt man die für das gesamte Recht der WTO geltenden Ausführungen auf das WTO-Subventionsrecht, zeigt sich folgendes Bild. Das Subventionsübereinkommen ist im Anhang 1A des WTO-Abkommens normiert und ist somit für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten als Teil des WTO-Rechts bindend. Allerdings entfalten das Subventionsübereinkommen und die subventionsrechtlichen Bestimmungen im WTO-Abkommen, parallel zum sonstigen Recht der WTO, grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung.814 Die subventionsrechtlichen Bestimmungen der WTO werden so im Rahmen des beihilferechtlichen Prüfverfahrens innerhalb der Europäischen Union nicht unmittelbar herangezogen.815 Zudem ist das SCM grundsätzlich kein Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit des primären Beihilferechts der Europäischen Union und kann insbesondere den Begriff der Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht einschränken, da das Recht der WTO 810

Siehe zu diesem Grundsatz die Ausführungen auf S. 146 ff. Der EuGH vertrat diese Sichtweise bereits in ständiger Rechtsprechung für das GATT 1947: EuGH, C-70/94 (Werner), Slg. 1995, I-3189, Rn. 20; EuGH, C-83/94 (Leifer U.A.), Slg. 1995, I-3231, Rn. 24; EuGH, C-61/94 (Kommission/Deutschland), Slg. 1996, I-3989, Rn. 52. Später wurde diese auf das GATT 1948 bezogene Rechtsprechung auch für das Recht der WTO übernommen: EuGH, C-53/96 (Hermès), Slg. 1998, I-3603, Rn. 28 (TRIPS); EuGH, C-300/98 (Dior U.A.), Slg. 2000, I-11307, Rn. 41 ff. (TRIPS). 812 Siehe etwa den ausdrücklichen Wortlaut der Entscheidung, EuGH, C-61/94 (Kommission/Deutschland), Slg. 1996, I-3989, Rn. 52: „Ist na¨ mlich eine Bestimmung des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts auslegungsbedu¨ rftig, so ist sie nach Mo¨ glichkeit so auszulegen, daß sie mit den Vorschriften des Vertrages vereinbar ist.“ 813 Vgl. EuGH, Rs. C-61/94 (Kommission/Deutschland), Slg. 1996, I-3989, Rn. 52. Siehe aus der Literatur exemplarisch: Prieß/Berrisch, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, C.II.1 Rn. 29. 814 Zur unmittelbaren Anwendbarkeit des SCM siehe: Bacon, Rn. 4.57; Böhm, S. 41; Stricker, S. 43 f. 815 Bartosch, Einleitung, Rn. 19; Heinrich, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Einleitung Rn. 134. 811

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

ohnehin einen Rang unterhalb des Primärrechts einnimmt.816 Trotzdem stellt sich die Frage, ob möglicherweise eine der Ausnahmen der Fediol- und Nakajima-Rechtsprechung für das Europäische Beihilferecht Geltung entfaltet und so eine Überprüfung des beihilferechtlichen Sekundärrechts anhand des WTO-Subventionsrechts erfolgen muss. Zudem muss geklärt werden inwiefern das beihilferechtliche Sekundärrecht einer WTO-konformen Auslegung begegnen sollte. a) Beihilferechtliche Betrachtung der Fediol- und Nakajima-Rechtsprechung des EuGH Wie bereits zuvor erläutert, hat der EuGH in seiner Fediol- und NakajimaRechtsprechung zwei Ausnahmen entwickelt, in denen, abweichend vom Grundsatz, eine unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts innerhalb der Europäischen Union möglich ist.817 In diesen Fällen kann die Rechtmäßigkeit des streitigen Sekundärrechts anhand der Bestimmungen des WTO-Rechts überprüft werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der streitige Sekundärrechtsakt ausdrücklich auf das Recht der WTO Bezug nimmt (Fediol) oder mit dem streitigen Sekundärrechtsakt eine sich aus dem Recht der WTO ergebende Verpflichtung umgesetzt wurde (Nakajima).818 Ein Sekundärrechtsakt der Europäischen Union, für den die Nakajima-Rechtsprechung Auswirkungen entfaltet, ist die sog. Antisubventionsgrundverordnung.819 Mit dieser Verordnung hat die Europäische Union das Subventionsrecht der WTO zumindest für die Abwehr von subventionierten Einfuhren aus Drittstaaten unmittelbar in das Recht der Europäischen Union umgesetzt.820 Der Nakajima-Rechtsprechung des EuGH folgend, ist das Subventionsrecht der WTO somit Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit der Antisubventionsgrundverordnung.821 Da die Antisubventionsverordnung in großen Teilen jedoch sogar wortgleich mit dem SCM übereinstimmt,

816 So hat der EuGH in mehreren Entscheidungen mit Blick auf die „spezifische Subvention“ nach dem SCM entschieden, dass der Begriff der Beihilfe gem. Art. 107 Abs. 1 AEUV hierdurch nicht eingeschränkt werde: EuGH, Rs. C-351/98 (Spanien/Kommission), Slg. 2002, I-8031, Rn. 44; EuGH, Rs. C-409/00 (Spanien/Kommission), Slg. 2003, I-1487, Rn. 56. Siehe auch: EuG, T-55/99 (CETM/Kommission), Slg. 2000, II-3207, Rn. 50. 817 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 147. 818 Siehe hierzu die Rechtsprechungsnachweise in Fn. 802 und 803. 819 Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 08. 06. 2016 über den Schutz von subventionierten Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern, Abl. 2016 L 176/55. (Im Folgenden: AntisubventionsVO). 820 Siehe so den ausdrücklichen Hinweis auf die Umsetzung des WTO-Rechts im Erwägungsgrund 2 und 3 der AntisubventionsVO. 821 Zur Nakajima-Rechtsprechung siehe die Ausführungen auf S. 147 und die Nachweise in Fn. 803. Siehe zur Anwendung der Nakajima-Rechtsprechung auf die Antisubventionsgrundverordnung: Böhm, S. 60 ff.; Stricker, S. 45 f.

D. Schlussfolgerungen

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ist ein tatsächlicher Widerspruch zwischen der Antisubventionsgrundverordnung und dem SCM in der Praxis nahezu ausgeschlossen.822 Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass die Antisubventionsgrundverordnung sich ausschließlich auf den Schutz vor subventionierten Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern bezieht und sie folglich nur einen Bruchteil des WTO-Subventionsübereinkommens normiert. Für die sonstigen beihilferechtlichen Sekundär- und Tertiärrechtsakte der Europäischen Union stellt sich also weiterhin die Frage, inwiefern das WTO-Subventionsrecht Kontrollmaßstab für deren Rechtmäßigkeit sein kann. Mit dem Sekundär- und Tertiärrecht im Beihilferecht der Europäischen Union soll kein WTO-Recht umgesetzt werden. Vielmehr dienen diese Rechtsakte der Konkretisierung des primären Beihilferechts der Europäischen Union. Somit kann sich zumindest aus der Nakajima-Rechtsprechung des EuGH keine unmittelbare Überprüfung des beihilferechtlichen Sekundär- und Tertiärrechts am Maßstab des WTO-Subventionsrechts ergeben. In einer Reihe von beihilferechtlichen Sekundärrechtsakten wurde inhaltlich auf das WTO-Subventionsrecht Bezug genommen. So sind Beihilfen, die von der Verwendung von einheimischen, anstelle von eingeführten Waren abhängig gemacht werden, und Ausfuhrbeihilfen vom Anwendungsbereich der De-minimis-VO und der AGVO ausgeschlossen.823 Insofern könnte für diese Sekundärrechtsakte das Subventionsrecht der WTO im Sinne der Fediol-Rechtsprechung mittelbarer Prüfungsmaßstab sein. Dies scheidet jedoch aus, da der EuGH einen expliziten Verweis auf den WTO-Rechtsakt fordert.824 Innerhalb der genannten Sekundärrechtsakte handelt die Europäische Union jedoch in Einklang mit dem Subventionsrecht der WTO, ohne das WTO-Subventionsübereinkommen ausdrücklich als Grundlage für die Einschränkung des Anwendungsbereichs zu benennen.825 b) WTO-konforme Auslegung des Beihilferechts der EU Wie bereits mehrfach erwähnt, ist das WTO-Recht als Teil des Völkerrechts von seinem Rang unterhalb des Europäischen Primärrechts einzustufen. Dies führt dazu, dass eine WTO-konforme Auslegung des Europäischen Beihilferechts nicht zu erfolgen hat, wenn es sich um eine primärrechtliche Regelung handelt. Somit unterliegt insbesondere der europäische Beihilfebegriff keiner WTO-konformen Auslegung, 822

Diese Gefahr ebenso als gering einstufend: Stricker, S. 44. Art. 1 Abs. 2 lit. c und lit. d und Erwägungsgrund 9 AGVO; Art. 1 Abs. 1 lit. d und lit. e De-minimis-VO. 824 Siehe die Nachweise in Fn. 802. 825 Bartosch, Einleitung, Rn. 19. In der vor der AGVO aus dem Jahre 2008 geltenden Verordnung (EG) Nr. 70/2001 der Kommission vom 12. 01. 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen, L 10/33 wurde noch ausdrücklich auf das Subventionsübereinkommen verwiesen, siehe hierzu eingehend: Flett/Jessen/Talaber-Ritz, in: Iglesias/Van Miert/Monti/Kroes, EC State Aid Law, S. 441, S. 456 ff. 823

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

wodurch der Subventionsbegriff der WTO keine Auswirkungen auf die Auslegung des in Art. 107 Abs. 1 AEUV normierten Beihilfebegriffs der Europäischen Union hat. Die Verpflichtung zur WTO-konformen Auslegung könnte jedoch für den Teil des beihilferechtlichen Sekundärrechts der Europäischen Union bestehen bleiben, der nicht über die Antisubventionsgrundverordnung bereits einer mittelbaren Rechtmäßigkeitskontrolle unterliegt.826 Für die Gerichte der Europäischen Union würde dies bedeuten, dass sie das Subventionsrecht der WTO immer dann zur Auslegung des beihilferechtlichen Sekundärrechts heranzuziehen haben, wenn die fragliche Bestimmung auslegungsbedürftig erscheint und ein gewisser Beurteilungs- oder Ermessensspielraum besteht. Gegen diese Sichtweise spricht jedoch, dass das beihilferechtliche Sekundärrecht überwiegend der konkreten Ausgestaltung des Primärrechts dient. Es geht im Regelfall um die Konkretisierung des Verbotstatbestands des Art. 107 Abs. 1 AEUV, der Ausnahmebestimmungen des Art. 107 Abs. 2 bzw. Abs. 3 AEUV und um die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens, welches primärrechtlich in Art. 108 AEUV normiert ist. Wäre an dieser Stelle eine WTOkonforme Auslegung für das Europäische Beihilferecht zulässig, könnte dies im Ergebnis zu einer Umgehung des Europäischen Primärrechts führen. Deshalb soll zumindest dann eine WTO-konforme Auslegung des beihilferechtlichen Sekundärrechts abgelehnt werden, wenn es sich ausschließlich um eine Konkretisierung des beihilferechtlichen Primärrechts handelt.827

III. Wesentliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem WTO-Subventionsrecht und dem EU-Beihilferecht Um eine abschließende Bewertung über die Stellung des Europäischen Beihilferechts im Gefüge der internationalen Subventionskontrollsysteme vornehmen zu können, soll im Folgenden eine Zusammenfassung der wesentlichen inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem EU-Beihilferecht und dem WTO-Subventionsrecht erfolgen.

826

So Stricker, S. 45. Böhm, S. 72 f. Eine WTO-konforme Auslegung des Europäischen Beihilferechts mit anderer Begründung ablehnend: Flett/Jessen/Talaber-Ritz, in: Iglesias/Van Miert/Monti/Kroes, EC State Aid Law, S. 441, S. 455. 827

D. Schlussfolgerungen

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1. Ziele Viele der folgenden Unterschiede zwischen dem WTO-Subventionsrecht und dem Beihilferecht in der Europäischen Union lassen sich mit den unterschiedlichen politischen und historischen Zielen dieser Systeme begründen.828 Die Ursprünge des WTO-Rechts gehen zurück auf das GATT, welches der Stärkung des freien Warenhandels diente.829 Auch wenn die WTO heute Bereiche, wie den Dienstleistungssektor einbezieht, ist es weiterhin ihr Kernziel sämtliche Handelsbarrieren abzubauen. Insbesondere Zölle, die den freien Warenverkehr verzerren, sollen beseitigt werden. In diesem Zusammenhang wurde auch im Bereich des Warenhandels frühzeitig mit der weltweiten Kontrolle der Subventionsvergabe begonnen.830 Dies wurde zudem verstärkt verfolgt, nachdem der Abbau der Zölle dazu geführt hatte, dass die Vergabe von Subventionen als einzig verbleibende Möglichkeit angesehen wurde, um protektionistische Ziele zu verfolgen. Der Fokus im WTO-Subventionsrecht liegt auf dem subventionierten Produkt.831 Im Gegensatz dazu verfolgte die Europäische Union von Beginn an deutlich ambitioniertere Ziele.832 Es sollte ein gemeinsamer europäischer Binnenmarkt geschaffen werden, in dem sämtliche Handelshemmnisse abgebaut werden sollten. Hierbei beschränkte sich der Abbau der Handelsbarrieren allerdings nicht nur auf den Bereich des Warenhandels, sondern zielte vielmehr auf die Schaffung eines einheitlichen gemeinsamen Binnenmarktes ab. Hierzu wurden Europäische Organe und Verwaltungsstrukturen geschaffen. Als Teil dieses Binnenmarktkonzepts wurde das Europäische Beihilferecht von Beginn an im Teil der Wettbewerbsvorschriften aufgenommen.833 Das Beihilferecht sollte den Binnenmarkt vor Wettbewerbsverzerrungen schützen, die durch die staatliche Begünstigung von einzelnen Unternehmen entstehen und so vor allem einen Beihilfewettlauf zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten verhindern. Das Europäische Beihilferecht war in dieser Hinsicht von Beginn an auf den Begünstigten gerichtet834 und regelte in seinen primärrechtlichen Vorschriften ein grundsätzliches Verbot staatlicher Beihilfen. Zudem 828 Ebenso eingehend zu diesen unterschiedlichen Zielrichtungen: Flett/Jessen/TalaberRitz, in: Iglesias/Van Miert/Monti/Kroes, EC State Aid Law, S. 441, S. 446; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 291 f. 829 Zur Entwicklung der WTO siehe die Ausführungen auf S. 57 ff. m.w.N. 830 Zur Entwicklung des WTO-Subventionsrechts siehe die Ausführungen auf S. 57 ff. m.w.N. 831 Flett/Jessen/Talaber-Ritz, in: Iglesias/Van Miert/Monti/Kroes, EC State Aid Law, S. 441, S. 448; Slocock, EStAL 2007, 249, 250. 832 Flett/Jessen/Talaber-Ritz, in: Iglesias/Van Miert/Monti/Kroes, EC State Aid Law, S. 441, S. 446; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 291. 833 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 125 ff. m.w.N. 834 Flett/Jessen/Talaber-Ritz, in: Iglesias/Van Miert/Monti/Kroes, EC State Aid Law, S. 441, S. 448; Slocock, EStAL 2007, 249, 250.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

wurden sämtliche Beihilfen einer Notifizierungspflicht bei der Kommission unterworfen. Diese kurze Gegenüberstellung der Ziele verdeutlicht, dass das Europäische Beihilferecht von Beginn an Teil eines ambitionierten Projektes war. Als solches sollte es eine strenge Regulierung der Subventionsvergabe garantieren und so zu dem Ziel eines gemeinsamen Europäischen Binnenmarktes beitragen. Im Gegensatz hierzu sollte mit dem GATT lediglich der Warenverkehr zwischen den Mitgliedern erleichtert werden und so ein möglichst weitgehender Abbau der Handelsbarrieren erfolgen, zu dem auch die Vergabe von Subventionen zählt. 2. Anwendungsbereich Der im Ergebnis wohl bedeutendste Unterschied zwischen den Subventionskontrollsystemen liegt im jeweiligen Anwendungsbereich. Das Subventionsrecht der WTO ist heute vollständig im Anhang 1A des WTO-Abkommens verankert und bezieht sich folglich ausschließlich auf den Bereich des Warenhandels.835 Im Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen, welches im Anhang 1B des WTOAbkommens normiert ist, wird in Art. VX Abs. 1 GATS lediglich allgemein anerkannt, dass Subventionen auch im Dienstleistungssektor zu Verzerrungen im Handel führen können.836 WTO-Mitglieder, die sich durch eine gewährte Subvention eines anderen WTO-Mitglieds im Bereich der Dienstleistungen beeinträchtigt sehen, haben gem. Art. XV Abs. 2 GATS lediglich das Recht Konsultationen zu ersuchen. Inhaltliche oder verfahrensrechtliche Vorgaben für die Subventionskontrolle im Bereich des Dienstleistungssektors werden nicht normiert. In Art. VX Abs. 1 GATS haben sich die Mitglieder der WTO allerdings dazu verpflichtet in Verhandlungen bezüglich einer Subventionskontrolle im Dienstleistungssektor einzutreten. Trotz dieser Verpflichtung mangelt es bis heute an einem WTO-Subventionskontrollsystem für den Bereich der Dienstleistungen.837 Dies ist zum einen mit der geringen Anzahl konkreter Verhandlungsversuche zu begründen838, kann zum anderen aber auch auf die grundsätzlich stagnierende Weiterentwicklung der WTO zurückgeführt

835 Siehe exemplarisch: Dupont/Scharf, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, EU Competition Law, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.399; Gross, S. 29.; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 292; Luengo, S. 431 und S. 483; Micheau, S. 424 f.; Schuette, in: Säcker/Montag, European State Aid Law, II Rn. 63; Senti, Rn. 875; Stricker, S. 39. 836 Allgemein zum Inhalt des Art. XV GATS m.w.N.: Grosso, OECD Trade Policy Paper No. 60, S. 5; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 292 f. 837 Grosso, OECD Trade Policy Paper No. 60, S. 5; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 293. 838 Überblick über die Verhandlungsbemühungen von Seiten der WTO und einiger Mitglieder bei: Grosso, OECD Trade Policy Paper No. 60, S. 7 ff.

D. Schlussfolgerungen

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werden839. Im Ergebnis bedeutet dies allerdings, dass das WTO-Subventionsrecht sich bis heute ausschließlich auf den Bereich des Warenhandels bezieht und ein großer Teil der gewährten Subventionen somit bereits nicht vom Anwendungsbereich erfasst werden.840 Im Gegensatz hierzu ist das Beihilferecht der Europäischen Union nicht auf einen bestimmten Anwendungsbereich beschränkt. Vielmehr werden staatliche Beihilfen an Unternehmen unter den weiteren Voraussetzungen des Art. 107 AEUV reguliert, unabhängig davon, ob diese im Bereich des Warenhandels, dem Dienstleistungssektor oder im Bereich der Kultur tätig sind.841 Im Ergebnis ist der Anwendungsbereich des Europäischen Beihilferechts somit deutlich weiter als der des WTO-Subventionsrechts. Dies ergibt sich allerdings bereits aus den unterschiedlichen Zielrichtungen der WTO und der EU.842 In der Literatur wurde bereits mehrfach gefordert das WTO-Subventionsrecht in dieser Hinsicht weiterzuentwicklen.843 Auch die Vorschrift des Art. XV GATS zeigt deutlich, dass auch die WTO-Mitglieder dieses Bedürfnis im Grundsatz erkannt haben. Trotzdem wird heute vergeblich auf ein mit dem SCM vergleichbaren Übereinkommen im Bereich der Dienstleistungen gewartet. Da die Entwicklungen auf Ebene der WTO stagnieren, werden Verhandlungen im Bereich der Subventionen gegenwärtig immer häufiger bilateral geführt. Im Grundsatz orientieren sich die Verhandlungen stets am WTO-Subventionsrecht.844 Dennoch konnten in einzelnen Freihandelsabkommen bereits Weiterentwicklungen zu diesem System verhandelt werden, die z. B. auch eine Erstreckung auf den Bereich des Dienstleistungssektors umfassen.845 3. Inhalt Erfüllt eine gewährte Subvention im Europäischen Beihilferecht die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV ist sie grundsätzlich verboten. Das WTO-Subventionsrecht verfolgt hingegen eine andere Systematik. Das Kontrollsystem der WTO erstreckt sich zunächst nur auf spezifische Subventionen. Die Merkmale der 839 Allgemein zu den Problemen bei den aktuellen Verhandlungen auf Ebene der WTO: Altemöller, EuZW 2014, 41 f.; Altemöller, EuZW 2015, 135 ff.; Ehlers, in: Ehlers/Pitschas/ Wolffgang, Die WTO nach Bali, S. 1 ff. 840 Siehe zur Bedeutung und den einzelnen Formen der Subventionen im Dienstleistungssektor: Grosso, OECD Trade Policy Paper No. 60, S. 18 ff. 841 Dupont/Scharf, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, EU Competition Law, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.399 m.w.N für die einzelnen Bereiche. 842 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 153f. Siehe auch: Luengo, S. 483. 843 Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 293. Siehe zu den Bemühungen auf Ebene der WTO und einzelner WTO-Mitglieder: Grosso, OECD Trade Policy Paper No. 60, S. 7 ff. 844 Vgl. hierzu die Ausführungen auf S. 132. 845 Siehe hierzu die Beispiele einzelner Freihandelsabkommen auf S. 133ff.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Subvention und der Spezifität werden in Art. 1 und 2 SCM definiert. Anschließend setzt das WTO-Subventionsrecht jedoch zudem das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der einzelnen Subventionskategorien voraus. Um im Folgenden die inhaltlichen Gemeinsamkeiten der Systeme herausarbeiten zu können, werden zunächst die einzelnen Merkmale des Verbotstatbestandes des Art. 107 Abs. 1 AEUV mit den Begriffsbestimmungen in Art. 1 und 2 SCM verglichen. Diese Gegenüberstellung der einzelnen Merkmale erfolgt anhand der Terminologie des Europäischen Beihilferechts. Die weiteren Voraussetzungen der Subventionskategorien der WTO werden im Zusammenhang mit den Rechtsfolgen erläutert. a) Verbotstatbestand Der Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV setzt das kumulative Vorliegen folgender fünf Voraussetzungen voraus: aa) Gewährung einer Begünstigung; bb) staatlich oder aus staatlichen Mitteln; cc) Unternehmen oder Produktionszweige als Beihilfeempfänger; dd) Selektivität der Maßnahme; ee) potentielle Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel innerhalb der EU. aa) Gewährung einer Begünstigung Eine Begünstigung wird im Europäischen Beihilferecht immer dann angenommen, wenn einem Unternehmen oder Produktionszweig ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird, ohne dass das Unternehmen oder der Produktionszweig hierfür eine marktgerechte Gegenleistung erhält.846 Für die Ermittlung der Marktgerechtigkeit der Gegenleistung wird auf eine Reihe von Testverfahren zurückgegriffen, die allesamt überprüfen, ob ein privater Wirtschaftsteilnehmer die Begünstigung in derselben Art und Weise gewährt hätte. Vom Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV werden Beihilfen gleich welcher Art umfasst. Die Form der Begünstigung spielt somit keine Rolle, sodass die Gewährung einer Begünstigung nicht nur im Wege einer direkten Beihilfe gewährt werden kann, sondern auch z. B. eine gewährte Steuererleichterung oder der Verzicht der öffentlichen Hand auf sonstige zu entrichtende Abgaben erfasst wird. Im WTO-Subventionsrecht wird aus systematischen Gründen zwischen den Tatbestandsmerkmalen der finanziellen Zuwendung und des Vorteils unterschie-

846 Siehe eingehend zum Tatbestandsmerkmal der Begünstigung im EU-Beihilferecht, S. 65 ff.

D. Schlussfolgerungen

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den.847 Eine finanzielle Zuwendung kann entweder durch eine finanzielle Beihilfe oder durch eine Einkommens- oder Preisstützung erfolgen. Die einzelnen Formen der finanziellen Beihilfe werden in Art. 1.1 lit. a 1. i)–iv) SCM abschließend aufgezählt. An dieser Stelle verfolgt das WTO-Subventionsrecht im Vergleich zum EU-Beihilferecht einen restriktiveren Ansatz, da nur die aufgezählten Formen einer finanziellen Beihilfe erfasst werden.848 Trotzdem ist das WTO-Subventionsrecht nicht auf direkte Subventionen beschränkt, sondern bezieht in Art. 1.1. lit. a 1. ii) SCM ausdrücklich auch den Erlass von zu entrichtenden Abgaben oder Steuern mit ein. Im Ergebnis liegt der tatsächliche Unterschied wohl in der höheren Flexibilität des Europäischen Beihilferechts, in dem Beihilfen gleich welcher Art erfasst sind und so eine dauerhafte Anpassung an neu geschaffene Beihilfeformen ermöglicht werden. Für die Ermittlung des Vorteils wird dann allerdings auch im WTO-Subventionsrecht darauf abgestellt, ob eine Begünstigung ohne marktgerechte Gegenleistung gewährt wurde. Auch hier wird für die Ermittlung der Marktkonformität auf einen Vergleich zwischen Leistung und Gegenleistung abgestellt.849 Im Hinblick auf die Gewährung einer Begünstigung bestehen im Ergebnis starke Parallelen zwischen den beiden Subventionskontrollsystemen.850 Denn im Kern muss in beiden Systemen festgestellt werden, ob der Empfänger die Zuwendung zu marktgerechten Konditionen erhalten hat. bb) Staatlich oder aus staatlichen Mitteln Im Merkmal der Staatlichkeit der Mittel wurde in der Vergangenheit häufig ein konkreter Unterschied zwischen dem EU-Beihilferecht und dem WTO-Subventionsrecht ausgemacht.851 Im Gegensatz zum WTO-Subventionsrecht verlange das EU-Beihilferecht stets eine direkte oder indirekte Verschiebung staatlicher Haushaltsmittel.852 So könne man unter den WTO-Subventionsbegriff auch Konstellationen subsumieren, in denen ein ausschließlicher Mittelfluss zwischen Privaten 847

Siehe eingehend zum Tatbestandsmerkmal der finanziellen Zuwendung und der Gewährung eines Vorteils im WTO-Subventionsrecht die Ausführungen auf S. 35 ff. 848 Rubini weist darauf hin, dass die Einordnung der Liste als abschließende Aufzählung eine potentielle Gefahr darstelle, da so der Einfallsreichtum der Staaten angeregt werde um diese abschließende Liste zu umgehen, Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 160. 849 Ebenso auf diese Gemeinsamkeit hinweisend: Luengo, S. 443; Rubini, in: Biondi/ Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 168; Wegener Jessen, in: Gaines/ Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 298. 850 Luengo, S. 442; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 299. 851 Eingehend hierzu: Slotboom, S. 100 ff. Siehe auch: Bacon, Rn. 4.55; Ehlermann/ Goyette, EStAL 2006, 695, 703; Luengo, S. 443 ff.; Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 161 ff.; Weiß, in: Ehlers/Wolffgang/Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 21, 34. 852 Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 699; Luengo, S. 445; Slotboom, S. 122.

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Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

vorliege, die Leistungsgewährung jedoch auf einem Gesetz beruhe.853 Für das Europäische Beihilferecht hatte der EuGH dies in seiner Preussen Elektra-Entscheidung abgelehnt.854 Häufig wurde deshalb darauf hingewiesen, dass das WTO-Subventionsrecht somit eine Reihe von Zuwendungen erfasst, die nicht unter den Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV subsumiert werden können.855 In den Verhandlungen zum SCM-Übereinkommmen war das Erfordernis einer Haushaltsmittelbelastung ein Streitpunkt bei der Entwicklung der Definition des Subventionsbegriffs in Art. 1 SCM.856 Die US-amerikanischen Vertreter plädierten für einen Subventionsbegriff, der unabhängig von einer staatlichen Haushaltsbelastung bestehe.857 Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union waren hingegen gegenteiliger Auffassung.858 Schließlich wurde mit Art. 1.1 lit. a 1. iv) SCM eine Formulierung gewählt, die eine weite Auslegung ermöglicht.859 Seit der Entscheidung Canada/Civilian Aircraft steht jedoch fest, dass es im WTO-Subventionsrecht auf eine tatsächliche Belastung des Staatshaushaltes nicht ankommt.860 Gegenwärtig hat sich das Europäische Beihilferecht dem WTO-Subventionsrecht in diesem Punkt angenähert. Voraussetzung des Art. 107 Abs. 1 AEUV ist zwar weiterhin, dass die Maßnahme aus staatlichen Mitteln finanziert werden muss.861 Handelt es sich jedoch nicht um Mittel, die unmittelbar dem Staat zugerechnet werden können, überprüft der EuGH, ob die Mittel dennoch unter staatlicher Kontrolle stehen und es der staatlichen Stelle somit zumindest abstrakt möglich ist auf die Geldmittel zurückzugreifen.862 Eine unmittelbare Belastung des Staatshaushaltes ist aber nach der heutigen Auslegung des Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht erforderlich. Vielmehr ist dies eine häufige Konsequenz, die von den Gerichten zur Veranschaulichung der Staatlichkeit der Mittel herangezogen wird.863 Zudem hat der EuGH seine Rechtsprechung mit Blick auf den Mittelfluss zwischen Privaten gelockert. In seiner Preussen Elektra-Entscheidung hatte der EuGH die Staatlichkeit der Mittel noch abgelehnt, sollte lediglich ein Mittelfluss zwischen Privaten vor853

Vgl. Luengo, S. 448; Slotboom, S. 123. EuGH, Rs. C-379/98 (Preussen Elektra), Slg. 2001, I-2099, Rn. 61. 855 Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 699; Luengo, S. 445; Slotboom, S. 124. 856 Grave, S. 155; Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 161 m.w.N.; vgl. auch: Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 699. 857 Grave, S. 155. 858 Grave, S. 155 f. 859 Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 161. 860 Report of the Appellate Body, WT/DS70/AB/R (Canada/CivilianAircraft), Rn. 154 ff. Eingehend zu dieser Frage: Slotboom, S. 113 ff. 861 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 69 f. 862 EuGH, Rs. C-83/98 (Ladbroke), Slg. 1996, I-3271, Rn. 50; EuGH, Rs. C-482/99 (Frankreich/Kommission), Slg. 2002, I-4427, Rn. 37; EuGH, Rs. C-677/11 (Doux Élevage), ECLI:EU:C:2013:348, Rn. 36; EuG, Rs. T-47/15 (EEG), ECLI:EU:T:2016:28, Rn. 83. 863 Bartosch, Art. 107 Abs. 1 Rn. 149. 854

D. Schlussfolgerungen

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liegen.864 Die Tatsache, dass die Leistungsgewährung auf einem Gesetz beruhe, spiele für die Zurechnung der Mittel zum Staat keine Rolle.865 In den letzten Jahren ist der EuGH von dieser Position allerdings abgerückt und entschied so in einer Reihe von Entscheidungen, dass zumindest dann von einer staatlichen Kontrolle der Mittel ausgegangen werden muss, wenn das Gesetz, welches die Leistungsgewährung anordnet, so detaillierte Vorgaben enthält, dass dem Privaten keinerlei Entscheidungsspielraum verbleibt.866 cc) Unternehmen oder Produktionszweige als Beihilfeempfänger Art. 107 Abs. 1 AEUV setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein Produktionszweig Empfänger der fraglichen Beihilfe ist.867 Unternehmen werden nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH für das gesamte Wettbewerbsrecht als „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung“868 definiert. Wenn hingegen eine gesamte Branche von der gewährten Subvention profitiert, ist ein Produktionszweig der Beihilfeempfänger. Der in Art. 1 SCM legaldefinierte Begriff der Subvention enthält keine konkreten Angaben zum Subventionsempfänger. Es wird jedoch dem Definitionselement des Vorteils entnommen, dass es einen Empfänger der Subvention geben muss.869 Eine konkrete Bestimmung des Vorteilsempfängers enthält Art. 1 SCM jedoch nicht. Hinweise auf den Subventionsempfänger finden sich allerdings in Art. 2.1 SCM.870 Hierin werden Grundsätze bestimmt, nach denen ermittelt werden kann, ob die an ein Unternehmen oder einen Wirtschaftszweig oder eine Gruppe von Unternehmen oder mehreren Wirtschaftszweigen gewährte Subvention, als spezifisch anzusehen ist. Somit wird der Subventionsempfänger in Art. 2.1 SCM ausdrücklich bestimmt. Es muss sich parallel zu Art. 107 Abs. 1 AEUV um ein Unternehmen oder einen Wirtschaftszweig bzw. Produktionszweig handeln. Zudem erfasst Art. 2.1 SCM ausdrücklich Subventionen, die Gruppen von Unternehmen gewährt werden. Im Europäischen Beihilferecht wird bei der Subventionierung von Gruppen von Unternehmen in diesem Tatbestandsmerkmal zunächst auf das einzelne geförderte 864

EuGH, Rs. C-379/98 (Preussen Elektra), Slg. 2001, I-2099, Rn. 61. EuGH, Rs. C-379/98 (Preussen Elektra), Slg. 2001, I-2099, Rn. 61. 866 EuGH, Rs. C-206/06 (Essent), ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 69; EuG, Rs. T-251/11 (Österreich Ökostrom), ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 42 ff.; EuG, Rs. T-47/15 (EEG), ECLI:EU:T:2016:28, Rn. 106 ff. und 118. 867 Siehe eingehend zum Tatbestandsmerkmal des Unternehmens- oder Produktionszweigs als Beihilfeempfänger, S. 71 f. 868 Siehe die Nachweise in Fn. 306. 869 Report of the Appellate Body, WT/DS70/AB/R (Canada/CivilianAircraft), Rn. 154. Siehe zudem die Ausführungen auf S. 37 und Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 169. 870 Zu der Konkretisierung des Subventionsempfängers in Art. 2 SCM: Luengo, S. 452 f. 865

160

Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Unternehmen abgestellt. Eine Rolle spielt die Gewährung an eine Gruppe von Unternehmen in beiden Kontrollsystemen erst im Rahmen der Selektivität bzw. Spezifität.871 Im Hinblick auf den Beihilfe- bzw. Subventionsempfänger sind im WTO-Subventionsrecht und im EU-Beihilferecht keine tatsächlichen Unterschiede festzustellen.872 Im Ergebnis wird in beiden Kontrollsystemen vorausgesetzt, dass die Beihilfe bzw. die Subvention einem Unternehmen oder einem Produktionszweig bzw. einem Wirtschaftszweig zugutekommen muss. dd) Selektivität der Maßnahme Der Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV fordert eine Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige. Über dieses Merkmal der Selektivität werden allgemeine Maßnahmen der Wirtschaftsförderung, die sämtlichen Unternehmen zugutekommen, vom beihilferechtlichen Verbotstatbestand ausgenommen.873 Im Subventionsrecht der WTO ist der Anwendungsbereich des Subventionsübereinkommens nur für spezifische Subventionen eröffnet.874 Über dieses in Art. 2 SCM verankerte Merkmal wird parallel zum Europäischen Beihilferecht eine Abgrenzung zu allgemeinen Maßnahmen der Wirtschaftsförderung vorgenommen.875 Die im Europäischen Beihilferecht mit dem Merkmal der Selektivität verfolgten Grundsätze wurden vom EuGH entwickelt.876 Unproblematisch als selektive Maßnahmen können direkte Zuschüsse an einzelne Unternehmen eingestuft werden. Sollten hingegen bestimmte Unternehmen von einer bestehenden finanziellen Verpflichtung ausgenommen werden, stellt der EuGH in ständiger Rechtsprechung darauf ab, „ob eine nationale Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ gegenüber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden“877. Hierbei wird in einer Drei871 Zu den Unterschieden zwischen der Selektivität und der Spezifität, siehe die Ausführungen auf S. 160 ff. 872 Luengo, S. 453. 873 Zum Tatbestandsmerkmal der Selektivität im EU-Beihilferecht, siehe die Ausführungen und weiteren Nachweise auf S. 72 ff. 874 Zum Tatbestandsmerkmal der Spezifität im WTO-Subventionsrecht, siehe die Ausführungen und weiteren Nachweise auf S. 37 ff. 875 Ebenso auf diese parallele Zielrichtung hinweisend: Luengo, S. 450; vgl auch: Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 703. 876 Siehe hierzu eingehend die Ausführungen und weiteren Nachweise auf. S. 72 ff. 877 So ausdrücklich: EuGH, Rs. C-88/03 (Portugal/Kommission), Slg. 2006, I-7115, Rn. 54 m.w.N. Siehe auch: EuGH, Rs. C-143/99 (Adria-Wien Pipeline GmbH), Slg. 2001, I8365, Rn. 41.

D. Schlussfolgerungen

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Schritt-Prüfung ermittelt, ob die selektive Begünstigung durch ein konkretes Bezugssystem gerechtfertigt ist.878 Im Recht der WTO wird der Inhalt der Spezifität ausdrücklich in Art. 2 SCM normiert. Diese Vorschrift enthält in Art. 2.1 lit. a-c SCM zunächst bestimmte Grundsätze, nach denen ermittelt werden kann, ob eine Subvention als spezifisch anzusehen ist. So werden gem. Art. 2.1 lit. a SCM solche Subventionen unproblematisch erfasst, die ausdrücklich nur bestimmten Unternehmen gewährt werden. Im Gegensatz hierzu bestimmt Art. 2.1 lit. b SCM negativ, dass keine spezifische Subvention anzunehmen ist, wenn objektive Kriterien und Bedingungen festgelegt wurden, nach denen über die Gewährung der Subvention zu entscheiden ist. Art. 2.1 lit. c SCM ergänzt diese Grundsätze durch eine sog. de-facto Spezifität und ermöglicht so, dass eine Subvention auch dann als spezifisch angesehen werden kann, wenn bestimmte Faktoren vorliegen, die trotz des Anscheins der Nichtspezifität nach lit. a und lit. b, in Wirklichkeit für eine spezifische Subvention sprechen.879 Auf den ersten Blick sind die Merkmale der Selektivität und der Spezifität ausgehend von ihren parallelen Zielen inhaltlich sehr ähnlich ausgestaltet. Trotzdem bestehen Unterschiede, die im Ergebnis zu einer unterschiedlichen Bewertung der Zuwendung im jeweiligen Kontrollsystem führen. (1) Art. 2.1 lit. b SCM – Beihilfegewährung anhand objektiver Kriterien So sieht das WTO-Subventionsrecht in Art. 2.1 lit. b SCM vor, dass eine Subvention immer dann als unspezifisch einzustufen ist, wenn die Vergabe durch die gewährende Stelle und die konkrete Subventionshöhe anhand von objektiven Kriterien erfolgt, die in einem Gesetz oder einer Verordnung festgehalten wurden. Diese Vorschrift ermöglicht eine Begünstigung einzelner Unternehmen, vorausgesetzt dass diese anhand von objektiven Kriterien als berechtigte Fördergruppe bestimmt wurden. Als Beispiel wird an dieser Stelle häufig die Subventionierung von kleinen und mittleren Unternehmen genannt.880 Im Europäischen Beihilferecht fehlt es an einer vergleichbaren Regelung. Zudem hat der EuGH ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es für die Ablehnung der Selektivität nicht ausreicht, dass eine große Anzahl von Unternehmen von der Maßnahme profitieren.881 So wäre eine Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen nach dem EU-Beihilferecht als selektive Beihilfe einzustufen, auch wenn die Gewährung auf Basis eines Gesetzes erfolgte, das die 878

Zu dieser Drei-Schritt-Prüfung siehe die Ausführungen auf S. 73 f. Vgl. zur Struktur des Art. 2 SCM als „Regel – Ausnahme – Gegenausnahme“: Grave, S. 191 f. Eingehend zu Art. 2.1 lit. c SCM: Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 702. 880 Dupont/Scharf, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, EU Competition Law, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.407; Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 703; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 303. 881 EuGH, Rs. C-172/03 (Heiser), Slg. 2005, I-1627, Rn. 42. Ebenso auf diese Rechtsprechung des EuGH hinweisend: Dupont/Scharf, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, EU Competition Law, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.407. 879

162

Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen als objektive Kriterien bestimmt.882 Allerdings fallen Beihilfen für kleinere und mittlere Unternehmen im Europäischen Beihilferecht unter den Anwendungsbereich der AGVO, sodass eine Gewährung auch hier großzügig erfolgen kann.883 Trotzdem ermöglicht die Vorschrift des Art. 2.1 lit. b SCM teilweise eine unterschiedliche Betrachtung der Spezifität im Vergleich zur im Europäischen Beihilferecht geltenden Selektivität. (2) Art. 2.2 SCM – Regionale Zuwendungen Ein eindeutiger Unterschied im Hinblick auf die Spezifität bzw. Selektivität bestand lange Zeit im Hinblick auf Subventionen, die von regionalen staatlichen Einheiten vergeben wurden.884 Nach Art. 2.2 S. 1 SCM sind solche Subventionen als spezifisch einzustufen, wenn sie bestimmten bzw. einzelnen Unternehmen in dieser Region gewährt werden. Unspezifisch sollen Subventionen von regionalen staatlichen Einheiten gem. Art. 2.2 S. 2 SCM dann sein, wenn etwa allgemein anwendbare Steuersätze gesenkt werden und diese Senkung sämtliche Unternehmen in dieser Region begünstigt. Diese Vorschrift ermöglicht einzelnen Regionen folglich die Vergabe von Ansiedlungssubventionen, solange diese Fördermöglichkeit sämtlichen potentiellen Unternehmen zur Verfügung steht.885 Nach dem Europäischen Beihilferecht wurden Beihilfen, die von einzelnen Regionen gewährt wurden, lange Zeit per se als selektiv eingestuft, da diese nur Unternehmen in jener Region begünstigten. Damals war an dieser Stelle ein deutlicher Unterschied zum Recht der WTO zu vermerken, da das Europäische Beihilferecht so auch Beihilfen regulierte, die sämtlichen Unternehmen in der Region zugutekamen.886 Im Jahre 2006 hat der EuGH in seinem Azoren-Urteil jedoch ausdrücklich entschieden, „dass eine Maßnahme, die nur fu¨ r einen Teil des Staatsgebiets eine Vergu¨ nstigung gewa¨ hrt, nicht schon deshalb selektiv im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG ist.“887 Es sei vielmehr möglich, dass eine unterhalb des Nationalstaates angesiedelte Einrichtung eine rechtlich und tatsächlich autonome Stellung einge882 Dupont/Scharf, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, EU Competition Law, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.407; Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 703; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 303. 883 Vgl. den Hinweis auf Art. 107 Abs. 3 AEUV bei: Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 303. Noch mit Hinweis auf Art. 87 Abs. 3 EGV: Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 703 Fn. 60. 884 Ebenso auf diesen Unterschied hinweisend: Dupont/Scharf, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, EU Competition Law, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.408; Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 704; Luengo, S. 454; Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 174 f.; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/ Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 303. 885 Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 174. 886 So etwa: Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 174 f.; van de Casteele, in: Sánchez Rydelski, The EC State Aid Regime, S. 789, 796. 887 EuGH, Rs. C-88/03 (Portugal/Kommission), Slg. 2006, I-7115, Rn. 57.

D. Schlussfolgerungen

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nommen habe. So sei nicht der Nationalstaat, sondern die konkrete Region, unterhalb der nationalstaatlichen Ebene, der Bezugsrahmen für die Bemessung der Selektivität der Maßnahme.888 Im Ergebnis ermöglicht diese Rechtsprechung des EuGH, dass auch im Europäischen Beihilferecht, eine Maßnahme als nicht selektiv eingestuft werden kann, wenn sie von einer regionalen Einrichtung für sämtliche Unternehmen in diesem Gebiet gewährt wird. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass es sich um eine Region handelt, die rechtlich und tatsächlich eine autonome Stellung einnimmt. Letztendlich hat der EuGH mit seinem Azoren-Urteil das Beihilferecht der Europäischen Union an das WTO-Subventionsrecht angenähert.889 Trotzdem können im Einzelfall weiterhin unterschiedliche Ergebnisse bestehen, auch wenn dieser Unterschied durch die Rechtsprechung des EuGH deutlich an praktischer Bedeutung verloren hat.890 ee) Potentielle Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel Mitgliedstaatliche Begünstigungen bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige können im Recht der Europäischen Union nur dann als verbotene staatliche Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft werden, wenn sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und zudem den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Die Kommission muss darlegen, dass der Begünstigte durch die gewährte Beihilfe potentiell bessergestellt wird und darüber hinaus eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten möglich erscheint. Eine Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung wird hingegen abgelehnt, wenn mit der gewährten Beihilfe der De-minimis-Höchstbetrag von 200.000 E innerhalb von drei Jahren nicht überschritten wird.891 Das Subventionsrecht der WTO kennt keine entsprechenden Voraussetzungen.892 Diese Divergenz zwischen dem Europäischen Beihilferecht und dem WTO-Subventionsrecht bringt jedoch keine praktischen Auswirkungen mit sich.893 Zum einen wird eine vor den WTO-Gerichten angegriffene Subvention im Regelfall auch potentiell den Wettbewerb verfälschen und eine Beeinträchtigung anderer WTOMitglieder bedingen.894 Zum anderen werden die Tatbestandsmerkmale der potentiellen Wettbewerbsverfälschung und der Handelsbeeinträchtigung zwischen den 888 889

303.

EuGH, Rs. C-88/03 (Portugal/Kommission), Slg. 2006, I-7115, Rn. 58. Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288,

890 Dupont/Scharf, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, EU Competition Law, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.408. 891 Zum Tatbestandmerkmal der potentiellen Auswirkungen auf Wettbewerb und den Handel im EU-Beihilferecht, siehe die Ausführungen auf S. 75 ff. 892 Vgl. Jackson, S. 266; Weiß, in: Ehlers/Wolffgang/Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 21, 37. 893 Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 705. 894 Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 705.

164

Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Mitgliedstaaten im Recht der EU weit ausgelegt und können so im Regelfall von der Kommission bejaht werden. Hinzu kommt, dass das Subventionsrecht der WTO keine mit der De-minimis-VO vergleichbaren Bestimmungen kennt. Dieses Unterscheidungsmerkmal könnte genutzt werden, um eine mögliche Strenge des WTO-Subventionsrechts zu belegen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die De-minimis-VO Beihilfen, die von der Verwendung von einheimischen anstelle von eingeführten Waren abhängig gemacht werden und Ausfuhrbeihilfen aus ihrem Anwendungsbereich ausnimmt.895 Aus diesem Grund kann deshalb wohl auch hier kein bedeutendes Unterscheidungskriterium zwischen den bestehenden Systemen festgestellt werden. b) Rechtsfolgen Erfüllt eine Beihilfe die Tatbestandsmerkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV ist sie grundsätzlich verboten. Dieses grundsätzlich bestehende Beihilfeverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV wird durch eine Reihe von Ausnahmebestimmungen durchbrochen.896 Neben den Legalausnahmen in Art. 107 Abs. 2 AEUV897 und den Ermessensausnahmen in Art. 107 Abs. 3 AEUV898 enthält Art. 106 Abs. 2 AEUV Ausnahmen für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind. Insbesondere die Tatbestände des Art. 107 Abs. 3 AEUV und das darin eingeräumte Ermessen der Europäischen Kommission wurden in einer Vielzahl tertiärrechtlicher Bestimmungen konkretisiert.899 Das WTO-Subventionsrecht verfolgt eine andere Systematik. Nicht alle Subventionen, für die der Anwendungsbereich nach Art. 1 und Art. 2 SCM eröffnet ist, sind im Grundsatz verboten. Subventionen nach dem SCM werden vielmehr in die Kategorien der verbotenen und der anfechtbaren Subventionen eingeteilt. Nur ausfuhr- oder importersetzende Subventionen werden nach dem SCM als verboten eingestuft. Die verbleibenden Subventionsformen können nach dem SCM nur angefochten werden, wenn durch sie nachteilige Auswirkungen auf die Interessen anderer Mitglieder entstehen. Das SCM selbst knüpft an diese nachteiligen Auswirkungen sehr hohe Voraussetzungen.900 Insbesondere da die potentiell betroffenen Mitgliedstaaten die nachteiligen Auswirkungen zu beweisen haben, scheitert ein Vorgehen in vielen Fällen. Die ursprünglich im SCM enthaltenen nichtanfechtbaren 895

Art. 1 Abs. 1 lit. d und lit. e De-minimis-VO. Zu den Ausnahmetatbeständen im EU-Beihilferecht, siehe die Ausführungen auf S. 81 ff. 897 Zu den Legalausnahmen des Art. 107 Abs. 2 AEUV, siehe die Ausführungen auf S. 82 ff. 898 Zu den Ermessensausnahmen des Art. 107 Abs. 3 AEUV, siehe die Ausführungen auf S. 84 ff. 899 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 85 f. 900 Siehe hierzu auch die Ausführungen im Hinblick auf die Kontrolle von Ansiedlungssubventionen auf S. 260 ff. 896

D. Schlussfolgerungen

165

Subventionen sind im Jahre 2000 mangels Verlängerungsbeschlusses gem. Art. 31 SCM weggefallen.901 In dieser Kategorie wurden u. a. Subventionen für Forschungstätigkeiten (Art. 8.2 lit. a SCM), Subventionen für benachteiligte Regionen (Art. 8.2 lit. b SCM) und Subventionen für die Anpassung an neue Umwelterfordernisse (Art. 8.2 lit c SCM) als nichtanfechtbar eingeordnet.902 Die nichtanfechtbaren Subventionen konnten im Ergebnis als Parallele zu den Legalausnahmen in Art. 107 Abs. 2 AEUV gesehen werden.903 Ausnahmetatbestände, die vergleichbar mit den Legalausnahmen in Art. 107 Abs. 3 AEUV darauf abstellen, ob in bestimmten Fällen eine Vereinbarkeit mit dem zu schützenden Wirtschaftsraum angenommen werden kann, gibt es im SCM nicht. Auch die Kategorie der anfechtbaren Subventionen kann nicht mit den Ausnahmetatbeständen in Art. 107 Abs. 3 AEUV gleichgestellt werden, da sie unterschiedliche Schutzrichtungen verfolgen.904 Bei der Überprüfung der nichtanfechtbaren Subventionen wird alleine darauf abgestellt, ob die Interessen anderer Mitglieder beeinträchtigt werden. Im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens überprüft die Europäische Kommission im Zusammenhang mit den Ausnahmetatbeständen des Art. 107 Abs. 3 AEUV, in einer dreistufigen Prüfung, ob die Beihilfemaßnahme (1) einem im gemeinsamen Interesse liegenden, klar bestimmten Ziel dient, insofern (2) zielführend ausgestaltet ist und (3) die Wettbewerbsverzerrungen und die bestehenden Beeinträchtigungen des Handels nur in so geringem Maße auftreten, dass die positiven Wirkungen der Beihilfe überwiegen. Es geht bei den Ermessensausnahmen des Art. 107 Abs. 3 AEUV also nicht um den Schutz einzelner Mitglieder, sondern um den Schutz des freien Binnenmarktes als Ganzes.905 Das WTO-Subventionsrecht beinhaltet also keine Ausnahmetatbestände, die vergleichbar zu Art. 107 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV bestimmte Zuwendungen von einem grundsätzlichen Verbot ausnehmen.906 Dies kann bereits mit der Struktur der Systeme und ihren unterschiedlichen Zielrichtungen begründet werden. Durch die weiteren Voraussetzungen der einzelnen Subventionskategorien wird eine Vielzahl von Beihilfen vom Kontrollsystem der WTO ausgenommen. Seit der Abschaffung der Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen besteht jedoch auch die Gefahr, dass das Europäische Beihilferecht in Einzelfällen so ausgelegt wird, dass es gegen die Vorschriften des WTO-Subventionsrechts verstößt.907

901

Siehe eingehend zu den vor Ablauf der Frist geführten Verhandlungen: Bickel, S. 104 ff. Eingehend zur Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen und der geltenden Rechtslage nach 2000: Bickel, S. 59 ff. 903 Luengo, S. 463 ff. 904 Luengo, S. 473 f. 905 Luengo, S. 473. 906 Damro, 13 J Ind Compet Trade 159, 164; Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 705; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 297. 907 Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 705. 902

166

Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

c) Fazit Der Vergleich der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV mit den Voraussetzungen in Art. 1 und 2 SCM hat gezeigt, dass die Systeme sich diesbezüglich nur an einigen wenigen Stellen unterscheiden. Nur bei den Merkmalen der Staatlichkeit der Mittel, der Selektivität und der Wettbewerbsverfälschung können Unterschiede ausgemacht werden. Diese Unterschiede sind in der Praxis allerdings wohl nur in seltenen Fällen von Bedeutung. Anzumerken bleibt jedoch, dass die dargestellten Unterschiede der Tatbestandsmerkmale keine Schärfe des Europäischen Beihilferechts belegen. Der Vergleich hat vielmehr gezeigt, dass das WTOSubventionsrecht an diesen Stellen eine weitere Sichtweise vertritt und so zumindest im Bereich des Warenhandels eine größere Zahl von Subventionen erfasst. Die Annahme, dass das Europäische Beihilferecht das inhaltlich schärfere System darstellt, kann zumindest mit Blick auf die einzelnen Tatbestandsmerkmale nicht unterstützt werden. Die inhaltliche Strenge des Europäischen Beihilferechts entsteht vielmehr durch die Systematik des Kontrollsystems. Im Europäischen Beihilferecht sind alle Beihilfen, die die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen, grundsätzlich verboten. Nur in Ausnahmefällen kann von diesem Verbot abgesehen werden. Das Subventionsrecht der WTO kennt hingegen die Kategorien der verbotenen und der anfechtbaren Subventionen. Nur Ausfuhr- oder importersetzende Subventionen werden nach dem SCM als verboten eingestuft. Die verbleibenden Subventionsformen können nach dem SCM nur angefochten werden, wenn durch sie nachteilige Auswirkungen auf die Interessen anderer Mitglieder nachgewiesen werden können. An den Nachweis der nachteiligen Auswirkungen werden hohe Voraussetzungen geknüpft, sodass eine Vielzahl von Subventionen keiner Kontrolle durch die WTOOrgane unterliegt. 4. Zuständigkeit Ein wesentlicher Grund für die hohe Effektivität des Europäischen Beihilferechts, ist die Arbeit der Europäischen Kommission. Die „Herrin des Beihilfeverfahrens“908 ist nicht nur für die Kontrolle aller notifizierten neuen Beihilfen zuständig, sondern überprüft zudem fortlaufend alle bestehenden Beihilferegelungen und die gewährten rechtswidrigen Beihilfen. Im Grundsatz verfolgt das Europäische Beihilferecht das Ziel einer vollständigen ex-ante-Überprüfung sämtlicher Beihilfen durch die Europäische Kommission. Ihr stehen hierbei umfassende Auskunftsrechte zu.909 Hiervon wurde allerdings durch die Einführung der AGVO zunehmend abgewichen, 908 Zur Rolle der Europäischen Kommission im EU-Beihilferecht, siehe die Ausführungen auf S. 106 f. 909 Seit der VerfahrensVO 2013, Fn. 232, stehen der Kommission so nicht nur Auskunftsrechte gegenüber dem betroffenen Mitgliedstaat zu, sonder auch gegenüber anderen Auskunftsgebern, siehe hierzu die Ausführungen bei und Nachweise in Fn. 564.

D. Schlussfolgerungen

167

sodass die Beihilfekontrolle seither in vielen Fällen nachträglich erfolgt.910 Zudem tritt die Europäische Kommission im Bereich des Europäischen Beihilferechts zunehmend als „Quasigesetzgeberin“ auf.911 Mit dem Ziel den Ausnahmebestimmungen des Art. 107 Abs. 3 AEUV die für die Praxis notwendige Struktur und Klarheit zu vermitteln, hat die Europäische Kommission in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Mitteilungen, Leitlinien und Stellungnahmen erlassen. Anhand dieses Soft Laws soll der Praxis die von der Kommission gewünschte Auslegung einzelner Rechtsbegriffe erläutert werden.912 Die Europäische Kommission setzt die ihr zugeteilten Aufgaben mit enormer Effektivität um und trägt so zum Erfolg des Europäischen Beihilferechts bei.913 Das WTO-Subventionsrecht kennt hingegen kein Organ, das mit vergleichbar umfassenden Kompetenzen im Bereich des Subventionsrechts ausgestattet ist.914 Die ständige Sachverständigengruppe wird nur für gutachterliche Stellungnahmen eingesetzt und auch der Ausschuss für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen ist zwar für die Kontrolle der Notifikationen der WTO-Mitglieder und der grundsätzlichen Einhaltung der Vorschriften des SCM zuständig, verfügt jedoch nicht über Befugnisse, die vergleichbar zu denen der Europäischen Kommission sind.915 5. Verfahren a) Notifizierungspflicht Die grundsätzliche Systematik des Europäischen Beihilferechts ist von einer exante-Kontrolle durch die Europäische Kommission geprägt. Die Mitgliedstaaten sind gem. Art. 108 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VerfahrensVO dazu verpflichtet, alle neuen Beihilfen zu notifizieren, die vom Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfasst werden. Jede notifizierte Beihilfe muss von der Kommission auf ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt überprüft werden, bevor sie vom jeweiligen Mitgliedstaat gewährt werden darf.916 Bis zur abschließenden Entscheidung der Kommission besteht somit gem. Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV i.V.m. Art. 3 VerfahrensVO ein Durchführungsverbot für angemeldete neue Beihilfen. Diese strikte ex-ante-

910

Zur AGVO siehe die Ausführungen auf S. 99 ff. Vgl. Koenig, EStAL 2014, 611 ff. 912 Soltész, EuZW 2013, 881, 881. 913 Zur Kritik an der starken Rolle der Europäischen Kommission im EU-Beihilferecht, siehe die Ausführungen und Nachweise auf S. 107. 914 Eingehend zu den Zuständigkeiten im WTO-Subventionsrecht, siehe die Ausführungen auf S. 40 f. 915 Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 305. 916 Zum Verfahren bei neuen Beihilfen, siehe die Ausführungen auf S. 109 ff. 911

168

Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Kontrolle wurde allerdings zumindest zum Teil durch die Einführung der AGVO von der Kommission durchbrochen.917 Auch das WTO-Subventionsrecht kennt eine Notifizierungspflicht.918 So haben sich die Vertragsmitglieder in Art. 25.2 SCM dazu verpflichtet, alle gewährten und aufrechterhaltenen Subventionenen beim Ausschuss für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen zu notifizieren. Die Notifizierung muss allerdings nicht zwingend vor Gewährung der Subvention erfolgen. Stichtag für den Eingang der Notifikationen ist vielmehr jährlich zum 30. Juni. Die Notifizierung soll stets hinreichend konkret sein und andere Mitglieder so in die Lage versetzen, ein Verfahren nach dem SCM einzuleiten. Der Ausschuss für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen überprüft den Eingang und den Inhalt der Notifikationsberichte alle drei Jahre. Diese Gegenüberstellung zeigt, dass das Kontrollverfahren im WTO-Subventionsrecht im Vergleich zum EU-Beihilferecht nicht als vorgelagertes Prüfverfahren ausgestaltet ist.919 Nicht jede geplante Subvention bedarf im WTO-Subventionsrecht einer vorherigen Bewilligung durch den Ausschuss für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen oder einem sonstigen Organ. Die Mitglieder haben sich lediglich dazu verpflichtet, alle gewährten und aufrechterhaltenen Subventionen jährlich zu notifizieren, um so zu einer erhöhten Transparenz beizutragen. Auch die Europäische Union rückt jedoch durch die verstärkte Nutzung der AGVO von der ex-ante-Kontrolle ab. b) Einleitung eines Prüfverfahrens Die Überprüfung gewährter Subventionen im Recht der WTO erfolgt nicht nur expost, sondern zudem grundsätzlich auf Antrag eines betroffenen Mitgliedstaates bzw. eines Wirtschaftszweiges.920 So kann eine Verfahrenseinleitung im Track I, die auf eine Ausgleichszollerhebung abzielt, gem. Art. 11.1 SCM nur durch Antrag eines betroffenen Wirtschaftszweiges oder in dessen Namen erfolgen. Lediglich in Ausnahmefällen kann ein solches Verfahren gem. Art. 11.6 SCM auch ohne Antrag eines betroffenen Wirtschaftszweiges eingeleitet werden. Auch ein Verfahren im Track II921 wird stets durch den Antrag eines möglicherweise betroffenen Mitglieds auf Konsultationen eingeleitet.922 Erst wenn hier keine einvernehmliche Lösung erzielt werden konnte, kann jede der beteiligten Parteien die Einsetzung eines Untersu917

Zur AGVO, siehe die Ausführungen auf S. 99 ff. Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 41 f. 919 Ebenso auf diesen Unterschied hinweisend: Damro, 13 J Ind Compet Trade 159, 163; Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 717; Luengo, S. 488; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 106; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 305. 920 Ebenso auf diesen Unterschied hinweisend: Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/ Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 306. 921 Zum Verfahren nach Track II, siehe die Ausführungen auf S. 48 ff. 922 Verbotene Subventionen: Art. 4.1 SCM; anfechtbare Subventionen: Art. 7.1 SCM. 918

D. Schlussfolgerungen

169

chungsausschusses beantragen.923 Die Mitgliedstaaten schrecken in der Praxis vor einer Verfahrenseinleitung zurück, da sie zum einen versuchen den hiermit verbundenen Aufwand zu umgehen und zum anderen eigens gewährte Subventionen vor einer Kontrolle schützen wollen. In der Praxis ist die Anzahl der Verfahren vor der WTO deshalb gering. Im Europäischen Beihilferecht erfolgt die Einleitung eines Prüfverfahrens im Regelfall hingegen auf Initiative der Europäischen Kommission. So werden zunächst alle notifizierten neuen Beihilfen von der Europäischen Kommission auf ihre Vereinbarkeit mit den Art. 107 ff. AEUV überprüft.924 Im Bereich der bestehenden Beihilferegelungen überprüft die Kommission die Vereinbarkeit in Kooperation mit dem betroffenen Mitgliedstaat fortlaufend.925 Bei potentiell rechtswidrigen Beihilfen besteht eine Verpflichtung zur Verfahrenseinleitung durch die Kommission heute nur bei förmlich eingelegten Beschwerden von Beteiligten.926 In allen übrigen Fällen liegt die Verfahrenseinleitung im Ermessen der Kommission.927 c) Rechtsfolgen Ein bedeutender Unterschied zwischen dem EU-Beihilferecht und dem WTOSubventionsrecht besteht in den mit einem Verstoß gegen das jeweilige Rechtssystem einhergehenden Rechtsfolgen.928 Im Europäischen Beihilferecht muss zwischen den bei neuen Beihilfen, bestehenden Beihilferegelungen und den rechtswidrigen Beihilfen unterschieden werden. Kommt die Europäische Kommission im Verfahren bei neuen Beihilfen zu dem Schluss, dass die fragliche Beihilfe nicht mit dem gemeinsamen Markt vereinbar ist und somit gegen Art. 107 AEUV verstößt, erlässt sie eine sog. Negativentscheidung.929 Inhalt dieser Negativentscheidung ist stets das Verbot, die Beihilfe zu gewähren. 923

Verbotene Subventionen: Art. 4.4 SCM; anfechtbare Subventionen: Art. 7.4 SCM. Zum Verfahren bei neuen Beihilfen, siehe die Ausführungen auf S. 109 ff. 925 Zum Verfahren bei bestehenden Behilferegelungen, siehe die Ausführungen auf S. 114 ff. 926 Zum Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen, siehe die Ausführungen auf S. 117 ff. 927 Vor der Änderung der Verfahrensverordnung im Jahre 2013 war die Kommission stets zur Verfahrenseinleitung verpflichtet, wenn sie im Besitz von Informationen über rechtswidrige Beihilfen war, siehe hierzu die Ausführungen auf S. 118 f. 928 Ebenso mit Ausführungen zu den unterschiedlichen Rechtsfolgen im EU-Beihilferecht und im WTO-Subventionsrecht: Dupont/Scharf, in: Pesaresi/van de Casteele/Flynn/Siaterli, EU Competition Law, Volume IV State Aid, Book One, Rn. 1.420; Luengo, S. 488 f.; Wegener Jessen, in: Gaines/Egelund Olsen/Engsig Sørensen, Liberalising Trade, S. 288, 306. Dies als bestehende Gemeinsamkeit einordnend: Rubini, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, State Aid in the European Union, S. 149, 156 f. 929 Zu den Rechtsfolgen im Verfahren bei neuen Beihilfen, siehe die Ausführungen auf S. 113. 924

170

Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

Bei bestehenden Beihilferegelungen schlägt die Kommission dem Mitgliedstaat im Fall eines Verstoßes gegen Art. 107 AEUV zunächst sog. zweckdienliche Maßnahmen vor.930 Hierbei kann es sich um eine inhaltliche Anpassung der Beihilferegelung (Art. 22 lit. a VerfahrensVO), eine Einführung von Verfahrensvorschriften (Art. 22 lit. b VerfahrensVO) oder um eine endgültige Abschaffung der Beihilferegelung (Art. 22. lit. c VerfahrensVO) handeln. Es soll sich hierbei um eine Anpassung handeln, die unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, das Funktionieren des Binnenmarktes wiederherstellt. Lehnt der Mitgliedstaat den Vorschlag zweckdienlicher Maßnahmen ab, leitet die Kommission das förmliche Prüfverfahren ein, das dann mit einer Verfahrensentscheidung i.S.d. Art. 9 VerfahrensVO beendet wird.931 Das Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen ist allerdings nur auf die Überprüfung für die Zukunft gerichtet.932 Kommt die Kommission im förmlichen Prüfverfahren zu dem Schluss, dass die bestehende Beihilferegelung als unionsrechtswidrig einzustufen ist, verpflichtet sie den Mitgliedstaat diese abzuändern oder einzustellen.933 Die mit einer Negativentscheidung verbundene Rechtsfolge ist für die Wirtschaft ein bedeutender Faktor des Europäischen Beihilferechts.934 Diese beinhaltet im Grundsatz stets die Verpflichtung zur Rückforderung der gesamten Beihilfe plus Zinsen. Nur in bestimmten Ausnahmefällen kann die Kommission von der Pflicht zur Rückforderung einer unionsrechtswidrigen Beihilfe abweichen, wobei diese Ausnahmen von der Kommission sehr restriktiv ausgelegt werden. Im WTO-Subventionsrecht muss zunächst zwischen einem Vorgehen im Track I (Ausgleichsmaßnahmen) und einem Vorgehen im Track II (Abhilfemaßnahmen) unterschieden werden. Ein Verfahren im Track I ist nicht auf die Rücknahme einer gewährten Subvention gerichtet. Die negativen Auswirkungen sollen vielmehr durch Ausgleichsmaßnahmen, wie die Erhebung von Ausgleichszöllen, neutralisiert werden.935 Hierbei dürfen die Ausgleichsmaßnahmen nur solange gewährt werden, wie dies für den Ausgleich der verzerrenden Wirkungen notwendig ist. Im Gegensatz hierzu ist ein Verfahren im Track II im Regelfall auf die Rücknahme einer Subvention gerichtet.936 Für die Kategorie der verbotenen Subventionen hat ein WTO-Panel ausdrücklich entschieden, dass es sich hierbei um eine vollständige 930

Zu den Rechtsfolgen im Verfahren bei bestehenden Beihilferegelungen, siehe die Ausführungen auf S. 116. 931 Für die entsprechende Anwendung des Art. 9 VerfahrensVO, vgl. Art. 23 Abs. 2 VerfahrensVO. 932 Bartosch, Art. 23 VO 2015/1589, Rn. 2. 933 Rusche, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 108 Rn. 34. 934 Zu den Rechtsfolgen im Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen, siehe die Ausführungen auf S. 120. 935 Zu den Rechtsfolgen bei der Erhebung von Ausgleichsmaßnahmen (Track I), siehe die Ausführungen auf S. 45. 936 Zu den Rechtsfolgen beim Verfahren im Track II und die damit verbundene Geltendmachung von Abhilfemaßnahmen, siehe die Ausführungen auf S. 50.

D. Schlussfolgerungen

171

Rückzahlung handeln soll und somit auch gewährte Subventionen zurückzuzahlen sind. Im Gegensatz zum Europäischen Beihilferecht geht es allerdings nicht um die Herstellung des ursprünglichen Zustands, weshalb im WTO-Subventionsrecht von einer Zinsforderung abgesehen wird. Im Bereich der anfechtbaren Subventionen steht in dieser Hinsicht eine Entscheidung noch aus. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass der Vertragswortlaut auch hier eine vollständige Rückzahlung anstrebt. Der Entscheidung des WTO-Panels wird in der Praxis nicht vollumfassend gefolgt. Die WTO-Organe verfolgen hier eher eine zurückhaltendere Auslegung, um so die strenge Konsequenz der vollständigen Rückzahlungspflicht abzumildern. Hinzu kommt, dass in Track I und II vorrangig einvernehmliche Lösungen durch Konsultationsverfahren zwischen den Parteien zu suchen sind. Die jeweilige Rechtsfolge einer solchen Konsultation ist somit offen und kann abhängig von den Lösungsvorschlägen der Parteien sehr unterschiedlich ausfallen. Im Ergebnis ist das EU-Beihilferecht von einer umfassenden Rücknahmepflicht geprägt, die eine vollständige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands gewährleisten soll. Das WTO-Subventionsrecht kennt zwar im Track II die Möglichkeit einer vollständigen Rücknahme der Beihilfe, hierbei soll allerdings nicht der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden. Die Rücknahmeverpflichtung wird in der Praxis von den WTO-Organen außerdem nicht verbindlich umgesetzt. Vielmehr wird verstärkt auf die Erhebung von Ausgleichszöllen im Track I zurückgegriffen, um so die negativen Auswirkungen der Subvention zu beseitigen bzw. eine einvernehmliche Lösung der Parteien zu suchen. d) Fazit Durch eine Vielzahl von Einzelfaktoren wurde ein ausgesprochen effizientes Verfahren im Europäischen Beihilferecht entwickelt. Neben einer grundsätzlichen Notifizierungspflicht für sämtliche neue Beihilfen und der daran anknüpfenden exante-Kontrolle durch die Europäische Kommission, ist insbesondere die eigenständige Verfahrenseinleitung durch die Kommission als objektives Organ, ein Merkmal für eine gesteigerte Effizienz. Im WTO-Subventionsrecht werden einige der potentiell anfechtbaren Subventionen gar nicht auf ihre Vereinbarkeit mit dem SCM überprüft, da es an einer Verfahrenseinleitung durch die einzelnen Vertragsstaaten mangelt. Zudem unterscheiden sich die Rechtsfolgen der beiden Kontrollsysteme in ihrer praktischen Umsetzung. Im Europäischen Beihilferecht sind rechtswidrige Beihilfen vollständig und zzgl. Zinsen zurückzufordern. Diese Rechtsfolge wird von der Europäischen Kommission und dem EuGH nachdrücklich durchgesetzt und anerkannte Ausnahmen werden äußerst restriktiv angewandt. Auch wenn das Subventionsrecht der WTO in seinem Track II ebenso auf eine Rückforderung der Subvention gerichtet ist, wird diese Rechtsfolge in der Praxis nur selten in seiner vollen Härte umgesetzt. Die WTO-Organe versuchen vielmehr im Wege eines Vergleichs eine für die Parteien zuträglichere Lösung zu erzielen.

172

Kap. 2: Internationale Subventionskontrollsysteme

IV. Ergebnis – Strenge des Europäischen Beihilferechts (1)

Das Europäische Beihilferecht ist international nicht das einzige Subventionskontrollsystem. Es steht vielmehr neben dem Subventionsrecht der WTO und dem Subventionsrecht in Freihandelsabkommen.

(2)

Im Subventionsrecht in Freihandelsabkommen ist zwischen dem Beihilferecht im EWR und sonstigen bilateralen Freihandelsabkommen zu unterscheiden. Das Beihilferecht im EWR ist ein Spiegelbild des Europäischen Beihilferechts und überträgt dieses vollständig in das Recht der Mitgliedstaaten des EWR. Das Subventionsrecht in bilateralen Freihandelsabkommen ist in seinem Kern überwiegend vom Subventionsrecht der WTO geprägt. Allerdings beeinflusst das Europäische Beihilferecht das Subventionsrecht in Freihandelsabkommen heute bei seiner Weiterentwicklung.

(3)

Das überwiegend im SCM normierte Subventionsrecht der WTO und das Beihilferecht der Europäischen Union sind die international prägenden Subventionskontrollsysteme.

(4)

Das WTO-Subventionsrecht und das EU-Beihilferecht unterscheiden sich bereits in ihren Zielen grundlegend. Das Subventionsrecht der WTO soll neben dem Abbau der Zölle zu einer Stärkung des freien Warenhandels zwischen den Mitgliedstaaten der WTO führen. Das Europäische Beihilferecht soll hingegen eine strenge Regulierung der Beihilfenvergabe innerhalb der EU garantieren und so zum Ziel eines gemeinsamen Binnenmarktes beitragen.

(5)

Der Anwendungsbereich des WTO-Subventionsrechts ist auf den Warenhandel beschränkt. Für den Dienstleistungssektor besteht auf Ebene der WTO heute kein vergleichbares Kontrollsystem. Das Europäische Beihilferecht ist hingegen in seinem Anwendungsbereich nicht beschränkt und erfasst den Bereich des Warenhandels, den Dienstleistungssektor und auch die Kulturförderung.

(6)

Die Tatbestandsmerkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV und der Begriff der spezifischen Subvention i.S.d. Art. 1 und 2 SCM unterscheiden sich inhaltlich nur an einigen wenigen Stellen. Diese Unterschiede sprechen jedoch nicht für eine Strenge des Europäischen Beihilferechts. Vielmehr wird im WTO-Subventionsrecht das Merkmal der Staatlichkeit der Mittel, der Selektivität und der Wettbewerbsverfälschung weiter verstanden.

(7)

Die inhaltliche Strenge des Europäischen Beihilferechts folgt vielmehr aus dem grundsätzlichen Verbot sämtlicher Beihilfen, die den Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen. Im Subventionsrecht der WTO müssen zusätzliche Voraussetzungen erfüllt werden, um eine spezifische Subvention als verboten oder anfechtbar einordnen zu können. Insbesondere für Subventionen ohne konkreten Bezug zur Ware kann diese Hürde nur schwer überwunden werden, sodass eine Vielzahl von Subventionen nicht dem vollständigen Kontrollsystem der WTO unterliegt.

D. Schlussfolgerungen

173

(8)

Die Europäische Kommission ist die „Herrin des Beihilfeverfahrens“ im Recht der Europäischen Union. Ihre umfassende Kontrollkompetenz ist ein Kernelement der effizienten Beihilfekontrolle innerhalb der Europäischen Union.

(9)

Das Europäische Beihilferecht ist im Vergleich zum Subventionsrecht der WTO im Regelfall von einer umfassenden ex-ante-Kontrolle geprägt. Beihilfen bedürfen vor ihrer Gewährung grundsätzlich einer Bewilligung durch die Europäische Kommission. Im Gegensatz hierzu werden Subventionen im Recht der WTO nur ex-post und nur auf Antrag eines anderen Mitgliedstaates überprüft. Allerdings wird auch innerhalb der Europäischen Union vermehrt von der ex-ante-Kontrolle abgewichen, da die AGVO eine große Zahl von Beihilfen von der vorherigen Notifizierungspflicht freistellt.

(10) Im Falle einer rechtswidrigen Beihilfe sieht das Europäische Beihilferecht stets die vollständige Rückzahlung zzgl. Zinsen als Rechtsfolge vor. Die Organe der Europäischen Union setzen diese Rechtsfolge dann auch konsequent um und legen die grundsätzlich bestehenden Ausnahmen sehr restriktiv aus. Auch das WTO-Subventionsrecht kennt eine Rückforderung gewährter Subventionen in seinem Track II. Es geht im Gegensatz zum Beihilferecht der EU hierbei allerdings nicht um eine vollständige Zurückversetzung in den Status Quo. So wird keine Zinszahlung gewährt. Zudem wird eine vollständige Rückforderung in der Praxis der WTO nur selten umgesetzt. (11) Betrachtet man das WTO-Subventionsrecht und das EU-Beihilferecht mit Blick auf deren Anwendungsbereich, Inhalt und Verfahren, kann eine Strenge des Europäischen Beihilferechts aus folgenden Gründen bestätigt werden: (a) Durch den deutlich weiteren Anwendungsbereich, erstreckt sich die Kontrolle des EU-Beihilferechts auf eine größere Anzahl von Beihilfen. (b) Zudem wird das Europäische Beihilferecht durch ein grundsätzliches Verbot sämtlicher Beihilfen, die den Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen, geprägt. (c) Die Europäische Kommission treibt das Europäische Beihilferecht als „Herrin des Beihilfeverfahrens“ voran und zwar unabhängig von Beschwerden einzelner Mitglieder. Auf diese Weise wird eine effiziente und effektive Beihilfekontrolle erreicht. (d) Eine gewährte Beihilfe, die gegen die Vorschriften des Europäischen Beihilferechts verstößt, ist rechtswidrig und daher im Ergebnis vollständig und zzgl. Zinsen an den gewährenden Mitgliedstaat zurückzuzahlen. Setzt ein Mitgliedstaat die Negativentscheidung nicht fristgerecht um, kann die Kommission gem. Art. 28 Abs. 1 VerfahrensVO unmittelbar den EuGH anrufen.

Kapitel 3

Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA Im internationalen Standortwettbewerb sind nicht nur die internationalen Subventionskontrollsysteme von Bedeutung. Vielmehr muss bei der Standortwahl auch ein Blick auf das jeweilige nationale Subventionskontrollsystem geworfen werden. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sämtliche Zuständigkeiten im Bereich der Wettbewerbsregeln und somit auch im Bereich des Beihilferechts, ausschließlich auf die Europäische Union übertragen.937 Somit dürfen die einzelnen Mitgliedstaaten in der Beihilfenkontrolle nur tätig werden, wenn die Europäische Union sie hierzu ermächtigt oder sie einen Unionsrechtsakt durchführen.938 Nationale Subventionskontrollsysteme sind innerhalb der Europäischen Union folglich nicht zu finden. Vielmehr sind die Nationalstaaten alleine für die Durchführung der Europäischen Beihilfenkontrolle verantwortlich. Außerhalb der Europäischen Union bestehen hingegen eine Reihe nationaler Subventionskontrollsysteme. Diese regulieren die Subventionsvergabe einzelner Gliedstaaten an dort ansässige Unternehmen im nationalen Wettbewerb auf unterschiedlichste Weise. So wird unter anderem in Kanada die Vergabe von Ansiedlungssubventionen seit dem Jahre 1995 in dem sog. Canadian Agreement on Internal Trade (CAIT) reguliert.939 Hierbei handelt es sich um ein unverbindliches Vertragswerk940, welches im Bereich des Subventionsrechts auf konkrete Anwendungsfälle wie den Standortwechsel eines Unternehmens oder einen konkreten Preisunterbietungswettlauf beschränkt ist.941 Das CAIT enthält kein ausdrückliches Verbot der Subventionsvergabe an Unternehmen, sondern normiert lediglich eine Minimierung der negativen Subventionseffekte für den Fall einer tatsächlichen Subventionsgewährung.942 Die kanadischen Gliedstaaten British Columbia, Alberta 937 938 939

CAIT. 940

Art. 3 Abs. 1 lit. b AEUV. Vgl. Art. 2 Abs. 1 AEUV. Siehe hierzu: Art. 608 und vor allem Code of Conduct on Incentives in Annex 608.3

Schwartz/Boryskavich, 3 Asper Rev. Int’l Bus. & Trade L. 103, 107. Art. 608 und Code of Conduct on Incentives in Annex 608.3 CAIT; Hansen/Heavin, 73 Sask. L. Rev. 197, 211; siehe zudem ausführlich zum Subventionsrecht im CAIT: Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’l L. 71, 101 ff.; Schwartz/Boryskavich, 3 Asper Rev. Int’l Bus. & Trade L. 103, 107. 942 Art. 3 Annex 608.3 CAIT. 941

Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

175

und Saskatchewan haben mit dem Abschluss des New West Partnership Trade Agreements (NWPTA) im Jahre 2010 die zwischen diesen Staaten geltende Subventionskontrolle weiterentwickelt.943 Hierbei haben sie im Vergleich zum CAIT insbesondere den Anwendungsbereich der Kontrolle erweitert, indem sie grundsätzlich alle Subventionen verboten haben, die Investitionsentscheidungen beeinflussen können.944 Im Gegensatz hierzu steht die nationale Subventionskontrolle in den Vereinigten Staaten von Amerika. Diese verzichtet auf ein Vertragswerk zwischen den einzelnen Gliedstaaten und versucht die Subventionsvergabe innerhalb der nationalen Grenzen vielmehr mithilfe der verfassungsrechtlich verankerten Dormant Commerce Clause zu regulieren. Diese nationale Subventionskontrolle in den USA ist für die Frage nach einem möglichen Standortnachteil des Europäischen Beihilferechts von besonderer Bedeutung, da die USA im globalen Standortwettbewerb eine der größten Konkurrenten der Europäischen Union ist. Zudem herrscht zwischen den Einzelstaaten der USA ein wohl einzigartiger Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen, der häufig auch als „Economic War Between the States“ bezeichnet wird.945 Hierbei sind hohe Ansiedlungssubventionen keine Seltenheit, sondern wohl eher der Regelfall. Im Jahre 2012 hat die New York Times eine Untersuchung veröffentlicht die belegt, dass Gliedstaaten, Landkreise und Städte in den Vereinigten Staaten von Amerika gemeinsam jährlich mehr als 80 Mrd. $ an Unternehmenssubventionen gewähren.946 Mit mehr als 19 Mrd. $ ist Texas bei weitem der größte Subventionsgeber innerhalb der USA.947 Rechnet man die Subventionen auf Bundesebene hinzu kommt man laut der Studie auf Subventionen i.H.v. 170 Mrd. $.948 Die zurückhaltende Subventionskontrolle innerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika wird häufig mit der Befürchtung begründet, dass eine tatsächliche Reduzierung der Subventionen zu einer Unternehmensabwanderung ins Ausland führen

943 Bereits 2006 hatten British Columbia und Alberta mit dem Trade Investment and Labour Mobility Agreement (TILMA) eine Weiterentwicklung erzielt, siehe hierzu: Reinhold, EWS 2016, 136, 140; Thomas, Investment Incentives, S. 6. 944 Siehe hierzu: Art. 12 NWPTA, zudem die Ausnahmebestimmungen in Part V B. NWPTA und die Begriffsbestimmungen in Part VI NWPTA. Ein ausführlicher Vergleich des CAIT zum NWPTA findet sich im Aufsatz von Hansen/Heavin, 73 Sask. L. Rev. 197, zum Vergleich der Subventionskontrollsysteme in den Verträgen siehe, S. 209 – 211. 945 So z. B.: Akers, 31 Urb. Law. 793, 794; Reed, 19 Regulation 35; Richards, 27 Can.U.S. L.J. 179, 187. Häufig auch als „New War between the States“ bezeichnet: Collins/Watson, 15 J. St. Tax’n 11; Garman, 24 T.M. Cooley L. Rev. 313. 946 Siehe „Searchable Database of incentive spending“, abrufbar unter: http://www.nytimes. com/interactive/2012/12/01/us/government-incentives.html; siehe zudem den dazugehörigen Artikel: Story, As Companies Seek Tax Deals, Governments Pax High Price, The New York Times, 01. 12. 2012, abrufbar unter: http://www.nytimes.com/2012/12/02/us/how-local-taxpa yers-bankroll-corporations.html?pagewanted=all&_r=0 (jeweils abgerufen am: 14. 08. 2019). 947 Vgl. Untersuchung der New York Times, Fn. 946. 948 Vgl. Untersuchung der New York Times, Fn. 946.

176

Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

würde.949 Obwohl der tatsächliche Standortwettbewerb eher auf nationaler Ebene stattfindet, prägt diese Befürchtung das gesamte nationale Subventionskontrollsystem.

A. Normierte Subventionskontrolle in den USA I. Keine bundesrechtlich normierte Subventionskontrolle Im Rechtssystem der Vereinigten Staaten von Amerika findet sich kein ausdrücklich normiertes nationales Subventionskontrollsystem.950 Insbesondere existiert im amerikanischen Bundesrecht kein mit dem Europäischen Beihilferecht vergleichbares, allgemeines Verbot staatlicher Subventionen.951 Auch ein dem CAIT in Kanada entsprechendes Abkommen existiert zwischen den Einzelstaaten der USA nicht.952 Weit gefehlt ist allerdings die Annahme, dass die Vergabe von Subventionen innerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika nicht reguliert wird und Subventionen demzufolge ohne jegliche Hindernisse von den einzelnen Gliedstaaten an Unternehmen gewährt werden können. Die nationale Subventionskontrolle in den Vereinigten Staaten von Amerika entspringt vielmehr unmittelbar der amerikanischen Verfassung. So hat der US-Supreme Court anhand der sog. Dormant Commerce Clause eine differenzierte Subventionskontrolle im Hinblick auf staatliche Subventionen an Unternehmen entwickelt.953 Dieses Kontrollsystem steht allerdings insbesondere wegen der Differenzierung zwischen direkten Subventionen und Steuervergünstigungen seit jeher in der Kritik.954 Vermehrt wurde deshalb gefordert, dass der US-Kongress von seiner in der 949 Story, As Companies Seek Tax Deals, Governments Pax High Price, The New York Times, 01. 12. 2012, Fn. 946. 950 Contribution from the U.S. Federal Trade Commission: Competition, State Aids and Subsidies, DAF/COMP/GF/WD(2010)67, S. 2, abrufbar unter: https://www.ftc.gov/sites/de fault/files/attachments/us-submissions-oecd-and-other-international-competition-fora/state aidftc.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019); Buelens/Garnier/Meiklejohn/Johnson, European Economy Economic Papers Nr. 286, 2007, S. 3; Hellerstein, in: Ehlermann/Everson, ECLA 1999, State Aid, S. 577, 577; Wood, EStAL 2007, 3, 9; Wood, EStAL 2013, 40. 951 Kaye, 57 U. Kan. L. Rev. 93, 100; Schenk, EStAL 2006, 3, 3, vgl. zudem: Erbach, European Parliamentary Research Service, 140779REV1, S. 5. 952 Siehe jedoch die Ausführungen in diesem Abschnitt zur NGA Resolution, Economic Growth 1993 Fn. 969 die für den Zeitraum von August 1993 – August 1995 zwischen den Gouverneuren der einzelnen Bundesländer vereinbart wurde. 953 Vgl. hierzu die Ausführungen auf S. 181 ff. 954 Siehe insbesondere Zelinsky, 29 Ohio N. U. L. Rev. 29, 79 und 88 der im Ergebnis für eine Abschaffung des entwickelten Antidiscrimination Principles plädiert. Siehe hierzu auch die Ausführungen bei Fn. 1147 ff.

A. Normierte Subventionskontrolle in den USA

177

Commerce Clause955 verankerten Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen soll, um so die nationale Subventionskontrolle in den Vereinigten Staaten von Amerika ausdrücklich bundesrechtlich zu regeln.956 In diesem Zusammenhang wurde vorgebracht, dass die Vergabe von Subventionen durch die einzelnen Gliedstaaten kein rein regionales Problem ist, sondern die Subventionsgewährung sehr wohl bundesweite Effekte mit sich bringt.957 Außerdem wird die Eröffnung des Rechtswegs zu den Bundesgerichten als weiterer Vorzug einer bundesrechtlich normierten Subventionskontrolle angesehen.958 Im Vergleich zu einem verbindlichen Abkommen zwischen allen Gliedstaaten hätte der Erlass einer bundesstaatlichen Regelung überdies den Vorteil, dass nicht alle Einzelstaaten separat zustimmen müssten.959 Hieran würde ein verbindliches Abkommen zwischen allen Gliedstaaten, unabhängig von der Frage nach einer zudem notwendigen Zustimmung des US-Kongresses960, wohl sicher scheitern.961 Trotz der genannten Vorteile wurde bis heute kein Bundesgesetz zur Regulierung von Subventionsvergaben innerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika verabschiedet.962 In den Jahren 1997963 und 1999964 hatte der Repräsentant Minnesotas jeweils einen sog. „Distorting Subsidies Limitation Act“ im US-Kongress eingebracht. Mit diesen Gesetzesvorschlägen sollte ein neues Kapitel im US-amerikani-

955 Art. 1 Sec. 8 Clause 3 US-Constitution. Siehe hierzu weiterführend Fn. 993 und dazugehöriger Text. 956 So z. B.: Little, 22 Hamline L. Rev. 849, 890 ff.; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 335 ff.; Taylor, 72 Tex. L. Rev. 669, 694 ff. 957 Taylor, 72 Tex. L. Rev. 669, 694 f. 958 Taylor, 72 Tex. L. Rev. 669, 696. 959 Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 336. 960 Ein verbindliches Abkommen zwischen allen Einzelstaaten würde wohl eine Zustimmung des US-Kongresses erfordern. Dies ergibt sich aus der sog. „Compact Commerce Clause“, die in Art. 1 Sec. 10 Clause 3 normiert ist: „No State shall, without consent of Congress, enter into any agreement or compact with another state“. Siehe hierzu: Gilbert, 27 Urb. Law. 427, Fn. 94; Little, 22 Hamline L. Rev. 849, Fn. 270; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 322. Siehe grundlegend zur Compact Commerce Clause: Naujoks, 36 Marquette Law Review 219 (1952 – 1953). 961 Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 322. 962 So bereits ausdrücklich im Jahre 2001: Richards, 27 Can.-U.S. L.J. 179, 187; im Jahre 1994 Gilbert, 27 Urb. Law. 427, 445 die auch darauf hinweist, dass bis dahin keine Gesetzesvorschläge im Parlament eingebracht wurden. Vgl. zudem die aktuelleren Nachweise zum aktuellen Stand der amerikanischen Subventionskontrolle in den Fn. 950 und 951. 963 Distorting Subsidies Limitation Act of 1997, H.R. 3044, 105th Congress. Am 13. 11. 1997 im 105 US-Kongress von David Minge eingebracht. Abrufbar unter: https://www.gov track.us/congress/bills/105/hr3044, (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 964 Distorting Subsidies Limitation Act of 1999, H.R. 1060, 106th Congress. Am 10. 03. 1999 im 106. US-Kongress von David Minge eingebracht. Abrufbar unter: https://www.gov track.us/congress/bills/106/hr1060, (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019).

178

Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

schen Steuergesetz (Internal Revenue Code of 1986) eingeführt werden.965 Durch Ansiedlungssubventionen begünstigte Unternehmen sollten zur Zahlung einer jährlichen Verbrauchssteuer verpflichtet werden, um so entstandene Vorteile auszugleichen.966 Beide Gesetzesvorschläge wurden jedoch nicht verabschiedet.967 Die einzige Vereinbarung sämtlicher Staaten zur Reduzierung von Subventionswettläufen im Standortwettbewerb konnte im Jahre 1993 von der National Governors Association968 erzielt werden.969 In diesem Grundsatzbeschluss haben die Gouverneure sämtlicher Einzelstaaten zunächst ausdrücklich gesetzgeberische Aktivitäten auf bundesstaatlicher Ebene abgelehnt und sich gegenseitig zur Zusammenarbeit im Kampf gegen bestehende Standortwettbewerbe verpflichtet.970 Die Resolution beinhaltete kein ausdrückliches Subventionsverbot, sondern enthielt vielmehr bestimmte Verhaltensgrundsätze, die bei der künftigen Vergabe von Subventionen einzuhalten sind.971 Dass diese Vereinbarung der Gouverneure wohl kaum zu einem tatsächlichen Subventionsabbau führen würde, war von Anfang an abzusehen. So war die Resolution zum einen nur auf einen Zeitraum von zwei Jahren beschränkt.972 Zum anderen handelte es sich um eine unverbindliche Vereinbarung ohne Durchsetzungs- oder Sanktionsmechanismen.973 Die mangelnde Effektivität dieser Vereinbarung bestätigte sich auch schon nach weniger als zwei Wochen, als

965 Sec. 3, H.R. 3044, 105th Congress 1997 und identischen Wortlaut des Sec. 3, H.R. 1060, 106th Congress 1999. 966 Sec. 3, H.R. 3044, 105th Congress 1997 mit neuem Sec. 4986 of Chapter 45, und den identischen Wortlaut in Sec. 3, H.R. 1060, 106th Congress 1999 mit neuem Sec. 4986 of Chapter 45. 967 Siehe hierzu jeweils die Internetlinks in den Fn. 963 und 964; siehe zudem: Akers, 31 Urb. Law. 793, 793 f. zu H.R. 3044, 105th Congress 1997 und Dale, 46 St. Louis L.J. 247, 261 zu H.R. 1060, 106th Congress 1999. 968 Bei der sog. „National Governors Association“ handelt es sich um eine Vereinigung sämtlicher Gouverneure der einzelnen Gliedstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika. Die angesehene Vereinigung versucht den einzelnen Gliedstaaten gegenüber der Bundesregierung eine einheitliche Stimme zu verleihen. Außerdem dient sie als Austauschplattform zwischen den einzelnen Gouverneuren. Diese versuchen gemeinsam aktuelle Probleme auf föderaler Ebene zu lösen um so die Grundsätze des Föderalismus zu stärken. Siehe hierzu: http://www. nga.org/cms/about (zuletzt abgerufen am 14. 08. 2019). 969 National Governors Association Resolution, EDC-3. Economic Growth and Development Incentives (im Folgenden: NGA Resolution, Economic Growth 1993), abgedruckt in: LeRoy, Appendix A; vgl. zudem zu dieser Resoultion: Edmondson/Davis, 16 Comm. L. & Pol’y 317, 342; Gilbert, 27 Urb. Law. 427, 446 f.; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 322. 970 NGA Resolution, Economic Growth 1993 Fn. 969, 3.1 Preamble und 3.2. 971 NGA Resolution, Economic Growth 1993 Fn. 969, 3.2.3. 972 August 1993 bis August 1995, siehe Ende der NGA Resolution, Economic Growth 1993 Fn. 969. 973 Edmondson/Davis, 16 Comm. L. & Pol’y 317, 342; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 322.

A. Normierte Subventionskontrolle in den USA

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der Bundesstaat Alabama mit dem Automobilkonzern Mercedes-Benz ein Subventionspaket in Höhe von 250 Mio. $ vereinbarte.974 Die zurückhaltende Politik im Bereich bundesstaatlicher Gesetze zur Regulierung von Ansiedlungssubventionen liegt sicherlich an der mangelnden politischen Attraktivität solcher Vorhaben. Die Verabschiedung einer die Subventionsvergabe beschränkenden Regelung im US-Kongress ist als sehr unwahrscheinlich anzusehen.975 Dies zeigen nicht nur die zaghaften Versuche in den Jahren 1997 und 1999, sondern insbesondere die aktuelleren Debatten und Gesetzesvorschläge im Zusammenhang mit der DAIMLERCHRYSLER v. CUNO976 Entscheidung des USSupreme Courts. So wurde im US House of Representatives und im US Senate als Reaktion auf den CUNO-Case ein sog. Economic Development Act 2005977 eingebracht, der ausdrücklich die Vergabe von bestimmten Ansiedlungssubventionen an Unternehmen in Form von Steuervergünstigungen gestatten sollte.978 Dieser Gesetzesvorschlag zielte nicht auf eine Regulierung der staatlichen Subventionsvergabe ab, sondern wollte vielmehr gesetzliche Klarheit über die Zulässigkeit einer solchen Subventionsvergabe schaffen.979 Dieser Vorstoß macht deutlich wie weit man im USKongress von einem bundesweiten Subventionsverbot entfernt ist, auch wenn eine solche Kontrolle vor allem aus nationaler Sicht als erstrebenswert angesehen werden muss.

II. Subventionskontrolle zwischen den Einzelstaaten In den Vereinigten Staaten von Amerika führen einzelne Gliedstaaten wahre Standortkriege um die Ansiedlung von Unternehmen. So bewegen die Einzelstaaten Kansas und Missouri Unternehmen regelmäßig durch Ansiedlungssubventionen zum 974 Collins/Watson, 15 J. St. Tax’n 11, 18 mit Verweis auf: Ackerman, „What Price Good Jobs?“, Boston Globe, 02. 04. 1995, S. 75. 975 Vgl. Gilbert, 27 Urb. Law. 427, 445; Schenk, EStAL 2006, 3, 8. 976 Supreme Court of the United States, DAIMLERCHRYSLER v. CUNO, 547 U.S. 332 (2006). Siehe hierzu die Ausführungen im Zusammenhang mit der Subventionskontrolle unter der Dormant Commerce Clause, S. 195. 977 Economic Development Act of 2005: H.R. 2471 (abrufbar unter: https://www.govtrack. us/congress/bills/109/hr2471) und S. 1066 (abrufbar unter: https://www.govtrack.us/congress/ bills/109/s1066), 109th Congress. Jeweils am 18. 05. 2005 eingebracht. Mit identischen Wortlaut wurde im Jahre 2007 der sog. Economic Development Act of 2007 erneut in den US Senate eingebracht: S. 914, 110th Congress, abrufbar unter: https://www.govtrack.us/congress/bills/11 0/s914 (jeweils zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 978 Siehe hierzu die Stellungnahmen im Joint Hearing before the Subcommittee on the Constitution and the Subcommittee on Commercial and Administrative Law of the Committee on the Judiciary of the House of Representatives, 109th Congress, 1st Session am 24. 05. 2005, Serial No. 109 – 27, abrufbar unter: http://www.gpo.gov/fdsys/pkg/CHRG-109hhrg21395/html/ CHRG-109hhrg21395.htm (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). Siehe zudem eingehend zu dem Gesetzesvorschlag: Hellerstein, 4 Geo. J.L. & Pub. Pol’y 73. 979 Vgl. so auch: Schenk, EStAL 2006, 3, 8.

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Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

Standortwechsel über die Grenze.980 Hierbei werden die Unternehmen insbesondere mit Steuererleichterungen gelockt, was in den letzten Jahren zu den größten Steuersenkungen in der Geschichte von Kansas geführt hat.981 Um diesen Standortkrieg zu beenden hat Missouri Kansas im Jahre 2014 einen Waffenstillstand angeboten und hierzu ein Änderungsgesetz verabschiedet, das die Vergabe von Ansiedlungssubventionen im Wettbewerb mit Kansas verbieten soll.982 Das verbindliche Verbot war räumlich auf die Grenzregion zwischen den benachbarten Gliedstaaten beschränkt und bezog sich zudem ausschließlich auf die Subventionsvergabe durch den Einzelstaat selbst – Subventionen von Landkreisen oder einzelnen Städten sollten folglich nicht erfasst werden.983 Die tatsächliche Verabschiedung des Gesetzes war allerdings an eine aufschiebende Bedingung geknüpft. So sollte das Änderungsgesetz erst in Kraft treten, wenn Kansas ein vergleichbares Verbot verabschiedet.984 Das Gesetz ließ Kansas hierzu bis zum 28. August 2016 Zeit.985 Im April 2016 antwortete Kansas mit einem Gegenvorschlag der weit hinter den Zugeständnissen Missouris zurückblieb und so bestimmte Ansiedlungsprämien nach wie vor gestattete.986 Bis heute haben die Gliedstaaten sich nicht auf einen Waffenstillstand geeinigt. Dieses Beispiel verdeutlicht die Brisanz und Komplexität von Abkommen zwischen einzelnen, zum Teil stark verfeindeten Einzelstaaten zum Subventionsabbau im Wettbewerb der Standorte. Der Gesetzesvorschlag von Missouri beabsichtigte Subventionen im Standortwettbewerb mit Kansas verbindlich zu verbieten, was in der Geschichte des nationalen Subventionsrechts der Vereinigten Staaten von Amerika ein Novum dargestellt hätte. Zuvor hatten bereits einzelne Gliedstaaten lediglich unverbindliche Abkommen unterzeichnet, die in der Folge kein effektives 980

Vgl exemplarisch: Eligon, Missouri’s Governor calls for End to Contest of Incentives, The New York Times, 12. 11. 2013, abrufbar unter: http://www.nytimes.com/2013/11/13/us/mis souris-governor-calls-for-end-to-contest-of-incentives.html?_r=0 (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 981 Eligon, Missouri’s Governor calls for End to Contest of Incentives, The New York Times, 12. 11. 2013, abrufbar unter: http://www.nytimes.com/2013/11/13/us/missouris-gover nor-calls-for-end-to-contest-of-incentives.html?_r=0 (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 982 Missouri Senate Bill Nr. 635, 97th General Assembly 2014, An Act to amend chapter 135, RSMo, by adding thereto one new section relating to incentives for interstate business relocation, im Folgenden: SCS/SB 635). Abrufbar unter: http://www.senate.mo.gov/14info/pdfbill/tat/SB635.pdf. Dieser Gesetzesvorschlag wurde am 01. 07. 2014 vom Gouverneur Nixon des Staates Missouri unterzeichnet, Supplement messages from the Governor (received after May 30, 2014), S. 1885, abrufbar unter: http://www.senate.mo.gov/14info/GovLetters.pdf#pa ge=29 (jeweils zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 983 SCS/SB 635, Fn. 982, Section 135.1670 Subsection 1 Abs. 1 und Abs. 2. 984 SCS/SB 635, Fn. 982, Section 135.1670 Subsection 3. 985 SCS/SB 635, Fn. 982, Section 135.1670 Subsection 6. 986 Eveld/Stafford, Kansas Gov. Sam Brownback makes ,border war‘ peace offering, The Kansas City Star, 14. 04. 2016, abrufbar unter: http://www.kansascity.com/news/politics-govern ment/article71869212.html; Eulitt, End the economic border war that is wasting KC area taxpayers’ dollars, The Kansas City Star, 26. 08. 2016, abrufbar unter: http://www.kansascity. com/opinion/editorials/article98128057.html (jeweils zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019)

B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle

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Gegenmittel im Subventionswettkampf darstellten.987 So schlossen z. B. die Einzelstaaten New York, New Jersey und Connecticut im Jahre 1991 ein solches unverbindliches Übereinkommen988, welches schon wenige Jahre später nach diversen Verstößen aller Parteien aufgelöst wurde.989 Die rechtliche Unsicherheit dieser Abkommen liegt jedoch nicht alleine in deren Unverbindlichkeit, vielmehr ist der Anwendungsbereich des Verbotes schwer zu fassen und der Schutz vor Umgehungversuchen kaum zu gewährleisten.990

B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause I. Die Dormant Commerce Clause Bevor die auf Grundlage der Dormant Commerce Clause entwickelte Subventionskontrolle innerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika genauer untersucht wird, soll zunächst in Bedeutung und Inhalt dieser Klausel eingeführt werden. 1. Die negative Dimension der Commerce Clause „The Congress shall have power [t]o […] regulate Commerce […] among the several States […]“.991 Mit dieser in der US-Constitution verankerten sog. Commerce Clause wollten die Väter der amerikanischen Verfassung eine Freihandelszone innerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika errichten.992 Dem Wortlaut der 987 Vgl. hierzu jeweils mit weiteren Nachweisen: Edmondson/Davis, 16 Comm. L. & Pol’y 317, 342; Gilbert, 27 Urb. Law. 427, 446 f.; Little, 22 Hamline L. Rev. 849, 875 f., Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 321 f.; Taylor, 72 Tex. L. Rev. 669, 694. 988 Siehe mit Verweis auf dieses nicht veröffentlichte Abkommen: Collins/Watson, 15 J. St. Tax’n 11, 18; Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 397; Little, 22 Hamline L. Rev. 849, 875 f. 989 Zum Ende des Abkommens siehe exemplarisch: Gilbert, 27 Urb. Law. 427, 447. Siehe auch: Redburn, New Flar-Up in Region’s Border Wars Kills an Oft-Ignored Truce, The New York Times, 16. 10. 1994, abrufbar unter: http://www.nytimes.com/1994/10/16/nyregion/newflare-up-in-region-s-border-wars-kills-an-oft-ignored-truce.html, (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 990 Vgl. Gilbert, 27 Urb. Law. 427, 447; Taylor, 72 Tex. L. Rev. 669, 694. 991 Commerce Clause, Art. 1 Sec. 8 Clause 3 US-Constitution. 992 So etwa der US-Supreme Court ausdrücklich in: McLEOD v. J.E. DILWORTH Co. 322 U.S. 327, 330 (1944); The GREAT ATLANTIC AND PACIFIC TEA COMPANY, INC. v. COTRELL, 424 U.S. 366, 370 (1976). Siehe auch: Little, Hamline L. Rev. 849, 864; Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’L. 71, 83. In der Entscheidung H.P. HOOD & SONS, Inc. v. DU MOND, Commissioner of Agriculture & Markets of New York, 336 U.S. 525, 538 (1949) hat der USSupreme Court das Bestreben nach einem freien Markt innerhalb der USA erläutert: „Our system, fostered by the Commerce Clause, is that every farmer and every craftsman shall be encouraged to produce by the certainty that he will have free access to every market in the

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Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

Commerce Clause ist deren erste Funktion unmittelbar zu entnehmen. So soll die Gesetzgebungskompetenz im Bereich des innerstaatlichen Handels dem US-Kongress obliegen.993 Darüber hinaus wird der Commerce Clause allerdings seit langem eine zweite – negative – Funktion entnommen.994 Die „power to regulate“ wurde vom Beschwerdeführer in der GIBSON v. ODGEN Entscheidung erstmals als eine umfassende Kompetenz des US-Kongresses bezeichnet, die zwangsläufig auch jegliches Tätigwerden anderer Parteien in diesem Bereich ausschließt.995 Auch wenn der US-Supreme Court diese Auslegung als starkes Argument ansah, entschied er hierzu in dieser Entscheidung nicht ausdrücklich und verankerte die Dormant Commerce Clause folglich noch nicht als verfassungsrechtliches Prinzip.996 Als solches wird die negative Komponente der Commerce Clause vielmehr erst seit der Entscheidung COOLEY v. BOARD OF WARDENS angesehen.997 Seitdem ist anerkannt, dass die sog. Dormant Commerce Clause im Rahmen ihrer Voraussetzungen den Einzelstaaten ein Tätigwerden im Bereich des innerstaatlichen Handels verbieten kann, auch wenn der US-Kongress keinen Gebrauch von seiner Kompetenz gemacht hat,

Nation, that no home embargoes will withhold his export, and no foreign state will by customs duties or regulations exclude them. Likewise, every consumer may look to the free competition from every producing area in the Nation to protect him from exploitation by any. Such was the vision of the Founders; such has been the doctrine of this Court which has given it reality“. 993 Die Kompetenz des US-Kongresses wurde vom US-Supreme Court in der Entscheidung UNITED STATES v. LOPEZ, 512 U.S. 549, 558 f. (1995) in drei Kategorien zusammengefasst: „First, Congress may regulate the use of the channels of interstate commerce […]. Second, Congress is empowered to regulate and protect the instrumentalities of interstate commerce, or persons or things in interstate commerce, even though the threat may come only from intrastate activities. […] Finally, Congress’ commerce authority includes the power to regulate those activities having a substantial relation to inerstate commerce […]. Für weitere Nachweise zu den einzelnen Kategorien siehe UNITED STATES v. LOPEZ, 512 U.S. 549, 558 f. (1995). Umfassend zur Commerce Clause in ihrer positiven Ausprägung exemplarisch: Chemerinsky, S. 156 ff.; Tribe, S. 807 ff. 994 So etwa der US-Supreme Court ausdrücklich in der Entscheidung NEW ENERGY CO. OF INDIANA v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 273 (1988), m.w.N. 995 Supreme Court of the United States, GIBSON v. ODGEN, 22 U.S. 1, 209 (1824). Eingehend zur Entstehung der Dormant Commerce Clause in dieser Entscheidung: Williams, 79 N.Y.U. L. Rev. 1398. Siehe zudem exemplarisch: Chemerinsky, S. 482; Denning, Bittker on Regulation Interstate & Foreign Commerce, § 6.02; Nowak/Rotunda, § 8.2. 996 Supreme Court of the United States, GIBSON v. ODGEN, 22 U.S. 1, 209 (1824): „There is a great force in this argument, and the Court is not satisfied that it has been refuted“; Williams, 79 N.Y.U. L. Rev. 1398, 1398, siehe zudem exemplarisch: Denning, Bittker on Regulation Interstate & Foreign Commerce, § 6.02. 997 Supreme Court of the United States, COOLEY v. BOARD OF WARDENS, 53 U.S. 299, 319 (1851). Der Supreme Court selbst sieht die COOLEY v. BOARD OF WARDEN Entscheidung als die Grundsatzentscheidung im Hinblick auf die Entwicklung der Dormant Commerce Clause an: Supreme Court of the United States, CTS CORP. v. DYNAMICS CORP. OF AMERICA, 481 U.S. 69, 87 (1987). Siehe auch Williams, 79 N.Y.U. L. Rev. 1398, 1398 m.w.N; Tribe, S. 1030.

B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle

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seine Gesetzgebungskompetenz also vielmehr ruht („dormant“ = ruhend).998 Ziel dieser negativen Komponente der Commerce Clause ist die Stärkung des innerstaatlichen Wettbewerbs durch den Zusammenhalt aller Bundesstaaten und dem Verbot von einzelstaatlichem Protektionismus.999 Einzelne Richter und Wissenschaftler haben die verfassungsrechtliche Grundlage der Dormant Commerce Clause in den letzten Jahren vermehrt kritisiert1000, der US-Supreme Court hält allerdings auch in aktueller Rechtsprechung weiterhin an der negativen Komponente der Commerce Clause fest.1001 2. Inhalt der Dormant Commerce Clause Die Dormant Commerce Clause reguliert in ihrem Kern die Kompetenz der einzelnen Gliedstaaten im Bereich des innerstaatlichen Handels. Einzelstaatliche Maßnahmen, die den eigenen Gliedstaat gegenüber anderen Gliedstaaten ökonomisch besserstellen und auf diese Weise einzelstaatlichen, wirtschaftlichen Protektionismus fördern, sind verboten.1002 Die Zuständigkeiten der US-amerikanischen Einzelstaaten im Rahmen ihrer sog. „police power“, will die Kontrolle hingegen unberührt lassen.1003 In der Praxis regulieren die Einzelstaaten den zwischenstaat998 CTS CORP. v. DYNAMICS CORP. OFAMERICA, 481 U.S. 69, 87 (1987); siehe zudem exemplarisch, Chemerinsky, S. 476; Denning, Bittker on Regulation Interstate & Foreign Commerce, § 6.01[A]; May/Ides, S. 373. 999 Hörner, S. 59 mit Verweis auf die häufig zitierte Aussage des US-Supreme Court in der Entscheidung: BALDWIN v. G.A.F. SEELIG, 294 U.S. 511, 523: „[…] the people of the several states must sink or swim together […]“. 1000 So etwa: Zellinsky, 29 Va. Tax Rev. 407, 419 mit Verweis auf die Stellungnahme des Justice Thomas in der Entscheidung des US-Supreme Courts KENTUCKY v. DAVIS, 553 U.S. 328, 361 (2008) der für eine Verwerfung der Rechtsprechung des Gerichts im Zusammenhang mit der Dormant Commerce Clause plädiert, da diesem Prinzip jegliche verfassungsrechtliche Grundlage fehle. So Justice Thomas erstmals in der Entscheidung des USSupreme Courts CAMPS NEWFOUND/OWATONNA, INC. v. TOWN OF HARRISON, MAINE, 520 U.S. 564, 610 (1997). Siehe zudem die aktuelle Stellungnahme des Justice Thomas in der Entscheidung des US-Supreme Courts McBURNEY v. YOUNG, 133 S.Ct. 1709, 1720 (2013): „I continue to adhere to my view that „[t]he negative Commerce Clause has no basis in the text of the constitution, makes little sense, and has proved virtually unworkable in application, and, consequently, cannot serve as a basis for striking down a state statute.” Siehe ebenso mit dem Hinweise auf die aktuelle Kritik an der Dormant Commerce Clause und zudem m.w.N.: Faulhaber, 39 Yale J. Int’l L. 87, 119 f. 1001 Siehe hier z. B. die Entscheidung des US-Supreme Courts McBURNEY v. YOUNG, 133 S.Ct. 1709 (2013). Justice Thomas kritisiert gerade die Anwendung durch den US-Supreme Court, vgl. Fn. 1000. 1002 So der US-Supreme Court erstmals in der Entscheidung: NEW ENERGY CO. OF INDIANA v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 273 (1988). Siehe auch zur aktuellen Gestalt der Dormant Commerce Clause und dem Schutz vor einzelstaatlichem Protektionismus: Hörner, S. 59 f. 1003 Die sog. „Police Power“ ist ein anderer Ausdruck für Souveränität der einzelnen Gliedstaaten, Barros, 58 U. Miami L. Rev. 471, 477. So regelt das 10th Amendment der US-

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Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

lichen Handel selten unmittelbar und greifen so nur in Ausnahmefällen direkt in den Zuständigkeitsbereich des US-Kongresses ein. Vielmehr üben sie ihre Police Power in gewissen Grenzregionen aus, was häufig zu schwierigen Abgrenzungsfragen führt. Wann eine Regelung der Gliedstaaten tatsächlich gegen die Dormant Commerce Clause verstößt, beschäftigte den US-Supreme Court dementsprechend auch in einer Vielzahl von Entscheidungen.1004 Das heute geltende Prüfprogramm ist vielschichtig, wobei aber im Wesentlichen folgende Kerninhalte zusammengefasst werden können. Diskriminierung

Keine Diskriminierung

= Ungleichbehandlung von In- und Ausländern

= Gleichbehandlung von In- und Ausländern

Direkte Diskriminierung

Indirekte Diskriminierung

= bereits der Wortlaut ist diskriminierend

= neutrale Regelung, die aber im Ergebnis einer Diskriminierung gleichkommt

Strenger Test

Pike-Balancing- Test

= Vermutung spricht für die Verfassungswidrigkeit der Regelung. Nur zulässig, wenn nachgewiesen werden kann, dass der verfolgte Zweck anders nicht erreicht hätte werden können.

= Regelung nicht verfassungswidrig, wenn die Vorteile der Regelung, die Nachteile für den innerstaatlichen Handel deutlich überwiegen.

Abbildung 1: Kerninhalte Prüfprogramm Dormant Commerce Clause

Die zentrale Frage im Zusammenhang mit der Kontrolle anhand der DormantCommerce Clause ist die Folgende: Stellt die fragliche Regelung eine den zwischenstaatlichen Handel betreffende Diskriminierung gegenüber einem anderen Einzelstaat und dessen Bürgern dar, oder wird der zwischenstaatliche Handel unverhältnismäßig beeinträchtigt ohne eine Diskriminierung darzustellen?1005 Das weitere Prüfprogramm wird durch die Beantwortung dieser Frage bestimmt. Im

Constitution, dass die Einzelstaaten das Recht haben Regelungen zu erlassen, die nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundes fallen bzw. ausdrücklich vom Zuständigkeitsbereich der Einzelstaaten ausgenommen wurden. Insbesondere lokale Probleme sollen auf Länderebene gelöst werden. Exemplarisch siehe hierzu den Aufsatz von Barros, 58 U. Miami L. Rev. 471, 473 ff.; sowie Rich, § 34:1 f. Der Begriff „Police Power“ wurde vom US-Supreme Court erstmals in der Entscheidung BROWN v. MARYLAND, 25 U.S. 419, 443 (1827) verwendet. 1004 Siehe hierzu exemplarisch den umfassenden Überblick über die Entwicklung der Rechtsprechung zur Dormant-Commerce Clause in: Chemerinsky, S. 482 ff. 1005 Vgl. Supreme Court of the United States, C&A CARBONE, INC. v. CLARKSTOWN, 511 U.S. 383, 390 (1994).

B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle

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Bereich der Diskriminierung werden wiederum zwei Kategorien unterschieden.1006 Die direkte Diskriminierung, die bereits mit Blick auf ihr äußeres Erscheinungsbild eine gezielte Regelung im Bereich des innerstaatlichen Handels zu Lasten der anderen Staaten darstellt.1007 Und die indirekte Diskriminierung, die auf den ersten Blick als neutrale Regelung einzuordnen ist, aber entweder gezielt eine Diskriminierung bezweckt oder im Ergebnis einer solchen gleichkommt.1008 Lässt sich die fragliche Regelung in eine dieser Diskriminierungskategorien einordnen wird vermutet, dass ein Verstoß gegen die Dormant Commerce Clause vorliegt. Die Beweislast obliegt in diesen Fällen den Einzelstaaten. Eine diskriminierende Regelung ist somit im Grundsatz als verfassungswidrig anzusehen, es sei denn der jeweilige Gliedstaat kann nachweisen, dass mit der Regelung ein im Rahmen ihrer Police Power liegender Zweck verfolgt wurde, der sonst und insbesondere ohne Verfälschung des zwischenstaatlichen Handels nicht erreicht werden könnte.1009 Ist die Regelung hingegen nicht diskriminierend, wird ein milderer Maßstab angelegt. Die Vorteile der jeweiligen Regelungen werden im Verhältnis zu den Nachteilen für den innerstaatlichen Handel abgewogen (sog. Pike-BalancingTest).1010 Nur wenn diese Nachteile deutlich überwiegen, ist die jeweilige Regelung verfassungswidrig.1011 1006 Vgl. allgemein zu der Unterscheidung zwischen direkter Diskriminierung (facially discriminatory laws) und indirekter Diskriminierung (facially neutral laws) im Zusammenhang mit der Dormant Commerce Clause: Chemerinsky, S. 489 ff. 1007 Beispiel in dem der US-Supreme Court eine direkte Diskriminierung angenommen hat: GRANHOLM v. HEALD, 544 U.S. 460 (2005): In dieser Entscheidung wurde zum einen eine Regelung des Bundesstaates Michigan für verfassungswidrig erklärt, die den Weinhandel per Postversand nur Weinhändlern aus dem Bundesstaat Michigan gestattete. Zum anderen wurde eine Regelung des Bundesstaates New York für verfassungswidrig erklärt, die Weinhändlern aus anderen Bundesstaaten den Postversand nur unter zusätzlichen Voraussetzungen gestattete. 1008 Beispiel in dem der US-Supreme Court eine indirekte Diskriminierung angenommen hat: HUNT v. WASHINGTON STATE APPLE ADVERTISING COMMISSION, 432 U.S. 333 (1977): Nach der für verfassungswidrig erklärten Regelung, mussten sämtliche Apfelcontainer, die in North Carolina eingeführt werden sollten, den vom United States Department of Agriculture entwickelten Standards entsprechen. Der Bundesstaat Washington ist gegen diese auf den ersten Blick neutrale Regelung erfolgreich vorgegangen, da seine Vorgaben sogar höheren Standards entsprachen und die Regelung somit trotz ihres neutralen Charakters bestimmte andere Bundesstaaten diskriminierte. 1009 Siehe exemplarisch aus der Rechtsprechung des US-Supreme Courts: DEAN MILK CO. V. CITY OF MADISON, 340 U.S. 349, 354 (1951), (in diesem Urteil sah das Gericht mildere Mittel, um das Ziel zu erreichen); MAINE v. TAYLOR, 477 U.S. 131, 138 (1986), (in diesem Urteil sah das Gericht keine milderen Mittel, um das Ziel zu erreichen); C&A CARBONE, INC. v. CLARKSTOWN, 511 U.S. 383, 392 (1994) (in diesem Urteil sah das Gericht mildere Mittel, um das Ziel zu erreichen). 1010 Der „Pike-Balancing Test“ ist nach der Entscheidung PIKE v. BRUCE CHURCH, INC. 397 U.S. 137 (1970) benannt. In dieser Entscheidung wurde der heute geltende Balancing Test für nichtdiskriminierende Regelungen entwickelt. 1011 So der US-Supreme Court in der Grundsatzentscheidung PIKE v. BRUCE CHURCH, INC., 397 U.S. 137, 142 (1970): „Where the statute regulates even-handedly to effectuate a

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Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

3. Ausnahme – Der Staat als Marktteilnehmer Seit der Entscheidung HUGHES v. ALEXANDRIA SCRAP CORP.1012 hat der US-Supreme Court eine Ausnahme von den Vorgaben der Dormant Commerce Clause anerkannt – die sog. Market-Participant-Exception.1013 In den Fällen in denen der Staat als Marktteilnehmer, z. B. als Käufer oder Verkäufer von Waren1014 und nicht als regulierende Kraft auftritt, sollen die Beschränkungen der Dormant Commerce Clause nicht gelten.1015 Vielmehr soll der Staat in diesen Fällen wie ein privater Marktteilnehmer seine Vertragspartner frei wählen dürfen und so ausdrücklich auch seine eigenen Einwohner gegenüber Einwohnern aus anderen Einzelstaaten bevorzugen können.1016 Das Gericht leitet die Market-Participant-Exception aus den Zielen der DormantCommerce Clause her.1017 So beabsichtigt die negative Komponente der Commerce Clause die Beschränkung regulatorischer Maßnahmen des Staates die den nationalen Handel verzerren und verbietet zudem die diskriminierende Ausübung der Steuerhoheit.1018 Im Umkehrschluss zielt die Dormant Commerce Clause hingegen nicht darauf ab, die Teilhabe des Staates am Markt zu verhindern, wenn dieser vergleichbar zu einem privaten Marktteilnehmer als Käufer oder Verkäufer von Waren auftritt.1019

legitimate local public interest, and its effects on interstate commerce are only incidental, it will be upheld unless the burden imposed on such commerce is clearly excessive in relation to the putative local benefits.“ 1012 Supreme Court of the United States, HUGHES v. ALEXANDRIA SCRAP CORPORATION, 426 U.S. 794 (1976). 1013 Siehe zudem exemplarisch folgende Entscheidungen des US-Supreme Courts: REEVES v. STAKE, 447 U.S. 429 (1980); WHITE v. MASSACHUSETTS COUNCIL OF CONSTRUCTION EMPLOYERS, INC., 460 U.S. 204 (1983). Siehe zudem umfassend zur sog. Market-Participant-Exception, Coenen, 88 Mich. L. Rev. 395; Bogen, 29 Seattle U. L. Rev. 543. 1014 Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 324; vgl. auch: Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 845. 1015 HUGHES v. ALEXANDRIA SCRAP CORPORATION, 426 U.S. 794, 810; REEVES v. STAKE, 447 U.S. 429, 436 f.; WHITE v. MASSACHUSETTS COUNCIL OF CONSTRUCTION EMPLOYERS, INC., 460 U.S. 204, 208. 1016 So ausdrücklich in HUGHES v. ALEXANDRIA SCRAP CORPORATION, 426 U.S. 794, 810. Dieser Leitentscheidung exemplarisch folgend in: REEVES v. STAKE, 447 U.S. 429, 44 f. (Kein Verstoß gegen die Dormant Commerce, wenn der jeweilige Bundesstaat Zement aus einem Steinbruch der Öffentlichen Hand ausschließlich an seine eigenen Einwohner verkauft.); WHITE v. MASSACHUSETTS COUNCIL OF CONSTRUCTION EMPLOYERS, INC., 460 U.S. 204, 225 (Kein Verstoß gegen die Dormant Commerce Clause wenn der jeweilige Bundesstaat überwiegend einheimische Arbeitnehmer für öffentliche Projekte anstellt). 1017 REEVES v. STAKE, 447 U.S. 429, 436 f. 1018 REEVES v. STAKE, 447 U.S. 429, 436 f. mit Verweis auf HUGHES v. ALEXANDRIA SCRAP CORPORATION, 426 U.S. 794, 807 – 808. 1019 REEVES v. STAKE, 447 U.S. 429, 437.

B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle

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II. Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause Die nationale Subventionskontrolle in den Vereinigten Staaten von Amerika ist seit jeher ein wichtiger Anwendungsfall der Dormant Commerce Clause. So hat der US-Supreme Court anhand dieser negativen Komponente der Commerce Clause eine differenzierte Subventionskontrolle entwickelt, die im Grundsatz zwischen der Kontrolle von sog. tax incentives und sog. direct subsidies unterscheidet. 1. Subventionskontrolle von tax incentives Im Bereich der tax incentives kann auf eine durchaus umfassende Rechtsprechungspraxis des US-Supreme Courts zurückgegriffen werden. Im Folgenden sollen deshalb vier frühe Entscheidungen des US-Supreme Courts dargestellt werden, die sich mit der Verfassungswidrigkeit von Zuwendungen in Form von Steuererleichterungen befassen. Anschließend wird die dargestellte Entscheidungspraxis unter Zuhilfenahme existierender wissenschaftlicher Betrachtungen bewertet, um anschließend grundsätzliche Schlussfolgerungen abzuleiten. a) Zusammenschau der ergangenen Rechtsprechung des US-Supreme Courts im Hinblick auf Steuersubventionen aa) Boston Stock Exchange v. State Tax Commission In der Entscheidung BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION1020 hatte der US-Supreme Court über eine Gesetzesänderung im Bundesstaat New York aus dem Jahre 1968 zu entscheiden. Diese Gesetzesänderung sah vor, dass die seit langem auf Wertpapiertransaktionen zu erhebende Verkehrssteuer höher anzusetzen sei, wenn der Wertpapierverkauf außerhalb des Bundesstaates New York erfolgte.1021 Hierin sah das Gericht einen Vorteil für den Wertpapierhandel innerhalb des Bundesstaates New York und zugleich eine Diskriminierung der anderen Bundesstaaten.1022 Aus Sicht des Gerichts verhinderte das geplante Änderungsgesetz eine steuerneutrale Standortentscheidung und stellte so einen Verstoß gegen die Dormant Commerce Clause dar, der im Ergebnis zu dessen Verfassungswidrigkeit führte.1023

1020 Supreme Court of the United States, BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318 (1977). 1021 BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 318 (Syllabus) und 319. 1022 BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 331. 1023 BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 331. und 337.

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Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

Das Gericht nutzte diese Entscheidung und versuchte der „case-by-case“ Entscheidungspraxis1024 im Bereich des Steuerrechts ein Ende zu setzen. Die aktuelle Rechtslage wurde vom Gericht als unbefriedigend angesehen, da der weite Entscheidungsspielraum zu Unstimmigkeiten führte und es an klaren Strukturen mangelte an denen sich die einzelnen Gliedstaaten bei der Ausübung ihrer Steuerhoheit orientieren konnten.1025 So erklärte der US-Supreme Court in der Boston Stock Exchange v. State Tax Commission Entscheidung erstmals, dass die Einhaltung der Commerce Clause den Einzelstaaten verbietet eine Steuererleichterung festzusetzen, die den innerstaatlichen Handel diskriminiert indem der lokalen Wirtschaft ein direkter ökonomischer Vorteil gewährt wird.1026 Dieser Grundsatz wurde vom Gericht als fundamentales Prinzip bezeichnet.1027 Allerdings ruderte das Gericht am Ende der Entscheidung zurück und betonte, dass es sich bei diesem Urteil nicht um eine Grundsatzentscheidung für sämtliche tax incentives handeln soll: „Our decision today does not prevent the States from structuring their tax systems to encourage the growth and development of intrastate commerce and industry. Nor do we hold that a State may not compete with other States for a share of interstate commerce; such competition lies at the heart of a free trade policy. We hold only that in the process of competition no State may discriminatorily tax the products manufactured or the business operations performed in any other State.“1028 bb) Westinghouse Electric Corporation v. Tully Auch wenn der US-Supreme Court in seiner Entscheidung BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION noch betonte, dass es sich hierbei nicht um eine Grundsatzentscheidung handeln sollte, knüpfte er doch wenige Jahre später in der Entscheidung WESTINGHOUSE ELEC. CORP. V. TULLY1029 ausdrücklich an die hierin entwickelten Grundsätze an.1030 In diesem Fall hatte das Gericht über einen Steuerfreibetrag für Mutterkonzerne zu entscheiden, der in seiner Höhe prozentual an die Exportsumme der Tochtergesellschaften aus dem Bundesstaat New York geknüpft war.1031 Im Ergebnis führte diese Regelung zu einer Begünstigung 1024 1025 1026

m.w.N. 1027

BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 329. BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 329. BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 329,

BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 329. BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 336 f. 1029 Supreme Court of the United States, WESTINGHOUSE ELEC. CORP. V. TULLY, 466 U.S. 388 (1984). 1030 WESTINGHOUSE ELEC. CORP. v. TULLY, 466 U.S. 388, 403 und 406 mit ausdrücklicher Wiedergabe der Kernaussagen des BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION Urteils: 429 U.S. 318, 331 und 336 f. 1031 WESTINGHOUSE ELEC. CORP. v. TULLY, 466 U.S. 388 (Syllabus) und 390 ff. Siehe zudem die verkürzten Zusammenfassungen bei: Edwards, 58 Mercer L. Rev. 1411, 1417 f. und Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 428 f. 1028

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derjenigen Mutterkonzerne, die den Exportstandort ihrer Tochtergesellschaften in den Bundesstaat New York legten bzw. nicht in einen anderen Bundesstaat verlegten und benachteiligte so zugleich diejenigen Mutterkonzerne, die sich für einen anderen Standort entschieden.1032 Das Gericht erklärte auch diese tax incentive Regelung aufgrund eines Verstoßes gegen die Dormant Commerce Clause für verfassungswidrig.1033 Hierbei betonte das Gericht, dass es keine Rolle spiele, ob der Steuerfreibetrag in seinem Kern einen Ansiedlungsanreiz darstelle oder ein Abwandern verhindern sollte, da jedenfalls eine steuerneutrale Standortentscheidung verhindert wurde.1034 Der Steuerfreibetrag stelle eine Diskriminierung des innerstaatlichen Handels dar, indem der lokalen Wirtschaft ein direkter ökonomischer Vorteil gewährt wurde.1035 Zudem sah das Gericht auch ausdrücklich keinen Unterschied zwischen der Einführung eines höheren Steuersatzes zum Nachteil eines anderen Bundesstaates und der Gewährung eines Steuerfreibetrages zu Gunsten des Heimatstaates.1036 cc) Bacchus Imports, Ltd. v. Dias In der Entscheidung BACCHUS IMPORTS, LTD. v. DIAS1037 hatte der US-Supreme Court über die Verfassungsmäßigkeit einer Steuerbefreiung von in Hawaii produzierten Schnäpsen zu entscheiden. Grundsätzlich wird im Bundesstaat Hawaii eine Verbrauchssteuer auf den Verkauf von Schnaps erhoben. Um die hawaiianische Likörindustrie zu stärken sollten bestimmte, mit einheimischen Zutaten hergestellte und in Hawaii produzierte Schnäpse, von genau dieser Steuer befreit werden.1038 Hierin sah der US-Supreme Court eine protektionistische Maßnahme, die gegen die Dormant Commerce Clause verstößt und somit als verfassungswidrig anzusehen ist.1039 Das Gericht verwies in seiner Argumentation ausdrücklich auf das BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION Urteil, und zitierte die hierin getroffene Entscheidung nach der kein Staat Produkte aus anderen Staaten diskriminierend besteuern darf, um so seine inländische Wirtschaft zu schützen.1040

1032 WESTINGHOUSE ELEC. CORP. v. TULLY, 466 U.S. 388, 406, wiederum mit ausdrücklichem Verweis auf BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 331. 1033 WESTINGHOUSE ELEC. CORP. v. TULLY, 466 U.S. 388, 407. 1034 WESTINGHOUSE ELEC. CORP. v. TULLY, 466 U.S. 388, 406. 1035 WESTINGHOUSE ELEC. CORP. v. TULLY, 466 U.S. 388, 406. 1036 WESTINGHOUSE ELEC. CORP. v. TULLY, 466 U.S. 388, 404. 1037 Supreme Court of the United States, BACCHUS IMPORTS, LTD. v. DIAS, 468 U.S. 263 (1984). 1038 BACCHUS IMPORTS, LTD. v. DIAS, 468 U.S. 263, 263 (Syllabus) und 265. 1039 BACCHUS IMPORTS, LTD. v. DIAS, 468 U.S. 263, 273 a.E. 1040 BACCHUS IMPORTS, LTD. v. DIAS, 468 U.S. 263, 272 mit ausdrücklichem Verweis auf BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 337.

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Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

dd) New Energy Co. v. Limbach Als vierte Entscheidung des US-Supreme Courts im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit von tax incentives, ist die Entscheidung NEW ENERGY CO. v. LIMBACH1041 zu nennen. Ein Gesetz des Bundesstaates Ohio sah vor, dass in zwei Fällen für jede verkaufte Gallone Ethanol eine Steuergutschrift auf die grundsätzlich zu erhebende Kfz-Kraftstoff-Umsatzsteuer gewährt werden sollte: (1) wenn das Ethanol in Ohio produziert wurde und (2) wenn das Ethanol zwar nicht in Ohio produziert wurde, der betreffende Bundesstaat jedoch eine entsprechende Steuersenkung für Ethanol aus Ohio vorsieht.1042 Das Gericht sah auch in dieser geplanten Steuerbefreiung eine Diskriminierung i.S.d. Dormant Commerce Clause, da bestimmten Produkten aufgrund ihrer Herkunft der Steuervorteil ausdrücklich und ohne legitimen Zweck verwehrt wurde.1043 Dass anderen Bundesstaaten bei Abschluss einer reziproken Vereinbarung ebenso die Möglichkeit eines Steuervorteils eingeräumt wurde, änderte hieran nichts.1044 Das Gericht betonte, dass reziproke Vereinbarungen als solche nicht per se verfassungswidrig seien1045, allerdings könnten die Staaten direkt diskriminierende tax incentives nicht als Waffe benutzen, um Staaten in eine solche Vereinbarung zu zwingen.1046 ee) Fazit Die Zusammenschau der ausgewählten Entscheidungen des US-Supreme Courts verdeutlicht zunächst, dass das Gericht in einer Reihe von unterschiedlichen Fällen gewährte tax incentives für verfassungswidrig erklärt hat. Hierbei mangelt es der Rechtsprechung jedoch an klaren Kriterien für die Bestimmung der Verfassungsmäßigkeit. Auch das stets zitierte, grundlegende Prinzip aus der BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION Entscheidung, nach dem die Einhaltung der Commerce Clause den Einzelstaaten die Festsetzung einer Steuervergünstigung verbietet, die den innerstaatlichen Handel diskriminiert indem der lokalen Wirtschaft ein direkter ökonomischer Vorteil gewährt wird, hält keinen strukturierten Prüfungsansatz bereit. Wann der innerstaatliche Handel in der Weise diskriminiert ist, dass ein direkter ökonomischer Vorteil an die lokale Wirtschaft gewährt wird, bleibt weiterhin zu klären. Das Gericht selbst hat seine einzelfallbetrachtende Rechtsprechung bereits in der BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE 1041

(1988). 1042

Supreme Court of the United States, NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269

NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 269 (Syllabus) und 271. NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 274 zur Einordnung als direkte Diskriminierung und 278 ff. zur Ablehnung der vorgebrachten legitimen Zwecke. 1044 NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 274 ff. 1045 NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 275 f. 1046 NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 274 mit Verweis auf die zuvor ergangene Entscheidung des US-Supreme Courts, GREAT ATLANTIC AND PACIFIC TEA COMPANY, INC. v. COTTRELL, 424 U.S. 366, 379 (1976). 1043

B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle

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TAX COMMISSION als „quagmire“1047 bezeichnet und so selbst verdeutlicht, dass es an einer eindeutigen Leitlinie mangelt.1048 b) Erfolgte wissenschaftliche Bewertung der Rechtsprechung des US-Supreme Courts im Hinblick auf Steuersubventionen Verschiedene US-amerikanische Wissenschaftler haben sich bereits mit der Frage nach den Lehren bzw. Kernaussagen dieser Entscheidungen beschäftigt und so versucht Struktur in die Entscheidungspraxis des Supreme Courts zu bringen.1049 aa) Hellerstein/Coenen – „In-State Favoritism/State-Coercion Rationale Test“ Im Jahre 1996 haben die Professoren Coenen und Hellerstein darauf hingewiesen, dass dem Wortlaut der Entscheidungen des US-Supreme Courts wohl im Ergebnis ein grundsätzliches Verbot jeglicher tax incentives entnommen werden könnte.1050 Allerdings berücksichtigten die Wissenschaftler die ausdrückliche Forderung des Gerichts nach einer Prüfung im Einzelfall und entwickelten so eine Zwei-Punkte Prüfung, die die Entscheidungspraxis des US-Supreme Courts auf zwei gemeinsame Kriterien reduziert: Das in Frage stehende Gesetz muss (1) Aktivitäten innerhalb des Gliedstaates gegenüber Aktivitäten außerhalb des Gliedstaates bevorzugen und (2) staatlichen Zwang implizieren.1051 Vorschriften der einzelnen Gliedstaaten, die die Gewährung von tax incentives beabsichtigen, sollen demnach als verfassungswidrig angesehen werden, wenn diese Kriterien kumulativ erfüllt sind.1052 Im Ergebnis führt die Anwendung dieser Zwei-Punkte Prüfung zur Verfassungswidrigkeit einer Vielzahl von steuerbegünstigenden Normen.1053 Sämtliche Ausnahmen und Reduzierungen von bestehenden Steuerforderungen sind demnach nicht vereinbar mit der Dormant Commere Clause. Allerdings ist eine Kategorie von 1047 Übersetzung „Quagmire“ – Sumpf hier als Symbol für die bestehende unklare Rechtslage, die einer Zwickmühle und somit komplizierten Situation gleicht. 1048 BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 329. Siehe zudem den ausdrücklichen Hinweis in: Zelinsky, 29 Ohio N.U. L. Rev. 29. 1049 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 428, 432 f.; Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 802 ff.; siehe zudem die Gegenüberstellung der Bewertungen in Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 324 ff. 1050 Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 802. 1051 Siehe auch den Originalwortlaut: „First the provision must favor in-state over out-ofstate activities; second, the provision must implicate the coercive power of the state.“, Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 806. Im Ergebnis nehmen Hellerstein/Coenen hiermit eine Position ein, die sie selbst als „middle-ground position“ bezeichnen, siehe hierzu: Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 803. 1052 Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 806. 1053 Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 806 f.; vgl. auch: Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’l L. 71, 94.

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Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

tax incentives nach der entwickelten Zwei-Punkte-Prüfung nicht verfassungswidrig: Steuererleichterungen, die nicht im Hinblick auf bestehende Steuern gewährt werden, sondern ihre Wirkung vielmehr erst im Hinblick auf Steuern entfalten, die erstmalig durch die Ansiedlung im jeweiligen Gliedstaat entstehen, erfüllen die zwei Voraussetzungen nicht.1054 Zum einen begünstigen diese Steuererleichterungen keine Aktivitäten im jeweiligen Mitgliedstaat, da davon ausgegangen werden muss, dass vergleichbare Erleichterungen in jedem anderen Einzelstaat zu finden sind.1055 Zudem fehlt es bei der Investitionsentscheidung an der Ausübung staatlichen Zwangs, da die erstmalige Steuererleichterung keine bestehende Steuerforderung reduziert, sondern nur neue Steuerforderungen kürzt.1056 Staatlicher Zwang wird aber nur in dem Fall erzeugt, in dem die Ansiedlungsentscheidung im jeweiligen Gliedstaat das einzige Mittel zur Steuerreduzierung ist.1057 Diese Unterscheidung führt im Ergebnis zu einer Differenzierung zwischen den einzelnen Steuerarten. Income tax credits sind demnach verfassungswidrig, da sie eine Reduzierung bestehender Steuerforderungen darstellen und so die Voraussetzungen der Zwei-Punkte-Prüfung erfüllen.1058 Im Gegensatz dazu sollen sog. Property tax exceptions nicht gegen die Verfassung verstoßen, wenn sie im Hinblick auf neue Investitionen im jeweiligen Gliedstaat gewährt werden, da es in diesem Fall an beiden Voraussetzungen des „In-State Favoritism/State-Coercion Rationale Tests“ fehlt.1059 bb) Enrich – „Antidiscrimination Principle“ Fast zeitgleich zu den Professoren Coenen und Hellerstein, hat Professor Enrich versucht Struktur in die Rechtsprechungspraxis des US-Supreme Courts zu bringen. Hierbei hat auch er zunächst betont, dass die Entscheidungspraxis des US-Supreme Courts den Eindruck einer grundsätzlichen Verfassungswidrigkeit sämtlicher tax incentives hinterlässt.1060 Allerdings hat er diesen Grundsatz auf diejenigen Steuerbegünstigungen beschränkt, die Unternehmen innerhalb des jeweiligen Gliedstaates gegenüber Unternehmen außerhalb des Gliedstaates bevorzugen und so im Ergebnis für eine einzelfallorientierte Verfassungsmäßigkeitsprüfung von tax in-

1054 Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 807; vgl. auch: Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’l L. 71, 94; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 325. 1055 So ausdrücklich für die Kategorie der property tax incentives: Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 825. 1056 So ausdrücklich für die Kategorie der property tax incentives: Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 825 f. 1057 Vgl. so für die Kategorie des investment tax credits bejahend: Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 817. 1058 Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 817. 1059 Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 825 f. 1060 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 432.

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centives anhand des sog. „Antidiscrimination principle“ plädiert.1061 Es soll darauf abgestellt werden, ob die steuerliche Begünstigung wirtschaftliche Standortentscheidungen zugunsten des eigenen Gliedstaates beeinflusst, da nur so der Schutz des freien Handels zwischen den Gliedstaaten als elementarer Zweck der Dormant Commerce Clause gewahrt werden kann.1062 Die Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Antidiskriminierung soll anhand einer praktisch orientierten Prüfung erfolgen, in der die Ziele und Auswirkungen der jeweiligen Regelung zu berücksichtigen sind.1063 Einerseits werden so sämtliche Diskriminierungen erfasst, die ausdrücklich auf die Begünstigung der inländischen Wirtschaft abzielen; andererseits können auch Vorschriften erfasst werden, die im Grundsatz einen neutralen Zweck verfolgen, im Ergebnis aber eine diskriminierende Wirkung entfalten.1064 Im Gegensatz zu dem „In-State Favoritism/State-Coercion Rationale Test“ der Professoren Coenen und Hellerstein, führt das von Enrich entwickelte Prüfungsmodell nicht zu einer Unterscheidung zwischen den einzelnen Steuerarten.1065 Vielmehr werden sämtliche Steuererleichterungen verboten, die Standortentscheidungen zugunsten des eigenen Gliedstaates beeinflussen und so im Gegensatz zum Test der Professoren Coenen und Hellerstein auch die Kategorie der Vermögenssteuer erfasst. Im Ergebnis sind sog. business location incentives nach der von Professor Enrich entwickelten Therorie per se verfassungswidrig, da diese ihrer Natur nach gezielt auf die Beeinflussung einer Standortentscheidung abzielen.1066 cc) Fazit Die dargestellten wissenschaftlichen Bewertungen der Rechtsprechung des USSupreme Courts lassen sich in drei Kernaussagen zusammenfassen. (1) Sowohl die Professoren Coenen und Hellerstein, als auch Professor Enrich lehnen eine per se Verfassungswidrigkeit von tax incentives ab und plädieren für eine Prüfung im Einzelfall. Beide Parteien weisen jedoch darauf hin, dass die gewählten Begründungsansätze des Gerichts wohl im Regelfall zu einer Verfassungswidrigkeit führen werden. (2) Die Professoren Coenen und Hellerstein wollen die Prüfung im Einzelfall anhand eines „In-State Favoritism/State-Coercion Rationale Tests“ durchfüh-

1061

Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 432. Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 456. 1063 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 432. 1064 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 432, Siehe hierzu auch die allgemeinen Ausführungen zur Inhalt der Dormant Commerce Clause bei Fn. 1002 ff. 1065 Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’l L. 71, 95 f.; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 326; Wyman, 39 Ind. L. Rev. 177, 199. 1066 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 458. 1062

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ren.1067 Die Anwendung dieses Tests führt zur Verfassungswidrigkeit sämtlicher Steuererleichterungen, die sich auf die Reduzierung bereits bestehender Steuern beziehen. Die Reduzierung erstmalig anfallender Steuern, ist hingegen nach dem „In-State Favoritism/State-Coercion Rationale Test“ nicht verfassungswidrig. (3) Die Prüfung im Einzelfall hat aus Sicht des Professoren Enrich anhand des sog. „Antisdicrimination principle“ zu erfolgen.1068 Im Ergebnis führt diese Prüfung zur Verfassungswidrigkeit sämtlicher tax incentives, die eine Begünstigung der lokalen Wirtschaft mit sich bringen. Eine Differenzierung zwischen bereits bestehenden und neu anfallenden Steuerforderungen muss hingegen nicht erfolgen, sodass der von Professor Enrich entwickelte Prüfungsmaßstab als der strengere angesehen werden muss. c) Stellungnahme aa) Keine grundsätzliche Verfassungswidrigkeit von Steuersubventionen Im Mittelpunkt der dargestellten wissenschaftlichen Bewertungen steht die Frage, ob der Rechtsprechungspraxis des US-Supreme Courts ein grundsätzliches Verbot jeglicher tax incentives im Lichte der Dormant Commerce Clause entnommen werden kann. So haben zunächst die Professoren Coenen und Hellerstein angemerkt, dass die wörtliche Auslegung der Entscheidungen des US-Supreme Courts für ein grundsätzliches Verbot jeglicher tax incentives sprechen könnte.1069 Auch Professor Enrich weist darauf hin, dass die ergangenen Urteile im Ergebnis den Eindruck eines grundsätzlichen Verbots hinterlassen und sieht ein solches auch für Ansiedlungssubventionen in Form von Steuererleichterungen als gegeben an.1070 Das Gericht argumentierte in der Entscheidung BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION unter anderem damit, dass tax incentives nur dann als verfassungsmäßig angesehen werden können, wenn sie keine steuerneutrale Entscheidung verhindern.1071 Die Einhaltung der Commerce Clause verbietet den ein1067 Zu den Voraussetzungen dieser Zwei-Punkte Prüfung, siehe die Ausführungen und Verweise bei Fn. 1051 f. 1068 Zum Inhalt des „Antidiscrimination Principles“ siehe die Ausführungen und Verweise bei Fn. 1062 f. 1069 Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 802. Im Ergebnis nehmen Hellerstein/ Coenen aber mit ihrer entwickelten Zwei-Punkte Prüfung eine Position ein, die sie selbst als „middle-ground position“ bezeichnen, siehe hierzu: Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 803 und die Ausführungen bei Fn. 1051. 1070 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 433 und 458 und die Ausführungen bei Fn.1060 und 1066. 1071 BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 331; siehe auch den Hinweis auf diese Argumentation in: Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 802.

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zelnen Gliedstaaten aus Sicht des Gerichts die Festsetzung einer Steuervergünstigung, wenn diese den innerstaatlichen Handel diskriminiert, indem der lokalen Wirtschaft ein direkter wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird.1072 Diese, vom Gericht selbst als grundlegendes Prinzip bezeichnete, Klausel wird wohl für die Mehrzahl der Steuervergünstigungen erfüllt sein. Zu Recht zweifeln die genannten Wissenschaftler zudem daran, dass es tax incentives geben wird, die eine solche steuerneutrale Entscheidung nicht verhindern, da das Ziel der Steuersubventionen doch gerade die Beeinflussung von wirtschaftlichen Entscheidungen zugunsten des eigenen Gliedstaates ist.1073 Wenn man die Rechtsprechung des US-Supreme Courts entsprechend auslegt, würde dies im Ergebnis wohl tatsächlich zu einem grundsätzlichen Verbot jeglicher tax incentives im Lichte der Dormant Commerce Clause führen.1074 Fest steht, dass der US-Supreme Court in keiner Entscheidung tax incentives für grundsätzlich verfassungswidrig erklärt hat.1075 Vielmehr hat er in der Entscheidung BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION ausdrücklich betont, dass es sich hierbei nicht um eine Grundsatzentscheidung handeln soll, sondern vielmehr eine Prüfung im Einzelfall erforderlich ist.1076 Auch wenn zu Recht gefragt werden kann, ob eine solche Prüfung im Einzelfall, unter den vom US-Supreme Court aufgestellten Kriterien, nicht stets zur Verfassungswidrigkeit einer solchen Steuerbegünstigung führt, muss die These einer grundsätzlichen Verfassungswidrigkeit von tax incentives aufgrund des ausdrücklichen Hinweises des Gerichts abgelehnt werden. Das Gericht wird der Prüfung im Einzelfall auch in Zukunft vielmehr eine differenzierende Sichtweise entgegenbringen, die im Hinblick auf die vergangene Rechtsprechung des US-Supreme Courts nicht auf ein striktes Verbot beschränkt werden kann.1077 bb) Bewertung der entwickelten Theorien im Lichte des CUNO-Cases (1) DaimlerChrysler Corp v. Cuno Im Jahre 2006 musste sich der US-Supreme Court ein weiteres Mal mit der Verfassungsmäßigkeit von tax incentives auseinandersetzen. Im Fall DAIMLER1072

BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION, 429 U.S. 318, 329. Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 802; vgl. auch: Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’l L. 71, 93. 1074 Das mit dieser wörtlichen Auslegung entwickelte Verbot soll dann auch für sämtliche Steuerarten gelten, unabhängig davon ob es sich um eine Reduzierung der Einkommenssteuer, der Umsatzsteuer oder der Vermögenssteuer handelt, Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 802 ff. Siehe auch: Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’l L. 71, 93. 1075 Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’l L. 71, 86. 1076 Vgl. die Ausführungen zu der Entscheidung BOSTON STOCK EXCHANGE v. STATE TAX COMMISSION und insbesondere den Begleittext zu Fn. 1028. 1077 So im Ergebnis auch: Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 805; Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’l L. 71, 93. 1073

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CHRYSLER CORP v. CUNO1078 hatte das Gericht über die Klage einer Gruppe von Privatpersonen aus dem Bundesstaat Ohio zu entscheiden, die sich gegen steuerliche Erleichterungen richtete, die die Stadt Toledo dem Großkonzern DaimlerChrysler für den Ausbau der Werke in Toledo gewährt hatte. Mit einer Senkung der Vermögensund Franchisesteuer wollte die Stadt Toledo die Standortentscheidung von DaimlerChrysler beeinflussen.1079 Hierin sahen die Kläger eine Verfälschung des Wettbewerbs zwischen den einzelnen Gliedstaaten in den Vereinigten Staaten von Amerika und argumentierten so für einen Verstoß gegen die Dormant Commerce Clause.1080 Dieser Sicht stimmte der Sixth Circuit Court of Appeal zumindest im Hinblick auf den gewährten Investment Tax Credit zu1081 und erzeugte so einen Aufschrei der Vertreter in Wirtschaft und Politik.1082 Sie befürchteten verstärkte Eingriffe des Supreme Courts in die bislang geltende Steuerhoheit der einzelnen Bundesstaaten.1083 Der US-Supreme Court löste die angespannte Situation auf seine eigene Weise und erklärte die Individualkläger für nicht klageberechtigt, ohne zu der eigentlichen, materiellen Frage Stellung zu beziehen.1084 Auch dies stieß wiederum auf Kritik und führte zu einer Forderung nach klaren Regelungen des Bundes, die ausdrücklich die Zulässigkeit solcher Steuervorteile im Standortwettbewerb normieren.1085 (2) United States Court of Appeal wendet den „In-State Favoritism/State-Coercion Rationale Test“ der Professoren Coenen und Hellerstein an Der United States Court of Appeal hat in der vorinstanzlichen Entscheidung des CUNO-Cases die von den Professoren Coenen und Hellerstein entwickelte ZweiPunkte Prüfung angewendet und der Theorie entsprechend im konkreten Fall zwischen den einzelnen Steuerarten differenziert.1086 Der Investment Tax Credit erfüllte

1078 Supreme Court of the United States, DAIMLERCHRYSLER CORP. v. CUNO, 547 U.S. 332 (2006). 1079 DAIMLERCHRYSLER CORP. v. CUNO, 547 U.S. 332, 332 (Syllabus) und 338 f. 1080 DAIMLERCHRYSLER CORP. v. CUNO, 547 U.S. 332, 339 und United States Court of Appeal, 6th Circuit, CUNO v. DAIMLERCHRYSLER, Inc. 386 F.3d 738, 741 (2004). 1081 CUNO v. DAIMLERCHRYSLER, Inc. 386 F.3d 738, 746. In der gewährten Porperty Tax Exception sah hingegen auch der Court of Appeals keinen Verstoß gegen die Dormant Commerce Clause, CUNO v. DAIMLERCHRYSLER, Inc. 386 F.3d 738, 748. 1082 Schenk, EStAL 2006, 3, 5. 1083 Vgl. Schenk, EStAL 2006, 3, 4. 1084 DAIMLERCHRYSLER CORP. v. CUNO, 547 U.S. 332, 354. 1085 Siehe so etwa die Einbringung des Economic Development Acts 2005 und 2007 im US House of Representatives und im US Senate, siehe hierzu Fn. 977 – 979 und dazugehörigen Text. 1086 United States Court of Appeal, 6th Circuit, CUNO v. DAIMLERCHRYSLER, Inc. 386 F.3d 738, 743 und 747 f. (2004). Siehe zudem zur Zwei-Punkte Prüfung („In-State Favoritism/

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die entwickelte Zwei-Punkte-Prüfung und wurde demnach als verfassungswidrig angesehen, da er als Reduzierung einer bestehenden Forderung (1) eine Ansiedlung im eigenen Gliedstaat gegenüber einer Ansiedlung außerhalb des Gliedstaates bevorzugte und (2) als einzige Option zur Erlangung der Steuererleichterung auch staatlichen Zwang bei der Standortentscheidung implizierte.1087 Im Gegensatz dazu wurde in der Personal Property Tax Exception kein Verstoß gegen die Dormant Commerce Clause gesehen, da es hier an den Voraussetzungen des „In-State Favoritism/State-Coercion Rationale Tests“ fehlte.1088 Insbesondere mangelte es am Zwang zur Ansiedlung im Bundesstaat Ohio, da die Property Tax Exception nicht an eine bestehende Steuerforderung geknüpft war, sondern vielmehr die Reduzierung einer erstmalig anfallenden Steuer darstellte.1089 Auch wenn das Gericht nicht ausdrücklich zu der von Professor Enrich entwickelten Theorie Stellung bezogen hat, wird in der expliziten Anwendung der Zwei-Punkte-Prüfung der Professoren Coenen und Hellerstein zu Recht eine Ablehnung des „Antidiscrimination principles“ gesehen.1090 (3) Schlussfolgerungen Wieviel Bedeutung dieser Rechtsprechung beigemessen werden kann, ist allerdings weiterhin fraglich. Der US-Supreme Court hat in seiner CUNO-Entscheidung keinerlei Aussagen zu den materiellen Fragen des Falles gemacht, sondern den Antrag vielmehr wegen mangelnder Klageberechtigung der Gruppe von Privatpersonen abgelehnt.1091 Im Ergebnis kann deshalb wohl weder von einer grundlegenden Ablehnung des von Prof. Enrich entwickelten „Antidiscrimination principles“, noch von einer andauernden Zustimmung zum „In-State Favoritism/State-Coercion Rationale Test“ der Professoren Coenen und Hellerstein ausgegangen werden. Die Rechtsprechung des United States Court of Appeal im CUNO-Case wird in Zukunft wohl vielmehr als weitere Auslegungshilfe dienen und demnach nicht die erhoffte und zudem notwendige Klarheit bieten. Zudem mangelt es beiden Theorien an der erforderlichen klaren und praxisgerechten Prüfungsstruktur. Beide Theorien sind im Ergebnis von einer Abwägung im konkreten Fall geprägt, welche jegliche verlässliche Auskunft verhindert. Verständlich sind deshalb die weiterhin bestehenden Forderungen nach einer ausdrücklichen Klärung der verfassungsrechtlichen Beurteilung von tax incentives durch ein Bundesgesetz des US-Kongresses.1092 Es wurde jedoch bereits dargestellt, wie schwer eine tatsächliche Verabschiedung eines solState-Coercion Rationale Test“) und der Differenzierung der einzelnen Steuerarten die Ausführungen bei Fn. 1051 ff. 1087 CUNO v. DAIMLERCHRYSLER, Inc. 386 F.3d 738, 743 f. 1088 CUNO v. DAIMLERCHRYSLER, Inc. 386 F.3d 738, 747 f. 1089 CUNO v. DAIMLERCHRYSLER, Inc. 386 F.3d 738, 747 f.; mit ausdrücklichem Verweis auf: Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 806 – 809. 1090 Wyman, 39 Ind. L. Rev. 177, 200. 1091 DAIMLERCHRYSLER CORP. v. CUNO, 547 U.S. 332, 354. 1092 Vgl. hierzu die Ausführungen bei S. 179 ff.

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chen Gesetzes in der Praxis ist, da die politischen Positionen im US-Kongress konträre Standpunkte einnehmen.1093 Trotzdem sollte ein die Vergabe von tax incentives beschränkendes Bundesgesetz, das langfristige Ziel einer effektiven Subventionskontrolle innerhalb der Grenzen der Vereinigten Staaten von Amerika sein. cc) Fazit Die Vergabe von tax incentives ist in den Vereinigten Staaten von Amerika nicht per se unvereinbar mit der Dormant Commerce Clause. Vielmehr wird eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalles gefordert. Sowohl die ergangene Rechtsprechung in diesem Bereich, als auch die darauf folgenden wissenschaftlichen Bewertungen lassen eine klare Struktur für die Prüfung im Einzelfall vermissen. Eine verlässliche Aussage über die Vereinbarkeit von tax incentives mit der Dormant Commerce Clause kann nicht erfolgen. Allerdings gibt die ergangene Rechtsprechung des US-Supreme Courts eine Tendenz vor. Tax incentives zielen im Regelfall auf die Beeinflussung einer wirtschaftlichen Investitionsentscheidung zu Gunsten des eigenen Gliedstaates ab und diskriminieren somit zugleich einen konkurrierenden Gliedstaat. Tax incentives verhindern folglich steuerneutrale Investitionsentscheidungen und verfälschen so den innerstaatlichen Wettbewerb. Das Gericht hat einen Verstoß gegen die Dormant Commerce Clause immer dann angenommen, wenn eben eine solche steuerneutrale Investitionsentscheidung nicht mehr möglich war. Da jedoch auch diese Tendenz keine verlässliche Bewertung der Verfassungsmäßigkeit von tax incentives ermöglicht, ist weiterhin eine ausdrückliche Klärung durch des US-Kongress wünschenswert. 2. Subventionskontrolle von direkten Subventionen Im letzten Abschnitt wurde gezeigt, dass der US-Supreme Court im Bereich der tax incentives bereits eine Reihe von Entscheidungen erlassen hat, die allesamt Fälle widerspiegelten in denen das Gericht tax incentives für nicht vereinbar mit der Dormant Commerce Clause erklärt hat. Allerdings wurde zudem deutlich, dass die ergangene Rechtsprechung keine strukturierte und praxisgerechte Lösung für die Entscheidung im jeweiligen Einzelfall bereithält. Gleiches gilt für die Strukturversuche der Literatur, die allesamt keine verlässliche Auskunft ermöglichen. Diese unbefriedigende Rechtslage wird im Bereich der direct subsidies noch verschärft. In diesem Bereich kann auf keinerlei konkrete Rechtsprechung des USSupreme Courts zurückgegriffen werden. Allerdings wurden die direkten Subventionen und ihre Vereinbarkeit mit der Dormant Commerce Clause in verschiedenen Entscheidungen am Rande angesprochen. Im Folgenden werden diese Entschei1093

Vgl. hierzu die Ausführungen bei S. 179 ff.

B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle

199

dungen und ihre Aussagen zunächst kurz dargestellt. Anschließend erfolgt eine Zusammenschau der wissenschaftlichen Betrachtungen, um anschließend grundsätzliche Schlussfolgerungen für die Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen ziehen zu können. a) Zusammenschau der ergangenen Rechtsprechung des US-Supreme Courts im Hinblick auf direkte Subventionen aa) New Energy Co. v. Limbach Die Entscheidung des US-Supreme Courts NEW ENERGY CO. v. LIMBACH1094 wurde bereits in der Rechtsprechungszusammenschau im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit von tax incentives dargestellt.1095 Der Schwerpunkt des Falles war auch in diesem Bereich zu sehen, da das Gericht im Kern über die Verfassungsmäßigkeit einer durch den Bundesstaat Ohio gewährten Kfz-Kraftstoff-Umsatzsteuergutschrift zu entscheiden hatte, die insbesondere dann gewährt werden sollte, wenn das Ethanol im Bundesstaat Ohio produziert wurde. Das Gericht sah hierin einen Verstoß gegen die Dormant Commerce Clause und erklärte das Gesetz für verfassungswidrig. Zumindest in einem Obiter Dictum hat der US-Supreme Court dann allerdings auch die Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen angesprochen.1096 Hierbei wies das Gericht darauf hin, dass es sehr wohl gesehen hat, dass Indiana, als Heimatgliedstaat des Klägers, die lokale Ethanolproduktion durch direkte Subventionen unterstützt und das Klägerunternehmen New Energy Co. of Indiana auch einen Anspruch auf eine solche Förderung hätte.1097 Dies habe aber keinen Einfluss auf die Verfassungswidrigkeit der von Ohio gewährten tax incentives, da man keinen Umkehrschluss aus der angenommenen Verfassungsmäßigkeit der direkten Subventionen im Einzelstaat Indiana ziehen dürfe1098, auch wenn die praktische Wirkung wohl als vergleichbar angesehen werden müsse.1099 Vielmehr hielt das Gericht fest, dass die direkte Subventionierung der lokalen Wirtschaft in der Regel nicht gegen die 1094

(1988). 1095

Supreme Court of the United States, NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269

Siehe die Ausführungen auf S. 190 f. NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 278, siehe auch zu diesem Obiter Dictum: Coleman, 89 Marq. L. Rev. 583, 591. 1097 NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 278. 1098 Siehe hier den ausdrücklichen Wortlaut in der Entscheidung, NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 278: „To believe the Indiana Scheme is valid, however, is not to believe that the Ohio scheme must be valid as well.“ 1099 So wies das Gericht ausdrücklich darauf hin, dass die in Indiana gewährte direkte Subvention im Vergleich zur Steuererleichterung in Ohio wohl keine weniger diskriminierende Wirkung entfalte und auch nicht weniger effektiv in der Schaffung wirtschaftlicher Vorteile gegenüber Konkurrenten aus anderen Gliedstaaten sei: NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 278. Siehe auch: Coleman, 89 Marq. L. Rev. 583, 591. 1096

200

Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

Dormant Commerce Clause verstößt, dies aber für eine diskriminierende Steuererleichterung sehr wohl angenommen werden muss.1100 bb) West Lynn Creamery, Inc. v. Healy (1) Entscheidung des Gerichts In der Entscheidung WEST LYNN CREAMERY, INC. V. HEALY1101 hatte der US-Supreme Court, über die Verfassungsmäßigkeit einer zweistufigen Begünstigung von Milchproduzenten aus Massachusetts zu entscheiden.1102 Alle im Bundesstaat Massachusetts tätigen Milchhändler hatten in einem ersten Schritt eine Abgabe zu leisten, die in ihrer Höhe an den jeweiligen Umsatz geknüpft war.1103 Der Produktionsort der Milch spielte für die Abgabenforderung keine Rolle, vielmehr mussten sämtliche in Massachusetts tätigen Milchhändler eine Abgabe in den sog. „Massachusetts Dairy Equalization Fund“ abführen. Die gesammelten Fondmittel kamen im Anschluss wiederum nur den Milchproduzenten aus Massachusetts zugute, die in einem zweiten Schritt direkte Subventionen aus dem Fond erhielten.1104 Die gewährten direkten Subventionen überstiegen die Höhe der eingeforderten Abgaben im Ergebnis in beachtlichem Umfang.1105 Der US-Supreme Court untersuchte die praktischen Effekte dieser zweistufigen Begünstigung und kam zu dem Ergebnis, dass die Anordnung zur Abgabenzahlung in ihrem praktischen Effekt einer Steuer gleichkommt und in Kombination mit der Mittelvergabe an die heimische Milchproduktion eindeutig als verfassungswidrig einzustufen sei.1106 Auch wenn die Abgabe im ersten Schritt von allen Milchhändlern abgeführt werden musste, benachteiligte sie am Ende nur Milchproduzenten außerhalb des Bundesstaates, da die heimischen Milchproduzenten durch die direkten Subventionen wieder ausbezahlt wurden.1107 Das Gericht sah hierin eine starke Ähnlichkeit zur Entscheidung BACCHUS IMPORTS, LTD. V. DIAS1108, da das vom 1100 Siehe hier den ausdrücklichen Wortlaut in der Entscheidung, NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 278: „Direct subzidiation of domestic industry does not ordinarily run afoul of that prohibition; discriminatory taxation of out-of-state manufacturers does.“ 1101 Supreme Court of the United States, WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186 (1994). 1102 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 186 (Syllabus) und 188. 1103 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 190 f. 1104 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 191. 1105 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 191; siehe zudem: Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 431 mit ausdrücklichem Verweis auf Fußnote 8 der Entscheidung, in der der erzielte und an die lokalen Milchhändler weitergegebene Überschuss ausdrücklich erwähnt wurde. 1106 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 194. 1107 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 194 f. 1108 BACCHUS IMPORTS, LTD. v. DIAS, 468 U.S. 263, siehe zudem die Ausführungen bei den Fn. 1037 ff.

B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle

201

Bundesstaat Massachusetts entworfene System, parallel zur erhobenen Steuer in Hawaii, eindeutig auf die Begünstigung der lokalen Produktion einer bestimmten Ware abzielte und so im Ergebnis einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten aus anderen Bundesstaaten schaffte.1109 Die Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen wurde allerdings auch in diesem Fall wieder nur am Rande angesprochen.1110 Die Beklagten in WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY hatten versucht, das Gericht von einer getrennten Betrachtung der einzelnen Schritte zu überzeugen. Aus ihrer Sicht müsse das entwickelte Subventionssystem als verfassungsmäßig angesehen werden, da (1) die Abgabenerhebung als solche alle Milchhändler betreffe und somit nicht als diskriminierend im Sinne der Dormant Commerce Clause angesehen werden könne und (2) die davon getrennt zu betrachtende gewährte direkte Subvention auch nicht gegen die Dormant Commerce Clause verstoße.1111 Das Gericht ließ die materielle Bewertung der zu trennenden Einzelelemente im konkreten Einzelfall offen und stellte lediglich fest, dass eine solche getrennte Prüfung nicht zu befürworten sei, da vielmehr eine praktische Gesamtabwägung durchgeführt werden muss.1112 In diesem Zusammenhang stellte das Gericht in einer Fußnote klar, dass es sich selbst nie gezielt mit der Verfassungsmäßigkeit von direkten Subventionen auseinandergesetzt hat und es dies auch in diesem Fall nicht tun wird.1113 Trotzdem verwies das Gericht innerhalb der Fußnote ausdrücklich auf die Aussagen in NEW ENERGY CO. v. LIMBACH1114 und die hier in einem Obiter Dictum getroffene Aussage, nach der direkte Subventionen nicht gegen die Dormant Commerce Clause verstoßen.1115 Innerhalb der Entscheidungsgründe stellte das Gericht wiederum ausdrücklich klar, dass eine „reine“ Subvention, die aus allgemeinen Steuereinnahmen finanziert wird, lediglich die lokale Industrie begünstigt und in der Folge den innergemeinschaftlichen Handel nicht belastet.1116

1109

WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 196 f. WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 199 Fn. 15. 1111 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 198 ff. 1112 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 200 ff. 1113 Siehe den ausdrücklichen Wortlaut: „We have never squarely confronted the constitutionality of subsidies, and we need not do so now.“ WEST LYNN CREAMERY, INC. V. HEALY, 512 U.S. 186, 199 Fn. 15. 1114 NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269. 1115 Siehe den ausdrücklichen Wortlaut: „We have, however, noted that „[d]irect Subsidization of domestic industry does not ordinarily run afoul“ of the negative Commerce Clause“. WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 199 Fn. 15 mit Verweis auf NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 278. 1116 Siehe den ausdrücklichen Wortlaut: „A pure subsidy funded out of general revenue ordinarily imposes no burden on interstate commerce, but merely assists local business.“, WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 199. 1110

202

Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

(2) Dissenting Opinion der Richter Rehnquist und Blackmun Die Richter Rehnquist und Blackmun haben in WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY der Entscheidung des US-Supreme Courts widersprochen.1117 Hierbei haben sie insbesondere die knappe Befassung des Gerichts mit den direkten Subventionen kritisiert und darauf aufmerksam gemacht, dass der US-Supreme Court selbst vermehrt darauf hingewiesen hat, dass die Police Power es den einzelnen Bundesstaaten ermöglicht Maßnahmen zu tätigen, die die lokale Industrie unterstützt.1118 Zudem habe das Gericht in der Entscheidung NEW ENERGY CO. v. LIMBACH ausdrücklich entschieden, dass direkte Subventionen nicht unvereinbar mit der Dormant Commerce Clause sind.1119 Aus Sicht der widersprechenden Richter, steht der bloße Hinweis in der Fußnote im Widerspruch zu etablierten Prinzipien und wird demzufolge der geltenden Rechtslage nicht gerecht.1120 (3) Bewertung Die Entscheidung des US-Supreme Courts in WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALYund seine hierin im Hinblick auf direkte Subventionen getroffenen Aussagen sind differenziert zu bewerten. Zum einen ist der Hinweis der Richter Rehnquist und Blackmun durchaus begründet, da sicherlich nicht grundlegend festgestellt werden kann, dass sich das Gericht zuvor nie mit direkten Subventionen befasst hat. Zum anderen muss dem Gericht insofern zugestimmt werden, als dass bis heute keine Entscheidung existiert, die in ihrem Kern zur Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen Stellung bezieht. Auch die ausdrückliche Aussage in NEW ENERGY CO. v. LIMBACH wurde nur in einem Obiter Dictum angeführt und kann deshalb nicht als verbindliche Leitaussage angesehen werden. Die Entscheidung WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY war hingegen ideal geeignet, um eine verbindliche Leitlinie für die Verfassungsmäßigkeit von tax incentives und direkten Subventionen festzulegen. So hätte das Gericht ausdrückliche Aussagen zu beiden Einzelbereichen treffen können, und im Ergebnis trotzdem die Kombination beider Möglichkeiten für verfassungswidrig erklären können. Das Gericht hat sich allerdings für den vermeintlich leichteren und möglicherweise weniger kritikanfälligeren Weg entschieden und die Bewertung der Verfassungsmäßigkeit der einzelnen Schritte im Ergebnis dahinstehen lassen. Dessen ungeachtet hat das Gericht dennoch erwähnt, dass zumindest „reine“ Subventionen, die aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden, nicht gegen die Dormant Commerce Clause verstoßen, da sie nur die lokale Industrie begünstigen, ohne den innerstaatlichen Handel zu beeinträchtigen.1121 Insbesondere 1117

Dissenting Opinion Rehnquist und Blackmun, WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 212 ff. Siehe hierzu: Coenen, 107 Yale L.J. 965, 1016. 1118 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 213 mit Verweis auf: BACCHUS IMPORTS, LTD. v. DIAS, 468 U.S. 263, 271. 1119 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 213. 1120 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 213. 1121 WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY, 512 U.S. 186, 199.

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diese Aussage des Gerichts spricht im Ergebnis wiederum dafür, dass direkte Subventionen wohl als vereinbar mit der Dormant Commerce Clause angesehen werden können.1122 Trotzdem ist die Entscheidung des Gerichts zu bedauern, da erneut eine Möglichkeit zur verbindlichen Klärung ungenutzt versäumt wurde. cc) Fazit Auch im Bereich der direkten Subventionen liefert der US-Supreme Court keine verlässliche, rechtliche Leitlinie. Am Rande verschiedener Entscheidungen befasst sich das Gericht zwar mit der Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen und tritt im Rahmen eines Obiter Dictums sogar für deren grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit ein. Trotzdem ruderten die Richter später selbst zurück und betonten, dass sie selbst nie zu diesem Thema entschieden haben. Welche rechtliche Bedeutung dieser Aussage beigemessen werden kann ist fraglich. Jedenfalls hat der US-Supreme Court niemals ausdrücklich entschieden, dass direkte Subventionen verfassungswidrig sind. Die Aussagen des Gerichts sprechen wohl auch nach WEST LYNN CREAMERY, INC. v. HEALY weiterhin dafür, dass die Richter sich im Ernstfall für die Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen aussprechen würden. Eine solche Vermutung anhand verschiedener Entscheidungsfetzen des Gerichts, hilft der Praxis jedoch nicht weiter. Es bleibt vielmehr eine verbreitete Rechtsunsicherheit bestehen, die wohl nur durch eine ausdrückliche und rechtsverbindliche Aussage des USSupreme Courts aufgelöst werden kann. b) Wissenschaftlicher Meinungsstand zur Vereinbarkeit von direkten Subventionen mit der Dormant Commerce Clause Die wissenschaftliche Praxis befasst sich häufig erst im Nachhinein mit den rechtlichen Fragestellungen bereits ergangener Entscheidungen des Gerichts. Insofern nimmt die Betrachtung der Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen durch Wissenschaft und Praxis eine Sonderstellung ein, da diese losgelöst von möglicherweise bindenden Präzedenzfällen erfolgen konnte.1123 Im Kern orientierte sich die wissenschaftliche Bewertung der Verfassungsmäßigkeit von direkten Subventionen dann aber doch an bereits entschiedenen Fällen. Zum einen versuchte die wissenschaftliche Praxis Parallelen zu den im Bereich der tax incentives ergangenen Entscheidungen herzustellen, bzw. untersuchte ob es hier einen berechtigten Grund für eine andere Wertung gibt. Zum anderen bewerteten die Autoren die Zusammenschau sämtlicher Aussagen des Gerichts im Hinblick auf die Vereinbarkeit direkter Subventionen mit der Dormant Commerce Clause.

1122 1123

So auch: Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’l L. 71, 99. Denning, Bittker on Regulation Interstate & Foreign Commerce, § 6.07[K].

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Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

aa) Direkte Subventionen vereinbar mit der Dormant Commerce Clause Die Bewertungen der Wissenschaft kommen im Kern zu einem einheitlichen Ergebnis – direkte Subventionen sind vereinbar mit der Dormant Commerce Clause.1124 Im Wesentlichen stützen sich die Autoren hierbei auf zwei Begründungsansätze: (1) Die Urteile in denen der US-Supreme Court die Verfassungsmäßigkeit von direkten Subventionen erwähnt hat sprechen aus Sicht der Autoren dafür, dass direkte Subventionen nicht gegen die Dormant Commerce Clause verstoßen. (2) Zudem fällt die Gewährung direkter Subventionen, zumindest wenn die Subventionsmittel aus staatlichem Vermögen stammen, unter die vom Gericht entwickelte Market-Participant-Exception, sodass die Dormant Commerce Clause im Falle direkter Subventionen nicht anzuwenden ist. (1) Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen – Herleitung aus der Rechtsprechung des US-Supreme Courts In einem ersten Schritt leiten die wissenschaftlichen Autoren die Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen unmittelbar aus der Rechtsprechung des US-Supreme Courts her.1125 Hierbei erkennen die Autoren zwar an, dass der US-Supreme Court selbst ausdrücklich betont hat, dass er nie zu der Verfassungsmäßigkeit von direkten Subventionen Stellung bezogen hat, sehen jedoch trotzdem in den getroffenen Aussagen des Gerichts ein eindeutiges Plädoyer für deren Verfassungsmäßigkeit.1126 Diese von Justice Stevens im Namen des Gerichts getroffene Aussage dürfe nicht als Vorwarnung für eine folgende Abkehr von der in NEW ENERGY CO. v. LIMBACH ausdrücklich erwähnten Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen interpretiert werden.1127 Dies belegt das Gericht selbst, indem es im Anschluss an die Erwähnung des mangelnden ausdrücklichen Urteils, gezielt auf das in NEW ENERGY CO. v. LIMBACH erlassene Obiter Dictum verweist und so klarstellt, dass direkte Subventionen grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar sind.1128 Sollte der US-Supreme Court tatsächlich zu der Vereinbarkeit von direkten Subventionen mit der Dormant Commerce Clause entscheiden müssen, sprechen aus Sicht der wis-

1124 Hellerstein, in: Ehlermann/Everson, ECLA 1999, State Aid, S. 577, 588; Hellerstein/ Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 846; Little, Hamline L. Rev. 849, 874; Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’L. 71, 99; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 324. 1125 Coenen, 107 Yale L.J. 965, 977; Drahozal ,74 Washington University Law Quarterly, 1127, 1137 ff.; Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 838 ff.; Little, Hamline L. Rev. 849, 872 f.; Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’L. 71, 96 ff. 1126 Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 839, 844; Little, Hamline L. Rev. 849, 871; Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’L. 71, 100; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 324 Fn. 130. 1127 Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 839 f.; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 324 Fn. 130. 1128 Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 839.

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senschaftlichen Autoren sämtliche Aussagen des Gerichts dafür, dass die Richter direkte Subventionen für verfassungsmäßig erklären würden.1129 (2) Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen – Herleitung aus der Market-Participant-Exception Zudem wird die Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen aus der Ratio der sog. Market-Participant-Exception hergeleitet.1130 Die richterrechtlich entwickelte Ausnahme soll dem Staat ermöglichen wie ein privater Marktteilnehmer zu handeln und ihn in den Fällen in denen er nicht als regulierende Kraft auftritt von den Vorgaben der Dormant Commerce Clause befreien.1131 Hieraus folgern die wissenschaftlichen Autoren, dass dem Staat genauso wie einem privaten Marktteilnehmer ermöglicht werden müsse, seine erzielten Gewinne zur Förderung der lokalen Wirtschaft einzusetzen.1132 Auch wenn die Entscheidungen zur Market-ParticipantException dies nicht ausdrücklich anordnen1133, sollen direkte Subventionen, die unmittelbar aus dem staatlichen Vermögen gewährt werden, demnach nicht gegen die Dormant Commerce Clause verstoßen.1134 (3) Bewertung Die wissenschaftlichen Autoren plädieren im Ergebnis alle für die Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen und verneinen folglich einen Verstoß gegen die Dormant Commerce Clause. Dieses Ergebnis leiten sie aus einer Zusammenschau der ergangenen Rechtsprechung des US-Supreme Courts und der sog. MarketParticipant-Exception her. Die rechtliche Gestaltung dieses Ergebnisses lassen die wissenschaftlichen Analysen allerdings dahinstehen. Zum einen könnte angenommen werden, dass der Anwendungsbereich der Dormant Commerce Clause bei der Vergabe direkter Subventionen nicht eröffnet wird.1135 Hiergegen ist allerdings 1129

874.

Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’L. 71, 100; vgl. zudem auch: Little, Hamline L. Rev. 849,

1130 Collins, 63 N.Y.U. L. Rev. 43, 98 ff.; Drahozal ,74 Washington University Law Quarterly, 1127, 1139 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 442; Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 845 f.; Little, Hamline L. Rev. 849, 873 f.; Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’L. 71, 100; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 324. 1131 Vgl. hierzu die Ausführungen bei den Fn. 1012 ff. 1132 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 442; Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 845 f.; Little, Hamline L. Rev. 849, 873 f.; Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’L. 71, 100. 1133 Ebenso: Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 443. 1134 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 442; Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 845 f.; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 324. 1135 Hierfür spricht etwa die Formulierung von Professor Drahozal, 74 Washington University Law Quarterly, 1127, 1137 f.: „… the Supreme Court has concluded that the dormant Commerce Clause simply does not apply to subsidies, …“ sowie die Formulierung von Professor Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 442: „… that such subsidies are not subject tot he Commerce Clause‘s antidiscrimination principle.“

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Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

einzuwenden, dass direkte Subventionen, insbesondere im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen Auswirkungen, in vergleichbarer Weise zu bewerten sind wie tax incentives.1136 Eine grundsätzliche Ausnahme direkter Subventionen vom Anwendungsbereich der Dormant Commerce Clause lässt sich deshalb wohl schwerlich vertreten. Die Autoren leiten die Verfassungsmäßigkeit der direkten Subventionen allerdings zu einem großen Teil aus der sog. Market-Participant-Exception her.1137 Hierbei handelt es sich um eine richterrechtlich entwickelte Ausnahme zu den Prinzipien der Dormant Commerce Clause. Dieser rechtliche Gestaltungsansatz ist vorzugswürdig. Direkte Subventionen unterfallen somit dem Anwendungsbereich der Dormant Commerce Clause und verstoßen zudem grundsätzlich auch gegen deren rechtliche Vorgaben. Das Ergebnis der Verfassungsmäßigkeit wird über die entwickelte Ausnahme der sog. Market-Participant-Exception hergeleitet. Im Ergebnis handelt es sich somit um eine richterrechtliche Korrektur des grundsätzlichen Verstoßes. Dieser rechtliche Gestaltungsansatz entspricht im Wesentlichen der bereits dargestellten rechtlichen Grundstruktur des Europäischen Beihilferechts. Auch hier wird zunächst überprüft, ob die Subvention gegen das grundsätzliche Verbot staatlicher Beihilfen (Art. 107 Abs. 1 AEUV) verstößt. Erst in einem zweiten Schritt werden die geltenden Ausnahmebestimmungen berücksichtigt. bb) Strikte Trennung zwischen direkten Subventionen und Steuersubventionen Das gefundene Ergebnis der wissenschaftlichen Analysen führte für die Autoren zu einem Folgeproblem. Wenn direkte Subventionen grundlegend als verfassungsmäßig angesehen werden sollen, müssen diese streng von Steuersubventionen unterschieden werden. Tax incentives sind zwar nicht per se verfassungswidrig, trotzdem wird der ergangenen Rechtsprechung eine starke Tendenz für eine Negativbescheidung der gebotenen Einzelfallprüfung entnommen.1138 Die wissenschaftlichen Autoren fragten sich in der Folge zu Recht, ob und wie eine solche strikte Trennung tatsächlich gerechtfertigt werden kann. (1) Rechtfertigung der strikten Trennung aufgrund von wesentlichen Unterscheidungsmerkmalen Die wissenschaftliche Gemeinschaft hat zwar anerkannt, dass die einzelnen Subventionsformen in ihren wirtschaftlichen Wirkungen nicht streng voneinander unterschieden werden können1139, trotzdem sieht sie teilweise eine Reihe von we1136 So etwa Rosen, S. 293 „In effect, a subsidy is just a negative tax, and like a tax, it is associated with an excess burden“. Siehe zudem die Ausführungen und weiteren Nachweise bei S. 206. 1137 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 205. 1138 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 187 ff. 1139 Collins, 63 N.Y.U. L. Rev. 43, 98; Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 442; Hellerstein/ Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 835, 868.

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sentlichen Unterscheidungskriterien.1140 So wird ein zentraler Unterschied in der formellen Strukturierung der Subventionsvergabe gesehen. Im Gegensatz zu direkten Subventionen müssen tax incentives nicht im jeweiligen Einzelfall bzw. in der jährlichen Mittelzuweisung im Haushalt genehmigt werden.1141 Sie werden vielmehr durch das jeweilige Steuergesetz legitimiert und deshalb im Haushalt pauschal veranschlagt. Eine konkrete Befassung mit der einzelnen Subvention findet somit nicht statt.1142 Ein weiterer, daraus folgender Unterschied ist, dass tax incentives im Voraus nicht hinreichend kalkuliert werden können, sondern vielmehr davon abhängen inwiefern von der steuerlichen Ausnahmevorschrift Gebrauch gemacht wird.1143 Bei der Vergabe direkter Subventionen werden die staatlichen Organe bereits im Voraus zu einer stärkeren Befassung mit den Zielen und Konsequenzen ihrer Entscheidung gezwungen.1144 Schlussendlich führe die strikte Trennung somit im Ergebnis zu einer effektiveren Subventionsvergabe durch direkte Subventionen.1145 Einen anderen Ansatzpunkt wählt Professor Drahozal, der die unterschiedliche Behandlung von tax incentives und direct subsidies mit der größeren wirtschaftlichen Effektivität von direkten Subventionsgewährungen begründet.1146 Die von der Wissenschaft angeführten Begründungen für die unterschiedliche Behandlung von tax incentives und direct subsidies im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit der Dormant Commerce Clause lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Da direkte Subventionen bereits im Voraus einer stärkeren Kontrolle unterzogen werden ist eine weitere Überprüfung nicht notwendig. Anders sieht dies für tax incentives aus, die aufgrund der abweichenden formellen Strukturierung bei der Subventionsvergabe im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Vereinbarkeit mit der Dormant Commerce Clause erstmals einer Kontrolle unterzogen werden. Die daraus folgende verstärkte Wahl direkter Subventionen entspreche zudem dem Ziel einer effektiveren Subventionsvergabe, da dies eine verstärkte Befassung im Vorfeld der Vergabeentscheidung beinhalte und direkte Subventionen zudem bereits aus wirtschaftlicher Sicht die angestrebten Ziele effektiver erreichen.

1140 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 442; Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 869 mit Verweis darauf, dass „Commentators“ have explained that subsidies differ from tax breaks for a variety of reasons.“. Siehe zudem die ausführliche Auseinandersetzung mit möglichen ökonomischen Unterscheidungsgründen bei: Drahozal ,74 Washington University Law Quarterly, 1127, 1142 ff. 1141 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 442 f. 1142 Vgl. Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 443. 1143 Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 443. 1144 Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 869 f. 1145 Die Autoren gehen davon aus, dass die staatlichen Organe die Vergabepraxis durch tax incentives in eine Vergabepraxis durch direkte Subventionen ändern werden, Hellerstein/ Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 870. 1146 Drahozal ,74 Washington University Law Quarterly, 1127, 1159 ff.

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Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

(2) Keine Rechtfertigung der strikten Trennung zwischen direkten Subventionen und Steuersubventionen Insbesondere Professor Zelinsky versuchte hingegen zu belegen, dass tax incentives und direct subsidies nicht unterschieden werden sollten.1147 Seiner Ansicht nach gibt es keinen Grund diese wirtschaftlich identischen Subventionsformen voneinander zu unterscheiden.1148 Zudem ist eine solche Unterscheidung praktisch nicht möglich, da tax incentives in ihrem Aufbau und ihrer Wirkung identisch zu direkten Subventionen sind.1149 Darüber hinaus kann seiner Einschätzung nach nicht zwischen diskriminierenden und nicht-diskriminierenden tax incentives unterschieden werden1150, sodass er im Ergebnis das gesamte Antidiskriminierungsprinzip in Frage stellte und für dessen Abschaffung plädierte.1151 (3) Bewertung Auch wenn die wissenschaftlichen Autoren allesamt anerkannt haben, dass direkte Subventionen und tax incentives in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen kaum voneinander unterschieden werden können, sieht die Mehrheit der wissenschaftlichen Literatur dennoch eine Reihe wesentlicher Unterscheidungskriterien. Insbesondere weiche die formelle Strukturierung der Subventionsvergabe derart voneinander ab, dass eine konträre verfassungsrechtliche Bewertung gerechtfertigt sei. Das von der Mehrheit der wissenschaftlichen Autoren gefundene Ergebnis folgt im Wesentlichen den von der Rechtsprechung vorgegebenen Leitlinien. Die Autoren haben hier ergebnisorientiert nach Lösungen gesucht und so unter anderem die Differenzierung zwischen direkten Subventionen und tax incentives mit plausiblen Argumenten begründet. Sollte die verfassungsrechtliche Kontrolle bereits im Vorfeld durch die Legislative bei der Vergabe direkter Subventionen erfolgen, kann möglicherweise tatsächlich auf eine gerichtliche Kontrolle verzichtet werden. Trotzdem bedenkt die Mehrheit der wissenschaftlichen Autoren nicht, dass durch diesen Lösungsansatz eine Vielzahl von Unsicherheiten entsteht. So ist es unklar, wie in der Praxis zwischen tax incentives und direkten Subventionen unterschieden werden soll. Insbesondere in Grenzfällen müsste in der Folge wohl darauf abgestellt werden, ob die jeweilige Subventionsvergabe im Vorfeld tatsächlich ausdrücklich geprüft

1147

Zelinsky, 112 Harv. L. Rev. 379; Zelinsky, 29 Ohio N. U. L. Rev. 29. Siehe auch die wissenschaftliche Antwort von Denning, 77 Miss. L.J. 623. 1148 Vgl. Zelinsky, 112 Harv. L. Rev. 379, 381 und 433. 1149 Zelinsky, 29 Ohio N. U. L. Rev. 29, 34: „In design and in effect, tax credits may be identical to direct outlay subsidies“. 79: „We can neither distinguish from nondiscriminatory taxes nor can we convincingly limit the nondiscriminatipn principle to taxes.“ 1150 Zelinsky, 29 Ohio N. U. L. Rev. 29, 79: „We can neither distinguish from nondiscriminatory taxes nor can we convincingly limit the nondiscriminatipn principle to taxes.“ 1151 Zelinsky, 29 Ohio N. U. L. Rev. 29, 79 und 88; zuvor hatte Zelinsky noch für eine Einzelfallbetrachtung plädiert, Zelinsky, 112 Harv. L. Rev. 379, 380 und 433.

B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle

209

wurde und somit keine weitere verfassungsrechtliche Kontrolle für notwendig erachtet wird. Trotzdem muss die Rechtfertigung der strikten Trennung zwischen direkten Subventionen und tax incentives im Ergebnis als eine konsequente Fortführung der ergangenen Rechtsprechung des US-Supreme Courts in diesem Bereich gesehen werden. Eine Abschaffung dieser Trennung bedingt im Ergebnis entweder die vollständige Ausweitung der verfassungsrechtlichen Kontrolle auf direkte Subventionen oder im Gegensatz dazu die Abschaffung der bestehenden verfassungsrechtlichen Subventionskontrolle für den Bereich der tax incentives.1152 cc) Fazit Die dargestellten wissenschaftlichen Positionen, bezüglich der Vereinbarkeit direkter Subventionen mit der Dormant Commerce Clause, lassen sich in zwei Kategorien zusammenfassen: (1) Eine erste Gruppe von Autoren plädiert im Ergebnis für die Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen und grenzt diese in der Folge auch streng von tax incentives ab. Diese konträre verfassungsrechtliche Bewertung sei gerechtfertigt, da die unterschiedliche formelle Strukturierung bei der Subventionsvergabe von tax incentives und direct subsidies dies gebiete. (2) Die Gegenposition sieht zu viele Gemeinsamkeiten zwischen tax incentives und direct subsdies, um diese tatsächlich strikt voneinander trennen zu können. Deshalb plädiert Professor Zelinsky für die Abschaffung der gesamten „Quagmire-Rechtsprechung“ im Bereich der Dormant Commerce Clause und für eine Lösung durch den US-Kongress. c) Stellungnahme aa) Keine grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen Im Bereich der Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen besteht keine bindende Entscheidung des US-Supreme Courts. Trotzdem leitet die Mehrheit der wissenschaftlichen Autoren eine grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen aus vereinzelt getätigten Aussagen des Gerichts und der sog. MarketParticipant-Exception her.1153 Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Wissenschaftler hierbei offen lassen, wie sie dieses Ergebnis rechtlich gestalten wollen,

1152 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 210; siehe zudem zu den bestehenden Möglichkeiten: Zelinsky, 29 Ohio N. U. L. Rev. 29, 30. 1153 Siehe hierzu Ausführungen bei Fn. 1124 ff.

210

Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

trotzdem plädieren sie aus verschiedenen Gründen für eine grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit.1154 Für diesen Ansatz sprechen insbesondere die bereits getätigten Aussagen des USSupreme Courts in diesem Bereich. Der US-Supreme Court hat sich selbst unter anderem in einem Obiter Dictum für die grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen ausgesprochen.1155 Unabhängig davon, dass diese Aussage des Gerichts keine bindende Wirkung entfaltet, stellt sich auch hier die Frage wie das Gericht dieses Ergebnis rechtlich gestalten will. Der US-Supreme Court hat die innerhalb des Obiter Dictum getroffene Aussage auch nicht näher ausgeführt, sodass die Gründe für eine grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit ungeklärt bleiben. Im Hinblick auf eine effektive Subventionskontrolle, die in ihrem Kern eine Verfälschung des Wettbewerbs durch jegliche Form der Subvention verhindern sollte, muss die vertretene grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit direkter Subventionen abgelehnt werden. Vielmehr sollten direkte Subventionen, parallel zu der verfassungsmäßigen Kontrolle von tax incentives, im jeweiligen Einzelfall anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben der Dormant Commerce Clause überprüft werden. Die von den wissenschaftlichen Autoren vorgebrachten Unterscheidungskriterien zwischen direct subsidies und tax incentives sind zwar grundsätzlich plausibel, allerdings schlussendlich leider ergebnisorientiert. Die Begründungsansätze liefern keine tatsächlichen und grundlegenden Unterschiede, die eine konträre verfassungsrechtliche Behandlung dieser wirtschaftlich identischen Subventionsformen rechtfertigen. Vielmehr haben die Autoren versucht die für ihre Theorien notwendige Unterscheidung zu begründen und hier plausible, jedoch keineswegs ausreichende Gründe geliefert. Die Betrachtung müsste sich verstärkt an den wirtschaftlichen Wirkungen orientieren, die bei tax incentives und direct subsidies unumstritten identisch sind.1156 Die Gewährung direkter Subventionen an einzelne Unternehmen ist somit für das Ziel der Verhinderung einer Verfälschung des Wettbewerbs ebenso riskant, wie die Subventionsvergabe in Form von steuerlichen Vergünstigungen, sodass eine verfassungsrechtliche Überprüfung im Einzelfall auch für diese Subventionsform notwendig ist. bb) Verfassungsrechtliche Einzelfallbetrachtung im Bereich der direkten Subventionen Professor Zelinsky hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine effektive Subventionskontrolle erfordert, dass die strikte Trennung zwischen tax incentives 1154

Siehe hierzu Text bei Fn. 1135 ff. Siehe hierzu die Ausführungen bei Fn. 1094 ff. 1156 So unter anderem der US-Supreme Court: NEW ENERGY CO. v. LIMBACH, 486 U.S. 269, 278; siehe zudem exemplarisch aus der Literatur: Enrich, 110 Harv. L. Rev. 377, 442; Hellerstein/Coenen, 81 Cornell L. Rev. 794, 835 m.w.N., 868; Zelinsky, 112 Harv. L. Rev. 379, 381. 1155

B. Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle

211

und direct subsidies aufgelöst wird.1157 Seiner Einschätzung nach gibt es hierfür zwei Möglichkeiten: Zunächst könnte (1) auch im Bereich der tax incentives auf eine Kontrolle anhand der Dormant Commerce Clause verzichtet werden und somit im Ergebnis eine vollständige Abkehr von der verfassungsrechtlichen Subventionskontrolle stattfinden. Eine andere Möglichkeit (2) wäre es auch die direkten Subventionsgewährungen parallel zu der Kontrolle bei tax incentives einer Einzelfallbetrachtung zu unterwerfen.1158 Eine vollständige Abschaffung der gerichtlichen Kontrolle anhand der Dormant Commerce Clause muss zumindest so lange abgelehnt werden, wie keine ausdrückliche Regelung durch den US-Kongress erlassen wurde. Eine Normierung der Subventionskontrolle ist zu bevorzugen, da nur so die im Bereich der tax incentives bestehende Rechtsunsicherheit endgültig beseitigt werden kann.1159 Allerdings wurde bereits gezeigt, dass ein solcher Vorstoß in der Praxis nur sehr schwer umzusetzen ist, da die verschiedenen Lager im US-Kongress in dieser Frage konträre Positionen vertreten.1160 Deshalb wird an dieser Stelle dafür plädiert, die Subventionskontrolle von direkten Subventionen ebenfalls einer Einzelfallbetrachtung anhand der Dormant Commerce Clause zu unterwerfen, um so einen ersten Schritt hin zu einer effektiven Subventionskontrolle zu ermöglichen. Nur so kann langfristig eine entsprechende Basis für ein Bundesgesetz entstehen, das die Subventionsvergabe national reguliert. Zu Recht führt Professor Zelinsky an, dass die Ausweitung der Subventionskontrolle auf direkte Subventionen das von der Rechtsprechung im Bereich der tax incentives entwickelte „quagmire“ nicht ohne weiteres auflöst und somit zunächst nur in einem weiteren Bereich zu bestehenden Unsicherheiten führt.1161 Trotzdem sollte eine solche Erweiterung auf den Bereich der direkten Subventionen erfolgen und als eindeutiges Signal hin zu einer effektiven Subventionskontrolle gesehen werden. Es obliegt dann der Rechtsprechung klare Strukturen für eine nationale Subventionskontrolle zu schaffen und das von ihr entwickelte System in beiden Bereichen zu verbessern, ohne auf mögliche Schwierigkeiten bei der Differenzierung der Subventionsarten achten zu müssen. Das Gericht kann so eine tatsächliche, effektive Subventionskontrolle innerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika schaffen. Diese Ausweitung muss als Beginn einer Stärkung der nationalen Subventionskontrolle angesehen werden und im Ergebnis, gemeinsam mit der Strukturierung der Entscheidungspraxis des US-Supreme Courts, die Basis für konstruktive Debatten 1157

Siehe die Nachweise in Fn. 1152. Diese Position lehnt Professor Zelinsky allerdings ab. Seiner Einschätzung nach macht eine solche Ausweitung des undurchsichtigen Systems keinen Sinn, da sonst nur eine noch größere Rechtsunsicherheit geschaffen wird, Zelinsky, 29 Ohio N. U. L. Rev. 29, 30, 80 ff. 1159 Vgl. hierzu die Ausführungen bei S. 198. 1160 Vgl. hierzu die Ausführungen bei S. 179 ff. 1161 Deshalb Zelinsky auch mit einem Plädoyer für die vollständige Abschaffung der verfassungsrechtlichen Überprüfung anhand der Dormant Commerce Clause, Zelinsky, 29 Ohio N. U. L. Rev. 29, 30, 79. Siehe hierzu auch die Ausführungen bei Fn. 1151. 1158

212

Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

zum Erlass eines die Subventionsvergabe regulierenden Bundesgesetzes in den politischen Entscheidungsgremien bilden. Das Fernziel ist und bleibt somit, dass der US-Kongress von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch macht und die Subventionskontrolle innerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika verbindlich reguliert. cc) Fazit Die verfassungsrechtliche Kontrolle direkter Subventionen sollte aufgrund ihrer zu tax incentives wirtschaftlich identischen Auswirkungen für eine drohende Wettbewerbsverfälschung ebenso der Kontrolle der Dormant Commerce Clause unterfallen. Die von der Rechtsprechung entwickelte Prüfung soll deshalb auch auf direkte Subventionen erstreckt werden und so eine sofortige umfassende Subventionskontrolle ermöglichen. Zudem muss der US-Supreme Court seine entwickelten Grundsätze strukturieren und so für Rechtssicherheit sorgen. Langfristig bildet diese strukturierte Ausweitung die Basis für den Erlass eines Bundesgestzes durch den USSupreme Court.

III. Ergebnis – Verfassungsrechtliche Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause Die nationale verfassungsrechtliche Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause ist heute zweigeteilt und unterscheidet so zwischen tax incentives und direct subsidies. Im Bereich der tax incentives kann auf verschiedene Entscheidungen des Gerichts zurückgegriffen werden, in denen über die Verfassungsmäßigkeit solcher Subventionen in Form von steuerlichen Vergünstigungen entschieden wurde. Diesen kann im Ergebnis entnommen werden, dass das Gericht die Vereinbarkeit einer Subventionsgewährung in Form von steuerlichen Vergünstigungen mit der Dormant Commerce Clause im jeweiligen Einzelfall überprüft, jedoch in der Tendenz verstärkt deren Verfassungswidrigkeit annimmt.1162 Der verfassungsrechtlichen Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause wird zu Recht vorgeworfen, dass sie keine klaren Strukturen aufweist und somit insbesondere für die Praxis keine Rechtssicherheit bieten kann. Trotzdem muss die Abschaffung des gesamten verfassungsrechtlichen Kontrollsystems abgelehnt werden, solange keine gesetzliche Alternative durch den US-Kongress geschaffen wurde.1163

1162

Siehe hierzu die Ausführungen bei S. 194 ff. So hatte Zelinsky für eine die Abschaffung der Anwendung im Bereich der tax incentives und somit für eine grundsätzliche Abschaffung der Kontrolle anhand der Dormant Commerce Clause plädiert: Zelinsky, 29 Ohio N. U. L. Rev. 29, 30 und 79 ff. 1163

C. Schlussfolgerungen

213

Im Bereich der direkten Subventionen wird heute im Gegensatz dazu wohl von einer per se Verfassungsmäßigkeit ausgegangen. Allerdings sollten auch direkte Subventionen der verfassungsrechtlichen Kontrolle im Einzelfall unterworfen werden, um so eine effektive Subventionskontrolle gewährleisten zu können.1164 Die Sorgen hinsichtlich einer Ausweitung des rechtsunsicheren Systems im Bereich der tax incentives und einer somit geschaffenen gesteigerten Rechtsunsicherheit im gesamten Bereich der Subventionskontrolle, muss heute mit Blick auf die zu verfolgenden Ziele hinten angestellt werden. Die Ausweitung auf den Bereich der direkten Subventionen muss vielmehr als erster Schritt hin zu einer effektiven Subventionskontrolle gesehen werden.

C. Schlussfolgerungen – Nationale Subventionskontrolle innerhalb der USA (1) Innerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika wird die nationale Subventionskontrolle nicht durch ein Bundesgesetz oder einen Vertrag zwischen allen Bundesstaaten geregelt. Allerdings wird immer wieder gefordert, dass der USKongress von seiner in der Commerce Clause verankerten Gesetzgebungskompetenz Gebrauch macht und so die nationale Subventionskontrolle durch ein einheitliches Bundesgesetz regelt. (2) Die tatsächliche Verabschiedung eines solchen Bundesgesetzes ist als unwahrscheinlich zu bewerten. Hierfür spricht zum einen, dass sämtliche in der Vergangenheit eingebrachten Gesetzesvorschläge zur beschränkenden Regelung der Subventionsvergabe scheiterten. Zum anderen wurden im US-Kongress sogar Gesetzesvorschläge eingebracht die im Gegensatz hierzu sämtliche Subventionsvergaben an Unternehmen gestatten wollten. Dies zeigt wie weit die Vorstellungen der Parteien im US-Kongress in dieser Frage auseinanderliegen. (3) In den USA herrscht ein starker Subventionswettbewerb. Einzelne Gliedstaaten führen wahre Standortkriege um die Ansiedlung von Unternehmen. Aus diesem Grund wurde versucht, vertragliche Übereinkommen zwischen diesen Einzelstaaten zu schaffen, um so den Subventionswettbewerb lokal zu bekämpfen. Insbesondere aufgrund der mangelnden Verbindlichkeit dieser Übereinkommen haben diese jedoch in der Praxis keinerlei Wirkungen gezeigt. (4) Die Subventionskontrolle innerhalb der USA wird vielmehr aus der verfassungsrechtlich verankerten negativen Komponente der Commerce Clause abgeleitet – der sog. Dormant Commerce Clause. Diese verbietet den Einzelstaaten sämtliche Maßnahmen, die geeignet sind, den eigenen Gliedstaat gegenüber anderen Gliedstaaten besserzustellen und so einzelstaatlichen wirtschaftlichen Protektionismus fördern. 1164

Siehe hierzu die Ausführungen bei S. 209 ff.

214

Kap. 3: Nationales Subventionsrecht am Beispiel der USA

(5) Die verfassungsrechtliche Subventionskontrolle anhand der Dormant Commerce Clause trennt heute zwischen sog. „tax incentives“ und „direct subsidies“. Die unterschiedliche Behandlung wird insbesondere mit der abweichenden formellen Strukturierung der Subventionsvergabe begründet. (6) Im Bereich der tax incentives kann auf eine umfassende Rechtsprechung des USSupreme Courts zurückgegriffen werden, die im Ergebnis eine Einzelfallprüfung anhand der Dormant Commerce Clause fordert. Sowohl die Rechtsprechung, als auch die wissenschaftlichen Bewertungen in diesem Bereich, lassen allerdings keine klare Prüfungsstruktur erkennen. Dies führt in der Praxis zu einer verbreiteten Rechtsunsicherheit. (7) Im Bereich der direkten Subventionen bestehen keine ausdrücklichen Entscheidungen des US-Supreme Courts. Allerdings wird insbesondere aus einem Obiter Dictum des Gerichts und der entwickelten Market-Participant-Exception abgeleitet, dass direkte Subventionen im Gegensatz zu tax incentives per se als verfassungsmäßig einzuordnen sind. (8) Es wurde herausgearbeitet, dass die geltende verfassungsrechtliche Subventionskontrolle innerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika aus verschiedenen Gründen reformiert werden muss. Zum einen mangelt es der im Bereich der tax incentives entwickelten Kontrolle an klaren Strukturen, sodass in der Praxis eine verbreitete Rechtsunsicherheit besteht. Zum anderen kann die strikte Trennung zwischen tax incentives und direct subsidies nicht aufrechterhalten werden wenn eine effektive Subventionskontrolle angestrebt wird. (9) Deshalb ist das nationale Subventionsrecht der USA in drei Schritten zu reformieren: (a) Zunächst sollte die entwickelte verfassungsrechtliche Subventionskontrolle im Bereich der tax incentives auch auf direct subsidies erweitert werden. Nur wenn sämtliche Subventionsformen erfasst sind kann eine effektive Kontrolle ermöglicht werden. (b) In einem zweiten Schritt muss dann die für tax incentives und direct subsidies geltende verfassungsrechtliche Kontrolle verbessert werden. Hierzu sollte der US-Supreme Court in Zukunft verstärkt versuchen klare Leitlinien für die verfassungsrechtliche Überprüfung von gewährten Subventionen zu schaffen. Eine strikte Orientierung an dem grundsätzlichen Prüfprogramm1165 der Dormant Commerce Clause wäre hierzu der erste Schritt. (c) Das Fernziel dieser Reformbemühungen sollte eine bundesrechtliche Normierung der nationalen Subventionskontrolle durch den US-Kongress sein. Die durch den US-Supreme Court vorgenommene Ausweitung auf direkte Subventionen und die darauf folgende grundsätzliche Reformierung aus Gründen der Rechtssicherheit würden die Verhandlungen im zum Teil in 1165

Siehe hierzu die Abbildung 1 und die dazugehörigen Ausführungen auf S. 184f.

C. Schlussfolgerungen

215

dieser Frage stark zerstrittenen US-Kongress sicherlich erleichtern. Das dadurch entwickelte Kontrollsystem sollte den staatlichen Organen auch die Möglichkeit eröffnen, die Vereinbarkeit der geplanten Subvention mit der Dormant Commerce Clause vorab verbindlich feststellen zu lassen. So könnte in Zukunft auch innerhalb der USA ein effektives Kontrollsystem etabliert werden.

Kapitel 4

Ansiedlungsprämien als Standortfaktor im globalen Standortwettbewerb A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung I. Begriff des Standortwettbewerbs 1. Begriffsbestimmung Wie Siebert in seinem „Paradigma des Standortwettbewerbs“ anschaulich herausgearbeitet hat, findet der internationale Wettbewerb auf insgesamt drei Ebenen statt: (1) Zunächst konkurrieren Unternehmen mit den von ihnen angebotenen Produkten auf den globalen Gütermärkten. (2) Daneben steht der Wettbewerb zwischen Standorten um die Attrahierung mobiler Produktionsfaktoren. (3) Die dritte Ebene im internationalen Wettbewerb bildet die Konkurrenz zwischen den überwiegend immobilen Arbeitskräften auf dem Arbeitsplatzmarkt.1166 Das von Siebert vertretene Konzept des Standortwettbewerbs erkennt einen untrennbaren Zusammenhang zwischen diesen Ebenen, hebt den Wettbewerb zwischen Staaten jedoch besonders hervor, der darin besteht die immobilen Produktionsfaktoren einer Region so günstig zu halten, dass die mobilen Produktionsfaktoren sich dort ansiedeln bzw. nicht umsiedeln.1167 Siebert definierte den Standortwettbewerb in der Folge als „Wettbewerb der immobilen um die mobilen Produktionsfaktoren“.1168 Hierbei sind solche Faktoren als immobil einzuordnen, die stark standortgebunden sind und sich nicht oder nur schwer verlegen lassen.1169 Dabei werden bestehende Infrastrukturen, geltende Steuer- und Abgabensätze, sowie gewährte Subventionen als immobile Faktoren bezeichnet.1170 Im Gegensatz hierzu sind Unternehmen, Kapital oder Ar1166 Siebert, Paradigma des Standortwettbewerbs, S. 7 f., siehe auch das Schaubild Sieberts auf S. 8. 1167 Siebert, Paradigma des Standortwettbewerbs, S. 8 f. 1168 Siebert, Paradigma des Standortwettbewerbs, S. 9. 1169 Siebert, Paradigma des Standortwettbewerbs, S. 9; Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 220. 1170 Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 220; siehe auch: Eisold, S. 17 ff.; Giersch, Weltwirtschaftliches Archiv, 1989 (125), Issue 1, S. 1, 3. Siebert/Koop, S. 3, Strecker, S. 7 m.w.N.

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

217

beitnehmer als mobile Faktoren einzuordnen, da diese „rasch von einem Ort zum anderen verschoben“1171 werden können.1172 Wie mobil ein Faktor ist, kann nicht absolut bestimmt werden.1173 Vielmehr hängt der Grad der Mobilität von den Kosten der Verlagerung ab und kann sich auch, etwa durch technologische Fortschritte, im Laufe der Zeit verändern.1174 Dieses, vielfach in ähnlicher Form vertretene Begriffsverständnis des Standortwettbewerbs1175, soll auch in der vorliegenden Arbeit als Definitionsgrundlage dienen. Demnach wird der Standortwettbewerb hier als Wettbewerb der Standorte um die Ansiedlung bzw. verhinderte Umsiedlung mobiler Faktoren verstanden. Zudem werden auch alle weiteren standortrelevanten Prozesse, wie z. B. die Verkleinerung oder Vergrößerung von Standorten miteinbezogen.1176 Im Kern beschreibt der Begriff des Standortwettbewerbs somit einen Prozess, bei dem der bestehende Wettbewerb zwischen den Standorten zu einer andauernden Anpassung aller immobilen Faktoren eines Standortes führt und so versucht wird, die mobilen Faktoren zu einer Ansiedlung oder Vergrößerung des Standortes zu bewegen bzw. diese von einer Umsiedlung oder Verkleinerung des Standortes abzuhalten.1177 2. Abgrenzung des Standortwettbewerbs zum Systemwettbewerb Als eine Unterform des Standortwettbewerbes soll der Systemwettbewerb eingeordnet werden, der häufig auch als institutioneller oder regulatorischer Wettbewerb bezeichnet wird.1178 Trotz jahrelanger Versuche den Begriff des Systemwett-

1171

Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 220. Siebert, Paradigma des Standortwettbewerbs, S. 7; Steinrücken, S. 103; Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 220; Strecker, S. 7. 1173 Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 219 ff. 1174 Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 219 ff. Siehe zur Entwicklung der mobilen Faktoren im Zuge der Globalisierung, S. 241. 1175 Exemplarisch: Apolte, S. 3; Steinrücken, S. 103; Steinrücken/Jaenichen/Kuchinke, Wirtschaftsdienst 2005, 379, 379; Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 219; Leinhos, S. 38 f.; Giersch, in: Gerken, Europa zwischen Ordnungswettbewerb und Harmonisierung, S. 35, 41; mit ausdrücklicher Anlehnung an Siebert: Smekal, in: Theurl/ Semkal, Globalisierung, S. 261, 266; Eisold, S. 17. 1176 Döring/Aigner, in: Korn/von der Beek/Fischer, Aktuelle Herausforderungen in der Wirtschaftsförderung, S. 13, 15. 1177 Steinrücken, S. 103; Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 219. 1178 Zur unterschiedlichen Begriffsverwendung für diese Form des Wettbewerbes – exemplarisch: Kieninger, S. 8 ff.; Kösters, in: Kösters/La Roche, Systemwettbewerb, S. 7, S. 7; Müller, S. 24; Sinn, H. W., Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2002, 391 ff.; Streit/Mussler, in: Gerken, Europa zwischen Ordnungswettbewerb und Harmonisierung, S. 75, 76 f.; Streit, in: FS Mestmäcker, 1996, S. 521, 522 ff. 1172

218

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

bewerbs abschließend zu erfassen, konnte sowohl in der juristischen1179 als auch in der ökonomischen Literatur1180 keine abschließende Begriffsbestimmung erfolgen.1181 Betrachtet man den Systemwettbewerb in seiner mit dem Standortwettbewerb zusammenhängenden Bedeutungsebene, konkurrieren die Gesetzgeber mit den in ihrem Gebiet geltenden Rechtsvorschriften um die Ansiedlung mobiler Faktoren auf den Standortmärkten.1182 Das an einem Standort geltende Rechtssystem ist insofern ein immobiler Faktor, der im Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen so ,günstig‘ wie möglich gehalten werden soll.1183 Im Gegensatz dazu wird beim Standortwettbewerb nicht nur das geltende Rechtssystem betrachtet, sondern auf alle für die Investoren maßgeblichen Faktoren bei ihrer Standortentscheidung abgestellt.1184 Der Systemwettbewerb stellt daher nur eine Unterform des Standortwettbewerbs dar.1185 Im fünften Kapitel dieser Arbeit wird die rechtliche Regulierung der Vergabe von Ansiedlungssubventionen durch die geltenden internationalen und nationalen Subventionskontrollsysteme untersucht. So werden die geltenden Rechtsordnungen mit besonderem Blick auf die Gewährung von Ansiedlungsprämien und die diesbezüglich bestehende Offenheit der jeweiligen Systeme verglichen. Bevor diese rechtsvergleichende Betrachtung stattfindet, wird in diesem Kapitel zunächst untersucht, welche Standortfaktoren maßgeblich bei der Standortwahl sind. Hierbei 1179

Exemplarisch aus der juristischen Literatur zu dieser Form des Wettbewerbes: Kieninger, S. 8 ff. m.w.N.; Koenig, EuZW 1998, 513; Müller, S. 23 ff.; Schwartz, EuR 2007, 194, 195 ff.; Wegner, S. 5 ff.; Mit besonderem Blick auf das Welthandelsrecht als Wettbewerbsordnung des Systemwettbewerbs, Wurzbacher, S. 9 ff. 1180 Exemplarisch aus der ökonomischen Literatur: Apolte, S. 3 ff.; Apolte, in: Berg, Theorie der Wirtschaftspolitik, S. 179, 183; Sinn, Constitutional Political Economy, Vol. 3, No. 2, 1992, S. 177 ff.; Siebert, in: Siebert, The completion of the internal market, 1990, S. 53 ff.; Siebert/Koop, S. 1 ff.; Streit, in: FS Mestmäcker, 1996, S. 521, 522 ff.; Streit/ Mussler, in: Gerken, Europa zwischen Ordnungswettbewerb und Harmonisierung, S. 75, 76 ff. m.w.N. 1181 Siehe allgemein zum Systemwettbewerb das Sondergutachten der Monopolkommission aus dem Jahre 1998, S. 16 ff. Die Idee des Systemwettbewerbes geht ursprünglich auf das von Tiebout im Jahre 1956 entwickelte Modell zurück. Tiebout, 64 The Journal of Political Economy, 416 ff. Siehe etwa eingehend zum Tiebout-Modell: Gröteke, S. 154 ff.; Müller, S. 32. 1182 Müller führt aus, dass dies nur eine Bedeutungsebene des Systemwettbewerbes darstellt, da dieser auch „unabhängig von der Bedeutung des Rechts als Standortfaktor“ erfolgen kann, S. 23. Siehe hierzu auch: Kieninger, S. 12 ff. die in Anlehnung an Müller den Standortwettbewerb als eine Form des Systemwettbewerbs bezeichnet. 1183 Je größer der Grad der Offenheit des Systems, desto günstiger wird dieses wohl eingestuft werden: Streit/Mussler, in: Gerken, Europa zwischen Ordnungswettbewerb und Harmonisierung, S. 75, 77. 1184 Siehe zu dieser Unterscheidung: Eickhof, Wirtschaftsdienst 2003, 369 f.; Müller, S. 24. 1185 Giersch, in: Gerken, Europa zwischen Ordnungswettbewerb und Harmonisierung, S. 35, 41; Müller, S. 24; vgl. auch Siebert, Paradigma des Standortwettbewerbs, S. 15 ff. und insbesondere S. 21 ff. Häufig wird aber auch der Begriff des Standortwettbewerbs synonym zum Begriff des Systemwettbewerbs verwendet, so etwa: Gröteke, S. 147.

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

219

wird ein besonderer Blick auf die Vergabe von öffentlichen Fördermitteln geworfen. Aus diesem Grund soll im Rahmen dieser Untersuchung der Begriff des Standortwettbewerbes verwendet werden, um so eine umfassende Betrachtung aller Untersuchungsgegenstände zu ermöglichen.

II. Standortfaktoren – Die Determinanten bei der Standortwahl 1. Begriff der Standortfaktoren Aus Sicht der ansässigen oder ansiedlungswilligen Unternehmen, wird die Attraktivität des jeweiligen Standorts anhand der sog. Standortfaktoren bewertet.1186 Demnach sind Standortfaktoren die maßgeblichen Determinanten bei der Standortwahl von Unternehmen.1187 Der Begriff des Standortfaktors wurde 1909 erstmals von Weber verwendet, der hierunter „einen seiner Art nach scharf abgegrenzten Vorteil, der für eine wirtschaftliche Tätigkeit dann eintritt, wenn sie sich an einem bestimmten Ort, oder auch generell an Plätzen bestimmter Art vollzieht“ verstand.1188 Weber konkretisierte diesen Vorteil in der Folge als Kosteneinsparung, die dem Unternehmen durch die Ansiedlung am jeweiligen Standort zugute kommt.1189 Nach diesem Begriffsverständnis setzt sich stets derjenige Standort im Standortwettbewerb durch, der die meisten Vorteile aufweisen kann und somit die kostengünstigste Produktion zulässt. Weber begrenzte seine Untersuchung 1909 primär auf die Bedeutung von Transportund Arbeitskosten als Standortfaktoren.1190 Heute ist anerkannt, dass Unternehmen bei der Standortwahl nicht nur einzelne Standortfaktoren berücksichtigen, sondern vielmehr ein Bündel an Standortfaktoren in die Abwägung miteinbeziehen.1191 Zudem betrachten Unternehmen die an einem Standort zur Verfügung stehenden Standortfaktoren nicht allein im Hinblick auf mögliche Kosteneinsparungen.1192 Es erfolgt vielmehr eine Gesamtbetrachtung, die alle Ziele der Unternehmensansied1186

Meyer-Stamer, S. 9. Berlemann/Tilgner, ifo Dresden berichtet, 2/2006, S. 14; Berlemann/Göthel, ifo Dresden berichtet, 4/2008, S. 33; Palme/Musil, S. 15. 1188 Weber, S. 16. Die industrielle Standorttheorie Webers zusammenfassend: Behrens, S. 7 ff.; Palme/Musil, S. 17 ff.; Salmen, S. 28 ff. 1189 Weber, S. 16. 1190 Weber, S. 34. 1191 Hahne, in: Ridinger/Steinröx, Regionale Wirtschaftsförderung, S. 8, S. 17 ff.; MeyerStamer, S. 9 f. mit Hinweis auf die berücksichtigten Standortfaktoren bei der Standortwahl für ein neues Werk für Scheingeländewagen von Mercedes-Benz. Siehe auch das Beispiel zur Standortwahl von AMD auf S. 246. 1192 Döring/Aigner, in: Korn/von der Beek/Fischer, Aktuelle Herausforderungen in der Wirtschaftsförderung, S. 13, 24. 1187

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Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

lung berücksichtigt und insbesondere auf eine „Steigerung der unternehmerischen Innovationsfähigkeit“ abzielt.1193 2. Systematisierung der Standortfaktoren Die Vielzahl an unterschiedlichen Standortfaktoren und deren abweichende Bedeutung aus Sicht der potentiellen Unternehmen, erschweren eine Systematisierung.1194 In der Vergangenheit wurden deshalb bereits verschiedene Ansätze zur Systematisierung von Standortfaktoren entwickelt.1195 Weber differenzierte 1909 unter anderem nach dem Grad der Relevanz der Standortfaktoren für einzelne Unternehmen und unterschied so zwischen generellen und speziellen Standortfaktoren.1196 Standortfaktoren wurden hiernach als generell eingestuft, wenn sie für sämtliche Unternehmen von Bedeutung sind.1197 Nach dieser Definition sind etwa Transport- und Arbeitskosten als generelle Standortfaktoren anzusehen. Spezielle Standortfaktoren sind hingegen nur für bestimmte Unternehmen von Bedeutung.1198 Dazu zählte Weber z. B. die Notwendigkeit einer bestimmten Luftfeuchtigkeit. Zu Beginn dieses Kapitels wurde im Rahmen der Begriffsbestimmung des Standortwettbewerbes zudem bereits auf die Unterscheidung zwischen mobilen und immobilen Faktoren hingewiesen.1199 a) Harte und Weiche Standortfaktoren Heute hat sich eine andere Art der Systematisierung durchgesetzt.1200 So wird abhängig vom Grad der Quantifizierbarkeit des Faktors bei der Standortwahl, zwischen harten und weichen Standortfaktoren unterschieden.1201 Hierbei können 1193 Döring/Aigner, in: Korn/von der Beek/Fischer, Aktuelle Herausforderungen in der Wirtschaftsförderung, S. 13, 24. 1194 Brenning u. a., Studie über Bestimmungsfaktoren für Unternehmensansiedlungen und -gründungen in Sachsen-Anhalt, 2014, S. 15, abrufbar unter: https://europa.sachsen-anhalt.de/fi leadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/StK/Europa/Publikationen_Berichte/Berichte/An lage2a_Endbericht_Bestimmungsfaktoren_Sachsen-Anhalt_final.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1195 Siehe die Übersicht der unterschiedlichen Systematisierungen von Standortfaktoren bei: Brenning u. a., Fn. 1194, S. 15. mit Verweis auf Gabler, Wirtschaftslexikon. 1196 Weber, S. 18 f. Kritisch zu dieser Einteilung: Behrens, S. 16 und S. 47 ff. Weber differenzierte zudem zwischen regionalen und agglomerativen und zwischen natürlich-technischen und gesellschaftlichen Faktoren, S. 19 ff. 1197 Weber, S. 18. 1198 Weber, S. 19. 1199 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 216 f. 1200 Brenning u. a., Fn. 1194, S. 15; Meyer-Stamer, S. 10 bezeichnet diese Unterscheidung als gängig; Salmen, S. 32 als gebräuchlich. 1201 Meyer-Stamer, S. 10 ff. und S. 31; Steinrücken, S. 62 ff.; siehe auch die Abbildung bei Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 65 und Salmen, S. 33.

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

221

Abnehmende Quantifizierbarkeit

Schlechte Quantifizierbarkeit, verstärkte Bedeutung subjektiver Bewertungen

Standortfaktoren nicht pauschal der ein oder anderen Kategorie zugeordnet werden, sondern müssen im jeweiligen Einzelfall und unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs als harter oder weicher Standortfaktor eingeordnet werden.1202 Diese Betrachtung führt insbesondere aus Sicht der jeweiligen Unternehmen dazu, dass der Übergang zwischen harten und weichen Standortfaktoren häufig fließend ist.1203 Es hat sich deshalb folgende Darstellung der harten und weichen Standortfaktoren durchgesetzt:

Image des Standortes

Wohnqualität

Wirtschaftsklima

Weiche Faktoren Rechtssystem und Rechtssicherheit

Umweltqualität

Verwaltungsflexibilität und -effektivität Verkehrsinfrastruktur Lohnkosten Ansiedlungsprämien und sonstige Förderangebote

Gute Quantifizierbarkeit

Allgemeine Lebensqualität (Freizeitwert, kulturelles Angebot, Sportangebot)

Steuern und Abgaben Vorhandenes Angebot an Büro- und Gewerbeflächen

Harte Faktoren Unmittelbare Relevanz

Qualifizierte Arbeitnehmer

Wissens- und Innovationsnetzwerke, Universitäten und Forschung

Energieversorgung

Schulen und Berufliche Ausbildungseinrichtungen

Energie- und Umweltkosten Lage zu den Bezugs- und Absatzmärkten Lage zu den Zulieferbetrieben

Abnehmende Relevanz für die Geschäftstätigkeit

Mittelbare Relevanz

Abbildung 2: Harte und Weiche Standortfaktoren1204

1202 Eisold, S. 13; Grabow, in: Dieckmann/König, Kommunale Wirtschaftsförderung, 1994, S. 147, 148; Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 64; Salmen, S. 33. 1203 Dallmann/Richter, S. 172; Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 64; Salmen, S. 34. 1204 Eigene Darstellung angelehnt an: Grabow, in: Dieckmann/König, Kommunale Wirtschaftsförderung, 1994, S. 147, 151; Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 65; Salmen, S. 33; Brenning u. a., Fn. 1194, S. 16. Zudem berücksichtigt: Döring/Aigner, in: Korn/von der Beek/ Fischer, Aktuelle Herausforderungen in der Wirtschaftsförderung, S. 13, 15; Meyer-Stamer, S. 10 ff. und S. 31; Steinrücken, S. 62 ff.

222

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

aa) Harte Standortfaktoren Die harten Standortfaktoren werden auch als die „klassischen“ Standortfaktoren bezeichnet.1205 Ihr wirtschaftlicher Vorteil bei der Standortwahl kann von den ansiedlungswilligen Unternehmen quantitativ bestimmt werden.1206 Zudem wirken sich die mit ihnen einhergehenden Vorteile unmittelbar auf die Geschäftstätigkeit und die mit ihr verbundenen Kosten aus.1207 Zu der Kategorie der harten Standortfaktoren gehören z. B. die Lage zu Bezugs- und Absatzmärkten, die vorhandene Verkehrsinfrastruktur, Büro- und Gewerbeflächen, sowie die Höhe von Steuern und Abgaben sowie möglicher Ansiedlungsprämien.1208 Die Qualität der harten Standortfaktoren hat sich in den vergangenen Jahren stetig angepasst.1209 Immer mehr Standorte bieten qualifizierte Arbeitskräfte und eine funktionierende Infrastruktur. bb) Weiche Standortfaktoren Im Gegensatz zu harten Standortfaktoren, entziehen sich weiche Standortfaktoren einer quantitativen Bestimmbarkeit.1210 Sie können in der Kostenrechnung des Unternehmens nicht berücksichtigt werden und haben häufig nur mittelbare Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit.1211 Für den Fall einer unmittelbaren Auswirkung werden sie häufig von subjektiven Einschätzungen geprägt.1212 Dies verstärkt die bereits betonte Schwierigkeit einer pauschalen Abgrenzung zwischen harten und weichen Standortfaktoren und einer systematischen Begriffsbestimmung.1213 Im Kern besteht jedoch Einigkeit darüber, dass Faktoren wie die allgemeine Lebens- und Wohnqualität als weicher Standortfaktor einzuordnen sind.1214

1205

152. 1206

So Grabow, in: Dieckmann/König, Kommunale Wirtschaftsförderung, 1994, S. 147,

Zum Begriff der harten Standortfaktoren: Meyer-Stamer, S. 10 f.; Steinrücken, S. 62 f. Brenning u. a., Fn. 1194, S. 16; Palme/Musil, S. 16. 1208 Siehe Abbildung 2 und die Nachweise in Fn. 1204. 1209 Meyer-Stamer, S. 11. 1210 Zum Begriff der weichen Standortfaktoren: Dietrich/Franz/Haschke/Heimpold, S. 68; Diller, S. 21 ff.; Grabow, in: Dieckmann/König, Kommunale Wirtschaftsförderung, 1994, S. 147, 147 f.; Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 63 ff.; Meyer-Stamer, S. 11 f.; Steinrücken, S. 63 ff. 1211 Brenning u. a., Fn. 1194, S. 16; Diller, S. 28; Eisold, S. 15; Grabow/Henckel/HollbachGrömig, S. 64; Palme/Musil, S. 16. 1212 Vgl. Brenning u. a., Fn. 1194, S. 16; Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 65 f. 1213 So weißt Grabow darauf hin, dass es an einer „systematischen Begriffsbestimmung“ der weichen Standortfaktoren mangelt, Grabow, in: Dieckmann/König, Kommunale Wirtschaftsförderung, 1994, S. 147, 148; Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 63. 1214 Grabow, in: Dieckmann/König, Kommunale Wirtschaftsförderung, 1994, S. 147, 148; Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 63. 1207

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

223

Weiche Standortfaktoren werden weiterhin in verschiedene Unterkategorien untergliedert. So wird zwischen unternehmensbezogenen und personenbezogenen weichen Standortfaktoren unterschieden.1215 Unternehmensbezogene weiche Standortfaktoren wirken sich unmittelbar auf die Betriebstätigkeit aus, können allerdings im Gegensatz zu harten Standortfaktoren nicht konkret bemessen werden.1216 Vor allem diese Kategorie der weichen Standortfaktoren lässt sich nur schwer von den harten Standortfaktoren abgrenzen. Die personenbezogenen weichen Standortfaktoren wirken sich nur durch die persönliche Situation der Beschäftigten auf das Unternehmen aus und sind in der Folge leichter abzugrenzen. Zuvor hatte Grabow noch eine andere Differenzierung vertreten und so zwischen unternehmensbezogenen und beschäftigungsbezogenen Faktoren, sowie den persönlichen Präferenzen der Entscheidungsträger unterschieden.1217 cc) Fazit Die fließenden Übergänge zwischen harten und weichen Standortfaktoren und deren unterschiedliche Einordnung aus Sicht des jeweiligen Betrachters, führen zu Ungenauigkeiten in der Darstellung. Da dieser Abgrenzung zudem kein besonderer Mehrwert für die vorliegende Untersuchung beigemessen wird, soll an dieser Stelle auf eine Systematisierung anhand von harten und weichen Standortfaktoren verzichtet werden. b) Systematisierung anhand von Einzelindikatoren und Obergruppen An späterer Stelle wird die Relevanz einzelner Standortfaktoren u. a. anhand einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft aus dem Jahre 2012 bewertet.1218 Um eine schlüssige Betrachtung zu ermöglichen, soll an dieser Stelle auch der vom IdW vorgeschlagenen Systematisierung gefolgt werden. Diese fasst 71 standortrelevante Einzelindikatoren in 15 Obergruppen zusammen:

1215

Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 67, siehe auch den Überblick auf den S. 68 f.; Hahne, in: Ridinger/Steinröx, Regionale Wirtschaftsförderung, S. 8, S. 15; ausdrücklich auf Hahne verweisend: Meyer-Stamer, S. 10 ff. 1216 Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 67. 1217 Grabow, in: Dieckmann/König, Kommunale Wirtschaftsförderung, 1994, S. 147, 149. Siehe auch die von Diller 1991 vertretene Differenzierung in vier Unterscheidungsgruppen, S. 29 f. 1218 Institut der deutschen Wirtschaft/IW Consult GmbH, Die Messung der industriellen Standortqualität in Deutschland, Endbericht, 2012. Abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Re daktion/DE/Publikationen/Studien/messung-industrielle-standortqualitaet-in-deutschland. pdf?__blob=publicationFile&v=3 (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019).

224

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb Tabelle 1 Indikatoren zur Beurteilung der Standortqualität1219

Obergruppe

Indikatoren

Ordnungsrahmen

Marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung, faire Wettbewerbsbedingungen, Rechtssicherheit, geringe Korruption

Regulierung Bürokratie Regulierung

Arbeitsmarktregulierung, Arbeitsschutzstandards, Umweltschutzstandards, Local-Content-Auflagen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren, Marktzutrittsschranken, Verhalten Bürokratie Arbeitsmarktregulierung, Arbeitsschutzstandards, Umweltschutzstandards, Local-Content-Auflagen

FuE-Förderung, Investitionshilfen, Finanzierungshilfen, Staatliche Förderung Gründungsförderung, Außenwirtschaftsförderung, sonstige Subventionen Allgemeine Infrastruktur

Straßen- und Kommunikationsinfrastruktur, sozio-kulturelle Infrastruktur, Gewerbe- und Industrieflächen

Spezifische Infrastruktur

Bahn-, Schiff- und Luftverkehr

Humankapital

Fachkräfte, Akademiker, MINT-Fachkräfte, Einfacharbeitskräfte, qualifizierter Nachwuchs, zukünftige Verfügbarkeit von Fachkräften, Wissens- und Bildungsinfrastruktur

Arbeitsbeziehungen

Hohe Flexibilität bei Arbeitszeiten und Entgelten, Ausschöpfung der Betriebsnutzungsdauer, Konzessionsbereitschaft der Arbeitnehmer/ Vertreter, seltene Störungen durch Arbeitskämpfe und Mitbestimmung

Innovationsumfeld

FuE-Performance und Innovationskraft des Umfeldes, FuENetzwerke, Zugang zu Technologie, Technikfreundlichkeit, Schutz des geistigen Eigentums

Energie und Rohstoffe

Verfügbarkeit von Energie, Strom und Rohstoffen

Kapitalmarkt

Zugang zu Krediten und Kapitalmärkten am Investitionsstandort

Kosten

Niedrige Arbeits-, Lohnstück-, Energie-, Strom-, Rohstoff-, Transport- und Finanzierungskosten, niedrige Kosten für Vorprodukte, Mieten/Grundstücke, Umweltstandards, Bürokratie und Steuern, gute Abschreibungsbedingungen

Markt und Kunden

Marktgröße, Marktwachstum, Kundennähe

Leistungsfähige Zulieferer allgemein und für roh- und werkstoffnahe Wertschöpfungskette Tätigkeiten, vor- und nachgelagerte Dienstleister, (Wettbewerber vor Ort) Offenheit und Außenhandel

Zölle und Handelshemmnisse, niedrige Kosten für Währungsabsicherung

1219 Tabelle übernommen von: IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 163, Tabelle 7-2.

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

225

3. Relevanz der einzelnen Standortfaktoren bei der Standortwahl Unternehmen, die ihren Standort verlagern möchten oder über die Eröffnung eines neuen Standortes nachdenken, können heute zwischen einer Vielzahl weltweit verteilter Standorte wählen. In diesem Entscheidungsprozess bewerten die ansiedlungswilligen Unternehmen, die in Frage kommenden Standorte anhand der dort bestehenden Standortfaktoren.1220 Für diese potentiellen Standorte stellt sich andererseits die Frage, welche Standortfaktoren bei der Bewertung durch die Unternehmen eine besondere Rolle spielen. Es gilt also diese Standortfaktoren zu verbessern und durch ein entsprechendes Standortmarketing erfolgreich zu bewerben.1221 Weniger bedeutende Standortfaktoren können hingegen vernachlässigt werden. Eine solch pauschale Unterteilung in relevante und weniger relevante Standortfaktoren ist jedoch in der Praxis nicht möglich. Viel zu unterschiedlich sind die Bedürfnisse der Unternehmen abhängig vom jeweiligen Geschäftsfeld und dem konkreten Anreiz zur Um-, bzw. Ansiedlung.1222 Ein Standortfaktor kann in einem Fall als äußerst relevant eingestuft werden und im anderen eine deutlich geringere Rolle spielen. Zudem wird heute davon ausgegangen, dass die Relevanz von Standortfaktoren bei der Standortwahl sich im Laufe der Zeit verändern kann.1223 Deshalb versucht die überwiegende Anzahl der Studien zur Relevanz von Standortfaktoren nicht einzelne Ansiedlungsentscheidungen zu begründen, sondern durchschnittliche Angaben zur Rangfolge von Standortfaktoren zu liefern.1224 Hierzu werden neben ökonometrischen Studien vermehrt Unternehmensbefragungen durchgeführt.1225 Im Folgenden sollen die Ergebnisse von verschiedenen exemplarisch ausgewählten Studien näher dargestellt werden.1226

1220 Eingehend zum Prozess einer solchen Standortentscheidung: Balderjahn, S. 25 ff.; Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 133 ff.; Meier, S. 17 ff. 1221 Siehe etwa das Standortmarketing-Konzept von Balderjahn, S. 55 ff.; allgemein zum Standortmarketing auch: Eisold, S. 20 ff. 1222 Berlemann/Tilgner, ifo Dresden berichtet, 2/2006, S. 14, 16; Hahne, in: Ridinger/ Steinröx, Regionale Wirtschaftsförderung, S. 8, S. 16; Meier, S. 15. 1223 So auch: Meier, S. 27. 1224 Berlemann/Tilgner, ifo Dresden berichtet, 2/2006, S. 14, 16. 1225 Meier weist darauf hin, dass heute vermehrt auf Unternehmensbefragungen zurückgegriffen wird, S. 27. 1226 Weitere zum Teil ältere Unternehmensbefragungen sind etwa aufgelistet bei: Steinrücken, S. 78; Grundig u. a., Rechtfertigung von Ansiedlungssubventionen am Beispiel der Halbleiterindustrie, S. 31 ff.; siehe auch die empirischen Ergebnisse zur Bedeutung von weichen Standortfaktoren bei Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 213 ff.

226

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

a) Ernst & Young In verschiedenen Studien hat sich Ernst & Young bereits mit der Relevanz einzelner Standortfaktoren auseinandergesetzt. An dieser Stelle werden zwei dieser Studien und ihre Ergebnisse im Hinblick auf die Relevanz von Standortfaktoren vorgestellt. aa) Deutsche Großstädte: Zufriedenheit der Unternehmen mit ihrem Standort, 2006 (1) Key-Facts der Studie In der Studie „Deutsche Großstädte: Zufriedenheit der Unternehmen mit ihrem Standort“ wurden im Jahre 2006 die Geschäftsführer bzw. Inhaber von 100 Unternehmen aus den 30 einwohnerstärksten Städten in Deutschland zur Zufriedenheit mit ihren Standorten befragt.1227 Hierbei ging es nicht um die Benennung des besten Standortes in Deutschland. Stattdessen sollten potentielle Verbesserungsmöglichkeiten für die jeweiligen Standorte herausgearbeitet werden.1228 Befragt wurden kleinere, mittlere und größere Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen, wobei die Mehrzahl der Unternehmen dem Dienstleistungssektor zugeordnet wurden.1229 Mehr als 80 % der befragten Unternehmen hatten ihren Hauptsitz am jeweiligen zu bewertenden Standort.1230 Es handelt sich hierbei also um eine national auf den Standort Deutschland fokussierte Umfrage. Die Unternehmen wurden in drei Schritten befragt:1231 Zunächst sollten die Geschäftsführer bzw. Inhaber der Unternehmen, die Relevanz vorgegebener Standortfaktoren bewerten. Im nächsten Schritt wurden sie gebeten ihre Zufriedenheit mit den einzelnen Standortfaktoren am jeweiligen Unternehmensstandort auf einer Skala von sehr unzufrieden bis sehr zufrieden einzuordnen. Der letzte Teil der Umfrage, bezog sich auf potentielle Umsiedlungsbestrebungen der Unternehmen. (2) Ranking der Standortfaktoren Im Zusammenhang mit der Bewertung der Relevanz der einzelnen Standortfaktoren wurden den Geschäftsführern bzw. Inhabern insgesamt elf Standortfaktoren vorgegeben, die von ihnen auf einer Skala von unwichtig (1,0 – 1,9), eher unwichtig (2,0 – 2,9), eher wichtig (3,0 – 3,9) und sehr wichtig (4,0) eingeordnet werden sollten. 1227 Ernst & Young, Deutsche Großstädte: Zufriedenheit der Unternehmen mit ihrem Standort, 2006, abrufbar unter: https://www.berlin-partner.de/fileadmin/user_upload/01_chefre daktion/02_pdf/studien-rankings/2006/2006_de_Ernst_and_Young_-_Deutsche_Grossstaedte. pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1228 Ernst & Young, Deutsche Großstädte, 2006, Fn. 1227, S. 4. 1229 Ernst & Young, Deutsche Großstädte, 2006, Fn. 1227, S. 2 f. 1230 Ernst & Young, Deutsche Großstädte, 2006, Fn. 1227, S. 3. 1231 Ernst & Young, Deutsche Großstädte, 2006, Fn. 1227, S. 4 ff.

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

227

Aus den ermittelten Durchschnittswerten wurde ein Ranking der elf Faktoren gebildet.1232 Die Top-3 der Standortfaktoren sind hiernach die Standortkosten (Steuern, Grundstücks- und Immobilienpreise, Gebühren), die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften und eine gute Verkehrsanbindung/Infrastruktur. Allerdings liegen die bewerteten Standortfaktoren auf der Skala alle eng beieinander. Die Standortkosten auf Platz 1 des Rankings und das Image der Stadt auf Platz 11 liegen nur 0,6 Punkte auseinander. Die Kategorie unwichtig und sehr wichtig wurden durch die ermittelten Durchschnittswerte der Ergebnisse der Befragung nicht erreicht. Insgesamt wurden sechs Faktoren als eher wichtig und fünf als eher unwichtig eingeordnet.

Abbildung 3: Relevanz der Standortfaktoren – Ernst & Young, Deutsche Großstädte1233

bb) Ernst & Young attractiveness survey – Standort Deutschland 2014: Vorne bleiben (1) Key-Facts der Studie Ernst & Young veröffentlicht jährlich attractiveness surveys zu einer Vielzahl von Ländern und Regionen der Welt. Diese sollen nicht nur Unternehmen mögliche Investitionsentscheidungen erleichtern, sondern den jeweiligen Standorten auch 1232

Siehe allgemein zu den Ergebnissen das in Abbildung 3 vollständig abgebildete Ranking der Standortfaktoren und die Ausführungen bei Ernst & Young, Deutsche Großstädte, 2006, Fn. 1227, S. 5. 1233 Ernst & Young, Deutsche Großstädte, 2006, Fn. 1227, S. 5.

228

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

Auskunft über ihre wirtschaftliche Attraktivität geben.1234 Im Ernst & Young attractiveness survey zum Standort Deutschland aus dem Jahre 2014 wurde so etwa die Standortattraktivität Europas und insbesondere Deutschlands für Investoren aus dem Ausland ermittelt.1235 Hierzu wurden 808 Entscheidungsträger aus unterschiedlichen Ländern1236 und Branchen1237 zur Attraktivität des Standorts Europa befragt. Die Attraktivität des Standorts Deutschland wurde in einem eigenen Teil der Studie von 201 befragten ausländischen Entscheidungsträgern bewertet. (2) Ranking der Standortfaktoren Die 808 befragten internationalen Entscheidungsträger wurden u. a. darum gebeten, die Top-3 der für sie wichtigsten Standortfaktoren zu benennen.1238 Insgesamt 43 % der befragten Unternehmen gaben in diesem Zusammenhang an, dass die Stabilität und Transparenz des politischen, rechtlichen und ordnungspolitischen Umfelds aus ihrer Sicht als einer der drei wichtigsten Standortfaktoren anzusehen sei.1239 An zweitem Rang steht die Attraktivität des Binnenmarktes mit 37 %. Klassische kostenbasierte Standortfaktoren wie die Personal- und Arbeitskosten (Rang 3, 26 %) und die Kosten der Unternehmensbesteuerung (Rang 8, 10 %) werden von den internationalen Entscheidungsträgern nicht als primäre Faktoren bewertet.1240 Die Auswertung der Studie sieht deshalb aus Sicht der befragten Unternehmen „langfristige stabilitäts- und potentialbezogene Faktoren“1241 im Vordergrund. Wie die geringe Bedeutung von Forschung, Entwicklung und Innovation in diese Bewertung einzuordnen ist, bleibt hingegen offen.

1234 Vgl. hierzu die Informationen auf der Homepage von Ernst & Young: http://www.ey. com/GL/en/Issues/Business-environment/Ernst-Young-attractiveness-surveys (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1235 E&Y’s attractiveness survey, Standort Deutschland 2014: Vorne bleiben, abrufbar unter: http://www.vrab.de/files/ey-studie-standort-deutschland-2014.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1236 Die geografische Herkunft der Unternehmen setzt sich wie folgt zusammen: 41 % Westeuropa, 29 % Nordamerika, 12 % Asien, 8 % Nordeuropa, 5 % Mittel- und Osteuropa, 3 % Lateinamerika, 2 % Sonstige, vgl.: Ernst & Young, Standort Deutschland 2014, Fn. 1235, S. 40. 1237 Es wurden Industrie- und Dienstleistungsunternehmen befragt, Ernst & Young, Standort Deutschland 2014, Fn. 1235, S. 40. 1238 Ernst & Young, Standort Deutschland 2014, Fn. 1235, S. 26. 1239 Siehe allgemein zu den Ergebnissen das in Abbildung 4 vollständig abgebildete Ranking der Standortfaktoren und die Ausführungen bei Ernst & Young, Standort Deutschland 2014, Fn. 1235, S. 26. 1240 Ernst & Young, Standort Deutschland, 2014, Fn. 1235, S. 26. 1241 Ernst & Young, Standort Deutschland, 2014, Fn. 1235, S. 26.

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

229

Abbildung 4: Relevanz der Standortfaktoren – Ernst & Young, Standort Deutschland1242

b) Ifo Institut für Wirtschaftsforschung – Die neuen Bundesländer im internationalen Standortvergleich, 2008 aa) Key-Facts der Studie Im Auftrag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung hat das ifo Institut für Wirtschaftsforschung (Niederlassung Dresden) im Jahre 2008 eine Studie zu den neuen Bundesländern und ihrer Stellung im internationalen Standortwettbewerb durchgeführt.1243 Es sollte geklärt werden, ob Ostdeutschland, tatsächlich, wie vielfach angenommen, im Standortwettbewerb mit Ländern aus Mittel- und Osteuropa, sowie Ostasien nicht konkurrenzfähig ist. Auch diese Untersuchung wurde im Wesentlichen in drei Schritten durchgeführt: (1) Zunächst wurden 39 ausgewählte Standortfaktoren anhand eines ökonometrischen Verfahrens auf ihre Relevanz für internationale Ansiedlungsentscheidungen untersucht.1244 (2) Im zweiten Schritt haben 93 nationale und internationale Entscheidungsträger der Muttergesellschaften in einer schriftlichen Befragung, die Relevanz der Standortfaktoren bei Ansiedlungsentscheidungen bewertet.1245 (3) Zudem wurden die jeweiligen Konzerntöchter darum gebeten, die an ihrem Standort gegebenen Standortfaktoren zu bewerten.1246 Hierzu wurden 186 Tochtergesellschaften aus1242

Ernst & Young, Standort Deutschland, 2014, Fn. 1235, S. 26. Ifo Institut für Wirtschaftsforschung – Die neuen Bundesländer im internationalen Standortvergleich, 2008, als PDF abrufbar unter: https://www.ifo.de/DocDL/ifo_Dresden_Studi en_43.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1244 Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 65 ff. 1245 Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 81 ff. Siehe auch die in der Studie abgedruckten Fragebögen auf S. 237 ff. 1246 Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 95 ff. Siehe auch die in der Studie abgedruckten Fragebögen auf S. 231 ff. 1243

230

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

ländischer Unternehmen mit Sitz in Ostdeutschland, sowie 128 Tochtergesellschaften inländischer Unternehmen mit Sitz in mittel- oder osteuropäischen Ländern bzw. ostasiatischen Ländern befragt.1247 Bei den Befragten handelte es sich um kleine und große Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungsbereich.1248 bb) Ranking der Standortfaktoren Die Relevanz einzelner Standortfaktoren bei Ansiedlungsentscheidungen wurde in dieser Studie des ifo Instituts durch eine ökonometrische Untersuchung und eine Unternehmensbefragung bestimmt. In der ökonometrischen Untersuchung wurden von 39 geprüften Standortfaktoren insgesamt 12 Faktoren als relevant für internationale Ansiedlungserfolge eingestuft. Hierzu zählen die Politische Stabilität, Korruption, persönliche Sicherheit, Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur, Kapitalkosten/Öffentliche Förderung, Lohn- und Preisflexibilität, Regulierung des Arbeitsmarktes, Steuerlast, lokale Kaufkraft, Wechselkursvolatilität, Arbeitskosten/ Humankapital und die Forschungslandschaft.1249 Die anschließende Unternehmensbefragung sollte die Ergebnisse der ökonometrischen Untersuchung verifizieren und eine differenzierte Betrachtung der Relevanz der einzelnen Standortfaktoren ermöglichen.1250 Insgesamt wurden 725 Fragebögen verschickt, in denen nationale und internationale Entscheidungsträger der Muttergesellschaften 39 vorgegebene Standortfaktoren von 1 (sehr wichtig) bis 6 (unbedeutend) bewerten sollten.1251 42 ausländische und 51 inländische Muttergesellschaften haben auf die Anfrage geantwortet. Betrachtet man alle befragten Muttergesellschaften unabhängig von ihrem Sitz, wurden die Standortfaktoren Rechtssicherheit, Eigentumsverfassung und Größe des Absatzmarktes als die relevantesten Kriterien für die Standortwahl eingestuft.1252 Eine Besonderheit dieser Studie ist jedoch, dass sowohl inländische als auch ausländische Unternehmen befragt wurden. Vergleicht man also die Umfrageergebnisse der inländischen Unternehmen mit denen der ausländischen Unternehmen wird deutlich, dass eine Reihe von Standortfaktoren unabhängig von der Herkunft des Unternehmens als bedeutend eingestuft wurden. So war etwa die Rechtssicherheit ein relevanter Standortfaktor für sämtliche Investoren. Anders war dies jedoch z. B. im Hinblick auf die am Standort gebotene Öffentliche Förderung und die anfallenden 1247

Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 95 und S. 101. Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 82. 1249 Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 95 und S. XII. 1250 Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 81. 1251 Zur Anzahl der befragten Unternehmen siehe die Nachweise in Fn. 1245. 1252 Siehe allgemein zu den Ergebnissen des Rankings: Tabelle 2 und die dort abgebildeten ersten 15 Plätze der Unternehmensbefragung. Das vollständige Ranking der 39 Standortfaktoren ist abgedruckt bei: Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 87. 1248

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

231

Arbeitskosten. Hier haben inländische und ausländische Unternehmen stark abweichende Reihungen vorgenommen. So bewerteten die ausländischen Muttergesellschaften den Stellenwert der Öffentlichen Förderung deutlich höher (Rang 4) als die inländischen (Rang 18).1253 Die Arbeitskosten wurden von den inländischen Unternehmen hingegen als bedeutender eingestuft.1254 Tabelle 2 Relevanz der Standortfaktoren – Ifo – Neue Bundesländer1255 Standortfaktor

Alle Ausländische Deutsche Muttergesellschaften Muttergesellschaften Muttergesellschaften Rang

Rechtssicherheit

1

1

2

Eigentumsverfassung

2

2

4

Größe des Absatzmarktes

3

8

1

Arbeitskosten

4

14

3

Verfügbarkeit Hochqualifizierte

5

6

5

Verkehrsinfrastruktur

6

11

6

Korruption

7

3

13

Persönliche Sicherheit

8

9

9

Steuerbelastung

9

13

7

Verfügbarkeit Facharbeiter

10

10

8

Energie- und Wasserversorgung

11

7

10

Arbeitsmarktregulierung 12

12

12

Öffentliche Förderung

13

4

18

Kommunikaitonsnetze

14

5

21

Bürokratie

15

15

14

1253

Vgl. Nachweise in Fn. 1252. Rang 3 bei inländischen und Rang 14 bei ausländischen Muttergesellschaften, vgl. Tabelle 2. 1255 Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 87, Rang 1 – 5 der Tabelle 7-6: Relevanz der Standortfaktoren. 1254

232

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

c) Institut der deutschen Wirtschaft – Messung der industriellen Standortqualität in Deutschland, 2012 aa) Key-Facts der Studie Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie hat das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln gemeinsam mit der IW Consult GmbH im Jahre 2012 eine Studie zur Messung der industriellen Standortqualität in Deutschland veröffentlicht.1256 Ziel dieser Studie war es, die für Industrieunternehmen maßgeblichen Standortfaktoren zu ermitteln und zugleich einen Vergleich zu Dienstleistungsunternehmen zu schaffen.1257 Zudem sollte die Standortqualität für Industriebetriebe in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern bewertet werden.1258 In diesem Zusammenhang hat das Institut zunächst ein Konzept für die Messung der industriellen Standortqualität entwickelt.1259 Zudem wurde eine Vielzahl bestehender Studien, die sich mit der Wettbewerbsfähigkeit und Standortqualität befassen, ausgewertet und in das erarbeitete Messkonzept eingeordnet.1260 Auf dieser Datenbasis aufbauend hat es dann in einer Unternehmensbefragung mehr als 2.200 Unternehmen aus dem Industriesektor und dem industrienahen Dienstleistungssektor zur Bedeutung von insgesamt 71 Standortfaktoren befragt.1261 Die Studie aus dem Jahre 2012 wird zu Recht als „eine der belastbarsten (…) [und] umfangreichsten Quellen zur Relevanz von Standortfaktoren“1262 bezeichnet. bb) Ranking der Standortfaktoren Das Institut der deutschen Wirtschaft befragte mehr als 2.200 Unternehmen, um die Relevanz einzelner Standortfaktoren zu ermitteln. Die Unternehmen aus Industrie und industrienaher Dienstleistung beantworteten Fragen zu insgesamt 71 Standortfaktoren. Bei der Beantwortung der Fragen sollte die Sicht eines potentiellen Investors eingenommen werden, der seine Produktionsstätten bzw. seinen Dienstleistungsstandort sichern oder erweitern möchte, und zudem über die Öffnung einer neuen Produktionsstätte bzw. eines neuen Dienstleistungsstandorts nachdenkt.1263 Unternehmen mit Auslandsbezug wurden zudem speziell darum gebeten, die Standortfaktoren im Hinblick auf mögliche Auslandsinvestitionen zu bewerten.1264 1256 1257 1258 1259 1260 1261 1262 1263 1264

Für die Nachweise zur Studie siehe Fn. 1218. IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 19. IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 19. IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 48 ff. IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 61 ff. IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 158 ff. Brenning u. a., Fn. 1194, S. 20. IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 158. IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 159.

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

233

Die jeweiligen Unternehmen sollten die 71 vorgegebenen Standortfaktoren, die in insgesamt 15 Obergruppen strukturiert wurden, mit 0 („völlig irrelevant“), 20, 40, 60, 80 oder 100 („absolut unverzichtbar“) Punkten bewerten.1265 Am Ende wurde ein Mittelwert gebildet, der folgendes Ranking der 15 Obergruppen ermöglichte: Tabelle 3 Relevanz der Standortfaktoren, Obergruppen, Vergleich Industrie und Dienstleistung1266 Durchschnittsbewertungen; Angaben in Prozent und Differenz in Prozentpunkten Industrie

Dienste

Unterschiede

Energie und Rohstoffe

90,3

77,7

12,6

Ordnungsrahmen

89,3

85,9

3,4

Bürokratie

79,5

73,4

6,1

Markt und Kunden

79,0

76,5

2,5

Arbeitsbeziehungen

78,1

68,9

9,2

Infrastruktur

77,6

74,5

3,1

Humankapital

76,4

69,3

7,2

Innovationsumfeld

74,4

61,7

12,7

Kosten

73,5

66,3

7,2

Wertschöpfungskette

71,3

57,6

13,7

Kapitalmarkt

69,3

66,8

2,5

Offenheit/Außenhandel

68,0

51,4

16,6

Staatliche Förderung

49,5

48,2

1,3

Regulierung

43,5

43,8

-0,3

Luft/Bahn/Schifffahrt

39,4

43,3

-3,9

Durchschnitt

70,6

64,3

6,2

In der Studie wurde zudem eine Reihung der Einzelindikatoren vorgenommen:

1265

IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 158. Zu den einzelnen Kategorien siehe bereits die Ausführungen bei, S. 223. 1266 Tabelle entspricht: IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 165, Tabelle 7-3.

234

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb Tabelle 4 Relevanz der Standortfaktoren, Einzelindikatoren, Vergleich Industrie und Dienstleistung1267 Relevanz und Bewertung TOP-25 Rangfolge nach Industrie

Indikator

Bereich

Relevanz

Note

IND DL

Ind

Ausreichende und stabile Stromversorgung

Ressourcen/ Rohstoffe

92,4 84,3 1,88

Hohe Rechtssicherheit

Ordnungsrahmen

91,7 90,0 1,95

Ausreichende und stabile Energieversorgung

Ressourcen/ Rohstoffe

91,0 82,1 1,90

Vorhandensein einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung

Ordnungsrahmen

88,8 84,7 1,85

Verfügbarkeit von Fachkräften

Humankapital

88,8 84,6 2,90

Geringe Korruption

Ordnungsrahmen

88,5 82,5 2,04

Zukünftige Verfügbarkeit von Arbeitskräften

Humankapital

87,9 82,0 3,36

Durchsetzung fairer Wettbewerbsbedingungen

Ordnungsrahmen

87,9 86,0 2,26

Ausreichende und stabile Rohstoffversorgung

Ressourcen/ Rohstoffe

86,9 64,6 2,22

Güte Straßenverkehr

Infrastruktur

85,4 81,8 2,39

Hohe Flexibilität der Arbeitszeiten

Arbeitsbeziehungen

84,8 80,7 2,78

Schutz des geistigen Eigentums

Innovationsumfeld

82,6 69,9 2,24

Schnelle Zulassungs- und Genehmigungsverfahren

Bürokratie

82,6 74,8 3,31

Güte Kommunikationsinfrastruktur

Infrastruktur

82,0 84,3 2,27

Unbürokratisches Verhalten öffentlicher Stellen

Bürokratie

81,3 77,4 3,37

Seltene Störungen durch Arbeitskämpfe

Arbeitsbeziehungen

81,1 69,7 2,19

Hinreichende Marktgröße

Markt und Kunden

80,1 76,5 2,41

Niedrige Energiekosten

Kosten

79,7 68,2 3,95

Kundennähe

Markt und Kunden

79,5 79,5 2,02

Niedrige Stromkosten

Kosten

79,3 65,3 4,01

Güte Bildungsinfrastruktur

Humankapital

79,3 68,5 2,51

Ausreichende Ausschöpfung Betriebsnutzungsdauer

Arbeitsbeziehungen

79,1 58,4 2,59

Leistungsfähige Zulieferer

Wertschöpfungskette 78,8 66,5 2,14

Technikfreundlichkeit/positives Innovationsklima

Innovationsumfeld

78,2 65,8 2,65

Niedrige Lohnstückkosten

Kosten

78,1 63,8 3,03

1267

Tabelle entspricht: IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 176, Tabelle 7-4.

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

235

(1) Unterschiede Industrie- und Dienstleistungsunternehmen Das Ranking der 15 Obergruppen zeigt zunächst, dass die Standortfaktoren Energie und Rohstoffe, sowie der am Standort geltende Ordnungsrahmen sowohl für Industrie-, als auch für Dienstleistungsunternehmen von besonderer Bedeutung sind.1268 Trotzdem wird z. B. im Bereich Energie und Rohstoffe eine Abweichung von 12,6 Punkten erreicht. Diese Erkenntnis deckt sich allerdings mit einem weiteren Befund des Rankings der Obergruppen. So wurde im Rahmen der Umfrage ebenso deutlich, dass Industrieunternehmen die Relevanz von Standortfaktoren im Grundsatz höher bewerten als Dienstleistungsunternehmen.1269 Im Ranking erreichen Industrieunternehmen einen Durchschnitt von 70,6 – Dienstleistungsunternehmen lediglich einen von 64,3. Neun der 15 Obergruppen schaffen es auch beim Ranking der Einzelindikatoren unter die Top-25.1270 So wird mindestens ein Einzelindikator aus den Bereichen Ressourcen/Rohstoffe, Ordnungsrahmen, Humankapital, Infrastruktur, Arbeitsbeziehungen, Markt und Kunden, Kosten, Wertschöpfungskette und dem Innovationsumfeld im Ranking Top-25 der Einzelindikatoren genannt. Der aus Sicht der Industrieunternehmen wichtigste Einzelindikator ist eine Ausreichende und stabile Stromversorgung mit einem Wert von 92,4 – aus Sicht der Dienstleistungsunternehmen eine Hohe Rechtssicherheit mit einem Wert von 90,0. Die ersten neun Plätze des Rankings zeigen kaum Unterschiede zwischen Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. Betrachtet man jedoch das gesamte Ranking zeigen eine Reihe von Einzelindikatoren stark abweichende Werte. So bewerten Industrieunternehmen etwa niedrige Rohstoffkosten oder eine ausreichende und stabile Rohstoffversorgung mit mindestens 20 Prozentpunkten mehr.1271 Dienstleistungsunternehmen setzen hingegen verstärkt auf niedrige Grundstückspreise oder allgemeine Subventionen.1272 (2) Unterschiede kleine, mittlere und große Unternehmen Die Studie hat zudem eine unterschiedliche Betrachtung der Relevanz einzelner Standortfaktoren abhängig von der Größe der befragten Unternehmen ermöglicht.1273 So wurden kleine (bis 49 Mitarbeiter), mittlere (50 bis 249 Mitarbeiter) und große Unternehmen (ab 250 Mitarbeiter) unterschieden. Die Ergebnisse dieser differen1268

Siehe allgemein zu den Ergebnissen des Rankings der Obergruppen: Tabelle 3. So ausdrücklich auf diese Erkenntnis hinweisend: IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 164. 1270 Siehe allgemein zu den Ergebnissen des Rankings der Einzelindikatoren: Tabelle 4 und die dort abgebildetene ersten 25 Plätze. Das vollständige Ranking der 71 Einzelindikatoren ist abgedruckt bei: IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 268 ff. 1271 IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 177. Siehe auch das vollständig abgedruckte Ranking der 71 Einzelindikatoren aus S. 268 ff. der Studie. 1272 IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 177. 1273 IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 178 ff. 1269

236

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

zierten Betrachtung haben zunächst ergeben, dass die Reihung der Obergruppen sich kaum unterscheidet.1274 Allerdings steigt die Relevanz der Standortfaktoren im Regelfall mit der Größe des Unternehmens an.1275 So bewerten kleine Unternehmen die Relevanz des Innovationsumfelds mit einem Wert von 66,5, mittlere Unternehmen mit 68,3 und große Unternehmen mit einem Wert von 80,6.1276 Zum Teil nimmt die Relevanz der Standortfaktoren allerdings auch mit der Größe des Unternehmens ab.1277 So wurden absteigende Werte etwa in den Obergruppen Staatliche Förderung und Regulierung ermittelt. Dies bestätigt sich auch in der Betrachtung der Einzelindikatoren. Hier haben die kleinen Unternehmen z. B. die Gründungsförderung, Finanzierungs- und Investitionshilfen höher bewertet als große Unternehmen.1278 Tabelle 5 Relevanz der Standortfaktoren, Größenklassen, Industrie1279 Relevanzquoten nach Größenklassen in der Industrie Angaben in Prozent Standortfaktoren nach Obergruppen

Anzahlgewichtet

Volumengewichtet

Mitarbeitergrößenklassen bis 49

50 bis 249

ab 250

Gesamt

Gesamt

Energie/Rohstoffe

85,1

91,1

91,4

85,5

90,3

Ordnungsrahmen/Governance

85,1

86,8

92,1

85,2

89,3

Bürokratie

76,1

74,2

83,3

76,1

79,5

Infrastruktur

75,3

78,3

78,2

75,5

77,6

Markt und Kunden

73,3

76,8

82,6

73,7

79,0

Kosten

72,8

75,0

73,3

72,9

73,5

Arbeitsbeziehungen

69,7

77,2

81,4

70,3

78,1

Kapitalmarkt

69,8

72,7

67,5

69,9

69,3

Wertschöpfungskette

68,4

68,1

73,8

68,4

71,3

Humankapital

67,3

74,4

80,9

67,8

76,4

Innovationsumfeld

66,5

68,3

80,6

66,8

74,4

1274

IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 179. IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 179. Siehe auch das Ranking in Tabelle 5. 1276 Die Werte beziehen sich auf die anzahlgewichteten Ergebnisse des Rankings in Tabelle 5. 1277 IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 179. Siehe auch das Ranking in Tabelle 5. 1278 IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 179. Siehe auch das gesamte Ranking der 71 Einzelindikatoren auf S. 268 ff. der Studie. 1279 Tabelle entspricht: IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 180, Tabelle 7-5. 1275

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

237

Tabelle 5 (Fortsetzung) Relevanzquoten nach Größenklassen in der Industrie Angaben in Prozent Offenheit/Außenhandel

59,9

66,0

72,3

60,5

68,0

Staatliche Förderung

54,6

51,3

46,8

54,4

49,5

Regulierung

46,8

44,8

41,6

46,6

43,5

Luft/Bahn/Schifffahrt

35,3

35,7

41,4

35,4

39,4

Durchschnitte

67,1

69,4

72,5

67,3

70,6

(3) Unterschiede Auslands- und Inlandsinvestitionen Wie bereits erwähnt, wurden Unternehmen mit Auslandsbezug gesondert zu den maßgeblichen Standortfaktoren bei der internationalen Standortwahl befragt.1280 So sollte ein Vergleich zwischen den Relevanzquoten im In- und Ausland ermöglicht werden.1281 Zudem wurden bei der Betrachtung von Auslandsinvestitionen zwei Gruppen gegenübergestellt: Die westlichen Industrieländer auf der einen und die Schwellenländer und Mittel- und Osteuropäischen Länder auf der anderen Seite.1282 Die Umfrageergebnisse zeigten, dass die Relevanzquoten der Standortfaktoren für Investitionen im In- und Ausland nur marginal voneinander abweichen. Insbesondere die Rangfolge der Obergruppen im In- und Ausland ist nahezu identisch.1283 Im Inland werden allerdings grundsätzlich Relevanzquoten erreicht, die etwa 4 % über den im Ausland erzielten Relevanzquoten liegen.1284 Nur zwei Faktoren werden für Investitionen im Ausland als bedeutender bewertet: die Bahn/Luft/Schifffahrt und die Offenheit der Märkte.1285 Da es sich hierbei jeweils um Kernfaktoren für eine erfolgreiche Standortverlagerung ins Ausland handelt, verwundern die an dieser Stelle vergebenen höheren Relevanzquoten nicht. Der in der Studie vorgenommene Vergleich zwischen westlichen Industrieländern auf der einen und Schwellenländern auf der anderen Seite hat gezeigt, dass die Relevanzquoten der Standortfaktoren in den Schwellenländern überwiegend höher sind als in den westlichen Industrieländern.1286 Demzufolge sind die Ansprüche der standortsuchenden Unternehmen an die Qualität der Standortfaktoren in den Schwellenländern höher als in den westlichen Industrieländern.1287 Auch dies lässt

1280 1281 1282 1283 1284 1285 1286 1287

IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 187. IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 187. IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 187, 189. IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 187 f., insbesondere IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 187 f., insbesondere IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 187 f., insbesondere IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 187 f., insbesondere IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 189.

Tabelle 6. Tabelle 6. Tabelle 6. Tabelle 6.

238

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

sich ohne weiteres mit dem deutlich höheren Risiko einer Investition in den Schwellenländern begründen. Tabelle 6 Relevanz der Standortfaktoren, Obergruppen, Vergleich der Regionen im Ausland1288 Relevanz nach Regionen im Ausland Durchschnittsbewertungen; Angaben in Prozent und Prozentpunkten Differenz gesamt zu …

Themenbereiche

Gesamt

WIL

Übrige

WIL

Übrige

Ordnungsrahmen

83,8

84,6

82,5

0,8

-1,3

Markt und Kunden

80,4

80,5

80,2

0,1

-0,2

Energie/Rohstoffe

79,2

73,1

89,4

-6,1

10,2

Bürokratie

76,1

73,0

81,5

-3,2

5,3

Offenheit/Außenhandel

75,7

73,3

79,6

-2,4

4,0

Infrastruktur

72,0

68,8

77,4

-3,2

5,4

Arbeitsbeziehungen

72,0

70,3

74,8

-1,6

2,8

Kosten

69,7

66,3

75,4

-3,4

5,7

Wertschöpfungskette

66,8

65,7

68,6

-1,1

1,9

Humankapital

66,2

64,0

69,9

-2,2

3,7

Innovationsumfeld

62,0

64,7

57,5

2,7

-4,5

Kapitalmarkt

56,6

55,1

59,0

-1,4

2,4

Bahn/Luftfahrt/Schifffahrt

46,3

42,4

52,8

-3,9

6,5

Staatliche Förderung

43,9

40,5

49,6

-3,4

5,7

Regulierung

34,4

32,1

38,3

-2,3

3,9

Durchschnitt

65,7

63,6

69,1

-2,0

3,4

d) Fazit – Relevanz der Standortfaktoren bei der Standortwahl Die Ergebnisse der exemplarisch ausgewählten Studien haben verdeutlicht, dass eine einheitliche Aussage über die Relevanz einzelner Standortfaktoren nur schwer möglich ist. Die Bewertung der Relevanz einzelner Standortfaktoren abhängig vom Betätigungsfeld, der Größe und dem Sitz des Unternehmens, sowie der konkreten Gründe für die An- und Umsiedlung eines Unternehmens sind zu unterschiedlich. Zudem unterscheiden sich die Gruppierungen der Standortfaktoren von Studie zu Studie. Die umfassendste Betrachtung gewährt die Studie des Instituts der deutschen

1288

7-8.

Tabelle entspricht: IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 190, Tabelle

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

239

Wirtschaft aus dem Jahre 2012. Hierin wurde u. a. zwischen dem Betätigungsfeld der Unternehmen, der Größe und dem Sitz der Gesellschaft unterschieden.1289 Die einzelnen Studien kommen zum Teil abhängig von den befragten Unternehmen und der Ausgestaltung der Studie zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. So rangiert etwa der Standortfaktor Energie/Rohstoffe bei der Industriefokussierten Umfrage des Instituts der deutsche Wirtschaft aus dem Jahre 2012 auf Platz 1.1290 Das Ranking des Ifo Instituts sieht den Standortfaktor Energie- und Wasserversorgung hingegen nur auf Rang 11.1291 Ähnlich abweichende Ergebnisse wurden für eine Reihe weiterer Standortfaktoren erzielt.1292 Trotzdem lassen sich zumindest drei Standortfaktoren benennen, die einen besonderen Stellenwert einnehmen und in nahezu allen Studien auf einem der vorderen Ränge platziert sind. Eindeutig gilt dies für die politische und rechtliche Stabilität. Dieser Standortfaktor kann wohl als der bedeutendste Faktor bei der Standortwahl angesehen werden. Er nimmt in allen dargestellten Studien einen der vorderen Ränge ein. Dies gilt in abgeschwächter Form außerdem für die Attraktivität des Marktes am konkreten Standort. Auch dieser Standortfaktor hat in den vorgestellten Studien häufig vordere Plätze eingenommen. Eine bedeutende Rolle wurde häufig auch der Notwendigkeit nach qualifizierten Arbeitskräften und den hiermit einhergehenden Arbeitskosten zugesprochen. Zwar wurden hier zum Teil abweichende Plätze erreicht, trotzdem wurde meist ein im Zusammenhang mit den Arbeitskräften stehender Faktor in die vorderen Ränge gewählt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Standortfaktoren, die von den Unternehmen mehrfach als eher weniger bedeutend eingestuft wurden. Hierzu zählen etwa die bestehenden Möglichkeiten der Öffentlichen Förderung.1293 Zudem scheinen die weichen Standortfaktoren wie das Image der Stadt oder Region eine eher unbedeutendere Rolle zu spielen. Diese Faktoren wurden nur selten in die Rankings aufgenommen und belegten dann auch stets einen der hinteren Ränge. Dieses Ergebnis widerspricht jedoch einer verbreiteten Ansicht in der Literatur, die von einem Bedeutungsgewinn der weichen Standortfaktoren ausgeht.1294

1289 IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, siehe auch die Zusammenfassung der Ergebnisse auf den S. 235ff. dieser Arbeit. 1290 IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218, S. 165. Siehe zudem die Ausführungen zu dieser Studie auf den S. 232ff. 1291 Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 87. Siehe zudem die Ausführungen zu dieser Studie auf den S. 229 ff. 1292 So wurde etwa auch im Bereich der Standortkosten unterschiedliche Ergebnisse erreicht. In der Studie von Ernst&Young, Deutsche Großstädte, 2006, Fn. 1227 rangieren die Standortkosten auf Rang 1 des Rankings. In der Studie des IdW, Industrielle Standortqualität, 2012, Fn. 1218 wird der Standortfaktor Kosten aus Sicht der Industrie auf Platz 9 und aus Sicht der Dienstleistungsunternehmen auf Platz 8 gerankt. 1293 Siehe zu diesem Standortfaktor die eingehende Darstellung bei, S. 247 ff. 1294 Siehe hierzu bereits: Grabow/Henckel/Hollbach-Grömig, S. 91 ff.; Meier, S. 42.

240

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

Festzuhalten bleibt, dass die Maßgeblichkeit der einzelnen Standortfaktoren immer von der konkreten Ansiedlungsentscheidung abhängig sein wird. Unternehmen werden vor der Standortwahl eine Reihe von für sie wichtigen Standortfaktoren festlegen und potentielle Standorte anhand dieser Faktoren vergleichen. Im Ergebnis muss das Gesamtpaket stimmen, nur dann kann ein Standort das potentielle Unternehmen zur Ansiedlung bewegen. Da eine Verbesserung der Qualität sämtlicher Standortfaktoren kaum möglich ist, ist eine Reihe von Standorten dazu übergegangen, sich auf eine bestimmte Branche zu spezialisieren. So sind etwa das Silicon Valley bei San Francisco in den USA und das deutsche Pendant das Silicon Saxony bei Dresden häufig potentielle Standorte für die IT-Branche.1295 In diesen Gebieten werden dann die für diese Unternehmen maßgeblichen Standortfaktoren verbessert und gefördert.

III. Regional vs. Global – Die Globalisierung des Standortwettbewerbs „Die europäische Wirtschaft und mit ihr Deutschland als große und offene Volkswirtschaft im Zentrum der Europäischen Union stehen heute mehr denn je im globalen Wettbewerb.“1296

Mit diesem Satz wurde im Jahre 2006 ein Positionspapier der Bundesregierung zur externen Wettbewerbsfähigkeit der EU eingeleitet. Die Globalisierung der Wirtschaft war damals kein neues Phänomen, vielmehr hatte aber das Ausmaß in den neunziger Jahren enorm zugenommen.1297 Auch heute, mehr als zehn Jahre später, befinden wir uns weiterhin in einem Zeitalter, welches vom Phänomen der Globalisierung geprägt ist.1298 Es ist nicht einfach eine passende Definition für dieses Phänomen zu finden, da es sich auf eine Vielzahl von Bereichen in unterschiedlichster Art und Weise auswirkt.1299 Pragmatisch betrachtet kann die Globalisierung 1295 Informationen zum Saxony Valley finden sich auf: http://www.silicon-saxony.de/home/ (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1296 Positionpapier Bundesregierung, Juni 2006: Globalisierung gestalten: Externe Wettbewerbsfähigkeit der EU steigern – Wachstum und Arbeitsplätze in Europa sichern, abrufbar unter: http://docplayer.org/25408594-Globalisierung-gestalten-externe-wettbewerbsfaehigkeitder-eu-steigern-wachstum-und-arbeitsplaetze-in-europa-sichern.html (zuletzt abgerufen: 14. 08. 2019). 1297 Vgl. etwa: Eickhof, Wirtschaftsdienst 2003, 369; Böge, in: FS Baudenbacher, 2007, S. 283, 283. 1298 Zur heutigen Bedeutung der Globalisierung, siehe etwa das Reflexionspapier der Europäischen Kommission COM (2017) 240 vom 10. 05. 2017, Die Globalisierung meistern, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/reflection-paper-globa lisation_de.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). Zudem finden sich eine Vielzahl rechtlicher Betrachtungen bei: Schwarze, Globalisierung und Entstaatlichung des Rechts, Teilband I. Siehe zudem einführend aus ökonomischer und politischer Sicht: Koch, S. 3 ff. m.w.N. 1299 Vgl. etwa zur Verdeutlichung der Vielschichtigkeit des Begriffes die Aufzählung der unterschiedlichen Bedeutungen des Wortes „Globalisierung“ im Schlussbericht der Enquete-

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

241

aber als „Prozess der zunehmenden weltweiten Verflechtung im Bereich der Wirtschaft, Politik, Umwelt, Kultur und Telekommunikation“ beschrieben werden.1300 Für die vorliegende Untersuchung soll sich darauf beschränkt werden, die Auswirkungen der Globalisierung auf den Standortwettbewerb darzustellen. Auch hier hat die Globalisierung verschiedene Entwicklungen beeinflusst, die im Ergebnis zu einer Intensivierung des Wettbewerbs zwischen weltweit verteilten Standorten geführt hat. 1. Intensivierung des weltweiten Standortwettbewerbs Der verstärkte Wettbewerb um die mobilen Faktoren kann auf eine Reihe von Einzelentwicklungen zurückgeführt werden. a) Verstärkte Mobilität der mobilen Faktoren Die fortschreitende Globalisierung hat dazu geführt, dass die mobilen Faktoren ihren Standort schneller und preisgünstiger verlagern können.1301 Dies liegt nicht nur an den enormen Fortschritten im Transport- und Kommunikationsbereich, sondern auch am weltweiten Abbau der Handelshemmnisse.1302 Da sich der Grad der Mobilität eines Faktors stets an den Kosten der Raumüberwindung orientiert, haben die sinkenden Preise zu einer deutlichen Steigerung des Mobilitätsgrades geführt.1303 Mobile Faktoren verlagern sich somit leichter von einem Ort zum anderen. Zum Teil wird diese Mobilität heute zudem gezielt eingesetzt. Weltweit ist eine verstärkte internationale Arbeitsteilung zu beobachten, bei der die einzelnen Produktionsstandorte jeweils auf einen konkreten Arbeitsschritt spezialisiert sind.1304 So können Rohstoffe an einem Ort günstig erworben werden, bevor sie anschließend an stark spezialisierten, weltweit verteilten Standorten, die das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten, weiterverarbeitet werden.1305 Das Endprodukt entsteht aus den in Kommission aus dem Jahre 2002: Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Antworten, BT-Drucksache 14/9200, S. 52 f. 1300 Hatje, in: Schwarze, Globalisierung und Entstaatlichung des Rechts, Teilband I, S. 105, 105. 1301 Schirm, S. 64; Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 222 f. 1302 Balderjahn, S. 4; Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 221 f.; Mäding, in: Kauffmann/Rosenfeld, Städte und Regionen im Standortwettbewerb, S. 108, S. 109; Rosenfeld, in: Kauffmann/Rosenfeld, Städte und Regionen im Standortwettbewerb, S. 2, S. 3. Siehe auch die Mitteilung der Kommission – Ein wettbewerbsfähiges Europa in einer globalen Welt, KOM (2006) 567, S. 3. 1303 Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 223. 1304 Balderjahn, S. 4 f.; Rosenfeld, in: Kauffmann/Rosenfeld, Städte und Regionen im Standortwettbewerb, S. 2, S. 3; Stober, S. 3. Ebenso auf die weltweite Produktionsteilung hinweisend: Mitteilung der Kommission – Ein wettbewerbsfähiges Europa in einer globalen Welt, KOM (2006) 567, S. 3. 1305 Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 222.

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Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

unterschiedlichen Ländern hergestellten Bauteilen und wird dann in dem Land mit der größten Gewinnspanne verkauft.1306 Auch dieser verstärkt arbeitsteilige Produktionsprozess hat dazu beigetragen, dass mobile Faktoren zu einer verstärkten Mobilität neigen. Aber nicht nur die mobilen Faktoren, sondern zum Teil auch klassisch als immobil bezeichnete Faktoren, neigen heute zu einer verstärkten Mobilität. So ist insbesondere die Mobilität des qualifizierten Personals im Zuge der Globalisierung deutlich angestiegen.1307 Die beschriebenen Entwicklungen haben dazu geführt, dass Standortverlagerungen leichter und kostengünstiger möglich sind. Dies hat sich auch in der Zahl der Standortverlagerungen niedergeschlagen, die zumindest zeitweise deutlich angestiegen ist.1308 b) Größere Anzahl an potentiellen Standorten Durch die im Zusammenhang mit der Globalisierung erfolgte wirtschaftliche Erschließung neuer Märkte, stehen den mobilen Faktoren zudem eine größere Anzahl von potentiellen Standorten zur Auswahl.1309 Weltweit verfügen heute mehr Standorte über wirtschaftlich und technologisch angenäherte Standards. Auch 1306

Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 223. Straubhaar, in: Krömmelbein/Schmid, Globalisierung, Vernetzung und Erwerbsarbeit, S. 23, 31. 1308 An dieser Stelle sollen nur zwei aktuellere Studien exemplarisch genannt werden, die die Standortverlagerungen aus deutscher Sicht betrachten. Bereits bei diesen zwei Studien wird deutlich wie unterschiedlich die Ergebnisse sein können abhängig von der konkreten Fragestellung und den befragten Unternehmen: (1) Ergebnisse des Fraunhofer Instituts aus dem Jahre 2013 haben 1999 den Höchstpunkt der Produktionsverlagerungen von Deutschland ins Ausland verzeichnet. 27 % der Metall- und Elektroindustrie haben damals einen Teil ihrer Produktion aus Deutschland heraus verlagert. 2012 war mit 11 % in der Metall- und Elektroindustrie und 8 % im verarbeitenden Gewerbe seit Beginn der Messung der Tiefpunkt der Auslandsverlagerungen. Siehe Fraunhofer-Institut, Globale Produktion von einer starken Heimatbasis, Mitteilung aus der Erhebung Modernisierung der Produktion Ausgabe 63, März 2013, S. 5 ff. und insb. Abbildung 4, abrufbar unter: http://www.isi.fraunhofer.de/isi-wAssets/docs/i/de/pi-mittei lungen/PI-63.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). (2) Die Studie der IHK aus dem Jahre 2014 untersucht vielmehr, inwiefern Unternehmen eine verstärkte Auslandstätigkeit planen. 11 % der befragten Industrieunternehmen planten im Jahre 2014 eine Standortverlagerung von Deutschland ins Ausland. In der Vorumfrage im Jahre 2011 waren dies nur 6 %. Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern haben 2014 sogar 23 % der befragten Unternehmen eine Abwanderung geplant. Für 61 % der Unternehmen spielt eine Verlagerung keine Rolle. Nur 3 % wollen ihre Auslandsaktivitäten wieder einschränken. Siehe Deutsche IHK, Industriestandort Deutschland: Risse im Fundament, DIHK-Umfrage im Netzwerk Industrie 2014, S. 21 ff, abrufbar unter: https://www.muenchen.ihk.de/de/innovation/An-haenge/studie-zum-industrie standort-deutschland-2014.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). Siehe zusammenfassend zu Studien aus den Jahren 2001 – 2006: Ahlers/Öz/Ziegler, S. 35 ff. 1309 Balderjahn, S. 3 f.; Mäding, in: Kauffmann/Rosenfeld, Städte und Regionen im Standortwettbewerb, S. 108, S. 109; Meyer-Stamer, S. 5. 1307

A. Standortwettbewerb im Zeitalter der Globalisierung

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fachlich qualifiziertes Personal ist an einer Vielzahl von Standorten zu finden und kann heute leichter zu einer Umsiedlung bewegt werden.1310 Unternehmen können ihren Standort somit nicht nur leichter, schneller und kostengünstiger wechseln, sondern haben hierbei zudem eine weitaus größere Anzahl von Ansiedlungsmöglichkeiten zur Auswahl. c) Abbau regionaler Bindungen Zudem hat die Globalisierung das Vertrauen in ausländische Märkte gestärkt. Regionale Bindungen und Traditionen werden aufgeweicht.1311 So verlagern auch stark regional verwurzelte Unternehmen große Teile ihrer Produktion ins Ausland. Hierbei geht es häufig um die Erschließung neuer Märkte.1312 Zudem zielen viele Standortverlagerungen auf die Senkung der Produktionskosten ab.1313 Ein Beispiel für diesen Prozess liefert der traditionell bayerisch geprägte Automobilkonzern – die Bayerische Motoren Werke AG. Seit 2014 befindet sich die größte Produktionsstätte des Konzerns nicht, wie möglicherweise zu erwarten, in Bayern, sondern in den Vereinigten Staaten von Amerika, genauer gesagt in Spartanburg, South Carolina.1314 d) Wettbewerbsdruck für immobile Faktoren Aus Sicht der immobilen Faktoren, die einen Standort nicht oder nur schwer verlassen können und die um die Ansiedlung der mobilen Faktoren werben, haben diese Entwicklungen zu einem enormen Wettbewerbsdruck geführt.1315 Standorte stehen mit einer deutlich größeren Zahl an vergleichbaren Standorten in Konkurrenz und müssen gegen diese im Wettkampf um immer mobilere Faktoren bestehen. Vor allem multinationale Unternehmen nutzen den bestehenden Wettbewerb und verlagern ihre Produktionsstätte häufig an den „günstigsten“ Standort.1316 Dies bedeutet aber nicht, dass nur multinationale Konzerne, die bereits verstärkt international tätig sind, von einer Ansiedlung überzeugt, bzw. von einer Abwanderung abgehalten 1310

Siehe die Ausführungen und Nachweise bei Fn. 1309. Balderjahn, S. 9; Balderjahn/Schnurrenberger, Lehr- und Forschungsbericht Nr. 11/ 1999, S. 10, vgl. auch: Stober, S. 4. 1312 Balderjahn/Schnurrenberger, Standort Deutschland, Fn. 1311, S. 18 ff. 1313 Balderjahn/Schnurrenberger, Standort Deutschland, Fn. 1311, S. 22 f. 1314 Siehe etwa: Spartanburg überholt Dingolfing, Das größte BMW-Werk steht künftig in den USA, Handelsblatt vom 28. 03. 2014, abrufbar unter: http://www.handelsblatt.com/unterneh men/industrie/spartanburg-ueberholt-dingolfing-das-groesste-bmw-werk-steht-kuenftig-in-denusa/9684554.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1315 Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 225. 1316 Straubhaar, in: Biskup, Globalisierung und Wettbewerb, S. 217, 223 der diese Ausnutzung von Standortunterschieden als Standortarbitrage bezeichnet. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei dem „günstigsten“ Standort nicht zwingend um den Standort mit dem niedrigsten Steuerpreis handeln muss, sondern vielmehr eine Gesamtbetrachtung aller Standortfaktoren erfolgt, vgl. Steinrücken, S. 111. 1311

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Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

werden müssen.1317 Auch für kleinere, bislang nicht international tätige Unternehmen hat sich die Ausdehnung auf internationale Märkte im Zuge der Globalisierung erleichtert.1318 Deshalb müssen sie ebenfalls im globalen Standortwettbewerb berücksichtigt werden. Für die immobilen Faktoren bedeutet dies einen zusätzlichen Wettbewerbsdruck. 2. Fazit Ziel dieses kurzen Abschnittes war es, die Auswirkungen der Globalisierung auf den Standortwettbewerb darzustellen. Hierbei wurde deutlich, dass die Globalisierung als solche, eine Reihe von Einzelfaktoren ausgelöst hat, die im Ergebnis zu einer Intensivierung des weltweiten Standortwettbewerbes geführt haben. So sind Standortverlagerungen heute kostengünstiger möglich. Zudem können Unternehmen auch zwischen einer steigenden Zahl von nahezu gleichwertigen Standorten wählen. Da auch regionale Bindungen häufig schwinden, fällt es den einzelnen Standorten folglich immer schwerer, sich im Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen zu behaupten. Wenn Standorte heute in einer globalen Welt bestehen wollen, müssen sie eine attraktive Standortpolitik betreiben und Ansiedlungsanreize für Unternehmen schaffen. Es liegt insofern auf der Hand über die Vergabe von staatlichen Fördermitteln als Ansiedlungsanreiz nachzudenken.

B. Ansiedlungsprämie als Standortfaktor Der vorherige Abschnitt dieses Kapitels hat verdeutlicht, dass Standorte auf der ganzen Welt heute stärker denn je um die Ansiedlung von Unternehmen konkurrieren. Sie werden hierbei anhand der an ihrem Standort geltenden Standortfaktoren bewertet. Der zunehmende Standortwettbewerb und die fortschreitende Globalisierung haben zu einer stetigen Anpassung und Verbesserung der regionalen Standortfaktoren geführt. Um sich von der Masse an vergleichbaren Standorten abzuheben oder auch um Standortnachteile auszugleichen, vergeben Standorte weltweit häufig hohe staatliche Fördermittel.1319 Bevor die rechtliche Regulierung dieser finanziellen Investitionsanreize durch das Europäische Beihilferecht, das 1317

Schirm, S. 72. Schirm, S. 72 f.; Stober weist auf die strukturelle Veränderung nationaler Unternehmen hin, die verstärkt zu grenzüberschreitenden Tätigkeiten tendieren, S. 3. 1319 BT-Drucksache 17/4982 vom 3. 3. 2011, S. 11, siehe zudem die Übersicht über die zehn größten Investitionsbeihilfen in den USA und in der EU im Jahre 2000 – 2008, S. 89; Dietrich/ Franz/Haschke/Heimpold, S. 80. Vgl. auch: Dallmann/Richter, S. 273; Ragnitz/Reinhard/ Schmalholz, ifo Dresden berichtet 4/2008, S. 25, S. 27; Thomas, Investment Incentives, S. 6 ff.; Thomas/Wishlade, Locational Tournaments, Anhang 2 und 3. Siehe zudem die Untersuchung der New York Times, Fn. 946. 1318

B. Ansiedlungsprämie als Standortfaktor

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WTO-Subventionsrecht und das nationale Subventionsrecht der USA untersucht wird, soll in diesem Abschnitt eine Systematisierung der staatlichen Fördermittel im Standortwettbewerb erfolgen und zudem geklärt werden, inwiefern Fördermittel tatsächlich eine Rolle bei der Standortwahl eines Unternehmens spielen.

I. Systematisierung staatlicher Fördermittel im Standortwettbewerb 1. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes Weltweit existiert keine einheitliche Systematisierung staatlicher Fördermittel im Standortwettbewerb. Trotzdem soll an dieser Stelle versucht werden, den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit näher zu beschreiben und einzugrenzen. Aus dem Europäischen Beihilferecht ist die Unterscheidung zwischen Investitions- und Betriebsbeihilfen bekannt.1320 Betriebsbeihilfen umfassen sämtliche staatliche Fördermittel, die dem begünstigten Unternehmen dabei helfen, seine laufenden Kosten zu reduzieren und nicht im Zusammenhang mit einer Erstinvestition gewährt werden.1321 So ist etwa eine Reduzierung der Personal-, Verwaltungsoder Energiekosten als Betriebsbeihilfe einzuordnen.1322 Im Gegensatz hierzu sind Investitionsbeihilfen stets an eine entsprechende Erstinvestition in materielle oder immaterielle Anlagewerte geknüpft.1323 Das Angebot eines unter dem Marktwert

1320 Siehe etwa die Abgrenzung in der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. 06. 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt, in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Abl. 2014 L 187/1 und in der Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020. Siehe auch die Abgrenzung in der Rechtsprechung des EuGH: EuGH, Rs. C-278/95 (Siemens/Kommission), Slg. 1997, I-02507; Exemplarisch zur Abgrenzung aus der Literatur: Sánchez Rydelski, Handbuch Beihilferecht, S. 95 f.; Segura Catalán, in: von der Groeben/ Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, Art. 107 Rn. 329 ff.; Segura, in: Schröter/Jakob/ Klotz/Mederer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 6. Teil, B Rn. 328 ff. 1321 Der Begriff der Betriebsbeihilfe wird in verschiedenen europäischen Rechtsakten legaldefiniert. So sind Betriebsbeihilfen nach Rz. 20q) der Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, „Beihilfen, die zur Senkung der nicht mit einer Erstinvestition in Zusammenhang stehenden laufenden Kosten eines Unternehmens dienen“. Mit ähnlicher Definition für „Regionale Betriebsbeihilfen“: AGVO, Art. 2 Nr. 42. Nach der Definition des EuGH sind Betriebsbeihilfen „Beihilfen, die (…) ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte“, EuGH, Rs. C-156/98, Rn. 30. 1322 Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 20q). 1323 Die Begriffsbestimmung der Investitionsbeihilfe ergibt sich aus einer Zusammenschau der Definitionen in den Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, und in der AGVO. Siehe hierzu exemplarisch die Ausführungen bei: Lukits, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht Jahrbuch 2014, S. 334, 345 f.; Segura, in: Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Europäisches Wettbewerbsrecht, 6. Teil, B Rn. 329 ff.

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Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

liegenden Grundstückspreises bei der Ansiedlung eines neuen Unternehmens ist somit etwa als Investitionsbeihilfe einzuordnen. Im Standortwettbewerb können sowohl Investitions- als auch Betriebsbeihilfen einen Ansiedlungsanreiz darstellen. Unternehmen versuchen nicht nur einmalige oder kurzfristige Investitionsbeihilfen abzugreifen, sondern berücksichtigen natürlich auch eine langfristige Kostenreduzierung durch Betriebsbeihilfen. Deshalb sollen in der vorliegenden Untersuchung beide Beihilfekategorien betrachtet werden. Dazu kommt, dass staatliche Fördermittel im Standortwettbewerb, unabhängig davon, ob sie als Betriebs- oder Investitionsbeihilfe vergeben werden können, in unterschiedlichen Formen gewährt werden, so etwa als direkte Zuschüsse, zinsgünstige Darlehen, Steuererleichterungen oder auch vergünstigte Grundstückspreise.1324 In der Praxis bekommen Unternehmen häufig Prämienpakete angeboten, die unterschiedliche Formen der finanziellen Förderung vereinen.1325 Die konkrete Höhe der staatlichen Förderung ergibt sich somit erst aus der Addition der einzelnen gewährten Fördermittel. So wurde dem Unternehmen Advanced Micro Devices (AMD) im Jahre 2008 für den Bau einer neuen Fertigungsstätte von der Stadt New York (USA) insgesamt über 1 Mrd. E angeboten. Dieser Gesamtbetrag ergab sich allerdings nicht ausschließlich aus direkten Investitionszuschüssen, sondern bezog auch gewährte Forschungszulagen und Steuererleichterungen mit ein. Die überwiegende Summe der gewährten Beihilfen wird innerhalb der Europäischen Union in Form von direkten Zuschüssen (63 %) und Steuerbefreiungen (30 %) vergeben.1326 Auch in den Vereinigten Staaten von Amerika und anderen globalen Standorten sind diese Formen staatlicher Investitionsförderung überwiegend vertreten.1327

1324 So etwa ausdrücklich in der Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 57. Allgemein zu den potentiellen Unternehmensfördermitteln in Deutschland: Germany Trade & Invest, Unternehmensförderung in Deutschland, 2015/2016, abrufbar unter: http://www.gtai.de/ GTAI/Content/DE/Invest/_SharedDocs/Downloads/GTAI/Sonstiges/blg-unternehmensfoerde rung-in-deutschland-pdf.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). Siehe zudem die Übersicht mit möglichen Investitionsanreizen in ausgewählten Ländern, Grundig u. a., Rechtfertigung von Ansiedlungssubventionen, S. 35 f. 1325 Hahne, in: Ridinger/Steinröx, Regionale Wirtschaftsförderung, S. 8, S. 17 ff.; siehe auch das folgende Beispiel, übernommen von: Steinrücken, S. 104. 1326 Eingehend zu den innerhalb der Europäischen Union vergebenen Beihilfen: Beihilfenanzeiger 2016, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/state_aid/scoreboard/index_ en.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1327 Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’l L. 71, 72; Thomas, Investment Incentives, S. 6 ff.; Thomas/Wishlade, Locational Tournaments, Anhang 2 und 3. Siehe zudem die Untersuchung der New York Times, Fn. 946. Siehe die Aufzählung gewährter Investitionsanreize an anderen globalen Standorten: Ragnitz/Reinhard/Schmalholz, ifo Dresden berichtet 4/2008, S. 25, S. 29 f.

B. Ansiedlungsprämie als Standortfaktor

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2. Der Begriff der Ansiedlungsprämie Um den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit weiter einzugrenzen, soll für die rechtliche Untersuchung der Begriff der Ansiedlungsprämie verwendet werden.1328 Nach dem Verständnis dieser Arbeit sollen hierunter alle finanziellen Vorteile fallen, die einem Unternehmen für die Neuansiedlung oder die Weiterführung bzw. Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte von einer staatlichen Stelle gewährt werden. Vom Begriff der Ansiedlungsprämie soll nicht nur die Gewährung einer staatlichen Beihilfe mit Blick auf eine getätigte Erstinvestition (Investitionsbeihilfe), sondern auch jegliche Reduzierung der laufenden Kosten (Betriebsbeihilfe) verstanden werden. Eine Ansiedlungsprämie im Sinne dieser Arbeit kann z. B. in Form eines direkten finanziellen Zuschusses, einer (vorübergehenden) Reduzierung der anfallenden Steuerverpflichtung für ein bestimmtes Unternehmen, der Gewährung eines unter dem Marktwert liegenden Grundstücks- oder Mietpreises, einem zinsgünstigen Darlehen oder der kostenlosen Ausbildung von Personal gewährt werden. Um den Untersuchungsgegenstand weiter einzugrenzen soll im Rahmen der rechtlichen Untersuchung nur auf Ansiedlungsprämien in Form von direkten Zuschüssen oder Steuerbefreiungen eingegangen werden. Diese beiden Formen staatlicher Ansiedlungsförderung sind auch in der Praxis überwiegend vertreten.1329 Steuererleichterungen können hierbei entweder von langfristiger Dauer sein oder nur für einen vorübergehenden Zeitraum (sog. Tax Holidays) gewährt werden.1330

II. Staatliche Fördermittel als Determinante bei der Standortwahl 1. „Subventions-Hopping“ – Hohe Relevanz staatlicher Fördermittel? Die große Summe an staatlichen Fördermitteln, die als Investitionsanreize an ansiedlungswillige Unternehmen vergeben werden, legen den Schluss nahe, dass die Höhe staatlicher Fördermittel eine entscheidende Determinante bei der Standortwahl eines Unternehmens ist.1331 Immer wieder wird Unternehmen sogar unterstellt, ein sog. „Subventions-Hopping“ zu betreiben und so in regelmäßigen Abständen An1328 Der Begriff der Ansiedlungsprämie wird etwa verwendet von: Steinrücken, S. 104; Steinrücken/Jaenichen/Kuchinke, Wirtschaftsdienst 2005, 379, 381. In der US-amerikanischen Literatur wird häufig der Begriff der „Relocation Incentive“ genutzt: Mit dem Versuch einer Legaldefinition: Taylor, 72 Tex. L. Rev. 669, 710; siehe auch: Petrov, 33 Case W. Res. J. Int’l L. 71; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 304. 1329 Siehe die Nachweise bei Fn. 1326 und 1327. 1330 Eingehend zu sog. Tax Holidays: Bond/Samuelson, 76 The American Economic Review, 820 ff.; Doyle/van Wijnbergen, 1 International Tax and Public Finance, 211 ff., 1994. 1331 Siehe die Übersicht über die zehn größten Investitionsbeihilfen in den USA und in der EU im Jahre 2000 – 2008, in: BT-Drucksache 17/4982 vom 3. 3. 2011, S. 89.

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Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

siedlungsprämien an verschiedenen Standorten abzugreifen.1332 Dieses Vorgehen wurde etwa dem Mobilfunkkonzern Nokia vorgeworfen, der sein Werk zunächst von Bochum nach Rumänien und anschließend von dort nach China verlegte.1333 An jedem Standort wurden Nokia großzügige Ansiedlungsprämien gewährt.1334 Dieses Vorgehen des Mobilfunkunternehmens wurde politisch scharf kritisiert. Der damalige EU-Kommissar Günther Verheugen plädierte in diesem Zusammenhang etwa für eine vollständige Abschaffung von Ansiedlungsprämien in der Europäischen Union.1335 Die Gewährung von staatlichen Fördermitteln als Ansiedlungsanreiz rechnet sich für die beteiligten Standorte nur, wenn langfristig eine Refinanzierung durch Steuereinnahmen garantiert werden kann. Aus dieser Sicht ist das Phänomen des „Subventions-Hoppings“ besonders problematisch, da den Standorten eine Refinanzierung verwehrt wird. Mit Blick auf die Relevanz staatlicher Fördermittel bei der Standortwahl, verstärkt der weltweite Vorwurf des „Subventions-Hoppings“ die Annahme, dass staatliche Fördermittel für Unternehmen einen besonderen Ansiedlungsanreiz darstellen. 2. Auswertung der untersuchten Studien Im vorherigen Abschnitt wurden verschiedene Studien ausgewertet, die sich mit der Relevanz einzelner Standortfaktoren bei der Standortwahl befassen. An dieser Stelle sollen die Studien mit Blick auf die Relevanz staatlicher Fördermittel untersucht werden. So soll die Frage beantwortet werden, ob gewährte Ansiedlungsprämien tatsächlich relevante Faktoren bei der Standortwahl sind, bzw. welchen Stellenwert sie bei der Ansiedlungsentscheidung einnehmen. Der Betrachtungsgegenstand ist hier nicht alleine auf staatliche Fördermittel in Form von direkten Zuschüssen beschränkt, sondern soll auch die Förderung durch Steuervergünstigungen miteinbeziehen. 1332 Zum Phänomen „Subventions-Hopping“: Steinrücken, S. 103 f.; Thoben, ifo Schnelldienst Band 61, 5/2008, S. 3 ff. 1333 Siehe etwa auch auf dieses Beispiel hinweisend: Steinrücken, S. 103 f.; Thoben, ifo Schnelldienst Band 61, 5/2008, S. 3 ff.; Aus der Presse zur Produktionsverlagerung Nokias exemplarisch: Mihal, Rumänisches Werk: Nokia zieht weiter, Wirtschaftswoche, 21. 11. 2011, abrufbar unter: http://www.wiwo.de/unternehmen/it/rumaenisches-werk-nokia-zieht-weiter/ 5863658-all.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019); Steuer, Nokia ist selbst Rumänien zu teuer, Handelsblatt, 30. 09. 2011, S. 6. 1334 Das Land Nordrhein-Westfalen gewährte Nokia nach Aussage der Landesregierung bei seiner Ansiedlung insgesamt Fördermittel i.H.v. 60 Mio. E, Landtag NRW, Plenarbericht, Landtag intern, 39 Jahrgang Ausgabe 2 vom 20. 02. 2009, S. 8 f. Zudem hatte der Bund noch mehrere Millionen an Fördermitteln gezahlt. Auch in Rumänien wurden Nokia 20 Mio. E als Ansiedlungsprämie gewährt, Süddeutsche Zeitung, 30. 09. 2011, Nokias Rumänien-Trick geht nicht auf, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/handymarkt-bittere-niederla ge-fuer-nokia-1.1152517 (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1335 Schiltz/Gersemann, Fall Nokia: Brüssel verliert die Lust an Subventionen, Welt am Sonntag, 20. 01. 2008, abrufbar unter: http://www.welt.de/wams_print/article1575267/Fall-No kia-Bruessel-verliert-die-Lust-an-Subventionen.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019).

B. Ansiedlungsprämie als Standortfaktor

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a) Allgemeine Betrachtung: Geringe Relevanz staatlicher Fördermittel Wie bereits bei der allgemeinen Bewertung von Standortfaktoren festgestellt wurde, ist eine einheitliche Aussage über die Relevanz einzelner Standortfaktoren nur schwer zu treffen. Dies gilt aufgrund der Vielzahl von Formen staatlicher Ansiedlungsförderung, in besonderem Maße für die Relevanz staatlicher Fördermittel. Kaum eine Studie spiegelt diese Vielzahl an Formen staatlicher Ansiedlungsförderung wider. Die untersuchten Studien haben den Standortfaktor der staatlichen Förderung pauschal abgefragt. Nur in der Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft wurde nach Einzelindikatoren unterschieden. Wertet man die Studien mit Blick auf den Standortfaktor – Staatliche Förderung – aus, kommt man zu dem Ergebnis, dass diesem Faktor nur eine nachrangige Bedeutung zukommt. Die befragten Unternehmen stufen die Vergabe von öffentlichen Fördermitteln als eher unbedeutend ein. Im Ernst & Young Ranking – Deutsche Großstädte wurden die Fördermöglichkeiten so etwa auf Rang 7 platziert und mit 2,9 Endpunkten als eher unwichtig bewertet.1336 Ein ähnliches Ergebnis wurde in der Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zur industriellen Standortqualität erzielt. Die Obergruppe Staatliche Förderung belegte hier einen der hinteren Plätze und wurde so als Faktor mit einer eher untergeordneten Bedeutung bewertet.1337 Die Untersuchung der Einzelindikatoren kam zu einem ähnlichen Ergebnis und bezeichnete Investitionshilfen, die FuE-Förderung und sonstige Subventionen als relativ nachgeordnete Faktoren.1338 Im Gegensatz zu diesen Studien nimmt der Standortfaktor der Öffentlichen Förderung in der Studie des Ifo Instituts – Neue Bundesländer von 39 untersuchten Standortfaktoren insgesamt Rang 13 ein und rangiert hier im oberen Mittelfeld.1339 b) Steuererleichterungen: Höhere Relevanz des Standortfaktors Unternehmensbesteuerung Die untersuchten Studien haben die Unternehmensbesteuerung als eigenen Standortfaktor bzw. als Teil der Standortkosten abgefragt. Es ging hierbei jedoch zumeist um die allgemeine Steuerverpflichtung am Standort. Im Ansiedlungswett1336 Ernst & Young, Deutsche Großstädte, 2006, Fn. 1227, S. 4. Siehe auch die Ausführungen in dieser Arbeit zu der Studie auf S. 226 f. 1337 IdW, Industrielle Standortqualität, Fn. 1218, S. 165 ff. Siehe auch die Ausführungen in dieser Arbeit zu der Studie auf S. 232 ff. 1338 IdW, Industrielle Standortqualität, Fn. 1218, S. 175. Kein zu der Obergruppe Staatliche Förderung gehörender Einzelindikator ist in den Plätzen 1 – 25 vertreten, vgl. die Tabelle 4, Das vollständige Ranking der Einzelindikatoren ist abgedruckt bei: IdW, Industrielle Standortqualität Fn. 1218, S. 268 ff. 1339 Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 87. Siehe hierzu die Ausführungen zum Ranking der Standortfaktoren der Studie Ifo, Neue Bundesländer Fn. 1243, auf S. 230.

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Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

bewerb werden den Unternehmen häufig sog. Tax Holidays angeboten, die die allgemeine Steuerverpflichtung für einen gewissen Zeitraum reduzieren.1340 Den Studien ist nicht abschließend zu entnehmen, ob die sog. Tax Holidays der staatlichen Förderung im allgemeinen oder dem Standortfaktor Steuern zugeordnet werden sollen. Wertet man die Studien allerdings mit Blick auf die Relevanz der Unternehmensbesteuerung aus und sieht man eine kurzfristige Reduzierung des Steuersatzes in dieser Kategorie inkludiert, zeigt sich ein anderes Ergebnis für die Relevanz öffentlicher Fördermittel im Standortwettbewerb. Zwei Studien haben den Standortfaktor Steuern bei der durchgeführten Unternehmensbefragung der Obergruppe Kosten zugeordnet. Im Ernst & Young Ranking – Deutsche Großstädte belegen die Standortkosten den ersten Platz und werden mit 3,4 Punkten als eher wichtig eingestuft.1341 In der Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft zur Industriellen Standortqualität erreicht die Obergruppe Kosten von 15 befragten Obergruppen Rang 8 im Bereich der Dienstleistungsunternehmen und Rang 9 im Bereich der Industrieunternehmen.1342 Das in dieser Studie zudem vorgenommene Ranking der Einzelindikatoren sieht den Faktor „Niedrige Steuern“ auf Rang 32 von 71 und ordnet ihn somit im oberen Mittelfeld ein.1343 Zwei Studien haben den Faktor der Steuerbelastung einzeln abgefragt. So belegte die Unternehmensbesteuerung in der Ernst & Young Studie – Standort Deutschland Rang 8 von 12.1344 Die Studie des Ifo Instituts sieht die Steuerbelastung von 39 abgefragten Faktoren auf Rang 9.1345 Auch an dieser Stelle zeigt sich, dass eine pauschale Betrachtung nur schwer möglich ist. Die einzelnen Umfrageergebnisse divergieren zum Teil deutlich. Trotzdem kann dem Standortfaktor Steuern insbesondere, wenn er in Zusammenhang mit den allgemeinen Standortkosten abgefragt wird, im Vergleich zu der allgemeinen Betrachtung der Öffentlichen Fördermittel eine höhere Relevanz entnommen werden.

1340

Siehe hierzu bereits die Nachweise in Fn. 1330. Ernst & Young, Deutsche Großstädte, 2006, Fn. 1227, S. 4. Siehe auch die Ausführungen in dieser Arbeit zu der Studie auf S. 226f. 1342 IdW, Industrielle Standortqualität, Fn. 1218, S. 165, 174. Siehe auch die Ausführungen in dieser Arbeit zu der Studie auf S. 232. 1343 Das vollständige Ranking der Einzelindikatoren ist abgedruckt bei: IdW, Industrielle Standortqualität, Fn. 1218, S. 268 ff. 1344 Ernst & Young, Standort Deutschland 2014, Fn. 1235, S. 5. Siehe auch die Ausführungen in dieser Arbeit zu der Studie auf S. 227. 1345 Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 87. Siehe auch die Ausführungen in dieser Arbeit zu der Studie auf S. 230. 1341

B. Ansiedlungsprämie als Standortfaktor

251

c) Differenzierte Betrachtung: Besondere Relevanz staatlicher Fördermittel für Dienstleistungsunternehmen, kleine und ausländische Unternehmen Die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln hat in ihrer Befragung zum Teil eine differenzierte Betrachtung vorgenommen, die sich an zwei Stellen auch auf die Relevanz staatlicher Fördermittel auswirkt. In der Betrachtung der Standortfaktoren differenziert nach der Größe des Unternehmens, wurde festgestellt, dass staatliche Fördermittel für kleinere Unternehmen eine deutlich höhere Relevanz einnehmen.1346 Die Relevanzquoten sanken mit der Größe des Unternehmens. Dieses Ergebnis ist umso bedeutender, da die Relevanz der Standortfaktoren überwiegend mit Blick auf die Größe der Unternehmen zugenommen hat. Nur für einige wenige Standortfaktoren wurde ein anderes Ergebnis erzielt – so eben etwa für den Standortfaktor der Staatlichen Förderung. Zudem sah die Auswertung der Einzelfaktoren die allgemeinen Subventionen als wichtigen Faktor für Dienstleistungsunternehmen an.1347 So erzielten der Einzelfaktor Finanzierungshilfen und die Gründungsförderung höhere Umfragewerte bei den Dienstleistungsunternehmen.1348 Im Bereich der Industrieunternehmen wurde die Staatliche Förderung hingegen nicht als bedeutender Faktor eingestuft. Abweichende Ergebnisse im Hinblick auf die Öffentliche Förderung haben sich auch in der Studie des ifo Instituts ergeben.1349 Im Rahmen dieser Studie wurden neben den deutschen Unternehmen auch ausländische Muttergesellschaften zur Relevanz einzelner Standortfaktoren befragt. Die Ergebnisse der Studie zeigen im Bereich der Öffentlichen Förderung deutliche Unterschiede zwischen inländischen und ausländischen Muttergesellschaften.1350 Die Gesellschaften mit Sitz in Deutschland stufen die Relevanz Öffentlicher Förderung auf Rang 18 von 39 ein. Im Gegensatz hierzu rangiert die Öffentliche Förderung bei ausländischen Muttergesellschaften auf Rang 4. 3. Fazit – Staatliche Fördermittel als „Zünglein an der Waage“ In der Literatur wurde bereits mehrfach angemerkt, dass die Höhe staatlicher Fördermittel keine bedeutende Rolle bei der Standortwahl spielt, vielmehr seien

1346

Siehe Ausführungen bei und Nachweise in Fn. 1277 und 1278. Siehe Ausführungen bei und Nachweis in Fn. 1272. 1348 Das vollständige Ranking der Einzelindikatoren ist abgedruckt bei: IdW, Industrielle Standortqualität Fn. 1218, S. 268 ff. 1349 Ifo, Neue Bundesländer, 2008, Fn. 1243, S. 87. Siehe auch die Ausführungen in dieser Arbeit zu der Studie auf S. 230. 1350 Siehe Ausführungen bei und Nachweise in Fn. 1253. 1347

252

Kap. 4: Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb

andere Kriterien für die Standortwahl entscheidend.1351 Die in dieser Arbeit ausgewerteten Studien zeigen ein zum Teil ähnliches Bild. So wurde der Standortfaktor Staatliche Förderung in der überwiegenden Anzahl der Studien im unteren Mittelfeld eingeordnet. Betrachtet man die Unternehmensbesteuerung als Standortfaktor kann man zwar eine höhere Relevanz erkennen, es fehlt den Studien allerdings an einem klaren Zuschnitt auf die im Ansiedlungswettbewerb häufig versprochenen Tax Holidays. Dieses Ergebnis verwundert jedoch im Hinblick auf das zuvor erläuterte Phänomen des „Subventions-Hoppings“. Auch wenn die befragten Unternehmen im Regelfall eine Relevanz staatlicher Fördermittel im Ansiedlungswettbewerb abstreiten, wird in der Literatur zu Recht festgestellt, dass die Vergabe staatlicher Fördermittel unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung, zumindest dann eine entscheidende Rolle bei der Standortwahl spielen kann, wenn alle anderen Standortfaktoren an den konkurrierenden Standorten nahezu identisch sind.1352 Staatliche Fördermittel können somit in diesen Fällen im Standortwettbewerb das „Zünglein an der Waage“ sein.

C. Schlussfolgerungen – Bedeutungsgewinn der staatlichen Förderung im Standortwettbewerb (1) Dieses vierte Kapitel hat sich mit der Relevanz staatlicher Fördermittel im globalen Standortwettbewerb auseinandergesetzt. Es wurde deutlich, dass Unternehmen eine Vielzahl von Standorten anhand der an diesen Standorten gegebenen Standortfaktoren bewerten. Maßgebliche Entscheidungsfaktoren sind hierbei Standortfaktoren, wie die am Standort gegebene Rechtssicherheit, die Attraktivität des Marktes und die am Standort verfügbaren qualifizierten Arbeitskräfte. (2) Als weniger bedeutend wurde hingegen die am Standort angebotene Ansiedlungsförderung bewertet. Allerdings kann eine in Aussicht gestellte Ansiedlungsprämie dann ein entscheidender Faktor sein, wenn zwei nahezu gleichwertige Standorte miteinander konkurrieren. In diesem Fall kann die angebotene staatliche Förderung das „Zünglein an der Waage“ darstellen. (3) Zu Beginn des Kapitels wurde ein Blick auf die Globalisierung des Standortwettbewerbs gerichtet. In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass Standorte heute in einem verstärkten Wettbewerb zueinander stehen. Immer 1351 Vgl. den Hinweis auf Studien, die der staatlichen Förderung keine bedeutende Rolle bei der Standortwahl beimessen, in: Hahne, in: Ridinger/Steinröx, Regionale Wirtschaftsförderung, S. 8, S. 17. Hahne selbst plädiert jedoch für eine Relevanz von Ansiedlungsprämien im Standortwettbewerb. 1352 So etwa auch: Schaefer, in: Ehlermann/Everson, ECLA 1999, State Aid, S. 605, 611 ff.

C. Schlussfolgerungen

253

mehr nahezu gleichwertige Standorte konkurrieren heute um immer mobiler werdende Unternehmen. Standorte müssen sich deshalb im Wettbewerb klar positionieren und Vorteile gegenüber den mit ihnen konkurrierenden Standorten schaffen. In der Praxis kommt es heute häufiger zu Fällen, in denen nur kleine Nuancen Unternehmen bei ihrer Standortwahl beeinflussen. (4) Dies hat zu einem Anstieg der Vergabe von staatlichen Ansiedlungsprämien geführt. In vielen Ländern ist die Vergabe von zum Teil sehr hohen staatlichen Fördersummen im Standortwettbewerb nicht mehr wegzudenken. Ob diese Fördersummen dann tatsächlich den entscheidenden Faktor darstellen, wird stets für den jeweiligen Einzelfall bewertet werden müssen. Jedenfalls kann festgehalten werden, dass die Globalisierung zu einem Bedeutungsgewinn der Staatlichen Förderung im Standortwettbewerb geführt hat.

Kapitel 5

Kontrolle von Ansiedlungsprämien im internationalen Subventionsrecht Zu Beginn dieser Arbeit wurden verschiedene internationale Subventionskontrollsysteme vorgestellt.1353 Insbesondere das WTO-Subventionsrecht und das EUBeihilferecht wurden hierbei eingehend untersucht und miteinander verglichen. Es wurde festgestellt, dass diese Systeme in ihrem Anwendungsbereich und ihrer inhaltlichen Ausgestaltung eine Reihe von Unterschieden aufweisen. Zudem konnten erhebliche Unterschiede in der Effektivität der Verfahrensdurchsetzung herausgearbeitet werden. Das vierte Kapitel dieser Arbeit widmete sich anschließend der Ansiedlungsprämie als Standortfaktor im globalen Standortwettbewerb.1354 Im internationalen Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen greifen Standorte verstärkt auf die Gewährung von Ansiedlungsprämien zurück. Hierbei werden einzelnen Unternehmen Maßnahmenpakete gewährt, die sie zur Ansiedlung am jeweiligen Standort bewegen sollen. Neben direkten Subventionen und Förderungen im Bereich der Ausbildung des Personals oder der Infrastruktur wird hier häufig auf Steuererleichterungen zurückgegriffen. Zumindest bei nahezu gleichwertigen sonstigen Standortfaktoren können Ansiedlungsprämien das entscheidende Merkmal bei der Standortwahl darstellen. In diesem Kapitel wird untersucht werden, wie Ansiedlungsprämien innerhalb der einzelnen Subventionskontrollsysteme reguliert werden. Es wird in diesem Zusammenhang auf die Kontrolle im Rahmen des WTO-Subventionsrechts, des EUBeihilferechts und des nationalen Subventionsrechts der USA eingegangen werden. Hierbei erfolgt keine erneute vollumfassende Darstellung der Subventionskontrollsysteme. Vielmehr soll eine punktuelle Auseinandersetzung mit den bedeutenden Kriterien im Hinblick auf die Regulierung von Ansiedlungsprämien erfolgen. In diesem Zusammenhang sollen unter den Begriff der Ansiedlungsprämie alle finanziellen Vorteile subsumiert werden, die einem Unternehmen für die Neuansiedlung oder die Weiterführung bzw. Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte von einer staatlichen Stelle gewährt werden. Der Untersuchungsgegenstand wird hierbei auf Ansiedlungsprämien in Form von direkten Subventionen und Steuerer-

1353 1354

Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 31 ff. Siehe hierzu die Ausführungen aus S. 216 ff.

A. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Subventionsrecht der WTO

255

leichterungen beschränkt, da es sich hierbei um die bedeutendsten Formen der Ansiedlungsförderung handelt.

A. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Subventionsrecht der WTO I. Anwendungsbereich auf Waren beschränkt Unabhängig von der konkreten Subventionsform, sollte bei der Vergabe von Ansiedlungsprämien durch ein WTO-Mitglied zunächst auf den beschränkten Anwendnungsbereich des WTO-Subventionsrechts hingewiesen werden. Das Subventionsrecht der WTO ist ausschließlich auf den Bereich des Warenhandels beschränkt.1355 Bis heute konnte keine Einigung im Bereich der Dienstleistungen erzielt werden. Eine Beschränkung gewährter Ansiedlungsprämien erfolgt durch das WTOSubventionsrecht somit ausschließlich bei der Förderung von Warenunternehmen. WTO-Mitglieder, die sich durch gewährte Subventionen im Dienstleistungsbereich beeinträchtigt sehen, können gem. Art. XV GATS lediglich Konsultationen ersuchen. Es fehlt jedoch an einem effektiven Kontrollsystem.

II. Spezifische Subvention i.S.d. Art. 1 und 2 SCM Das Subventionsrecht der WTO ist vorrangig im SCM-Übereinkommen normiert und beschränkt sich auf die Kontrolle spezifischer Subventionen i.S.d. Art. 1 und 2 SCM. 1. Subvention, Art. 1 SCM Für das Vorliegen einer Subvention ist gem. Art. 1 SCM erforderlich, dass eine staatliche Stelle einem Unternehmen, einem Wirtschaftszweig oder einer Gruppe von Unternehmen eine finanzielle Zuwendung gewährt (Art. 1.1 lit. a SCM) und dem begünstigten Unternehmen hierdurch ein Vorteil entsteht (Art. 1.1 lit. b SCM).1356 a) Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention Wird einem Unternehmen im Standortwettbewerb eine Ansiedlungsprämie in Form eines direkten Zuschusses von einer staatlichen Stelle gewährt, sind die genannten Voraussetzungen des Art. 1 SCM ohne weiteres erfüllt. Denn hierbei wird 1355 Zum Anwendungsbereich des WTO-Subventionsrechts, siehe die Ausführungen auf S. 154 ff. 1356 Zu den Subventionskriterien gem. Art. 1. SCM, siehe die Ausführungen auf S. 35 ff.

256

Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

ein direkter Transfer von Geldern durch eine staatliche Stelle angewiesen, sodass es sich i.S.d. Art. 1.1 lit. a 1. i) SCM um eine finanzielle Beihilfe handelt. Zudem entsteht dem begünstigten Unternehmen hierdurch eine Besserstellung, die es auf dem Markt nicht ohne Gegenleistung erhalten hätte. Somit liegt auch ein Vorteil i.S.d. Art. 1.1 lit. a 2. SCM vor. b) Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung Wird einem Unternehmen im Ansiedlungswettbewerb eine Steuererleichterung versprochen, stellt sich auch hier zunächst die Frage, ob die Voraussetzungen des Art. 1 SCM erfüllt sind. In dem in Art. 1.1 lit. a SCM normierten abschließenden Katalog der finanziellen Zuwendung, wird in Art.1.1 lit. a 1. ii) SCM ausdrücklich auf Subventionen in Form der Steuererleichterung abgestellt. Hiernach liegt eine finanzielle Zuwendung vor, wenn eine Regierung auf normalerweise zu entrichtende Abgaben verzichtet bzw. diese nicht erhebt. Abhängig von der konkreten Ausgestaltung der Steuererleichterung muss i.S.d. Art. 1.1 lit. a 1. ii) SCM somit zunächst festgestellt werden, welche Abgaben normalerweise hätten entrichtet werden müssen.1357 Vergleichsmaßstab ist hierbei stets das Steuerrecht des subventionierenden Mitgliedstaates.1358 Unproblematisch kann dies etwa bejaht werden, wenn einem Unternehmen ein begünstigter Steuersatz angeboten wird oder der jeweilige Mitgliedstaat sogar für einen bestimmten Zeitraum vollständig auf die Steuererhebung verzichtet. Für die Ermittlung des Vorteils i.S.d. Art. 1.1 lit. b SCM kann im Bereich der Steuersubvention nur schwer auf den Erhalt der Zuwendung zu Marktkonditionen abgestellt werden. Ein Vergleich mit dem Markt scheitert, da eine Steuererleichterung nur von staatlicher Stelle gewährt werden kann.1359 Der Vorteil liegt allerdings darin, dass die Ausgaben des Unternehmens durch die Steuererleichterung reduziert werden und das Unternehmen hierfür keine Gegenleistung erbringt.1360 1357

Eingehend hierzu: Report of the Appellate Body, WT/DS108/AB/R (United States/Tax Treatment for „Foreign Sales Corporations“), Rn. 90 ff.; Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.115 ff. Siehe zudem: Micheau, S. 125 ff. und 172 ff.; Robra, in: Tietje/Kraft/Sethe, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, S. 37 f.; Wagner, S. 109 f. 1358 Report of the Appellate Body, WT/DS108/AB/R (United States/Tax Treatment for „Foreign Sales Corporations“, Rn. 90; Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/ Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.116. Siehe zudem: Micheau, S. 172; Robra, in: Tietje/Kraft/Sethe, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, S. 37. 1359 Vgl. etwa die Argumente der EU im Streit um Subventionen an Boeing vor der WTO: Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.904. Siehe zudem: Robra, in: Tietje/Kraft/Sethe, Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, S. 39. 1360 Vgl. etwa die Argumente der EU im Streit um Subventionen an Boeing vor der WTO: Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.904.

A. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Subventionsrecht der WTO

257

2. Spezifität, Art. 2 SCM Die gewährte Subvention muss zudem gem. Art. 2 SCM als spezifisch angesehen werden können.1361 Dies ist gem. Art. 2.1 lit. a SCM der Fall, wenn die Subvention gezielt nur einzelnen Unternehmen gewährt wird. Anders ist dies jedoch gem. Art. 2.1 lit. b SCM, wenn die staatliche Stelle objektive Bedingungen festgelegt hat, nach denen über die Gewährung zu entscheiden ist. Diese Grundsätze ergänzend, sieht Art. 2.1 lit. c vor, dass eine Subvention auch dann als spezifisch angesehen werden kann, wenn bestimmte Faktoren vorliegen, die trotz des Anscheins der Nichtspezifität nach lit. a und lit. b, in Wirklichkeit fu¨ r eine spezifische Subvention sprechen. a) Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention Im Hinblick auf direkte Subventionen, die im Ansiedlungswettbewerb gewährt werden, ist im Ergebnis wohl der jeweilige Einzelfall entscheidend. Wenn einem Unternehmen im Standortwettbewerb gezielt eine direkte Subvention gewährt wird, um jenes Unternehmen zur Ansiedlung am jeweiligen Standort zu bewegen, liegt eine spezifische Subvention vor. In diesem Fall wird die Gewährung i.S.d. Art. 2.1 lit. a SCM auf ein bestimmtes Unternehmen beschränkt. Schwieriger ist die Frage der Spezifität der Ansiedlungsprämie allerdings dann zu beantworten, wenn der jeweilige Standort eine allgemeine Ausschreibung verfasst hat, die eine Vielzahl von Unternehmen an einen Standort locken soll und hierin direkte Subventionen als Ansiedlungsanreize in Aussicht gestellt wurden. Wird eine Subvention auf dieser Grundlage gewährt, könnte Art. 2.1 lit. b SCM einschlägig sein. In diesen Fällen mangelt es zumindest dann an der Spezifität der direkten Subvention, wenn die gewährende Behörde sich an objektiven Kriterien orientiert hat und der Anspruch auf Gewährung der Subvention bei Vorliegen der Voraussetzungen automatisch eingetreten ist.1362 b) Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung Für Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung gelten zunächst ebenso die Grundsätze des Art. 2.1 SCM. Wird einem einzelnen Unternehmen für eine getroffene Standortentscheidung ein Tax Holiday gewährt, handelt es sich hierbei gem. Art. 2.1 lit. a SCM um eine spezifische Subvention. Zudem gelten die Maßstäbe des Art. 2.1 lit. b SCM, sodass die Spezifität einer Subvention ausscheidet, wenn sich die Vergabe nach objektiven Kriterien oder Bedingungen richtet und die Gewährung bei Vorliegen der Voraussetzungen automatisch eintritt. Im Zusammenhang mit 1361

Eingehend zur Spezifität i.S.d. Art. 2 SCM auf S. 37 f. Art. 2.1 lit. b SCM. In der BT-Drucksache 17/4982 vom 03. 03. 2011 wird etwa die KMU-Förderung als Beispiel potentieller Subventionansprüche aufgrund von objektiven Kriterien genannt. 1362

258

Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

steuerlichen Ansiedlungssubventionen ist zudem Art. 2.2 SCM zu beachten. Nach dieser Vorschrift sind Steuererleichterungen nur dann als spezifisch anzusehen, wenn es sich nicht um eine Festsetzung oder Änderung allgemein geltender Steuersätze handelt. c) Ansiedlungsprämien im Subventionsstreit Airbus vs. Boeing Die Bewertung der Spezifität von im Standortwettbewerb gewährten Ansiedlungsprämien, war unter anderem Gegenstand des über viele Jahre andauernden Streits zwischen der EU und den USA über die Subventionierung von Boeing bzw. Airbus.1363 Der Einzelstaat Illinois hatte Boeing auf Grundlage des sog. Corporate Headquarter Relocation Acts (CHRA) verschiedene Subventionen i.H.v. insgesamt 11 Mio. $ gewährt.1364 Unter anderem wurde in diesem Zusammenhang ein Teil der Kosten für die Verlegung des Firmenhauptsitzes übernommen. Zudem wurden verschiedene Steuererleichterungen gewährt. Im Verfahren vor der WTO kam es zum Streit über die Spezifität der Subventionen.1365 Die Vertreter der Vereinigten Staaten von Amerika sahen die Subventionen gem. Art. 2.1 lit. b SCM als unspezifisch an, da sie auf Grundlage des CHRA erlassen wurden.1366 Dieser Akt enthalte objektive Kriterien, die auf alle Unternehmen Anwendung fänden. Die Europäische Union sah jedoch vielmehr eine de-facto Spezifität i.S.d. Art. 2.1 lit. c SCM als einschlägig an.1367 Zwar enthalte das CHRA grundsätzlich objektive Kriterien, jedoch sei dieses Regelwerk extra für Boeing entworfen worden. Zum einen habe kein anderes Unternehmen finanzielle Zuschüsse bzw. Steuererleichterungen durch den CHRA erhalten. Zum anderen sei dies durch den konkreten Zuschnitt auf Boeing auch kaum möglich gewesen. Das WTO-Panel gab der Europäischen Union in diesem Punkt Recht und stufte die auf Grundlage des CHRA gewährten direkten Subventionen und Steuererleichterungen ausdrücklich als de-facto spezifisch ein.1368 Auch nach Ansicht des WTO-Panels war ein aus-

1363 Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft) und Report of the Appellate Body, WT/DS353/AB/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft). Zum Report of the Appellate Body, WT/DS353/AB/R: Wittig, ifo Schnelldienst Band 65, 7/2012, S. 21 ff. 1364 Siehe die Übersicht, abgedruckt in: Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/ Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.1433; Report of the Appellate Body, WT/DS353/AB/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 479. 1365 Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.909 ff. 1366 Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.912 ff. 1367 Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.909 ff. 1368 Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.928.

A. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Subventionsrecht der WTO

259

drücklicher Zuschnitt auf Boeing erfolgt.1369 Dieses Beispiel zeigt anschaulich, dass die Überprüfung der Gewährung von Ansiedlungsprämien unabhängig von ihrer konkreten Form stets eine Einzelfallentscheidung bleibt und hierbei die Gesamtumstände des Falles Berücksichtigung finden müssen.

III. Subventionskategorien Wird die gewährte Ansiedlungssubvention als spezifische Subvention eingeordnet, unterfällt sie dem Kontrollsystem des SCM. Hiernach werden Subventionen in die Kategorie der verbotenen Subventionen (Art. 3 SCM) und der anfechtbaren Subventionen (Art. 5 SCM) unterteilt.1370 1. Verbotene Subventionen, Art. 3 SCM In die Kategorie der verbotenen Subventionen werden gem. Art. 3.1 SCM ausfuhr- (lit. a) und importersetzende Subventionen (lit. b) eingeordnet. Es wird hierbei stets eine Abhängigkeit der Subvention zur Ausfuhrleistung bzw. zur Bevorzugung einheimischer Waren gefordert.1371 Dieses Abhängigkeitsverhältnis wird von der Rechtsprechung eng ausgelegt.1372 Die in Anhang I aufgezählten Beispiele für Ausfuhrsubventionen spiegeln diese Voraussetzung wider. So wird in Anhang I lit. a SCM die Gewährung direkter staatlicher Subventionen an Unternehmen oder Wirtschaftszweigen nach Maßgabe von deren Exportleistung als Ausfuhrsubvention eingestuft. Zudem sieht Anhang I lit. e SCM etwa die Freistellung, Stundung oder den Erlass direkter Steuern dann als Ausfuhrsubventionen an, wenn diese spezifisch ausfuhrbezogen sind. Direkte Subventionen oder Steuererleichterungen, die einem Unternehmem als Anreiz für die Ansiedlung in einer Region gewährt werden, können somit nur dann als verbotene Subventionen eingestuft werden, wenn sie rechtlich oder tatsächlich von der Ausfuhrleistung des Unternehmens bzw. der Bevorzugung einheimischer Waren abhängig gemacht werden. Ansiedlungsprämien zielen jedoch auf eine Neuansiedlung oder Weiterführung bzw. Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte ab. Es geht hierbei nicht um die Förderung des Exports bzw. die Bevorzugung einheimischer Waren. Ansiedlungsprämien sind somit im Regelfall weder in der Form der direkten Subvention noch in der Form der Steuererleichterung in die Kategorie der verbotenen Subventionen einzuordnen. Da eine solche Verknüpfung 1369

Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.923. 1370 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 38 ff. 1371 Siehe den ausdrücklichen Wortlaut des Art. 3.1 lit. a und lit. b SCM. Siehe zudem: Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 81 ff.; Grave, S. 85 ff. 1372 Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 81 ff.

260

Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

jedoch grundsätzlich möglich ist, hat stets eine Überprüfung im Einzelfall zu erfolgen. 2. Anfechtbare Subventionen, Art. 5 SCM Nachdem die Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen mangels Verlängerungsbeschlusses entfallen ist, sind alle nach SCM spezifischen Subventionen, die nicht nach Art. 3 SCM verboten sind, grundsätzlich in die Kategorie der anfechtbaren Subventionen einzuordnen.1373 Voraussetzung für ein tatsächliches Vorgehen gegen diese anfechtbaren Subventionen i.S.d. Art. 5 ff. SCM ist das Vorliegen nachteiliger Auswirkungen auf die Interessen anderer WTO-Mitglieder. Die Beweislast trägt hierbei der potentiell beeinträchtigte Mitgliedstaat.1374 a) Nachteilige Auswirkungen auf die Interessen anderer Mitglieder, Art. 5 SCM Nachteilige Auswirkungen auf die Interessen anderer Mitglieder werden gem. Art. 5 SCM angenommen, wenn Wirtschaftszweige eines anderen Vertragspartners geschädigt (lit. a) oder aus dem GATT 1947 resultierende Vorteile geschmälert werden (lit. b). Zudem liegen nachteilige Auswirkungen vor, wenn eine nach Art. 6 SCM definierte, ernsthafte Schädigung der Interessen eines anderen Mitglieds besteht (lit. c). aa) Ernsthafte Schädigung der Interessen eines anderen WTO-Mitglieds, Art. 5 lit. c SCM Im Hinblick auf gewährte Ansiedlungsprämien könnte eine ernsthafte Schädigung der Interessen anderer Mitglieder i.S.d. Art. 5 lit. c SCM in Betracht kommen. Diese dritte Variante der nachteiligen Auswirkungen wird in Art. 6 SCM näher definiert. Sie ist die praktisch bedeutendste Form der nachteiligen Auswirkungen und wurde bereits in einer Reihe von Verfahren vor der WTO herangezogen.1375 Art. 6.1 SCM normiert vier Fallgruppen, bei deren Vorliegen eine ernsthafte Schädigung eines Mitglieds widerleglich vermutet werden soll.1376 Mit dieser Vorschrift sollte 1373

Fn. 78.

Siehe zum Wegfall der Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen die Nachweise in

1374 Exemplarisch: Lukas, in: Krenzler/Herrmann, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, EU-VO Schutz gegen subventionierte Einfuhren, Art. 1 Rn. 14. 1375 Lukas, in: Ehlers/Wolffgang/Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 43, 46 m.w.N zu den bereits vor den WTO-Gerichten geführten Verfahren. 1376 Gem. Art. 6.1 SCM wird eine Schädigung i.S.d. Art. 5 lit. c SCM vermutet, wenn a) die Subventionierung der Ware wertmäßig mehr als 5 % über ihrem Gesamtwert liegt, b) ein Wirtschaftszweig mit Subventionen zur Deckung von Betriebverlusten gefördert wird, c) ein Unternehmen mit Subventionen zur Deckung von Betriebsverlusten gefördert wird, solange

A. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Subventionsrecht der WTO

261

eine Beweislastumkehr erzielt werden und so die Beweislast dem subventionierenden Mitglied auferlegt werden.1377 Allerdings ist Art. 6.1 SCM parallel zu der Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen mangels Verlängerungsbeschlusses im Jahre 2000 außer Kraft getreten.1378 Ihr kommt heute lediglich eine indizielle Wirkung zu.1379 Durch das Außerkrafttreten von Art. 6.1 SCM hat vor allem Art. 6.3 SCM an Bedeutung gewonnen, der eine Reihe von Auswirkungen normiert, die für das Vorliegen einer ernsthaften Schädigung sprechen.1380 Hiernach kann eine ernsthafte Schädigung i.S.d. Art. 5 lit. c SCM dann entstehen, wenn durch die Subvention a) die Einfuhr gleichartiger Waren eines anderen Mitglieds auf dem Markt des subventionierenden Mitglieds verhindert wird, b) die Ausfuhr gleichartiger Waren eines anderen Mitglieds verdrängt oder verhindert wird, c) eine bedeutende Preisunterbietung zwischen der subventionierten und der gleichartigen Ware eines anderen Mitglieds entsteht und bzw. oder d) eine Zunahme des Weltmarktanteils des subventionierenden Mitglieds im Vergleich zu dem Trend der vorherigen drei Jahre eintritt. bb) Ansiedlungsprämie als ernsthafte Schädigung der Interessen eines anderen WTO-Mitglieds Die allgemeinen Ausführungen zu Art. 5 lit. c i.V.m. Art. 6 SCM deuten bereits auf die hohen Hürden hin, die bei der Anfechtung einer Ansiedlungsprämie im Wege des SCM überwunden werden müssen. Durch die gewährte Ansiedlungsprämie in Form einer direkten Subvention oder einer Steuererleichterung müssen negative Auswirkungen auf die potentiellen Importpreise, die Exportmöglichkeiten einer Ware oder auf die möglichen Einflüsse auf den Weltmarkt nachgewiesen werden.1381 Da Ansiedlungsprämien grundsätzlich keine direkte Verknüpfung zur jeweiligen Ware aufweisen, wird ein solcher Nachweis nur in sehr speziellen Einzelfällen zu führen sein.1382 Die Beweislast trägt hierbei stets der anfechtende Mitgliedstaat, da diese Förderung nicht einmalig erfolgt und d) Subventionen in Form eines direkten Schuldenerlasses gewährt werden. Siehe hierzu: Grave, S. 91 f.; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTOHandbuch, B.I.12. Rn. 96 f. 1377 Lukas, in: Ehlers/Wolffgang/Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 43, 48. 1378 Siehe Art. 31 SCM. 1379 So etwa: Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 53; Lukas, in: Ehlers/Wolffgang/Schröder, Subventionen im WTO und EG-Recht, S. 43, 48. 1380 Vgl. Hahn, der Art. 6.3 SCM als die „zentrale Vorschrift“ bezeichnet: Hahn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilferecht, Kapitel 6 Rn. 54; Pitschas, in: Prieß/Berrisch, WTO-Handbuch, B.I.12. Rn. 97. 1381 Vgl. Art. 6.3 SCM. 1382 Grundig u. a., Rechtfertigung von Ansiedlungssubventionen am Beispiel der Halbleiterindustrie, S. 43; BT-Drucksache 17/4982 vom 3. 3. 2011, S. 89; Schaefer, 28 N.M.L. Rev. 303, 329 ff.

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Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

seit dem Wegfall des Art. 6.1 SCM keine Möglichkeit der Beweislastumkehr mehr besteht. Wie schwer ein solcher Beweis in der Praxis zu erbringen ist, wird deutlich, wenn man den Streit zwischen den USA und der EU um die Gewährung von Subventionen an Boeing betrachtet.1383 In diesem Streit wurden mehrere an Boeing gewährte Subventionen, die keine direkte Verknüpfung zur Ware und ihrer Produktion aufwiesen, in der Kategorie der „sonstigen Subventionen“ zusammengefasst.1384 Hierzu wurden auch die von Illinois an Boeing gewährten Ansiedlungssubventionen auf Grundlage des CHRA gezählt.1385 Die Parteien waren sich in dieser Hinsicht zunächst einig, dass die mangelnde Verknüpfung zwischen den gewährten „sonstigen Subventionen“ und der Ware, eine ernsthafte Schädigung der Interessen eines anderen Mitglieds nicht zwingend ausschließt.1386 Vielmehr sei im Einzelfall zu überprüfen, ob eine ernsthafte Schädigung der Interessen nachgewiesen werden kann. Die EU sah eine ernsthafte Schädigung als gegeben an, da die Gesamthöhe der gewährten Subventionen und die Dauer der Gewährung eine solche Sichtweise rechtfertigten.1387 Im konkreten Fall war das Panel von der ernsthaften Schädigung der Interessen der EU im Ergebnis nicht überzeugt. Die mangelnde Verknüpfung zwischen den gewährten sonstigen Subventionen und der Ware, könne durch die im Vergleich doch nur „geringe“ Höhe von 500 Mio. $ nicht überwunden werden.1388 Auch das Berufungsgericht schloss sich dieser Ansicht im Ergebnis an und kritisierte lediglich die eigenständige Betrachtung dieser sonstigen Subventionen im Hinblick auf potentielle erhebliche Schädigungen eines anderen Mitglieds.1389 Dieses Beispiel hat für die vorliegende Untersuchung verdeutlicht, dass Ansiedlungsprämien nur in extremen Ausnahmefällen eine ernsthafte Schädigung eines anderen Mitglieds i.S.d. Art. 5 lit. c SCM zur Folge haben. Nur wenn etwa ein erheblicher Zuwachs der Weltmarktanteile im subventionierten Mitgliedstaat vorliegt oder die Subvention zu bedeutenden Preisunterbietungen und einem daraus resul1383 Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft) und Report of the Appellate Body, WT/DS353/AB/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft). 1384 Zur Einteilung der gewährten Subventionen in drei Gruppen: Report of the Appellate Body, WT/DS353/AB/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 1295. 1385 Vgl. Report of the Appellate Body, WT/DS353/AB/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 1338. 1386 Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.1828. 1387 Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.1828. 1388 Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.1828. 1389 Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.1828.

A. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Subventionsrecht der WTO

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tierenden harten Wettbewerb führt, kann eine solche ernsthafte Schädigung angenommen werden.1390 b) Beweislast An dieser Stelle soll nocheinmal gesondert auf die Beweislast des anfechtenden Mitgliedstaates hingewiesen werden. Dieser hat Beweis darüber zu führen, dass die gewährte Subvention nachteilige Auswirkungen auf seine Interessen verursacht hat. Im Rahmen des Art. 5 lit. c SCM hat der anfechtende Mitgliedstaat Nachweise für die ernsthafte Schädigung seiner Interessen zu erbringen. In der Praxis ist diese Beweislast zudem durch einen erheblichen Informationsmangel erschwert.1391 Außerhalb der EU werden Subventionen häufig nicht öffentlich dokumentiert, sodass die Gewährung einer Subvention und insbesondere deren Höhe und Bewilligungszeitraum vielfach nicht belegt werden können. Mit welch erheblichem Aufwand ein solcher Nachweis in der Praxis verbunden ist, hat sich wiederum im Streit zwischen der EU und den USA im Hinblick auf die Subventionierung von Boeing gezeigt. Alleine der Panel-Report umfasst 783 Seiten und ist mit einer Vielzahl an Details und Nachweisen gefüllt. Allerdings hat die Europäische Union bei ihrer Beiweisführung zum Teil auch auf Zeitungsberichte oder ähnliches zurückgreifen müssen, um an die notwendigen Informationen zu gelangen.1392 Gewährt ein Mitgliedstaat einem Unternehmen im Standortwettbewerb eine direkte Ansiedlungssubvention, so hat der anfechtende Mitgliedstaat die ernsthafte Schädigung seiner Interessen zu belegen. Er muss in diesem Zusammenhang nachweisen, dass die gewährte Ansiedlungssubvention zu einer für ihn erheblichen negativen Veränderung der Importpreise, der Exportmöglichkeiten oder den Einflüssen auf dem Weltmarkt geführt hat. Im Falle der Ansiedlungssubvention kommt erschwerend hinzu, dass diese keine direkte Verknüpfung zur Ware aufweist. Der beeinträchtigte Mitgliedstaat muss somit zusätzliche Nachweise für das Vorliegen nachteiliger Auswirkungen auf den Warenhandel erbringen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Nachweis geführt werden kann, ist so gering1393, dass die Mitgliedstaaten den hiermit verbundenen Aufwand häufig nicht in Kauf nehmen. 1390

BT-Drucksache 17/4982 vom 3. 3. 2011, S. 84. Auch im WTO-Subventionsrecht ist grundsätzlich eine Notifizierungspflicht gewährter Subventionen normiert. Diese soll den betroffenen Mitgliedstaaten Informationen über gewährte Subventionen gewähren. Die Notifizierungspflicht wird allerdings nicht von allen WTO-Mitgliedern konsequent erfüllt, sodass es weiterhin häufig an den notwendigen Informationen mangelt. Zu Notifizierungspflicht im WTO-Subventionsrecht, siehe die Ausführungen auf S. 41 f. 1392 Siehe etwa: Report of the Panel, WT/DS353/R (United States/Measures affecting Trade in large Civil Aircraft), Rn. 7.910. 1393 Ebenso auf die Schwierigkeiten im Hinblick auf die bestehende Beweislast hinweisend: Grundig u. a., Rechtfertigung von Ansiedlungssubventionen am Beispiel der Halbleiterindustrie, S. 43; BT-Drucksache 17/4982 vom 3. 3. 2011, S. 89. 1391

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Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

IV. Ex-post-Kontrolle gewährter Ansiedlungsprämien Im Hinblick auf den globalen Standortwettbewerb ist zudem die vorgesehene expost-Kontrolle im Subventionsrecht der WTO eine weitere bedeutende Schwachstelle.1394 WTO-Mitglieder, die sich durch eine gewährte Ansiedlungsprämie in Form des direkten Zuschusses oder einer Steuererleichterung eines anderen Vertragsstaates beeinträchtigt sehen, können gegen diese nur nach erfolgter Gewährung vorgehen. Eine vorherige Kontrolle ist im SCM nicht vorgesehen. Im Standortwettbewerb kommt eine nachträgliche Kontrolle, jedoch unabhängig von den überlangen Verfahren vor den WTO Streitbeilegungsorganen, deutlich zu spät. Die Auszahlung von Ansiedlungsprämien ist stets an eine konkrete Ansiedlungsentscheidung gebunden. Die Standortwahl ist zum Zeitpunkt der tatsächlichen Gewährung der Ansiedlungsprämie somit bereits getroffen. Ein Ausgleich der Subvention im Wege des Track I oder Track II hat im Ergebnis für die tatsächliche Entscheidung im Standortwettbewerb keine ernsthafte praktische Bedeutung. Auch für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass in einem Verfahren vor den WTO-Gerichten ein Verstoß gegen die Vorschriften des SCM festgestellt werden kann, wird eine potentielle Rückforderungsentscheidung der direkten Ansiedlungssubvention bzw. eine Zahlungsanordnung gewährter Steuererleichterungen die Standortentscheidung nicht mehr rückgängig machen.

V. Ergebnis Die Vorschriften der WTO gelten für Ansiedlungsprämien nur in beschränktem Maße. Unabhängig von dem auf den Warenhandel begrenzten Anwendungsbereich, scheitert ein Vorgehen im Wege der WTO insbesondere an den Voraussetzungen der jeweiligen Subventionskategorien. Auch wenn der Subventionstatbestand des Art. 1 und 2 SCM in einzelnen Fällen erfüllt werden kann, können Ansiedlungsprämien weder in der Form des direkten Zuschusses noch in der Form der Steuererleichterung als verbotene Subvention i.S.d. Art. 3 SCM eingestuft werden. Hier mangelt es im Regelfall an der notwendigen Verknüpfung zur Förderung des Exports bzw. zur Bevorzugung einheimischer Waren. Zudem können Ansiedlungsprämien nur in Einzelfällen unter die Kategorie der anfechtbaren Subventionen subsumiert werden. Der beeinträchtigte Mitgliedstaat müsste negative Auswirkungen auf die potentiellen Importpreise, die Exportmöglichkeiten einer Ware oder mögliche negative Einflüsse auf den Weltmarkt nachweisen. Da Ansiedlungsprämien grundsätzlich nicht mit der Ware verknüpft sind, wird dieser Beweis nur in wenigen Fällen zu führen sein. Zudem ist die Subventionskontrolle im Recht der WTO stets als ex-post-Überprü-

1394 Ebenso auf die Problematik der ex-post-Kontrolle im Ansiedlungswettbewerb hinweisend: Grundig u. a., Rechtfertigung von Ansiedlungssubventionen am Beispiel der Halbleiterindustrie, S. 43; BT-Drucksache 17/4982 vom 3. 3. 2011, S. 89.

B. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Beihilferecht der EU

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fung ausgestaltet, sodass ein Vorgehen i.R.d. SCM keinen rechtzeitigen Eingriff in den Standortwettbewerb ermöglicht.

B. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Beihilferecht der Europäischen Union I. Ansiedlungsprämie als verbotene Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV Nach dem Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV sind „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begu¨ nstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“1395 Ansiedlungsprämien in Form der direkten Zuwendung erfüllen diese Voraussetzungen, solange sie die Deminimis-Schwelle überschreiten.1396 Für Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung sind zudem die speziellen Voraussetzungen im Hinblick auf das Merkmal der Selektivität zu beachten.1397 1. Merkmal der Selektivität bei Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung Kaum ein Bereich innerhalb des Europäischen Beihilferechts hat in den vergangenen Jahren für so viele Schlagzeilen gesorgt, wie die Kontrolle von Steuerbeihilfen durch die EU-Kommission.1398 Hierbei standen vor allem die Entscheidungen der Kommission zur Vereinbarkeit gewährter Steuervorbescheide an bekannte multinationale Unternehmen wie Apple1399, Starbucks1400 oder Fiat1401 im Fokus des öffentlichen Interesses.1402

1395 Zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen des Art. 107 Abs. 1 AEUV, siehe die Ausführungen auf S. 63 ff. 1396 Siehe hierzu die Ausführungen bei S. 268. 1397 Siehe hierzu die Ausführungen bei S. 265. 1398 Zur Bedeutungszunahme des Europäischen Beihilferechts für das Steuerrecht, siehe: Roderburg, EuZW 2015, 940, 940 f. 1399 Kommissionsentscheidung vom 30. 08. 2016 zur Beihilfengewährung von Irland an Apple, C(2015), 7152, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/253203/2 53203_1757564_318_2.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1400 Kommissionsentscheidung vom 21. 10. 2015 zur Beihilfengewährung der Niederlande an Starbucks, C(2015), 7153, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/2 53201/253201_1762441_575_2.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019).

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Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

Zunächst ist in Fällen rund um die beihilferechtliche Kontrolle von Maßnahmen im Bereich der Unternehmensbesteuerung zu beachten, dass die Steuerhoheit innerhalb der Europäischen Union bei den einzelnen Mitgliedstaaten liegt. Diese können ihre Steuersysteme grundsätzlich unabhängig von europäischen Vorgaben verändern und so z. B. die geltenden Steuersätze für sämtliche Unternehmen anheben oder senken. Trotzdem haben sie hierbei die Vorschriften des Europäischen Beihilferechts zu beachten, welches ihnen verbietet einzelne Unternehmen durch Steuererleichterungen zu begünstigen.1403 Die Europäische Kommission versucht den verstärkten Steuerwettbewerb nun über die Hintertür des Europäischen Beihilferechts zu kontrollieren.1404 Das entscheidende Merkmal für die Abgrenzung zwischen allgemeinen Änderungen des nationalen Steuerrechts und einer gegen das EU-Beihilferecht verstoßenden Begünstigung einzelner Unternehmen ist das in Art. 107 Abs. 1 AEUV vorgesehene Tatbestandsmerkmal der Selektivität. Die bereits im allgemeinen Kapitel zum EU-Beihilferecht erläuterte dreistufige Prüfung der Selektivität wurde im Bereich der Steuerbeihilfen entwickelt und ist hier insofern von besonderer Bedeutung.1405 Ob eine im Standortwettbewerb gewährte Ansiedlungsprämie in Form der Steuererleichterung als selektiv eingestuft werden kann, wird somit in drei Schritten überprüft: (1) Zunächst muss das konkrete steuerliche Bezugssystem bestimmt werden, an dem sich die gewährte Steuererleichterung misst.1406 Hierfür ist im Bereich der Steuern auf die jeweiligen nationalen Steuerbemessungsgrundlagen, die Steuerpflichtigen, die geltenden Steuersätze sowie die Steuertatbestände abzustellen.1407 1401

Kommissionsentscheidung vom 21. 10. 2015 zur Beihilfengewährung von Luxemburg and Fiat, C(2015), 7152, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/2532 03/253203_1757564_318_2.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1402 Zum Verfahrensstand der einzelnen Entscheidungen, siehe den Überblick auf: http://ec. europa.eu/competition/state_aid/tax_rulings/index_en.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). Eingehend zu diesen aktuellen Fällen der Vereinbarkeit von Steuervorbescheiden mit dem Europäischen Beihilferecht: Kavanagh/Robins, EStAL 2015, 358 ff.; Linn, IStR 2015, 114 ff.; Nicolaides, EStAL 2016, 416 ff. 1403 Grundsatzentscheidung des EuGH zur Anwendbarkeit des EU-Beihilferechts auf das Steuerrecht: EuGH, Rs. C-173/73 (Italien/Kommission), ECLI:EU:C:1974:71, Rn. 26/28. Vgl. auch: Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung vom 10. 12. 1998, 98/C 384/03, Rn. 8 (im Folgenden: Mitteilung direkte Unternehmensbesteuerung); Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 156. 1404 Vgl. Soltész, NJW 2014, 3128. 1405 Siehe hierzu die Ausführungen und Nachweise auf S. 72 ff. 1406 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 133. 1407 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 134.

B. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Beihilferecht der EU

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(2) Im zweiten Schritt stellt sich die Frage, ob die gewährte Ansiedlungsprämie eine Abweichung von diesem System darstellt und somit zwischen grundsätzlich gleich zu behandelnden Unternehmen differenziert.1408 Gewährt ein Standort einem Unternehmen etwa in Abweichung von dem grundsätzlich geltenden Steuersystem sog. Tax Holidays1409 und befreit sie so vorübergehend von Steuerpflichten, um das Unternehmen zur Ansiedlung zu bewegen, ist die Ansiedlungsprämie als selektiv einzustufen. (3) In einem dritten Schritt muss nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH überprüft werden, ob die Ungleichbehandlung und grundsätzlich selektive Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige möglicherweise auf den Grund- und Leitprinzipien des Systems beruht und insofern durch das Bezugssystem als solches gerechtfertigt ist.1410 Hierbei werden nicht nur Differenzierungen berücksichtigt, die sich aus dem System selbst ergeben, sondern zudem auch außerhalb des Systems liegende Ziele in die Betrachtung miteinbezogen.1411 Anerkannte Beispiele für mögliche Rechtfertigungsgründe im Steuerrecht sind so etwa der Grundsatz der Steuerneutralität, die Umverteilungslogik im Einkommenssteuerrecht oder auch das Ziel der Bekämpfung von Steuerhinterziehung oder Betrug.1412 Hierbei obliegt es dem Mitgliedstaat die jeweilige Rechtfertigung aus den Grund- und Leitprinzipien des Systems zu beweisen und so darzulegen, dass es sich um ein legitimes Ziel handelt, welches systemlogisch umgesetzt wurde und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt.1413 Hinsichtlich der Selektivität gewährter Ansiedlungsprämien, kann zumindest das Ziel eines Ansiedlungsanreizes im globalen Wettbewerb keinen legitimen Rechtfertigungsgrund darstellen. Trotzdem wird es hier stets zu einer Überprüfung im Einzelfall kommen müssen.

1408 EuGH, Rs. C-6/12 (P Oy), ECLI:EU:C:2013:525, Rn. 19; EuGH, Rs. C-78/08 bis C-80/ 08 (Paint Graphos), Slg. 2011, I-7611, Rn. 49. Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 135. 1409 Siehe hierzu die Nachweise und Ausführungen in bzw. bei Fn. 1330. 1410 Exemplarisch: EuGH, Rs. C-78/08 bis C-80/08 (Paint Graphos), Slg. 2011, I-7611, Rn. 69; EuGH, Rs. C-106/09 und C-107/09 (Gibraltar), Slg. 2011, I-11113, Rn. 145 m.w.N. 1411 Mitteilung direkte Unternehmensbesteuerung, Fn. 1403, Rn. 26. Siehe hierzu auch exemplarisch: Bartosch, Art. 107 Abs. 1 AEUV, Rn. 130; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 3, Art. 107 Rn. 233. 1412 Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 139 m.w.N. 1413 Bartosch, Art. 107 Abs. 1 AEUV, Rn. 130. Zum Erfordernis der Verhältnismäßigkeit, siehe auch: Bekanntmachung der Europäischen Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe, Fn. 248, Rn. 140.

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Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

2. Merkmal der Wettbewerbsverfälschung bei De-minimis-Beihilfen Die De-minimis-VO sieht vor, dass Beihilfen an ein einziges Unternehmen, die den De-minimis-Höchstbetrag von 200.000 E innerhalb von drei Jahren nicht übersteigen, „weder Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten haben noch den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.“1414 Somit erfüllen De-minimis-Beihilfen nicht alle Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV.1415 Grundsätzlich gilt die De-minimis-VO für alle Wirtschaftszweige.1416 Ausnahmen werden in der Verordnung lediglich für die Bereiche der Fischerei und der Aquakultur sowie der Primärerzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse vorgesehen.1417 Zudem werden Beihilfen an Unternehmen vom Anwendungsbereich ausgeschlossen, die in der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse tätig sind1418 oder exportbezogene Geschäfte tätigen1419. Alle Beihilfen, die außerhalb dieser Anwendungsbereiche und unterhalb der De-minimis-Schwelle liegen, sind von der in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht ausgenommen, wenn es sich hierbei um transparente Beihilfen handelt.1420 Voraussetzung hierfür ist gem. Art. 4 Abs. 1 De-minimis-VO, dass das Bruttosubventionsäquivalent im Voraus konkret bestimmt werden kann. Im Standortwettbewerb gewährte Ansiedlungsprämien fallen dann nicht unter den Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV, wenn sie die De-minimis-Schwelle von 200.000 E in drei Jahren nicht überschreiten und außerdem die Transparenzkriterien des Art. 4 Abs. 1 De-minimis-VO erfüllen. Somit können Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention und der Steuererleichterung bis zur De-minimisSchwelle ohne vorherige Notifizierung bei der Europäischen Kommission gewährt werden. Insbesondere im Bereich der Steuererleichterungen muss zudem auch die notwendige Transparenz geachtet werden. Diese wird nach Erwägungsgrund 14 der De-minimis-VO zumindest für begrenzte Steuerbefreiungen bejaht werden können.

II. Ansiedlungsprämien im Geltungsbereich der Legal- und Ermessensausnahmen i.S.d. Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV Auch wenn eine Ansiedlungsprämie den Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt, ist sie nicht per se verboten. Wie bereits im einführenden Kapitel zum 1414

Erwägungsgrund 3 De-minimis-VO. Art. 3 Abs. 1 De-minimis-VO. 1416 Art. 1 Abs. 1 De-minimis-VO. 1417 Art. 1 Abs. 1 lit. a und b De-minimis-VO. Siehe hierzu auch Erwägungsgrund 6. 1418 Art. 1 Abs. 1 lit. c De-minimis-VO. 1419 Art. 1 Abs. 1 lit. d De-minimis-VO. 1420 Zur Berechnung des Bruttosubventionsäquivalents und den transparenten Beihilfen: Art. 4 De-minimis-VO. 1415

B. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Beihilferecht der EU

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Europäischen Beihilferecht beschrieben, wird der Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV von einer Reihe an Ausnahmetatbeständen ergänzt. Diese sind insbesondere in Art. 107 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV verankert und werden durch beihilferechtliches Sekundär- und Tertiärrecht konkretisiert. Für den Bereich der Ansiedlungsprämie sind insbesondere die Art. 107 Abs. 3 lit. a und c AEUV i.V.m. der Leitlinie für Regionalbeihilfen zu berücksichtigen.1421 Eine Ansiedlungsprämie, die in Einklang mit den Voraussetzungen der Regionalbeihilfeleitlinie steht, ist gem. Art. 107 Abs. 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar.1422 Zudem können Regionalbeihilfen von der Anmeldepflicht des Art. 108 Abs. 3 AEUV befreit sein, wenn sie die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen der AGVO erfüllen.1423 Darüber hinaus könnten Ansiedlungsprämien unter die Ausnahmevorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV fallen. Voraussetzung hierfür ist, dass es sich um die Förderung eines wichtigen Vorhabens handelt, das von gemeinsamem Interesse für die gesamte Europäische Union ist.1424 1. Regionalbeihilfen In bestimmten Gebieten können Ansiedlungsprämien bis zu einer Höchstgrenze als Regionalbeihilfen i.S.d. Art. 107 Abs. 3 lit. a und lit. c AEUV gewährt werden. Die Voraussetzungen hierfür hat die Europäische Kommission in der Leitlinie für Regionalbeihilfen konkretisiert. Zudem können Regionalbeihilfen unter bestimmten Voraussetzungen nach der AGVO von der Notifizierungspflicht des Art. 108 Abs. 3 AEUV befreit werden. a) Leitlinie für Regionalbeihilfen Grundsätzlich überprüft die Europäische Kommission im Rahmen des Art. 107 Abs. 3 AEUV, ob die positiven Auswirkungen der Beihilfe, die mit ihr verbundenen Nachteile auf den Handel und den Wettbewerb überwiegen. Für Regionalbeihilfen hat die Europäische Kommission diese Prüfung konkretisiert und insgesamt sieben Voraussetzungen aufgezählt, die vorliegen müssen, damit eine Vereinbarkeit mit Art. 107 Abs. 3 lit. a bzw. lit. c AEUV angenommen werden kann.1425 Diese Voraussetzungen wurden in dieser Arbeit bereits im allgemeinen Abschnitt zum Europäischen Beihilferecht vorgestellt.1426 An dieser Stelle soll nun 1421

Siehe zu den Ausnahmetatbeständen des Art. 107 Abs. 3 lit. a und c AEUV, S. 87 ff. Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 269 ff. 1423 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 272 ff. 1424 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 275 ff. 1425 Siehe die Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 26 lit. a-g. Siehe zudem die Ausführungen bei Bartosch, Art. 107 Abs. 3 Rn. 23 ff.; Otter/Glavanovits, EStAL 2014, 404, 405 ff. 1426 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 89 ff. 1422

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Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

lediglich eine zusammenfassende Betrachtung im Hinblick auf die Ansiedlungsprämie erfolgen. Wird eine Ansiedlungsprämie im Zusammenhang mit der Regionalbeihilfeleitlinie gewährt, muss diese zunächst die Voraussetzungen der in der Leitlinie konkretisierten Verhältnismäßigkeitsprüfung erfüllen. Hierzu muss die Ansiedlungsprämie im ersten Prüfungsschritt einem eindeutig definierten Ziel von gemeinsamem Interesse dienen.1427 Die Leitlinie benennt vor allem den Ausgleich eines bestehenden Entwicklungsgefälles zwischen Regionen als primäres Ziel und unterscheidet hierbei zwischen Einzelinvestitionsbeihilferegelungen, Einzelinvestitionsbeihilfen und Betriebsbeihilferegelungen.1428 Ansiedlungsprämien können grundsätzlich in jeder dieser Formen gewährt werden, sodass bei der Prüfung auf den jeweiligen Einzelfall abgestellt werden muss. Für Einzelinvestitionbeihilferegelungen ist eine Förderung von sämtlichen Erstinvestitionen in A-Fördergebieten, unabhängig von der Größe des Unternehmens möglich.1429 In C-Fördergebieten gilt dies nur für KMU. Große Unternehmen müssen zwingend eine Erstinvestition in eine neue Wirtschaftstätigkeit vornehmen.1430 Im Standortwettbewerb ist hierbei zudem von besonderer Bedeutung, dass die Investition am Standort mindestens drei Jahre bei KMU und fünf Jahre bei großen Unternehmen erhalten bleiben muss.1431 Hierbei handelt es sich um eine Voraussetzung, die viele Unternehmen von Beginn an vor Schwierigkeiten stellt. Nur selten kann ein Unternehmen eine drei- bzw. fünfjährige Ansiedlung garantieren. Ansiedlungsprämien in Form der Einzelinvestitionsbeihilfe müssen zudem für den Nachweis des legitimen Zwecks auf weitere Kriterien, wie die geschaffenen Arbeitsplätze oder geplante Kooperationen mit den am Ort ansässigen Hochschulen zurückgreifen.1432 Betriebsbeihilferegelungen erfüllen nur dann einen legitimen Zweck, wenn nachgewiesen werden kann, dass das angestrebte Ziel nicht alleine mit Investitionsbeihilfen erreicht werden kann.1433 Die Ansiedlungsprämie muss im zweiten Prüfungsschritt erfoderlich, geeignet und angemessen sein. Für Beihilfen in A- und C-Fördergebieten wird die Erforderlichkeit vermutet.1434 Ansiedlungsprämien in diesen Gebieten können somit grundsätzlich als erforderlich eingestuft werden. Außerhalb dieser Gebiete muss die Erforderlichkeit gesondert begründet werden. Als geeignet kann eine Ansiedlungsprämie dann eingestuft werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass das angestrebte Ziel nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden kann.1435 Für die 1427 1428 1429 1430 1431 1432 1433 1434 1435

Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 30 ff. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 30 ff. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 34. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 34. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 36. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 40 ff. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 43 ff. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 49. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 50 ff.

B. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Beihilferecht der EU

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Angemessenheit des Beihilfebetrages wird gefordert, dass dieser auf das erforderliche Minimum begrenzt ist.1436 Die Leitlinie konkretisiert dahingehend, dass die aufgrund der schwachen regionalen Lage entstehenden Nettomehrkosten nicht überschritten werden dürfen.1437 Die Regionalbeihilfeleitlinie zielt somit nicht auf die Schaffung eines zusätzlichen Ansiedlungsanreizes ab. Vielmehr sollen lediglich die entstehenden Nettomehrkosten ausgeglichen werden. Im Vergleich zu internationalen Standorten, an denen Ansiedlungsprämien nahezu ohne staatliche Kontrolle gewährt werden können, hindert diese Beschränkung europäische Standorte im globalen Wettbewerb. Insbesondere da Ansiedlungsprämien im Standortwettbewerb nur als „Zünglein an der Waage“ gelten, wird der bloße Ausgleich der Nettomehrkosten bestenfalls bei schwächeren Standorten als Ansiedlungsargument genügen. Die Angemessenheit einer Ansiedlungsprämie wird zudem an den Beihilfehöchstintensitäten gemessen, die in der Regionalbeihilfeleitlinie bestimmt sind.1438 Diese werden abhängig von der Lage und der Größe des Unternehmens bestimmt und beziehen den Umfang des Investitionsvorhabens mit ein.1439 Wird die zulässige Beihilfehöchstintensität nicht überschritten, kann das Unternehmen darauf vertrauen, dass der Beihilfebetrag sich auf das erforderliche Minimum beschränkt. Die Leitlinie für Regionalbeihilfen setzt zudem voraus, dass die gewährte Regionalbeihilfe einen Anreizeffekt hat.1440 Im Standortwettbewerb wird insbesondere das in Rn. 61 lit. b der Regionalbeihilfeleitlinie genannte Szenario eines Anreizeffektes von Bedeutung sein, bei dem die Standortentscheidung eines Unternehmens im benachteiligten Gebiet als Nachweis für einen Anreizeffekt gilt. Für Investitionsbeihilferegelungen wird ein Anreizeffekt angenommen, wenn vor Beginn der Investition ein Beihilfeantrag gestellt wurde.1441 Bei Einzelinvestitionen und Betriebsbeihilfereglungen sind weitere Beweise für den Anreizeffekt erforderlich.1442 Zuletzt müssen übermäßige negative Auswirkungen vermieden werden.1443 Für den Standortwettbewerb sind hier zwei Fallgruppen der sog. schwarzen Liste von Bedeutung. Zunächst können die positiven Auswirkungen nicht überwiegen, wenn die Investition ohne die Ansiedlungsprämie in ein Gebiet innerhalb des EWR fließen würde, das nach der Leitlinie mindestens ebenso förderfähig ist.1444 Somit wird ein Beihilfenwettlauf innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes verhindert, der im Ergebnis jedoch auch zu einer Begrenzung im globalen Standortwettbewerb führt. Sobald mehr als ein förderfähiger Standort innerhalb der Union um die Investition 1436 1437 1438 1439 1440 1441 1442 1443 1444

Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 77 ff. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 78. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 81 ff. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 84. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 60 ff. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 64 ff. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 69 ff. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 112 ff. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 121.

272

Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

konkurriert, ist die Vereinbarkeit einer Ansiedlungsprämie mit dem Binnenmarkt und den Voraussetzungen der Regionalbeihilfeleitlinie ausgeschlossen. Die andere für den Standortwettbewerb bedeutende Fallgruppe wurde mit der Neufassung der Regionalbeihilfeleitlinie im Jahre 2014 eingeführt.1445 Hiernach können die positiven Auswirkungen nicht überwiegen, wenn die Ansiedlungsprämie eine Standortverlagerung aus dem EWR heraus fördert.1446 Diese Vorschrift soll so eine durch Regionalbeihilfen geförderte Standortverlagerung innerhalb des EWR verhindern. Es muss hierbei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Beihilfe und der Standortverlagerung nachgewiesen werden. Dieser Begriff wird in der Leitlinie nicht legaldefiniert.1447 Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein solcher ursächlicher Zusammenhang im Regelfall angenommen werden kann. In der Praxis stellen insbesondere die Beweismöglichkeiten die Mitgliedstaaten bzw. die Beihilfeempfänger vor eine Herausforderung.1448 b) Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung Regionalbeihilfen können unter den Voraussetzungen der AGVO auch ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt werden. Im Hinblick auf die Vergabe von Ansiedlungssubventionen im Standortwettbewerb sollte somit in einem ersten Schritt überprüft werden, ob die fragliche Ansiedlungsprämie die Voraussetzungen der AGVO erfüllt, da dann von einer Notifizierung bei der Europäischen Kommission abgesehen werden kann. Nach Art. 3 der AGVO sind Beihilferegelungen (Art. 2 Nr. 15 AGVO), Einzelbeihilfen, die auf der Grundlage einer Beihilferegelung erlassen werden (Art. 2 Nr. 14 ii) AGVO), und Ad-hoc Beihilfen (Art. 2 Nr. 14 i) und 17 AGVO) gem. Art. 107 Abs. 2 oder 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar und insofern von der in Art. 108 Abs. 3 AEUV verankerten Notifizierungspflicht befreit, wenn sie die Voraussetzungen des allgemeinen ersten Kapitels der AGVO und dem jeweiligen fu¨ r die Beihilfegruppe einschlägigen weiteren Kapitel erfu¨ llen. aa) Allgemeine Freistellungsvoraussetzungen Die allgemeinen Freistellungsvoraussetzungen werden im ersten Kapitel der AGVO normiert und wurden bereits im Zusammenhang mit den allgemeinen Ausführungen zum Europäischen Beihilferecht näher erläutert.1449 An dieser Stelle soll nur ein Hinweis auf die für Ansiedlungsprämien relevanten Vorschriften erfolgen. 1445 1446 1447 1448 1449

Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 122. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 122. Ebenso hierauf hinweisend: Otter/Glavanovits, EStAL 2014, 404, 407. Otter/Glavanovits, EStAL 2014, 404, 407. Siehe hierzu die allgemeinen Ausführungen auf S. 101ff.

B. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Beihilferecht der EU

273

Wird im globalen Standortwettbewerb über die Gewährung einer Ansiedlungsprämie nachgedacht und hierbei auf eine Freistellung nach der AGVO spekuliert, muss die Ansiedlungsbeihilfe zunächst unter der in Art. 4 AGVO normierten Anmeldeschwelle liegen. Für den Bereich der regionalen Investitionsbeihilfen1450 wird hierbei ein angepasster Beihilfehöchstsatz für beihilfefähige Kosten bis zu 100 Mio E gewährt.1451 Investitionsbeihilfen für KMU können hingegen bis zu einer festen Höhe von 7,5 Mio E pro Unternehmen und Investitionvorhaben gewährt werden.1452 Zudem muss die potentielle Ansiedlungsprämie die Transparenzkriterien des Art. 5 AGVO erfüllen. Parallel zur De-minimis-VO wird für das Vorliegen einer transparenten Beihilfe gefordert, dass sich das Bruttosubventionsäquivalent im Voraus berechnen lässt. Ansiedlungsprämien in Form eines direkten Zuschusses gelten gem. Art. 5 Abs. 2 lit. a AGVO per se als transparente Beihilfen. Im Bereich der Steuersubvention ist das Transparenzkriterium gem. Art. 5 Abs. 2 lit. d AGVO erfüllt, wenn eine Obergrenze festgelegt wurde. Die potentiell freistellungsfähige Ansiedlungsprämie muss zudem stets einen Anreizeffekt i.S.d. Art. 6 AGVO haben. Grundsätzlich wird ein solcher Anreizeffekt angenommen, wenn der Beihilfeempfänger bereits einen schriftlichen Beihilfeantrag gestellt hat, bevor mit den Arbeiten am Vorhaben begonnen wurde.1453 Ferner ist zu beachten, dass im Falle der Gewährung einer regionalen Ad-hoc Investitionsbeihilfe an große Unternehmen zudem sichergestellt werden muss, dass das konkrete Vorhaben ohne die Beihilfe nicht durchgeführt worden wäre bzw. die Rentabilität nicht gewährleistet hätte werden können.1454 Von einem Anreizeffekt kann hingegen stets ausgegangen werden, wenn die Ansiedlungsprämie in Form der regionalen Betriebsbeihilfe gewährt wird und zudem die Voraussetzungen des Art. 15 AGVO vorliegen.1455 Soll die Ansiedlungsprämie hingegen als Steuervergünstigung gewährt werden, kann ein Anreizeffekt gem. Art. 6 Abs. 4 AGVO angenommen werden, wenn ein auf objektiven Kriterien beruhender Anspruch auf die Beihilfe in Form der Steuervergünstigung besteht (lit. a) und die Steuervergünstigung vor dem Projektbeginn eingeführt wurde (lit. b). Als letzte allgemeine Freistellungsvoraussetzung sind die Informationspflichten in Art. 9 AGVO zu beachten.

1450 Hierunter werden gem. Art. 2 Nr. 40 AGVO Regionalbeihilfen für Erstinvestitionen bzw. Erstinvestitionen in eine neue Wirtschaftstätigkeit verstanden. 1451 Art. 4 Abs. 1 lit. a AGVO. Siehe zudem die Formel für die Berechnung des angepassten Beihilfehöchstsatzes in Art. 2 Nr. 20 AGVO. 1452 Art. 4 Abs. 1 lit. c AGVO. 1453 Art. 6 Abs. 2 AGVO. 1454 Art. 6 Abs. 3 lit. a AGVO. 1455 Art. 6 Abs. 5 lit. a AGVO.

274

Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

bb) Besondere Freistellungsvoraussetzungen für Regionalbeihilfen, Art. 13 – 15 AGVO Die besonderen Freistellungsvoraussetzungen für Regionalbeihilfen sind in den Art. 13 – 15 AGVO normiert und wurden bereits im allgemeinen Kapitel zum Europäischen Beihilferecht dargestellt.1456 Deshalb soll an dieser Stelle auf die für Ansiedlungsprämien wesentlichen Punkte hingewiesen werden. Maßgeblich für die Kontrolle von regionalen Ansiedlungsprämien ist hierbei insbesondere die strikte Trennung zwischen regionalen Investitionsbeihilfen und regionalen Betriebsbeihilfen. Zudem ist die Vorschrift des Art. 13 lit. d AGVO zu beachten. Hiernach ist der Anwendungsbereich der AGVO nicht für solche regionalen Einzelinvestitionsbeihilfen eröffnet, mit denen Tätigkeiten gefördert werden, die der Beihilfeempfänger in ähnlicher Form in den letzten zwei Jahren vor der Gewährung, im Europäischen Wirtschaftsraum eingestellt hat. Ansiedlungsprämien können somit im Rahmen der AGVO nur gewährt werden, wenn der Beihilfeempfänger keine Umsiedlung aus dem Europäischen Wirtschaftsraum plant. (1) Regionale Investitionsbeihilfe Die besonderen Voraussetzungen für regionale Investitionsbeihilfen werden in Art. 14 AGVO normiert. In Gebieten, die i.S.d. Art. 107 Abs. 3 lit. a AEUV außergewöhnlich oder erheblich benachteiligt sind (sog. A-Fördergebiete)1457, können Beihilfen in Erstinvestionen gem. Art. 14 Abs. 3 S. 1 AGVO unabhängig von der Größe des Unternehmens gewährt werden. Somit können alle als A-Fördergebiet eingestuften Standorte im globalen Ansiedlungswettbewerb jede Art von Erstinvestitionen, bis zur Anmeldeschwelle und unter Beachtung der Transparenzkriterien und des Anreizeffektes, ohne vorherige Notifizierung bei der Kommission durch die Gewährung von Ansiedlungsprämien fördern. Ist ein Standort allerdings i.S.d. Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV nur gegenüber der durchschnittlichen wirtschaftlichen Lage des jeweilgen Mitgliedstaates benachteiligt und somit als sog. C-Fördergebiet1458 eingestuft, gilt dies gem. Art. 14 Abs. 3 S. 2 AGVO nur für KMU. Ansiedlungsprämien zur Förderung von großen Unternehmen können in C-Fördergebieten hingegen nur dann im Rahmen der AGVO ohne vorherige Notifizierung gewährt werden, wenn hiermit eine Erstinvestition in eine neue Wirtschaftstätigkeit gefördert wird.1459 Als weitere besondere Voraussetzung für regionale Investitionsbeihilfen sieht Art. 14 Abs. 5 AGVO vor, dass die jeweilige Investition dem Fördergebiet mindestens fünf Jahre für große Unternehmen und mindestens drei Jahre für KMU erhalten bleiben muss. Nur dann kann eine Freistellung i.S.d. AGVO erfolgen. Im 1456 1457 1458 1459

Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 93 f. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 20a und 151. Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014 – 2020, Rn. 20a und 155. Art. 14 Abs. 3 S. 3 AGVO.

B. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Beihilferecht der EU

275

Standortwettbewerb wirkt diese Voraussetzung dem gefürchteten Subventionshopping entgegen und garantiert so zumindest eine anteilige Refinanzierung der Ansiedlungsprämie. (2) Regionale Betriebsbeihilfe Soll eine Ansiedlungsprämie in Form der regionalen Betriebsbeihilfe gewährt werden, sind die in Art. 15 AGVO normierten besonderen Voraussetzungen zu beachten. Nach dieser Vorschrift können Betriebsbeihilferegelungen in ausgewiesenen Gebieten äußerster Randlage oder in Gebieten mit einer geringen Bevölkerungsdichte von der Notifizierungspflicht befreit werden, wenn sie dem Ausgleich von Beförderungsmehrkosten für Waren dienen und die in diesem Zusammenhang aufgestellten weiteren Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 lit. a AGVO erfüllen. Ebenso kann eine Beihilfe zum Ausgleich von Betriebsmehrkosten unter den Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 lit. b AGVO gewährt werden, wenn die jeweiligen Mehrkosten durch die Nachteile der Region entstanden sind. 2. Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse Es stellt sich zudem die Frage, ob Ansiedlungsprämien unter die Ausnahmevorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV fallen können. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Förderung von Standortentscheidungen als Vorhaben eingestuft werden kann, das dem gemeinsamen europäischen Interesse dient. Der reine Wortlaut der Vorschrift spricht dafür, dass die Ansiedlung von Unternehmen innerhalb der Europäischen Union zumindest dann als wichtiger Beitrag zu einem gemeinsamen Interesse eingestuft werden könnte, wenn der Standort mit anderen außerhalb der EU liegenden Standorten konkurriert. Lange Zeit mangelte es dieser Vorschrift an klaren Konturen.1460 Seit dem Jahre 2014 werden die Kriterien des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV allerdings in der IPCEI-Mitteilung konkretisiert.1461 Hierin werden neben der allgemeinen Vereinbarkeitsprüfung drei Kriterien formuliert, die kumulativ vorliegen müssen, um eine Förderung i.S.d. Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV zu ermöglichen. Hierzu zählt neben der hinreichend konkreten Beschreibung des Vorhabens, das Vorliegen eines gemeinsamen europäischen Interesses und eine besondere Bedeutung des Projektes in qualitativer und quantitativer Hinsicht.1462 Im zweiten Schritt folgt die allgemeine Abwägungsprüfung in der die Kommission überprüft, ob die positiven Auswirkungen der Beihilfe die negativen Auswirkungen überwiegen und so von einer Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt ausgegangen werden kann.1463 In der IPCEI-Mitteilung hat die Kom1460

Vgl. die Nachweise in Fn. 459. Siehe hierzu bereits die Ausführungen auf S. 94 ff. 1462 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 11 ff. Siehe zudem die Ausführungen und weiteren Nachweise auf S. 94 ff. 1463 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 25 ff. 1461

276

Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

mission eine Reihe von Vereinbarkeitskriterien aufgelistet, die bei der Abwägungsprüfung zu berücksichtigen sind. Für den globalen Standortwettbewerb ist vor allem die Aufnahme der sog. Entsprechungsklausel von Bedeutung.1464 Diese aus dem Unionsrahmen für FuEuI bekannte Vorschrift, ermöglicht der EU von normierten Beihilfehöchstsätzen abzuweichen, wenn nachgewiesen werden kann, dass ein Wettbewerber außerhalb der EU in den vergangenen drei Jahren für ein ähnliches Vorhaben Beihilfen gleicher Intensität erhalten hat.1465 Betrachtet man die durch die IPCEI-Mitteilung konkretisierte Ermessensausnahme des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV wird deutlich, dass nur die wenigsten Ansiedlungsprämien tatsächlich unter diese Vorschrift in ihrer heutigen Ausgestaltung subsumiert werden können. Die IPCEI-Mitteilung fordert für das Vorliegen eines gemeinsamen europäischen Interesses u. a., dass ein Beitrag zu mehreren Zielen der EU geleistet werden muss und zudem mehrere Mitgliedstaaten an diesem Vorhaben beteiligt sind. Eine Gewährung von Ansiedlungsprämien im Rahmen dieser Vorschrift wäre nur dann möglich, wenn es sich bei dem förderfähigen Vorhaben um ein großes Projekt handelt, an dem mehrere Mitgliedstaaten beteiligt sind. Die Ansiedlung eines Unternehmens in einem Mitgliedstaat der EU wird zumindest nicht ausreichen, um diese Voraussetzungen zu erfüllen. Denkbar wäre allerdings die Förderung eines großen grenzüberschreitenden Standortes, an dem nicht nur eine größere Anzahl von Unternehmen angesiedelt wird, sondern zudem ein Aufbau eines Forschungszentrums erfolgt. In diesem Fall könnte dann auch die Matching Clause im Wettbewerb mit globalen Konkurrenten angewendet werden und so eine Anpassung der Beihilfehöchstintensitäten erreicht werden. Mit der IPCEI-Mitteilung wurde zwar eine Konkretisierung der Kriterien für die Förderung i.S.d. Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV geschaffen, hierbei wurde die Ausnahmevorschrift jedoch an sehr hohe Anforderungen geknüpft.1466 Im Ergebnis wurde so die Chance verpasst, auf Basis des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV, eine mögliche Auffangklausel für im globalen Wettbewerb entstehende Verzerrungen des Europäischen Beihilferechts zu schaffen.1467

1464 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 34. Zur Entsprechungsklausel in der IPCEI-Mitteilung, siehe auch: Bartosch, Art. 107 Abs. 3 Rn. 13; Stöbener, EuZW 2014, 484, 485. 1465 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 34. Siehe zur Matching Clause im Unionsrahmen FuEuI die Ausführungen auf S. 291 ff. 1466 Ebenso auf die hohen Anforderungen hinweisend: Stöbener, EuZW 2014, 484, 485. 1467 Siehe zu diesem im Rahmen der vorliegenden Arbeit erarbeiteten Reformvorschlag für das Europäische Beihilferecht die Voraussetzungen auf S. 295 ff.

B. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im Beihilferecht der EU

277

III. Verfahrensrechtliche Überprüfung von Ansiedlungsprämien Grundsätzlich ist das Europäische Beihilferecht durch eine vollständige ex-anteKontrolle geprägt.1468 Die Mitgliedstaaten sind gem. Art. 108 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VerfahrensVO zur Notifizierung sämtlicher neuer Beihilfen verpflichtet, die die Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen. Alle angemeldeten Beihilfen werden sodann von der Kommission auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 107 AEUV überprüft. Bis zur abschließenden Entscheidung durch die Europäische Kommission besteht ein Durchführungsverbot. Möchte ein Standort einem Unternehmen eine Ansiedlungsprämie gewähren, ist der Mitgliedstaat somit zunächst zur Notifizierung der Beihilfe verpflichtet. Die Kommission überprüft daraufhin die Vereinbarkeit der Ansiedlungsprämie mit dem gemeinsamen Markt. Nur wenn die Untersuchung der Kommission im Ergebnis zu einer Positiventscheidung kommt, darf der Standort dem Unternehmen die Ansiedlungsprämie gewähren. Unabhängig von der konkreten Entscheidung ist jedoch die ex-ante-Kontrolle als solche ein großes Problem im internationalen Standortwettbewerb. Denn die Verfahren im Europäischen Beihilferecht sind von einer langen Verfahrensdauer geprägt. Für Standorte innerhalb der Europäischen Union ist es deshalb kaum möglich Beihilfen als Ansiedlungsanreize zu nutzen, da eine potentiell bewilligungsfähige Beihilfe nicht als entscheidendes Kriterium einer Standortentscheidung ausreichen wird. In dieser Hinsicht sind jedoch die aktuellen Entwicklungen im Beihilferecht der Europäischen Union zu begrüßen. Mit der Neufassung der AGVO im Jahre 2014 konnten eine Vielzahl von Beihilfen von der Notifizierungspflicht bei der Europäischen Kommission ausgenommen werden.1469 Laut dem aktuellen Beihilfeanzeiger wurden so 95 % der neuen Beihilfemaßnahmen im Jahre 2016 ohne vorherige Kontrolle durch die EU-Kommission gewährt.1470 Im Bereich des Ansiedlungswettbewerbs ist diese Entwicklung zu begrüßen, da so in vielen Fällen die lange Verfahrensdauer umgangen werden kann. Trotzdem führen die Beihilfehöchstsätze der AGVO nur zu einer bedingten Hilfestellung im globalen Wettbewerb, da hier zum Teil deutlich höhere Beihilfen gewährt werden. Dieses Ergebnis entspricht jedoch auch den aktuellen Zielen des Europäischen Beihilferechts, das mit der State Aid Modernisation insbesondere eine Fokussierung auf stark wettbewerbsverzerrende

1468 Eingehend zum Verfahren im Europäischen Beihilferecht, siehe die Ausführungen auf S. 107 ff. 1469 Eingehend zur AGVO aus dem Jahre 2014, siehe die Ausführungen auf S. 99 ff. 1470 Beihilfeanzeiger 2016, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/state_aid/score board/index_en.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). Siehe zudem die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 15. 03. 2017, Staatliche Beihilfen: Laut Beihilfenanzeiger 2016 können die Mitgliedstaaten Beihilfen dank der Modernisierung des Beihilferechts rascher gewähren, IP/17/624.

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Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

Beihilfen anstrebte.1471 Möchte ein Standort einem potentiell ansiedlungswilligen Unternehmen also eine über den Höchstgrenzen der AGVO liegende Subvention gewähren, unterliegt diese der ex-ante-Kontrolle durch die Europäische Kommission. Die hiermit verbundenen Nachteile einer vollumfassenden Kontrolle durch die Kommission hat der Mitgliedstaat in der Folge hinzunehmen.

IV. Vollständige Rückforderung rechtswidrig gewährter Ansiedlungsprämien Zudem muss im Europäischen Beihilferecht beachtet werden, dass die Feststellung der rechtswidrigen Gewährung von Beihilfen grundsätzlich zur vollständigen Rückforderung plus Zinsen führt.1472 Von diesem Grundsatz kann nur in sehr engen Ausnahmefällen eine Abweichung erfolgen.1473 Gewährt ein Standort einem Unternehmen eine rechtswidrige Ansiedlungsprämie, so wird die Kommission in einer Negativentscheidung die Rückforderung der Beihilfe plus Zinsen vorgeben. Für die Umsetzung der Rückforderungsverpflichtung ist dann der jeweilige Mitgliedstaat zuständig. Im Hinblick auf die Rückforderungsverpflichtung ist vor allem der weite Beihilfebegriff problematisch. Zum Teil wurden gewährte Beihilfen erst nach vielen Jahren als verbotene Beihilfen i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUVeingestuft. So wurden im Rahmen der EEG-Umlage gewährte Zahlungen erst nach vielen Jahren vollständig zurückgefordert.1474 Für die Unternehmen bringt das Europäische Beihilferecht somit eine große Rechtsunsicherheit mit sich, insbesondere da der Vertrauensschutz nur in engen Grenzen als Ausnahme von der grundsätzlichen Rückforderungspflicht gilt.

V. Ergebnis Im Gegensatz zum WTO-Subventionsrecht müssen sich Ansiedlungsprämien innerhalb der EU der vollständigen Kontrolle durch die Europäische Kommission unterwerfen. Zunächst ist der Anwendungsbereich des EU-Beihilferechts anders als der Anwendungsbereich des WTO-Subventionsrechts nicht beschränkt. Zudem erfüllen Ansiedlungsprämien in Form des direkten Zuschusses und der Steuererleichterung häufig den Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV. Nur wenn die gewährte Beihilfe die Voraussetzungen der De-minimis-VO erfüllt oder im Bereich der Steuererleichterungen die Hürde der Selektivität nicht genommen wird, handelt es 1471 1472 1473 1474

Siehe hierzu die Ausführungen und Nachweise bei Fn. 233. Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 120. Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 121. Eingehend zu dieser Frage: Frenz, EnWZ 2015, 207 ff.

C. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im nat. Subventionsrecht der USA

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sich nicht um eine verbotene Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV. Grundsätzlich verbotene Beihilfen können in der Folge nur durch eine der Ausnahmebestimmungen als vereinbar mit dem gemeinsamen Markt angesehen werden. Dies könnte unter anderem etwa im Bereich der Regionalbeihilfen der Fall sein. Hierzu muss die Ansiedlungsprämie jedoch die engen Voraussetzungen der Regionalbeihilfeleitlinie erfüllen. Seit der Reformierung der AGVO können Mitgliedstaaten nun vermehrt, unter den Voraussetzungen der AGVO, Beihilfen ohne Notifizierung bei der Europäischen Kommission gewähren. Im Ansiedlungswettbewerb sind jedoch die genannten Voraussetzungen zu beachten und insbesondere die Beihilfenhöchstsätze einzuhalten, um eine sofortige Gewährung durch die Mitgliedstaaten zu ermöglichen.

C. Kontrolle von Ansiedlungsprämien im nationalen Subventionsrecht der USA Im allgemeinen Kapitel zum nationalen Subventionsrecht der USA wurde eingehend erläutert, dass die Subventionskontrolle innerhalb der USA nicht bundesgesetzlich normiert ist, sondern vielmehr aus der verfassungsrechtlich verankerten, negativen Komponente der Commerce Clause, der sog. Dormant Commerce Clause, abgeleitet wird. Hiernach sind einzelstaatliche Maßnahmen, die den eigenen Gliedstaat gegenüber anderen Gliedstaaten ökonomisch besserstellen und auf diese Weise einzelstaatlichen, wirtschaftlichen Protektionismus fördern, verboten.1475 Die auf Basis der Dormant Commerce Clause entwickelte Kontrolle von Subventionen in den USA, trennt zwischen direkten Subventionen und Subventionen in Form der Steuererleichterung.

I. Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung Der US-Supreme Court hat in einer Reihe von Entscheidungen gewährte Steuererleichterungen für unvereinbar mit der Dormant Commerce Clause und somit für verfassungswidrig erklärt.1476 Der Rechtsprechung mangelt es jedoch an einer klaren Prüfungsstruktur, sodass dieser Bereich weiterhin von einer starken Rechtsunsicherheit geprägt ist.1477 Die Rechtsprechung des US-Supreme Court gibt allerdings eine Tendenz vor, nach der Subventionen in Form der Steuererleichterung als verfassungswidrig einzustufen sind, da sie eine steuerneutrale Investitionsentscheidung verhindern und so den Wettbewerb verfälschen.1478 Trotzdem kann keine grund1475 1476 1477 1478

Siehe die Nachweise in Fn. 1002. Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 187 ff. Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 190 ff. Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 194 ff.

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Kap. 5: Kontrolle von Ansiedlungsprämien im int. Subventionsrecht

sätzliche Verfassungswidrigkeit von gewährten tax incentives angenommen werden. Vielmehr bedarf es stets einer Überprüfung im jeweiligen Einzelfall. Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung sind im nationalen Subventionsrecht der USA somit im jeweiligen Einzelfall an der Dormant Commerce Clause zu messen. Hierbei muss überprüft werden, ob die fragliche Regelung eine den zwischenstaatlichen Handel betreffende Diskriminierung gegenüber einem anderen Einzelstaat und dessen Bürgern darstellt. Da Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung eine steuerneutrale Investitionsentscheidung verhindern, ist in der Tendenz von einer Verfassungswidrigkeit der Steuererleichterung auszugehen.

II. Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention Im Bereich der direkten Subventionen kann im nationalen Subventionsrecht der USA nicht auf eine konkrete Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Allerdings wird insbesondere aus einem Obiter Dictum des US-Supreme Court und der MarketParticipant-Exception abgeleitet, dass direkte Subventionen im Gegensatz zu Steuererleichterungen per se als verfassungsmäßig einzustufen sind.1479 Auch wenn diese Sichtweise im Rahmen der vorliegenden Arbeit keine Zustimmung erfahren hat1480, geht die überwiegende Anzahl der US-amerikanischen Wissenschaftler doch von einer grundsätzlichen Vereinbarkeit von direkten Subventionen mit der Dormant Commerce Clause aus.

III. Ergebnis Im nationalen Subventionsrecht der USA erfolgt die Kontrolle von Subventionen anhand der verfassungsrechtlich verankerten Dormant Commerce Clause. Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung haben sich zwar einer Prüfung im Einzelfall zu unterwerfen, sind allerdings im Regelfall als verfassungswidrig einzustufen. Im Gegensatz hierzu sind direkte Subventionen grundsätzlich vereinbar mit der Dormant Commerce Clause. Dies leitet zumindest das überwiegende Schrifttum aus einem Obiter Dictum des US-Supreme Courts und der Market-Participant-Exception her. Somit können Standorte innerhalb der USA ohne nationale Kontrolle zumindest direkte Subventionen ohne tatsächliche Begrenzung gewähren und so beeinflussend in den Standortwettbewerb eingreifen.

1479 1480

Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 204 ff. Zur Kritik an dieser Sichtweise, siehe die Stellungnahme auf S. 209 ff.

D. Schlussfolgerungen

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D. Schlussfolgerungen – Das Europäische Beihilferecht als Hindernis bei der Vergabe von Ansiedlungsprämien (1) Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention oder der Steuererleichterung werden nur in äußersten Ausnahmefällen durch das im SCM verankerte Subventionsrecht der WTO reguliert. Neben dem beschränkten Anwendungsbereich scheitert eine Regulierung im Regelfall an den weiteren Voraussetzungen der jeweiligen Subventionskategorien. Ein tatsächliches Vorgehen würde den Nachweis nachteiliger Auswirkungen auf den Weltmarkt voraussetzen. Auch wenn dies dem betroffenen Mitgliedstaat in gravierenden Fällen gelingen könnte, hindert die im SCM vorgesehene ex-post-Kontrolle den Mitgliedstaat an einem effektiven Vorgehen gegen die Gewährung der Ansiedlungsprämie vor der jeweiligen Standortentscheidung. (2) Im nationalen Subventionsrecht der USA verstoßen zumindest Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung gegen die verfassungsrechtlich verankerte Dormant Commerce Clause. Direkte Subventionen werden hingegen per se als vereinbar mit der Verfassung angesehen und können so im Ansiedlungswettbewerb unbegrenzt gewährt werden. (3) Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention und der Steuererleichterung unterfallen innerhalb der Europäischen Union der vollständigen Kontrolle durch die Europäische Kommission. Nur in Ausnahmefällen können Ansiedlungsprämien bis zu bestimmten Höchstgrenzen nach der De-minimisVO, der Leitlinie für Regionalbeihilfen oder der AGVO gewährt werden. (4) Die vorangegangene Betrachtung der Kontrolle von Ansiedlungsprämien durch die einzelnen internationalen Subventionskontrollsysteme hat verdeutlicht, dass gewährte Subventionen im Ansiedlungswettbewerb tatsächlich nur innerhalb der Europäischen Union effektiv reguliert werden. Insbesondere die grundsätzliche ex-ante-Kontrolle durch die Europäische Kommission führt zu einer effektiven Durchsetzung des Europäischen Beihilferechts. Zudem werden rechtswidrig gewährte Beihilfen vollständig zurückgefordert, sodass eine Gewährung entgegen der Vorschriften des Beihilferechts vollständig rückgängig gemacht wird. Im Subventionsrecht der WTO scheitert ein Vorgehen an den zusätzlichen Voraussetzungen der jeweiligen Subventionskategorien. Nur in gravierenden Fällen ist eine Anfechtung gewährter Ansiedlungsprämien denkbar. Allerdings behindern die hohen Anforderungen an die zu führenden Beweise ein effektives Vorgehen. (5) Somit stellt das Europäische Beihilferecht im globalen Standortwettbewerb tatsächlich ein Hindernis für die unbeschränkte Vergabe von Ansiedlungsprämien dar, da eine vergleichbare Kontrolle außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes nicht zu finden ist.

Kapitel 6

Ergebnisse und Perspektiven des internationalen Subventionsrechts im globalen Standortwettbewerb A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse In der Einführung zu dieser Arbeit wurden insgesamt drei Fragen formuliert, die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung beantwortet werden sollten. An dieser Stelle werden die herausgearbeiteten Ergebnisse nocheinmal übersichtlich präsentiert. Diese Zusammenfassung dient zudem als Grundlage für den anschließenden Teil, in dem mögliche Perspektiven des internationalen Subventionsrechts mit Blick auf den globalen Standortwettbewerb vorgestellt werden.

I. Stellung des Europäischen Beihilferechts im internationalen Gefüge der Subventionskontrollsysteme Das Europäische Beihilferecht ist nicht das einzig bestehende internationale Subventionskontrollsystem. Vielmehr wurde im Rahmen dieser Arbeit gezeigt, dass auch im Recht der WTO und in einzelnen Freihandelsabkommen subventionsrechtliche Vorschriften enthalten sind. Allerdings hat die vorliegende Untersuchung verdeutlicht, dass das Europäische Beihilferecht in seinem Kontrollumfang und seiner Effektivität durchaus einzigartig ist. Das WTO-Subventionsrecht und eine Vielzahl der geschlossenen Freihandelsabkommen sind ausschließlich auf den Warenhandel ausgerichtet und so in ihrem Anwendungsbereich beschränkt. Zudem setzen die im SCM verankerten Subventionskategorien stets eine Abhängigkeit zur Ausfuhrleistung bzw. zur Bevorzugung einheimischer Waren voraus. So wird eine Vielzahl von staatlichen Eingriffen nicht vom Kontrollsystem des SCM erfasst. Zudem setzt die Europäische Kommission das beihilferechtliche Verfahren innerhalb der EU effektiv durch. Grundsätzlich erfolgt hier eine ex-ante-Überprüfung sämtlicher Beihilfen, die den Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen. Sieht die Kommission eine angemeldete Beihilfe als nicht vereinbar mit dem gemeinsamen Markt an, erlässt sie eine Negativentscheidung, die die Gewährung der Beihilfe verbietet. Mit der State Aid Modernisation hat die Europäische Kommission sich

A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

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jedoch zum Ziel gesetzt, sich auf stark wettbewerbsverzerrende Beihilfen zu fokussieren. Um dieses Ziel zu erreichen hat sie unter anderem mit der Neufassung der AGVO eine Vielzahl von Beihilfen von der Notifizierungspflicht freigestellt. Im WTO-Subventionsrecht mangelt es hingegen an effektiven Durchsetzungsmechanismen. Das im SCM vorgesehene Verfahren ist grundsätzlich ex-post ausgestaltet und wird zudem nur auf Antrag eines Mitgliedstaates eingeleitet. Da es den Mitgliedstaaten vielfach an den notwendigen Informationen mangelt, wird in der Praxis häufig von einem tatsächlichen Vorgehen abgesehen. Kommt es trotz der praktischen Schwierigkeiten zu einem Verfahren, werden die Entscheidungen des Panels häufig nicht effektiv umgesetzt. Insbesondere Rückforderungsentscheidungen werden von den Vertragsmitgliedern vielfach nicht vollzogen. Der Rückforderungsumfang der Beihilfe weicht zudem vom Europäischen Beihilferecht ab. Erlässt die Europäische Kommission im Verfahren gegen rechtswidrige Beihilfen einen Negativbeschluss, beinhaltet diese Entscheidung eine Rückforderung der Beihilfe zzgl. Zinsen. Dadurch soll der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden, während im Recht der WTO lediglich der Betrag der Beihilfe zurückgefordert wird. Im Europäischen Beihilferecht wird die Negativentscheidung vom jeweiligen Mitgliedstaat umgesetzt. Kommt ein Mitgliedstaat der Negativentscheidung nicht fristgerecht nach, kann die Europäische Kommission unmittelbar den EuGH anrufen. So wird im Gegensatz zum Recht der WTO auch eine effektive Durchsetzung der Entscheidung garantiert.

II. Rolle von Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb Die im Rahmen des vierten Kapitels dieser Arbeit ausgewerteten Studien haben gezeigt, dass die staatliche Förderung als eher unbedeutender Standortfaktor bei der Standortwahl eingestuft wird. Vielmehr spielen Faktoren, wie die Rechtssicherheit, die Attraktivität des Marktes und die am Standort verfügbaren qualifizierten Arbeitskräfte eine bedeutende Rolle bei der Wahl des geeigneten Standortes. Allerdings kann eine in Aussicht gestellte Ansiedlungsprämie dann ein entscheidender Faktor bei der Standortwahl sein, wenn zwei oder mehr nahezu gleichwertige Standorte miteinander konkurrieren. Werden die Auswirkungen der Globalisierung auf den Standortwettbewerb betrachtet, so wird deutlich, dass Standorte heute mit einer immer größeren Zahl von potentiellen Konkurrenten im Wettbewerb stehen. Deshalb müssen sie sich klar im Wettbewerb positionieren und ausschlaggebende Vorteile gegenüber den weltweit konkurrierenden Standorten schaffen. Diese Entwicklung hat zu einem weltweiten Anstieg der Vergabe von Ansiedlungsprämien geführt, wodurch die konkurrierenden Standorte versuchen sich gegenüber der Konkurrenz zu behaupten. In vielen Ländern ist die Vergabe von Ansiedlungsprämien im Standortwettbewerb daher nicht mehr wegzudenken. Die Globalisierung hat somit zu einem Bedeutungsgewinn der

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Kap. 6: Ergebnisse und Perspektiven

staatlichen Förderung im Standortwettbewerb geführt. Die Europäische Union sollte die Gewährung von Ansiedlungsprämien deshalb nicht unterschätzen und sich im weltweiten Wettbewerb der Standorte klar positionieren.

III. Regulierung von Ansiedlungsprämien durch die weltweit bestehenden Subventionskontrollsysteme Das Europäische Beihilferecht ist weltweit das einzige Subventionskontrollsystem, das Ansiedlungsprämien effektiv reguliert. Im Subventionsrecht der WTO ist bereits der Anwendungsbereich des Kontrollsystems ausschließlich auf den Handel mit Waren begrenzt. Zudem erfüllen Ansiedlungsprämien in den meisten Fällen nicht die zusätzlichen Voraussetzungen der im SCM verankerten einzelnen Subventionskatgegorien der verbotenen und anfechtbaren Subventionen. Auch wenn eine Ansiedlungsprämie in Ausnahmefällen die inhaltlichen Voraussetzungen des SCM erfüllen kann, mangelt es zudem an einem effektiven Kontrollsystem. Insbesondere die vorgesehene ex-post-Kontrolle verhindert ein rechtzeitiges Vorgehen im Standortwettbewerb. Im nationalen Subventionsrecht der USA werden Ansiedlungsprämien in Form der Steuererleichterung tendenziell als verfassungswidrig eingestuft. Im Gegensatz hierzu wird bei Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention jedoch angenommen, dass diese im Regelfall vereinbar mit der verfassungsrechtlich verankerten Dormant Commerce Clause sind. Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention können in den Vereinigten Staaten von Amerika demnach ohne nationale Hindernisse gewährt werden. Im Gegensatz hierzu unterliegen Ansiedlungsprämien in Form der direkten Subvention und der Steuererleichterung der vollständigen beihilferechtlichen Kontrolle durch die Europäische Kommission. Ansiedlungsprämien erfüllen so im Regelfall den Verbotstatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV. Lediglich im Falle einer De-minimis-Beihilfe ist dies nicht der Fall. Alle sonstigen Ansiedlungsprämien können, ohne vorherige Notifizierung bei der Europäischen Kommission, nur gewährt werden, wenn sie die Voraussetzungen der AGVO erfüllen und diesbezüglich insbesondere unter dem jeweiligen Beihilfehöchstsatz liegen. Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, hat der Mitgliedstaat die Ansiedlungsprämie bei der Europäischen Kommission zu notifizieren. Die Kommission überprüft sodann die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem gemeinsamen Markt. Für gewährte Ansiedlungsprämien ist im Rahmen dieser Überprüfung insbesondere die Regionalbeihilfeleitlinie von Bedeutung. Allerdings ist die Gewährung im Rahmen dieser Leitlinie, neben einer Reihe von weiteren Voraussetzungen, stets nur bis zu einem bestimmten Beihilfehöchstsatz gestattet. Die konkrete Betrachtung der Regulierung von Ansiedlungsprämien durch die weltweit bestehenden Subventionskontrollsysteme verdeutlicht, dass das Europäi-

B. Perspektiven des internationalen Subventionsrechts

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sche Beihilferecht das einzige Kontrollsystem ist, das Ansiedlungsprämien effektiv reguliert. Somit stellt das Europäische Beihilferecht ein Hindernis bei der unbegrenzten Vergabe von Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb dar.

B. Perspektiven des internationalen Subventionsrechts mit Blick auf den globalen Standortwettbewerb Die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigen, dass das Europäische Beihilferecht weltweit das einzige Subventionskontrollsystem ist, das die Vergabe von Ansiedlungsprämien effektiv reguliert. Zudem wurde gezeigt, dass die weltweite Bedeutung von Ansiedlungsprämien durch die Globalisierung ansteigt und es so immer häufiger zu Fällen kommt, in denen Ansiedlungsprämien den Ausschlag im Standortwettbewerb geben. Die Europäische Union muss sich in diesem Standortwettbewerb klar positionieren und den Wettbewerb innerhalb und außerhalb des Binnenmarktes beachten. Es müssen Lösungsansätze gefunden werden, mit denen die Europäische Union im globalen Wettbewerb bestehen kann und zudem die Erfolge des Europäischen Beihilferechts im Binnenmarkt nicht geschmälert werden. Eine generelle Lockerung des Europäischen Beihilferechts stellt in der Folge keine adäquate Lösung dar. Hierfür sind die Errungenschaften dieses Kontrollsystems im Binnenmarkt von zu hoher Bedeutung. Deshalb muss die Europäische Union primär eine Weiterentwicklung des Subventionsrechts auf internationaler Ebene anstreben. Dies sollte zum einen die Verbesserung des Subventionsrechts der WTO im Hinblick auf die mangelnde Kontrolle von Ansiedlungsprämien vorsehen und zum anderen die diesbezügliche Weiterentwicklung des Subventionsrechts in Freihandelsabkommen durchsetzen. Sollten Reformen auf diesen Ebenen allerdings nicht erfolgsversprechend sein, muss die Europäische Union über punktuelle Anpassungen im EUBeihilferecht nachdenken. Die folgenden Ausführungen formulieren mögliche Reformschritte auf allen drei Ebenen: Erstens auf Ebene der WTO, zweitens auf Ebene der internationalen Freihandelsabkommen und drittens auf Ebene der Europäischen Union.

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Kap. 6: Ergebnisse und Perspektiven

I. Mögliche Reformschritte auf Ebene des Subventionsrechts der WTO 1. Schwachstellen des WTO-Subventionsrechts im Hinblick auf die Kontrolle von Ansiedlungsprämien Im fünften Kapitel dieser Arbeit wurde die Kontrolle von Ansiedlungsprämien durch das WTO-Subventionsrecht näher untersucht. Hierbei haben sich vor allem drei Schwachstellen des Subventionskontrollsystems der WTO gezeigt: (1) Zunächst ist der Anwendungsbereich des WTO-Subventionsrechts ausschließlich auf den Bereich des Warenhandels begrenzt. Ansiedlungsprämien im Bereich des Dienstleistungssektors unterfallen demnach nicht den Vorschriften des SCM und werden im Recht der WTO nicht reguliert. (2) Die im SCM vorgesehenen Subventionskategorien der verbotenen und der anfechtbaren Subventionen sind an hohe Anforderungen geknüpft. So fallen in den Kontrollbereich der verbotenen Subventionen i.S.d. Art. 3 SCM nur ausfuhrund importersetzende Subventionen. Im Bereich der anfechtbaren Subventionen muss der betroffene Mitgliedstaat gem. Art. 5 SCM nachteilige Auswirkungen auf seine Interessen nachweisen und hierbei zum Teil hohe Hürden überwinden. Ansiedlungsprämien können nicht unter die Kategorie der verbotenen Subventionen subsumiert werden, und erfüllen auch die Voraussetzungen der Kategorie der anfechtbaren Subventionen nur in gravierenden Ausnahmefällen. (3) Das WTO-Subventionsrecht ist durch eine ex-post-Kontrolle geprägt. Die Mitgliedstaaten können somit gegen gewährte Ansiedlungsprämien erst nach der erfolgten Standortentscheidung vorgehen. Unabhängig von den inhaltlichen Schwierigkeiten im Hinblick auf ein Vorgehen im WTO-Subventionsrecht, ist die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens nicht geeignet den Standortwettbewerb effektiv zu regulieren.

2. Notwendige Reformen im WTO-Subventionsrecht In den vergangenen Jahren sind die Verhandlungen auf Ebene der WTO ins Stocken geraten.1481 Die Mitgliedstaaten können sich nur schwer auf den Abschluss neuer Abkommen einigen. Zudem ist auch eine Weiterentwicklung der bestehenden Abkommen nicht möglich. Das im Februar 2017 veröffentlichte Trade Faciliation Agreement (TFA) ist somit ein Fortschritt im bis dahin nahezu stillstehenden Verhandlungsprozess der WTO.1482 Der Chef der WTO Roberto Azevedo hat im Mai 2017 zudem zu neuen Gesprächen über eine Verbesserung des WTO-Regelsystems

1481 1482

Siehe hierzu die Nachweise in Fn. 839. Siehe hierzu die Informationen auf der Homepage des TFA: http://www.tfafacility.org.

B. Perspektiven des internationalen Subventionsrechts

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aufgefordert.1483 Diese Chance muss die Europäische Union ergreifen und so Verhandlungen über eine Modernisierung des WTO-Subventionsrechts anstoßen. Hierbei muss die Europäische Union zunächst verstärkte Konsultationen für eine Subventionskontrolle im Dienstleistungssektor aufnehmen. Unabhängig von einer Regulierung der Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb, kann auf diese Weise eine der größten Schwachstellen des WTO-Subventionsrechts überwunden werden. Dieses Ziel muss deshalb stark fokussiert werden. Unabhängig von der Regulierung staatlicher Ansiedlungsprämien, muss die Europäische Union zudem zwingend auf eine Wiederaufnahme der mangels Verlängerungsbeschlusses im Jahre 2000 außer Kraft getretenen Bestimmungen bestehen. So ist insbesondere die Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen erneut in das Subventionsrecht der WTO aufzunehmen, um so mögliche Widersprüche zum Europäischen Beihilferecht zu verhindern.1484 Zudem würde dadurch die ursprünglich in Art. 6.1 SCM verankerte Beweislastumkehr für den Nachweis der ernsthaften Schädigung wiederbelebt. In diesem Verhandlungsprozess muss auch über eine Erweiterung des Art. 6.1 SCM diskutiert werden, um so etwa eine Ausdehnung auf stark verzerrende Ansiedlungsprämien zu erwirken. Dies wäre ein Lösungsansatz für die erläuterten hohen Hürden der Subventionskategorien des SCM. Darüber hinaus könnte auch über eine grundlegende Abkehr vom System der Subventionskategorien nachgedacht und so parallel zum Europäischen Beihilferecht ein grundsätzliches Verbot aller spezifischen Subventionen normiert werden. Ein solcher Vorschlag verspricht allerdings im aktuellen verhandlungsmüden Zustand der WTO keinen praktischen Erfolg. Die Europäische Union muss deshalb, neben der Erweiterung der in Art. 6.1 SCM verankerten Beweislastumkehr für den Nachweis der ernsthaften Schädigung im Bereich der anfechtbaren Subventionen, auf eine Ausdehnung der Kategorie der verbotenen Subventionen abzielen. Auch wenn eine solche Erweiterung der Subventionskategorien erfolgreich durchgeführt wird, stellt sich weiterhin das Problem der ex-post-Kontrolle sämtlicher Subventionen im WTO-Subventionsrecht. Ein Lösungsansatz für dieses Hindernis ist die Einführung vorläufiger Konsultationen. Den Mitgliedstaaten könnte auf Antrag gestattet werden, eilbedürftige Fragestellungen vorab zu klären. Hierzu müssten die Vertragsstaaten einen Nachweis der Eilbedürftigkeit erbringen, der im Standortwettbewerb aufgrund der unmöglichen Rückgängigmachung der Standortentscheidung begründet werden kann.

1483 Siehe etwa: Schlesiger, WTO-Chef fordert Hilfe von Merkel, WiWo vom 12. 05. 2017, abrufbar unter: http://www.wiwo.de/politik/deutschland/freihandel-wto-chef-fordert-hilfe-vonmerkel-/19788244.html (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1484 Auf das Problem eines Widerspruchs zwischen dem EU-Beihilferecht und dem WTOSubventionsrecht in dieser Frage hinweisend: Ehlermann/Goyette, EStAL 2006, 695, 705.

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Kap. 6: Ergebnisse und Perspektiven

Unabhängig von diesen inhaltlichen Reformvorschlägen für das Subventionsrecht der WTO, bleibt allerdings abzuwarten, ob und wann es zu erneuten Verhandlungen über das Subventionsrecht der WTO kommt. Deshalb sollte sich die Europäische Union nicht auf Reformen auf dieser Ebene beschränken, sondern verstärkt Verhandlungen zur Verbesserung des Subventionsrechts in Freihandelsabkommen führen.

II. Mögliche Reformschritte auf Ebene des Subventionsrechts in Freihandelsabkommen 1. Bereits erzielte Fortschritte der Europäischen Union im Subventionsrecht in bilateralen Freihandelsabkommen Auch die Europäische Union hat sich für eine verstärkte Weiterentwicklung des internationalen Subventionsrechts auf Ebene der bilateralen Freihandelsabkommen ausgesprochen.1485 Auch wenn das Subventionsrecht in Freihandelsabkommen sich im Kern weiterhin am WTO-Subventionsrecht orientiert, konnte die EU in einer Reihe von neueren Abkommen bereits weitergehende Vereinbarungen erzielen.1486 Die auf diese Weise erreichten Verhandlungsergebnisse unterscheiden sich jedoch zum Teil stark. Als Vorbild für eine Weiterentwicklung des Subventionsrechts in Freihandelsabkommen sollte das Abkommen zwischen der EU und Singapur dienen.1487 Hierin wurden neben der ausdrücklichen Erstreckung der im Abkommen vorgesehenen Streitbeilegung auf den Bereich der Subventionen, eine vollständige Ausdehnung der Subventionskontrolle auf den Dienstleistungssektor und zudem eine Erweiterung der Subventionskategorie der verbotenen Subventionen erzielt. Darüber hinaus konnte ein Katalog von Ausnahmebestimmungen in das Freihandelsabkommen integriert werden. Im Gegensatz zu dieser erfreulichen Weiterentwicklung im Subventionsabkommen zwischen der Europäischen Union und Singapur, sind die Ergebnisse des Abschnitts zum Subventionsrecht im CETA enttäuschend.1488 Im Bereich des Warenhandels fehlt es dem Abkommen vollständig an einer Regelungswirkung für spezifische Subventionen i.S.d. Art. 1 und 2 SCM. Zudem konnte auch keine tatsächliche Weiterentwicklung im Bereich des Dienstleistungssektors erzielt werden. Dieses unzufriedenstellende Ergebnis deutet darauf hin, dass eine Weiterentwick1485

Mitteilung der Kommission – Handel, Wachstum und Weltgeschehen, Handelspolitik als Kernbestandteil der EU-Strategie Europa 2020, KOM (2010), 612, S. 17 (im Folgenden: Mitteilung-Europa 2020). 1486 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 132 ff. 1487 Eingehend zu diesem Abkommen, siehe die Ausführungen auf S. 136 ff. 1488 Siehe hierzu die Ausführungen auf S. 138 ff.

B. Perspektiven des internationalen Subventionsrechts

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lung des Subventionsrechts, über die in der WTO getroffenen Vereinbarungen hinaus, stark abhängig vom jeweiligen Handelspartner und dessen Interessen ist. 2. Mut zum Export des Europäischen Beihilferechts Trotz dieser praktischen Schwierigkeiten, muss die Europäische Union auch in Zukunft an einer Weiterentwicklung des Subventionsrechts in Freihandelsabkommen arbeiten. Hierbei muss die Europäische Kommission mit Mut in die Verhandlungen treten und so einen tatsächlichen Export des EU-Beihilferechts intendieren.1489 Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass das EU-Beihilferecht das deutlich effektivere Kontrollsystem darstellt. Zudem wurde dieses System in den vergangenen Jahren stetig verbessert und an aktuelle Entwicklungen angepasst. Im Gegensatz hierzu ist das Subventionsrecht der WTO seit über 20 Jahren nahezu unverändert und zum Teil sogar bereits außer Kraft getreten. Es erstaunt deshalb, dass die Verhandlungen im Bereich des Subventionsrechts in Freihandelsabkommen trotzdem weiterhin auf Grundlage des SCM erfolgen. Auch wenn die Europäische Union möglicherweise keinen praktischen Erfolg in einem solchen Vorstoß sieht, sollte sie diesbezüglich auf die Erfolge des Europäischen Beihilferechts vertrauen und in anstehenden Verhandlungen zumindest in den folgenden Punkten an das Europäische Beihilferecht anknüpfen: (1) Im ersten Schritt muss die Europäische Union in den Verhandlungen auf einen unbegrenzten Anwendungsbereich des vereinbarten Subventionskontrollsystems bestehen. Hierbei sollte nicht nur ausgehend von der WTO eine Erstreckung auf den Dienstleistungssektor erfolgen, sondern vielmehr ein Subventionskontrollsystem etabliert werden, das für sämtliche staatliche Zuwendungen gilt, unabhängig vom konkret geförderten Wirtschaftszweig. (2) Darüber hinaus muss die Europäische Union die Etablierung eines Subventionskontrollsystems anstreben, das vergleichbar zum Europäischen Beihilferecht, ein grundsätzliches Verbot sämtlicher Subventionen vorsieht, von dem nur in ausdrücklich benannten Ausnahmefällen abgewichen werden kann. Durch die Abkehr vom System der Subventionskategorien, mit der Unterteilung in verbotene und anfechtbare Subventionen, könnte eine deutlich größere Anzahl von Subventionen erfasst und zudem mögliche Umgehungsversuche eingedämmt werden. (3) Die Kommission trägt als „Herrin des Beihilfeverfahrens“ enorm zur Effektivität des Europäischen Beihilferechts bei. Deshalb muss die Europäische Union zudem anstreben, dass in neueren Freihandelsabkommen ein Organ mit vergleichbaren Kompetenzen aufgenommen wird. Insbesondere müsste dieses 1489 Zum Export des EU-Beihilferechts in Freihandelsabkommen: Weck/Reinhold, EuZW 2015, 376 ff.

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Kap. 6: Ergebnisse und Perspektiven

Organ mögliche beihilferechtliche Verfahren ohne Antrag der jeweiligen Mitgliedstaaten einleiten können und so eine effektive Durchsetzung des etablierten Beihilfekontrollsystems garantieren. (4) Zudem muss die Europäische Union eine effektive Durchsetzung getroffener Rückforderungsentscheidungen forcieren. Neu verhandelte Freihandelsabkommen müssen deshalb Sanktionsmechanismen beinhalten, die im Falle einer mangelnden Umsetzung getroffener Entscheidungen greifen.

3. Weiterentwicklung des Subventionsrechts in Freihandelsabkommen auf Basis des WTO-Subventionsrechts Gegenwärtig verhandelt die Europäische Union das Subventionsrecht in Freihandelsabkommen jedoch stets auf Basis des WTO-Subventionsrechts. Entscheidet sich die Europäische Union weiterhin für ein solches Vorgehen, müssen im Hinblick auf den globalen Ansiedlungswettbewerb, folgende vier Weiterentwicklungen im Vergleich zum WTO-Subventionsrecht bzw. zu dem bis heute verhandelten Subventionsrecht in Freihandelsabkommen angestrebt werden. Diese Reformvorschläge stimmen in vielen Punkten mit den Reformvorschlägen der WTO überein. (1) Die Europäische Union muss in bilateralen Freihandelsabkommen eine Erweiterung des Subventionskontrollsystems auf den Bereich des Dienstleistungssektors anstreben. Hierbei muss ein vollständiges Subventionskontrollsystem für den Bereich des Dienstleistungssektors geschaffen werden und nicht ausschließlich die Möglichkeit aufgenommen werden, Konsultationen zu ersuchen. (2) Zudem muss die Europäische Union eine Weiterentwicklung der im SCM normierten Subventionskategorien anstreben. Im ersten Schritt sind mehr Subventionen in die Kategorie der verbotenen Subventionen aufzunehmen. Hier dienen etwa die Freihandelsabkommen mit Korea und Singapur als erfolgreiche Beispiele. Die Kategorie der anfechtbaren Subventionen hat aktuell insbesondere mit Beweisschwierigkeiten zu kämpfen. Um diese zu lösen, muss verstärkt von der Möglichkeit der Beweislastumkehr Gebrauch gemacht werden, die im SCM bis zum Jahre 2000 bereits in Art. 6.1 SCM normiert war. Neben einer Wiederbelebung dieser Vorschrift, sollte diese zudem auf andere Bereiche erweitert werden. Um einen Widerspruch zu den Ausnahmebestimmungen des Europäischen Beihilferechts zu vermeiden, ist außerdem die Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen wieder aufzunehmen. Alternativ können ebenso wie beim Freihandelsabkommen mit Singapur Ausnahmebestimmungen in das Abkommen integriert werden. (3) Voraussetzung für ein effektives Subventionskontrollsystem in internationalen Freihandelsabkommen ist die Erstreckung des Streitbeilegungsverfahrens auf den Bereich des Subventionsrechts. Im Hinblick auf den bestehenden Stand-

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ortwettbewerb muss zudem in besonderen Fällen die Möglichkeit eröffnet werden, vorläufige Konsultationen zu führen.

III. Mögliche Reformschritte auf Ebene des Europäischen Beihilferechts Ging es bei den Reformvorschlägen für das Subventionsrecht der WTO und in Freihandelsabkommen um eine Verschärfung der Kontrollsysteme, muss im Hinblick auf mögliche Reformen im Recht der Europäischen Union über punktuelle Lockerungen des Systems nachgedacht werden. Insbesondere wenn der Export des Europäischen Beihilferechts in den nächsten Jahren keinen Erfolg versprechen sollte, muss im Hinblick auf den globalen Standortwettbewerb vielmehr eine Lösung innerhalb des Beihilferechts der Europäischen Union gesucht werden. Hierbei darf jedoch keine grundsätzliche Abkehr von der strengen Kontrolle des Europäischen Beihilferechts erfolgen. Vielmehr kommen zwei punktuelle Lösungsansätze in Betracht, wobei der erste Ansatz kein neuer ist. Die Europäische Union hat selbst mit der Entsprechungsklausel bzw. Matching Clause im Unionsrahmen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation einen Lösungsansatz für zu geringe Fördersätze im globalen Wettbewerb geschaffen. Im Folgenden wird der Inhalt dieser Klausel vorgestellt und zudem eine mögliche Erstreckung auf andere Bereiche diskutiert. Der zweite Lösungsansatz, der im Anschluss vorgestellt werden soll, diskutiert hingegen eine ausdrückliche Erstreckung der Ausnahmevorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV auf Fälle in denen europäische Standorte mit Wettbewerbern außerhalb der EU im Ansiedlungswettbewerb konkurrieren. 1. Ausdehnung und Verbesserung der sog. Entsprechungsklausel a) Entsprechungsklausel im Unionsrahmen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation Bereits der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen aus dem Jahre 1996 enthielt in Art. 5.13 eine Entsprechungsklausel1490, die allerdings erst im Gemeinschaftsrahmen aus dem Jahre 2006 als solche betitelt wurde.1491 Seit dem Jahre 2014 ist die Entsprechungsklausel in Rn. 92 des

1490 Mitteilung der Kommission – Gemeinschaftsrahmen für staatliche Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen vom 17. 02. 1996, 96/C 45/01, (im Folgenden: Gemeinschaftsrahmen FuEuI 1996). 1491 Mitteilung der Kommission – Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation vom 30. 12. 2006, 2006/C 323/01, (im Folgenden: Gemeinschaftsrahmen FuEuI 2006). Siehe etwa allgemein zum Gemeinschaftsrahmen FuEuI 2006: Rödel, S. 277 ff.

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Kap. 6: Ergebnisse und Perspektiven

Unionsrahmens für FuEuI zu finden.1492 Um Verfälschungen im internationalen Handel zu vermeiden, gestattet diese Klausel der Europäischen Kommission höhere Beihilfeintensitäten im Gegensatz zu den grundsätzlich im Unionsrahmen vorgesehenen Höchstgrenzen.1493 Voraussetzung hierfür ist, dass ein Wettbewerber außerhalb der EU in den vergangenen drei Jahren für ein vergleichbares Vorhaben Beihilfen gleicher Intensität erhalten hat oder in Zukunft noch erhalten wird.1494 In diesen Fällen ist es dem Mitgliedstaat gestattet dieser Beihilfeintensität zu entsprechen.1495 Grundsätzlich hat der Mitgliedstaat der Kommission hinreichende Beweise für die erhöhte Beihilfevergabe eines Konkurrenten außerhalb der EU vorzulegen.1496 Diese sollen der Kommission vor allem ermöglichen, den konkreten Wettbewerbsvorteil des Beihilfeempfängers im Drittland zu bestimmen, um so die Notwendigkeit einer Beihilfeentsprechung zu bemessen.1497 Bei der Bewertung kann die Europäische Kommission auch auf Indizienbeweise zurückgreifen, wenn ihr keine tatsächlichen Fakten vorliegen.1498 Die Entsprechungsklausel im Unionsrahmen für FuEuI war für das Europäische Beihilferecht lange Zeit einzigartig. Seit dem Jahre 2014 ist eine solche allerdings auch in der IPCEI-Mitteilung zu finden.1499 b) Ausdehnung der Entsprechungsklausel auf andere Bereiche des Europäischen Beihilferechts Befürworter der Entsprechungsklausel verlangen seit vielen Jahren eine Erstreckung auf weitere Bereiche, um so den Schwierigkeiten des EU-Beihilferechts im globalen Wettbewerb zu begegnen.1500 Ausgehend von einem klaren Standortnachteil des EU-Beihilferechts, ist eine solch gezielte Lockerung des Europäischen Beihilferechts auch durchaus vorteilhaft. Die Kritiker der Entsprechungsklausel halten dieser Forderung jedoch zumeist entgegen, dass die Klausel bis heute keinerlei praktische Bedeutung erlangt hat und in keinem Fall zur An-

1492 Mitteilung der Kommission – Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation vom 27. 06. 2014, 2014/C 198/01, (im Folgenden: Unionsrahmen FuEuI). Siehe etwa allgemein zum Unionsrahmen FuEuI: Bartosch, Art. 107 Abs. 3 AEUV, Rn. 117 ff.; von Wendland, BRZ 2015, 203 ff. 1493 Unionsrahmen FuEuI, Rn. 92. 1494 Unionsrahmen FuEuI, Rn. 92. 1495 Unionsrahmen FuEuI, Rn. 92. 1496 Unionsrahmen FuEuI, Rn. 92. 1497 Unionsrahmen FuEuI, Rn. 92. 1498 Unionsrahmen FuEuI, Rn. 92. 1499 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 34. 1500 So etwa zumindest mit Vorschlag zur Erstreckung auf den Produktionsbereich: Wydra u. a., Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, TAB, 2010, Arbeitsbericht Nr. 137, S. 204.

B. Perspektiven des internationalen Subventionsrechts

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wendung kam.1501 Die Gründe für diese mangelnde praktische Bedeutung liegen laut Befürwortern der Klausel an den zu hohen und nicht hinreichend bestimmten Voraussetzungen der Entsprechungsklausel.1502 Insbesondere im globalen Wettbewerb mangele es an umfassenden Transparenzvorschriften, sodass die Erbringung der Beweise im Regelfall nicht möglich ist.1503 Hinzu kommt, dass das konkrete Verfahren nicht eindeutig normiert ist und mit einer langen Verfahrensdauer zu rechnen ist.1504 Die Mitgliedstaaten nehmen deshalb im Regelfall die notwendigen Mühen für eine solche Beweiserbringung nicht auf sich. c) Stellungnahme Unter Berücksichtigung dessen, dass die Entsprechungsklausel nun seit über zwanzig Jahren im Gemeinschafts- bzw. Unionsrahmen für FuEuI enthalten ist und in keinem Fall zur Anwendung kam, wird deutlich, dass eine Übernahme in andere Bereiche, zumindest in der aktuellen Form, keine anzustrebende Lösung ist. Trotzdem hat sich eine Vielzahl europäischer Standorte in den vergangenen zwanzig Jahren im Standortwettbewerb mit Konkurrenten aus dem nicht-europäischen Ausland auseinandergesetzt. Es ist zu vermuten, dass sich diese Standorte gewiss auch über die Möglichkeit gefreut hätten, den außerhalb Europas gewährten Ansiedlungsprämien zu entsprechen, um so die Unternehmen zur Ansiedlung innerhalb der Europäischen Union zu bewegen. Deshalb soll sich an dieser Stelle der Frage gewidmet werden, warum die Entsprechungsklausel bis heute nie zur Anwendung kam. Im Wesentlichen ist dies wohl auf drei Schwachstellen der Klausel zurückzuführen.

1501 Flett/Jessen/Talaber-Ritz, in: Iglesias/Van Miert/Monti/Kroes, EC State Aid Law, S. 441, S. 462. Ebenso mit Verweis auf die fehlende praktische Bedeutung der Entsprechungsklausel: Bartosch, Art. 107 Abs. 3 Rn. 144; Ehlermann, in: Schwarze, Globalisierung und Entstaatlichung des Rechts, S. 125, 131. 1502 Siehe etwa: Konsultationspapier Deutschland – Gemeinschaftsrahmen fu¨ r staatliche Beihilfen fu¨ r Forschung, Entwicklung und Innovation, 2012, S. 41, abrufbar unter: http://ec.eu ropa.eu/competition/consultations/2012_stateaid_rdi/germany_de.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). Stellungnahme des BDI zum Entwurf des Unionsrahmens für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwickklung und Innovation (Arbeitspapier), D0629 vom 18. Februar 2014, S. 11, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/competition/consultations/2013_ state_aid_rdi/bdi_de.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019). 1503 Siehe exemplarisch die Nachweise in Fn. 1502. 1504 Konsultationspapier Finnland – Gemeinschaftsrahmen fu¨ r staatliche Beihilfen fu¨ r Forschung, Entwicklung und Innovation, 2012, S. 39, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/compe tition/consultations/2012_stateaid_rdi/finland_en.pdf (zuletzt abgerufen am: 14. 08. 2019).

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Kap. 6: Ergebnisse und Perspektiven

aa) Zu hohe Anforderungen an die zu erbringenden Beweise Die Entsprechungsklausel wird häufig wegen ihrer zu hohen Beweisanforderungen kritisiert.1505 Der Wortlaut der Klausel fordert jedoch lediglich, dass der betroffene Mitgliedstaat der Kommission, soweit möglich, ausreichende Informationen zur Verfügung stellt, um die Notwendigkeit einer Entsprechung beurteilen zu können.1506 Der Kommission wird zudem ermöglicht auf Indizienbeweise zurückzugreifen, wenn keine tatsächlichen Fakten vorliegen.1507 Somit wird den Mitgliedstaaten bei der Beweiserbringung bereits ein gewisser Spielraum eingeräumt. Trotzdem ist es den Mitgliedstaaten in vielen Fällen nicht möglich, die Beweisanforderungen der Entsprechungsklausel zu erfüllen. Die Gewährung hoher Fördersummen an Standorten außerhalb der Europäischen Union bleibt häufig nur eine Vermutung, welche zum Teil auch aufgrund von Geheimhalteverpflichtungen nicht öffentlich bestätigt wird. Die im SCM normierte Notifizierungspflicht leistet in dieser Hinsicht auch keine Abhilfe, da eine Vielzahl von Staaten dieser Verpflichtung nicht nachkommt und sie zudem nur begrenzte inhaltliche Vorgaben vorsieht. Es stellt sich folglich jedoch die Frage, welche Lösungsansätze für dieses Problem bestehen? Eine Möglichkeit wäre, die Europäische Kommission zu Nachforschungen auf Antrag eines Mitgliedstaates zu verpflichten. Gegen einen solchen Ansatz spricht einerseits, dass die Europäische Kommission bereits jetzt mit einer Vielzahl von Verfahren zu kämpfen hat wodurch sie in einen erheblichen zeitlichen Verzug gerät. Andererseits wird auch die Europäische Kommission keine weitergehenden Informationen erlangen. Die Kommission sollte deshalb die Voraussetzung der Beweiserbringung großzügig handhaben und in Zusammenarbeit mit dem Mitgliedstaat nach einer Lösung im Sinne der gesamten Europäischen Union suchen. Den Mitgliedstaaten soll an dieser Stelle außerdem angeraten werden, ein Vorgehen im Wege der Entsprechungklausel zu wagen, auch wenn die vorliegenden Beweise nicht zwingend handfester Natur sind. Nur unter Berücksichtigung dieser Punkte kann eine Weiterentwicklung und Konkretisierung der Klausel erreicht werden. bb) Kein konkreter Verfahrensablauf Zudem fehlt es der Entsprechungsklausel an einem strukturierten Verfahren, das den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gibt, die Dauer und den konkreten Ablauf des Verfahrens zu ermitteln. Hierbei sollte erwähnt werden, dass die erste Entsprechungsklausel im Gemeinschaftsrahmen für FuEuI aus dem Jahre 1996 noch Fristen und konkrete Verfahrensvorschriften vorgesehen hat. Diese wurden allerdings mit der Neufassung des Gemeinschaftsrahmens im Jahre 2006 abgeschafft.

1505 1506 1507

Siehe hierzu die Nachweise in Fn. 1502. Unionsrahmen FuEuI, Rn. 92. Unionsrahmen FuEuI, Rn. 92.

B. Perspektiven des internationalen Subventionsrechts

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Trotzdem sollten gegenwärtig Verfahrensvorschriften und verbindliche Fristen erneut in die Klausel aufgenommen werden, da den Mitgliedstaaten sonst die Möglichkeit eines rechtssicheren Verfahrens genommen wird. Zudem könnte ein konkret vorgesehenes Verfahren zur Erhöhung der Beihilfeintensitäten bereits als positives Argument für ein ansiedlungswilliges Unternehmen wirken. Bei der Normierung der verbindlichen Fristen sollte jedoch auf die Schnelllebigkeit des globalen Standortwettbewerbes geachtet werden. Nur so kann die Entsprechungsklausel tatsächlich positive Auswirkungen auf den Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen entfalten. cc) Beschränkung auf den Bereich der Förderung von FuEuI In der Praxis wurde mehrfach eine Ausdehnung der Entsprechungklausel auf weitere Bereiche des Europäischen Beihilferechts gefordert. Da die Klausel allerdings bis heute nicht zur Anwendung kam, wurde von einer solchen Ausdehnung stets abgesehen. In dieser Arbeit wurde dargelegt, dass Standorte den ansiedlungswilligen Unternehmen im Standortwettbewerb stets Maßnahmenpakete gewähren. Die Vergabe von Ansiedlungsprämien beschränkt sich folglich nicht auf eine Beihilfeform. Vielmehr werden den Unternehmen u. a. direkte Zahlungen, Steuererleichterungen, verbilligte Grundstückspreise und auch Forschungsbeihilfen gewährt. Die Ansiedlungsförderung ist demnach nur selten alleine auf Forschungsbeihilfen begrenzt. Die Beschränkung der Entsprechungsklausel auf den Bereich der Förderung von FuEuI, ist deshalb auch selbst ein Hindernis für die praktische Anwendung der Vorschrift. Nur wenn eine Entsprechung der Beihilfeintensität aller im Maßnahmenpaket gewährter Beihilfen möglich wäre, hätte die Anwendung der Entsprechungsklausel für die einzelnen Standorte und die ansiedlungswilligen Unternehmen einen praktischen Nutzen. Solange den Mitgliedstaaten jedoch im Rahmen der Entsprechungsklausel lediglich eine Anpassung im Hinblick auf die Forschungsförderung ermöglicht wird, ist von einer Zunahme der praktischen Bedeutung der Entsprechungsklausel nicht auszugehen. Deshalb muss die Klausel in weitere für den Standortwettbewerb bedeutende tertiärrechtliche Bestimmungen aufgenommen werden. Die Aufnahme in die IPCEI-Mitteilung ist somit ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Zudem sollte über eine Aufnahme in der Leitlinie für Regionalbeihilfen nachgedacht werden, da dieser Leitlinie im Standortwettbewerb eine wesentliche Bedeutung zukommt. 2. Globaler Standortwettbewerb als Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse Als weiterer Ansatz für die punktuelle Lockerung des Europäischen Beihilferechts im Hinblick auf den globalen Standortwettbewerb sollte die Ausnahmevorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV genutzt werden, die eine Förderung von

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Kap. 6: Ergebnisse und Perspektiven

Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse ermöglicht.1508 Lange Zeit fehlte es dieser Vorschrift an einer klaren Prüfungsstruktur und folglich auch an praktischer Bedeutung. Mit der IPCEI-Mitteilung, die im Jahre 2014 veröffentlicht wurde, hat die Europäische Kommmission erstmals klare Konturen für den gesamten Anwendungsbereich geschaffen.1509 Hierin werden neben der allgemeinen Vereinbarkeitsprüfung drei Voraussetzungen formuliert, die kumulativ vorliegen müssen, um eine Förderung i.S.d. Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV zu erhalten. Hierzu zählt, neben der hinreichend konkreten Beschreibung des Vorhabens, das Vorliegen eines gemeinsamen europäischen Interesses sowie eine besondere qualitative und quantitative Bedeutung des Projektes.1510 Mit dem hier verfolgten Ansatz soll die Ausnahmevorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV für die Probleme im globalen Standortwettbewerb fruchtbar gemacht werden. Im Hinblick auf die normierten Förderkriterien und die Vereinbarkeitsprüfung sind hierzu jedoch punktuelle Anpassungen erforderlich: a) Förderkriterien aa) Hinreichend konkrete Beschreibung des Vorhabens Die IPCEI-Mitteilung fordert in Einklang mit der zuvor ergangenen Rechtsprechung des EuGH zunächst, dass das Vorhaben hinreichend konkret bestimmt sein muss.1511 Hierbei muss der Beihilfevorschlag die Ziele, die Durchführungsbedingungen, die Teilnehmer und die Finanzierung des Vorhabens präzise beschreiben. Im Standortwettbewerb wäre somit erforderlich, dass der Mitgliedstaat präzise Angaben zu dem Vorhaben machen kann. Mit Aufnahme der Ansiedlungsverhandlungen stehen die Ziele und Teilnehmer des Vorhabens bereits fest. Zudem wird es dem Mitgliedstaat, zumindest in Zusammenarbeit mit dem ansiedlungswilligen Unternehmen möglich sein, Bedingungen und die geplante Finanzierung zu konkretisieren. Im Hinblick auf diese Voraussetzung sind keine Anpassungen erforderlich. bb) Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse Das zweite in der IPCEI-Mitteilung benannte Kriterium ist das Vorliegen eines Vorhabens von gemeinsamem europäischem Interesse. Unter anderem wird damit verlangt, dass ein wesentlicher Beitrag zu einem oder mehreren Zielen der Union geleistet wird, sodass mit einer erheblichen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit

1508 1509 1510 1511

Zu dieser Vorschrift, siehe die weiteren Ausführungen auf S. 94 ff. und 275 ff. IPCEI-Mitteilung, Fn. 462. IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 12 ff. IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 12.

B. Perspektiven des internationalen Subventionsrechts

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der EU zu rechnen ist.1512 Die Mitteilung selbst nennt in ihrer Rn. 15 eine Reihe potentieller Ziele exemplarisch. Hierzu zählt etwa das Vorliegen eines wichtigen Beitrages zur Europa 2020 Strategie. Zumindest mit der Ansiedlung großer Unternehmen, kann ein wesentlicher Beitrag zur Europa 2020 Strategie geleistet werden, die als eines ihrer Kernziele u. a. eine Verbesserung des Arbeitsmarktes formuliert.1513 Zudem problematisiert die Europa 2020 Strategie den internationalen Wettbewerb mit staatlichen Beihilfen, formuliert jedoch die Weiterentwicklung auf multilateraler und bilateraler Ebene als Ziel. Im Ergebnis sollte deshalb eine Förderung von Standorten, die im globalen Wettbewerb stehen, auch als eigenständiges Ziel in die exemplarische Aufzählung der IPCEI-Mitteilung aufgenommen werden. Ein weiteres Hindernis für die Gewährung von Ansiedlungsprämien i.S.d. Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV ist die weitere kumulative Voraussetzung der IPCEI-Mitteilung, in der gefordert wird, dass an dem Vorhaben in der Regel mehr als ein Mitgliedstaat beteiligt sein muss.1514 Diese Voraussetzung kann heute nur von großen mitgliedstaatsübergreifenden Ansiedlungen in Grenzregionen erfüllt werden. Auch wenn die Norm nur vorschreibt, dass an dem Vorhaben in der Regel mehr als ein Mitgliedstaat beteiligt sein muss, ist im Hinblick auf diese in Rn. 16 formulierte Voraussetzung eine Anpassung erforderlich. Die Beteiligung von mehr als einem Mitgliedstaat sollte als Vermutungsregel für das Vorliegen eines Beitrages von gemeinsamem europäischem Interesse ausgestaltet werden. So kann ein einzelner Mitgliedstaat bei Ansiedlungen die besondere Bedeutung des Vorhabens begründen. Vorhaben an denen mehrere Mitgliedstaaten beteiligt sind, würden zudem von der Vermutungsregel profitieren. cc) Besondere qualitative und quantitative Bedeutung des Vorhabens Die potentielle Standortentscheidung müsste außerdem eine besondere qualitative und quantitative Bedeutung aufweisen. So sollte entweder die Größe in Bezug auf den Umfang und den Anwendungsbereich besonders hoch sein oder ein hohes finanzielles Risiko mit der Entscheidung einhergehen. Als Indiz für eine solche besondere qualitative und quantitative Bedeutung einer Ansiedlungsentscheidung, könnte so etwa die Zahl der in Aussicht gestellten neuen Arbeitsplätze und eine längerfristige Standortverpflichtung herangezogen werden.

1512 Für die Annahme eines Vorhabens von gemeinsamem europäischem Interesse fordert die IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, das kumulative Vorliegen der sog. „Allgemeinen kumulativen Kriterien“ (Rn. 14 – 19). Darüber hinaus werden in der Mitteilung „allgemeine positive Indikatoren“ (Rn. 20) und „Besondere Kriterien“ (Rn. 21 – 23) normiert. Siehe zu dem Kriterium der Zielverwirklichung, IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 14. 1513 Mitteilung-Europa 2020, Fn. 22, S. 1 ff. 1514 IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 16.

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Kap. 6: Ergebnisse und Perspektiven

b) Vereinbarkeitsprüfung Im Rahmen der Vereinbarkeitsprüfung kontrolliert die Europäische Kommission, ob die positiven Auswirkungen der Beihilfe, die negativen Auswirkungen überwiegen und so von einer Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt ausgegangen werden kann.1515 Mit der Normierung der sog. Entsprechungsklausel in Rn. 34 der IPCEI-Mitteilung1516 hat die Europäische Kommission einen ersten Ansatz zur Berücksichtigung globaler Sachverhalte aufgenommen. Für eine Weiterentwicklung der IPCEI-Mitteilung im Hinblick auf den globalen Standortwettbewerb, sollte eine eigene Randnummer aufgenommen werden, in der Kriterien aufgezählt werden, die in diesem Fall für das Überwiegen der positiven Auswirkungen sprechen. Ein solches Kriterium könnte etwa das tatsächliche Vorliegen eines ausländischen Konkurrenten im Hinblick auf die konkrete Standortentscheidung darstellen. Zudem könnte der Nachweis einer gewährten Ansiedlungsprämie durch den ausländischen Konkurrenten ein weiteres Kriterium darstellen, das für das Überwiegen der positiven Auswirkungen spricht.

IV. Ergebnis (1) Die EU muss sich im globalen Standortwettbewerb klar positionieren. Im Hinblick auf das internationale Subventionsrecht hat sie eine Weiterentwicklung auf drei Ebenen anzustreben: Erstens auf Ebene der WTO, zweitens auf Ebene der bilateralen Freihandelsabkommen und drittens auf Ebene der Europäischen Union. (2) Auf Ebene des WTO-Subventionsrechts muss so insbesondere eine Ausdehnung der Subventionskontrolle auf den Bereich der Dienstleistungen erfolgen. Außerdem müssen die einzelnen Subventionskategorien reformiert werden und so neben der Wiederaufnahme der Kategorie der nichtanfechtbaren Subventionen, eine Erweiterung der Kategorie der verbotenen Subventionen und eine Erleichterung der Beweiserbringung im Bereich der anfechtbaren Subventionen erfolgen. Im Hinblick auf den globalen Standortwettbewerb muss zudem über die Möglichkeit vorläufiger Konsultationen nachgedacht werden. (3) Wenn ein Vorgehen auf multilateraler Ebene keinen Erfolg verspricht, sollte die EU vermehrt Verhandlungen im Subventionsrecht in bilateralen Freihandelsabkommen forcieren. Auch wenn sich das Subventionrecht in solchen Abkommen derzeit vollständig am WTO-Subventionsrecht orientiert, sollte die EU Verhandlungen auf Basis des Europäischen Beihilferechts anstreben. Zumindest muss auch hier eine Weiterentwicklung des am Subventionsrechts der WTO orientierten Rechts verhandelt werden und so eine Ausdehnung des Anwen1515

IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 26. IPCEI-Mitteilung, Fn. 462, Rn. 34. Siehe zur Matching Clause in der IPCEI-Mitteilung die Ausführungen auf S. 275 ff. m.w.N. 1516

C. Schlussfolgerungen

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dungsbereichs, eine Reformierung der Subventionskategorien und die Aufnahme vorläufiger Konsultationen erfolgen. (4) Reformen auf Ebene des Europäischen Beihilferechts müssen punktuell erfolgen, denn der globale Standortwettbewerb rechtfertigt keine grundsätzliche Abkehr vom Beihilfekontrollsystem. Vordergründig sollte eine Verbesserung und Erweiterung der Entsprechungsklausel angestrebt werden und zudem insbesondere eine Ausweitung der Ausnahmevorschrift des Art. 107 Abs. 3 lit. b Alt. 1 AEUV erfolgen.

C. Schlussfolgerungen – Die Rolle des Europäischen Beihilferechts im globalen Standortwettbewerb Die vorliegende Arbeit hat sich eingehend mit der Rolle des EU-Beihilferechts im globalen Standortwettbewerb auseinandergesetzt. Zu Beginn dieser Arbeit wurden drei Fragen formuliert, deren Antworten an dieser Stelle zusammengefasst werden. (1) Welche Stellung nimmt das Europäische Beihilferecht im internationalen Gefüge der Subventionskontrollsysteme ein? Das Europäische Beihilferecht ist nicht das einzig bestehende Subventionskontrollsystem. Vielmehr sind subventionsrechtliche Vorschriften auch im Recht der WTO und in bilateralen Freihandelsabkommen zu finden. Die vorliegende Untersuchung hat jedoch gezeigt, dass das EU-Beihilferecht tatsächlich in seiner Effektivität und seinem Kontrollumfang einzigartig ist. (2) Welche Rolle spielen Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb? Auch wenn Ansiedlungsprämien häufig eher als unbedeutender Standortfaktor eingestuft werden, hat ihre Bedeutung im Zuge der Globalisierung zugenommen. Immer häufiger entscheiden sich Unternehmen zwischen mehreren nahezu gleichwertigen Standorten. In diesen Fällen können Ansiedlungsprämien der entscheidende Standortfaktor sein. (3) Wie werden Ansiedlungsprämien durch die weltweit bestehenden Subventionskontrollsysteme reguliert? Das Europäische Beihilferecht ist das einzige Subventionskontrollsystem das Ansiedlungsprämien effektiv und vollumfassend reguliert. Das Subventionsrecht der WTO und das Subventionsrecht in Freihandelsabkommen sind sowohl in ihrem Anwendungsbereich als auch im Hinblick auf das konkrete Kontrollsystem stark beschränkt. Das EU-Beihilferecht stellt somit im Hinblick auf die Vergabe von Ansiedlungsprämien im globalen Standortwettbewerb einen Standortnachteil dar.

300

Kap. 6: Ergebnisse und Perspektiven

Im Hinblick auf die Perspektiven des internationalen Subventionsrechts mit Blick auf den globalen Standortwettbewerb, sollte die EU eine Weiterentwicklung auf drei Ebenen anstreben. Hierbei sollte primär eine Verbesserung des Subventionsrechts der WTO und in bilateralen Freihandelsabkommen angestrebt werden. Nachrangig sollten punktuelle Anpassungen im Beihilferecht der EU erfolgen, wobei von einer grundsätzlichen Lockerung des EU-Beihilferechts abgesehen werden muss.

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Stichwortverzeichnis Abhilfemaßnahmen 41 f., 48 ff., 56 ff., 170 Agreement on subsidies and countervailing measures (SCM) 33 Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) 58, 61 f., 93 f., 99 ff., 272 ff. Anfechtbare Subvention 39 ff., 48 ff., 168 f., 260 ff., 289 Anmeldung neuer Beihilfen 109, 116 ff. Ansiedlungsprämie 25 ff., 180, 216 ff., 244, 247 ff., 254 ff. Ausgleichsmaßnahmen 33, 40 ff., 56 f., 167, 170 Ausschuss für Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen 40 f., 57, 167 f. Bestehende Beihilfe

104, 110, 113 ff., 164

Canadian Agreement on Internal Trade 174 Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) 138 ff., 288 De-minimis-Beihilfen 77 ff., 130, 268 De-minimis-VO 77 ff., 101, 110, 151, 164, 268, 273, 278, 281 Dormant Commerce Clause 175, 179, 181 ff., 279 f., 281, 284 Durchführungsverbot 27, 82, 110, 113, 123, 127, 167, 277 Entsprechungsklausel Ermessensausnahmen 164 f., 268

276, 291 ff. 81, 84, 87, 97, 126,

Förmliches Prüfverfahren 112, 117, 119 Freihandelsabkommen 28 ff., 127 ff., 155, 172, 282, 285, 288 ff., 298 f. Harte Standortfaktoren

220 ff.

Konsultationsverfahren 49 f., 141, 144, 171

Legalausnahmen

82 ff., 164 f.

Market-Participant Exception 209, 214, 280

186, 204 ff.,

Negativentscheidung 113, 117, 120 f., 127, 169 f., 173, 278, 282 f. Neue Beihilfe 104, 113, 117, 125, 127, 167, 171 New West Partnership Trade Agreements (NWPTA) 175 Nichtanfechtbare Subvention 260 f., 287, 290, 298 Notifizierung 53, 93, 105, 110, 134, 138, 141, 168, 268, 272, 274, 277, 279, 284 Notifizierungspflicht 58, 61, 78 ff., 93, 99 ff., 110, 135, 138, 140 f., 154, 167 f., 171, 173, 263, 269, 272, 275, 277 Rechtswidrige Beihilfe 104, 109. 117 ff., 125, 127, 171, 283 Regionalbeihilfeleitlinie 87, 92, 269 ff., 279, 284 Regionalbeihilfen 87 ff., 101, 103, 245 f., 269 ff., 279, 281, 284, 295 Rückforderung 42, 57, 111, 120 ff.,170 ff., 264, 278, 283, 290 Soft Law 62, 85 f., 167 Spezifische Subvention 35, 37 ff., 57, 134, 140, 150, 155, 160 f., 172, 255, 257, 259, 288 Spezifität 37 f., 72, 133, 156, 160 ff., 257 f. Ständige Sachverständigengruppe 41, 50, 167, 257 Standortfaktoren 218 ff., 254 Standortwettbewerb 25, 27 ff., 82, 174 ff., 178, 180, 196, 216 ff., 229, 240 f., 244 ff., 252 ff., 257 f., 263 ff., 282 ff., 291 ff. Subventions-Hopping 26, 247 f., 252

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Stichwortverzeichnis

Transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP) 133, 139, 142 ff. Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen 33 Unionsrahmen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation 291 Verbotene Subvention 39, 41, 48 ff., 52, 57, 134, 259, 264

Verbotstatbestand 27, 62 ff., 68, 72, 76, 81, 106, 126, 132, 152, 156, 158, 160, 173, 265, 268 f., 284 Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse 87, 94 f., 275, 295 f. Vorläufiges Prüfverfahren 111, 118 Weiche Standortfaktoren

220 ff.

Zweckdienliche Maßnahmen 116, 127, 170