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German Pages 256 [312] Year 1807
teilenden Dialer Ein Roman
Wi'
----------- - - !■
.-----------
«Wchauk, ihr Sutieh, die Statten tvaHsen,
und die Sonne geht zur Ruh !»
der Zkgeunerhauptmann.
vom
„Unser Stunde!
D rei h erren st ei n
benberger
Minuten.
rief
Rauhthal
Ba
ins
bis
seHzig
hält
Sattelt die Maulthiere."
„Wie abgeschmackt!"
sagte Herr von
Steinach zu einem alten Zigeuner,
dem er sich unterhielt.
ihr sprecht,
mit
„Wenn es euch, wie
niemals an Gelde fehlt,
war
um zieht ihr Nicht von einem Gasthofe zuni
andern?
Warum macht ihr die allerverru
fensten Winkel zu euern Meitenzeigern und Nachtquartieren?
Und dann —
warum
tnögt ihr nicht, wie andere Menschen,
gen:
Don
S a bin iu m
bis
nach 23 ct
ie in Kupfer gestochen,
vollkommen
an
welcher Umstand
bekanntlich dem Oelgemälde erst einen ganz Neuen Werth gebe; übrigens stepe der Vor
dergrund ein feuriges Luftzeichen mit einem Windstöße vor,
der
so wahr
und steißig
gearbeitet sey, daß man ihn zu hören glaubef, der Prospekt enthalte ein großes dün
ke btaueLi Irrlicht, um dieses einen summen den Mückenschwarm, wovon man schon ei
nige todt ins Gras her'abstürzen sehe;
im
Hintergrund betrachte man eine der reizend sten Gegenden von Italien,
die
aber von
t.nem hohen düstern Fichtenwalde völlig ver deckt werde. >—
Das Ganze müsse Jeder,
der es nicht gesehen,
für eine Lüge halten,
auch sey es in der That völlig unbegreiflich — doch möchten wohl die am richtigsten ra then,
welche das
Gemälde
für ein
alle
gorisches Nachtstück ansprächen — wiewohl
— 37 —
dbch schwerlich ein Gemälde mit mehr Licht änzurreffen sey, als dieses,
nnzünde — denn
wenn man es
es sey auf neuentdeckte
ganz massive Asbestleinwand gemalt ■—beim Anzünden im Hintergründe sehe man dort
sogleich einen feuerspeienden Berg
— der
Fichtenwald verdorre u. s. w. — So ging es in einem fort;
immer wußte sich Fink
zu rathen, und eine 2lbsurdität mit der an
dern zu entschuldigen.
Er ließ den unwis
senden Kriegsmann nicht zum Worte kom men, sondern riß den Erstaunten immer von Lüge zu 6üge schnell und gewaltsam hinü
ber. Endlich gewann dieser doch so viel Athem, daß er aus dem Detail entkam,
und sich nun über einen Zafall beklagte, der ihn voriges Jahr von einer Reise nach
Italien abgehalten habe; diese sey bestimmt gewefen,
ihn zum Kunstkenner zu bilden.
Aber Fink meinte, der Herr Major habe sich ja hier unterdessen zum Obristwachtmei ster gebildet, welches nicht schlimmer fey —
überdieß komwe er immer, noch zu früh in Italien an— weil jetzt die französischen Re
publikaner,
und hinter ihnen her die Kosas
seh, Türken und andere Völker eine voll-
- 38 —
tommne Kunftreformation in Italien vorges yommen hätten, yon der man, wenn auch wanchys gute 2Aerk darüber
doch
kommen ,
allgemein
verschiedene Geist und
abhanden ge
hoffe,
daß dep
Geschmack jener Na
tionen sich über das sämmtliche Italien ver»
dem
breiten,
träge gewordenen Italiener
einen Haupt - Straft - vmb
ben,
und
eine
ganz
Kanststpß
gpf
neue Aera, schaffen
Würden. Bei allen diesen Drangsalen —welche
ihm Fink mit so gutmüthiger Freundlich keit zu bereiten wußte, daß es kaum mög
lich war, sich darüber
zu erzürnen
kam
auch der arme W a r n ? k nicht um ein Haar
bpeit weiter in der Bekanntschaft mu seiner schönen Gärtnerin, weil Gundchen im
mer nur lächelnd aus ihre Arbeit sah, und sich an des Malers Eoo.luttonrn
tzen schien.
zu ergö
Alle für sie bestimmten feurigen
Blicke nahm Fink auf eigne Rechnung be stens in Empfang, und bezahlte sie reichlich
Wieder.
So oft W a r n e k sich seiner entle
digt glaubte, schlüpfte er wie ein Aal wie
der in
die Unterhaltung herein,
diente tzen unglücklichem Major-
und be
Als die-
— 39 — fer endlich Gewalt zu brauchen
versuche,
und sich geradezu darüber beklagte,
,-däß
das schöne Kind nicht den geriugsien 2lntheil am Gespräche nehme"— und Gundchen
ihn lächelnd fragte: »wer von den Herren denn wohl hierbei etwas gervinnen würde?"
— und er mit dem zärtlichsten »Sich selbst"
als einen solchen
nannte —
und
Fink
gleich wieder ironisch sagte: »Es käme dar
auf an, Herr Major!" — die fixireude Frage: das?"
und
als auf
verstehen
»Wie
Sie
nun auch die übrigen Maler anfin
gen künstliche Schlingen und Fallstricke von
anderer Art zu legen, aus denen selbst der boshafte Steinach seinen Standesgenossen
nicht zu erretten Lust hatte , sondern ihn noch tiefer hinein zog: da nahm er er»dlich Gele
genheit, seinen Besuch für heute abzukürzen,
empfahl sich wohlgemuth und dachte: »Die
se Pinsel sollen mir nicht ewig
sen , wie heute.
rinmak
wohl das Schätzchen
mit ihrer groben Ironie umkrei
gesehen;
Hab' ich
man
doch die Dirne
darf
sich ja
nun
grüßen und anreden wo man sich trifft!" Alle waren froh über den Rückzug des
Majors;
aber
Jeder
wollte
doch
nw
— 4o — Fink» Art zu perfi'fliren und ironisch seyn etwas tadeln. —
fort: ^schrie Fink)
zu
„Einmal
sollte er
fort ist er,
und hat
sich noch dazu für erzeigte Ehre bedankt ~ wollt ihr mehr, so laß ich ihn sogleich wie derkommen, und stelle mich neben ihn; was
ihr sollt
wetten wir,
ihn , behalten
er euch die Mittagssuppe
kalt
bis
geschwatzt
hat?” ( sagte
„Tut!
meyne nur das:
Steinach.)
Ich
Wer einem Andern etwas
weiß machen will, wovon dieser nichts wis
sen kann;
oder notorisch nichts weiß,
verdient den
meinheit.
Vorwurf einer
gewisses
Die achte Satyre
macht
der Ge
den
Stallmeister bügellos, und setzt den Profes
sor unter den Terzianer — umgekehrt wird
sie gemein und niedrig. schon
neulich vor, als du
ten Juden
So kam es mir
einem beschimpf
bewiesest, eine Kanaille gehöre
unter die Säugthiere und sey eigentlich eine
ostindische Elster, ein
delikater Fisch,
der
wiederkäue und die Klauen spalte. — Ich
hasse diese Art von burlesker Persiflage von
Herzen,
wenn
gleich Herr
bue ste empfiehlt.
—
Am
von Kotze
lächerlichsten
— 4- — erscheinen mir ganze GeseHschaftev, die ei
nem Ankommenden seltsame Fragen vorle gen , deren wihige Beantwortung ihm die Unbekanntschaft mit der ®od)e unmöglich
Der Fremdling wird betreten, .zu
macht.
mal wenn er wirklich Geist besitzt-
Man
warum er
wundert sich rpohl obendrein,
nicht sogleich das errath, worinn nach dem
Wflhne der wahnwitzigen Versammlung d^r Witz bestehen soll.
Zeitverderb,
Endlich, nach großem
kommen dann zwei armselige
Worte Geschichte zum Vorschein, wel che den neuen Gast gewissermaßen beschä
men,,— nicht für sich, Repräsentanten der
sondern als den selbst
Gesellschaft
und welche gewöhnlich,
—
zur Strafe der zu
Schulden gebrachten Gemeinheit,
eine Art
von stiller übler Laune über die Versamm
verhängen,
lung
solchen
Scherze
weil
nichts
nun
mehr
aus
zu
einem
machen
ist. —”
„Dav
Fink) nem
ist
alles
nichts!
(antwortete
Ein tüchtiger Satiriker bläst fei
Nächsten heimlich eine Laus an die
Halsbinde,
lockt dann gute Freunde herzu,
sticht sie ihm mit der Nadel höflich ab, und
— 4- — verbrennt sie öffentlich am Licht. —
doch bei
wenn dn
Aber
dieser Gelegenheit von
so kom
ganzen Gesellschaften reden willst,
men mir gerade die am langweiligsten vor, wo man bloß erzählt, und den für den hält,
Ersten
welcher die
Notizen
meisten
'und Geschichten zu Markte bringt. muthlich wahren
Ver
sind jene hübschen Manner eure
die beim
Gesellschafter,
Pfeifchen
oder Gläschen in schönverzierter ächter För
und
Wassersnoth,
Krieg,
Hunger und
stersprosa von Feuer« Raub
und
Mord,
Fährlichkeit zu erzählen wissen. sie im Geiste vor mir sitzen,
Ich sehe
und euch um
sie her mit Augen voll Liebe! Eine Jagd geschichte jagt die andere--- da ist das
Wild zusammengestürzt — dort hat es ge-
schweiset — dort ist eü
entsiohen.
Nun
noch zur Abwechslung eine einzige verwand
te Reitgeschichte, die aber bald von euch selbst mit zehn andern uberritten wird.
„Was für eigensinnige Pferde giebt es aber
auch in
der Welt — und wie viele hat
nicht schon der N. gehabt — lind doch ver
steht er den Handel — wenn er nur nicht
so viel Unglück hätte — und so sonderbare
—- 4s *• zum Exempel — besonder» im
Alloden
Eolospiel!" —f Da fyat man sich nun auf
einmal in die Spielgeschichten hinein gescherzt — und in der That,
es ist auch
unbegreiflich, wie wunderbar zuweilen die Trümpfe sttzen
hauptsächlich im Lhombre
*------
Doch, ich will kurz seyn: die beque
men
Männer in einer solchen Gesellschaft
fassen Zutrauen und kommuniciren sich. Sie
Weiber können dazwischen sprechen, und sich Anmerkungen über einander mittheilen ; das
allgemeine Resultat ist
also
gewöhnlich:
der Herr Doktor, Förster, Oberst, Kam
merjunker — ist ein äußerst unterhaltender Mann —r ein sehr guter Gesellschaf ter!»
»Deine Schilderung (erwiederte Stei
nach)
trifft zwar,
von uns, send,
aber sie ist allerdings sehr tref.
Beobachtung
hat
wichtigern
einen
und
als es auf den ersten Blick
denn sie paßt eigentlich, unter we
nigen Einschränkungen,
serer
keinen
und die ihp zum Grunde liegende
neuern Gehalt, scheint;
lyie ich hoffe,
auch auf viele un
ausgesuchtesten
und
vor
nehmsten Gesellschaften, deren Unterhal,
- 44 sobald wir sie hinterher unbefangen
lung,
untersuchen, in ein angenehm erzähl, tes
5lichts
Dem gewähnli-
verfliegt.
chen Einwurf,
iangenehm durch
man hab^e sich doch die Zeit den Schwätzer vertriebe .
muß immer mit der Antwort begegnet wer Man soll die Zeit nicht mit einer
den:
so
elenden
Unterhaltung
Die
vertilgen.
gute Unterhaltung besteht nicht in Sachen,
sondern in deren Ansicht, stellungen, über.
ein
Form, in Dar
und in dem Raisonnement dar
Ein geschmackloser Gesellschafter und
fader Romanleser
Erzählung,
verlangen
nur jene
womit sie das Ungeheuev der
Langweile, das ewig wieder ersteht, ermor den —
wodurch der Mensch die menschli.
che Rede und die Buchdruckerkunst herab-
würdigt —>
und welche nicht den
leisesten
Ton für die Ewigkeit im Gemüthe Nachhal
len läßt. Dem Himmel sey es geklagt:' oft glauben selbst die bessern Menschen sich durch
solche Unterhaltung wahrhaft erbaut,
und
übersehen dabei den genialischern Ge
sellschafter, der jene formlosen Erzäh. ler angähnt und die Elogen auf sie belä
chelt,
wahrend er selbst mit zehn Worten
- 45 lebendiger
mehr zur wah
Reflexion
ren llnterhaltung beiträgt, als Jener mit zehntausend Worten todter Geschichte."
Brixenfels
meinte,
dieses
Der-
kann werden sey zum Glück, auch in schlech
Gesellschaften,
teren
doch
nur
selten
dec
Fall des eigentlichen Genie's. Denn greife
dieses
gewöhnlich mit
oder
Absicht nach
nach inhaltlosen Fabeln
gemeinem Stoffs,
elenden Klatschgeschichten,
um daran
seine eigne witzige Bearbeitung und schöpfe
zu
rische Geisteskraft komische
Geist«
Haufen
Genie
Das
verherrlichen.
insbesondere und
unwiderstehlich,
sey für
müsse
alle einen
Bauern eben so gewiß belustigen,
ja zum Lachen
als einen
forciren können,
Haufen Staatsminister. „Ay, liebsten,
(sagte Fink)
tummle
ich mich in solchen
deutschen
scha fte n herum,
wo man gut altfranzv-
sisch
ist,
Gesell-
zwey Sprachen redet und keine
versteht, wo die Koketten
und alle ältliche
Herren sich mit der ehemaligen Pariser For mel so lange ins französische Jahrhundert zurückängstigen,
bis
der
heilige
deutsche
Laut in falschen und abgeschmackten Galli-
ä—
ziiömen verklingt.
—
solchen Gesell-
Oder in
schaftey^ wo ein einziger großer literarischer Gigant sich aufbläht, um irgend ein kleines,
gutes, harmloses Zwerglein mit einem Berge von Gelehrsamkeit zu erwersen — oder wo mehrere poetische Bologneserchen,
die alle
Mit (ipigrammchen trächtig gehen, um solch eine große, finstere Dogue heruckklaffen, die
eins nach dem andern erbeißt — das heißt r in
ächt
Gesellschaften.
deutschen gelehrten
Oder m den Weiberzirkeln
kleiner Städte,
wo eine Reihe schöner, geschmackvoll geklei deter Mädchen still sitzt,
auch wohl zuwei
len aufsteht, sich noch ganz artig verbeugt, und nur
durch die unbeholfenen Reden den
Fremden plötzlich zu lachen macht, sich
von
dem allen
welcher
wirkliche Bildung ver
sprach, und nicht weiß, daß die schönen Kin
der nur das Alleräußerste von denz abgesehen haben,
ihrer Resi
und nun glauben,
darin bestehe die Bildung, und damit könne man wirklich in Gesellschaft gehen. — Aber
ihr selbst, meine Herren, genialischen Werth
verkennt oft den
des Menschen,
sobald
dieser gern viel reden mag, wie zum Exem
pel
der Bescheidenste
meiner
Freunde
—-
— 47 — sder sehr lebhaft za
wie ich.
seyn pflegt,
Wer lange überlegt, ehe er sich mitein paar
klugen Worten hervorwagk, der ist sicherlith ein dürftiger Kopf. Diel reden fodertKunst.
Besser ists etwas thun als
sen.
ein
Brüll —
und
urtheilfertiger Mensch trägt ge
Ein
wöhnlich
vieles unterlas
schuldloses Gewissen
sein Gott
hat ihm
in
verlaugnet sich
den Stempel
auf die Stirne gedrückt —
der
nicht,
des Freimuths aus
den
Lippen geht es hervor, rein und wahr,
wie
eg oben geschrieben sieht.
und
Wozu hrnterm
Berge halten's' Das Genie will Luft —fein
Reichthum stürzt sich wie ein Bergström in
das
weite Land,
schon
haben nicht
Welche
große Sacken
tolle Engländer
durch
wildstuthendes 9? also normens, )n durch blo
ßes Schwatzen sie
sich
herausgebracht!
ausreden lassen.
Deutschen —
Man/ hat
Aber
bei uns
o wie mancher schöne Geist,
d^r kaum die ersten
Sätze gethan,
wird
jährlich auf unsern kritischen Hatztheatern er würgt !
Wahrlich
in
wo sich das Genie zeigt,
dem
Moment,
ist es die Schul
digkeit aller Welt, ihm zu huldigen. thut nicht Blicke in
die Heimath
Wer
der Kunst
- 48 und des Geschmacks, die Harfe greift ?
hen,
wann der Genius in
Wer mag ihm widerste.
wann er den oolleften Reichthum un
serer Gefühle umfaßt, wie ein plötzlich hell
tönender Paukenschall die Fülle der reißendsien Symphonie^ — Waö? Ich darf und will meinen Zeitgenossen
nichts
von
dem,
was ihr Eigenthum ist, entziehen, so lang ich diese treue Zunge noch zu
regen
und
durch Trunk und Speise für meine Mitwelt zu erhalten
vermag!
Ihr Menschen,
die ihr da sitzt und vegetirt wie ne
—
warum haltet
stille H^i-
ihr mich für toll?
Laßt sehen, wall habt ihr vor meinen voraus? —
Ich
Wenn ich witzig bin wie De
mokrit und Protagoras, und euch obendrein für meine werthen Landsleute erkenne,
hiermit geschieht,
wie
so weigert'ihr euch mei
nen Witz gut zu nennen, weil sein geheimer Sinn gewöhnlich nicht tiefer versteckt liegt,
als der Dogelscheu in der Gerste, und weil
ich die Masse von Klugheit nicht an
bemerken will,
die euch aus dem Füllhorn
der Zukunft verheißen seyn mag; da Recht? — chen Morgen
euch
Wenn
wer hat
ich an diesem herrli
die Spitzen der Gebirge su-
— 49 — He, mich wie ein Kind des Himmels in Gluth und Thau, in Licht und Schatten berausche,
un«d wenn die befreite Seele sich über irdi
sche Landschaften hinaushebt und, dem hei» ligen
Frühroth die Flügel entgegenschlagt,
so sitzt ihr hier,
trinkt Thee,
ergebt euch
allenfalls der Empsindsamkeit dabei, rade. brecht die Mutter der Natur,
oder sucht
das kleine Nestchen von kaustischem Salz« wasser an euern eignen architvchischen Dor
nen
zu
gradiren,
damit es nicht dumm
werd^, oder damit ihr euch, wie es so eben das Ansehen hat, noch obendrein über meine Strafruthen lustig machen könnt; wie denn
heut zu
das
Tage auch die politischen Lumpen
größte Recht und Vergnügen
daran
suchen, einen prächtigen Pallast abgeschmackt
und lächerlich zu sinden. — Wenn ich- liebe, wenn ich, von der Schönheit getroffen, vor
rhr hinsinke,
schließe, abmalen
so
und die Lebendige ans Herz
möchtet «ihr lieber sie vorher oder Ovids Kunst zu lieben
mit Noten in usum Delphini efcircn — oder
ein
bürgerliches Lustspiel schreiben,
ein
Unterzollrechnungsrevisor
die
worin Tochter
~ 5o — pes ObervicesalzkaffeneinnahmsdepukazionSsekretairS nicht lieben darf,
subalternen Titel hat,
weil er einen
unid einen kurzen —
oder ein häusliches Gemälde in fünf Akten,
worin Aeltern und Kinder sich wechselseitig den Lebenspfad mit Rosen und Fußangeln
bestreuen müssen, damit am Ende alles gut werde — oder ein raisonnirendes DerzeiH-
niß
aller jetzt lebenden Gelehrten,
die Katzen nicht leiden können —-
welche
oder Le
bensläufe aller totgebornen Autorenkinder —
oder —
o,
was könntet ihr nicht alles
schreiben, währelid ich lebe!
Zum Exempel
ein Werk mit einem vornehmen oder Universaltitel —
—
das Ganze
Bemerkungen
dec Menschenzucht
alle Gegenstände
über
und Nichtgegenstände, ein Lesebuch für Je
dermann und Nichtjedermann,
besonders
aber für Menschen und solche die es gern
werden wollen — Momus, oder die Na
tur, wie sie seyn sollte,
nebst einigen Bli
cken auf verschiedne besondere Weltkörper — über Romanheldinnen, dere Spielarten
und etliche an
von Miltonü
Seraphim,
ein Handbuch für Jungfrauen und solche
die es nicht sind
die Kunst alles was
— 5i einer Seflimjnung fähig ist in Geld zu der»
wandeln, nach den Bedürfnissen unserer Zeit eingerichtet — über Blähungen und Stahls
zwang in pragmatischer Hinsicht, in zwang losen Heften-------- Doch ,ch muß mich selbst
unterbrechen, um auf den Major zurück zu kp/nmen; denn ich sehe vor lauter vorge
steckten Zielen keinen Pfad mehr und Gun d-
naht
chev
uns schon wieder. euch
in der ich
diesem Freier ihren
genug er geht,
überreiche
meine heutige Lust mit ihm soll, Himmel will,
Ihrem
kann die Manier väüg
Vater und gleich sei)N,
Korb
—
und
wenn der
nicht die lehte gewesen seyn.
Aber sagt mir,
wie euch
dieie
neue Be
kanntschaft gefällt; und was haltet ihr von feinen Absichten auf G u n d ch e n?"
„Sie Franken
(sagte Brixensels)
waren, selbst in den Zeiten ihres galante sten
und
abgefchmalktesten
Euphemismus,
doch viel vertrauter mit Unschuld und Vas
tur als unsere dermaligen überladenen Lands
leute, welche jeht Ausgeburten,
fatale widrige Mensch, bilden
sein
unter sich zeugen,
und dulden können.
Gesicht —
Seht nur in
jeder Muskel
D s
wie dieser
zerrt eine
— 52 — neue Untugend ans Tageslicht *r-
o es
giebt nichts Unwürdigeres als den deutschen
Allenschen, wenn eine verkehrte Kultur seine Menschheit
verkrüppelt hat!'
das
Selbst
Ernstere an ihm, - die Leidenschaft, wird ge
ckenhaft und formlos —"
„Bewahre!
(rief
Fink.)
Du kennst
meinen zarten Major sehr schlecht.
Ueber
die L e i d en sch a ft ist er längst erhaben!
Glaubst du
daß
er den
unser unschuldiges Kind,
habe,
was
vielleicht,
es
wolle,
Plan
es koste
unmenschlicher Weise
zu
verführen, und sie dann etwa standesmäßig
sttzen zu lassen? — Nein, nein, denkt er nicht.
stdenz — das heißt, gekommen.
so weit,
Der Gute ist aus der Re-
aus seiner Ordnung,
Dundchen
wohnt ihm be
quem, und sie ist irgend ein weibliches Ge schöpf;
dergleichen stehen hier
seiner vorgeschriebenen Diät;
und
da in
unser Freund
sorgt für seine Gesundheit; ^r betrachtet das
Laster
als ofstci,nell,
heilsame Kräuter. — um
wie Gartenluft oder Ferner:
Er
wirbt
die Hand der schönen Ida, um —
seinen Fuß näher und fester zum Fürsten zu setzen,
der sie und ihren
Vater
verehrt.
— 53 Er
zugleich
betet
das Fräulein Hofdame
au,
von Landstein
Ehrenstelle
höchsten
selben
weil diese wahr
sobald sie geheirathet hat,
scheinlich,
der
entgegenblüht,
in welcher die Gräfin Wallenberg seit Alles dieß,
her nach und nach geveift ist.
es
betreffe wen es wolle,
verspricht dem
Major ein angenehmes Leben, zum
Arrangement
feiner
führt ihn
zerrütteten Der-
mögensumstände, und gehört überhaupt zu
seiner bequemeren Einrichtung. unter Luisens
weilen. die
Doch
Freyer wagt er sich zu
nicht sie,
ih/r reiht—
Selbst
die Schönste ists
nicht sie,
schreckt ihn zurück —
die Tyrannin
nur für den Vater,
für dieses alte theure Liebchen,
hereditate quaestio est,
de cujus
brennt
er
in
rechtlicher, reinjuristischer Gluth, ohne sträf liche Nebenabsichten
UebrigenS
auf die Tochter.
hat mir der
—
alte Erdmann
diesen Morgen schon gestanden, daß er mit
seinen
Einmiethlingen
sehr
zufrieden
sey,
und es lieber sehe, wenn wir ehrlichen Leute seine Tochter duhten, als wenn drüben die Herren Kavaliere sie mit Engel, und an-
54 kein SpiHnanrm beehrten
und den plura-
lem gebrauchten." „§r ist
ein
wackerer Alter,
(fugte
Schweizer) bis auf den L i n n £ Schon die Lrziphung feiner Tochter giebt ihm ei
nen
Platz
unter
den
achtungswerthesten
Männern, wenn gleich die schöne Ida die
eigentliche (Schöpferin düng ist.
ihrer feineren
Dil.
Aber sobald er in den Linns
kommt —" „Wann werdet ihr doch Toleranz ler
n k ein.)
nen ! (fiel
Ein jeder Mensch
muß ja feinen Narren mit sich herumtra
gen —
wenigstens in seinem Metier! —
Aher ich bitte euch, seht!
selbst hergeschwebt-
Dort kommt sie
die herrliche
Luise.
Seht doch,-wie hoch sie sich trügt an der
Seite des rüstigen Dakars * und unbändig es einherstolzirt,
wie üppig das köst
liche Wi^d dem die edelsten Jäger im Mor
gen
und Abendthau
nachjagen —
für
welches auch der Beste sich über dornige
Felsen reißt,
und seine Kraft in Liebe ver
blutet !" Ida und
lief erfreut auf ihre Schülerin
Freundin
Kunigunde
zu,
und
55 — schloß sie in
die Arme.
Langsam
folgte
ein ganzer ZuL von der Hofgesellschaft, die Diese hatte sich
Prinzessin an ber Spitze.
mit dem,alten Erdmann in einen Bluverwickelt,
mbnstrelt
und
foderte
jetzt
Schweizern, der vorzüglich schöne Blu
mer malte, zum Richter auf. „Ich behaupte, (rief drr Alte) daß die Franzosen,
revera und dem ©inne nach,
eine ganz andere Blume dem Andenken ge
weiht
haben als wir.
Denn
bei
ihrer
Germandree denken sie sich weiter nichts und doch isi sie unser Garten - Vergißmein
nicht,. das eigentliche Cynoglossum om*
phalodes Linnei. Ihre buntscheckige Pensee hingegen nennen wir Stiefmütterchen — ein
Name,
an den kein Mensch gern denkt;
und das ist die wahre Viola tricolor Linnei.
Ich will
es
Durchlaucht aus zehn
Büchern beweisen — Schweizer that den nöthigen Aus
spruch und stellte den Alten zufrieden. Man begrüßte sich,
trat in Gruppen zusammen,
und spann Gespräche an,
die bald in die t>ath
allgemeinere Unterhaltung gezogen,
- S6 -
von einzeln umherwandelnden Paaren
e i
riger fortgesetzt wurden. Unsere Maler hatten bei Hofe
Aufmerksamkeit erregt —
große
nicht so ^ohl we
gen ihrer schönen Kunsttalente und des da
mit
verbundenen Grades von höherer Bil
dung ,
als
vielmehr
des
wegen
sehr be-
welchen sie
trächtl chen Aufwandes,
hier
Zwar hielten ste nur einen ein
machten.
zigen Bedienten,
der noch dazu ein armes
verwaistes Malerskind
sollte.
seyn
Und
aber ste lebten
zugleich ihr Schüler war;
ziemlich glänzend, zwei davon schienen nur
für sich selbst zu arbeiten, und suchten »keinen Verdienst.
Es fehlte ihn^n nicht an Auf
trägen zu Malereien aller Art;
allein ste
wählten immer aus diesen bloß die schönen,
für ste selbst interessanten
Arbeiten,
und
wiesen alles übrige mit einer gewissen feinen Bestimmtheit zurück;
welche um so größere
Verwunderung erregte,
theuern
Preise
versprachen.
da
ihre unmäßig
ihnen nur wenige
Kunden
Am unbegreiflichsten war es,
daß Brixenfels, welchen man im Besitz der Ne.se« Kasse wußte, und
dessen Klei
dung und Lebensart überhaupt den größten
— 51 — Reichthum bewiesen, sich dennoch unter al
len am begierigsten nach Arbeit und eigent
lichem Verdienste bezeigte.
Dieser Mann
schien'unter feinen Eesellschafteln das große
Die beiden übrigen faß
Wort zu führen.
ten selten einen Entschluß ohne seine Zu Nichts war ihm zu
stimmung.
sobald es darauf ankam,
kostbar,
den Erdmann-
fchen Hausgenossen ein Vergnügen zu ver
schaffen,
oder
schönen er
Genuß
sich
am
gearbeitetes
Hohenblat- und
den
Hochstein scheu
Familien irgend
bereiten.
zu
Morgen
Portrait
eine
Oft ein
für
einen
ließ
siüchtig
Summe
aus
zahlen , die dem Käufer ungeheuer vorkam,
und
doppelten Betrag
deren
der Maler
schon des Nachmittags in einer Lustpartie wieder verschwendete,
oder Abends in ei
nem Feuerwerke zu seiner und seiner Freunde
Lust
aufstiegen
ließ.
Mit Bewunderung
seiner trefflichen Kunst konnte man ihn nicht bestechen; eg war ihm nur um reichliche Bee
Zahlung zu thun; dieß aus
wenigstens
schloß man
der Gleichgültigkeit, mit welcher
er das Lob
einiger Kenner und fremden
Künstler aufnahm.
Dabei hörte man ihn
58 oft über Fleiß, Mäßigkeit und gute WirthsHaft reden,
und diese Tugenden seinem
Freunde Schweizer,
hauptsächlich aber
dem lockern Fink, nachdrücklich empfehlen,
während er selbst doch nur die erste davon zu besitzen schien. — Zu diesem allen kam,
daß vor
einigen Tagen
das Hoffräulein
von Landstein aus einem Gespräch un»
ter unsern
Matern in den Büschen eines
kleinen Boükets ganz
vernehmlich die be*
deutenden Worte gehört hatte: „Nicht doch, lieber Graf, und wärst du auch noch zehn
mal reicher,
so muß doch immer eine Art
von Rechnung unter uns bestehen,
damit
niemand sich dem Leichtsinn ergebe, oder in seiner
natürlichen Freyheit gestört werde?'
Leider hatte man nicht
erlauschen können,
an welches Glied der Gesellschaft eigentlich
diese Rede gerichtet gewesen, gesprochen; allein,
oder wer sie
wieviel hatten nicht die
Mater seit jenem Augenblick an Interesse gewonnen,
unter
da ein verlarvter reicher Graf
ihnen steckte!
Der größte Verdacht
fiel freilich auf den stolzen
D r i x e n fe l s,
wegen seiner reichen und vornehmen Umge bung.
Allein wenn man zuweilen bemerkte.
— 59 — wie schnöde der leichte Fink
Gesellschafter behandelte,
seine beiden
wie williA
und
diese doch immer seine tollen Streiche vertra ten —'
oder wie nachlässig Schweizer
seine Kunst in Rücksicht auf Ge^dverdienst
betrieb, so —,
wußte man ^ben nicht was
denken sollte,
man
und suchte deßwegen
die Mater nur desto emsiger
Diese
auf.
hielten aber ihr scheinbares Inkognito fest,
und lebten übrigens in so völliger Gleichheit, daß man einzig auf dem reichen
fels
die
natürlichste
Brisen»
Trafenpläsumtion
konnte haften lassen. Auch heute fehlte es nicht an
allerlei
kunstreichen Fragen und Antworten.
Fräu
lein Landstein theilte ihr Geheimniß im engsten Vertrauen I d a'n und Luisen mit. Erstere erhielt nemlich von
Schweizern,
die zweite von Brixenfelsen Unterricht im Zeichnen;
täglichen
daher hätten beide
vielleicht etwas näheres wissen können. Id a
schien betroffen von der Nachricht.
Luisv
lachte über die Neugierde der Land stein. „Ich will es den Augenblick erfahren! (sag
te sie,) reiset.
Denn der Vetter ist mit ihnen geDetter,
geschwinde
hieher!^
— 6o — der in
Steinach,
zugsweise der vor ste.
beiden Familien vor
Detter hieß,
trat sogleich
„Welcher unter Ihren Malern ist
eigentlich der ®cnf-)v Steinach rpnt sehr verwundert, und
gab an, er selbst sey einige Jahre lang ein Gesellschafter dieser drei Menschen
gewesen,
und halte sie für wahre reisende Maler, da er sie während ihrer ganzen Bekanntschaft
fast
immer
reisend
und
malend
gekannt.
Sollten sich etwa Grafen unter ihnen
ver
borgen halten, so werde sicherlich der unge
schickteste Maler der reichste Graf seyn; und
er bitte die Damen, seine Freunde sogleich nach diesem Maßstabe zu untersuchen, wo zu er von Herzen
behülflich seyn wolle.
Die Sandstein,
welche
dergleichen
vom rechten Weg abführende Scherze schon
an Steinachen
gewohnt war,
und warf den Kopf zurück. schadenfroh.
schwieg
Ü uise lächelte
„O ich lache nicht mit Ihnen,
(sagte sie aber schnell zum Better) und wis sen Sie wohl, daß es eine unleidliche An
maßung ist, in Gegenwart einer Dame Ge heimnisse zu behalten,
bietet?»
sobald sie das ver
— 6i — Er verbeugte sich tief, unfr sagte: „Ich
bin aber ein armer Landedelmann, der nicht
einmal ein Geheimniß Alles was Sie da
im Vermögen hat.
sagen ,
schöne Kusine,
ist übrigens gut und wert^,
daß
Sie die
Regel einigen der vpmehmsten unter Jhreu
Lieblingsfreierrr selbst einscharfen." „O
der fadwitzige Mensch!”
rief
die
erbitterte Luise, und stieß mit ihrem Son» nenschirmchen heftig nach seiner Hand. „Meinen innigsten Dank für ^diesen neu
en Beweis Ihrer Gnade!"
sagte
Stei-
n ach etwas lebhafter, aber mit eipem wirk
Lächeln,
lichen
indem er ein
Augen nach dem blauen Hand
richtete»
Paar große
Fleck auf seiner
Wahrend dessen hatte er
sich beider Hände Luisens bemächtigt, die er langsam, aber mit solcher Stärke drück te ,
daß ihr der Schmerz Thränen
in die
Augen trieb. Sie kam zu sich. „Steinach, (sagte sie)
es war eine Ungezogenheit — man soll mich nie eine zweite der Art verüben sehen —
aber Sie kennen meine schwache Seite —"
„Die Freier?" erwiederte er,
und be
hielt die kleinen heißgedrückten Hände in dea
62 — seiNkgen,
weil „ihre Besiherrn noch immer
kühler werden müsse ”
jjUnb dann, sind Sie unwahr gewesen z (fuhr Luise fort ) Wer w.rd ^zhnen glauben, daß Sie kerne Geheimnisse hätten?”
sagte ec verwundert ,
vTBeldje
und
ließ sie endlich toö. t)£) die entseßlichen Manner!"
auö, und hob
rief sie
zum Beweise ihrer Anklage
gegen S t e i n a tf\ e n
die rothen Hündchen
empor. beim Hut?mel!
»>Sö ist wahr,
ihr
Feind mit komischer
(sagte
Wehrnurh )
Ach,
diese gurten Häirde ertöten in meine Seele über das
gebrauchte Recht des Starkem.
Aber Gott sey Dank, daß es noch Damen giebt,
die uns dieses unselige Recht
den Händen zu winden
zu ihrer Uebung
an
spielerr ' Und gewiß,
missen , uns
aus
sie
in dem
das Prävenrre
die sublimste Tugend
an einem schönen 'weiblichen Wesen ist und
bleibt doch immer
„Nein, glühend)
persönliche Tapferkeit
Steinach,
ich will
(fugte
Luise
es endlich halten,
Sie
sollen gar nicht mehr in meiner Nähe ge-
63 — duldet werden.
Gehen Sie nnc
uus den
Augen!"
Er verbeugte sich,
Freundin (Emilie,
und trat zu ihrer die
ihn
auf den be
Abend zu einem Spaziergang
nachbarten Hügel einlud.
diesen
für
„O nein ,
(rief
5? uife dazwischen^ du gehst mit mir abenr, E m i l l e. •— Herr Fink,
Sie sollen uns
begleiten, wenn Sie artig fepn wollen —"
„Wie ein Halb . Gott 1 (schrie F i n B j Eg ist ganz recht, d ich anrischlicßt !
Steinach,
daß mein
Niemand wird sich, Gott
sey £)ünU, derner an nehmen Man fin11 nun über die Abtndpartien,
die Alten mischten sich dre-n ,
und die Prin
zessin (die nicht gern
in Luisens
Gesellschaft war)
lange
entschied endlich
dahin:
Luise und (Emilie sollten, von Finken
und
Schweizern begleitet,
auf ihren
Häge! wandern ; Franziska selbst wollte mit I d a'n und der L a n d st e i n einen an»
dern besteigen, um den Untergang der Son ne zu sehen, wozu Brixenfels den wurde.
eingeta-
Steinachen hätte die Prin
zessin vergessen,
und als sie zu spät sich
seiner erinnerte, verlangten Luise und die
- 64 Landst ein mit großem Eifer, man müsse
die Gesellschaften
nunmehr
als
geschlossen
ansehen, und führten so viel Nachtheiliges
von Steinachen an, daß Franziska
ihn endlich ausschließen
mußte.
„Es giebt (sagte der Derstoßne) einen dritten Platz,
wo
noch
ich von jeher ant
liebsten die Sonne untergehen sah, welchen aber außer mir nur wenige Menschen ken
nen.
Ich werde ihn von meinem Gut aus
besteigen, und mich Ihnen allerseits gleich nahe befinden, ohne meiner Kusine ihre
Freude zu verderben.
Aber ich prophezeihe
einen herrlichen Abend."
„Wir sollten lieber alle dem Herrn von Steinach folgen ! (meinte F r a n z i s k oe)
Er kennt die Gegend am genauesten." „Wenigstens wäre es schön,
Luise)
(versetzte
wenn er selbst uns hierum ersuchte.
Aber ich will den Dlatz wissen, Detter!”
„Morgen
laubniß bitten,
Fräulein
(sagte er)
will
ich um Er
Ihre Durchlaucht und das
Landstein
ganz
allein
dahinzu
führen."
„Guter Detter, den Platz!" schmeichelte Luise.
- 6$ »Morgen!"
sagte er, und blieb unec>
bittlich.
Alles trennte sich,
nachdem man die
nöthigen TreffungSpunkte verabredet hatte,
unter lautem Lachen und Scherzen über den
verlasst-nen Steinach,
der sonst die Seele
aller gesellschaftlichen Anstalten war.
Schweizer setzte sich in ein abgeles genes Eckchen am großen See, um dort eine der
schönsten Baumgruppen des Parks zu
zeichnen.
Halb im Gebüsche versteckt, das
Reißbre, auf dem Schooß, arbeitete der Künstler geheim, still und emsig; er labte sich an den hochempoegrünenden Gewölben
des gegenüberliegenden Waldes und der rei nen Spiegelfläche des Sees zu seinen Füßen.
Don der Seite her spielte sich zwischen schwär, zem Gestein ein fanftgeschlängelter heiterer
Bach aus dem Wald
in die breite Fluth
hinab, welcher aus jenen Finsternissen noch eine neue Labung mitzubringen schien,
dem er süßlönend in die Tiefe rann,
in. nn&
dort leisewallende Ringe bildete, welche dem E
— 66 —
BaumsHotten im tiefen Spiegel em saftigefeuchte- Leben mitthellren, und die Cmpfirrbung einer kühlen Einsamkeitvollendeten. Die fünften Dasserkk-eise zogen so langsam, daß man zwischen ihnen zlNverlen die Singvögel auf den Zweigen der Tiefe erblickte. Denn die selteneren Waldvögel liebten diese frische Einöde; da wohnten die gesprenkelte Drossel» das Rorhkehtchen und die gelbfchuablige 21 in [es mit der Nachtigall in ver traulicher Nähe beisammen; alles kam hieher; um über dem lieblichen Gemurmel zu fingen und aus dem klihlenden Waldbache zu nippen; selbst dec liebe Vogel der Kinder, der scheue Kuckuck, ließ einmal fein selteneGefieder sehen; er schwang sich aus dem hohen Dick g zur dunkeln Waldwiese herab, pickte heiml.ch nach dem Gewütm und er frischte s'- r-e Schwingen in dem hier ewig per lenden Tyau. — Desto Heller war es vorn, neben unserm Künstler aus der zarten Wie se. Da prangte über dunkelm Gras der Scbmelz von tausend Blumen ; gelbfarbig floß der Sonnenschein hernieder: Schmetiterlmge, summende Bienen und Käser trieben sich
spielend um all die Honigkelche herum, und
— 67 — /freundliches
Leben durchhüpfte die Siu*
in
zahllosen Pulsen,
»O sagt mir doch, (tief der Begeister te aus) wo grünen denn lieblichere Bäume
als aus deutscher Erde! —
Wie riet edles
Laubwerk ist an dieser kleinen Stelle versam melt, die einzig von der vaterländischen Na
tur geschaffen^
von der Kunst nur beschützt
und versteckt ward! — Dort unten an den Ufern bilden saftvolle Haselnußffauden und
blaue Erlenbüsche eine tiefe Nacht,
in wel
che der melodische Bach, wie schlaftrunken, über die finstern Steine hinabschreitet, indem er noch zuweilen mit seinen Silberblicken mich
anblinzt.
Ueber diesem Dunkel strebt zuerst
die gelbliche Esche wie ein Derg empor, Ihr zur Seite wanken die blühenden Rispel -ev
edeln Hainbuche,
sanfte Wogey. hen
und
des Lindenbaümea
Kolossale Rothbnchen dro
über jenen hervor wie grüne schroffe
Felsen, und
einzelne Trauerbirken behän
gen wieder diese Zacken mit Hellen stüstern-
den Ranken. Aber mächtig überragt noch mit ten eine weißliche Wolke, aus Blättern des ho hen Ahorns gewebt, die vielfarbigen Grup
pen — und nur jenen majestätischen Eichen
E 2
— 68 — an der Seite ist es verliehen das Ganze end--
lich zu überwältigen;
ernst stehen sie da,
ungeheure Greise, und greifen empor nach
der Himmelshöhe. — Die edle zarte Erde duldet keine ärmlichen Pflanzen; die hungp
rige
Aspe
werden
die
und
hcec
wie
unreine
Saalweide
Fremdlinge
verdrängt
vom schönern Stammvolke des Landes —
o deutscher Boden,
wie herrlich lohnst du
deinen Künstlern, und welche köstlichen Woh-
nungen bietest du deinen gefiederten Sän gern !" Mit inniger Lust zeichnete er weiter.
Auf einmal schrie ihm eine gellende Stimme zu:
»He, was macht er hier «'" — Unser
Freund erblickte nicht weit von sich einen Menschen im grauen Uederrock,
welcher,
da auf seine seltsame Eourtoisie nicht so
gleich Antwort
erfolgte,
nochmals hitzig
ausrief: »He, härt er wohl '?"'
»Mein Freund, (sagte Schweizer mit einiger Hastigket) hat er vielleicht hier
zu befehlen
Der Mensch ward vor Hitze blutroth, und sprang, ohne ein Wort zu sagen, mit
aufgehobenem Stocke nach dem Künstler zuf
— 6g — erhob, und ihn mit ziemlicher
ävefcher
Nutze
Zehn
erwartete
Schweizern
Schritte
gleitete er auf dem Nasen
griff nach einem Zweige,
aus,
von
verfehlte
diesen, und stürzte hinab in den See
»Ich E)thaute von Herzen!" rief ihm
sein Gegner zu,
warf den UeberrocE ab,
u-nd fefyte ihm mit einem ächten Schwimmer« fprunqe nach, langte aber fast zu spät bei
dem Feind an;
denn dieser hatte.un Kam
pfe mit dem Wasser und
der Angst schon
alle Kraft verloren und begann eben unter*
zustnken,
als
ihn der leichte Schwimmer
wieder zum Leben emporzog.
(?r trug den
Ohnmächtigen mit nicht geringer Mühe ans Ufer und in die nahe Fischerhütte.
Dort
warf die gute Natur bald das wenige verschlllckte Wasser au^s,
und nachdem er von
S chweizern entkleidet, rtuf dessen Heber»
rock umhüllt und in die Thüre an den war men Sonnenschein
gesetzt worden,
er
und faßte seinen Retter
sich
langsam,
erholte
ins Auge.
»OTtein unbekannter Freund , er und drückte S ch^lv eizers
( sagte
Hand ans
Herz) ich fürchte. Sie werden noch nach»
— 70 — Eh eiliger über miH urtheilen als vorher, wenn ich Ihnen sage, daß ich der Fürst dieses Landes bin." Erst vor wenigen Munden war der unfern Malern noch unbekannte Fürst, von einer Reise zuruck, und* in S a bj n 1 uyi nngekommen. — Schweizer überblick te schnell ihre beiderseitige Lage, welche au genblicklich , und zwar mir der möglichsten Delikatesse, verändert iverden mußre. Ec führte nur wenige Worte zu seiner Recht fertigung an; sein Gegner bel'lagte sich de sto bitterer über sich selbst, seinen Jähzorn und die böse Gewohnheit, über Jeden, dec ihm nicht sogleich antwortete, ärgerlich zu werden. In wenigen Minuten hatte Schwei zer für beide trockne Kleider aus der Einstedelel durch die Gebüsche herbeigeschast t und heiml ch nach dem Kammerdiener des Fürsten geschickt. Während der Toilette blieb der Fürst in tiefer Rührung über den Eiser des Malers; er sprach von Ablegung feiner Fehler, von Anstellung und Beloh nung des beleidigten Mannes; ja endlich erbot ec sich zu jeder Art von Genugthuung
— 71 Hoegen jener heftigen Drohungen. Aber der Mnter zwang seinen eigenen Ctolz in die Vchranken einer männlichen Kurz ^lbigkeit, und erwiederte die-gegentheilige Herablassung mit keiner tiefern Demuth als das De Hallniß erlaubte, welches nach den Formen der großen Welt zwischen jeder Person von hohem Nange und einem freyen angesehenen Fremden bee Ziehen muß. Um der Rührung des Fürsten mit Herzlichkeit zu begegnen , dazu suhlte Schweizer sich zu kalt, und der erste Moment ihrer Bekanntschaft hatte zu un angenehm eine seiner schönsten Gemüthestims mungen gestört. Sobald er daher den Kammerdiener von ferne kommen sah, entschlüpfte er schnell mit dem verbindlichen Vorschläge: die schicklichste Wendung der ganzen Geschichte dem Gutdünken des Für sten ganz allein zu überlassen, da außer ih nen beiden zum Glück noch keine Seele et was von dem Vorfälle wisse. Allein nach wenigen Stunden brachte man ihm ein Billet des Fürsten, worin die ser ihn so dringend für einige Augenblicke auf sein Zimmer einlud, daß er sich ent-
73 — schließen
mußte,
tzen seltsamen
Gang zu
thun. Der Fürst stank» freundlich da, und be fand sich vollkommen rropL
hielt ihn umschlungen, weint,
Seine Tochter
und hatte heftig ge
„Ja er ists 1”
rief sie,
flog
Schweizern zu, drückte ihn ans
auf Herz,
und überließ sicb ganz jener frohen schwär merischen
Zärtlichke t,
womit der höhere
Adel unter den Menschennaturen sich ^uwei. len schnell findet,
und im Wechsel himmli
scher Grüße berauicht.
Dann blickte sie,
die Retterhände fest an die königliche Brust
gedrückt, zum Himmel auf, und d»e bliihen-
den Lippen hauchten saßzammernd das edle Wort des „Danks" hervor.
Eine fallende
Thränenpecle schien hellglänzend den melo
dischen Hauch zu theilen.
du
„Gott, (rief sie)
wirst den edeln Menschen glücklich ma
chen — ach, warum vermag es Fran
ziska nicht!" —
Mit verhülltem Gesicht
ging sie von ihm.
Er war im Innersten
gerührt,
und wollte eben versuchen za re
den , als die
verließ.
Prinzessin schnell den Saat
— 73 — Lächelnd ^afte der Vater die Scene^ Er sah jetzt der Tochter
niit angesehen.
(1HI nach, trocknete
die Augen,
armte den Maler. mit mir! (sagte er.)
Wagen Sie es immer Zum Glück sind die
Fürsten gewöhnlich besser
als sie scheinen.
ich fühle seit heute manchen in die
Auch sem
und um
Herzen,
was
des werth ist.
eines
edeln
Freun
So lang ich athme,
kann
und werde ich nie vergessen, was wir beide thaten —. aber Ihnen und der ganzen Welt
außer meiner Tochter will ich es
suchen,
verschweigen
retteten. —
daß
ewig zu
sie mein Leben
Nur eine einzige Frage beant^
Worten Sie jetzt meinen Wünschen gemäß:
Wollen Sie ea nicht verschmähen, künftig ein Einwohner meines Landes zu seyn? Es wäre
ein
wohlthätiges
Ereigniß
— für
mich!" Schweizer fühlte jetzt eine bestimm,
ters Zuneigung zu diesem Fürsten, welcher,
bei starken Leidenschaften, doch im Besitz eu ner überwiegenden Herzensgute,
wegfameu Gefühls,
eines be-
und einer gewissen of
fenen und geradsinnigen Biederkeit seyn muß. te, wenn nämlich die allgemeinster»
Regeln
— 74 — bet Menschenkunde auf sein Dekragen and
wendbür
bleiben sollten,
-r*
Durch eine
lange interessante Unterredung kamen
einander viel ccaher.
sie
UebrigenS beantwor
tete Schweizer die vorg^legte Frage nur herzlichen Versicherung, daß
mit der
ihm
und jedem Kunstler der Aufenthalt in einem so reihenden und gesegneten Laude sehr wünschenswerrh seyn müsse,
-jetzt
noch
seinen
qn
zu
viele
er selbst aber bis
Verhältnisse
mit
übrigen Gesellschaftern uud Andern
gebunden sey, um das fürstliche Anerbieten zu
benutzen. —
Sie (rennten sich,
wie
Freunde.
Die Erde schimmerte vom Sonnenglan-
ze schon rökhlicher unter dem dunkeln Him melblau , mahlig
die
Pflanzenwelt
erwachte
all-
aus der Ermattung des heißen Ta
ges zu kühlerem Leben,
und ein
sanfte-
-Wehen erfrischender Lüfte zog wieder pro phetisch von Osten herauf, den schönen Aben^ zu verkündigen.
— 75 — Alle Glieder unserer ®efeUfd^of( beweg ten sich jetzt emsig zur verabredeten 2lbendWanderung. iBor dem Hohenblat'schen Schlosse war btt Versammlungsort, und von hier aus zogen beide Partheien, die inzwischen am Hofe noch viele Begleiter ge funden hatten, jede ihren bestimmten Weg. Die schöne Fürstentochter fühlte ihre Brust noch zu voll voa der Begebenheit des heutigen Morgeys, um die frohe Stimmung der übrigen Gesellschaft zu theilen. Sobald man im Freien war, zog Franziska ihre hen.zensvertraute I d a hinter die Uebl.!gen.zurück, und entdeckte ihr das ganze heutige Erei'gniß. Q b a gcrie^ über dem Erzählen in die lebhafteste Bewegung. Zu letzt sagte sie: „Ich Halle meinen Lehrmei ster zu allem fähig, was die Welt groß ,und edel nennt; aber ich läugne es nicht, diese seltsame Geschichte liefert mir auch zu gleich neue Beweise von seinem bizarren Eharackterstolz, über dessen Größe ich erstaune, wenn ich sie gleich nicht zu tadeln, ver stehe." So genau kennst du ihn? (sagte F ranziSka, und fuhr etröthend fort: )
— 76 — Gage mir,
denn du
Liebe —
sollst
Geheimste in meiner Seele wissen —
das war
um thut mir diese Umarmung so weh —
und tvarukn wird sie mir doH so theuer, so unvergeßlich?
Warum
seh' ich seit jenem
Moment kem anderes Bild
vor mir, als
den großen schönen Maler mit dem hohen Blick? —
Mir ist,
als hätte sein ruhiger
§uß eine süße Ruhe dieses Herzens aus mei nen Lippen gezogen , die ich nicht eher kann
te als in jenem Augenblick, raubt ward. —beschreiben,
worüber erst jeft^t mein ganzer
Stolz sich empört! -—
es,
wo sie mir ge
Ida, wie soll ich dir das Erst jetzt fühle ich
daß dieser Undankbare es war,
der
unaufgefordert unfern Kuß zuerst endigte —
wer gab ihm ein Recht über meinen Kuß? Sanft und kalt wies er mich von feinem
Herzen zurück. — Das dankende Mädchen war so ganz sein — aber aus feinen Fin gerspitzen starrte
meiner
Schicklichkeit entgegen —
Brust
nur
die kalte
mit feinem
glänzenden Auge rief er dann meine Seele
wieder freundlich zu sich hinüber — und ich,
ich weinte darüber, daß ich nicht alles was
— 77 — mein ist und in mir athmet, ihm zum Loh
ne reichen konnte. —"
Franziska hielt an,
weil sie die
unruhige und erstaunte Ida außer Fassung Dann umarmte sie ihre Freundin mit
sah.
einer Art von Schmerz, und sagte: id) ver
stehe dich wohl. rin.
Du nennst mich eine Thö
Die Oberhvfmeisterin würde vielieicht
gar ohnmächtig bei dieser Erzählung.
weiß eü ja, er ist und bleibt ein Maler.
reisender
Mein Vater ist der Fürst.
bin seine Tochter.
Ich
Ich
Es giebt einen Prinzen
Friedrich, der, seitdem ich ihn als 5kmd
eine Stunde sah, mein Verlobter ist — der
nächstens ankömmt, um die zitternde Braut heim zu holen. —"
„Er gilt allgemein (sagte die ängstliche
Ida)
für
einen
der
liebenswürdigsten
Männer. —i,Gur —
(fuhr die Prinzessin mit bit
term Lächeln fort)
die Fürstenkinder
sind
ja bekanntlich so mächtig und groß,
daß
man sogar für ihre Neigungen, und haupt sächlich für die heiligste und geheimste der
selben, besondere aue geschmackvollen Män
nern bestehende Spruchkollegien errichtet hat.
— 78 — weil ein eigner Geschmack nur der 9tgn
tu re geziemt —» n£> ®oft, nein, sie sind arme Kinder
seufzte die weiche
und nahm
Ida,
ihre
Freundin an die Brust. „Stille nur —
(sagte Franz iSkq
küssent) du siehst also,
Gedenken weiß —
daß ich allerlei zu
daß ich meine Geschichte
pnd Bestimmung kenne
daß ich wenig
stens nicht verrätst bin.
Aber sollte ich
denn auch nicht einmal das Geheime, was
mein fühlendes Herz rührt,
de-iiem freund
lichen Ohre vertrauen dürfen, welcheL schon
Linge
mein
geheimster
Berchlstuht
war?
Will selbst die Freundschaft erschro^en und «ngstlich zurückiveichen, sobald eine Prin es-
fin geiiehen muß,
daß auch sie auf Augcn-
b'licke sich einer schönen befreundeten Mensch heit vermahlt und eigen
gefühlt —
ad),
daß auch sie an der Stelle deo .Herzens ein so su >ies Sieben empfunden habe ? —
nijr doch, du
Sage
was deiner Fran ziöka fehlt,
Taktes Mädchen!
Sie icheidet ja nun
bald von dir — dahin, wo vielleicht schon
eine ©rnpn Wallenberg ihr gegenüber harrt —•
— 79 — O sage mir, ob es Liebe ist —
hast du ule
geliebt Ida drülkt- sie an sich, und weinte.
v9T(ein,
sie seufzend)
(sagte
ich habe bis
diesen Augenblick von Liebe nichts gewußt!
Aber Franziska krankt mich, wenn sie
mein Herz der Kälte beschuldigt —fühle etwas
anders — und,
das augdrücken,
ach ich
wie soll ich
was ich selbst noch nicht
verstehe —" „Verzeih mir! (unterbrach Jene) Ich weiß,
du warst vorhin nur ängstlich übev
meine Ruhe,
und
über meine Zukunft—
dann siet eü dir aufs Herz, daß dein eignes
Schicksal dem
Meinigen
so ähnlich
ist —
ich kenne ja die Plane deiner Aeltern —"
Die Annäherung dec Land stein und
anderer Damen machte dem herzlichen Tefpräd)
ein
Ende,
dessen
dre Prinzessio zu wünschen,
Fortsetzung
nur
Ida hingegen
gern zu vermeiden schien.
Wiewohl unsere zweite Gesellschaft eben falls
aus guten Bekannten
besteht,
unter
welchen jetzt gerade die heitersten Gesichter
-So und
die
frohesten Scherze
herrschen,
so
scheint es doch billiger, daß tvir diese ihrer
Lust überlassen, und dagegen dem einsamen
Steinach
auf feinem Spaziergang auch
eine Gesellschaft, nemlich die unserer Leser, zuführen.
Sinnig schritt er von seinem Dörfchen Feldhong
her den westlichen
ergötzte sich an der großen,
und
hinab,
sansigebognen
Flache, in deren ausströmender Fruchtbar
keit und abendlichem Sonnenglanze sich jetzt Myriaden Geschöpfe wohl zu thun schienen. Ueber dem
vieltönigen Geräusch
der zir
penden und klappernden Heuschrecken, Käfer
und
anderer Jnsektenarten zwitscherten hei
und stießen in
tere Schwalben,
schwinder Kreuzung durch die Lüfte.
pfeilges Das
ganze Gesitd ertönte lieblich und schimmerte
im Zitterglanze des sollte es glauben,
Sommers. —
»Wer
(sagte Steinach hei
ter) daß im vorigen Jahr ein Hagelwetter diese ganze Flur und mit ihr meine Hoff
nungen für mehrere Jahre verwüstetes"
Nun überschritt er ein schmales Wie-
fengründchen, flieg dadn seinen hohen Derg
langsam hinauf,
und sah,
wie während
8i
tes Steigens eine große Welt -mit ihm em
aus den Fernen sich allmählich
porwuchs , nachhob
tete.
und ringsum majesiälisch entfnl*
„Lebe woh^l, (nef er endlich aus dem
Wehen der reineren Höhenluft hinab) wohl
Hallen buch
für heute ,
lebe
mit allen
deinen Sorgen! Denn für diesen Abend ge
höre ich nun dem Himmel an, und der gan zen herrlichen Welt unter ihm ”
Er trat schnell in em kleines Laubwätdchen, um dem Blicke der beiden Spazlerge-
fellschaften zu entgehen, welche je$f auf ver schiedenen Wegen sich seinem Berge näher-
tLn.
Denn alle Parteien bestiegen eigent
lich den nemlichen Derg —
besondern,
Wege
eine
verschiedene Kuppe
Steinach hatte für sich die
desselben.
mittlere gewählt. aber
nur jede aus
wegen
ihrer
Diese war die höchste; buschigen Felsen
hielt
man ste von weitem für unzugänglich« Lange zog noch der Wanderer durch den Hain und seine seltnen Dlumendufte still aufwärts^
Mit ememmal trat er aus dem
kühlen Dickig hervor —
Abendfernen
lagen
und
die heiligen
unabsehbar und bren
nend vor ihm da! —
Hier, wo ein unge-
82 —
heurer schroffer Felsen kühn und herrlich in den
breiten schiffceichen Hauptsirom,
cher sich reißend um ihn bog,
und des
wel
hinaushing,
mächtigsiuthenden Nachbars spot
tete, der schon seit Jahrhunderten an seinen Grundsäuten vergebens spülte und grub —
wo
das Auge unterwärts nur das große
Wasser, schwarze Waldgruppen und gefähr
liche Schlunde um
sich her erblickte,
desto sanftere Labung aus den
und
entfernten
milderen Landschaften sog — hier, wo jetzt
noch die Abendsonne das zarte Moos an
den einladenden Felsensitzen und Lagerstellen
warm küßte
wo
—
und selbst von Osten drang als
die Winde
die Abendkühle,
leisen Duftwellen
schliefen,
kein Lüftchen herzu die,
mit den
eines balsamischen
mengeistes beladen, aus dem Walde zog — hier war das geheime LieblingSortchen un
sers Freundes!
Selbst verborgen
Welt, konnte er sich hier einen
vor der
allgemeinen
Blick über ihre größeren Massen hin eröff nen.
Es schien ihm, als müßte alles Klein
liche vor dem Schauplatz dieserHöhen schnell versinken..
In
seine Brust zog die Frei
heit ein, wie eine Bothschaft aus heimischen
— 63 — Regionen,
mit
feinen wilden
üppigen Ranken
war ihm ein
Der Felsen
Rosen und
Ufer der Lebenslust,
umbluhtes
der lechzende Deist wie ein
dem
von
Fremdling stih
hinabtauchte in unbekannte Tiefen,
das
in
unendliche Meer der Phantasie. ,»Dn> große edle Heimath meines Erden lebens! (flüsterte er froh und kindlich über
den Strom hinaus.)
schön sind deine
Wie
angejchuut!
Großen in ihrer Herrlichkeit
D
Natur, wie klein ist doch der Men»ch, wel
chen deine Kleinheiten unzufrieden und ängst
Du leitest und sorgst
lich machen können!
ja überall,
vom Welteusysteme herab
bis
zu diesem kleinen Baume, welchet, noch lie
die Felsenschlucht
bend feine Wurzel über
zu
spannen scheint,
um
seinen Dienst
Ganzen
der Haltung
zu leisten.
des Dem
Menschen schwillt das große Herz von dei
ner Pracht, und sein Auge findet auch noch im Halme die Spur deiner Größe wieder.— Aber,
wann
weisende wann auf
nun in
Lamm
der Sturm
der
einzigen
den
Reiche das
deinem
Wurm
zertreten —
die einzelne kleinen
Erde
kleine Flur
verheeren
muß — o Mutter, wann du mehr für die F s
— 84 Menschheit sorgst als für die Sorgen ihres
einzelnen Gliedes —
dann
wie kann
der
ungerechte Mensch dir zürnen und glauben, du hättest sein vergessen? Gott
zum
Er, welchen dein
freiesten seiner Geschöpfe bilde
te — er, der sich selbst fren König deiner
sich rühmt,
Werke nennt, der
Lauf deiner Welten zu
so manchen
ermessen,
der dazu
geschaffen ist den kühnen Blick auf deinen
Zusammenhang zu richten,
und selig
wie ein Gottverwandter in die Himmelohöhen
aufzuschauen 's —
Nein, nimmer
will
ich vor deinen einzelnen Unbegreiflichkeiten
erschrecken —
der Verstand
deine Größe —
aber
staune
über
das Herz soll ewig
deine Schönheit liebend umfassen!"
Herrlicher schien in gen
die Welt vor
hen. —
diesen Betrachtun
seinem Auge aufzublü
Dom Fuße seines Felsens aus er
goß sich ein weites paradiestsches Thal mit dem breiten Gewässer bis hin zur tiefsten
Röche der Abendfernen,
in einen Landsee,
welcher den Horizont schloß, und über des.
fen wallender Goldfluth die scheidende Sonne
hing.
Wett und
Seele entzündend.
Bis
zu jenem wunderbaren Purpurgemisch von
— 85 — Wasser. Land und Himmelsgluth, schosse» von beiden Seiten manchfachgeb.ogne Berge
und Hügel auf daL schöne Thal zu,
und
in reihenden Wellenlinien kies in seinen Bu
sen herein.
Jeder Hügel trug
auf seiner
mit Getreide und wildem Gehölz bewachse nen Stirne eine verschiedene Farbe — vom
saftigsten
Blumengelb und Bickengold bis
FUm trocknen Fichtenblau,
Haidebraun.
bis zum düstern
Keinem aber fehlte das schöne
lichte Grün, dessen wechselnde Tinten,
wie
in glänzenden Wogen, zum Wiesenthal und
seinen
bläulichen Saaten
schwimmen schienen —
üppig herabzu
doch da
unten stoß
alles Grün der Welt in ein einziges Meer von Fruchtbarkeit zusammen, über welchem
der Gott der Farben seine glanzenden Ge-
zelte qufgeschlagen hatte. „Selbst der große Fluß (fagfe Stei
nach) müßte in grünem Schimmer strah len ,
rodnn nicht die Abendsonne jeht vor
ihrem Untertauchen ihn
zum
weißen Feuer
umwandelte, in welchem jede Farbe zusammenstammt und vergehen muß. — Schöner
Strom, du ziehst von
meinem Herzen
qus
grüßend hinab nach der fernen Sonne —
— 96 — und ach, ihr holdes Bild winkt mir liebli» che Gruße aus jenen Spiegeln zu, und fein
Glan glicht strömt in
hüpfenden Schlangen
wieder stromaufwärts nach der betroffenen Seele zurück! — Wie liebt doch alles die ses süße Thal,
Teö hinein.
wie freudig drängt sich al-
und wie ehrerbietig
schmiegen
sich selbst die Riefenglieder der beiden unab sehbaren Bergketten überall nach demThal-
buren herab! D gewiß, diese Berge mit ih rer alten dünkekn Waldung, über die kaum das ferne Hochgebirge herüberblaut, verjün gen sich—gern zu
lieblichen Hügeln,
und
schmücken sich festlicher gegen die sanfte Hö-
lung des wirthlichen Thales zu mit jungen Fruchtbäumen und zartem Gebüsch!w
Eben sprang von einem der nahen Hü gel eine Heerde brüllender Kühe,
die Schel
len freudig schüttelnd,
herab nach ihrem
heimathlichen Dörfchen.
Das einzelne jun
ge Birkengestrüppe, vom Abendgkanze ver goldet, theilte dem durchrennenden Vieh ei
ne so hellrothe garbte mit,
Rudel Hirsche glich. — men
dec arbeitenden
daß es einem
Die lauten Stim
Schiffer,
das ferne
Blöcken einzelner Schafheerden, hie Abend-
~ 87 — glocken
und das allge
aus den Dörfern
meine Getümmel des Thals tönte wie eine
sanfte Begleitung zum nahen Gesänge der Waldvögel herauf.
Das schwarze Mooo
an den alten Eichen und im Innersten der Klüfte
erglühte
lieblich
Auch die Staubwolken
im
Abendschein.
der heimkehrenden
Heerden wirbelten geröthet empor,
dem Farbendufte,
in
ähnlich
die westlichen
dem
Gebirge sich badeten.
Silbkrne Wasserstrei-
fen
aus
dem quelligen
wie
edles blitz.endes
blinkten
überall
Wiesenthals hervor, Gestein.
Aber im See wetterleuchtete es
mächtiger
—
die glühende
denn
walzte schon zur Hälfte in
und sprudelte das siedende Gold
Tiefe herauf. dazwischen
Scheibe
seiner Fluth,
aus der
Matt und friedlich funkelten
die goldnen Thurmknöpfe,
wie
angsschmolzen von jener himmlischen Gluth.
Aus allen Dörfern stieg
der Abendrauch
auf dem dunkelgrünen Grunde in hellblauen
Säulen
hoch empor,
sanften Biegungen,
und sank dann
in
um sich bald an die
Nebel dec feuchten Thäler anzulegen.
—
Das letzte^Spätroth verweilte noch mitleidig
auf einer hohen verfallnen Ritterburg, um
— 88 —
an einen tängflnerflognen Sommer zu er innern, der nuch iheen düstern Mauern, einst
inwohnte.
Und — ach, jetzt war die Kö
nigin hinabgestiegen, und selbst die höheren westlichen Lustkolonnen schienen zu ergrünen,
wie dre Felder jenes reineren Himmels, un
ter dem Welschlands Gefilde schimmern. „Du kommst doch morgen wieder! (rief Steinach der Gesunkenen trostreich nach.)
O wohl dem Menlchen, wiederkehrst,
du süßes
Freundin alles Lebens,
dem du morgen
Licht,
du
ewige
dessen Lust du mit
jedem Morgen verjüngst!” —r Es war im
Augenblick so still
um ihn her geworden,
daß er jetzt nur noch eine einzige Stimme, aber diele deutlicher als vorher, vernahm. Au^ den schwarzen Abgründen zog ein hei
terer Gesang, von der Guitarre kaum hör bar begleitet, durch die Abendstille herauf. — Unser Freund ward,
die Töne lauschte,
so wie er länger auf trüb und schwermüthig.
Auf einmal wandte er sich zum Weggehen um, und seufzte laut: „Arme Kordelia—
Denn unter seinen Füßen lief eine Felsenschlucht hinab in das dunkle Babenberger
Rauhrhal.
— «9 — Im
sah
Umdrehen
weibliche Gestalten,
er psötzliH
zwei
schon in
der Dämme
rung des Waldes, fortstiehen.
Ueberrascht
von ihrer Nähe xlef er sie mit starker Stim
me an.
Allein er hörte darauf nur einen
Hellen Schrey im Walde und durch das Dickrg, rem Nachsuchen
erblicken. —
ein Rauschen
konnte aber bei
weite
nicht das Geringste mehr er seinen
Gedankenvoll trat
Rückweg an.
„Deine P^iethsleute machen wohl dem
Dater großen Rumor im Hause?" sagte die
Prinzessin
des
andern
Morgens,
als
sie
I d a' n und Kunigunden in der Nähe der Einsiedelei traf.
„O
fast
gar
nicht;
Gundchen mit Herzlichkeit)
(antwortete sie sind ost
abwesend, sie reisen in benachbarte Städte,
und zeichnen im Park — es sind recht gute,
ruhige Leute." „Welcher ist defln der beste und ruhig
ste ?" fragte Ida, und betrachtete sie mit heimlicher Neugierde.
90 — Betreten antwortete die Kleine:
Ich glaubt, Herr Brixenfels!"
„Aber die andern beiden — (fuhr Fran,
ziska
streichelnd fort)
plagen die mein
armes Kind verbotener Jugend lust glüht. Und so hängt die Welt durch ihre Güte und Freundlichkeit stch selbst einen
Spitznamen an.
Sie verschwendet Besol
dung und Atzungökosten an ganze Kohor
ten von Spielnarren — dafür schilt man die Beste ein Narrtnspiek, und — spielt la chend weiter!"
Im Hohenblnt'schen Schlöffe ging in dessen einiges vor, was für unsere Geschich
te wichtig werden dürfte,
weßhalb wir e-
vor allen Dingen nachholen.
Steinach kam früh dort an,
und
ließ Emilien um eine geheime Unterre
dung bitten, weil er ihr interessante Nach richten von entfernten Verwandten
mitzu-
theilen hatte.
Lenz,
des Generals,
brachte schnell die Antwort
zurück,
Fräulein
der Kammerdlenev
Luise fep gerade mif
—
100 —
Emilien in einer sehr nythwendigen Ar
beit begriffen,
und lasse den/ Detter bitten
da iyr Vater noch schlafe,
im Gartensaale
so lange zu verziehen, bis sie ihre Freundin deren Geheimnisse
wissen könne,
nicht stören werde;
Befehl,
sie dann
bis dahin habe^Lenz
den Herrn von
Hteinach zu
unterhalten. „Sie muffen wohl einmal sehr hitzig
mit
zusammen gekommen
meinem Fräulein
seyn! (sagte Lenz)
denn ihre Augen fun
kelten recht, als sie mir die Antwort gab; und Fräulein Emilie, die nichts weiter
thut, als daß sie ihr vorliest, mochte reden
was sie wollte — es blieb dabei." Luisens
auffallende
art machte selten einen auf
Stein ach e n,
Behandlungs
merklichen Eindruck
weil beide einander
von ihrer Kindheit an kannten.
also wissen,
„Du sollst
(sagte er jetzt) daß ich,
Befehl deiner Gebieterin gemäß,
unterhalten seyn» will;
dem
von dir
und zwar von dir
selbst, als Materie für die ich gerade Scim-
jnung und Zeit habe.
Nicht, daß mir et-
jva deine Lehensweise unbekannt wäre! Denn diese besteht fnfi einzig darin, daß du
— 107 die
nach Möglichkeit
Gegenwart
Licht führst,
um dich dann über die Ver und bei der Zu
gangenheit zu kyockiren,
durch a.llerle'1 Possen
kunft
und KlarschgeB
Aber
schichten zu instnuiren.
bei
Hinter-
ich will dich
dieser Gelegenheit untersuchen,
Sünder!
Du
so
schon
bist
lange
alter mein
Freund, und bist Kammerdiener, und ewig
Kammerdiener!
Woran
liegt es,
daß dec
General dich, bei deinen Capacitaten, nicht
zu
wenigstens
feinem
ersten
Einnehmer
macht »Sie sagen, mein Durst litt es nicht — den Durst soll ich mir
(erwiederte Lenz)
Aber mein Durst ist ein
erst abgewöhnen. Erbstück —
o,
für den
Erbdurst ist
noch
kein Löschmittel erfunden! Ein solches Uebel läßt sich nur stillen,
aber nie vom Grund
aus heben, wie zum Exempel eine einzelne Flasche!
Denn,
um
den
ausgetrockneten
See des ererbten Lebens wieder fisch •
und
schiffbar zu nracheu, muß tch Zeit und Ge
sundheit zuseßen, trage» —
und ihn gläserweise voll
darüber
kann
ich
zum
alten
Manne werden — oder nicht — und wol
len sie mich nicht eher weiter befördern, so
— io8 — muß iH eben als Kammerdiener hinab in die Grube fahren —
Nun frage ich:
hat
jemand, seitdem ich an den Mängeln meiner
Vorültern fülle, mich aus Ttunkenheit einen
dummen Streich machen sehen?
Antwort:
keine Seele! — Auch sagt man, ich könn te, siatt mich zur alten Jungftr zu bilden,
etwa g^fälligsi heirathen und unschwer or
dentlich werden — aber, warum giebt mir
Seine Excellenz nichts zum Ersiern, nemlich
gute Grundsätze zum Letztern,
die mir eine
in mancher Rücksicht arme Frau nicht selbst
Denn ein armer Teufel,
anprägen kann?
qua armer Teufel, vermag niemals ordent lich zu leben.
Um ordentlich zu seyn, tvefr
de der Mensch vor allen Dingen reich und
groß gemacht;
dann wird man Wunder
sehen! — Ich weiß was ich sage. ich nicht studirk —
und wie?
Habe
Augenblick
lich unterwerfe ich mich dem strengsten Exa men! — O mein Herr, hören Sie nur Ei
niges aus meiner traurigen Geschichte!" „Das habeich längst gewünscht!" sagte
Steinach, und Lenz Langsamkeit fort:
fuhr mit heiterer
„Anfänglich 'studirte ich
zwar nur Theologie —
dann sattelte ich
log aber um,
und wählte Philosophie —
kam ich ins wahre rechte Fach!
da
Die ersten
Schritte unseres Kants habe ich mit scharfem Blicke beobachtet, und noch in dieser Stun
de liegen die
neuesten Streitschriften feiner
Nachfolger auf ryeinem Tische. — Aber als
Vehikel nahm ^ch schaften vor,
legte mich insbesondere
und
auf Oekonomie,
— och,
mir die Cameralwissen-
die mich bald sehr anzog
zu meinem Unglück! Ich machte
nemlich, um etwas Ganzes und Neues über die Lehre von Weinproben und gebrannten Wassern
zu liefern,
Leider gelangen
einige Privatversuche. Ich
diese.
vergaß
Freuden sie gemeinnützig zu machen,
vor blieb
einzig bei meinen Proben stehen, setzte mich endlich dazu,
und fiel zuweilen vor Entzü
cken um. — Guten Theorien folgt die Praxis
auf dem Fuße nach. —
Indessen muß ich
es meinem Verstände nachrühmendaß er
noch zu rechter Zeit ward.
Bei
über die Sinne Herr
meiner Zurückkunft von der
Akademie hatte ich mir das Probiren bei
nahe gänzlich abgewähnt,
und war übri
gens ein brauchbarer Mensch.
Ich melde-
pn
Mutter und Tochter,
daß niemand binnen
acht Tagen die Materie berühre,
und auch
dann nicht, ohne die erste Veranlassung da
zu von Ihnen selbst.
Da übrigens doch
einmal eine Art von Spannung zwischen beiden Damen
existirt,
die sich bis dahin
leider nicht aufheben läßt, so bitten Sie zu-
gleich Ida'u insgeheim, daß sie Ihrem Da.ter nach Verlauf dieser von chr verlangten
Zeit ein volles,
geheimes kindliches Ver
trauen schenke.
Sie wird vielle'chr schon
heute oder morgen hierzu geneigt seyn —
ja ihre Sanftheit und grenzenlose Liebe bür Aber gewiß hatte sie
gen mir fast dafür.
wichtige Gründe für ihr heutiges Benehmen ;
denn ich selbst weiß, daß sie den Präsiden ten sehr hoch schätzt." „Am besten ists
wir geben sogleich
den ganzen Plan auf. (sagte der Minister.^
Ich sehe zu deutlich, daß sie ihn nicht liebt. Die Mutter muß durch einen Machtspruch
zur Ruhe gebracht werden." ohne Noth?
(versetzte
Jda's Herz soll
nicht be
»Wozu dieß, Steinach.)
drängt werden.
Män gewähre ihr Ruhe,
— 136 — um es selbst zu prüfen —
und wio werde»
das Resultat eines vernünftigen Frauenzim mers erwarten dürfen."
»Ich bin vollkommen Ihrer Meinung,
(sagte der General.)
Was können wir bei
Jda's Bildung und Charakter zu besorgen haben
„Wohl! beschloß Hohenblat.) Ich' wl^ll Ihnen
Aber bereden
folgen.
daß sie jetzt mit
doch meine Tochter dazu,
Ihnen
zu
der
Gräfin
Sie
Wallenberg
geht.
Denn die Prinzessin, welche diese zweideutig
ge Gesellschaft aus Zwang auch besuchen muß,
hat
schon zum andernmal nach ihr
geschickt." Steinach
ging zu 'feiner Muhme,
und fand sie noch in Thränen. fein Mltwifsen zu ahnden.
Sie schien „£) Steinach,
(rief sie) ich wollte Sie könnten den Auf ruhr sehen,
herumwogt!
in den» mein
Ach,
ich
verlornes Herz
verdiene die Groß-
muth meiner Aeltern nicht!"
„Gutes Mädchen! (sagte er) Es giebt keine tiefer suhlende Seele, keinen zärtliche ren Freund für Sie,
als Ihren edlen Da-
— 137 — ter. —
Aber lassen Sie uns zur Gräfin
gehen." Sie blickte ihn schweifend an,
drückte
auf eininal freundlich und innig seine Hand ana Herz,
in feinen
als hätte^ sie Trost
und bereitete stch dünn,
Worten gefunden, ihn zu begleiten.
Unter dem kühlen Laubdach einer gro ßen
prächtigen
sich jetzt eine Gräfin
Lindengruppe
zahlreiche
versammelte
Gesellschaft.
musika lisch es
wollte ein
im Frieen
geben.
Freie und
bewunderte gern
Die
Dejeuner
Der Fürst liebte
der von herrlichem Umfange,
das
ihren Gesang,
vorzüglicher
Reinheit, und wirklich bewunderungswürdig war.
Dort
Warnek
berg
aus
einiger
—
Zelt
„Verdammte-
(sagte Körnet.) Desperation
heirathe gar. —
der lieben
seit
mit seinem Freunde Wallen
gähnend umher.
Leben hier!
noch
schon
schlich
Ich reise
in ein Bad,
oder
Erst schreien sie alle nach
Natur;
ich
werde es
erleben,
daß man Vie Lhombretische im ganzen Schlosse
138 — Und nun
zerschlägt.
die Kunst gerathen,
sind
sie gar hinter
überall am Hofe
und
muß map von den Malern sprechen hören. Die Wichte geniren mich im höchsten Grade
mit ihren groben Anmerkungen.
Ich mußte
gestern meinen ganzen Witz zusammenneh
men ,
um die 6|el nach Wurden abzutrum
pfen.
was wirds am Ende seyn,
Und
—
als reisende Schmierer
Sonderlinge?
— Und Fürst, Minister, General und der
einfältige
Stejnäch werden
sich
lächerlich
machen, weil sie mit diesen gotteserbärmlichen
Nichtnnutzern unsre Gesellschaften verderben. Aber man muß sich einmal mit der Misere schleppen, weil sie Mode geworden ist.
Nein,
Wallenberg,
wir
gedeihen
hier
nicht! -—" „Eigentlich
(sagte
Wallenberg)
hätt' ich mir die Maler doch weit dummer vorgestellt.
Dem artigen Fink redet meine
Frau sehr das 2Bjrt, sie spricht; er sey ihr
Liebling.
Wenn ich nur erst wußte,
die Menschen tonten!
—
wer
Aber sage mir,
wie stehst du mit der schönen Hohenblak?" „Hm ! (meinte Jener) ich dachte, wenn
Ich mich dekouvrirte! — Nur halt der alte
— i3g —
Schulmeister, der Pölten, sie noch zu warm. Ich glaube mit der Landstein ging es eher^ sobald nur deine Frau mir ein gutes Wort ablegen wollte — und beim Teufel, ich muß bald ein reiches Weib haben, sollte etf auch der weibliche Teufel, die Hochstein, werden." Der (Araf zuckte die Achseln, und mein«, te dann, mit der Landstein könne es doch wohl gehen, und feine Frau werde sich dex Sache annehmen, sobald Warnek ihr inöge» heim verspreche, gleich noch tfem Abschluß dieser Verbindung seinen Dienst und den Hof zu verlassen. Der Minister Landstein sey, nach einen kürzlich sich ereigneten Vor fall , außer Stande sich länger zu halten; aber bei Gelegenheit einer schicklichen Der* heirathung seiner Tochter könne für ihn selbst und für Warneken noch gar manches Gute mit eingehandelt werden. — Wallen berg, der sich seit einigen Jahren hier für einen russischen Grafen gab, machte aus den Verhältnissen seiner Frau am hiesigen Hofe kein Geheimniß gegen seinen Freund. Dieser schien übrigens wohl zu der vorgeschlagnen Verbindung geneigt, wollte sich aber kei
*— i4o —
vom
yköwetzes zur Entfernung
Hufe enf*
schließen. Dom geheimen Sekretär des Fürsien,
der eben voruberspazierte, den
Konsorten
hären.
hofften die bei
mehr über die Maler zu
Aber Herr Zuger, der sonst ziem
lich viel vom Fürsten
erfuhr,
und es gern
niltkhe'lte, äußerte nur, es stecke etwas B e-
sonderes
hinter den Malern
—
der
sehr für sie —
dev
Name Brixenfels solle erdichtet,
und
Fürst interrefsire sich
dieser ein Mann von hohem Range seyn —
vaih Einigen ein reicher Emigrant, der die übrigen
beiden
um Gottes willen ernähre
und mit sich im Lande herumführe,— stern habe man den Fürsten in
wöhnlicher Kleidung
aus
ge
ganz unge
der Gegend des
großen Sees kommen sehen,
von dem
die
Wohnung der Maler nicht weit entfernt sey — der Kammerdiener ziehe die Achseln über jiede Frage — Einige mnthmaßen gar auf einen weitläuftigen Verwandten des Fürsten,.
„Halt! (sagte Darnek.) das Ding
erfahren
Ich werde
Die Hofgärtnerstoch-
'tec toito und muß es alles gründlich wis
sen.»
— r-r — „Ha,
du kennst sie ?
(fiel 9B aj t ent
fcerg ein.) Tant pis pour eile ! Aber zn
spät!
5)eqn
feit mehr als acht Ta
schon
gen ist sie so gut als
mein !
Für dießmak
werden der Hepr Bruder abfahren!" „Sachte, sachte, (rief der Major.) WaS
ehe
gilt die Wette,
drei Tage vergehen/
Hin ich mit ihr zu Rande! — Aber, wel
cher
köstliche Bissen!”
Man ging die abscheulichste Wette eirf,
die jemals das Laster
über den Toh dec
Züger lächelte ungläu
Unschuld schloß.
big. .dabei. „Doch nicht selbst in unsere kleine Ziel
scheibe zerschossen,
Herr Sekretär?"
fragte
Warnek mit einem vornehmen Lächeln. „Behüte!
(sagte der Sekretär mit ira
nischer Demuth.)
Sie Maler werden
ihre
Wirthin schon zu decken wissen!"
„Schon wieder die verdammten Maler:"
rief Sarnes. — Sein Freund sprang jetzt
nach den ankommenden Herrschaften, und Zu ger ging beiseite,
als der Major den Kopf
zurückwarf, weck die Oberhofmeisterin mit dec
Landstein herzuträt; beide hatten das Wort „Maler" gehört»
**
—
Aber die ältliche Dame beschloß", den Sefceföc vor seiner Entlassung noch zu benutzen, -ünd that ihm eine verbindlicheHrage über se^K Wohtbefittden.
„Fräulein Landsiein hat eine süperbe Xoi*
kette gemacht!" rief dec Major entzückt da»
zwischett. »»Für Herrn von Warnek!"
Fräulein
mit
edlem
Stolz,
sagte da^s
und
lächele
schnöde zum Himmel auf, wie ea der Toch-
'ter des regierenden Minisiers geziemte.
-
ffidrn.eC faßte aber ihre Rede beim Wort, und sagte:
„D der dreimal glückli
che Warnek!"
»Stille nur; (bat die Oberhofmeisterin, der
es um wichtigere Sachen zu thun war)
bringen Sie
den Strom
nicht in den Lauf. will —
Warnek ist
nfn Hofe.
—”
seiner
Artigkeit
Man sage was man
Et
unser gelantester Herr
küßte die
ehrwürdige
Rechte mit seligem Lächeln.
„Hoffentlich doch nach mir, meine gnä»
dige Frau!" merherr ,
rief ein herzutretendet Kam
und blickte sich
Lber die vazirende Linke.
zärtllch und
tief
— i43 — „toenigftenö dem Kammerherrn unke«
schadet! (sagte die Sieggewohnte, und fuhr fort auf ihr Thema zu kommen, indem sie
sich an den
wartenden Zuger
Wir sprachen eben felg.
wandte:)
vom Maler Brixen-
dem
Haben Sie auch schon von
gestrigen sonderbaren Gerede gehört —"
„Weiter nichts, Ihre Exellenz, (sagte
der voreilige Z ü g e r) als was ich so eben
dem Herrn Major mitgetheilt habe." „Wohl!”
sagte
die Oberhofmeisierin
mit jener gnädigen Kopfneigung, man im
Audienzzimmer
gegen
wodurch
vornehme
Supplikanten den Absolutionssatz: hty in Frieden!"
„Gehe
Sie wandte
ausdruckt.
sich langsam nach Warneken
um.
„Die Menschen sollen einen erstaunlichen
Aufwand machen,
lein
gestanden
Land stein
wie mir die alte Zeh
hat,"
sagte
die
hitzige
zum Sekretär, welcher aber
aus Rache zerstreut nach seiner Uhr sah,
und, ohne sich zu ihnen umzukehren, seine Promenade bereits fortsetzte. „Die
Sache
verhält
sich
so!"
Warnek mit zufriedener Miene an,
hob
in
dem er die Damen einen seitwärts leitenden
—
— Blick sehen ließ;
dem der Furst und die
Gräfin nahten eben mit Fiy ke-n, ay des
sen jngendlicher Lust und Lerchtlgk-eit d-e letztere ein sichtbares Wohlgefallen fand. Das Dejeuner war glänzend und ge
schmackvoll jede
jeder Genuß
—
Erfrischung
eine
piqmint
seltne
—»
Kostbarkeit.
rauschten aus duftendem Ro
Symphonieen
sengestrauch hervor, und ländliche Gffsänge
wechselten mit leichten Tänzen ab.
Das
volle üppige Leben rauschte in seinen schön
sten Akkorden Prinzessin
durch den Kreis.
Nur die
war heute ungewöhnlich ernst.
Die Gräfin ließ sich
nicht lange zum
sie gab
ihnen eine gro,ße
Singen bitten;
italienische Arie, die mit äußerster Präzision
vorgetragen, und vollkommen gut begleitet
ward.
Dec Tert drückte da^ blöde Liebes-
geständniß eines Mächens
Maler stellten
aus.
Unsre
sich ziemlich weit von ihr,
und jeder fand sich durch die Schönheit des Gesanges und durch die reimveihlichen süßen
Töne ihrer Stimme innig und wunderbar
gerührt. —
Ihr leichtes Gewand schmiegte
sich wie eine weiße T)ufchülle um die schön gestalteten Glieder.
— »45 — Nachdem dre verdienten
großen Lob-
fprüche zu Ende rtmreri, welche jeder Mund
tnit Herzlichkeit aussprnch, fangen auch emu ge andere Frauen" allerlei Kleinigkeiten, und
zuletzt nahm man die bloße Instrumental musik wieder vor. — Steinach ging
seinen Freunden,
zu
welche sich von neuem in
die Ferne gestellt hatten. ,/JTun, was sprecht
ihr über die Gräfinfragte er.
«Das göttliche Weib l« rief Fünk aus, der sich gänzlich bezaubert suhlte, so oft ihr
Auge ihm anlächelte.
«Ruhig ! (sagte der strenge Steina ch.) Habt ihr sie wohl betrachtet, als sie die wol lüstigen Laute
des
immer wiederkehrenden
«mio carou zum letztenmal so sterbend her-
vorachzte.
Es
war,
als ob eine ganze
Sündenwelt sich in den schwarzen stammen
den Augen malte: Unwillkührlich schloß ich meinen Blick, und da hörte ich selbst die rei ne Stimme unstet in ihrer Brust Herumwan
ken, wie einen unwilligen Fremdling der im Haule des Lasters verschlossen ist.0
„Du sprichst vermessen, und gegen alle Duldung! (meinte Fink) Wir kennen teiDic rc»|. Maler.l. Xf»
— i^6 —» -er einmal ihr Verhältniß zym Fürsten. Auch
ist es wahr, -aß sie sich heute recht für die Ungezogenheit linderer angezogen hat, um und alle eben unwiderstehlich an^uziehen. Auch fühlen wir selbst tief genug jene einladen den Blicke,
die zuweilen aus dem Wassec
ihrer dunkeln Augen zucken — jene süßen leisen Winke zum
geheimen Gastmahle der
Zeitlichkeit, die ein begehrendes volles Herz
oft nicht länger zu verschließen vermag, dir
aber
nur dem Geweihten erkennbar, dem
Gemeinen verborgen sind. dieß an ihr.
Allein ich liebe
Laßt sie doch,
sie ist redlich,
und ihre Seufzer, ihre Blicke und die schmach tenden Lippen sagen es, daß sie liebt.
liebt nicht Emen,
Sie
sondern mich — euch —
das Geschlecht, dem sie sich durch eignen Ge nuß dankbar vermählt fühlen muß!
Ihre
Schuld gewinnt durch Große und Offenheit,
wieder eine Art von Unschuld, oder doch ei ne gewiffe Naivität,
die
mich im Herzen
rührt." „Nein,
Steinach hat
Recht;
Schweizer) ich liebe sie nicht.
(sagte Ein un
reiner Geist vermag uns reinen und vollstän digen Kunstgenuß zu Bereiten.”
»47 — „Und warum wollt ihr euch (fuhr Fink fort) bet dem klaren himmlischen
Gesänge,
wie Sklaven, vom bösen Gedanken an ihre Schuld btnden lassen? Auch zeigt sie euch ja
in ihrem Blicke, w,ährend sie singt, keine an dern Hörner ihres
elenden Mannes,
h,ochsiens die moralischen,
als
und ■— mit eu
rer Erlaubniß — laßt mich doch einen Ehe
mann auf dieser Erde sehen, der nicht we nigstens tausend platonische Horner trüge »Ein solcher (sagte Drrxenfels) wird
freilich wohl /chwer zu finden seyn, so lan
ge nicht die Obrigkeit alle reihenden Män nergestalten,
den
die süßen Träume,
gesummten Mondschein,
und jene schönen stillen
heißen Sommernächte verbtetet, welche dem Schlafe junger Frauen üi der Einsamkeit so gefährlich sind. —
klebrigen» muß gewiß
auch ber (Strengste von solchen lieblichen Tö
nen, wie die Gräfin aushauchte,
zückt fühlen.
sich ent
Aber auch ich wünschte dieser
wollüstigen Sängerin,
was Steinach ihr zu
wünschen scheint, — aber was eigentlich?—Nun ja, ich wünschte, daß die Dotter sie —
wie einst die unglückliche Echo, die aus Lie» K 2
— D wahrlich! (fuhr er fort.) Die wah
re Liebe flammt vom Himmel, und soll den Menschen hinaufheben
und
vergöttern! —
Die irdische Liebe lechzt nur den schon E>t* kannten Vereinigungen entgegen — sie ringt
einzig nach der sichtbaren Ueberfülle eines üp pigen Lebens — ewig dürstend verlangt sie
nur, sich in das schwellende Blütenn^er des
Fleisches zu tauchen — in wilden Wechselflammen verzehrt sie sich — wahnsinnig rennt sie bis jenseits aller Wünsche —- dort stirbt
sie, getroffen vom Loos des Fleisches,
Fluche dep Zeit! — Sie
vom
ist wie ein reicher
187 — Weinberg,
in
welchen wir mitten in feiner
Erntezeit geladen sind.
zweigen hervor
Unter allen Neben
schimmert Gold-
purgluth die Glühenden an. uns das
und Pur-
Ueberall reiht
hochmüthige Gelächter des Ueber-
siusses. Der Genuß zieht mit Siegesgeschrey
vorüber,
und
Paniere nach.
begierig stürzen wir Das Lieblichste,
seinem
das Beste
von Allein wird willig unser Eigenthum. Be kränzt mit dem bunten Laub der Ernte — umringt mit Körben voll süßer Früchte und
allerley köstlichem Naschwerke sthen wir da;
ja, man nöthigt uns, selbst zum Trauben saft noch — Wein zu trinken! — Wir schei
den satt! Und so endet der zeitliche Rausch !« „Aber, was hat denn die Erde Göttli
ches,
womit ich dich zu vergleichen wage,
du schöne, unschuldsvolle, himmlische
Liebe, deren Stral im Herzen des Jünglings
eine Ewigkeit entzündet, und, ach, nur Ein mal sein Herz trifft — nur da, wann der Schuldlose im Leben zum erstenmal auf der
Diebetretenen Gränze der Geschlechter ahn
dungsvoll der zagenden Geliebten naht! -$• X), du bist ja nur ein seliges Kind,
das in
endloser Jugend und Schönheit zwischen den
— J88 —
'Re-cheri
Religron und der Poesie ^erum
Sagen Sie kieber: (erwiederte Luise, indem sie sich tiefer in ihr
hüllte)
weißes Gewebe
daß das Weib überhaupt gegen den
Feind seiner Freiheit weit öfter gütig ist, all es seyn sollte!
Emilie!
—
Hast
Herz von seinen Geheimnissen
dn
bald
dein
entle
dig'' ? ” Wie sie nicht hörte, schlich Herr von
dem kosenden Paar, und
Krünjz leise zu
sagte:
§,Darf man stören,
mein
schönes
Fräulein ? " „ O, es herrschen keine Geheimnisse un ter uns beiden, Herr Daron ! ” rief sie und
sprang mit St ein ach e n zu den Uebngen.
„ Doch,
doch,
Herr Baron!
(sagte
Luise) Um vergnügt zu seyn, müssen diese Beiden sich immer vO
nein ,
von Andern absondern."
(erwiederte Emilie) ihr
sollt sogleich Antheil nehmen.
Wir erinner
ten uns an einige Jugendszenen.
noch,
Ida und Luise,
Wißt ihr
wie wir in jenem
Winkel einmal Steinachen begruben — und
—- 201
alü er^ ganz mit Blättern und Moos be deckt war, und kein Zeiten des Lebens mehr gab, alle drei onfingtn
weinen?"
„Wir sind einige Zeit zusammen erzogen wo: den, (erläuterte L u i-s e) und mem Det ter versprach damals noch weit mehr Gutes
als er jeht leistet, wo es unter andern auch seinen Hauptgennssen gehört,
mich
zu
ärgern.w — Sie zog Emilien freundliH an ihre Brust , warf I d a ' n einen Kuß zu und fuhr fort,
indem sie den heitern Blick
auf Steinachen richtete:
„Wer von uns
sehnt sich nicht in jene glücklichen Zeiten zu
rück? Ich schäme mich nicht, hen,
euch zu geste
daß ich mir kein höheres Glück wün
sche, als — noch eine einzige Stunde gera
de so mit euch zu spielen wie damals!
wie schön, wie gut und froh waren
O,
wir l
Und wie einsam fühlt Jeter sich jetzt ge gen jene gesellige Zeit, selbst mitten in un serer Vereinigung!
Werdet ihr mir glauben,
wenn ich es ausspreche: Erinnerung an jene meinem
daß einzig die
blühenden Augenblicke
Herzen eigentliche
hohe
und reine
Freuden gewährt? — Mir ist dann immce so wohl und wehe, als schaute ich von ei-
— £02 —
»er steifen Fefsenküste
ins Weltmeer,
un^
über
Schiffe hin,
den
die forteisenben
in
blauen Raum, um die Heimath ferner Freun de aufzusuchen
— ach,
ich 'vermag
es ja
nicht, (beschloß sie mit weicher Stimme) mei ne eigene Rührung zu schildern ! "
i, Es ist so schön, (sagte Ida) das Leben sich
uns beim Andenken
zuweilen
gendgeipietinnen
auf
wann
an Ju-
Momente
zum Frühlinge vergnügt ! ” i, Luise! (sagte Steinach, und dräng te sich an siet,
fe aem Herzen.)
und hielt ihre Hand fest an
Welch ein Himmelreich ha
ben Ihre Worte in mir aufgeschlossen! Auch
mir war es jetzt wieder,
als schlüge sich der
Strom meines Lebens plötzlich herum, blitzte
wieder
den Perlenquell der Kindheit und fügen Blumen! — Wahrlich, ben ,
und
und
hinauf zum stillhervorspielen zu
seinen
ich war dro
spielte wieder mit deinen kleinen
Händen !v
Sie sah ihm zärtlich
verbarg
die
herabrollende
ins Auge, Thräne
und
nicht.
„August, (siüsterte der wehmüthige Mund) ist sie denn diese Zeit? ”
ganz
unwiederbringlich dahin,
— 203 — Er nidffe schmerzhaft,
und fuhr danR
„Sobald der Mensch bei dem Pfahl
|ort:
angelangt ist, woran das Schicksal sein Le ben bindet, erscheint ihm die Lage desselben
schwärzer als sie ftinen Freunden vorkommt,
die sie nur von außen ihn
betrachten und
oft glücklich preisen wann er ist.
wenigsten
schaut
Er
es
am
Hindus,
und sehnt sich nur nach den Aenossen seiner
Jugend zurück; wo diese sind,
da, glaubt
er, weile auch noch das Glück seiner Kind Aber drin bei ihm scheint alles aus
heit.
gestorben ,
und nur die Erinnerung treibt
noch spärliche Blüten. — Er schätzt sich der armen Wachtel gleich, deren Häuschen von
außen
und
schön
grün und bunt
am Dorgitter
Doch
ach!
wann
gemalt ist.
brennt die Sonne —
draußen im Lande
der
Freiheit der wohlbekannte Strich ihrer
spielen durch
die kühlen Lüfte vorüberzieht,
stößt sich die kleine Gefangene am zierlrchen
Schnitzwerke
Aber,
das Köpfchen
das Dögelchen
ein!
hat Recht —•
— der
Mensch Unrecht; denn nichts soll dem Frei-
gebornen
Bin ich
seine Freiheit
denn selbst frei ?
rauben. —
O,
Unk
ich fühle rA
— LOH. — Hvohl —
mein Herz wird sich sehnen
-as Herz des kleinen Vogels,
wie
nun
wann
einmal meine reisenden Freunde wieder bei
Hollenbach vorüber,
und nach
den wohl-
bekannten Alpen hm ziehen. —" Schweizer und Ida hakten seit ei nigen Minuten sich, Hand in Hand, Eins
in des Andern Blicken gespiegelt.
gemeine rührende Stimmung
Die all
ließ
es
die
Uebrigen nicht bemerken, daß Ida bei den
letzten Worten sich lebhaft wegwandte, und
nach
ihrem
Tuche
griff —
und
Schweizer Steinachen einen
daß
freude-
glühenden Blick zuwarf. Die beiden Freun
de reichten sich dieHände, Ida und Luise sahen in die Ferne hinaus, und der beschei
dene Krün iz äußerte seine
Rührung da
durch, daß er Emiliens Hand an seine Lippen drückte, und Herzlich'ausrief:
„Der
gute Herr von Steinach!" „Aber, (fuhr Steinach fetzt fort, und
wandte sich von neuem zu Luisen,
als
die Wachteln im Felde stärker lockten)
wir
dürfen
nicht
vergessen,
daß die Gottheit
uns die unschuldigen Freuden jenes verlor
nen Kindervaradieses das aanre Leben bin-
— eo5 — durch
in
läßt. —
schönen
Bildern nachempfinde»
Sind wir nicht jefjf alle —
lich nur für den Augenblick
—
frei#
wirklich
wiedervereinigt ? Sind wir nicht in so man* cher Rücksicht— obgleich nicht im Ganzen —
mehr als Kinder ? — Seht doch ihn euch! Diese üppige Natur giebt heute ein herrU# ches Bild von unsrem eignen Leben.
Sie
ist nicht mehr der Frühling des Aprils —
aber sie ist der zweite,
reichere Frühling
des Sottuneranfanges,
der letzte mächtige
Safttrieb des Jahres,
welchen der warme
Regen hervorgelockt hat. ~ »en Regen,
chelregen
@mi[ie,
Er gleicht je#
die wir unsre M o r§
nannten, wann im Frühlinge
das erste fruchtbare Naß auf die lauschende Erde niederträufelte,
und in Einer Nacht
der Rasen herrlich aufgrünte — wann al
les duftete, die Blüten aufsprangen,
und
selbst die todte dumpfe Erde des Tannen#
waldes,
vom linden Frühltngsschauer er
wärmt,
dem Menschen ihre zarten Eöflfi#
chen
Morcheln
zur
freundlich hervortrieb,
frühen
Iahressteuer
und den suchenden
Kindern zum Freudenplatze ward! —
Hat
nicht unser Gewitter denselben Duft,
feuert
— 20 b —
KrühlingSrauch zurückgelassen - — als
ich überall neue
hörte
wollüstigem
Geräusch
Mir ist,
Knospen mit
aufgehen
—
fettes
Grün bricht im Triumphe hervor — lispelnd küssen sich neuverwandte Zweige; send Blätter,
und tau
die noch nie den Gespielen
naheten, strecken sich' in wachsender Sehn sucht zum erstenmal nach einander zu, die Arme der Liebenden —
Birke ihr Harz umher —
wie
süß duftet
die
die Knoten
der
Balsamtanne springen vor Ueppigkeit, und
fließen von selbst über — nung ist heute,
Grüns,
stenden
eine neue Hoff
zu neuem Glanz ihres trö dieser
unverlöschlich^n
Aarbe des bessern Lebens und der Unsterb vom Himmel herabgeströmmt. —
lichkeit,
Seht,
wie dort die Saat schwillt!. Der
bläuliche Dampf einer übervollen Kraft hat sich auf ihren Wellen gelagert, geheimnißvoll
und zieht
den Schleier über die bräut
liche Begattung des Sommers mit der rei henden Au. — Und des Menschen Herz
sollte in dieser Zeit der Wonne ungerührt bleiben,
die Liebe,
und seine eigne süße Bestimmung, vergessen können? —
Ha- der
Westen flammt noch im Purpur —
aewiß
— »07 — Ist in diesem Augenblick hinter jenen Berge»
das Wolkenland zerrissen ; denn fern am öfl< Gebirge
lichen
Kanten
unter
blitzen noch
dev
zinnoberrothe
Stirne.
rauchenden
O, hätten wir Flügel, um uns aufzuschwin
gen in das Regenbogenmeer,
und £ort d ie
scheidende Kugel noch einmal mit Jubel zu
grüßen 1
—M
@o verlor sich
Steinach
noch eine Zeit lang in seiner feurigen Phan
tasie. „Guter Junge!
(sagte Schweizer,
und druckte ihn an sich.) Dein Herz ist heu
te so schön und wunderbar bewegt.^ ,.Der Gewitttktag hat es gerührt, (ver
setzte Jener) Ihr wißt nicht, was es heißt, etliche Jahre lang völlig einsam leben, und
täglich
dem kargen Gotte
des Reichthums
opfern zu müssen! — Aber.was will ich? So nahe meinem Ziele,
kann ich mich jetzt
durch eine Kleinigkett frei machen,
dazu
von mir
selbst abhängt!
dle noch Die Welt
wird mir wohl thun. — Soll ich wieder mit
euch ziehen?” „Herrlicher Gedanke!"*'sagte Schwer
zer.
— soQ —
„8 teinack)!" riefen Luise und I d a tnit flehender Stimme.
„Nein,
(fugte
Emilie,
und
blickte
i^n zärtlich an) ich rathe ihm nicht ab.
Ee
weiß sich selbst zu rathen."
„Emilie, wenn du mich noch liebst, ss sey ruhig!
(bat Luise.)
Laßt uns lieber
-lese schöne Welt noch durchstreichen und ge
ich
möchte sagen, er ist der Beste unter uns — und ach,
wir müssen
Winkel zurücklassen,
ihn qun
diesem
in
wo er vielleicht noch
lange mit seinem Mißgeschicke fortkämpfen
wird — o, baß thut mir im Herzen weh!" „Ich habe ihm die besten Vorschläge gethan;
(sagte
aber
Schweizer)
hat mir auf eine Art widerstanden, nicht tadeln konnte.
nicht
im
Geringsten
die ich
Uebrigens bin
unruhig
er
über
ich
sein
— 27l — G'chicksal, und es freut nich,
daß auH er
und siH
jetzt in einer gewissen Krise lebt, nach einem
sehnt.
größern Wirkungskreise
Glaube mir,
und
er weist feinen Wiesen
Kohlbeeten den Rücken, sobald
wir
fort*
gehen." „Herrlich, herrlich! (rief Fink) Und wir ihn gar für unsre
vielleicht gewinnen
Sache! — Klaren!
Also wäre denn nun alles im
Ich blicke wieder mit neuer Lust
eine Strecke ins Leben hinein! — Ich sehe uns alle schon
wirkhschasken,
auf deinen Gütern
und
kel ans Herz. —
Aber,
Hier wegkommen —
seyn,
beim
herum-
drucken den alten On
Scheiden
wie soll ich
ach,
von
wie wird mir
von all
den
heben
Weibern! Härt' »ch nur Thränen genug —> ich wollte schon
heute einen ganzen Sand
oder Belt damit vollweinen! An das liebe
Gundchen und ihr süßes Koien und Spie len bin ich nun einmal gewöhnt —
wirklich
ist sie
mir zur Unterhaltung
Liebsie unter Allen. —
Sie steht gerad
«dem interessanten Alter,
und die
in
wo die zärtliche
Jungfrau im Mädchen erwacht —* wo daMädchen am Abend
nicht
mehr eher ein-
— -72
sondern spater —
schläft als LS soll,
nur so
LS statt fest zu schlafen
-Lmmert, daß eine Nachtigal gen
wo
kann '-ff
insgeheim
es
seinen
in
mancherlei schreibt,
brennt —
es wach sin
gern allein Briefchen
geht —
kramt
—
und alles wieder ver
Morgens mit einem
des
wo
leicht hin-
tiefen
Seufzer, aber doch freundlich erwacht, dann
über seltsame Träume klagt, und diese auf keine andere Art
ükrräthen. —-
erzählen
will
Und mit diesem
als
gendgewande, meine Herren, bin ich,
eurer Erlaubniß,
durch
zarten Ju-
mit
auch noch ein roenig an
gethan , und gefalle mir, Gundchen gegen über, ganz teufelmäßig wohl darin — wenn
gleich neulich der
alberne Steinach mich iR
dreser Hinsicht mit einem Gaskogner verglich welcher sein Hemd vier Wochen lang au^ Einer Seite trug, und dann beym Umwen den desselben vergnügt sagte. il
fait
bien
beau etre dans le linge blanc! —
Das
beyseite gesetzt, freue ich mich dießmal ganz unbändig auf unsre Trennung, Ichnurstracks
zu
unsrer
weil sie so
Wiedervereinigung
iührt! Wenn wir nun so einpacken, und auf
— 273 — die TofliTond fluchen,
und auf unfern ®e*
kirnten (o^prugeln — und
in Sabini-
nun
um uni) Hoheublar Abschied genommen, und uns iver mei& noch uuo welchen festen Tan»
den loegeivunden.haben— und nun da ste hen. und an die rothen Augen sechs Augen bäder halten,
vnd uns durch den ftohen Ge
danken an unsre eigne Trennung wuder er weitern —
und endlich Schweizers Postillon
zuerst blast, weil er einen Grasen fahrt
Ünd ich mich über den Kerl ärgere —
—*
aber
zuletzt.wieder gut werde — lind nun so doc
dich hintrere,
und sage;
o du theurer Graf,
lebe dann wohl — wohl — Gott, ich kann nicht mehr — sei> glücklich, und nimm
mei
nen besten Segen und meine letzten Ermah
nungen ! Handle stets als Christ,- wenn da etwas Erkleckliches nehmen willst —
aus
kreuzige
dem
Judenleibzoll
dein' Fleisch und
Kein» wenn dein hochmuthigsFrau behaup tet,
sie sey auch eine R ppe davon ~ sey
gutthätig, wenn
dein Appetit dich um eine
»ilde Gabe anspricht — lebe keusch, wie öec r»6ife Salomo — sey vorsichtig,
ehe du dich
gegen Andere nachsichtig zu seyn entschließest-— Sie reii. Weilet i.XV-
@
— »74 — sey getreu, gegen alle Frauen,
damit d«
deiner eignen die Treue gegen dich allein mit
desto größern. Recht einschärfen könnest — sey ein Mann gegen sie, lieber Graf—fürch te dich in dieser Welt vor nichts, was eß
bar ist, sondern sey tapfer, gegen deine Be dienten und Unterthanen — Kurz,
Freund, |ep Alles was du willst,
mein
nur zur
rechten Zeit, und mit einer guten Art, uns durch die Welt hilft» — Was?
dis
Wenn
bei unserm Abschiede nicht alles sich wört lich so begiebk, wie ich jetzt prophezeihte, so
sagt, ich Hütte eben gelogen!"
Unruhig schwebte die kränkelnde J d a,^ mit dem S^rickkörbchen am Arme, in ihrenr
Zimmer umher.
Alle Fenster waren geöff
net, und liebliche Kühlung wehte von außen
herein.
Aber im Innern des entzündeten
Mädchens pochte ein feuriger Gast;
das
süße Gift der nächtlichenKüsse war in alleAdern
gedrungen,
und
hatte die Schmachtend»
schon bis zu jenem Zustande gebracht, in den»
ein junger Busen, von feiner eignen ßüüe
— 276 —
beunruhigt, keinen Frieden mehr kennt,
den, welchen die Liebe ,
nur im
als
Triumphe
poch großmüthig, unkerzeiHnet —* bis zu je
ner zärtlichen Beklommenhett, worin bey je dem leisen Wort und Seufzer die Sehnsucht
öffentlich
mitspricht,
und jeder stille Blick
schon aus der Thräne des Selbffgesiändnisseo hervorschimmert. Franziska!
nD meine theure
—-
(rief sie aus.)
du mich mein
Warum mußtest
eignes Herz
in
des deinigen sehen lassen! Liebe nicht, und erblickte
ihre Beute.
dem Spiegel
Ich kannte die
mich plötzlich als
Sorglosschlummerteich an der
Brust eines niegekannten Glückes — ach, ich
war so selig, da mein Auge noch in unschul digem Spiel an
seiner Gestalt hing,
süßere Nahrung aus
den Strahlen
und
seiner
zärtlichen Blicke sog, als die Biene auS Blü tenkelchen ! — Seine holden Worte drangen in mein offnes Herz — er war ein Freund,
den meine Seele liebte — o, ea wäre ewig
so geblieben! Aber du, Franziska, wecktest mich so unbarmherzig aus dem schönen Traum vckd wozu? Nicht zur Vernunft,
noch zu
meiner Psticht — nein — zur Eifersucht bist
— 276 —* du erwacht, Unglückliche, und das ElenL liegt
weit und schrecklich vor dir da! —" Sie schluchzte laut gehen
—
„Du sollst zu Grunde
(fuhr sie fort,
und verweilte vor
einem Spiegel) deine Blute muß verbleichen,
Ida! — Er nannte mich einmal schön — Ach,
wie mir da sein Lächeln wohl that!
ec hatte den Zauber ihrer Lippen noch nicht
gekostet — und wie tief stehst du unter jenem prächtigen Bilde, armes Mädchen! — Gab es jemals ein hoffnungsloseres Sehnen, als
das uneinige / — Und,
während eine thö
richte Liebe mich langsam verzehrt, und
die
Qual der seltsamsten Eifersucht mein Herz zu zerreißen droht — was soll ich, was kann
ich thun oder sagen —, was darf ich der
Welt gestehea? — Soll ich meine Aeltern mit dev Entdeckung tödten, daß ich aus Lie
be zu einem reisenden Maler
wahnwitzig
geworden bin? —- O, meine herrliche, stolze
Mutter, du sollst es nie erfahren,
warum
dein Kind verschmachtet ist! — Oder soll ich ihm selbst meine Liebe gestehen, ihm, der
mich vielleicht nie geliebt hat — ach, ihöl, den noch gestern Franziska insgeheim chte
Hand an di-e Lippen drückte ? — Oder der
— 277 — Prinzessin Geständnisse thun,
richter ist nls ich? Sie den Mann bitten, bdirf? —
ihr, die thö
auf den Knieen um
welchen ich nie besitzen
Oder mich Steineichen entdecken,
d«ß er die Romanheldin verachtet — Und
wenn nun diese fürchtie'rliche PröfungswochE vorüber ist, soll ich den Präsidenten mit mei ner Hand betrügen?
PAlten, Pötten!
Diesen Würdigen? —
Wußt' ich, daß du willig
und kalt und treu genug wärest,
um mich
cm deiner Seite nach und nach verbluten zu sehen — könn? ich dich zu meinem Freunde
gewinnen — c>, ich wollte dich wie einen Gott ehren, ich wollte Muth fasten, dir so
gleich mehr ganzes Herz öffnen, und die dei nige
seyn ’
Meine Freundschaft
sollte dir
lohnen." Sie dachte jetzt diesen letztern Gedanken
zum erstenmal deutlich aus.
Er gab ihr
eine Art von frohem Muth, und hielt jeden tragischen Entschluß von ihrer Seele fern. Nur der einzige Zweifel peinigte sie, ob dann
Pölten auch großmüthig genug seyn wer de,
ihre Hand
noch anzunehmen? — Sie
tvat zu gebildet, um nicht sogleich ihre gan
ze' mitleidSlverthe Lage zu übersehen — zu
— 279 tief verwundet, um sich von dieser Siebe selbst
zu hejlen *— zu enthusiastisch, um nicht sich selbst willig zum Opfer
Aeltern zu
für das Gluck Her
weihen — zu kindlich und zart,
um ihre Mutter durch Geständnisse zu hrän*
E#b welche ohnehin nichts
ankern konnten
und zu stolz für jedes Geständniß an die. Welt, oder an den Mann ihrer Liebe, der,
wie sie glaubte, langst in einer andern straf baren Leidenschaft brannte, und seine ganze
Veete schon an die fürstliche Braut verloren hatte.
Denn
bei Franziska'c Schön
heit sah "die Bescheidne nicht ein, wie der feu
rige Mann einer Zuneigung widerstehen kön ne, welche die Prinzessin so schlecht zu ver
bergen
wußte,
sobald
Ida'n allein war,
sie mit ihm,
oder
und die sie doch vor
der Welt so trefflich beherrschen konnte! —
Niedergedrückt von din ,
der Hoheit ihrer Freun
fühlte Ida eine gewisse Erbitterung
gegen sie, ja sie fürchtete gar,
die einst so
edle Franziska bald verachten zu müs sen, seitdem ihr d«e Unbefangene —. die kein
Geheimniß vor
ihr verschloß — mit einer
gewissen naiven Freude erzählt hatte, sie sey von Finken benachrichtigt, daß die Maler
— 279 — ssH vermuthktth bald am Hofe ihtes Dräutigamü
Niederlagen würden. — Das arme,
von allen Seiten geängstete Mädchen, glaub
te jetzt schon fern bis in die Dorhöfe eines Verbrechens zu schauen — ihr reines Herz
fand eine Art von Trost in dem eignen Vor sätze, von allem Glück freiwillig zu scheiden
—* und mit rührender Lust hieß sie den Ge
danken an Pölten willkommen. — Aber sie kannte die volle Starke ihrer Liebe noc^ nicht! Mitten in diesem Kampfe sah sie der» Wagen ihrer Peinigerin heranrollen. Freund
lich flog Franziska ihr entgegen,
drückte sie ans Herz.
und
Fraulein L a n d st e i n
war ihre Begleiterin. „Du bist so heiß als ich,
liebes Mäd
chen l (sagte die Prinzessin.) Gieb acht, wir
zerschmelzen noch in diesem afrikanischen Som
mer! Die Nacht war so frisch und kühl —
und dennoch klopfte mir das Herz vor inne
rer Gluth.
Sage mir -och, warum giebt
es keine Betten von Eis — und warum ha be ich weder Ruhe noch Rast? — Ey, wie.
du jetzt roth biß!“
— 280 — fürchte nur, (erinnerte Me Land» stein) Ihre Durchlaucht werden sich beiden
frischen Nächten einmal erkälten."
»Ach
du weißt viel! ( rief F r a n z i S-
ka, und machte sich's kühler, und athmete
in tiefen Zugen.) Was gäben wir wohl jetzt für erne solche Nacht, Ida, wie die waren,
als ich dich im Frühlinge bei mir hatte?"
„Sie sind dahin!" „Ich hoffe, Franziska
seufzte Ida.
es ist dir recht — (fuhr
fort)
ich
habe Schweizern
und feinenFreund hieher b-schiedei», weil der
letztere übep die beste Richtung unsrer beiden Gesichter vorher zu Rath gezogen werden soll? Auch wünscht Schweizer selbst,
daß
man die Fertigung der beiden Gemälde doch lieber seinem Freund anvertraue,
ihn selbst
aber, weil er noch wenige Köpfe gemalt habe, nur hie und da feine Meinung dazu sagen lasse."
„Auch ich wollte schon neylich hierum
bitten
weil ich es besser fand."
Ida, und fühlte,
antwortete
daß ein beträchtlicher
Stein sich v-a ihrem schwachen Herzen ab-
»wälzte. „So werden Sie also (sagte die Hof
dame) das seltne Glück haben,
von einem
— sgi — Grafen
zu werden,
gemalt
hpchstwahrschelnkich, ein ist.
der noH dazu
deutscher Reichsgraf
Denn mau weiß "schon
alles Nöthige
der Name geht noch ab,
von i)m— nur
da nach unsern Nachrichten gegenwärtig dee
ren Etliche sich auf Steifen befinden sollen."
„Jst's endlich
heraus?
(rief Fran-
z,iska. ) Nun, die Sache wird mich bald selbst inreressiren.
vor
decken, und
muß ihn zu ent
Man
dem Hofe bloß zu stellen
suchen." — Sie gerieth in ein tiefes Nach denken and seufzte — »Wir haben ja (sagte sie zuleht) den herrlichsten Maaßstab für die
wahren Kennzeichen des vornehmen 21 nstA n des von einem der Ida, laß uns
größten Deister.
doch unsern Lieblingsdichtec
da/übec um Rath fragen, welchen unter' den
dxky Reisenden
wir nach jenen Kennzeichen
als den Vornehmsten, als den Grafen zu be
trachten haben!“ Ida j^-lte das Luch, und mußte_die zu
dieser Materie gehörige
Was
Serlo in
Stelle verlesen, ♦)
Göthes
Wilhelm
M e^ st'e r D. 3, S. rgZ über den vornehmen Zlttstan- fhgt.
— 282 — Dann bemühten sie sich,
das dort Gesagte Die Land
auf unsre Freunde anzupassen.
stein war am geschwindesien damit fertig, Brixenfelsen mit dem gräsiichen Ehren kleide anzuthun,
und meinte,
selbst räume offenbar ein,
d^r Dichter
daß Keiner ei
gentlich vornehm thun könne, der nicht vor nehm geboren und erzogen sey.
Brixen-
fels betrage sich aber wahrhaft vornehm. F r a n z i S k a hingegen fand, mit glei
cher Parteilichkeit,
das Meiste der angege-
DenenRegeln eben so anwendbar aufSch wei gern, als auf Jenen.
„Du weißt es ein
gab sie der Landstein Schuld) daß
mal,
Brixenfels der
Vornehmere ist,
und
darum bist du nicht mehr zu einem unpar
teiischen Urtheile tüchtig.
Wir Beide aber
sind noch nicht völlig überzeugt, und können
Uns also noch unbefangen auch die zwei UeBrigen
als Trafen denken.
Auch tritt ja
hier — soviel ist ausgemacht — einer
absichtlichen Verstellung
der Fall
ein;
und,
wenn man von physischer und geistiger Leich tigkeit in der Haltung einen richtigen Schluß
auf eine vornehme Erziehung machen te,
dürf
so würde ich gewiß vor Allen auf den
— Lg3 — gewandten
Herumfahren
Fink rathen,
dessen-»wildes
vielleicht nur angelehrt ist. —
Aus diesem Allen ergiebt sich übrigens, daß jetzt gerade so klug sind als vorher,
wir
und unfern Dichter noch sehr schlecht ver»
stehen." „Ich glaube nicht, (sagte Ida) daer diese Grundsätze überhaupt auf gebildete
Künstler an gewendet haben will. —
Wir
finden, so scheint es wenigstens mir, folgen
de hervorstechende Züge an diesen Malern: an Brixenfelsen, der seinen Charakter nur
vorsichtig und selten
Erfahrung,
zeigt
weltkluge
und eine gewisse Unnahbarkeit
für leidenschaftliche Gefühle, verbunden mit
einem
hohen Grade von menschlichem Stol
ze, welchen er gegenwärtig,
wie ich glau
be, in Kunstlerstolz eingekleidet hat — an
Schweizern, edeln Charakterstolz, groß-
Leidenschaftlichkeit, und — (ihre Brust hob sich jetzt höher,
da es dem Freunde galt)
tiefes, feuriges Gefühl für alles Herrliche— endlich an Finken, leichtflammendes Feue»
zum Guten, Scharfsinn undGenie zu Allem, jugendliche Lust an
der Fülle des Lebens k
alles dieß aber ohne freie
Thatkraft, unfr
*- 284 — nvch in tintt schülerhasieü Empfänglichkeit für jedK Richtung. -—
Gtz Urtheil über
rien Kunstsinn und rhre Künstlerkräfte wage ich nicht zu
fällen.
Jedermann
Allein,
wird schon in der ersten Stunde ihres Um»
ganges sich überzeugen,
daß sie sämmtlich
ist der Schule der größten und kleinsten Welt erzogen und ausgebildet sind; würden sie,
und daher,
auch wenn der Fall jener nfctf
sichtlichen Berstellung nicht, sondern nur ei»
zwar am
«»»völlige Fremdheit statt fände,
sich nach den Regeln unser» Dichter» beur»
theilt, aber nimmermehr würde durch diese
Regeln allein mit Sicherheit
der Graf
entdeckt werden können, den Fräulein Land
stein unter ihnen vermuthet,
und welchen
ich selbst übrigen» mit ihr ~ nur au» an» itern unk, mehrerlei Gründen,
al» sie —