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German Pages 128 [249] Year 1825
D i e
Waise von Unterlachen.
Zweiter
Theil.
Grimma bei C. F. Göschen Beyer 1324.
Die Waise von Unterlachen
nach D' Arlineourt»
Zweiter Theil.
Das Gestirn des Tages war erschienen. Auf einmal ertönen kriegerische Gesänge und schallende Musik im Kloster. Elodie steht auf, und ihre Blicke gegen den Park wendend, wird sie die Vorbereitungen eines glänzenden Festes gewahr. Wie durch Zau berschlag entstanden, erheben sich Triumph bögen in der Mitte des Gartens; auf dem Rasenplatz ist ein grünendes Amphitheater errichtet, über welches verschlungene Lorbeer kronen und Rosenkränze herabhängen. Hier sieht man einen Tempel, der Schönheit geweiht, dort eine Grotte, der Liebe gehei ligt: weiterhin stellt sich ein Tanzsaal dar, welchen Stufen für zahlreiche Musikchöre umgeben; überall bilden sich die Namens-
züge, überall glänzen die Farben der Zung-
frau von Unterlachen. Mit Erstaunen betrachtet die Waise von
ihrem Fenster aus diese prächtigen Zuberei tungen.
Zn diesem Augenblick nähert sich
ein Trupp junger Ritter in weißen Rüstun gen,
auf
deren
Elodiens Namen
himmelblauen
Schildern
in goldenen Buchstaben
blauen Feldbinden
prangt.
Alle sind mit
geziert:
ein Band dieser Farbe umgiebt ja
immer Elodiens schlanken Leib.
Am Fuß
der alten Mauer halten die Ritter,
und
mit wohlklingenden von kriegerischem Sai tenspiel begleiteten Stimmen, lassen sie fol gende Worte erschallen:
Bei den Gesängen der wüthigen Söhne, Jungfrau des Thales, erhebe den Blick.
Schimmernd wirft auf die erhabene Schöne Gerne der Ruhm seine Strahlen zurück. Möge der Donner entfernt von dir dräuen
Holde Aurora, verklärendes Licht! Würdig, nur Kronen die Stirne zu leihen, Ist deinem Herzen die Liebe auch Pflicht.
Warum stürzt kühn sich in blutige Schlachten
srämpfcnd der Held einer tapferen Schaar? Was konnt' er dort zu erringen wohl trachten.
Wenn es ein Lächeln der Schönheit nicht war? Tochter des Himmels! rein strahlende Blume!
Deiner harrt festlich ein glänzender Tag;
Sprich, o wir flehen, der Ehr' und dem Ruhme Worte der Liebe, der Zärtlichkeit nach.
Die
Thüre der Zelle iffnet sich,
die Gräfin Zmberg
und
streckt ihre Arme der
Waise mit den Worten entgegen: — „Kommet!
kommet!
Jungfrau
die
restage
meine geliebte Tochter,
Das Kloster und das Thal feiern
ihrer
von Unterlachen
Geburt;
am Zah-
wenn dieser
Tag
für die Bergbewohner ein Tag des Dan
kes ist, so muß er es noch mehr für mich seyn,
denn
Stunde nur
ihnen
gab
diese
eine Wohlthäterin;
glückliche
mir hat
sie eine Tochter geschenkt!"
Dankbar
für diese schmeichelhafte Auf
merksamkeit,
diese zärtliche Sprache, vor
züglich aber für den rührenden Ton ihrer
Stimme,
sinkt Saint Maurs Tochter an
Brust ihrer
die süße
Täuschung
Augenblicke,
und
Beschützerin;
überredet
sie
eine
einige
für
daß sie wirklich eine Mutter
gefunden habe.
Die Gräfin zieht sie sanft mit sich fort. Am Ende des großen Klosterganges zeigt sich
unter einem gestirnten Thronhimmel ein erha bener Sitz, auf dessen Stufe die Waise, von ihrer Wohlthäterin hinaufgeleitet, unbeweg
lich vor Verwunderung stehen bleibt. Plitzlich,
nen
mit von Gold und Edelstei
funkelnden
Waffen
bedeckt,
erscheint
der Fürst von Palzo mit einem glänzenden Gefolge, von Rittern,
Stallmeistern, und
Edelknaben umgeben; ihre Schärpen, Pa
niere und Helmbüsche sind blau;
sie gehen
auf Elodien zu: bald neigen sich alle Lan zen, alle Degen und Schilder vor der Waise
der Abtei; und selbst der Fürst von Palzo, ein Knie vor ihr beugend, legt sein Schwert zu ihren Füßen,
während die kriegerischen
Sänger im Chor den Endreim wiederholen:
Möge der Donner entfernt von dir dräuen, Goldne Aurora,
verklärendes Licht!
Würdig nur Kronen die Stirne zu leihen,
Ist deinem Herzen die Liebe auch Pflicht.
Nun erscheinen die Hirten,
die Land
leute und die jungen Mädchen von Unter
lachen im Hintergrund der Gallerie,
weiß
gekleidet und mit blauen Bändern geziert, tragen sie die Gaben des Dorfes und besez-
die Stufen
des
Thrones mit
ihren
Körben voll Früchten und Blumen.
Die
zen
Freude strahlt auf ihren Zügen; Jungfrau
des
der Rührung,
und die
Klosters vergießt Thränen
während das ländliche Chor
theilweise unter Begleitung der Instrumente
den zweiten Schlußreim des ersten Gesan ges wiederholt: Blume der Unschuld aus lichteren Höhen!
Deiner harrt glänzend ein schöneres Glück. Strahl' auf des Thales vereinigtes Flehen, Blicke der Liebe bejahend zurück.
Eine andere Ueberraschung folgt.
Auf
einem wie eine Seemuschel gebildeten Wa-
gen, über dem sich ein blaues Zelt ausfpannt,
wird Elodie von den Thalbewohnern und
jungen Mädchen gegen das auf dem Rasen
platz errichtete
Amphitheater gezogen:
Ritter und Edelknaben
bilden
die
ihr glänzen
des Gefolge, und die Feldmusik zieht dem
Triumphzug voran.
Die Beherrscherin des Thales hat sich auf einem vergoldeten Balkon niedergelas Ein weiter Kreis
sen.
ist vor ihr;
die
Schranken sind ge-ffnet und der Kampfruf der Turniere:
„Krieg
den Helden!
Liebe
den Frauen!" erschallt. Völlig gewappnete Ritter mit geschlos senem Helmsturz und eingelegter Lanze stür
zen zum Gefecht.
Ihre Stärke- und
Ge
wandtheit entzücken die Zungfrau von Un
terlachen.
Die
runden
Schilder
ertönen
von gehäuften Streichen, und den fürchter
lichen Schwertern entströmen feurige Gar ben.
Der Wahlspruch
der Kämpfenden ist
gleichfalls: „Liebe und Ruhm."
des Balkons senken
Am Fuße
die Kampfritter,
auf
die fliegenden
Ihren edlen Rossen reitend,
Fahnen, und beugen ihre wüthigen Stir
nen zu
den Füßen der Schönheit.
zückt, verwundert,
Ritterspiels,
den
Ent
lächelt die Königin des
Helden zu.
siegreichen
Mit ihren weißen Händen,
und wie an
den Vorsitz bei solchen Festen gewöhnt, hat nun die
holde Jungfrau
Ueberwinder
gelößt,
die
den
Helm
Krone
der
auf ihr
Haupt gesetzt und die Preise der Tapferkeit
vertheilt.
Zn diesem Augenblick aufs Leb
hafteste angeregt, war Saint Maurs Toch ter noch nie schöner erchsienen.
geisterung,
Die Be
welche ihr dieses ritterliche Fest
eingeflößt, malt sich auf ihrem Angesicht und wirft einen neuen Glanz auf ihre zauberi schen Reitze.
Das Entzücken, welches die
Schönheit erregt, die fast göttlichen Huldi
gungen,
die ihr dargebracht werden,
die
Ausrufungen der Tapferkeit und des Sie
ges, dieser schöne Himmel, diese bezauberten
Haine,
diese begeisternden Gesänge,
diese
Wunder der Kunst mitten unter den Wun-
IO
dern der Natur,
alles vereinigt sich,
Trunkenheit
Entzücken
und
in
um
ElodienS
Seele zu strömen.
Bankett
prächtiges
Ein
Helden des Festes.
Gebüschen
erwartet
die
Unter einem zwischen
errichteten
Zelt
ist das
Mahl
Waffenpyramiden zu Säulen die
bereitet.
nend halten einen goldnen Vorhang
unter
Blaue Schnüre
dem Laube ausgespannt.
ziehen die Schwingungen empor, und Blu
mengewinde bekränzen die Dogenrunde. Die Waise ist von jeder Bezauberung,
Erst gegen Abend
jeder Freude umgeben.
geht die Tafel zu Ende.
Elodie tritt aus
Darf sie
dem Zelt hervor.
ihren Augen
Glänzende Lichter- sind den letzten
trauen.'
Alle Gebüsche
Gluthen des Tages gefolgt.
sind
beleuchtet.
Tausendfarbige
Lampen
werfen ihre magischen Strahlen durch das Grün
der
Bäume.
Wie
ein
Feuerball
erhebt sich das Kloster stolz über die schim
mernden Sterne, ist.
Die
womit
der Park besäet
friedlichen Wellen,
welche den
Garten tränken, spiegeln diesen Glanz zurück, dem
und auf
Rasen
erscheinen
kristallene
Decken mit schimmernden Punkten, Silber
staub, Perlen
und Diamanten geschmückt.
Alle Träume des Orients, alle Wunder der Feenwelt und Fabel verwirklichen
sich für
Elodien.
Auf allen
Seiten
reihen sich Tänze;
von allen Seiten ertönen freudige Gesänge.
Zeder Daum hat seine Drias,
seine
Gottheiten.
sich einen
Die
Augenblick
jeder Hain
Gräfin
entfernte
von Elodien.
Der
Fürst von Palzo benützt die Verwirrung,
die Berauschung des Entzückens der jungen
Königin des Thales.
Er
zieht sie schnell
zu einem entlegenen Gebüsch, mens Tempel,
wo sich Hy
von einer Gruppe Sylphi
den umgeben, erhebt, dort sinkt er zu ihren Füßen
und
ruft: „Angebetetes Mädchen,
öffne mir diese» Tempel!" Elodie
wendet
die Augen gegen das beleuchtete Gebäude,
welches ihr der Fürst zeigt.
Eine göttliche
Musik tönt daraus hervor.
Es schien als
auf Wolken
wenn sich himmlische
Harfen
herabgetassen hätten,
und von unsichtbaren
Händen gerührt würden. Nahe dich, Göttin, dem -linkenden Scheine! Nimmer befremde ein Wunder dich hier. Was ist der Glanz dieser funkelnden Haine
Gegen der Schönheit bezaubernde Zier!
Ach nur vergeblich stellt dieses Gebilde
Leblose Reitze Jtalia's hin! Wunder bist du nur auf diesem Gefilde
Und nur die Liebe der Zauber darin.
Gebe Gesetze den Menschen hienieden,
Königin, herrschend am Zyprischen Strand! Mächtig der ganzen Natur zu gebieten, Bist du das herrlichste Werk ihrer Hand.
Willst du dem Tempel des Sieges nicht nahen?
Dränge dein Herz nun nicht länger zurück. Ruhm wirst du bald mit dem Throne empfahen,
Und aus der Liebe erblüht dir das Glück.
Die
Gesänge
haben
aufgehört.
Thüre des Tempels öffnet sich,
und
Die der
strahlende Glanz des wundervollen Innern
blendet die Waise.
Im
Hintergrund des
Heiligthums glänzt Hymens Altar: rings umher steigen Wohlgerüche und Weihrauch
wolken aus goldnen Pfannen empor.
Eine
Menge von Liebesgöttern lassen stch herab,
ihre leuchtenden Fackeln schwingend, fliege» diese
neuen
Kinder Aphroditens
auf die
neue Hebe zu, reichen ihr den Neckar-Be cher dar, umschlingen sie mit Florens Gür
tel und suchen sie sanft gegen den Eingang des Olymps zu ziehen, welcher alle Wohl
gerüche Arabiens aushaucht.
Der Fürst von Palzo ist noch immer zu
Elodtens Füßen, und etwas Beredteres noch als die Liebe spricht aus
feinen Blicken.
Die Waise glaubt zu träumen, und bestrebt sich, ihre Lebensgeister zu sammeln.
Durch
die Verführungen, welche sie umstricken, fast
unwillkührlich
hingerissen,
ist
sie au den
Stufen des Tempels, und der Fürst von
Palzo auf dem Punkt zu siegen.
Hymens
Altar hat
ihre
Aufmerksam,
keit erregt; die verschlungenen Namen Elodienü und Palzo's glänzen hier in
Flam-
menzügen.
Was bedeutet das?
sich selbst.
Zum Tempel
fragt sie
hinansteigen ist
eine schweigende Einwilligung in des Für sten Wünsche;
sich dem Altar nähern heißt
beinahe ihre Treue verpfänden. inne. — den,
Sie hält
Die Bezauberung ist verschwun
ein Schauer erfaßt sie,
jungen Amoretten,
sie stößt die
welche sie zum trügeri
schen Pallast hinziehen wollen,
von
macht sich von den Dlumenketten los,
sich,
die
sie zurückhalten, und bebt erschrocken bis i» die Tiefe des Gebüsches zurück.
Der Fürst stürzt auf sie zu, zum Tempel zurückführen;
er will sie
das zärtlichst«
Flehen der Liebe strömt von seinen Lippen, als sich ihm mit einem Mal ein vom Kopf bis zu den Füßen geharnischter Krieger dar
stellt, reicht,
ihm einen versiegelten Zettel über und
verschwindet.
Wüthend über
diese unerwartete Erscheinung hat der Fürst
den Dries ergriffen, und zuckt beim Anblick des Siegels zusammen:
schnell zerreißt er
den Umschlag, durchläuft die Bothschaft und
erblaßt.
so
Eine
benützend,
günstige
Gelegenheit
entwischt Saint Maurs Tochter
aus dem Gebüsch, sucht überall die Gräfin
auf, findet sie wieder,-, und vor ihr ihre uckge-
meine Bestürzung verbergend, preißt sie sich
glücklich den Gefahren der Verführung, den Verräthereien dieses Abends entgangenzu seyn.
Der Fürst ihr.
gesellte sich bald wieder zu seine Gemüthsbewegungen
Geschickt,
zu verstecke»,
verbirgt
geheimen Verdruß, scheint
er
sorgfältig
den
der ihn verzehrt.
Er
keineswegs von
der eiligen Both-
schaft beunruhigt, die er erhalten: sein.Ge sicht verräth nichts von wegung ;
und
seiner innern Be
der Zungfrau
lachen gegenüber,
von Unter
ist weder seine Sprache
noch seine Liebe, nichts in ihm verändert. Aber für Elodien ist alles verwandelt.
Zhr Rausch ist verflogen,
der Garten mit
seinen Wundern, alles ist für sie entzaubert; des
Fürsten Plane sind
ihr
entschleiert;
der
Zweck seines Festes und
Blendwerkes
erkannt.
Sie beklagt sich über eine außer-
ordentliche Müdigkeit; ihr Blick ist gleich gültig, ihre Stimme traurig und matt geworden. Sie erwartet mit Ungeduld da« Ende dieser Belustigungen, welche anfangen ihr unerträglich zu werden. Endlich zieht sie sich zurück, glücklich darüber, diesen Hul digungen entgehen zu können, die sie von jetzt an nicht mehr berauschen. Gegen die Mitte des folgenden Tage« begab sich Saint Maur« Tochter in den Saal der Abtei, wo sie die Gräfin Zmberg einen Augenblick allein zu sprechen wünscht«. Elodie sieht den Zweck dieser verlangten Un» terredung voraus; sie ahnet neue Verfol gungen, und alle Kraft ihrer Seele zusam mennehmend, macht sie sich bereit, mit Festigkeit gegen das Ungewitter zu kämpfen, welches ihrer wartet. Die Gräfin breitete wie gewöhnlich ihrer Nichte die Arme entgegen, und nach dem sie sie neben sich hatte niedersetzen las sen, richtete sie mit dem zärtlichsten Ton diese Worte an sie: „Al« mir die Dorfe-
sehung die Sorge über die Waise von Unterlachen übertrug, kam ich in diese Gegend, die Aufgabe zu lösen,
welche-sie mir vor
schrieb, aber anstatt eine Pflicht zu erfüllen,
waren mir hier aufbewahrt.
nur die
Theure Elodie,
hat mir Kinder versagt, meinem Herzen,
Wünsche erfüllte.
erhalten, will
reinsten Genüsse der Himmel
ich fühle tief in
daß er jetzt endlich meine Ich habe eine Tochter
ich besitze sie in euch;
ihr ganz Mutter seyn.
und ich
Mein Ver
mögen, ihr wißt es, ist ansehnlich; wohl, es wird einst das eure werden.
bestimme ich meine Reichthümer; werde
nun Euch
und doch
nur ich die köstlichere Gabe
erhal
ten, wenn ich das Herz meiner Pflegtochter
dafür eintausche." Gerührt von
dieser
Rede,
warf sich
die vertrauende Elodie insgeheim ihre Vor«
urtheile gegen
diejenige vor,
deren Liebe
und Großmuth sich keinen Augenblick wider sprechen;
sie wollte eben ihre Dankbarkeit
faut «erde» fassen, als ihre Wohlthäterin folgendermaßen fortfuhr: „Geliebte Tochter, meine Pflicht heischt jetzt eure Zukunft zu sichern, und euren Rang in der Welt festzustellen, «he meine Laufbahn zu Ende geht. Der Fürst von Palzo betet euch an. Zch spreche euch weder von setner erlauchten Geburt, noch von seinen Schätzen; die Seele meiner Elodie ist über dje irdische Grüße erhaben. Von der Höhe, worauf sie ihre Tugenden stellen, sieht sie die eitlen Kolossen dieser Erde unter ihren Füßen. Es ist also nicht Palzo's Macht, nicht der Glanz seine« Ruhms, es ist sein Gemüth, welche« ich auszuforschen sucht«; es ist seine leidenschaftliche Anhänglichkeit an euch, es sind seine edlen Gefühle, di« meine Wahl zu seinen Gunsten bestimmten. Liebenswürdige Waise! seine Liebe für eure Reitze geht bis zum Wahnsinn, seine Pewunderung eurer Tugend bis zur Abgöt terei. Welcher erhabnen Fürstin hat man je glänzendere Feste gegeben? welche Schön-
heit
empfing
Ach,
gewiß
auffallendere
Huldigungen?
das
läßt endlich
gefühlvolle
Herz meiner Elodie dem edlen Krieger Ge rechtigkeit widerfahren, der sie an den Fuß
des heiligen Altars ruft. Lothringens
allein
ist
Der größte Held
der schönsten
der
Schweitzer-Jungfrauen würdig."
Die Gräfin hätte noch länger im Lobe des Fürsten fortfahren können; denn gerührt
von ihren
Wohlthaten über
die
Liebkosungen
und
durchdrungen, Beharrlichkeit
von
aber
ihrer
ihren trostlos
Wünsche,
schwieg die Tochter Saint Maurs.
End
lich antwortete sie:
„Theure Mutter! habet Dank, daß ihr mich würdigt, euch diesen Namen geben zu
dürfen!
Eure Güte hat alle Hoffnungen
der Waise übertroffen: niemals wird sie in
meinem Gedächtniß verlöschen.
Die Reich
thümer der Gräfin Zmberg, wenn ich sie
annähme, würden keinen andern Werth in
meinen Augen haben, als eine Gabe der Freundschaft, das Geschenk einer Mutter;
ao
----------
«eil Herstalls Vermächtniß hinreicht, meine
Zukunft zu sichern und ich nicht nach Reich thum und hoher Würde strebe.
leiste ich
von
Deswegen
auch auf die Hand des Fürsten
Palzo
Verzicht.
noch zu jung,
Ich
bin
überdieß
kenne ihn noch zu wenig,
und kann daher seine Liebe nicht erwiedern:
mein Herz, mag,
das ihn nicht zu lieben ver
ist indeß unfähig ihn zu betrügen;
ich fühle mich einer Verbindung unwürdig,
die mich allzuhoch erheben würde/' Ihren Verdruß und ihre Wuth verheh
lend,
schien
die Gräfin
keineswegs
über
diese Antwort beleidigt.
„Liebenswürdige Elodie, nahm sie wie
der das Wort, fern sei von mir der Ge
danke, euren Gefühlen zu widersprechen und euren
Willen
zu
zwingen.
Nach
dem
Wunsche, welchen ihr mir unlängst ausge
drückt habt, war ich entschlossen, die vorge schlagene
Verbindung
zu
verschieben,
zu
erwarten bis die Zeit euren Verstand auf
geklärt und die Beständigkeit des
Fürsten
gerührt hätte.
euer Herz
Palzo hättet
kennen
Ze näher ihr
lernen,
desto
mehr
würdet ihr ihn zu schätzen gewußt haben; und die Liebe hätte die Vermählung gebo ten.
Nun ist aber aller Aufschub unmöglich
geworden: der Fürst kann sich nicht länger
mehr im Kloster aufhalten;
Zeit,
es ist daher
euch einen Theil seiner Geheimnisse
mitzutheilen. Freund des Königs von Frank
reich und von den nordischen Mächten unter stützt, ist Palzo im Begriff, an der Spitze
eines Kriegsheers in Lothringen einLubrechen und sich den Weg zum Thron zu bah
nen.
Mit ihm und für ihn kämpft Lud
wig XI.
Es ist mir nicht vergönnt, mich
weiter über diesen Plan zu erklären,
aber
wenigstens müßt ihr wissen, daß ihn gestern ein wichtiger, während dem Fest erhaltener
Brief, unterrichtete, daß seine Feinde
das
Geheimniß
seiner
großen
Unternehmung
entschleiert
haben;
daß es
Zeit
unsterblichen
schrecklichen
Entwürfe
ist seine
auszuführen,
den
Schlag niederfallen zu lassen,
welchen er vorbereitet hat, und sich eines Erfolgs zu versichern, der nicht zweifelhaft scheint: jeder Aufschub kann jetzt nur unheil bringend seyn; und die Krone erwartet den Sieger. Der Fürst hat also keinen Augenblick mehr zu verlieren; er muß Helvetien ver lassen und dorthin eilen, wo der Ruhm sei ner harrt; aber ein eben so leidenschaftli cher Liebhaber als unternehmender Held, will er nur mit dem Titel eures Gemahls geschmückt auf das Feld der Ehre eilen." So sprach sie: ihre treulosen Reden und listigen Mittheilungen brachten bei der Waise gerade die entgegengesetzte Wirkung, als sie erwartete, hervor. Die Tochter Saint Maurs richtete folgende nachdrucks volle Worte an sie: — „Mein Entschluß ist von Neuem befestigt. Ein rechtmäßiges Diadem schon hätte meine Augen nicht geblendet, ein ange maßter Thron flößt mir Abscheu ein. Der finstere Weg der Verschwör»«»- ist nicht die
Bahn des Ruhms,
und niemals wird ein Gemahl wer
Rebellen-Anführer ElodienS
den." Noch gebietet die erzürnte Gräfin,
dieser mit eben so
bei
viel Würde als Festig
keit gesprochenen Rede, ihrer Wuth.
Ihre
und ihre Stimme
Stirne ist nur streng, nur feierlich.
— „Waise von Unterlachen,
sagte sie,
die Entschließungen eines Kindes sind für eine Mutter keine Hindernisse.
Worte der
keine
Zärtlichkeit
Gewalt
weil
weder
ten,
noch
erschüttern
über
die
und
eure
Macht
Bitten,
der
können,
so
Weil die Ueberredung
Seele der
haben
Wohltha
eure Weigerung
bin
ich
Her
stalls Schatten, meiner persönlichen Würde,
dem Himmel, welcher euch meiner Sorgfalt
anvertraut, den unerschütterlichen Ausspruch schuldig, den ich
die
hiemit verkündige.
Morgenröthe
erleuchtet, Gemahl."
ist
dreimal
den
Ehr
Horizont
der Fürst von Palzo euer
Schon werden die Befehle der Gräfin vollzogen.
Die Vermählung Elodiens mit
Palzo ist feierlich bekannt gemacht.
Präch
tige Tapeten hängen von den Wänden der
alterthümlichen
Kapelle
Der mit
herab.
reichen Gaben belastete Altar ist mit vielen Kerzen
Von
geschmückt.
allen
Seiten
betreibt man die Anstalten der hochzeitlichen
Feier.
Ausspruch
Der
der
Gräfin
ist
unwiderruflich und das Geschick der Waise
unwandelbar bestimmt.
Der unselige Au
Es giebt kein Mittel,
genblick naht.
Gräfin zu bewegen.
Zn der Gewalt der
Tyrannen,
die
unglückliche
Gefangene die
sie
Entsetzen dahin
geschehen! Seele: Thurme
sieht
die
Stunden
mit
beobachten,
Es ist
rinnen.
um
Die Verzweiflung ist in
sie
ihrer
sie will das Feuerzeichen auf dem
anzünden.
beizustehen,
Wunder
die
ist I
Wer
vermöchte
ihr
wenn es nicht der Mann der —
Wer
kann
sie retten'
wenn es der, Einsiedler nicht vermag!--------
Die Nacht mit ihrem Sternen - Mantel
deckt die schlummernde Erde.
in der Kapelle hatten
-Die Arbeiter
schon längst ihr Ge
schäft verlassen, und alles im Kloster lag in tiefem Schlaf versenkt.
Mit
leichtem
Schritt
durchging
die
Jungfrau von Unterlachen den großen Gang der Abtei und wendete sich,
die Lampe' in
zur Treppe des HauptthurmS.
der Hand,
Schon steigt sie die Stufen hinan, als sie ein dumpfes Geräusch
Mehrere
stille stehen macht.
Kriegsknechte
kommen
Höhe des Thurmes herunter.
die Befehle
wohnern,
Boten
der
Sie theilen
ihres Herrn einigen geheimen
von
der
Bergbe Empörer,
mit.
Etodie befindet sich auf ihrem Weg.
Eine
niedrige Thür, die
auf die Treppe
geht, bietet sich ihren Blicken dar; sie öffnet sie und flüchtet sich in einen engen finstern
Gang, welcher zum entgegengesetzten Thürmchen führt.
Eilig gehen die Krieger vorüber. reden leise
mit
den Landleuten und
Sie sind
selbst als Schweizer • Dauern verkleidet. —
----------------
20
„Ja, sagt einer der Ersten,
des TageS sollen
spitze versammeln!" —
mit Anbruch
bei
sie sich
der Schreck
„Bei der Schreck
spitze!" — wiederholt schaudernd ein Thal
„Fürchten sich eure Braven
bewohner. — vor
dem
ihn der
blutigen
unterbricht
Gespenst?
Anführer mit
Verachtung.
Zn
diesem Fall mögen sie sich aus unsern Rei
hen entfernen. Soldaten,
Fürst
Der
die
sich
vor
braucht keine
einem
Schatten
fürchten." — „Aber
das
blutige
— „Es ist genug;
Gespenst!" —
stille davon.
Der
Fürst hat den Versammlungsplatz bestimmt. Er befiehlt, — gehorchet."
Der Landmann
murmelte noch weiter — aber die Stim
men verloren sich in der Entfernung. Krieger sind
Die
unten am Fuß der Treppe;
die Waise vernimmt den Schall ihrer Tritte nicht mehr.
Sie geht vorsichtig aus ihrem
finstern Schlupfwinkel
hervor,
und
setzt
ihren Weg ohne Hinderniß fort.
„Warum
diese
ueuen
Versammlungen
der Rebellen? sagt Elodie
zu sich selbst;
ist das Ungewitter auf dem Punkt loszu
brechen? —
Aber übermorgen besteht der
Fürst darauf, mich zum Altar zu schleppen.
ohne Zweifel hat er mich zum ersten
Ach,
Opfer gewählt, und die hochzeitlicheKerze soll
den
vor
Fackeln
des
Krieges
angezündet
Darum ohne Zaudern den Thurm
werden.
beleuchtet."
Dieß sagend, steigt sie auf das flache Dach des Thurmes,
und bald dringt
die
Helle der Fackel weit hin durch die Finster Der Himmel war rein,
niß der Nacht.
das Wetter windstill,
die Sterne funkelten
am Firmament;
nur leichte Lüftchen
bewegten
und
Elodiens
Schleier.
Bei
der
schützenden Leuchte sinkt die Jungfrau von Unterlachen auf die Kniee,
und das Auge
auf die Berge am Murtersee geheftet, sagt
sie mit klagender Stimme:
— Und,
„Einsiedler!
an
die
Elodie
Wunder des
ruft
dich."
Mannes vom
Wildberge gewöhnt, sich überredend, daß. er
ob bat
horcht sie auf,
sie gehört habe,
Stöhnen des Nachtwindes ihr keine Ant Einem seligen Schatten ähn
wort bringe.
eine Weile
lich, blieb Elodie
auf ihren
Knieen;
im
regungslos
weißen Gewände,
trübe und schwermüthig,
das
durch
nur
Licht einer flüchtigen Hoffnung erhellt, glich
sie
bleichen
einem
ätherischen
Gebilde,
woraus ein himmlischer Strahl leuchtet.
Mitternacht
war vorüber,
als
Elodie
geräuschlos und ohne Hinderniß den Thurm
verließ und in ihre Zelle herabflieg.
zu
versuchte strengung!
Sie
vergebliche An
schlummern;
denn auf ihr glühendes Lager
streckten sich neben ihr der Schmerz,
die
Furcht und Schlaflosigkeit aus.
Kaum hatte das Dämmerlicht de» Tag verkündet, als die Waise, erschöpft,
ihren
bewegten
mehr zu gebieten vermochte;
von Müdigkeit Sinnen
nicht
sie stand auf:
das Gebet ist die einzige Zuflucht des Un glücks.
Sie
Seele immer
geht
zur
Kapelle, wo ihr«
Trost gefunden hat.
Das
Gebet,
dieser
Wunden des Gemüths, heilige Faden,
die
Gottheit
ist
zugleich
der
welcher die Erde an den
knüpft:
Himmel
für die
heilende Balsam
durch
den
zu
dasselbe
läßt sich
Sterblichen
herab.
Fünfmal hatte die Uhr der Abtei die nächt lichen Stunden geschlagen,
seit Elodie den
Vom Altar richtete
Leuchtthurm verlassen.
sie ihre Schritte zu der stillen Gruft,
die
sterbliche
Hülle ihrer Mutter
wo
ruhte.
Todtenlampen brennen hier Nacht und Tag,
und ihr bleicher Schimmer erleuchtet
Grabmal.
2(tt
den
Aschenkrug
das
gelehnt,
schwang sich ihr Geist in die himmlischen
Räume
empor,
von
wo
aus jetzt ohne
Zweifel, ihre Mutter auf sie herabblickte, als ein leises Geräusch ihre Aufmerksam keit auf sich
Im Hintergrund des
zog.
Gewölbes öffnete sich eine, ihr bisher unbe
kannte unterirdische Thür, und der Bewoh ner des
Wildberges
erscheint
vor
ihren
Blicken.
Er
ist völlig
gerüstet.
Ein
eherner
Helm, den schwarze Federn beschatten, deckt seine Heldenstirn, die gewiß ehedem Lorbern
Ein blitzendes Schwert ist in
bekränzte». seiner Hand;
ein
umschließt
Waffenrock
seine kraftvolle Gestalt, ein schwarzes Wehr gehänge
dient
statt
ihm
Feldbinde:
ein
scheint er zur Rache
schrecklicher Kämpfer,
gerufen.
Saint
Maurs
konnte
Tochter
einen
Ausruf freudiger Ueberraschung nicht zurück halten. —
„Da seid ihr ja!
sprach
mit Entzücken auf ihn zueilend. Himmel
schützt Elodien;
denn
sie,
Ach der schon
ist
mein Gebet erhört."
— „Elodie ruft mich, sagte der Einsied ler, was befiehlt sie?"
Seine Haltung
sein Ton dumpf,
ist ernst
sein
Blick
seine Sprache kalt wie Eis.
und
streng,
finster und
Die verschüch
terte Jungfrau betrachtet ihn mit Erstau
nen.
Welche Veränderung
von Leiden zerstörten Zügen! niedergedrückt,
scheint
ist auf seinen
Schweigend,
der Einsiedler das
Leben wie eine Last zu ertragen, deren er sich, wie er mit Entsetzen fühlt, nur durch eine Gewaltthat, oder einen verzweifelten Entschluß zu entledigen vermag. Seine Worte sind kurz abgebrochen, sein Gesicht bleich und wild. Der Ausdruck seiner Bildung grenzt zuweilen an Irrsinn, und doch bringt, neben Elodien, etwas Zärtliches und Ergebenes durch diese drohende Hülle, die ihn umgiebt. — „Was ich befehle? wiederholt Clodie mit dem mildesten Tone. Habe ich denn das Recht, euch zu befehlen." — „Sprecht! antwortet der Bewohner des Wildberges. Ob ihr das Recht habt oder nicht; ich bin bereit zu gehorche». Für euch habe ich diese kriegerischen Waffen angelegt, womit ich mich niemals wieder zu bekleiden schwur; für euch habe ich wieder dieses-Schwert aus der Scheide gezogen, welches ich mit Abscheu von mir warf; und für euch fühle ich dieses Herz schlagen, das ich verhärten und zu Eis mache» wollte.
— „Elodie, fuhr er etwas milder fort,
warum habt ihr mich zu euch gerufen?“ — „Diese Kapelle,
sprach die Waise,
ist zur Trauung Elodiens mit dem Fürsten
wa
von Palzo geschmückt, und ihr fragt, rum ich euch rufe!"
Bei
dieser
schaftliche
Krieger
Schwert:
eine
über seine
zuckt der
Antwort
mit
leiden
sein
Ungestüm
glühende Aufwallung siegt
Unglück verkünden
Vernunft.
den Antlitzes, wüthend und wie wahnsinnig ruft er:
Stahl
„Noch mehr
dessen
Blut!
nicht genug
hat
dieser
vergossen!
—
Dringt mich zu Palzo." — „Großer Gott! sagt die erschrockene
Zungfrau, was wollt ihr beginnen!" ternd, in Thränen zerfließend, zurückhalten;
will sie ihn
sie ergreift seine Hand und
drückt sie in der ihrigen.
liche Mann
Zit
fährt
Der unbegreif
zusammen....
Diese
magische Berührung hat plötzlich sein ganzes Wesen verwandelt.
die'angebetete Hand,
Er hebt unwillkührltch
die ihn aufhält,
zu
seinen Lippen empor.
Das Feuer, welche-
in seinen Adern brennt,
ist nicht mehr die
Gluth des Zornes; und der Leue der Wüste
hat seine Wildheit verloren. nimmt er ruhiger das Wort
„Vergebt!
Palzo's
Bei
wieder.
Namen,
Namen des Hochmüthrgen,
bei
dem
der nach eurer
Hand zu strebe» wagt, hat eine Bewegung des Zorns und der
nicht zu
Geist
Entrüstung,
unterdrücken
verwirrt.
vermochte,
Zerstreuet
die
ich
meinen
eure Unruhe,
der Treulose wird getroffen werden,
aber
er soll nicht unter meinen Streichen fallen:
der Verräthcr wird umkommen,
Schauspiel
seiner
Strafe
aber das
euch
darf sich
nicht darstellen. Theure Elodie,
fuhr er fort — selbst
«he der Schein eurer Leuchte meinen Bei
stand anrief, hatte ich alles vorbereitet, um euch aus der
befreien. Ich sah
II.
Gewalt
eurer Tyrannen zu
Zch wachte über euer Geschick.
den Schlag voraus, welcher
euch
3
Niemals wird, Palzo euer Ge
bedrohte.
mahl werden."
„Und wer wird die hochzeitlichen Ker
zen auslöschen?“ ruft Saint Maurs Toch ter."
— „Zch."
setzt
euer
„Ihr! ich
Leben
nicht
in
flehe euch,
o!
Gefahr!"
—
„Es wird kein Blut fließen.
Zch werde
den Berg nicht verlassen." —
„Und wer
wird
dann
zu
meiner
Rettung
erschei
nen?" —
„Die Abgesandten des Einsied
lers." —
„Und ihr versprecht mir, wie
derholt Elodie mit Lebhaftigkeit, ihr schwört
mir, euer Leben nicht auszusehen?" Heftig
von
dem
sanften
Tone
der
Waise, von dem regen Antheil, den sie ihm
beweißt, von ihrer zärtlichen Bitte bewegt, sucht der Einsiedler seine Erschütterung zu
verbergen:
und
kaum
wagend
sie
anzu
sehen, spricht er hastig:
„Ich war gewiß,
durch diesen unterir
dischen von mir allein gekannten Eingang,
mich
durch
dieses
geheime
Gewölbe
ins
Kloster einführen zu können.
Bewaffnet,
aus Furcht erblickt und überrascht zu wer« den, hegte ich die Hoffnung, ohne Hinder niß zu euch gelangen zu können: ein ahnen des Vorgefühl
cs
mir
verkündet.
Eurer Besorgnisse gewiß,
kam
ich sie
hatte
zu
Noch einmal, fürchtet euch nicht
zerstreuen.
vor einer Vermahlung, die niemals vollzo Zch habe mein Verspre
gen werden wird.
chen erfüllt. —
Zhr habt
stützung angerufen, werden;
meine Unter
eS wird euch geholfen
ihr habt auf meine Ergebenheit
gezählt, ihr werdet gerettet seyn." Dies sagend,
ist er im Begriff durch
die geheime Thüre zu verschwinden. — „Was?
Schon jetzt?
Bleibt noch,"
ruft Elodie.---------
Der Einsiedler kommt zu ihr zurück. — „Ihr habt mich einst von euch gestoßen,
spricht er,
warum haltet ihr mich heute
zurück? —
O ihr,
deren Bild und An
denken ich überall mit mir herumtrage, wie
der Sturm die Blüthe des Frühlings, wer det ihr niemals Mitleiden mit mir haben! —
Unvermögend sich länger zu bezwingen, er
stürzt
„Was
habe
mich beklagen? Nein, bin
zu
dann plötzlich
nieder. —
Mitleids
keines
du hast Recht:
Du ich
verschließe
würdig;
dein Ohr meine» Seufzern, Unsinniger, ich
Füßen
ihren
ich gesagt!
bin ein
ich
bete dich an,
und
ach!
meine Liebe ist die einzige Tugend, die ich aus dem Schiffbruch gerettet habe.
lische Schönheit!
hat deine Hand,
die meine drückte, wischt!
Himm
als sie
die Flecken daraus ver
Deine Gegenwart scheint die Luft,
welche ich einathme, zu reinigen, aber kann
mich dein Blick lossprechen! seliger!
wie aus
gestrichen,
Zch Unglück
dem Buche
irre ich
des Lebens
fern von dir nur im
Schvoß der Finsterniß und rufe die Ver
nichtung an.... ich sehe es!
«ein
Du weinst Elodie! Acht
meine Leiden rühren dich —
unbegreifliches
Schicksal
flößt
dir
ein,
Theilnahme
So
—
vollend«
dein
Werk, dein Herz rechtfertige mich und der
Liebe! und
Himmel wird mir verzeihen.
ich bin gerettet." seid es" — antwortet Elodie
— „Ihr
gerührt
und
fällt der
—
hingerissen.
Einsiedler
mit
„Wohlan!
Leidenschaft
ein:
wohlan! so schwöre denn hier, keinem An
dern als mir anzugehören!" — „Auf dieses Grab?" sagt die Waise,
«rschrocken zurückbebend.
— „Das
gilt gleich!
Einsiedler mit Heftigkeit:
antwortet
der
der Tod ist so
heilig wie das Leben, und ich bin der Mann der Gräber."
Die Jungfrau
von
Unterlachen
der unwiderstehlichen Gewalt nach,
giebt
welche
der Krieger über sie erlangt hat: wie über
einem
Trau »Altar
auf den Aschenkrug,
erhebt
gewölbe, beim Schein
spricht
sie
mir
sie
ihre Hand
und unter dem Grab
der Todtenlampen,
feierlicher
Stimme
den
Schwur aus:
„Ich
schwöre,
nur
ihm
anzugehören."
„Und ich,, ruft der Einsiedler nie werde
ich eine andere
nennen.
Za,
Elodie
Gattin als
Elodie oder den Tod!
mein
den
Himmel oder die Hölle!"
Zn diesem Augenblick,
laßt
die große
Glocke der Abtei einen Trauerton erschallen.
Die erschrockene Elodie fühlt ihr Blut in ihren Adern stocken. benetzt
Ein kalter Schweiß
und ihr Haupt sinkt
ihre Stirn,
auf die Schulter des Einsiedlers. „Großer Gott! sagt sie mit irrem We
sen.
Welche fürchterliche Stimme ist dieß?
Was hat
sie
ausgesprochen?
Trauungs - Segen?" —
gen der Glocke ertönt.
ist
das der
Neues
Anschlä
Die
ihre Sinne wieder gefunden. Stunde
des
Morgen
erwecken
Frühgebetes;
dieselben
Waise hat
Es ist die und
jeden
Töne
das
uns. trennen,
rnft
Thal.
»Wir Elodie aus."
müssen
39
-------------Und
auf den
Einsiedler
einen
Blick
der Liebe, des Schmerzes und des Bebau« erns werfend, stürzt sie aus der Gruft, ver
schließt die unterirdische Thür und entfernt
sich aus der Kapelle.
Neuntes
Buch.
Der erste Strahl der Morgenröthe rief
den Fürsten von Patzo,
und sein zahlrei
ches Gefolge nach der Schreckspihe, wo sich die Empörer versammeln sollen.
Auf sei
nem sorgenvollen Gesichte malt sich die Un ruhe; seine Worte sind rauh: sein Blick ist Der entscheidende Tag nähert
ungeduldig. sich,
und welche Festigkeit auch ein Rebel
len-Anführer
entfalten mag,
so
ist
doch
die Stille der Ueberlegung, die dem Gräuel des Sturmes vorangeht',
in
ihm oft der
Bewußtlosigkeit ähnlich, die vor der Todes stunde eintritt.
Der Fürst ist am Fuß der Schreckspitze
angelangt;
seine Stirn
hat
ihre
ruhige
Keckheit und ihren gebietenden Ernst wieder angenommen.
Als geschickter Staatsmann
verstand er sich zu bemeistern; und mit dem
---------------
Firniß der Kühnheit
4X
die innerliche Angst
zu decken, die ihn verzehrt.
Mehrere Füh
rer der Partheigänger erwarten ihn,
aber
wie es ihre Boten in der Abtei vorhersahen, so hatten die bewaffneten Landleute, welche
Palzo
an diesem entlegenen Orte mustern
wollte, sich geweigert, spitze
eiuzufinden.
sich bei der Schreck Die
abergläubischen
Einwohner dieser Gegend würden auf dem dem gewissen Tod ent
Schlachtfelde kühn
gegen stürzen,
aber sie wagten nicht, sich
dem Berg zu nahen, auf dessen Gipfel das blutige Gespenst erscheint; ihr kühner Muth wird
von keiner
wirklichen Gefahr
über
rascht, aber er verschwindet vor jedem über natürlichen Anschein. Das Mißvergnügen des Fürsten darüber
war unbeschreiblich: jeder Verzug ist gefähr
lich.
zung;
Dennoch umgiebt
schwornen,
verbirgt er sich mit den
seine
Bestür
ersten
Ver-
zeigt ihnen einen neuen Brief
der französischen
Minister,
die
ihm
alle
Versprechungen Ludwigs erneuern, und vrr-
kündigt ihnen noch überdieß, daß ein Theil des Lothringischen Heeres nur seinen Wink erwarte, um sich gegen Rene zu empören,
sich unter seine Fahnen zu reihen,
und
ihm die Thore von Nancy zu öffnen.
Nach
dem
Plan
der
Verschwornen
sollte der südliche Theil Lothringens, Epinal an,
deren
von
eine getrennte Provinz bilden,
Grenze
sich bis zum Canton
von
Murten erstrecken, und worüber Palzo die Herrschaft erhalten würde. Nancy, Lüneville, Metz, Dar, und der
Ueberrest der Lothringischen Staaten soll
ten mit Frankreich vereinigt werden, sobald die Fahne
des
Aufruhrs
und
erhoben
seyn würde, Ludwigs XL Heer zu Palzo
stoßen, und von Epinal aus ihre vereinig ten Truppen auf Nancy anrücken.
Nach einer feurigen Anrede des Fürsten hatte sich eine neue schwärmerische Begeiste
rung
der
bemächtigt.
Häuptlinge Freudig
Treuschwur geleistet.
der
Verschwornen
wird
abermals der
Palzo lächelt zu ihren
stürmischen Aeußerungen,
und giebt ihnen
Befehl, in drei Tagen mitten in der Nacht
ihre bewaffneten Söldner in derselben Ebne Murten
von
Schweitzer
versammeln,
zu
die
über
wo
Burgunder
die
siegten.
Von diesem allgemeinen Vereinigungspunkt
aus wollen wenden,
sie
sich sogleich gegen Spinal
wo sich die französischen und Lo
thringischen Truppen mit ihnen verbinden sollen. Nachdem
der Plan
bestimmt entworfen,
der Verschwörung
trennten sich die An
führer: lange schon hatte sich Aurora düster und verschleiert über den Bergen
erhoben.
Der Himmel ist mit Wolken bedeckt: Fürst nimmt den Weg zur
der
Abtei zurück.
Mitten im Walde hält er still; er vertraut verschiedenen Kriegsleuten, die ihm folgen,
einige wichtige Botschaften, und reitet allein ins Thal hinab.
Zn
finsteres
Nachdenken
versunken,
überließ Palzo die Zügel seinem Rosse, das, bald von der Straße abkommend, ihn aufs
Geradewohl durch Fichten und Felsen hm
Auf einmal hält das Pferd an, und
trägt.
Unterbrechen der Bewegung
dieses
den
Fürsten
selbst
sich
zu
bemerkt, daß er sich verirrt hat:
bedenken,
Er
ein tiefer
ohne die Gefahr zu
ist vor ihm;
Graben
bringt
zurück.
spornt er heftig sein Pferd an,
uub das hitzige Thier schwingt sich gegen
aber einer seiner Hin
das jenseitige Ufer;
terfüße hat sich in eine Daumwurzel ver und Palzo stürzt in die Tiefe des
wirrt,
breitet» Grabens hinab. Verwundet, der sind
leicht.
erhebt er sich; seine Klei
aber die
zerrissen,
Sich
an
Verletzungen
Stauden und
Klippen
anklammernd, gelingt es endlich seinen An strengungen, aus dem Graben zu kommen;
aber er bemüht sich umsonst, auch sein Roß heraus zu ziehen, es zu verlassen und
weiter
gegen
das
er sieht sich genöthigt, sich langsam zu Fuß Kloster
zu
schleppen.
Blutend, zerquetscht und den Weg suchend,
irrte fr aufs Ohngefähr im Walde umher;
-iS er endlich am Rand eines
weiten Ab
grundes stehen blieb, der seinen Weg hemmt, und in dessen Tiefe er den Strom rauschen hört.
Um wieder Kräfte zu sammeln, setzt
stch der Fürst einen Augenblick auf den stet« len
Felsen,
von
wo
aus sein Auge
Tiefe des Abgrundes zu messen sucht; dichte Finsterniß verbirgt sie ihm,
die
aber
er hört
nur das Wasser, welches zwischen den Felsen
plätschert,
hölte
sich donnernd unter die ausge»
Wölbung
sich aus
Plötzlich erhebt
stürzen.
dem Mittelpunkt
dieses
dunklen
Schlundes eine menschliche Stimme. höllischer Gesang
dringt
weide der Erde herauf.
aus
Ein
dem Einge
Sind es die Pro-
phezeihungen des Abgrundes?
Zst eS die
Stimme des Fürsten der Finsterniß? Palzo unterscheidet diese Wörter
Berrather! Verruchter Empörer!
Dein schwarzes Gespinnst ist entschleiert. Bon Erde und Himmel gehastet Eilst^du mm dem Untergang zu.
Erfaßt vom verwegenen Krieger
Hat oft schon das Scepter der Fürsten Die Hand des Verbrechers verzehrt.
Drum drohet dir, Pglzo, die Stimme Des alles verschlingenden Abgrunds.
Du schmücktst den Altar zur Vermahlung
Und glaubst an Elodiens Besitz schon;
Doch weißt du nicht, daß stets der Himmel Die Unschuld am treuesten beschützt. Die Hand am Altare ihr reichend,
Was ,
grausamer Palzo, was werden
Rings um dich, die flammenden Kerzen Im Blick deines Opfers beleuchten?
Der Hölle verschlingenden Abgrund.
Schon schlägt deine Stunde,
bereue;
Erhebe dich betend nach Oben.
Schon seh' ich, wie über dir schwinget Die blutige Sense der Tod. Wer schrieb dir dein Urtheil?
Der Himmel.
Es stößt dich im Abgrund der Ew'ge. Der Gott des Verbrechers beseelt dich. Den letzten Ruf richtet hohl zu dir:
Der Hölle verschlingender Abgrund.
Der
Fürst
geworden; ihn;
ein
war
starr
vor
allgemeines
Entsetzen
Zittern ergriff
sein irres Auge starrt in den gräuli
chen Abgrund hinab,
ob sich vielleicht nicht
ein drohendes Gespenst daraus erhebe: sein
Gesicht
entstellt
sein Blut gerinnt,
sich,
seine Zahne schlagen aneinander, seine Haare
sträuben, seine Stirn bedeckt sich mit einem
kalten Schweiß.
Ein heiserer Schrei ent
fahrt seiner Brust; und seine bleichen Züge
tragen das Gepräge der Geistesverwirrung.
dumpfes
indeß
folgt
dem finstern Gesang aus der Tiefe;
wan
Ein
Schweigen
kend, schreckenvoll steht Palzo auf; er flieht den fürchterlichen Rand,
Urtheil ausgesprochen klimmt er
wo so eben sein
wurde:
außer
sich
die gefährlichsten Felsen hinan,
dringt durch das Dickicht,
setzt über die
breitesten Gräben, und befindet sich endlich wieder im Thal.
Die
frische
Morgenluft
belebte
da
allmählig seine Sinne wieder, beruhigt den
Tumult seiner Lebensgeister und stellte den
Kreislauf seines DluteS wieder her.
schöpft endlich
wieder
Augen sind wild,
sein
Athem;
Er
aber seine
Kopf glüht,
und
feine schlotternden Kniee tragen ihn kaum. Im Kloster zurück, und in seine Gemä
cher verschlossen, entzog sich der Fürst jeder manns Blicken;
und
nur nach und nach
wurde der fürchterliche Eindruck des hölli
schen
Gesanges
schwächer
Villeicht
müthe.
ist der
in
seinem
aus
der
-gedrungene Ruf nichts Unnatürliches;
Ge
Tiefe ein
versteckter in die Felsen gehauener und in
den Schlund
führender Weg konnte viel
leicht einen Unbekannten verborgen haben,
aber dieser Unbekannte kann nur ein Feind seyn;
und das Ereigniß unnatürlich oder
nicht, ist nichts desto weniger eine unselige Weissagung. Der Fürst hatte seine blutigen Kleider
abgelegt;
barg
seine Wunden sind leicht, er ver
sie bis
auf die
geringsten
Spuren,
und mit ruhig heiterer Stirn begab er sich zur Gräfin Zmberg.
Die reichen Brautgeschenke, welche Palzo mit Ungeduld erwartete, waren ange kommen und in dem großen Saal der Abtei ausgestellt worden. Die prächtigsten Gaben des Reichthums, die k-stlichsten Kunstarbeiten wurden von der Gräfin mit Stolz vor Elodiens Augen ausgebreitet: aber Saint Maurs Tochter läßt ihre Blicke nachlässig auf de» blendenden Schmuck und die kostbaren Edelsteine fallen, die ihr dar geboten werden. Nichts erregt ihre Be wunderung, nichts entzückt sie, und wie die einfache Zuschauerin eines Festes, das sie nichts angeht, wie ein Gast bei einer frem den Hochzeitsfeier, prüft sie mit der Neu gierde der Gleichgültigkeit die Herrlichkei ten, welche ihr die Liebe reicht. Die Gräfin betrachtete Elodien. Die Eiseskälte ihrer Antworten, ihre zerstreuten Blicke, ihr fast spöttisches Lächeln, ihre verächtliche Ruhe, haben alle ihre Gedan ken verwirrt. Die Waise ist weder bestürzt noch ängstlich, sie zeigt kein Erstaunen, kein« II. 4
ao Lustigkeit,
keine Trauer; und ohngeachtet
ihrer tiefen Kenntniß des menschlichen Her zens,
vermochte die Gräfin das sonderbare
Betragen ihrer Nichte nicht zu verstehen,
ihre unbekannten Gefühle und gehei
noch
men Gedanken zu errathen. Der Tag verfloß ohne irgend ein beson
deres
Ereigntß.
Wie
oft
richteten
sich
nicht Elodiens Augen auf die Berge von Murten, wie oft suchten sie auf der Straße
zur Abtei die Abgesandten des Einsiedlers!
Die versprochene Hülfe erscheint nicht, und doch soll schon der morgende Tag der Ver
mählung leuchten. Es wird Nacht.
Der Fürst von Palzo
schien auf dem Gipfel seines Glückes; end lich sollten seine Wünsche erfüllt
werben.
Er kann kaum die Morgenröthe erwarten.
Elodiens
Ruhe
Vorzeichen,
dünkt ihm
ein günstiges
und ohne die Prophezeihung
des Abgrundes würde sich
sein von Hoff
nung und Freude trunkenes Herz
Liebe hingegeben haben.
nur der
Da |te nicht an der Zusage des Bewoh ners des WildbergeS zweifeln
konnte,
war die vertrauensvolle Elodie
friedlichen Zelle
fest
in
entschlummert,
so
ihrer
und
erwachte erst mit den ersten Strahlen deS Aber beim Erwachen dringt Lärm,
Tages.
Tumult, verworrenes Geschrei in ihr Ohr, und sie stürzt ans Fenster.--------Welch ein Schauspiel stellt sich ihr dar! DaS
Kloster
ist von allen
umringt.
zahllosen Kriegern des
Seiten
von
Die Fahne
Herzogs von Lothringen flattert hoch
Palzo'S unvermuthet
auf den Thürmen.
sind
überfallene Wachen
gefangen. Renös
gänge
und
Ohne Schwertstreich haben sich
Truppen der
entwaffnet
Abtei
aller Posten
bemächtigt:
und
Aus
und gleich
einer Kriegs-Veste überfallen und eingenom
men, befindet sich das Kloster abermals in
der Gewalt eines neuen Herrn. Außer sich, und wie verwirrt, erscheint
die Gräfin Zmberg
vor
Elodien.
Die
Verzweiflung ist in ihrer Seele: das Ent«
sehen auf ihrer Stirn; und jetzt ist eS die Beschützerin, welche die Beschützte anfleht^ Palzo wurde im Namen des Herzogs von Lothringen als des Hochverraths ange klagt gefangen genommen. Seine Hände sind mit Ketten belastet; er ward auf Befehl von Ren«S Kriegsobersten in ein Gefängniß der Abtei geworfen; und dieser Anführer ist kein Anderer als der Graf von Rorindall. Ohne Zweifel wird die Freundin, die Vertraute des Fürsten von Palzo in der entdeekten Verschwörung mit begriffen seyn: vielleicht soll sie als Mit« schuldig, verhaftet werden! Indeß war der Gräfin Zmberg Eckberts Liebe für Elodien nicht unbekannt: und diese Liehe vermag sie vor dem Unglück zu retten, welches ihr droht. Sie flüchtet sich als» zur Waise von Unterlachen, Von der Verzweiflung der Gräfin erschüttert, vergaß die gefühlvolle Elodie deren Verfolgungen und Grausamkeit, und dachte an nichts, als ihre Angst zü
zerstreuen.
Mit dem Tone der Reue und
Zärtlichkeit
rief Palzo's
listige
Freundin
aus: —
„Der Treulose! wie hat er mich
betrogen!
Ich war im Begriff, ihm meine
Tochter zu opfern!
bald hätte ich meine
Elodie mit einem Rebellen-Oberhaupt ver
mählt! —
gräßliche Verschwörung
müssen;
in diese
Vielleicht werde ich, verwickelt,
sterben
es ist wahr, meine Leichtgläubig
keit verdient Strafe; aber, geliebreste Toch
ter!
ich habe mir nichts vorzuwerfen,
daß
ich
euer Herz zwingen
wollte;
als ein
Tag mehr, und ihr wäret das Opfer meiner
Tyrannei geworden.
Ach! mag mich Rene
ms Gefängniß werfen lassen, mag mich die ganze Welt verdammen;
wenn
mir
nur
Elodie verzeiht! bitfin will ich mein Schick sal ohne Murren ertragen." Zhr
Ausdruck trug
Wahrheit, big ;
das
Gepräge der
und die Unschuld ist leichtgläu
Elodie beruhigte
ihre
Beschützerin,
und ging eilend zum Grafen von Norindall hinab.
Eckbert erwartete Elodien. Ohngeachtet seiner Anstrengung sich zu beherrschen, und der innern Kämpfe, um seine Empfindun gen zu verbergen, schien den edlen Grafen von Norindall, welchen unzählige Erinne rungen bestürmten, dennoch der Anblick der Waise zu verwirren. Er setzt ihr den Zweck seiner Reise auseinander, enthüllt ihr weitläuftig die umgreifende Verschwörung, deren Beweise in den Händen des Herzogs von Lothrin gen sind, und endigt seine Erzählung in diesen Worten: — „Der Fürst von Palzo, als Oberhaupt der Verschwornen, ist mit Ketten belastet. Die Schweiherische Re gierung hat seine Verhaftung in ihren Staaten erlaubt. Zn Nancy wird Palzo von einem Kriegsgericht gerichtet werden. Ein entehrender Tod wartet seiner: seine Mitschuldigen in Lothringen sind gleichfalls in diesem Augenblick ergriffen; und die Strafe ihres Oberhauptes wird den Empö rern zur Warnung bienen.“ —
—> „Edler Ritterl
sagt Siebte,
aber
wer konnte eurem Herrn Paljv's Anschlag entdecken?"
— „Wer!
antwortet
Der
Eckbert:
Einsiedler."
— „Und
wie hat er selbst die Ver
schwörung entdeckt?
wie vermochte
er sie
dem Herzog von Lothringen mitzutheilen?" — „Ach! die Mittel sind gleichgültig,
wodurch er das Verbrechen vereitelte! -------Es ist ihm gelungen, das ist genug. Mann
Der
vom Wildberge ist geboren,
Welt in Verwunderung zu setzen.
die
Selbst
heute noch dürfte er nur ein Wort ausspre chen, und dieses einzige Wort könnte Euro«
pa's Schicksal umwandeln.
Er steige von
seinem Berg hernieder, und der überraschte
Erdkreis wird ihn staunend empfangen."
„Ihn!
fällt die Waise ein; o Himmel
erklärt euch näher!"
Ohne etwas auf diese Worte zu erwie dern,
betrachtete
Eckbert
die prachtvollen
Geschenke, welche noch tut großen Kloster-
saal ausgestellt waren, und sagte mit einem tiefen Seufzer: „An diesem nemlichen Morgen sollte euch Palzo zum Altar führ reit. Der Unglückliche! wie beklage ich ihn!" Dann fuhr er, einen Schleier von un schätzbarer Arbeit aufhebend, über dem ein Blumenkranz befestigt war, mit Bitter keit fort: „Nie wird meine Hand den Myrtenkranz in die Locken einer Braut flechte»! Der glühende Hauch des Unglücks hat für mich die hochzeitlichen Fackeln ausgelöscht, wie er die Kränze der Liebe vertrocknete." „Und die Schwester des Herzogs von Lothringen?" fragte die Waise mit schüch terner Stimmet „Wie hätte dieses Herz, nachdem eeuch geliebt, fiel Eckbert mit Leidenschaft ein, noch für eine Andere schlagen können! — Ersetzt der frostige Ehrgeitz glühende Liebe? Ich Habe zu den Füßen meines Herrschermeine ganze Seele enthüllt. Er verzieh
meine Weigerung, Herzogs
und die Schwester des
von Lothringen ist jetzt die glück
liche Gemahlin eines deutschen Fürsten.
Dis in die tiefste Seele bewegt, fürch tete Elodie dem rührenden Blick des edlen
Kriegers zu begegnen. —
„Graf von No-
rindall, sprach fie, ich bin euch heute mehr
als mein Leben schuldig, euer Beistand"... — „Ihr seid mir nichts schuldig, unter
brach sie Eckbert mit Lebhaftigkeit; ihr ver dankt alles dem Einsiedler." — „Großmüthiger
schmäht meinen Dank!" Grausame!
habt ihr
ihr
ver
„Und
ihr
Mann! —
nicht
meine
Liebe
zurückgewiesen!"
Dann, das Gespräch verändernd, wagte
von Unterlachen
die Jungfrau
über die Gräfin Zmberg.
ein Wort
Renes Befehlen
gemäß soll Palzo's Freundin nach Nancy geführt und dort verhört werden. vertheidigte
mit Wärme;
die
Sache ihrer
Elodie
Beschützerin
und der Graf von Norindatt
gelobte ihr seine mächtige Fürsprache bet dem Herzog von Lothringen. Morgen schon muß Eckbert dieSchweitz verlassen: soll die Waise im Kloster zurück bleiben, während ihre Gegenwart und Vor bitten vielleicht in Nancy etwas zur Ret tung der Gräfin beitragen können? — Soll sie diejenige im Unglück verlassen, welche zur Zeit ihres Glückes Mutterstelle bei ihr vertreten wollte? — Nein, die Ehre gebietet, mit Hingebung ihr jetzt bei zustehen. Aber achl sie muß sich von dem Einsiedler entfernen; von ihrem Beschützer trennen! Kann sie ihn fliehen, an den in gewisser Hinsicht ihr Schicksal gekettet ist? Welche gewaltsame Kämpfe spalten ihr Herz! Welche schreckliche Qualen zerreißen ihre Seele ! Die Pflicht siegt endlich über die Liebe: es ist beschlossen; Elodie wird die Beschütze rin nicht verlassen, welche Herstall für sie gewählt, so lange Gefahren und Wider wärtigkeiten ihrem Leben drohen; aber
wenn die Gräfin wieder fret und glücklich ist, wird Helvetiens sanfte Tochter zurück
kehren,
um ihre Tage im Kloster von Un
terlachen zu beschließen.
Von Elodiens letztem Entschluß unter
richtet, dachte der Graf von Norindall mit
geheimer Freude daran,
daß er ihr Führer,
und lange nicht
ihr Vertheidiger werden,
von ihr getrennt werden sollte.
Als die
Waise
zurückgekehrt war,
zu
Palzo's
Freundin
wiederholte sie ihr Eck
berts Versprechungen, und theilte ihr den
eben gefaßten Plan mit,
die Abtei augen
blicklich zu verlassen; worauf die Dankbar
Gräfin in laute Aeußerungen der
keit der
Freude ausbrach.
Eintritt ins Kloster ist nun den
Der
Bewohnern des Thales nicht mehr versagt,
Vater Anselmus befindet sich
und
wieder bei seiner jungen zückt,
Freundin.
endlich
Ent
sie jeder Gefahr entrissen zu sehen,
sprach der bejahrte Priester zu ihr:
„Wer
hat euch
den»
durch
die Ent-
6o deckung dkr Verschwörung auS eurer gräßli
chen Gefangenschaft zu erlösen vermocht?" —
„Der Wohlthäter unserer Thäler, der Ein
siedler." — „Wieder der Einsiedler!"
rief An-
selmus mit bekümmertem Gesichte. — „Elodie! fuhr er lebhaft fort,
habt
ihr den Bewohner des Wildberges seit der
Ankunft
verräkhertschen
des
Palzo's
in
unserer Gegend wiedergesehen?"
—• „Za," antwortete erröthend die frei müthige Zungfrau.
— „Wer rief ihn hieher?"— „Elodie."
— „Um
euch
zu
vertheidigen?"
—
„Um mich zu retten." Anselmus
schwieg
dann fuhr er fort, sam
betrachtete:
Augenblick;
indem er sie aufmerk
„Meine
wortet mir aufrichtig,
von
einen
siedler
je
diese,
mit strengem Ton
Liebe
Tochter,
ant
hat euch der Ein
gesprochen?"
Auf
an sie gerichtete
Frage erwiedert« Elodie, den Blick zärtlich
61
-----------sanft
und
zu
AnftlmuS
erhebend
—
Sollte es ihm verboten seyn zu lieben?"
Anselm
fühlte
diese Antwort kann
lassen,
felhaft
lebhaft
sich
bewegt;
nicht mehr zwei
ihn
„Allmächtiger!
sagte
der
Priester, dein Wille geschehe!" Die Jungfrau von Unterlachen kündigte
ihren gefaßten Entschluß
dann dem Greis
die Gräfin Zmberg nach Nancy zu
an,
sie bei ihren Richtern zu ver
begleiten,
theidigen, und dann nach Helvetien zurück Obschon der Pfarrer von Unter
zukehren.
in
lachen
seinem
Innern
Elodiens
großmüthigen
seinen
nur
trennte
sie
einige Zeit,
ein
Beifall diese
so konnte er
Gesinnungen
schenken.
Ritter
könnte vielleicht
des
den
doch
Ueberdteß
wenigstens
Reise,
von dem Einsiedler.
mächtiger
Hofes
strafbare
die
Freundin Palzo's verdammt,
für
Irgend
Lothringischen Unbekannten
deS Berges aus ihrer Erinnerung verdrän gen!
Vielleicht
ruft der Himmel
Saint
Maurs Tochter nach Nancy, um dort ihre
Zukunft zu bestimmen. Anselm billigt ihre Abreise und nimmt zärtlich Abschied von ihr. Während ihrer Rriseanstalten hatte sich Elodiens Muth aufrecht erhalten, aber im Augenblick des Scheidens aus der Abtei, schien er sie verlassen zu wollen. „Geliebles Thal! ruft sie aus; von dir soll ich mich trennen? Wo werde ich Verlassene, gleich einer, ihrem mütterlichen Felsen ent« rissenen Pflanze, von den Stürmen dahin getrieben, bleich und verwelkt niederfinken! Zhre Augen sind gegen die Berge des Murter« See's gekehrt: ein schmerzlicher Seufzer verräth ihre geheimen Qualen. Wenn- sie wenigstens Denjenigen, der allein ihr Herz beschäftigt, von der Veranlassung ihrer augenblicklichen Abwesenheit hätt» unterrichten können. — Aber, wem sollte sie eine solche Bot« schäft anvertrauen! Wer hätte es in Unter lache» auf sich genommen! Kein Land»
mann aus der Gegend wagt ja, sich dem Einsiedler zu nahen. Seinen Verhaltungsbefehlen gemäß, um
jeden Aufstand
von
zu vermeiden,
durfte
Seiten
der Empörer
Eckbert mit seinem
den Canton von Murten nur
Gefangenen
mitten in der Nacht durchziehen. der Gräfin
auf einem
Maulthtere sitzend,
Die
Thal.
Gleich
angeschirrten
reich
ritt Clodie durch da-
welche
Dorfbewohner,
Abreise vernommen hatten,
ihre
drängten sich
jetzt, obschon durch ihr Versprechen einer baldigen Rückkehr beruhigt, um
Thränen entfließen ihren Augen,
sie
her;
und ihr
stummes Lebewohl zerreißt Elodiens Seele.
Die untergehende Sonne beleuchtete die Ebene nicht Gipfel
der
mehr;
Berge
aber
die
schimmerten
schneeigten noch
im
Licht und schienen mit einem Purpurmantek bekleidet.
Die Luft war mild und heiter;
der Weiler lag friedlich vor ihnen, und die
gelb- und röthlichten Tinten des Herbstes fchatlirten
das
Grün
der
Wälder;
die
schüchterne Gemse zeigte sich von Zeit z« Zeit auf den einsamen Felsenklippen; der Lämmergeier schwebte langsam über den Wolken; und der Strom rollte seine klaren Wellen dahin. Nie war die Natur der Waise so schön erschienen, nie hatte ihr der Anblick des Thals reihender gedünkt. Ach! so ist das menschliche Herz: oft fühlt eS den Werth dessen, was es besitzt, erst recht in dem Augenblick des Verlustes; bestimmt mehr zu beklagen al« zu genießen, weiß eS dann erst zu schätzen was sein war, wann es ihm entrissen wird und es dadurch lei, bet. Sehen denn die Augen des Menschen erst dann klar, wenn sie weinen?-----Schon verlieren sich die grauen Mau« ern des Klosters in der Ferne. Sein» hohen, von dem nächtlichen Vogel bewohn, tcn und mit Epheu - Ranken überzogenen Thürme ragen schweigend in die Lüft« empor. Die Winde pfeifen durch ihr« Ritze«. Kein menschlicher Fußtritt wieder, hallt mehr auf ihren Zinnen, die nur «och
mit.den Wolken in Berührung zu stehen scheinen. Noch als Ehrfurcht gebietende Ruinen scheinen sie dem Wanderer ein trauriges Lebewohl zuzuwinken, der weni ger glücklich wie sie, die Verwüstungen vorher sieht, die Zeiten berechnet, und die Sense kennt, welche ihn niederwirft. Don Wachen umgeben und mit Kelten belastet, ging der Fürst von Palzo vor dem Zuge her. Langsam zogen die Schaaren des Grafen von Norindall zwischen zwei steilen Felsen hindurch, als plötzlich Saint Maurs Tochter durch einen fast magischen, unweit von ihr ausgesprochenen Namen, aus ihren tiefen Gedanken geweckt ward. Mächtig hat dieses Wort ihre ganz« Auf merksamkeit erregt! Es ist bis in ihr tiefstes Herz gedrungen! Welch ein Wort war das? — Der Name des Wildberges. — Rings um Elodien stellten sich von allen Seiten hohe Berge, Vesten der Natur dar, deren ausgedehnte Wälle die weißliII.
chen Zinnen bis in die Wolken emportragrn.
Als ewige Eispaläste,
wo sich die Lawinen
diese kühnen Spitzen,
bilden, zeigen
wie
weit sich, die Erde dem Himmel zu nähern vermag.
den
Zhr riesenmäßiger Anblick erhebt
diesen König der
Menschen,
Natur,
dessen Geist so sehr die Höhen des Erdballs überragt, als seine Seele die Wunder der
Schöpfung.
Nun ist Elodie am Fuß des gefürchteten Berges.
Eckbert und einige Ritter umge
ben sie.
Ihre Augen heften sich ununter
brochen
auf den
geheimnißvollen
ihr Herz pocht ungestüm. überzeugt, daß
derjenige,
Wald;
Die Waise ist welcher in
die
verborgensten
Gedanken
Höfe dringt,
die Vorbereitungen zu ihrer
der
Fürsten
und
Reise gesehen, und ihre Pläne zur Rückkehr
kennt.
Ohne Zweifel wußte der Einsiedler
die Stunde, wann sie durch
Schluchten ziehen würden;
diese wilden
er ist vermuth
lich hier; er wird einen letzten Blick auf sie
werfen wollen.
Ach! warum kann sie die
sem Blick nicht begegnen! Auf dem Abhang des
Berges,
durch
Fichten und Klippen hindurch,
wurde Elo-
wilde
Ansiedelung
dunkel
die ganz
gewahr.
eine
Ze länger
sie hinblickte,
mehr fesselten die Gegenstände,
zu unterscheiden strebte,
desto
welche sie
ihre Aufmerksam
keit. Von einer ungeheuern Granit-Masse son
dert sich ein rohes Gebäudeab, Baumstämme bilden dessen Wände, Schilfrohr sein Dach.
Neben dieser seltsamen, ästen
halb von Baum
verschleierten Wohnung,
eine Art
kriegerischer
Trophäe.
erhebt sich Ein an
dieser Waffenpyramide aufgehängtes
Wap
penschild spiegelte den letzten Tagesschimmer
zurück.
Aber wer
beschreibt Elodiens Er
staunen, als Eckbert bei diesem Anblick sei nen Gefährten ein Zeichen giebt, und sich plötzlich beim Wirbeln der Trommel demü
thig alle Häupter
beugen und die Lanzen
sich ehrfurchtsvoll vor der wilden Hütte des
Einsiedlers senken.
Nach vollendetem Waffengruß verfolgte Neues Freund seinen Weg weiter, ohne daS Erstaunen der Waise bemerken zu wollen. Was konnte diese auffallende, dem Bewoh ner des Wildberges dargebrachte Huldigung bedeuten? Vor der bloßen Rüstung des Einsiedlers hat sich der Graf von Norinball niedergeworfen! — — Wie ist dirs Geheimniß zu erklären! Eckberts Schaaren beschleunigten ihren Marsch. Schon haben sie di« engen Pässe des Wildberges hinter sich, und ziehen längs des Murter-See'S hin. Die Nacht «ar eingebrochen, als sie zur Schreckfpitze gelangten, und hier war eS — wo die gräßlichste Gefahr ihrer wartete. Die Aufwiegler hatten Palzo's Gefangennehmung erfahren. Eckberts Abreise, die Straße, welche er einschlagen will, der Augenblick seines Vorüberziehens, alles wurde ihnen verrathen, und die Anführer der Empörer beschlossen den Fürsten zu ret ten; unweit der Schreckspihe warten ihre
lauernden Bergschühen auf Renes Freund,
seine Schaaren zu
um »»vermuthet
fallen,
sie in die Flucht zu schlagen,
über und
den Gefangenen zu befreien.
Nur selten entfernte sich der Graf von
von Elodien.
Norindall
Aufmerksam auf
jede ihrer Bewegungen, möchte er sie gern mit aller Stärke seiner Seele,
Kräften
seines
Lebens
mit allen
umringen.
Alles
beunruhigt ihn für sie, die Bitterkeit ihres Schmerzes
sich zum erstenmal von diesem
geliebten Lande zu entfernen, die Beschwer
lichkeiten der Reise, die feuchte Nachtluft, und sogar das Gebrause des Waldes.
Sich nach einem
langen Stillschweigen
zu Eckbert wendend, sagte endlich die Grä fin:
„Wie heißt dieser steile Felsen, wel
cher
mit
dem
Höllenschlund
scheint.
röthlicher Farbe überzogen,
Sein
senschatten
ein
Bruchstück
weit hin geworfener Rie
nimmt
Gespenst aus...
entrissenes
sich wie ein drohendes
Horcht!
sollte
es
der
Wind seyn, dessen Trauertöne ich durch die
Felsenspalten ausstoßen höre? —
wo sind wir?
Ritter,
Selbst die Luft ist hier mit
Grausen angefüllt....
Graf von Norin-
ball, wo führt ihr uns hin?"
Ihre Stimme bebte und auf ihren Zü gen malte sich das Entsetzen. —
„Dieser
Felsen ist die Schreckspitze, antwortete Eck
der Aberglaube des Volkes hat seine
bert:
Nähe furchtbar gemacht.
die Mönche
Hier war es, wo
den
Unterlachen unter
von
Streichen einer barbarischen Horde fielen. Hier ist es,
nach
wo
den
Sagen
der
Landleute, das blutige Gespenst.... — „Eckbert,
fiel
ihm die geängstigte
entfernen wir uns von
Waise ins Wort: hier."
Kaum hatte die Jungfrau von Unter lachen diese Worte geendigt,
als aus der
Tiefe des Waldes ein durchdringendes Ge schrei erscholl.
Eine Wolke von Pfeilen
rauscht durch die Luft;
die Felsen starren
von Spiesen und bewaffnetem Volke; die
aufrührerischen
Bergbewohner
und haben
Eckberts Schaaren von allen Seiten ringe»
schlossen.
Nun entspinnt sich bet der Schreckspitze ein furchtbarer Kampf.
Palzo'S
sinken in ihrem Blute nieder.
Wächter
Die Fes
seln des Fürsten sind gesprengt, und schon mit einem fun
ficht der Rebellen-Oberst
kelnden Schwerte bewaffnet, an der Spitze
seiner Befreier.
Eckbert läßt seine Stimme ertönen, er ermuthigt seine
Entsetzen ergriffenen
von
Krieger, versammelt seine zerstreuten Schaa-
ren, und
die Angreifenden erbleichen vor
seiner verwegenen Kühnheit. —
gefährlichsten
Posten,
im
An den
fürchterlichsten
Gedränge, erhebt sich sein Helmbusch stolz
wie die Oriflamme des Sieges.
Die Nacht
dehnte ihren Trauerflor über die Kämpfen
den aus.
Gegen die Schreckspitze gekehrt,
auf den Knieen liegend,
liche
Waise
ihre
Himmel empor. lassen ,
denn
hebt die unglück
flehenden
Hände
zum
Die Gräfin hatte sie ver
ihre
Maulthier
antreibend
ryar fit sogleich unter
pörer geflüchtet.
tödtliche Pfeil
der
gezischt.
das Panier der Em
Einige
Wie ein
vor
Mal
schon hat
Elodiens
Ohre
undurchdringlicher Wall
vertheidigt Eckbert den Zugqng zur Schreck spitze,
und kämpft wie ein blutender Löwe
mit der Wuth der Verzweiflung. Indessen hatte die Tapferkeit über di«
Mehrzahl
die Unordnung ist
gesiegt:
in
djv Reihen der Empörer,
und ihre Todten
bedecken den Kampfplatz.
Der Fürst von
Palzo
sucht
die
Tochter
Saint
MaurS.
Wenn er Eckberts Schaaren nicht zu ver tilgen
vermag,,
so
will er, ehe
er
mit
seinen Gebirgsländern entflieht, wenigstens
derjenigen, dieer anbetet, sich bemächtigen. Er
wird sie am Fuß des berüchtigten Felsens gewahr, dringt auf sein Opfer ein, und ist im
Begriff es zu
erfassen,
als sich
der
Graf von Norindall dazwischen stürzt. Die beiden durch die Rache bewaffneten
Krieger,
die unversöhnlichen Nebenbuhler,
schlagen sich mit aller Gewalt deS Hasses,
allem
ihrer Wuth;
Ungestüm
überzieht
ihre
unbezwinglich.
durchdringt
beide scheinen
Rüstungen:
Da,
ein
Blut
ihr
o der Verzweiflung!
von
Dergschühen
einem
abgeschossener Pfeil Eckberts Harnisch und bleibt in seiner Seite stecken. Der tapfere Graf von Norindall will
Unglücks-Speer herausreißen,
aber
das Eisen zerbricht in seiner Wunde.
Eck
diesen
bert
fühlt
seine
Kraft dahin
aber dennoch kämpft er fort. die Stärke der Macht
ist
Seele, und
eine
von
den
schwinden;
Ihm bleibt
diese
geistige
freie
Sinnen
Kraft, ein unabhängiges Leben, welches alle
Hindernisse der erschöpften Natur überwin det,
und
die Vernichtung
wie
ein
neuer
Schöpfungshauch beseelt.
Die
Jungfrau
von
ein Angsigeschrei aus,
Unterlachen und
nie
ließ
stößt die
Verzweiflung einen schmerzlichern Ruf ertö nen; sie hatte ja Eckberten wanken gesehen:
ach k für sie gab es kein Heil mehr, denn der Fürst von Palzo siegt.
Zn diesem Augenblick wird ein entsetz liches Krachen auf der Schreckspihe hörbar,
und eine leuchtende Flamme erhebt sich auf
dem Felsen.
Der ganze Wald wird durch
das rothe, glühende Feuer erhellt,
welches
ein dichter Dampf einhüllt: die Erde bebt.
Eine schwarze Rauchsäule wirbelt sich zum Himmel empor, und ein Pestgeruch verbrei
tet sich aus dieser höllischen Wolke, woraus eine drohende und übernatürliche Stimme
sich
vernehmen
sich,
Die
läßt.
Wolke
öffnet
und wie auf einem Flammenwagen,
wie aus der Mitte eines Meteors erscheint
das blutige Gespenst.
Welches Geschrei erhebt sich unter den Gebirgsbewohnern!--------- Der Schrecken
ist aufs höchste gestiegen. ben sich
auf ihrer
Die Haare sträu
Stirne.
Die Einen,
von Grauen und Entsetzen ergriffen, ben
regungslos
und
versteinert;
blei
Ander«
und laufen
sind gegen den Wald geflohen,
in
tiefe finstere Hölen, um ihr bestürztes
Angesicht zu verbergen;
meisten
die
aber
fallen auf die Kniee nieder, und lassen sich
von ihren Siegern geduldig fesseln.
Alle
flehen um den Tod; alle sind jeden Augen gewärtig,
blick
daß
sich
aufthue, sie zu verschlingen.
ein
Abgrund
Eckberts Sol
daten haben keinen Feind mehr zu bekäm pfen. von Palzo
Fürst
Der
Erscheinung. mit
einem
und
das
betrachtet
die
Es ist ein ungeheurer Riese angethan,
Scharlach-Gewand Blut
scheint sogar
aus
dichten Haaren herab' zu träufeln.
seinen Mitten
in dem Schwefeldampf, welcher es umgiebt,
erhebt sich der Dogen des Fürsten der Fin sterniß wie eine schwarze Schlange in sei nen Flammenhänden;
Todes
ist
im
und der Pfeil des
Begriff davon
Das funkelnde hier und
abzufliegen.
dorthin
rollende
Auge des Gespenstes scheint die Gegenstände
zu verschlingen, welche eS betrachten wollte.
Sein Blick gleicht dem Blitz eines feuer
speienden Berges,
des
saunenton
seine Stimme dem Po Gerichtes.
jüngsten
erschreckte Natur verstummt; das des Waldes schweigt;
die Luft bebt dumpf
Wer gebeut hier? —
fort.
Himmel?
ist es die Hölle?
widersteht
der
Streichen,
Graf von
womit
Die
Brausen
ihn
es
ist
der
Zmmer noch
Norindall
Palzo
den
überhäuft.
Die Waise hebt ihre irren Blicke zu ihnen
empor.
Sie
siehet,
der
daß
Rebellen-
Oberst plötzlich aufhört auf seinen Gegner «inzudringen; der
Stahl
daß sein Haupt niedersinkt, seiner
Hand
stürzt entseelt der Fürst
entfällt.
zur
Jetzt
Erde nieder.
Dem Dogen des blutigen Gespenstes der Todespfeil entronnen,
war
und Palzo
ist
nicht mehr.
Die Jungfrau den
heftigen
nacheinander
von
Unterlachen
erlag
Erschütterungen,
welche
getroffen.
Graf
Der
sie von
----------
77
Norindall ist gerettet, und Elodie dankt dem Himmel. Nun richtet sie einen letzten Blick zu der fürchterlichen Erscheinung der Schreckspitze empor, aber in diesem Augen blick sieht sie das blutige Gespenst gegen sie herabkommen, und sinkt ohnmächtig nieder.
Buch.
Zehntes
Die Schatten der Nacht sind verscheucht. Feucht vom Morgenthau, Lüften bewegt,
und von leichten
schüttelten die Bäume des
Waldes ihre dunklen Wipfel.
Der letzte
Sommer-Monat war entflohen, und schon
verloren sich
verwelkte Blätter
mütterlichen Aesten.
Strahl
der
von ihren
Schön wie der goldne
scheidenden
Sonne
schmückte
die Natur noch Hain und Hügel mit ihren
tausend Farben. derkehr
Entzückend ist
Blumenzeit,
der
aber
die Wie
rührender
noch der Abschied der schönen Tage.
Herstalls Nichte kam ins Leben zurück,
aber
verwirrter
ihr
Sinn
vermochte
die
Schatten noch nicht zu durchdringen, welche
sie umgeben.
ob sie, ben ,
Indessen scheint es ihr als
von einem Wirbelwind fortgetrie die
Luft
mit
Schnelligkeit
durch-
Matt öffnet sich ihr Auge; zwar
schneide.
sie
unterscheidet
noch
feinen
Gegenstand,
aber es ist dennoch fein Traum. zarter
Vogel
Thales,
des
Wie ein
welchen
der
Berg-Adler erfaßt hat, fühlt sie sich durch eine
unbefannte Gewalt
rascher
Aufflug
durch
entführt,
deren
Hinderniß
sein
gehemmt wird.
Endlich erlangte Elodie den vollen Ge brauch ihrer Sinne wieder: die Erinnerung
erstand mit dem Leben.
Bei dem ersten
Schein des Tages wirft sie einen schüchternen
Blick auf den fremden Gegenstand, welcher
ihr mattes
Haupt stützt.
O
des Entsez-
zens!.... von einem rothen Mantel um hüllt,
dessen weite Falten sich
um sie her
sieht sie sich in den Armen des
schlagen,
blutigen Gespenstes.
Zm raschen Lauf stimmt es den Berg hinan,
und vertieft sich in den Wäldern. wie
zerstörendes
Meteor
durch die Schatten dahingleitend,
flieht es
Furchtbar,
ein
schnell zwischen Felsen und Abgründen weg.
Schweigend wie eine Erscheinung der Grä
ber, scheint e- weder dem Leben noch dem Tode anzugehören.
Saint Maurs Tochter stöhnt laut auf
und ihre Augen schließen sich von Neuem „Elodiel Elodie!" —
mit Entsetzen. —
rief jetzt
eine
zärtlich
flehende
Stimme.
Und
o wie süß klang dieser wohlbekannte
Ton
in
ihrem
Herzen
Weniger
nach!
schnell erheben die ersten Gluthen des Ta
ges eine
durch
die
Gewitter der
Nacht
gebeugte Blume wieder.
Ein Akkord der
himmlischen
hätte
Lobgesänge
Entzücken erregt.
minderes
Elodie öffnet ihr Auge
auf den Ruf der Liebe und des Schmerzes
wieder,
und
schon hat sich ihr Blick mit
den Blicken des Einsiedlers vermischt.
Sein Gang wurde langsamer:
er hält
sie in seinen Armen, er preßt sie an seinen
Dusen, und die Jungfrau von Unterlachen bleibt von Neuem regungslos; nicht
mehr
die Stille
aber es ist
der Empfindungs
losigkeit, es ist die Ruhe eines bezaubernden
Traumes, und das Aufhüren der Bewegung
bei ihr ist nur die Furcht eines Erwachens.
Noch ist der Einstedler mit dem blutigen Gewand
Gespenstes
des
Gestalt
er angenommen
schreckt
die
Waise
bekleidet, hatte.
nicht
dessen
Aber
mehr.
eS
WaS
liegt an einer furchterregenden Tracht, wenn
unter der Hülle des Schrecklichen das Herz des Geliebten schlägt.
Die
schmeichelnde
Morgenluft
spielte
mit den blonden Haaren der Waise, welche
aufgelüst und zerstreut über ihre Schultern herab fielen: ihre wogenden Locken streiften
des
Einsiedlers
Lippen.
Er
steht
einen
Augenblick an... er scheut sich, die Schleier der Unschuld zu entweihen,
fernt er sie — aber
der
und sanft ent
leichte
Morgen
hauch weht sie ihm wieder zurück.
widersteht
der
Einsiedler
dem
Nun
glühenden
Verlangen, das er bekämpfte, nicht länger mehr; und sein Mund wagt auf die Rin
gel der langen Haare ElodienS
den
zärt
lichsten Kuß zu drücken.
II.
6
Süße clectrische Kraft der Liebe!
tveiiit er ihre Lippen berührt Hütte,
ihr ganzes Wesen den Kuß,
Elodie durch
welchen
Als
fühlte
ihre
verirrte
Locke
empfangen.
Blick, glänzender,
zärtli
cher wie je, beängstigte die Waise.
Ohne
Des Einsiedlers
die Gefahr zu begreifen, empfindet sie deren
Annäherung.
Sie fühlte,
in den Armen
des Gebirgsjägers, eine unbekannte Flamme
durch ihre Adern rieseln.
Zhr Herz pocht
schneller; aber ungestümer noch klopft das
Herz
des
Geliebten.
Einsiedler
zusammen,
blick
zuckt der
Plötzlich
seine einen Augen
ruhig abgemessenen Bewe
zuvor so
gungen sind rasch und ungestüm geworden;
seine leidenschaftliche Stimme murmelt un
verständliche Laute;
seine Stirn beugt sich
auf Elodiens
Stirne nieder;
vermischt sich,
ihre Blicke
und
der entzündete
breitet seine
verwirren sich,
Hauch der Liebe ver
magische Betäubung
zwei mitten im Walde
Liebenden.
ihr Athem
In
um die
allein befindlichen
diesem Augenblick
macht
sich Saint Maurs Tochter aus den Armen des Einsiedlers los.
— „Ich kann gehen, sagt sie, ich kann
euch folgen;" und entfernt sich erschrocken von ihrem Befreier. Ohne zu
überlegen,
wohin
sie ihre
Schritte führten, ohne Vorsatz und ohne Zweck,
klimmte sie fortwährend den Berg
hinauf,
irrte sie im Schooß des Waldes
umher:
nichts hemmte ihren Lauf, nichts
zerstreute ihre Sinne.
Auf einmal stellt sich ihr eine WaffenTrophae dar;
Bäumen
unweit davon ist eine von
umgebene
Einsiedelei.
Elodie
erkannte das Wappenschild, welches Eckbert am Abend zuvor begrüßt hatte. —
„Wo
bin ich? sagte sie, sich gegen den Einsiedler kehrend, wohin führt ihr mich?" — „Ich
nur nachgefolgt," antwortete
bin euch ja
traurig der Jäger des Gebirges. —
bin ich?" —
„Wem gehört diese Wohnung ?“ —
Einsiedler.
„Wo
„Auf dem Wildberge." —
„Dem
Za, fuhr er fort, dies ist der
Felsen der Verbannung,
dies ist das ein
welches der Unglückliche
zige Desitzthum,
Helvetiens seiner Lebensgefährtin zu bieten mit
Allein
hat.
seinen
Erinnerungen,
hier unter diesem Trauerbaum ruhend, auf dürres Haidekraut gelagert,
lebt er vom
Wasser des Stromes, von Wurzeln, wilden Früchten und einigen bittern Kräutern.
— „Elodie! — ist dies der
welchen
Unschuld
sollen!....
Ach!
und
Gemahl,
Schönheit wählen
er hat kein Vaterland,
trägt keinen Titel, ist jetzt namenlos, und hqt auch
bieten...
selbst
kein reines Herz mehr zu
Sanfte Taube von Unterlachenl
fliehet das Dach des Unglücks!
fliehet den
Bewohner des Wildberges!" — „Ach, antwortete die gerührte Waise,
ich habe nie die Unglücklichen geflohen." Ein bitteres
Lächeln klärte bei
diesen
Worten die finstere Laune des Einsiedlers zur Hälfte auf.
Er näherte sich der Waf
fen - Pyramide, und auf den Schild zeigend, worauf fürstliche Wappen glänzen:
—-
„Zch war nicht immer was ich jetzt bin, nahm er wieder das Wort; eS gab eine Zeit, wo der Ruf meines Namens in ganz Europa wiederhallte« Ach! dies Schild ist alles; was mir von meinen vergangenen Siegen blieb. Dann Elodiens Hand ergreifend; Sprich! setzt er heftig hinzu: sprich! haben Schätze, Ruhm, Größe, einigen Reitz für dich?... Zch kann sie dir noch bieten. Ich habe nur ein Wort zu sagen, und mein Geschick wird erstaunenswürdiger als je.... Dieses Wort... ich würde es mit Entsetzen aus sprechen , doch das gilt gleich!... schalte mit meinem ganzen Leben." „Ich habe irdische Größe immer ver schmäht, antwortete die Waise. Dann nach augenblicklichem Stillschweigen: — Laßt uns jetzt die Einsiedelei besehen." Dies sprechend richtete sie ihre Schritte gegen die kunstlose Wohnung. Sie betritt das wilde Obdach. „Zufluchtsort des Ein samen, so bist du denn gereinigt!" ruft der
86
---------------
glückliche GebirgS-Zäger in schwärmerischer Begeisterung aus; und zu Elodiens Füßen
sinkend fährt er mit leidenschaftlicher Stimme fort:
„Vollende!
nimm
die
Hütte der
Liebe an, sey die Gattin des Verbannten!" — „Wohlan!
spricht Elodie,
mir meinen Gemahl..—
nennet
„Zch, ich ihn
nennen!" fällt der Einsiedler ein;
und das
Entsetzen drückt sich auf seinen Zügen auS.
„Elodie! und wenn dieser Name, wie eine
unselige Entdeckung, mir euer Herz rauben würde!..." „Ach! Sprecht ihn ohne Furcht aus!"
antwortet das liebliche Mädchen. Sich nun den stürmischen Aufwallungen
seiner
Dankbarkeit
Einsiedler:
digt werden.
überlassend,
ruft
der
„Za, Geliebte, du sollst befrie
Mein Name,
hungen, mein Schicksal,
meine Verge
mein Leben, wer
den dir morgen bekannt seyn;
ich will dir
meine ganze Seele offen darlegen, und dein
Urtheil erwarten. Aber im Namen des Himmels, verlasse
diesen Felsen nicht, fliehe nicht meine wilde Wohnung.
verwundete
Der
Eckbert
ist
ins Kloster gebracht worden, wo seine rohen
Schaaren befehlen. lebt nicht mehr;
Die
ihr,
Gräfin Jmberg
durch
die Flammen
der Schreckspitze erschrecktes Maulthier, hat
sie in den Strom gestürzt.
Laß mich also
von heute an auf Erden deine einzige Zu flucht seyn!
Ich schwöre es bei dem All
Jungfrau von Unterlachen
mächtigen, die
hier wie ein himmlisches Wesen zu ehren. Dis zu dem Augenblick, wo der Altar un sere Schwüre empfangen hat,
wird meine
von Elodien bewohnte Einsiedelei ein Heiligthum für mich seyn,
welches meine Ge
genwart nicht zu beflecken wagt,
und ich
werde mich dir nur wie jener Dundeslade nahen,
die
nie
eine
entheiligende
Hand
berühren durfte.
Beschäftigt, die Geschichte des Verbann
ten zu entwerfen, welche dir morgen seinen
Namen entdecken soll, werde ich mich unter
den
Bäumen
des Waldes
fern
von
dir
aufhalten;
aber ich werde wenigstens noch
deine Stimme vernehmen können; und dein Hauch, dein Leben,
Etwas von dir wird
noch die Einsamkeit bezaubern,
worin ich
schreibe.«
Welches Feuer strahlte dabei auü seinen Augen!
Worten!...
lächelt
in seinen
Welche Zärtlichkeit lag Mit
Saint
thränenfeuchtem
Maurs Tochter
Auge
seinen
zu
begeisterten Aufwallungen; wie durch eine
ein
Gewitterwolke
Strahl
schöner
Tage
blickt.
fährt der Einsiedler fort, oft
„Elodie,
hätte ich mich deiner bemächtigen können, und immer habe ich dich frei gelassen; ich habe dich in meiner Gewalt gesehen,
dir gehorcht.
men hielt,
und
Als ich dich in meinen Ar fühlte ich den glühenden Trank
der Liebe meine Sinne und Vernunft ver
wirren,
Ton
und
deiner
dennoch
siegte
Stimme
über
meines Wesens.
ein
den
einziger Aufruhr
Könntest du an
deiner
magischen Gewalt über den Bewohner des Wildberges zweifeln?
Ach!
warum
hat
er
die
himmlische
Zungfrau von Unterlachen nicht immer um sich gehabt,
um ihn
Tugend
erhalten!....
zu
auf
der
Dahn der
Noch
einige
Stunden und du wirst über mich gerichtet
haben!....
Von dem Gipfel der Macht
herabgestürzt, beklage ich keinen Verlust der Vergangenheit, als die schuldlosen Tage mei
ner Zugend. O! antworte mir, angebeteteS
Mädchen, bleibst du in meiner Einsiedelei ?“— Seufzend schlägt Elodie die Augen nie
der,
und lebhaft bewegt,
erschipft, antwortet sie:
von
Müdigkeit
„Ich vermag mich
kaum aufrecht zu erhalten, ich könnte nicht
weiter gehen/' Und auf einen, von geflochtenem Rohr
das Innere
der Hütte umgebenden Sitz,
sinkt sie bleich und zitternd nieder.
„Du vertraust dich mir also!
Einsiedler, barkeit.
ruft der
trunken von Freude und Dank
O schönste Schöpfung des Him-
mels!
Du,
die ich
der
Erde entziehe!
wirst du unter der Hütte der Verbannung, von mir allein bewundert,
von mir allein
mit deinem Schicksal zufrieden
angebetet,
seyn? wird mein Herz deinem Leben genü
gen ?Doch was
alle Gaben des
nicht schon
schmäht!
rede ich!
Hast du
Glückes
ver
Wohl, was du an Reichthümern,
an Würden, an Macht verlierst, werde ich
dir an Liebe zu ersetzen wissen." So spricht er, und führt seine Geliebte unter ein Laubdach, wo ein einfaches Mahl
Die ganze Natur lächelt ihnen
bereitet ist.
zu: der Himmel deckt sie, wie ein strahlen des. Zelt,
mit seinen
azurnen Schleiern:
die Sänger des Haines feiern ihre Selig keit: die Luft haucht, gleich dem Geist der
Blumen und Früchte des Thales, Wohlgerüche um sie her,
aus:
liebliche die Wild-
niß ist voll Harmonie; und die schimmernd reine Morgenröthe verklärt dieses neue Pa
radies. Indessen
hatte sich
der Einsiedler mit
von
Gewalt
schrieb den
der
losgerissen,
und
ganzen Tag hindurch an
den
Waise
seines Lebens.
unseligen Ereignissen
Stunden fließen schnell
Die
Schatten
dahin.
Elodie hat sich in das
folgt dem Lichte.
wo
Innere der Hütte eingeschlossen, bescheidenes Lager bereitet ist.
ihr
Der schöne
Jäger des Berges naht sich dem geheiligten Ort nicht, welchen die angebetete Jungfrau
ganze Nacht
und die
bewohnt;
an
der
wacht er
Thüre seiner Einsiedelei lehnend,
allein und setzt die begonnene Arbeit fort.
Mitternacht
mochte vorüber seyn,
als
Herstalls Nichte plötzlich durch ein dumpfes Gestöhne
Hütte
wurde.
erweckt
Unfern
der
scheint der Bewohner des Wildber
wie
von
einem
erschreckt,
sich
dem gräßlichsten Wahnsinn
ges,
hinzugeben.
entsetzlichen Gesicht
Elodie glaubt, ihn sich auf dem
dürren Heidekraut auf die und
durch
erstickte Gottheit
unartikulirte
Klagen,
irgend
antworten
zu
werfen,
Kniee
Worte, einer
hören,
durch
rächenden die
vor
seinen Augen erschienen
ist, «m ihm fein
Endurtheil anzukündigen. — er
rief
„Gnade!...
herzzerreißender
mit
Stimme,
Gnade!" — und das Schweigen des Todt folgte dem Laut der Verzweiflung.
Wie lang dünkte Elodien diese Nacht!... Mit der Morgenröthe sah sie den geheim
nißvollen Menschen
Schweigend
wieder.
und düster schien er durch ein übernatürli
ches Ereigniß
zu
Boden
gedrückt.
gräulicher Gedanke beschäftigte ihn
Ein allein,
und wie ein zum Tode verdammtes Schlacht
ging er
opfer
mit
tiefgesenktem
Haupte
einher. Sich
der
von
Einsiedelei
entfernend,
hatte er seine Arbeit wieder vorgenommen,
ohne daß Elodie gewagt hätte, ihn zu befra
gen. die
Bei Sonnen - Untergang Geheimnisse
werden,
ihm
und
des
Einsiedlers
unruhig und
überläßt sich
ihr
enthüllt
getrennt von
die Tochter
den finstersten Ahnungen. hören müssen! —
sollen
der Abtei
Was wird sie
Was wird ihr Schicksal
Ach ! wie
seyn r
schrecklich
ist
nicht
die
Annäherung des Augenblicks, der über das ganze Leben entscheiden soll.
Endlich vergoldete die unter den Hori zont hinabgesunkene Sonne mit ihren ster
benden Gluthen die Felsen Helvetiens. — „Sind dieses die letzten Strahlen des
Glückes sür mich!" sagte die Waise,
und
ihr Auge suchte den Einstedler. Er erscheint: sein Gesicht ist bleich und
entstellt, sein Blick finster und wild. Mantel
schwarzer
umwallt ihn.
spricht er mit rauhem
mir!"
Ein
„Folget
stürmischen
Und steigt rasch den Berg hinab.
Ton.
Schon ist er außer dem Walde; er hat seinen
furchtbaren Lauf gegen die Ebene von Mur
gleich dem ersten Mörder,
ten genommen,
der
von
der
Verdammniß
aus
verfolgt
Abels Land floh.
Der Tag verschwand von den nächtli
chen
Schatten
aus
de»
bedeckte
verscheucht.
Thälern
die Berge
Ein
aufgestiegener und
dichter, Nebel
verschleierte
die
Natur.
ihrem
Die Tochter schweigenden
des Klosters folgte
Führer
diese
durch
finstern Dünste hindurch; mit niedergeschla ähnele fie irgend
genen Augen wandelnd,
ein schreckliches Ereigniß. unfern des
der Einstedler
stehen.
Plötzlich bleibt Murten -See's
Der Wind trägt das bange Brau
sen der Wogen, men Ufersand
die sich traurig am einsa
brechen,
zu Elvdiens Ohr.
Sie blickt um sich — Gerechter Gott! befindet sich die Waise? — am
wo
Eingang
eines, von menschlichen Gebeinen gewölbten
Denkmals,
unter Säulen, von aufgeschich
teten Gerippen gebildet, unter einem durch die
Rache derGrausamketterrichtetenSiegesbogen. — „Himmel! wo bin ich?" — fragt
die Jungfrau von Unterlachen. —
„Unter
dem Beinhaus von Murten, antwortet der
Mann vom Wildberge,
und ich bin Karl
der Kähne."
So spricht
er,
und
seinen schwarzen
Mantel von
sich werfend,
der Rüstung
des Eroberers bekleidet, der
erscheint
mit
---------------
9S
Einsiedler in der Mitte des weiten Grabes auf einem Thron
wie
gleicht unter den
von Leichen;
und
Katacomben des Verbre
einem niedergeschmetterten Erzengel,
chens,
der vom Tempel des Ruhms in die Tiefe der Marterhöhle hinabgestürzt ist.
— „Karl der Kühne!" wiederholt die unglückliche Elodie
mit zerreißendem Ton.
Ihr, der blutdürstige Herzog von Burgund;
ihr der Mörder außer
sich
Vaters!"
meines
vor Entsetzen,
stützt
sich
Und, das
wankende Mädchen auf eine Säule des Todes. — „Ja, nimmt er wieder mit einer Art
von Raserei das Wort, ja, ich bin der Un versöhnliche Mann, war.
Herzog
von
Burgund,
der
welcher einst die Geissel Europa's
Der Himmel,
ja der Himmel selbst
hat mir befohlen, euch meinen Namen nur unter dieser
höllischen
Grotte,
von allen
Erinnerungen, allen Gräueln meines Lebens
umringt, zu entdecken.
In der vergange
nen Nacht ist die Wolke des Rache-Engels auf mein schuldiges Haupt niedergestiegen;
die Stimme des Ewigen ist erschollen. Sie gebot... ich habe gehorchen müssen.... hier bin ich." Ein kalter Schweiß tränst von seiner blassen Stirn herab; sein Auge ist wild, sein Athemzug gehemmt, und seine Stimme kaum noch menschlich. — „Sprecht! fährt er fort, flucht mir, ohne Zweifel will es der Allmächtige, weil er diesen entsetzlichen Auftritt befahl, weil er von mir dieses beispiellose Opfer forderte. Meine Ankläger umringen mich... ich hire ihr Todesröcheln... Das menschliche Ge schlecht verstößt, der Himmel verwirft mich; Tochter Saint Maurs, fluchet mir, ich habe mein Schicksal verdient." Als er dieses gesagt hatte, stürzte der unglückliche Karl fast leblos unter dem entsetzlichen Grabmal zur Erde hin; und seine Stirn blieb auf dem Staub einge drückt, welcher auf der Asche seiner Opfer alterte.
„Karl!
rief Elodie außer sich,
Karl!
stehet auf.“ „Wer ruft mich!
sagte der Einsiedler,
mit dem Ausdruck des Wahnsinns auf sei nen Zügen.
Ist es die seufzende Stimme
meines erwürgten Volkes?...
Zst «S der
Abgrund, welcher den Tyrannen fordert?.. Ist es die gittiiche Gerechtigkeit,
die da-
Urtheil des Blutdürstigen ausfpricht.“ — „Nein,
ihre
die Waise,
sprach
Seelenstärke
welche
wiedergefunden
hatte:
der Himmel ist besänftigt.
Seine Gerech
tigkeit hat gestraft,
Barmherzigkeit
feine
verzeiht.“ Der Bewohner
des Wildberges
erhob
bei diesen Worten fein tiefgefenktes Haupt wieder, und betrachtete Elodien mit Erstau nen;
noch
ist
die
feinem Angesichte; gestillt,
und
Geisteszerrüttung
aber
auf
feine Raserei
feinen» Augen
ist
eine
entfließt
Thräne. — „Wiederhole mir noch einmal, sprach er: der Himmel ist besänftigt, feine Barm-
II.
7
Herzigkeit
Worte
verzeiht:
hast
ausgesprochen?
du
nicht
diese
Rettender Engel!
Du Strahl der Hoffnung und des Heiles!
spreche
vollende deine göttliche Sendung,
mich im Namen des Ewigen los!" „Zur
ruft
Einsiedelei!"
Elodie
und
flieht gegen den Wald, findet den Fußpfad des Wildberges wieder, und sinkt,
zur
Wohnung
gelangt,
Einsiedlers
des
als sie
erschöpft in der Hütte nieder. Hier blieb die Waise einige Augenblicke
wie ihrer Sinne beraubt.
Da erschien der
unglückliche Karl von Burgund vor ihr: er näherte sich,
und
reichte ihr eine Hand
schrift mit diesen Worten dar: —
„Hier
ist mein ganzes Leben, hier die Erzählung meiner Gewaltthaten. Tochter Saint MaurS! leset, und richtet.
Zch werde mich
euren
Blicken nicht mehr zeigen, als wenn ihr eS
befehlet.
Wenn
abgebüßt scheinen,
euch, meine
wenn
eurem Herzen spricht,
Verbrechen
das Mitleid zu
wenn die Unschuld
der Reue verzeiht, so richtet einige Worte
der Hoffnung an mich,
schriebene
in
und legt das Ge
die Hölung des alten Wei
denbaumes, unten am Fußpfad des Berges. Fern
von
euch
ich
werde
mein
Urtheil
erwarten." Seine Stimme war dumpf als er die ses sagte,
auf seinem Gesichte drückte sich
die Niedergeschlagenheit
aus.
der
Verzweiflung
Er sucht seine Leiden zu verbergen,
und wendet die Augen ab, um nicht Dieje
nige zu seinen Gunsten zu erweichen, welche
er zur Richterin erwählt hat.
Elodie
versucht
ihm
zu
antworten,
aber die Kräfte mangeln ihr — und schon hat der Einsiedler die Hütte verlassen. Die Waise ist nun
unglücklichen
Ach!
Blätter
allein; sie hält die in
wie viele Thränen
ihren
Händen.
werden bei der
Durchlesung dieser Schrift vergossen werden!
IOO
Eilftes B u ch.
Karl VII. herrschte über Frankreich, und der Friede war endlich seinem unglücklichen,
so lange von gräßlichen Kriegen verwüsteten und so wunderbar von
einer einfachen
Schäferin *) geretteten Reiche wieder gege
ben worden.
Den heftigen Stürmen folg
ten heitere Tage; und durch ganz Europa
ließ
die Ermüdung
der Krieger
und die
Erschöpfung der Schatzkammern den
Völ
ker» eine lange Ruhe hoffen. Karls VII. Sohn, damals noch Dau
phin, und
später
Ludwig XI,
angeklagt,
die schöne Agnes Svrel vergiftet, und seine
erste Gemahlin Margarethe von Schottland
durch schmerzliche Kränkungen gemordet zu haben, hatte, ungeduldig nach der Regierung
*) Die Jungfrau von Orleans.
IOI
strebend,
therei
zum zweiten
gegen
seinen
Mal
Vater
eine
Sein Anschlag wurde indeß vereitelt. und mit Verbrechen belastet,
tete
sich Ludwig
zu
Philipp bat
Zung,
verbannt und
durch die väterliche Rache verfolgt,
von Burgund, und
Verrä-
angesponnen.
flüch
dem Guten
um Zuflucht an
seinem Hofe. Philipp haßte Karln VII.; die Ermor
dung
seines
Vaters,
hann's ohne Furcht,
des berühmten Zoauf der Brücke von
Montereau, in Gegenwart des jungen Mo
narchen verübt, länglich gerächt.
schien ihm noch nicht hin
Er empfing
den Flücht
ling mit allen, einem vermeintlichen Erben
der französischen Krone zukommenden Eh renbezeugungen ;
es
wurde dem Dauphin
ein prächtiger Pallast eingeräumt, und glän
zende Feste gegeben.
Zch trat damals in
den Frühling meines Lebens ein;
der fran
zösische arglistige, und verstellungsreiche Prinz trug das Gepräge der Tugend und
Auf
richtigkeit auf seiner Stirne, und verstand
bald,
sich in meinen
Augen von all den deren ihn sein
Verbrechen zu rechtfertigen,
Vater beschuldigte.
menschliches
schien
Karl
und
Ungeheuer,
phin ein edles Opfer.
mir der
Ludwig trug
ein
Dau
mir
seine Freundschaft in den rührendsten Aus drücken, mit aller Offenheit der Jugend an;
und mein Herz
neigte sich
zu dem seinigen.
und
mit Entzücken
Leichtgläubig,
leidenschaftlich
war ich
glühend
damals
weit
entfernt zu denken, daß die Zuneigung der Fürsten einem dürren Blatte gleicht, welches der Wind aufs Ohngefähr,
bald auf den
Berg, bald in den Sumpf trägt.
Seine» Sohn zurückfordernd, den ihm
Philipp
verweigerte,
schien
Karl
VII.
einen Augenblick Burgund zu bedrohen. — „Er bewaffne ganz Frankreich, rief ich bei dieser Nachricht,
indem
mein Schwert schlug;
ich ungestüm auf so lange der Graf
von Charolais dieses Eisen aus der Scheide
zu ziehen vermag,
soll kein Trabant Karls
sich Ludwigen nahen."
los Der Dauphin lächelte zu meiner Hef
tigkeit;
die
und
Detheuerungen
seiner
Dankbarkeit flößten meiner Seele neue Be
geisterung ein. Beschützer,
Zch war stolz darauf,
der Freund eines Sohnes von
Frankreich zu seyn; Innern
der
betrachtete
aber ach!
in seinem
Ludwig mich,
feinen
Beschützer, nur wie ein Werkzeug, und den
Freund wie einen Diener.
Von allen Großen des Hofes war Graf von Saint Maur derjenige,
der
welchen
ich zu meinem einzigen Vertrauten erwählt
hatte.
Er hatte als berühmter Kriegsheld
meine ersten Schritte in
der kriegerischen
Laufbahn geleitet; er war der Gefährte aller meiner ernsteren Beschäftigungen so wie der
Theilnehmer meines Vergnügens, und hatte als tiefer Beobachter und strenger Richter
das Herz des Dauphins ergründet. „Graf von Charolais!
Tages,
erlaubt mir,
Zärtlichkeit,
welche
sprach er eines
die außerordentliche ihr
Karls VII. hegt, zu tadeln.
für
den
Sohn
Eure Gefühle,
die nicht erwiedert sind,
könnten
werden.
Lebens
glück eures
des künstlichen Schleiers,
das Un
Ohngeachtet
unter dem sich
der Dauphin verbirgt,
habe ich die Treu
losigkeit ausgefunden,
worin
ihr Freund
schaft zu sehen wähnt."
aber durch
So sprach er,
eine solche
Rede beleidigt, vermied ich von diesem Tag
an den Grafen von
verlor
Maur.
Saint
mein Vertrauen;
Er
ich opferte dem
falschen und unredlichen Prinzen
den auf
richtigen, ergebenen Mann auf. Der
Freiherr
von
Herstall
stellte
in
jener Zeit seine Tochter Zrena, welche eine
entfernte Arovtlle,
Verwandte,
die
Herzogin
von
sterbend zu ihrer Erbin ernannt
hatte, an Philipps Hofe vor.
Nie hatte
sich eine glänzendere Schönheit in Burgund gezeigt.
Zrena wurde der Stoff aller Un
terhaltungen, der Gegenstand aller Blicke. Ein Schwarm
von
Anbetern drängte sich
um die Erbin von Aroville, den strahlen
den Abgott
des
Hofes.
Zch theilte die
los allgemeine Begeisterung;
Elodie hatte sich
mir noch nicht dargestcllt, Irena schien mir
das
Meisterstück des
Himmels;
und
ich
nahm meine Bewunderung für Liebe. Da starb Karl VII, und der Argwohn
fiel auf den Dauphin, seinen Vater vergif tet zu haben. Ludwig wurde König.
Freundschaft htngegeben,
der
Ganz
entfernte ich
mich von Irenen, verließ Burgund,
und
eilte im Gefolge des neuen Herrschers nach Frankreich.
Ludwig
überhäufte
mich
an
Hofe mit kostbaren Geschenken; waren die Gaben eines Herrschers, Vasallen gereicht.
Freund,
ich
seinem aber
eS
seinem
Umsonst suchte Ich den
fand
nur
den
Monarchen.
Mit tief verletztem Herzen, des Zwanges
müde,
bat ich Ludwig um eine besondere
Unterredung, und erhielt sie: er war allein
in
seinem Kabinet;
ich
wollte mich wie
sonst in seine Arme stürzen, und die zärtli chen
Vorwürfe
der
Freundschaft
an
ihn
richten, als er einige Schritte zurücktrat,
ic6 und mir ein versiegeltes Paket überreichend, mit
Hoheit
aller
unumschränkten
eines
Fürsten, sagte: „Graf von Charolais, ich
bin eurer Ergebenheit überzeugt,
die Stadthalterschaft
und euch
Zch vertraue euch
meinen Dank schuldig.
Normandie
der
an,
hier ist eure Bestallung.
Morgen werdet
ihr nach Rouen abreisen,
wohin euch eure
Pflicht ruft.
Fahret fort,
das Zutrauen
und die Gnade eures Königs zu verdienen."
Ludwig entfernte sich nach diesen Wor ten.
Von Erstaunen und Entrüstung wie
versteinert, blieb ich einen Augenblick unbe weglich .... und stürzte dann wüthend aus dem Pallaste. —
rief ich aus; Elend,
„So sind die Fürsten!
sanft und
undankbar
und
schmeichelnd im
gebieterisch
im
Glücke!"... Der Graf von Saint Maur hatte mich nach Paris begleitet.
Zch wollte in mei
ner Wuth an Ludwig schreiben, schenke mit Verachtung
und noch
am
nämlichen
von
Tag
seine Ge
mir werfen,
sein
Reich
verlassen. . Saint Maurs weifen Anschlä
gen
gelang
schlüsse zu
nicht
Die
eben
meine
es,
ändern:
so
warum
meine
im Frühling
Ent
vermochte zu
Leiden
ersten Wunden des
schmerzlich
stürmischen
er
stillen!
Herzens sind so des Lebens!....
Der Mensch ist noch nicht für die Men
schen gemacht; die Erfahrung hat die Lauf bahn noch nicht entzaubert.
Zch empfand,
außer dem stechenden Schmerz des Herzens, noch
die
Schande,
betrogen
worden zu
seyn, ich beklagte die entschwundenen Täur
schungen. Zum erstenmal fühlte ich in dieser glü
henden und offenen Seele, welche Ludwig zerrissen hatte,
die Verachtung des mensch
lichen Geschlechtes aufkeimen.
Saint Maur
hatte in seiner Beurtheilung des Dauphins
Recht gehabt; aber kaum verzieh ich ihm diesen Triumph,
und
ich wollte in seiner
Durchdringungs-Gabe verborgene Laster zu entdecken, nichts als seine innere auf sich selbst
und
seines
Gleichen
gegründete
los
Ueberzeugung von der allgemeinen Verderbt heit, erblicken. Folgsam seinem Rathe verließ ich indeß Paris und übernahm den Befehl über die Normandie. Ludwig hatte mir eben erst seine Gleichgültigkeit gezeigt, er zögerte nicht, mir seinen Haß zu beweisen. Einige Jahre vor Karls VII. Tod hatte ich den Herzog von Bretagne gekannt: eine jugendliche Eifersucht bewaffnete einen gegen den andern; ich hatte in den Schran ken mit ihm gekämpft, und Ludwig kannte unsere gegenseitige Feindschaft. Kaum war ich in der Normandie eingesetzt, als der König von Frankreich einen seiner Lieute nants mit außerordentlichen Vollmachten, welche jene des Statthalters vernichteten, dahin sandte: und dieser Lieutenant war der Herzog von Bretagne. Bei diesem treulosen Zug, dieser neuen Beschimpfung, wollte ich meiner Wuth freien Lauf lassen: noch einmal besaß Saint Maur die Kunst, sie zu unterdrük-
log ken.
indem
Aber
er
die Ausbrüche der
Entrüstung einer tugendhaften Seele tadelte,
die Menschen zu täuschen;
lehrte er mich,
er gewöhnte Karln,
das Gefühl dem Vor
theil aufzuopfern; er lehrte mich den edlen Aufschwung des Herzens durch kalte Berech nungen des Verstandes ersetzen.
Er brachte
in mir diese fruchtbaren Keime
es dahin,
der Begeisterung und Rechtlichkeit zu erstikken, die in freier Entwicklung nur rühm liche Früchte erzeugt hätten.
unter
Das
drückte Feuer wurde ein zerstörender Vul
kan,
welcher
brach;
nur
in
Verheerungen
aus
und die Stimme der Klugheit lei
tete mich nur zum Verbrechen. Seit die
langer
erklärten
Zeit waren
Feinde
die Lütticher
Burgunds;
Ludwig
unterzeichnete
einen
mit ihnen.
Seine niederträchtigen
Verbindungs - Vertrag
Auf
lauerer umgaben mich zu Rouen: der Dolch seiner Meuchelmörder
mein Leben;
bedrohte jeden
und bald brachte
mich
Tag ein
tödlticher Trank an die Pforten des Todes.
1IO
Meine Zugendkraft
Gift.
Zch
menschliche
genas
hätte
Gewalt
meiner Wuth
siegte
das
über
wieder;
aber
die
keine
Heftigkeit
zu mäßigen vermocht.
Zch
erklärte Ludwig XI. laut für einen Treulo
sen, Verräther, Giftmischer und Vatermör
der.
Zch
klagte
zum Entsetzen
ihn
Erde, zur Rache des Himmels an;
der
dann,
ihm mit Verachtung seine verhaßte Besial-
lung
zurückschickend,
eilte
Burgund
ich
gegen Frankreich zu bewaffnen. Der
heuchlerische
Monarch schien tief
von meinen Beschuldigungen ergriffen.
Um
sich in den Augen der Völker zu rechtferti
gen,
berief er
die Prinzen des Geblüts,
die Großen seines Hofes, die Abgeordneten um sein ganzes
seiner Städte zusammen;
Leben zu verantworten, redete er diese Ver sammlung mit
eben
so
viel
Talent
als
Keckheit an, und der Tyrann endigte damit, die
Mitglieder
seines
Gerichtshofes
seine Richter zu ernennen.
als
Der Verbre
cher wurde gänzlich freigesprochen.
Indessen hatten sich auf mein Kriegs-
und Rache-Geschrei die berühmtesten Hel den des französischen Reiches gegen Ludwig
erhoben, und schon hatten sich mit mir des Monarchen Bourbon,
der Herzog
von
der Herzog von Alen^on,
der
Schwager,
Graf von Armagnac, der Sire von Albret, der Graf
von
der
Namür,
der Herzog von
Maine,
Graf,
von
Calabrien,
der
sogar der Herzog
Graf von Dünois und von Bretagne, vereinigt.
Diese ihre
verbündeten Mächte bewaffneten
Vasallen.
*)
Der
Ludwig ward allgemein,
Aufstand
gegen
und alle Kräfte
des Reiches drohten dem Tyrannen zugleich, welcher zum einzigen Verbündeten nur den
Herzog von Mailand,
den bekannten Ba
stard Franz Sforza, aufzuweisen hatte.
An
der Spitze
eines
tapfern
Heeres
fliege ich zum Kampfe, und bald sind Lud
wigs Schaaren vor den Burgundern entflo♦) Dieser Krieg wurde der Krieg des öffentlichen Wohles genannt.
hen.
Don allen Seiten fällt der Lorbeer
auf mein Haupt, und folgt der Sieg meinen
Mein Zug ist
Fahnen.
von Triumphen:
die
eine
nur
Reihe
fränzösischen Städte
öffnen mir ihre Thore: die Völker nennen mich ihren Befreier: ich zerstreue alle meine
Feinde.; ich überwinde alle Hindernisse, ich bin vor den Thoren von Paris; und schon
wird der
Graf von Charolais, von
ganz
Europa Karl der Schreckliche genannt. XI.
Ludwig
kräfte
um
seine
hatte
alle
seine Streit
Hauptstadt
gesammelt.
Eine entscheidende Schlacht ward in der Ge gend von Longjumeau geliefert
Der Kö
nig von Frankreich kämpft hier in Person,
seht öfters sein Leben aus, sinkt von An
strengung
erschöpft mitten
in den
Reihen
nieder; und wird, der Besinnung beraubt, nach dem Schloß von Mont-Cheri gebracht.
Die
Burgunder siegen,
die
französischen
Großen erklären Ludwig XI. des Thrones
entsetzt; und sein Bruder, der Herzog von
-------------- 113 Berry,
im Lager der Verbündeten
wird
zum König von Frankreich ausgerufen.
Zch
belagere
Ludwig
Paris:
verläßt
seine Hauptstadt, und wendet sich insgeheim mit Bitten an mich; er erinnert an unsere
ersten Gefühle; Freund an;
auf meine Rechtlichkeit zäh
und will sich,
lend,
er fleht seinen ehemaligen
er verlangt «ine Unterredung;
ohne Begleitung,
ohne Leibwache,
allein zu mir in mein Lager begeben. Zch hatte nur eben erst die Dahn der
Rache betreten und meine Schritte waren auf diesem,
nicht
für
befestigt
Ludwig XI.
mich neuen Boden noch
genug.
Der
unglückliche
rief mir den flüchtigen Dau
phin zurück.
Sein Brief
mir
entlockte
Thränen und ich glaubte in seinen rühren
den
Ausdrücken den Schmerz,
die Reue
und die Wahrheit zu erkennen;
sein Un
glück erweichte,
sein Vertrauen entwaffnete
mich; die Heuchelei siegte,
dem König: —
ich antwortete
„Zch erwarte dich."
Meine Schaaren waren bei Dercy gelaII.
8
-----------
114
die Trümmer des königlichen Heeres
gert;
setzte
auf der
sich
breiteten
Seine aus. der
andern Seite
der
einem schwachen Nachen
Zn
französische
Monarch über
den
Er stieg allein mitten unter seinen
Strom.
Feinden ans Land;
bis zu
diesem letzten
Augenblick hatte ich an einem solchen Zug
des Vertrauens gezweifelt.
Am Ufer ging
mein Herz schlug unge
er mir entgegen;
stüm: ich fand in seinem ersten Blick jenen Dauphin
wieder,
den ich so sehr geliebt
hatte: eS ist nicht mehr Ludwig XL, eS ist der
theure Gefährte meiner Zugend;
stürze auf ihn zu: — entgegen ?“ fragt er. —
ich
„Wer kommt mir
„Dein Bruder,"
antworte ich, und eile in feine Arme. Elodie, nie werde ich dieses Tages ver gessen;
ich wurde abermals betrogen,
ich war glücklich.
aber
Ludwig spielte mit mei
ner Leichtgläubigkeit, aber ich ipar zufrieden mit nstr selbst.
Zorns,
Zch verließ die Dahn des
ich kam wieder zu edleren Empfin
dungen zurück;
ich fand die schwärmerische
IIS
---------------
Begeisterung
meiner
Jugend,
frühen
nahm mein erstes Leben wieder an.
König
benühte
edle
diese
Constans wurde
Der
Schwärmerei;
leicht erhielt er den Frieden;
von
ich
der Vertrag
unterzeichnet.
Der
Monarch versprach allen französischen Gro
ßen
neue Besitzungen und
neue Würden.
Das Dündniß wurde aufgelöst;
im Triumph
von
und wie
Ludwig bis Villiers-le-
Del, zurückbegleitet, trat ich die Heimkehr Nach Burgund an. Ach!
wenn
einmal
die
Lippen
eines
Kriegers vom Kelche des Ruhms genippt
haben,
so erlischt der Durst nach neuen
Kämpfen nicht mehr in ihm.
Schon hat
ten meine Siege meinen Namen berühmt
gemacht;
ich wollte meinen Ruf noch ver
größern.
Die
Lütticher
bedrohten Bur
gund, ich rückte gegen sie ins Feld, ich un terwarf sie;
das treulose Glück folgte mei
nen Waffen allenthalben, reichte mir nichts als Palmen, versprach mir nichts als Kro»
Il6
-------------
nen,
«nd bereitete mir nichts als
einen
Abgrund.
Unterdessen brach Ludwig ohne Unterlaß den Vertrag von Constans.
Verwirrung
die
Da er geschickt
Theilung
und
in
allen
feindlichen Provinzen und unter alle eifer
süchtigen hatte,
die
Regenten
so fürchtete er kein Dündniß mehr:
seine Arglist
durch
der Zwietracht,
entzündete Fackel
und der durch seine bösen sicherten ihn vor
Anschläge genährte Haß, einem neuen Fürstenbund.
zu
gewußt
auszustreuen
hatte,
fürchten
zeigte
Da er nichts
er sich
ganz offen, treulos wie er war.
damals
Die fran
zösischen Großen, denen er im Vertrag von
Constans Reichthümer und Ehrenstellen ver
sprochen,
verbannt,
wurden
verhaftet,
beraubt und
meine liebsten Freunde wurden
hingeopfert.
Tristan, der Eremit, der Hen
ker des Königs genannt, war der Vollstrecker
seiner Rache. seine
gefiel
sich
darin,
erwürgen
zu
sehen,
Ludwig
Schlachtopfer
und Tristan vermannichfaltigte die Art der
Hinrichtungen, um seinem barbarischen Kö nig desto besser zu gefallen.
Den
Aber
glauben zur Grausamkeit vereinigend, gebot der Tyrann
die Verbrechen,
ordnete die
Verrathereien an, wohnte den
Ermordun
gen bei, und beschäftigte sich dann nur mit Gebeten
und Pilgerschaften,
als Kreuhe
trug
nichts
und Rosenkränze und
schwur
nur auf Heiligenbilder und Reliquien.
Die ersten Hauser Frankreichs,
welche
sich durch frühere Dienste Rechte erworben
hatten, fielen in Ungnade; die Manner, die einen rühmlichen Namen trugen,
gescheut dem
hätten ihn zu
Tyrannen nicht
und sich
beflecken, konnten anstehen,
verächtliche Werkzeuge
verlangte.
bedurfte Große seiner
eigenen
der
nur
Ludwig
Schöpfung,
welche er ohne Furcht zurückstoßen und nach
Gefallen wieder
in
den Staub
schleudern
konnte.
Die dunkelsten
den
den ersten Stellen des Adels,
zu
Bösewichter
den höchsten Staatswürden erhoben:
wur
zu aber
dem Pygmeen gleich, welcher auf die Gip-
xig fei der Alpen gestellt, erhöht ist, ohne grö
ßer geworden zu seyn,
blieb der mächtige
Mann nichts desto weniger der verworfene
Ludwig XI. wollte den Unter
Mensch.
schied der Stände ausgleichen: digte
den Titel,
Die Tyrannen
herab.
er entwür
und setzte die Würden
gern
erniedrigen
Alles, um Alles wieder zu
erheben, und
die Gleichheit sagt der unumschränkten Ge walt zu. Die Staaten
des
Bur
Herzogs von
gund waren von feinen Kundschaftern bevöl kert.
Auf
ihren
Stadt Dinan:
Ruf empörte
mein Vater
die
befahl mir,
gegen die Aufwiegler zu ziehen;
gerte ihre Veste.
sich
ich bela
Stolz darauf, von Lud
wig unterstützt zu werden,
auf dessen Bei
stand sie harrten, trugen sie unverschämter
das
Weise
Vaters,
umgestaltete
Dildniß
auf einem Bett von
meines
stinkendem
Schlamm liegend, auf ihren Wällen herum, und
schrieen den
Burgundern
unter
den
Mauern des Platzes zu:
den Thron eurer
Diese Empörung, in Frankreich Früchte
des
also
war
dies
der
„Sehet hier
—
herzoglichen
Kröte!" *)
dieser Krieg, und die
verübten Greuel,
waren die
Sieges von Constans.
der Preis
Lohn
meiner
einer
edlen
Das
Rechtlichkeit,
Handlung!
meine Tugenden fingen an mir als Schwach heiten, und meine großmüthigen Thaten als unverzeihliche Schwachheiten zu erscheinen. Die Stadt Dinan widerstand noch im
mer,
aber ihr Fall wurde gewiß.
über die Gefahren,
Um sie
welche ihnen drohten,
zu belehren, schickte ich den Empörern einen
Unterhändler; sie ließen ihn hängen. schrieb ihnen, durch
ein
und sandte
Ich
Brief
Kind, welches wenigstens
Alter schützen sollte;
erregen und mich
sein
sie ließen es unbarm
herziger Weise ermorden.
zu
meinen
Um meine Wuth
zum Verbrechen
‘) Siehe alle Geschichtschreiber.
zu
schienen alle höllischen Gewalten
zwingen,
gegen mich verbunden zu seyn.
Bald ist die treulose Stadt aufs Aeus-
serste
Ihrer
gebracht.
keine Hoffnung mehr;
bleibt
ihre Mauern stürzen
Setten zusammen: ein Haupt
von allen
sturm ist angeordnet.
Nun, aber zu spät,
die Einwohner
werden
Besatzung
den Abgrund ge
wahr, welchen sie sich durch ihren Wahnsinn gegraben hatten;
sie
sind gezwungen, sich
auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Zndeß rächte ich mich noch nicht.
Zeh
hatte die Festung in Besitz genommen und
harrte
der
Entscheidung
meines
Philipp war in Douvines;
Zerstörung der
Vaters.
er befahl die
ganzen Stadt und
zeichnete das Todesurtheil aller
unter
ihrer Be
wohner.
Hier fangen die Greuel und Grausam
keiten meines Lebens an.
Zch gehorchte
den Befehlen meines Vaters. Greisen,
Außer den
Weibern und Kindern, welche ich
aus der eroberten Stadt jagen ließ, wurde
die ganze Bevölkerung DinanS umgebracht. Immer
zwei
achthundert
zwei
an
der
Mosel gestürzt,
gebunden
wurden
Hauptaufwiegler in
die
und die geplünderte Stadt
von den Flammen verzehrt. Kurze Zeit nach dieser unseligen Bela
gerung starb Philipp, und meine Thronbe-
steigung ward durch einen gräßlichen Mord
bezeichnet chen l
0 Jungfrau von Unterla
meine Feder
mir in dieser
versagt
Darstellung
entsetzlichen
Ihr werdet schaudern...
fortzufahren...
Ach! und
doch
muß ich sie vollenden, auch darf kein Ver
brechen meines Lebens verborgen bleiben. Ich begab mich nach Dijon, wo mein
Vater begraben worden war.
Ludwigs XI.
Gold und seine Arglist hatten hier gegen
mich alle Gemüther erregt,
während die
Lütticher durch ihn von Neuem gelt,
den
ergriffen,
aufgewie
die Waffen
Frieden
brechend,
und sich
Hape's an der Mosel
bemächtigten.
Zu neuen Auflagen und neuer Truppen-
Zusammenziehung gezwungen, wollte ich eben «inen neuen Krieg beginnen, als sich Spu
Empörung in meiner Hauptstadt,
ren der
und
in
sogar
offenbarten.
meinem Heere
Da erschien eines Tages Graf von Saint
Maur,
der
von den Soldaten angebetete
Feldherr, vor mir.
Streng,
fast drohend
tadelte er meine Entschlüsse und widersetzte sich
meinem
bekämpfen.
Vorhaben,
die Lütticher zu
Nie indeß gab es einen recht
der Feind,
mäßigern Krieg;
welcher mich
angriff, hatte zweimal seine Verträge gebro zweimal seine Schwüre
chen,
und
mein
über
die
beständig Maurs
mir,
war
Zorn
Treulosigkeit, gewesen
war,
Rathschläge
verrathen,
gerecht.
Erbittert
deren
Opfer ich
Saint
stieß ich
mit Entrüstung
von
und sogleich verlangte der Graf seine
Entlassung. —
„Wie!
ihn sich entfernen sah,
rief ich,
als ich
er nennt sich mei
nen Freund und verläßt mich in den Ta
gen der Gefahr!" Plötzlich verkündet mir ein entsetzlicher
im Schloßhof selbst
entstandener Tumult,
daß so eben eine Meuterei ausgebrochen ist;
meine Leibwache bekämpft die Rebellen und unter dem Geschrei der Stürmenden unter scheide ich den Ruf: —
„Tod dem Ty
es lebe Saint Maur!"
rannen !
dem Verrath
der
Und an
gewöhnt,
Freundschaft
zweifle ich keinen Augenblick, daß der Graf für mich ein anderer Ludwig sey:
meine Rüstung an und eile,
ich lege
von mehrer»
Rittern begleitet, mich mit meinen Verthei digern
zu
vereinigen.
Auf der
begegne ich Saint Maur'n,
Treppe
welcher
auf
mich zustürzend, mich zurückhalten will. —
„Verräther! laß mich!" mals tönt jener
widrige
sagte ich.
Aber
Ruf zu meinem
Ohr und mein Kopf verwirrt sich...
Ich
sehe in dem mich aufhaltenden Grafen nur einen Mörder,
der mich durchstoßen will:
und ihn mit Wuth zurückstoßend, zeige ich
ihn meinen Kriegern mit den Worten: — „Hier nen!"
ist
das Oberhaupt der
Und
augenblicklich
Verschwor-
von
meinem
grausamen
wird Saint
Gefolge umringt,
Schwertstreich
Maur von einem
tödlichen
getroffen.
für Verbrechen eifrige,
Feige,
und scheinbar dem Fürsten und Vaterland dienende Höflinge,
beeilten sich einen Feld
herrn zu opfern,
dessen strenge Tugend sie
Elodie!
euer unglücklicher Vater
haßten.
sank todt zu meinen Füßen nieder;
aber
meine Hand wenigstens, ich rufe den Him
mel zum Zeugen an, hat sich nicht mit sei nem Blute befleckt. Zch erscheine mitten
unter den Empö
rern, ich kämpfe, und schon habe ich gesiegt. Aber der Mord war dem Sieg vorangegan
gen.
Gezwungen,
den Augen
Saint Maurs Tod in
meines Hofes zu rechtfertigen,
obgleich nur halb von des Grafen Treulo
sigkeit überzeugt,
ließ
ich sein Gedächtniß
durch ein entehrendes Urtheil beschimpfen; alle
seine Güter wurden eingezogen,
feine unglückliche Wittwe eilte,
und
den Ueber-
rest ihres Lebens in ferner Verbannung zu
verbergen.
Dreißigtausend
bedrohten
an
der
die Lütticher
Zahl
stark,
noch
meine
stets
Endlich rückte ich gegen diese
Provinzen.
dreisten Friedensstörer und trug einen voll»
Die Stadt
ständigen Sieg über ste davon.
Saintron fiel in meine Gewalt,
Tongern
ergab sich auf Gnade und Ungnade;
überall
befleckte ich
meinen
Ruhm
aber
durch
meine Rache. Zch kehrte in meine Hauptstadt zurück, wo
eine
tiefe Ruhe
die Unruhen erstickt,
ich hatte
herrschte; meine
Feinde unter
jocht, und glänzende Feste warteten zu Di
jon des Siegers.
Mein Volk
mit Begeisterung wieder.
sah mich
Zch versammelte
einen schimmernden Hof um mich, wohin ich Spiele und Belustigungen berief. sah Irenen wieder,
Zch
und die schöne Erbin
von Arovtlle erlangte ihre alte Gewalt über
mich. Elodiel
soll ich
rrn! — Zch
es
wagen
fortzufah-
umgarnte Herstall's
mit allen Verführungen
Tochter
des Ruhms
und
der Liebe.
zum
sie
versprach ihr,
Zch
Altar zu führen, sobald es mir die politi
schen Umstande erlauben würden: ich gelobte ihr
ewige
glaubte meinen
Zrena
Treue;
Schwüren, und aus dem väterlichen Hause fliehend ergab
sie
sich mir
in der Verborgenheit
vertrauensvoll
eines Burgundischen
Schlosses.
lehrte
Damals
mich jeder
Tag
kennen,
Ludwigs
Treulosigkeiten
neue
welcher
Prälaten, Abgeordnete und Krieger zu Tour versammelnd,
so
eben
ConflanS rechtsförmlich,
den
Vertrag
als durch Gewalt
und Rebellion erzwungen,
vernichten ließ.
der mir
Eduard, der König von England, vorschlug,
von
seine Streitkräfte mit den mei
nen gegen den meineidigen Monarchen zu vereinigen,
trug
mir zugleich die
Hand
Margarethens von York, seiner Schwester, an;
die Liebe widersetzte sich dieser glän
zenden
Vermählung,
aber
meines Volkes heischte sie.
der
Vortheil
Die Staats«
tunst und der Ehrgeitz erhoben gebieterisch
127
---------------
ihre
Stimme in
meiner
wurde aufgeopfert.
Brust;
Irena
Zch eilte der Prinzes
sin von England entgegen; und bald darauf empfing die Kirche zu Dain den Schwur
der Vermählten.
stehle
Wenige Tage nach der Trauung
ich mich heimlich weg
welches Zrena bewohnte.
Schlosse, geachtet
und fliege zu
getroffen,
verbergen,
Ohn-
die
Vorsichtsmaßregeln,
der
dem
ich
meine Unredlichkeit zu
um ihr
hatte die Erbin von
Aroville
alles entdeckt, und war noch die nemliche
Nacht verschwunden. tief,
meine
Mein Schmerz war
Nachforschungen
fruchtlos;
Zrenens Schicksal blieb mit einem undurch dringlichen Schleier bedeckt.
Bei der Nachricht von
dem
Beschluß
der Versammlung zu Tour, hatte ich Lud wigen den Krieg erklärt, und meine siegge
wohnten Schaaren in eigner Person anfüh rend,
überschritt
ich
die Grenzen
seines
Reiches und die Feindseligkeiten begannen.
Das französische Lager,
wo der Schrecken
herrschte, war vor lyir; die Schlacht mußte
entscheidend
Da,
seyn.
werdet ihr
es
glauben, Elodie! schreibt der Sohn Karls
VII., den Ausgang des Kampfes fürchtend,
abermals.einen Friedensbrief an seinen ehe maligen Bruder; verlangt eine neue Unter
redung zu Peronne, der
Burgunder
ihm;
und
befindlichen
Stadt,
hat noch
Karl
Schwachheit,
einer, in der Gewalt einmal
mit die
darein zu willigen und ihm
Gehör zu geben. Ludwig verließ sein Heer, ohne
Begleitung
und
begab sich
Vertheidigung
zu
mir, und fing schon mit seiner unwider stehlichen Kunst an,
räthereien,
rechtfertigen,
sich von seinen Ver-
Meineiden und Mordthaten zu
als
mir
ein
Eilbote
die
der durch
Frankreich
besoldeten Lütticher überbrachte;
ich erfuhr,
plötzliche Empörung
daß am nemlichen Tage,
wo mich Ludwig
schriftlich um die bewilligte Zusammenkunft
bat,
er durch ein anderes eiliges Send
schreiben Lüttich gegen mich aufwiegelte.
kannte
Meine Wuth
mehr.
keine
Grenzen
Ludwig war in meiner Gewalt; ich
drückte ihn mit dem ganzen Gewicht mei
nieder;
ner Entrüstung
ich
gab ihm
ich drohte sogar sei
pfendsten Beinamen;
nem
Umsonst
Leben.
feine Unschuld, entfernt
weit
haben, fechten;
nes
die
die beschim-
beleidigendsten Benennungen,
betheuert
Ludwig
umsonst schwört er,
die
er bereit
bewaffnet
Lütticher
sey selbst
daß,
gegen
zu
ste zu
nichts vermag die Heftigkeit mei
Zorns
Monarchen
zu mäßigen. als Gefangenen
Zch
den
halte
zurück,
und
überlasse ihn seinen Gewissensbissen. Einige Tage waren so verflossen.
Von
den Fenstern seines Gefängnisses aus konnte Ludwig den schrecklichen Thurm sehen, wo
Graf Herbert von Vermandais, 92g
hatte,
lor.
Karln
den
Einfältigen
im Zahr eingesperrt
welcher dort Krone und Leben ver
Die Schande,
das Entsetzen,
die
Verzweiflung zerrissen seine Seele wechsels
weise.
II.
Es stand nun bei mir, ihn
vom o
Thron herabzuflürzen, zu krönen,
oder
ums Haupt
zu
meine
Siege, erlaubten
einen seiner Brüder
mir selbst sein Diadem winden.
Macht
mir
jede
Meine frühern
und
mein Name
Unternehmung
sicherten mir jeden Erfolg.
und
Damals konnte
von mir die Gestalt Europa'-
ein Wort
betretnen
Sollte ich aus der
verändern.
Dahn des Verbrechens zurückweichen!....
Es war mir leicht, während ich mich der Staaten
meines
Gefangenen
bemächtigte,
Ludwigs Bestrafung durch seine Treulosig-
keilen, und die ungerechte Anmaßung durch
den
Ruhm
zu
rechtfertigen.
Frankreich
hätte den kühnen Eroberer bewundert, und
die Flecken des Verralhes wären unter dtn Palmen des Sieges verschwunden.
Heftig bestürmt, wagte ich noch gegen die Macht der Ungerechtigkeit zu kämpfen, welche sich stufenweise meiner Seele bemäch-
tigte. mel
Da ließ zum letzten Mal der Him einen schützenden
Strahl auf Karin
fallen; ich stürze in das Gemach- wo, dem
--------------Entsetzen
hingegeben,
131
der Monarch
sein
Urtheil erwartete. Ist eure
Neue aufrichtig?
Ist es wahr, daß
rufe
ich.
nicht ihr die Lütticher
gegen mich bewaffnet hattet?
daß mir zu folgen bereit,
Ist es wahr,
ihr gesinnt seid,
gegen sie zu fechten? Meine Stimme war unglückweissagend,
mein Blick wüthend, meine Geberden dro» hend;
die Gnade war in meinem Herzen,
aber der Zorn auf meiner Stirne.
Der
überraschte
Ludwig
spricht jeden
Schwur aus, den ich verlange;
wird auf das Kreutz Karls
der Friede
des
Großen-'
beschworen; und der König von Frankreich
zieht in meinem Gefolge gegen die Lütticher
zu Felde.
Wie
ein unterwürfiger LehnS»
mann steckt er mein Zeichen auf, unter meinen
Fahnen;
und
mein
kämpft Heer
gelangt nach mehreren errungenen Vorthei»
len unter die Mauern von Lüttich. Zn diesem Zeitpunkt bemerkte ich unter
den
Burgundischen
Helden
vorzugsweise
den jungen Eckbert.
Für die Ehre begei
stert, hatte er sein Haupt überall mit Lor-
beren
bedeckt,
wo
sein Arm
gefochten.
Eckbert schien mir würdig mein Waffenbru der zu seyn;
ich näherte ihn meiner Per
son,
ich überhäufte ihn mit Auszeichnun
gen,
und ernannte ihn zum Grafen von
Norindall.
Seine
Bewunderung
Tapferkeit ging bis seine
Ergebenheit
meiner
zur Schwärmerei und
bis
zum
Sein Herz war so rein,
Fanatismus.
wie seine Phan
daß
tast« glühend.
Eckbert ward gewahr,
ich ihn liebte,
und von diesem Augenblick
an
wurde
die Anhänglichkeit
für
seinen
der Mosel
harrte
Fürsten eine Art von Abgötterei. Aber an
den Ufern
des schuldigen Karls die erste Strafe des
Himmels.
Nicht weit
von den Mauern
der belagerten Stadt, ritt ich, von Eckbert
und mehrer» Rittern begleitet, durch einen
dichten Wald. Erde:
Tiefe
Nacht
verhüllte
die
von dem rechten Weg abgekommen,
erblickt« ich von weitem,
zwischen Fichten
hindurch, ein Licht,
worauf ich zulenkte:
da erhob sich ein altertümliches Gebäude. «Ich
birre für
einige Stunden um
freundschaft,
sagt
Kein Gebieter,
Gast
ausgenommen.
werde
und
man,
Haus in diesem Augenblick,
bewohne
das
dennoch
und
beweisen uns eifrige Diener die ausgezeich netste Sorgfalt.
Man hatte mich in ein weites und düste res
geführt.
Gemach
erschöpft
werfe
auf mein Lager hin; erquickender
Von
Müdigkeit
mich völlig gewappnet
ich
und bald schließt ein
Schlummer
meine
schweren
Augenlicder.
Auf einmal werde ich durch ein leises Geräusch geweckt:
bei dem blassen Schein
einer verlöschenden Kerze, sehe ich vor mir
die dunkle Tapete des geheimnißvollen Ge machs sich bewegen: sie öffnet sich.... und
bald tritt aus dem
hervor.
eine
weiße
Dunkel
der
verschleierte
Gestalt
schwarzen
Malerei
Eine Lampe in der Hand, schwei
gend wie ein irrendes Dunsigebild,
nahet
mir bk Unbekannte aus
heS Saales. ßen
schienen
Arme,
dem Hintergrund
Ihre nackten, blendend wei durchsichtig
der
wie
ihre langen schwarzen un
Opal Arabiens;
ordentlich umherfiiegenden Haare, ihr farb loses,
von
Angesicht,
einem leichten' Flor verdecktes die Langsamkeit ihrer Bewegun
alles an ihr war geisterhaft.
gen,
Ihre
ätherischen Formen würden die Augen ent
zückt haben, wenn nicht etwas Unheimliches und UebernatürlicheS über sie die Farbe des
Grabes auSgegossen hätte.
Meine brennende Hand ten
erstarrten
mit ihrer kal
Hand berührend,
ihren Schleier empor, ihrem Gesichte;
hebt
sie
bringt die Lampe zu
und mir
unter den von
Schmerz entstellten Zügen, den schrecklichen
Schatten einer himmlischen Schönheit zei gend:
„erkenne,
wenn
du
es
vermagst,
spricht sie, die junge, die schöne, die glan zende Erbin von Aroville!
Siehe,
du aus ihr gemache hast!....
dein Werk!"
was
Betrachte
— »Irena!"
zend.
rufe ich, auf sie zustür
„Folge mir," sagt die Unglückliche;
und flieht
leicht- wie eine Nebelgestalt, di«
«in schneller Windhauch dahin treibt, durch
einen geheimen Ausgang vor mir her. Ohne
zu
bemerken
wohin
Weg
der
führt, folge ich eiligst ihren Schritten und bald sehe ich
behangenen,
sie in einer weiten,
von
schwarz
erhellten
Grabeskerzen
Rotunde, vor einem Sarg, den ein Trauer
himmel beschattet, stern Schein
stille stehen.
Beim dü
der Kerzen betrachte ich Zre-
nen: welche entsetzliche Verwandlung. Kaum schien ihr erstarrtes Herz noch zu schlagen;
auf ihrer bleichen Stirne
Wahnsinn: regungslos;
ihre
weißen
malte
Lippen
sich
waren
man hätte sagen können,
kein Blut mehr
in
ihren
der
daß
Adern kreise;
kein Hauch schien mehr aus ihrem stummen
Mund zu gehen;
ihr Augapfel war unbe
weglich; und ihr Blick, hell und starr, der nichts Menschliches hatte, auch nicht dem Himmel an.
gehörte dennoch
Tochter lächelt endlich bitter,
Herstavs
vnb Idas Leichentuch aufhebend, spricht sie
zu mir...
„Dies ist nicht das Drautbett
deiner Gattin,
es ist die glückliche Wiege
deines Sohnes."
Und in
der Tiefe des Sarges erblicke
ich den gräßlichen Leichnam eines Kindes.— „Er schläft, sagt Zrena zu mir. edler Sohn Burgund's!
den
deiner Unschuld!"
Heil und Frie
Dann
zuckendem Lächeln anblickend r — wahr,
Karl!
er
Zunger,
schläft?...
mich mir
„Nicht Ach!
er
betrügt nicht, er!"....
Verzweifelnd, außer mir, stoße ich ein Jammergeschrei aus, und stürze zu den Fü
ßen meines Opfers nieder. —, „Der Barbar! schreit Zrena, er hat seinen Sohn aufgeweckt.... auch noch
erwürgte. —
Wenn er ihn
Das Ungeheuer!
sollte ihm die Mutter nicht genügt haben."
Und
den
Sarg
umstürzend
löscht
sie
schnell alle Kerzen aus- und verschwindet in
der Finsterniß.
------------ -
137
Wie von den Furien verfolgt, stoße ich ein
durchdringendes
fähr
Geschrei
Gänge;
finstere
Zch
aus.
ich durchlaufe' aufs» Ohnge-
suche Irenen;
und
sinke
endlich,
bei einem mir unbekannten Ausgang ohne Bewegung hin.
Als ich meine Sinne wieder
erlangte,
fand ich mich von Eckbert und meinen Rittern umgeben, die mein Geschrei herbeigezogen
Keiner
hatte.
von
Trauersaal gekommen,
war
ihnen
den
in
das Ereigniß
und
der Nacht blieb ein Geheimniß für sie. Die Morgenröthe war wieder angebro ein Eilbote brachte mir die Nach
chen:
richt, daß'in diesem Augenblick ein Ausfall der Lütticher, Schrecken im burgundischen
Lager
verbreite.
Behausung tümmel Tage
Zch verließ die unselige
und eilte,
des
nachher
Kampfes
den Tod im Ge zu
suchen.
war Herstalls
Drei
unglückliche
Tochter nicht mehr. Der Hauptsturm auf Lüttich ist befoh
len.
Einer der Ersten dringe ich über die
Mauerlücken hinein:
alles flürzt
unter
der grausame,
alles flieht vor mir;
meinen Streichen,
und
durch Wuth und Verzwei
giebt der
felung gänzlich verwirrte Karl,
erschrockenen Welt das Schauspiel von der
Ermordung einer ganzen, geflüchteten Bevölkerung,
einer unermeßlichen,
die Kirchen
in
der Einäscherung
das
des
Erbarmen
und von
Siegers anflehenden Stadt,
der
völligen Zerstörung eines Bodens, der nichts als
mehr
Trümmer
übereinandergestürzte
auf einem See von Blut darstellte.
rend dieses gräßlichen Blutbades,
Wäh-,
während
das Schwert der Burgunder die Unglücklt» chen
würgte,
denen
Karls
Sohn
VII.
Hülfe versprochen, die er hatte aufwiegeln
speiste
lassen,
dieser
Ludwig
XI.,
seine
Schande und Vorwürfe verschlingend, ruhig
bei dem
Schein der Flammen, welche die
Stadt verzehrten, rend
das
zu Mittag;
herzzerreißende
und wäh
Geschrei
Schlachtopfer an sein Ohr schlug,
de» Ruhm dieses Tages.
seiner
priest er
forderte der gefangene
Nun
seine Freiheit zurück, meine Pflicht,
Er nahm
Monarch
und ich hielt es für
ihm wieder zu geben.
sie
in
den Weg
Hauptstadt
seine
zurück, und bezeichnete seine Wiederkehr zur Macht durch neue Grausamkeiten.
liebster Günstling, La Dalue, Müllerknecht
erhoben
zum
hatte,
Bischof
Sein
den er vom
und
Kardinal
auf seinen Befehl
wurde
verhaftet; und in einem eisernen Käfig von
8 Schuh ins Gevierte, der sich im Mittel punkt eines Thurmes befand,
auf den Tod, der
harrte der Unglückliche
nach
ii
feiner
Qual
ein
Ende
Seiner Rache freien Lauf gestat
machte. tend,
Jahren
eingesperrt,
ließ Ludwig
den
Grafen
von
Ar
magnac erstechen, die Gräfin seine Gemah
lin
aufs
mächtigsten
grausamste
ermorden,
Großen des
und die
Königreichs Ver
brechern gleich zum Tode schleifen.
Dann,
um die Treulosigkeit aufs Höchste zu trei
ben, berief der König von Frankreich, dem
ich so oft verziehen hatte,
aufs Neue eine
Versammlung
Notablen
der
zusammen,
und lud mich als Verrather und ungetreuer
Vasall, davor zu erscheinen.
Dann ließ er
mich durch ein entwürdigendes Urtheil der Pairskammer
schuldig
Majestäts - Verbrechens
des
melt;
erklären.
und überführt
hatte damals mächtige
ich hingegen
Ludwig
Streitkräfte gesam
meine Heere ausein
ander gehen lassen; und mitten im Winter
brachen
die Franzosen
in
Staaten
meine
ein. Zch greife wieder zu den Waffen, dränge meine Feinde zurück,
siege abermals
und
ziehe gegen die Picardie heran, wo Eduard,
der König von England und treuer Freund der
Burgunder,
eine
Landung
bereitete.
Der von seinem Bruder Ludwig unwürdig
behandelte Herzog
von
Guyenne,
meldet
mir, daß er sich mit mir gegen den gemein
samen Feind vereinige und seine Schaaren rücken
auf Paris an.
wechselsweise von Karls
andere,
Mehrere
Sohn
betrogene
Fürsten vergrößern den neuen Bund^
Lud-
--------------- 141
wig schien ohne Hülfe verloren;
aber der
Himmel, oder vielmehr die Hölle stand ihm Ein vergifteter Pfirsich wurde dem
bei.
Herzog von Guyenne gereicht;
und nach
heftigen Schmerzen gab dieser Fürst seinen
Geist auf. dieses
feigen
Ganz
Europa klagte Ludwig
Brudermordes
an,
welcher,
einen tödlichen Schmerz vorgebend, neuntä-
giges öffentliches Gebet verrichtend, bei die»
ser Gelegenheit das Angelus *) einführte. Damals hatte ich die Grafschaft Pfirt
und Elsaß mit Burgund vereinigt; ich fügte noch die Grafschaften Macon und Auxerre,
Artois,
das Herzogthum Geldern und Züt»
phen, mehrere Städte an der Somme bei, und war einer der mächtigsten Fürsten des festen Landes geworden.
Flandern und Hol
land gehörten mir; ich hatte meine Staaten
gegen Deutschland hin bedeutend ausgedehnt; und grenzte an Lothringen.
•) Der Herzog von Guyenne war beim Unter gang der Sonne verschieden.
1*1 Margarethe von Virk lebte nicht mehr, ich
hatte nur ein Kind, und Maria war die einzige Erbin
meiner
weitläuftigen
Besitzungen.
Der Kaiser Friedrich sprach mich für seinen Sohn um die Hand dieser Maria, noch bei
geringem Alter an; und um diese Vermäh lung von mir zu erhalten,
fordert er mich,
meinem Ehrgeitz schmeichelnd, auf, die Ero berung Lothringens zu
unternehmen, ver
spricht mir durch einen geheimen Vertrag,
meine Staaten zum Königreich zu erheben,
und mich als König des Gallischen Belgienauszurufen.
Durch solche Hoffnungen verführt, wil lige ich in die gewünschte Verbindung.
Der
Tod des Herzogs von Guyenne hatte den
gegen Ludwig gebildeten Fürstenbund aufge« lößt; ich verlasse die Picardie.
Durch Lud
wigs Anstiftung hatte der Herzog von Loth
ringen meine Grenzen
bedroht; ich werfe
mich auf seine Schaaren: bald ist seine ganze
Provinz unterworfen;
belagert.
und
Nancy
schon
Als der König von Frankreich
9tene
gegen
mich
bewaffnete,
hatte
er
geschworen, ihm in eigener Person beizuste hen und zu vertheidigen. chungen!
Eitle Verspre
Weder Ludwig, noch seineKriegS-
völker erscheinen um ihm zu helfen, und ich ziehe siegend in Nancy ein.
Um einen Eroberer zu stürzen, bedarf eS nichts als eine ununterbrochene Reihe glück
licher Begebenheiten.
Von der Gunst deS
Sieges überhäuft, hielt ich mich für unüber windlich.
Zch
hatte
Dorbilde gewählt.
mir Hannibal zum
Wie er,
nahm ich mir
vor, über die Alpen zu gehen; und sah mich
schon im Geist Herr über Italien, eine-
Theiles von Frankreich und dem mittäglichen Deutschland.
Meine Krönung als König der Galli schen Niederlande sollte zu Trier statt haben,
wo mich der Kaiser Friedrich erwartete. Auf dem Zuge nach dieser Stadt,
bereitete ich
mich, mich eines Theils von Helvetien zu bemächtigen.
Vom
glänzendsten
Gefolge
begleitet, mit Scepter und Krone versehen.
brach ich
auf.
Die Schweizer Kantone
schickten mir, von meinem Vorhaben unter
richtet, Abgeordnete entgegen, um Gerechtigkeit
anzuflehen. —
meine
„Was hofft
ihr in unserm unfruchtbaren Lande zu gewin nen? sprachen sie.
Alle unsere Reichthümer
zusammen sind" nicht die Zäume eurer Rosse,
noch die Sporen eurer Ritter werth." Vergebliche Bitten! ich bin vor den Tho
ren von Granson.
Ohngeachtet eines hart-
«äckigen Widerstandes,
Hindernisse:
die
Stadt
Gnade und Ungnade.
übersteige ich alle ergiebt
sich auf
Ach! im Taumel des
Siegs ließ Karl, damals der Kühne genannt, die eine Hälfte ihrer Einwohner aufhängen, die andere in den Neuenburger See stürzen. Aber, weit entfernt, die Schweitzer zu
schrecken und zu
unterwerfen,
wie ich es
gehofft hatte, empörte diese barbarische That ganz Helvetien gegen mich. —
„Die Be
wohner des Gebirges, sagte man mir, nahen sich durch die Rache geleitet." —
»Sie sind
nicht
thöricht,"
so
*)
ich.
antwortete
Dann anstatt sie in der Ebene zu erwar
ten, wo meine Reiterei allein sie vernichtet hätte,
setze ich meinen Weg mitten durch
die Alpen fort,
und
vertiefe mich in die
engsten Pässe. Mit blindem Vertrauen ziehe ich durch
von fast senkrecht bis in die
eine düstere,
Wolken ragenden Felsen eingeklemmteSchlucht, Auf einmal erscheinen auf den
vorwärts.
Gipfeln dieser drohenden Klippen die Ge
birgsbewohner.
Sie
ihre
überschütten
Feinde mit einem Hagel von Pfeilen, wäl zen Felsentrümmer herab, und bringen Un
ordnung Reihen
und
Verwirrung
des Heeres.
Burgunder
den
Paß
in
Eiligst
die
ersten
wollen
durchziehen:
die eine
schwere eiserne über den Weg gezogene und
an beiden Seiten in den Granit befestigte
Kette, **) hält die Unglücklichen auf, die
*) Man sehe alle Geschichtschreiber. *♦) Diese Kette ist noch vorhanden, und wird II. 10
von allen Höhen niedergeschmettert werden und
ohne
überwunden sind,
können.
kämpfen
zu
Pferde und Reiter werden nieder
gerissen, ein Haufen von Leichnamen hemmt
den
Weg;
das
Entsetzen
bemächtigt sich
aller Gemüther; die Stimme der Anführer verhallt; die Schaaren lösen sich auf,
Unglück
steigt
und
die
Niederlage
das wird
allgemein.
Sette,**) Geschütz, Knegsgeräthe, Schätze,
Scepter, Mantel,
Krone, alles fällt in die
Gewalt der Bergbewohner. ler Reichthümer,
Werth
sie
halten sie das Silbergeschirr
kennen,
Zinn,
deren
Herren so vie
nicht
für
und verkaufen die prächtigen Zeuge
und Gewänder, die sie nicht zerrissen,
um
von den Schweizern mit Stolz den Reisen den gezeigt. *)
Noch bewahrt man
zu Bern die Tapeten,
welche das Zelt Karls des Kühnen zur Zeit seiner Niederlage in der Schweitz bildeten.
Sie
sind
als
eine Arbeit des fünfzehnten
Jahrhunderts sehr merkwürdig.
den schlechtesten Preis.
Einer meiner Dia»
manten für Glas hingegeben, wurde einem
Priester der Gegend für einen Gulden über
lassen. *)
Zweimal,
an diesem Unglücks
tag, hatte ich Eckberten das Leben gerettet» Gegen Abend floh ich, getrennt von ihm,
von all den Meinigen verlassen durch die
Berge; und Burgunds Held,
Schrecken,
verwundet
und
Frankreichs
der Mann der Siege,
umherirrend,
fiel
hülflos
endlich
bewußtlos bei einer Druideneiche, auf feind
lichem Boden, am Ufer eines unbekannten
Stromes nieder. Wer vermöchte meine Verzweiflung zu
schildern!
Meine
Siege,
ich konnte es
mir nicht verhehlen, hatten den Neid aller
Fürsten,
die
meine Nebenbuhler
waren,
erregt.
Sie staunten mich an und haßten
mich.
Gedemüthigt
*)
und
überwunden.
Er ist jetzt der zweite Diamant in der fran
zösischen Krone, nen geschätzt.
und wird auf zwei Millio
hörte ich schon zu meinem Ohr das Zauch-
zen des ganzen Europa's dringen. sah
ich
Anbeter
die feigen
des
Schon Glückes
sich untereinander verbinden, um den gestürz ten Sieger noch mehr zu beugen.
Mich sinnlos am
Fuß eines einsamen
Felsens auf der Erde wälzend, rief ich laut
den Tod
tobtf meine Raserei in
herbei,
Gotteslästerungen aus.
Plötzlich
ein dichter Schleier die Natur; mel verfinstert,
verhüllt der Him
mein Sinn verwirrt sich;
das Wasser des Stromes dünkt mir blutig;
die Aeste des Waldes, über meinem Haupt schwebend,
scheinen
mir Dolche zu seyn;
statt der Felsenklippen sehe ich Leichenhau fen,
statt Gras und Schilfrohr, aus dem
Abgrund
emporgestiegene
mit Entsetzen
harre
ich
Flammen;
und
des nächsten Au
genblicks.
Ein bläulicher Dunst häuft und verdich
tet sich am Ufer des Stromes;
wind bewegt ihn,
er
der Nacht
dehnt die formlose
Wolke aus, er verlängert sie;
und der un-
sichtbare Bildner zieht ein riesenhaftes Ge
rippe daraus.
Bei diesem entsetzlichen An
blick, schallt ein Schreckensgeschrei aus dem
Walde,
die blutige Welle kocht,
Blitz zuckt in
den
Lüften.
ruft die Erscheinung,
—
und der
„Karl!
dein Reich ist aus.
Von Unglück zu Unglück,
von Strafe zu
Strafe, von Abgrund zu Abgrund wirst du bis ans Grab stürzen."
So spricht sie, Wolke zerreißt;
der Donner kracht, die
und das
entsetzliche Ge
sicht ist verschwunden.
Bei der Nachricht
meiner
Niederlage
überließ sich indessen Ludwig den Ausbrü chen einer unmäßigen Freude.
Der junge
Herzog von Lothringen befand sich an sei nem Hof; er versah ihn mit Truppen, und diene brach nach Nancy auf.
Französische
als Mönche verkleidete Kundschafter bega
ben sich in die Schweitz, predigten allent halben einen Kreutzzug gegen die Burgun
der; und die ganze Bevölkerung Helvetiens
waffnete sich auf den Ruf der Rache und Freiheit.
Ob ich daran dachte mich zu vertheidi gen? ob ich mich damit beschäftigte, meine Soldaten
wieder
zu
sammeln?
ob
meine Seelenstärke wieder fand? nein.
schreckliche
Erscheinung
Bleich,
mein Wesen gänzlich umgewandelt.
mit zerstörtem Blick,
zerrissen,
mit
dem
Die hatte
Strom
am
ich
von Gewissensbissen Siegel der göttlichen
Verwerfung gezeichnet,
gestaltete ich keinen
Plan, hatte ich keinen Gedanken mehr; ich blieb ganze Stunden bewegungslos,
Worte, ohne Erinnerung;
und brach dann
plötzlich wie ein feuerspeiender Berg, der tiefsten Ruhe,
Verwünschungen,
in
ohne
einen
von
Strom von
der glühenden Lava der
Verzweiflung, aus. In einem dieser Anfälle
von Geistes
zerrüttung wollte ich mich, gegen den Rath aller meiner Ritter,
ohngeachtet
theilhaften
der
Stellung
der vor-
Schweitzer
ihrer Ueberzqhl, dennoch schlagen;
und
und der
151
------------- -
Ueberrest meines HeereS kam an den Ufern des Murter-See's um. den
Gebeinen
meiner
Dort wurde, von
kommenden
das
Burgunder,
furchtbare Denkmal errichtet,
Jahrhunderten
den
welches
meine Raserei
und meinen Wahnsinn bestätigen sollte. Wie die Siege einem ersten Sieg,
so
folgen die Unfälle einem ersten Unfall nach. Leicht hätte ich retten,
noch meine
übrige Macht
und einen Theil meiner Eroberun-
gen erhalten können.
Meine Gegenwart,
meine Tapferkeit, mein Name genügten, um
noch immer der Erde Achtung einzuflößen. Europa,
mit
erwartete
Kraft-Anstrengungen
meiner
Kühnheit
bekannt, des
Ge
nies; und ich blieb unthätig, in die Dumpf
heit
der
Vernichtung
versunken.
Man
hätte sagen können, ich suche eine Art von
Ruhm darin, mich eben so unbegreiflich im Mißgeschick als im Glücke zu zeigen. hatte glauben
können,
daß
ich
Man
stolz auf
meine Widerwärtigkeiten wäre, wie ich es auf meine Triumphe war; und daß ich, in
das
die Uebertreibung
eben
so
der
nach
Erhabene
setzend,
höchsten Demüthigung
strebte, wie ich nach dem Gipfel der Macht
getrachtet hatte. Durch Hülfe
hatte
reich
Nancy richt
der
wieder
Herzog
wurde mir
davon
meine
Haare
ich
Lothringen Die Nach
überbracht,
Helvetien;
der
von
und hatte
ich
und meinen Barl
neuer,
lassen; ein
von
eingenommen.
sogleich verließ
Frank
des Königs von
wachsen
menschlichen
den wilden Thie
Würde herabgesunkener,
ren ähnlicher Nebucadnezar, warf ich nur scheue Blicke um mich
ließ
nur ein
tapfere
Krieger
und
dumpfes Gebrüll ertönen. Eckbert
waren
damals
und
einige
mir treu geblieben; noch
mehrere
ich befehligte
Geschwader;
aber
der Henker der Menschen,
hatte sein Leben
dadurch zu krönen,
er den Ueberrest
daß
seiner Vertheidiger zum Tode führte.
Mit
ten im strengsten Winter, beim schrecklich sten, von einem Eiswind daher gewirbelten
Schneegestöber, etlte ich sinnlos auf Nancy zu.
Meine Schaaren waren erschöpft und
schwach an der Zahl; der Herzog von Loth
ringen
bedeutende
hatte
Soldaten.
ausgeruhte
Mauern
Streitkräfte
und
Unter
Nancy's
eine
Schlacht,
lieferte ich Rene
deren Ausgang nicht lange zweifelhaft blei
ben
konnte.
Von
Wallen
ihren
herab
schmetterten die Lothringer die Burgunder
nieder;
auf
der Eisfläche
glitten
die schwankenden Pferde aus; fenden,
vom
Haupt
bis
überall
die angrei
den
zu
Füßen
gewappneten und von Frost erstarrten Rei ter,
vermochten
nicht
mehr
aufzustehen.
Ich sank von Wunden bedeckt;
und Karl
der Kühne verschwand unter dem Eis eines
Teiches.
Sogleich
meines Todes.
verbreitete sich
das
Gerücht
Die, dem Schwert entgan
genen Burgunder fielen in die Gewalt des Feindes,
diene kehrte siegreich nach Nancy
zurück; und unter den Todten des Schlacht
feldes,
ließ er vergebens den Leichnam des
berühmten
Karls
von
Burgund
aufsu
chen. *)
Dennoch lebte ich noch... ein Edelknabe
hatte mir das Leben gerettet:
zu der Zeit,
wo ich sterbend hinstürzte, fing die Nacht
an die Erde zu verhüllen: um
gunder war es geschehen,
Edelknabe wollte den Siegern
liche Hülle
entziehen.
die Bur
aber der junge
meine sterb
Allein,
durch die
Finsterniß begünstigt, hatte er mich heimli cher Weise in die Hütte eines nahen Wal
des gebracht,
wo ich nach Verlauf einiger
Stunden die Augen wieder aufschlug.
«in Mensch, erwacht,
Wie
der aus einem tiefen Schlaf
und dessen Erinnerungen alle ver
löscht sind,
sah ich meinen Befreier starr
an, der am Haupt des Bettes mit Aengstlichkeit meiner Rückkehr ins Leben harrte.
Ich fragte ihn ruhig aus; meine Gedanken kamen allmählig zurück;
ohne die geringste
') Man sehe Anquetil und andere Geschicht schreiber.
Erschütterung vernahm ich den Bericht mei
ner letzten Niederlage:
dann, plötzlich die
Hand meines Edelknaben mitKrast fassend:
„Schwöre,
treu den Befehl zu
rief ich,
vollziehen, den ich dir vorschreiben werde!" Er sprach den Schwur aus, welchen ich und ich
heischte,
fuhr fort: —
„Rene
hält mich für todt, sagtest du, ich will eö für die ganze Welt seyn; ist unwiderruflich gefaßt.
mein
Entschluß
Schimpflich her
abgewürdigt, vermag Karl der Kühne nicht mehr
vor
erscheinen.
den
Augen
der
Menschen
zu
Kehre noch vor der Morgen
dämmerung zum letzten Schlachtfelde zurück.
Wähle dir unter den Todten einenKrieger aus, dessen hohe Gestalt der meinen am meisten gleich kommt: bekleide ihn mit meinem Gewände;
entstelle seine Züge;
den;
bedecke ihn mit Wun
schleppe ihn unter das Eis des Wei
hers, woraus du mich hervorgezogen hast;
und gehe,
meinen Tod bestätigend,
meine
Ueberreste dem Sieger anzuzeigen."
Der
treue
Edelknabe gehorchte
pünkt-
lich, der Herzog von Lothringen ließ einem
unbekannten Soldaten,
Burgund vorstellte,
und
begängnrß halten;
welcher Karln von
ein prächtiges Leichendie
ganze Welt
glaubte an meinen Tod.
Bald beschloß
von
meinen
Wunden
geheilt,
ich mein Daseyn in die undurch
dringlichste Einsamkeit zu vergraben:
jede
unglückliche weltliche Größe von mir wer fend, der Angst entgangen, den Schauplatz der Welt entehrt wieder betreten zu müssen,
beklagte ich nichts als meine Tochter, deren
Wiedersehn ich auf immer entsagte. Zch war gewiß,
daß Ludwig XI. die
Erbin Burgunds, welche er mit dem Dau
phin zu vereinigen wünschte,
ehren würde.
Ueberdieß heischte es der Vortheil des deut schen Kaiser-Sohnes, sie gegen jeden Feind
zu vertheidigen.
Zch
konnte
Mariens Schicksal ruhig seyn;
also
über
mein Ver
schwinden gab Europa den Frieden wieder;
meine fürstlichen
Nebenbuhler
strafbaren Eroberer verfolgt,
hätten
den
die unschul-
dige Waise konnten sie rechtmäßiger Weise ich rettete sie und Bur
nicht angreifen;
gund durch meine Verbannung.
demnach in
So lag
meiner Selbst, Großmüthiges
der
Aufopferung
etwas
ihrem Zweck nach,
ich
Erhabenes;
und
fand
mit Entzücken in meiner Seele einen Fun
ken von Tugend wieder.
Edelknabe
Mein
Schwur,
ren;
mir
erneuerte
den
mein Geheimniß treu zu bewah
und mein Angesicht vor Aller Blicken
verbergend,
brach ich allein nach Helvetien
auf. *)
*)
Die burgundischen Staaten weigerten sich an den Tod Karls
des
Kühnen
Düclos sagt darüber in
wig 11. im 3. Theil Seite 66. zweifelte
lange Zeit
Einen sagten,
gegangen.
„Das Volk
an Karls Tod.
Die
er habe sich in eine Einöde
zurückgezogen, Andere, lem
zu glauben.
der Geschichte Lud
Die
er sey nach Jerusa
vorgefaßte
Meinung
Einiger war fo stark, daß sie Geld, zur Rück kehr des Fürsten zahlbar, ausliehen."
Am Murter-See, wo ich verweilte, sah
ich die Schweitzer mit Errichtung des be rühmten Deinhauses beschäftigt, und wandte
mich mit Grausen davon ab... berg stellte sich mir
Der Wild
Schauderhafte
dar.
Sagen machten dem Volk die Annäherung
an denselben furchtbar, und dieser Ort schien
mir für einen Menschen geeignet, die Welt fliehen wollte.
ich
ler hatte ihn bewohnt;
von
seiner
machte,
den
welcher
Ein alter Einsied
verlassenen
nahm
Behausung,
Besitz
und
durch verschiedenes, den unwissen
Landleuten
Blendwerk,
übernatürlich
scheinendes
die Einsiedelei gefürchteter als
jemals. Fest entschlossen, wenn es möglich wäre,
die himmlische Rache durch Reue und Bü
ßungen zu entwaffnen, den Schauplatz
hatte ich absichtlich
meiner Gewaltthaten zum
Land meiner Verbannung meiner
Wohnung
aus
gewählt.
erblickte
ich
Von
den
Neuenburger-See und das Deinhaus von Murten; nicht weit davon erhob sich auch
meine
wo
die Schreckspitze,
barbarische
Schaar, als sie die Schweitz durchzog,
von Unterlachen
Mönche
und wie ein
dieser
Fels
Allein,
die
ermordet hatte;
rächendes Gespenst
in
unaufhörlich
fiel
die
mir
Augen.
obschon von meinen Anklägern lag ich oft in mei
und Richtern umringt,
ner Einsiedelei,
in die Erinnerung meiner
Verbrechen vertieft, auf den Knieen, und flehte die
Verzeihung
die Gnade
der
Gottes an:
verwarf mein Gebet;
Menschen
aber
der
und
Ewige
und der Hoffnungs
strahl leuchtete nicht auf dem Berge.
Ach!
was war aus jener glücklichen Zeit meiner
Zugend geworden,
wo
meine
Gedanken,
wenn sie sich zum Himmel erhoben,
glän
zend und rein wie die himmlischen Heerschaaren wieder herniederstiegen! Zch
gebracht;
hatte
einige
Schätze
mit
mir
ich verbreitete mehrere Wohltha-
len in der Gegend,
stand den Armen bei,
und rettete die Unglücklichen.
Man seg
nete den Einsiedler, und der Einsiedler ver-
l6o
-----------
verfluchte sich: der Tröster von Unterlachen trug selbst ein untröstliches Herz in sich; und die Rückkehr zur Tugend war zu spät, um die Rückkehr zum Glück werden zu können. Zn den Hütten, zu denen ich hinabstieg; in den Thälern die ich durchstrich, überall, wohin mich meine Schritte führten, hörte ich den Namen Elodie mit Dankbarkeit und Bewunderung nennen. Zch wünschte diese von den Bewohnern des Gebirges ange betete Taube des Klosters* zu sehen. Heimlich folgte ich euren Tritten; ich sah euch.... und die Liebe gesellte, wie eine neue Rache des Himmels, eine Marter mehr zu den Qualen meines Daseyns. Ich fühlte damals, daß ich zum ersten mal liebte. Zrena hatte mich zwar durch ihre Schönheit bezaubert, abe.r mir nie diese glühende Liebe, diese heilige Ehrfurcht, diese Art leidenschaftlicher Anbetung eingeflößt, welche Elodie allein bestimmt war, mich kennen zu lehren. Lange irrte ich
i6i
----------- -
auf euren Spuren, ohne zu wagen mich euren Augen zu zeigen. Doch bemächtigte ich mich eines Abends im Pavillon eures Gürtels, und kehrte freudetrunken in meine Einsamkeit zurück, als wenn ich den Talis man der Tugend wieder gefunden hätte. Zch legte ihn auf mein Herz.... Ach! und gleich einem glühenden Feuer verzehrte er es vollends. Nun faßte ich den Entschluß, euch den
verderblichen Gürtel wieder zurückzugeben: die Sehnsucht euch zu nahen und mit euch zu sprechen, bestimmte mich dazu. Zch muß euch wahnsinnig geschienen, ich muß euch erschreckt haben, und dennoch sah ich euch gerührt, als ich in der Gallerte der Kapelle, auf den Himmel deutend, die son
derbaren Worte an euch zu richten wagte: „Dort, wenn die Neue den Abgrund schließt, ja, nur dort wird er euch sagen können: ich liebe dich." Diese Zusammenkunft zerstörte Vernunft noch gänzlich. II.
meine
Wer? Zch! ich
wagte
Tochter
Saint Maurs
Zch versetzte
anzubeten!
mich wieder in meine Erinne
rungen zurück, und erschien mir verabscheu-
ungswürdiger
je.
als
der Kühne;
Karl
seine Blicke auf die Schreckspitze, den Neuen
burger-See,
und
das
Bernhaus
von
Murten richtend, schrie dann laut, indem
er sich verzweiflungsvoll auf dem Heidekraut der Wüste oder in den Höhlen des Wal
des wälzte .:— „Ungeheuer, bedarfst du noch eines Opfers!"
Aus Furcht,
daß mein unreiner Hauch
nicht Elodiens Wohnung 'beflecke,
hörte ich
auf, mich dem Kloster zu nahen, wo bald der
Graf von
ankam.
Norindall
ter seinen Kriegern
Un
sich der Edel
befand
knabe, welchem ich das Leben verdankte: er
kannte meine Verborgenheit, da
heimlich,
die entworfene
und
durch
besuchte mich
ihn
Vermählung
erfuhr
Eckberts
ich mit
der Prinzessin von Lothringen.
Von Eiodiens Reitzen gefesselt, verließ Renes Freund das Thal
von Unterlachen
ich trug Marzelinen auf, euch von
nicht;
den frühern Verpflichtungen des Grafen zu
unterrichten; Edelknaben
und
durch ich
erfuhr
meinen getreuen
EckbertS
ebenfalls
Anträge und eure abschlägige Antwort, seine Abreise und
den Entwurf der Entführung,
welchen er bald darauf ausführte. Siebte! wie groß mußte euer Erstaunen
seyn, als an der Drücke des Stromes der
Graf
von
Norindall
Karl
den
ihn für einen Geist
erkannte,
Kühnen
hielt
und
knieend die Arme zu seinem Waffenbruder
erhob! —
Zusammenkunft
meine
Ach!
mit ihm auf dem Wildberge wird nie in meinem Gedächtniß erlöschen.
Zch Seele,
Eckberts
schwärmerische
und hatte nie an
der furchtbaren
kannte
Wirkung, die mein Anblick in ihm hervor, bringen würde,
gezweifelt.
Zweimal hatte
ich ihm auf dem Schlachtfeld das
gerettet:
ich wußte,
Leben
daß bei meinem Na-
men allein noch immer seine Thränen flös sen;
ich wußte daß er,
meine Verbrechen
entschuldigend,
erinnerte;
meiner Tugenden
sich nur
und ich war gewiß,
daß seine
schwärmerische Ergebenheit für den glückli
von Burgund,
chen Herzog
begeistert für den
nicht minder
unglücklichen
Einsiedler
wieder erstehen würde.
Ausdruck
Kein
vermag
das
freudige
Entzücken des edlen Eckberts zu schildern, als ich ihn in der Hütte des WildbergeS
an meine Brust schloß. bung
der
Mit aller Hinge
Freundschaft
ich
ihm
meine Liebe für die Waise der Abtei.
Ich
sah seine.. Thränen
gestand
und ich
strömen
hatte
den
Muth
von
lichste
der
Opfer
zu
ihm
das
schmerz-,
heischen. —
Der
edle Eckbert stürzte zu meinen Füßen. —
„O mein Fürst! rief der großmüthige Krie ger, o mein Freund!
Elodie sey der trö
stende Engel deiner wilden Verbannung!...
Nein, dir das
ich werde
letzte
entreißen....
nicht so grausam seyn,
Dret
Karl,
des
Schiffbruchs
ich schwöre
es
zu dir^
hie werde ich deine Geheimnisse verrathen.
IÖ5 immer
für
Ich
will
ich
Elodien
Liebe,
opfere dir
fliehen....
die
Vermählung,
Ruhe und das Glück meines Lebens." Bei
Worten
diesen
meinen Armen und ich
entwand
sich
er
sah den Unglückli
chen nur bei der Schreckspitze wieder, wo
ich sein Leben rettete. Der Graf von
Schwüren
treu;
Norindall war seinen aber
mein Herz
ein quälender Vorwurf mehr. mich
unwerth
und
ich
hatte
Elodiens
Zch
fühlte
Gatte zu
seyn,
eine Verbindung
zerrissen,
die ohne Zweifel das Glück ihres
gemacht haben würde; fere,
der tugendhafte
zerriß
Leben-
der junge, der tap
Eckbert
allein ver
diente die Jungfrau von Unterlachen.
Einst war ich allein in meiner Einsie delei; plötzlich ging die Thür auf, und ich
erblickte
ich....
Herstalln. —
„Ihr hier!"
rief
Ein Lichtstrahl beleuchtete in die
sem Augenblick meine Züge.
Der
Greis
stieß einen Schrei des Entsetzen- aus:
erkannte Karln den Kühnen.
er
Zch warf mich
„Herstall!.... vergieb Reue,
Füßen. —
seinen
zu
dem Unglück,
der
der Verzweiflung; oder nimm diesen
Stahl und räche dich!" Der Greis — „Mörder
stieß
mich entrüstet zurück. Bruders!
meines
rief er
Hen
mit Stärke, Mörder meiner Zrena!
ker meines ganzen Hauses!
vergeben!....
wer, ich?
dir
Niemals.
Dies sagend sank er erschöpft auf eine
Bank der Hütte nieder. — Mann!
„Unerbittlicher
begann ich mit bebender Stimme,
meine flehenden Hände ckend, wieder;
nach
ihm auSstre-
vermagst du Karl den Küh
nen, den wilden, den stolzen, den unbeug
samen Herzog von Burgund in diesem ver
wiesenen Unglücklichen wieder zn erkennen, der
vor
dir
im Staube
liegend,
deine
dich!
sagte
Kniee umfaßt!" ■— „Ungeheuer!
entferne
Herstall mit Heftigkeit,
aufstand;
indem
er
schnell
du sprichst von Reue und sinn'fl
auf neue Verbrechen.
Kann es mir nnbe-
IÖ7
daß du Siebten zu verführen
sannt seyn,
strebst; Barbar! zwischen ihr und dir erhe
ben sich Irenens
kalte Todten-Gruft und
Saint Maurs blutiger Schatten."
— „Herstall! habe
rief
ich,
schone
der Zorn
Aber
Mitleiden!"....
mich!
funkelte in seinen Blicken, er unterbrach mich. — »Ich höre die Stimmen deiner Op
fer. —
Sie
rufen mir zu:
Räche uns!
gehen mich
deine
Blutiger Mensch!
was
Gewissensbisse an!
dir gehört kein Mitlei
den! möchten die Verwünschungen des Him
mels, den meinen ähnlich,
dir bis zu dei
ner letzten Stunde folgen! und die Schau der
deines
Todes
den
Verbrechen deines
Lebens gleich kommen." Herstall war fort:
Donner getroffen,
ich blieb
wie vom
vernichtet zurück.
Die
letzten Worte des Greises klangen in mei nem Ohre wie
geltenden Gottes.
die Verdammniß des ver
Seit diesem Augenblick
hielt ich mich rettungslos, für immer ver
worfen; und ich würde meinem Leben mit
l6g
- -----------
dem Schwerte
ein
Ende
gemacht
haben,
wenn mein Arm nicht aller Kraft,
meine
Seele nicht jedes Willens, meine Glieder
nicht
der
Bewegung
beraubt
gewesen
waren.
Zn diesem entsetzlichen Zustande,
Woche zu.
Auf einmal vernahm ich Her
stalls Tod und zitterte,
daß
Elodie arg
ich hätte mich an seinem
wöhnen könne,
Leben vergriffen.
Zch
des Klosters...
Seltsame Fügung:
Grabe des Greises,
es,
dem
brachte ich eine ganze
Vorgefühl der Hölle,
drang in den Park
Am
der mir geflucht, war
wo vor meinen Blicken der erste Hoff
nungstag aufglänzte. geliebt
Zch erkannte, daß ich
Aber wie
wurde.
vorüberfliehend
war dieser Strahl des Glückes!.... fühlte das Gräßliche meiner Lage,
entsetzliche Schicksal,
schuld
bereitete.
meinen Sinn schen Liebe
welches ich der Un
Herstalls
zurück.
und
Zch
und daö
Pflicht
Fluch
Der
kam in
Kampf
zwi
war fürchterlich,
aber die ediern Empfindungen siegten. Zch sagte euch ein ewiges Lebewohl, und eilte,
fern vom Wildberge ein anderes Land der Verbannung und des Schmerzes zu suchen. Von den verderblichen Anschlägen deö verräterischen Palzo's unterrichtet, die Ge fahr voraussehend, welche euch drohte, hatte ich lange vorher, ehe das Feuerzeichen auf dem Thurme leuchtete, darauf gesonnen,, die schändlichen Entwürfe des RebellenAnführers zu vereiteln. Durch Eckbert un terrichtete ich den Hof von Lothringen von der Verrätherei in Unterlachen; und als ich euch in der Kapelle wieder sah, wußte ich, daß der Graf von Norindall, schon von Nancy aufgebrochen, zu eurer Hülfe heran-
»og. 0 allzutheure Elodie! fest entschlossen, kein Wort der Liebe mehr auszusprechen, war ich zu euch gekommen; aber alle meine Dorsähe verflogen wie ein Traum bei eurem
Anblick: vergebens wandte sich meine ernste
Stirn von euren Blicken ab;
ich vernahm
170
----------------
eure rührende Stimme.... und ihr sahet mich zu euren Füßen.
Der Fürst von Pakzo wurde verhaftet: ihr entschloßt euch
der Gräfin Zmberg zu
folgen.
Vom Gipfel des Wildberges sah
ich
Zug
den
glaubte
vorüberziehen,
welcher
das Daseyn entführte;
mehr als
den Tod
in mein Herz
kalte Klinge eines Dolches
mir
und ich
wie
die
eindringen zu
fühlen.
Am Abend zuvor hatte ich, tiefen Höhle am
Strom' von
Palzo durch
versteckt,
Gesang erschreckt.
in einer
Unterlachen
einen prophetischen
Am Tage eurer Abreise
entdeckte ich den von den Rebellen entwor
ihr
fenen Plan,
Um
befreien.
gefangenes Oberhaupt zu
den
Eckberts,
bewaffneten
Landleuten an Zahl weit nachstehende Schaar
zu retten, voran.
ging ich euch zur Schreckspihe
Zn
der
unermeßlichen
Höhlung
dieses gefürchteten Felsens hatte ich harzige
Reiser,
brennbare Stoffe,
Schwefel und
Erdpech,
einen
Haufen
und zusammenge-
Getümmel des,
nenen
Mitten
verborgen.
Pulver
preßtes
im
von den Empörern begon verkündigt
Gefechtes
plötzlich
das
heftigste Krachen und Getöse den leichtgläu
bigen
Bergbewohnern
scheinung einem
des blutigen
schreckliche
hervortretend,
aufrührerischen Schaaren,
Er
Mit
Gespenstes.
bekleidet,
Purpurmantel
Flammen
die
aus
den
vernichte
ich die
opfere
ich den
treulosen Palzo und entreiße Eckbert
dem
Tode.
0 Jungfrau von Unterlachen!
als ich,
euch ohnmächtig entführend, auf den Wild
berg trug,
freude - und liebetrunken
euch
in meinen Armen hielt,
glaubte ich den
Himmel offen zu sehen... wehte
nur Laute
des
Liebe an mein Ohr;
zücken ein;
die würzig
Die Nachtluft
Friedens
und
der
ich schlürfte mit Ent reine Luft des Waldes
ich glaubte mich mit der ganzen Na
tur ausgesöhnt. meiner Brust,
Die Unschuld ruhte es war mir,
an
als ob mich
ihre Berührung gereinigt hätte.
Die Er-
meiner Verbrechen floh wie
innerung
Finsterniß von einer jungen verscheucht.
Meine leidenschaftliche Seele
öffnete sich allen Tugenden wieder,
Throne,
wie verachtlich
Macht,
Verwiesenen
war't ihr in den Augen des
des
Er
Berges!
hatte
Glanz des Lebens,
wieder erlangt.
indem
Ruhm, Reich
sie zur Hoffnung auflebte.
thümer,
die
Morgenröthe
mehr
als
allen
mehr als selbst Euch
Als er sich vom Himmel
freigesprochen wähnte, hatte er seinen Gott
wiedergefunden.
Mein Auge hob sich dankbar zum blauen Raum des Himmels;
zum erstenmal seit
den Tagen der Unschuld,
höchsten Richter, Willen.
Der
anvertraut; den
dankte ich dem
segnete ich den göttlichen
Ewige
hatte
mir
Elodien
und wie die Taube der Arche
geretteten
Menschen
himmlischen
Rache
sie mir den
wieder
das
verkündigte,
Ende
der
so schien
grünenden Zweig der
Barmherzigkeit auf der gereinigten Erde zu
bieten.
Zhr kamt ins Leben zurück,
meinen Zufluchtsort an: nicht dieser Tagl folgte ihm!....
ruhte,
eine Nacht
Vor der Thüre des heili
ich
überließ
Schlummer,
wie glücklich war
aber welch'
gelagert,
gen Bezirkes
ihr nahmt
wo meine Elodie mich
dem
süßesten
als mir plötzlich im Traum
jenes Gespenst des Stromes erschien: seine Stirn trug eine blutige Krone;
zerrissene
Purpurlumpen deckten fernen bloßen Kör
per;
und
Herzen. — zu mir, Reue
Schlangen
nagten
seinem
an
„Karl, sprach die Erscheinung
der Himmel ist besänftigt,
hat
seine
Gerechtigkeit
deine
entwaffnet;
aber um völlig von dem Ewigen begnadigt zu werden, mußt du dem Befehl gehorchen,
den ich dir in seinem
Namen verkündige.
Unter dem Deinhaus
von Murten,
um
ringt von allen Erinnerungen deines Lebens, beim Denkmal
Todes,
des
Verbrechens
und
des
sollst du deinen Namen der Waise
von Unterlachen enthüllen: dein Gott gebeut es dir; gehorche."
i?4
-----------
Bei diesem entsetzlichen Urtheil erhebe ich ein Geschrei des Schmerzes, ich flehe das Mitleiden des Gespenstes an; es stißt mich zurück und verschwindet. Mit zer störtem Sinn, den Körper von kaltem Schweiß benetzt, mit emporsträubenden Haaren, erwache ich. Dreimal schließt der Schlummer unwillkührlich von Neuem meine Augenlieder, dreimal wiederholt sich der Traum. Ich kann nicht an dem Wil len des Himmels zweifeln. Am Tage mei nes ersten Mißgeschickes, hatte mich die Erscheinung am Strome nicht betrogen, als fie mir eine Reihenfolge von Unglücks fällen weissagte. Jetzt versprach sie mir die Verzeihung des Himmels, wenn ich das vorgeschriebeneGebot vollziehen würde... Ach, die ewige Barmherzigkeit kann durch die schrecklichsten Opfer nicht zu theuer erkauft werden: ich ergab mich, ich gehorchte. Zch halte inne: meine entsetzlichen Ge ständnisse sind geendigt. Habe ich den Kelch des Leidens geleert? Tochter Saint
Maur'S, ich erwarte euer Urtheil. Wel ches es auch sey, sprecht es ohne Furcht aus; ich gelobe es euch, ihr sollt keine Klage, keinen Vorwurf von dem Unglück lichen des Wildberges hören. Wann Karl von euch verdammt ist, werdet ihr ihn nie mehr Wiedersehen: wenn er freigesprochen wird.... O Elodie! ich wage nicht, mich bei diesem Gedanken aufzuhalten. Steht es mir zu, an Glück zu glauben!.... Zch kann hoffen, daß mir der Himmel Verzeihung gewahrt, aber wie dürfte ich eine Belohnung erwarten! — Dem Verbrecher gleich, dessen das Blut gerüst harrt, bebe ich jeden Augenblick unwillkührlich zusammen. Es dünkt mir, als wenn ein Donnerschlag, gewaltiger als alle jene, die mich schon getroffen, als wenn ein Bannfluch, schrecklicher als der auS Herstalis Munde, mein geächtetes Haupt treffen müsse. Wenn meme Ahnungen in Erfüllung gehen, wenn mich euer Herz ver stößt, dann lebe wohl,.englisches Mad-
17 6 chen,
lebe
wohl,
theure
unterwürfig
Elodie!.....
ich
ziehe
Ergeben
und
hinnen.
Vielleicht wird der Gott,
von
welcher
uns auf Erden trennte,
uns im Himmel
0!
dieser süße Ge
vereinen. danke
nicht
möge mir
entrissen
werden!
von
ihm
gestärkt, mit welchem Entzücken werde ich
nicht in das
vergessene Grab hinabsteigen,
welches meiner wartet, und worauf keine Thräne
des
Lebe wohl,
Mitleids
fallen
wird!....
tröstender Schimmer in Reue
und Schmerz! jungfräuliche Blume,
deren
himmlischen Duft ich einen Augenblick einathmete,
aber deren Reinheit mein Hauch
niemals befleckte.
Sanfte Erscheinung höhe
rer Regionen! Hoffnung, Liebe, und Glück...
Lebe wohl!
Zwölftes B u ch. Die Jungfrau von Unterlachen hat die Handschrift durchlesen. 01 wie groß erscheint, ohngeachtet feiner Verirrungen, dieser Karl in ihren Augen, vor dem einst die Erde gezittert hatte, dieser Karl, den jetzt die Erde zurückstieß. Welche Verge hungen, aber welche Reue! welche Verbre chen, aber welche Abbüßungen! Wie erregt er ihre Theilnahme; wie bewun dernswürdig scheint ihr dieser verwiesene, bereuende, von der ganze« Natur vergessene Held Burgunds!.... der, mit dem Purpur geschmückte, erobernde und siegreiche Karl war nur ein glücklicher Fürst; Karl auf dem wüsten Berge, freiwillig aller Größe beraubt, zur tiefsten Stufe der Niedrigkeit gelangt, und dennoch das Leben ertragend, dünkt ihr über der menschlichen Natur zu stehen. II. 12
WaS soll Elodie dem Unglücklichen ant
worten,
der sie anfleht?
übrigen
Welt
verlassen,
Von der ganzen wird
wohl
sich
Karl auch von dem einzigen Wesen zurück
gestoßen sehen, das ihn noch ans Daseyn Der Zorn des Himmels legt
kettet?....
sich, kann Elodie unerbittlicher wie der Him
mel seyn?Wird sie, ihn in die Ver
zweiflung
zurückschleudernd,
den Abgrund
wieder vor ihm aufthun, wenn ihn der All mächtige zu
lichter»
Dahnen
ruft?
Nein; ihr Entschluß ist gefaßt; der Abtei kann,
darf nur
—
die Waise
ein Engel des
Friedens und der Vergebung seyn: eS scheint
ihr, als ob sie Golt selbst auserwählt habe,
den blutigen Schatten Saint Maurs durch die Liebe der Tochter zu versöhnen,
als sei
sie bestimmt, den Bereuenden zu trösten, ihn auf dem Pfade der Tugend zu bestär ken,
den er von neuem betreten,
endlich der
Ruhe und dem
um ihn
Glück wieder
zuzuführen. Mit fester Hand,
und wie eine heilige
Pflicht erfüllend,
schwankt die Jungfrau
von Unterlachen nicht; sie hat einige Zeilen
und
geschrieben,
eiligst
wird
Schrift
folgende
in die Höhlung
alten Weide,
der
unten am Bergpfade, gelegt: — ,,Zhr wäret sehr strafbar; Milde des
Himmels
ist
aber die
größer
als
die
Ach, möchte es
Missethaten der Menschen.
wahr seyn, daß ich für Euch ein von dem
Ewige» ernannter Richter sey!
Karl!
die
Stimme der Unschuld donnert nicht,.... die Zugend vergicbt gerne; und eine Jung»
frau ward zur Verkündigung
Heiles
Zn
ausersehen.
des
meinen
ewigen
Augen
haben Eure Geständnisse Euer ganzes Wesen
verwandelt;
aber
nicht verändert.
sie
haben
mein
Herz
Zch habe gelesen, ich habe
geweint, ich habe verziehen." Die Waise zählte die Augenblicke mit
Ungeduld....
Stolz darauf,
Stühe des berühmten Herzogs gund,
die einzige von Bur
die ganze Welt für den siegreichen
Helden geworden zu seyn,
den
sonst
der
---------------
ißo
eroberte Weltkreis nicht zu
mocht hätte,
genoß
genügen
ver
Voraus
das
im
sie
welches ihr Brief verursachen
Entzücken,
Zhre schöne, durch den Gedanken
mußte.
beglückte Seele, ein fremdes Gemüth gerei
nigt zu haben, machte sich eine Tugend aus
ihrer
Liebe,
die Verzeihung,
Glücke;
sprochen,
bung;
und eine Pflicht aus ihrem
schien ihr
welche sie ausge
eine göttliche Einge
und die Zukunft,
sches Gemälde gefärbt,
wie ein zauberi
öffnete sich vor ihr
mit allen süßen Träumen der Tugend,
Begeisterung Schon ist
und
der
der
Einsiedler
Karl bei Elodien.
0!
der
geschmückt.
Liebe
in
der Hütte;
wie
süß sind sie
nicht,
die
Liebe!
Die Waise ließ ihr Herz sprechen,
und
ersten
Geständnisse
der glückliche Herzog
von
getheilter
Burgund
fürchtet nichts mehr, als das Uebermaß sei
ner Seligkeit; denn ach, hienieden begegnet,
ja die zu hoch gesteigerte Freude so oft dem Schmerze wieder.
Die Einsiedelei, der Wald, die Felsen,
IST
die Einöde,
Erde und
Himmel
Alles verschwindet vor ihren
Sie sind nicht mehr auf dieser
Augen.
gehören
an,
auch
nicht
noch
sie wandeln
aber
dem
in jenen
bezauberten Regionen der Glücklichen, welche Schicksal und Liebe vereinigt haben.
Alle
Entwürfe
Waise gebilligt.
sind
Karls
Der Herzog
der
von
von Bur
gund wird sortfahren, in der Verborgenheit
auf dem
Wildberge
zu
leben;
aber
die
Heißgeliebte wird bei ihm seyn; die Hütte soll neu gebauet werden;
Natur,
die Zauberin der
die Liebe allein, wird ihren Arbei
ten vorsiehen;
und
welchen Pallast zöge
Elodie der Einsiedelei des Verbannten vor,
welchen Thron Karl dem Felsen, den Elodie bewohnt?....
Nach dem Plane des Fürsten soll Saint Maurs Tochter Anselmus aufsuchen.
Der
würdige Priester
kann
von
nicht vergessen
haben,
Neffe Konrad
dem
Unterlachen
daß
sein geliebter
Einsiedler
das
Lebe»
verdankt; er wird die beiden Liebenden in der
Klosterkapelle vereinigen, denn keine irdische
Macht hat das Recht, sich der Verbindung
der Waise zu widersetzen. Familie fremd,
Elodie ist ihrer
Karl von der ganzen Welt
vergessen; sie genügen sich einander,
und
werden selbst nicht mehr Zwei in der Welt
ausmachen. Zn den reinsten Entzückungen der Seele,
in den süßesten Schwärmereien des Gefühls
flössen dem Herzog von Burgund und der Zungfrau vorüber,
von
Unterlachen
die
Stunden
ohne daß sie ihre Flucht bemerk
ten.
Ach! jede von diesen grausamen Töch
tern
der Zeit führt
Hand, welche die
ihre Sichel
in
der
Freuden des Menschen
fast in dem Augenblicke zerschneidet,
da er
sie genießen will.
Wie der flücht'ge Lichtstrahl der mensch lichen Glückseligkeit war der Tag entflohen. Gegen Abend stieg Elodie, auf ihren Freund,
ihren Beschützer, Gatten
gestützt,
ihren Geliebten,
den
Berg
hinab.
ihren
Am
Waldstrom trennten sie sich, die Waise begab
sich in Herstalls
ins Kloster.
der Fürst
Wohnung und
Karl wollte
seinen großmü
thigen Waffenbruder Wiedersehen, den edlen
Eckbert in
seine Arme schließen:
alles ist
Dank und Zärtlichkeit in
seiner dem Glück
wiedergegebenen
Ach!
Seele.
Vergebung
und Mitleid
dem Menschen, dessen reinste
Gefühle sich
im Schooß des Unglücks ver
härtet haben und kalt geworden sind, gleich
dem Wasser, welches durch die Berge dringf
und sich unter den Felsen versteinert!.... Aber Haß und Verachtung der fühllosen
Stele, die, wenn das Glück wie ein himmt
lischer Thau neues Leben auf sie herabträuft, nicht rings
um sich
den Hauch der Fröh
lichkeit, des Wohlthuns und der Liebe ver
breitet. Ankelm sah Saint Maurs Tochter an« sich zukommen.
Er stieß einen Schrei der
Ueberraschung aus.
Welche Freude durch
drang seine Seele, wie aufmerksam horchte er
der
Erzählung
Außer dem Namen
ihrer
Befreiung!....
und den Geheimnissen
des Einsiedlers verschwieg ihm Elodie nicht
Zhre Gelübde, ihre Ent
das Geringste. schlüsse
und die Beweggründe ihres Besu
ches, alles wurde ihrem alten Freunde mit getheilt.
Anselmus hatte ihr, ohne sie zu unter brechen, zugehLrt;
aber mehr als einmal
entwanden sich tiefe Seufzer seiner Brust.
Elodie
bemerkte
seine Augen
mit
Erschütterung,
in Thränen schwammen
daß
und
unruhig harrte sie seiner Antwort. — „Also denn, sprach endlich der ehrwür
dige Priester, um die Gattin eines geheim nißvollen Einsiedlers,
Namen,
werden,
ohne Rang
eines Mannes ohne und
Derm-gen
zu
hat die sanfte Zungfrau von Un
terlachen die Hand des edlen,
des mächti
gen Grafen von Norindall ausgeschlagen l Ach, fuhr er fort, der Himmel hat mir keine Rechte über Elodien gegeben; als eine
verlassene Waise seid ihr Herrin über euch selbst; und was vermögen die klugen Rath schläge eines Greises, und die kalten Worte
der Vernunft gegen die glühende Sprache und die hinreißende Verführung
der Liebe,
des Herzens!....
Indessen, o meine Toch
ter! antwortet mit Aufrichtigkeit: griff,
im Be
euer LooS mit dem seltsamen Unbe
kannten deS
WildbergeS zu
vereinen,
da
vielleicht ein Abgrund zu euren Füßen ist,
fühlet ihr bei meiner nicht eure
flehenden
Stimme
Entschließungen wanken?
Ist
euer Herz nicht von einem unwillkührlichen
Schauder
—
ergriffen?"....
mein Vater,
Festigkeit.
„Nein,
unterbrach ihn die Waise mit
Ich kenne die Seele deS Ein
siedlers; ich fürchte nichts,
indem ich ihm
meine Zukunft anvertraue,
und ich glaube,
daß mir der Himmel selbst
schluß einflößte." der Greis. — wollen,
—
meinen
Ent
„Ihr liebt!" sagte
„Würde ich Gattin werden
wenn ich nicht liebte!" antwortete
das junge Mädchen. Anselmus, fügte sie hinzu, weigert euch
nicht,
Elodiens
Verbindung
zu
segnen.
Kommt, am Fuß des heiligen Altares für
Ig6
und ihren Gemahl den Segen
die Waise
des Allmächtigen herabzurufen.
Durch euch
vereine sich meine Hand der....
„Eines
Unbekannten, eines Abenteurers vielleicht!" rief AnselmuS mit Schmerz aus.
wiederholte Elo-
„Eines Abenteurers!
die
entrüstet;
welches
Wort
beleidigende
Steht es euch
habt ihr da ausgesprochen!
zu, so von Konrads großmüthigem Retter
zu reden!“ Dann fuhr sie mit Nachdruck und fei
erlicher Stimme fort: — nigen,
„Neben Demje
den die Jungfrau von Unterlachen
gewählt, ist der mächtige Graf von Norindall nur ein dunkler rühmloser Sterblicher.
Der Mann,
welchem sie heute ihr Herz
darbringt, würde sich morgen, wenn er es wollte, hoch, im Vergleich mit den höchsten
Mächten
der Erde
erheben.
Hinsichtlich ist
die
Waise eher des Einsiedlers unwürdig,
als
ihrer Geburt und ihres
der Einsiedler
Ranges
ihrer unwerth
auf ihren Gemahl,
ist.
Stolz
will Elodie auf dem
187
--------------
Wildberge nur der Liebe gehorchen... vermag
aber dem Ruhme zu gebieten." Die Begeisterung glänzt in ihren Blikken, und vor Erstaunen verwirrt, „Elodie,
ruft Anselmus, seine Geheimnisse sind euch Sprecht endlich, wie ist
also bekannt?...
sein Name?"
—
„Am Traualtar, ant
wortet die Waise,
will er ihn euch selbst
Unter den Gewölben der Klo-
mittheilen.
sterkapelle
soll
zum
letzten
Munde kommen.
Dem
dieser
mal aus seinem
den menschlichen Eitel
Ruhm, der Hoheit,
keiten entsagt
Sollte
es
der
Name
Einsiedler
auf immer.
dem Diener Gottes
zustehen,
ihm daraus einen Vorwurf zu
machen!"
Bei jedem Wort Elodiens vermehrte sich
Anselmus Verwunderung. — ter,
begann sie wieder
Namen
eurer
„Mein Va
von Neuem.
Zärtlichkeit für
mich,
Zm im
Namen des Himmels selbst, welcher meine Verbindung
geboten
zu
haben
scheint!
schwört mir. Niemand auf Erden das Da
seyn des Mannes zu enthüllen,
der nicht
mehr unter den Menschen herrschen,
und
der auch seinen Namen nur im Angesicht
des Ewigen vertrauen will." — „Zch schwöre es!"
rief AnselmuS.
Und nun zweifelt der Pfarrer nicht mehr,
daß
der Verwiesene
des Wtldberges nicht
eine erlauchte Person sey; und
hätte ihn
wohl Elodie, die reine,
die tadellose Jung
frau, so lieben können,
wenn er sich nicht
auch durch irgend eine Tugend ihrer würdig gemacht hätte!...
Anselmus bekämpft also
ihren unerschütterlichen Entschluß nicht län ger;
und am folgenden Tage bei den letz
ten Strahlen der Sonne,
will er sie ins
geheim mit dem Einsiedler in der Kapelle des Klosters vermählen.
Die Waise lenkte ihre Schritte wieder dem Wildberge zu:
denn vergebens
hatte
sie Anselm in der Priesterwohnung zurück
halten wollen.
Sie fürchtete den Fürsten
zu beleidigen,
mißtrauisch gegen sein Herz
zu scheinen, wenn sie auch nur einen Tag aufhörte, sich seiner Redlichkeit zu vertrauen.
Zhn am Vorabende ihrer Vermählung zu
wäre
verlassen
bedurfte ihrer
grausam
gewesen:
Karl
wie sie
seiner
Gegenwart,
Liebe. Mit welchem Entzücke» finden
wieder!
Vor
sie sich
Einsiedelei,
friedlichen
der
bei der
auf dem Heidekraut des Waldes,
sanften Klarheit der Sterne, zärtlichen nicht
von der
der Seligkeit
Uebergang ist
mit welchem
sie
sich
gegenwärtigen Wonne
und
Ach!
der
Vertrauen
unterhalten
der Zukunft.... kein Traum
neben dem Andern,
Eines
mehr.
am Fessen der Hütte,
unter den
Lauben
vernehmen
sie weder
der Einsamkeit sanfte
das
sitzend,
Gesäusel
der spielenden Lüstchen, noch das ferne Ge murmel der Wasserfälle,
oder den harmo
nischen Gesang der Waldvögel:
nur auf die auf die
seelenvollen Laute
glühenden
Worte
des
sie horchen der Liebe, Gefühls;
und wenn dem leidenschaftlichen Gespräche ein beredtes Stillschweigen folgt,
hören sie
igo
-----------
nur die Seufzer
das
und
Pochen
Ihrer
Herzen. Ungern zieht sich die Tochter der Abtei
unter das ländliche Obdach zurück, sie die nächtliche Stunde ruft.
den Einsiedler verlassen,
wohin
Sie muß
und jeder,
von ihm verlebte Augenblick,
fern
scheint ihr
Ein eben so treuer
dem Glück entwendet.
Krieger als feuriger Liebhaber, bewacht Karl mit Ehrfurcht das Heiligthum der Unschuld;
und die Zärtlichste
der
schönste der Jungfrauen,
Sterblichen,
die
schlummert »er«
trauungsvoll, glücklich und schuldlos, unter
der Obhut der Liebe,
in der Gewalt des
Leidenschaftlichsten der Menschen. Schon waren Eckberts
leichte Wunden
wieder vernarbt, Karl hatte seinen Waffen
bruder wieder gesehen, und ihn von seinem Glücke unterrichtet.
Der Graf von Norin»
dall, fähig eickes solchen Opfers,
Karln zum Altar zu
begleiten,
versprach dem eheli»
chen Schwur der Treue beizuwohnen, wel cher ihn auf ewig von Elodien scheidet.
I9f Wie lang
Nacht! an;
dünkte
Endlich
dem Fürsten
brach
diese
die Morgenröthe
aber die Natur steht mit dem freudi
gen Herzen des Einsiedlers nicht im Ein klang!
Der Himmel ist mit schweren Wol
ken belastet,
und in der Ferne am düstern
Horizont erheben
sich
die Eisberge weiß
und schauerlich wie dunstige Gespenster.
Die Taube des Klosters tritt aus der sie betrachtet den Himmel
Hütte hervor;
und schaudert.... sagen könne»,
Glücke erscheint
An« Abend hätte man
daß die ganze Natur ihrem
zulächle;
der
anbrechende
als ein
finsterer Bote
welche
Bezauberungen
des
Tag
Un
glücks. Aber
nicht die Liebe! ist
Elodiens
bewirkt
Bei Karls erstem Laut
Bestürzung
zerstreut:
Sturm ist mehr in den Lüften,
wölke deckt mehr den Himmel; mert sie die ganze Natur! ist ja an ihrer Seite.
Der
kein
kein Ge-
was küm Geliebte
Zn der Trunken
heit der reinsten Genüsse,
in der Erwar«
---------------
IQ2
tung des vollkommensten Glückes sah Karl den Tag des
dahin schwinden.
erfreuenden
Lichtes
Das Gestirn
ihm
hatte
nicht
geleuchtet.
Eine Gewitterwolke
lag über
dem Thal,
und der ungestüme,
glühenden
Wüsten entronnene Ostwind,
den Gletschern.
näherte sich
Durch die Schatten begün-
siigt, steigen die Waise und der Fürst von
der Einsiedelei herab und gehen, ohne gese
hen zu werden, durch den friedlichen Wei ler von Unterkachen, gelangen zum Kloster, und sind endlich in der Kapelle.
Die hochzeitlichen Kerzen sind angezün« bet; der Weihrauch brennt in goldnen Ge
fäßen.
Elodie kniet im Hintergründe des
Heiligthums nieder.
Eckbert erwartete das
Brautpaar, er ist bleich und leidend, wagt nicht,
die Waise anzublicken.
und
Mit
traurig ernstem Gesichte steht Anselmus vor
dem Altare.
Also jetzt
men kennen lernen,
soll
welchen ihm der Ein
siedler nur im Angesicht des hüllen wollte.
Der
er jenen Na
Ewigen ent
schweigende
Priester
scheint in diesem Augenblick ein Richter zu
seyn.
Sein
forschender
Blick
unab
ist
lässig mit Schrecken auf Karln, mitleidsvoll auf
geheftet.
Elodien
hat begonnen,
Feierlichkeit
aber noch wagt der,
der Waise knieende,
Himmel seinen
Die
Einsiedler
neben
nicht, dem
Dank darzubringen:
zwar
vermag er sich die Ursache davon nicht zu erklären, aber vor dem Traualtar, wie vor einem Strafgericht zitternd, sucht er verge
bens den barmherzigen, er sieht überall nur den schrecklichen Gott. Der Pfarrer von Unterlachen den Liebenden-
sich
und
mit
näherte
feierlichem
Tone fragt er den Bräutigam, welche Namen und Würden er unter den Menschen trage.
Als
wenn
ihn
diese Frage über
raschte, als wenn er nicht darauf antworten
dürfte, bebt der Einsiedler zusammen.... Er hält inne, spricht
er
und mit unsicherer Stimme
endlich
die
Worte
—
aus:
„Karl von Burgund." Erschrocken
IL
prallt Anselmus
bis
zum
13
Altar zurück; seine Haare sträuben sich auf dem Haupte, seine Kniee beben, er bedeckt seine Augen mit beiden Händen,
ein
er stößt
Geschrei des Entsetzens aus...
dann
folgt das gräßlichste Stillschweigen auf die sen Angstruf,
welcher von dem Echo der
alterthümlichen Bögen wiederholt,
und sich
in den finstern Gewölben verliert,
wie der
Schiffbrüchigen
der
Hülfsruf
schweren
des
Wotte
erhebt Anselmuö,
der
Plötzlich
Sturms.
wie in prophetischer Be
seine Blicke in die Höhe.
geisterung,
Er
und kommt rasch zu Karln
ist außer sich; zurück.
unter
Ein fremdes Feuer sprüht aus sei
nen drohenden
Augen.
So
erschien der
vom Berge Sinai herabgestiegene
zornige
Moses vor den Juden, als er die Gesetzes tafeln zerbrach. hende Blitze
Anselms Stirne warf dro
nieder;
es war
als ob das
Rollen des Donners seine Stimme beglei
tete;
aus
Blitzen
schien
der
Mann
des
himmlischen Strafgerichts vorzuschreiten: — „Karl der Kühne!
rief er:
Geissel
der
19-5
Völker! welche Gewalt vermochte dich aus dem Grabe zurückzuziehen! Saint Maurs Mör
der! am Altare des Herrn wagst du deine
blutige Hand der Tochter deines Schlacht opfers zu reichen!...
Schändlicher Ver
Siehe Zrena's irrenden Schatten
führer!
Herstalls
siehe
hervortreten,
Tochter
de»
blassen Körper ihres Kindes zu deinen Fü
werfen !....
ßen
Krieger!
Kirchenschänderischer
höre das Geschrei der erwürgten
Mönche dieses Klosters!
Henker der Völ
die Erde schleuderr dich mit Abscheu
ker!
von sich,
und die heiligen Tempel stoßen
dich aus...
Fliehe, Ungeheuer!
entweihe
diese heilige Halle nicht länger mehr durch
Zm Namen
deine verworfene Gegenwart.
des Ewigen erhebe ich hier meine Stimme:
Verflucht sey der Verbrecher,
der blutdür
stige Eroberer,
der Kirchen
der Mörder,
schänder, der Gottlose...
Fluch Karl dem
Kühnen! Fluch!« Und der Nachhall der Grüfte
holte
von
alle»
Seiten i
—
wieder „Fluch!
Fluch!
Zn
terte ein heftiger Windstoß,
wie ein neuer
Vollstrecker des strafenden Zornes
lige Gebäude.
das hei
Die Erde dröhnt.
fromme Denkmal wankt
Grundvesten.
erschüt
demselben Augenblick
Das
auf seinen alten
Mit Gewalt reißt der Wind
die trüben Fensterscheiben des HeiligthumS
auf, zerbricht sie, schleudert sie herab,
dringt wirbelnd bis zum Altare:
zen
verlöschen;
die Kirche ist
Finsterniß versenkt,
und
die Ker wieder in
und die vom Sturm
bewegte Glocke der Abtei fängt an zu läu
ten....
Elodte erkennt den unseligen Ton
wieder,
welcher
ihrem ersten Schwur in
der Gruft folgte. — ungssegen!"
ruft sie,
„Da- ist der Trau und sinkt leblos auf
die marmornen Grabsteine hin. Wie Heliodor im Tempel zu Zerusalem,
vor dem Engel mit den flammenden Dlik-
ken zu Boden geworfen,
ist der unglück
liche Herzog von Burgund mit der Stirne
in den Staub gestürzt.
durchrieselt seine Adern,
Ein tödlicher Frost
sein eisiges Blut
stockt;
feine
fein irres Auge schließt sich,
seine Bewegungen wer
Glieder erstarren, den juckend;
er stößt ein dumpfes Aechzen
aus, und während einiger Augenblicke ver
liert er Stimme, Gefühl und Bewußtseyn.
Endlich schlägt Karl die Augen wieder Der Graf von Norindall hält ihn in
auf.
seinen Armen.
Bei dem
bleichen Schein
einer Kerze, welche der Wind selbst wieder
angezündet hat, sucht der Fürst rings umher die Jungfrau von Unterlachen;
aber durch
Anselm zu der Abtei gebracht,
war sie auö
der
Der
Kapelle
Raum
ist
verschwunden«
verödet;
Bannfluch
heilige
und
Tod
haben Liebe und Vermählung daraus ver scheucht.
Kein menschlicher Fußtritt,, kein
sterblicher Laut unterbricht die fürchterliche Grabesstille.
Alles unter diesem unglückseli
gen Gewölbe scheint von der Verdammniß erreicht zu seyn;
und Karl hört von Zeit
zu Zeit nur das heisere Geschrei des Vos
gels
der
Ruinen,
wenn
er
in
seinem
Trauerflug die verlassenen Gallerten durch-
.Der unheilbare Schmerz ist stumm
rauscht,
das Grab.
wie
Karl
das
hatte
maß der Leiden erreicht.
Ueber
Betäubt, regungs
los, gleichsam nur noch das Bild seiner Selbst, betrachtete er
Freund
seine»
mit
starren
als wenn sich die Erinnerung an
Blicken,
Eckbert aus
seinem
hätte.
steht
Er
Schritte,
wie
verwischt
Gedächtniß
wenn
geht
und
auf
er sich
einige
überzeugen
wollte, daß noch Bewegung und Leben in
ihm sey;
befühlt sich mit Erstaunen,
wenn er sich zum erstenmal kennen spricht leise mit sich selber,
als
lernte,
als wenn er
sich fragte, wer er ist.
Sich von Eckbert entfernend, vertieft er sich unter dem dunklen Gewölbe Sein Auge ist wild,
pelle.
der Ka
sein
Gang
rasch; die Stirne zur Erde gesenkt, setzt er
sich bei einer Säule nieder, unverständliche Worte, Lippen, mit
seltsame
Laute entschlüpfen seinen
und geheimnißvoll scheint er sich
unsichtbaren
Eckbert naht sich,
Wesen
zu
unterhalten.
spricht zu ihm... aber
wenn
als
einer unbekannten
er
Stimme
gebietet Karl durch einen
Lauschen müßte,
Wink Stillschweigen.
Der Sturm hatte sich verzogen, dem Grafen von Norindall,
von seinem Freunde wich,
welcher nicht gelang es end
ihn der unglücklichen Kirche zu ent
lich,
Er zog ihn mit sich fort,
reißen. aus
und
der Abtei.
Aber
und
Karl stehen
er floh
auf einmal
blieb
stieß Eckbert zurück. —
„Wohin gehe ich?"... rief er. —
„Auf
den Wildberg." — „Wer will es haben?" —
Und dieser, fast nur aufs Gera
„Elodie."
dewohl ausgesprochene Name
magische
Wirkung hervor.
brachte
eine
Ohne Wider
stand folgte der Herzog von Burgund sei
nem Führer. rüttung,
Zn fortdauernder Geisteszer-
setzte er über den Strom, durch
ging
den Wald, klimmte
auf;
und,
des
den Berg hin
wahrscheinlich durch die Milde
Himmels
des
Bewußtseyns beraubt,
war er in die Einsiedelei eingetreten, ohne zu wissen, woher er kam, noch wo er anlangte.
Zn der wilden Hütte der Verbannung endlich
erlag
Leidens;
Karl
dem Uebermaß seines
vernichtet sank er auf die Schilf
matten nieder.
Wie eine Bleimasse
legte
sich ein tiefer Schlaf über seine starren Glie
der; und
die Ruhe der Empfindungslosig
keit unterbrach in ihm für wenige Stunden
die Qual des Daseyns.
Die Schleier der Nacht wurden dichter. Der Regen fiel in Strömen herab.
Nicht
weniger unglücklich als sein Fürst,
wachte
der Graf von Nortndall bei Karls leblosem Körper, als er sich plötzlich bei seinem Na
men rufen hörte.
Eckbert hob die Augen
und Vater Anselmus stand vor ihm.
auf,
Von Erstaunen ergriffen blieb der edle Rit ter still.
Die erste Aufwallung des Zorns
zurückdrängend, wendete er das Haupt ab...
dann,
mit einem
bittern Lächeln auf den
Unglücklichen zeigend,
sagte
er zu
dem
Priester:
— „Hier ist er! donnert
auf
ihn!
Unversöhnlicher
noch einmal
Diener
der
betrachtet euer
Rache,
öden Felsen der
der
Strohdach
Opfer.
Auf dem
Verbannung,
unter dem
Dürftigkeit,
diesen
sehet
leblosen Körper, diesen ohne Beistand dahin
sterbenden Menschen....
zwinger Europa's,
Es rst
der Be
der mächtigste der Für
sten, der Held des Jahrhunderts, der
Karl
Kühne!....
Seid
dieß ist
ihr
nun
befriedigt?" Anselms Gesicht schwamm
in Thränen.
— „Der Himmel hat es so geboten, sagte der Greis.
Zch habe
Diener
Altars
des
meine Pflicht
erfüllt,
ich
als
komme,
meine Obliegenheit als Hirte der Menschen zu verrichten.
So sehr als das eure,
vielleicht noch mehr, O Eckbert!
rissen.
ist
mein Herz
herabschleuderte,
Burgund
war
eine unwiderstehliche
durch
wirkung auf mich dazu angetrieben. Mund
hat — — mir
Worte ausgesprochen; über meine Lippen ,
zer
als ich den Blitzstrahl
auf Karln von ich
und
Ein Mein
selbst unerwartete
der Bannfluch ging
aber nicht aus meiner
Seele,
Eine übernatürliche Gewalt wirkte
in mir.
Als Werkzeug des Himmels habe
ich im Kloster gedonnert;
Thales
als
Greis des
in der Einsiedelei zu
komme ich,
weinen."
Frömmigkeit,
Die
Wahrheit,
erhabenen
der Schmerz,
die
die christliche Liebe hatten ihre Züge
.auf
Priesters geprägt.
das
Angesicht
des
Als Eckbert, Anselm's
Thränen und seine durch die Zahre gebleich ten Haare
als er seine seuf
betrachtete;
zende Stimme und klagende Rechtfertigung hörte;
vermochte er nicht, ihn zurückzusto-
ßen.
Er
seufzte
und
die
Vorwürfe
schwiegen. „Edler Graf von Norindalt,
fuhr An
selm fort, ohngeachtet der Finsterniß,
der
Gefahren des Weges und meines vorgerück
ten Alters, wollte ich euch diese Nacht spre
chen.
Der Himmel hat mir Kraft verlie
hen zu euch zu gelangen: sich endlich besänftigen.
Ziel
der
vergeltenden
sein Zorn kann
Vielleicht ist das Strafe
gekommen.
D saget Karln, da er mich jetzt nich: hören kann,
sagt ihm ja,
daß er nicht an der
Vorsehung verzweifeln soll,
und daß hie-
nieden kein Unglück unheilbar sey."
— „Wie!
rief
ihr
Eckbert,
konntet
hoffen ! ....
— „Die Hoffnung ist eine Tochter des
Himmels,
Niemand
fiel ihm der Greis ins Wort; soll sie
Meine
zurückstoßen.
Stimme hat den Bannfluch ausgesprochen,
der Ewige kann auch durch meine Stimme
Aber,
edler Eck-
Karln und Elodien
zu retten,
Vergebung verkündigen. bert,
um
laßt euch von meinem Rathe leiten! dem Bestreben des Seelenhirten
stehet
von
Un
terlachen bei!"
— „Ach! sprach Eckbert mit Feuer, verfüget über mein
ganzes
Leben.
Befehlet!
ich
gehorche: Sprecht! was soll ich thun?"...
„Haltet Karln in der Einsiedelei zurück, antwortete Anselm; und der Eintritt in die
Abtei
muß
ihm für einige Tage
versagt
bleiben! Saint Maurs Tochter ist sterbend;
die geringste Erschütterung
kann ihr
Leben
verkürzen; der Anblick des Fürsten in diesem
Augenblick würde ihr den Todesstoß geben.
Weder er, noch ich, dürfen vor ihr erschei
nen.
Eckbert, wachet über Karl,
ich kehre
zurück, um über Elodien zu wachen."
Bei diesen Worten schickte er sich an, die Hütte zu verlassen.
Nichts schreckt ihn,
weder der Wald, noch die Wildbäche, weder der
Regen,
noch die Finsterniß.
Seine
Kleider triefen, seine Glieder sind von Frost erstarrt; Anselm hat nichts bemerkt, nichts davon
empfunden:
seine
und
glühende
fromme Seele hat ihre sterbliche Hülle wie
vergessen; mit Freuden würde er
um den
Preis seines Lebens den Bannfluch
zurück
erkaufen, den er geschleudert hatte. Nachdem er noch
Herzog
von Burgund
wieder
zurück;
Fürsten
und
aufhebend:
einen Blick auf den
geworfen,
kam er
die kalte Hand Unglücklicher!
des sagte
der Greis, einmal in meinem Leben bin ich also grausam gewesen!
„Gerechter (Sott! fuhr er fort, indem
er auf die Kniee fiel und Karls Hand in
den [einigen drückte; zigkeit!
wenn
Gott
irgend
Handlung meines
Barmher
tugendhafte
Lebens eine Belohnung
zu verdienen vermochte, um welche ich
der
eine
dich
die,
schenke mir
anfiehe!
rette Karl!
rette Elodie!
Oberster Richter des Geschickes!
bedarf
eS eines Sühnopfers, so treffe mich! ich bin
es zufrieden;
verdamme den Rest
meiner
Tage zu den gräßlichsten Martern der Buße, ich unterwerfe mich, und
begnadigt,
aber laß nur, vereint
Elodien
und
Karl das
Glück wiederfinden.
Karl! hier leiste ich dir den Schwur: nie werde ich mehr das härene Gewand ver
lassen; nur von wilden Kräutern will
leben, nur das
ich
Wasser des Stromes soll
meinen Durst stillen; nur auf Asche werde
ich schlafen.
Möge ein Leben voll Entbeh
rungen und Qualen für dich den
Ewigen
besänftigen, und jede Spur des gräßlichen
Schlages verlöschen, womit ich dich gegen
meinen Willen traf!“ Längst schon hatte der Pfarrer von Un
terlachen
den
wieder
Kloster
zum
Weg
als der Herzog von Burgund
angetreten,
Die ersten Strah
ins Daseyn zurückkam.
len des Tages erleuchteten die Hütte. — „Elodie!
Augen Stimme
Elodie!"....
umherwerfend. der Waise
Karl
rief
Aber
die
die
süße
antwortete
dem Ruf
zur
Vernunft
der Liebe nicht mehr.
Der Fürst
war
zurückgekehrt.
wieder
Die
ist auf seinen Zügen;
finsterste Abspannung
seine Ruhe
ist die
letzte Abstufung der Leiden, seine Ergebung
unglückverkündigend, und sein düsteres Hin brüten
eine geistige
Vernichtung.
Karl
hatte in seinem Leben alle Klagen des Un
glücks, alles Toben der Raserei, alle Seuf zer der Reue, alle Laute der Verzweiflung erschöpft.
Ach!
von
allen
Aeußerungen
des Schmerzes ist bei ihm sein Schweigen die furchtbarste.
hegte der Graf
Noch
Norindall
von
einige Hoffnung; er erzählte seinem Freunde Anselms nächtlichen Besuch, den Beweggrund dieses Ganges, und sein rührendes Gebet.
Kaum von
seinen Wunden wieder herge-
stellt, hatte Eckbert bleich
opfert sich
für
und leidend die
der Hütte gewacht,
ganze Nacht in
seinen
Karl betrachtet,
und
Waffenbruder auf.
hört ihn, und
allmählig
öffnet sich seine Seele den Erschütterungen des Gefühls wieder: eine flüchtige Thräne
fällt von stürzt
seinen Wimpern herab.
in
seine
Arme.
—
Eckbert
„Weine!...
ruft er, — Weine! der Himmel und die Erde erwarten diese Thräne."
— „Die Erde!... antwortet der Fürst; die Erde erwartet nichts mehr von mir als meine sterbliche Hülle: und derHLmmel!"...
—
„Der
Eckbert,
der
Himmel,
unterbricht
Himmel
ist
die hochzeitlichen Fackeln können sich
anzünden."
Karl
ihn
entwaffnet;
erwiederte nichts.
wieder
Eck
bert führte seinem Geiste nur tröstliche Bit-
der vor,
den
und versuchte,
Balsam
Folgsam
den
in Karls Seele
Hoffnung
der
Wünschen
zu
träufeln.
seines Freundes,
verließ der Fürst die Einsiedelei nicht; aber
zwei
Tage vergingen
in
tödtlichsten
der
Angst; keine Nachricht aus der Abtei!.... und der Graf von Norindall fürchtete, sich
von Karin zu entfernen!.... Eckbert fing an,
sich von Anselm für.
verlassen zu halten; und doch hatte Anselm nicht aufgehört, ihm geheime Boten zu sen-
den, um ihn von dem hoffnungslosen Zu stande der Waise und den Fortschritten ihrer Krankheit zu unterrichten: ihnen
wagte,
ersteigen;
den
aber keiner von
gefürchteten
Berg
zu
und der Greis wurde durch fal
sche Antworten getäuscht. Die Morgendämmerung des dritten Ta
ge- brach in dem Thal an: vermochte
Karl
ertragen, welche
die
ihn
nicht
schreckliche
verzehrte.
länger
Angst
zu
Eckbert-
Wachsamkeit zu entgehen, war sein einzigeVerlangen, sein einziger Gedanke geworden.
2C9
Ein Geräusch ließ sich unten am Fußpfad,
der
führte,
Einsiedelei
zur
—
hören.
Der Graf von
„Man kommt!" rief Karl.
Norindall stürzte fort, stieg den Berg hin
unter;
—
Nachsuchung!
— vergebliche
eitle Erwartung!
Voll Verzweiflung kehrte
Eckbert zur Hütte zurück....
von Burgund
Der Fürst
Schon ist der Herzog
war verschwunden.
jenseits
des
Stromes;
er
geht durch das Thal: die Thüre des Parks ist offen;
er
dringt
in
Gärten....
die
Alles schläft noch in der Abtei; Niemand
kann
ihn bei Elodie einführen.
tet seine Schritte zu
dem
Er
rich
unterirdischen
Gang, welcher mit der Kapelle in Verbin dung steht;
wenn
er in den Mauern des
Klosters auch nicht bis zu Elodien zu drin gen vermag,
so hofft er doch irgend einem
Diener zu begegnen,
der ihn
von ihrem
Schicksal unterrichten kann. Vor dem Gebüsch,
wo Herstalls sterb
liche Hülle ruhte, blieb er stehen: hier war
II.
14
es, wo er zum erstenmal vernahm, daß er geliebt wurde. Im Vorübergehen wollte er die Laube der Liebe und des Todes begrüßen: er geht vorwärts, biegt die Zweige auseinander, und wagt kaum sei nen Augen zu trauen. — Weiß wie die Schneeflocke, welche an den Tannen der Alpen hängt, erblickt er ein bleiches klagendes Schattenbild, matt gegen da- Todtenkreuz gelehnt. Mit von Furcht und Hoffnung schlagendem Herzen nähert sich Karl; die Jungfrau des einsamen Gebüsches erhebt ihre blasse Stirn, und erblickt ihn. — „Karl!“ ruft sie, will auf ihn zustürzen, sinkt aber auf den Grabhügel, kraftlos vor seinen Füßen nieder. — „Elodie! schreit der erschrockene Fürst, indem er die Unglückliche aufhebt, ihr hier!".... Großer Gott! wie sind ihre Züge durch die Leiden verblüht! und doch, wie schön ist sie noch! — „Sie wachen rings um mich, spricht die Waise mit irrem Sinn, aber
der Schlaf hat ihre Augen gegen ihren Willen geschloffen; in einem Fieberanfall bin ich meinen Wächtern entkommen: ich habe hieher gehen wollen, um zu sterben." Dann fährt sie, allmählig ihre Lebens geister sammelnd, fort: „Karl, ich ahnete daß wir uns noch Wiedersehen würden.... Hier war es, wo Elodie das erste Geständ, niß der Liebe aussprach: hier wird sie den letzten Abschied vom Leben nehmen." — „Nein, ruft Karl mit Heftigkeit; nein, nichts, nichts, selbst das Grab nicht, wird mich von dir trennen." — „Ich wäre so gern auf den Wild berg gegangen; aber meine Kräfte erlaubten es nicht, erwiedert die Waise mit schwacher sterbender Stimme. Ach! ich war so glück lich in der Einsiedelei... Es dünkt mich, als ob mich dort der unerbittliche Tod nicht erfassen könnte; die Liebe hätte ihn zurück gehalten. Der Hauch der Liebe ist ja das Leben!“... — „0 Gott! sprich nicht vom Tode!
unterbricht sie Karl verzweiflungsvoll,
von Liebe rede mir.
Einsiedelei
zur
nur
Komm, du wünschest
zurückzukehren,
laß
unS
Du kannst nicht gehen,
dahin aufbrechen!
nun wohl,
ich trage dich auf meinen Ar
men dahin.
Dort ist der Himmel milde,
dort lächelt uns die ganze Natur;
ruft uns die Liebe;
dorthin
dort erwartet uns das
Glück." — „Das ach! ja,
wiederholt
Glück!
Elodie,
daS Glück war dort.», laß uns
hin."
Als sie dieses sagte, wollte sie aufstehen:
aber der Frost des Todes durchdrungen. Augen vorüber,
wie das Gespenst des letz
ten Augenblickes.
Sie sinkt wieder
den Worten zurück: —
ist zwischen uns...
werde den Wildberg
mit
„Karl, der Fluch
Nein, ich werde nicht
zur Einsiedelei gelangen.
hen.
hat ihre Adern
Eine Wolke zieht vor ihren
Zch fühle es, ich
nicht mehr Wiederse
Ach! warum bin ich von ihm herab
gestiegen!"....
Ihre ' Stimme
von
Unterlachen
erlischt,
ist der
die Jungfrau
Ohnmacht nahe.
Der Fürst zieht sie außerhalb des Gebüsches:
die Liebe, die Wuth, die Verzweiflung, der Wahnsinn
herrschen in allen seinen Reden,
brechen aus seinen Bewegungen hervor: —
„Halt ein! sagt Elodie, ihren Sinnen wie der mächtig, o mein theurer Geliebter, halt
ein!
Sieht man von hier aus den Wild
berg ?.... erblickt man von hier die Hütte des Einsiedlers?
O, Tod gewähre mir noch
einige Athemzüge. —
Dorthin nur noch
einen einzigen Blick; einen letzten Seufzer!" — „Elodie! Elodie! ruft Karl, der zer
reißenden Angst feiner Seele unterliegend
rede mir nicht so;
meine Kräfte verlassen
mich, du entreißest mir das'. Leben."
Dann
„Was sprichst du von Bann
lassend: —
fluch.
Bereit,
Anselmus Der
auf eine Rasenbank nieder
sie
ihn
zurückzunehmen,
versprochen
Himmel
sobald Elodie
verzeiht znm
uns zu
vereinigen.
endlich....
Altare
hat
und
zurückzukehren
vermag, wird Anselm, im Namen des All
Karin und seine Geliebte ein
mächtigen,
segnen." spricht die Waise, der
„Was höre ichl
verzeiht!...
Himmel
Gattin seyn!
würde
Zch
deine
glücklich
wir könnten noch
werden!"...
Blick
Elodiens pocht heftig;
ihr
Herz
rin leichtes Roth färbt ihr
ein Strahl von Freude erscheint
Gestcht;
auf ihren
Waise
ist beseelt;
ist
matten
Zügen:
die
sterbende
plötzlich
wieder
zur
reihenden
Jungfrau von Unterlachen geworben. Karl
lebte wieder
zur Hoffnung auf.
— „Za, erwiedert er mit Entzücken, auf
dem Berge, in der Einsiedelei,
werden wir
das Glück wiederfinden!"
Elodie erhebt sich wankend. — sagt sie,
welcher süßer Augenblick!
Begeisterung
durchbebt
mich!...
„Karl, welche
Nein,
nie habe ich dich so sehr geliebt; öffne dei ner Braut die Arme; ich will deine Stimme näher hören....
0 Karl!
ich bedarf eS,
das meinige schlagt,
b»5 dein Her; gegen
ich muß deinen Hauch einathmen, ich habe dein ganzes Leben nöthig."
Die
sanfte Jungfrau von Unterlachen
ist in den Armen ihres Gatten.
Er drückt
ste leidenschaftlich an seine Brust; ElodienS sanft
auf
seinen
Haupt
ist
geneigt:
ei» tiefer Seufzer entwindet sich
Dusen
ihren Lippen; sie hat den Namen des Ein
siedlers
ausgesprochen...
seine Geliebte gerettet,
glaubte
Karl
und seine Geliebte
hatte ausgehört zu leben!... Der unglückliche Herzog von stößt ein Jammergeschrei aus.
nicht mehr!...
Burgund Elodie ist
Auf Herstalls Grab legt
er die angebetete Jungfrau nieder; sich in Raserei zur Erde werfend,
dann
beißt er
mit den Zuckungen des tobenden Wahnsinns
in den Rasen drs Grabhügels, die Haare aus,
reißt sich
rnd zerfleischt sein Gesicht
mit gewaltthätigen Händen. gen sind geschlossen...
Elodiens Au
Es ist aus;
das
einzige Licht, das für ihn auf Erde» glanzte.
ist für immer erloschen. die Vernichtung
Das Entsetzen,
umhüllen ihn
mit ihrer
Ach! Karl der Kühne,
dichten Finsterniß.
bestimmt alle Qualen des Daseyns zu erdul
den, sollte,
vom Gipfel jeder menschlichen
Glückseligkeit herabgestürzt,
nach
einander
alle Martern des Herzens empfinden, durch jedes Gräßliche, jede Verzweiflung des wehe
vollen Thales gehen.
Eine furchtbare Regungslosigkeit folgte
den
heftigsten
Während
Ausbrüchen
einiger
der
Raserei.
Augenblicke schien Karl
mit seiner Geliebten in den ewigen Räu
men vermählt zu seyn.
Plitzlich richtet er seine zerstörte, dem Blut der Wunden
von
die er sich im An
fall der Wuth schlug, befleckte Stirn wieder
Nicht weit von dem Fürsten vergoß
auf.
in diesem Augenblick ein kaieender mit In brunst neben
betender Priester der
entseelten
bittere
Zungfrau.
Thränen Karl
erkannte Anselm.
— »Barbar!
schrie er, mit Wuth auf-
stehend:
du
weinen!
wer hat sie
Thränen
Wer hat sie in
dein Mitleiden gung;
vergießen!.... du
getödtet?....
denn
das Grab gestürzt? ist nur
Ha!
eine neue Beleidi
dich, Ungeheuer! oder ich
entferne
füge ein Verbrechen mehr zu den übrigen Verbrechen meines Lebens! ich
darf dich
opfern.
ihrem
Za, ich will,
klagenden
Schatten
Ich konnte ihr noch nicht folgen,
weil ich sie zu rächen hatte."
Nach diesen Worten ergriff er,
in Er
manglung eines Schwertes, einen ungeheu
ren, zur Grenze nenden Stein;
bei Herstall's Grab die
und
dem
blutigen
Geier
ähnlich, welcher auf den vertheidigungslosen Vogel eindringt,
hebt der Fürst den Tod
über Anselm's Haupt empor.
— „Treffe! spricht der Greis mit Ruhe und ohne seine ehrwürdige Stirne zu beu gen, treffe nur, Unglücklicher! und wage es, dich
hier
für
die
Ewigkeit
von
ihr zu
trennen!" Von dem
Tone des Priesters,
seiner
Ergebenheit, seinem Muthe, und von dem erhabenen Ausdruck rascht, hält
seines
Blicke-
über
Dann, den mör
Karl inne.
derischen Stein weit von sich schleudernd: — „Nein,
ruft er aus,
Todt noch gebietet
sie
sie ist zugegen....
Seele....
meiner
Ein Verbre
Du wirst nicht umkommen.
chen, eine That der Rache waren verabscheu ung-würdig ihren Augen.
Zch will die Luft nicht entwei
wärtig...
hen ,
Sie ist gegen
die sie noch eben erst einathmete....
Ihr letzter Hauch umweht mich, ihn, er spricht zu mir....
0!
ich höre
antworte,
Elodie! hast du mir nicht eben zugerufen...
Halt inne!"
Und mit irrem Wesen neben seiner Ge
liebten auf die Kniee sinkend,
beugt er sich
zu ihr, und sie immer noch fragend, wieder
holt er mit einem herzzerreißenden Schrei: — „Antworte, Elodie, antworte!.... e-
ist dein Geliebter, der dich ruft." Der
Greis
Karl- schmerzliche
von
Unterlachen
Qualen.
—
theilte
„Elodie!
rief er seiner Sekts: vermagst du nicht auf
seine Stimme zu antworten?....
O du,
die du ihn so
träufle
sehr geliebt
hast,
wenigstens aus den unsterblichen Höhen, die du schon bewohnest, auf die Wunden dieses
einen
Unglücklichen
Balsam
lindernden
herab." Erstaunt betrachtet der Fürst den Prie
ster bei diesem rührenden Gebete.
Mit in
Thränen schwimmenden, zum Himmel erho
benen Augen, die
göttliche
flehte Ansekmus für Karl»
Barmherzigkeit
an.
Seine
weißen Haare, seine fromme Stellung, seine begeisterte Stimme, alles erinnerte bei ihm
an den Vater der Wüste,
als er sich mit
dem Ewigen besprach. — „Du
Fürst Zorn:
mit
betest für mich? düsterer
Grausamer!
Stimme, du
hast
Bannfluch vergessen!".... nur an dein Unglück,
mit Nachdruck.
sprach
aber
der
ohne
denn deinen
— „Zeh denke
antwortete Anselmus
Karl,
der
Himmel
hat
dich für wenige Augenblicke von dem Engel
getrennt, den er dir nur darum sandte, um
dich zu ihm zurückzuführen: Hoffnung
du
Willst
des
Himmels
dich
durch
der Verzweiflung,
willst du die täuschen?....
strafbare Ausbrüche
durch ein gottloses Ende
in den Abgrund zurückstürzen?...
Willst
daß die angebetete Jungfrau,
welche
du,
dich zu sich ruft, noch jenseits, im Aufent halt ewiger Seligkeit, Thränen vergieße?"
— „Sie
ruft
mich!....
Hören wir sie."
Karl verwirrt....
So sprach
wiederholte
und seine Blicke gegen
er,
das Todtenkreutz wendend,
glaubte er in
diesem Augenblick einen Lichtstrahl auf die Waise
des
Klosters herabfallen
zu sehen.
Elodiens Züge schimmern in einem überna türlichen Glanze;
das Gebüsch ist wie von
einer Weihrauchwolke durchduftet, scheint,
als ob aus
und es
den Höhen der Lüfte
eine himmlische Stimme den Namen „Karl" ausgesprochen habe.
— „Anselm! sagte der Fürst außer sich, sie hat gesprochen....
sie
erwartet mich.
Aber wer wird die Schranken niederreißen, die mich von ihr trennen?
wer wird mir
den Himmel aufthun?"...
— „Wer!...
von heiliger Begeiste
antwortete Anselm,
rung ergriffen; derjenige, welcher als Nach
folger der Apostel die Gewalt zu verdammen zu binden und zu lösen
und loszusprechen,
empfing.... ein Stellvertreter des Ewigen,
Anselmus selbst."
Barbar !"... schrie
— „Ihr,
mit Entsetzen
Karl,
zurückschaudernd. —
fuhr
mächtiger Gott,
„All
Anselm fort, führe
den Unglücklichen zu dir zurück.
Was ver
mag meine Schwachheit ohne deinen Bei stand!
Geist Gottes,
beseele mich.
Was
ser des ewigen Lebens, rinne vom unfrucht baren
Wüste
Felsen
herab!
verbreite sich
Worte des
Friedens
bis zu Karls Herzen. meines
Lebens,
selbst hinaus!
Ueber die
finstere
himmlische Klarheit!
und
Heils,
Ihr letzten
dringet Kräfte
schwinget euch über mich
Möge ich ihn retten,
dann sterben!"....
und
Bei diesen Worten, kannte Macht
durch eine
unbe
eine unwider
überwältigt,
stehliche Bewegung hingerissen: — „Gott ihn Karl
meiner
mit Heftigkeit,
meines Lebens sind abgebüßt!....
unterbrach
Elodiel
die Verbreche»
also noch nicht genug
Wohlan! du entreißest mir
den letzten, den schrecklichsten Kraftaufwand
der menschlichen Tugend....
den
Füßen
desjenigen
Zch sinke zu
nieder,
Alles auf Erden genommen,
der
mir
der mir mehr
als daS Daseyn geraubt hat.
Zch erflehe
meine Verzeihung von dem Manne, welcher für
mich
der
gewesen ist....
grausamste
der
Menschen
Hier steht ElodienS Mör
der! und ich will ihn Vater nennen." Dann vor Anselmus niederknieend: — „Diener des Herrn!
Wort, widerrufe
nahm er wieder daS
denn deinen
Bannfluch:
jede Schranke sinke zwischen Elodien und mir danieder!
Spreche Karl den Kühnen
los, öffne ihm den Weg zum Himmel!... Segnet mich, mein Vater."
Bei diesen letzten Worten erstarb die Stimme auf seinen Lippen. Das gräßliche Opfer war vollbracht; seine Kräfte verlie ßen Ihn. Am Fuß des Kreuhes, welches er umfaßt, blieb Karl wie versteinert liegen. — „Richter der Barmherzigkeit! rief Anselmus mit aller Begeisterung des christ lichen Glaubens, es ist geschehen, du ver zeihest; ich fühle es, dein himmlisches Feuer ist auf mich herabgestiegen, du sprichst zu mir, du beseelst mich."... Der Hirte der Gläubigen unterbrach sich einen Augen blick, als wenn er einer göttlichen Harmo nie lauschte, als wenn er insgeheim Worte des Schöpfers empfinge; dann plöhlich fuhr er mit fast übermenschlicher Stimme fort: — „Karl von Burgund, deine Reue hat den Ewigen gerührt; deine Leiden ha ben deine Missethaten abgebüßt: im Namen Gottes des Barmherzigen, im Namen Gor-
res des Erlösers,
sind dir alle deine Sün
den vergeben." So spricht
umgeben
er;
ihn
wie
mit
funkeln,
Blicke
seine
strahlet, seine
Stirn
seine
weißen Haare blendenden
einem
Lichtschein; es ist Johannes, der die Wüste
erleuchtet; es ist Elias auf dem Berge Carmel, welcher der Natur das Leben wieder-
giebt.
O
erhabne
Wunder
Karl von
der
Macht der
Frömmigkeit!
Burgund,
Religion! der
0
berühmte
von seiner irdischen
Hoheit herabgestürzt, seines Ruhmes entklei det, jeder Hoffnung, jeder Glückseligkeit abge storben, fühlte bei der Stimme eines einfachen
Priesters, Kreutzes,
am
Fuß
einer
bescheidenen
in seiner Seele einen unerwar
teten Frieden, und eine göttliche Begeiste
rung. fen
Der Erinnerung, wie den Vorwür
entgangen,
erquickt, ließ Karl, Himmel
erreicht
mit
ungehofftem
Troste
als wenn er schon den hätte,
weit
hinter stch
zurück, was die Erde ihm nun noch geben
22Z
konnte.
Der Graf von Norindall erschien
jetzt am Eingang deS Gebüsches-
er hatte
alles vernommen, alles gehört. — „Eckbert, rief Anselm, entreißt euren
Zeh habe
Freund diesem traurigen Orte! gegen die Waise des
letzten
Klosters die
Pflichten zu erfüllen." Eckbert fürchtete Karls Widerstand; wie
groß
Erstaunen!
ist aber sein
hört ihn an, auf und folgt
antwortet nichts, ihm.
Schon
Fürst
der
steht aber
beide,
find
nachdem sie den Berg schweigend erstiegen,
in der
Einsiedelei
angelangt.
Ach!
der
Graf von Norindall hatte ja auch in Elo-
dien das einzige Wesen verloren,
für wel
ches jemals sein Herz in heißer Liebe schlug; und gezwungen seine Thränen zurückzuhal ten, muß er, seinen Schmerz unterdrückend,
Trost spenden, wo er selbst untröstlich ist. Ein geheimes Vorhaben schien alle an
dere Gedanken Karls zu verschlingen. hig wie die Empfindungslosigkeit, wie der Tod, II.
Ru
stumm
das Auge beständig auf den
15
Horizont gerichtet,
den Tag endigen zu
Ungeduld gemartert,
Die Nacht nahte endlich, und Karl
sehen.
brach
„Eckbert,
Stillschweigen. —
das
sagte er,
wenn du
meine letzte Ditte,
ach!
gern!" —
mich
so
liebst,
höre
letzten
erfülle meinen
„Sprich,
Wunsch." — bert;
von der
schien er nur
antwortete dir
verwei
„Laß mich vier und
zwanzig
was
könnte
ich
Stunden allein in der Einsiedelei;
meine Hoffnung ist.... aber
frage
nicht was
mich nicht, was meine Absicht,
Unglück,
Eck»
bei
meinem
bei deiner Freundschaft schlage es
deinem Waffenbruder nicht ab: dir,
meine Tage nicht
diese
Gegend nicht zu
morgen Abend
ich schwöre
zu verkürzen und verlassen.
Komm
zur nemlichen Stunde
zu
deinem Freund zurück, du wirst ihn in der
Einsiedelei finden." Der
Graf
von
zwar Karls geheimes
Norindall wußte Vorhaben nicht
sich
zu
erklären, aber er kann sich nur seiner Ditte
fügen.
Er wollte sich entfernen,
er hatte
die Schwelle „Eckbert!
der Hütte überschritten.
rief
Karl
mit
— und
zärtlicher
wehmüthiger Stimme, ein Wort noch!....
Theurer großmüthiger Eckbert, ehe du mich vergieb mir den vielen Schmerz,
verläßt,
den ich dir zufügte: vergieb mir die Thränen,
die
du
um meinetwillen vergossen;
vergieb mir deine Leiden, dein Unglück!" — „Ich! hen!....
rief Eckbert,
ich dir verzei
daß
Hast du glauben können,
die Opfer der Freundschaft Martern wären!
daß die Hingebung ein Unglück sey!....
O
mein Fürst! o mein Freund! war ich nicht
dein Waffengefährte?
hattest du nicht da-
Recht, Alles von mir zu fordern. Alles von meinem Herzen zu erwarten?"
— „Ohne mich, erwiederte Karl bitter,
wäre sie
deine Gattin
geworden.
Ohne
mich würden der Graf von Nonndall und die Zungfrau von Unterlachen in liebendem
Verein glücklich mit einander leben.
habe dir den Gegenstand zogen;
Zch
deiner Liebe ent
ich habe dir das Glück entrisse»,
---------------
238
und mich ihrer nur bemächtigt, um str in«
Ach! dies war meine
Grab zu stürzen.
Bestimmung: ich, die Qual aller Wesen, die
mich geliebt, verbreitete nur den Schmerz,
das
Entsetzen
und
den
um
Tod
mich.
Viele Herzen haben sich zu Karln geneigt...
Er empfing sie nur, um sie zu brechen."
— „WaS sagst du? fiel Eckbert lebhaft
ein.
Welcher Fürst verbreitete mehr Wohl
thaten um sich her, wer verstand sich tzesser auf die Freundschaft wie du?
Wer
stand
als
Gebieter der Kbnige,
Held des Jahrhunderts,
auf dem Gipfel
menschlicher Höhe,
ließ
und
auf den dunklen Eckbert
sich
herab,
einen
günstigen
und zärtlichen Blick zu werfen?
Wer hat
mich mit Würden bekleidet?
wer mir drei
mal das Leben gerettet?....
Karl,
fuhr er fort,
meine Erhebung, Reichthümer;
ich verdankte dir
meine Ehreniitel, meine
von diesem Tag an entsage
ich ihnen auf immer:
fern von Höfen und
Palästen, werd« ich
künftig
keine andere
------------------
22Y
Wohnung haben als deine Hütte, kein and«« res Daseyn als dein Leben. dieser öden
Zch will auf
Erde
freudlosen
nichts
mehr
sehen, niemand mehr folgen, niemand mehr
nicht den
lieben als Karln,
vom Glück
begünstigten, ruhmgekrönten Karl von Bur gund;
aber meinen Freund,
meinen Waf
fenbruder, den Einsiedler des Wildberges." Der Herzog von Burgund bedeckte sich
die Augen mit seinen Händen; von Schluch zen erstickt
vermochte er
kaum
mehr
zu
athmen. — „Nein, sprach der Unglückliche,
als
wenn er sich selbst antwortete, nein, wer so geliebt
wurde,
kern
konnte
Ungeheuer
seyn!"
„Karl, fuhr Eckbert fort, bedenke, daß dir nichts auf Erden bleibt als ich ;
worte:
willst
du
mir
deine
ant
Einsiedelei
öffnen?“
Zu tief bewegt,
vermochte
kein Wort hervorzubringen, feine Arme dem
der Fürst
aber er streckt
«dclmüthigen Eckbert ent-
gegen;
er
drückt
ihn
stürmisch an
seine
Brust, und die beiden Verbannten halten sich
Augenblicke,
einige
unbeweglich
in
Thränen gebadet, umschlungen. Der Graf von Norindall war der Erste,
der
sich
diesem
schmerzlichen
Auftritt
entriß. „Ich
muß
dich
verlassen,
sprach er;
aber es ist nur für einen Augenblick und
wird das letzte Mal seyn."... letzte Mall"
„DaS
Karl
wiederholte
zusammenschaudernd. „Morgen,
erwiederte Eckbert,
finden
wir uns hier wieder, von morgen an tren
nen wir uns nicht mehr." Nach diesen Worten stürmte er fort in den Wald.
rief Karl mit dem schmerz
„Eckbert!
lichsten Tone,
mein theurer Eckbert,
lebe
wohl!"
Welcher nicht in
herzzerreißende
diesem letzten
Ausdruck
Nachruf!
es
lag
war
ihm, als wenn er seinen Freund zum letzten
2ZI
Mal umarmt hätte.
sich
warum mußte
Ach!
wehklagende
Karls
in
Stimme
Wogen der Lüfte verlieren;
wenn
dem
sie zu
würde es
seinem Waffenbruder gedrungen,
ihr Schicksal verändert haben. Norindall ist schon weit vom Wildberg entfernt, und lange war ihm der Fürst mit den Augen zwischen
Plötzlich
gefolgt.
die Bäume stürzte er
hindurch
ins
Innere
seiner Hütte zurück, warf sich auf das verlassene Lager, wo seine Geliebte geruht hatte, und rief sie mit lauter Stimmer —
„Elodie!
theure Elodie! hier gehörtest du mir an... hier sollte ich dich besitzen.... hier schlug für
dein Herz
mich....
Du bist nicht
mehr, und ich blieb allein zurück."
Die Nacht verschleierte Unterlachen völ
lig mit ihrem düstern Schatten,
führte
eilig
sein
Vorhaben
und Karl
aus.
Rasch
steigt er den Wildberg hinab, geht auf das Kloster zu und betritt den Park. Ueberreste des Festes,
der schimmernden
Einige
Verzierungen
welches der Fürst
von Palzo
--------------
2$2
der Waise gegeben,
erhoben
unter der Menge versteckt,
Bezauberungen
hen.
Der,
sich noch auf
ungekannt,
Verkleidet und
Rasen.
dem
in
hatte Karl
jenes Abends
diesem
die
angese
mit
Augenblick bleiche
und zitternde Mond, stieg über dem nebelig-
ten Horizont wie das Gestirn der Gräber
Karl kam zu dem Platze, wo die
empor.
lothringischen Ritter gekämpft hatten.
Hier
war es, wo Elodie auf einem Triumphwa gen ,
wie die Göttin der Liebe,
von Ju
gendfrische, Hoffnung, Liebe und Schönheit strahlend, die Sieger des Turniers bekränzte;
da, wo die Stimmen der kriegerischen Sän
ger, von Harfen begleitet, die Schönste der Jungfrauen feierten,
und die Worte ver
nehmen ließen: Möge der Donner entfernt von dir dräuen, Holde Aurora, verklärendes Licht I
Würdig nur Kronen die ©time zu leihen, Ist deinem Herzen die Liebe auch Pflicht.
Ach!
wohl hat er getroffen der Don
ner?...
Diese entzückende Blume, deren
Glanz vor Kurzem noch da- Thal blendete, ist nicht mehr der Stolz der Natur.
Diese
so Angebetete Jungfrau wird künftig nicht mehr die Göttin der Feste seyn;
den
sie hört
Begeisterung
lauten Ruf der
nicht,
nicht mehr die zärtlichen Seufzer der Liebe.
Wie ein leichter
Schatten eilte
sie durch
das Leben... er ist vorüber geflogen.
tiefes Aechzen entwand sich Karl-
Ein
er floh mit raschen Schritten au-
Brust;
den der Waise so theuren Gebüschen.
wie
gräßlich
Liebe,
die
sind
wenn sie
O
Erinnerungen
der
Marmor
der
über dem
Gruft schweben!....
Durch den unterirdischen Eingang, wel
cher
ihn
ehemals
zu
Elodien
gelangte Karl zur Kapelle.
führte,
Großer Gott!
welches Schauspiel bot sich hier seinen Dlik» ken dar!
einem
Der
Feste
schmücken
heilige Raum
weiße
Tapeten
alterthümlichen
Wände.
erleuchtet;
seine
Von allen Seiten
ist wie zu
duften
Weihrauch und
Myrrhen au- Gefäßen von kostbarem M«-
Lalle;
reiche Teppiche bedecken den Fußbo
den des Tempels; die hochzeitlichen Fackeln sind angezündet, und was beleuchten sie?...
den Tod. Am Fuß des Altares, auf einer reichen
ist ein Prachtbett errichtet,
Trauerbühne,
welches von einem blendendweißen
himmel,
Thron
den vier silberne Säulen halten,
überschattet wird.
Gewinde jungfräulicher
Rosen fallen in Schwingungen rings vom Katafalk herab;
durchsichtiger Flor,
weiße
Bekleidungen umgeben den Thron des To
des; und der blendende Glanz der Lichter, vom versilberten Dom, von den blühenden Krän
zen
und
spiegelt,
schimmernden Säulen
verwandeln
das
zurückge
Trauergezelt in
einen Tempel der Klarheit.
Der Herzog von Burgund ist am Fuß
des Todtenmals,
welches
die Pracht deö
Lebens umgiebt; dort auf dem stillen Lager
schläft die sanfte Jungfrau von Unterlachen den Schlummer
der
Ewigkeit.
Ein
weißer
Schleier verhüllt ihre englischen Züge;
der
23.5 jungfräuliche Kranz schmückt ihre Ach!
Stirn;
das Sinnbild der Unschuld war auch
die Krone der lieblichen Braut. Die Kapelle ist verödet und das tiefste
Bei dem Kata«
Schweigen herrscht darin.
falk nicderknieend: — „Himmlische Zungfrau,
ruft Karl
aus, das also ist dein Brautbett! dieß die
Pracht unserer
Mein
Vermahlung!
setzliches Geschick erfüllt sich.
ent
Unglückliches
Opfer, was sagte ich dir, als ich dir zum erstenmal erschien? des Thales,
mein
meine Gegenwart
Habe ich Mauern gesagt,
„Fliehe! junge Blume
Athem
ist
verkündigt
ansteckend,
den
Tod."
dir nicht unter diesen ncmlichen
am Tage unserer ersten Schwüre daß
der
ich
Mann
der
Gräber
wäre."
So sprach er,
und
stieß seine Stirn
auf den Marmor des Heiligthums nieder. — „Himmlisches plötzlich wieder,
Wese« erhob,
Mädchen! indem er
begann
er
sich mit irrem
du wolltest auf dem Wild«
2A6
---------------
berge sterben;
dein letzter
Laut tief den
Einstedler; dein letzter Blick suchte die Ein» siedelei....
sche
deine letzten Wün«
Wohlan!
die Hütte deS
sollen erfüllt werden:
Verbannten soll deine sterbliche Hülle em
pfangen. ...
mern;
Dort wirst du sanfter schlum
dort werde
wachen;
deinem
bei
ich
Grab
dort werden aus deinem Sarg die
letzten Flammen der Liebe verlöschen.
Die»
fen Morgen konnten dich, noch lebensvoll und glücklich, meine
Berg
bringen;
dennoch dahin tragen.
dir die letzte
Arme nicht aus den
entseelt
Pflicht
werden
sie
dich
Karl ist es, welcher erweisen,
und dein
Grab, welches seine letzten Seufjer empfan
gen wird." Er steigt ans die Erhöhung hinauf; nähert sich dem Trauerlager;
er hebt
er die
weißen Schleier empor, welche die Stirn der Waise bedecken, und die Arme nach ihr ausstreckend, ruft er:
Komm,
das Herz deines Gatten!
komm an
War
dieß nicht
bei« letzter Aufschwung! Elodie!
noch hätt
ich dich,
jq du nennst mich, du rufst mir „Ich muß
zu: —
einath
deinen Hauch
men, ich habe dein ganzes Leben nöthig."
Arme nach
Die
Karl inne,
ihr ausgestreckt
hielt
als wenn das Uebermaß
der
Liebe und des Schmerzes ihm ein Wunder schuldig wäre, seinem
als wenn sich die Waise bei
von
leidenschaftlichen Aufruf
dem
stürzen
und an sein Herz
Sarg
erheben
sollte.
Ach! wie schön war sie noch!
Mit
weißen
Rosen
schien die
stille
Zungfrau
bekränzt,
dem
Tode
zuzulächeln.
wie der durchsichtige Alabaster,
Weiß
waren ihre
gesenkten Augenlieder wie von einem sanf ten
Schlummer
geschlossen;
ihre
Hände hielten einen Lilienstrauß,
sie
an
ihren
Busen
Nach der Heiterkeit glauben können,
ein
zu
drücken
kalten welchen
schien.
ihrer Züge hätte man beglückender
umfange sie mit seinem Zauber;
Traum und der
Himmel schien das Meisterstück der Natur der Erde nur für Augenblicke
haben.
entführt zu
Auf einmal beugte sich Karl zum Todtenlager hinab. Sanft hat er seinen Arm um die Jungfrau geschlungen, ale wenn er fürchtete, ihr wehe zu thun, als wenn er besorgte sie aufzuwecken; dann stürzte er mit raschen Schritten aus der Kapelle, und schneller als der Wetterstrahl war er gegen den Wildberg entflohen. Schon ist der Fürst jenseits der Drücke des Stromes. Bei den bleichen Strahlen der Nacht erkannte er den Daum, wo die Tochter des Klosters auf ihrer harmonischen Laute den Frühling und die Natur besang.... Ach! es giebt keinen Frühling, keine Natur, es giebt keine melodische Laute für den Ver wiesenen des Weltalls mehr. Der Nachtwind bewegte die Sträucher des Waldes. Allmächtiger Gott! warum bleibt Karl plötzlich stehen? warum ver lassen ihn seine Kräfte?.... woher dieses entsetzliche Zittern?.... Ach der Abend wind hat die blonden wehenden Locken der Waise gegen fein Gesicht getrieben ; ihre
fliegenden Ringel berühren die Lippen des Fürsten, es sind dieselben Locken, auf welche
er, trunken von Freude und Hoffnung, den
ersten war
Kuß
die
der
Liebe
Jungfrau
jetzt in seinen Armen;
ihr Herz
noch....
Unterlachen
wie
aber damals schlug
noch an dem
gehörte sie ihm an,
Damals
drückte.
von
setnigen,
damals
sie
sie lebte,
liebte
Karl vermochte seinen Weg nicht
fortzusehen.... beinahe an der Pforte der
Einsiedelei
verlassen ihn alle Kräfte seines
Wesens, seine plötzliche Regungslosigkeit ist
gleichsam eine Unterbrechung des Daseyns. Worauf starren
seine
Blicke?....
Ach!
auf jene Bäume, in deren Schatten, wenige
Tage zuvor,
Elodie auf ihn gelehnt,
ihn
von ihrer Liebe unterhielt.
Am Fuß einer alten Eiche hat er seine
Geliebte spricht
niedergelegt: er kein
Wort,
ihr
vor
knieend,
vergießt er
keine
Thräne, dann wirft er ihre langen Schleier wieder über ihr Angesicht, hätte man sagen können,
und erst jetzt
daß
sie für ihn
240
---------- -----
von der Erde verschwunden sey; ewigen Gewölbe
sein zum
erhobenes Auge sucht sie
nun in dem Himmel.
Er
scheint
sie zu
rufen, mit ihr zu sprechen.... und doch
haben seine Lippen keine Bewegung mehr...
alles
geht
nur
im
Znnern
seines
Her«
zens vor. Zn dem Felsen,
lehnte,
öffnete
welche ein
Karl
woran sich die Hütte
sich
wußte nicht,
Hölung,
weite
eine
ungeheurer
Stein
verschloß.
zu welchem Gebrauch
sie bestimmt gewesen war,
aber sie soll der
Unschuld zur Gruft dienen.
Nach einigen Augenblicken der fürchter«
lichsten Ruhe erhebt sich der Fürst;
ehe er
feine unglückliche Gefährtin wieder in seine
Arme nimmt,
faßt er eine Locke ihrer lan
gen Haare. —
„Elodie! ruft er, bewillige
sie mir.... es
wird die erste
und letzte
Gabe der Liebe seyn."
Und die Locke ruhte auf seiner Brust.
Karl hat den Stein vom Felsen gehoben, « legt
ElodienS kalten Körper
in dieses
von der Natur bereitete Grab, fast
Stimme,
erloschener
ehe
und mit die
er
Gruft schließt, „Lebe wohl, ruft er, o du!
schönste und reinste der Jungfrauen!
sollst nun für immer meinen
schwinden. befleckte,
wie ich
So
Du
Blicken ent Ruhm
meinen
habe ich auch deine Jugend nie-
dergemaht, deine Schönheit zerstört.
Himm
schlummere sanft im Fel
lisches Mädchen!
sen des Schmerzes und der Verbannung !...
ruhe in Frieden auf dem Boden der Reue
Liebe!
und
Geständnisse,
Süßes Entzücken der
lebe wohl.
Lebet wohl alle
Hoffnungen dieser Erde.... mich zur Tugend
ersten
Du,
zurückgeführt,
welche
du,
die
mich allein hienieden die himmlische Liebe
kennen
lehrte,
Wunder
der
Schöpfung,
Elodie! Elodie! Lebe wohl!".... So spricht er;
seine Stimme erstirbt:
seine sonst so stolze und kriegerische Stirne sinkt schwerer werdend gegen den öden Fel
sen hin.
Die ganze Natur war in Schwei
gen versenkt; eine lange SMe folgte seinen II.
16
242
----------
letzten Worten.... Plötzlich bricht ein dumpfes Stöhnen, wie die letzte Zuckung des Daseyns, wie ein fürchterliches Zer reißen der menschlichen Natur, aus seiner Brust hervor. Der Ewige hatte in diesem Augenblick einen Blick der Barmherzigkeit und Milde auf den Herzog von Burgund fallen lassen: seine Leiden sind geendigt; der Himmel öffnet sich.... Karl ist nicht mehr.
Epilog.
Lange Zeit nach Elodiens und des Ein siedlers Tode, kam ein Ritter, welcher Hel
vetien durchzog, in das Thal von Unterla er
chen;
hörte von
Wildberges sprechen, kannt
dem
dessen
geblieben,
dessen
aber
die
Wunder
in
gegraben waren.
Name
Wohlthaten
Erinnerung
unbe und Aller
Damals wurde auch von
der ganzen Gegend,
wohnern
Bewohner deS
von allen Gebirgsbe
die Jungfrau der Abtei
beinahe
göttlich verehrt.
Am Tage, wo die Waise auS dem Leben schied,
hatte Marzeline in der Kapelle bei
ihrem Todtenlager
gewacht;
der Leichnam
des jungen Mädchens verschwand und Mar-
zelinens Bericht lautete am folgenden Tage also:
— „Gegen Mitternacht hatte ich mich für
aus dem heiligen
einige Augenblicke
Raum entfernt;
Kirche
als ich zur
auf einmal,
höre ich
zurückkehre,
himmlischen Harfe;
Töne einer
fernen
die
ich laufe
auf den Katafalk zu.... die reine Jung
frau war von den Erzengeln entführt, ver schwunden.
Das
Gewölbe
des
Tempels
schien.offen; und eine goldne Wolke, welche über dem
schwebte,
Heiligthum
hauchte
himmlische Wohlgerüche aus." Don
den
Fasten,
Züchtigungen
erschöpft,
Bußübungen
welche
er
und
sich
auferlegt, hatte Anselm die Waise des Klo
sters nur ein Zahr überlebt. Der durchreisende ein Eremit
lers
bewohne.
nißvolle erstieg
den
die
Wohnung
Neugierig
Einsamkeit
er den
Ritter erfuhr, ' daß
kennen
Wildberg,
Einsiedler,
knieend
gelehnt.
Sein
Hütte
des
Einsied
diese
geheim
zu
lernen,
und
erblickte
am Felsen
Gebet
der
ehrend.
wagte er nicht, ihm zu nahen;
ihm
schien
gen
die Unbeweglichkeit des heili
die
Mannes
bestätigte
fürchtung hatte
Regungslosigkeit
trat hinzu;
Er
Todes.
aber bald
aufgehört
und
seine
des Be
sich;
der
Eremit
zu leben,
aber
nur seit
einigen Stunden, denn seine Glieder bewahr ten noch einige Warme in sich.
untersucht der
Aufmerksam
Züge des kennen,
Leiden
Einsiedlers; sie
obschon gefurcht
er
Ritter
glaubt
durch
Unglück und
Lebhaft
sind.
sucht er seine Muthmaßungen hebt den schwarzen Mantel in die Höhe und auf seinem Herzen,
ach!
es
bewegt,
aufzuklären, des Eremiten
findet eine blonde Locke
welche unzählige Thrä
nen benetzt hatten..... Brust!
die
sie zu
Er enthüllt seine
ist kein
Zweifel
mehr;
ein wohlbekanntes Ehrenzeichen fällt ihm in die Augen,
Ende
welches seiner Ungewißheit ein
macht.
Der
Krieger
durchdringendes Geschrei aus. —
stößt
rin
„O mein
erster Waffengefährte! 0 mein Feldherr! mußte ich dich so wiederfinden!.... Der Ritter hatte den Grafen Eckbert von Norindall erkannt.