Die reisenden Maler: Teil 2 [Reprint 2020 ed.]
 9783111425832, 9783111061009

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Ein Roman

Aas Morgenlicht funkelte an den Kanten

des fernen Gebirges; der Hauch einer fri­ schen V7acht hatte alle Eewittermafsen auf­ gelöst, und selbst die kleinen Wölkchen, zer­ flossen sichtbar, und schienen aus dem tiefen Älau in die Morgenkühle der Erde nieder-

zuträufeln. — Schweizer und Brisen­

fels wandelten

auf einer

äußersten Ende des Park?,

Waldhöhe am wo

an

diesen

ein großer Forst anstieß, der sich .weit die

Tiefe auobreitete.

Fink

in

schlummerte

noch, müde von seiner gestrigen Anstrengung. Jetzt stieg leuchtete

das

manchfaches

Menge

die Sonne herauf und er­

waldige Thal, Leben

Landleute

worin

herumlärmte.

war damit

ein Eine

beschäftigt,

daü abgeschlagene Holz aufzuladen und nach

Hause zu fahren.

die Menschen

Die Peitschen

knallten,

schrien und dap Vieb

21 s

wie-

Jerfe

und brüllte.

Zugleich

Holzmacher hier und Sa

die

fällten

die

alten unge­

heuern Eichen für das Bauwesen; und ihre

Sägen und Beile tönten mächtig durch den Wald.

eines

Don Zeit zu Zeit gebot der Fall

niedergeschmetterten

tausendjährigen

Riesen eine kurze St.ille. „Wie kommt es doch- (fragte Schwei­

zer

daß wir uns in diesem lichten sonni­

gen Haine durch das Donnern seiner fallen­ den Bäume unter den mörderischen Streichen

der Aexte und dem vollen Geschrei der Holz­

ernte wahrhaft belustigt fühlen, da hinge­ gen die große Herbsterndte auf der Flur

mich immer so traurig wacht?*' »Du stehst hier ( erwiederte BrixeN-

seid) die schöne neue Jugend sogleich vör dir, welche mün für den Forst aufsparte, und die nun in erhöhter Ueppigkeit sproßt und treibt.

Das

überstämmige Alter ist

begraben,

und überall strebt Kraft

Schönheit

empor.

Die

Nacht ist

und vom

Walde genommen •— seine Schauer stnd in Traulichkeit umgewandelt — die Lichter der

Sonne brechen herein und küssen das neugeborne zahllose Dolk Bet jungen Spröß-

5 — finge.

Heiter wandelt, der Mensch auf dem

endlich

wieder

erwärmten

Boden;

jenes

wohlbekannte Laub der Maiblume verspricht ihm für den «nächsten Frühling wieder das Aufblühen ihrey zarten aromatischen Glöck­

chens; und schon duftet ja dort der Waldquendel', und die süße Erdbeere lauscht glü­

hend unter ihren, dunkeln Blatt." „Wie

die

Waldschläge,

Menschengenerationen! zer.)

und

stnd die

so

(sagte

Schwei­

Die neue ist und bleibt die schönere,

unaufhaltsam verdrängt sie die alte,

während sie selbst schon anfängt, gegen die

kommende Unrecht zu behalten. —

Aber

der Tod wäre für Niemanden mehr fürchter« lich, wenn der Mensch sich öfter mit den Bäumen des Waldes, zusammenstellte. War­

um sieht er doch gewöhnlich nur sich allein

im Grabe — und nicht zugleich sein ganzes

Geschlecht in

her?

der Ruhe des Todes uhi sich

„Dort werde ich

liegen, —• spricht

der Sinnliche — und wo ist dann dieses Le­

bens Stärke! grünen

Mein Grab wird bald zum

Nafetl geworden seyn;

auch

die

Reste dieses Leibes werden endlich Andern den Platz räumen müssen; die zehrende Huft

— 6 Wirb meine Gebeine bleichen und zerlöchern,

daß sie leeren Bienenzellen gleißen

— ach,

und mit diesem starken Arme werden .einst die losen Knaben spielen!"—

Du kleiner

Machst du es wohl anders mit

Mensch!

den Baumen deines Schöpfers, als der Er­ habne mit dir thut?

Aber kennst du deine

Bestimmung und Seinen Willen? Weißt du, wie er die Geschlechter in der großen Fluth

der Zeit auflöst, oder wo Er sie wieder im

Raume seiner Natur anschließen läßt

sammlet — und wozu? —

und

Oder kann

etwa der Geist dieser Bäume durch Luft und Flammen untergehen und verschwimmen

in

das

furchtbare Nichts?

denn nicht

bester als

Und bist du

alle diese herrlichen

Bäume, du lebendige Seele? — Ich weiß nicht, Bruder, was der Mensch mit seinen furchtsamen Zweifeln will, sobald ich

nur das Wenige betrachte,

was er vom

Kreisläufe der-Natur einzusehen vermag!" »Mit diesen Gedanken, (versenke Bri­ sen fels) wirst du den Furchtsamen we­

nig Trost geben, die nur mit Hiob wollen

getröstet'sehn.

Aber so vielist wahrt Ihr

Scheiden aus dem Leben müßte eigentlich ei*

«en großen Theil (einer Bitterkeit durch die Anschauung nachbarlicher Allgemeinheit, und schon durch Die Betrachtung

eines

solchen

worin ein ganzes Ge­

Waldes verlieren,

schlecht mitten unter Den Blüthen Des kommenDen abfällt und versinkt. —• Lichte besehen,

Und beim

ist eß bloß das Zerflattern

und Zerstieben des kleinen geliebten Kör­

pers, was dem Menschen oft unerträglich scheint — und das große Prinzip des Versammlens und der körperlichen Wiederverei­ nigung ist es, was er gern klar hätte, und

doch nicht einzusehen vermag." Unsre

Freunde setzten diese« Gespräch

noch weiter (ort, und nach einiger Zeit stieß auch Fink zu ihnen.

Sie suchten sich nun

Den fernsten und verstecktesten Platz aus, um Dprt eine ungestörte Unterredung über ihren

Kunstplan zu

halten,

Des heutigen Morgens

wozu ein Theil

bestimmt war. --

Schweizer, Der unter Allen am heißesten und leidenschaftlichsten für die Sache einge­ nommen schien, Dabei führen.

sollte eigentlich das Wort Fink wollte durch Bemer­

kungen und Zweifel überall SielfeitigTeit in

Die angestellten Betrachtungen zu bringen

8 svcherl; und Brixenfels, welcher insge­ heim vo^i einem weit großem Enthusiasmus für das Werk beseelt war, als er sich mer
ein Paar

ga­

lante Ausfordernngen für Gänschen

auf



diese Nacht,

Ich werde alles bestens besorgen, (sagte

Fink,

indem

er ihn einigemal derb ati

die Ohren schlug.)

Hier ist für die künfti­

gen Miihewnltungen dieser 2lrt einstweilen ein kleiner Vorschuß!

Einen Esel, der bei

uns im Ueberflüffe seht, und aus Dummheit

und Habsucht doch von fremden Leuten Geld

nimmt,

ohne zn wissen wofür,

den sollte

man eigentlich mit Füßen treten •— oder nach Gelegenheit reifen — ia, gen Himmel möch­ te ich die Bestie sprengen, wenn mich nicht

unten auf Erden die Hottentotten für ihres­ gleichen ansähen — oder mit Pulver sollte man ihn füllen , und zum Nachttische mit glü­

henden Kohlen füttern!

Geh, mein Sohn,

fep verschwiegen wie ein Grab, und fündige

picht mehr!”

„Nun?" fragte BrixenfelS»

57 — Die Sache ifl geheim, und vortrefflich!

und wichtig,

(rief Fink,

und

warf

Küsse nach dem fürstlichen Schlosse hinüber.) Der Himmel hat euch heute wunderbarlich in

meine Hände gegeben >— ich werde euch zu schütteln wissen — hu , ein furchtbares Hexen« Wetterchen

tpill

ich

Laune einrühren!

euch im Tiegel meiner

—-

Aber,

Gott,

ich

halte eo nicht länger aus!"

Er fuhr schnell mit der Hand in den Dusen,

und sprang inü Dickig.

Zuger

konnte sein Erstapnen Über diese phapsodische

Wildheit und Unart nicht verbergen,

und

selbst Brixenfela, welcher beides längst an seinem Kameraden kannte, begriff nichts von dem, was heute den Flüchtling so außer

aller

Haltung

Fink

gebracht

hatte. —

Aber

stand nach wenigen Minuten schor»

wieder vor ihnen; Schrecken lag über allen seinen Zügen, und hastig fragte er den Se« kretär:

„Hören Sie doch — wir sprachen

vorhin von der Hohenblat'schea Familie —« Sie

wissen ja Alles — wissen Sie wohl,

wie die Aaronin mit ihrem ganzen Namen heißet"

— 58 — »Sophie von Hohenblak, geborne von

Holstein, Schwester des (Generals Adalbert von Hochstein, einzige Tochter des Kabinetöministero. —"

Der umständliche Züger

hielt an, weis Fink während dieser Worte

leichenblaß-ward, und sich zitternd auf eine Bank setzte.

Er sprang jetzt empor.

ben Sie wohl;"

rief er,

„Le­

und eilte in die

Einsiedelei.

„Wir müssen uns aber nun wohl zu der Fete rüsten, (sagte Züger nach

einigem

Kopfschütteln) sie wird vortrefflich auofallen.

Eü soll ein Theil des Parks illurninirt wer­ den , allem Mondscheine zum Trotz.

Mas­

kenrecht und jede cmdere Art von Freiheit

wird statt haben.

Viele Menschen vom

Lande sind eingeladen. ganzen Parks

soll

Keine Stelle des

weniger schicklich zum

Herumwandeln

einzelner' Gruppen

als die andere.

Kurz, der Fürst will alle

seyn,

®ene gänzlich verbannt wissen." „Also wie im Paradiese! xenfelg. )

(sagte 53 r u

Und das Schicksal unsrer er­

sten Eltern wird bei diesem paradiesischen sssachtfest an der Tagesordnung seyn

59 — Eben war Zuger wegqegangen, atd Schweizer mit fliegenden Schritten auf

loskam,

seinen Freund

und

ihn entzückt

„Ich mußte erst ei­

in die Arme schloß

nen Lauf ins Weite thun — (stöhnte er) meine Brust war so voll

die Würfel



sind gefallen!"

„Und du hast gewonnen?” fragte jener, holdes, engelreines Weib, (rief

„(5in

Schweizer)

Weib —

mein gan­

deren Glück ich

zes Leben weihe!

Wilhelm!

Ein solches

ein solcher Freund —

nun ver­

hänge der Himmel Glück oder Unglück über

meinem Haupte— ach, ich bin ein feligpc Mensch !" — Im Arme des Bruders schwoll

ihm das Herz von neuer Wonne auf. Brixenfels!

stummen

Lust

(sagte er nach

Pause.)

des Lebens

Theilnahme!

einer

Was wäre doch ohne

„£)

langen alle

des Freundes

Gin reines, volles Mitge­

fühl ist der heiligste Necktarbecher für den

Glücklichen — ein labender Krankerlkelch füp den Leidenden!”

Der erhitzte Fink sprang jetzt wie der zu ihnen, Blicken:

und fragte mit glühenden

„Wem gleicht dieses Gemälde

— Gö­ nnt) was sagen diese Buchstaben, und die,

fec Zettel?" „Eo ist eine verblühte ^ba —

(fngfe

Drixenfels, indem sie alles betrachteten,)

Die Zeichen sind S. v. H. g. v. H. — nach Zug er 6 Angabe wäre das die Ministerin pon

Hohenblat — sie selbst wird diesen Brief nm besten anzuerkennen wissen — hier unten in

der Ecke steht noch: „Nota.

Nachdem da6

ffinö sehr geprügelt worden, hat es ausge­

sagt, es beiße Philipp, und das Bild stelle seine Mutcer vor."



Wie kommst

du

zu dem allen? Dein 97tune ist Philipp — du

gleichst unsrer Ida. —"

»^ihr wißt,

(erläuterte Fink)

daß

dem Minister sein kleiner Sohn in den Ar­ dennen gestohlen > oder gar gefressen ward

'— und daß ich als Knabe unter Räubern und Mördern lebte — dieses Bildchen gab mir gestern die alte Zigeunerin, als mein Eigenthum, zurück. ~

Sagt mir,

der Sohn des Barons? —

bin ich

Geheimnißvoll,

wie das verhüllte Bild zu Saig, erscheinen mir diese Züge!

O sagt — bin ich werth,

ihnen anzugchöcen f”

— 6i „Dann drücke il) dich aft3 Bruder ans

Ida

Herz

meine

ist

Brant 1”

rief

Schweizer, und zog ihn entzückt zu fid).

Freudiges (Erstaunen schwebte auf jedem Ge­ sicht , und wie and Träumen erwachend be­

schauten sie bald däs Gemälde, bald den starr sehenden 5rcun^

„Beruhigt euch ! (sagte zuletzt Brixen-

f e [ d. )

Bel'ämpst noch auf kurze Zeit die

Ginbrucfe dieses wichtigen Moments.

Mir

ist, ald fing eß in unserm Leben an zu fa­ ßen. — Hort zuerst auf mich, der am mei­ sten zum Reden

gefaßt

ist

will mir feine Kunigunde,

Erdmann



die ich ihn

um

heule gebeten habe. —" Mit neuem Erstaunen lief Schweizer

auf ihn zu, Und Fink schrie: Vortrefflich 1 Er soll die Tochter vor dem Major

hüten,

und kapert sie dem Vater für sich selbst weg» £) Jupiter 3€eniod, wie kannst du diese Ver­

letzung des Gastrechts erdulden!u

„Ich sage,

(fuhr jeher fort)

mir sie nicht zum Weibe geben

.reisenden Maler wohl gerri,

verkappten

Edelmanne,

Menschen halten.



er will einem

aber keinem

wofür

mich

die

Es ist dem Alten voll

-— Ö2 —'

kommen Ernst damit; Nachstellungen nach

die vielen albernen seiner Tochter

haben

ihm eine Art von Aversion vor allen jungen Edelleuten gegeben.

Auch scheint ihm eine

Trennung von ihr sehr hark.

Also,

was

Raths?"

Schweizer meinte, der letztere Punkt fei) so gut als berichtigt, weil er selbst be­

kanntlich dem Alten schon lange gern ge­

sagt hätte,

daß er zu Hause ihn sammt sei­

ner allerliebsten Schwägerin vortrefflich pla-

ciren wolle.

Dao Erstere aber muffe sich

wohl finden. „Ueberlaßt nur das Erstere mir! (sagte

Fink.)

Mir glaubt er am liebsten;

will et Nicht glauben,

und

so bin ich ja hier

vielleicht nun bald angesessen — so kann ich ihm mit liegenden Grundstücken Caution da­

für machen, daß du zur puren Canaille und Rotüre gehörst."

»Thu das,

Fink —

dann' ist mir ge­

holfen!" bat Brixenfels ziemlich ernst­ haft.

»Ein artiger Casus ! (lachte der Graf.)

Im Grunde sind* wir Menschen Herzen absurd?

doch von

— 6Z — und

„Mitunter

(sagte Fink.)

sans

comparaisön!

Uebrigens freut eö

mich

doch, daß du dieses endlich findest — aber

nicht bloß des Brixenfelsischen Schwiegerva­ ters wegen ist es mir lieb; denn der hat

doch Manches für sich, und wird auch durch Zufall feine Grille dießmal eher durchsetzen, als ein gewisser Freund! —”

„Co ist freilich wahr, (gestand der Graf)

der kluge Mensch sollte endlich einmal die

Thorheiten der Stände und Klassen völlig ignoriren. —

Individuum

Jedep sollte nur immer sein,

fest ins Auge fassen.

Un­

beachtet, würden sich dann vielleicht man­ che Albernheiten aus der menschlichen Gesell­

schaft fortfchleichen, die jetzt noch,

wie alte

Pedanten, sich wichtig machen und aufblä­

hen. —

Und nun ,

Freunde — mein süßes

Mädchen ist mein — aber bis jetzt

weiß

keine Seele ein Wort. —n

„Ich wollte, (fiel ihm. Fink ein) du ließest mich zuerst reden» —"

„Wae euch beide betrifft, (versetzte Brixenfels) so ist bei der Entwicklung dieser

zwei Begebenheiten

nöthig»

die

äußerste

Vorsich

Wir haben eine sehr würdige

- 64 iniüe vor uns — eine Mutter, welche

geachtet ihres warmen Herzens,

un­

doch Kon-

venienz, Weltton und Delikatesse zu Hauptbedingungen bei jeder ihrer Handlungswei­ sen macht — einen Vater -

der einen dum­

pfen , schrecklich verjährten Schmerz in seiner Brust trägt.

Soll die Freude diesen ehr­

würdigen Gemälden eine heilsame Nestäura-

fion geben, und ihren düstern Ton aüföelfen, so ist eine kunstreiche, sorgfätrige Bear­

beitung

erforderlich.

Wir

müssen

übet

Finkü Entdeckung vorher noch einige beson­

dere Nachrichten einziehen-* wozu eü heute zu spät iss.0

Fink lehnte sich schwärmerisch

„Denke für mich!

(bat er.)

an ihn.

Ich bin

sp

ruhig, wenn ich dich reden höre und umfas­

sen kann!

Du allein sollst mir meinen Him­

mel bereiten. —

Dann

kommt,

ich führe

^uch jubilirend in das Heiligthum — ich re­

de denn auch für dich, guter Karl! — Mor­ gen sey der Tag

des Glücks! —-

O Bri-

xenfels, wenn ich an die Wiedervergeltung deiner Freundchaft denke —

wie klein er­

scheine ich mir dann! — Apropos, jetzt rü­ stet euch eiligst zur berüchtigten Fete!

Ich

- 65 habe noH ganz besondere Rüstungen zu tfid«

chen,

und muß Dot allen Dingen nachstn-

nen,

woher ich all das Blut nehmen will,

was ich gern vergießen möchte."

,>5a£ endlich ö

seinem

wenn er nicht

immer die unbedeutendsten Fragen mit jener

Bedächtigkeit,

mit

beantwortete! —

der ein

Huhn

trinkt,

Ist er nicht übrigens und

streitig rin biedeier, gerader, kluger, und

ein ewig heiterer Manu? ßern

2In

seinem Aeu-

ist nicht das Geringste auszusetzen —

auch ist er sehr reich. —" will dich deiner Freier nicht be­

„Ich

rauben,

liebes Mädchen!

(fiel Emilie

ein; und als jene ernstlich bat, sie mit sol­ chen

Reden

zu

Weißt du wohl,

verschonen,

sagte

sie:)

daß dem Vater dein heu­

tiger Scherz über den alten Obersten, der den Brief geschrieben, sehr wehe that?"

„Ach!

(sagte

sie gutmüthig

und sah

zur Erde.) — Ich will —r ja ich wollte — aber wer kanü denn diese Männer lieben,

die nur pnsrer

Freiheit

nachstellen — nur

— io 5 unsre-

Herren

N'chtö! —

weiter

wüßte ich doch,

Emilie —

ob — ich wollte

und

wollen,

fcmn

O



dir etwas sagen — aber

ich bin ein Kind!"

erröthrte

Sie

und war im

Begriffe

fortzulausen, als Steinach mit dem Ba­

ron Krüniz Emilien

seine

Jener siel sogleich

erschien.

den

um

Vertreterin

Luise zu sepn,

bei

iriD

Halo,

der

bat

sie,

unversöhnlichen

die kein Fünkchen Mit­

leid und Wärme mehr für ihn im Herzen

Auch den Baron bat er um seine

trage.

Damit verdarb er es aber

Verwendung. vollends. „Könnte

ich

einen

Menschen hassen,

(sagte Luise mit Erbitterung) so wären

Sie, Steinach, Einzige,

in diesem Augenblicke

den ich hassen möchte.

der

Wär' ich

ein Mann, ich forderte Sie je£t zum Zwei­ kampf aus! — Emilie!

(lispelte sie, wie

ausser sich, ihrer Freundin in6 Ohr.)

Ich

wünschte ihm das falsche Herz zu durchboh­ ren ,

wenn er davon nicht stürbe —- und

du — du bisi seine Genossin!” Mit glühendem Angesichte

sogleich den Saal,

und Emilie

verließ sie

sagte zu

— io6 -*• T tejnachen:

„Folgen

lieber August —

Sie haben heute Unrecht,

und

Sie ihr schnell,

daher große Ursache,

zu

bitten.

Luise verzeiht Ihnen entweder heute, oder

nie; das ist inein wahrer Ernst " „Ich kann mich in diese Sonderbarkeit

nicht und

murmelte

finden!" schritt

ihr

hastig

der

nach.

Verwirrte,

Krüniz

schüttelte bedenklich den Kopf.

Doll Unruhe verließ Steinach nach einigem

unnützen

Harren

Luisens

fest

verriegelte Thüre, und suchte seine Freunde in der Einsiedelei auf. Hier vor dem Hause traf er die drei Maler unter der Erdmann'schen Fa­

milie in

den wichtigsten Ueberlegungen an.

Um dem Alten sein noch übriges Mißtrauen gänzlich zu benehmen, hatte der Graf sich

ihm zu erkennen gegeben, und selbst die Ge­ schichte

seines

Freundes Fink den

guten

Leuten nicht verschwiegen, worüber sie, atü

innige Verehrer des Hohenblat'schen

Hauses,

in großen Enthusiasmus geriethen^

— io7 — Durch Steinachs Dazwischenkunft, seine lebhafte Theilnahme und

Bestätigung des

Angebens seiner Freunde, ward alles noch

mehr außer Zweifel gesetzt — und so kam

denn E r d m a n n mit seinen vielen Bedenk­ lichkeiten zuletzt in die Enge.

(sagte er)

rungen entschuldigen,

die

jungen

Diese haben

gar

„Ich hoffe,

Sie werden die heftigen Aeuße­

Herren

die mir vorhin über vom Hofe

erfuhren.

mich während meines Lebens

oft und vielfältig geplagt! Ltebrigend

wissen Sie selbst, wie hoch ich meine bishe­

rigen lieben Hausgäste schätze. traue Ihnen

wie leiblichen

Ich ver­

Brüdern»

Aber — (setzte er bewegt dazu) soll ich denn mein übriges kurzes Leben

so kinder­

los hinbringen?" „Herr Schwager! (rief hier die Jung­ fer Z e h l e i n.) Sie machen Sich auch un-

nöthige Grillen.

Habe ich es Ihnen noch

jemals an Sorgfalt fehlen lassen?" „Und über meinen freundschaftlichen An­

trag nicht ein willfähriges Wort?" (sagte

Schweizer, und nahm seine Hand.) „Ich erkenne Ihre Güte,

Herr Graf,

(erwiederte der Alte.) aber, meine Haare

— 108 — sind

Veränderungen schon zu

solche

für

Mein jetziger Herr hat Geduld mit

grau

meinen Eigenheiten. —"

„Wie du

guter Vater!

mich kränkst,

Welche Sprache führst du

(versetzte jener.}

siit einer Stunde mit mir ! — Fink, warum

bist du so fhU ? predige ihm doch fretindlichere Gesinnungen ein.

„Es

mir

ist

so

Wag fehlt dir?" sonderbar,

(sagte

Fink.) Ich glaube, eü sind die ersten Fadie ich schon vor der Geburt

milieng illen,

Aber, du darfst nicht unbändig

fange —

sei)n, Alter, wenn ich sage: Du sollst! —

So albern sich Schweizer zur Malerei stellt, so wenig wild der Graf vom Gsirtnerwesen

verstehen; also können wir ihm, da eö dir bekanntlich

noch

an manchen

Kenntnissen

fehlt, einen blauen Dunst vormachen.

Ich

we^de den Grafen oft besuchen.

und diH

dabei nach Herzenslust zustutzen.

Zum Ex­

empel ich kann machen daß Aprikosen und

ferasus und prunus Linnaei Früchte ohne

Kerne tragen — eine nagelneue Erfindung deutscher Obstgärtner I Zweige auf,

heraus,

schabt

Man

den

schneidet die

Kern säuberlich

bindet alles wieder zu;

und so



lüg



ttiirfl du, wenn das Neis fortwachst, kern­ lose Kirschen baran ziehen. Diese gesegnete Entdeckung trollen wir auf des Grafen Gü­ tern ihi Großen, bei Kastanien, Nüssen und Mandeln anwenden — du sollst Wun­ der sehen! ~ Gehallt, er lacht schon — man inu0 ihm nur Muth machen — sey getrost — cd g> ht! — bind am Ende, (fuhr er fort, Und küßte den Alten) trenn der Gras sich einmal untersteht, die Herren­ miene anzunehmen, was kümmert S dich? Du hast mir ja oft dein zusammengescharr­ tes schönes Vermögen angerühmt — ich bitte diesen Umstand wohl zu bemerken, Herr*Baron von Brixenfels! — He, kannst bu’ö läugnen? — In solchem Falle bist du altes reiches Fell wohl gar zum Privatistren kapabel?» „Außer dem guten Herzen, (sagte bet lachende Alte ) haben Sie wahrlich kein 25ederchen von ihrem Herrn Vater! — Ach dort kommt sie, (fuhr er fort, als jetzt fiunigunbe schüchtern nahte) baß unge­ treue Mädchen! — Sage mir doch, du böses Kind- willst du mit diesem Manne fort?»

— UO —

Sie stand wehmüthig da. f e 10

schlang

die Geängstete.

seinen

mitleidig

um

Arm

„Es gilt je£t, liebes Mäd­

( rief er ihr zu.)

chen !

Seiten»

Antworte unserm

Vater."

„Ja,

ja, wenn du mich feg.

Vater,

und

sprach sie,

pest!"

Hand an

hielt feierlich die

das unschuldige Herz, und legte

die andre in ihres Freundes Hand. «Deinen alten Vater

willst du verlas­

fing er wieder an,

sen ?"

und blickte ihr

traurig ins 2luge.

Das Mädchen ihn. Bei

O Vater, mir seyn —

hing sich weinend an

du wirst ja

auf immer

wie könnt' ich von

dit

scheiden!" „Gewiß,

das

Schweizer)

meine Ida

wird

er

(ries



und die treue Tante,

und

alles wird bei uns bleiben."

»Ida? (wiederholte Erdmann.) Ja, das würde mich trösten —

ich würde in

nahe bei meinem

der Fremde

doch

Gönner

leben glauben —

zu

alten

°und mein

Kind würde nimmer verlassen seyn.

Ist es

wirklich so, Herr Gras— dann — geschehe

Gottes Wille!"

-- III

dD

diese Bedingung halten wir Ihnen

sicherlich,

werther,

der Graf,

guter Mann!"

indem er ihn umarmte.

die Hände.

reichte sich still

sagte

Aves

Aber der Alte

schlich gebeugt von dannen, wie Einer, dem

man den Muth und die Freude seines Her­ zens geraubt hat. Kunigunde rlft sich los, und eilte

„Mir ist nicht so, (seufzte sie)

ihm nacb

old hätte

ich Unrecht — aber,

fein Herz

leidet Gewalt; und dieß macht, daß ich in Wehmuth zerstießen möchte!" „Allerdings

(sagte der Graf) rauben

Sie Ihrem Vater die Seele seines Kindes —

und mir die Hälfte meines Freundes. Sie

werden noch ferner

Aber,

die Pflegerin des

Vaters, und — ergriffen vom Geiste des Geliebten — bald auch ^ie Lehrerin meiner

Ida seyn,

deren Schülerin Sie sons(wa-

ren." „Mein holdes Weib! fels,

(rief Brixen-

als sie schon fern war.) Ihr sollt

es nun erst sehen, was sie ist, und welche

zarte Weiblichkeit in diesem lieblichen Geist und

Körper

herrlich ist sie

athmet.

Verborgen,

aufgeblüht —

aber

die schönste

112 —

Blume ihres Vaters! — Doch lebt wohl,

meine Freunde; ich habe jetzt Fassung und Alles;

Geschick für

und jeder Augenblick

scheint mir verloren,

ich nicht für

in dem

euch zu arbeiten vermag. •—

Warum muß

ich denn dazu verdammt seyn, jrtzt noch zu der

Gräfin Wallenberg zu gehen,

nen gewissen

Einfall

ordnen,

zu

um ei­ welcher

nicht einmal der ihrige iss, und mit dem sie

heute zu

glänzen

obssinirt! — von

uns

sich ohne Barmherzigke.it

Fink,

du biss der Jüngste

Hör' und bewahte dir eine gute

Lehre von deinem

mit der wie

Freunde,

auch jetzt die Zeit nicht verderben werden r

Hüte dich vor vertrautem Umgänge mit ei­

nem eireln Weibe, gelehrt

thut,

schwätze

fuhren mag.

deine Freundin, Falle bist,

und

die auch zugleich K unsig e-

gern Sie

werde

nie

wenn du irgend in dem

auf gelehrten

oder Künstlerruf

Anspruch machen zu müssen.

Insgeheim,

unter vier Augen, thut sie, als betete ihre ganze Seele dich an,

aber

öffentlich will

sie, zumal wenn du etwa zu den großen Hansen gehörst,

nur mit dir und deinem

Rufe brillieren — da widerspricht sie dir be

ständig laut — sucht zu irnponiren und sich zu mokiren — fprnnnifirt und verlacht dich

ins Angesicht — befiehlt dir ryie ihrem Ciciöbeo — pocht auf ihre Frauenrechte

läßt dich vor ihren vornehmen Gefangenen und sucht eine wahre Ehre

Künste machen,

darin,

deine ganze Person

neben stch in

ein schwaches Laicht zu stellen

ja in deiner

Abwesenheit erzählt sie Andern

das Gute,

wohl gar,

was du etwa gesagt,

geschrie-

b^n oder gethan hast, habe sie dir eigent­

lich angegeben —•

und so schadet

ste oft

deinem wahren Ruf und Ruhme dann am

meisten, wann sie dich lobt. ste hierbei ist,

haft

Klugen

DaS schlimm­

daß nur die wenigen wahr­

in

der Gesellschaft einsehen,

wie dieses Phänomen zusammenhängt.

übrigen aber denken sicherlich r Großhansenthum ist

Mit" seinem

es nichts —< ein dum­

mer Hans mag er eher Frauen hängen

Alle

fepn! —

Solche

sich gern an Autoren und

Künstler, und sind verderblichere Feinde füö sie,

als Raubbienen, für die kleinen Honig­

sammler.

Man könnte sie leicht daran er­

kennen, daß sie gewöhnlich bei dem andern Geschlechte ihres ganzen Zirkels verhaßDie reif Maler. 2. Th. H

ich -

-

allein das mndjf sie

1er sind als andre;

sie meistens sehr

oft interessant;

auch sind

zuvorkommend,

lauern den Künstlern ihre

scheinbare

und wissen sich durch

ab,

Lieblingsideen

Theilnahme

und

Wärme bald

Und gerade der geniale

einzuschmeicheln.

Mensch wird von ihnen am leichtesten be­

rückt,

weil diesem ihr Sinn völlig fremd

ist —

weil er sich. hier

in

glaubt,

Sprache angeredet

seiner eignen und, weil es

ihm überhaupt nicht leicht wird,

einen be­

stimmten Begriff davon zu fassen,

wie Je­

Gefühl für das Schöne,

mand Kunstsinn,

Genialität ven

und

könne,

Enthusiasmus

affekti­

bloß um sich vor der Welt

mit etwas auszuschmücken, das nie sein Ei­

Der Be-

genthum war,

noch seyn wird.

trogne glaubt,

man wolle sein Herz und

da es doch nur dar­

seine Liebe erobern,

auf abgesehen

ist,

das

selbsteingefangene

starke Thier an der Kette vorzuzeigen. —

Aum Glück ist das alles nicht gerade mein

Fall mit der Gräfin.

Aber die Behaup­

tung meiner Freiheit ward mir schwer ge­

nug ; auch raubte mir die sogenannte Gunst dieser Frau doch manche schöne Stunde von

— IIS

meiner Zei

und was ist dem Menschen

theurer, als [eine köstliche Zeit, mit welcher

er sein Leben bereichert und mehrt?"

Der unruhige Schweizer

Er ging.

dachte noch über die Empfindungen des gu­ „Es ist doch hart und

ten Gärtners nach. erschütternd!

(sagte er.)

ihre Kinder an

Die Alten ziehen

ihrem Herzen groß,

mit

tausend Sorgen und unsäglicher Liebe.

Ein

Fremder naht —

und das Kind weist Va­

ter und Mutter den Rücken!"

Fink seufzte,

und

reichte dex stillen

Ze hl ein die Hand, welche ihn mit Rüh­ rung

zu

betrachten schien.

„Bester Herr

Baron, (schluchzte sie jetzt) o ich habe im­

mer eine ganz besondere Ähnlichkeit zwi­ schen Ihnen

Und ich

und

Fräulein

Ida

bemerkt.

bin Ihnen so herzlich gut!

Aber

gewöhnen Sie Sich doch das ewige Pla­ gen und Ihr abscheuliches Fluchen ab, und

lesen

Sie

nur jede Woche wenigstens ein

einzigesmal in der Bibel,

so werden Sie

auch ein besserer Christ werden."

„Das will ich.

Schönste! (erwiederte

Fink mit einem Händedruck.)

Und wirk­

lich spricht mein Verstand zu ihrer Predigt

H s

116 —.

das alTerreinfte Amen,

und die Orgel mei­

nes Herzens dudelt den frohesten SchlußchoIndessen Horen Sie auch

rat hinterher. —

eine Bitte von mir«

sers

guten

Die Aufheiterung un­

Erdmanns hängt größten-

theils von Ihnen ab.

Verlassen Sie ihn

nicht in feinem künftigen Wohnorte.

Su­

chen Sie dort gleich Anfangs Alles so ein-

wie es hier in seiner-alten Re­

zurichten,

Bejahrten Leuten ist der An­

publik war.

zweier

blick

Liebenden

höchst

lvobei sie sich är­

Sie suchen Gegenstände,

gelind erzürnen

gern,

können.

langweilig.

und Recht behalten

Der Graf wird es ihm an nichts

als an Arbeit fehlen lassen.

sen ihn zu reizen suchen,

Sie aber müs­

damit sein Leben

nicht abfalle, sondern pikant bleibe. Gelegenheit

gelassen

Keine

zum Derdrusse darf unbenutzt

werden.

Was gilts,

der Alte

wird wieder fröhlich?” „Eine höchst 'sonderbare Kur!

(fiel

der Graf ein.) Meinst du cd mit dieser 2kt

von Aufheiterung ernstlich „In vollem Ernste!

bei

kann auch

(rief jener.) Da­

immer die beste Harmonie

unter Ihnen und dem Alten bestehen.

Sie

ii7 — müssen nur, wenn er über seine Arbeiter zankt, über Ihre Hausmagd schelten — und wenn

ihn seine Grillen plagen,

über Ihre Bril­

len klagen."

Wir kehren wieder ind Hohenblat'sche Haus zurück, wo wir Emilien mit

Herrn von Krüniz allein liefen, seine Verwunderung

welcher

über den sonderbaren

Charakter Luisens nicht verbergen konnte. „Mgn entdeckt,

(sagte er) bei sehr kurzer

Bekanntschaft "wirklich eine Menge treffli­

cher Eigenschaften an ihr. es nicht,

Allein ich läugne

daß ihre übertriebene Reizbarkeit,

und ihre Abneigung ~ jenes Zurückschaudern vo6 allem was traulichkeit ähnelt,

der Liebe und Ver­

mich schnell von ihr ent­

fernt har." Mit schwesterlicher Warme nahm Emi-

I i e den Charakter ihrer Freundin in Schutz, und erklärte ihn für einen der herrlichsten; ihre Empfindlichkeit sey übrigens heute l!esondero gereizt,

da ihr Herz sich an einem

geheimen Uebel krank, und in einer wicht!-

— ng ~ Sie wünschte ihm Ge­

gen Krise befinde

Luisen

legenheit, bachten ,

einmal öqnn zu beo­

wann ihre Seele sich in der freie­

ren , schönsten. Blüte zeige.

Niemand könne

.dann sanfter, feiner, und doch mit so vol­

ler Kraft fühlen, als sie." „Predigen Sie immer ihr Lob, schöne (sagte er )

Emilie!

Freundin ist

Das Lob einer edeln

wohlklingend.

siehe Ihnen — unter und

Aber ich gegesprochen —

Wenn mir auch die Hoff­

freimüthig ein:

nung zu Theil würde,

den Frauleins Liebe

zu erlangen, so glaube ich doch nicht, daß

wir jemals auf erträgliche Art zusammen leben könnten." „Nun,

der

(lachte Emilie)

sonderbarste

Luise noch hatte!

machen, geben

von

Sie sind

allen Freiern,

die

Ehe Sie Ihren Antrag

und Luisens Neigung untersuchen,

Sie schon

den

ganzen Plan

auf!

Meine Freundin ist Ihnen von Herzen gut; ich muß Ihnen das eröffnen."

„Im Vertrauen gesagt, (zischelte er) ich

werde die Neigung des Fräuleins nicht

Untersuchen. in

so

Gesetzt auch, ich liebte dieses

manchem

Betracht

liebenswürdige

— "9 Weib, ja ittj müßte sie lieben, — wie dazum Sluck der Fall nicht ist — so würde

doch, bei der allzugroßen Lebhaftigkeit und Unbiegsamkeit ihres Geistes, glück unser gewisses Loos seyn.

eheliches Un­ Mit einem

Worte — wenn Sie mich nicht verrathen

wojlen — ich glaube,

der Fehler unsrer

Freundin ist eine starke Anlage zur Herrsch­ sucht."

„Sott bewahre!

(rief Emilie mit

Leidenschaft.) Ein gutes , unbändiges, liebestüchtiges Kind müßte herrschsüchtig seyn?

O, Sie thun meiner geliebten Luise

bitteres Unrecht an!" „Es sollte mich kränken — (fuhr er lei­ ser fort.) aber, betrachten Sie Einmal Ihre

Freundin,

diesem Steinach gegenüber,

der noch dazu ihr Jugendgespiele ist — des­

sen Werth

und geistige Ueberlegenheit sie

doch längst hat anerkennen müssen — mit welcher Härte stämmt sie sich gegen ihn! —* Ich kann und werde es zwar nie wagen,

mein Fräulein, Art

mit diesem

mich selbst auf irgend eine Manne gleich zu stellen,

oder zu messen. —"

120

lieber Mann!

„Braver,

gerührt ein.)

Wenn

(siel sie. ihm

Sie auch bei dieser

edetn Bescheidenheit zu strenge gegen Sich selbst sind, da eigentlich Steinachs (Charak­ ter nur in einer andern Art als der Ihrige

vortrefflich ist, so stößt mir doch diese schöne die höchste Achtung für Sie

Denkungsart

ein,

weil sich daraus

besonders

ergiebt,

daß Sie den Werth jenes Mannes zu beur­

theilen wissen,

und

mit voller Liberalität

Aber auch Luise verkennt

fühlen können.

ihn Ceineoiueged,

wie Sie zu glauben schei­

nen — o lieber Baron, zu

Sonst müßten Sie längst

wie sehr hängt,

ich sehe je£t nur

daß Sie Luisen nie liebten!

deutlich,

ihre Laune

wie

bemerkt haben,

von Steinachen ab­

schmerzlich sie

zuweilen

die

Macht fühlt,

welche ihm über ihr ganzes

Wesen zusteht,

und — wovon wir noch

diesen Morgen ein Beispiel sahen — wie

"schnell sie sich,

jedem seiner ernsten Blicke

gegenüber, ergiebt, tyrannischen Steinach gen!

Willen

selbst wenn diese einen

ausdrücken.

Gewiß,

läßt sich auch nicht so leicht beu­

Welt,

frühe Leiden, vielseitige Ver­

hältnisse und mühselige Erfahrungen haben

— 121

ihn

menschliche Herz kennen und be­

das

herrschen gelehrt." „Er ist ein Mann, ( sagte Krüniz )

tote die Manner seyn sollten. dünk:,

mein Fräulein,

Aber mich

(fuhr ec lächelnd

fort) Sie wären von der Wahrheit dieses

Satzes

besonders lebhaft durchdrungen —•

und ich habe vorhin mit einiger Unruhe be­

merkt — ” Ec stockte, und sah ihr verwirrt ins Gesicht.

„Ja,

ich schätze ihn unendlich hoch

(erwiederte sie schnell) und — sollen denn

Jugendfreunde

nicht vertraut

seyn?

Wie

aber unsre gewohnte Vertraulichkeit Ihnen

die geringste Unruhe machen könnte, das ist mir ein Räthsel. — " »Das

begreifen Sie nicht? (fragte er

treuherzig,

und faßte ihre Hand.) Wer in

der Stille ein schönes Herz verehrt, muff

gewiß beim Andringen anderer Gegenstände — o sagen Sie mir, ich 6in ein Feind

schöne Freundin —

aller Zurückhaltung —

lieben Sie ihn vielleicht?”

„Ich liebe ihn sehr, (lächelte Emilie)

aber

nur als meinen besten, bewährtesten

Freund."

— ISS

Der Baron sah vorsichtig nach allen

Seiten umher, und sagte dann vertraulich: „Darf ich auch jetzt der Wahrheit dieser rei­

zenden Lippen trauen, von welchen ich noch

nie ein schwankendes

Wort

hörte?

Und

keine Wahrheit war mir noch wichtiger.» — ” „Sie dürfen das ohne Bedenken, mein

Freund,

Aber

(versetzte sie gutmüthig.)

warum wollten Sie auch zweifeln?"

„Sieh da, Herr von Krüniz, so solus

cum sola ? (rief der General,

indem

er

mit mehreren von der Gesellschaft hereintrat.) Gut daß wir und finden. da einen Handel

Sie sollen mir

abschließen helfen."

Er

lachte.

„Ich scherze nicht, lieber Detter, (sagte

Steinach eifrig.)

Mir ist mein ganzes

liegendes Vermögen von Herzen feil;

so muß jeder ken.

unt>

unternehmende Mensch den­

Es giebt der Besitzungen viele auf

dieser Erde." Der Alte zog "seine Tochter,

erst hoch aufhorchte, zu sich.

die jetzt

„Wae meinst

du, Luise ■— der Detter will und sein Guth

verkaufen,

wenn

ich es theuer genug be­

zahle ? Hältst du das für Ernst?”

— 123 — „Dann müßte ich so unklug seyn,

al-

Steinach selbst, lieber Vater! ~ (fuhr ste

wild heraus,

und sah mit Erstaunen den

Detter an.), Das schöne, von Ihrem Va­

ter ererbte Guth August? Wie? Oderwoll-

Len

Sie dann ein

anderes kaufen — oder

meines Onkels Guth hier?"

»Nichts von all dem, Kusine! (erwie­ derte er lächelnd.) Sondern ich würde eben reifen,

nbziehen,

in die Hauptstadt wan­

dern , von meinen Renten leben, Wagen

des

oder am

Staats einen Zugstrantz er­

greifen. —

„Und das wäre, wirklich Ihr Ernst?

(sagte sie mit Bitterkeit,

und wandte sich

von ihm weg zur Gesellschaft.) — Bester

Vater, (rief sie noch lebhaft zurück) verlei­ ten Sie ihn doch nicht zu solchen Händeln —*

ich sage Ihnen, dieser Mensch ist zu allem fähig — besonders heute! ~

Nein, nur

dieß Einzige nicht, guter Vater!"

„Sehen

Sie

wohl,

Detter?

(drohte

der General.) Es scheint, Luise versteht sich

besser

auf Ihren Vortheil yls Sie selbst.

Auch ich weiß sehr wohl, wie theuer und lieb Ihnen dieses Guth ist, wie viel eß Jh-

ILh — nen schon geTeiftdt hat,

und wozu Sie es

noch machen werden." „Dazu wird aber noch viel Zeit, Glück und Arbeit nöthig seyn, (versenke Stein­ ach.)

Und am Ende lassen sich alle Best-

tzungen für Geld wohl vergessen."

„Im Grund ist es gerade meine Toch­

ter, (sagte der Alte leiser) die mir immer so viel Schönes von diesem Guth

erzählt,

und mich mit dem Gedanken vertraut ge­ macht hat, beständig auf dem Lande zu le­

ben."

Er entfernte sich etwas von Stein-

achen, suchte aber diesen wieder auf, so* bald

Luise das Zimmer verlassen hatte,

um das Aufträgen des Essens zu befehlen.

„Nun, lieber Detter, wa§ wenden Sie an?" fragte Steinach, und zog ihn in

ein Fenster. „Jetzt ein Wort im Ernste!

(rief der

General.) Ich könnte Ihr Guth auf gewisse Art mit meines Schwagers Guthe vereini­

gen.

Der Fürst, welcher jetzt unser Freund

ist, änderte vielleicht die Lehnöeigenschaften. Denken Sie Sich nun zwei Güther von die­

ser Schönheit und Lage — diese Waldun­ gen, Jagden und Fischereien — dazu meine

125



Gelder und Kapitalien ~ kur^,

müßigen

Sie wissen ja längst, daß uh ein Guth su­

che—- aber— Steinach!" »Sie haben eine gefunden, (sagte die­ ser bestimmt.) Das Haus kennen Sie,

Mein

Bnter hat es neu und in einem edlen Styl die Vollendung wird Ihre Sache

erbaut; feiin ;

ich aber vermag sie vielleicht nie — lassen Sie uns rasch zu Werke

Und nun ,

gehen. Es ist mir feil; und dem Manne, der von jeher ein redlicher Freund'meines

Haufes war, will ich am liebsten noch heute Haus und Hof verkaufen?'

ich biete unbesehens Hunderttau­

»Ho,

send Thäler an !”

brach der Alte hervor,

der sich nun nicht länger mäßigen konnte.

»Vein , ( erwiederte Ster nach) aber Zehentausend besser —°

Hand vor,

Er hielt ihm die

und blickte ihn mit feierlichem

Ernst an.

Nicht zu hitzig,

Detter!

im Begriff einzufchlagen. )

(rief jener,

Sie haben mich

ganz in Feuer und Flammen gesetzt.

Sie

selbst müßten aber eigentlich mit eingekauft werden.

Sie dürfen

mein lieber Freund;

nicht von uns weg, denn wir würden ay

126 —

selbst keine so gute sskachbartt bekom­

VdS men ,

als mein Schwager einen an Ihnen

hatte. —

Ich begreife auch Luisens vor-

hinige Abneigung nicht. — Dort kommt sie.

Lassen Sie uns sachte zu Tische gehen.

Da

miiß die Sache bei einer Flasche Wein ent­ schieden werden."

Man ging zur Mittagstafel.

Luise

zog Herrn von Krüu'iz ins Zimmer zu­ rück,

wahrend Steinach und Emilie

noch im Fenster zusammen flüsterten.

„Lie­

ber Daran i (sagte sie, und gab ihm zum

erstenmal

freiwillig

ihre Hand

zu küssen,

worüber Emilie große Augen machte.)

Ich hoffe.

werden

Sie

meine vorhinige

Ditte erfüllen, und Sich heute als Freund gegen' mich beweisen;

keinen Freund.

denn ich hake sonst

Wenden Sie.alles an, um

jedes Gespräch dieser Art im Keime zu er­

sticken — nur so lange, bis ich meinen Va­ ter allein sprechen kann! —

Wir wollen

dann auch recht lustig seyn, (fuhr sie fort,

und wandte sich zugleich an die beiden An­

dern. )

Ich chabe,

weil die Fürstlichkeiten

zum Abendball und Souper geladen sind, schon jetzt, gleich nach Tische Musik bestellt.

wo wir dem Vater alle schönen Tanze, die ec liebt, vortanzen wollen. —

Emilie! —

Hört und seht ihr nicht mehr?

Ich frage,

ob es euch recht ist, daß wir nach dem Es­

sen tanzen?" „Tanzen?

herrlich!

(rief Emilie.)

Dao ist

wir sind zum Lieblings­

Detter,

tanze meines Onkels engagirt!”

„Mit Vergnügen!" sagte Steinach. „Und wir doch ebenfalls,

mein Fräu­

lein ?" fragte K r ü n i z.

,,O nein, Herr Baron! (erwiederte sie und sah Emilien mit unverwandten Bli­ cken

an.)

Es

gelten bei, unserm kleinen

Balle keine Engagements,

wenn ste nicht

besondere Ursachen haben." Sie lief fort, und Emilie gab dem

Baron ihren Arm. einen

Augenblick

Steinach stand noch

in

tiefen Gedanken da,

die Hand an dec gefalteten Stirne.

es soll so werden!

„Ja,

(rief er endlich aus.)

Gestern warst du so entschlossen,

Steinach

— und jetzt? Nein, es soll geschehen

Deo

Alte wird durch diesen Kauf glücklich,

und

wie er spricht,

Luise ebenfalls.

nzich zerstreuen —*

in den

Ich muß

Strudel der Gt-

128

schäfte stürzen —

nur das große Seebad

der Welt kann dieses wunde Herz stärken *-

dich muß ich fliehen,

holdes Weib — du

bist zu gefährlich für meine Ruhe —* noch

ist es Zelt hierzu, aber die höchste! — Einst wird auch über dein sichres freies Herz noch die Liebe kommen z da wirst du fühlen, wie

mir war, dir gegenüber. — Und wenn sie mich nun wahrhaftig liebte?

Geister!

O ihr starken

Wie gelingt es euch denn,

daß

eure kluge Besonnenheit endlich zur Felsen­

küste

wird,

nicht wankt,

die

wenn

die

Springstnth der Leidenschaften im Sturme

gegen sie austauft? — Schäme dich, Stein­

ach ! Trage dach diesem Weibe deine Hand an —

kauf dir einen Geheimenrathstitel,

und laß dich von ihrem Reichthume füttern, oder nöthige sie aus ihrem fürstlichen Ueber-

flusse herab in

deine tiefe Dürftigkeit! —.

Nimmermehr! —

Bin ich nicht ein König

mit diesem Kopf und diesem Arme? Habe ich nicht Reichthum die Fülle in diesem Her*

zen? — Aber dann -— dann trüg' ich ewig

Ketten! —

Nein,

fort mit euch, ihr fal­

schen Bilder des Glücks!

Mir winkt ein

schönrer Genius ans der Ferne — er heilt

139

•—

die Wunden- die mir die Liebe schlug — er will mich ihre Schmerzen vergessen lehren,

oin

Busen

der Freiheit.

Fort

Freund,

tummle dich von neuem unter den Menschen herum — fei) es dort, wo das große Rä­ derwerk des Staats umläust, oder dort auf

jenen schonen Flachgefilden, wo die zornige Trompete im Schlacht wirbel das Helle Wort

der Tapferkeit auospricht. — Aber dich mö­ gen die Götter glücklich machen,

du unver,

geßliches Weib.!"

Im großen Familiensaale, tlen

der dn ei­

herrlich duftenden Blumengarten fließ,

versammelten sich beide Haushaltungen zum

heutigen Fesimahll war hierzu

Einer alten Sitte gemäß

niemand

geladen

als

einige

verwandte Familien aus der Nachbar­ schaft und Herr von Krüniz,

dieser schon

lange anwesende fremde Gasifreund.

Ministerin hatte zwar gebeten,

Die

auch den

Präsidenten von Pölten einzuladen; ihr Mann schlug es aber al, weil das Publi­ kum aus einer solchen ominösen DerfahrungSo 3Me reis. Maler.

2. Th4

I

— i3o ort Schlüsse machen könnte,

bie man noch

Luc Zeit nicht ausstellen sollte. Aber die Tischgesellschaft gebieth, nach

kurzer Belustigung an einigen fernern Ile,

berraschungen,

die der General auch hier

in der Nähe seines Couverts fand, in eine ziemlich stille und ernste Stimmung

glühend vor

saß ihren Eltern gegenüber, Scham und Liebe,

Ida

bebend vor der gehei­

men Schuld, und einzig emporge.halten von

gläubigem Hassen auf des Geliebten theures Niemand ahndete, was ihr banges

Wort.

Herz litt; nur Luise, die ihr sonst so un­ ähnlich war,

schien es zu bemerken, daß

sie bei jedem Geräusch erschrocken in sich zusammenschcwderte; sie reichte ihr einmal still die Hand, und sagte:

„Liebe, mich dünkt,

dir ist jetzt wie mir! Ich kann es mir heute nicht aus dem Sinne redens daß dort Hin­ term Berge ein großes Gewitter im An­ zuge sey;

mich

nicht

und der heitere Himmel beruhigt hierüber."



Auch

horchte bang auf jedes Wort,

Luise

womit Va­

ter und Onkel eine neue Materie der Un­

terhaltung begannen, und auf jede Gegen­

rede des düstern Steinachs,

womit er

I3i

düs ®espt;ä jj auf den Guthskauf leisen zu Aengstlich richtete sie dann

wollen schien.

den schwülen Blick auf Herrn von Krüniz,

welcher sich sehr eifrig in ihrem Dienste be­ wies,

und immer durch irgend qn geschick­

tes „Apropos" die allgemeine Aufmerkjam-

keit an sich zu reißen wußte. Man

setzte eben das Defert auf, als

die Hofdame der Prinzessin eiligst Hereinssog.

„Große Neuigkeiten! (rief sie ,

erblaßte.)

und Ida

Unsre junge Erbprinzessin in deü

Residenz ist glücklich mit einem Prinzen nie­ dergekommen.

Morgen

auf einige Tage dahin.

reiset

der

Fürst

Franziska bleibt

hier — denn seit einer Stunde ist der Prinz Friedrich da,

und alle

Welt

erstaunt

schon über die Schönheit dieses königlichen Brautpaares.

Ich soll um Verzeihung bit­

ten , daß unsre Herrschaften erst spät zum Balle kommen können.

(Ida schien Trost

in ihren Worten zu suchen , und die L a n dstein bog sich jetzt zu ihr und flüsterte:)

Franzlska ist entzückt vom ersten Anblick des Prinzen, und bittet Fräulein Hohenblat um Fortdauer ihrer Freundschaft, und um Theil­

nahme

an

ihrem unerwarteten Entzücken. I 2

— r3s — Ich sage Ihnen, dec Prinz ü&ertrifft alles,

was bi? Welc bis heute von männlicher Lie­ Aber es war hohe

benswürdigkeit kannte.

Zeit, daß er kam — und davon ein an­

dermal

Freudig fiel ihr dje zitternde Ida um

den Hals. Grußes

Denn

in den Blumen dieses

sich

ihr eine wohlbekannte

zeigte

Chiffre der Versöhnung

Unsers

fürstlichen

Nachbars

Wohl!

(sagte Steinach, und hob das Glas ) Und langes Leben seinem Enkel und seinem wackern Sohne! — Von jetzt an wird gut an diesem Hofe zu leben seyn,

und schön

wird es sich in seiner Nähe wohnen." sah den General bedeutend an.

Ec

Man hatte

von dec schwachen Prinzessin keinen Landes­

erben gehofft.

Und ihr Gemahl der S t e i n-

a ch ü inniger Freund war, erhielt jetzt einen mächtigern Einfluß auf die Negierung.

u®raDD! (rief der General, und stieß mit seinem Schwager an.) Jetzt ist die Zeit da,

wo wir gute Geschäfte mit dem Fürs

sien machen werden.

Trinkt, ihr guten, ver-

geßnen Mädchen! Alls Söhn- und Töchter­

lehne sollen leben! He! Schafft Musik an !*

133 — Krüniz zapfte ihn, und sagte seif?:

„Wir sind nicht allein. — t>a me!

Fräulein Hof-

( rief er dann kant. )

Einen Trop­

fen alten Johannisberger dürfen Sie nicht

versagen! Eo gilt je£t Ihrer edekn Prinzes­

sin , und dem Bräutigam!"

Die Musikan­

ten traten

und Fräulein

in den

Saal,

einen Stuhl an ,

L a n d st e i n nahm ihrer Gebieterin,

gram Ivar,

pm

welcher sie von Herzen

eine Lobrede zu halten,

deren

feurigem Ströme gegenüber alle andern Lip­

pen versiegten. Mit

2lugsn

voll

Luise dem Baron.

dankte

Zärtlichkeit

Aber sie konnte cd

hier doch nicht länger aushalten,

und zog

Emilien hastig ins Nebenzimmer.

„Du

wirst es sehen, (sagte Jte dort) der abscheu­ liche Guthshandek wird richtig.

Siefangen

an zu trinken — das Geschwätz .der Land­

stein wird bald erschöpft seyn — mein Va­ ter wird sich erhitzen,

und alles vergessen,

warum ich ihn bat."

„Und was war 6aß ?y fragte Emilie. »Daß

er

diesen

^sag*c Luise.)

O,

Kauf nie ab schließe,

-ch möchte jetzt so

— 134 —

ted)f von Herzen weinen

Sie legte das

Haupt auf Emiliens Schulter.

»Aber,

sage

beste Luise,

mir,

was

thut dir dieser Guthskauf?"

„Was er mir thut? Mein Vater zieht nie wieder in die Residenz,

bann

sondern

er siedelt sich hier auf immer an. —"

„Seltsames Mädchen! Es war ja noch

vor kurzem dein Wunsch,

ewig auf dem

Lande zu leben?"

ich weist cd wohl.

„Ach,

Steinachs

kommt.

Unglück,

Aber es ist

wenn er an

Kennst du

den Hof

nicht die Lustschlösser,

die der Prinz mit ihm baut?" »O,

ist,

sobald Steinach der Baumeister

werden sie inü Reich der Wirklichkeit

hervortreten."

Luise sah starr empor. dann

verläßt

er

uns

„Und dann —

ja avf

und —” der mächtige

immer ~

Schmerz verschloß

ihre Lippen.

„Du hast Recht;

rührt)

(sagte Emilie ge­

das sollte er nicht,

bare ! —

der Undank­

Ich will ihn von der Sache ab-

zubringen suchen!"

— i35 — „Nein, Emilie!

Du liebst ihn — iHv

liebt euch — ihr habt diesen Plan längst gemeinschaftlich entworfen.

Bei unsrerKind-

heit beschwör' ich dich — ach, bei jener heisitzen Zeit!

(fuhr sie mit gefalteten Hän­

fort) fage mir die Wahrheit!

den

Sieh,

neulich sah ich dich Abends bei ihm im Gar­

ten — ich hörte ein Flüstern — so melodisch klang cd — und, wenn die Liebe, wie ihr

sagt,

o so war es ge­

in Melodien lebt,

wiß ein Gestüster der innigsten Zärtlichkeit, was von dort her in mein Herz drang, und

wovon meine eigne Brust sich so wunderbar

bewegte." „Du süßes Opfer der Zärtlichkeit! (rief und umschlang sie.) Mit wel­

Emilie,

chen zarten Organen stattet doch Eypria die Liebenden

aus !

Maulwurf

leuchtend

Ihre

graben,

durch

Ohren hören den

ihre

Blicke

dringen

die Geheimnisse der stillen

Nacht, und ihr Herz ahndet die verborgen­ sten Gedanken. — dort vom Lieb/n;

Nun ja, wir redeten aber wir sprachen von

dir, Luise; und du thust mir Unrecht.

Ich

habe dir heute schon einmal gesagt: nein, ed ist nicht so, wie du glaubst."

136 — „Emilie, Emilie, du hiutergehst mich —

Deine Augen sind ungetreue Begleiter deiner Worte."

Inniger drückte Emilie die Freundin nn sich

so

»Und diesen Vorwurf kannst du

ernstlich deiner treuen Schwester machen,

welche dich noch nie hinterging



Luise — fühlst du nicht,

du,

Aber

daß

dein

Herz mir etwas zu vertrauen hat — daß

du mich — daß du dich selbst hinkergehst? £) meine geliebte Schwester, warum zögerst

du?" Hocherröthend

Luise

verbarg

heiße Gesicht an Emiliens Brust, Lenz hereintrat.

daö als

»Ach, der Kauf!" fuhr

sie jetzt empor.

»Seilie Excellenz lassen sagen,

daß die

Gesellschaft zürn Tanzen geneigt. —" ihn

„Ha,

unser Ball! (rief sie.) Eröffne

doch,

Emilie.

Du

tanzest

ja

mit

Steinachen. —u

„Und seine Excellenz wünschen, da auch

so eben der Herr Minister und

die Frau

Gemahlin auf ihre Zimmer abgerufen wor. den,

wo der Maler Brixenfels ste inege-

heim zu sprechen begehrt — w

— 137 —

„Ich komme sogleich, (sagte Luise ) £),

bitte doch meinen Vater nur um zwvi

Augenblicke für mich, beste Emilie — doch,

es ist vergebens — er sitzt nun fest bei sei­ ner Gesellschaft. —v „Laß mich in den Saal eilen, (sagte

Emilie,

und wandte sich im Weggehen

feierlich zu ihrer Freundin ) Ich werde han­

deln , Luise. nach.

Denke du

Da liebst.

einen Augenblick

Auch ich liebe.

Heute

ist ein wichtiger Tag." „Was sagt sie? (murmelte die Erstaunte ihr langsam nach.) Auch ste liebt? — Und auch

ich

liebte? —

Thörichte Menschen,

wißt ihr denn, daß diele brennende

woher

Gluth,

in der die Pulse meines Herzens

(chlagen, die Liebe ist? Wie könnte ich wohl den lieben, der mich von sich weist? Ist es möglich,

daß die wahre Liebe da zum Le­

ben komme,

wo kein Geliebter sich-ihr ent­

gegensehnt ? Werden nicht auch in der gro­ ßen Natur die leuchtenden Blitze des Him­ mels erst durch die Neigung des Erdbodens oder

der matten Lüfte erzeugt? — Liebe

ohne Gegenliebe?

Unnatürliches

bilds wie soll ich dich nennen!

Jammer­

Schon dach

— i38 —

Gefühl deiner Möglichkeit ist Höllenqual für

ein Herz,

das sich sehnt,

ge! — Nein,

wie daS meini­

gewiß, ich liebe ihn nicht!

Wie könntest'du denn selbst, o gütige Na­ tur, den Keim zu solchem namenlosen Elend

in dieß arme Herz

schmäht

es ja,

legen?

Denn er ver­

und liebt E m i l i e n ! -—

Wenn ich ihn sehe, und an ihn denke, und wenn dann dieser Gedanke einen unbekann­ ten Raum in meinem Busen aufschließt —t

groß und still, und öde — ach, eine Ewig­

keit ,

in der nur die Sehnsucht als Einsied­

lerin lebt —* dann

ziehen ja die Gedanken

dieses Einzigen stolz über mich hin — hin zu Emilien,

die besser ist alü ich! —

Aber was will die seltsame Stimme, wel­ che mir immer zuruft: Er liebt dich? Diese

Stimme,

die ewig wiederkehrt und

ruft:

Er muß dich lieben, weil du ihn liebst? — Und so wäre es doch wahr, Luise, daß du

liebtest — und ihn —- und er wäre dein ? — Aber Emilie? — chen! chend. )

O du liebevolles Mäd­

(rief sie hier auf einmal, wie erwa­ Du bist besser als ich.

Du willst

handeln? Nein, ich will handeln, und du sollst glücklich sel)n — mit ihm — unaus-

— i39 — sprechlich glücklich — (Thränen stürzten über

ihr Angesicht; aber ste riß sich empor.) Du

drohende Macht,

welkn ich denn deinen Liebe!

Namen aussprechen soll —

Opfer ist noch nicht gebunden!

Dein

Sieh, ed

entflieht deinen fesselnden Händen wieder, du Gottheit —

ohnmächtige

wird mir senn,

und

wie

leicht

wenn ich mich nun in dis

schöne freie Jugend zurückwerfe. —

Fort,

ins Geröll sch — ich will tanzen — ich will mich erhitzen — ha,

ich habe heute wahre

Lust zu tanzen V*

Die schönen Füße hoben stch auf ein­

mal zum leichten Sprunge, und sie wollte

in den heraus,

Saal stiegen.

Ida

und reichte ihr ein

trat hastig

verschlungned

Blättchen, worauf Emilie im Saale die Worte geschrieben hatte: „Steinach und ich

haben uns niemals geliebt.

Nun steh, ob

ich dich auch schriftlich betrüge —* Eifersüch­

tige !" — Luise hatte in ihrer Bewegung nicht bemerkt, daß Ida wie außer sich vor

ihr stand, Brust

und jetzt zitternd

sich an ihre

Unwillkührlich

umschlangen

lehnte.

Beide Einander.

ilyj — „Was hat Drixenfels mit den Eltern?"

fragte Luise, zu sich kommend. „O Gott,

jene.)

ich weiß es

nicht!

(rief

Aber kennst du kernen Trost für ein

Herz, welches unglücklich siebt

„Unglücklich? Du? (stammelte Luise erschrocken.) Laß uns gehn, Ida! Was ist dir, arme Ida —■ ach, was ist uns, lie­ Mädchen?

bes

Komm auf mein Zimmer

— o ich liebe dich heute so innig ! -— Nein, tm^en muß ich za

Auch dir wird es wohl

Komm, wir wollen tanzen bis uns

thun.

der Äthern vergeht!"

„Ja,

es ist alles schon im Gange,"

sagte der eintreteude Lenz,

der sich hier

fein Nuheplätzchen suchte, und schnell einen Lehnstuhl in besitz nahm, als- die geängste­ ten

Mädchen verschwanden. —»■

Ich bin

doch wahrlich heute nur ein halber Mensch 1 (seufzte er.) Mein Leben ist so zusammenge­

schnurrt ,

so

klein, wie ein Atom, das an

der Auszehrung leidet.

Mein

Verstand

hat sich heute bloß dem Allergemeinsten aus­

schließlich geweiht. mache,

Sobald ich nur Miene

6 zu 7 zu rechnen,

flimmert mir

gleich alles vor den Augen, wie pure drei-

zehn.

Verdammte Deutlichkeit! DaskommL Seit vielen Jahren habe

vom Dursten. --

ich heute zum erstenmal nach Bier gefragt,

welches mir Philippine so

sehr reEomman»

dirte, daß ich gleich Verdacht bekam.

Ich

mag das alberne Gerstengebräue nicht, daü den Leib dry Menschen auftrcibt und ver-

Aber als ich vollends in der Schenke

unehrt.

die Fluth um mich her rauschen hörte, und

als mir die Fuhrleute die Gläser entgegen­

und

hielten ,

einmükhig

atitiriefen:

»Ein

Bier wie Wein — ein Bier> das'sich gewa­ schen hat!”

bin ich plötzlich mitten int

da

Dorfe seekrank geworden —- oder habe ich jetzt etwa gar die

Wasserscheu

auf dieser

trocknen Insel bekommen, wo zehn Schritte von mir

der Wein für Andere sprudelt?

Mein Gedicht, Werke

welches —* wie alle ächten

gekrönter

Hofpoeten



eigentlich

zwischen dem Braten und Kuchen abgeseuerH. werden sollte,

ist nur so obenhin bei deü

Suppe verlesen worden,

haben

sie allen

Nun sitzt

und aus Hunger

Effekt davon verschlürff.

der Trefflichste in

diesem Hause

vereinzelt auf der ExspektantenbaNk da — in sich selbst berauscht, mürrisch und scherr

i4s —* vor der Menschengesellschaft , wie das Ge­ nie. —

Ha, mich dünkt sie' fangen wieder

nn zu essen! Ich kann alles Essen nicht lei­ den — eö läßt so hungrig. — Gläser klingen.

Nein, die

Hoho, ich lebe auch noch!

Wohl bekomm es! — (Cr that einen star.

ken Zug aus seiner lieben Flasche.) Wer

will eß mir am Ende wehren, wenn ich nur immer hübsch-nüchtern dadei bleibe? — Ihr

guten Götter, reichlich genug gabt ihr und den Snft der Traube! Wie kommt es aber,

daß immer ein Mei,sch dem andern die De-

nu£ung desselben mißgönnt?

Warum soll

eigentlich der Genuß eingeschränkt werden?

Weiß denn der Mensch, wie bald die Parze

den Faden seines Lebens abhaut? Und was hat er sich wohl Gutes von jenem Glühwein

zu versprechen, der im Orkus gezapft wer­ den soll, wie die altern Dogmatiker glau­

ben? —

Sonderbar! Wie kann man doch

sagen, das Trinken mache schläfrig? Mich

ermüdet

heute

offenbar dieser betäubende

Durst 1” Wirklich versank er aus Langweile bald

in einen festen Schlaf.

Im Tanzsaale ging

es indessen bunt durch einander.

Mit je-

— 1^3 —

dem Sprunge wallte

höher auf,

wenn gleich keiner van unsern

aus

Freunden

das brausende Leben

Neigung

tanrte.

Aber

Steinach schien von einigen Worten, die

ihm Emilie zuflüsterte,

plötzlich gemalt-

sam ergriffen, und trat rasch heraus in des

Kammerdieners heutiges Schlafzimmer, wo er,

ohne den Schläfer zu bemerken,

Verwirrung

Luft

feiner

„Wie ist

machte.

mir

denn ? (rief er ) War es nicht fo : sie liebte

mich — Luise? — Nein, du helft falsch ge­ sehen , gute Emilie! mich.—

Du täuschest dich und

Und wenn nun ?— Ja

könnte

dir Steinach einen Thron anbieten, himmli-

schee Weib! Aber der Arn^e hat kaum Brot für dich — nur Liebe ist der volle Reichthum seines

Lebens —

und ach,

wie herrlich

schwillt jetzt in dieser Fülle mein Herz em­ por ! Selig, selig, wer dich findet— wem

einst dein mächtig warmes Leben und Herz

sich zum Eigenthum übergiebt — an wessen Brust deine blöde Geschlechtsangst mit ihren

tief verborgnen,

unsäglichen Reizen endlich

in süße Liebe hinschmilzt,

Frühgewölk inü

Blau

wie erröthendes

der Himmelötiesen,

wann die Sonne in ihrer Kraft heraufgestie-

- 144 -

Luise, wer vermag dich jemals

gen ist! —*

so zu lieben,

wie ich? — Stille! — Wie

sollte wohl dein Gesicht aussehen, Steinach, wenn du den General um seine Tochter bä­

test?

überfährt

Es



Nein,

Schauer! —

danke!

Und du,

ehe ich dich

mich

ein kalter

entfliehe, schöner Ge­

mein väterliches Erbe —

der Ehre blühend

auf Kosten

mache —> fahre hin! — Fort, fort, ich lvill sogleich den Derkau^abschließen!u —Er war jeht entschlossen.

3ui Umdrchen bemerkte er den schlafen­ den Lenz,

gleich!

und rief ihn hart an.

(erwiederte

dieser

„So­

schlaftrunken)

Seine Excellenz werden den Augenblick auf­ gestanden seyn.

Es ist alles in Ordnung."

„Welche Aussührung! (schalt Stein­ ach.) Ich werde sie dem General erzählen.

Wodurch bist du zum Schlafen gekommen? He, was machst du da?"

„Gut!



(sagte Lenz freundlich.)

UebrigenS — wenn ich ein Kind über etwas

Verbotenem

betreffe,

und

meine

Frage

„Wag machst du?" durch die kurze Antwort „Gut!" auf seine Gesundheit beziehen höre —

dann schließe ich immer,

daß dieses Kind

— 145 entweder ganz unschuldig, oder in der Sa­

che unwissend,

oder schon höchst schlau ist.

Hier aber —" was hast du dir heute

Lenz!

„Lenz,

vorgenommen." „Ich weiß es wohl.

Aber die unge­

heure Anstrengung, nüchtern zu bleiben, die

ich mir vornahm,

mußte wohl endlich die­

sen Schlaf nach sich ziehen. recht süß.

£), ich träumte

Ich sah Philippinen — aber sie

war schön röthtich und ganz verklärt, und

schimpfte nicht mehr — Vous prendres mon

songe pour mensonge — kurz, ich sah fy, ging nach Hause, legte mich zu Bette, ließ mir Thee machen, trank noch eine Tasse mit

Appetit, deckte mich zu, Liebe zu ihr. —

und starb

aus

Da schrien Sie mich hier

ins Lrben zurück."

In

wilder

Zerstreuung

Steinach vor ihm stehen.

blieb

unser

Er war ent­

schlossen; und nicht leicht vermochte in solchen Fällen ein ferneres Erwägen, ihn wankend zu machen;

erkrankt. —

aber sein Herz war

„Höre, Lenz, (fing er an.)

du bist ein treuherziger,

vernünftiger Mensch. Die reif. Maler s. Th.

und ost ein sehr

Sage mir, welches K

’— 176 — (int) wohl die besten Maßregeln für einen sogenannten armen

Teufel? — Aber ver­

stehe mich recht, und —• hauptsächlich bleibe^

mir mit

aller Gemeinheit vom Halse! —

Ich weiß wohl, tüe' in

daß

es Menschen giebt,

langweiliger Abgeschmacktheit durch

successives Zusammengeizen so reich werden,

daß sie gegen das Ende ihres

Lebens so

ziemlich vor Nahrungsjorgen gesichert find. Zu dumm, zu kraftlos! um durch Schaf­ fen zu erwerben, gehen sie nur hartnäckig

in ihrer einmal betretenen engen Dahn wei­

ter ,

und bereichern sich einzig durch Ent­

behre n.”

VD wer kennt ste Vicht? (fiel ihm Lenz

ein.) Ein solcher legt bei einem Hundertguldendienstchen alljährlich zwölf Thaler zwölf

Groschen zu Capital an; er versagt sich ein Jahr lang die Abendsuppe, um am letzten

Dezember einen acquiriren,

silbernen Dorlegelössel zu

den er nie braucht; von aller

Wonne des Lebens

scheidet er willig, und

leistet mir schriftlich Verzicht darauf, wenn

ich ihm den Preiß von — zum Exempel Elfhun­ dert Thalern in schwerem Gelde, Louisd'ore zu vier Thalern einundzwanzig Groschen, ge-

~ 147 —

währe; in der Christnacht, nm Abend nach einer zugefallnen Erbschaft, oder nach einem

unvermutheten wichtigen Geschenke, legt er sich zu Bette,

verlöscht das Licht, betrinkt

sich im Finstern

seelenallein,

und erzählt

öffentlich, da habe er sich einmal ein Ver­

gnügen

gemacht !

Menschen noch obendrein

halten überall

sind

diese

ehrsüchtig,

und

Gewöhnlich

sehr auf Standeömäßigkeit,

außer im Bezahlen — 0 „Nun

gut,

(versetzte

Steinach)

wir reden jetzt vielmehr von einem Gemüthe, welches zwar zu großen Anstrengungen Kraft

haben , aber beim Anblicke solcher Menschen

stets sich unwillig wegwenden, und bald mit Entzücken wieder ausrufen würde:

Nein,

weiche du nie von mir, glückselige Armuth—willkommen sen mir,

erhabene Unstandee-

Mäßigkeit, und du, glänzende Verborgen­

heit — willkommen du, süßes Elend, worin edle und schöne Seelen tpie im Ehrenkleide

der Menschheit schimmern —» Ueberstuß,

in

du köstlicher

dem die freundliche Dükftig«

keit am schönen Abend mit dem armen vom SBege heimgeholten Lazarus lebt “ und hei­

lig ,

ach,

dreimal gesegnet du, geweihter K 2

— i-8 letzter Bissen, Elende

unter

bricht! —

den die Armuth mit dem

himmlischen

Mensch,

Freudenthränen

ich frage dich im Na­

men aller heiligen Engel: ist der Reichthum strebenswürdig? Und warum will Dec

Mensch von der Armuth scheiden — auü der

schönen Welt der Poesie hinfliehen in das gemeine prosaische Land der Zahlen? —

Fühllosec Klotz, antworte mir — ich glaube du gähnst'noch, Kerl!" Erschrocken sprang Lenz jetzt auf, dehnte sich mit Händen und Füßen empor, und schüt­

telte die Glieder oben in der Höhe vollends

„Burrassa!

munter.

Am Galgen und bei

Hochzeiten gehts hoch her! —

Nun, ich

will sogleich' schneller reden — Sie sind mir heute zu geschwind — und wenn Emer, der

eben geschlafen hat, eine hurtige und kluge Antwort sucht,

jener böse

so ängstigt ihn gewöhnlich

Weltgeist,

der uns auch sonst

zum Exempel an einem Bunde Schlüssel nie den rechten zuerst sinken,

oder gar den zu­

erst gefundenen bis zuletzt verkennen läßt. » Äber, ich bin schon fertig mit meiner Ant­ wort.

Allerdings ist und bleibt der Reich­

thum etwas höchst begehrenowürdiges, für

— r-9 — welcher reich zu seyn verdient,

Den,

zum Exempel wir Beide.

wie

Wae nun die

armen Teufel betrifft — hm,

nachdem sie

Ist ein armer Teufel erstlich ein

sind! —

hübscher junger Teufel,

so soll er vor al­

len Dingen ein reiches Weib suchen — Sie sehen, ich bin sehr einfach und schlicht!"

„Hebe dich weg von mir, (rief Stein­

du achter Repräsentant der thörich­

ach.)

gemeinsten großen Welt! du hast Eeu

ten,

neu Sinn für die schöne Stimme,

dem edeln Menschen zuruft: zur Welberschürze

welche

Sprich nicht

„mein Trost!"

fremdem Guthe „meine Hülfe!"

und zu Nur das,

was ich bin, steht in wechfeltofer Kraft

und Schönheit da, ein Niefenfels im Stur­ me des Lebens!"

»Dor diesem schönen Stimmchen (sagte

jener) Finger,

stopfe der Mensch die Ohren voll

und folge nur blindlings der mei­

nigen — ich weiß wohl, was ich sage, und

will es

beschwören! —

Ein Wort noch^

mein Herr!" „Geh,

du bist ein niederträchtiger Phi­

losoph — ein Narr!"

zürnte Steinach,

vnd entfernte sich unwillig.

— i5o —• „Hm, hm, das gefällt mir teilt)! (sagte

der schlaue Alte, der Steina He n liebte.) Dieser

Herrist wahrscheinlich

verliebt;

denn er zieht schon die Deine wie ein Kind

das Grimmen hat, Und funkelt mit den Au­ gen wie ein zorniger Kater. ihm

wohl gönnen,

Ich wollte sie

wenn er dankbar und

nicht so herrschsüchtig gegen mich wäre. —

O

was für harte Sachen haben mir heute

die Menschen schon

Narr? —•

gesagt! —

Wohl dein,

Wein gefangen nimmt.

Ich, ein

dessen Sinne der

ffv hört doch nicht

so genau und heftig, als ich heute —* ach, das Trommelfell

feiner Ohren wird ewig

nur mit Rosen geschlagen, und Hingen ihm

so wunderbar,

alle Töne

wie das Ge­

murmel im Haine zu Dodona!

Und ich'

hätte nicht richtig geantwortet? Merken Sie auf! rief er Philippinen zu, die sich jetzt sehen ließ.) Bewahren Sie meine Lehre.

Eo giebt zwei Wege zum Glück — den Gna­

denweg und den Weg Rechtens.

letztem vorzieht,

Wer den

ist auf dem unrechten —

wer ihn in seinen Geschäften für den -sicher­ sten oder kürzesten hält, der ist kein erfahr­

ner deutscher Bürger; wenigste ns ist er werth.

— i5i —-

gar Beiner zu seyn. —

Ich hatte einst einen

alten Soldaten zum Freund — er ist bald

darauf gehängt worden — ein vormaliger Literatur, mit

welcher ein häßliches Mädchen

Hunderttausend

Thalern

heirathen

konnte, aber aus Verdruß darüber, daß er dieß auch sollte', unter den Wehrstand lief, und dort gänzlich verunglückte.

hatte nun für

Der

die Sicherheit des Staats

dreißig Jahre lang „Werda" geschrieen, und

im Jnvalidenstande bis zu unsrer Bekanntschaft 10416 hölzerne Löffel für das allge­

meine Beste geschnitzt.

Wiewohl übrigens

jeder Invalide in mehr als einer Rücksicht

ein sehr vermögender Mann seyn kann, so

war es doch zufälliger Weise für meinen ar­

men blessirten Teufel zum Heirathen jetzt zu spät,

zur Versorgung im Staat angeblich

immer noch zu früh. —

hin ,

Er wollte weiter­

da er Brot haben mußte,

Monatsstück

das erste

einer Zeitschrift herausgeben,

die den Titel führte: Journal von und für Stocknarren, herausgegeben von einem Ungenannten, mit Erlaubnifs der ob pro» nebst'einer Zueignung an Herrn Geh. Fath von Mistfink 8. v. — Die

7 Z2 —

Censur warf ihm vor,

er habe, um die

Obrigkeit zu verspotten, das Wort „obern1*

absichtlich mit einem kleinen Buchstaben ge­

schrieben , und durch das Salva venia eine der angesehnsten

digt.

Familien im Lande belei­

Zwar entschuldigte er sich wegen des

Erstern mit Unwissenheit in der Orthogra­ phie,

die er im Kriege verlernt, und be­

hauptete, das Letz ere.solle nicht8alva venia,

sondern Seite fünf heißen, bewiest dieß auch mit der Pagina,

zwn stand.

auf welcher die Dedika-

2lber man schickte ihn dafür

auf sechs Wochen an den Block, und die

Welt kam um etwas Schönes. —

Jetzt

bekannte sich der Erbitterte laut zu einer ge­

wissen Öppositionsparthei im Lande, welche damals behauptete,

das Herkommen, die

Charitativgelder und Donügratuits exekutivisch zu pressen,

sey eigentlich nicht rechtli­

che Observanz u. s. w

gen.

Er wurde eingezo­

Auch da wählte er den Gnadenweg

nickt, sondern pochte aufö Recht.

Die Op­

position beging in der Folge Greuel, und

ward wegen Landesverrath gesprengt.

Dec

Alte, welcher der unschuldigste war, mußte

auch dran — und vor einem Jahre habe

ich ihn noch

(So geht

pampeTn sehen. —

eö denn, wenn der Mensch eine reiche Frau entbehren ujiö

mein

verachten

Himmelchen,

Welten

will!



Aber,

Fr^au!

ad vocem



her, Käiserthürner her, daß ich sie

verschenke! Schwüre her, daß ich sie breche!

Denn

meine

Tod!

Kind,

zwar,

Seele

ist verliebt bis in den

ich bin dein — dein,

nach Sinnt,

mit Sinnlichkeit

und und

Vernunft, nach Bouterweck, mit Realprin-

cip und Jdealprincip, und nach D. Luther, mit Leib und Seel.

wahres

Ungeheuer,

Was soll

es

Bist du nicht heute ein

nemlich

erst werden,

ganze Silberstotte mich auüläuft?

an Reizen?

wann nun die

deiner Reire

erst gegen

Ich möchte schon auf der

Stelle bersten, aus Liebe zu dir, du einge­ fleischter Engel! DerDrantwein deiner Schön­

heit brennt lichterloh aus dem Halse meines verliebten

Herzens



und

ach,

schon

fühle ich hier von diesem Herzen nichts mehr,

als ein armes Häufchen Asche auf der leeren Brandstätte!" Er umarmte die neue Braute „Seyn Sie nur vernünftig!

(lächelte

sie. ) Wollen wir heute ein Tänzchen zusam­ men wagen?"

— 154 „I,

seh Einer das Närrchen!

(sagte

Lenz.) Haben meine Lehren schon Wurzeln

geschlagen ?

da Sie Nun

Aber ich dächte,

leider einmal der Kulminationspunkt meiner Zärtlichkeit sind, wir machten die Sache we­ nigstens schriftlich fest! Sie können ja schrei­

Ich habe einst das Vaterunser von

ben.

Ihnen

geschrieben

Anfangs

bewundert.

hielt ich es zwar für die Planzeichnung zu

einer Festung mit Laufgräben; aber sobald Sie selbst cd dcklanurren, konnte man Da-

ter und Amen ganz gut errathen. — nein ,

Oder

ich werde mir Finken da drüben zum

Freiersmann

erwählen;

ich will einmal ei­

nen Hund nach Rippenbraten schicken.

Sollte

er dein Herzchen unterwegs angehend'

„Immer das Geschwätz! (tadelte Phi­ lip p i n e.) Wer will Ihnen doch trauen ?w

„Du hast Recht, (meinte er.) Denn die

die von einer

Männer sind Schmetterlinge,

Blume zur andern stiegen.

Aber sind nicht

auch die Weiber Blumen,

die, ihren Kelch

jedem stüchtigen Schmetterlinge offnen ? —*

Nein, laß uns Friede machen, ste Jnnbrunst!

Proben —

du werthe­

Stelle meine Liebe auf alle

verbanne deinen treuen Knecht



155



auf Jahrhunderte von deinem

Antlitz —

banne mich hin über Länder und Meere —

in menschenleere Wüsten — Schachte und Abgründe,

in ungesunde

wo die Zauber­

pilze im mystischen Thau sprossen, und die Erd - und

Grenzgqister ihre Eier legen —

gieb mir nur zum Abschied eine nie versie­ gende Flasche mit, so soll doch dein theures Andenken in dieser dürstenden Seele nimmer

vertrocknen." „Ich wünschte freilich, (wandte sie sanft ein) Sie ließen Sich

etwa zum Seccetäe

machen. —"

„Nicht doch!

(sagte Lenz.)

Titel gefällt mir nicht.

Dieser

Auch habe ich mir

unter einem adlichen Privatsecretär von je­

her einen blutjungen Mann gedacht, der immer über

viele Arbeit klagt, und gern

heirathen möchte.

Wünsche nicht zu viel,

mein Kind ! O , auch ich wünschte gar man­ cherlei — zum Exempel ich wünschte, daß

dn zuweilen doch ein Gesicht

machtest,

Prophet, ward,

etwas freundlicheres

als etwa ein scheidender

der zum Hause hinausgeworfen

und

draußen

yder eigentlich

als ein

Unglück prophezeiht,

al/ec

romantischer

—. 156 Kammerjäger,

der mit dem Mäusegiftran-

^eri ab^ewiesen vor der Thüre da sieht, und künftiger Natten weissagt,

von Millionen

und rä so linkt und Mäufe macht! — Aber sieh ! mein sanfter Engel, auch ich will nicht

AU viel wünschen. —

Doch jetzt — um bei

unsrer Heirath gründlich zu seyn — wo bist du eigentlich

her? Vermuthlich sehr weit?

War eo nicht von Konstantinopel noch 250 Nleilen?

2lh recht,

hieherwärts —

jetzt

fällt (?£$ mir wieder ein •— du bist eben nicht

weit her — du bist von Kuhbach gebürtig — da oben Hinterm Galgenberge — nun, über

dieß Oertchen will ich mich wegsetzen. —"

„Reden Sie doch nicht so entsetzlich viel! (sagte sie?) Ich liebe das Reelle." „Eine fürchterliche Aussicht!

Nun,

(rief er.)

so will ich denn zu der Beschreibung

meiner eignen Person übergehen. schön von Person —

Ich bin

werth zum Apoll von

Belvedere gestellt zu werden. —"

„Und sprechen

Sie nicht immer so in

Gleichnissen und Bildern!" mahnte ihn Phi­ lip p i n e wieder. „Ci,

wir reden ja von der Liebe —*

(sagte er) von

diesem wunderbaren Ansatz

i57 — in der Rechnung

des Menschenlebens,

Bei

welchem jeder Nechnungsführer in beständi­ gem Zweifel ist, ob er ihn in die Einnahme oder Ausgabe schreiben soll ? Sind uns da nicht Bilder und Gleichnisse die beste Aus­

Und im Ausdrucke liegt oft so

hülfe? —

unendlich viel! Ist es denn einerlei, ob ich

sage:

„dieser Mann ist vom Weine völlig

bethört," oder ob ich sage: „er hat sich du«

deldick gesoffen?" Oder — wenn ich Ihnen nun jetzt gestehen müßte, ich hätte einen ge­

wissen perennirenden Ausschlag am Haupte —1>

„So? (versetzte ste aufmerksam.) Das wäre eben nichts Schönes.

Nun?"

„So würde dieser Ausdruck immer eine

viel sanftere Wirkung thun, als wenn ich, wie ein Bauer,

deutsch herauöspräche,

ich

hätte den Erbgrmd. —" „Und

Sie unterstehen Sich! —" wü­

thete jetzt die Jungfer auf ihn los.

„Siehst

du

(lachte Lenz.)

den

verschiedenen Effekt?

Laß mich doch nur ausre­

den, Närrchen —• ich wollte sagen:

Darin

besteht bei Dielen unsrer Dichter einzig die

gepriesene Jdealisirkunst. —

Daß ich

übrigens so rein bin wie eine Forelle, dieß

— 156 — kann sogleich nicht nachgewiesen werden. — Unter meine fernern guten Eigenschaften ge­

hört ein vortrefflicher 9Hagenr der, sobald man ihn mit irgend etwas Geistigem diSpo»

nirf, alles verträgt,

selbst Stroh und Kie­

selsteine — kurz ein Magen, wie kaum das

Publikum einen haben kann, welchem doch die Gelehrten bekanntlich den allerbesten zu­

Doch bin ich ein

schreiben und andichten.

Feind des Zankens, und hoffe, daß meine künftige Gattin nicht pferd seyn wird,

so

ein altes Trauer­

das dem Manne täglich

ganze Kleewagen voll Wehklagen zum Ma­

gen führt. —

Ferner ist auch eine reizende

Stimme eine Gabe Gottes — und mein al­ welches ich durch

lerliebstes Strohbäßchen,

die Fistel singe, kennt man in ganz Sabi» nium und Hohenblat. —"

„Ich sage es ja immer, (rief die un­ geduldige Philippine) mit Ihnen wird man nie fertig. —

Merken Sie Sich es

also wohl, Herr Lenz, was ich Ihnen jetzt einmal für allemal

Sie mir,

eröffnen will:

Wenn

oder sonst Jemanden — es sey

nun dem General oder meinem Fräulein

etwas meinetwegen

zu

sagen haben,

so

i5g —

muß dieß noch heute geschehen, oder eo wird zu spät seyn."

„Ach, (sagte er) das ist mehr Hoffnung Und Glück,

als mein schamhaftes Herz er*

tragen kann!

Dieses beschleunigte Jawort

bricht so unerwartet in meine große Seele

herein, wie ein Weltgericht." ^Jch — (fuhr sie fort) darauf verlas­

sen Sie Sich — ich werde kein Wort weiter über die Sache verlieren."

„Nun soll ich das ganze Bad nebst dem Kinde gusschütten!

(sagte Lenz kleinlaut

und bedeckte die Augen ihif beiden Händen.) Wie werde ich denn dem General beibringen,

daß mir an der Sache gelegen ist?

Ich

werde in Ohnmacht staken r und vor keuscher Scham den

Geist aufgeben.

Man wird

sagen:

die Verstellung hat den Edeln ge»

tödtet.

Und in dieser neuen Todeoart werde

ich so unwahrscheinlich da liegen,

wie ein

Fisch der ersoffen ist."

„Ein Glas Waffer, rief hier

Steinach,

liebe Philippine!" der die erschöpfte

Luise hereinführte, und ste zu einem Arm­

stuhle hin nöthigte.

i6o •— „Nein, laßt nur das alles, und geht!

(sagte sie, und winkte den Leuten.) Ich bin

schon wohl. ~ August, ich dächte. Sie gin-

gtp auch wieder in den Saal."

»Wie ist Ihnen?" fragte er bewegt. »Habe ich Ihnen vorhin etwas Bitteres gesagt,

Steinach?

Und

tpollen Sie mir

Dieß bergeben? Die Zeit zum Schmollen ist

nun vorüber,

mein rascher Freund;

Sie haben mein H e r z erschreckt.

denn

Wollen

Sie mir vergeben?" »Oh! — (rief er, und legte ihre Hand an sein Herz.)

Aber die Veränderung Ih­

res Gesichts hatte mich selbst starr gemacht.

Sie erblaßten bei der Nachricht Ihres Va­ ters auf einmal,

und Ihre Zü^e deuteten

zugleich auf einen so tiefen, leidenschaftli­ chen Verdruß — ich war nur froh, daß Nie­

mand .außer dem Vater eo bemerkte."

»Nun, es ist also geschehen! — (fing

sie jetzt wehmüthig und feierlich an.) Dieser Schritt ist gethan,

und Sie sind zu sehr

Mann von Wort, um jemals rückwärts zu gehen. —

Können

Sie glücklich seyn,

lieber Freund? O reden (Sie l"

i6i



Tiefgerührt von der himmlischen Wärme

in ihrem Ton, und dem zärtlichen Schmerz

in ihrem Blicke,

hielt er die liebe zitternde

Hand fester, und dankte der Freundin, und suchte ste

higen.

über fein künftiges Loos zu beru­

„Ich weiß

es,

(sagte er zuletzt)

daß dieser Verkauf mich nicht glücklich macht ;

aber er bringt mein Herz vielleicht der Nutze wieder näher, die ich — hier verlor! Las­ sen Sie mich diese Gegend stiehen.

Wir sei

hen uns hoffentlich einst wieder— und glück­

licher.

Dieß Guth war ja, wie ich weiß,

vormals Ihr Lieblingewunsch.

Sollte ich

den Wunsch meiner Luise nicht erfüllen, ehe

ich scheide?"

„Welcher Gedanke! (sagte sie mit Be­ fremdung, und bitterer Schmerz zog sich um

ihre Lippen.)

Ach,

ich lallte einst gewisse

Wünsche zu meinem Vater auf,

Kind — doch,

wie ein

er hat mich schrecklich miß­

verstanden !” Sie ward bei den letzten Wor­

ten glühendlvth, und wandte sich ab. „Aber beste Luise,

(barch jetzt dec Ge­

neral herein) wie ist eö möglich,

dich um etwas quälst,

was dir sonst so

viele Freude machte?" Dir reis. Maler. L.Tb.

daß du

g

16a — „O mein theuerster Vater, wüßten Sie

doch, was mein Herz leidet! Dieser Mann, Don einer trüben Laune ergriffen,

vermocht,

hgt Sie

ihm sein schönes väterliches Erbe

zu entreißen.

Auf dem hohen Meere der

Welt wird er sich nun eine schwankende Hel­

von nichts umgeben

math suchen ipüffen,

als von der bodenlosen Tiefe. —

Vater!

Seine Denkungsart wird bald eine Schaar von Feinden heranziehen — er wird finken —

fallen wird er;

und fein Auge findet dann

im Rückblick auf das geliebte Eigenthum — nichts mehr!

Auf seiner lieben Flur wan­

delt dann eine reiche Familie, die er -—has­ sen muß 1” Steinach war zerstreut vor ihr stehen geblieben, und drückte ihre Hand immer fe­

ster an die Lippen.

Der Alte küßte sie und

nannte ihren Namen mit Entzücken.. „Sehn Sie wohl,

hitziger Stürmer,

(sagte er)

baß wir meine brave Tochter vorher hätten fragen sollen l

spät,

Luise.

Aber leider ist es nun zu

Wir hatten vorhin Zeugen,

und sind je£t gebunden. — Sache nicht so tragisch.

Nimm doch die

Sieh ihn nur an.

Ist er nicht ein Mann? Weiß er nicht um

163 — besten, was zum Frieden seines Lebens dient ?

Sieh, wie schön und ruhig jetzt seine Augen auf uns herüberblicken! — Aber Steinach,

ich komme mir selbst vor wie ein Verführer — hören Sie mich — Ihr Guth ist sicherlich zu

wohlfeil;

und ich bin sehr reich — lassen

Sie unü wenigstens das Kaufgeld erhöhen — o Gott, ich wollte — "

»Nichts mehr davon! (fiel Steinach

mit Würde ein.)

Sie haben auf Treu und

Glauben gekauft, und dabei das Nlögliche, was nur ein sehr reicher Mann thun kann, geleistet,

worüber

ich allein zu urtheilen

vermag."

„Nein, Vater, (rief Luise) beleidigen

Sie diesen stolzen Mann nicht. Und —

2(IIeö ist zu

hat kein Herz.

Deo

Stolz hat *6 längst verschlungen, Herz — " Sie schluchzte zuletzt.

dieses

spät.

er

„Stolz ? (sagte S t e i n a ch ,

errathend vor sie hin.) Stolze sage ich jetzt:

Mit all

und trat

meinem

ich fühle tief

Luise,

und innig Ihren Werth — und Sie könnte

ich — ja dich, meine Freundin, würde ich

im Unglück um Wohltharen zu bitten ver-

mögen ,

rote ein Bettler ! —

Stille!

L s

( er

— 164 Drückte dem Generale die Hand.) Es bleibt

beim Alten, bester Vater.

Und, glauben

Sie mir auf mein Ehrenwort: ich habe, in

Rücksicht des Geldes,

heute ein sehr vor-

theilhaftes Geschäft abgeschlossen,

bei wel­

chem aber auch mein alter würdiger Freund keinen Schaden leiden soll

„Tochter,

Tochter,

mir

geht etwas

wunderlich im Kopfe herum 1” sagte der Ge­

neral, indem er sie ängstlich betrachtete, und sich mit Schmerz abwandte.

Sie machte in diesem Augenblick eine heftige

„Ihr

Bewegung

nöthigt mein

von seinem

gegen

S t e i n a ch e n.

Herz gewaltsam,

sich

Geheimsten zu trennen — (rief

sie außer sich,

und trat plötzlich wieder zu­

rück) — nein, eher soll es brechen!" Eben schritt Emilie herein, berichtete,

daß man den General und Luisen bei dec Gesellschaft vermisse, und wandte sich dann zu S t e i n a ch e n, um mit diesem allein zu

reden.

Vater

und Tochter

gingen fort;

aber letztere warf einen zweifelnden Blick auf die Zurückbleibenden.

„Ist eo wahr, Steinach, (fragte die er­ schrockne Emilie) daß der Kauf fertig ist

105 „Alles richtig!

(sagte er.) In einer

Stunde gehe ich, um zu packen.

Morgen

früh reise ich in die Residenz, und — weiter.

Alles Uebrige besorgt mein Beamter, weil eü mir unmöglich ist, mit diesem guten Al­ ten hier noch ferner von Geldgeschäften zu

reden.

Ich selbst habe nur wenig vom Kauf­

geld einzunehmen." „Und Sie lieben meine Luise, (fing jene wieder nn) Ihre Luise, die das Alles schlech­

terdings nicht will?"

Ec bog sich geheimnißvoll zu ihr, faßte die Schwesterhand.

und

„Unaussprechlich

lieblichste! (,agte er mit leiser Feier.) Ewig

strebt mein Herz nach ihr hin, sehnsuchtsvoll wie die Erde nach ihrem Mittelpunkte.

Zu

schwach ist jeder Hauch der gewaltigen Zeit, um meine Liebe zu verwehen, die in stch selbst

ewig und unzerstörbar ist.

Ach Emilie —

eine Schale aus Lethe's Strome könnte diese

Liebe in SchlNmmerdunst hüllen; aber meine

Träume würden die Bande jener Vergessen­ heit wieder zerbrechen. —

Doch dieses Ge-

ständniß soll nun nimmermehr über meine Lip­ pen kommen -— nimmer über die Ihrigen,

meine Schwester!p

— iö6 — „Unglücklicher Mann ! (rief diese ) Und

Sie stoßen ein Herz von Sich, welches so heiß liebt, und sich nun aus Liebe verzehrt!" „Das wird es nicht, (sagte er zweifelnd.^ Dieses leichte wilde Blut wird sich bald von

seinen melancholischen Theilchen befreien, um iq der vorigen

reizenden Heiterkeit fortzu­

strömen."

»Nein, Steinach, das ist nicht — nein, bet Gott, Luise liebt nur einmal! —

Und

Sie, mein allzustrengec Freund? Was wird

Ihr Loos fepn ?"

„Ist denn

die

Welt

Wüste? (erwiederte er.)

eine stäche

leere

Hat sie nicht tau­

send kühle Schattenplätzchen zum Ausruhen

vom Sonnenbrände des Lebens und der Lie­

be ? —. Mein Genius reißt mich jetzt aus die­ Cö ist möglich, daß

ser seligen Nähe fort.

Schicksal und Feinde mich hinstrecken — daß

Fürstengunst muß denn

zerschmettert.

— Aber,

gerade dieses seyn?

Mein

mich

Entschluß ist einzig der: in

ich will mich nicht

eine reiche Familie drängen,

in welche

höchstens die Geburt, übrigens weder Rang noch

Glück mir zu

Dringen

erlauben. —•

Wollte ich außer diesem noch einen ander«

167 — Gedanken fassen, so ist ed ja auch bekannt genug, Emilie, daß Zufall, Kopf und Glück

oft

den äußern Menschen porheben.



Aber

schnell

em­

sollen mir

wozu

dergleichen Hoffnungen, da ich nn Luisen

Liebe zu mir zweifle, (Sie, meine Freundin ,

und da alles,

waü

hierüber bemerkten,

auch nur die zärtliche Aeußerung einer unei­ gennützigen. jetzt durch die D'lder der frühen

Jugend erwärmten Freundschaft fegn kang, und — wahrscheinlich ist?"

„Ungläubiger!

O,

ich tooUP es wäre

so ; aber in der Ferne sehe ich nur Thränen

für die arme Luise schimmern.

Was Hilst

ganzer Plan,

wenn dieser

mir nun mein

unbiegsame Mann nicht glücklich seyn will Vw

—- Erstaunt faßte er ihre Hand.

„Emilie,

ist es möglich! Deßwegen wollten Sie also

neulich — " „Warum, (fuhr das begeisterte Mädchen fort) 0 warum soll ich denn den Freund mei­

ner Kindheit

nicht

glücklich im Arme der

reinsten Liebe sehen! Warum zerhaut

das Schwert seiner eigenen stolzen Strenge dieses liebliche, vom Himmel längst geschlun­

gene Nosenband! — Ja, wissen Sie dann

— i6g alles ! Die Eifersucht hat ihr heute schon das stille Gestän^niß der Liebe abgepreßt — sie quälte mich

mit dieser Eifersucht — und

ich — ich wähnte mich dabei so glücklich —

meine Seele verlangte euch Gutes zu thun — und, wer in jenen Momenten, worin uns

der Drang des Lebens zur Unthätigkeit ab­

spannt, für uns denkt, der ist ja auch

unser treuer Wohlthäter." Er

blickte sie bewundernd an.

»Wie

selig wird doch der Mensch, (sagte er) wann

ihm das Götterbild der Freundschaft auf Er­ den erscheint! Mir tönt etwas in der Seele, als hörte ich das Nieseln eines himmlischen

Dorns. — Wohl, meine Emilie — ich will den traurigen Trost

noch mit mir nehmen,

daß dieser Engel mich hätte lieben können — doch nein, ihres Herzens werth zu seyn, ist

kein

trauriger,

es

ist ein schöner,

reicher

Trost auf immer!" „Bester August, glaube mir, du hast die­

ses Herz verkannt 1 Es war schon längst dein freies Eigenthum'— ach, und wird es ewig

bleiben!"

»Ewig, holde Emilie?" riefSteinach au­

ßer sich, indem er sie in die Arme schloß, und —

i6g — v Emilie!"

stöhnte

hier

auf

einmal

Luise mit einem schmerzhaften Schrei da­

zwischen.

Sie war, von Angst und Eifev-

sucht getrieben,

während der letzten Reden

mit dem Baron K r ü n i z leise in eine Thüre

getreten, sank jetzt kraftlos

auf den Arm

ihres Begleiters, raffte sich dann schnell em­ 5t r ü n i z

por, und eilte fort.

gab nach

beiden Seiten hin einige Zeichen des Erstau­

nens zu erkennen, und flog dann Luisen nach, die den Weg zu ihrem Zimmer nahm.

Verwirrt und erschrocken sah Steinach

Beide verschwinden.

Auch Emilie errö-

thete tief, und hob mit einiger Aengstlichkeit

ihre Stimme, um den Baron zurück zu hal­ ten , welcher ihren zweimaligen Ruf absicht­

lich zu überhören schien.

Aber in demselben

Augenblicke glänzte doch das Gefühl der rein­ sten Freude in ihren Augen, und triumphi-

rend sagte sie:

„Mögen

mich diese lieben

Menschen eine Zeit lang verkennen!

Wohl

mir, ich habe meinem Freunde bewiesen, daß

ich die Wahrheit sprach! Doch nein, ich muß zu ihr '— zu ihr, deren Haß ich keine Vier­ telstunde ertragen möchte!”



170



„Halt, Emilie ! ( rief S L e i n a ch bet Fliehenden zu.) Was wollen Sie thun ? Be­ denken Sie., daß von diesem Augenblicke das

Schicksal zweier Menschen, die Ihnen theuer sind, abhängt, und daß ich Ihnen nochmals

Verschwiegenheit — ewige Verschwiegenheit zur heiligsten Pflicht mache 1” Sie entsprang ihm,

und er

eilte ihr

nach und stieß den kommenden Lenz auf die Seite, welcher, durch Luisens Stim­ me erschreckt,

Erläuterung

ins stehte.

Zimmer trat, und um ist hier los?

„Was

(sngte jetzt der listige Lenz,

und spähte

nach allen Seiten.) Der Teufel war es nicht,

denn der Spuk hatte eine so schöne reine Stimme, wie ein Flötchen.

Amor,

Amor, Freund

mich dünkt, du spukst heute gewal­

tig aufunserm Schlosse! Ei, wenn doch auch

heute

meine Prophezeiung

noch

einträfe,

dann vereinigte sich alles zu meinem Glücke.

Luischen,

Luischen!

endlich

Wenn

Stündlein soll herbeikommen.,

unser

so gebe es

uns der Gott der Liebe gnädig — und wer

weiß,

wem unter uns am

meisten davor

graut! Aber ich werde mich zu nehmen wis­ sen

sobald einmal

meine Jungfrauschaft





I?I

den Gesehen gemäß genugsam

Steinach

soll,

gegen

bloßer Hans scheinen,

beweint i|L

mich gehabten,

ein

der zu seiner Grethe

kommt, wahrend ich in der höchsten ästheti­ schen Form und Regel an Phitippinens Göt­

terbrust so erhaben zerschmelzen werde, wie Raum und Zeit im ersten Glanzblicke des

jüngsten Gerichts."

Erft, jeht fing man bei der Gesellschaft

die eigentlichen

Hausgenossen zu vermissen

an, von welchen nur noch der General und

Ida im Saale waren.

Zum Glücke be­

stand diese Gesellschaft bloß aus Freunden,

2lber als nun auch Ida zu ihren Eltern

abgerufen ward,

und sogleich nach dieser

Botschaft leichenblaß und mit unsichern Schrit­ ten hinauürvankte —. da zischelte man doch,

und der unruhige General rief: „Gott weiß,

wag auo dem heutigen Tage noch werden

sott!" Kaum war Ida auf ihr Zimmer ge­ kommen,

als schon die Eltern

hastig mit

Brisen felserr aus dem Nebensaale her«

----

eintraten.

I?O

„Tochter, (rief der Minister in

stürmischer Bewegung) wir Bringen dir hier

einen Mann — nicht wahr, du glaubst an feine Rechtschaffenheit so fest ale wir Beide?" „Jeder seiner Gesichtszüge spricht sie so

bestimmt aus 1°

sagte das zitternde Mad­

ien mit halber Stimme.

„Sieh, (schluchzte die Mutter) dieß Bild unb diese Zeiten hat er mir gebracht; und daü

alles gehörte einst mein ! Mein Sohn besaß es

*— unser Sohn — dein Bruder!”

„Dein leiblicher Herzens Bruder, Ida! (stöhnte der Vater.) Aber guter, lieber Mann,

roo bleibt er denn, dieser kaltherzige Sohn ! O Gott,

stärke meinen Geist!"

Ida schrie jetzt laut aus. Und hielt stch

ihr wißt es alle

nicht — es steckt noch etwas ganz anderes

dahinter als ihr glaubt.

Ich muß es er­

fahren — mein Kind will ich froh sehen,

oder selbst nicht länger glücklich leben!" „Bester, liebster Onkel! (bat Emiliedie sich von Herzen über

freute,)

feinen Verdacht

Nur noch eine Viertelstunde gehen

Sie mit Herrn von Kruniz in den Saal —

ich bringe Ihnen dann Luisen selbst dort­

hin.

Ser Hof kommt noch lange nicht,

und Sie wissen ja, daß auch übrigens alles längst in Ordnung ist."

„Nehmen Sie doch (sagte er im Weg­ gehen verdrießlich zum Baron) ein Beispiel

an einem alten Generallieutenant,

den die

Weiber kommandiren!" „Ec ist mein ! (rief daö frohe Mädchen,

und warf ihrem Bräutigam Küsse nach.) Emilie, triumphire nur, denn du hast heute

197 — die Behutsamkeit selbst zur Eile genöthigt!

Eins

gelungen — aber das Schwerste

ist

ist nod> übrig. —

Gewiß, in diesem Au­

genblicke haßt sie wich — o Luise, du wirst

mich im folgenden desto heißer lieben! — Aber ich

muß noch einen Versuch machen

sie zu sprechen.

Ja, nicht länger soll die

Schlange der Eifersucht ihr königliches Herz

umringen und ängstigen !"

Dieser Entschluß ward indessen unnö-

eben

Denn

thig.

als

kam Luise furchtsam herein,

und

blieb,

lien, stehen.

sie gehen wollte,

zur

äußern

Thüre

von

Emi­

entfernt

Diese sah ste freundlich an,

und öffnete ihre Arme.

Ein Moment der

Erschütterung — und Luise lag an ihrem

Herzen. »Ich kann dich nicht lassen!

aus.)

Nimm ihn hin —

du

(rief sie

bist

seiner

werth — du bist bester alö ich — ich ver­

zeihe — alles, alles verzeih ich dir!" »Nichts hast du mir zu verzeihen (sagte

Jstne.) Höre doch deine Emilie! Der Ent­ zückte schloß mich an die Brust, als ich ihm

den Trost gab,

dein Herz werde sein ewi­

ges Eigenthum bleiben —"

— igß — »Du fugtest ihm das —" brachte sie

matt hervor, und mußte sich setzen.

Emilie besann sich.

»Nun ich sagte

du habest niemals ernsilich mit ihm

ihm,

gezürnt — und du werdest ihm auch in dec

Ferne immer gut bleiben — "

(seufze

sagtest ihm nur dieß?

»Du

Luise wieder.) Und warum dao ? Denn du

liebst Ihn

und



sprachst ja

selbst zu mir: »auch ich liebe ?"

schreibst

doch

mir

du

heute

Und

wieder



anders,

Emilie?"

einer

„Seit

Viertelstunde

ist

Krüniz

mein Verlobter," sagte Emilie langsam. „Jetzt, ach jetzt faß ich dich — o du!" fuhr

Luise

Traum,

wie

auf,

und

sank

aus einem

langen

in ihre auegebreiteten

Arme. „Endlich!

Küssen.)



(rief Emilie

unter

Em solcher Augenblick thut dec

Seele wohl, meine theure Schwester! Ver­ nimm es dann:

Er siebt dich unaussprech­

lich " — Beide schwiegen lange. „O weh, er flieht!" klagte Luise mit

leisem

Ton,

als

jetzt

eben Steinach

reisefertig eine Thüre öffnete,

um in den

T99 — gehen,

Cpaaf zu

und

beim

Mädchen schnell zurücktrat,

Anblick

der

um einen an­

dern Weg zu nehmen.

»Steinach,

bleiben

rief E m i-

Sie!"

I i e.

„Gewiß,

Sie

haben

Stunde viel zu sagen,"

sich

in

dieser

erwiederte er ent­

schuldigend, ahne näher zu treten.

(bat Emi­

»Nein, hieher, August!

lie.) Versöhnen Sie mir meine Freundin

wieder!"

»Emilie! —

du

brichst

mein

Herz!"

lispelte die bange Luise, und verbarg sich an ihr. „Ich habe seit einiger Zeit den Schein gehabt —" fing Steinach verlegen an,

indem er Luisens Hand ergriff. »Still, guter August! (unterbrach ihn

Emilie.)

Wir brauchen wenige Worte,

weil wir uns

alle lieben. —

Diele Men­

schen haben heute Steinachen und mich für ein liebendes Paar gehalten.

ich allein,

diese Vermuthung zu bestärken,

August, lassen.

Ich selbst,

suchte schon seit mehrern Tagen

ohne Sie,

meine Absicht dabei errathen zu

Diese Absicht war keine strästiche:

~ 200

ich wollte meinen blöden Brautwerber mir

— und euch, meine Lieben, einander näher bringen. — (Luise druckte jetzt die Freun-

b n von neuem geheim und fest an stlh.) O

warum

mußte

mir dieser Zweck

nur zur

Hälfte gelingen 1° „Er ist ganz gelungen , Emilie! Steinach, außer Fassung.)

mein

Fuß

die

mütterliche

(rief

Zwar flieht weil

Gegend,

Ehre und Pflicht es gebieten — aber meine ganze Seele

jeder Augenblick ranfcf mir

so

nehmt

ihr Unvergeßlichen!

Denn

bleibt

mein Lebewohl,

des

hier!

Und

längern

Verweilens

Ge­

einen Theil meiner Kraft.

wiß , Emilie war sehr hart gegen mich." „Verlassen Sie uns heute nicht," mur­

melte L u i fe ängstlich, und stand auf.

«Ich muß, (sagte er stark) wenn ich

meine Besonnenheit

erhalten will.

Leben

Sie froh,

meine Luise — (sie hielt seine

Umarmung

wehmüthig ab,

und er küßte

ihre Hande, die ihm die Verwirrte an die Lippen drückte) warum versagen Sie

mir

dieß Lebewohl! —■ Lebe wohl, Luise — o wir werden und einst glücklicher Wiedersehen ! Wahrlich, ja ich komme wieder!"

lispelte Emi­

Wahnsinniger Freund!"

lie mit dem bittersten Schmerz, als er sie stumm in die Arme schloß,

und nun in ra­

schem Taumel nach dem Saale fortschritt.

„Er

geht



(sprach

Luise

jetzt

dumpf) er wankt dahin, Emilie — schwer­ wüthig , finster,

und doch so schnell — so

zieht darr Unglück über die Erde. —

Au­

gust ! August! (rief ste lauf, und die Quel­

len

ihrer Augen

öffneten sich.)

Komm zu­

rück! Mann, wo willst du hin? Ich liebe dich mehr old mein Leben!

Nichts — kein

Dorurtheil — keine Gewalt — die

ganze

Natur soll mich nicht von dir reißen!"

Sie

flog dem Zuruckkehrenden entgegen, und fiel

wie außer stch in seine Arme. „O du,

für

die

meine ganze Seele

lebt, (sagte Steinach) laß mich los aus diesen

unzerbrechlichen Banden!

Mir

ist,

als faßten mich in deinem liebenden Arm

alle Kräfte der Natur.

Sieh, das unge­

rechte Glück drängt sich noch zwischen und ! Willst du, daß ich — " »Halt!

Liebe

(rief sie,

indem die feurigste

aus ihren Augen blitzte.)

alles was du sagen willst,

Ich weiß

stolzer Mann!

— 202 —

Meine Liebe überschaut deine ganze Größe,

und soll sie überwältigen,

selbst besiegt hat.

so wie sie mich

Willig füge ich mich in

ihre schöne Ketten — auf lebenslang weiht

Deine Luise sich dir und der reinsten Liebe! — Sieh auf zum

Mauen Himmelsgewölbe —

dort sieht die Ewigkeit meiner Liebe gemalt.

Wolken stiegen vorüber;

fort, rein ,

Maut eg ja

frisch ! —

doch in der Tiefe (reu, und ewig­

bind wenn 'gleich meine Gestalt,

die du oft Schönheit nennst,

in ihrer Hin­

fälligkeit der Nose gleichet, so soll doch aus

ihrem

frühen Grabe ein

hervorblühen, fen ist! —-

jugendlicher Geist

der keinem Altern unterwor­

Don jenem Augenblick an, wo

ich mit Emilien dich auf deinem Felsen im Schimmer des Abendroths belauschte,

rief

es beständig in meinem Busen: ich bin auf

ewig sein!"

»Luise! ermannen.)

(sagte er, und suchte sich zu Höre

nur wenige

Momente

lang auf die Stimme —"

,)O still,

mein geliebker Freund! (fiel

sie mit rührender Schwärmerei ein.)

Ich

will dir selbst mein ganzes Innre aufge-

schloffen

zeigen — und

mögest du nie die

Gewalt mißbrauchen , die der jetzige Augen-

Esidir über mich

giebt. —

Ach, ffjehe

mich doch nicht wegen meiner Reichthümer, du lieber,

(fuhr sie mit

Mensch!

lieber

weicher Stimme fort,

und aus ihren An«

gen träufelten die Perlen einer himmlischen Bedürfen wohl Herzen,

Zärtlichkeit.)

den unsrigen gleichen,

Reichthums? ganz

Und

die

der Hoheit oder des

ich bin so arm — so

arm ohne dich! —

Ich will meines

Katers Reichthümern entsagen — dir will

ich

Nachfolgen — nur dir gefallen — dei­

nem dürftigen Heerde will ich oorslehen

deine sorgend? liebe Pflegerin seyn — ach, meine Hände sollen deine Kost bererten, und

die

seligste Liebe soll

Semen Bissen wür-

zen — aber laß ab — nichts scheidet mich von dir,

nigen um

und meine Liebe soll mit der dei­ den

Rang

kämpfen,

wie dec

Held mit dem Starken !"

,,Oh,

dieses Weib!

(rief der Ueber»

mannte.) Grundlose Liebe, ich bin dein!"

Sie lächelte zwischen dem Gelieb-

ren

der Freundin zum

und

Himmel

auf,

*— 2O4 ~

and Tallfe entzücke: »Ich glückselige! Freund­

schaft und Liebe wohnen in meiner Brust — Liebe und Freundschaft hatten mich selig in

ihren Armen!" »Endlich, (rief hier der General) end­ lich seh' ich dich, mein Kind! Wie bist du?

WaS habt ihr?” Luise flog ihm entgegen.

er, mein theuerster SJafer

»Das ist

( sagte sie) daS

ist der Mann, den ich liebe — der Luisen

liebt ,

die Tochter

und

des reichen Hoch-

steinS verschmäht — der mich fliehen will, Dater — da steht er,

schluchzte zuleht,

der Stolze!"

Sie

und Steinach hob die

Hande zum Himmel. „Steinach! — (brach der überraschte

Alte aus,

und zog Beide an sich.) Segne

dann Gott diese Wahl — ich ahndete sie heute,

verstehe

und sie ist auch

dein

die ineinige!

edles Zaudern

wohl,

Sohn, den ich langst innig liebte reicher als ich

Ich mein

Du bist

Aber nimm sie hin zu dei­

nem Reichthums, du Willkommener— nimm mein Alles (stammelte er unter Daterthra-

neu) — alles, bes

was mir diesseits des Gra­

noch werth ist — und ich fühle es:

— 205 —

dich, und einzig dich wird sie gluSTictj ma-

cheu, diese Geliebte deiner Kindheit! Eben trat Krüniz aus dem Saale. und indem sich dieß

Emilie winkte ihm,

neue Bündniß offenbarte,

brach der andere

Theil der Familie mit lautem Jubel herein.

Aber fern sey eg von unü,

eine Szene zrr

schildern, bei welcher Freundschaft und Liebe überall und in so vielen wechselnden Gestal­

ten sich begegneten. Glück und Freude ein­

ander grüßten, und himmlische Wonnethrä­ nen aus so manchem Auge stossen! — Glück­

wünsche und frohes Jubitiren ward auf ein­

mal so ganz zur allgemeinen Tagesordnung, daß selbst die übrige Gesellschaft, zu der be­

reits der Dortrab des Hofes

gerückt war,

aus dem Saale herzuströmte, um sich theil-

nehmend Glücks zu

unter

seligen Kinder des

diese

mischen.

Kein Mensch konnte

dem andern begegnen, schauen,

oder ins Angesicht

ohne die Arme auszubreiten und

den Nächsten ans Herz zu schließen.

Selbst

der Kummer athmete hier aus freier Brust

— Neid und Grießgram mußten heiter aus-

sehen — der Geiz fühlte sich froh und reich — und die

Bosheit

blickte bedenklich, in die

2o6 kalte Wüste ihres Herzens hin. —

Nur die

eitle egoistische Dummheit, die sich fast über­

all gleich bleibt, blieb es auch hier, in der

Person unsers Herrn von W a r u e ck.

„Herrlicher Geschmack! (sagte er zu Li­ nern alten Gnpifain.)

Wissen Sie ee schon

mit der wilden Höchstem? Steinach schlechtweg!

Also Frau von

Allerliebst!

Fräulein

Landstein — ich wette tausend Dukaten —

sie wird geschmackvoller in ihrer Wahl seyn.

(Zr lorgnirte

diese.)

Capitain,

ich

finde

heute die Sandstein scharmant —"

„Ich auch, barbarisch — (blinzelte der Capitaiu mit Ironie) und bei meiner Seele,

sie könnte selbst mich alten Fuchs alle Wein­ beeren vbn ganz Grönland vergeben ma­

chen !” „Wie?" lächelte Warn eck und sprang

zur Hofdame. Aber Luise stand,

heimlich umfaßt

von ihrem August, im fernen Fenster.

send mit ihrem Geliebten,

fühlte

Ko­

sie die

lärmvolle Welt um sich her verschwinden,

linh

Liebe

und

Sehnsucht

hatten

ihrem

blauen Auge eine zärtliche Sanftmuth ein»

gehaucht.

— 207

»Wie konntest du wissen, daß ich dich liebte, (fragte der glückliche Steinach und spiegelte sich In ihrem Blick?) da ich

nie ein Wort von Liebe sprach?" »O

mein

Freund,

(schwärmte

das

Mädchen) wenn ich auch weder hören noch

reden konnte,

so sahen doch meine Augen

desto tiefer; und wenn die Liebe bis auf ei­ nen Sinn verarmen muß, so wird sie in diesem

Führe doch den dur­

desto reicher.

stigen Blinden

in eine Gegend,

wo feine

Wange von feuchten Lüften gekühlt wird —•

wo

das Zirpen

krächzende Ruf

des der

schmetternde Stimme

Rohrsperlings,

wilden Ente

des

und

Wasserhuhns

der

die

in

sein Ohr tönen — wo Rohr und Kalmus duften.

Er geht porstchtiger, und spricht:

„Hier muß ein See fepn ; aber wie gelan­ gen wir zu seinen Ouellen?" —

Und ich,

mein Freund, ich hätte nicht die Tiefen dei­ ner Liebe in tausend seligen Schauern ahnden müssen?" »Wunderbares

Kind!

(rief

er,

und

legte seine Wange an die ihrige.) Du sollst unter Welschlands Himmel athmen!"

—- 208

Der neue Vetter Philipp kam eben

herbei, und blieb tiefseufzend vor Luisen stehen, die sich jetzt sanft'vorn Geliebten loS»Ich schwöre eö, (sagte jener) bei

machte.

den heißen Schmerzen der Liebe, die Eroü im kühlen Haine giebt und empfängt und

wieder vergilt, wenn dort die leisen Weste, Gestüster

sein süßes

auf den Wogen dec

Düfte durch alle Zweige tragen, daß selbst

die kleine Nachtigall schmerzlicher klagt und schlürft,

und

mit zitterndem Gefange den

Augenblick der Wonne feiert — bei Cypris

süßen Augen schwör' ich es: Luise liebt bis

in den Tod! JD großer Prophet —• o Lenz, Lenz ! dein geweissagces Stündlein ist herein­ gebrochen P’

Philipps Ruf erinnerte den General und Jedermann wieder an das, was mit dem armen Kammerdiener stch

hatte.

zugetragen

»Gleich bringt ihn mir! (sagte dec

General.)

Denn wir lieben

ihn,

und er

war uns immer treu."

»Und mein Verwalter soll Herkommen! Und

alle

Bauern bestellt aufs Schloß — und

laßt

(rief' der Minister dazwischen.)

heute den Wein in Strömen rinnen — schafft

209 —

mehr Musik an, damit unsre alten Herzen auf

harmonischen Fluth wieder ins

ihrer

Gleichgewicht wankenl”

Der unglückliche Lenz hatte unmittel, bar nach

dem

vorhinigen

Ereigniß einen

heftigen Anfall von Philippinen aushalten müssen; diese

und

noch

in ihrer ersten Hitze

Kordelia

unsanfter harte

die

Aber

behandelt.

unschuldige seine Ge­

wandtheit im Vertheidigen aller Arten von

Fehlern, seine aufrichtige Neue und Kor­ de ti a 'S kindliche flnterwürsigkeit siegten

endlich müth

üDfr Phi lippineg, im Grunde nicht so

bösartig war,

zwischen Scherz

als Lenz eg gewöhnlich und Ernst verschrie.

deren Ge­

Sie wollte ihm

die

Sünden seiner Jugend verzeihen, und der

Umstand, daß Kordelia doch mit einem

jungen Baron Hohenblat Schicksal getheilt hatte,

gen

einerlei

gab in ihren Au­

der kleinen Zigeunerin eine angeyehme

Wichtigkeit, und flößte ihr selbst mütterliche

Gesinnungen

durch

die

für sie ein

— besonders da

Dazwischenkunft

dieser Tochter,

des Vaters festere Versorgung nun gewisser­ maßen nothwendig ward. Dio reif. Mcrlcr. 2. Th«

£)

— 210 —

So standen

die Sachen,

als Lenz

plötzlich zu feinem Herrn mußte, dessen Jäh­ zorn in dergleichen Fällen ihm wohlbekannt Auf alles

war.

Nebenzimmer ,

erschien er im

gefaßt,

wo

von

mehrere

unfern

Freunden ihn erwarteten.

„Nun,

(rief ihn der General.an) das

Stündlein ist richtig erschienen!" „Aber meins auch!

sagte Lenz

mit

Achselzucken. „So höre

ich. (fuhr fein Herr fort. )

Wie hast du heute gelebt, Alter? — Man sagt mir,

felhst Philippine gebe Dir ein Aus diesem Munde hört

gutes Zeugniß.

man dein Lob selten."

„Eü ist aber gegründet, gnädiger Herr! denn es hat feine guten, triftigen Grunde,"

sagte Lenz freundlicher, sah aber doch be­

sorgt

nach

weil

Philippen,

dieser

lachte. Der General

Hand.

reichte

ihm

gütig

die

„Nun komm, Alter, ich will t)em~

Glück machen.

Sage mir aufrichtig, was

wünschest du?" „Ach, Ihre Excellenz — (rief der Ent­

zückte und beugte sich tief,

und fuhr leise

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Wein sind

Zehntausend Stückfässer

fort.)

wohl eine schöne Sache — nemlich für ein Kind

der Sünpe!

Ich aber bin seit heute

dem Weltsinne afcgefiorfcen — ich wage nur bescheiden die seifere Bitte,

daß Ihrer

cellenz Gnade nie aushöre, den treuen Lenz zu beglücken

„Du £>i|l ein feiner Vogel — (sagte der General) aber auch eine ehrliche Haut.

Steinach,

-vir wollen ihn anstellen.

Du

sollst über Geld und alle Sachen gesetzt wer« den, die rächt flüßig sind.

fehlt es üic nicht;

An Kenntnissen

du mußt

nur gewisse

Dinge unterlassen ”

„Ich will thun, (versprach Lenz) waü

meine Fähigkeiten und gesunden Kräfte er­ lauben.

Ich will unterlassen, so viel und

so lange es dieser Bau meines hinwelkenden Körpers

ertragen wird.

An gutem Wil­

len soll es nick)t mangeln, und in meinen Ruhestunden werde ich mir die Grillen mit

Bücherschreiben verscherzen.

Ich habe heute

schon einen Titel überlegt.

Er heißt: Ge­

danken

eines Stromes bei feinem Ausfluß

in das Meer.

Und — (fuhr er jetzt stok»

kend fort) zum Beweise,

wie gern ich mein

O 2

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Kreuz nuf mich nehmen will — bitte ich zu­

gleich um

Ihrer Excellenz hohe Genehmi­

gung zu einer Heirath — mit —” „Glückselige Philippine!"

schrie

Phi­

lipp.

„Wae? (sagte der General erstaunt)

du willst ste doch nicht gar heirathen?" Lenz erschrack,

und suchte,

da des

Gestcht sich in immer tiefere Falten

Sitten

legte, wieder einzulenken.

„O verzeihen Ihre

Excellenz mir als einem jungen unbesonnenen Gemüthe

diese Schwachheit!

Die größten

Seelen straucheln ja zuweilen, niemand ist ohne Fehler, und selbst der köstlichste Stein­

wein

erzeugt

Weinstein!

Jungfer heute —

das

Ich

habe jener

übereilte Verspre­

chen — im Trünke —" „Wie, Kerl,

du hast heute gesoffen!”

rief der General, und es entstand ein Ge­ lächter.

»Frisch, Lenz! (sagte PH i l i p p.) Wie

hilfst du dir?

Eü steht Liebe und alles auf

dem Spiele!"

e ute hätt' ich gesagt? dige

Lenz.)

(entschul­

O ich will es beschwören,

daß ich dieß Wort nicht habe brauchen wol-

len; und Philippinen^ verfolgende Liebe zu mir ist ja leider nicht von

heute und ge­

stern !” „Ich dächte,

lieber Vater,

(meinte

Steinach) wir überlegten das alles noch

besser.

Wirklich bin ich selbst gar nicht ge­ Ueberlaß es mir ein­

gen diese Heirath. mal ganz allein,

mein guter Lenz,

Versorgung

Heirath

und

deine

so einzurichten,

wie es dein wahres Beste erfordert. hoffe,

du

hältst mich

für deinen

Ich

achten

Freund?"

»Sie? (sagte ßen$ kleinlaut.) Nun

ja — über was nennen Sie, eigentlich mein

Bestes?

Mein Bestes nähert sich seit heute

feinem gänzlichen Verfalle!”

„Alter, denk an dein liebes Kind, -und wirf einen Blick

ernste

aufs Grab!

Steinach.)

Menschenherz!

O

(sprach der

Menschenherz,

du geweihter Tempel,

in

dem das Abbild des Allerhöchsten glänzt — du zarter, heiliger Thon, welchen einst der

Gottheit träufelndes Himmelsfeuer zu end­ losem Leben entstammte — wie magst du -ich so in schnöder Vergänglichkeit entwür-

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tilgen! —

Reiche mir die Hand,

Alter.

Ich will dein Freund fepn.”

sey

„'Nun,

General,

heute

sagte der

lustig,"

und warf Lenzen einen trost­

vollen Blick zu, der seine ganze Schwäche

für diesen seinen Getreuen auesprach.

„Die Herrschaft kommt!"

schrieen die

Bedienten herein, und alles stürmte fort, ’

„Lustig? —' (wiederholte Lenz nach­

denkend)

Nein,

ich glaube,

er meint es

redlich lind bieder mit meinem Magen, die. ser bittere Steinach! —

Wohlan, es sey

endlich gewagt — ich will fyeute den alten Drachen meines Durstes auf tausend Jahre

anbinden!

Insgeheim will ich Kordelien

alle meine guten Vorsätze mittheilen — ich

will sie mir als ein liebliches und lebendiges

Repetirwerk in

die Uhr des Gewissens ein.

setzen, deren Schlagen der Mensch sv leicht

überhört. Legat

Dafür soll ihr Philippine ihr

vermachen.

—-

Versorgt

bin

ich

nun — mäßig soll ich auch werden — und

die Welt soll erstaunen!

Den vulkani­

schen Ausbrüchen meiner künftigen Gemah­

lin muß ich

eben Berge von Genie entge­

gen werfen —- gelingt dieß nicht — dann —

nun dann ist eg immer nod) Zeit genug, mein Leben wieder zur offenbaren ruhigen See umzuwandeln, um jene Lavaströme darein zu festen — Da können sie doch nicht ewig fortkochen? Aber hin zu dir will ich jetzt, meine Kordelia — Du sollst deinen Leib im klaren Wasser, und meine Seele soll sich im lautern Strome der deinigen — in kindliHer Liebe und Reinheit baden!"

Oie ersten zwei Bünde des dritten Jahr­ gangs folgen nächstens.