Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Civilrechts: Band 6 (Jahrgang 1903, Halbjahr 1.) [Reprint 2020 ed.] 9783112352021, 9783112352014


152 105 47MB

German Pages 548 [550] Year 1903

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Civilrechts: Band 6 (Jahrgang 1903, Halbjahr 1.) [Reprint 2020 ed.]
 9783112352021, 9783112352014

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Die ^Rechtsprechung ber

Mertanöesgerichte auf dem Gebiete des Kimlrechts. Herausgegeben von

W. Mugdan

uni»

A. AatLman«,

Kammergerichtsräten.

Sechster Warrö. (Jahrgang 1903, erstes Halbjahr.)

Leipzig, Verlag von Veit & Comp. 1903

Anter Mitwirkung der «Herren Dr. Bauer, Kammergerichlsrat, Berlin Dr. Berchelmann, Oberlandesgerichtsrat, Darmstadt Börngen, Oberlandesgerichtsrat, Jena Donle, Oberlandesgerichtsrat, Augsburg Ebert, Oberlandesgerichtsrat, Breslau Dr. Eller, Landgerichtsdirektor, Karlsruhe Engelmann, Oberlandesgerichtsrat, Breslau Freudenthal, Oberlandesgerichtsrat, Colmar Fuchs, Oberlandesgerichtsrat, Kassel Groth, Oberlandesgerichtsrat, Kiel Haid len, Oberlandesgerichtsrat, Stuttgart Dr.H a n g e n, Oberlandesgerichtsrat, Darmstadt Hartog, Oberlandesgerichtsrat, Breslau Hetzell, Kammergerichtsrat, Berlin Hey nach er, Oberlandesgerichtsrat, Marien­ werder Hüb en er, Oberlandesgerichtsrat, Posen Hustedt, Oberlandesgerichtsrat, Braunschweig Kalb, Oberlandesgerichtsrat, Augsburg Kiehl, Kammergerichtsrat, Berlin Könige, Oberlandesgerichtsrat, Karlsruhe Krell, Oberlandesgerichtsrat, Zweibrücken Luthe, Oberlandesgerichtsrat, Naumburg Meisner, Senats-Präsident, Posen Michaelis, Oberlandesgerichtsrat, Köln Dr. Mittelstein, Oberlandesgerichtsrat, Hamburg Mörtl, Oberst-Landesgerichtsrat, München Mosse, Geheimer Justizrat, Königsberg Mügge, Oberlandesgerichtsrat, Stettin Nehse, Kammergerichtsrat, Berlin

Neukamp, Oberlandesgerichtsrat, Köln Nieseri, Oberlandesgerichtsrat, Hamm Niemöller, Landgerichtsdirektor, Oldenburg Noel, Kammergerichtsrat, Berlin Ott, Oberlandesgerichtsrat, München Pallengehr, Oberlandesgerichtsrat, Hamm Pfeiffer, Oberlandesgerichtsrat, Kassel Dr. Riedel, Oberlandesgerichtsrat, Naum­ burg Rüter, Oberlandesgerichtsrat, Naumburg Ruffmann, Oberlandesgerichtsrat, Königs­ berg Rukser, Oberlandesgerichtsrat, Posen Schäfer, Oberlandesgerichtsrat, Bamberg Schäffer, Oberlandesgerichtsrat, Breslau Schepers, Oberlandesgerichtsrat, Hamm Schneider, Oberlandesgerichtsrat, Stettin Schück, Kammergerichlsrat, Berlin Schultze-Görlitz, Kammergerichlsrat, Berlin Senft, Oberlandesgerichtsrat, Stettin Dr. Simon, Oberlandesgerichtsrat, Posen Simonson, Oberlandesgerichtsrat, Breslau Sohm, Oberlandesgerichtsrat, Rostock Sprenger, Oberlandesgerichtsrat, Oldenburg Stichling II, Oberlandesgerichtsrat, Jena Thiele, Oberlandesgerichtsrat, Königsberg Dr. Borbrodt, Kammergerichtsrat, Berlin v. Marienberg, Kammergerichtsrat, Berlin Zehler, Oberlandesgerichtsrat, Nürnberg Zeller, Oberlandesgerichtsrat, Bamberg Ziemst en, Kammergerichtsrat, Berlin

und zahlreicher anderer Juristen.

Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.

Systematisches Inhaltsverzeichnis. (Verfaßt von Staatsanwalt Dr. Rindfleisch in Duisburg.) Die Zahlen bedeuten die Setten.

I. Livilrecht. Erster Abschnitt.

Nechtsqurllen.

a) Zeitliche Begrenzung der Anwendbarkeit der Gesetze.

1) Art. 170 EG. z. BGB.

findet auch auf handelsrechtliche Schuldverhältnisse An­

wendung 1. — 2) Rücktrittsrecht nach § 326 BGB. gilt auch für Schuldverhältnisse aus der Zeit vor 1900 45. — 3) Anfechtung der Ehelichkeit eines vor 1900 geborenen Kindes (nega­ tive Filiationsklage) 57. — 4) Anwendung des § 2067 BGB. auf ältere Testamente. Fallen unter die darin berufenen „nächsten Anverwandten" die gesetzlichen Erben des alten oder des neuen Rechts? 74. — 5) Einfluß der Änderung des Güterstandes einer märkischen Ehe seit 1. Januar 1900 aus den vorher gemachten Reingewinn aus einem besonderen Gewerbe der Frau 156. — 6) Wirksamkeit des Güterstandes der übergeleiteten Ehe eines Bollkaufmannes gegenüber Dritten 158. — 7) Fortbestehen alter Erbzinsrechte, Baubeschränkungen und Vor­ kaufsrechte 203. — 8) Art. 169 EG. ist auf § 124 BGB. nicht anwendbar 217. — 9) Folgen des Gläubigerverzuges bei älteren Rechtsverhältnissen 230. — 10) Spolieneinrede in der Über­

gangszeit 255. — 11) Umwandlung einer vor 1900 auSgezahlten, aber nicht gelöschten Hypo­ thek 272. — 12) Die nach bisherigem Rechte begründete Hypothek am gewillkürten Zubehör ist mit Anlegung des Grundbuches erloschen 273. — 13) Befugnis der vor 1900 in fort­

gesetzte Gütergemeinschaft des lübischen Rechts eingetretenen Frau zum Erwerb von Grund­ stücken ohne vormundschaftliche Genehmigung 283. — 14) Eine vor 1900 eingeleitete Berwattungspflegschaft ist jetzt nicht mehr fortzusühren 308. — 15) Eine Pflegschaft alten Rechtes über Ausländer ist mit dem 1. Januar 1900 erloschen, sofern sie nicht den Voraussetzungen des Art. 23 EG. z. BGB. entspricht 309. — 16) Erbbescheinigung und Zeugnis über fort> gesetzte Gütergemeinschaft, wenn der Ehegatte vor 1900 gestorben ist 319. — 17) Der vor 1900 Beschenkte hat bei späterem Erbfall das Geschenk gemäß § 2329 BGB. herauszugeben 334. — 18) Ergänzung des erst durch BGB. eingeführten Pflichtteiles wegen Schenkungen aus der Zeit vor 1900 335. — 19) Anfechtung eines vor 1900 errichteten Erbvertrages 338. — 20) Heutige Bedeutung einer Vormerkung des früheren preußischen Rechts 404. — 21) An­ wendbarkeit des § 57 ZwBG. auf Mietverträge, die vor 1900 geschlossen waren 431. — 22) An­ wendbarkeit des § 170 EG. z. BGB. auf Gesellschaften 445 — und des § 723 BGB. auf vor 1900 gegründete Gesellschaften 445. — 23) Aus Betriebsunfälle vor 1. Oktober 1900 findet das UVG. von 1884 (1885), nicht das von 1900 Anwendung 456. — 24) Verfahren zur Teilung des Nachlasses der Eltern, wenn einer vor, der andere nach dem 1. Januar 1900 verstorben ist 484. b) Statutenkollision. 1) Für das Rechtsverhältnis zwischm dem Geschäftsherrn und dem Handlungsagenten ist regelmäßig das am Sitze des ersteren geltende Recht maßgebend 5. — 2) Nach welchem Rechte bestimmen sich die Verpflichtungen aus einer Bürgschaft? 365.

Zweiter Abschnitt. Allgemeine Grundsätze von den Rechten und deren Verfolgung. Zurückbehaltungsrecht wegen verjährter Ansprüche 90.

Dritter Abschnitt.

Von den Personen.

a) Bon den natürlichen Personen.

1) Einfluß der Todeserklärung auf die Ehe 153. — 2) Die Lebensvennutung des § 19

BGB. kann nicht dafür verwertet werden, daß der Verschollene durch Aufenthalt im Auslande seine bisherige Staatsangehörigkeit verloren habe 305. b) Bon den juristischen Personen.

der Vorstandsmitglieder zur Anfechtung der gerichtsseitigen Bestellung von

Befugnis

Liquidatoren eines aufgelösten Vereines 344.

Von den Sachen.

Vierter Abschnitt.

1) Gebäude als Bestandteil eines Grundstückes.

Verkauf des Grundstückes unter Vor­

behalt des Eigentums am Gebäude 211. — 2) Restaurationsinventar als Zubehör eines alS Restaurationsgrundstück verkauften Grundstückes 212. — 3) Pfandrechte an Zubehörstücken 213. 270. — 4) Eigentumsvorbehalt an Bestandteilen einer Sache 214. — 5) Jalousien sind wesent­

liche Bestandteile eines Wohnhauses 215. — 6) Mineralien und Fossilien als Früchte 217. — 7) Begriff des Zubehörs.

Beweislast 270. — 8) Rechtsverhältnis des Meeresufers 493.

Fünfter Abschnitt. a) Nichtigkeit.

Von den Handlungen. Form der Rechtsgeschäfte.

Anfechtbarkeit.

1) Anfechtung einer Offerte wegen Irrtums 30.



2) Verkauf ärztlicher Praxis ver­

stößt nicht gegen die guten Sitten 33. — 3) Bestätigung setzt den Willen, sich zu verpflichten,

voraus; Bestätigung eines nichtigen Rechtsgeschästes also Kenntnis der Nichtigkeit 34. — 4) Die des § 124 BGB. gilt nicht für Rechtsgeschäfte, die vor 1900 abgeschlossen

Anfechtungsfrist

sind 217. — 5) Die Hingabe eines Darlehns oder die Lieferung von Weinen zur Verwendung

für ein Bordell verstößt für sich allein noch nicht gegen die guten Sitten 220. — 6) Wirkung insbesondere beim Verkauf eines Geschäftes 222. 223.

der Anfechtung,



7) Beurteilung

mündlicher Vorverhandlungen bei Grundstückskaus 228. — 8) Privatschriftlicher Grundstücks­

kauf.

Rückforderung der Anzahlung 228. —

9) § 306 BGB. beschränkt sich auf objektive

Unmöglichkeit 231. — 10) Erfolglose Anfechtung eines irrtümlichen Verzichts auf den Pflicht­ teil 329. — 11) Abänderungen des Grundstücksveräußerungsvertrages unterliegen der Form des § 313 BGB. 40. — 12) Wie § 313 BGB. bezieht sich auch Art. 12 § l preuß. Ausf.-G. z. BGB.

geschäftes.

nur auf die

obligatorische und nicht auf die dingliche Seite des Veräußerungs­

Form der Rentengutsverträge 41. — 13) Heilung formungültiger Verträge 43. —

14) Nichtbeachtung vereinbarter Vertragsform 219. — 15) Nichtigkeit des Stimmenkaufes bei

Ges. m. b. H. 503.

b) Nebenbestimmung bei Rechtsgeschäften. Leistungszeit als Bedingung der Bestellung.

Bedingung.

Vermerk im Bestellschein, daß mündliche

Nebenverabredungen ungültig seien 35. c) Willenserklärung.

Stellvertretung.

1) Unterzeichnung einer Vertragsurkunde a) in Blanko, b) ohne Kenntnis des vorhan­

denen Inhaltes, Täuschung 31.

c) mit dem Willen,



nur einen Teil des Inhaltes zu billigen.

Arglistige

2) Zeitpunkt der Wirksamkeit einer Willenserklärung unter Abwesenden.

Empfangstheorie 36. — 3) Widerspruch zwischen Erklärungen des Machtgebers und des Be­ vollmächtigten.

Ungültigkeit einer Generalvollmacht, nach der der Machtgeber unbeschränkt in

allen seinen Angelegenheiten zu vertreten ist 37. — 4) Bertragsschluß des Vertreters mit sich selbst 38. — 5) Mängelanzeige durch einen Vertreter deS Käufers ohne Bertretungsmacht 224.

Sechster Abschnitt.

Recht der Schuldverhältnissr.

a) Inhalt der Schuldverhältnisse. 1) Haftung des Schuldners für Verschulden des gesetzlichen oder selbstgewählten Ver­

treters (§ 278) 80. 81. — 2) Konkurrierendes Verschulden (§ 254) 81. — 3) Zurückbehaltungs-

recht gegenüber Gehaltsansprüchen 225. — 4) § 2752 BGB. findet nur Anwendung bei dauerndem Unvermögen des Schuldners 226. — 5) Haftung des Stallwirtes aus dem Ver­ trage. Fahrlässigkeit 227. — 6) Erfüllungsort für die Gebühren der Notare 379. — 7) Kein

Zurückbehaltungsrecht eines ausgeschiedenen Gesellschafters an dem noch in seiner Hand be­ findlichen Gesellschastsvermögen wegen noch nicht erfolgter Geldabfindung 446. — 8) Folgen des Gläubigerverzuges 230. b) Schuldverhältnisse aus Verträgen.

1) Bestimmung der Leistung durch einen Dritten. Folgen der Weigerung des Dritten 7. — 2) Frist zur Annahme eines Vertragsangebotes. Empfangstheorie 36. — 3) Abänderungen des Grundstücksveräußerungsverlrages unterliegen der Form des § 313 BGB. 40. — 4) Form

der Rentengutsverträge 41. — 5) Auslegung des § 321 BGB. 44. Er begründet nicht ohne weiteres ein Rücktrittsrecht 44. — 6) Rücktrittsrecht nach § 326 BGB. gilt auch für alte Schuldverhältnisse 45. — 7) Der Gläubiger, welcher vor Eintritt des Verzuges dem Schuldner eine Nachfrist aus § 326 BGB. setzt und sein Wahlrecht übt, ist hieran zu Gunsten des Schuldners gebunden 45. — 8) Zettablauf bei Abnahmeverpflichtung innerhalb eines be­ stimmten Zeittaumes begründet nicht ohne weiteres, Abnahmeverzug für sich allein überhaupt keinen Schadenersatz wegen Nichterfüllung 48. — 9) Ist § 326 BGB. bei Abnahmeverzug anwendbar? 48. 50. 51. — 10) Bei Sukzessivlieferung keine besondere Nachfristsetzung für jede Teilleistung 50. — 11) Heilung des Verzuges im Falle des § 326 Abs. 2 BGB. 51. — 12) § 313 BGB. schließt nicht aus, zur Ermittelung des wirklichen Willens der Parteien münd­ liche Vorverhandlung zu verwerten 228. — 13) Privatschriftlicher Grundstückskauf. Rückforderung der Anzahlung 228. — 14) § 306 BGB. beschränkt sich auf die objektive Unmöglichkeit 231. — 15) § 343 enthält zwingendes Recht 231. — 16) Auslegung der eine Vertragsstrafe festsetzen­ den Bestimmung 231. — 17) Herabsetzung der Vertragsstrafe, wenn das angezahlte Kaufgeld im Berzugsfalle verwirkt sein soll 232. c) Erlöschen der Schuldverhältnisse.

1) Erfüllung durch Giroüberweisung 76. — 2) Kosten der Quittung 271. — 3) Hinter­ legung von Handakten 54. — 4) Hinterlegung auch gegenüber Wechselansprüchen zulässig 55. — 5) Der wegen einer Privatschuld belangte Gesellschafter kann eine Forderung der Gesellschaft auch mit Zustimmung der Mitgesellschafter nicht aufrechnen 25. — 6) Aufrechnung nach Be­ schlagnahme des durch Aufrechnung zu ttlgenden Anspruches 148. — 7) Aufrechnung des Staates mit Entschädigungsansprüchen gegen die Gehaltsansprüche der auf Kündigung an­ gestellten Beamten 225. — 8) Zurückbehaltungsrecht an unpfändbaren Forderungen 423. d) Übertragung der Forderung.

1) Einwendungen des Drittschuldners gegen den Pfändung-gläubiger 10. — 2) Über­ gang der Rechte aus § 648 BGB. bei Übertragung der Forderung 84. e) Schuldübernahme. Bei kumulativer Schuldübernahme ist Schriftform nach § 766 BGB. erforderlich 449.

f) Einzelne Schuldverhältnisse.

1. Kauf.

Tausch.

1) Verjährung des Wandlungsanspruches 219. — 2) Mängelanzeige durch einen Ver­ treter ohne Bertretungsmacht 224. — 3) Beweislast für die verttagsmäßige Beschaffenheit der

Ware 355.

2. Darlehn. Darlehn zu Spielzwecken 448.

3. Dienstvertrag. 1) Wem gehören die Ergebniffe der Erfindertätigkeit eines Angestellten? 2. — 2) Haftung des Dienstherren, der die Beförderung des Arbeiters nach der Arbeitsstelle übernimmt,' für

Unfälle auf dem Transporte 80. — 3) Haftung des Dienstherrn für Verschulden des Unter­ gebenen. Konkurrierendes Verschulden des Verletzten 81. — 4) Umfang der Sachkunde des»

Dienstverpflichteten 83.

4. Werkvertrag.

1) Abnahmefähigkeit der an einem Gebäude ausgeführten Werkleistungen 84. — 2) Die Rechte des Unternehmers aus § 648 BGB. gehen bei Abtretung der Forderung auf den neuen Gläubiger über 84. — 3) Der Grundstückseigentümer ist nicht berechtigt, eine Bauhandwerker­ hypothek durch Sicherheitsleistung zu beseitigen 85. 5. Mäklervertrag.

1) Höhe Maklers 87.

des. Maklerlohnes.

Beweispflicht

86.



2)

Pflichtwidriges Handeln des

6. Auftrag. 1) Rechtsverhältnisse des Giroverkehrs 76. — 2) Form der Erteilung eines Auftrages an einen Rechtsanwalt 87. 7. Einbringung von Sachen bei Gastwirten.

1) Haftung des Stallwirtes aus dem Vertrage 227. — 2) Haftung des Gastwirtes 442. — 3) Haftung des Badeanstaltsbesitzers für Entwendungen aus einer Badezelle 443.

8. Gesellschaft. 1) Der wegen einer Privatschuld belangte Gesellschafter kann eine Forderung der Gesell­ schaft auch mit Zustimmung der Mitgesellschafter nicht auftechnen 25. — 2) Anwendbarkeit des § 170 EG. z. BGB. auf Gesellschaften 445. — 3) Anwendbarkeit des § 723 BGB. auf vor 1900 entstandene Gesellschaften 445. — 4) Kein Zurückbehaltungsrecht des ausgeschiedenen

Gesellschafters an dem noch in seiner Hand befindlichen Gesellschastsvermögen wegen noch nicht erfolgter Geldabfindung 446. 9. Spiel. Wette.

1) Darlehn zu Spielzwecken 448. — 2) Wechsel über Spielschulden 448.

10. Bürgschaft. 1) Für kumulative Schnldübernahme ist Schristform nach § 766 BGB. erforderlich 449. — 2) Zeitbestimmung bei Bürgschaften 450. — 3) Stellung des Bürgen gegenüber einer später zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner getroffenen Stundungsabrede 450. — 4) Rück­ tritt von der durch Abkommen mit dem Gemeinschuldner übernommenen Verpflichtung zur Übernahme einer Akkordbürgschast 453.

11. Vergleich.

Begriff des Vergleiches 8. 12. Schuldversprechen. Abstraktes Schuldversprechen 454.

13. Ungerechtfertigte Bereicherung. 1) Rückforderung der auf Grund nichttgen Grundstückskaufes geleisteten Anzahlung 228. — 2) Rückforderung der an eine falsche Krankenkasse gezahlten Beiträge durch den Arbeitgeber 244.

14. Unerlaubte Handlungen. Anfechtung außerhalb des Konkurses. 1) Die Ausschlagung einer Erbschaft unterliegt nicht der Anfechtung nach dem Anf.-Ges. 67. — 2) Aufhebung der Gütergemeinschaft, um das Vermögen des einen Ehegatten von der Unter» haltspflicht zu befreien, begründet keine Anfechtung 157. — 3) Haftung für fremdes Ver­ schulden 80. 81. — 4) Konkurrierendes Verschulden des Verletzten 81. — 5) Zum Begriff

der Fahrläsfigkeit 227. — 6) Schadensersatz. Kausalzusammenhang 241. — 7) Schadensersatz wegen unterlassener Verwendung von Marken der Alters- u. Jnval.-Bers. 247.

Siebenter Abschnitt.

Sachenrecht.

a) Besitz.

‘ 1) Besitzesschutz. Einstweilige Verfügung. Störung durch Ausübung der Jagd 254. — 2) Spolieneinrede in der Übergangszeit 255. — 3) Besitzschutz einer Dienstbarkeit 255. — 4) Anspruch auf Wiedereinräumung des durch verbotene Eigenmacht verloren gegangenen Befitzes 256.

b) Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken.

1) Erstreckt sich der öffentliche Glaube des Grundbuches (§ 892) auch auf die im Be­ standsverzeichnisse enthaltenen Angaben über Lage und Größe des Grundstückes? 12 ff. — 2) Auflassung bei Umwandlung juristischer Personen 114. — 3) Rechtsgeschäftliches Beräußerungsverbot. Eintragung als Berfügungsbefchränkung oder Vormerkung? 122. — 4) Keine Vormerkung zur Sicherung des Anspruches auf Löschung einer Hypothekenvormerkung. Ein­ tragung von Berfügungsbeschränkungen 123. — 5) Die Verpflichtung des Eigentümers, eine Hypothek, falls sie ihm zusällt, dem Gläubiger für eine andere Forderung zu bestellen, kann vorgemerkt werden 150. — 6) Inwieweit bestehen Erbzinsrechte, Baubeschränkungen und Berkaufsrechte aus der Zeit vor dem Ablösungsgesetz vom 2. März 1850 noch fort? 203. — 7) Verkauf eines Grundstückes unter Vorbehalt des Eigentums des daraufftehenden Gebäudes 211. — 8) Zur Eintragung einer Rangänderung auf Grund eines Anfechtungsurteiles bedarf es keiner Zustimmung des Eigentümers 258. — 9) Zuschreibung eines Grundstückes als Be­ standteil eines anderen 259. — 10) Die Auflassung allein bewirkt noch nicht die bezweckte Eigentumsänderung. Sicherung durch Vormerkung 261. — 11) Die Verpflichtung des Eigen­ tümers, das nach dem Fluchtliniengesetze abzutretende Terrain zu einem bestimmten Preise künftig abzutreten, ist nicht eintragungsfähig 263. — 12) Keine Eintragung des Vorbehaltes des veräußernden Eigentümers auf den Schatz 265.

c) Eigentum. 1) Verboten sind auch solche Einwirkungen, die nur durch die veränderte Ausnutzung des Grundstückes schädlich werden, aus welches die Einwirkung ausgeübt wird 111. — 2) Bei

Umwandlung einer Gegenseitigkeitsversicherungs- in eine Aktiengesellschaft bedarf es zur Um­ schreibung des Grundstückes der Auflassung 114. — 3) Auslastung an eine künftige Altiengesellschaft 486. — 4) Wer eine von einem Dritten verborgene Sache an sich nimmt und der Polizei abliefert, kann sie nicht als Fund oder sonstwie für sich beanspruchen 117. — 5) Vor­ behalt des Anspruches auf den Schatz bei Veräußerung des Eigentümers 265. — 6) Begriff des „Abhandenkommens" im § 1006 BGB. 118. — 7) Eigentumserwerb des Fiskus infolge Entwässerung oder Änderung von Flußläufen 197. — 8) Erwerb des Eigentums durch Ver­

bindung einer fremden mit der eigenen Sache. Ansprüche des früheren Eigentümers 214 — 9) Eigentumserwerb des Vermächtnisnehmers 372. — 10) Eigentum am Meeresufer 493.

d) Dienstbarkeiten.

1) Verbot der Errichtung eines Konkurrenzgeschäftes auf einem Grundstücke als Grund­ dienstbarkeit 119. — 2) Besitzschutz einer Dienstbarkeit. Ausübung einer Dienstbarkeit 255. — 3) Kann ein Nießbrauch an einem Grundstücke schon durch die bloße Überweisung der

Mieterträge bestellt werden? 121. — 4) Das Nießbrauchsrecht ist nicht eintragungsfähig, wenn es mit den charakteristischen Merkmalen der Antichrese ausgestattet ist 266. — 5) Nieß­ brauch an Sparkassenguthaben 267. e) Hypothek. 1) Verzicht auf Hypothek

101. — 2) Eintragung einer Hypothek für Schuldverschrei­

bungen auf den Inhaber 105. — 3) Auslegung des § 1180 BGB. 124. — 4) Zulässigkeit einer Zwangs-(Sicherungs-)Hypothek für eine Forderung, für die bereits eine Bertragshypothek besieht 135. — 5) Begriff der Amorttfationshypothek. Aufrechnung nach erfolgter Beschlag­ nahme 148. — 6) Ist die Bewilligung der Löschung einer Hypothek ein einseittges Rechts­ geschäft? Enthält sie eine „Verfügung" über die Hypothek? 207. — 7) Ermöglicht das an einem Zubehörstück eines Grundstückes bestehende gesetzliche Pfandrecht die Begründung eines Pfändungspfandrechts? 213. — 8) Zusicherung des Eigentümers, die Hypothek komme hinter x Mark zu stehen 269. — 9) Rechtsbehelf des Hypothekengläubigers gegen Pfändung von Zubehör 270. — 10) Die Kosten einer löschungsfähigen Quittung hat der Eigentümer zu tragen 271. — 11) Umwandlung einer vor 1900 ausgezahlten, aber nicht gelöschten Hypothek. An Stelle der Berichttgung des Grundbuches (Umschreibung auf den Eigentümer) kann dieser ohne weiteres Löschung verlangen 272. — 12) Die nach bisherigem Rechte begründete Hypothek au gewillkürtem Zubehör ist mit der Anlegung des Grundbuches erloschen 273. — 13) Ein­ tragung zweier Hypotheken für dieselbe Forderung auf dasselbe Grundstück 478. — 14) Aus-

stellung eines gemeinschaftlichen Hypothekenbriefes 492. — 15) Keine Eintragung einer Hypothek

auf die Firma des Einzelkaufmannes 504.

f) Pfandrecht an beweglichen Sachen und Rechten. 1) Folgen rechtmäßigen

Pfändungspfandrechts.

126.

Psändverkaufes



2)

Rechtsgeschäftliche Aufgabe des

Auslegung des § 1255 BGB. 275. — 3) Form der Pfändung einer

Eigentümergrundschuld 134. 401. — 4) Verpfändung eines Sparkassenbuches 267. — 5) Pfän­ dung einer Vormerkung alten Rechtes 404.

Achter Abschnitt.

Familienrecht.

a) Verlöbnis. Umfang des Schadenersatzes bei Bruch des Verlöbnisses 276.

b) Wirkung der Ehe im allgemeinen. 1) Kein Anspruch der Frau auf Zahlung eines bestimmten Wirtschaftsgeldes 155. —

2) Anspruch aus Unterhalt gegen den anderen Ehegatten 156. — 3) Die zum Getrenntleben

berechtigte Frau kann, wenn sie ihre eingebrachten Sachen eigenmächtig aus der Ehewohnung entfernt hat,

Satz 2

dem Anträge

BGB.

5) Einfluß

auf Zurückfchaffung der Sachen nicht auf Grund

widersprechen

eines

156. — 4) Auslegung

Scheidungsgrundes

aus

des § 1353

die Unterhaltspflicht

des § 1361

Abs. 2 BGB.

277. —

der getrennt lebenden Ehe­

gatten 278. c) Gesetzliche- Güterrecht. 1) Einfluß der Änderung des Güterstandes einer märkischen Ehe

auf den vorher gemachten Reingewinn

seit 1. Januar 1900

einem besonderen Gewerbe

aus

der Frau

156. —

2) Enthält die Bewilligung der Löschung einer Hypothek eine „Verfügung" über die Hypothek?

Einwilligung, des Ehemannes dazu 207. d) Vertragsmäßiges Güterrecht. 1) Aufhebung

der Gütergemeinschaft

157. — 2) Das Wahlrecht aus

§ 1478 BGB.

kann geübt werden, solange die Teilung des Gesamtgutes noch nicht beendet ist 280. — 3) Er­

fordernisse zur Wirksamkeit der Ausschließung der allgemeinen Gütergemeinschaft durch einen Bollkaufmann gegenüber Dritten 158. —- 4) Zustimmung der Frau, wenn der Mann bei Ankauf eines Grundstückes für die Gütergemeinschaft für den Kaufpreis eine Hypothek bestellt 161. —

5) Klage auf Auseinandersetzung des Gesamtgutes und auf ein Verzeichnis seines Bestandes 162. — 6) Ausschließung der Fortsetzung der Gütergemeinschaft nach dem Tode des erstver-

sterbmden Ehegatten.

Anfechtungsrecht des Überlebenden 162. — 7) § 1510 BGB. setzt nicht

das Fehlen gemeinschaftlicher Abkömmlinge voraus. Anspruch der Witwe gegen den Testaments­ vollstrecker auf Mitbesitz und Verzeichnis des Bestandes 164. — 8) Wirksamkeit einer Testa-

mentsbestimmung, wodurch gütergemeinschastliche Ehegatten sich gegenseitig zu Borerben, die

Kinder zu Nacherben einsetzen.

Lübisches Recht 165. — 9) Befugnis der vor 1900 in fort­

gesetzte Gütergemeinschaft des lübischen Rechts eingetretenen Ehefrau zum Erwerb von Grund­ stücken

ohne vormundschastsgerichtliche Genehmigung

kann gemäß § 1447 BGB. die Einwilligung

283. — 10) Der Bormundschaftsrichter

der Ehefrau auch in ein erst vorzunehmendes

Rechtsgeschäft ersetzen, wenn alle Einzelbestimmungen angegeben sind 280. — 11) Wirkung der Änderung des Güterstandes auf bestehende Verbindlichkeiten. Anfechtung der Änderung 281. — 12) Befugnis des Mannes zur Grundstücksveräußerung nach Minden-Ravensberger

Gütergemeinschaft 285. — 13) Zeugnis über fortgesetzte Gütergemeinschaft, wenn der Ehegatte

vor 1900 gestorben ist 319. — 14) Keine Eintragung der Gegenstände, aus denen das Ein­

gebrachte besteht, in das Güterrechtsregister 278. e) Scheidung der Ehe. 1) Erwerb durch Arbeit (§ 1578 BGB.) 287. —

2) Einfluß der Todeserklärung

auf

die Ehe 153. f) Verwandtschaft. 1) Anfechtung der Ehelichkeit eines vor 1900 geborenen Kindes 57. — 2) Aufhebung

der Gütergemeinschaft, um das Vermögen des einen Ehegatten von der Unterhaltspflicht zu

befreien, begründet keine Anfechtung 157. — 3) Unterhaltspflicht des geschiedenen Vaters gegen­ über seinem Kinde. Rechtswohltat des Notbedarfs 167. — 4) Die geschiedene Frau kann nicht im voraus die Kosten des Unterhaltes eines gemeinschaftlichen Kindes vom schuldig erklärten Manne verlangen 168. — 5) Anspruch des Vaters auf Herausgabe des Kindes der Mutter gegenüber 58. 59. 60. — 6) Entziehung des elterlichen Erziehungsrechts 61. 62. 287; der elterlichen Gewalt 170; wegen unsittlichen Verhaltens vor Erlangung der elterlichen Gewalt 63. — 7) Entziehung der Vermögensverwaltung 289. — 8) Religiöse Kindererziehung 290. — 9) Abschluß eines Schiedsvertrages für Hauskinder; Genehmigung des Vormundschafts­ gerichts 66. — 10) Die Vorschriften des § 1635 BGB. können nicht durch Vertrag geändert werden 169. — 11) Sind auf Grund des Art. 136 EG. einer Anstalt alle Rechte eines Vor­ mundes gegeben, so hat diese auch und nicht die Mutter die Sorge für ein uneheliches Kind

64. — 12) Ist ein bestätigter Adoptionsvertrag simuliert, so ist die ihm entsprechende Ein­ tragung zum Geburtsregister zu löschen 289. g) Vormundschaft.

Pflegschaft.

1) Anstaltsvorstand als Vormund; Recht zur Sorge für das Kind 64. — 2) Wer eine Vormundschaft und eine Gegenvormundschaft führt, hat kein Ablehnungsrecht aus § 1786 Nr. 8 BGB. 292. — 3) Verzögerte Anlegung von Mündelgeld; Schadensersatz 293. — 4) Die Mitteilung von der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung oder von deren Verweigerung ge­ mäß § 1829 Satz 2 kann nicht rechtswirksam zurückgezogen werden 294. — 5) Entsetzung des Gemeindevormundes 298. — 6) Zweck der Vormundschaft über Großjährige. Unterbringung des Mündels in einer Irrenanstalt 297. — 7) Die Bestellung eines Pflegers zur Führung eines Rechtsstreites kann nicht wegen dessen Aussichtslosigkeit abgelehnt werden 302. — 8) Keine Pflegschaft zur Vertretung des Testamentsvollstreckers in Nachlaßangelegenheiten, an deren Be­ sorgung er rechtlich verhindert ist 303. — 9) Voraussetzungen und Zuständigkeit für die Abwesenheitspflegschaft über einen Verschollenen 305. — 10) Befugnisse des Pflegers einer als Nacherbin eingesetzten Deszendenz gegenüber dem Testamentsvollstrecker 306. — 11) Eine vor 1900 eingeleitete Verwaltungspflegschaft ist jetzt nicht mehr fortzuführen. Geschieht dies gleich­ wohl, so wird die Berwaltungsgebühr aus § 92 Nr. 2 preuß. GKG. geschuldet 308. — 12) Eine Pflegschaft alten Rechts über Ausländer ist mit dem 1. Januar 1900 erloschen, sofern sie nicht den Voraussetzungen des Art. 23 EG. z. BGB. entspricht. Ermittelung von Amts wegen, ob der ausländische Staat die Fürsorge übernehmen will. Kosten einer zu Unrecht fortgesetzten Vormundschaft 309.

Neunter Abschnitt.

Erbrecht.

a) Rechtliche Stellung des Erben.

1) Die Ausschlagung einer Erbschaft unterliegt nicht der Anfechtung aus dem Ges. vom 21. Juli 1879 67. — 2) Erbschaftsausschlagung zu Gunsten eines Dritten 171. — 3) Beginn der Ausschlagungsftist des § 1944 BGB. 310. — 4) Rechte des eine Nachlaßschuld berichtigenden Erben im Nachlaßkonkurse 68. — 5) Bestimmung einer Jnventarfrist. Die Frist braucht mehreren Erben nicht zusammen bestimmt zu werden 70. — 6) Beschränkung der Haftung des Erben nach erfolgter Teilung des Nachlasses 172. — 7) Die Anordnung einer Nachlaßverwaltung nach 1981* BGB. setzt nicht eine Mehrheit von Nachlaßgläubigern voraus 312. — 8) Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach § 2027 BGB. besteht auch unter

Miterben 314. b) Testament.

1) Beurkundung der Vorlesung, Genehmigung und Vollziehung des zur Errichtung eines Testamentes aufgenommenen Protokolles durch die Buchstaben „v. g. u." 20. — 2) Dorf­ testament. Mangelhafter Genehmigungsvermerk am Schluffe des Protokolles 315. — 3) Ein im Testamente nicht zum Ausdruck gelangter Wille kann nicht durch Auslegung der Testaments­ urkunde zur Geltung gebracht werden. Keine Ausdehnung des § 2069 auf Zuwendungen an Seftenverwandte 72. — 4) Anwendung des § 2067 auf älteren Testamente. Fallen unter die darin berufenen „nächsten Anverwandten" die gesetzlichen Erben des alten oder des neuen Rechtes? 74. — 5) Auslegung des Testamentes durch das Nachlaßgericht. Prüfungsrecht des

Grundbuchrichters 75. — 6) Wirksamkeit einer Testamentsbestimmung, wodurch gütergemeinschastliche Eheleute sich gegenseitig zu Borerben, die Kinder zu Nacherben einsetzen 165. — 7) Umfang der Verfügungsbefugnis des befreiten Vorerben 182. 320. 324. 327. — 8) Be­ deutung privatschriftlicher Nachzettel (Kodizille) nach BGB. 182. — 9) Auslegung gemein­ schaftlicher Testamente (§ 2269 BGB.) 176. — 10) Eröffnung und Verkündung eines Testa­ mentes. Anwesenheit von Beteiligten 179. — 11) Keine Pflegschaft zur Vertretung des Testamentsvollstreckers in Nachlaßangelegenheiten, an deren Besorgung er rechtlich gehindert ist 803. — 12) Befugnisse des Pflegers einer als Nacherbin eingesetzten Deszendenz gegenüber dem Testamentsvollstrecker 306. — 13) Bedeutung der Erbeinsetzung der „Kinder" jemandes 312. — 14) Das Vermächtnis eines Wohnungsrechts begründet bei Ausgabe der Wohnung keinen Anspruch auf die vom Beschwerten durch Vermietung der Wohnung gezogenen Früchte 313. — 15) Quasipupillarsubstitution des früheren Rechts ist nach 1. Januar 1900 wirkungslos 318. — 16) Abtretung einer Eigentümergrundschuld unter Umwandlung in eine Hypothek durch den Borerben 327. c) Erbvertrag.

Anfechtung eines vor 1900 errichteten Erbvertrages wegen eines nachher entstandenen Pflichtteilsberechtigten 338. d) Pflichtteil. 1) Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils 172. — 2) Erfolglose Anfechtung eines irrtümlichen Verzichts auf den Pflichtteil 329. — 3) Ergänzungsklage ohne Ausschlagung des hinterlassenen Erbteils. Familienstiftungen- und Fideikommisse als „Schenkungen an Dritte" 830. — 4) Zur Auslegung des § 2338 BGB. 332. — 5) Der vor 1900 Beschenkte hat bei späterem Erbfall das Geschenk gemäß § 2329 BGB. herauszugeben 334. — 6) Ergänzung des erst durch BGB. eingeführten Pflichtteiles wegen Schenkungen aus der Zeit vor 1900 335. — 7) Anfechtung eines vor 1900 errichteten Erbvertrages wegen eines nachher entstan­ denen Pflichtteilsberechtigten 338. e) Erbschein.

1) Keine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung von Erbrechten, wenn nicht die Er­ teilung eines Erbscheines beantragt wird. Erfordernisse dieses Antrages 174. — 2) Gegen­ ständlich beschränkter Erbschein 315. — 3) Das Recht auf Erbschein hat nicht, wer vom Allein­ erben die Erbschaft, wohl aber, wer von einem Miterben deffen Anteil gekauft hat 316. — 4) Erbschaft auf Grund einer Quasipupillarsubstitution des früheren Rechts 318. — 5) Erbbescheinigung und Zeugnis über fortgesetzte Gütergemeinschaft, wenn der Ehegatte vor dem 1. Januar 1900 gestorben ist 319. —- 6) Recht des Gläubigers auf Erbschein § 792 CPO. 400. — 7) Nachweis der Erbfolge durch Vorlegung einer beglaubigten Abschrift des Erb­

scheines 479.

Zehnter Abschnitt.

Handelsrecht.

a) Der Kaufmann.

1) Gemeinsames Arbeiten zweier Kaufleute ohne vertragliche Bindung 30. — 2) Ziegelei als landwirtschaftliches Nebengewerbe 233. — 8) Handwerksmäßiger Betrieb einer Bierbrauerei 234. — 4) Begriff des Kleingewerbes (Gastwirtschaft) 466. — 5) Generalagent von Ver­ sicherungsgesellschaften ist Kaufmann 507.

b) Die Handelsfirma. 1) Unterscheidbarkeit mehrerer Handelsfirmen 109. 338. 340. — 2) Erlöschen einer Firma durch Aufgabe des Handelsgeschäftes 463. — 3) Keine Eintragung einer Hypothek auf die Firma des Einzelkaufmannes 504. c) Handelsregister.

1) Zulässigkeit einer Klage auf Bewilligung einer Löschung im Register 37. — 2) Ein­ tragung der Ausschließung der allgemeinen Gütergemeinschaft 158. — 3) Der Löschung einer Firma steht nicht der Umstand im Wege, daß einzelne Rechtsverhältnisse aus dem erloschenen Handelsbetriebe noch fortdauern 463. — 4) Anmeldung von Generalagenten von Versicherungs­ aktiengesellschaften 507.

d) Prokurist und Handlungsbevollmächtigter.

1) Beschränkung der Vertretungsmacht des Prokuristen auf die Hauptniederlassung unter Ausschluß der Zweigniederlassung 1. — 2) Zustimmung des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschast^zur Erteilung der Prokura. 1. Anm. — 3) Die Ermächtigung des Prokuristen zur Belastung und Veräußerung von Grundstücken kann ins Handelsregister eingetragen werden 186. e) Handlungsgehilfen und -lehrlinge. 1) Wem gehören die Ergebnisse der Erfindertätigkeit eines Angestellten? 2. — 2) Ent­ lassung des Handlungsgehilfen: sofortige nach § 721 HGB. 4; nach § 724 HGB. 189; wegen

Unterbrechung der Reisetour 4. — 3) Spesenentschädigung vorzeitig entlassener Reisenden 464. 4) Zeugnis für Handlungsgehilfen. Zeitpunkt der Ausstellung 4. — 5) Unterschied vom Gewerbegehilfen 348. — 6) Zurückbehaltungsrecht des Handlungsreisenden an der Muster­ sammlung des Prinzipals 350. f) Handlungsagent. 1) Ein Agent hat keinen Anspruch auf Fortsetzung seiner Tätigkeit. Maßgebend ist regelmäßig das Recht am Sitz des Geschäftsherrn 5. — 2) Provision bei Nachlaß auf den Kaufpreis 7. — 3) Der Agent kann nicht die Ausführung seiner Aufträge vom Geschäfts­

herm verlangen 189. g) Offene Handelsgesellschaft.

1) Der wegen einer Privatschuld belangte Gesellschafter kann eine Forderung der Ge­ sellschaft auch mit Zustimmung der Mitgesellschafter nicht aufrechnen 25. — 2) Haftung eines ausgefchiedenen Gesellschafters einer offenen, aber nicht eingetragenen Handelsgesellschaft oder einer kleingewerblichen Bereinigung 26. — 3) Eintragung in das Gmndbuch als Eigentümerin 260. — 4) Haftet beim Mangel eines Vertrages ein als offener Handelsgesellschafter Ein­ getragener den Gläubigem der Gesellschaft? 351. — 5) Fortsetzung einer bereits aufgelösten offenen Handelsgesellschaft durch die früheren Gesellschafter 352. — 6) Kein Zurückbehaltungs­ recht des ausgeschiedenen Gesellschafters an dem noch in seiner Hand befindlichen Gesellschafts­ vermögen wegen noch nicht erfolgter Abfindung 446.

h) Aktiengesellschaft. 1) Eintragung der Zweigniederlassung einer A.-Ges. 1. — 2) Erfordernisse der Prokura­ erteilung 1 Anm. — 8) Ernennung stellvertretender Vorstandsmitglieder durch den Aussichtsrat 1 Anm. 467. — 4) Begriff des „Handelnden" im § 200 Satz 2 HGB. 27. — 5) Gehören die auf Gmnd von Dividendengaranlien von Dritten gezahlten Beträge zum Reingewinn? Ist von ihnen 710 in den Bilanz-Reservefonds einzustellen? 28. — 6) Gegenüber einer Schadensklage aus § 241 Abs. 2 HGB. kann der Direktor einer A.-Ges. sich darauf bemfen, daß Aufsichtsrat und Aktionäre mit seiner Geschäftsfühmng einverstanden waren 190. — 7) Statutenmäßiger Ausschluß des persönlichen Stimmrechts eines Aktionärs 190. — 8) Auf­ lassung an eine künftige A.-Ges. 486. — 9) Geltendmachung von Ansprüchen aus der Gründung durch die Minderheit. Hinterlegung von Aktien 508.

i) Gesellschaft m. b. H. 1) Ausschließung eines Gesellschafters. Auftechnung gegen den Anspruch der Gesellschaft auf Einzahlung der Stammeinlage 191. — 2) Nichtigkeit des Stimmenkaufes. Vorvertrag

über Abtretung des Geschäftsanteiles 503. k) Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. 1) Der Beschluß der Generalversammlung, daß zwecks Schuldentilgung für jeden Ge­ schäftsanteil ein bestimmter Betrag ohne Anspmch auf Rückzahlung zu zahlen sei, ist nichtig 193. — 2) Gleichzeitige Übemahme mehrerer Geschäftsanteile 195. — 3) Anfechtung des Aus­

schließungsbeschlusses.

Nachprüfungsrecht des Gerichts 498. — 4) Konkurs einer Genossenschaft.

Anstellung des Vorstandes.

Fortdauer der Einzahlungspflicht der Genossen 500. 1) Bon den Handelsgeschäften.

1. Im allgemeinen. 1) Art. 170 EG. z. BGB. findet auch auf handelsrechtliche Schuldverhältnisse An­

wendung 1.

— 2) Rechtsverhältnisse des Giroverkehrs.

Widerruf des Giroüberweisungs-

auftrages. Ausführung des Auftrages durch die Girobank trotz zuvoriger Sperrung des Kontos des Zahlungsempfängers und Kenntnis von seiner Zahlungseinstellung 76. — 3) Das Zurück­

behaltungsrecht aus § 369 HGB. wird durch den Besitz anderer Sicherheiten noch nicht aus­ geschlossen 88. — 4) Die Veräußerung des ganzen Geschäftes durch einen Kaufmann ist nicht Handelsgeschäft 118. 2. Handelskauf. 1) Durch wen ist die öffentliche Versteigerung einer Ware nach § 3732 HGB. zu be­ wirken? 89. — 2) § 377 HGB. findet keine entsprechende Anwendung auf einseitige Handels­ geschäfte 90. — 3) Mängelanzeige nach § 377 HGB. Zeitpunkt der Untersuchung 91. 92. Notwendiger Inhalt der Anzeige 93. Genehmigung von Mängeln 94. Erklärung durch einen Vertreter 224. — 4) Die für einen Selbsthilfeverkauf erforderliche Individualisierung der Ware 469. — 5) Bergleichsverhandlungen präjudizieren nicht einer nachträglichen Berufung auf § 377 HGB. 470. — 6) Beweislast für vertragsmäßige Beschaffenheit der Ware, wenn der Käufer den Zug um Zug gezahlten Kaufpreis zurückfordert 355. — 7) Bedeutung der Klausel: „als Ort der Ablieferung gilt der überseeische Bestimmungsort" 355. — 8) § 377 HGB. gilt für den Käufer, dessen Erfüllungsort in Deutschland liegt, auch dann, wenn er Schadensersatz wegen mangelhafter Lieferung fordert 355. — 9) Sackmiete im Getreide­

handel 356.

3. Kommissionsgeschäft. 1) Widerspruch des Kommittenten gegen Pfändung der bei Ausführung des Kommissions­ geschäftes entstandenen Forderung des Kommissionärs gegen den Gegenkontrahenten 94. — 2) Das Pfandrecht des Kommissionärs kann nicht durch Sicherheitsleistung abgewendet werden 470. 4) Speditionsgeschäft. Ist Annoncenbureau Kommissions- oder Speditionsgeschäft? blättern 95. 5. Frachtgeschäft.

Lieferung von Beleg­

1) Begriff der Annahme des Gutes. Annahme des Ladescheines ist nicht Annahme der Ware 96. — 2) Voraussetzungen des gesetzlichen Pfandrechts des Frachtführers. Nachfolgender böser Glaube schadet nichts 97. — 3) Beschädigung des Frachtgutes 471.

6. Seehandel und Binnenschiffahrt. 1) Kein Anspruch auf Lieferung von Waren mit der im Konnossement angegebenen Marke 235. —’2) Nachträgliche Änderung einer bekannt gegebenen Dispache ist unstatthaft 357. — 3) Fehlerhafte Verladung 357. — 4) Hilfeleistung in Seenot 357. — 5) Für die Rettung von Menschen wird außer dem Falle des § 748 Abs. 2 HGB. kein Lohn gewährt 358. ' — 6) Gesetzliches Liegegeld als Schadensersatz 358. — 7) Stillschweigende Abänderung des § 61. Binnensch.-Ges. dahin, daß die Besichtigung durch den Versicherer genügt 359. — 8) Die Klausel „Verwiegung auf der Wage des Empfängers" schließt den § 61* Binnensch.Ges. aus 360. — 9) Hinweis des Ladescheines auf eine in der Ladung enthaltene Sackprobe 361. — 10) Bemessung von Hilfslohn 361. — 11) Auslegung des § 114 Binnensch.-Ges. 362.

Elster Abschnitt.

Wechselrecht.

Hinterlegung ist auch gegenüber Wechselansprüchen zulässig 55.

Zwölfter Abschnitt.

Gewerberecht.

1) Rechtliche Stellung eines Zuschneiders. Begriff der höheren technischen Dienstleistungen § 133a GewO. 240. — 2) Konkurrenzverbot für Betriebsbeamte rc § 133a GewO. 241. 243. — 3) Kündigungsfrist für Akkordarbetter 246. — 4) Unterschied des Gewerbe- vom Handlungs­ gehilfen 348.

Dreizehnter Abschnitt.

Verstcherungsrrcht.

1) Verpflichtung des auf Gegenseitigkeit Versicherten, Umlagen und Differenzprämien zu bezahlen 248. — 2) Versicherung gegen Unfall: a) Offenbare Trunkenheit. Beweislast 249;

b) Auslegung der Versicherungsbedingungen 250. 461. — 3) Bei Versicherung des eigenen Lebens muß der Versicherungsnehmer zurzeit des Bertragsschlusses noch leben 251. — 4) Be­ fugnis des Agenten, von Dritten Prämien anzunehmen. Verwirkungsklausel 251. — 5) Beginn der Anzeigefrist bei Schadensfällen 252. — 6) Klagefrist bei Versicherungen 253. — 7) Ge­ fahrserhöhung während laufender (Glas-) Versicherung und Anzeigepflicht 462.

Vierzehnter Abschnitt.

iKrbeiterversicherungsrecht.

a) Krankenversicherung. 1) Rückforderung der an eine falsche Kasse geleisteten Beiträge. Unterlassene Abmeldung. Zuständigkeit der Behörden bei Streitigkeit, welche Kasse zuständig ist 244. — 2) Freiwillige

Fortsetzung des Bersicherungsverhältniffes durch den Arbeiter nach Beendigung des die Mit­ gliedschaft der Kasse begründenden Arbeitsverhältnisses. Akkordarbeiter 246. — 3) Setzt Krankenversicherungsgesetz § 1 Erwerbsfähigkeit voraus? 455. b) Invalidenversicherung.

Ersatzpflicht des Arbeitgebers, der nicht rechtzeitig die Beitragsmarken für die Invaliden­ versicherung eingeklebt hat 247.

c) Unfallversicherung. 1) Auf alle vor dem 1. Oktober 1900 vorgekommenen Betriebsunfälle findet das UBG. von 1884 (1885), nicht die Novelle von 1900 Anwendung 456. — 2) Übergang des Ersatz­

anspruches des Entschädigungsberechtigten gegenüber Dritten an die Berufsgenossenschast 456. 460. — 3) Feststellungsklage der Berufsgenossenschast wegen dieses Anspruches 460. — 4) Die Amtsgerichte sind nicht zur Erledigung von Ersuchen des Berufsgenossenschaftsvorstandes um eidliche Vernehmung von Zeugen verpflichtet 494.

II. Freiwillige Gerichtsbarkeit.

Erster Abschnitt.

Allgemeine Vorschriften.

1) Befugnis zur Beschwerde nach § 20 FrGG. 344. — 2) Ordnungsstrafverfahren zur Erzwingung der Herausgabe von Sachen (preuß. FrG. Art. 15 ff.) 481. — 3) Form der Ein­ legung der weiteren Beschwerde 483. — 4) Der vom Vertreter gestellte Antrag ist erst dann zurückzuweisen, wenn trotz Aufforderung die Vollmacht nicht nachgebracht wird 483. — 5) Die Amtsgerichte sind nicht zur Erledigung von Ersuchen des Vorstandes einer Berufsgenossen­ schast um eidliche Vernehmung eines Zeugen verpflichtet 494. — 6) Rechtshilfeersuchen seitens eines unzuständigen Gerichts 495. — 7) Rechtshilfe in freiwilliger Gerichtsbarkeit 496. 497. 498.

Zweiter Abschnitt.

Grundbuchrrcht.

1) Eintragung der Gesamtgutsteilhaber als Eigentümer eines Grundstückes 11. — 2) Ein Mitberechtigter kann über seinen Bruchteil nur verfügen, wenn dieser ziffernmäßig im Grund­ buch eingetragen ist 488. — 3) Berichtigung des Grundbuches: nach Wechsel des Eigentümers 11; im Falle einer Parzellenverwechselung 12; auf Grund Ersuchens des Bollstreckungsgerichts 99t im Falle unrichtiger Benennung des Berechtigten und auf Ersuchen des Heroldsamtes 103; im Falle Auszahlung der Hypothek und Umwandlung in Eigentümergrundschuld 272. — 4) Unzulässig ist, im Wege der Berichtigung statt der in Abt. 1 eingetragenen offenen Handels­ gesellschaft die Gesellschafter zu vermerken, selbst wenn die Gesellschaft durch den Tod eines

Gesellschafters aufgelöst ist 260. — 5) Eintragung auf Grund Ersuchens von Behörden: des Vollstreckungsrichters 99. 437. 438; des Heroldsamtes 103. — 6) Beschwerderecht in Grund­ buchsachen: des Bollstreckungsrichters 99. 437; des Heroldsamtes 103; des instrumentierenden Notars 196. — 7) a) Vorlegung eines Erbscheines neben Testament rc 15; b) Nachprüfung der Richtigkeit des Erbscheines durch den Grundbuchrichter 75; c) Wann genügt eine be­ glaubigte Abschrift des Erbscheines zum Nachweise der Erbfolge? 479. — 8) a) Bollmachts­ nachweis bei Eintragungsanträgen 17; b) Nachweis der Befugnis zur Vertretung einer Aktien-

gesellschaft bei Eintragungsanträgen namens derselben 102; c) Nachweis der Nichtwiederver­ heiratung (und der dadurch bedingten Fortdauer der Verfügungsgewalt) 102; d) Antragsrecht des Notars 196. — 9) Eintragungsfähige Rechte: a) Verpflichtung des Eigentümers, an Stelle einer Vormerkung keine definitive Hypothek zu bewilligen, oder der Umwandlung einer Sicherungshypothek in eine definitive nicht zuzustimmen, kann nicht eingetragen werden 123; b) die Verpflichtung des Eigentümers, eine Hypothek, falls sie ihm zufällt, dem Gläubiger für eine andere Forderung zu bestellen, kann vorgemerkt werden 150; c) die Verpflichtung des Eigen­ tümers, das nach dem Fluchtliniengesetz abzutretende Terrain zu einem bestimmten Preise künftig abzutreten, ist nicht eintragungsfähig 263; d) keine Eintragung des Vorbehaltes des veräußernden Eigentümers auf den Schatz 265; e) das Nießbrauchsrecht ist nicht eintragungs­

fähig, wenn es mit den charakteristischen Merkmalen der Antichrese ausgestattet ist 266; f) inwie­ weit bestehen Erbzinsrechte, Baubeschränkungen und Vorkaufsrechte fort? Löschung gesetzlich ausgehobener Rechte 203; g) forstpolizeiliche Beschränkungen sind nicht eintragungsfähig 490; h) keine Löschung der vor 1900 eingetragenen Rechte, deren Eintragung das BGB. nicht mehr gestattet 492. — 10) Verzicht auf Hypothek 101. — 11) Für Schuldverschreibungen auf den Inhaber kann eine Hypothek auch ohne Vorlegung der Schuldverschreibungen eingetragen werden. Der § 441 GrBO. betrifft nur die Eintragung späterer Rechtsänderungen 105. — 12) Form der Eintragung eines rechtsgeschäftlichen Beräußerungsverbotes 122; des Erstehers auf Grund des Zuschlagsbeschluffes 437; eines für mehrere gemeinschaftlichen Rechts 488; der Unterwerfung unter sofortige Zwangsvollstreckung 407. — 13) Zulässigkeit einer Zwangsneben Vertragshypothek 135. — 14) Eintragung zweier Hypotheken für dieselbe Forderung auf dasselbe Grundstück 478. — 15) Umfang der Verfügungsbefugnis des befreiten Vorerben im Grundbuchverkehr 182. 320. 324. 327. —- 15 a) Bedeutung privatschriftlicher letztwilliger Ver­ fügungen für Grundbuchsachen 182. — 16) Prüsungsrecht des Grundbuchrichters 197. Prüfungspflicht 285. — 17) Anlegung eines Grundbuchblattes für den Fiskus, der die infolge Veränderung des Flußlaufes dauernd überströmten Teile ftemder Grundstücke durch Strom­ regulierung trocken legte 197. — 18) Die Landesdirektoren sind keine staatlichen Behörden im Sinne des Art. 11 der Verordnung vom 13. November 1899, können daher das zur Anlegung eines Grundbuchblattes erforderliche Besitzzeugnis nicht ausstellen 200. — 19) § 40 GrBO. bezieht sich nicht aus Namensänderungen 201. — 20) Eintragung des Rangverhältnisses bei Teilhypotheken 202. — 21) Unzulässigkeit der Verbindung der Abtretungsurkunde mit dem Hypothekenbrief 206. — 22) Einwilligung des Mannes zur Löschungsbewilligung der Frau bezüglich einer zum eingebrachten Gut gehörigen Hypothek 207. — 23) Verkauf eines Grund­ stückes unter Vorbehalt des Eigentumes des darauf stehenden Gebäudes 211. — 24) Zur Eintragung einer Rangändemng auf Grund eines Anfechtungsurteiles bedarf es keiner Zu­ stimmung des Eigentümers 258. — 25) Zuschreibung eines Grundstückes als Bestandteil eines anderen 259. — 26) Umwandlung einer vor 1900 ausgezahlten, aber nicht gelöschten Hypo­ thek. An Stelle der Berichtigung des Grundbuches (Umschreibung der Hypothek auf den Eigen­ tümer) kann dieser ohne weiteres Löschung verlangen 272. — 27) Abtretung einer Eigentümer­ grundschuld unter Umwandlung in eine Hypothek durch den Borerben 327. — 28) Die Ein­ tragung der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nach § 800 CPO. bedarf keines Nachweises über die Zustimmung des Hypothekars 401. Form der Eintragung der Unterwerfung 476. — 29) Zinsen, die lediglich als Nebenforderung zuerkannt sind, können nicht als selbständige Hauptforderung eingetragen werden 407. — 30) Den Antrag auf Auf­ lassung kann das Grundbuchamt nicht wegen mangelnder Beräußerungsbefugnis des einen Teiles zurückweisen 473. — 31) Übertragung der Auflassungsvollmacht 474. — 32) Sind die Erben bekannt, so sind Einträge im Grundbuche auf deren Namen zu bewirken. Vermerk der Nachlaßverwaltung 474. — 33) Was im Handelsregister eines Amtsgerichts eingetragen ist, ist im Sinne des § 29 GrBO. offenkundig für das bei demselben Gericht bestehende Grund­ buchamt 475. — 34) Eintragungsbewilligung mit Vorbehalt der Genehmigung 477. — 35) Gültigkeit einer an die künftige Aktiengesellschaft bewirkten Auflassung seitens eines ein Grundstück einbringenden Gründers 486. — 36) Fristbestimmung nach § 18 GrBO. 489. — 37) Gemeinschaftlicher Hypothekenbrief 492. — 38) Rechtshilfe in Grundbuchsachen 498. — 39) Eintragung einer Hypothek auf die Firma des Einzelkausmannes 504.

Dritter Abschnitt.

Vormundschafissachen.

1) Beschwerde wegen Aushebung der vorläufigen Vormundschaft 107. — 2) Ablehnung der Vormundschaft 292. — 3) Verzögerte Anlegung von Mündelgeldern durch den Vormund. Anordnmtgen des Vormundschaftsgerichts 293. — 4) Tragweite vormundschastsrichterlicher Aktennotizen und unter genehmigungspflichtige Erklärungen gesetzter Visavermerke 296. — 5) Entsetzung des Gemeindevormundes. Beschwerderecht des Bürgermeisters 298. — 6) Be­ schwerde der minderjährigen Mutter in der Bormundschaftssache ihres unehelichen Kindes 299. — 7) Kein Beschwerderecht des Bertragsgegners gegen die Verweigerung der vormundschafts­ gerichtlichen Genehmigung des Vertrages 300. — 8) Maßgebender Zeitpunkt für die Bestim­ mung des zur Anordnung einer Pflegschaft zuständigen Gerichts 301. — 9) Die Bestellung eines Pflegers zur Führung eines Rechtsstreites kann nicht wegen dessen Aussichtslosigkeit abgelehnt werden 302. — 10) Keine Pflegschaft zur Vertretung des Testamentsvollstreckers in Nachlaß­ angelegenheiten, an deren Besorgung er rechtlich verhindert ist 303. — 11) Voraussetzungen und Zuständigkeit für die Abwesenheilspflegschaft über einen Verschollenen 305. — 12) Eine vor 1900 eingeleitete Verwaltungspflegschaft ist jetzt nicht mehr fortzuführen; geschieht dies gleichwohl, so wird die Verwaltungsgebühr nach § 92 Nr. 2 preuß. GKG. geschuldet 308. — 13) Pflegschaft alten Rechtes über Ausländer. Voraussetzungen der Vormundschaft über Aus­ länder 309. — 14) Rechtshilfe: a) Ersuchen um Vernehmung des unehelichen Vaters über seine Vaterschaft und Unterhaltspflicht 495; b) Ersuchen um Vernehmung des Schuldners des Mündels 496.

Vierter Abschnitt.

Nachlaß- und Teilungssachen.

1) Das Nachlaßgericht ist nicht befugt, die Bestimmung einer Jnvenlarfrist aus Zweckmätzigkeitsgründen oder wegen Bestreitung der Erbeneigenschast auszusetzen 70. — 2) Recht des Nachlaßgerichts zur Zurückbehaltung der zur Erteilung eines Erbscheines eingereichten Personenstandsurkunden 175. — 3) Begriff der Eröffnung und Form der Verkündung eines Testamentes 179. — 4) Über die Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseides nach § 79

FrGG. kann nicht im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit entschieden werden 484. — 5) Nachlaßteilungsverfahren. Behandlung von Streitpunkten 484. — 6) Ist ein Teilungsverfahren vollständig abgeschlossen, so kann, weil Sachen verschwiegen sind, nicht ein neues Verfahren eingeleitet, sondern nur das alte angefochten werden 486.

Fünfter Abschnitt.

Krgistersachrn.

a) Standesregister.

1) In die Standesregister können auf Grund ausländischer Urteile Vermerke nicht bewirkt werden 18. — 2) Begriff der Berichtigung des Registers. Verfügungen des Amtsgerichts in Registersachen; Abänderung; Anfechtung 19. —- 3) Einzelne Fälle von Berichtigung 18 Anm. — 4) Änderung des Geburtsregisters von Amts wegen 289. b) Handelsregister.

1) Die Eintragung der Zweigniederlassung einer A.-Ges. darf nicht von einer die Pro­ kuren betreffenden Eintragung in das Hauptregister abhängig gemacht werden 1. — 2) Ein­ tragung einer Prokura für eine A.-Ges.; Prüfungspflicht des Richters 1 Anm. — 3) Die Ausdehnung der Prokura auf die Verfügung über Grundstücke kann eingetragen werden 186. — 4) a. Zulässigkeit der Klage auf Bewilligung einer Löschung 37; b. der Löschung einer Firma steht nicht der Umstand im Wege, daß einzelne Rechtsverhältnisse aus dem erloschenen Handels­ betriebe noch fortdauern 463. — 5) Eintragungspflichtige Betriebe: Ziegelei 233; Brauerei 234; Generalagent 507. — 6) Nach § 140 FrGG. darf der Registerrichter nur den Gebrauch der Firma verbieten, nicht auch ihre Änderung und Löschung aufgeben 338. — 7) Inhalt der das Verfahren auf Löschung einer einzelner Teile der Firma 340.

Firma

einleitenden

Verfiigung.

Keine

Untersagung

c) Güterrechtsregister. 1) Kerne Eintragung der Gegenstände, aus denen das Eingebrachte besteht 278. — 2) Erfordernisse des Antrages eines Notars auf Eintragung eines Ehevertrages in das Güterrechtsregister 286.

Sechster Abschnitt.

Gerichtliche und notarielle Urkunden.

1) Beurkundung der Vorlesung, Genehmigung und Vollziehung eines Protokolls durch die Buchstaben „v. g. u." 20. — 2) Genehmigungsvermerk unter einem ein Testament enthalten­ den Protokoll 315. — 3) Rechtsbehelfe wegen Weigerung des Notars, eine Abschrift eines von ihm über eine General-(Gewerken-)Bersammlung geführten Protokolls zu erteilen 23. — 4) Platz der Unterschrift unter ein Protokoll 108. — 5) Die gerichtliche Beglaubigung kann nicht landesgesetzlich dem Gerichtsschreiber übertragen werden 109. — 6) Mangel der Bezeich­ nung des mitwirkenden Richters 347.

Siebenter Abschnitt.

Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Zeugengebührrn.

1) Zur Entscheidung über die weitere Beschwerde wegen Zeugengebühren ist das Kammergericht nicht zuständig 108. — 2) Kosten für eine nach 1. Januar 1900 zu Unrecht fortgesetzte Berwaltungspflegschast 308; einer zu Unrecht geführten Vormundschaft über Ausländer 309.

KI. Livilprozeß. Erster Abschnitt.

Dir Gerichte.

a) Gerichtsstand. 1) Gerichtsstand des Vermögens (§ 23 CPO.), a) wenn über das Vermögen des Be­ klagten im Auslande Konkurs eröffnet ist 240; b) bei bedingten Forderungen 374; c) vinkulierte Namensaktien und Dividendenscheine als Vermögen 375. — 2) Ausschließlicher Gerichts­ stand bei Klagen auf Löschung einer bezahlten Post 877. — 8) Erfüllungsort für die Gebühren der Notare 379. — 4) Gerichtsstand der Wandelungsklage 380. — 5) Vereinbarter Gerichts­ stand. a) Bedeutung der Abmachung „Berliner Gerichte" 382; b) Vereinbarung ausländischen Gerichtsstandes 384. b) Wert des Streitgegenstandes. Streitwert: einer Klage auf Zahlung des Restkaufgeldes und Entgegennahme der Aus­ lassung 371; einer Klage aus Rechnungslegung 372; bei eventueller Schadensersatzklage 372; einer Klage des Vermächtnisnehmers gegen die Erben auf Umschreibung des vermachten Grundstückes 372; einer Klage auf Löschung einer Hypothek 373; der Klage des Eigentümers auf Herausgabe des Grundstückes und der Nutzungen 374; der Klage auf Herausgabe einer Lebensversicherungspolice an den Berstcherten 374.

Zweiter Abschnitt.

Vir Parteien.

a) Haupt- und Nebenintervention. Eintritt des Gemeinschuldners in den Prozeß 396. b) Prozetzbevollmächtigte.

Besondere Vollmacht für Arrestanträge des Prozeßbevollmächtigten 424. c) Prozeßkosten im allgemeinen. 1) Erstattung der Kosten einer vorangegangenen Beweissicherung 384. — 2) Die den Parteien des Hauptprozeffes in dem Verfahren vor dem Gerichtshöfe zur Entscheidung von

Kompetenzkonflikten entstandenen Kosten sind erstattungsfähig 385. — 3) Kostentragung, wenn der Hypothekar auf Duldung der Zwangsvollstreckung klagt. § 93 CPO. 386. — 4) Werden .nach Einreichung der Klagschrift Kapital und Zinsen bezahlt, so kann doch die Zustellung

wegen der Kosten erfolgen 387. — 5) Umfaßt ein Vergleich weitere als die im Prozesse gellend gemachten Ansprüche, so können die dadurch erwachsenen Kosten nicht festgesetzt werden

388. — 6) Kostensestsetznng trotz Tilgnngseinrede 389. d) Armenrecht.

Der Armenanwall, der für seine Partei die dieser zu erstattenden Prozeßkosten hat fest­ setzen lassen, kann nicht atls § 124. 727 CPO. den Beschluß auf seine Person umschreiben

lassen 130.

Dritter Abschnitt.

Allgemeine Äcundsstze de» Verfahrens. a) Zustellungen.

1) Zustellung der Einspruchsschrift 393. — 2) Zustellung an Militärpersonen (8 172 CPO.) ist auch durch Übergabe an diese selbst statt an den Kompagnie- u. s. w. Chef inöglich Keine Wiedereinsetzung, wenn der Anwalt einen Mangel

394. — 3) Zustellung durch die Post.

der Zustellung übersehen hat 394.

b) Ladungen.

Termine.

Fristen.

Ist die Partei an dem nach § 141 angeordneten persönlichen Erscheinen durch Krankheit

verhindert, so ist ein Termin an Ort und Stelle nicht nach § 249 „erforderlich" 391.

c) Folgen der Versäumung.

Wiedereinsetzung.

1) Keine Wiedereinsetzung, wenn der Anwalt eine« Mangel bei der Zustellung übersetzen

hat 394. — 2) Berechnung der Wiedereinsetzungsfrist 395.

d) Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens.

Aufnahme des Rechtsstreites im Konkurse 363.

Vierter Abschnitt.

Verfahren in erster Instanz.

a) Klagerhebung. Bestimmtheit des Klagantrages 397.

b) Feststellungsklage.

Feststellungsklage des Konkursverwalters einer Genossenschaft auf Nichtbestehen einer angemeldeten, aber bestrittenen Forderung mit Rücksicht auf die notwendige Nachschubberech­ nung 239.

c) Endnrteil.

Teilurteil.

Zwischenurteil.

Rechtskraft.

1) Das Gericht ist an sein Zwischenurteil nicht gebunden, das die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit als prozessual unzulässig verworfen hat 377. — 2) Ein außergerichtlicher Ver­ gleich kann nach Rechtskraft des bedingten Endurteils im anhängigen Rechtsstreite nicht mehr geltend gemacht werden 398. — 3) Wirkung der Rechtskraft im Falle des § 471 CPO. 398. — 4) Einwendungen gegen rechtskräftiges Urteil 399.

d) Versäumnisurteil. Beglaubigung der Eirlspruchsschrift 393. e) Zeugenbeweis. 1) Das Gericht kann den Arzt nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden 126. — 2) Umfang des Zengnisverweigerungsrechts des Notars 128.

f) Beweis durch Eid.

Tod des Schwurpflichligert nach Erlaß des bedingten Endurteils 398.

Fünfter Abschnitt.

Rechtsmittel.

a) Beschwerde. Einlegung der Beschwerde, weil der Schuldner den Ossenbarungseid bereits geleistet

habe 143. *

Systematisches Inhaltsverzeichnis.

XVIII

b) Berufung.

Keine Berufung gegen ein den Arrest aushebendes Urteil, wenn der Anspruch erledigt ist 428.

Sechster Abschnitt. Besondere Propßartrn. Urkunden- und Wechselprotest. Einstellung der Zwangsvollstreckurlg einem Borbehaltsurteil des § 599 bis zur Er­ ledigung des Nachverfahrens ist nur im Wege einstweiliger Verfügung zulässig 129.

Siebenter Abschnitt.

Zwangsvollstreckung.

a) Allgemeine Bestimmungen. 1) Anwendung des 8 767 CPO., wenn der Rechtsstreit nach § 7941 durch Vergleich

erledigt ist 7. — 2) Begriff des Prozetzvergleiches § 7941 CPO. 8. — 3) Wirksamkeit aus­ ländischer Urteile 18. Vollstreckung berfelben 409. — 4) Einstellung der Zwangsvollstreckung ans einem Borbehaltsurteil des 8 599 bis zur Erledigung des Nachverfahrens ist nur im Wege einstweiliger Verfügung möglich 129. — 5) Umschreibung der vollstreckbaren Ausfertigung auf den Rechtsnachfolger 130. — 6) Vollstreckbarkeit eines in Erledigung einer beantragten einsttveiligen Verfügung geschlossenen Vergleiches 130. — 7) Weder der Erbschaftskäufer noch der Hypothekar hat ein rechtliches Interesse, vom Erben die Beschaffung des Erbscheines- zu verlangen 400. — 8) Die Eintragung der llntenverfuiig unter die sofortige Zwangsvollstreckung nach § 800 CPO. bedarf keines Nachweises über die Zustintmung des Hypothekars 401. — 9) Herabsetzung der zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hinterlegten Sicherheit in der Berusungsinststnz 409. — 10) § 7172 CPO. greift Platz, auch lucnn das vorläufig vollstreckbare Urteil nur aus formellen Gründen aufgehoben wird 411. — 11) Zwangsvollstreckung in eingebrachtes oder Gesamtgut aus Urteil gegen die Ehefrau imd) 8 741 CPO. 413. — 12) Neue Prüfung der Sache im Falle des § 766 CPO., wenngleich die Pfändung auf Weisung des Beschwerde­

gerichts erfolgte 421. b) Einspruch dritter Personen.

1) Einwendungen des Drittschuldners gegen den Pfändungsgläubiger 10. — 2) Rechts­ behelfe des Hypothekenglänbigers gegen Pfändung von Zubehör 270. — 3) Verhältnis der Widerspruchsklage zum materiellen Rechte 281. — 4) 8 771 und nicht 8 766 greift Platz, lueim jemand behauptet, daß die gepfändete Forderung thut und nicht dem Schuldner zu­ stehe 414. — 5) Widerspruchsklage desjenigen, dem wirtschaftlich eine Fordeltmg gehört, die formell auf den Namen des Vollstreckungsschuldners gestellt wurde 415.

c) Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen.

1) Widerspntchsrecht des Subhastaten gegen bcii Anspruch aus einer Hypothek, die in das geringste Gebot nicht ausgenommen ist, aber nach der Bereinbaruttg des Gläubigers mit dem Erstcher bestehen bleibt 98. — 2) Umfang der Befugnis des Zwangsversteigerungsrichters, um Bewirkung von Grundbucheintragungen zu ersuchen- Berichtigung irrtümlicher Ersuchen. Beschwerderecht des Bollstreckungsgerichts 99. — 3) Zulässigkeit einer Zwangshypothek für eine Forderung, für die bereits eine Bertragshypvthek besteht 135. — 4) Eintragung zu­ erkannter Zinsen 407. — 5) Verfahren bei dem nach Schlug der Versteigerung, aber vor Erteilung des Zuschlages gestellten Einstellungsanirage 430. — 6) Amvendbarkeit des 8 57 ZwBG. auf Mietverträge, die vor 1900 geschlossen waren 431. — 7) Keine Zwischenverfügung, wenn einem Bersteigerungsantrage „noch nicht" stattgegeben werden kann. Bezugnahme auf

nicht vorliegende Testamentsakten genügt nicht zur Glaubhaftmachung der Erbeneigenschast des Subhastaten 433. — 8) Anfechtung eines bei der Versteigerung abgegebenen Gebotes wegen Irrtums 436. — 9) Form der Eintragung des Erstehers in das Grundbuch. Beschwerderecht des Bollstreckungsgerichts 437. —- 10) Eintragung der Sicherungshypothek, wenn bei der Zwangsversteigerung eines Bruchteiles der Miteigentümer Ersteher ist 438. — 11) Zulässigkeit eines nachträglich berichtigten Ersuchens des Vollstreckungsrichters 438. — 12) Ein Gläubiger, der im Kaufgelderbelegungstermine nicht widersprach, wird bei der anderweilen Verteilung des Liquidates auch dann nicht berücksichtigt, wenn es für ihn selbst angesetzt war. Der Zwangs­

verwalter hat kein Recht auf Besriediguitg aus den Kaufgeldern 441.

d) Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen, Rechte und Forderungen.

1) Einwendungen des Drittschuldners gegen den Pfändungsgläubiger 10. — 2) Zu­ lässigkeit der Pfändung: a) von Sachen: Fuhrwerk eines Viehhändlers 138, eines Fuhrmannes 139, Nähmaschine 139, Zubehörstücke eines Grundstückes 213; b) von Rechten und Forderungen: des Anspruches auf Lieferung von Gas und Elektrizität 132, Reisespesen als Arbeitslohn 139, Don Reisediateu und Provision eines Bersicherungsiuspektors 418, Gehalt eines Kammer­ musikers 419, Pension eines Feuerwehrmannes 421, Arbeitslohn im Alimentenprozeß 422. — 3) Zu Gunsten des gesetzlichen Unterhaltsanspruches des Ehegatten ist Pfändung unbeschränkt zulässig 131. — 4) Keine Anwendung des § 850 Abs. 4 CPO. auf unpfändbare Forderungen des gütergemeinschaftlichen, wegen der Unterhaltspflicht seiner Ehefrau verurteilten Mannes 421; das Psändungsvorrecht des 8 4a des Lohnbeschlagnahmegesetzes ist nicht an die Person

des unehelichen Kindes gebunden 423; Zurückbehaltungsrecht in unpfändbaren Forderungen 423. — 5) Form der Pfändung einer Eigentümergrundschuld 134. 401. — 6) Bedeutung der Zustellung des Beschlusses über Pfändung einer Buchhypothek an den Drittschuldner 135. — 7) Soweit die festen Reisespesen wirtschaftlich Arbeitsvergülung sind, gelten sie für die Pfändung als Arbeitslohn 139. — 8) Zwangsvollstreckung in die früher zum Gesamtgut gehörigen Sachen nach Aufhebung der allgemeinen Gütergemeinschaft 281. — 9) Form der Pfändung tiner Vormerkung alten Rechts 404. — 10) Genaue Bezeichnung der zu pfändenden Forderung bei der Boi Pfändung nach 845 CPO. 417. — 11) Keine Ansprüche ans der Pfändung einer Gageforderung, wenn der Drittschuldner der Nötigung der Schuldner folgend an sie die Gage

zahlt 416. Offenbarnngseid.

1) Einlegung der Beschwerde, weil der Schuldner den Offenbarnngseid bereits geleistet habe 143. — 2) Wie weit ist in dem Umsätze eines Vermögensstückes der spätere Erwerb von Vermögen zu finden? 143. — 3) Osseubarungseid des Vertreters einer juristischen Person. Zuständiges Gericht, Aufhören dec Vertretungsbefugnis im Lause des Verfahrens 144. — 4) Zuständiges Gericht für Ergänzuiig des Ossenbarungseides 145. e) Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der' Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen und Unterlassungen.

Die Strafandrohung nach § 890 Abs. 2 CPO. wird nicht durch die Vereinbarung einer Strafe in einem gerichtlichen Vergleiche ersetzt 142.

Achter Abschnitt.

Arrest und einstweilige Verfügung.

1) Besondere Vollmacht für Arrestanträge des Prozeßbevollmächtigten 424. — 2) Arrest­ anordnung gegen Sicherheit 425. — 3) Rechtshängigkeit im Arrestprozeß. Berechtigung des Antragsgegners zur Ladung, wenn das Gericht ihn zur Erklärung aufgefordert und münd­ liche Verhandlung angeordnet hat 425. — 4) Aufhebung des Arrestes auf Antrag des Gläu­ bigers 428. — 5) Keine Berufung gegen ein den Arrest aushebendes Urteil, wenn der Anspruch erledigt ist 428. — 6) Anordnung einstweiliger Verfügung ohne mündliche Verhandlung 430.

Neunter Abschnitt.

Schiedsrichterliches Verfahren.

1) Entscheidung über Ablehnung eines Schiedsrichters 146. — 2) Erfordernisse der Aus­ fertigung eines Schiedsspruches 148.

IV. Konkursrecht. Erster Abschnitt.

Materielles Konkursrecht.

a) Allgemeine Bestimmungen.

1) Kosten des Strafverfahrens als ein bei Eröffnung des Konkursverfahrens „begrün­ deter" Anspruch des Fiskus 237. — 2) Ausnahme eines Rechtsstreites im Konkurse 363. — 3) Nachzahlungsversprechen nach Zwangsvergleich 369.

b) Anfechtung.

Kenntnis des Vertreters im Falle des § 30 Nr. 2 KO. 364.

c) Konkursgläubiger. 1) Vorrecht der Kinder nach § 615 KO. 238. — 2) § 65 KO. gilt nicht gegenüber dem

Bürgen deS Gemeinschuldners 365.

Zweiter Abschnitt.

Konkursverfahren.

1) Klage gegen hierorts wohnende, über die im Auslande Konkurs eröffnet ist 240. —

2) Bedeutung des Schlußtermins nach § 162 KO. 366. — 3) Befugnis des Konkursverwalters zur Fortführung von Prozessen nach bestätigtem Zwangsvergleiche oder nach Ausschüttung der

Maffe 366.



4) Klage des Verwalters im Konkurse einer Genossenschaft aus Feststellung

des Nichtbestehens einer angemeldeten aber bestrittenen Forderung mit Rücksicht auf die Nachschußberechnung 239. — 5) Konkurs einer Genossenschaft.

Anstellung des Vorstandes.

Fort­

dauer der Einzahlungspflicht der Genossen 500. — 6) Im Falle des § 127 KO. ist, wenn

das Pfandrecht selbst streitig ist,

ein freihändiger Verkauf nach § 12462 BGB. vorerst nicht

anzuordnen 370. — 7) Konkurs über einen Nachlaß.

tigenden Erben.

Rechte des eine Nachlaßschuld berich­

Wirkung der Feststellung in der Konkurstabelle 68.

V. Ltaatsrecht. a) Rechtsverhältnisse der Beamten.

des Staates für Verschulden

1) Haftung

Staates mit Entschädigungsansprüchen gestellten Beamten.

des Richters 210.

2) Aufrechnung



des

gegen die Gehaltsansprüche der auf Kündigung an­

Zulässigkeit der Zurückbehaltuugseinrede 225. — 3) Begriff des Beamten;

Unterschied von Hosbeamten 419. b) Sonstige öffentlichrechtliche Verhältnisse.

1) Vormundschastsrecht der Gemeindearmenverwaltung 298.



2) Staatsangehörigkeit

eines Verschollenen 305.

Wortregister.....................................................................................................................

Nachträge

.

Berichtigungen

......................................................................... ......................................................................................

513

527

528

1 a) Art. 170 EG. zum BGB. findet auch auf handelsrechtliche Schuldverhältnisse Anwendung. OLG. Kiel, II. CS. Urteil v. 14. Februar 1802. Das EG. zum HGB. enthält keine Übergangsvorschriften über die recht­

liche Behandlung eines vorher entstandenen Schuldverhältnisses.

Dagegen

bestimmt Art. 2 des EG. zum HGB., daß in Handelssachen die Vorschriften des BGB. nur insoweit zur Anwendung kommen sollen, als nicht im HGB. und dessen EG. etwas anderes bestimmt ist. Diese Vorschrift ist bei der Einheitlichkeit des BGB. und seines EG. und der nicht ausdrücklichen Aus­

schließung der Vorschriften des letzteren dahin auszulegen, daß auf die unter der Herrschaft des alten HGB. begründeten Schuldverhältnisse die Über­

gangsvorschrift des Art. 170 EG. zum BGB., welche auch den Grundsätzen von

der

zeitlichen Herrschaft der Gesetze lediglich entspricht,

angewendet Gr.

werden soll.

b) Die Eintragung der Zweigniederlassung einer Attiengesellschast darf nicht von einer die Proknren betreffenden Eintragung i« das Hauptregister abhängig gemacht werden.1 HGB. §§ 13, 50, 201. Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 11. Juli 1902.

Im Handelsregister von N. ist die Aktiengesellschaft A. mit dem Sitze in N. eingetragen; ebenda sind mehrere Prokuristen verzeichnet. Die Vor­ standsmitglieder betreiben bei dem Amtsgerichte in M. die Eintragung einer dort errichteten Zweigniederlassung und heben hervor: „die Vertretungs­ befugnis der Prokuristen soll sich auf die Zweigniederlassung nicht erstrecken." Die Eintragung wurde abgelehnt, weil die Beschränkung der Prokuristen auf den Betrieb der Hauptniederlassung nicht zum Hauptregister angemeldet und daselbst

eingetragen

sei.

Der

weiteren Beschwerde Gründe:

stattgegeben.

wurde

Die Vorstandsmitglieder der beschwerdeführenden Gesellschaft haben ledig­

lich diese Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister der Zweig1 Dagegen hat das Registergericht das Recht und die Pflicht, bei Anmeldung einer vom Borstande der Aktiengesellschaft erteilten Prokura den Nachweis der mangels abweichender Be­ stimmung des Gesellschaftsvertrages oder der Generalversammlung nach § 238 HGB. erforder­

lichen Zustimmung des Aufsichtsrates zur Prokuraerteilung zu fordern (Beschluß v. 10. April 1901, Jahrbuch 22 S. 111). — Auf Grund der Statutsbestimmung, daß der Vorstand nach

Beschluß des Aufsichtsrates aus zwei oder mehr vom Aufsichtsrate zu ernennenden Mitgliedern bestehe, kann der Aufsichtsrat auch stellvertretende Vorstandsmitglieder ernennen; diese sind

unter Kennzeichnung ihrer Eigenschaft als Stellvertreter ins Handelsregister einzutragen (Be­ schluß v. 11. Juli 1902, Jahrbuch 24 S. 194).

OLGiMv. VI.

1

Niederlassung in M. angemeldet. Hierüber läßt der Inhalt der Anmeldungs­ schrift keinen Zweifel, die mit dem Anträge schließt: „die Firma der Zweig­

niederlassung ... eintragen zu wollen."

Der Vermerk über die Beschränkung

der Vertretungsbefugnis der Prokuristen ist offensichtlich nur zufolge des ausdrücklichen Wunsches des Amtsgerichtes hinzugefügt. Die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister der Zweigniederlassung durfte aber nicht von einer Eintragung betreffs der Prokuren abhängig gemacht werden. Das HGB. bestimmt in § 201, was zur Anmeldung einer Aktiengesellschaft

behufs Eintragung in das Register eines Gerichtes gehört, in dessen Bezirk

sie eine Zweigniederlaffung besitzt; hierbei ist einer Anmeldung der Prokura nicht gedacht. — Die Verpflichtung zur Anmeldung der Prokurenerteilung

ist eine selbständige, die dem Prinzipal lbezw. den gesetzlichen Vertretern der

Aktiengesellschaft) zufolge § 53 obliegt. Daß die Anmeldung grundsätzlich auch bei dem Gerichte einer Zweigniederlassung erfolgen muß, ergibt sich aus

§ 131. Nach § 508 ist eine Beschränkung der Prokura auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen des Geschäftsinhabers Dritten gegenüber wirk­ sam, wenn die Niederlaffungen unter verschiedenen Firmen betrieben werden,

wobei eine Verschiedenheit der Firmen im Sinne dieser Vorschrift auch dadurch begründet wird, daß für eine Zweigniederlassung der Firma ein sie als Firma der Zweigniederlaffung bezeichnender Zusatz beigefügt ist. Es ist unbedenk­ lich anzunehmen, daß, wenn gemäß dieser Vorschrift die Prokura auf dm

Betrieb der Hauptniederlaffung in zulässiger Weise beschränkt ist, die Eintragung dieser Prokura in das Register einer Zweigniederlassung nicht zu erfolgen hat.

Zweifelhaft mag dagegen erscheinen, ob schon eine Firmenverschiedenheit

im Sinne des § 503 als solche die Beschränkung der Prokura nach Maßgabe

der vom Prokuristen gemäß § 53z gezeichneten Firma nach sich zieht (vgl. Staub § 50 Anm. 3, §53 Anm. 5; auch Makower 12. Aufl. §50 Anm. 3c), oder ob es hierzu noch einer Eintragung der Beschränkung bedarf. Gelangt aber das Registergericht der Zweigniederlassung auf Grund der letzteren Auf­ fassung zu der Annahme, daß die im Register der Hauptniederlassung ein­ getragenen Prokuren trotz Verschiedenheit der Firmen der Haupt- und der Zweigniederlassung sich auch auf die Zweigniederlassung bezögen und deshalb in dem Register der Zweigniederlaffung vermerkt werden müßten, so ist es doch keinesfalls befugt, die Eintragung der Beschränkung in das Register der Hauptniederlassung zu verlangen. Vielmehr bleibt ihm dann nur der Weg,

die Anmeldung der nach seiner Meinung mangels solcher Eintragung auch wirksamen Prokuren zur Eintragung in das

für die Zweigniederlassung

Register der Zweigniederlassung gemäß § 14 HGB., §§ 132 ff. FrGG. zu

erzwingen...

K.

c) Wem gehören die Ergebnisse der Erfindertätigkeit eines An­

gestellten'?

OLG. Hamburg, III. CS.

Urteil v. 22. April 1902.

Die Frage, inwieweit die Ergebnisse der Ersindertätigkeit eines — nicht

etwa durch übernommene Vertragspflichten gebundenen — Beamten oder im

Privatdienste Angestellten ihm selbst oder seinem Dienstherrn (fei das ein Privater oder der Staat) gehören, ist mangels positiver Gesetzesvorschristen wissenschaftlich ebensoviel erörtert wie bestritten, meistens aus dem Spezial­ gebiete des Patentrechtes? Während früher mehr Gewicht darauf gelegt wurde, ob der Erfinder innerhalb seiner Dienststunden, oder örtlich in seiner Arbeitsstätte mit den Maschinen und Materialien des Dienstherrn gearbeitet

hatte und ihm also nur die Benutzung von dessen Eigentum die Erfindung ermöglicht habe, so neigt die Mehrzahl der Schriftsteller neuerdings dazu, für

entscheidend den Umstand zu halten, ob der Beamte (Angestellte) zum Zwecke Nur im ersteren Falle soll der Dienstherr das Recht auf die Ergebnisse der Erfinder­ der Entfaltung erfinderischer Tätigkeit angestellt ist oder nicht.

tätigkeit haben, sonst müsse im Zweifel das eigene Recht des Autors an

seiner geistigen Arbeit vorgehen. zugestanden,

Ausnahmen werden natürlich für den Fall

daß die Beschäftigung des Bediensteten sich auf geheim zu

haltende Fabrikattonen bezog, in welchem Falle natürlich eine freie Ver­ wertung der dabei gemachten Erfindungen den Anstellungsbedingungen zuwider­ laufen würde. So im wesentlichen übereinstimmend: Rosenthal, Patent­ gesetz S. 82ff.; Seligsohn, Patentgesetz 2. Aufl. S. 79; Kohler, Handbuch des deutschen Patentrechts S. 234. Ob die Verteidigung der freien Aus­ nutzung des geistigen Eigentumes durch letzteren Schriftsteller in einigen Punkten

nicht zu weit geht, kann hier dahingestellt bleiben. Unbedenklich ist der Defi­ nition Seligsohns dahin beizustimmen, daß der Anspruch des Dienstherrn auf die Erfindungen nur dann anzuerkennen sei, wenn „das Machen der Er­

findung in den Rahmen derjenigen Obliegenheiten fiel, die für dm Angestellten sich aus dem Engagement oder der ihm zugewiesenen Tätigkeit nach der Absicht der Parteien oder der im betreffenden Industriezweige geltenden

Danach kommt also nicht darauf an, ob die

Gepflogenheiten sich ergaben".

Erfindung nur mit den Werkzeugen des Dienstherrn möglich war, ob ein

während der dienstlichen Arbeit gefaßter erfinderischer Gedanke nachher in privater Arbeit bis znm Ergebnis einer Erfindung fortgesponnen wurde, oder ob im Beamten infolge seiner amtlichen Tätigkeit ein Erfindungsgedanke entsteht,

sondern es entscheioet:

ob das Resultat der Erfindung in den

Rahmen seiner Dienstobligattonen gehört. Klägers Tättgkeit besteht wesentlich

int Analysieren von Erzen.

Würde ihm

dabei

die Vereinfachung

einer

Analyse, eine bequemere technische Vorrichtung als die bisher bei der amt­ lichen Arbeit benutzte gelingen, so wäre die pekuniäre Ausbeutung dieser Erfindung nur zu seinem eigenen Vorteile (welche den Staat sogar zwingm würde, die Benutzung der Erfindung seinem Beamten abzuvergüten), feinen

Anstellungsbedingungen zuwider.

Denn es gehörte zu seinen Obliegenheiten,

die Analyse so praktisch wie möglich auszuführen, mit allen ihm innewohnen­

den Kräften danach zu streben, für den Staat bestmögliche Analysen auf 1 Vgl. IW. 1898 S. 365, 1900 S. 738, 1902 S. 368.

dem einfachsten Wege zu schaffen.

Ob Dritten gegenüber der Staat ohne

Mitwirkung des Klägers dessen Verbesserungen durch Erwirkung von Patenten ausnutzen könnte, bedarf zur Zeit keiner Entscheidung. Würde dagegen dem Kläger bei den dienstlichen analytischen Arbeiten die Auffindung eines neuen

Elementes, eines chemisch verwendbaren Farbstoffes rc gelingen, so wäre nach dem Charakter seiner Dienstanstellung ein Anspruch des Staates auf Aus­ nutzung

dieser

für

seine

amtliche Tätigkeit belanglosen Erfindungen un­

begründet. ...

M. M.

d) Sofortige Entlassung des Handlungsgehilfen ans § 721 HGB. OLG. Dresden, VII. CS. Urteil v. 18. Oktober 1902. Die sämtlichen Handlungsgehilfen des Beklagten, mit Ausnahme seiner Tochter, verbanden sich, um bei dem Prinzipal in verschiedener Richtung vor­

stellig zu werden: Einmal sollte er der Tochter die eingeräumte Vollmacht wieder entziehen und auf den Buchhalter D. übertragen; sodann statt der vierteljährlichen eine halbjährliche Kündigungsfrist genehmigen, und endlich ganz erhebliche Gehaltserhöhungen bewilligen und auch noch versprechen, künftig jedes Jahr je 180 Mark zuzulegen.

Wenn das gesamte Personal

mit solchen, das übliche Maß weit überschreitenden Anforderungen an den Geschästsherrn herantritt, so wird er gerechterweise entrüstet sein und mög­ licherweise dem einen oder anderen Geschäftsgehilfen schon wegen der Stellung solcher Forderungen aufkündigen.

Das ist von den drei Vertragsschließenden

auch vorausgesehen worden, denn ste haben für den Fall solcher Kündigung

ausgemacht, daß die übrigen bei Vermeidung einer Vertragsstrafe für den

gleichen Termin das Dienstverhältnis zu lösen haben.

Durch das gleichzeitige

Ausscheiden des gesamten Personals wird der Prinzipal in der Regel nicht bloß Unbequemlichkeiten, sondern auch geschäftliche Nachteile erleiden, und dies hat der Kläger mit seinen Genossen gewußt; der Grund jener Bestim­ mung war sogar augenscheinlich der, den Beklagten eintretendenfalls wegen einer solchen durchaus gerechtfertigten Kündigung zu maßregeln oder zur Nach­

giebigkeit zu zwingen. Damit haben sie aber die durch das Dienstverhältnis begründete Pflicht, getreulich die Interessen des Prinzipals wahrzunehmen und alles zu unterlassen, was dem zuwiderlaufen könnte, gröblich verletzt und sich so

der Untreue im Dienst schuldig gemacht (Goldmann, HGB. § 72).

e) Entlassung wegen Unterbrechung der Reisetonr. Zeugnis auszustelleuT HGB. §§ 72, 73.

Dr. W.

Wann ist das

OLG. Hamburg, IV. CS. Urteil v. 4. Juli 1902. Dem Kläger, der bisher für 8 Mark Tagesspesen und Vergütung der

Extraausgaben gereist war, wurden Ende 1900 die Tagesspesen auf 9 Mark erhöht. Er behauptet, daß ihm daneben die Erstattung der Extraausgaben

zugesichert worden. Als er im Januar 1901 von der Reise um die Ein­ sendung derjenigen Fahrgelder, die den Betrag von täglich 2 Mark über­ stiegen, vergeblich ersuchte, unterbrach er die Reisetour, worauf er bei seiner Rückkehr sofort entlassen wurde.

Aus den Gründen:

Unberechtigt war das Verlangen des Klägers nach Ausstellung eines Zeugnisses, solange das Dienstverhältnis bestand und von keiner Seite auf­

gekündigt worden war, denn dem Handlungsgehilfen steht nach § 73 ein

Anspruch auf ein Zeugnis erst bei Beendigung des Dienstverhältnisses zu und davon kann jedenfalls erst dann die Rede sein, wenn die Aufhebung,

sei es durch Ablauf der Vertragsdauer bei einem auf bestimmte Zeit ab­ geschlossenen Dienstverträge, sei es durch Kündigung bei einem Vertrags­

abschlüsse auf unbestimmte Dauer für die nächste Zeit, feststeht.

Wenn nun

auch der Beklagte dieses Verlangen mit Recht zurückwies, so durfte er sich

doch nicht der Abgabe einer bestimmten Erklärung über das weitere Ver­

langen des Klägers entziehen... Kam zum erstenmal nach Erhöhung der Spesen in Frage, ob der Kläger nach der neuen Vereinbarung auch die Er­ stattung von Extraunkosten beanspruchen könne, so war für ihn die Be­

antwortung dieser Frage von größter Bedeutung, da er bei dem immer­ hin nur geringen Betrage der festen Reisespesen wissen mußte, welche Mittel ihm zur Ausführung der Reise zu Gebote standen, und wie er in dieser Hinsicht disponieren könne. Das war ihm aber nicht möglich, wenn der Beklagte das Ersuchen um Übersendung der gemachten Auslagen mit der

Bemerkung beantwortete, daß zufolge getroffener Vereinbarung gegen Zahlung von 9 Mark Reisespesen jegliche Extraspesen fortfallen sollten, Beklagter aber hierüber noch mit dem Kläger nach dessen Rückkehr von der Reise sprechen wolle und sich die eventuelle Vergütung vorbehalte. Wenn der Beklagte — vorausgesetzt, daß die Parteien die behauptete Beredung getroffen hatten — auch auf die erneueten Vorstellungen des Klägers sich von neuem ablehnend äußerte, so durfte der Kläger die angetretene Reise unterbrechen und zunächst durch persönliche Verhandlungen mit dem Beklagten sich eine feste

Grundlage für die zur Ausführung der ihm aufgetragenen Geschäftsreisen ihm zur Verfügung stehenden Mittel verschaffen. Zur sofortigen Aufhebung des Dienstverhältnisses würde dagegen die Unterbrechung der Reise den Be­

klagten

berechtigen,

wenn

er

ausdrücklich

vergütungen für die Zukunft beredet hatte.

den

Fortfall

aller

Extra­

M. M.

f) Ein Agent hat keine« Anspruch auf Fortsetzung seiner Tätigkeit. Maßgebend ist regelmätzig das Recht am Sitz des Geschiiftsherrn. OLG. Hamburg, II. CS. Urteil v. 30. Oktober 1902. Für das Vertragsverhältnis, aus dem der Kläger seine Ansprüche gegen

die Beklagte ableitet, ist das in Hamburg geltende Recht maßgebend. Wenn auch der Kläger bereits bei Eingehung des Vertrages seinen Wohnsitz in

Algier hatte und die ihm nach dem Vertrage obliegende Tätigkeit ausschließ­ lich in Algier auszuüben war, so ist doch entscheidend, daß es sich um die

Geschäfte einer in Hamburg ansässigen, durchweg aus Deutschen (überwiegend Hamburger) gebildeten Gesellschaft handelt und daß das Unternehmen (Er­ richtung eines Kohlendepots zur Versorgung deutscher Marine- und Kauf­

farteischisie) von vornherein als ein deutsch-nationales geplant und behandelt

ist.

Ähnlich wie bei einem Vollmachtsverhältnis regelmäßig das Interesse

des Vollmachtgebers ausschlaggebend und deshalb auch für die Anwendung des am Wohnsitze des Vollmachtgebers geltenden Rechts bestimmend ist, so muß auch im Verhältnisse zwischen einem inländischen Geschäftsherrn und seinem im Auslande für ihn tätigen Agenten regelmäßig das Interesse des

Geschäftsherrn als für den Sitz des Rechtsverhältnisses maßgebend ange­ Dafür, daß die Absicht der Parteien dahin ging, das Rechts­

sehen werden.

verhältnis dem deutschen Rechte zu unterstellen, spricht ferner, daß der Be­

klagte selbst deutscher Reichsangehöriger war und ist, daß der Vertrag in Hamburg, am Sitze der Beklagten, nach dem Entwürfe eines Hamburger Anwalts in deutscher Sprache abgeschlossen, auch die darin für den Kläger

vereinbarte Vergütung in deutscher Währung bestimmt ist...

Nach gemeinem Rechte hat in Ermangelung einer ausdrücklichen ab­ weichenden Vereinbarung auch bei vertraglich bestimmter Dauer des Agenturverhältniffes der Agent bei unberechtigter Entlastung keinen klagbaren An­

spruch aus weitere Ausübung seiner Tätigkeit, ist vielmehr aus einen Schadens­

ersatzanspruch beschränkt. Dasselbe gilt nach BGB. (vgl. Staub Anm. 7 zu § 92 HGB.; Planck Anm. 3c gu § 611 BGB.). Aus dem vorliegenden

Vertrage aber, der sich ausdrücklich als Agenturvertrag bezeichnet und bisher auch von den Parteien stets als Agenturvertrag behandelt wurde, ist auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß Kläger die Gründung eines deutschen Kohlendepots in Algier angeregt hat, nichts dafür zu entnehmen, daß er abweichend von den gesetzlichen Normen ein Recht aus Ausübung seiner Tätigkeit haben sollte. Übrigens wäre, wenn auch das Vertrags­ verhältnis nach französischem Rechte beurteilt würde, der Kläger gleichfalls

auf Schadensersatzanspruch angewiesen (Code civil 1142; Zachariae 2 S. 579 Anm. 3). Wenn im Gesetz vom 27. Dezember 1890 (Journal

officiel vom 28. Dezember 1890) für Dienstverträge von unbestimmter Dauer bei unberechtigter Auslösung ein Schadensersatzanspruch anerkannt wird, so ist daraus keineswegs zu folgern, daß für Dienstverträge von bestimmter Dauer im gleichen Falle eine Klage aus Erfüllung und Annahme der Dienste gegeben sei. Durch das Gesetz hat eben nur gegenüber Art. 1780 Code civil der Zweifel der Praxis hinsichtlich Zulässigkeit und Bemessung von Schadens­ ersatzansprüchen bei Dienstverträgen auf unbestimmte Dauer beseitigt werden sollen (vgl. Sirey 91 Abt.: Lois S. 130 ff.).

Der § 1 Abs. 5 gibt ledig­

lich eine prozessuale Vorschrift, die für das Verfahren vor deutschen Ge­ richten ohne Bedeutung ist. Endlich kann sich der Kläger aus Art. 1143 Code civil, wonach der Berechtigte verlangen kann, daß das, was der Verbind­ lichkeit zuwider gemacht ist, wieder beseitigt werde, nicht berufen. Denn er hat auch nach französischem Recht kein Recht daraus, der Beklagten nach einer — angeblich zu Unrecht erfolgten — Aufkündigung den Fortbetrieb des Geschäfts in Algier durch andere Agenten zu untersagen.

M. M.

g) Provision des Agenten bei Rachlatz auf den Kaufpreis. OLG. Hamburg, I. CS. Urteil v. 6. Mai 1902.

. . . Nach der in Handelskreisen und in der neueren Rechtsprechung herrschenden und zu billigenden Auffassung ist die Provision des Verkaufs­ agenten erst nach Eingang der dem Käufer obliegenden Zahlung und nur im Verhältnis des eingegangenen Betrages zu entrichten, weil er für den erzielten Erfolg und den realisierten Gewinn honoriert wird. Vorliegend kann der Anspruch auf Provision für den vollen Fakturawert auch nicht

darauf gegründet werden, daß Beklagte ohne genügenden Grund die Ein­ treibung des Restkaufgeldes unterließ. Denn sie ist und bleibt Herrin des

Geschäfts

und

hat

nach

ihrem

verständigen

Ermessen

die

Abwickelung

desselben vorzunehmen. Der Geschäftsherr ist mit Rücksicht auf den Agenten zu keiner größeren Diligenz und zu keiner strengeren Handhabung der Ge­ schäfte genötigt, als zu derjenigen, die er in eigenen Angelegenheiten anzu­ wenden pflegt, das Jntereffe beider ist identisch, sie arbeiten auf gemein­

schaftlich zu erzielenden Gewinn.

Es kann nun der Beklagten nicht zum

Vorwurf gemacht werden, wenn sie, weil das beim Trocknungsapparat ver­ wendete Material sich mit dem zu trocknenden Superphosphat nicht vertrug und der Käufer dadurch Schaden erlitt, in kulanter Weise von der Ein­ treibung des Restkaufpreises abstand, auch wenn sie ihn von Rechts wegen beanspruchen konnte. Ein solches Verhalten kann im Geschäftsinteresse liegen, und gereicht dann auch dem Vertreter zum Vorteil.

Andererseits fehlt es

auch an genügendem Anhalt dafür, daß der Beklagten die Verwendung nicht haltbaren Materials zum Verschulden angerechnet werden könnte... M. M.

2 a) Zur Anwendung des § 767 CPO. und § 319 BGB. OLG. Breslau, III. CS. Urteil v. 25. Oktober 1902.

Im Vorprozeß der Parteien hat sich der Kläger vergleichsweise ver­ pflichtet, eine Schallwand nach dem Entwürfe des Baurates X. aufzuführen. Durch einen sich auf § 887 CPO. stützenden Beschluß sind die Beklagten ermächtigt, die Schallwand auf Kosten des Klägers aufführen zu lassen.

Aus

den Gründen: Der Kläger macht geltend, X. habe die Herstellung des Entwurfes ver­ weigert und dadurch entweder den Vergleich unwirksam werden lassen

(§ 3192 BGB.) oder doch wenigstens eine Nebenbestimmung des Vergleiches, die Überlassung der Bestimmung der Leistung an einen Dritten, beseitigt (§ 319 i). Auf jeden Fall betrifft die Klage, wie es die §§ 767, 795 CPO. voraussetzen, den durch den Vergleich festgestellten Anspruch selbst, sie und nicht, wie die Beklagten wollen, eine Einwendung aus § 766 CPO. bildet

den zulässigen Rechtsbehelf. — Tatsächlich hat nun auch X. die Herstellung eines Entwurfes verweigert. Die Folgen davon bestimmen sich nach § 319 BGB. ohne Rücksicht auf die Gründe seiner Weigerung.

Es ist daher ohne

Bedeutung, ob diese bei Gewährung eines Honorarvorschusses unterblieben

wäre.

Es ist auch unerheblich, wenn sich X. neuerdings zur Herstellung des

Entwurfes bereit erklärt hat.

Infolge seiner Weigerung hatte, sofern der

Vergleich nicht überhaupt als unwirksam anzusehen war, die Bestimmung der Leistung des Klägers durch Urteil zu erfolgen (8 319 BGB.). Diese Rechts­

lage kann durch Erklärungen des X. ebensowenig wie durch solche eines be­ liebigen Dritten geändert werden.

Hg.

b) Bergleichsnatur eines vor -em Berufungsgerichte protokollierten Übereinkommens. CPO. tz 794*. BGB. § 779. OLG. Karlsruhe, I. CS.

Beschluß v. 9. Oktober 1902.

A. hatte gegen N. in Cöln vor dem Landgerichte X. geklagt und Be­

klagter die prozeßhindernde Einrede der Unzuständigkeit vorgebracht, worauf sich das Landgericht für unzuständig erklärte.

Von dem Berufungsgericht

wurde folgendes Protokoll ausgenommen:

„Nachdem ein Einverständnis beider Teile dahin erzielt worden ist, daß das materielle Rechtsverhältnis der Parteien so angesehen werden solle, als ob der Rechtsstreit bei dem Landgericht X. nie anhängig geworden sei, daß also insbesondere einem späteren Verfahren die Einrede der Rechts­ hängigkeit oder der rechtskräfttgen Entscheidung aus dem bei dem Land­ gericht X. anhängig gewordenen Prozeß in keiner Weise entgegengehalten werden kann; nachdem weiter der klägerische Anwalt es als selbstverständlich bezeichnet hat, daß seine Partei die Kosten zu tragen hat, und Berufungs­

beklagter auf Einwirkung eines Urteils gemäß § 515 CPO. verzichtet hat, erklärte der klägerische Anwalt: ich nehme die Berufung zurück." Der Antrag des Beklagten auf Festsetzung der Kosten zweiter Instanz

wurde verworfen, weil das Protokoll keinen vollstreckbaren Titel darstelle. Der Beschwerde ist stattgegeben. Aus den Gründen: Zweifellos haben die Parteien im Termine einen gegenseitigen Vertrag miteinander abgeschlossen, indem fte sich grundlegend dahin einigten, daß es fortan zwischen ihnen so angesehen werden solle, als ob der zur Ver­

handlung stehende Prozeß bei dem Landgericht X. nie rechtshängig ge­ worden wäre, und sich folgeweise zu einem entsprechenden rechtlichen Ver­

halten gegenseitig verpflichteten. Nicht minder zweifellos ist, daß dieses Übereinkommen recht eigentlich zum Zwecke hatte, den Rechtsstreit, wie

dieser damals lag, zu erledigen.

Es kann sich mithin nur darum handeln,

ob dem Wkommen die rechtliche Natur eines gerichtlichen Vergleiches im Sinne des § 794 CPO. zukommt.

Hierbei kann sicher nicht von Belang nicht enthält. Wie der

sein, daß das Protokoll das Wort „Vergleich"

Umstand, daß selbst die geflissentlich gewählte und an markanter Stelle (in der Überschrift) gebrauchte Bezeichnung eines Vertrages als Vergleich nicht

ausschließt, daß dem von den Kontrahenten also benannten Übereinkommen die Vergleichsnatur abgesprochen werden muß, so kann in einem Vertrag ein

Vergleich gefunden werden, obgleich er jede eigene Benennung vermeidet, weil

ausschlaggebend für die rechtliche Qualifizierung eines Übereinkommens nur

der materielle Gehalt des Vereinbarten ist.

Zu prüfen ist hiernach

gemäß § 779 BGB., der die wesentlichen Begriffsmerkmale jedes Vergleiches feststellt, sowie § 794 CPO., welcher vom gerichtlichen Vergleich ins­

besondere handelt, zunächst ob die Parteien ihren Streit oder ihre Ungewißheit

über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens be­ seitigen wollten und beseitigt haben.

Dies trifft aber zu.

Die Parteien sind über ein zwischen ihnen bestehendes zivilrechtliches Verhältnis in Streit geraten, ihre Meinungsverschiedenheiten haben zur Klag­ Durch diesen Akt ist zu dem materiellen Rechtsverhältnis ein formelles, das prozessuale mit seinen eigenen und vielgestaltigen

erhebung geführt.

Rechtswirkungen hinzugetreten; es hat sich auch sofort im Prozeß ein besonderer prozessualer Zwischenstreit (über die Zuständigkeit) ent­ wickelt und es hat der nächste Verlauf des Rechtsstreites dazu geführt, daß nach den einschlägigen Bestimmungen der CPO. eben dieser Zwischen­

streit den ausschließlichen Gegenstand der Berufung bildete:

Diesen

Zwischenstreit und damit den ganzen anhängigen Prozeß zu beseitigen war der Zweck des fraglichen Übereinkommens. Daß nun Gegenstand eines

Vergleichs nur

ein

dem Gebiete

des

materiellen Rechtes

angehöriges

Streitverhältnis sein könne, ist dem im § 779 BGB. aufgestellten Begriff nicht zu entnehmen und folgt auch nicht aus der Natur der Sache. Der Begriff „Rechtsverhältnis" ist so allgemein, daß er auch die mannigfachen, durch die prozessuale Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung sich kraft Ge­ setzes entwickelnden, mitunter rein formalen Rechtsbezeichnungen mitumfaßt. Der Streit der Parteien auf dem dargelegten Gebiete bestand noch im Termine.

Der Kläger war keineswegs gewillt, ihn ohne weiteres durch Zurücknahme der Berufung aus der Welt zu schaffen, und hatte dazu auch keinen direkten Anlaß, da die Berufnng keineswegs aussichtslos war. Er wollte jedenfalls nicht alle Folgen einer Zurücknahme der Berufung auf sich nehmen und

stellte deshalb Bedingungen auf, unter welchen er sich bei dem Urteile des Landgerichtes formell beruhigen und die Kosten tragen wollte. Hierüber wurde unter Leitung des Gerichts zwischen den Prozeßbevollmächtigten beider Teile verhandelt, bis schließlich eine Willensübereinstimmung erzielt war.

Das Wesentlichste der vertraglichen Einigung besteht darin, daß zwischen den Parteien, was durchaus rechtlich zulässig ist, der Rechtszustand gelten sollte, der bestünde, wenn die Klage nie erhoben worden wäre: es sollte

also insbesondere weder die Einrede der Rechtskraft einer erneuten Klage vor dem Landgerichte 3E., noch der Klage vor dem Landgerichte Cöln, falls

diese verftüht erhoben war, die Einrede der Rechtshängigkeit entgegengesetzt

werden können. Es leuchtet ein, daß damit der Beklagte auf bedeutsame rechtliche Positionen, wie solche durch Erhebung der Klage vor dem Land­ gerichte 3E. ihm erwachsen waren, oder aus der einfachen Zurücknahme der

Berufung und damit herbeigeführten Rechtskraft des landgerichtlichen Urteiles

erwachsen würden, verzichtete.

mäß § 515 CPO.

Dazu kommt der Verzicht auf ein Urteil ge­

Durch den geschlossenen Vertrag ist die gesamte pro­

zessuale und materiellrechtliche Wirkung der Klagerhebung und des gesamten

erstinstanzlichen Verfahrens beseitigt und eine reine Kostenfrage erwachsen, in welcher sich der Kläger als unterlegen behandeln ließ. Es ist somit die Er­ ledigung eines Rechtsstreites auf dem Wege gegenseitigen Nachgebens

erzielt worden. Ohne Belang ist, daß durch den Vergleich die materiell-rechtlichen Be­

ziehungen der Parteien überhaupt nicht oder doch nur in ganz nebensäch­ lichen Punkten berührt werden; es hängt dies mit dem Umstand zusammen, daß die materiellen Ansprüche vor einem angeblich unzuständigen Gerichte er­

hoben wurden und daß demgemäß dem Verlauf des Verfahrens der Rechts­ streit in zweiter Instanz lediglich die Zuständigkeitsfrage zum Gegenstand hatte (Gaupp, CPO. § 794 I la).

Es darf auch schließlich nicht beirren,

daß anscheinend der Rechtsstreit nicht durch Vertrag, sondern durch eine ein­ seitige Erklärung des Klägers (die Zurücknahme der Berufung) beendigt worden ist. Diese Erklärung ist nichts anderes als ein Teil der Erfüllung des Ver­ gleiches durch den Kläger; sie fiel mit dem Vertragsabschluß zeitlich und

logisch in dem Grade in eins zusammen, daß der Vergleich — der selbst­ redend abgeschlossen war, bevor das Sitzungsprotokoll ihn, wie geschehen,

bekundete, — die übernommene Verpflichtung zur Zurücknahme der Berufung

nicht erst besonders fixierte, sondern statt dessen die Abgabe der Erklärung setzt. Der rechtliche Charakter des Abkommens und der Erklärung, als einer vertraglich gebundenen, kann hierdurch nicht geändert werden. Nach diesen Darlegungen, welche nicht dem Reichsgericht (Entsch. 20 S. 44, IW. 1895 S. 481'9) widersprechen, gewährt das Protokoll eine dem Gesetz entsprechende Unterlage für die Kostenfestsetzung. Dr. E.

c) Einwendungen des Drittschuldners glänbiger. CPO. § 8362. OLG. Celle, II. CS.

gegen

de« Pfiindnngs-

Urteil v. 9. Oktober 1902.

Der Kläger ließ wegen einer gegen 3E. erstrittenen Kaufgeldforderung

mehrere dem X. gegen die Beklagten zustehenden Forderungen pfänden und sich überweisen. Der Einwand, der Kläger sei bereits vor Erlaß des Urteils von X. befriedigt worden, wurde verworfen. Aus den Gründen:

„Dieser

Einwand

Schuldners X. gegen

betrifft

nicht

die

eingeklagte

die Beklagten — bezüglich

deren

Forderung

des

diese alle ihrem

Gläubiger X. gegenüber begründeten Einreden auch gegenüber dem Kläger als Pfändungsgläubiger würden geltend wachen können —, sondern lediglich das zwischen X. als Schuldner und dem Kläger als seinem Gläubiger be-

stehende Rechtsverhältnis und ist dahin gerichtet, daß der Gläubiger arglistig handle, wenn er die ihm überwiesene Forderung seines Schuldners einklage,

obwohl er wegen seiner eigenen Forderung gegen diesen befriedigt sei. diesem Einwande ist der verklagte Drittschuldner nicht legitimiert.

Zu

Es ist

3. Eintragung v. Gesamtgutsteilhabern.

Berichtig, b. Grundbuches. GrBO. §§ 22, 29. H

lediglich ein Recht des Schuldners, welches der Gläubiger verletzt, wenn

er die Zwangsvollstreckung betreibt, obwohl er eine Forderung gegen ihn

nicht oder nicht mehr hat; der Drittschuldner kann auf diese Rechtsverletzung

dem Gläubiger gegenüber sich nicht berufen. Ihm gegenüber handelt der Gläubiger auch nicht arglistig, indem er namens des Schuldners eine ihm überwiesene

Forderung

desselben

macht,

geltend

obwohl

er

selbst

vom

Schuldner nichts zu fordern hat. Denn der Drittschuldner ist durch den gegen ihn ergangenen Überweisungsbeschluß gedeckt, indem er nach § 8362

auch dann, wenn dieser — etwa wegen erfolgter Befriedigung des Gläubigers — zu Unrecht ergangen ist, bis zur formellen Aufhebung des Überweisungs­

beschlusses berechtigt ist, mit verbindlicher Wirkung für den Schuldner an

Stellt sich diese Zahlung als zu Unrecht erfolgt heraus, weil der Gläubiger Befriedigung bereits erhalten hat, so ist es lediglich Sache des Schuldners, den Gläubiger dieserhalb wegen dessen (angeblichen) Gläubiger zu zahlen.

ungerechtfertigter Bereicherung zu belangen.

Die Anwendung des ß 767 CPO.

kommt nicht in Frage, da er nur das Verfahren regelt, in welchem der Schuldner den Einwand, daß der Gläubiger befriedigt sei, in der Zwangs­ vollstreckung geltend zu machen hat, der vom Überweisungsgläubiger verklagte

Drittschuldner aber eben nicht berechtigt ist, diesen Einwand des Schuldners dem Gläubiger gegenüber geltend zu machen (vgl. auch Entsch. des RG. 38 S. 401).

H.

z -er Gcsamtgutsteilhaber als Eigentümer eines GrBO. §§ 14, 40, 41.

a) Eintragung

Grundstückes?

OLG. Hamburg, I. CS.

Beschluß v. 24. November 1902.

Das Landgericht hat mit Recht verlangt, daß vorgängig die Berichtigung

des Grundbuches durch Eintragung von Witwe und Kindern als Eigentümer zu erfolgen habe.

Denn daß durch die beabsichtigte Eintragung das Recht der Eigentümer des Grundstückes betroffen wird, liegt ebenso auf der Hand, wie daß die jetzigen Eigentümer nicht im Grundbuche als solche eingetragen sind. Der § 41 aber leidet hier keine Anwendung, weil er nur Erben betrifft,

nicht aber Witwe und Kinder, welche die Gütergemeinschaft fortsetzen.

M. M.

b) Berichtigung des Grundbuches. GrBO. §§ 22, 29. OLG. Karlsruhe, IV. CS. Beschluß v. 4. Oktober 1902. 1897 hat A. mit seiner 27jährigen Tochter Minna einen notariellen,

staatspolizeilich genehmigten Verpfründungsvertrag abgeschlossen, womit der

erstere fünf auf seinen Namen eingetragene Grundstücke der letzteren „als Pfründgeberin" „zu sofortigem unwiderruflichen Eigentum" übertragen hat.

Zugleich ist bestimmt, „der Eigentumsübergang soll zu den Grundbüchern

auf Grund zweier den Gemeinderäten zuzufertigenden Auszüge ohne Mit­ wirkung der Beteiligten eingetragen werden". 1 Nsp. 5 Nr. 58 a S. 291 u. Nr. 58 i S. 300.

Nun folgt der Abschluß: „Vor-

stehende Urkunde wurde . . . unterschrieben, nachdem die Beteiligten in Ab­ änderung obiger Schlußbestimmung bestimmt haben, daß die Überschreibung

der Liegenschaften unterbleiben soll."

Nach dem Tode des A. (1901)

hat die Tochter unter Vorlegung des Vertrages die Berichtigung des Grund­ buches beantragt.

Der Antrag wurde zurückgewiesen, weil die Antragstellerin

vertraglich auf einseitige Richtigstellung des Grundbuches verzichtet habe und zunächst von den Erben ihres Vaters Befreiung von dieser Vertrags­ gebundenheit erwirken müsse.

Die weitere Beschwerde hatte Erfolg. Gründe:

Aus dem ganzen Vorgänge bei dem Vertragsschluß und der Art, wie die fragliche Vertragsbestimmung entstanden und ausgedrückt ist, geht mit Sicherheit hervor, daß die Intentionen der Vertragsschließenden nicht darauf gerichtet waren, auf das Recht auf Eintragung des Eigentumsüberganges

zu „verzichten" und sich eine Verpflichtung aufzuerlegen, auch für eine künftige

Eintragung an die Zustimmung der Rechtsnachfolger des früheren Eigentümers sich zu binden.

Die Bestimmung enthält überhaupt kein Wort, das auf einen

solchen „Verzicht" schließen ließe, und ebensowenig kann aus dem Inhalte

entnommen werden, daß aus der von den Vertragspersonen vernünftiger­

weise nur für sich persönlich getroffenen Anordnung irgend ein Recht ent­ stehen solle, das für die Rechtsnachfolger einen Vermögenswert oder einen

sonstigen Zweck haben könnte, dem ein Rechtsschutz zukommen könne (vgl. § 226 BGB.) Der ursprünglich vorhandene ernste Wille beider Vertrags­ teile, den Eigentumsübergang in der allgemeinen üblichen Weise alsbald eintragen zu lassen, wie es auch das öffentliche Interesse erfordert, geht ohne Zweifel auch aus der Anordnung hervor, welche die Überschrift „Schluß" Die nachträglich erklärte Zurücknahme dieser Anordnung kann ver­ nünftigerweise nach der ganzen Sachlage keinen anderen Beweggrund gehabt haben als die einstweilige Geheimhaltung des Vertrages mit Rücksicht auf

trägt.

die übrigen Kinder des Pfründners.

Diese Umstände tun dar, daß nach dem

beiderseitigen Willen die Eigentümerin der Liegenschaften über die Lebens­ zeit ihres Vaters hinaus nicht gehindert sein solle, den Antrag, wie sie jetzt erklärt hat, zu stellen.

Damit stimmen auch die Angaben überein, welche

die Antragstellerin selbst vor dem Grundbuchamt gemacht hat.

Hiernach ist der Nachweis erbracht, daß die Beschwerdeführerin zum Anträge auf Be­ richtigung berechtigt, daß dazu die Bewilligung eines Dritten nicht erforder­

lich ist und auch ein anderes Hindernis der Eintragung nicht entgegensteht

(BGB. § 894; GrBO. §§ 13, 221, 18). Auch für solche Vereinbarungen gelten für die Erforschung des wirklichen Vertragswillens, sowohl nach dem früheren Bad. Landrecht, als auch jetzt (BGB. §§ 133, 157) die Vorschriften, daß

der wirkliche Wille zu erforschen und daß Verträge so auszulegen sind, wie Treu und Glauben mit Rücksicht aus die Verkehrssitte es erfordern.

Dr. E.

c) Berichtigung im Falle einer Parzellenverwechselnng. Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 20. Oktober 1902.

Das Landgericht hat allerdings mit Recht angenommen, daß eine Be-

richtigung des Grundbuches in Frage steht; denn es soll durch Abschreibung

der im Bestandsverzeichnis des Grundstückes des Beschwerdeführers (Nr. 1) vermerkten drei Holzparzellen und deren Zuschreibung zum Grundstücke Nr. 2

des U. der im Grundbuche der beiden Grundstücke vermerkte Umfang des Eigentumrechtes richtig gestellt werden (vgl. Rsp. 5 S. 1 u. 297)...

Es ist

jedoch rechtsirrtümlich, wenn die Vorinstanzen annehmen, es sei hier durch die Ermittelungen an Ort und Stelle und den Katasterauszug die Unrichtig­ Sie haben nicht berücksichtigt die Wir­ kungen, welche der Erwerb im Glauben an die Richtigkeit des Grundbuches keit des Grundbuches nachgewiesen.

hinsichtlich des daselbst vermerkten Bestandes eines Grundstückes ausübt. Der Beschwerdeführer hat sein Grundstück durch Auflassung 1894 er­ worben.

Damals war es auf das Steuerbuch zurückgeführt, und waren auf

Grund des Auszuges aus der Grundsteuermutterrolle durch Angabe der Ge­ samtgröße des Grundstückes die in Rede stehenden drei Holzparzellen als Bestandteile auf dem Titelblatt« miteingetragen.

Unter der Herrschaft der

preuß. Gesetze vom 5. Mai 1872 wurde aber bei einem Rechtserwerbe in gutem Glauben an die Richtigkeit des Grundbuches das Grundstück so ergriffen, wie es sich nach dem im Grundbuche in Bezug genommenen Kataster darstellte, ohne daß es einen Unterschied begründete, ob die Parzellen im

einzelnen auf dem Titelblatte aufgeführt waren oder nur die Gesamtfläche

des Grundstückes so eingetragen war, wie sie sich durch die Summierung der Flächen der Parzellen des Grundsteuerbuches ergab. Dies ist vom Reichs­ gericht, namentlich auf Grund des § 4 preuß. GrBO. in feststehender Recht­ sprechung angenommen (vgl. die Zusammenstellung in Gruchot 36 S. 345, ferner Entsch. d. RG. 29 S. 198; Gruchot 37 S. 1096 und 44 S. 993; IW. 1889 S. 442 Nr. 42 und 1899 S. 678 Nr. 19). Danach hat der Beschwerdeführer mit dem ihm im ganzen ausgelassenen Grundstücke zugleich auch die auf dem Titelblatte vermerkten drei Parzellen zum Eigentum er­ worben, sofern er in gutem Glauben gewesen ist. In dieser Hinsicht ist auch zufolge Inkrafttretens des BGB. keine Änderung eingetreten; denn der Erwerb

des Eigentumes bestimmt sich nach demjenigen Rechte, unter dessen Herrschaft sich die für den Eigentumsübergang maßgebenden Tatsachen vollzogen haben

Planck Anm. 3 zum EG. Art. 181).

Aber auch wenn die Eigentumsverhältniffe am Grundstücke nach BGB. zu beurteilen wären, würde die Rechtslage keine andere sein. Es ist

allerdings bestritten, ob der öffentliche Glaube des Grundbuches gemäß § 892 BGB. sich auch erstreckt auf die im Bestandsverzeichnisse enthaltenen Angaben über die Lage und Größe des Grundstückes?

Die Vertreter des verneinen­

den Standpunktes stützen sich auf Bemerkungen in den Motiven zum ersten Entwürfe der GrBO. S. 35 und in der Denkschrift S. 151, wonach diese

Angaben lediglich tatsächlicher Natur seien, der § 892 BGB. aber dem Er1 Vgl. Urteil des Reichsgerichts v. 23. März 1901, Gruchot 4G S. 1l55.

Werber nur die Sicherheit gewähren wolle, daß der Inhalt des Grundbuches in Ansehung der dinglichen Rechtsverhältnisse mit der wirklichen Rechtslage

im Einklänge stehe, und sie berufen sich ferner darauf,

daß es in der

GrBO. an einer dem § 4 der preuß. GrBO. entsprechenden Vorschrift fehle und § 2 GrBO. nur die Bezeichnung des Grundstückes nach einem amtlichen Verzeichnisse erfordere (Planck Anm. I I zu 8 892 BGB.; Dernburg, BGB. 3 S. 47; Endemann, BGB. 2 § 52; Cosack, BGB. § 179 Anm. II 1 zu 8 892 BGB.;

Anm. 2b; Foerster-Turnau 2. Aufl. 1

Achilles-Strecker Anm. 3 zu 8 2 GrBO.), während die Vertreter der gegenteiligen Ansicht geltend machen, das in den Motiven und in der Denk­ schrift Bemerkte habe im Gesetze selbst keinen Ausdruck gefunden und das Reichsrecht habe den Landesgesetzen die Art der Bezeichnung des Grund­

stückes überlassen und damit auch, die katastermäßige Bezeichnung zum Grund­ buchinhalt zu machen (Predari, GrBO. S. 29, 30, 34 ff.; Oberneck, Grundbuchrecht S. 219 und in Gruchot 43 S. 171; Fuchs, Grundbuchrecht Anm. 5 A. b. d. zu 8 892 S. 155; Wolff in Gruchot 45 S. 765). bedarf jedoch der Entscheidung dieser Frage nicht.

Es

Denn es handelt sich hier

nicht um die Wirkung der Angaben über Lage und Größe des Grundstückes, sondern um eine Parzellenverwechselung, indem Parzellen, die im Grund­ buch« als Bestandteile des einen Grundstückes eingetragen sind, tatsächlich zu einem andern Grundstücke gehören sollen. In dieser Hinsicht betrifft der Inhalt des Grundbuches die Frage, welche Teile der Erdoberfläche in den Bereich der Herrschaft der im Grundbuche eingetragenen dinglichen Rechte,

namentlich des Eigentumsrechtes fallen; mithin betrifft er die dinglichen Rechts­

verhältnisse des im Gmndbuche verzeichneten Grundstückes. Es hat daher dieser Inhalt gemäß 8 892 BGB. zu Gunsten des gutgläubigen Erwerbers als richtig zu gelten (vgl. Planck a. O.; Predari S. 35; Fuchs, Wolff, ferner Schilde, Unrichtigkeit des Grundbuches S. 10, 11). Danach hat der Beschwerdeführer sowohl nach dem preußischen Rechte als auch nach dem BGB., falls er sich beim Erwerb des Grundstückes in gutem

Glauben befunden hat, an den drei Parzellen Eigentum erworben, auch wenn sie tatsächlich zum Grundstücke Nr. 2 gehört haben sollten. Für den guten Glauben aber streitet die gesetzliche Vermutung.

Daraus folgt, daß die

des Grundbuchs nicht durch den Nachweis allein dargetan werden kann, daß die als Bestandteile des Grundstückes Nr. 1 verzeichneten drei Parzellen in Wirklichkeit Bestandteile des Grundstückes Nr. 2 sind; denn Unrichtigkeit

durch den Rechtserwerb im zu vermutenden Glauben an die Richtigkeit des

Grundbuches seitens des Beschwerdeführers sind die Parzellen dem Eigentums­ rechte am Grundstücke Nr. 1 unterworfen worden und gelten sie als zu diesem Grundstücke gehörig (vgl. Rsp. 5 S. 2, Beschluß des Kammergerichts v. 7. Juli 1902 Y. 708/02). Es konnte daher die Abschreibung der drei Parzellen von Nr. 1 und ihre Übertragung auf Nr. 2 nur erfolgen, wenn der Be­

schwerdeführer als eingetragener Eigentümer seine Einwilligung dazu gab

3.

Vorlegung eines Erbscheines.

GrBO. § 36.

15

oder im Prozeßwege festgestellt gewesen wäre, daß er bei Erwerb des Grund­ stückes Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuches gehabt hat, oder etwa

auch, daß bei der Auflassung sein Erwerbswille sich nicht auf die drei Par­

zellen mit erstreckt hat, indem dann in Wahrheit eine Auflassung dieser Parzellen nicht stattgefunden hätte (IW. 1897 S. 335, 1899 S. 680, 1900 S. 403 u. Gruchot 34 S. 707, 37 S. 1098, 45 S. 993). Aber selbst dann war noch weiter zu prüfen, ob nicht seitens Dritter ein gutgläubiger Erwerb dinglicher Rechte an den drei Parzellen als ver­ meintlichen Bestandteilen des Grundstückes Nr. 1 erfolgt sein kann; denn auch

hierdurch würden gemäß obigen Ausführungen die Parzellen als zum Grund­

stücke gehörig vinkuliert worden sein. Tatsächlich ist auch am 15. Juli 1901 in Abt. HI Nr. 3 für 36. eine Hypothek eingetragen und ist in den dem Gläubiger erteilten Brief der Bestand des Grundstückes mit Einschluß der

drei Parzellen aufgenomme» worden. Es hätte daher zur pfandfreien Ab­ schreibung dieser Parzellen auch der Bewilligung des X. bedurft. Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob die an Ort und Stelle vorgenommenen

Ermittelungen und der demnächst vom Katasteramt erteilte berichtigte Steuer­ auszug geeignet waren, darzutun, daß die drei Parzellen tatsächlich Bestand­

teile des Grundstücks Nr. 2 sind; denn in jedem Falle war die durch den Grundbuchrichter bewirkte Abschreibung der Parzellen von Nr. 1 und Ein­ tragung auf Nr. 2 ungerechtfertigt. Daraus folgt aber nicht, daß dem Gesuch des Beschwerdeführers um Löschung der Parzellen auf Nr. 2 und Wiedereintragung auf Nr. 1 statt­ zugeben ist. Nach § 71 Abs. 2 Satz 1 GrBO. ist vielmehr die Beschwerde gegen

eine Eintragung

unzulässig.

Die

dem

U.

durch

Eintragung

der

Parzellen im Grundbuche von Nr. 2 verschaffte Rechtsstellung als Bucheigen­

tümer der Parzellen kann nicht wieder dadurch aufgehoben werden, daß die Eintragung gelöscht,

also in ihrem tatsächlichen Bestand vernichtet wird.

Nach Satz 2 Abs. 2 § 71 kann jedoch im Wege der Beschwerde verlangt

werden, daß das Grundbuchamt angewiesen werde, nach § 54 bei der Ein­ tragung einen Widerspruch einzutragen.

Ein solches Verlangen ist im

Anträge auf Beseitigung der Eintragung als mitenthalten anzusehen; denn

der Sinn des 8 71 Abs. 2 ist, daß die durch die Eintragung gegebene Ge­ fährdung des Beschwerdeführers zwar nicht durch die Beseitigung der Ein­

tragung, aber doch vermöge des Widerspruches soll wieder aufgehoben werden

können (Denkschr. S. 175, Turnau-Förster 2 S. 319 Anm. 3), und daher

stellt sich das Verlangen nach Eintragung eines Widerspruches gegenüber dem Anträge auf Löschung der Eintragung als das Mindere dar (vgl. Beschl. d. Kammergerichts v. 14. April 1902 I. Y. 388/02).

Pos. MSchr.

d) Zur Auslegung des § 36 GrBO. Kammergericht, I. CS. Beschluß v. 13. Oktober 1902. Der 1901 verstorbene A. hat im gemeinschaftlichen Testamente von 1894 zu Erben seine Frau und seinen einzigen Sohm mit der Maßgabe eingesetzt.

daß die Frau, solange sie nicht wieder heiratet, in der Verwaltung des

Nachlasses verbleiben und der Sohn nur erhalten soll, was bei ihrem Tode Als sie eine Nachlaßhypothek abtrat, verlangte das Amts­

noch übrig ist.

gericht einen Erbschein, damit erhelle, daß dem Erblasser keine weiteren

Kinder nachgeboren seien.

Die Beschwerde hierüber wurde zurückgewiesen.

Dagegen hatte die weitere Beschwerde Erfolg.

Gründe: Während nach § 29 GrBO. die Voraussetzungen von Eintragungen, soweit

sie beim Grundbuchamte nicht offenkundig sind, durch alle Arten öffentlicher Urkunden nachgewiesen werden können, kann nach § 36 die Erbfolge grund­

sätzlich nur durch einen Erbschein dargetan werden. Beruht indessen die Erb­ folge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Ur­ kunde enthalten ist, so genügt, wenn an Stelle des Erbscheines die Ver­ fügung und das Protokoll über ihre Eröffnung vorgelegt werden.

Zwar fügt das Gesetz hinzu: „Erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese

Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheines verlangen." Allein damit ist nicht etwa der Willkür des Grundbuchrichters überlassen, ob er die Eintragung auf Grund einer vorgelegten Verfügung vornehmen will oder nicht. Die Denkschrift bemerkt dazu: „In einzelnen

Fällen

kann

allerdings die Prüfung von Testamenten und Erbverträgen

nach Lage der Sache, z. B. wenn die Erbfolge nach ausländischem Rechte

zu beurteilen ist, zu besonderen Schwierigkeiten Anlaß geben. Mit Rücksicht hierauf gewährt der Entwurf dem Grundbuchamte, falls es die Erbfolge durch jene Urkunden nicht für nachgewiesen erachtet, die Befugnis, auch hier die Vorlegung eines Erbscheines zu verlangen."

In der Reichstagskommission

wurde ein Antrag, welcher für alle Fälle einen Erbschein verlangte, auch da,

wo die testamentarische Erbfolge einfach und klar sei, mit dem Hinweise darauf abgelehnt, daß dies zu unnötigen Kosten führe, und einem anderen Anträge gegenüber, welcher den Schlußsatz des Abs. 1 beseitigen wollte, daraus hingewiesen, daß in zweifelhaften Fällen der testamentarischen Erb­

folge der Grundbuchbeamte befugt sein müsse, noch einen Erbschein zu ver­ Schon bisher sei in Preußen die Ausstellung eines Ergänzungs­ erbscheines im Falle der Testamentserbfolge üblich gewesen, z. B. wenn die Einsetzung auf „die Kinder" oder „die Kinder, die noch geboren werden" laute. langen.

Nur solche Fälle habe der Entwurf im Auge. Danach ergibt sich als Sinn des § 36, daß der Grundbuchrichter eine ihm vorgelegte letztwillige Ver­

fügung nach ihrer äußeren Form und nach ihrem Inhalte prüfen muß, und die Eintragung auf Grund derselben nur da versagen darf, wo sich wirkliche

Zweifel ergeben.

Verstößt er hiergegen, so steht dem Antragsteller die Be­

schwerde offen (Turnau-Förster 2 S. 227).

Hier liegt eine

letztwillige

Verfügung in öffentlicher Urkunde nebst dem Eröffnungsprotokolle vor.

Der Vorderrichter will ihr aber die Wirkung versagen, weil er mit der Möglich­

keit rechnet, daß nach der Errichtung des Testamentes noch weitere Kinder

des Erblassers geboren sein könnten, die in der Lage wären, das Testament

auf Grund des § 2079 BGB. anzufechten.

Allein damit überschreitet er

die Grenzen des ihm gestatteten Ermessens, indem er unberücksichtigt läßt, daß die Übergehung am Pflichtteilsberechtigten nicht die Ungültigkeit des

Testamentes zur Folge hat, sondern den etwa Übergangenen nur ein An­ fechtungsrecht gibt.

Erst mit der Geltendmachung desselben verliert

Testament seine Wirkung (§§ 2079, 142 BGB).

das

Die bloße abstrakte Mög­

lichkeit späteren Wegfalles berechtigt den Grundbuchrichter nicht, die dem

Testamente zur Zeit seiner Vorlegung beiwohnende Wirkung zu versagen.

Wollte man der bloßen Möglichkeit einer Anfechtung, die aber auch außer­ halb des Falles der Übergehung am Pflichtteilsberechtigten vorliegt (§ 2078) Bedeutung beilegen, so würde auf Grund eines Testamentes eine Eintragung überhaupt nicht erfolgen können, da eine Anfechtungsmöglichkeit wohl kaum

jemals ausgeschlossen ist.

Anders müßte die Sachlage freilich beurteilt werden,

wenn über die abstrakte Möglichkeit einer Anfechtung hinaus Tatsachen zur Kenntnis des Grundbuchrichters gelangt find, welche in concreto die Annahme einer Anfechtung nahelegen. Dann würde ihm nicht entgegengetreten werden

können, wenn er die Erbfolge durch das Testament nicht für nachgewiesen erachtet und Vorlegung eines Erbscheines verlangt.... St. e) Bollmachtsnachweis bei Eintragungsanträgen. GrBO. § 30. Kammergericht, I CS. Beschluß v. 6. Oktober 1902. Zur notariellen Verhandlung vom 3. April 1902 hat A., zugleich handelnd

als Vertreter der übrigen in Miterbeneigenschaft eingetragenen Eigentümer,

darunter des B., das Grundstück verkauft und aufgelassen.

Am 25. April

ist eine undatierte Vollmacht des B. eingereicht; die Beglaubigung der Unter­

schrift ist am 23. April erfolgt. Die Umschreibung wurde jedoch abgelehnt; auch die weitere Beschwerde blieb erfolglos. Aus den Gründen: Das Kammergericht hat am 4. März 1901 (Jahrbuch 22 S. 146) aus­ gesprochen, daß eine Auflassung, die jemand ohne Bertretungsmacht im Namen

eines anderen erklärt, nach dem allgemein für Willenserklärungen im § 177 BGB. aufgestellten Grundsätze, durch nachträgliche Genehmigung des Ver­

tretenen für diesen wirksam werden kann.

Von diesem Standpunkte aus hat

der Vorderrichter die Sachlage geprüft; seine Feststellungen (daß die Auf­

lassung weder ausdrücklich noch stillschweigend in der Vollmachtsurkunde ge­ nehmigt worden) bewegen sich auf dem Boden tatsächlicher Erwägungen und lassen einen Rechtsirrtum nicht erkennen.

Nun gehen die Ausführungen der Beschwerde dahin, die GrBO. schreibe an keiner Stelle vor, daß die Beurkundung einer Auflassung die Vollmacht

eines Vertreters in öffentlicher Form ausgestellt vorliegen muffe, es genüge, wenn bei Eingang der Auflassung dem Grundbuchamte die Vollmacht des Vertreters in öffentlicher Form nachgewiesen werde.

Darin kann die Be­

hauptung gefunden werden, daß A. bereits bei der Auflassung eine, wenn auch nur mündliche Vollmacht des B. besessen habe.

Allein selbst wenn es

sich hierbei auch nicht um ein neues tatsächliches Vorbringen handelte, würde

OLGRsP. VI.

2

diese Behauptung der Beschwerde nicht zum Erfolge verhelfen können.

Das

BGB. unterscheidet zwei Arten von Vertretern, solche mit Vollmacht, über welche sich die §§ 167—176, und solche ohne Vollmacht, über welche sich die

§§ 177—180 verhalten.

Einer Genehmigung durch den Vertretenen bedarf

das abgeschlossene Geschäft nur in letzterem Falle (§§ 177, 184).

Die Er­

teilung der Vollmacht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem zu Bevoll­ mächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll.

Die Erklärung bedarf nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft

bestimmt ist, auf das fich die Vollmacht bezieht (§ 167). Es genügt also Mündlichkeit. Da hiervon für Willenserklärungen, welche auf eine Auf­

lassung gerichtet sind, keine Ausnahme gemacht ist, so ergibt sich, daß, wenn A. am 3. April 1902 in der Tat eine, wenn auch nur mündliche Vollmacht zur Abgabe der Erklärungen von B. gehabt hat, die Auflassung sofort für

letztere verbindlich war.

Nun bestimmt § 30 GrBO., daß Vollmachten zur Stellung eines Ein­ tragungsantrages, wenn der Antrag zugleich eine zur Eintragung erforder­

liche Erklärung ersetzen soll, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden sollen. Danach würde es bezüglich des Voll­ machtsnachweises des Vertreters an sich genügen, wenn dem Grundbuchrichter die Vollmacht in dem Augenblicke vorgelegt wird, wo die Eintragung erfolgt. Allein der Vollmachtsnachweis darf sich nicht allein daraus erstrecken, daß der Vertreter zur Zeit der Einreichung beim Grundbuchrichter bevollmäch­ tigt gewesen ist, sondern er muß dahin gehen, daß er auch schon zur Zeit der Einigung und Auflassung die Vertretungsmacht gehabt hat, da, außer dem

Falle einer nachträglichen Genehmigung, nur unter dieser Voraussetzung die Auflaffungserklärung für den Vertretenen wirksam ist. Vorliegend wird aber durch buchverkehr Unterschrift gehabt hat,

die nachträglich eingereichte Vollmacht in der sür den Grund­

vorgesehenen Form lediglich erwiesen, daß A. am Tage, wo die

des B. beglaubigt ist, d. h. am 23. April, Vollmacht des B. die Auflaffung zu erklären. V.

4 a) I« die Standesregistcr können ans Grund ausländischer Urteile Vermerke nicht bewirkt werden.' FrGG. § 69. OLG. Dresden, VI. CS.

Beschluß v. 25. November 1902.

Der Beschwerdeführer A. hat 1890 vor dem Standesbeamten zu Zittau 1 Sind bei der Eintragung der Geburt des ehelichen Kindes einer Witwe der Name und der Todestag ihres Mannes oder auch nur der Todestag nicht angegeben, so hat das Gericht

die entsprechende nachträgliche Beischreibung im Berichtigungsverfahren anzuordnen (Kammer­

gericht, I. CS. Beschluß v. Mai 1902, Jahrbuch 24 S. 171). — In den alten Preußischen Standesregistern der Juden hat das Amtsgericht die Eintragungen bei nachgewiesener Unrichtig­ keit auf Antrag mittels Randvermerkes zu berichtigen; desgleichen die von der Landespolizei genehmigte Änderung eines Familien- oder Bornanlens auf Antrag im Geburtsregister bei­ zuschreiben (Beschluß v. 16. Juni 1902, a. O. S. 174).

die Ehe mit der B. geschloffen.

Auf seine Klage ist die Ehe vom Landes­

gerichte Wien für ungültig erklärt, weil er mosaischer, seine Frau aber christlicher Religion ist.

Sein Antrag, dies gemäß dem am Rande der über

die Eheschließung bewirkten Eintragung zu vermerken, wurde abgelehnt; auch die weitere Beschwerde blieb erfolglos.

Gründe: Ein Urteil entnimmt seine verbindende Kraft der Gerichtsbarkeitsgewalt

des Staates und wirkt daher, von Staatsverträgen abgesehen, aus sich selbst

nicht über die Grenzen desjenigen Staates hinaus, von dessen Gerichten es erlassen worden ist. Mit Rücksicht hierauf bedarf nach §§ 328, 722 CPO. ein im Auslande ergangenes Zivilurteil zu seiner Durchführung im Inlands

der Anerkennung durch ein von den deutschen Gerichten erlassenes Voll­ streckungsurteil.

Dies gilt, gleichviel ob es sich um eine Zwangsvollstreckung

im engeren Sinne oder um die Benutzung des Urteiles als Grundlage für die Einschreibung in ein öffentliches Buch oder Register handelt. Insbesondere

kann daher auch ein Vermerk in das Standesregister auf Grund eines aus­

ländischen Urteiles nur bewirkt werden, wenn das Urteil durch ein Voll­

streckungsurteil Anerkennung gefunden hat.

Vgl. Entsch. 8 S. 385; Denk­

schrift zu § 328 lE. § 293 f.) CPO.; Gaupp-Stein 2 S. 382; Petersen-

Anger 2 S. 317; Buschs Zeitschrift 18 S. 471. Hiernach erscheint es sachlich gerechtfertigt, wenn das Amtsgericht seine ursprüngliche Anweisung an den Standesbeamten zur Einschreibung des Vermerkes zurücknahm und den Antrag des Beschwerdeführers abwies.

Ebenso war das Amtsgericht nach dem Gesetze auch zur Abänderung

der von ihm zunächst getroffenen Verfügung berechtigt.

Dadurch, daß im

§ 69 FrGG. die Zuständigkeit der Amtsgerichte angeordnet wird, ist zugleich bestimmt, daß für das Verfahren, soweit nichts besonderes bestimmt wird, die allgemeinen Vorschriften des FrGG. gelten. Die Verfügungen, die das Amtsgericht in diesen Angelegenheiten trifft, sind daher grundsätzlich mit der einfachen Beschwerde anfechtbar; eine Ausnahme machen nur diejenigen Ver­

fügungen, durch welche die Berichtigung des Standesregisters angeordnet wird und die nach § 70 FrGG. der sofortigen Beschwerde unterliegen, so

daß sie damit zugleich einer nachträglichen Abänderung seitens des Amts­ gerichtes entzogen sind (§ 182). Eine solche Verfügung ist aber hier nicht getroffen. Der § 70 bezieht sich, wie sein Wortlaut und die ihm in der

Denkschrift beigefügte Begründung ergeben, lediglich auf Verfügungen des

Amtsgerichtes, durch welche gemäß den §§ 65, 66 Personenstandsgesetzes an­ geordnet wird, daß eine Eintragung in das Standesregister zu berichtigen ist.

Eine Berichtigung besteht in der Richtigstellung einer von Anfang an

unrichtigen oder auf unrichtigem Verfahren beruhenden Einschreibung und liegt also nicht vor, wenn zufolge gesetzlicher Vorschrift zu einer richtigen

Eintragung rechtlich erhebliche Umstände, die in die Zeit nach der Ein­ schreibung fallen, im Standesregister zu vermerken sind.

Eintragungen dieser Art, die außer im § 551 auch noch im § 223 und in den §§ 25, 26 a. O. 2’

vorgesehen sind, hat der Standesbeamte aus eigner Entschließung vorzu­ nehmen; einer Anordnung des Gerichtes bedarf es hierzu nicht (vgl. Annalen 9 S. 222, 10 S. 445). Verweigert der Standesbeamte die Vornahme einer

zufolge dieser Vorschriften zu bewirkenden Eintragung, so lehnt er eine ihm ob­

liegende Amtshandlung ab, und die Beteiligten können nach § ll3 des Ges. das zuständige Amtsgericht um Anweisung des Standesbeamten zur Vor­ nahme der Eintragung angehen, wie dies der Beschwerdeführer getan hat.

Die Entschließung, die das Amtsgericht auf Antrag des beteiligten faßt,

unterliegt,

gleichviel

in welcher Richtung

sie

Beschwerde (vgl. Nausnitz Anm. 17 S. 299;

sich

bewegt,

der einfachen

Schultze-Görlitz S. 145;

Dörner S. 3243).

Dr. El.

b) Beurkundung der Vorlesung, Genehmigung und Vollziehung eines Protokolles durch die Schriftlichen „v. g. u.". FrGG. § 177. BGB. § 2242. Kammergericht, I. CS. Beschluß v. 17. November 1902. Der am 1. September 1900 verstorbene Eigentümer hat am 23. August 1900 mit seiner Frau gemeinschaftlich ein Testament vor dem Gemeindevor­

steher errichtet, nach welchem der überlebende Teil vollständig freie Verfügung über das Vermögen behält. Unter Bezug hierauf hat die Witwe das Grund­ stück aufgelassen. Die Eigentumseintragung wurde jedoch abgelehnt, weil die unter das Protokoll gesetzten Buchstaben v. g. u. keine genügende Feststellung dafür seien, daß das Protokoll vorgelesen, vom Erblaffer genehmigt und unterschrieben sei; allerdings sei es eine auch bei Gerichten weit verbreiteter

Gebrauch, diese Feststellung durch die Buchstaben „v. g. u." zu treffen, auch

liege in vielen dieser Fälle vernünftigerweise zu Zweifeln kein Anlaß vor; hier sei aber ausschlaggebend, daß das Gesetz verlange, daß das Vorlesen mit im Protokoll festgestellt werde, d. h. daß für spätere Leser des Pro­ tokolles die unzweifelhafte Gewißheit hervorgerufen werde, daß das Protokoll vorgelesen, genehmigt und unterschrieben sei. Der weiteren Beschwerde wurde

stattgegeben. Aus den Gründen: Das BGB. kennt zwei ordentliche Testamentsformen: das vor Richter oder Notar errichtete und das eigenhändige Testament. Über das letztere treffen die §§ 2231 N. 2, 2247 die näheren Bestimmungen, während die Errichtung des ersteren in den §§ 2232—2246 in umfassender Weise ge­ ordnet ist.

Neben den ordentlichen Testamentsformen hat das BGB. für

einige besondere Fälle außerordentliche Formen zugelaffen.

Hierher gehört

das Dorftestament, bei welchem an die Stelle des Richters oder Notars der

Gemeinde- oder Gutsvorsteher tritt. Er hat zwei Zeugen zuzuziehen. Im übrigen greifen die für die ordentlichen Testamente gegebenen §§ 2234—2246 Platz (§ 2249 Satz 3). Um ein solches vor dem Gemeindevorsteher errichtetes Testament handelt es sich hier. Über die Form der gerichtlichen, notariellen

und Dorstestamente hat das Gesetz folgendes bestimmt.

Nach § 2240 muß

über die Errichtung ein Protokoll in deutscher Sprache ausgenommen werden.

§ 2241 enthält Vorschriften über den Inhalt des Protokolles, § 2242 end­ lich bestimmt, daß das Protokoll vorgelesen, genehmigt und von dem Erb­ lasser eigenhändig unterschrieben, und daß im Protokolle festgestellt werden

muß, daß dies geschehen ist.

Die sämtlichen Vorschriften sind zwingend.

Wird

auch nur einer derselben nicht genügt, so ist das Testament nichtig (§ 125).

Das Landgericht ist der Ansicht, daß die über den Unterschriften der Testa­

toren und Zeugen stehenden Schriftzeichen „v.g. u." keine genügende Feststellung dafür seien, daß das Protokoll gemäß § 2242 BGB. vorgelesen, von den Erblassern genehmigt und unterschrieben sei.

Jene Schristzeichen bilden die Anfangsbuch­

staben der Worte „vorgelesen, genehmigt und unterschrieben".

Wären diese

Worte im Testamente ausgeschrieben, so würde nicht in Zweifel gezogen werden

können, daß sie nicht schlechthin ungeeignet sind, dem § 2242 Satz 1, 2 zu genügen. Allerdings findet sich die Ansicht vertreten (vgl. Centralbl. f. freiw. Gerichtsbarkeit 2 S. 606), daß die protokollarische Feststellung der Vorlesung, Genehmigung und Vollziehung mit den Worten des Gesetzes erfolgen, also

dahin lauten müffe: „das Protokoll ist vorgelesen, von-den Beteiligten geneh­

migt und von ihnen eigenhändig unterschrieben worden", und daß Zuwider­ handlung das Protokoll nichtig mache. Allein zu einer derartigen Auslegung bieten weder das Gesetz noch die Gesetzesmaterialien irgend welchen Anhalt.

Aus der Entstehungsgeschichte des § 2242 (Motive 5 S. 273, Prot. 5 S. 238) ergibt sich, daß man zwar beabsichtigt hat, die Vorlesung, Genehmigung, eigenhändige Vollziehung und die diesbezügliche protokollarische Feststellung zu einer Zwangsvorschrift zu gestalten, aber nicht daran gedacht hat, die Fest­

stellung zu Protokoll an eine bestimmte Form zu knüpfen.

Es muß deshalb

jede Form der Feststellung für ausreichend erachtet werden, welche über ihren

Inhalt keinen Zweifel läßt. Daß diesem Erfordernis der Vermerk: „vor­ gelesen, genehmigt, unterschrieben" grundsätzlich nicht genüge, läßt sich nicht behaupten. Finden sich unter einem Protokoll die Worte: „vorgelesen, geneh­

migt", so wird sich in der Regel ein anderer Sinn nicht damit verbinden lassen, als eine Bescheinigung der Urkundspersonen, daß das vorstehende Protokoll vorgelesen und genehmigt ist. Der Vermerk „unterschrieben" deutet zwar, wörtlich genommen, auf eine bereits vollzogene Unterschrift hin,

enthält aber nur eine in der Praxis allgemein gebräuchliche Abkürzung für die sprachlich richtigere Faffung: „unterschrieben wie folgt". Die gedachte

Beurkundungsform der erfolgten Vorlesung, Genehmigung und eigenhändigen Unterzeichnung wird dann auch überwiegend als eine solche, welche dem Gesetze zu genügen nicht ungeeignet ist, anerkannt (Rsp. 3 S. 12; Rausnitz, FrGG. § 177 N. 4; Scherer, BGB. § 2242 N. 2; Jüthe im Centralbl. a. O.).

Auch das Kammergericht hat insoweit bereits einen gleichen Standpunkt an­ genommen, als es den Vermerk, die Beteiligten hätten eigenhändig unter­ schrieben, für nicht unumgänglich notwendig erklärt hat (Jahrb. 20 S. 128). Danach kann aus der Beurkundungsform: „oorgelesen, genehmigt, unter­ schrieben", falls nicht im konkreten Falle besondere Bedenken vorliegen, die

Nichtigkeit eines Testamentes nicht hergeleitet werden.

Jminerhin ist aber

vor einer Abweichung von den Gesetzesworten zu warnen, da eine andere Form nach der konkreten Sachlage Veranlassung zu Zweifeln insbesondere dahin geben kann, ob die Unterschrift des Testators auch wirklich eine eigen­ händige ist.

Es fragt sich weiter, ob jene Beurkundungsform auch in der abgekürzten Gestalt ihrer Anfangsbuchstaben „v. g. u." als dem Gesetze genügend ange-

gesehen werden kann. Das BGB., sowie seine beiden Nebengesetze, das FrGG. und die GrBO., enthalten keine Bestimmungen über die Zulässigkeit

und Unzulässigkeit von Abkürzungen, und auch im übrigen finden sich auf dem Boden der Reichsgesetzgebung keine einschlägigen Bestimmungen. Die

preuß. AGO. II 2 § 431 schrieb nur vor, daß alle Dunkelheiten und Zwei­ deutigkeiten sorgfältig vermieden werden müßten. Dagegen enthalten die Notariatsordnungen vom 25. April 1822 § 26 und vom 11. Juli 1895 § 12 ein Verbot von Abkürzungen. Dieses Verbot ist in Art. 64 des preuß. FrGG. übergegangen, «hat hier aber nur den Charakter einer Sollvorschrift er­ halten. Die Anweisung, betreffend Errichtung von Testamenten vor dem

Gemeinde- und Gutsvorsteher vom 23. Juni 1900 beschränkt sich im § 16 auf die Wiederholung der Vorschriften des BGB. Mangels einer hiernach fehlenden ausdrücklichen Verbotsbestimmung läßt sich nicht grundsätzlich an­ nehmen, daß der Gebrauch von Abkürzungen in einem Testamente dessen

Bestätigt wird dies durch die Motive zum BGB., „Nach dem sächs. BGB. § 2096 und Momsen § 64 soll Zeichenschrift nicht zulässig sein . . . daß in der Deu­ Giltigkeit beeinträchtigt.

welche sich dahin äußern (5 S. 270):

tung solcher Zeichen die notige Sicherheit fehle, kann nicht an­ erkannt werden." Hier wird also ebenso wie in der AGO. lediglich darauf Gewicht gelegt, daß keine Dunkelheiten und Zweideutigkeiten entstehen. Auch Art. 64 preuß. FrGG. läßt sich im gleichen Sinne verwerten. Denn indem er das Verbot von Abkürzungen als Ordnungsvorschrift aufstellt, setzt er

voraus, daß Abkürzungen nicht schon ohne weiteres Nichtigkeit des Aktes zur

Folge haben. Es ist deshalb in jedem Einzelfalle zu prüfen, ob infolge des Gebrauches einer Abkürzung es hinsichtlich der gesetzlichen Erfordernisse eines Testamentes an der nötigen Sicherheit fehlt.

Die Schriftzeichen „v. g. u." sind eine in der deutschen Gerichtspraxis

von jeher üblich gewesene Abkürzung der Worte: „vorgelesen, genehmigt, unterschrieben", die nach ihrer Stellung zwischen dem Texte und den Unter­

schriften zu einer Mißdeutung kaum jemals Veranlassung geben werden. Planck (BGB. § 2242 Note 2) und Jüthe S. 611 bezweifeln deshalb nicht, daß jene abgekürzte Form der Feststellung zur Gültigkeit des Testamentes ausreicht. Auch der Vorderrichter erkennt ausdrücklich an, daß es ein bei

den Gerichten weit

verbreiteter Gebrauch sei,

die Feststellung, daß das

Protokoll vorgelesen, genehmigt und unterschrieben ist, durch die Buchstaben v. g. u. zu treffen, und daß in vielen dieser Fälle vernünftigerweise zu

Zweifeln kein Anlaß vorliege.

Hiermit sind aber die nachfolgenden Aus­

führungen nicht vereinbar. Wenn diese dahin gehen, daß das Gesetz ver­ lange, daß das Verlesen mit im Protokoll festgestellt werde, d. h. daß für spätere Leser des Protokolles die unzweifelhafte Gewißheit hervorgerufen werde, daß das Protokoll wirklich vorgelesen, genehmigt und unterschrieben

ist, daß dem aber die Zeichen „v. g. u." nicht genügten, so fehlt es gegen­ über dem zunächst anerkannten Satze, daß in vielen Fällen vernünftigerweise zu Zweifeln kein Anlaß vorliege, an einer Begründung, weshalb gerade vor­ liegend zu Zweifeln Veranlassung vorliegt. wegs zutage.

Solche Zweifel liegen auch keines­

Berücksichtigt man, daß die hier vorliegende Abkürzung in

der Gerichtspraxis weit verbreitet und in ihrer Bedeutung allgemein be­

kannt ist, und daß sie sich an derjenigen Stelle im Testamente befindet,

wohin die im § 2242 Satz 2 vorgeschriebene Feststellung im Protokolle ge­ hört, so

hätte es einer besonderen Begründung

bedurft, weshalb die in

anderen Fällen vernünftigerweise zu Zweifeln keine Veranlassung bietende

Abkürzung gerade hier zu solchen Zweifeln Veranlassung gibt.

Der Ent­

scheidung des OLG. Königsberg (Rsp. 3 S. 349), wo ohne Begründung be­

merkt ist: „Die Buchstaben «v. g. u.» unter dem Protokolle können als Ersatz für diese Feststellung nicht genügen", kann in dieser Allgemeinheit nicht beigetreten werden.

Es ist vielmehr im einzelnen Falle zu prüfen, ob

nach der konkreten Sachlage Bedenken gegen die Bedeutung der Buchstaben vorliegen.

R.

c) Rechtsbehelfe wegen Weigerung -cs Notars, eine Abschrift eines von ihm über eine General- (Gewerken-) Versammlung geführte« Proto­ kolles z« erteilen? Preu ft. FrGG. Artt. 51, 61. OLG. Celle, III. CS. Beschluß v. 15. November 1902. Der Gewerke A. hat den Notar B., der das Protokoll in einer Ge­ werkenversammlung geführt hat, um Erteilung einer Abschrift dieses Proto­

kolles ersucht. Wegen Ablehnung dieses Ersuchens wandte er sich an die Civilkammer des Landgerichts, die sich für zuständig erachtete und dem An­ träge stattgab. Auf Beschwerde des Vorstandsvorsitzenden der Gewerkschaft ist der Beschluß aufgehoben und der Antrag des A. zurückgewiesen worden. Aus den Gründen: Für die Entscheidung kommt, da es sich um eine Angelegenheit der frei­ willigen Gerichtsbarkeit handelt, welche — wenn das Landgericht überhaupt zu dem angefochtenen Beschluffe zuständig war — durch Landesgesetz (Artt. 51

u. 61) den ordentlichen Gerichten übertragen ist, das preuß. FrGG. zur An­ wendung. Die Zulässigkeit der Beschwerde an sich ergibt sich aus Art. 4. Es unterliegt auch keinem Bedenken, gemäß Art. 61 in Verbindung mit § 20

FrGG. den Beschwerdeführer zur Beschwerde für legitimiert zu erachten, da gerade

die von ihm vertretene Gewerkschaft durch die angefochtene Ent-

1 Vgl. Rsp. 5 Nr. 791 S. 446.

scheidung beeinträchtigt sein will.

Zur Entscheidung über die Beschwerde ist

nach Art. 62 preuß. FrGG. das OLG. zuständig.

Indessen kann der Ansicht

der Zivilkammer, daß sie zur Entscheidung zuständig sei, nicht beigetreten werden.

Das preuß. FrGG. unterscheidet in Abschnitt 4:

„Urkunden über

Rechtsgeschäfte" und „sonstige Urkunden", und es versteht ebenso wie das Reichsgesetz

unter Rechtsgeschäften nur

„die

individuellen Privatwillens­

erklärungen, die auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolges — Ent­ stehung, Endigung oder Änderung eines Rechtsverhältnisses — gerichtet sind und bei denen der Erfolg nach der Rechtsordnung deswegen eintritt, weil er

gewollt ist."

Insbesondere ergibt die Entstehungsgeschichte der Bestimmungen

in beiden Gesetzen, daß der Gesetzgeber die Verhandlungen und Beschlüsse

der Versammlung der Mitglieder einer Handelsgesellschaft, einer Genossen­ schaft, einer Gewerkschaft oder eines Vereines nicht als rechtsgeschäftliche

Rechtsakte angesehen wissen will (Materialien zum FrGG. S. 294 f. Nr. 2; zum preuß. FrGG. S. 62.216, und Begründung zu Art. 31 sowie Komm -Bericht zum Abschnitt IV Titel III Nr. 1; Schultze-Oberneck I S. 324. 328. 334. 335, II S. 99.129; auch Entsch. d. RG. 25 S. 195). Hiernach kommen für die Frage, wer im Falle der Weigerung eines Notars, eine Abschrift des von ihm über eine solche Versammlung geführten Protokolles zu erteilen, über

den Antrag, den Notar zur Erteilung dieser Abschrift anzuweisen, zu ent­

scheiden hat, nicht die von den Urkunden über Rechtsgeschäfte handelnden Bestimmungen des zweiten Titels, sondern die von den nicht rechtsgeschäft­ lichen Urkunden handelnden Bestimmungen des dritten Titels des vierten Abschnittes des preuß. FrGG. zur Anwendung. Dieser dritte Titel enthält nun eine besondere, die Frage entscheidende Besttmmung nicht, und es würde

daher nach der allgemeinen Vorschrift des Art. 91 die dort bezeichneten Be­

amten kraft ihres Aufsichtsrechtes, in erster Instanz also der Landgerichts­ präsident, zuständig sein, falls nicht etwa der Art. 51, wonach im Falle einer rechtsgeschäftlichen Urkunde über einen solchen Antrag eine Civilkammer des Landgerichts, zu dessen Bezirk der Amtssitz des Notars gehört, zu entscheiden hat, auch dann anzuwenden ist, wenn eine nicht-rechtsgeschästliche Urkunde

— wie hier — in Frage steht.

Für die Anwendbarkeit des Art. 51 auch

auf diesen letzteren Fall haben sich ausgesprochen Schultze-Oberneck II S. 149 und Wellstein zu Art. 61 Note 3 S. 114. Diese Ansicht kann in­ dessen nicht für zutreffend erachtet werden. Der im dritten Titel stehende

Art. 61 hat aus dem 'zweiten Titel die Artt. 43—48 und den Art. 52 für

entsprechend anwendbar auf die nicht-rechtsgeschäftlichen Urkunden erklärt. Eine solche entsprechende Anwendbarkeit ist aber nicht ausgesprochen worden für die übrigen Artikel des zweiten Titels, nämlich für die Artt. 40 u. 41

(deren Anwendbarkeit auf nicht-rechtsgeschäftliche Urkunden sich überhaupt nicht eignet) und die Artt. 42, 49, 50 u. 51. Statt der Bestimmungen in den Artt. 42, 49 u. 50 sind aber ähnliche, parallele Bestimmungen in Art. 61

getroffen: dem Art. 42 entspricht der Abs. 1 Satz 1, dem Art. 49 der Abs. 2

Satz 1 u. 2, dem Art. 50 der Abs. 2 Satz 3, und an diesen Satz 3 schließt sich unmittelbar der Satz 4, welcher den Art. 52 für entsprechend anwendbar erklärte, während nur für den Art. 51 keine parallele Bestimmung getroffen

ist.

Bei dieser Art der Abfassung des Gesetzes und bei der sorgfältigen

Ausarbeitung

desselben

muß

der Gedanke abgewiesen

werden,

daß

der

Mangel des Hinweises auf Art. 51 in Art. 61 lediglich auf Versehen beruhe; es muß vielmehr angenommen werden, daß der Gesetzgeber bewußt und ab­

sichtlich die in Art. 51 für Urkunden über Rechtsgeschäfte gegebenen Vor­

schriften auf andere Urkunden nicht hat übertragen wollen.

Welche Gründe

ihn hierbei geleitet haben, ist weder aus der Begründung noch aus den sonstigen Materialien zu ersehen. Im Kommissionsberichte findet sich nur zu Art. 52 (jetzt 51) folgende Bemerkung: „Einer Anregung, diese Entscheidung dem Landgerichtspräsidenten zu übertragen, wurde nicht stattgegeben, nachdem ein Regierungsvertreter bemertt hatte, daß es sich um eine sachliche, dem

Gerichte und nicht den Aufsichtsbehörden gebührende Entscheidung handle." Nun ist nicht zu verkennen, daß der Grund des Regierungsvertreters, wenn auch nicht immer, so doch vielfach auch auf Beurkundungen nicht-rechsgeschäftlicher Akte zutreffen wird.

Es darf aber hieraus gegenüber den obigen Er­

wägungen nicht gefolgert werden, daß der Art. 51 auf nicht-rechtsgeschäftliche

Urkunden

hat Anwendung

finden sollen.

Es wird angenommen werden

dürfen, daß der Gesetzgeber den Art. 51 Abs. 2 deshalb nur für Urkunden über Rechtsgeschäfte getroffen hat, weil diesen Urkunden gegenüber den nicht­ rechtsgeschäftlichen Urkunden regelmäßig eine größere Wichtigkeit im Rechts­ leben beiwohnt und bei ihnen auch bei Entscheidung der Frage, ob ihre

Einsicht zu gestatten oder eine Ausfertigung oder Abschrift zu erteilen ist, häufiger Fragen des materiellen oder des Prozeßrechtes zur Sprache kommen werden, so daß es zweckmäßiger erschien, die Entscheidung dem Gerichte als

solchem und nicht dem Aufsichtsbeamten zu überttagen. Das angegangene Landgericht war hiernach zur Entscheidung über den Antrag des A. über­ haupt nicht sachlich zuständig....

Hch.

5 a) Der wegen einer Privatschuld belangte Gesellschafter kann eine

Forderung der Gesellschaft anch mit Zustimmung der Mitgesellschafter nicht anfrechnen. HGB. § 105. BGB. §§ 719, 387. OLG. Dresden, III. CS.

Urteil v. 10. Oktober 1902.

Die Nichtberechtigung des Beklagten, mit einer Forderung der von ihm

und K. errichteten offenen Handelsgesellschaft gegen eine von den Klägern wider ihn persönlich erhobene Forderung aufzurechnen, folgt aus § 1052 HGB.

in Verbindung mit § 719 BGB., welcher zum Teil die in das neue HGB. aufgenommene Vorschrift des bisherigen Art. 121 ersetzt.

In der Aufrechnung

läge eine nach § 7192 unzulässige Verfügung über das Gesellschaftsvermögen

(Denkschr. S. 97).

Selbst wenn die übrigen Gesellschafter der Aufrechnung

Offene Handelsgesellschaft.

26

zustimmen, kann diese nicht erzwungen werden, weil nach § 387 BGB. die

Aufrechnung voraussetzt, daß zwei Personen einander gleichartige Leistungen schulden, an diesem Erfordernisse der Gegenseitigkeit es aber insofern gebricht,

als die Forderung der Gesellschaft gegenüber dem Privatgläubiger eines Ge­ sellschafters die Forderung eines Dritten ist.

Denn sie verbleibt, wenn sie

nicht von der Gesellschaft an den Gesellschafter förmlich abgetreten, sondern

ihm lediglich von seinen Mitgesellschaftern zur Verfügung gestellt wird, damit

er sie zur Aufrechnung gegen eine Privatschuld benützen könne, Bestandteil des Vermögens der Gesellschaft und geht nicht in das des Gesellschafters über, der zu solcher Benutzung ermächtigt wird (Entsch. d. RG. 10 S. 47 ff.:

Tiber, Kompensation S. 96ff. 107).

Dr. W.

b) Haftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters einer offene«, aber nicht eingetragene« Handelsgesellschaft oder einer kleingewerblichen Bereinigung. OLG. Breslau, II. CS.

Urteil v. 23. Oktober 1902.

Der Beklagte wendet ein, daß er am Tage der für die Firma „Ge­ brüder W." gemachten Bestellung nicht mehr Mitinhaber des Geschäftes war,

dessen Firma im Handelsregister nicht eingetragen war. Streitig ist, ob das Geschäft den Umfang des Kleingewerbes überschritten hat oder nicht. Im ersteren Falle liegt nach § 105 eine Vereinigung zu einer offenen Handels­ gesellschaft vor, und wenn auch nach § 1231 die Wirksamkeit Dritten gegen­ über spätestens mit der Eintragung beginnt, so treten die Wirkungen, falls die Gesellschaft ihre Geschäfte vorher beginnt, doch bereits mit dem tat­ sächlichen Geschäftsbeginn ein. Nach § 143 ist das Ausscheiden eines Ge­ sellschafters zum Handelsregister anzumelden und gemäß

§ 15

kann

ein

Gesellschafter, der ausgeschieden sein will, diese Tatsache, so lange sie nicht

in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht ist, einem Dritten nur entgegengehalten, wenn er nachweist, daß der Dritte sie gekannt hat. § 31 verlangt ausdrücklich für eine Änderung der Firma oder ihrer Inhaber die Anmeldung und die Unterlassung dieser Pflicht hat auch dann die im § 15 bestimmten Folgen, wenn die Firma selbst nicht eingetragen war

(vgl. Staub HGB. § 31 Anm. 2, § 15 Anm. 4). Da unstreitig weder die Firma noch deren Änderung noch das Ausscheiden des Beklagten aus der Geschäftsgemeinschaft eingetragen worden ist, so haftet der Beklagte, falls er mit seinem Bruder eine der Eintragung bedürfende aber nicht eingetragene Gesellschaft gebildet hat, es sei denn, daß er den oben erwähnten Nachweis

der Kenntnis des Klägers von seinem Ausscheiden erbringt.

Hat sich aber

das Geschäft nur in den Grenzen des Kleingewerbes bewegt, so ist das Er­ Allerdings kann nach § 42 durch eine Vereinigung zum Betrieb eines derartigen Geschäftes eine offene Handelsgesellschaft nicht be­ gebnis dasselbe.

gründet werden, und da Minderkaufleute weder verpflichtet noch berechtigt

sind, eine Firma im Sinne des HGB. zu führen und eintragen zu lassen, so wird für sie, um den Folgen des § 15 zu entgehen, der von Staub

(§ 15 Anin. 4) für Vollkaufleute gegebene Rat, die ursprüngliche Tatsache nachträglich und alsdann die Veränderung eintragen zu lassen, nicht anwendbar

sein. Dessenungeachtet gilt für Minderkaufleute, die sich einer den Anschein des Bestehens einer offenen Handelsgesellschaft erweckenden Firma bedienen, die Folge des § 15 dahin, daß sie, wenn sie aus mit der Firma geschlossenen

Geschäften belangt werden, nachzuweisen haben, daß sie der unter der Firma auftretenden Vereinigung zur Zeit des Abschlusses des Geschäftes nicht mehr angehörten und daß dies dem Gläubiger bekannt war.

Wer im Geschäfts­

verkehr durch sein Verhalten irrige Vorstellungen heroorruft, absichtlich oder nicht, der muß die Folgen tragen. Diesen Standpunkt hat das Reichsgericht bereits zum Ausdrucke gebracht (Entsch. 19 S. 197), wie es auch (15 S. 36) ausgesprochen hat, daß die Haftbarkeit für die nach Übergang des unter der bisherigen Firma betriebenen Geschäftes von dem Nachfolger unter der Firma

eingegangenen Verbindlichkeiten dadurch nicht ausgeschlosfen wird, daß es sich

um das Geschäft eines Minderkaufmannes handelt. — Will man Sicherheit

und Vertrauen im geschäftlichen Verkehr nicht auf eine zu harte Probe stellen, so muß man sich der von Staub (§ 4 Note 12) ausgesprochenen Ansicht

anschließen: „Wer im Rechtsverkehr als Kaufmann auftritt, gilt als Kauf­ mann; wer sich als Vollkaufmann geriert, gilt als Kaufmann" (vgl. auch Entsch. d. RG. 40 S. 146 und Goldmann zu 8 4 Note II 1). S. c) „Handelnder" im Sinne des § 200 Satz 2 HGB.1 OLG. Stuttgart, I. CS. Urteil v. 14. November 1902.

Der Beklagte hatte am 20. März 1900 mit 4 Anderen einen Vertrag

zur Gründung

einer Aktiengesellschaft (Ankauf

einer

Brauerei

und Um­

wandlung in eine Gesellschaft) als Gründer unterzeichnet. Die Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister wurde vor der Eintragung wieder

zurückgezogen (und in der Folge der Kauf der Brauerei rückgängig gemacht). In der Zwischenzeit — nach dem Abschlüsse des Gründungsvertrages und vor der Zurückziehung der Anmeldung — hat einer der Gründer, K., bei dem Kläger einen zum Weiterbetriebe der Brauerei bestimmten Posten Waren auf den Namen der Aktiengesellschaft gekauft. Kaufpreis vom Beklagten als Mitgründer.

Der Kläger verlangt den

Der Beklagte macht geltend, daß

nur der Mitgründer K. den Kauf abgeschlossen habe und als Handelnder

Es wurde nach dem Klagantrage erkannt. Gründe: ... Der § 200 Satz 2 ist sachlich unverändert aus Art. 211 herüber­

gelten könne.

genommen worden. Es ist eine positive, für das Aktienrecht aus Zweck­ mäßigkeitsgründen getroffene Vorschrift. Es sind nicht Rechtsgrundsätze all­ gemeiner Natur, welche der Gesetzgeber für das Aktienrecht sichern will; insbesondere sind nicht die Grundsätze über die Haftung des falsus procurator 1 Die persönliche Haftung der Handelnden fällt weder durch die Kenntnis des Vertrags­ gegners davon,

daß die Gesellschaft noch nicht eingetragen ist, noch dadurch fort, daß die

Gesellschaft nach ihrer Eintragung den Vertrag genehmigt (Urteil des RG. v. 22. März 1902,

Gruchot 46 S. 848).

Der Gesetzgeber will durch die An­ drohung einer nachteiligen Folge für den Handelnden den Zweck erreichen,

nach § 179 BGB. hier wiedergegeben.

daß die Aktiengesellschaften sich hüten, vor der Eintragung, welche ihre Ent­ stehung erst herbeiführen soll, ihre Geschäfte zu beginnen.

aus der Entstehungsgeschichte (vgl. Entsch. d. RG. 47 S. 1).

Dies ergibt sich

Es ist daher ohne

Zuhilfenahme anderer Rechtsgrundsätze ausschließlich aus dem Gesetze zu ent­ nehmen, wie weit der Begriff „Handelnder" auszudehnen ist. Hierfür geben die gesetzgeberischen Vorarbeiten den sicheren Anhalt.

Bei der Beratung des

Gesetzes in der Fassung des Allgem. HGB. wurde anläßlich der Festsetzung

der Wortfassung bemerkt: „unter Handelnden seien selbstverständlich auch die etwaigen Auftraggeber

der Handelnden

gemeint"

(vgl. Nürnberger Prot.

S. 1039). Später wurde gegenüber dem Einwande, mit der Haftung des Handelnden werde dem Publikum bei großen Geschäften wenig gedient sein

könne, hervorgehoben, „daß unter den Handelnden nicht allein die geschäfts­ führenden Mitglieder, sondern alle diejenigen Zeichner von Aktien gemeint seien, mit deren Willen gehandelt worden sei" (a. O. S. 1450).

Diese Aus­

legung steht denn auch mit der gewählten Fassung des Gesetzes im Einklang, sobald unter dem Begriffe des Handelns nicht nur das äußerliche Hervor­ treten bei dem Abschlüsse des einzelnen Geschäftes verstanden wird, sondern die ganze Tätigkeit derjenigen, welche als Urheber der Handlung in Betracht

kommen. Es läßt sich also nicht etwa (mit Ring, Das Ges. bete, die AG. S. 233) die weitergehende Auslegung damit abweisen, daß die in den Protokollen niedergelegte Meinung im Gesetze keinen Ausdruck gefunden habe. Vielmehr ist es gerechtfertigt, das Gesetz entsprechend der bei der Beratung desselben kundgegebenen Absicht der Gesetzgeber auszulegen. In diesem Sinne sprechen sich auch die meisten Schriftsteller aus, so Hahn, zu Art. 211; Kayser, AG. 1891

S. 101;

Völderndorff,

Die AG. 1891

S. 68;

Anschütz in Siebenhaars Arch. 13 S. 44 u. 52; Makower, AG. S. 49

zu Art. 211 Nr. 48 e; auch Kommentar 12. Aust, zu § 200, 11,6 a. E.,

während die von Renand, Das Recht der AG. S. 397 vertretene ab­ weichende Meinung von der als unzutreffend zu bezeichnenden Ansicht aus­ geht, daß der Grund der Haftung das Auftreten als Vollmachthaber ohne Vollmacht sei... Es folgt die Ausführung, daß vorliegend mit dem Willen des Beklagten gehandelt worden sei, sofern dieser damit einverstanden war,

daß der Mitgründer K. als Vorstand der Aktiengesellschaft bestellt sein und

die Geschäfte namens der Aktiengesellschaft führen, auch daß er sofort nach Abschluß

des Gründungsvertrages

die

Weiterführung

des Betriebes

Brauerei besorgen sollte.

der

H.

d) Gehören die ans Grund von Dtvidendeugarantieen von Dritten gezahlte« Betröge zum Reingewinne einer Eisenbahn-Aktiengesellschaft? Ist von ihnen V20 in den Bilanz-Reservefonds einzustellen? HGB.Z262.

Kammergericht, VI. CS.

Urteil v. 24. November 1902.

Die Entscheidung hängt davon ab, ob die auf Grund der Dividenden

und Garantieen von der Beklagten und der Stadt 9E. gezahlten Beträge den Charakter des Reingewinnes im Sinne des § 2621 haben, dessen Bestimmungen

gemäß § 12 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages in Verbindung mit den Statuten für die Bildung des Bilanzreservefondes maßgebend sein sollen. Handelte es sich bei den Garantieen darum, daß das Resultat des

Gewinnes von den Garanten zugesichert wäre, läge also eine Rentabilitäts­ garantie vor, so hätten die Zahlungen in Höhe der garantierten Rentabilität Die Fehlsumme müßte als Gesell­

unbedenklich als Reingewinn zu gelten. schaftsforderung unter den Debitoren

auf

der Aktivseite

gebucht werden.

Diese Buchung müßte schon in der Bilanz des abgelaufenen Geschäfts­ jahres 1899 zum Ausdrucke gebracht werden. Denn die garantierten Summen müßten darin auf der Passivseite als Gewinn erscheinen, und zum Ausgleiche

dieser Passivposten müßten die entsprechenden Forderungen an die Garanten auf der Aktivseite dienen (vgl. ROHG. 22 S. 224; in Holdheims Zeit­ schrift 1893 S. 191 ff; Simon, Bilanzen, 2. Aufl. S. 271, 283ff). Dieser Fall liegt indes nicht vor; vielmehr sind die beiden Garantieen nur als Zinsen- oder Rentengarantieen anzusehen. Bezüglich der Garantieverpflichtung der Stadt 3E. folgt dies aus dem Wortlaute der Garantieverpflichtungsurkunde

in Verbindung mit § 22 der Statuten, wonach die Stadt nur insoweit als nach § 22 ein Erträgnis von 31/, °/0 auf die Stammaktien B. nicht entfällt, der Bahngesellschast den Betrag zur Verfügung stellt, der am Er­

trägnis von 3l/a°/o fehlt.

Bezüglich der Beklagten geht es aus dem 8 13 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages hervor. Hiernach ist die Beklagte nur für den Fall, daß die von ihr abzuliefernden Roheinnahmen nach Abzug der im § 12 aufgeführten Ausgaben nicht ausreichen, um eine

Dividende von 4*/3 °/0 zu verteilen, verpflichtet, den Fehlbetrag zuzu­ schießen und diesen der Bahneigentümerin zu zahlen. Die Verpflichtung

der Garanten

ist

darnach

aus

die Deckung

der

Dividenden-Fehlbeträge beschränkt; die Deckung einer etwaigen Unterbilanz

kann von ihnen nicht gefordert werden.

Ihre Leistungen bilden unter keinen

Umständen einen Gewinn für die Klägerin, gleichviel ob diese oder ihre

Aktionäre den Garanten gegenüber als klageberechtigt anzusehen sein mögen. Denn im letzteren Falle hat die Klägerin überhaupt keine Rechte. Im ersteren Falle ist sie verpflichtet, die Zahlungen den Aktionären zuzuwenden; sie ist,

wie Staub Anm. 3 zu § 215 es ausdrückt, juristisch anspruchsberechtigt,

wirtschaftlich aber nur Zahlungsvermittler.

Simon S. 283 sagt daher mit

Recht, daß eine solche Garantie in der Jahresrechnung keinerlei Ausdruck finden kann.

Stellen demnach die von den Garanten

geleisteten Zinsen­

beträge keinen Reingewinn dar, so ist auch von ihnen nichts in den Bilanz­

reservefonds einzustellen.

Daraus ergibt sich, daß das Verlangen der Klägerin

gegenüber der Beklagten aus Einstellung des zwanzigsten Teiles der mehr­

erwähnten Beträge in den Bilanzreservefonds nicht begründet ist. Es bedarf keiner Ausführung, daß eine angeblich abweichende Übung privater Eisenbahn-

gesellschaften im vorliegenden Falle ausdrücklich die gesetzliche Norm als maßgebend vereinbart ist, der Klage nicht zur Stütze gereichen kann.

Auf das Verhältnis der Klägerin zu ihrer Aufsichtsbehörde ist nicht einzugehen, das liegt außerhalb des Rahmens des Rechtsstreites.

e) Gemeinsames Bindung.

Arbeiten

zweier Kaufleute

OLG. Hamburg, II. CS.

Sch.

ohne

vertragliche

Urteil v. 1. November 1902.

Sind zwei Kaufleute der Ansicht, daß es für sie vorteilhaft sein könnte,

ein Geschäft bestimmter Art gemeinsam mit einem Dritten abzuschließen, so können sie selbstverständlich dieses Ziel in der Weise verfolgen, daß sie schon frühzeitig, bevor noch Verhandlungen mit dem Dritten stattgefunden

haben, und bevor noch eine deutliche Vorstellung von der genauen Beschaffen­ heit des sich bietenden Geschäftes gewonnen ist, sich rechtlich miteinander ver­

binden.

Sie können schon in diesem Stadium der Sache sich darüber einigen,

daß keiner von ihnen ein solches Geschäft ohne den anderen solle abschließen dürfen. Sie können aber auch zunächst, ohne sich irgendwie obligatorisch an einander zu binden, sich lediglich darauf beschränken, tatsächlich zusammen

zu wirken, um durch Vorarbeiten, bei denen sie sich gegenseitig unterstützen,

das noch unbestimmte Projekt schärfer auszugestalten und sich für die spätere

Ausführung rechtzeitig zu rüsten, geleitet von der Hoffnung, daß sich für sie die Möglichkeit eines gemeinschaftlichen vorteilhaften Geschäftes ergeben werde, welches beiden genehm sein werde, und ausgehend von der Annahme, daß man sich solchenfalls leicht miteinander einigen werde. Es würde ganz unzulässig sein, ohne weiteres vorauszusetzen, daß, wenn zwei Kaufleute tat­ sächlich znsammenwirken, um das Projekt eines Geschäftes mit einem Dritten zu fördern, unter ihnen bereits eine bindende Vereinbarung bestehe, nach

welcher keiner von ihnen ein Geschäft der projektierten Art allein ohne den anderen mit dem Dritten machen dürfe. Das Band, das die Kaufleute solchenfalls verbindet, kann genau so gut lediglich das Band der Interessen­ gemeinschaft, wie ein vertraglicher Nexus sein.

Das tatsächliche Zusammen­

wirken gestattet daher nicht die Schlußfolgerung, daß ein vertraglicher Nexus

bestehe, vielmehr darf in Fällen der gedachten Art das Bestehen eines ver­ traglichen Nexus nur dann angenommen werden, wenn bestimmte Gründe

dafür vorliegen, daß die Kaufleute sich nicht damit begnügt haben, tatsächlich

zusammen zu mitten, sondern vielmehr weiter dazu geschritten sind, sich auch obligatorisch untereinander zu verbinden. ...

M. M.

6 a) Anfechtung einer Offerte wegen Irrtumes.

BGB. § 119.

Urteil v. l l. Oktober 1902. Der im Geschäft der Klägerin angestellte Ingenieur 3E. hatte in betreff OLG. Hamburg, II. CS.

der Preise sämtlicher bei der Submission in Frage kommenden Wasserschoße

eine Vorkalkulation aufzustellen.

Er hat dies ohne irgend welchen Irrtum

getan, jedoch außer den allein in Betracht kommenden Durchgangsweiten von 75, 100, 255, 300 und 600 mm auch die von 150 mm berücksichtigt, weil nach dieser, wie er meint, viel Nachfrage bestehe und sie vielleicht bei etwaigen Nachbestellungen habe in Frage kommen können.

Auf Grund dieser Be­

rechnungen des £. und konform denselben hat dann der klägerische Prokurist A. die zu fordernden Preise festgestellt. Dabei ist es ihm aber begegnet, daß er den gar nicht zur Sache gehörigen, von X. für die Durchgangsweite von 150 mm berechneten Preis mit dem für 225 mm berechneten verwechselte und

den für letztere Durchgangsweite berechneten Preis mit dem für 300 mm

berechnete.

Das auf diese Weise hergesteckte Konzept des A. ist dann in

dessen Auftrage für die Einreichung des Angebotes abgeschrieben und, vom

Generaldirektor der Klägerin unterschrieben, eingereicht worden. Dieser Sachverhalt berechtigt die Klägerin nicht zur Anfechtung ihrer

Offerte gemäß § 119.

Es liegt weder der Fall vor, daß der Vorstand der

Klägerin die abgegebene Erklärung nicht hat abgeben wollen, noch der, daß er über den Inhalt derselben im Irrtume gewesen ist.

Sein Wille war, die

Preise zu fordern, welche seine Beamten ihm als die angemessen kalkulierten unterbreitet haben; darüber, daß er sie einer Nachprüfung unterzogen habe und dabei ein Irrtum ihm unterlaufen sei, liegt nichts vor. Was er er­

klären wollte, hat er erklärt, und über den Inhalt seiner Erklärungen waltete bei ihm kein Irrtum ob. Das Versehen oder der Irrtum des Prokuristen, der dem Generaldirektor Ziffern unterbreitet hat, die er ihm nicht hätte unterbreiten sollen, war nicht ein Versehen oder ein Irrtum des General­ direktors, der die ihn bindende Erklärung abgegeben hat, durch deren An­ nahme der Vertragsschluß perfiziert wurde (vgl. Rsp. 3 Nr. 16 b).

M. M.

b) Unterzeichnung einer Vcrtragsnrkunde a) in Blanko, b) ohne

Kenntnis des vorhandene« Inhaltes, c) mit dem Willen, «nr eine« Teil des Inhaltes z« billigen. Arglistige Täuschung. OLG. Dresden, III. CS.

Urteil v. 4. Februar 1902.

Die Unterzeichnung einer Urkunde enthält die Erklärung eines Willens,

dessen Inhalt sich aus der Urkunde erkennen läßt. reicht auch hier aber die Haftbarkeit nicht.

Weiter als der Wille

Einen Rechtssatz dahin, daß jede

Namenszeichnung schlechthin als Erklärung eines Willens zu gelten habe, der die sämtlichen auf dem Urkundsexemplar verzeichneten Tatsachen umfasse,

gibt es nicht. Auch bei der durch Namenszeichnung abgegebenen Willens­ erklärung ist daher, wie bei jeder anderen, der Willensinhalt und die Trag­

weite der Erklärung feftzustellen, um die Haftbarkeit aus der Namensunter­ schrift zu bestimmen. Als feststehende Auslegungsregel darf hierbei gelten,

daß die unter einem Text stehende Namenszeichnung — die Unterschrift — den darüber stehenden Text decken will und sonach eine Erklärung bedeutet, deren Inhalt sich aus eben dem darüber stehenden Texte ergibt.

Hierbei ist

aber folgendes zu beachten.

Der Wille, sich zu einer Leistung bestimmten Inhaltes zu verpflichten,

kann auch erklärt werden, ohne daß man zur Zeit der Erklärung die Leistung

selbst kennt, sofern diese nur an sich bestimmbar oder bestimmt ist.

Das

findet fich im täglichen Rechtsverkehr bei jeder Unterzeichnung in Blanko,

z. B. eines Wechsels.

Der die Blankounterschrift Zeichnende will sich zu

dem verpflichten, was über die Blankozeichnung als Text gesetzt werden wird, was er aber seinem einzelnen Inhalte nach noch nicht kennt und dessen Be­

stimmung er möglicherweise einem Dritten überläßt. Nicht minder liegt eine gleichartige Willenserklärung vor bei der Unterzeichnung eines bereits vorhandenen

Textes, also eine inhaltlich bereits bestimmte Erklärung, wenn der Unterzeichner

aus Vertrauen, Bequemlichkeit oder anderen Gründen vor der Unterzeichnung den vorstehenden Text nicht liest oder sonst keine oder nur oberflächliche Kenntnis

von ihm nimmt.

Gleichwohl enthält dann die Unterzeichnung des Textes

immer die deutliche Willenserklärung den, wennschon nicht gekannten, Inhalt jenes Textes zu wollen, und allein aus diesem Grunde kann nunmehr der

Unterzeichner mit dem Einwande, er habe den vorausgegangenen Text nicht

gelesen oder nicht gekannt, nicht gehört werden und das wollen die hierbei er­ gangenen Entscheidungen (z. B' Menglers Arch. 1886 S. 470, Annalen 13

S. 452, Sachs. Arch. 4 S. 481) sagen, wenn sie erklären, daß, wer ohne Kenntnis des Inhaltes einer Urkunde unterschreibe, sich dem Inhalte blindlings unterwerfe und gegen diese Annahme ihn nur die Behauptung

schützen könne, er sei über den Inhalt arglistig getäuscht worden. Völlig verschieden hiervon aber ist der Fall, wo sich die Unterzeich­ nung überhaupt nur auf einen bestimmten Teil des vorausgehenden Textes, auf einen etwa sonst noch der Unterschrift vorausgehenden Text dagegen nicht beziehen soll.

Denn dann liegt eine Unterzeichnung

dieses letzteren Textes im rechtlichen Sinne gar nicht vor und damit fehlt es

an einer in Form der Namenszeichnung abgegebenen Willenserklärung dahin, daß der vorausgehende Text, gleichviel ob dessen Inhalt bekannt ist oder

nicht, in allen seinen Teilen gewollt sei. Wieweit aber die Wirkung der Namensunterschrist reicht, welchen Teil des vorausstehenden Textes sie deckt, ist eine besonders» zu treffende Feststellung, die nach der Art der Urkunde

und den sonstigen Umständen zu bewirken ist und mit der Feststellung, ob der Unterzeichner den Inhalt des von seiner Unterschrift gedeckten Textes kannte oder nicht, nichts gemein hat. Daß aber eine Unterschrift nur einen Teil des vorausgehenden Textes zu decken bestimmt ist, ist namentlich dann

anzunehmen, wenn der Namenszeichner gar nicht weiß, noch als möglich annehmen kann oder muß, daß außer dem in seinem Bewußtsein stehenden Textteil überhaupt noch ein anderer vorhanden ist oder hinzugefügt werden soll. Eine Unterzeichnung eines noch nicht vorhandenen oder dem Inhalte

nach nicht gekannten Textteiles kann bloß dann auch für diesen verpflichten, wenn überhaupt die Kenntnis davon da war, daß ein solcher Textteil noch vorausgehe oder hinzugebracht werden solle oder dürfe, denn nur dann kann

in der Namenszeichnung die Willenserklärung gefunden werden, daß jene

auch diesen Text decken solle. War dagegen der Namenszeichner der Meinung,

daß nichts weiter vorausgehe oder hinzugebracht werden solle, als eben der Text, den er sieht, so liegt auch keine Blankozeichnung in dem ausgeführten

Sinne und insoweit keine Willenserklärung vor.

So aber liegt der Fall hier in Bezug auf die gedruckten Lieferungs­ und Zahlungsbedingungen S. 1 der Vertragsurkunde. Nicht diese, sondern nur die geschriebenen Vertragsbestimmungen S. 2 war die Namenszeichnung des Beklagten erwiesenermaßen zu decken bestimmt. Deshalb ergreift sie auch nicht die über diesen schriftlichen Bedingungen stehende gedruckte Hinweisung

auf die auf der ersten Seite des Formulars weiter befindlichen gedruckten Vertragsbestimmungen.

hoben worden.

Diese sind hiernach nicht zum Vertragsinhalte er­

Dies ist auch nicht durch die wiederholte Unterzeichnung der

vom Kläger dem Beklagten vorgelegten Reinschrift der früher schon ab­ gefaßten Vertragsurkunde geschehen, da hiermit kein neuer oder abgeändeter Vertrag abgeschlossen,

sondern

nur ordnungshalber eine Reinschrift

des

Jngleichen kommt eine Täuschung über den Inhalt der unterzeichneten Urkunde nicht in Frage. Ja es würde sogar die Kenntnis des Beklagten von dem Bestehen der vor­ gedruckten Bedingungen einfiußlos sein, da ja, wie erwähnt, die Namensunter­ nämlichen Vertragsinhaltes angefertigt werden sollte.

zeichnung eben bloß die geschriebenen Vertragsbedingungen decken sollte.

Dr. v. F.

c) Verkauf einer ärztlichen Praxis verstößt nicht gegen die guten Sitten? BGB. § 138.

OLG. Posen, III. CS.

Urteil v. 26. September 1902.

Die Parteien haben 1900 verabredet, daß der Kläger seine in A. aus­

geübte ärztliche Praxis aufgebe und A. verlasse, der Beklagte dagegen diese Praxis übernehme, in den Mietsvertrag des Klägers eintrete und letzterem

1000 Mark zahle.

Demgemäß hat Beklagter die Praxis des Klägers über­

nommen und bis 1902 ausgeübt. Der Kläger fordert die Entschädigung. Der Beklagte hat eingewendet, daß der Vertrag gegen die guten Sitten ver­

stoße; er hat den Einwand zwar später zurückgezogen, indeffen kommt es hieraus nicht an, da von Amts wegen zu prüfen ist, ob ein Rechtsgeschäft

gegen die guten Sitten verstößt.

Die Frage, ob der Verkauf, die Abtretung

einer ärztlichen Praxis ein gegen die guten Sitten verstoßendes Rechtsgeschäft ist, wird in der Rechtsprechung verschieden beantwortet. Während das OLG.

Zweibrücken im Urteil vom 28.November 1898 (Puchelts Zeitschr. 32 S. 166; Sächs. Arch. 1902 S. 111) verneint, hat das OLG. Braunschweig lRsp. 5 S. 107) den entgegengesetzten Grundsatz für richtig erklärt. — Das erkennende

Gericht trägt kein Bedenken, die Gültigkeit des Vertrages anzuerkennen. Was gute Sitte ist, richtet sich nach den Anschauungen der Allgemeinheit, die für Zeit und Ort verschieden sein können. Entscheidend ist das jeweilige Volks­ bewußtsein, nicht ein besonderes Standesbewußtsein. 1 Bgl. IW. 1902 S. 645. OLE». VI.

Die Verletzung beson-

3

derer Standespflichten macht ein Rechtsgeschäft noch nicht zu einem wider die guten Sitten verstoßenden; nicht einmal ein für jedermann verbotenes Geschäft verstößt deshalb unbedingt gegen die guten Sitten (Endemann, Lehrb.

8. Aufl. 1 S. 605; Rehbein 1 S. 182, 164ff.; Planck 1 S. 190; Crome, System 1 S. 66 Nr. 9, S. 373 Nr. 70). Das nicht seltene Vorkommen solcher als Verkauf einer ärztlichen Praxis bezeichneten Rechtsgeschäfte, die ungescheute Einrückung von Anzeigen, die hierauf Bezug haben, kommen als Anzeichen

dafür in Betracht, daß nach allgemeinem Volksbewußtsein in derartigen Ab­ machungen nichts verwerfliches gefunden wird; sie würden nur dann bedeu­ tungslos sein, wenn es sich um einen Mißbrauch handelte, der im allgemeinen

Volksbewußtsein als unsittlich empfunden wird.

Aber das liegt nicht vor,

der Vertrag verstößt nicht gegen das öffentliche Interesse und enthält ins­ besondere auch keine unzulässige Einschränkung der persönlichen und Erwerbsfreiheit der Beteiligten. — Der Vertrag ist auch nicht wegen Unbestimmtheit

des Gegenstandes unverbindlich. Es handelt sich um einen eigenartigen Ver­ trag über Aufgabe der Praxis und Wegzug auf der einen Seite, Übernahme

der Praxis und Wohnung sowie Geldentschädigung andererseits, und der Inhalt des Vertrages ist genau bestimmt (Dernburg 2 S. 6), übrigens auch dann, wenn man Kauf annimmt (Crome 2 S. 406 Note 8). S.

d) Bestätigung setzt den Willen, sich z« verpflichten, voraus; bei nichtiger Verpflichtung also Kenntmis der Richtigkeit. BGB. § 141. OLG. Stuttgart, I. CS.

Urteil v. 14. November 1902.

Die Klägerin hatte ohne die hierzu erforderliche Genehmigung ihres

dem Beklagten 1890 ein schriftliches Schuldversprechen über 10000 Mark abgegeben. Nach dem Tode ihres Mannes 1901 hat sie dem

Mannes

Beklagten erUärt, sie werde ihr Wort halten und ihm die 10000 Mark be­ zahlen. Der Feststellungsklage, daß dem Beklagten ein Anspruch auf die 10000 Mark nicht zustehe, wurde entsprochen. Gründe:

... Das Schuldversprechen der Klägerin war von Haus aus nichtig und Es

wurde auch durch den Tod ihres Mannes keineswegs von selbst gültig.

konnte aber Gültigkeit erlangen, wenn die Klägerin es nunmehr bestätigte.

Diese Bestätigung wäre nach dem Rechte des BGB. zu beurteilen: denn am 1. Januar 1900 bestand noch kein Schuldverhältnis auf Grund des nichtigen unter welchen Voraussetzungen ein ge­ gebener, kein Schuldverhältnis darstellender Tatbestand nachträglich den Schuldversprechens; darüber aber,

Charakter eines Schuldverhältnisses erhält, entscheidet nach der Natur der Sache das neue Recht (vgl. Planck, Anm. 1 u. 2 zu EG. Art. 170; Habicht, Einwirkung, 2. Aufl. § 14 V Abs. 2, § 18 II 1 Note; § 19 Biff. 1 Abs. 1).

§ 141 bestimmt in Abs. 1: „Wird ein nichtiges Rechtsgeschäft... be­ Die

stätigt, so ist die Bestätigung als erneute Vornahme zu beurteilen."

Begründung zu dem im wesentlichen gleichlautenden § 110 (BGB. 1 S. 217) bemerkt hierzu zutreffend: „Wird ein nichtiges Rechtsgeschäft vom Urheber

nachträglich bestätigt, so ist das durch eine solche Redeweise gesetzte Ziel ein unerreichbares; die mangelnde Anerkennung seitens der Rechtsordnung kann nicht durch einen Prioatwillensakt ersetzt werden.

Die Bestätigung hat

nur rechtliche Bedeutung, wenn und soweit sie sich als erneute, allen Er­

fordernissen gerecht werdende Errichtung eines Rechtsgeschäftes von gleichem Inhalte darstellt."

In diesem Sinne spricht sich auch die Literatur aus;

vgl. Planck, 1 S. 145 (Vorbemerkungen VII, 1); Crome, System 1 § 81 I; Cosack, Lehrbuch 1 § 53 II, 2; Dernburg, 1 § 116 VI. Eine „Be­ stätigung" setzt daher auf Seite des Bestätigenden den Willen voraus, sich

zu verpflichten; wenn er nur eine Verpflichtung, welche er als bereits zu Recht bestehend ansieht, „bestätigt" (anerkennt), so liegt darin eine Bestätigung im Sinne des § 141 nicht, so z. B. wenn er eine nichtige Verpflichtungs­

erklärung, über die er einen Schuldschein ausgestellt hatte, vergessen hat, aber

auf Vorzeigen des Schuldscheines, ohne die Nichtigkeit zu kennen, erklärt, er werde diese Schuld bezahlen. Hier fehlt der Wille, sich zu verpflichten, weil er der Meinung ist, bereits verpflichtet zu sein. Die „Bestätigung" muß daher, um als solche zu wirken, „im Bewußtsein rechtlicher Nichtverpflichtung" erfolgen, der Bestätigende muß „vom Mangel des Rechtsgeschäftes Kenntnis gehabt und auf die diesfallsige Einrede zu verzichten" beabsichtigt haben (vgl. — für das gemeine Recht — Seuffert 13 Nr. 126 a. E.; 39 Nr. 288 S. 393 oben). Zum gleichen Ergebnis führt auch folgende Erwägung.

Der wörtlichen

„Bestätigung" einer Verpflichtungserklärung steht natürlich die tatsächliche Bestätigung — durch Zahlung des versprochenen Betrages — mindestens gleich.

Wer aber zum Zwecke der Erfüllung einer nichtigen Verbindlichkeit

leistet, kann das Geleistete zurückfordern; er hat nur zu beweisen, daß er zu

dem genannten Zwecke geleistet und die vermeintliche Verbindlichkeit in Wirklichkeit nicht bestanden hat. Nur dann findet eine Rückforderung des Geleisteten nicht statt, wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet war (und ferner in einigen besonderen, hier nicht in Betracht

kommenden

Fällen)

BGB.

§ 814.

Hieraus

ergibt

sich,

daß

auch

die

wirkliche „Bestätigung" einer nichtigen Verpflichtungserklärung nur bindend

und rechtswirksam ist, wenn der Erklärende weiß, daß er bisher nicht ver­

pflichtet war...

H.

e) Leistungszeit als Bedingung der Bestellung. Vermerk im Be­ stellschein, datz mündliche Rebenverabredungen ungültig seien. BSB. §§ 158. 127. OLG. Dresden, VIII. CS.

Urteil v. 13. Oktober 1902.

Der Beklagte will den Automaten, um dessen Kaufpreis es sich handelt, mit der Erklärung gekauft haben, „wenn er ihn noch vor den Feiertagen

erhalte", nachdem ihm der klägerische Reisende X. zuvor versichert gehabt habe, „daß der Automat ihm auf alle Fälle noch vor den Pfingstfeiertagen geliefert werden würde".

Solchenfalls würde es sich um eine 3*

wirkliche, und zwar im Zweifel aufschiebende Bedingung des Kaufes gehandelt haben (vgl. Entsch. d. ROHG. 2 S. 219). Denn der Beklagte hat allerdings als Restaurateur

in einem Dorfe ein

erhebliches

geschäftliches

Interesse

daran, den Ankauf des Automaten, der durch Jnnebehaltung von 2O°/o des

auf die Füllungen dem Käufer gewährten Rabattes von 30 °/0 bezahlt werden

sollte, davon abhängig zu machen, daß er dessen Verkaufstätigkeit bereits während

des

bevorstehenden

mehrtägigen

Pfingstfestes,

das

der

schönen

Jahreszeit wegen von Städtern vorzugsweise zu weiteren Ausflügen benutzt wird, verwerten und somit alsbald einen erheblichen Teil des Kaufpreises

decken könne. ... Darauf, daß der nach der Stellung der Bedingung vom Beklagten unterschriebene Bestellschein davon nichts und die noch dazu unter­ strichene Bemerkung enthält: „Für den Kauf wie für alle darauf bezüglichen

Verabredungen ist die schriftliche Form notwendiges Erfordernis," kann sich

der Kläger nicht berufen. Denn, wenn der Beklagte auch nach allgemeinen Grundsätzen an sich nicht einwenden kann, daß er den Bestellschein und damit diese Vertragsbestimmung nicht gelesen habe, so hatte er doch eben erst die Eingehung des Kaufvertrages von der Lieferung des Automaten vor Pfingsten abhängig gemacht, und es liegt nicht der mindeste Anhalt dafür vor, daß er

bei Vollziehung des Bestellscheines davon zurückgekommen sei. Vielmehr will er den Bestellschein nur auf die Versicherung des 3E. hin, es sei nur eine Formsache, damit ein Beweis für die Bestellung da sei, unter­

schrieben und im unmittelbaren Anschluß an die Unterzeichnung dem 3£. noch­ mals erklärt haben, daß er den Automat nur annähme, wenn er noch vor den Pfingstfeiertagen einträfe, und soll sich 3£. damit abermals mit dem Bemerken einverstanden erklärt haben, er werde sofort tele­

graphieren, damit der Automat sogleich abgehe.

Dann war sein

Kaufsanerbieten aber trotz der Nichterwähnung der Bedingung im Bestell­ schein bedingt, brauchte er sich um den gedruckten Inhalt des Bestellscheines

nicht und zwar auch nicht einer ihm etwa hinterlassenen Abschrift desselben

zu kümmern, konnte er sich vielmehr nach Treu und Glauben darauf verlassen, daß, wenn der Vordruck darin etwas Entgegenstehendes enthielt, der Reisende der Klägerin ihn darauf aufmerksam machen werde. Dr. W.

f) Offerte „Antwort nächsten Tag". OLG. Hamburg, I. CS. Urteil v. 10. März 1902. Kläger brieflich eine Ware angeboten und

Die Beklagte hatte dem hinzugefügt:

„pour

röponse jeudi

prochain.“

An

diesem

Donnerstage

drahtete Kläger die Annahme, welche aber erst abends spät eintraf, der Be­

klagten erst am nächsten Morgen zuging und als verspätet zurückgewiesen

wurde.

Dem trat das Gericht bei.

... Das Reichsgericht (Entsch. 43 S. 75)

ist schon vor dem Inkrafttreten des BGB. davon ausgegangen, daß die Be­ stimmung einer Frist seitens des Antragenden im Zweifel so auszulegen

sei, daß der Antragende von vornherein den Zeitpunkt, bis wohin er sich als gebunden ansieht, normieren, aber nicht dem anderen Teile vorschreiben

wolle, wann dieser die Antwort spätestens absenden müsse.

Diese Auffassung

trifft vollends zu auf Grund der §§ 148, 130 BGB., wonach die Annahme

eines Antrages nur innerhalb der dafür gesetzten Frist erfolgen kann und die Annahmeerklärung erst in dem Zeitpunkte wirksam wird, in welchem sie

M. M.

ihm zugeht.

g) Widerspruch zwischen zeitlich auseinandersallenden Erklärungen des Machlgebers und des Bevollmächtigten. Ungültigkeit einer Geuerakvollmacht, «ach der der Machtgeber ««beschränkt i« alle« seine« Ans

gelegenhetten z« vertreten ist.

Zulässigkeit der Klage aus Bewilligung

einer Löschung im Handelsregister. OLG. Kiel, II. CS. Urteil v. 8. Februar 1902.

Kläger, der mit dem Beklagten zu einer offenen Handelsgesellschaft sich vereinigt hatte, hatte dem 3E. Generalvollmacht erteilt, ihn „in allen seinen persönlichen Angelegenheiten, wie in dem seiner Firma am Orte ihrer Handels-

niederlaffung und anderswo" zu vertreten.

Auf gemeinschaftlichen Antrag

des Beklagten und des X. ist im Handelsregister die Auflösung der Gesell­ schaft eingetragen. Der Klage auf Feststellung, daß die Gesellschaft noch fortbestehe, und auf Verurteilung des Beklagten, die Löschung des Auflösungs­ vermerkes zu bewilligen, wurde stattgegeben. Gründe: Unstreitig ist sowohl dem Beklagten, als dem X. bekannt gewesen, daß der Kläger 1901 bei einer Versammlung der Gesellschaftsgläubiger ausdrück­ lich erklärt hatte, er verweigere das von ihm verlangte Ausscheiden aus der Firma. Eben damit der Kläger den erklärten Widerspruch aufgebe, war ihm nach der eigenen Darstellung des Beklagten eine viertägige Frist gesetzt

worden, und weil er den Widerspruch nicht aufgab, glaubte sein Bevoll­ mächtigter sich genötigt, gemeinsam mit dem Beklagten, demgegenüber er sich dazu befugt und bereit erklärte, den Antrag bei dem Handelsgericht zu stellen, demzufolge dann die Auflösung der Gesellschaft eingetragen ist. Der Vollmachtgeber und der Bevollmächtigte haben also nacheinander einem Dritten, dem Beklagten gegenüber widersprechende Erklärungen abgegeben. Bei der Prüfung, welche dieser Erklärungen als rechtsverbindlich zu gelten

hat, ist davon auszugehen, daß die Vorschriften der §§ 164 ff. über die durch Rechtsgeschäft erteilte, der Ergänzung, nicht der Ausschließung des eigenen Willens des Machtgebers dienende Vertretungsmacht des Bevollmächtigten ohne weiteres dann unanwendbar bleiben müssen,

wenn der Machtgeber selbst handelt, ein Vertretungsfall nach § 164 also nicht gegeben ist. Eine Ausnahme hiervon liegt nur dann vor, wenn aus dem der Erteilung der

Vollmacht zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis die Unwiderruflichkeit der Vollmacht sich ergibt. Daß es hier der Wille der Parteien gewesen sei, der Vollmachtgeber solle dem Bevollmächtigten eine Vollmacht ausstellen, die ihn für ganz unbestimmte Zeit binden und von dem Willen des Bevoll­ mächtigten abhängig machen sollte, kann nicht angenommen werden.

Unbegrenztheit

der Vollmacht spricht gegen einen solchen Willen.

Die

Wäre

aber der Wille

der Parteien

auf

eine solche Bindung des Vollmachts­

gebers gegangen, so verstößt die Erteilung einer derartigen Vollmacht gegen die guten

Sitten.

Denn die Unterwerfung des

Willens des Vollmacht­

gebers in allen seinen persönlichen Angelegenheiten sowohl, wie in den An­ gelegenheiten seiner Firma in N. und anderswo enthält dann im Verhältnis

des Vollmachtgebers zum Bevollmächtigten eine auf zeitlich nicht bestimmt

abgegrenzte Beseitigung und Vernichtung des Rechtes freier Willensbestimmung, welches die Persönlichkeit im Rechtssinne ausmacht. Die Erklärung des 3E., welche die Auflösung der Gesellschaft herbeiführt, ist daher nichtig und die

Klage begründet. Denn der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß die Gesellschaft unter den Gesellschaften, unabhängig

von anderen inzwischen etwa begründeten Rechtsverhältnissen, fortbestehe. — Neben

dieser Feststellung

selbständige Bedeutung.

behält

aber auch der fernere Klagantrag seine

Nach 8 142 FrGG. ist davon auszugehen, daß die

Löschung einer wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung (§§ 131,

143 HGB.) unzulässigen Eintragung der Disposition der Parteien nicht unterliegt, vielmehr von Amtswegen durch den Registerrichter bewirkt wird. Die Beteiligten können jedoch die Löschung anregen und haben das Recht

des Widerspruches (§ 1422 FrGG ). Dieses Recht wird dem Beklagten da­ durch genommen, daß er verurteilt wird, in die Eintragung der Löschung zu willigen, d. h. der vollzogenen Eintragung nicht zu widersprechen. Gr. h) Bertragsschlust des Vertreters mit sich selbst. BGB. § 181. Kammergericht, I. CS. Beschluß v. 13. Oktober 1902. . . . Das Landgericht hat angenommen, daß die Beschwerdeführerin bei

Ausübung ihrer Vertretungsbefugnis die Miterben als Testamentsvollstreckerin ihrer Mutter vertrete. Daraus folgt aber nicht, daß die Beschwerdeführerin

die Nachlaßgrundstücke auch an sich selbst ohne Zuziehung der Miterben oder des Pflegers zu veräußern befugt sei. Sowohl nach den Vorschriften des ALR, welche die Beschwerde angewendet wissen will, als auch nach denen

des BGB. ist es, wenigstens in der Regel, unstatthaft, daß der Stellvertreter Der erste Entwurf zuni BGB. ging allerdings davon aus, daß das Kontrahieren mit sich selbst dem

eines Anderen mit sich selbst Verträge abschließt.

Prinzipe nach statthaft sei, und schloß nur in einzelnen Fällen einen gesetz­ lichen Vertreter bei der Vornahme von Rechtsgeschäften mit sich selbst von der gesetzlichen Vertretung aus (Motive 1 S. 224. 225). Die zweite Kom­ mission aber hat im Gegensatze dazu, weil sie die Gründe gegen die Zulässig­

keit solcher Rechtsgeschäfte für überwiegend hielt, den § 181 eingefügt, wonach als Regel gilt, daß ein Vertreter Rechtsgeschäfte der fraglichen Art nicht

vornehmen kann (Prot. 1 S. 175, 2 S. 73).

Das Gleiche ist auch nach den

Vorschriften des ALR. anzunehmen. Allerdings hat das Reichsgericht auf dem Gebiete des Handelsrechts sowie nach gemeinem Rechte angenommen, daß der Stellvertreter eines Anderen mit sich selbst im eigenen Namen oder

als Vertreter eines Dritten kontrahieren könne (Entsch. d. RG. 6 S. 11,

7 S. 119; dagegen ROHG. 8 S. 393). Mag dies aber auch zutreffend sein, so kann es doch für das Recht des ALR. nicht gelten. Denn hier ist nicht nur in keiner Bestimmung die Möglichkeit eines solchen Vertragsschluffes an­ gedeutet, sondern es ist im 8 21 I 13 sogar ausdrücklich vorgeschrieben, daß,

sobald der Vorteil des Machtgebers mit dem Vorteil des Bevollmächtigten in Widerspruch komme, dieser den Auftrag weder annehmen noch behalten

dürfe.

Daraus ist zu schließen, daß nach ALR. ein Vertragsschluß des Ver­

treters mit sich selbst unstatthaft ist (Eccius, Privatrecht I Anm. 18—23;

Dernburg, Preuß. Privatr. II § 181 Anm. 11; Entsch. d. RG. 4 S. 302; a. A. Rehbein, Entsch. d. Obertrib. 2 S. 558).

Sowohl nach BGB. als

auch nach ALR. ist aber eine Ausnahme zu machen für den Fall, daß ein solcher Vertragsschluß dem erklärten Willen des Machtgebers entspricht.

Hier

ergibt sich die Zulässigkeit des fraglichen Vertrages für das BGB. unmittel­ bar aus dem Zwischensätze im § 181 „soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist", und für das ALR. aus der Erwägung, daß in diesem Falle der Ver­ tragsschluß in den Grenzen der erteilten Vollmacht sich hält und nach der

Meinung des Machtgebers ein Widerspruch zwischen seinem Vorteile und dem des Bevollmächtigten nicht vorliegt (vgl. Striethorst 54 S. 333; Entsch. d.

RG. 4 S. 222).

Bei dieser im wesentlichen gleichen Rechtslage nach BGB.

und nach ALR. bedarf es nicht eines Eingehens auf die Frage, ob ersteres

oder letzteres hier anzuwenden ist; vielmehr ist nur zu prüfen, ob etwa im Testamente der Wille der Erblafferin zum Ausdruck gelangt ist, daß die Beschwerdeführerin berechtigt sein sollte, den zum Nachlasse gehörigen Grund­ besitz an sich selbst zu veräußern. ... E. M.

Dazu: OLG. Colmar, Ferien-CS. Beschluß v. 12. September 1902. Die Eintragung des Eigentums wird beanstandet, weil nur ein Pfleger als Vertreter der bei der Teilung als Miterben beteiligten vier Minder­ jährigen mitgewirkt habe, während einer von ihnen durch die Mutter als Inhaberin der elterlichen Gewalt und die anderen drei durch je einen be­ sonderen Pfleger hätten vertreten sein müssen. Die weitere Beschwerde ist begründet. Es handelt sich untergebens um die Auseinandersetzung der zwischen dem Erblasser und seiner Witwe bestandenen Gütergemeinschaft sowie um die Teilung seines Nachlasses unter die Erben, von denen vier

Bestehen auch für diese letzteren an sich gesonderte Interessen, so können solche doch nach Lage der Sache nicht als einander

noch minderjährig sind.

widersprechend angesehen werden.

Hiernach fehlt es an dem im § 1775 BGB.

geforderten besonderen Grunde für die Bestellung mehrerer Pfleger und ist mit Recht nur ein solcher ernannt. Hiergegen läßt sich auch nicht etwa aus § 181 ein Einwand erheben, da der Pfleger im gegebenen Falle als ermäch­ tigt gelten muß/ die Teilung und Auflaffung für sämtliche Minderjährige allein vorzunehmen, mithin die erste Ausnahme von der Regel des § 181

(„besondere Gestattung") Platz greift.

Dr. Fr.

7 des Grundstücksveräutzerungsverlragcs unter­ liegen der Form des § 313 8S8.1 a) Abänderungen

OLG. Königsberg, II. CS.

Urteil v. 15. Oktober 1902.

Durch notariellen Vertrag vom 29. Juni 1901 verkaufte der Beklagte

das Grundstück 3E., das auf seinen Namen und den seiner gütergemeinschaft­

lichen, von ihm und ihren minderjährigen Kindern beerbten Frau eingetragen stand, an den Kläger.

Vom Kaufpreis sind 800 Mark bei der Auflassung,

die binnen 4 Wochen bewirkt werden sollte, der Rest von 600 Mark am

1. Dezember 1901 zu zahlen, letzterer bis dahin einzutragen und zu ver­ zinsen.

Gegen den auf Auflassung gerichteten Klageantrag wendet Beklagter

ein, daß mündlich nachträglich vereinbart sei, die Auflassung solle erst er­

folgen, wenn die Genehmigung des Vormundschaftsrichters erfolgt sein werde. Diese Vereinbarung kann jedoch nicht berücksichtigt werden, da sie als eine

den Vertrag abändernde Abmachung dem Formzwange des § 313 unterlag und in Ermangelung dieser Form dem Beklagten keine Rechte gewähren konnte, gleichviel ob Kläger den Mangel der Form gerügt oder nicht. Denn da nach § 313 Satz 2 ein ohne Beobachtung der dort vorgesehenen Form geschlossener Vertrag seinem ganzen Inhalte nach gültig wird, wenn die Auflassung und Eintragung im Grundbuche erfolgen, so folgt hieraus, daß

alles, was die Kontrahenten zum Inhalt des Vertrages gemacht wissen wollen,

dem heilenden Einfluffe der Auflassung zugänglich, mithin vor der Auflassung und Eintragung nichtig ist, wenn es nicht in die Form des § 313 gebracht ist. Es macht dabei teilten Unterschied, ob sich die Abmachungen auf das Objekt des Vertrages, auf* die Gegenleistung, auf den Ort, die Zeit, die

Modalitäten der Erfüllung beziehen, wenn es nur Vereinbarungen sind, welche nach dem Willen der Beteiligten einen integrierenden Bestandteil des Ver­ äußerungsvertrages bilden sollten. Ebensowenig ist von Belang, ob die Ab­ machungen vor, bei oder nach Abschluß des obligatorischen Vertrages getroffen werden. In diesem Sinne hat sich auch bereits das Reichsgericht (V B 64/02, vgl. auch IW. 1902 Beilage S. 247 Nr. 145) ausgesprochen, wenn es sagt, unter dem Formzwange des § 313 stehe nicht etwa blos der einzelne auf Übertragung des Eigentums gerichtete Bestandteil des Vertrages, sondern der Vertrag, d. h. alle Vereinbarungen, aus welchen sich nach dem Willen der Beteiligten der obligatorische Veräußerungsvertrag zusammensetzen soll; seien

im Vertrage noch andere Vereinbarungen getroffen, welche mit dem Ver­ äußerungsgeschäfte nicht in innerem Zusammenhänge stehen, welche also nicht die Eigentumsübertragungspflicht und die Gegenleistungen des anderen Teiles unmittelbar betreffen, so seien diese Vereinbarungen nicht Bestandteile des 1 Rsp. 4 Nr. 48a (S. 207). — Die Formvorschrift des § 313 findet auch auf Kauf­ verträge über solche Grundstücke Anwendung, für die das Grundbuch noch nicht angelegt ist. Der Art. 189 EG. steht nicht entgegen, er bezieht sich nur auf dingliche Rechtsgeschäfte (OLG. Frankfurt, II. CS. Beschluß v. 29. Mai 1900, Rundschau S. 92).

auf die Übertragung des Eigentums gerichteten Veräußerungsgeschäftes; die­

selben Grundsätze fänden auf nachträgliche Vereinbarungen, durch welche die

auf das Veräußerungsgeschäft bezüglichen Bestimmungen des formgerechten Vertrages abgeändert werden, mindestens solange Anwendung, als die Be­ teiligten nur noch in obligatorischen Rechtsbeziehungen stehen; solche Ände­ rungen träten an die Stelle der ursprünglichen Vereinbarungen und könnten

daher hinsichtlich der Form nicht anders beurteilt werden, als wenn sie sofort zu Bestandteilen des Vertrages gemacht worden wären. Vorliegend haben die Parteien den Vertrag in einem sehr wesentlichen

das Veräußerungsgeschäft direkt betreffenden Punkte abgeändert. Danach ist nicht nur an Stelle der ursprünglich für die Auflassung bestimmten Frist eine andere gesetzt, sondern auch die Verpflichtung zur Auflassung, da es noch

zweifelhaft war, ob

der Vormundschaftsrichter die Genehmigung erteilen würde, an eine Bedingung geknüpft. Zugleich aber sind dadurch auch die Modalitäten der vereinbarten Gegenleistung erheblich geändert. Denn während

nach den ursprünglichen Bestimmungen die am 1. Dezember 1901

fälligen Restkaufgelder eine Nachleistung im Verhältnis zur Auflassung darstellten, wären nach den mündlichen Vereinbarungen, da die Genehmigung des Vor­

mundschaftsrichters erst nach dem 1. Dezember 1901 erfolgt ist, die Rest­

kaufgelder vorzuleisten gewesen. Dem Beklagten fallen endlich die sämtlichen Kosten zur Last. Der Kläger konnte nach § 322 BGB. auf Bewirkung der dem Beklagten ob­ liegenden Leistung schlechthin klagen und dem Beklagten überlassen, die Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern. Der Beklagte hat dies nicht nur nicht getan, einen Einwand hieraus vielmehr erst in der Berufungs­ instanz, nachdem Kläger vollständig erfüllt hatte, hergeleitet, sondern sogar

die Abweisung der Klage beantragt.

Th.

b) Wie BGB. § 313 bezieht sich auch Art. 12 § 1 preatz. A«ss.-G.

;«m BGB. nur ans die obligatorische nnd nicht aas die dingliche Seite des BerLntzernngsgeschSstes.' Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 2. April 1902.

Der Art. 12 § 1 gestattete im ersten Absätze für den Rentengutsvertrag,

d. h. für einen Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigen­ tum an einem Grundstücke gegen Übernahme einer festen Geldrente zu über­ tragen, in zwei Fällen die schriftliche Form, nämlich wenn es sich um die

Rentengutsbegründung durch Vermittelung der Generalkommission oder um die Rentengutsausgabe durch den Staat handelt. Damit wird gegenüber dem 1 Auch der Art. 12 § 2, welcher Erleichterungen von Grundstücksveräußerungen zu ge­ währen bezweckt, schafft nur Ausnahmen von § 313 BGB. und betrifft nur den obligatorischen Veräußerungsvertrag. Der dingliche Vertrag, die Einigung des § 873, fällt nicht darunter; daher ist die Urkundsperson zur Aufnahme selbständiger Nebengeschäfte, wie Bestellung von Hypotheken, Vormerkungen re, nicht zuständig. (Kammergericht, Ferien-CS. Beschluß v. 2. August 1902.)

7.

42

Form der Rentenqutsverträge.

§ 313 BGB. eine erleichterte Form geschaffen.

Wenn nun im Anschluß

hieran der Abs. 2 bestimmt: „Das Gleiche gilt für den in den §§ 16, 17 des

Gesetzes über die Enteignung bezeichneten Vertrag über die freiwillige Ab­ tretung von Grundeigentum", so erhellt schon hieraus, daß der Abs. 2 nur die Form des obligatorischen Veräußerungsgeschäftes zu treffen und in Ab­

weichung von der Regel des § 313 BGB. zu ordnen bestimmt ist.

Daß dies

allein die Absicht des Gesetzes gewesen ist, geht aus der Begründung un­

zweifelhaft hervor.

Dort (S. 14 ff.) wird gesagt, daß der Art. 12 für ein­

zelne Sonderrechtsgebiete Ausnahme von der Formvorschrift des § 313 vor­

sehe.

Die erste Ausnahme auf dem Gebiete des Rentengüterrechts wird

damit begründet, daß bisher für einen Vertrag, durch welchen sich jemand verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstücke gegen Übernahme einer festen Geldrente zu übertragen, die einfache Schriftform genügt habe und daß diese Formerleichterung gegenüber dem § 313 beibehalten werden solle. Dies sei,

so wird sortgefahren, um so unbedenklicher, als durch das Eingreifen der Behörden den Rücksichten Genüge geschehe, die im BGB. zum Erfordernisse der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung für Verträge über die Ver­ pflichtung zur Übertragung des Eigentums an Grundstücken geführt hätten

und die in der Denkschrift zum BGB. dahin erläutert seien, daß der wichtige Zweck der Form, die minder geschäftsgewandte Bevölkerung vor übereilten Käufen und Verkäufen zu bewahren, erfahrungsgemäß durch das Erfordernis bloßer Schriftform nicht erreicht werde, und daß die Mitwirkung des Richters

oder des Notars eine ungleich größere Gewähr für die Vollständigkeit, Richtig­ keit und Verständlichkeit der Beurkundung biete, als die einfache Schriftform. Hieran wird sodann die Bemerkung geknüpft, daß ähnliche Erwägungen dahin

geführt hätten, für den in Abs. 2 bezeichneten Vertrag die gleiche Form­ erleichterung zu bestimmen.

Demgegenüber kann sich der Beschwerdeführer nicht auf § 12 Abs. 2 des Gesetzes betr. die Beförderung der Errichtung von Rentengütern vom 7. Juli 1891 berufen, wonach die Generalkommission den von ihr bestätigten Vertrag über die Begründung des Rentengutes dem zuständigen Grundbuch­ richter mit dem Ersuchen auf Umschreibung des Eigentumes einzureichen, und dieser dem Ersuchen zu genügen hat. Denn in Abs. 2 des § 1 Art. 12 Ausf.-G.

ist mit den Worten „das Gleiche gilt" nicht diese, die Auflaffung entbehrlich machende Vorschrift, sondern lediglich die in Abs. 1 aufgestellte, inhaltlich

bereits erläuterte Formvorschrift in Bezug genommen. Noch weniger steht dem Beschwerdeführer der die Übertragung des Eigentumes an buchungs­ freien Grundstücken behandelnde Art. 27 Ausf.-G. zur Seite.

Wenn dort

neben der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung der Einigung für den Fall, daß einer der Beteiligten durch eine öffentliche Behörde vertreten wird, als außerordentliche Form die Beurkundung durch einen nach Art. 12 § 2 für die Beurkundung des Veräußerungsvertrages zuständigen Beamten zugelaffen wird, so wird damit nichts weiter als eine erleichterte Form der

Einigung für einen besonderen Fall geschaffen. Die Wirkung der den An­ forderungen des Art. 27 genügenden Einigung, daß sie nämlich alsbald mit dem Abschlüsse des dinglichen Vertrages, dessen sachlichen Inhalt sie bildet,

das Grundstückseigentum von dem Veräußerer auf den Erwerber überträgt,

ist davon abhängig, daß das Grundstück im Grundbuche nicht eingetragen ist und auch nach der Übertragung nicht eingetragen zu werden braucht. An der ersteren Voraussetzung fehlt es hier, und deshalb ist die Vorschrift für den

vorliegenden Fall ohne jede Bedeutung. c)

H.

Umfang der Heilung formungültiger Bertrüge durch Auflassung.' BGB. § 313 Satz 2. OLG. Posen, II. CS.

Urteil v. 20. September 1902.

Der § 313 Satz 2 schließt sich dem § 10 des preuß. EEG. und der

auf dem Boden des § 10 erwachsenen Praxis an. Diese Praxis steht auf dem Standpunkte, daß die Auflassung und die ihr folgende Eigentumseintragung ihre formheilende Wirkung nur dann ausüben, wenn der Gegenstand der Auf­

lassung und Eintragung völlig identisch ist mit dem Gegenstände des der Auslassung zu Grunde liegenden formlosen Veräußerungsgeschäftes (Gruchot 35 S. 911, 29 S. 388). Nur insoweit diese Identität vorliegt, reicht auch die formheilende Kraft der Auflassung und Eintragung. „Auflassung und Eintragung sind die Ursache der Giltigkeit des formlosen Vertrages; nur soweit die ursächliche Grundlage vorhanden ist, kann daher auch deren Wirkung gehen" (Urteil des OLG. Posen vom 27. November 1901, Pos. MSchr. S. 193). Wenn daher von zwei durch formlosen Vertrag verkauften Grundstücken der Verkäufer nur das eine Grundstück dem Käufer ausläßt und dieser als Eigentümer nur dieses einen Grundstückes eingetragen wird, so wird der formlose Vertrag durch diese Auflassung und Eigentumseintragung

nur bezüglich des aufgelassenen, nicht aber auch bezüglich des anderen mit­

verkauften Grundstückes formgültig (Rsp. 3 S. 93 und das erwähnte Urteil des OLG. Posen). Genau ebenso ist der vorliegende Fall zu beurteilen. Hier behauptet der Kläger, die Beklagten hätten ihm durch den formlosen Vertrag ihren gesamten Grundbesitz, der damals die Grundstücke Nr. 1 und Nr. 2 umfaßte, verkauft; auch sei bei Auflassung der Nr. 1 beiderseits angenommen

worden, daß von dieser grundbuchmäßigen Bezeichnung zugleich die Grund­ fläche von Nr. 2 betroffen werde, und es sei deshalb der Wille vorhanden gewesen, durch Auflassung von Nr. 1 zugleich die Eigentumsübertragung von

Nr. 2 zu betätigen.

Dies ändert indes nichts an der Tatsache, daß die Be­

klagten, die nach § 925 BGB. erforderliche Einigung nur in Bezug auf das

Grundstück Nr. 1 erklärt haben und daß der Kläger demzufolge auch nur als Eigentümer dieses Grundstückes eingetragen worden ist. Der Satz 2 § 313 macht aber zur Voraussetzung der Gültigkeit eines Vertragsinhaltes nicht

nur die Auflassung,

sondern außerdem

1 Rsp. 3 Nr. 28 e (S. 93).

noch die auf Grund derselben

erfolgte Eintragung. Diese ist aber nicht erfolgt, soll vielmehr gerade durch die vorliegende Klage erst herbeigeführt werden.

a)

Pos. MSchr.

8 Zur Auslegung des § 321 BGB. OLG. Hamburg, II. CS.

Urteil v. 7. Oktober 1902.

... Der § 321 gewährt dem vertraglich zur Vorleistung verpflichteten Teil keinen „Anspruch" (kein Klagerecht) auf Sicherheitsleistung, sondern ge­ währt ihm nur ein Zurückbehaltungsrecht.

Es kann daher auch nicht davon

die Rede sein, daß der andere Teil mit der Leistung der Sicherheit in Verzug

gerate fund deshalb § 326 BGB. Platz greife].

Im übrigen aber muß für

die Frage, ob die Voraussetzungen des § 321 vorliegen, lediglich der Zeit­

punkt maßgebend sein, zu dem die Vorleistung fällig ist.

Vor diesem Termine

ist der andere Teil nicht verpflichtet, eine Erklärung über seine Bereitwillig­ keit zur Sicherstellung abzugeben; er kann aber auch, wenn er vor Eintritt

des Termins die Sicherstellung verweigert hat, an diese Erklärung nicht für gebunden erachtet werden. Da nun die Klägerin vor dem 1. September 1901 sich ausdrücklich zu einer Sicherheitsleistung in angemessener Form erboten hat, so kann auch aus diesem Grunde nicht davon die Rede sein, daß sie

ihrerseits in Verzug gekommen sei, und es kann dahin gestellt bleiben, ob

etwa, falls die behauptete Verschlechterung der Vermögenslage zu der Zeit bestand, als die Ware geliefert werden sollte, und falls Klägerin auch dann

noch die Annahme der Ware gegen Barzahlung oder Sicherheitsleistung ver­

weigert hätte, der Beklagten mit Rücksicht auf die im Handelsverkehre gelten­

den Gewohnheiten und Gebräuche und eine Treu und Glauben entsprechende Vertragsauslegung im konkreten Falle ein Rücktrittsrecht zuzugestehen sein würde.... M. M. b) Darf im Falle des § 321 BGB. der zur Vorleistung Verpflichtete auch vom vertrage zurücktretenl

OLG. Hamburg, II. CS.

Urteil v. 14. Oktober 1902.

Einen Satz, daß eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des einen Teils den anderen zum Rücktritt allgemein oder jedenfalls dann, wenn er nach dem Vertrage zur Vorleistung verpflichtet ist, berechttge, weil der

Vertrag als mit der Klausel, „rebus sic stantibus" abgeschlossen anzusehen sei, enthält das BGB. nicht. Die Materialien ergeben, daß man einen solchen Satz nicht hat aufstellen wollen.

Mit Rücksicht hierauf ist eben der

§ 321 ausgenommen.

Das schließt indessen nicht aus, daß aus den Um­ ständen des einzelnen Falles zu folgern ist, der Wille der Parteien sei dahin gegangen, den Vertrag mit der erwähnten Klausel zu schließen.

Dazu müßten

allerdings besondere Umstände vorliegen und man wird nicht soweit gehen

dürfen, zu sagen, daß ein Vertrag unter Kaufleuten, bei dem sich der eine

zur Vorleistung verpflichtet, stets als mit jener Klausel geschlossen zu be­ handeln sei. Das würde umsoweniger berechtigt sein, als für solche Fälle

zum Schutz des zur Vorleistung Verpflichteten des § 321 getroffen ist.

Der

Schutz, den diese Bestimmung gewähren soll, ist aber in manchen Fällen Da der § 321 nur ein Zurückbehaltungsrecht und nicht einen Anspruch darauf, daß der andere Kontrahent Sicherheit leiste oder gegen

unzureichend.

Kaffe abnehme, gibt, so kann sich die Sache so gestalten, daß die Ausführung

des Vertrages unterbleiben muß, weil der eine Teil seine Leistung zurückhält, bis der andere Sicherheit bestellt oder Erfüllung Zug um Zug anbietet, der andere aber beides weigert.

Es würde das zur Folge haben, daß der Ver­ trag in der Schwebe bliebe, es tatsächlich von dem Belieben des Kontrahenten, dem nach dem Vertrage vorzuleisten ist, abhängig wäre, ob und wann die

Erfüllung des Vertrages eintritt, wenn nicht der zur Vorleistung Verpflichtete auf das ihm durch § 321 gewährte Recht verzichten will, während der Letztere Damit würde eine Situation geschaffen sein, die mit einem geordneten Handelsverkehr nicht zu vereinigen wäre. Diese Er­ weiter gebunden wäre.

wägung

kann wohl

zu

der Annahme führen,

daß in Anwendung der

§§ 346 HGB. und 157 BGB. in solchen Fällen dem zur Vorleistung Ver­ pflichteten das Recht zum Rücktritt vom Vertrage zu gewähren ist, wenn der

andere, dessen Vermögensverhältnisse sich so verschlechtert haben, daß § 321 BGB. anwendbar erscheint, sich weigert, Zug um Zug zu erfüllen oder Sicherheit zu bestellen und zwar weil solches dem mutmaßlichen Willen der Kontrahenten beim Vertragsschlusse entspricht und weil der Kontrahent, in deffen Person die Gründe, welche die Ausführung des Vertrages verhindern, entstanden sind und der sich weigert, diese Hinderungsgründe zu beseitigen, gegen Treu und Glauben handelt, wenn er gleichwohl den anderen am

Vertrage festhalten will....

M. M.

S a) Rücktrittsrecht nach BGB. § 326 gilt auch für alte Schnldverhältniffe. OLG. Hamburg, IV. CS. Urteil v. 24. September 1902. ... EG. Art. 170 findet nicht Anwendung; denn wenn das neue Recht dem nicht säumigen Teile eines gegenseitigen Vertrages ein bestimmt geord­ netes Rücktrittsrecht gegenüber dem Verzüge des anderen verleiht, so statuiert

es damit nicht eine Wirkung des unter ihnen bestehenden Schuldverhältnisses, sondern führt kraft Gesetzes ein der Beendigung solcher Schuldverhältnisse dienendes Verfahren ein, die infolge bestehenden Verzuges dem nicht säumigen Teile lästig geworden find.

Der vom BGB. eingeführte Aufhebungsgrund

umfaßt daher alle unter deffen Herrschaft bei gegenseitigen Verträgen be­ stehenden Verzugszustände. M. M. b) Der Gläubiger, welcher vor Eintritt des BerzugeS dem Schuldner eine Nachfrist aus § 326 setzt und sei« Wahlrecht übt, ist hieran zu Gunsten des Sch«ld«ers gebunden. OLG. Hamburg, I. CS.

Urteil v. 14. April 1902.

Der Beklagte, der dem Kläger 50 Tonnen Mais per Juni verkauft und also spätestens am 30. Juni zu liefern hatte, hat weder damals noch später

geliefert, trotzdem der Kläger ihm am 28. Juni eine Nachfrist bis 3. Juli mittags gesetzt und erklärt hatte, daß er sich sonst decke und ihn für die

entstehende Differenz verantwortlich mache. Der Kläger hat sich dann nach Verlängerung der Nachfrist bis 18. Juli unter Wiederholung jener Erklärung am 18. Juli eingedeckt und fordert die Differenz per 18. Juli mit 500 Mark,

während Beklagter nur die Differenz per 3. Juli von 292 Mark zahlen will.

... Sieht man einmal die vor Fälligkeit abgegebene Gläubigererklärung als im Sinne des § 326 vorgeschrieben und als maßgebend an, so ist das

hinterherige Verhalten des säumigbleibenden Schuldners ganz gleichgültig. Hätte der Kläger seine Erklärung vom 28. Juni am 1. Juli abgegeben oder

wiederholt, so kann mit Grund nicht bezweifelt werden, daß der Beklagte sich, ohne ein Wort darauf zu erwidern, an diese Erklärung zu halten be­ rechtigt war, und der Kläger, wenn er am 2. ungebeten die Nachfrist ver­ längerte, den Beklagten zwar wohl zu längerem Warten berechtigen, sich aber nicht einseitig von der einmal abgegebenen früheren Erklärung frei machen konnte. Der Kläger hatte nach § 326 mit der Nachfrist zu erklären, daß er die Annahme der Leistung nach deren Ablaufe ablehne, und hatte dann noch die Wahl, ob er Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder vom

Vertrage zurücktreten wolle.

Vorliegend hätte der Kläger — wenn man die

Zeit zunächst außer Acht läßt, jene Erklärung, daß er die Annahme nach

Ablauf der Nachfrist ablehne, damit abgegeben, daß er die ihm erst hinterher

obliegende Entscheidung über sein Wahlrecht von vornherein traf und für den

Fall der Nichtlieferung erklärte, sich eindecken zu wollen und die Differenz zu verlangen. Er brauchte diese Entscheidung bei Setzung der Nachfrist, wie gesagt, nicht zu treffen, traf er sie aber, so war er daran in doppelter Weise

gebunden, einmal insofern, als er damit weitere Erfüllung ablehnte, sodann insofern, als er nur noch Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen konnte. Ebensowenig aber wie anerkanntermaßen ein jus variandi besteht, konnte der Kläger die Lage des Beklagten dadurch verschlechtern, daß er un­ gebeten die einmal gesetzte Nachfrist verlängerte. Er konnte durch solche zu Gunsten seines Schuldners ihm natürlich freistehende Verlängerung diesen nicht nötigen, die Leistung zu einer ihm ungünstigeren Zeit zu machen und er konnte seinerseits also nicht den Deckungskauf zu höheren Preisen vor­ nehmen, als dem, welcher beim Ablauf der ursprünglich gewährten Nachfrist

bestand.

An dieser auf Grund der Art. 355, 356 HGB. feststehenden Auf­

fassung (vgl. ROHG. 24 S. 331 und 15 S. 335; Bolze 4 Nr. 717) hat BGB. § 326 nichts geändert. Sie entspricht der rechtlichen Bedeutung und dem Zwecke der Nachfristsetzung und der damit zu verbindenden Wahl des

Gläubigers.

Durch jene räumt er dem Schuldner die Befugnis ein bis zu

einem Termine nach der ursprünglichen Fälligkeit zu liefern, durch diese ent­

scheidet er sich über das ihm zustehende Wahlrecht.

Beide ihm von Gesetzes

wegen obliegende und

zu verbindende Willenserklärungen sind empfangs-

aber nicht annahmebedürftige Verfügungshandlungen des Gläubigers.

Es ist

in Literatur und Praxis anerkannt, daß der Schuldner auf diese Willens­

erklärungen des durch sie gebundenen Gläubigers sich überhaupt nicht zu er­ klären braucht. Er kann und wird vielleicht gegen eine zu kurze Nachfrist protestieren, das steht hier nicht in Frage; aber er braucht keinenfalls sein Einverständnis zu erklären mit diesen durchaus einseitigen und ihrem Inhalte

nach sowohl was die Ausdehnung einer angemessenen Frist, wie was die

Ausübung seines Wahlrechtes betrifft, ausschließlich und absolut vom Willen des Gläubigers abhängigen Verfügungen über ihm zustehende Befugnisse. Ohne Erklärung seinerseits kraft Gesetzes und nach Treu und Glauben kam

dadurch der Schuldner in die Lage, sich nach diesen Willenserklärungen seines Gläubigers richten zu dürfen, weil er dann lediglich tat, was dieser ver­ langte, d. h. mit der Leistung warten zu dürfen bis zum Ablauf der vom Gläubiger gesetzten Nachfrist und durch Zahlung der bei Ablauf derselben

gegebenen Differenz als den Leistungsinhalt, auf welchen sich die Forderung des Gläubigers konzentriert hatte, seine Schuld tilgen zu.dürfen. Eben weil der Gläubiger

durch

seine

befugt

einseitigen

Verfügungen

zugleich

dem

Schuldner diese Befugnisse eingeräumt hatte, kann der Gläubiger die von ihm getroffenen Verfügungen nicht widerrufen, weder die Frist zum Nachteil

seines Schuldners ohne dessen Willen ändern, noch einseitig eine andere Wahl treffen ...

So läge die Sache, wenn der Kläger die Erklärung, am 1. Juli ab­

gegeben hätte.

Es fragt sich daher nur noch, ob er sie mit derselben Wir­

kung vor der Fälligkeit abgeben konnte wie nach der Fälligkeit, mit der nach

§ 284 Abs. 2 zweifellos Verzug des Beklagten auch ohne Mahnung eintrat. Diese nach früherem wie nach jetzigem Recht bestrittene Frage ist unbedenk­ lich in dem Sinne zu bejahen, daß der Gläubiger jedenfalls nicht zum Nachteile seines Schuldners aus dem Umstande ihrer Vorzeitigkeit Nutzen ziehen und nicht geltend machen kann, sie seien nichtig und der Schuldner hätte sich nicht auf sie verlaffen dürfen, weil sie vorzeitig gewesen seien.

Daß das neue Recht des § 326 dem Gläubiger ein derartiges. Treu und Glauben und die Verläßlichkeit von Willenserklärungen in Vertragsverhält­ nissen in Frage stellendes Verfahren eingeräumt haben sollte, ist von vorn­

herein um so mehr zu bezweifeln als das BGB. ausdrücklich (§ 157) Treu

und Glauben und Rücksicht auf die Verkehrssitte betont, es sich auch nicht um Formalerklärungen handelt und es dem Gläubiger vielmehr an sich frei­

stehen muß, hier wie sonst über die ihm zustehenden Befugnisse bei der Frist­ setzung und Wahl zu verfügen, wann er will.

Auch die Erwägung, daß der

Schuldner nicht derartige vorzeitige Erklärungen zu beachten hat, sondern

verlangen könne, daß sie nach Eintritt des Verzuges erfolgen und der Gläu­

biger deswegen nicht wisse, wie er trotz seiner vorher erfolgten Erklärung

daran fei, steht dem nicht entgegen.

Denn abgesehen davon, daß das seiner

9. Abnahmeverzug.

48

BGB. § 326.

Verpflichtung, bei seinem erklärten Worte zu stehen, nicht widerstreitet, steht es ihm ja frei, seine Erklärung sofort nach Eintritt des Verzuges zu wieder­ holen. Mit diesen allgemeinen Erwägungen steht Wortlaut und Sinn des § 326 durchaus im Einklang.

Worauf dessen Abweichungen im Ausdruck

vom früherem Rechte beruhen, läßt sich, wie Co sack (Handelsrecht 1 S. 305)

hervorhebt, nicht feststellen.

Sogar Staub (zu §374 HGB.), der im übrigen

die hier nicht in Frage stehende Verbindlichkeit vorzeitiger Erklärung für den Schuldner in Abrede stellt, stimmt darin mit Dernburg (2 S. 214) und

Cosack überein, daß die Erklärung nicht erst nach Eintritt des Verzuges wirksam abgegeben werden könne. In der Tat setzt § 326 Eintritt des Verzugs nur als Bedingung der dort getroffenen Maßnahmen, nicht als zeitliche Grenze voraus.

Dieser Wortlaut hindert also den Gläubiger nicht,

vor der Fälligkeit für den Fall eines demnächstigen Verzuges über seine gegen den Schuldner zu treffenden Maßnahmen zu disponieren. Er kann imju unter Umständen sogar dringend veranlaßt sein, um keine Zeit zu ver­ lieren, die ihm von Erheblichkeit sein kann, wenn er mit seinen Erklärungen

warten müßte, bis effektiv Verzug eingetreten ist.

Staub will daher in

Fällen, wo Mahnung nötig ist, die Erklärung wenigstens zugleich mit der

Mahnung gestatten. Aber es liegt kein Grund vor, wenn der Wortlaut des Gesetzes überhaupt nicht zu dieser engen Auslegung nötigt, die Verfügungs­ freiheit des Gläubigers auf diesen Fall zu beschränken. Wann der Gläubiger seine im Falle des Verzuges abzugebenden Erklärungen mitteilen muß, darüber sagt § 326 BGB. so wenig wie die früheren Artt. 355, 356 HGB. Nun hatte sich aber eine feste Praxis für die Anwendung dieser Artikel gebildet (ROHG. 10 S. 241, 13 S. 137; Entsch. des Reichsgerichts S. 44; Gruchot 28 S. 1064). . . . Daß aber das BGB. sich in diesem Punkte mit der bis­ herigen Rechtsbildung in Widerspruch setzen wollte, ist um so weniger anzu­ nehmen, als die Entstehungsgeschichte des § 326 hierfür nicht den mindesten Anhalt bietet... M. M.

c) Zeitablanf bei Abnahmeverpflichtnng innerhalb eines bestimmten Zeitraumes begründet nicht ohne weiteres, Abnahmeverzug für fich allein überhaupt keine« Schadenersatz wegen Nichterfüllung. OLG. Stuttgart, I. CS.

Urteil v. 17. Oktober 1902.

Der Beklagte hatte für 1901 die Hälfte seines Bedarfes an Kohlen­

säure zu bestimmtem Preise und auf seinen Abruf von der Klägerin zu beziehen, hat aber nur einen Teil dieses Bedarfes bezogen, weshalb die

Klägerin den ihr durch den Nichtbezug entgangenen Gewinn fordert.

Die

Klage wurde abgewiesen. Gründe: Die Ansicht der Klägerin, daß, weil der Beklagte die Ware nicht inner­

halb der vertragsmäßigen Zeit abgenommen habe, für sie die Unmöglichkeit, zu erfüllen, für den Beklagten die Unmöglichkeit, abzunehmen, eingetreten sei,

ist verfehlt.

Sogar bei einem Fixgeschäft (HGB. § 376, BGB. § 361) geht

das Gesetz davon aus, daß mit Ablauf der für die Leistung bestimmten

Zeit oder Frist die Erfüllung keineswegs ohne weiteres unmöglich ist; denn es gestattet ja dem nichtsäumigen Teil auch nach diesem Zeitpunkte Erfüllung

zu

verlangen,

was doch deren Möglichkeit voraussetzt.

vollends bei einem Geschäft

Demgemäß kann

der hier in Rede stehenden Art, welches ohne

Frage kein Fixgeschäft ist, nicht gesagt werden, die Zeitbestimmung in betreff

des Abrufes und der Lieferung der Ware sei so wesentlich, daß mit dem Ablaufe der im Vertrage bezeichneten Frist die Lieferung oder die Abnahme oder gar beides unmöglich geworden sei....

In zweiter Linie wird der Anspruch darauf gestützt, daß der Beklagte sich in Abnahmeverzug befinde. Hieraus läßt sich aber ein Anspruch auf ableiten, wenn auch beim Ist letzteres nicht der Fall, so kann im Falle des Abnahmeverzugs des Käufers der Verkäufer nur Er­ Schadensersatz

wegen

Nichterfüllung

nur

Abnahmeoerzug der 8 32K BGB. Anwendung findet.

füllung und (gemäß § 286) Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung

verlangen

(woneben

den Käufer noch

§§ 300 ff., 372 treffen).

neinen.

die Folgen des Annahmeoerzugs

Die Anwendbarkeit des § 326 war aber zu ver­

Zwar ist auch die Abnahme eine „Leistung" im Sinne des BGB.

vgl. § 241 BGB., aus dem hervorgeht, daß das Gesetz alles, was der Gläubiger kraft des Schuldverhältnisses zu fordern hat, als „Leistung" ansieht; es läßt sich auch nicht mit Romeick, Fristbestimmung § 7 ©. 56 ff., § 12“ sagen,

der Abnahmeverzug sei nur eine Form des Annahmeoerzugs, also des Gläubigerverzugs: denn der Gläubigerverzug begründet kein Klagerecht gegen den Gläubiger (z. B. auf Abnahme der zugesagten Dienste, vgl. BGB.

§8 615, 300 ff.); auf Abnahme der gekauften Sache kann aber der Verkäuferklagen, insoweit ist also — ebenso wie betreffs der Zahlung des Kauf­ — der Käufer Schuldner des Verkäufers, sein Verzug daher Schuldnerverzug; s. gegen Romeick: Crome, System 2 § 215 Note 44;

preises

Dernburg 2 § 74 Ziff. 1; Staub, HGB. Anm. 5 zu 8 374, Anm. 142 ff.

Dagegen nimmt das Berufungsgericht (mit Staub a. a. O.; vgl. auch Rsp. 3 S. 184 Abs. 2 a. E., u. Sörgel, Rsp. 1900/1901 lit d zu 8 326)

an, der 8 326 beziehe sich nur auf den Fall, daß der Schuldner mit der

Leistung im Verzug ist, welche sich als die eigentliche Gegenleistung für die Leistung des Nichtsäumigen, als die Hauptleistung, darstellt.

Hierfür

spricht vor allem der innere Grund, daß die weitgreifenden Folgen, welche in den Fällen des 8 326 den säumigen Schuldner treffen, im Falle des

bloßen Abnahmeverzugs sehr häufig als der Sachlage nicht entsprechend er­ scheinen würde und daher nicht ohne die zwingendsten Gründe angenommen werden kann, das Gesetz wolle sie auch in diesem Falle eintreten lassen,

während die Interessen des Verkäufers int Falle des Abnahmeverzugs des Schuldners, der immer zugleich ein Annahmeverzug sein wird, auch ohne

die Anwendung des 8 326 ausreichend gewahrt erscheinen (vgl. 8 286, 88 300 ff., 8 372 BGB.); auch ein Recht, auf Abnahme zu klagen, hat der Verkäufer,

und int Falle der Verurteilung des Käufers die Rechte aus

OLGRI». VI.

4

§ 283).

Der Wortlaut aber steht der hier vertretenen Auffassung insofern zur

Seite, als der § 326 von dem Falle spricht, da ein Vertragsteil mit „der"

ihm obliegenden Leistung im Verzug ist, was sich ungezwungen dahin ver­ stehen läßt, daß die Bestimmung nicht auf den Verzug in irgend welcher Nebenleistung gemünzt ist, sondern eben auf den Verzug mit der Haupt­

leistung.

Wenn

der Satz 3 des Abs. 1

den Fall behandelt,

daß „die"

Leistung teilweise nicht bewirkt wird, so ist dies auf den Fall zu beziehen, daß die Hauptleistung (Lieferung — Bezahlung der Ware) nur zum Teil erfolgt, nicht aber darauf, daß eine Nebenverpflichtung (wie die Abnahme) nicht erfüllt wird...

H.

d) BGB. § 836 findet Anwendung auch beim Abnahmcverzuge des Käufers.1 Bei Succesfivlieferung keine besondere Rachfristsetzung für jede Teilleistung.^ OLG. Marienwerder, II. CS. Zwischenurteil v. 6. Dezember 1901. Der Beklagte hält den § 326 auf den vorliegenden Fall, wo er Schiffs­

raum zu stellen hatte und die Ware nicht abgenommen hat, nicht für an­ wendbar. Diese Ansicht ist jedoch unbegründet. § 326 unterscheidet, wenn er vom Verzüge des einen Teiles mit der ihm obliegenden Leistung spricht, nicht zwischen den Bestandteilen dieser Leistung nach der Richtung, ob sie das Vielmehr sind unter Leistung alle einzelnen im Gesetze vorgesehenen Erfüllungsverpflichtungen zu verstehen, also beim Käufer die Zahlung des Kaufpreises und die Abnahme. Der Käufer ist Schuldner dieser Leistungen. Erfolgen sie beide, oder erfolgt eine eigentliche Korrelat der Gegenleistung sind.

derselben nicht, so ist er in Erfüllungsverzug gekommen und dem Verkäufer-

stehen die Rechte aus § 326 zu.

Daneben hat allerdings der Verkäufer die

Rechte des Schuldners einem in Annahmeverzug gekommenen Gläubiger gegen­

über, da der Käufer zugleich Gläubiger ist. Dieser Ansicht ist auch Cosack (Lehr­ buch 1 S. 444) allerdings mit der Einschränkung, daß der Verkäufer auf die Rechte aus dem Annahmeverzuge beschränkt ist, wenn der Käufer durch einen von ihm nicht zu vertretenden Umstand an der Abnahme der Kaufsache be­

hindert ist — eine Behinderung, die übrigens hier nicht behauptet und nicht vorhanden ist (vgl. hierzu Lehmann-Ring, HGB. 2 S. 115; Dernburg 2 S. 163; Rsp. 1 Nr. 112 S. 217).

Auch im übrigen greifen die Einwendungen nicht durch. Der Kläger hat

wiederholt dem Beklagten, der schon am 19. Juni 1900 Erfüllung verweigerte, unter Mahnung zur Abnahme eine angemessene Frist zur Bewirkung der Leistung (Abnahme) mit der Erklärung bestimmt, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. . . .

Die 500 Tonnen sollten vom 1. April

bis 30. September 1900 successive in monatlich ungefähr gleichen Quantitäten geliefert werden.

Es ist nun nicht erforderlich gewesen, daß Kläger nach

1 Vgl. dagegen das vorstehende Urteil v. 17. Oktober 1902 (Nr. 9c) und Nsp. 4 Nr. 6a (S. 13). * Rsp. 2 Nr. 171b (S. 439), 4 Nr. 52 b (S. 222).

9. Heilung des Verzugs.

BGB. § 326 Abs. 2.

51

Ablauf jeden Monats die erwähnte Frist setzte, es genügte, wenn er wegen der Lieferung mehrere Monate zusammen eine Frist stellte, so wie er es am 24. Juli 1900 getan hat.

Damals schrieb er, da er trotz Aufforderung, ihm Raum zur Abnahme des fälligen Quantums von ca. 300 Tonnen anzu­

dienen, ohne Nachricht geblieben, so mache er darauf aufmerksam, daß er

obiges Quantum annullieren werde, sobald Beklagter ihm nicht bis zum 31. Juli positiven Raum andienen könne.

Er behalte sich vor, den Be­

klagten für etwa entstehenden Verlust verantwortlich zu halten. Hier setzt Kläger also eine Frist zur Abnahme von 300 Tonnen, widrigenfalls er das

Quantum annullieren werde und sich vorbehalte, den Beklagten für etwa ent­ stehenden Verlust verantwortlich zu machen, d. h. also die Annahme der

Leistung des Beklagten (bie Abnahme) ablehnen und Schadensersatz wegen

Nichterfüllung fordern werde.

war nicht einmal nötig.

Diese Fristsetzung betreffs der 300 Tonnen

Vielmehr genügte, daß Kläger im Briefe vom

6. Oktober 1900 dem Beklagten anheim gestellt hat, über die betreffende Partie (500 Tonnen) bis zum 10. Oktober zu disponieren (wodurch er zu­ gleich

seine Erklärung

im Briefe vom 1. August,

daß er 300 Tonnen

annulliere, zurücknahm), da er im anderen Falle den entstehenden Verlust reklamieren müßte. Diese Erklärung ist in Verbindung mit der im Briefe vom 24. Juli nur dahin zu verstehen, daß Kläger, falls Beklagter die 500 Tonnen nicht bis zum 10. Oktober abnehme, die Annahme der Leistung des Beklagten (die Abnahme) ablehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern werde. Hiernach ist die im § 326 vorgeschriebene Frist mit der erforderlichen Erklärung gesetzt. H. Dazu: OLG. Karlsruhe, II. CS.

Urteil v. 11. Juli 1902.

Die Verpflichtung der Beklagten als Käuferin bestand darin, den Kauf­

preis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen. Die Beklagte befand sich, soweit sie die monatlichen Raten nicht abrief, jeweils mit dem Ablauf

des Monats in Abnahme-(Schuldner-)verzug, § 2842; Klägerin war nach § 326 berechtigt, zur Abnahme eine Frist zu bestimmen und nach dem Ab­ laufe der Frist Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen.

Dazu,

zu Ungunsten des Verkäufers die Anwendbarkeit des § 326 grundsätzlich auf

den Fall zu beschränken, daß der Käufer mit der Zahlung im Verzug ist, oder in der Nichtabnahme eine teilweise Nichtbewirkung der Leistung (Satz 3) zu erblicken — was die entsprechende Anwendung des § 325 Satz 2 zur

Folge hätte — liegt kein Anlaß vor. Der Abnahmeverzug muß mindestens dann die Rechte des § 326 geben, wenn wie hier die Abnahme nicht als Nebenleistung eines im übrigen vom Käufer erfüllten Kaufvertrages in Betracht

kommt, sondern in der Nichtabnahme zugleich die Weigerung, den Kauf­

vertrag überhaupt zu erfüllen, enthalten ist.

E.

e) Kann im Falle des BGB. § 32« Ms. 2 der Säumige die Folgen seines Berznges solange abwende«, als ihm nicht der andere Teil seinen Rücktritt erklärt T

OLG. Marienwerder, 11. CS.

Urteil v. 23. September 1902.

Der § 326 schließt sich, wie die Denkschrift S. 75 hervorhebt, an die Art. 354 bis 356 HGB. an. Danach mußte, wer wegen Verzuges des anderen Teiles Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder den Rücktritt wählen

wollte, dies anzeigen und dabei, wenn die Natur des Geschäftes es zuließ, noch eine angemessene Nachfrist gewähren. Daß hiernach der Säumige regel­ mäßig das Recht der purgatio morae bis zur Anzeige von der getroffenen

Waht hatte, folgt schon daraus, daß ihm auch nach dieser Anzeige regelmäßig

noch die Nachfrist zur Nachholung des Versäumten gewährt werden mußte. Das ROHG. 13 S. 98 hat aber hervorgehoben, daß dem Art. 356 HGB. auch

der weitere Zweck zu Grunde liege, dem säumigen Teil über die Folgen seines

Verzuges Gewißheit zu verschaffen, und er daher solange, als der Gegner sein Wahlrecht noch nicht ausgeübt habe, die Folgen seines Verzuges durch nachträgliche Erfüllung unbedingt beseitigen könne. In völliger Überein­ stimmung damit hat das Reichsgericht in einem Falle, in welchem die Natur

des Geschäftes und die Umstände die Gewährung einer Nachfrist nicht zu­ ließen, die Behauptung des säumigen Teiles, daß er vor Empfang der Rück­ trittserklärung nachträglich erfüllt habe, nicht etwa damit zurückgewiesen, daß

in solchem Falle eine purgatio morae überhaupt nicht zugelassen sei, ist viel­

mehr in eine sachliche Beurteilung dieses Einwandes eingetreten (Entsch. 4 S. 54). — Stand somit bisher dem säumigen Teil das Recht der purgatio morae bis zur tatsächlichen Ausübung des Wahlrechtes durch den Gegner auch dann zu, wenn die Umstände die Gewährung einer Nachfrist nicht zu­

ließen, so liegt nahe, die in Anlehnung an diese Bestimmungen getroffene

Vorschrift im gleichen Sinne auszulegen, sofern dies mit dem Sinn und Wortlaut des § 326 nur irgend vereinbar ist. Es ist nun sicherlich nicht zu verkennen, daß die Ausschließung der purgatio morae im Falle des Abs. 2

Während nämlich im Abs. 1 ausdrücklich bestimmt ist, daß nach fruchtlosem Ablauf der unter Androhung der Ab­

zu großen Härten führen kann.

lehnung der Leistungsannahme gestellten Frist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen ist, fehlt eine solche Bestimmung im Abs. 2. Es besteht daher auch Übereistimmung darüber, daß im Falle des Abs. 2 der Anspruch auf Erfüllung jedenfalls bis zur Ausübung des Wahlrechtes dem Gläubiger er­ halten bleibt.

Daraus ließe sich folgern, daß dem Rechte des einen Teiles,

auf Erfüllung zu bestehen, das Recht des anderen Teiles, den Vertrag nach­ träglich zu erfüllen, bis zur Ablehnung der Erfüllungsannahme schon aus dem Grunde entsprechen müsse, weil anderenfalls der säumige Teil über die

Folgen seines Verzuges völlig im Ungewiffen bleibe, indem er sich auf Er­ füllung des Vertrages einrichten aber gewärtigen müsse, daß der andere Teil

die Annahme der angebotenen Leistung ablehne.

Die hierdurch begründete

Unbilligkeit tritt um so schärfer hervor, wenn man erwägt, daß Abs. 2 auch dann Platz greift, wenn dem Schuldner diejenigen Umstände gar nicht bekannt sind, aus denen folgt, daß die Erfüllung des Vertrages für den anderen Teil

kein Interesse mehr hat, so daß der Schuldner auch nicht einmal Veranlassung haben kann, gemäß § 355 BGB. den anderen Teil zu einer Erklärung über

die Ausübung des Rücktrittsrechtes aufzufordern.

Mit dem Wortlaute des

§ 326 wäre eine solche Auslegung wohl nicht unvereinbar.

Es ließe sich

sagen, daß das Recht des säumigen Teiles, bis zur Ablehnung der Leistung durch den anderen Teil nachträglich die Leistung zu bewirken, sowohl in Abs. 1 wie in Abs. 2 als selbstverständlich vorausgesetzt werde, und daß Abs. 1 den säumigen Teil nur insofern günstiger stelle, als die Ablehnung

hier nicht sofort, sondern erst nach Ablauf einer dem säumigen Teil zu bestimmende Nachfrist wirke. Zu dieser Auffassung scheint Crome zu neigen

(Schuldverhältnifse 2 § 171). Indessen sprechen überwiegende Gründe gegen eine solche Auslegung. Auf die Anwendung, welche die früheren Art. 354—356 HGB. in der Recht­ sprechung gefunden haben, kann ein entscheidendes Gewicht nicht gelegt werden. Denn wenn § 326 sich auch an jene Vorschriften anlehnt, so hat doch die

Nachfrist hier insofern eine grundsätzlich andere Regelung erfahren, als sie

nicht bloß (wie früher) gewährt, also nachgelassen zu werden braucht, sondern durch ausdrückliche Erklärung bestimmt werden muß. Damit hängt zu­ sammen, daß nach § 326 Abs. 1 die Fristbestimmung und die Androhung der

Ablehnung der Leistungsannahme untrennbar verbunden sind: „denn das eine ist nur eine Modalität des anderen, es liegt eine Fristbestimmung mit dem Präjudiz der Ablehnung der Leistungsannahme, oder, wenn man will, um­ gekehrt eine mit Fristbestimmung versehene Androhung der Ablehnung der Leistungsannahme vor" (so Staub in Anm.89 zum Exkurs zu 8 374 HGB.). Aus diesem untrennbaren Zusammenhangs zwischen der Fristbestimmung und der Androhung der Ablehnung folgt, daß, wo es der ^Bestimmung einer Frist nicht bedarf, auch vom Erfordernis einer Androhung der Ablehnung nicht

weiter die Rede sein kann. Die Androhung der Ablehnung wäre ja auch im Falle des Abs. 2 sinnlos; es könnte hier offenbar nur die einfache Er­ klärung, die Annahme abzulehnen, in Frage kommen. Einer solchen Erklärung

gedenkt das Gesetz nicht. — Demgegenüber können die Unzuträglichkeiten, "lelche für den säumigen Teil aus der Ungewißheit seiner Rechtslage ent­

stehen mögen, keine entscheidende Bedeutung beanspruchen. muß sie als Folgen seines Verzuges auf sich nehmen.

Der säumige Teil Im Gegenteil ist

daraus hinzuweisen, daß diejenige Auffassung, welche dem Schuldner bis zur

Ablehnung der Leistung die purgatio morae nachlassen will, zu unannehm­ baren Folgerungen führt. Denn danach müßte, trotzdem die Erfüllung des

Vertrages infolge des Verzuges für den anderen Teil kein Interesse mehr hat, dieser die Erfüllung annehmen, wenn die Leistung erfolgt, bevor er über­ haupt Gelegenheit hatte, dem säumigen Teile die Rücktrittserklärung zugehen zu lassen. Dieser Folgerung läßt sich auch nicht durch die Annahme be­ gegnen, daß die Rücktrittserklärung in solchen Fällen dann wirksam sei, wenn sie unverzüglich nach Eintritt des Verzuges des säumigen Teiles erfolge.

Denn dafür würde es an jedem gesetzlichen Anhalte fehlen.

den Fällen

des

Hiernach ist in säumigen Teile die Möglichkeit der

§ 326 Abs. 2 dem

Heilung seines Verzuges überhaupt nicht gegeben; die Rücktrittserklärung ist vielmehr auch dann wirksam, wenn sie nach dem tatsächlichen Angebot der

Leistung erfolgt.

H.

10 a) Hinterlegung von Handakten. Kammergericht, Ferien-CS.

BGB. § 372.

Beschluß v. 19. Juli 1902.

Der Rechtsanwalt A. hat 1892—1894 als Beauftragter einerseits des

B. und andererseits des C. das Aufgebot von Hypotheken zwecks Löschung betrieben und darüber Handakten angelegt. Nach Erledigung seines Auf­ trages und Zahlung seiner Gebühren ist es 1900 zwischen B. und C. zu

einem Streite darüber gekommen, wem von ihnen jene Handakten heraus­

zugeben seien. Den Antrag des A., die Handakten zur Hinterlegung an­ zunehmen, hat das Amtsgericht abgelehnt, weil Handakten keine Urkunden im

Sinne des § 87 der Hinterlegungsordnung seien. Auf Beschwerde hat da­ gegen das Landgericht im Beschlusse vom 19. März 1902 ausgeführt, daß alle Schriftstücke, denen die CPO. Urkundenqualität beilege, hinterlegungs­ fähig seien, daß die Handakten fast auf jedem Blatte derartige Beweis­ urkunden enthalten und deshalb zur Hinterlegung anzunehmen seien, falls die Voraussetzungen des § 372 BGB. zutreffen. Das Amtsgericht hat darauf letzteres verneint, es wurde jedoch auf erneute Beschwerde am 4. Juni 1902 angewiesen, die Handakten anzunehmen, sobald der Beschwerdeführer der

Anforderung nachgekommen sein wird, die einzelnen, in den Akten enthaltenen Urkunden zu spezialisieren. Die hier erwähnte Anforderung hatte das Amts­ gericht erst bei Vorlegung der Beschwerde an das Landgericht zum Ausdruck gebracht. Die weitere Beschwerde des A. blieb erfolglos. Gründe:

Unzutreffend ist zunächst die Rüge, daß der angefochtene Beschluß die Hinterlegung von einer Anordnung abhängig mache, die durch den früheren Beschwcrdebeschluß bereits beseitigt sei. Der Beschluß vom 19. März besagt

weder im entscheidenden Teile noch auch in seinen Gründen, daß die Hand­

akten als einheitliche Urkunde zur Hinterlegung anzunehmen seien; viel­ mehr wird darin nur die (vom Amtsgericht ausgesprochene) grundsätzliche

Verneinung der Anwendbarkeit des § 87 der Hinterlegungsordnung auf die Handakten mißbilligt und im Gegensatze dazu darauf hingewiesen, daß die Handakten fast auf jedem Blatte Beweisurkunden enthalten, welche unter den

§ 87 fallen können, sofern die Voraussetzungen des § 372 BGB. vorliegen. Das Amtsgericht war hiernach wohl befugt, bei der nochmaligen Prüfung des Hinterlegungsantrages ein neues Bedenken — über welches im Beschlusse

vom 19. März noch gar nicht befunden werden konnte, weil es damals noch nicht vorgebracht war — geltend zu machen und bis zu dessen Hebung die

Hinterlegung zu beanstanden.

Nachdem dieses neue Bedenken zur Kenntnis

des Beschwerdegerichts gelangt war, war das letztere damit befaßt und hatte darüber zu befinden, weil die Beschwerde die völlige Beseitigung der Beanstandung der nachgesuchten Hinterlegung erstrebte.

Hieran wird auch

nichts durch den Umstand geändert, daß das Amtsgericht jenes neue Be­

denken dem Beschwerdeführer noch nicht eröffnet hatte; im Interesse der Ver­

meidung einer neuen Beschwerde lag vielmehr die Erledigung dieser neuen Beanstandung in demselben Verfahren. Die landgerichtliche Darlegung, daß die Handakten zwar anzunehmen seien, jedoch nicht als einheitliche Urkunde, sondern als Sammlung

einer Reihe besonders aufzuführender Einzelurkunden, widerspricht hier­ nach nicht dem früheren Beschlusse und ist, weil sie zur Erledigung der Be­

schwerde dient, formell statthaft; auch sachlich ist darin die Verletzung eines

Gesetzes, insbesondere des § 87 nicht enthalten.

Denn unter „Akten" (Hand­

akten) ist nur die körperlicke Verbindung oder Zusammenfassung einer Reihe

an sich selbständiger — jederzeit von einander trennbarer — Schriftstücke zu verstehen, so daß im Sinne des § 87 nicht etwa das Aktenstück als solches eine hinterlegungsfähige Urkunde darstellt, vielmehr die einzelnen in dem

Aktenstücke enthaltenen Urkunden der Hinterlegung unterliegen. Diese einzelnen Urkunden aber müssen, um in Verwahrung genommen zu werden, derartig

genau bezeichnet werden, daß bei Beendigung der Hinterlegung kein Zweifel

über ihre Identität und ihren Inhalt entstehen kann.

Dies ist namentlich

unabweisbar für den — als regelmäßig vorauszusetzenden — Fall, daß das

Amtsgericht gemäß § 88 der Hinterlegungsordnung die Gerichtsschreiberei mit der Verwahrung beauftragt;

in diesem Falle bedarf es schon im Ver­

hältnis zwischen dem Amtsgericht und der Gerichtsschreiberei sowie zwecks Eintragung in das Urkundenverwahrungsbuch (JMBl. 1899 S. 870) der einzelnen zu verwahrenden Urkunden. Dr. H. b) BGB. § 372 gilt auch gegenüber Wechselansprüchen. Rechtliche Zweifel können znr Hinterlegung genügen.

OLG. Hamburg, Ferien-CS.

Urteil v. 20. August 1902.

Der Einwand, daß die Beklagte infolge der, durch die Inanspruchnahme

der Wechselsumme seitens der Nebenintervenientin hervorgerufenen Ungewiß­

heit über die Person des Gläubigers berechtigt gewesen sei, die Zahlung an den formell legitimierten Wechselinhaber zu verweigern und den Wechselbetrag am Leistungsorte zu hinterlegen, ist nicht schon deshalb unbegründet, weil der

§ 372

auf Ansprüche aus Wechseln

könnte.

Die Geltendmachung der, nach den allgemeinen Bestimmungen des

überhaupt nicht Anwendung finden

bürgerlichen Rechts einem jeden Schuldner gegenüber seinem Gläubiger zu­

stehenden Rechtsbehelfe wird durch Art. 82 WO. nicht ausgeschlossen und es ist auch die, im § 372 Satz 2 dem Schuldner eingeräumte Befugnis, eine von ihm geschuldete Leistung an die Hinterlegungsstelle zu beschaffen, ein

Rechtsbehelf, welcher dem Wechselschuldner unmittelbar gegen den, seine An­ sprüche einklagenden Gläubiger zusteht.

Daß übrigens durch Art. 36 WO.

eine Hinterlegung der Wechselsumme zu gunsten des Berechtigten nicht hat

unbedingt ausgeschlossen werden sollen, ergibt das Komm.-Prvtokoll XVI vom 6. November 1847 S. 69/70, wonach zwar die Aufnahme von Bestimmungen über die Befugnis des Schuldners, in bestinimten Fällen die geschuldete Wechsel­ summe zu hinterlegen, abgelehnt, aber ausdrücklich anerkannt worden ist, daß durch die Fassung des Art. 36 die Befugnis des Schuldners, im geeigneten Falle seiner Zahlungsverpflichtung durch Hinterlegung der Wechselsumme zu

genügen, nicht ausgeschlossen sein solle (vgl. auch ROHG. 6 S. 233, 15 S. 299). Dagegen konnten begründete Zweifel an der Berechtigung der Klägerin, die Zahlung der Wechselbeträge zu fordern, nicht bestehen.

Die Klägerin,

welche die fraglichen Wechsel im Regreßwege eingelöst hat, oder doch formell

in der Lage eines Wechselinhabers, welcher der Regreßpflicht genügt hat, sich befindet, ist durch eine zusammenhängende bis auf sie hinunterreichende Reihe von Indossamenten als Eigentümer der Wechsel legitimiert, sie ist im Besitze der sämtlichen Exemplare der Wechsel, welche ohne Ausnahme bis auf die

Girierung der Wechsel an die Klägerin herab übereinstimmende Wechsel­

erklärungen aufweisen und sie ist mithin allein zur Geltendmachung der Rechte aus den Wechseln berechtigt. Daß selbst, wenn das erste Indossament,

wie die Beklagte und die Nebenintervenientin behauptet, gefälscht wäre, und auch wenn die Wechsel der Nebenintervenientin gestohlen sein sollten, die Klägerin zur Geltendmachung der Ansprüche aus den, in ihrem Besitze be­ findlichen Wechseln allein legitimiert ist, kann nach Art. 36 WO. keinem Zweifel unterliegen (ROHG. 16 S. 365) und konnte demnach auch bei der Beklagten irgendwelche Ungewißheit über die Person des Gläubigers nicht

bestehen und auch nicht durch die Mitteilungen der Nebenintervenientin hervorgerusen werden, welche nicht behauptete, daß die Klägerin die Wechsel in bösem Glauben erworben habe, sondern ihren vermeintlichen Anspruch auf

die Bezahlung der Wechselbeträge auf den unrechtmäßigen Erwerb der Wechsel durch den Vorindossanten der Klägerin gründete. Hierdurch wurden aber die Ansprüche der Klägerin aus den Wechseln in keiner Weise berührt und es bestand eine Ungewißheit über die Person des Gläubigers für die Beklagte auch um deswillen nicht, weil die jetzige Nebenintervenientin Rechte aus den

Wechseln überhaupt nicht geltend machte und auch nicht geltend machen konnte, weil sie nicht Inhaber der Wechsel, resp, eines, der zur Girierung bestimmten, Exemplare der Wechsel war.

Eine Ungewißheit über die Person

des Gläubigers, welche die Beklagte zur Hinterlegung der Wechselbeträge berechtigte, hätte bestehen können, wenn die Nebenintervenientin sich im Besitze

eines, sie als Wechselinhaber legitimierenden Exemplars der fraglichen Wechsel,

z. B. der auf sie girierten Tertia befand, während die Klägerin Inhaberin der auf sie girierten Secunda war, und die Beklagte beim Vorhandensein von zwei formell legitimierten Inhabern des Wechsels, welche ein jeder Bezahlung

des Wechsels verlangte, nicht in der Lage war, zu beurteilen, welchem der mehreren Forderungsprätendenten materiell der Anspruch auf Bezahlung der

Wechselsumme zustand.

Wie aber die Verhältnisse tatsächlich lagen, war die

Klägerin allein legitimierte Inhaberin der Wechsel und konnte auch sie allein die Bezahlung der Wechsel von der Beklagten beanspruchen, und konnten auch

irgendwelche begründete Bedenken für die Beklagte hinsichtlich der Person ihres Gläubigers nicht bestehen, da die Nebenintervenientin zur Geltendmachung

von Ansprüchen aus dem Akzepte der Beklagten nicht legitimiert war und höchstens einen, gegen die Beklagte überhaupt nicht verfolgbaren Anspruch auf Auslieferung der Wechsel hätte erhoben werden können. ...

M. M.

11 a) Negative Filiationsklage in der Übergangszeit.

Kammergericht, XII. CS.

Urteil v. 6. Dezember 1902.

Der Kläger ist am 26. Juni 1896 von der 3£. geboren, deren Ehe mit

dem Beklagten durch rechtskräftiges Urteil vom 12. Oktober 1895 geschieden ist.

Seine Klage auf Anerkennung, daß er nicht ein eheliches Kind des Be­

klagten, sondern unehelich geboren sei, wurde für unzulässig erachtet.

Aus den Gründen: Ob die dem § 1593 RGB. zu entnehmende Norm, daß zur Anfechtung der Ehelichkeit nur der Ehemann befugt sein soll (vgl. Planck Note 1 zu

8 1593) auch auf solche Fälle Anwendung findet, in denen die als ehelich zu vermutende Geburt vor 1900 erfolgt ist, erscheint zweifelhaft. Spricht die Erwägung, daß jene Norm in der Wirkung ein, offenbar auch im Interesse der öffentlichen Ordnung erlassenes Verbot der Anfechtung der Ehelichkeit durch einen anderen als den Ehemann enthält, für eine unbeschränkte An­ wendung, und ist auch dem EG. eine unmittelbar entgegenstehende Vor­ schrift nicht zu entnehmen, so geben andererseits die Motive S. 291 zu

Art. 203 EG. die Erläuterung, daß die Ehelichkeit eines Kindes regelmäßig nach dem zur Zeit seiner Geburt geltenden Recht zu beurteilen sei, also in

Ansehung der vor 1900 geborenen Kinder die bisherigen Gesetze darüber

entscheiden, ob das Kind ehelich ist, ob und welche Vermutung für die ehe­

liche Zeugung Platz greifen, und ob und inwieweit die Ehelichkeit angefochten Zwar könnte es an sich als zulässig erachtet werden, diese Bemerkung, auch in ihrem letzten Teile nur auf die materiellen Voraus­ aussehungen für die Vermutung der Ehelichkeit und ihre Anfechtung zu

werden kann.

beziehen.

Für die Frage der Anwendbarkeit des § 1593 auf Geburten, die

vor 1900 erfolgt sind, erscheint aber eine solche Unterscheidung um so be­

denklicher als der Paragraph zugleich auch diese materiellen Voraussetzungen betrifft, indem er bestimmt, unter welchen Bedingungen die Unehelichkeit einer

besonderen Feststellung durch Anfechtungsklage bedarf.

Wäre aber auch hiernach anzunehmen, daß vorliegend nicht der § 1593, sondern das ältere Recht anzuwenden ist, so ist doch das Ergebnis kein anderes.

Denn auch nach dem §§ 1 ff. ALR. II. 2 ist nur der Ehemann,

nicht das Kind selbst, befugt, die Vermutung der Ehelichkeit des Kindes an-

zufechten (Entsch. d. RG. 26 S. 305).

Nun sind zwar die ersten drei Titel des

Teiles II in der Mark zu Gunsten des „römischen oder gemeinen Sachsen­

rechtes" suspendiert; aber die Suspension betrifft nur solche Vorschriften,

welche das gerade Gegenteil eines klaren und unstreitig rezipiert gewesenen Dieser Fall ist hier nicht

römischen oder anderen fremden Gesetzes enthalten.

gegeben.

In den Quellen des gemeinen Rechtes wird die negative Filiations-

klage des Kindes nicht erwähnt.

Zwar hat das Reichsgericht (Entsch. 18

S. 185) ihre Zulässigkeit für das gemeine Recht angenommen; aber es ver­ mag diese Annahme nicht unmittelbar aus den Quellen, sondern nur durch

Analogien und durch die Berufung auf das Zeugnis von Autoren über die herrschende Praxis zu begründen. Auch die Motive S. 658 bezeichnen die

Frage für das gemeine Recht als in Doktrin und Praxis streitig.

Auch für

das gemeine deutsche Recht wird die Frage von namhaften Schriftstellern

Dr. Hz.

bejaht.

b) Anspruch des Vaters ans Herausgabe des Kindes der Mutter gegenüber? BGB. §§ 1632, 1634, 1666. «) Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 27. Oktober 1902.

Der Ehemann A. beantragte beim Vormundschaftsgerichte, gemäß § 1632

anzuordnen, daß seine Ehefrau, die von ihm getrennt lebt, das gemeinschaft­

liche zweijährige Kind an ihn herausgebe. Das Vormundschaftsgericht wies den Antrag zurück, das Landgericht gab ihm statt, auf weitere Beschwerde der Frau wurde jedoch die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen. Gründe: Der Herausgabeanspruch des Vaters ist, auch wenn er sich gegen die Mutter des Kindes richtet — da es sich bei ihm lediglich um die Rechte der Eltern untereinander handelt — rein privatrechtlicher Natur und als solcher der Entscheidung des Prozeßrichters unterworfen (IW. 1893 S. 168*8, JMBl. 1889 S. 195, Urt. d. RG. vom 14. März 18892; Planck, Anm 4 zu § 1632).

Das Vormundschaftsgericht war also an sich nicht zuständig,

über diesen Anspruch zu entscheiden, dagegen war es, wenn es das leibliche

und geistige Wohl des Kindes in der Hand des Vaters für gefährdet hielt, auf Grund des § 1666 gegenüber dem Herausgabeanspruch kraft staatlicher Fürsorge in der Lage, die zur Verhütung der Gefährdung erforderlichen

Maßregeln zu treffen, insbesondere auch dem Vater die Sorge für die Person des Kindes zu entziehen und der Mutter zu übertragen (§ 1673). Daran ändert auch der § 1634 nichts. Das Recht, neben dem Vater für die Person des Kindes zu sorgen, kann die Mutter im Widerspruch mit der vom Vater getroffenen Entscheidung nicht ausüben (Motive 4 S. 754 f.). Sie kann bei Meinungsverschiedenheiten auch nicht die Entscheidung des Vormundschafts­

gerichtes anrufen, wohl aber eine Anordnung desselben auf Grund des § 1666

veranlassen (Planck, Anm. 2 zu 8 1634; Staudinger, Anm. 1 zu § 1634). Das Vormundschaftsgericht hat den § 1666 verletzt, indem es, ohne zu prüfen.

1 Rsp. 2 Rr. 178b (S. 452), 4 Nr. 28 a (S. 103).

2 Entsch. d. RG. 23 S. 884.

ob dessen Voraussetzungen vorliegen, das Kind lediglich deshalb bei

der

Mutter beließ, weil ein Verbleiben desselben bei der Mutter im Interesse des Kindes liege.

Der Beschluß des Landgerichts unterliegt der Aufhebung,

weil es, ebenso wie das Amtsgericht im Streite der getrennt lebenden Ehe­

leute eine Entscheidung getroffen hat, ohne dem Kinde einen Pfleger zu be­ stellen und diesen zu hören.

Letzteres ist erforderlich, da die Interessen des

Kindes im hohen Grade berührt werden, der Vater aber wegen Interessen­

kollision an der Vertretung des Kindes in dem Streite behindert ist (Jahrb. 21 S. 192, 20 S. 19 [u. unten Nr. 11c S. 61]).

H. ß) OLG. Celle, II. CS. Urteil v. 23. Oktober 1902. Die Beklagte, Mutter eines Kindes aus ihrer ersten Ehe, ist, als der

Kläger (ihr zweiter Mann) eine andere Wohnung bezog, mit ihrem erstehe­ lichen Kinde, das der Kläger nicht weiter bei sich dulden wollte, und mit einem Kinde aus ihrer zweiten Ehe in der bisherigen Wohnung verblieben

und auf Herausgabe des letztgenannten Kindes belangt worden.

Ihr Ein­

wand, daß sie die ihr obliegende Fürsorge für ihr ersteheliches Kind nur dann ausüben könne, wenn sie es bei sich habe, und daß sie deshalb bei

einer Herausgabe des zweitehelichen Kindes von der Teilnahme an der Für­ Gründe: Die Begründung der Klage ergibt sich aus den §§ 1627, 1631, 1632,

sorge für dies letztere ausgeschlossen sein werde, wurde verworfen. 1634 Satz 2.

Der hier geltend gemachte Anspruch folgt insbesondere aus

dem Recht, das der § 1632 dem Vater, dem die Sorge für die Person seines Kindes obliegt, hinsichtlich dieses Kindes Dritten gegenüber gibt.

Nach § 1634 hat zwar während der Dauer der Ehe die Mutter neben dem Vater das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. „Bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Eltern geht jedoch die Meinung des Vaters vor." Aus diesem letzten Satze folgt, daß die Mutter ihre ihr im übrigen aus § 1634 zustehenden Rechte nicht entgegen der Entscheidung des Vaters ausüben kann. Die Ehefrau handelt daher „widerrechtlich" im Sinne des § 1632, wenn sie dem Manne das gemeinschaftliche Kind vorenthält. Denn sie setzt sich eben dadurch in Widerspruch mit § 1634 Schlußsatz.

Die Entscheidung des Vaters geht vorliegend dahin, daß das Kind seinen Auf­

enthalt bei ihm, dem Vater, nehmen solle; dieser Entscheidung muß die Mutter weichen. Hiernach muß ihre Einrede, sie habe ein Recht darauf,

von der Teilnahme an der Sorge für die Person des Kindes nicht aus­ geschlossen zu werden, erfolglos bleiben, obwohl sie lediglich durch die Weige­

rung des Klägers, das Stiefkind mitaufzunehmen, zum Getrenntleben ver­ anlaßt und im Falle der Herausgabe des gemeinschaftlichen Kindes von der Teilnahme an der Sorge für die Person dieses letzteren Kindes ausgeschlossen

ist. Nach § 1697 hat die Beklagte allerdings die von ihr behaupteten Rechte und Pflichten gegenüber ihrem Kinde erster Ehe. Es kann aber dahin­ gestellt bleiben, ob sie diese nur ausüben kann, wenn sie das Kind bei sich hat.

Denn auch wenn dies der Fall wäre und wenn Kläger deshalb ge-

zwungen wäre, das Stiefkind bei sich aufzunehmen, so können alle diese aus der Person eines Dritten hergeleiteten Umstände das Recht des Klägers, die Sorge für die Person seines Kindes auszuüben und die Herausgabe seines Kindes zu verlangen, nicht beeinträchtigen.

Insbesondere kann jenes gesetz­

liche Recht des Klägers nicht abhängig gemacht werden von der Bedingung, daß er sein Stiefkind bei sich aufnimmt. Es ist hier nicht zu untersuchen, ob der Beklagten andere Mittel ge­ geben sind, ihr Recht der Teilnahme an der Sorge für die Person des ge­

meinschaftlichen Kindes der Parteien durchzusetzen, ob insbesondere ein Ein­ schreiten des Vormundschaftsgerichts unter den Voraussetzungen des § 1666

BGB. oder aus anderen Gründen erreichbar ist.

Ebenso kommt die Frage,

ob das Kind erster Ehe im vorliegenden Falle aus tatsächlichen Gründen

notwendigerweise bei der Beklagten sein muß, für die Entscheidung nicht in

Betracht.

Endlich ist es nach dem früher Gesagten für den Rechtsstreit auch

belanglos, ob das gemeinschaftliche Kind der Parteien bei dem einen oder bei

dem anderen Elternteil tatsächlich besser aufgehoben ist, so bedeutsam diese

Frage auch für eine etwaige Entscheidung des Vormundschaftsgerichts sein

Hch. Urteil v. 10. Dezember 1902. Der von seiner Frau getrennt lebende Kläger verlangt Herausgabe der

mag .. / y) Kammergericht, XII. CS.

Die Beklagte entgegnet, sie habe mit dem Kläger bei der Trennung vereinbart, daß sie die Tochter behalten solle. In einem Vertrage, durch den der Erziehungsberechtigte sein Kind einem Dritten zur Erziehung übergibt, würde die Bestimmung ungültig sein, daß die gemeinschaftlichen Tochter.

Befugnis des Erziehungsberechtigten, sein Kind jeder Zeit zurückzunehmen, aus­ geschlossen sein solle. Nach § 1632 BGB. kann er die Herausgabe des Kindes von jedem verlangen, der es ihm widerrechtlich vorenthält. Dieses Recht ist

ein Ausfluß der elterlichen Gewalt. Nun kann zwar der Vater auf einen Teil der Rechte der Gewalt, die Nutznießung am Kindesvermögen vernichten. Dagegen ist ein Verzicht auf die sonstigen Rechte, welche aus der väterlichen Gewalt herrühren, und welche ein Korrelat der sich daraus ergebenden Pflichten sind, unzulässig. Der Erziehungsberechtigte kann danach immer sein Kind, falls er es einem Dritten zur Erziehung oder zur Berufsausbildung über­

geben hat, abgesehen von Spezialvorschriften, wie solche z. B. in der Gewerbe­ ordnung getroffen sind, zurückverlangen, während er im übrigen verpflichtet ist, die vertraglichen Bestimmungen zu halten, z. B. das Pensionsgeld zu

zahlen (ebenso Motive 4 S. 752; Planck und Neumann zu § 1632).

Es

fragt sich weiter, ob ein zwischen getrennt lebenden Eheleuten geschlossener Ver­

trag über das Erziehungsrecht gemeinschaftlicher Kinder mit Ausschluß des Rechtes

des Vaters auf Rückforderung der Kinder zulässig ist.

Nach § 1634 hat neben

dem Vater die Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen, bei einer Meinungsverschiedenheit geht jedoch die Meinung des Vaters unbedingt vor.

Daraus, daß im Streitfall die Entscheidung des Vaters allein

ausschlaggebend ist und daß er allein zur Vertretung des Kindes berechtigt ist, ergibt sich, daß durch die erwähnten, der Mutter verliehenen Befugnisse das

Recht des Vaters in keiner Weise beeinträchtigt ist.

Das ihm zustehende

Recht der väterlichen Gewalt kann er vielmehr auch der Mutter gegenüber

stets voll in Anspruch nehmen. Das Rechtsverhältnis aus einem Abkommen über die Kindererziehung zwischen getrennt lebenden Eheleuten untereinander kann daher nicht anders beurteilt werden, als das aus einem solchen zwischen

dem Erziehungsberechtigten und einem Dritten. Soweit darin das Recht des Vaters, das Kind jeder Zeit zurückzunehmen, ausgeschlossen ist, liegt ein unzulässiger Verzicht auf die Rechte seiner väterlichen Gewalt und aus dieseni

Grunde muß die Bestimmung auch in einem Vertrage zwischen Eltern für unzulässig erachtet werden.

c)

Dr. Hz.

Entziehung des Erziehungsrechts. BGB. § 1666. «) OLG. Dresden, Ferien-CS.

Beschluß v. 21. August 1902.

Die Vorinstanz stützt die Anwendbarkeit des § 1666 Satz 1 auf die

Feststellung, daß das Kind von Geburt an schwachsinnig sei, auch Defekte in der Körperentwickelung und der Innervation zeige, daß ihre erfolgreiche Fortund Heranbildung in der Volksschule nicht erreicht werden könne, daß jedoch das Kind, wenn es in eine methodische Lehrbehandlung kommen würde, wie

sie in einer Anstalt für schwachsinnige Kinder durch besonders vorgebildete Lehrkräfte geboten wird, noch ausbildungsfähig sei. Diese Feststellung würde nach § 27 FrGG. dann bindend sein, wenn sie formell einwandsfrei erfolgt wäre.

Dies ist jedoch nicht der Fall, das Verfahren leidet vielmehr insofern

an einem wesentlichen Mangel, als die Zwangserziehung des Kindes an­

geordnet ist, ohne daß zuvor ein Pfleger für dasselbe bestellt und gehört Nach § 1909 Satz 1 ist Minderjährigen für diejenigen Ange­

worden ist.

legenheiten ein Pfleger zu bestellen, an deren Besorgung der Gewalthaber verhindert ist. Hierbei ist es gleichgültig, ob die Verhinderung auf einem tatsächlichen oder rechtlichen Grunde beruht und ob es sich um eine tatsäch­

liche Fürsorge, z. B. die Erziehung des Kindes, oder um die Vertretung des Kindes handelt (Planck Note 2b zu § 1909). Hier liegt eine solche Verhin­ derung vor.

Denn für die Entscheidung darüber, ob das Kind einer Er­

ziehungsanstalt anvertraut werden soll, dürfen allein die wohlverstandenen

Interessen des Kindes ausschlaggebend sein.

Zur alleinigen Wahrnehmung

dieser Interessen ist aber der Vater schon deshalb nicht geeignet, weil die Gefahr naheliegt, daß er sich bei seinem Verhalten vorzugsweise von seinen eigenen Interessen leiten lassen könnte. Diese allgemeine Erfahrungstatsache findet ihre Bestätigung auch im vorliegenden Falle, denn der Beschwerde­

führer hat zur Rechtfertigung seiner Weigerung sich auf seine Mittellosigkeit

sowie darauf berufen, daß ihm und seiner Frau die Trennung vom Kinde unmöglich sei, damit aber zu erkennen gegeben, daß für ihn auch die eigenen Interessen, nicht aber einzig und allein die Interessen des Kindes maßgebend

sind.

Es ist daher zunächst ein Pfleger zu bestellen und nach dessen Gehör

anderweit Entschließung zu fassen.

Hierbei wird aber auch weiter nicht nur

die Förderung der geistigen Aus- und Fortbildung des Kindes in das Auge

zu fassen, sondern auch mit Rücksicht auf den sestgestellten mangelhaften Stand der körperlichen Entwickelung des Kindes (nach Befinden unter nochmaligem Gehör des Bezirksarztes), zu prüfen sein, ob es im Interesse einer gedeih­

lichen körperlichen Weiterentwickelung des Kindes angängig erscheine, es aus der Obhut seiner Eltern herauszunehmen und einer Erziehungsanstalt zu Dr. El. /3) Kammergericht, Ferien-CS. Beschluß v. 19. Juli 1902. Durch Beschluß vom 19. März 1902 hat das Amtsgericht dem A. das

überweisen.

Recht der Sorge für seine beiden Kinder entzogen.

Diese Maßregel, deren

Wiederaufhebung der Beschwerdeführer betreibt, indem er sowohl ihre Recht­ mäßigkeit angreift, als auch geltend macht, daß ihre Veranlassung nunmehr

weggefallen sei, beruht auf § 1666 und wird durch das eigene Vorbringen des Beschwerdeführers gerechtfertigt. Wer liederliche Dirnen in seine Wohnung aufnimmt und von ihrem unsittlichen Treiben Vorteil zieht, macht sich eines ehrlosen und unsittlichen Verhaltens schuldig; daß durch dies Verhalten das geistige Wohl seiner Kinder gefährdet wird, kann ohne Rechtsirrtum auch

dann angenommen werden, wenn ein unmittelbarer Verkehr zwischen den Kindern und den Dirnen vermieden wird. Daß die Gefahr schon ver­ wirklicht und die geistige Schädigung der Kinder wahrnehmbar sei, ist zur Anwendung des § 1666 nicht erforderlich.

Ist aber die Maßregel zur Zeit ihres Erlasses gerechtfertigt gewesen, so ergibt sich schon daraus, daß bis zu dem Anträge auf ihre Aufhebung nur wenige Monate verstrichen waren, während deren der Beschwerdeführer

eine ihm wegen seines unsittlichen Treibens zuerkannte Freiheitsstrafe ver­ büßte, daß die Umstände sich noch nicht in der Weise geändert haben können, daß die den Kindern

drohende Gefahr

wäre. /) Bayer. Oberstes Landgericht, I. CS.

beseitigt anzusehen Dr. Hg. Beschluß v. 27. Juni 1901.

nunmehr

als

Nach den Feststellungen ist der 7 jährige uneheliche Sohn der sjetzt mit A. verheirateten^ Beschwerdeführerin bei ihr der ständigen Gefahr der Miß­

handlung durch ihren Mann ausgesetzt. Die Schläge auf den Kopf, die dieser häufig anwendet, können von den bedenklichsten Folgen für die Gesund­

heit des Kindes begleitet sein und sind deshalb als Zuchtmittel in den Schulen streng verboten.

zu schützen.

Die Mutter hat nicht versucht, das Kind vor ihrem Manne

Fühlte sie sich dazu nicht im Stande, so mußte sie auf ander­

weite Unterbringung des Kindes bedacht sein, die bei der reichlichen Unter­ haltsleistung des Vaters keine besondere Schwierigkeit bot.

Dieser Gedanke

scheint ihr auch vorgeschwebt zu haben, als sie das Kind zu ihren Verwandten

W. schickte.

Aber sie hat ihre Fürsorgepflicht nicht nur dadurch verletzt, daß

sie sich einige Zeit nicht darum kümmerte, ob das Kind die in Aussicht ge­ nommene Unterkunft wirklich gefunden hatte, sondern ist jetzt bestrebt, die

Rückkehr des Kindes zu erwirken, obwohl sie sich sagen muß, daß es damit

wieder in derselben Weise gefährdet wäre.

Dies Verhalten ist ein das Wohl

des Kindes gefährdender Mißbrauch (§ 1666), der nach § 1838 Satz 2 die angeordnete Maßregel seinstweilige Belassung des Kindes bei 2ÖJ rechtfertigt,

ch Unsittliches Berhalten vor Erlangung der elterlichen Gewalt als Grund für die Entziehung des Erziehungsrcchtes. BGB. § 1666. Bayer. Oberstes Landesgericht, I. CS.

Beschluß v. 9. Oktober 1902.

Die in der Beschwerdeschrift versuchte Auslegung des § 1666', nach

welcher ein in die Zeit vor der Erlangung der elterlichen Gewalt fallendes ehrloses oder unsittliches Verhalten des Vaters oder der Mutter bei der Anordnung der in der Vorschrift zugelassenen Maßregeln überhaupt nicht in

Betracht kommen soll, ist nicht haltbar. Es handelt sich nicht um eine Strafe, die der Vater oder die Mutter durch Verletzung der mit der elterlichen Ge­ walt verbundenen Pflichten verwirkt, sondern um den Schutz des Kindes gegen die vom Gewalthaber ausgehende, mit der Ausübung der elterlichen

Gewalt durch ihn verknüpfte Gefährdung des Kindes.

Die Vorschrift setzt

allerdings voraus, daß das Wohl des Kindes zu der Zeit gefährdet ist, zu

welcher die schützende Maßregel getroffen werden soll, weil nur eine noch bestehende Gefahr Abwendungsmaßregeln erforderlich macht. Eine Gefähr­ dung, d. h. die begründete Besorgnis einer Schädigung des sittlichen Wohles des Kindes kann aber auch dann angenommen werden, wenn der Vater sich in naher Vergangenheit eines ehrlosen oder unsittlichen Verhaltens schuldig gemacht hat und die Art des Verhaltens auf eine Neigung zu ehrlosem oder unsittlichem Gebühren schließen läßt, die, auch wenn sie eine Zeit lang nicht heroortritt, fortleben kann, um bei sich ergebender Gelegenheit sich wieder zu betätigen (Rsp. 4 S. 411). Das Beschwerdegericht hat in den unsittlichen Beziehungen, die die Beschwerdeführerin 19UO und 1901 mit vier Männern

unterhalten hat, mit Recht ein unsittliches Verhalten im Sinne des § 1666' erblickt und in ihnen Grund zu der Besorgnis gefunden, daß die Beschwerde­ führerin den unsittlichen Wandel fortsetzen und ihren Mädchen schon in frühester Jugend ein schlechtes Beispiel geben werde. Diese rechtlich einwandfreie Annahme ist nach § 27 FrGG. für die weitere Beschwerde maßgebend. Die für die Umkehr der Beschwerdeführerin zu einem ordentlichen Lebenswandel angebotenen Beweise können keine Be­ achtung finden, weil die weitere Beschwerde nach der angeführten Vorschrift nur darauf gestützt werden kann, daß die angefochtene Entscheidung auf einer

Verletzung des Gesetzes im Sinne des § 550 CPO., d. h. auf Nichtanwendung oder nicht richtiger Anwendung einer Rechtsnorm, beruhe, eine Nachprüfung der tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts aber nicht stattfindet.

Durch das von der Mutter zu besorgende schlechte Beispiel erachtet das

Beschwerdegericht das geistige (sittliche) Wohl der Kinder für gefährdet. Bei dem fünfjährigen Kinde Johanna mag in der diesem Alter entsprechenden geistigen Entwickelung eine zureichende Begründung dieser Annahme gefunden

werden.

Bei dem zweijährigen Kinde Lina aber kann die Gefahr eines ver­

derblichen Einflusses auf die sittliche Entwickelung des Kindes nicht

als

selbstverständlich angesehen werden, die Entscheidung des Beschwerdegerichts entbehrt also insoweit der im § 25 FrGG. vorgeschriebenen Begründung. Die Möglichkeit, daß in späterer Zeit eine Gefährdung des sittlichen Wohles des Kindes eintritt, genügt nicht, um jetzt schon das Kind der Mutter zu

entziehen. Dagegen liegen in Ansehung des älteren Kindes Johanna die Voraussetzungen des § 1666'' vor. Fr. M.

d) Sind ans Grund des EG. Art. 136 einer Anstalt alle Rechte eines Vormundes gegeben, so hat diese anch die Sorge für rin un­ eheliches Kind. BGB. 88 1707, 1773. OLG. Hamburg, I. CS.

Beschluß v. 22. Dezember 1902.

Der Art. 136 läßt die landesgesetzlichen Vorschriften unberührt, nach

der Vorstand einer unter staatlicher Verwaltung oder Aufsicht stehenden Erziehungs- oder Verpflegungsanstalt oder ein Beamter alle oder­ welchen

einzelne Rechte und Pflichten eines Vormundes für diejenigen Minderjährigen hat, welche in der Anstalt oder unter der Aufsicht des Vorstandes oder des

Beamten in einer von ihm ausgewählten Familie oder Anstalt erzogen oder­

verpflegt werden. Für uneheliche Minderjährige gilt dies auch dann, wenn sie unter der Aufsicht des Vorstandes oder des Beamten in der mütterlichen Familie erzogen oder verpflegt werden. Der erste Entwurf (Art. 79) ging nicht so weit, indem er nur diejenigen Vorschriften unberührt lassen wollte, nach welchen der Vorstand einer unter Verwaltung des Staates — also nicht auch der nur unter staatlicher Aufsicht — stehenden Verpflegungsanstalt

— nicht auch Erziehungsanstalt — in Ansehung eines in die Anstalt auf­

genommenen Minderjährigen — also nicht auch in Ansehung solcher, welche nicht in der Anstalt, sondern nur unter der Aussicht des Vorstandes in einer von ihm ausgewählten Familie oder Anstalt erzogen oder verpflegt werden

— die Rechte und Pflichten eines Vormundes hat, und indem er nicht, wie

im Gesetz geschehen, dasselbe auch von landesgesetzlichen Vorschriften gelten lassen wollte, welche einem Beamten die Rechte und Pflichten eines Vor­ mundes einräumen, bezw. auflegen für diejenigen Minderjährigen, welche unter Aufsicht des Beamten in einer von ihm ausgewählten Familie erzogen

oder verpflegt werden. Andererseits dehnte der erste Entwurf den Vorbehalt auch auf die unter Verwaltung nicht des Staates, sondern nur einer

Gemeindebehörde stehenden Verpflegungsanstalt aus.

Beide Vorbehalte zu

Gunsten der Landesgesetze, — sowohl der engere des Entwurfes wie der weitere des Gesetzes — verdanken ihre Entstehung der Rücksicht, welche man

auf die Notwendigkeit eines Eingreifens der staatlichen Organe in die Er­

ziehung hilfsbedürftiger Kinder nehmen zu müssen glaubte.

Der Entwurf

lehnt sich an die preuß. Vormundschastsordnung von 1875 an, nach deren tz 13 der Vorstand einer unter Verwaltung des Staates oder einer Gemeinde­ behörde

stehenden

Verpflegungsanstalt

über

einen

in

die

Anstalt

aus-

genommenen Mündel bis zu dessen Großjährigkeit die Rechte und Pflichten eines gesetzlichen Vormundes hatte, so lange das Vormundschastsgericht nicht

einen anderen Vormund bestellte.

Die Verpflegungsanstalt mußte eine ge­

schlossene sein, deren Pfleglinge in der Anstalt interniert waren, nicht bei Privatpersonen untergebracht wurden.

wurf zum BGB. beibehalten.

Diese Beschränkung hatte der Ent­

Eine weitere Ausbildung der gesetzlichen Vor­

mundschaft von Anstaltsvorständen aber war schon zur Zeit der Veröffent­

lichung des Entwurfes im Königreich Sachsen ins Leben getreten.

Hier

hatte sich die öffentliche Fürsorge der Aufsicht über die Erziehung nicht nur in den Fällen der Zwangserziehung, sondern auch in betreff von Zieh- oder

Halbkindern und in betreff von der armenrechtlichen Fürsorge bedürftigen

Kindern (Waisenkindern, Halbwaisen, verlaffenen Kindern?c) angenommen. sFolgt

eine

Darstellung

der

Entwickelung

in

im Anschlüsse S. 46.] Die

Leipzig,

an den Aufsatz von Wolff im Archiv für öff. Recht 11

Einwirkung dieser Vorgänge, mit welchen eine gleichartige Entwickelung in anderen deutschen Staaten Hand in Hand ging, auf die Umgestaltung des

Entwurfes zum BGB. liegt klar vor Augen.

Schon die erste Beratung über

den Art. 79 führte zu den Erweiterungen, welche sich im Gesetze finden, und

zu einer im wesentlichen mit dem Gesetze übereinstimmenden Fassung des Artikels. Es wurde dabei erwogen: wegen der in den Motiven (S. 1038) hervorgehobenen Verschiedenheit der einschlägigen Verhältnisse in den einzelnen deutschen Staaten und mit Rücksicht darauf, daß man die Zwangserziehung in gewissem Umfange der Landesgesetzgebung überlassen habe, sei es richtig

von einer reichsgesetzlichen Regelung der Vormundschaft der Anstaltsvorstände abzusehen. Eben deshalb empfehle es sich auch, den Vorbehalt soweit wie möglich zu fassen, um den in den einzelnen Staaten teils schon bestehenden, teils noch in der Entwickelung begriffenen Verhältnissen Raum zu geben; man dürfe zur Landesgesetzgebung das Vertrauen haben, daß sie die not­

Insbesondere wurde auch dem in Leipzig bestehenden Zustande Rechnung getragen (vgl. Prot.

wendigen Vorsichtsmaßregeln nicht außer acht lassen werde.

Zu beachten ist, daß der Vorbehalt insofern eine schärfere Fassung im Vergleiche mit der ersten Formulierung durch die Redaktions­ S. 6325 fg.).

kommission erhalten hat, als die zuerst gewählten Worte:

„die Rechte und

Pflichten eines Vormundes...." durch die Worte ersetzt wurden: „alle oder einzelne Rechte und Pflichten eines Vormundes...." Faßt man diese Er­ wägungen ins Auge, so kann nicht bezweifelt werden, daß das EG. Art. 136

der Gestaltung der vormundschaftlichen Rechte der Vorstände durch die Landes­

gesetzgebung völlig freien Spielraum hat lassen wollen. Insbesondere ist die An­ nahme unberechtigt, daß der landesgesetzlichen Regelung dieser Rechte in der Richtung eine Schranke hat gezogen werden sollen, daß die vormundschaftlichen

Rechte der Anstaltsvorstände der unehelichen Mutter gegenüber durch BGB.

§ 1707 in der Weise beschränkt seien, daß die zum Vormunde bestellten Anstalts­ vorstände der Mutter gegenüber, soweit ihr die Sorge für die Person des OLBRI». VI. 5

Kindes zusteht, nur die rechtliche Stellung eines Beistandes haben.

Die

Worte des Gesetzes „alle oder einzelne Rechte und Pflichten eines Vormundes" schließen diese Annahme aus.

Denn der Vormund hat das Recht und die

Pflicht für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, ins­

besondere den Mündel zu vertreten (§ 1793).

Hat ein Anstaltsvorstand alle

Rechte und Pflichten eines Vormundes, so hat er alle diese Rechte und Pflichten, also auch das Recht und die Pflicht für die Person des Mündels

zu sorgen, und folgeweise (§ 1631) das Recht und die Pflicht, das Kind zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.

Hat ein Vormund nur die rechtliche Stellung eines Beistandes, so hat er — was die Sorge für die Person des Mündels anlangt — nur das Recht und die Pflicht, die Mutter zu unterstützen und zu überwachen und dem Vormundschafts­

gericht jeden Fall, in welchem es zum Einschreiten berufen ist, unverzüglich anzuzeigen (§ 1689). Er hat also nicht alle Rechte und Pflichten eines Vor­ Hat ein Vormund nicht das Recht und die Pflicht, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, so hat er nicht die volle Sorge für die Person des

mundes.

Kindes, also nicht alle Rechte und Pflichten, sondern nur einzelne Rechte und Pflichten eines Vormundes.

Wendet man sich nun zu-der hamburgischen Gesetzgebung, so ergibt sich...: Die Sorge für die Person eines Minderjährigen, welcher nach Maßgabe der Gesetze betr. das Armenwesen und betr.die öffentliche Waisenpflege dem Waisen­

hauskollegium zur Unterbringung und Erziehung übergeben worden ist und unter der Vormundschaft des Kollegiums steht, liegt ausschließlich diesem ob. Dem­ gemäß ist der Antrag, die Sorge der Mutter für die Person ihres minder­

jährigen Kindes für ruhend zu erklären, nicht gerechtfertigt. Der Mündel steht als außereheliches Kind nicht unter der elterlichen Gewalt der Mutter (§ 1707). Er muß deshalb bevormundet werden (§ 1773). Er hat einen Vormund, nämlich das Sorge für seine Person berechtigt — er würde Sorge der Mutter für

Waisenhauskollegium. Diesem Vormunde steht die zu, der Mutter nicht. Der Antrag ist daher un­ dies auch dann sein, wenn es zulässig wäre, die ruhend zu erklären. Übrigens aber ist eine solche

Erklärung nicht zulässig; vielmehr würde einem Mündel, dessen Eltern oder Vormund an der Ausübung der Sorge für seine Person verhindert sind, für die Ausübung dieser Sorge ein Pfleger zu bestellen sein (§ 1909). Davon kann aber

hier keine Rede sein, da das Waisenhauskollegium, d. h. der Vormund, an der Ausübung der Sorge für die Person des Mündels nicht verhindert ist. M. M. e) Abschlich eines Schtedsvertrages für Hauskinder. OLG. Colmar, III. CS. Urteil v. 28. Oktober 1902.

... Rechtsirrig ist die Auffassung, daß der Gewalthaber zum Abschluß des Schiedsvertrages überhaupt nie der Genehmigung des Vormundschafts­ gerichtes bedürfe. Der Schiedsvertrag an sich bedarf ihrer allerdings nicht. Er bedarf ihrer aber dann, wenn er eine Verfügung oder ein Rechtsgeschäft enthält, das nach § 1821 oder § 1822 Z. 1—11,

13 BGB. genehmigt

werden muß.

Das ergibt sich zweifellos ans den Motiven 4 S. 767, 1143

und ist auch von der Rechtslehre allgemein anerkannt, auch von Planck. Die volle Gleichstellung des Vergleiches mit dem Schiedsvertrag ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des § 182212, sondern auch aus der in § 1025 CPO. gegebenen Begriffsbestimmung des Schiedsvertrages, wonach die Vereinbarung,

daß die Entscheidung einer Rechtsstreitigkeit durch einen oder mehrere Schieds­ richter erfolgen solle, insoweit rechtliche Wirkung hat, als die Parteien be­

rechtigt sind, über den Gegenstand des Streites einen Vergleich zu schließen.

Daß aber ein Vergleich, der eine Verfügung oder ein Rechtsgeschäft im Sinne der §§ 1821, 1822 in sich schließt, der Genehmigung bedarf, ist selbst­ verständlich, denn Rechtsgeschäfte dieser Art sollen ihrer Wichtigkeit halber ein für allemal an diese Genehmigung gebunden sein, gleichgültig, in welche rechtliche Form sie gekleidet sind. Dasselbe gilt also auch für den Schieds­

vertrag ...

Frdthl.

12 a) Die Ausschlagung einer Erbschaft unterliegt nicht der Anfechtung ans dem Gesetze vom 21. Jnli 1879. BGB. § 1953. OLG. Colmar, II. CS. Urteil v. 26. November 1902. Der Erwerb der Erbschaft vollendet sich zwar mit dem Tode des Erblaffers von selbst (§§ 1922, 1942), der Besitz geht auf den Erben über (§ 857) und gewisse Rechtshandlungen, die durch und gegen den Erben vor­

genommen werden, bleiben auch nach der Ausschlagung wirksam (§ 1959 Abs. 2, 3). Um aber dies höchst persönliche Recht des Berufenen, nach freier Wahl Erbe zu sein oder nicht, voll zur Geltung zu bringen, gibt § 1953 der

Ausschlagung die Wirkung, daß der Anfall an den Ausschlagenden als nicht

erfolgt gilt, daß die Erbschaft demjenigen anfällt, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Anfalls nicht gelebt hätte, und der Anfall an den demnächst Berufenen als mit dem Erbfall erfolgt gilt. Diese Wirkungen beruhen ebenso wie der Art. 785 Code civil auf einer Fiktion, nach derjenigen des Code civil verzichtet der Erbe auf das am Nachlaß

erworbene Recht, er gibt einen Bestandteil seines Vermögens auf, er ver­ äußert es.

Die Motive sprechen sich über die Wirkungen der Ausschlagung,

die „als Ergebnis des Erwerbs kraft Gesetzes bezeichnet werden kann und

im Wesentlichen mit dem geltenden Recht übereinstimmen", nicht näher aus. Für die französisch-rechtliche Auffassung könnte dann zwar die Ausführung 5 S. 487 der Motive angerufen werden, daß die Willenserklärung des Erben

nicht Voraussetzung des Erwerbs des Angefallenen, sondern Voraussetzung des Wegfalles des Erworbenen mit rückbezüglicher Wirkung sei.

Indessen

schon der Zusatz „hiernach handelt es sich mehr um eine Konstruktionsfrage"

läßt erkennen, daß im Vorhergehenden nicht eine feste Rechtsregel ausgedrückt

sein soll. Dementsprechend wird diese Konstruktionsfrage an anderen Stellen der Motive (z. B. 2 S. 291, 5 S. 685, 686) in minder entschiedenem, ja 5*

in entgegengesetztem Sinne behandelt.

Nach 5 S. 488 bedeutet der Anfall

der Erbschaft den vorläufigen Erwerb derselben, obwohl nach Ablauf der

Ausschlagungsfrist ohne Zutun des Erben ein von Beginn an ungültiger vorliegt, und in 1 S. 243 zu § 1308 (jetzt 1406) wird ausführlich entwickelt,

daß sich die Ausschlagung materiell (wie nach den Rechten, welche zum Er­ werb der Erbschaft Antretung derselben fordern) nicht als Aufgeben einer

bereits erworbenen, sondern als Nichtannahme eines angetragenen Rechtes charakterisiere. Dazu kommt, daß die Fassung von § 1953 dafür spricht, die Fiktion, daß der Erwerb kraft Gesetzes durch die Ausschlagung getilgt werde,

umfassendsten Tragweite aufzufassen. Der Anfall gilt als nicht erfolgt, wie wenn der Ausschlagende nicht gelebt und

in der denkbar schärfsten und

gar keine Möglichkeit zum Erwerb gehabt hätte. Mit Recht hat daher das Landgericht die Voraussetzung des § 7 des Anfechtungsgesetzes, daß aus dem Vermögen des Schuldners etwas veräußert,

weggegeben oder aufgegeben sei, wofür lediglich das bürgerliche Recht maß­ gebend ist, vermißt, weil P. durch die Ausschlagung der ihm angefallenen

Erbschaft sein Vermögen nicht vermindert hat.

Der Heranziehung des § 9

KO., in dessen Begründung die zum § 1308 (jetzt 1406) BGB. entwickelte Auf­

fassung wiederkehrt, bedarf es nicht; er behandelt an sich nicht die Anfechtungs­ frage, sondern will die in dem bisherigen Recht verschieden geordnete Frage, wer im Konkurse über die Ausschlagung einer vorher angefallenen Erbschaft zu befinden hat, einheitlich regeln.

Frdthl.

Rechte des eine Nachlatzverbin-lichkeit berichtigenden Erbe« im Rachlatzko«k«rs. Wirkung der Feststellung in der Konkurstabelle. VEB. 8 1979» KO. 88 224 Nr. 1, 225 Abs. 2. b)

OLG. Königsberg, II. CS.

Urteil v. 5. November 1902.

Die nicht unbeschränkt hastende Beklagte hatte Zinsen einer aus dem

Nachlaßgrundstück haftenden Hypothek berichtigt. In dem demnächst er­ öffneten Nachlaßkonkursverfahren hatte sie, indem sie abgesonderte Befrie­ digung verlangte, diese Forderung auf Ersatz der Aufwendung „mit dem Vor­ recht aus § 2241 KO." für den Fall und soweit der Erlös des Nachlaß­ grundstückes keine Deckung bot, angemeldet. Mit dieser Beschränkung war die Forderung

als Konkursforderung

anerkannt.

Der Kläger

als

nach­

eingetragener Grundstücksgläubiger, der seine Forderung in Höhe des Aus­ falles zum Konkurse angemeldet und eine dahin gehende Feststellung erlangt

hatte, machte der Beklagten, welche im Kaufgelderbelegungstermin ihren An­ spruch mit dem Range der Hypothek liquidiert hatte, dieses Liquidat streitig, da der Konkursverwalter die Forderung als Masseschuld anerkannt haben

würde. Die Klage wurde abgewiesen. Aus den Gründen: Beklagte hatte in ihrer Anmeldung zum Ausdruck gebracht daß sie das

Absonderungsrecht bezüglich des Grundstückes beantragte und als Konkurs­ gläubigerin nur wegen ihrer Ausfallsforderung austreten wollte.

Da die

Höhe des Ausfalles zur Zeit des Prüfungstermins noch nicht feststand, also

mit der Möglichkeit eines gänzlichen Ausfalles gerechnet werden mußte, war

die Forderung der Beklagten ihrem ganzen Betrage nach der Prüfung zu Sie war als „x Mark verauslagte Zinsen" in die Tabelle ein­

unterziehen.

Wenn dadurch auch die Frage, ob ihr das für sie beanspruchte Absonderungsrecht innewohnte, nicht getragen und als solche anerkannt und festgestellt.

berührt wurde (IW. 1896 S. 696), so wurde doch dadurch den Konkurs­ gläubigern gegenüber rechtskräftig festgestellt, daß eine Forderung der Be­ klagten für verauslagte Zinsen in der angegebenen Höhe gegen den Nach­

Zu den Konkursgläubigern gehörte auch der Kläger. Auch er muß die erwähnte Feststellung gegen sich gelten lassen und zwar ihrem ganzen

laß bestand.

Umfange nach.

Seine Ausführung, daß die Feststellung und Eintragung in

die Tabelle nur für das Konkursverfahren wirksam sei, findet im Gesetz keine Stütze (§ 145 KO.). Er darf daher auch vorliegend nicht in Zweifel ziehen, daß Beklagte eine Forderung für verauslagte Zinsen in der fest­ gestellten Höhe hatte, und eine solche hatte sie natürlich nur, wenn sie aus

ihren — vorhandenen oder erst entliehenen — Mitteln die Zinsschulden be­

richtigt hatte.

Hätte sie aus Nachlaßmitteln die Zahlungen geleistet, so hätte

es sich höchstens darum handeln können, ob sie dem Nachlaß nicht noch etwas verschuldet (§ 1978 BGB.), nimmermehr aber hätte eine Feststellung erfolgen können, wie sie im Prüfungstermin zu Gunsten der Beklagten erfolgt ist. Eines Eingehens auf die Beweisanträge bezüglich der Mittel, aus denen die Zahlungen der Zinsen geleistet sind, bedurfte es demgemäß nicht. Hat aber die Beklagte als eine für die Nachlaßverbindlichkeiten nicht unbeschränkt haftende Erbin Nachlaßverbindlichkeiten berichtigt, so tritt sie nach § 225 KO. an die Stelle des befriedigten Gläubigers, so weit nicht die Berichtigung nach § 1979 BGB. als für Rechnung des Nachlasses er­

folgt gilt.

Letzteres greift hier nicht Platz.

Nach § 1979 BGB. gilt die

Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit durch den Erben nur dann als für

Rechnung des Nachlasses erfolgt, und erzeugt nach § 224 KO. nur dann eine Masseschuld, wenn der Erbe den Umständen nach annehmen durfte, daß der Nachlaß zur Berichtigung aller Nachlaßverbindlichkeiten ausreiche.

Daß aber der Nachlaß zur Befriedigung aller Nachlaßgläubiger ausreichen würde, durfte die Beklagte nach Lage der Sache nicht annehmen. (Wird näher

ausgeführt.) Demgemäß ist die Beklagte kraft Gesetzes (§ 225 KO.) an die Stelle des von ihr befriedigten Gläubigers getreten. Bei der Übertragung einer Forderung kraft Gesetzes findet aber nach § 412 der § 401 BGB. Anwen­

dung, wonach mit der abgetretenen Forderung die Hypotheken oder Pfand­ Zu dem­

rechte, die für sie bestehen, auf den neuen Gläubiger übergehen.

selben Ergebnis kommen die Kommentare von Sarwey-Bossert Anm. 2

und Jäger Anm. 7 zu § 225 KO.

Die entgegenstehende Ansicht, daß das

Recht des befriedigten Nachlaßgläubigers, abgesonderte Befriedigung zu ver­ langen, auf den ihn befriedigenden Erben nicht übergehen könne, weil der

dem ursprünglichen Gläubiger hastende Gegenstand durch Tilgung der Schuld

frei geworden sei (vgl. Petersen-Kleinfeller Anm. 5 zu § 225 KO.), verdient demnach keine Billigung. Sie widerstreitet auch der Absicht des

Gesetzes, daß die Gläubiger sich nicht auf Kosten des Erben bereichern sollen, der eine Nachlaßverbindlichkeit erfüllt, obgleich er die Überschuldung des Denn in Fällen, in denen der Erbe die dem Range nach letzte, aber an sich durch den Grundstückswert

Nachlasses kannte oder hätte kennen sollen.

gerade noch gedeckte Hypothek auszahlen würde, würde ein Teil des Grund­ stückswertes für die Konkursgläubiger frei werden, und diese würden auf

Kosten des Erben, der sich — weil nicht absonderungsberechtigt — mit der

Konkursrate begnügen müßte, bereichert werden.

Th.

c) Das Rachlatzgericht ist nicht besagt, die Beftimmaag einer Jnventarsrist ans Zweckmätzigkettsgründev oder wegen Bestreitung der Erbeneigenschast auszusetzen.

§ 1994 BGB.

Diese Frist braucht bei

einer Mehrheit von Erbe« nicht allen zusammen bestimmt zu werden.

Bayer. Oberstes Landesgericht, I. CS. Beschluß v. 11. Oktober 1902. Ein Gläubiger des am 23. April 1902 verstorbenen X. beantragte bei

dem Nachlaßgericht, ihm zum Zwecke der Zwangsvollstreckung einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, daß X. von seinen drei Töchtern beerbt worden sei. Am 31. Mai 1902 erklärten die drei Töchter, daß sie die Erbschaft aus­ schlagen, allein das Nachlaßgericht stellte fest, daß sie schon vor der Aus­

schlagung die Lebensversicherungssumme des Erblassers in Empfang nahmen,

und fand darin bei den Töchtern Barbara und Dorothea die Annahme der Erbschaft, während es dies bei der dritten minderjährigen Tochter verneinte. Es bestimmte auf weiteren Antrag deS Gläubigers den Töchtern Barbara

und Dorothea eine sechswöchige Frist zur Errichtung eines Inventars. Auf sofortige Beschwerde der Dorothea wurde diese Verfügung und zwar auch in Ansehung der Barbara aufgehoben, weil bestritten sei, daß die Ver­ sicherungssumme einen Gegenstand des Nachlasses bilde, und die Jnventarfrist Auf sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers wurde der Beschwerdebeschluß aufgehoben. Aus

nur beiden Erbinen einheitlich bestimmt werden könne. den Gründen:

Nach § 1994 hat das Nachlaßgericht auf den Antrag eines Nachlaß­ gläubigers, der seine Forderung glaubhaft gemacht hat, dem Erben zur Er­

richtung des Inventars eine Frist zu bestimmen. Hat der zur Erbschaft Berufene die Erbschaft ausgeschlagen, so setzt die Bestimmung einer Jn­ ventarfrist voraus, daß die Ausschlagung unwirksam ist, und dies ist nach

§ 1943 der Fall, wenn der Erbe die Erbschaft schon vorher angenommen hat. In der Verfügung über einen Nachlaßgegenstand kann die Annahme zu finden sein. Hängt die Bedeutung einer vom Erben getroffenen Verfügung davon ab, ob der Gegenstand der Verfügung zum Nachlasse gehört, so ist dies — erforderlichen Falles nach der Veranstaltung von Ermittelungen, § 12 FrGG. — festzustellen.

Ist gleichzeitig die Erteilung eines Erbscheins be-

antragt, so ist dabei dieselbe Frage zu entscheiden, die Bestimmung der Jn­ ventarfrist hängt aber nicht von der Erteilung des Erbscheins ab, das zu­ fällige Zusammentreffen der beiden Anträge hat auf die Entscheidung über den einen und den anderen keinen Einfluß. Der § 1994 gibt dem als Erbe bezeichneten, der bestreitet. Erbe zu sein, nicht das Recht, zu verlangen, daß

die Bestimmung einer Jnventarfrist so lange ausgesetzt bleibe, bis rechts­ kräftig festgestellt ist, daß er Erbe ist; ein solches Recht kann auch nicht aus dem § 1958 hergeleitet werden, und ebensowenig steht dem Nachlaßgericht die Befugnis zu, aus Zweckmäßigkeitsrücksichten die Entscheidung über die

Bestimmung einer Jnventarfrist auszusetzen, bis die Feststellung der Erbeneigenschast erfolgt ist (Neue Sammlung 2 Nr. 135 S. 573).

Durch die

Bestimmung einer Jnventarfrist wird dem Erben für einen künftigen Rechts­

streit die Einwendung nicht abgeschnitten, die von ihm getroffene Verfügung enthalte nicht die Annahme der Erbschaft, weil der Gegenstand, über den er

verfügt hat, nicht zum Nachlasse gehört habe.

Wird in dem Rechtsstreite

zwischen dem Gläubiger und dem Erben rechtskräftig festgestellt, daß die

Ausschlagung wirksam ist, so ist die Bestimmung einer Jnventarfrist ohne rechtliche Bedeutung; der Erbe, der wirksam ausgeschlagen hat, ist nicht Erbe

(§ 1953und haftet nicht als Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten. In dieser Beziehung gilt von der Bestimmung einer Jnventarfrist das Gleiche; die Erteilung des Erbscheins wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß über das Erbrecht Streit besteht (§ 2360), und der im Erbschein als Erbe bezeichnete ist nicht gehindert zu bestreiten, daß er Erbe sei. Dem Beschwerdegerichte kann auch darin nicht beigestimmt werden, daß

die Entscheidung über die Bestimmung einer Jnventarfrist für die beiden Erbinen nur einheitlich getroffen werden könne. Das BGB. enthält keine Bestimmung, daß bei dem Vorhandensein mehrerer Erben nur allen zu­ sammen eine Jnventarfrist bestimmt werden könne (Planck 5 S. 226 Note 2). Hat einer der Erben durch Versäumung der ihm bestimmten Jnventarfrist das Recht auf Beschränkung seiner Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten

verloren, so kommt ihm das vom anderen Erben errichtete Inventar nach § 20631 nicht mehr zu statten.

Da das Beschwerdegericht infolge irriger Rechtsanschauung eine sachliche Entscheidung über den Antrag auf Bestimmung einer Jnventarfrist für einst­

weilen ausgeschlossen erachtet hat, so muß sein Beschluß aufgehoben werden. Bei der anderweitigen Entscheidung ist zu beachten, daß es für die Frage,

ob in der Verfügung über die Versicherungssumme die Annahme der Erb­ schaft zu finden ist, nicht ausschließlich darauf ankommt, ob der Anspruch

auf jene Summe zum Nachlasse gehört, daß vielmehr die Verfügung auch dann nicht als Annahme der Erbschaft anzusehen sein wird, wenn die Erbin

geglaubt hat, daß der Anspruch nicht zum Nachlasse gehört (Staudinger zu § 1943 Anm. 31).

Fr. M.

d) Ein im Testamente nicht zum Ausdruck gelangter Wille kann nicht dnrch Auslegung der Testamentsnrknnde zur Geltung gebracht werde«. BGB. § 2084. Keine Ausdehnung des § 2060 BGB. ans Anwendungen an Seitenverwandte. Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 10. November 1902.

Die 1902 verstorbene Marie A. hat in ihrem 1900 zu gerichtlichem Protokoll erklärten Testamente ihre beiden Brüder Fritz und Carl und die

Kinder ihres verstorbenen Bruders Wilhelm zu je */s iu Erben eingesetzt

(§ 1) und bestimmt, daß ihr Bruder Fritz ihre Möbel und ihr Bett als Voraus haben solle (§ 2). Fritz A. ist nach Errichtung des Testamentes aber vor der Erblasserin mit Hinterlassung von 7 Kindern verstorben. Dem­

nächst haben Carl und die Tochter des Wilhelm davon ausgehend, daß die Kinder des Fritz hinsichtlich des ihrem Vater zugedachten Erbteiles an dessen

Stelle getreten seien, beantragt, einen Erbschein dahin zu erteilen, daß Carl zu 1IS, die 3 Kinder des Wilhelm zu je 1/9 und die 7 Kinder des Fritz zu

je 1/ai Erben geworden seien.

Auch der von der Erblasserin

ernannte

Testamentsvollstrecker, welcher die letztwillige Verfügung entworfen hatte, hat bei seiner gemäß § 2385 BGB. vom Nachlaßgericht veranlaßten Vernehmung erklärt, daß die Erblasserin, welche ihren Bruder Fritz wegen dessen Be­ dürftigkeit besonders habe bedenken wollen, ohne jeden Zweifel die Kinder

desselben ebenso zu Erben eingesetzt haben würde, wie die Kinder ihres damals schon verstorbenen Bruders Wilhelm, wenn sie daran gedacht hätte, daß Fritz vor ihr versterben würde. Als dieser Fall eingetreten sei, hätte weder die Erblasserin noch er eine Abänderung des Testamentes zu Gunsten der Kinder des Fritz für notwendig erachtet, weil sie Beide es als selbst­ verständlich angesehen hätten, daß die Kinder an die Stelle ihres Vaters

treten, wie dies auch seitens der Miterben Carl und der Tochter des Wilhelm ausdrücklich anerkannt sei. Der Erbschein wurde jedoch abgelehnt; weitere Beschwerde blieb erfolglos. Gründe: Sind durch einseitige Verfügung von Todeswegen die Erben bestimmt, so ist damit die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen (§§ 1937, 2089). Fällt

einer der solchermaßen durch letztwillige Verfügung eingesetzten Erben nach

der Errichtung des Testaments und vor dem Ableben des Erblassers weg, so tritt nach der im § 2094' getroffenen Bestimmung hinsichtlich des damit frei gewordenen Erbteiles nicht die gesetzliche Erbfolge ein, vielmehr wächst der Erbteil des vor dem Erbansall weggefallenen Erben den übrigen im Testamente berufenen Erben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile an. Diese Bestimmung ist jedoch, wie aus Absatz 3 erhellt, nur eine Dispositivvorschrift. Nach § 2094^ kann nämlich der Erblasser die Anwachsung ausschließen, und

zwar ist hierzu nicht eine ausdrückliche Ausschließungserklärung erforderlich, vielmehr genügt, wenn sich aus dem Gesamtinhalt der Verfügung der Ausschließungswille mit hinreichender Sicherheit entnehmen läßt (vgl. Planck Anm. 5 zu 8 2094; Stroh al, Erbrecht S. 88, 90).

Die Anwachsung wird.

wie im § 2099 ausdrücklich anerkannt ist, namentlich auch dadurch aus­ geschlossen, daß der Erblasser für den Fall des Wegfalls eines Erben einen

Anderen als Erben, einen Ersatzerben, berufen hat (§ 2096). Und für den besonderen Fall, daß der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht hat und dieser nach der Errichtung des Testamentes weggefallen ist, hat der § 2069 für den Zweifelsfall eine Ergänzung der Verfügung und die Be­

rufung von Ersatzerben durch die positive Bestimmung vorgesehen, daß in diesem Spezialfalle die Abkömmlinge des Bedachten nach den Regeln der

gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten sollen. Vorstehende Rechtsgrundsätze sind vom Landgericht beachtet

worden.

Zunächst ist unbedenklich, daß die Sondervorschrift des § 2069 hier nicht Denn es handelt sich nicht um ein Testament, in welchem die Erblasserin einen ihrer Abkömmlinge bedacht hat, sondern sie hat anwendbar ist.

Seitenverwandte, nämlich Brüder und Bruderskinder, als Erben bestimmt. Die Ausdehnung des Grundsatzes des § 2069 auf Zuwendungen an Seiten­

verwandte ist aber nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen unzulässig und in der zweiten Beratung, bei der die Ausdehnung auf Abkömmlinge von als Erben berufenen Geschwistern befürwortet wurde, ausdrücklich abgelehnt Mot. 5 S. 34f.). Aus 8 2069 ergibt sich aber klar, daß nach der gesetz­ lichen Vorschrift in solchen Fällen, wo im Testamente Seitenverwandte

bedacht sind, nicht ohne weiteres deren Abkömmlinge an ihre Stelle treten. Vielmehr bedarf es hierzu einer besonderen Bestimmung des Erblassers, und diese ist im vorliegenden nicht vorhanden. Zwar hat das Landgericht keine ausdrückliche Feststellung dahin getroffen, daß ein auf Ausschließung des

Anwachsungsrechts gerichteter Wille der Erblasserin aus dem Inhalte des Testaments nicht erkennbar sei. Das Testament enthält aber auch keine Be­ stimmung, welche dem Landgericht einen zwingenden Anlaß zu einer solchen

besonderen Feststellung hätte geben müssen; wie denn auch der Beschwerde­ führer nicht das Vorhandensein eines derartigen Ausschließungswillens der Erblasserin (nach welchem der freigewordene Erbteil nicht den Kindern des

Fritz, sondern den gesamten gesetzlichen Erben der Testatorin anfallen würde) behauptet, sondern eine Verletzung der §§ 2084, 133 rügt, weil der zu er­ forschende wirkliche Wille der Erblasserin dahin gegangen sei, eventuell die

Kinder des Fritz an Stelle ihres Vaters zu berufen. Aber auch eine Verletzung der §§ 2084, 133 liegt nicht vor. Allerdings ist bei Auslegung eines Testaments nach dem auch hierbei anzuwendenden 8 133 in erster Linie der wahre Wille des Testators zu erforschen.

Auch

ist richtig, daß zur Ermittelung dieses wirklichen Willens auch außerhalb des

Testaments liegende Umstände, insbesondere auch vom Erblasser vor oder nach der Errichtung des Testaments abgegebene formlose Erklärungen berück­ sichtigt werden können (Motive 5 S. 43), sowie daß gemäß 8 2084 in

Anwendung des im 8 133 enthaltenen allgemeinen Grundsatzes, wenn ver­ schiedene Auslegungen möglich sind, diejenige Auslegung vorzuziehen ist, bei

welcher die letztwillige Verfügung aufrecht erhalten werden kann.

Allein die

hiernach bestehende Auslegungsfreiheit erhält dadurch ihre Grenze, daß die

Auslegung begrifflich einen erklärten Willen voraussetzt, so daß ein im Testament in keiner Weise zum Ausdruck gebrachter Wille nicht im Wege der

Auslegung zur Geltung gebracht werden kann (vgl. Motive a. a. £).; Planck Vordem. 4 Abs. 1 vor § 2064).

Wenn daher das Landgericht die von dem

Beschwerdeführer angestrebte Auslegung als unzulässig abgelehnt hat, weil

ein, dieser Auslegung entsprechender Wille der Erblasserin, für den Fall des späteren Wegfalles eines ihrer Erben seine Kinder als Ersatzerben zu berufen,

im Testament in keiner Weise zum Ausdmck gelangt sei, so ist darin ein Rechtsirrtum, worauf die weitere Beschwerde gemäß § 27 FrGG. allein

gestützt werden kann, nicht zu erblicken.

Denn ist der behauptete wirkliche

Wille der Testatorin, wie das Landgericht ohne erkennbaren Rechtsirrtum

annimmt, überhaupt nicht im Testament zum Ausdruck gelangt, so würde es sich, wenn gleichwohl dieser Wille zur Geltung gebracht werden sollte, nicht

um eine Auslegung, sondern um eine unzulässige Ergänzung des Willens

handeln.

Denn es kann nach den Anführungen des Beschwerdeführers zwar

vermutet werden, daß die Erblasserin, falls sie sich bei der Testaments­ errichtung der Möglichkeit des Wegfalles des Miterben Fritz bewußt gewesen wäre, wohl seine Kinder als Ersatzerben berufen haben würde, allein daraus folgt schon, daß sie bei der Errichtung des Testaments tatsächlich diesen Willen nicht gehabt und nicht erklärt hat.

Dr. Frk.

e) Anwen-ung des § 2067 BGB. auf ältere Testamente. Fallen unter die darin berufenen „nächsten Anverwandten" die gesetzliche« Erbe« des alte« oder des nene« Rechts? OLG. Kiel, II. CS. Urteil v. 10. Oktober 1902. Nach Art. 213 ist für die erbrechtlichen Verhältnisse das BGB. maß­

gebend, wenn der Erblasser nach dessen Inkrafttreten verstorben ist. Eine Ausnahme hiervon macht nur der Art. 214. Zu den Rechtssätzen, welche

die Errichtung und Aufhebung eines Testamentes betreffen, gehört aber nicht die Auslegungsregel des § 2067. Ihrer Anwendbarkeit auf ältere Testamente für den Fall des nach dem 1. Januar 1900 erfolgten Todes des Erblassers steht also keine gesetzliche Vorschrift entgegen, das Prinzip, nach welchem das BGB. seit dem 1. Januar 1900 zur Anwendung kommt, soweit nicht gesetz­

liche Vorbehalte gemacht sind, gebietet sie.

Auch begrifflich steht der An­

wendung von Auslegungsregeln auf Willenserklärungen, die vor ihrer Geltung

erlassen sind, nichts entgegen.

Diese Regeln deuten zweifelhafte Erklärungen

in dem Sinne, den der Erklärende erfahrungsgemäß ihnen beizulegen pflegt.

Ist das Resultat dieser Erfahrungen gesetzlich festgelegt, so muß es arch maßgebend sein für die Auslegung zweifelhafter Erklärungen, die vor der

gesetzlichen Anerkennung abgegeben sind.

Die Motive zum EG. S. 311 er­

klären es zwar für selbstverständlich, daß die zur Zeit der Errichtung gelten-

den Auslegungsvorschriften maßgebend sein müssen.

Daß gesetzliche Ars-

legungsregeln, die zur Zeit der Testamentserrichtung gelten, zur Erforschung des wahren Willens des Erblassers herangezogen werden können, ist nicht zu

bezweifeln.

Soweit die Motive weitergehend etwa die Ansicht aussprechen

wollen, daß die Auslegungsvorschriften des BGB. auf ältere Testamente nicht angewendet werden können, kann ihnen nach dem oben Bemerkten nicht gefolgt werden (vgl. Planck Anm. 4d zu Art. 214; Habicht S. 529 ff.).

Die Frage, ob die gesetzlichen Erben des alten Rechts oder diejenigen des BGB. nach dem Testament berufen sind, ist in letzterem Sinne zu ent­ scheiden. Es ist allerdings kein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß der Erb­ lasser an eine Änderung des Rechts dachte, seine Bestimmung über die Gleich­

stellung der Geschlechter deutet vielmehr darauf hin, daß er die 1875, zur Zeit der Testamentserrichtung, geltende Erbfolgeordnung swonach die männ­

lichen Erben vor den weiblichen doppelten Teil erhielten) vor Augen hatte.

Aber nicht darauf war sein Wille gerichtet, diejenigen zu berufen, welche gerade nach damaligem Rechte erbberechtigt waren, — wußte er doch noch

gar nicht, welches örtliche Recht zur Anwendung kommen werde —, sondern

das war seine Meinung, daß diejenigen, welche das beim Eintritt des Erb­ falles maßgebende Gesetz berief, zur Erbschaft gelangen sollten.

Die Be­

stimmung der Personen seiner Erben überließ er in jeder Beziehung der

Zukunft.

Hiernach ist das BGB. für die Frage, wer die gesetzlichen Erben

sind, bestimmend.

Gr.

f) Auslegung des Testaments durch das Nachlatzgericht. BGB. ßß 2353 ff. Prüsungsrecht des Grundbuchrtchters. GrBO. § 36. Kammergericht, I. CS.

Die Eheleute A. bestimmten

Beschluß v. 1. Dezember 1902. in ihrem

gemeinschaftlichen Testament:

„Wir setzen uns gegenseitig zu Universalerben ein mit der Maßgabe, daß der Überlebende den Nießbrauch und die Verwaltung an unserem gesamten

Vermögen unbeschränkt ausübt; verheiratet sich der Überlebende, so hat er sich mit unseren drei (minderjährigen) Kindern auseinandeMsetzen und tritt

sodann für diesen Fall die gesetzliche Erbfolge ein."

Der überlebende Mann

erwirkte einen Erbschein dahin, daß er selbst und die drei Kinder Miterben zu je 1li geworden seien.

Bei der von ihm allein gemäß § 23574 BGB.

abgegebenen eidesstattlichen Versicherung hatte er zugleich versichert, die unklaren

Bestimmungen des Testaments sollen den Sinn haben, daß der überlebende Ehegatte mit den Kindern nach der gesetzlichen Erbfolge erbe; daß er nicht bloß Nießbrauch und Verwaltung, sondern auch einen Erbteil haben solle, sei

durch das Wort „Universalerbe" ausgedrückt.

Der Grundbuchrichter lehnte

jedoch ab, auf Grund dieses Erbscheines eine Auflassung aufzunehmen; das Testament sei widerspruchsvoll, es erhelle nicht, wer Substanzerbe sei, durch den Erbschein werde dieser Mangel nicht ersetzt.

Die weitere Beschwerde ist

begründet. Durch § 36 GrBO. (§ 2365 BGB.) soll der Grundbuchrichter grund­ sätzlich der eigenen Prüfung der erbrechtlichen Verhältnisse überhoben sein

(Denkschrift zur GrBO. § 341).

Man wird ihn aber für befugt halten müssen,

einen auf einen Erbschein gestützten Antrag dann abzulehnen, wenn er aus den Umständen des Falles zu der Überzeugung gelangt, daß der Inhalt des

Erbscheines der materiellen Rechtslage nicht entspricht (z. B. wenn ihm amtlich bekannt geworden, daß ein Testament vorhanden ist, während im Erbschein

das gesetzliche Erbrecht bezeugt wird).

Dies trifft hier nicht zu, der Erbschein

ist formell wirksam und inhaltlich richtig, das Nachlaßgericht hat das unklare

Testament zum Zwecke der Erteilung des Erbscheines, unter Zuhilfenahme der Erklärungen des Ehemannes zutreffend ausgelegt.

H.

13 Widerruf des Gtroüberweisuugsaustrages. Ausführung des Auf­ trages durch die Girobank trotz zuvoriger Sperrung des Kontos des Aahluugsempfüugers und Kenntnis von feiner Zahlungseinstellnng. Kammergericht, VI. CS.

Urteil v. 3. November 1902.

Am 24. Juni 1901 nahm die Reichsbankhauptstelle in Hamburg, die

vom Kläger durch roten Scheck angewiesen wurde, am Girokonto der Leipziger

Bank 81 000 Mark gutzuschreiben und dafür sein Konto zu belasten, die Be­ lastung vor und überwies 81000 Mark der Reichsbankhauptstelle in Leipzig. Diese schrieb am 25. Juni Bonn. 10 Uhr jenen Betrag der Leipziger Bank gut, obschon ihr bereits um 9 Uhr deren Zahlungseinstellung bekannt war und sie deshalb deren Girokonto gesperrt hatte. Das auf Veranlassung des Klägers um 11 Uhr eingetroffene Ersuchen um Rückgängigmachung der Gutschrift lehnte sie ab. Erst am 26. Juli erklärte sie, sich gegenüber dem Konkurs­

verwalter der Leipziger Bank zur Auszahlung bereit. Die Klage gegen die Reichsbank auf Rückzahlung der 81 000 Mark wurde abgewiesen. Gründe: 1. Unter Giroverhältnis versteht man die Beziehungen einer Bank zu einer Mehrheit von Rechtssubjekten, die sich zur Bewirkung ihrer gegenseitigen Zahlungsverbindlichkeiten der Vermittelung der Bank bedienen. Die Ver­ mittelung erfolgt dadurch, daß jeder Girokunde bei der sein Vertrauen ge­ nießenden Bank einen Barbetrag als Grundlage seines Girokontos einzahlt

und die Bank die unter den Girokunden erfolgenden Zahlungen nicht bar, sondern durch Abschreibung vom Konto des Girozahlers und Zuschreibung auf dem Konto des Giroempfängers bewirkt. Der Girokunde steht zur Giro­ bank in einem zwiefachen Auftragsverhältnis; die Bank ist beauftragt, die

für ihn eingehenden Zahlungen entgegenzunehmen und für ihn Auszahlungen

zu leisten. Die Zahlung eines Girokunden an einen anderen vollzieht sich daher in der Weise, daß die Bank im gleichzeitigen Auftrage des Zahlers wie des Empfängers ihre Schuld an den ersteren um den zu zahlenden Betrag

vermindert und ihre Schuld an den letzteren um den gleichen Betrag ver­ mehrt.

Dieser Auftrag ist ausgesührt in dem Augenblick, in welchem die

Zuschreibung erfolgt; die Benachrichtigung davon ist ohne rechtliche Bedeutung

und hat nur Beweiskraft.

Vor der Zuschreibung liegt keine Zahlung vor;

die etwa erfolgte Abschreibung auf dem Konto des Girozahlers ist nur ein

vorbereitender Akt, welcher den Giroempfänger nicht berührt.

Hat dagegen

die Zuschreibung auf dessen Konto stattgefunden, so ist der überwiesene Betrag in sein Vermögen gekommen, und die Bank ist nicht mehr in der Lage, die austragsgemäße Buchung einseitig rückgängig zu machen.

Dem Willen jedes

Girozahlers entspricht es, daß zufolge seines Auftrages die Girobank sich ihm gegenüber um den zugeschriebenen Betrag durch Abschreibung befreit und sich

durch Zuschreibung auf dem Konto des Empfängers zu dessen Schuldnerin macht, wie umgekehrt der Wille des Giroempfängers nicht darauf gerichtet

ist, Barzahlung des einzelnen überwiesenen Betrages, sondern nur darauf,

eine entsprechende Gutschrift zu erhalten.

Auf einer anderen Grundlage ver­

mag der Giroverkehr seine Funktionen überhaupt nicht zu erfüllen.

Schon

vom wirtschaftlichen Standpunkte aus ist erforderlich, daß die Barzahlung

durch die Gutschrift ersetzt wird.

In Erkenntnis dieser Notwendigkeit be­

trachten sich daher die Girokunden wegen ihrer gegenseitigen Forderungen durch die Erhöhung ihres Kontos als befriedigt (f. auch Brodmann in Gold­

schmidts Zeitschr. 48 S. 121; Cosack, Handelsrecht 5. Auflage § 63). Da aber der Giroempfänger nicht nur Zahlungen empfängt, vielmehr die Bank auch Zahlungen aus seinem Konto leistet, und im Hinblick hierauf gegenseitige Verrechnung beiderseits gewollt ist, so besteht sein Anspruch an die Bank stets nur in Höhe des jeweiligen Saldos. Ähnlich wie beim Kontokurrent kann er nicht die einzelnen Posten, sondern nur das etwaige Guthaben aus

dem festgestellten Saldo fordern. Ganz unbedenklich ist dies da, wo die Girobank, wie die Reichsbank nach ihren Bestimmungen für den Giroverkehr (Nr. 6 Abs. 5), auf Grund besonderer Abrede befugt ist, gegen das Guthaben sonstige ihr gegen den Girokunden zustehende, selbst nicht fällige Forderungen, jederzeit aufzurechnen.

2. Durch die Sperrung des Kontos der Leipziger Bank ist das Giro­ verhältnis dieser mit der Beklagten nicht unterbrochen worden.... Allerdings hat das Reichsgericht (Entsch. 40 S. 162) angenommen, daß seit der Er­ klärung der Reichsbank: sie werde Barzahlungen an den Kunden nicht mehr

leisten, ein vollwirksames Giroverhältnis nicht mehr bestanden und die später

ausgesührte Gutschrift nicht dem Zwecke gedient habe, dem Girokunden die jederzeitige Erhebung des zugeschriebenen Betrages in bar zu sichern, sondern nur geschehen ist,

um der Reichsbank selbst ein Deckungsmittel für ihre

Forderung zu verschaffen.

Damals war jedoch in die „Bestimmungen" noch

nicht die ausgenommen, wonach die Reichsbank zur Aufrechnung ihrer Forde­

Nachdem dies ge­ schehen ist, treffen die Gründe des Reichsgerichtes nicht mehr zu; vielmehr rungen gegen das Guthaben des Girokunden befugt ist.

kann die Erklärung der Beklagten, sie lasse die Verfügung über das Gut­

haben der Bank nicht mehr zu, sondern sperre es, nicht als Kündigung des Giroverhältniffes angesehen werden.

Sperrung des Kontos bedeutet nur,

daß die Bank für und an den Kunden vor der Hand keine Auszahlungen

leisten werde.

Hingegen liegt darin keineswegs der Wille ausgedrückt, ihre

Funktionen als Indossatarin einzustellen oder wie Nr. 9 besagt, den Verkehr

mit ihm sofort gänzlich abzubrechen.

Auch die bloße Vornahme weiterer

Gutschriften liegt im wohlverstandenen Interesse der Girobank wie des Kunden

und muß deshalb beiderseits fortdauernd als gewollt angesehen werden.

Die

Beamten der Reichsbank sind überdies derart vorgebildet, daß nicht anzu­ nehmen ist, daß sie sich zwecks Erklärung einer Kündigung einer an sich

klaren und einfachen, dabei aber äußerst folgenschweren Willensäußerung einer Ausdrucksweise bedient haben würden, die nur im Wege einer mehr als bedenklichen Auslegung sich als Kündigung darstellen könnte.

Die Beklagte

hatte von der Zahlungseinstellung der Leipziger Bank kurz zuvor Kenntnis er­

halten; sie war befugt, ihre Forderungen gegen deren Guthaben aufzurechnen; es war also natürlich, wenn sie bis zur Klärung der Sachlage Verfügungen über das Guthaben nicht zulassen wollte.

Erwägt man dies, so hat die

Reichsbank durch die Sperrung des Kontos nichts anderes ausdrücken wollen, als die Aufrechnung.

Verständigerweise hat diese Erklärung von der Leipziger

Bank nicht in anderem Sinne aufgefaßt werden können. Es ist auch nicht an­ zunehmen, daß diese, nachdem ihr die Erklärung der Beklagten bekannt ge­ worden war, weitere Zuschreibungen auf ihr Konto nicht mehr gewünscht

habe. Denn neue Zuschreibungen mußten voraussichtlich gerade zur Folge haben, daß die Beklagte wieder Auszahlungen leistete. — Aber selbst wenn man der Ansicht des Klägers folgt, daß die Erklärung der Beklagten nicht nur auf das im Augenblicke der Erklärung vorhandene Guthaben, sondern auch auf später eingehende Zahlungen zu beziehen gewesen sei, so beweist

dies nichts für eine Kündigungsabsicht, da, wie bereits bemerkt, die zur Auf­ rechnung befugte Girobank stets den Willen hat, künftig eingehende Zahlungen eintretenden Falles zur Aufrechnung zu bringen.

Bei dieser Rechtsauffassung

bedarf es — ganz abgesehen von dem Einflüsse der Konkurseröffnung auf das Giroverhältnis — keiner Beweiserhebung darüber, ob, wie die Beklagte

behauptet, schon an den auf den 25. Juni folgenden Tagen weitere Giro­

überweisungen der Leipziger Bank zugeschrieben worden sind, ob diese int Besitze der Scheckformulare — entgegen den sonstigen Gepflogenheiten der Reichsbank — geblieben ist und mittels ihrer über das Guthaben, insbesondere am 11. Juli auf Grund eines roten Schecks in Höhe von 400000 Mark,

verfügt hat. Durch die Sperrung des Kontos und die verspätete Auszahlung von 81000 Mark konnte vielleicht die Leipziger Bank geschädigt worden sein. Der Kläger ist dadurch in seinen Rechten nicht beeinträchtigt worden.

Die

Beklagte durfte also trotz der von ihr erklärten Sperrung die Gutschrift

vornehmen. 3. Soll der Giroverkehr dem Publikum das eigene Kassehalten, wie

die Ausführung der Zahlungsgeschäfte und damit dem Lande einen beträcht­ lichen Teü der sonst unentbehrlichen Umlaufsmittel ersparen (so R. Koch, Vorträge und Aufsätze 1892 S. 143), so hat die Girobank dafür zu sorgen.

daß sich das Zahlungsgeschäft möglichst rasch, zuverlässig und ohne Stockungen abwickelt, damit der Giroverkehr seinen wirtschaftlichen Zweck erfüllen kann.

Um diesen Anforderungen entsprechen zu können, muß sie ihre ganze Sorg­ falt der Ausführung der Zahlung selbst zuwenden; ihre Tätigkeit erschöpft sich in der Entgegennahme und in etwaiger Weitergabe des Überweisungs­ auftrages, in der Abschreibung auf dem Konto des Zahlenden und der Gut­ schrift auf dem Konto des Zahlungsempfängers. Verstößt sie hierbei gegen die Pflichten eines ordentlichen Kaufmannes, so macht sie sich verantwortlich.

Aus welchem Grunde aber die Zahlung erfolgt, ist für sie gleichgültig; sie hat lediglich den ihr erteilten Auftrag auf Giroüberweisung auszuführen. Über die Grenzen des Zahlungsgeschäftes hinaus kann sie die Interessen ihrer Girokunden nicht wahrnehmen.

Sie würde sonst bei jeder Giroüber­

weisung die entgegenstehenden Interessen der beiden Girokunden abwägen müssen; dazu ist sie aber in den meisten Fällen nicht im stände, weil ihr die

Kenntnis der Geschäftsbeziehungen ihrer Kunden, auf Grund deren die Zahlung erfolgt, im allgemeinen fehlt. Es würde auch an jedem Anhalte mangeln,

bis zu welcher Grenze sie die Interessen der Girokunden zu berücksichtigen hätte, umsomehr als bei der geringen Zahl und der verschiedenartigen Organisation der den Giroverkehr vermittelnden Banken von einem fest­

stehenden Handelsbräuche nicht die Rede sein kann. Müßte die Girobank, wie die Klägerin will, in jedem einzelnen Falle pflichtgemäß erwägen, ob sie die Umschreibung vornehmen darf oder nicht, so litte darunter die Schnellig­ keit und die Zuverlässigkeit des Zahlungsverkehrs, ja es würde, da die Bank sowohl bei der Vornahme, wie bei der verspäteten Vornahme und bei der Nichtvornahme der Überweisung schadensersatzpflichtig werden könnte, die Existenz des Giroverkehrs überhaupt in Frage gestellt werden. Wenn es demgemäß in Nr. 3 der „Bestimmungen" heißt: „Schecks, welche bei der das Konto führenden Reichsbankanstalt zahlbar und gehörig gedeckt sind, werden dem Girokonto sofort gutgeschrieben," so ist damit für jedermann deutlich

ausgedrückt, daß die Reichsbank jegliche Prüfung in Ansehung der Zweck­ mäßigkeit einer Umschreibung von sich ablehnt und lediglich die Pflicht zur

sofortigen, unverzüglichen Bewirkung der Gutschrift auf sich nimmt, sofern noch das Girokonto des Empfängers rechtswirksam besteht.

An der letzteren

Voraussetzung gebricht es unbedenklich, wenn über das Vermögen des Giro­ empfängers der Konkurs eröffnet worden ist.

Alsdann darf eine Zuschreibung

nicht mehr erfolgen, weil der Girooertrag mit der Konkurseröffnung erlischt

(ogl. § 23 KO.).

Die bloße Zahlungseinstellung aber hat nicht diese Wirkung;

die Kenntnis davon durfte die Beklagte nicht von der sofortigen Zuschreibung

abhalten.

Ob diese im Interesse der Klägerin lag, vermochte die Beklagte

nicht zu beurteilen und ging sie nichts an. Abgesehen von der naheliegenden Möglichkeit, daß die Klägerin mit der Überweisung nur eine Schuld tilgte, konnte sie damit gerade den Zweck verfolgen, der Leipziger Bank neue Mittel

zuzuführen und so ihren Zusammenbruch hintanzuhalten; in diesem Falle

hätte aber unter Umständen jede noch so geringe Verzögerung, veranlaßt

durch telegraphische oder telephonische Rückfrage, den Zweck der Zahlung ver­ eiteln können.

Wenn auch die Girobank Beauftragte des Girokunden ist, so sind gleich­ wohl die Bestimmungen des BGB. über den Auftrag nur insoweit anzu­

wenden, als sie mit dem Wesen des Giroverkehrs vereinbar smd.

Jene

Bestimmungen sind nicht zwingendes Recht; durch Abschluß des Girovertrages mit der Bank unterwirft sich der Girokunde den durch das Wesen des Giro­

verkehrs gebotenen Abweichungen.

Die Ausführungen der Klägerin, wonach

der Beklagte gemäß §§ 665, 666 BGB. den Auftrag der Klägerin nicht hätte ausführen dürfen, mindestens aber nicht ohne vorherige Rückfrage, smd

unzutreffend, weil die Girobank nach dem Inhalte des Girovertrages zu einer

derartigen Wahrnehmung der Interessen ihrer Kunden weder verpflichtet, noch dazu in der Lage ist. Dr. Sch.

14 a) Hast««- des Dienstherr«, der die Beförder««- des Arbeiters «ach der Arbettsstelle übernimmt, für Unfälle auf dem Transportes BGB. §§ 618, 278. OLG. Stettin, III. CS. Urteil v. 18. März 1902. Beklagter hat mit einem von seinem Sohne geleiteten Fuhrwerke den Kläger nach 3E. geschickt, um Möbel abzuholen. Unterwegs stieß der Wagen so heftig gegen einen Prellstein, daß der Kläger herunterftel und sich verletzte.

Seiner Schadensersatzklage wurde stattgegeben.

Aus den Gründen:

Der Beklagte hatte den Kläger angenommen, damit er beim Ausladen

und beim Transporte der Möbel helfen sollte; die Leistung der von ihm ver­

langten Dienste sollte dem Kläger vergütet werden; es bestand sonach unter ihnen ein Vertragsverhältnis, auf das die Vorschriften über den Dienstvertrag

(§§611 ff.) anzuwenden sind.

Durch den Vertrag wurde der Beklagte aber

nicht bloß verpflichtet, dem Kläger dessen Dienste zu vergüten, sondern er

erzeugte die weitere Verpflichtung des Beklagten, für den Transport des Klägers zur Arbeitsstelle nach B. und von dort wieder zurück nach Hause

zu sorgen. Das ist zwar nicht verabredet worden; es verstand sich aber unter den besonderen Verhältnissen des Falles von selber. Zweifellos würde sich die Vergütung des Klägers verhältnismäßig nicht unbedeutend erhöht

haben, wenn er auf eigene Kosten die Hin- und Rückfahrt hätte bewerk­ stelligen müssen; es lag deshalb nahe, daß der Beklagte, da er sowieso schon Fuhrwerk zur Abholung der Möbel zur Stadt schickte, zur Ersparung un­

nötiger Kosten den Transport des Klägers, und zwar sowohl hin wie zurück, übernahm. Die Übernahme dieser Verpflichtung neben der zur Zahlung der Vergütung muß daher als beiderseits stillschweigend gewollt angenommen

werden.

Anstandslos hat ja dann auch der Kläger, ohne daß er etwa zuvor

1 Über die Haftung in betreff der Zugangswege vgl. Gruchot 46 S. 928.

um die Erlaubnis, mitfahren zu dürfen, nachgesucht hätte, das Fuhrwerk des

Beklagten zur Hin- und Rückfahrt benutzt.

Selbstverständlich war die Hin-

und Zurückschaffung des Klägers in einer Weife auszuführen, die mit keiner

Gefährdung für ihn verbunden und geeignet war, die Möglichkeit einer solchen Es war dem Beklagten allerdings nicht ver­

nach Tunlichkeit abzuwenden.

wehrt, sich zur Erfüllung seiner Verpflichtung der Tätigkeit eines Gehilfen zu bedienen, jedoch auf die Gefahr hin, daß er ein von diesem bei Aus­

führung des Transportes begangenes Verschulden wie ein eigenes zu vertreten haben würde (§ 278). Tatsächlich hat er nun den Transport des Klägers durch seinen Sohn ausführen lassen, und es steht fest, daß dieser dabei die Kollision des Wagens mit dem Prellstein in sträflicher Weise verschuldet hat,

mag er nun infolge seines angetrunkenen Zustandes die Pferde durch Schlagen mit der Peitsche und der Leine in ein unsinniges Tempo gebracht haben oder mag er, wie das schöffengerichtliche Urteil annimmt, die Pferde, ohne sie zu

zügeln, haben laufen lassen.

Durch Verschulden des Sohnes ist hiernach die

dem Beklagten obliegende Verpflichtung zur ungefährdeten Hin- und Rück­ beförderung des Klägers nicht erfüllt und dadurch der Unfall des letzteren herbeigeführt worden.

Für den daraus dem Kläger erwachsenen Schaden muß

der Beklagte aufkommen; das Verschulden seines Sohnes hat er wie eigenes zu vertreten; eine Exkulpation nach der Richtung hin, daß der Sohn zur

Führung des Gespannes an sich durchaus geeignet gewesen, daß ihn (dem Beklagten) bei dessen Auswahl also kein Verschulden treffe, ist hier nicht zu­ gelassen. Unbegründet erscheint auch der Einwand, daß den Kläger ein kon­ kurrierendes Verschulden treffe (§ 254). Daß der Sohn des Beklagten sich in einem derartigen Zustande der Trunkenheit befunden habe, daß der Kläger,

indem er sich dem von jenem geführten Fuhrwerke anvertraute, bei verstän­ diger Würdigung der Sachlage mit der Gefährdung seiner Person zu rechnen

gehabt hätte, für eine solche Feststellung ergibt der Vertrag des Klägers — und allein auf diesen hat der Beklagte sich berufen — nichts, der Grad der Trunkenheit ist offenbar nicht so gewesen, daß er zu Bedenken, den von ihm

geführten Wagen zu besteigen, hätte Anlaß geben müssen; der Beklagte selber will ja von einem Betrunken- oder auch nur Angetrunkensein seines Sohnes nichts wahrgenommen haben. Daß der Kläger auf der Rückfahrt von dem Sohne des Beklagten die Zügel gefordert, aber nicht erhalten hat, trägt der Kläger selber vor; daß er aber weiter, wie der Beklagte anzunehmen scheint, sich etwa mit Gewalt hätte der Zügel bemächtigen müssen, kann nicht zu­ gegeben werden; ein solches Vorgehen würde unter den obwaltenden Um­

ständen geradezu unverständlich gewesen sein.

M.

b) Haftung des Dienstherr« für Verschulde« seines Untergebenen? Konkurrierendes Verschulden des Verletzte«. BGB. §§ 618, 278, 254. ________ OLG. Celle, I. CS.

Urteil v. 7. Oktober 1902.

1 Verpflichtung des Bauunternehmers zur Anweisung und Beaufsichtigung eines von ihm zugezogenen Handlangers: Gruchot 46 S. 921.

OLGRsp. vr.

Haftung des Arbeitgebers, der den Zu-

6

Der Kläger, ein Gesangshumorist, ist bei einer Vorstellung dadurch ver­ unglückt, daß ein durch das Theater gespanntes Seil, an dem er rutschen

mußte, riß.

Der Beklagte wurde zum Schadensersätze verurteilt.

Gründe:

Die Verbindung der Schadensersatzklage aus § 618 mit der aus einer unerlaubten Handlung des § 821 ist zulässig, wenn der Streitfall den Tat­ bestand beider Paragraphen deckt und neben dem Ansprüche aus dem Dienst­

verhältnis den Anspruch aus der unerlaubten Handlung erzeugt. Dem Kläger war auch darin beizutreten, daß sein Unfall sich ereignete,

während er sich in Erfüllung seiner ihm aus dem Dienstverhältnisse ob­ Er war vom Beklagten gegen ein monat­ liches Gehalt von 200 Mark engagiert. Dieser Vertrag fällt zweifellos unter

liegenden Verpflichtungen befand.

§ 611, welcher auf der einen Seite Dienstleistungen, welcher Art es sei, auf der anderen Seite die Gewährung der vereinbarten Vergütung erfordert. Auch am Unfallstage trat der Kläger in einer Rolle auf, bei der er seine

vertraglichen Gesangsleistungen zu erfüllen hatte.

Die Ansicht, daß der

Kläger bei dem an diesem Tage aufgeführten Stücke sich nicht in des Be­ klagten Dienste befunden habe, weil das Stück auf den Vorschlag des Klägers

aufgeführt, von ihm selbst verfaßt und von ihm die Vorbereitungen zur Das Landgericht führt mit Recht aus, daß die dem Beklagten obliegende Beschaffung des erforder­

Ausführung selbständig getroffen seien, ist unrichtig.

lichen Materials und Personals, sowie die Tatsache, daß der Beklagte die Einnahmen des Stückes gezogen hat, unzweifelhaft ergeben, daß der Beklagte

als Dienstherr und der Kläger als Dienstverpflichteter bei der Aufführung

des Stückes anzusehen sind. — Endlich war der Apparat, mit dem der Kläger an dem Drahtseil herunterrutschen sollte, nicht so konstruiert, daß der Kläger gegen Gefahr für Leib und Leben soweit geschützt war, als die Natur der

Dienstleistung es gestattete. ...

Allerdings trifft den Beklagten kein persön­ liches Verschulden. Nach § 278 aber hat der Verpflichtete — vgl. hier § 6181 — ein Verschulden von Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, im gleichen Umfange zu vertreten, wie eigenes Verschulden. Nun lag die Herstellung des Apparates in den Händen

des Theatermeisters 3E.

Dieser mußte vermöge seines Amtes und seiner

Sachkunde erkennen, daß der Jsolierdraht von der verwendeten Sorte un­

geeignet war, einen Menschen sicher durch die Luft zu tragen... Mit dieser Feststellung eines Verschuldens erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob

der Dienstherr aus § 618 schlechthin hastet, oder ob er nur für diejenige Sorg­ falt einzustehen hat, die der normale und gesunde Verkehr erheischt. — Wenn aber das Landgericht feststellt, daß auch den Kläger ein und zwar größeres

Verschulden an dem Unfälle treffe, so kommt an sich dem Dienstberechtigten

im Falle des § 618 der § 254 zu gute (vergl. § 6183 mit § 846); aber aus den Umständen des vorliegenden Falles sind die tatsächlichen Vorausgangsweg zur Arbeitsstelle bei Glatteis nicht bestreut, für Unfälle des Arbeiters beim Passieren

desselben: a. O. S. 928.

setzungen des § 254 cit. nicht zu entnehmen. Das Landgericht führt einmal aus, daß der Kläger kraft des von ihm ausgeübten Berufes habe erkennen

müssen, daß der Jsolierdraht ein ungeeignetes Bindemittel zur Befestigung

des Handgriffes an der Rolle gewesen sei, um so mehr, als es sich um die Ausführungen eines vom Kläger selbstverfaßten Stückes gehandelt habe. Die Feststellung, daß der Kläger durch seinen Beruf die Mangelhaftigkeit habe

erkennen müssen, wird dadurch widerlegt, daß der Kläger Gesangshumorist Kenntnisse über technische Theaterapparate schlagen weder in das Fach

war.

eines Gesangshumoristen, noch eines Bühnenschriftstellers.

Ebensowenig kann

dem Kläger der Umstand als Verschulden zur Last gelegt werden, daß er vom Theatermeister besonders aufgefordert worden sei: den Apparat auf seine Haltbarkeit zu prüfen, da das doch seine Sache sei, denn er müsse ja daran herunterfahren. Kläger besaß keine Fachkenntnisse, um die Güte des Apparates prüfen zu können.

Auch ist durch das Nichtremonstrieren des Klägers gegen

den Apparat dem Theatermeister und folglich dem Beklagten nicht ihre Ver­ antwortlichkeit abgenommen.

Wenn Kläger die Frage des Theatermeisters,

ob das (vorgezeigte) Drahtgeflecht so bestätigte er damit von seinem für ihren Zweck praktikabel und eine dauerhafte, jede Gefahr für heit, also namentlich Haltbarkeit

des Handgriffes so „gut" sei, bejaht hat, Standpunkt aus nur, daß die Vorrichtung handlich sei; der gesetzliche Anspruch auf Leib und Leben ausschließende Beschaffen­ des von ihm zu benutzenden Geräts hat

damit sicherlich nicht aufgegeben werden sollen. c) Umfang der Sachkunde des Dienstverpflichtete«. OLG. Hamburg, III. CS. Urteil v. 29. November 1902.

H.

Zutreffend führen die Vorderrichter aus, daß der Honoraranspruch der Kläger nicht schon deshalb hinfällig sein würde, weil ihr Gutachten angeblich unrichtig ist...

Das BGB. enthält keine besonderen Bestimmungen über das

Maß an Kenntniffen und Fähigkeiten, welche der Dienstverpflichtete zur Aus­ führung der übernommenen, in freier geistiger Tätigkeit bestehenden Leistung

besitzen muß. Nach den Motiven 2 S. 459 oben ist die Aufnahme einer besonderen Vorschrift darüber für entbehrlich erachtet, indem angenommen werden müsse, daß der Dienstverpflichtete die erforderliche Sachkunde zusichere

oder garantiere. Abgesehen von dem Falle, daß nach den vorliegenden Um­ ständen ein ausdrückliches oder stillschweigendes Garantieversprechen für das Vorhandensein der erforderlichen Sachkunde als geleistet anzunehmen ist, wird aber auch nach neuem Rechte anzuerkennen sein, daß der Dienstberechtigte

nicht zu der Erwartung berechtigt ist, der Dienstverpflichtete besitze ein so hohes Maß von Kenntnissen und Fähigkeiten, daß

das Begehen

irgend

welcher Fehler bei der Leistung der Dienste ausgeschloffen ist, sondern daß

der Dienstberechtigte bei dem Dienstleistenden nur diejenigen Kenntnisse und

Fähigkeiten voraussetzen kann, die man auf dem betreffenden Gebiete bei gewöhnlichem Fleiße und gewöhnlicher Gewissenhaftigkeit zu erwarten im stände ist, nicht aber besondere Anlagen und Kenntnisse. M. M.

d) Abnahmefähigkeit der an einem Gebäude ansgeführten Werk­ leistungen. BGB. § 646.

OLG. Posen, III. CS. Urteil v. 21. November 1902. Mehrfach ist die Ansicht vertreten, daß Werkarbeiten, die an einem Ge­

bäude ausgeführt werden, unter die nicht abnahmefähigen Werke fallen, deren der § 646 gedenkt. Namentlich hält Planck (2 S. 380) grundsätzlich daran

fest, daß die Abnahme begrifflich nur möglich sei, wenn eine körperliche Weg­ nahme oder Hinnahme ftattfinden könne. Aber das ist keineswegs als un­

bedingt richtig anzuerkennen. Die Protokolle (2 S. 316) ergeben nichts über die Gründe der Einfügung des jetzigen § 646, zweifellos ist aber die Mehr­ heit der Kommission davon ausgegangen, daß der Abnahme im Sinne einer

Annahme als Erfüllung das Anerkenntnis einer vertragsmäßigen Erfüllung beizulegen sei, und daß es Fälle gebe, in denen eine Abnahme in diesem Sinne ausgeschlossen sei. In der Tat gibt es Fälle, bei denen eine effektive Übernahme als Erfüllung schwer denkbar ist, wie bei den von Endemann (Einführung 8. Stuft 1 S. 1105) gegebenen Beispielen des Vorsingens eines

Liedes, der Freilegung eines verschneiten Weges zu einer Alpenklubhütte, des Abbruchs eines Fabrikschornsteins, der Ausführung eines Transportes oder Schleppvertrages. In diesen Fällen ergibt sich als Produkt der Arbeits­ leistung nicht eine bestimmte Sache, die übernommen oder abgclehnt werden kann. Aber bei Arbeiten eines Handwerkers an einem fremden Gebäude

liegt die Sache regelmäßig anders, insofern, als der Besitz des Gebäudes eine effektive Übernahme oder Ablehnung nicht ausschließt. Die ausgeführten Tischler-, Maurer-, Glaser-, Malerarbeiten stellen sich regelmäßig als solche

dar, die entweder übernommen oder abgelehnt und entfernt werden können. Deshalb ist im Gebiet des ALR. die Abnahmefähigkeit von Gebäuderepara­ turen, die sich als Werkverdingungen darstellen, niemals bezweifelt worden, und noch klarer liegt die Sache bei Neuanlagen, wie Heizvorrichtungen, Laden­ einrichtungen u. s. w. S. e) Die im BGB. § 648 dem Unternehmer eingeräumte Befugnis geht bei Abtretung der Forderung ans de« nenr« Gläubiger über. OLG. Naumburg, I. CS. Beschluß v. 9. Januar 1903. Der I. Entwurf bestimmte in § 297: „Mit Übertragung der Forderung gehen die mit dieser zur Zeit der Übertragung verbundenen Vorzugsrechte

auf den neuen Gläubiger über, selbst wenn über das Vermögen des Schuld­ ners der Konkurs noch nicht eröffnet ist.

Ein Gleiches gilt von den mit der Forderung verbundenen zur Verstärkung derselben dienenden Nebenrechten". Bei der zweiten Lesung wurde diese Bestimmung in die Fassung des gegen­

wärtigen § 401 gebracht.

Die allgemeine Fassung des letzten Satzes wurde

für bedenklich gehalten, weil unter Nebenrechten der bezeichneten Art auch solche verstanden werden könnten, auf welche die Vorschrift nicht passe; z. B.

das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht.

In den Protokollen ist aber aus­

drücklich bemerkt, daß durch die jetzige Beschränkung auf Hypotheken, Pfand-

rechte und die Rechte aus Bürgschaften die entsprechende Anwendung der

Vorschrift auf andere zur Verstärkung einer Forderung dienenden Nebenrechte, welche eine jenen Rechten entsprechende Natur haben, nicht ausgeschlossen sei (vgl. Planck zu § 401). Örtmann (Recht der Schuldverhältnisse) bemerkt zu

§ 401, daß diese Bestimmung eigentlich wegen des das „Sukzessionsprinzip" zum Ausdrucke bringenden § 398 entbehrlich sei und daß folglich die in

§ 401 aufgeführten „Typen" auch im Wege der Analogie auf andere Fälle akzessorischer Gerechtsame und Pfandrechtstitel erweitert werden könnten; er

erwähnt dabei ausdrücklich die Befugnis des Bauhandwerkers aus § 648. Dem war — im Gegensatze zur Entsch. des OLG. Kiel (Rsp. 4 S. 46) —

beizutreten. Zu demselben bejahenden Ergebnisse gelangt Francke im „Recht" 1902 S. 260, indem er die Worte „Hypotheken oder Pfandrechte" im § 401 für gleichbedeutend erklärt mit „pfandrechtliche Befugnisse" und zu solchen

pfandrechtlichen Befugnissen auch schon den Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek rechnet. L.

f) Der Grundstückseigentümer ist nicht berechtigt, eine Bauhandwcrkcrhypothek durch Sicherheitsleistung z« beseitigen? BGB. § 648. Kammergericht, XII. CS.

Urteil v. 10. Dezember 1902.

Dem Kläger ist auf Grund der §§ 648 BGB. und 935 CPO. vom

Amtsgerichte zur Sicherung seiner Forderung von 10 400 Mark durch einst­ weilige Verfügung die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuche bewilligt

worden; der Beklagte hat die Rechtmäßigkeit dieser Verfügung auch nicht in Zweifel gezogen, vielmehr nur deren Aufhebung durch Hinterlegung von 10 400 Mark verlangt. Dieses Verlangen ist aber unbegründet. Nach § 648 ist Kläger als Unternehmer eines Bauwerkes die Ein­ räumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstücke des Beklagten als Bestellers zu verlangen berechtigt. Dieses Recht ist seiner Natur nach ein Individualrecht; es ist durch jene einstweilige Verfügung, welche durch die Eintragung einer Vormerkung die Sicherung des Anspruches auf Einräumung einer Sicherungshypothek schaffen wollte, gesichert worden.

Das dem Bau­

unternehmer im § 648 gewährleistete Individualrecht auf Eintragung einer Sicherheitshypothek kann durch die Hinterlegung des durch die Hypothek zu sichernden Betrages nicht beseitigt werden, weil dieser Modus der Aushebung der Sicherheitshypothek im Gesetze nicht anerkannt ist und auch aus den all­ gemeinen Regeln, nach denen die Löschung der Hypothek bei deren Fällig­ keit durch Zahlung erfolgt, nicht gefolgert werden kann.

Ebensowenig wie

die Löschung der Sicherheitshypothek durch Hinterlegung des zu sichernden

Betrages erfolgt, geschieht auch die Löschung einer Vormerkung durch Hinter­

legung des durch die Vormerkung zu sichernden Betrages, da die Vormerkung nur das Korrelat der Sicherheitshypothek ist. 1 Dagegen legt das RG. (Gruchot 34 S. 1089, IW. 1896 S. 33 Nr. 18) Gewicht daraus,

ob der Zweck der einstw. Berf. auch durch eine Sicherheitsleistung erreicht werden

kann, und verneint dies, weil der Antragsteller die Auslassung eines Hauses, nicht Geld verlangt.

Wenn der Vorderrichter die einstweilige Verfügung gegen Hinterlegung auch deshalb aufgehoben hat, weil es sich in Wirklichkeit bei ihrem Erlaß

zum Zwecke der Eintragung einer Vormerkung um einen Arrest handele,

sonach auch der § 934 CPO. analog Anwendung finde, so ist dies unzu­ treffend.

Es kann hier unerörtert bleiben, inwieweit zwischen dem Arrest

und der Eintragung einer Vormerkung zum Zwecke der Sicherung einer Bau­ handwerkerforderung eine gewisse Analogie vorhanden ist; denn grundsätzlich sind die beiden Arten zur Sicherung einer Forderung im wesentlichen ver­

schieden, so daß es unzulässig ist, die Grundsätze des Arrestverfahrens auf die durch eine Vormerkung zu sichernde Forderung zu übertragen. Es ist deshalb ausgeschlossen, die Anwendung des § 934 CPO. auf den vorliegen-

Fall analog auszudehnen. Wenn der Beklagte endlich darauf hingewiesen hat, daß der Gläubiger durch Hinterlegung des Betrages ebenso gesichert werde, wie durch Eintragung

der Vormerkung, so erscheint auch dieser Gesichtspunkt verfehlt. Denn der Schuldner kann es dem Gläubiger selbst überlassen, welche Rechte er zur Sicherung seiner Forderung und zu deren Geltendmachung ins Werk setzen will.

Macht der Gläubiger von einem ihm zustehmdm Rechte zur Sicherung

seiner Forderung Gebrauch — und ein solches Recht ist ihm nach § 648

gegeben —, so kann der Schuldner ihm dieses Recht durch den Hinweis auf einen Weg, durch welchen er nach Meinung des Schuldners seine Sicherungs­

rechte ebenso gut wahrnehmen könne, nicht illusorisch machen, es sei denn,

daß der Gläubiger sein Recht nur aus Schikane gegen den Schuldner ver­ folgen würde, wovon hier keine Rede sein kann. Schließlich ist auch hervor­ zuheben, daß die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gegen Sicherheits­

leistung nur unter besonderen Umständen gestattet werden kann (§ 939 CPO.). Daß solche hier gegeben sind, hat der Beklagte nicht glaubhaft gemacht; nach seiner eigenen Anführung hat er an der Löschung der Vormerkung zum Zwecke

der Hypothekenregulierung ein erhebliches Jntereffe. Dieses im Regelfälle stets vorhandene Jntereffe des Schuldners ist aber kein „besonderer Umstand" nach § 939. F. g) Wer ist im Kalle des § 6532 BGB. beweispflichtig betreffs der Bestimmung der Höhe des Maklerlohnes'? OLG. Celle, II. CS. Urteil v. 12. Mai 1902. Ein gewerbsmäßiger Makler, dessen Gewerbe seinem Auftraggeber be­ kannt gewesen war, hatte nach Vermittelung des aufgetragenen Grundstücks­ verkaufes auf Zahlung der angeblich üblichen Provision von l°/0 geklagt, wogegen der Beklagte einwandte, es sei eine Provision von */2 °/0 vereinbart

Aus den Gründen: Nach § 653 würde zwar vorliegend ohne weiteres ein Maklerlohn als

worden.

vereinbart gelten.

Keineswegs gilt aber der „übliche" Maklerlohn, der aller­

dings an dem hier maßgebenden Orte l°/0 beträgt, schon als vereinbart. Das ergibt der Abs. 2, danach tritt der taxmäßige oder der übliche Lohn

nur ein, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist. Die gemeinrecht­ lich streitige Frage, wer in solchen Fällen beweispflichtig ist, ob der Gläubiger für die Negative oder der Schuldner für eine Positive, erscheint nach dem

Wortlaute des Abs. 2 im ersteren Sinne beantwortet. Es muß also der Kläger beweisen, daß die Höhe der Vergütung nicht bestimmt worden ist. Hch.

h) Pflichtwidrige Tätigkeit eines mit -em Nachweise eines Käufers betrauten Maklers. Folge für einen zweiten, gemeinschaftlich mit ihm beauftragten Makler. OLG. Posen, III. CS.

Urteil v. 18. April 1902.

Auch wenn die Kläger beweisen würden, daß der Auftrag lediglich auf den Nachweis eines Käufers gegangen sei, und daß sie als Erste den 3E. als Käufer den Beklagten nachgewiesen haben, würde der Klageanspruch hinfällig Voraussetzung des Anspruchs auf Maklerlohn bleibt immer, daß der Makler nicht gegen die von ihm geschuldete Vertragstreue verstoßen hat. Es hat denn auch das Reichsgericht in dem Urteil v. 12. Februar 1900 (Sachs.

sein.

Arch. 10 S. 237) den Satz aufgestellt, daß der Makler, dem Provision für

die Zuführung eines Käufers versprochen ist, nach der Zuführung sich jeder Handlung zu enthalten hat, die auf Hinderung des Vertragsabschlusses ab­

zielt, und daß es zu den vertragsmäßigen Leistungen, von denen der Provisions­ anspruch in einem solchen Falle abhängt, gehört, daß der Makler auch in seinem späteren Verhalten sich jeder Verletzung der Vertragstreue enthält.

Der Anspruch auf Maklerlohn entfällt also, wenn die Kläger dem Zustande­ kommen des Kaufvertrages mit B. entgegengewirkt haben; dies haben sie

aber getan. — Allerdings lag in der Anstellung und Anpreisung eines andern Grundstückes noch kein den Provisionsanspruch ausschließendes Handeln gegen die Vertragstreue, aber der Mitkläger B. hat dem Zustandekommen eines Vertrages mit 3E. dadurch entgegengearbeitet, daß er ihm erklärte, er werde ihm das Vorwerk bedeutend billiger, als für 48000 Mark verschaffen, und

daß X. hierdurch veranlaßt wurde, den Preis auf 46000 Mark herabzudrücken. Unzweifelhaft ist hiernach B. der übernommenen Vertragstreue zuwider für

den andern Teil tätig gewesen. Dieser Verstoß gegen die Vertragstreue be­ seitigt auch den Provisionsanspruch des Mitklägers A , da nur beiden ge­ meinschaftlich ein Anspruch zusteht, und das Verhalten des einen Klägers so

zu beurteilen ist, als hätten beide gehandelt; wie zum Vorteil so auch zum Nachteil? Übrigens haben erwiesenermaßen beide Kläger sich von vornherein

ungünstig über das Vorwerk geäußert und dadurch direkt gegen das Zustande­

kommen des Vertrages gewirkt.

S.

i) Erteilung eines Auftrages an einen Rechtsanwalt. BGB. §§ 662 ff. OLG. Dresden, I. CS.

Urteil v. 24. März 1902.

Nach der eigenen Schilderung des beklagten Rechtsanwaltes (bet die Er­

teilung eines Auftrages bestreitet) ist die Angelegenheit eingeleitet worden durch eine Unterredung, die er mit der Frau des Klägers als deffen Stell1 Vgl. dagegen Bolze 16 Nr. 226 und Gruchot 41 S. 873 Nr. 57.

Vertreterin gehabt hat.

Dabei hat ihm diese die Absicht, dem N. 10000 Mark

auf Hypothek zu leihen, kundgegeben und einen anderweiten Besuch zugleich

mit N. in Aussicht gestellt; dieser wünsche, daß der Beklagte das Grundbuch

einsehe, und es solle dann wegen Abtretung der Hypothek verhandelt werden. Noch vor dem Fortgehen habe sie gesagt: „Sie besorgen das dann, nicht

wahr?

Wir verstehen von Grundbuchsachen nichts", und der Beklagte darauf

geantwortet: „Verlassen Sie sich darauf, ich werde die Sache schon besorgen". Hierin ist unzweifelhaft die Erteilung und Annahme eines Auftrages zu et'

blicken.

Die Erteilung ist an den Gebrauch des Ausdruckes „Auftrag" in

keiner Weise gebunden, sondern auch in der Form einer Bitte oder eines

Wunsches zulässig.

Wenn die Frau des Klägers den Beklagten bat, „das

zu besorgen", und wenn sie daran die Frage: „nicht wahr?" knüpfte, so war

ihre auch für den Beklagten erkennbare Absicht darauf gerichtet, den Beklagten um seinen Rechtsbeistand in der bezeichneten Rechtsangelegenheit anzugehen, und der Beklagte erteilte eine Antwort, die nach Treu und Glauben nur als Annahme des Auftrages gemeint sein und verstanden werden konnte.

Wollte man die Worte nur als unverbindliche Höflichkeitsworte hinstellen, so würde dies zu einer bedenklichen Rechtsunsicherheit führen. Der Beruf des Rechts­

anwaltes besteht in erster Linie in der rechtsverständigen Beratung des sich an ihn wendenden rechtsunkundigen Publikums. Wenn der Laie den Anwalt um seinen Beistand bittet und der Sachwalter jenen darauf vertröstet, daß er sich ganz auf ihn und auf die Besorgung der Sache durch ihn verlaffen könne, so ist er durch dieses Versprechen gebunden. Dr. W

15 a) Das Zurückbehaltungsrecht aus HGB. § 369 wird durch den

Besitz anderer Sicherheiten «och nicht ansgeschlosien. OLG. Hamburg, IV. CS.

Urteil v. 24. Oktober 1902.

Für die Entstehung des Retentionsrechtes aus § 369 HGB. ist gleich­

gültig, ob und in welchem Umfange der Gläubiger anderweitige Sicherheiten für seine Forderungen aus früherer Zeit hat; das Gesetz macht in dieser Richtung keine Ausnahme.

Die einzige Möglichkeit, die Ausübung des Rechts

abzuwenden, besteht nach § 369“ in der Bestellung einer dem § 2321 BGB. entsprechenden Sicherheit.

Auch davon, daß die Ausübung jenes Rechts

wegen Mißbrauches unzulässig wäre, enthält der § 369 nichts.

Ebenso ist

die Frage, ob der § 226 BGB. der Beklagten entgegensteht, zu verneinen.

Selbst wenn die der Beklagten schon früher gegebenen Sicherheiten zur Zeit der Zahlungseinstellung und der Konkurseröffnung einen die beklagtische For­ derung übersteigenden Wert gehabt hätten, so müßte doch immer mit der

Möglichkeit gerechnet werden, daß dieser Wert Schwankungen unterlag, und daß er zur Zeit des Verkaufes der Sicherheiten soweit sinken konnte, daß der Erlös nicht mehr zur Befriedigung der Forderung ausreicht. Tatsächlich

ist dieser Erfolg eingetreten.

Bei dieser Sachlage machte aber die Beklagte

ihr Retentionsrecht geltend, um sich für den etwaigen Ausfall bei dem Ver­ kaufe der sonstigen Sicherheiten schadlos zu halten.

M. M. b) In welcher Weise Ist die öffentliche Versteigerung einer Ware nach § 3732 HGB. zu bewirkend

Kammergericht, XIII. CS.

Urteil v. 12. Mai 1902.

Der Kläger hat wegen Annahmeverzugs der Beklagten 200 Zentner Weizenmalz seine Ware, die unstreitig keinen Börsen- oder Marktpreis hat) in Berlin durch einen stellvertretenden vereideten Kursmakler öffentlich ver­

steigern lassen.

Die Klage auf den Unterschied zwischen dem Kaufpreise und

dem Erlöse wurde abgewiesen. Aus den Gründen: Nach § 373 sind zur Vornahme einer öffentlichen Versteigerung aus­ schließlich die dazu befugten Personen ermächtigt; welche Personen dies aber sind, ergibt weder das HGB. noch das BGB.

Nach § 383 BGB. ist reichs­

rechtlich nur der Gerichtsvollzieher zur Vornahme öffentlicher Versteigerungen ermächtigt, die Bezeichnung weiterer dazu befugter Beamten und Personen

aber dem Landesrechte vorbehalten. Damit steht § 36 GewO, im Einklang, wo neben der Freigabe des Gewerbes der Auktionatoren die Ermächtigung der verfassungsmäßig dazu berufenen Staats- und Kommunalbehörden oder Korporationen, Personen zum Zwecke der Ausübung dieses Gewerbes öffent­ lich anzustellen und zu beeidigen, aufrecht erhalten und sodann bestimmt wird:

„Die Bestimmungen der Gesetze, welche den Handlungen der genannten Ge­ werbetreibenden einen besonderen Glauben beilegen oder an diese Handlungen besondere rechtliche Wirkungen knüpften, sind nur aus die in dieser Weise angestellten Personen zu beziehen." Die letztere Vorschrift findet auf den Selbst­ hilfeverkauf nach bürgerlichem und Handelsrecht Anwendung (vgl. Schicker, GewO. § 36 Anm. 2). Reichsrechtlich sind die amtlich bestellten Handels­ makler daher nur zur Vornahme freihändiger Verkäufe mit Wirkung gegen Dritte befugt, und mehr hat § 34 des Börsengesetzes vom 22. Juni 1896 auch den durch dies Gesetz eingeführten Kursmaklern nicht übertragen. Aus­ drücklich bestimmt diese Vorschrift unter Aufzählung der einzelnen Fälle, daß die nach dem HGB. von den Handelsmaklern zu bewirkenden Verkäufe auch

den Kursmaklern zustehen sollen.

Wenn in Anschluß hieran die Befugnis

der sonst zur Vornahme von Verkäufen der bezeichneten Art oder von Ver­

steigerung öffentlich bestellten Handelsmaklern aufrecht erhalten wird, so wird durch diese Vorschrift nicht angeordnet, sondern vorausgesetzt, daß — und

zwar nach Landesrecht — Handelsmakler mit der Befugnis zur Vornahme öffentlicher Versteigerungen ausgestattet sind. Dieser Hinweis auf die Befugnis zu öffentlichen Versteigerungen ist aber in der neuen Fassung, welche der

§ 34 des Börsengesetzes durch Art. 14 des EG. zum HGB. erhalten hat, weggelassen worden, die Vorschrift lautet jetzt: „Die Kursmakler sind zur Vornahme von Verkäufen und Käufen befugt, die durch einen dazu öffentlich ermächtigten Handelsmakler zu bewirken sind."

Diese Befugnis umfaßt die

nach dem BGB., nach dem HGB. und sonstigen Reichsgesetzen (z. B. nach

§ 20 des Bankgesetzes) den amtlich bestellten Handelsmaklern zustehenden frei­ händigen Verkäufe von Waren, die einen Börsen- und Marktpreis haben.

Die Befugnis zu öffentlichen Versteigerungen ist hierdurch den Kursmaklern

nicht eingeräumt worden, weil eine solche nach Reichsrecht auch den Handels­ maklern nicht zustand.

Nur soweit diese Befugnis etwa nach Landesrecht

den amtlich bestellten Handelsmaklern ausdrücklich beigelegt ist, könnten die

Kursmakler auf Grund des jetzigen § 34 des Börsengesetzes zur Vornahme öffentlicher Versteigerungen mit Rechtswirkungen gegen Dritte für ermächtigt

gelten. In Preußen war durch § 3 EG. zum HGB. vom 24. Juni 1861 den zur Vermittelung von Kaufgeschäften über Waren bestellten Handelsmaklern die Befugnis erteilt worden, öffentliche Versteigerungen solcher Gegenstände abzuhalten. Dieses Gesetz ist aber durch Art. 8 des Ausf.-G. zum HGB. seit dem 1. Januar 1900 aufgehoben worden, andere landesgesetzliche Vor­

schriften fehlen. In Art. 32 des preuß. FrG. ist nur bestimmt, daß die Vorschriften unberührt bleiben, wonach freiwillige Versteigerungen auch von anderen Behörden oder mit öffentlichem Glauben versehenen Personen — als den Amtsgerichten und Notaren — vorgenommen werden können. Im Ausf.-G. zum BGB. handelt nur Art. 13 von den amtlichen Handelsmaklern,

aber auch diese Vorschrift hat, wie in der Begründung (S. 74) erwähnt wird, nur die zu Verkäufen aus freier Hand öffentlich ermächtigten Handelsmakler im

Auge, für deren Bestellung es, wenngleich die Kursmakler ohne Ausnahme zu solchen Verkäufen ermächtigt seien, es doch noch besonderer Bestimmungen bedürfe. Es wird daher — übrigens in Übereinstimmung mit § 40 des Gesetzes über die Handelskammern vom 19. August 1897 — die Stelle be­ zeichnet, welche die Ermächtigung zu erteilen hat, die Vereidigung geregelt

und über die Zurücknahme der Ermächtigung Bestimmung getroffen. Die Maklerordnung vom 4. Dezember 1896 (Kahn, Börsengesetz S. 276) lehnt sich lediglich an den § 34 des Börsengesetzes an .. .

Staub (Anm. 26 zu § 375 HGB.) führt die Kursmakler unter den zu öffentlichen Versteigerungen befugten Personen auf, aber ohne Begründung. Lehmann-Ring (Anm. 22 zu § 375) vertritt die diesseitige Ansicht. Daß vorliegend der Kursmakler eine

besondere Ermächtigung zur Vornahme öffentlicher Versteigerungen erhalten hat,

ist nicht behauptet; aus seiner Eigenschaft als Kursmakler an der Berliner Börse ergibt sich seine allgemeine Befugnis nichtz... v. W. c) HGV. § 377 findet keine entsprechende Anwendung auf ein­ seitige Handelsgeschäfte. Rückbehaltungsrecht wege« verjährter Ansprüche.

OLG. Hamburg, II. CS. Urteil v. 13. Dezember 1902. Nach der Meinung des Klägers muß der § 377 dann, wenn wie hier der eine Teil Kaufmann sei, enffprechende Anwendung finden, weil ein Kauf­ mann dem Schweigen seines Vertragsgegners entnehmen dürfe, daß die ge­

lieferte Ware genehmigt sei, und der Vertragsgegner nach Treu und Glauben mit solcher Anschauung des Kaufmannes rechnen und deshalb ihr entsprechend

sein Verhalten einrichten müsse. Eine derartige Ausdehnung des HGB. auf einseitige Handelsgeschäfte würde den Bestimmungen des BGB. widerstreiten, denn nicht dem § 377 HGB., sondern dem BGB. unterliegen einseitige Handelskäufe.

Das BGB. kennt aber eine Untersuchungs- und Rügepflicht

des Käufers — abgesehen von der Sondervorschrift des § 485 für den Vieh­

kauf — nicht, wie seine Bestimmungen klar zeigen und auch allseitig an­

erkannt ist (vgl. z. B. Planck zu § 464 Nr. 2; Dernburg 2 § 189 unter I; Crome 2 § 220 bei 51; Cosack 1 § 127 unter 8c). Dies ist auch der Standpunkt der Denkschrift zum HGB. S. 223—224, wo ausdrücklich ab­ gelehnt wird, daß ein Käufer, der nicht Kaufmann ist, zur sofortigen Unter­

suchung der Ware verpflichtet sei, und auf den gleichen Standpunkt hat sich schon das Reichsgericht (IW. 1901 S. 848 Nr. 30) in einem Falle gestellt, wo

In der von Staub

ein Kaufmann von einem Nichtkaufmann gekauft hat.

(Jur. Zeitg. 1902 S. 24) an diesem Urteile geübten Kritik wird dieser grund­ sätzliche Standpunkt nicht bekämpft, sondern nur geltend gemacht, daß das

Reichsgericht den § 157 BGB. zu eng auslege, der im einzelnen Falle den Käufer zur Untersuchung bezw. Anzeige gefundener Mängel verpflichten könne, widrigenfalls die Ware als genehmigt gelten müsse.

Derartige Umstände liegen jedenfalls hier nicht vor. Kläger war von vornherein darüber in Kenntnis, daß Beklagter (Landwirt) gegen die Ware erhebliche Bedenken habe und deshalb sogar einen Prozeß für unvermeidlich halte. Wenn der Be­

klagte erst einige Wochen nach Lieferung der Ware Proben entnommen hat, so findet das seine genügende Erklärung in der damaligen Erntezeit, welche alle Kräfte in Anspruch nahm. Der Kläger hat auch nicht etwa erst an­

gefragt, sondern ohne weiteres nach zwei Monaten auf Zahlung geklagt, als Beklagter noch gar nicht im Besitze des Gutachtens war. Beklagter hat sich daher nicht so verhalten, daß nach Treu und Glauben mit Genehmigung der

Ware habe gerechnet werden dürfen.... Auch die weitere Verteidigung des Klägers, daß die Gegenforderung nach BGB. § 477 verjährt fei, schlägt nicht durch.

Sie würde zwar einer

Einklagung solcher Ansprüche entgegenstehen (§ 222), nicht aber der Aus­ übung des Zurückbehaltungsrechts, welches dem Beklagten nach § 273? wegen dieser fälligen (wenn auch mit der Einrede der Verjährung behafteten) An­

sprüche aus Verwendungen auf die gekaufte Ware bezw. wegen eines ihm durch deren Lagerung entstandenen Schadens zustand.

Klägerin konnte die

Ausübung des Zurückbehaltungsrechts nur durch Sicherheitsleistung abwenden (§ 273 3). An dem hinterlegten Betrage erwarb der Beklagte gemäß § 233 ein Pfandrecht und nach § 223 hinderte die Verjährung des hier fraglichen Anspruchs ihn nicht, seine Befriedigung aus dem hinterlegten Betrage zu

suchen.

M. M.

d) Annahme der Postpaketadresse ist nicht Ablieferung des Paketes. OLG. Hamburg, IV. CS. Urteil v. 14. März 1902. Mit der Aushändigung der Postpaketadresse an die Beklagte hat die

Ablieferung der Ware nicht stattgefunden. Es war dadurch lediglich der Ver­ such der Ablieferung gemacht, der aber scheiterte, weil Beklagte ablehnte, die

Ware an sich zu bringen, und erklärte, den Vertrag wegen verspäteter Lieferung annullieren zu wollen.

Daß bei einem derartigen Verhalten des Käufers die

Ablieferung nicht perfekt wird, ist bereits im Urteil vom 6. Januar 1902

erörtert.

Auch das Reichsgericht (Entsch. 5 S. 32) führt aus, daß zur Ab­

lieferung nicht eine abgelehnte, wenngleich reale Traditionsofferte genüge,

wenn es dem Verkäufer nicht gelinge, sich des Gewahrsams der Ware zu ent­

äußern. Solange aber der Adreffat einer Postsendung sich nicht zu deren Abnahme bereit erklärt hat, übt die Postverwaltung das Gewahrsam an der Sendung nicht für ihn, sondern für den Absender aus, mag die Paketadresse

auch bereits bei dem Adreffaten abgeben sein. Das Gewahrsam an der Ware verblieb deshalb auch nach deren Ankunft in Hamburg in Rücksicht auf die Abnahmeweigerung der Beklagten vorläufig noch bei dem Kläger. Blieb diese Weigerung eine dauernde, so hatte der Kläger das Recht wie die Pflicht

anderweitig über die Ware zu verfügen. Dieses Verhältnis änderte sich in­ dessen, sobald Kläger die Beklagte wiederholt um Übernahme ersucht und diese sich nunmehr dazu bereit erklärt hatte.

Jetzt war die Ablieferung vollendet,

die Verfügung über die Ware dem Kläger abgenommen und mit diesem Zeitpunkte trat die Pflicht der Beklagten zur Untersuchung und Mängel­ anzeige ein. M. M.

e) Rechtzeitigkeit -er Mangelanzeige OLG. Celle, II. CS. Urteil v. 20. Januar 1902. Der Beklagte hat eingewendet, daß er den gekauften und im September­

gelieferten Motor nicht habe anzunehmen brauchen, weil nach getroffener

Vereinbarung er sich über die Annahme nicht eher habe zu entscheiden brauchen, als bis er ihn bei dem Kläger im Betriebe gesehen. Hierin kann die Geltend­ machung einer eigentlichen Bedingung, von deren Eintritt der Abschluß des Vertrages überhaupt abhängig gemacht werden sollte, nicht gefunden werden, vielmehr hat die Vereinbarung die Bedeutung, daß der Beklagte nicht ver­ pflichtet sein sollte, sich über Billigung der von ihm gekauften Ware eher zu

erklären, als bis ihm eine bei dem Kläger anzustellende Betriebsprobe dazu

eine Unterlage geben werde.

Damit war die Untersuchungspflicht des Be­

klagten hinausgeschoben und zugleich ein von seiner eigenen Niederlassung

verschiedener Ort bestimmt, an welchem die Prüfung der Ware stattfinden sollte.

Der Beklagte brauchte alsdann die Lieferung des Motors auf seinen

Hof nicht als Ablieferung gelten zu lassen, er konnte seine Annahme ver­ weigern. Wenn er es gleichwohl geschehen ließ, daß der Motor auf seinem Hofe verblieb, so lag darin eine Anerkennung der erfolgten Ablieferung dann

nicht, wenn er gegen die Annahme protestierte. Zu untersuchen brauchte er den Motor nicht und wenn er, wie tatsächlich geschehen, im Dezember gleich­ wohl dazu überging, ihn aufzustellen und zu untersuchen, so kann ihm der Kläger die bis dahin verstrichene Zeit nicht

als Verzögerung

anrechnen.

Nachdem aber einmal der Beklagte sich mit der Untersuchung befaßt und

damit von nun an auf seine Rechte aus der Vereinbarung verzichtet hatte, war er auch verpflichtet, sie ohne Verzug zu Ende zu führen und Beanstan­ dungen ohne Säumen geltend zu machen. Tatsächlick hat er nach Vornahme der Untersuchung noch über einen Monat verstreichen lassen, ehe er die Betriebsunfähigkeit des Motors rügte.

Zur Rechtfertigung dieser Verzögerung hat er sich darauf berufen, daß die Untersuchung das Fehlen einer Pumpe ergeben habe, und daß ohne eine solche die Lieferung nicht vollständig und keine erschöpfende Prüfung des

Motors möglich gewesen sei.

Vor vollständiger Lieferung des Kaufobjekts

ist allerdings der Käufer zu seiner Untersuchung nicht verpflichtet, wenigstens

wenn es sich nicht um das Fehlen eines für die Untersuchung offenbar ganz Indessen konnte von einer Beweis­ erhebung darüber, ob die Mitgabe einer Pumpe zu einem Motor handels­ unerheblichen Zubehörstückes handelt.

üblich und ob sie Zubehör eines solchen ist, abgesehen werden.

Denn ab­

gesehen davon, daß es sich hier um einen gebrauchten Betriebsgegenstand handelt, bei welchem die mehr oder weniger vollständige Ausrüstung Sache der Vereinbarung im einzelnen Falle zu sein pflegt, ergibt sich aus der Begutachtung, daß eine Pumpe zum Betriebe eines Motors überhaupt nicht und zu seiner Prüfung nur dann erforderlich ist, wenn es an einer Wasser­ leitung fehlt. Danach ist nicht anzunehmen, daß sie in allen Fällen auch ohne besondere Bestellung, die nicht behauptet ist, als Zubehör im Handels­ verkehre angesehen wird. Es kommt mithin lediglich darauf an, ob der Be­ klagte zur ordnungsmäßigen Prüfung des Motors einer Pumpe bedurfte.

War dies der Fall, so war er berechtigt, die Untersuchung bis zum Eintreffen einer solchen auszusetzen. Ob die Pumpe, wie geschehen, vom Kläger ge­ liefert wurde oder ob der Beklagte sie auf seine Kosten hätte beschaffen müssen, ist ohne Belang; daß sie im letzteren Falle früher eingetroffen und daher die Vornahme der Untersuchung früher möglich geworden wäre, ist nicht behauptet. Auch ist nicht behauptet, daß nach dem Eintreffen der Pumpe der Beklagte sich noch einer Verzögerung in der Vornahme der

Untersuchung schuldig gemacht hätte. ...

Str.

f) Erforderlicher Inhalt einer Mangelanzeige. OLG. Hamburg, IV. CS.

Urteil v. 24. Oktober 1902.

Eine völlig allgemein gehaltene Anzeige genügt allerdings nicht, die An­ zeige soll vielmehr erkennen lassen, worin der Empfänger die Vertrags- oder Gesetzwidrigkeit erblickt, ohne daß indessen eine spezielle Angabe der Mängel

erforderlich wäre.

Vorliegend schreibt der Beklagte: „der Ausfall der Kohlen

ist ein so miserabler und kontraktwidriger, daher nicht annähernd mit der mir

angebotenen Ware zu vergleichen.

Ich stelle daher die für Sie hier gelagerten

Aus dieser Fassung erhellt, daß der Beklagte generell die Qualität der gelieferten Kohle bemängeln wollte, daß er die Ab­

Kohlen zu ihrer Verfügung".

nahme weigerte, weil die Kohle an Art und Güte auch nicht entfernt der zu

liefernden Ware gleich kam.

Eine derartige Rüge erscheint aber bei einem

Handelsartikel wie Kohlen, wenn besondere Eigenschaften nicht vereinbart

waren, ausreichend; ein weiteres Aufzählen der einzelnen Eigenschaften, welche die gelieferte Kohle als minderwertig hinsichtlich ihrer Qualität erscheinen

ließen, bedurfte es nicht. Es war klar genug zum Ausdruck gebracht, worin der Empfänger die Vertragswidrigkeit erblickte. M. M.

8) Genehmigung von Mängeln beim Kans. Urteil v. 12. April 1901.

OLG. Hamburg, IV. CS.

Die gekauften amerikanischen Schinken erwiesen sich bei der Untersuchung am Sitze des Käufers (Köln) als verdorben infolge zu geringen Salzgehaltes. Da die Ware cif. Rotterdam verkauft und dort vom Käufer bezahlt und über­

nommen war, so war dort der Ablieferungsort und galt dieser Mangel als genehmigt. Die hiernach anzunehmende Genehmigung ist selbstverständlich deshalb nicht bedeutungslos, weil die Schinken, wenn sie schon zur Zeit der Ablieferung den später konstatierten Verderb gehabt hätten, nach dem deutschen Nahrungsmittelgesetze im Inland« als Nahrungsmittel teilweise nicht hätten verkauft werden dürfen. Der Umstand, daß Kläger um der Mängel Willen

im Vertriebe der Ware beschränkt war, hinderte nicht die rechtliche Wirksamkeit der Genehmigung.

.

M. M.

h) Exekutionsintervention aus HGB. §§ 406, 392. OLG. Celle, I. CS.

Urteil v. 27. Oktober 1902.

Eine dem Kläger gehörige Maschine ist in seinem Aufttage durch den B., der zwar nicht gewerbsmäßiger Kommissionär, aber Handlungsagent und Maschinenhändler ist, an X. verkauft worden. B. hat den Berkaus in eigenem

Namen, aber für Rechnung des Klägers abgeschlossen und X. das Eigentum

des Klägers und das zwischen diesem und dem B. bestehende Rechtsverhältnis nicht gekannt. Der Beklagte hat die Forderung gegen X. auf Grund eines gegen B. lautenden Schuldtitels pfänden lassen, ist aber zur Freigabe ver­ urteilt. Aus dm Gründen: Wenn lediglich das bürgerliche Recht anzuwenden wäre, so würde die Klage abzuweisen sein, da B. beim Abschlüsse des Kaufgeschäftes nicht zu

erkennen gegeben hat, daß er das Geschäft namens des Klägers abschließe, und da eine solche Absicht seinerseits auch aus den begleitenden Umständen sich nicht ergab. Jene Voraussetzung trifft aber nicht zu, vielmehr greifen

Die Klage ist darauf gestützt, daß die

die 88 406, 383, 392 HGB. Platz.

von B. gegen X. allerdings an sich erworbene Forderung im Verhältnisse zum Beklagten dem Kläger zustehe.

Dies ist auch richtig.

B. war als

Maschinenhändler gemäß § 1 Nr. 1 wie auch als Handlungsagent gemäß 8 1 Nr. 7 „Kaufmann". Er hat den für den Kläger bewirkten Verkauf

der Maschine „im Betriebe feines Handelsgewerbes" abgeschlossen (8 406 Satz 2). Der Verkauf wurde in der Weife per fixiert, daß er, wenn Gewerbsmäßigkeit des Verkaufens von Waren rc für Rechnung

eines Anderen in eigenem

Namen

vorläge,

als

Kommissionsgeschäft

im

Sinne

des

§ 383

erscheinen

würde.

Die

Normen

über Kommissions-

geschäfte greifen aber nach § 406 Satz 2 auch in Fällen wie dem vorliegenden Platz.

Greifen sie aber Platz, so gelten nach § 3922 die Forderungen aus

einem Geschäfte des Kommissionärs im Verhältnisse zwischen dem Kommittenten

und dem Kommissionär oder dessen Gläubigern als Forderungen des Kom­ Hier also gilt die Forderung des B gegen X-, ohne daß es auf

mittenten.

3E.’§ Kenntnis der Sachlage irgendwie ankommt, im Verhältnisse des Klägers zu B. wie zu dessen Gläubiger, dem Beklagten, als Forderung des Klägers,

und in dem Kampfe der beiden Prätendenten um den Preis der Maschine

muß demnach, insbesondere auch bei der Intervention nach § 771 CPO. (vgl. Staub zu § 392 HGB.), der Beklagte unterliegen. . . H.

i) Annoncenbureau. Verpflichtung zur Lieferung von Belegblättern n. dgl. HGB. § 407. tt) OLG. Celle, III. CS.

Urteil v. 22. März 1902.

Das Geschäft eines Annoncenbureaus, insoweit es in der Vermittelung

der Insertion von Annoncen in die ihm zu diesem Zwecke aufgegebenen

Zeitungen besteht, ist als dasjenige eines Spediteurs auftufassen und nach den handelsrechtlichen Grundsätzen der Spedition zu beurteilen (Entsch. des RG. 20 S. 51). Nach §§ 4072, 384 HGB. hat daher der Inhaber bei der Ausführung der ihm in Auftrag gegebenen Geschäfte die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zu beobachten, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben und über das ausgeführte Geschäft Rechenschaft abzu­

legen. Nach der Natur der Sache gehört hierzu aber bei Erteilung eines größeren umfangreichen Auftrages (hier von 2—300 Mark), daß er seinem Auftraggeber durch Belege, Belegausschnitte oder Aufnahmebestätigungen der Zeitungsexpeditionen den Nachweis liefert, daß die Inserate in vorschrifts­

mäßiger Art, d. h. in richtiger Anzahl, zu den bestimmten Zeiten und dem

Wortlaut entsprechend ausgenommen worden sind, da dem Auftraggeber nicht

zugemutet werden kann, von den verschiedenen Zeitungen sich die Belege

anzuschaffen. Hiernach war der Beklagte berechtigt, die Zahlung solange zu verweigern, als ihm nicht der Nachweis erfolgter Insertion geliefert war.... H. ß) OLG. Zweibrücken, I. CS. Urteil v. 3. Juli 1901. Für den Kaufmann, der den Auftrag zum Inserieren gibt, bildet die Insertion ein Handelsgeschäft nach dem shier noch anzuwendenden) Art. 273

274 HGB. Der Annoncenspediteur besorgt aber gewerbsmäßig in eigenem Namen für Rechnung eines Auftraggebers die Insertion, schließt also gewerbs­

mäßig in eigenem Namen für Rechnung eines Auftraggebers Handelsgeschäfte ab. Demgemäß ist er aber auch als Kommissionär im Sinne des Art. 360 zu bezeichnen.

Die Annahme eines Speditionsgeschäftes ist dagegen mit dem

Begriffe dieses Geschäftes nicht in Einklang zu bringen.

Spediteur ist nach Art. 379, wer gewerbsmäßig in eigenem Namen für fremde Rechnung Güter­ versendungen zu besorgen übernimmt. Wenn nun auch „Gut" im Sinne dieses Artikels jeder bewegliche oder transportable Gegenstand ist, und des-

halb zu den Gütern auch Briefe gehören, weil bei diesen die Mitteilung an ein körperliches Substrat geknüpft ist, welches ein geeigneter Gegenstand des

Transportes ist (Entsch. d. RG. 20 S. 49),

so kann gerade deshalb die

Annonce, welche der Zeitung übermittelt werden soll, nicht als Gut betrachtet

werden, weil sie nicht an das körperliche Substrat geknüpft ist.

Kann aber

hiernach bei dem Annoncenspediteur mangels eines zu befördernden Gutes nicht

von einem Speditionsgeschäft die Rede sein, so entfällt damit endlich auch von

selbst die Annahme einer Mischung von Kommission und Spedition... Dr. Kr.

k) Annahme des Gutes. HGB. §§ 486, 450. Kammergericht, XII. CS.

Urteil v. 19. März 1902.

Kläger hatte auf Grund eines Frachtvertrages mit X. eine Ladung Kies zu Schiff nach T. transportiert, wo sie an Beklagten abgeliefert werden sollte.

Auf die Meldung des Schiffers gab Beklagter einen Frachtvorschuß und wies einen Abladeplatz an, wo er sodann den Kies, der nach Kubikmetern zu be­ zahlen war, vermeffen ließ; hierbei ergaben sich 87 cbm. Kläger, hiermit nicht zufrieden, ließ den Kies auch seinerseits vermeffen, wobei 95 cbm er­

mittelt wurden. Da Beklagter nach diesem Quantum die Fracht nicht be­ zahlen wollte, ließ Kläger den Kies versteigern. Seine Klage auf den Rest

der Fracht wurde abgewiesen. Aus den Gründen: Durch Abschluß des Frachtvertrages werden Rechtsbeziehungen zunächst nur geknüpft zwischen den Vertragskontrahenten: dem Frachtführer und Ab­ sender. Ersterer kann sich deshalb wegen seiner vertragsmäßigen und gesetz­ lichen Ansprüche — soweit sie nicht dingliche Wirkung haben — lediglich an letzteren halten. Nach § 436 erweitert sich aber das Recht des Frachtführers durch die Annahme des Frachtgutes und des Frachtbriefes dahin, daß nun­ mehr kraft Gesetzes der Empfänger als Schuldner neben den Absender tritt.

Die Ansicht des Klägers, daß die Voraussetzungen des § 436 vorliegen, ist nicht zutreffend. Zunächst steht die Aushändigung des Ladescheines nicht

der Aushändigung des Frachtbriefes gleich.

Fracht- und Ladeschein sind

zwei wesentlich verschiedene Urkunden, die einander nicht ersetzen, sondern durchaus unabhängig nebeneinander.hergehen. Der Ladeschein ist ein Verpflichtungsfchein, durch den sich der Frachtführer zur Aushändigung des Gutes verpflichtet (§ 444).

Der Frachtbrief dagegen ist Beweisurkunde

über den Inhalt des Frachtvertrages, welche vom Absender ausgestellt und

dadurch diesen, durch die Annahme aber alsdann auch den Frachtführer bindet. Hiernach steht die Aushändigung des Ladescheines nicht der des Frachtbriefes gleich, selbst wenn der Ladeschein an den Empfänger durch den Schiffer

ausgehändigt ist.

Ob, wie Staub § 436 Anm. 3 meint, auch durch die

bloße Annahme des Gutes obligatorischen Beziehungen zwischen dem Fracht­

führer und Empfänger entstehen, z. B. wenn kein Frachtbrief ausgestellt ist, oder ob in diesem Falle der Frachtführer nicht dem Empfänger gegenüber nicht bloß auf sein Pfandrecht beschränkt ist (§ 440 Abs. 3), kann hier dahin gestellt bleiben, da auch eine Annahme des Gutes nicht vorliegt.

Der Begriff der Annahme deckt sich mit der „Empfangnahme" des früheren Art. 343, wie schon rein äußerlich darin hervortritt, daß, ohne daß eine materielle Änderung beabsichtigt ist, in dem dem Art. 343 entsprechenden

§ 373 das Wort „Empfangnahme" durch „Annahme" ersetzt ist.

Die Em­

pfangnahme aber besteht, wie in Praxis und Wissenschaft unstreitig ist, in der tatsächlichen Entgegennahme der Ware in die Verfügungsgewalt, durch

die der Frachtführer von der Aufbewahrungspflicht befreit und der Empfänger

zu dieser verpflichtet wird (Gruchot 32 S. 713; IW. 1899 S. 10142, 1900 S. 3114). Ein solcher Übergang des Frachtgutes aus dem Gewahrsam des Klägers in den des Beklagten hat aber hier nicht stattgefunden.

Die An­

weisung des Löschplatzes und die Vermessung der Ladung waren bloß vor­

bereitende Akte für die Annahme und änderten am Gewahrsam des Schiffers

nichts. Die Meinung des Klägers, daß die Annahme des Ladescheines eine An­ nahme der Ware im Sinne des § 436 enthalte, beruht auf rechtsirriger Aus­ legung des § 450. Dieser bestimmt, daß die Übergabe des Ladescheines für den

Erwerb von Rechten an dem Gute dieselben Wirkungen wie die Übergabe des Gutes hat, mit andern Worten: Durch die Übergabe des Ladescheines

wird Eigentum erworben so, als wenn das Gut körperlich übergeben wäre. Dagegen wird der Gewahrsam am Gute durch die Übergabe des Lade­

scheines nicht berührt.

Der Gewahrsam bleibt dem Schiffer solange, bis das

Gut vom berechttgten Empfänger angenommen ist, und alsdann erst entsteht,

wenn außerdem der Frachtbrief angenommen ist, pflichtung zur Bezahlung der Fracht.

die obligatorische Ver­

Der Mangel der Voraussetzungen für die gesetzliche Haftung des Em­

pfängers würde natürlich der Haftung aus einer vertraglichen Verpflichtung

nicht im Wege stehen. Eine solche liegt aber nicht schon darin, daß der Kläger bei Überreichung des Ladescheines einen Vorschuß vom Beklagten

erhalten hat. Hat letzterer einen solchen Vorschuß gezahlt, so tat er das in der Erwartung, daß es demnächst zu einer Abnahme kommen würde. Da­ gegen kann nicht in Frage kommen, daß Beklagter sich dadurch verpflichtet hat, die übrige Fracht auch dann zu bezahlen, weil der Kläger sie an eine Bedingung, nämlich Zahlung der Fracht für 95 cbm, knüpfte, die Beklagter für unberechttgt hielt und halten durfte, da die durch seine Leute vorgenom­ mene Vermeffung nur 87 cbm ergeben hatte.

F.

1) Voraussetzungen des gesetzlichen Pfandrechtes des Frachtführers. Nachfolgender böser Glaube schadet nicht. HGB. §§ 366, 440. OLG. Kiel, I. CS.

Urteil v. 9. Dezember 1901.

Die Meinung, daß der Frachtführer nur dann ein Pfandrecht an den ihm zum Transport übergebenen Gegenständen erwerben könne, wenn der

Absender Kaufmann sei und im Bettiebe seines Handelsgewerbes gehandelt habe, ist nach der Fassung des § 3663 unbegründet.

In der Denkschrift

heißt es zu § 358 (jetzt § 366), daß durch die Fassung der Vorschrift außer

Zweifel gesetzt wird, daß es bei den bezeichneten gesetzlichen Pfandrechten für

VI.

7

den Schutz des guten Glaubens keinen Unterschied begründet, ob der Schuldner Kaufmann ist oder nicht.

Auch der Einwand, daß Beklagter nicht in gutem

Glauben gewesen sei, ist nicht begründet.

Das Pfandrecht des Frachtführers

entsteht bereits mit der Empfangnahme des Frachtgutes zum Zwecke des

Transportes.

Daß Beklagter

schon in diesem Zeitpunkte das klägerische

Eigentum gekannt habe, ist nicht behauptet.

Ob er nachträglich diese Kenntnis

erlangt hat, ist für den Bestand des einmal in gutem Glauben erworbenen Pfandrechtes ohne Bedeutung.

Gr. 16

a) Widerspruchsrecht des Subhastaten gegen de« Anspruch ans einer Hypothek, die in das geringste Gebot nicht anfgenomme« ist, aber «ach der Vereinbarung des Gläubigers mit dem Erfteher bestehe« bleibt. ZwBG. § 115. BGB. § 892.

Kammergericht, XI. CS.

Beschluß v. 5. Dezember 1902.

Das Amtsgericht hatte den Widerspruch des Schuldners im Kaufgelder­ belegungstermin gegen das Liquidat zweier Hypothekengläubiger, deren in das

geringste Gebot nicht aufgenommene Hypotheken infolge Vereinbarung mit der Ersteherin von dieser in Anrechnung auf das Kaufgeld übernommen waren, als unsubstantiiert zurückgewiesen. Der den Widerspruch zulafsende Beschwerdebeschluß ist auf die weitere Beschwerde der Ersteherin aufrecht erhalten. Aus den Gründen: Nach § 1151 ZwBG. in Verbindung mit § 876 CPO. war der Sub-

hastat befugt, gegen die Liquidate, welche die beiden Gläubiger auf Grund der für sie eingetragenen Hypotheken geltend machten, Widerspruch zu erheben, da diese Hypotheken nicht zu denjenigen Rechten gehörten, welche als Teil

des geringsten Gebotes bestehen blieben. Es genügte auch, daß der Schuldner die Existenz der liquidierten Ansprüche bestritt, ohne den Widerspruch näher zu begründen (vgl. Wolff Anm. la zu § 115). Nur dann, wenn es sich um den Widerspruch des Schuldners gegen einen vollstreckbaren Anspruch handelt, sind die tatsächlichen Behauptungen, auf Grund deren die Einstellung

der Zwangsvollstreckung oder die Fortsetzung nur gegen Sicherheitsleistung beantragt wird, glaubhaft zu machen (§ 1153; CPO. § 769).

Nun hält

zwar die Beschwerdeführerin den Widerspruch auch deshalb für unberechtigt, weil er sich gegen eingetragene Rechte richte, und weil sie als Ersteherin gemäß 88 893, 1155 BGB. befugt gewesen sei, mit den Gläubigern zu

vereinbaren, daß sie diese Hypotheken in Anrechnung auf den von ihr bar

zu zahlenden Teil des Meistgebotes übernehme.

Allein das Recht des guten

Glaubens auf Grund der §§ 893, 1155 kann für jene Vereinbarung nicht in Betracht kommen, denn durch dieselbe erlangte sie kein Recht an den Hypotheken im Sinne des § 892 BGB., sondern nur einen obligatorischen

Anspruch gegen die Gläubiger, ihr die Hypotheken stehen zu lassen. Nach § 911 ZwVG. erlöschen Hypotheken, soweit sie nicht nach den

Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben sollen.

Doch kann nach Abs. 2

zwischen dem Berechtigten und dem Ersteher vereinbart werden, daß

ein Recht an dem Grundstücke bestehen bleiben soll; allein dadurch wird das Recht des Schuldners, gegen die Existenz der Hypothekenansprüche Wider­

spruch nach § 115* zu erheben, nicht berührt. Nur das Teilungsverfahren

gestaltet sich anders. Die Ersteherin ist nicht verpflichtet, den auf die Hypo­ theken entfallenden Teil des Kaufpreises bar zu zahlen, sondern sie ist be­ rechtigt, der Vereinbarung gemäß die Hypotheken als Schuldnerin zu übernehmen

(BGB. § 418; Wolff Anm. 4, Jäckel Anm. 5 zu tz 91), und es ist dem­ entsprechend nach § 1241 im Teilungsplan festzustellen, wie jede der Hypo­

theken verteilt werden soll,

wenn der Widerspruch für begründet erklärt

wird....

Sch.-G.

b) Umfang der Befugnis des Zwangsversteigerungsrichters, um

Bewirkung von Grnndbucheintragnngen z« ersuchen. Berichtigung irrtümlicher Ersuchen. Beschwerderecht des Bollstreckungsgerichts. Kammergericht, I. CS.

. Beschluß v. 29. Dezember 1902.

Die in Abt. III unter Nr. 2, 5 haftenden Hypotheken hatte der Ersteher

mit Einwilligung des Gläubigers auf den Kaufpreis übernommen; sie wurden

jedoch bei der Berichtigung des Grundbuches infolge eines Versehens im Er­ suchungsschreiben mit gelöscht. Nach Entdeckung des Versehens ersuchte der Vollstreckungsrichter um Wiederherstellung der alten Eintragungen unter der­ selben Nummer. Der Antrag wurde zurückgewiesen, weil die Eintragung nur mit Bewilligung des Eigentümers zulässig sei. Auf weitere Beschwerde des Vollstreckungsgerichts wurde die Sache an das Grundbuchamt zurückverwiesen.

Aus den Gründen: Übereinstimmend mit dem früheren preußischen Recht hat nach § 130

ZwVG. das Vollstreckungsgericht nach Ausführung des Teilungsplanes von Amtswegen zu veranlassen, daß die Veränderungen, welche der Zuschlag und

die Anordnungen des Teilungsplanes in den Rechtsverhältnissen an dem Grundstücke herbeigeführt haben, in das Grundbuch eingetragen werden.

Nach früherem Rechte war dem Ersuchen eine Ausfertigung der Kaufgelder­ belegungsverhandlung und des Zuschlagsurteiles beizufügen, woraus für den Grundbuchrichter die Verpflichtung erwuchs, die Übereinstimmung des Er­ suchens mit den gedachten Urkunden zu prüfen.

Dadurch war er in die

Lage gesetzt, den Vollstreckungsrichter bei Abweichungen des Ersuchens vom

Inhalt der beigesügten Urkunden zu einer Richtigstellung zu veranlassen und, falls' er auch seinerseits die Abweichung übersehen hatte, konnte er mit Rück­ sicht auf sein eigenes Versehen zu Unrecht gelöschte Posten gemäß § 118 Pr. GrBO. von Amtswegen wieder eintragen. Nach jetzigem Rechte dagegen wird

dem Grundbuchrichter der Zuschlagsbeschluß und die Kaufgelderverteilungs­ verhandlung nicht mehr mitgeteilt, so daß er die Eintragung lediglich auf Grund des Ersuchens bewirkt, dessen Inhalt er nicht nachzuprüfen hat.

Es

fragt sich deshalb, ob ein Versehen, welches der Versteigerungsrichter durch

1*

Herbeiführung unrichtiger Löschungen

begangen hat, jetzt

dadurch geheilt

werden kann, daß der Grundbuchrichter um Wiederherstellung der gelöschten Einträge ersucht wird und dem Ersuchen stattgeben muß.

Nach § 39 GrBO.

hat der Grundbuchrichter Eintragungen im Grundbuch auf Ersuchen von

Behörden zu bewirken, soweit diese nach gesetzlicher Vorschrift zu einem Er­

suchen um Eintragungen befugt sind.

Seine Prüfungspflicht erstreckt sich

in diesem Falle, abgesehen von den etwa aus dem Grundbuche sich ergebenden Bedenken, lediglich auf die Frage der Zuständigkeit der Behörde. Im übrigen ist für die gesetzlichen Voraussetzungen des Ersuchens die Behörde verant­

wortlich.

Das Ersuchen ersetzt in diesem Falle den Antrag (GrBO. § 13),

die Eintragungsbewilligung (§ 19), sowie die sonst etwa zur Eintragung er­

forderlichen Erklärungen Dritter (Denkschrift S. 48, Heymannsche Ausg.). Vorliegend haben die Vorinstanzen das Ersuchen des Vollstreckungsrichters

auf Wiedereintragung der gelöschten Hypotheken abgelehnt, weil sie eine zum Ersuchen berechtigende gesetzliche Vorschrift vermiffen.

Dieser Ansicht kann

nicht beigetreten werden. § 130 ZwVG. bestimmt, daß das Grundbuchamt zu ersuchen ist, den

Ersteher als Eigentümer einzutragen, den Versteigerungsvermerk sowie die durch den Zuschlag erloschenen Rechte zu löschen, die Eintragung der Siche­

rungshypotheken für die Forderung gegen den Ersteher zu bewirken, endlich die im geringsten Gebote berücksichtigten aber nicht oder nicht mehr bestehen­ den Rechte zu löschen. Ein Ersuchen um Berichtigung von versehentlich ver­ anlaßten unrichtigen Eintragungen ist danach allerdings nicht ausdrücklich er­ wähnt. Allein sie ist die unabweisbare Folge der Verpflichtung, einen durch

das Gesetz genau vorgeschriebenen Stand des Grundbuches herbeizuführen. Das Gesetz weist den Vollstreckungsrichter an, die Löschung der durch den Zuschlag erworbenen Rechte zu beantragen. Durch den Zuschlag aber erlöschen nicht Rechte, welche nach Inhalt des geringsten Gebotes oder nach einem nach-

träglichen, zwischen dem Ersteher und dem Berechtigten getroffenen Abkommen (ZwVG. tz 91*) oder nach besonderen gesetzlichen Bestimmungen (§ 52*, EG. § 9, Ausf.-G. zum ZwVG. Art. 6) bestehen bleiben.

Ist ein solches

nicht erloschenes Recht versehentlich zur Löschung gebracht, so kommt der Voll­

streckungsrichter nur seiner gesetzlichen Obliegenheit nach, wenn er die Wieder­ eintragung beim Grundbuchrichter in Antrag bringt, um diejenige Ordnung der Grundbucheintragungen herbeizuführen,

Anfang an oblag.

deren Herbeiführung ihm von

Diesem nach gesetzlicher Vorschrift zulässigen Ersuchen muß

der Grundbuchrichter nach GrBO. § 39 stattgeben.

Ein solcher Fall lag hier

vor swird näher bargelegt]. Ob die Wiedereintragung der Hypotheken als ein Fall der Grundbuchberichtigung im Sinne des § 894 BGB., § 22 GrBO.

anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben.

Hier handelt es sich bloß um die

Frage, ob der Grundbuchrichter dem Ersuchen des Vollstreckungsrichters statt­ geben muß.

zu bejahen.

Diese Frage, für welche der § 39 GrBO. maßgebend ist, ist

Nach einer Richtung hin bedarf indessen die Verpflichtung des Grund­ buchrichters mit Rücksicht darauf, daß hier Wiedereintragung an der alten

Stelle beantragt ist, einer Einschränkung.

Die allgemeinen Voraussetzungen,

denen nach grundbuchrechtlichen Grundsätzen bei jeder Eintragung genügt sein muß, müssen auch bei dem Ersuchen einer Behörde gegeben sein. In der Denkschrift zur GrBO. wird hierauf ausdrücklich hingewiesen und es werden

als solche allgemeine Voraussetzungen diejenigen der §§ 5, 6, 16—18, 28,

40, 48 hervorgehoben.

Dahin gehören vor allem die Grundsätze zum Schutze

des guten Glaubens im Grundbuchverkehr. Der Grundbuchrichter hat also auch beim Ersuchen von Behörden um Eintragungen zu prüfen, ob dieselben nicht zur Beeinträchtigung von wohlerworbenen Rechten Dritter führen können.

Führen solche Rechte lediglich ein Leben im Buche, wie z. B. die Buchhypo­ theken, so werden das Grundbuch und die Grundakten ergeben, ob sie durch die nachgesuchte Eintragung verletzt werden können.

Anders bei solchen

Rechten, bei denen gutgläubiger Erwerb auch außerhalb des Grundbuches ein­ treten kann, wie z. B. bei Abtretung einer Briefhypothek. Hier kann eine Eintragung mit Vorrang vor anderen Hypotheken den im Grundbuche auf­ geführten Gläubigern gegenüber ohne Rechtsverletzung möglich sein, wie bei der Wiedereintragung zu Unrecht gelöschter voreingetragener Rechte, nicht aber auch Gläubigern gegenüber, welche inzwischen im guten Glauben und im Ver­

trauen aus die erfolgte Löschung des voreingetragenen Rechts Rechte an dem Grundstücke erworben haben. Soweit ein solcher gutgläubiger Erwerb nach der konkreten Sachlage möglich ist, muß der Grundbuchrichter daher von der Eintragung des Rechts, um welche er ersucht ist, Abstand nehmen. Dagegen

hat er alsdann einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuches ein­ zutragen, um dadurch einen weiteren gutgläubigen Erwerb zu hindern, denn in dem Ersuchen um Eintragung eines Rechts ist der Antrag auf Eintragung eines Widerspruches zur Erhaltung des Rechts als das Geringere stillschweigend mit enthalten anzusehen.

S.

17 a) Verzicht auf Hypothek. GrBO. § 27. OLG. Colmar, II. CS. Beschluß v. 25. November 1902. Für A. war die erstrittene Summe auf drei Grundstücken mit je 1000 Mark gemäß § 8672 CPO. eingetragen.

Demnach erklärte er, daß er die also

verteilte Schuldsumme auf weitere ihm vordem unbekannte Grundstücke des

Schuldners verteilen wolle und zwar so, daß auf jenen drei Grundstücken nur noch je 60 Mark verbleiben sollten; int gleichen Anträge verzichtet er auf die

Beträge, soweit sie die angegebene Höhe überschreiten, und beantragt dem­ entsprechende Berichtigung des Grundbuches.

Sie wurde jedoch abgelehnt,

da eine Unrichtigkeit des Grundbuches nicht vorliege und, wenn der Antrag als Löschungsantrag aufzufassen sei, die Einwilligung des Eigentümers fehle.

Der weiteren Beschwerde konnte nicht stattgegeben werden.

Richtig ist, daß

nach § 1168 BGB. ein Gläubiger ohne Zustimmung des Schuldners (Eigen­

tümers) auf eine Hypothek verzichten kann und hätte die Eintragung der

Berzichtserklärung auch ohne Beibringung jener Einwilligung erfolgen müssen, wenn Beschwerdeführer einen hierauf gerichteten Antrag gestellt hätte.

Er

hat dieses aber nicht getan, sondern auf Grund der im Anträge enthaltenen Verzichtserklärung Berichtigung des Grundbuches, also Löschung der Hypo­ theken über die angegebenen Beträge hinaus beantragt. Hierzu ist aber die

Zustimmung des Eigentümers notwendig.

Durch den Verzicht erwirbt nach

§ 1168 BGB. der Eigentümer die Hypothek und wenn es schon selbstver­ ständlich ist, daß derjenige, dessen Recht, wie hier der Eigentümer, durch die

Löschung betroffen wird, seine Zustimmung gibt, so spricht dies § 27 GrBO., der sogar die Fälle umfaßt, in denen der Eigentümer durch Aufgabe der

Hypochek nicht einmal diese erwirbt, dazu noch ausdrücklich aus.

Dr. Fr.

b) Nachweis der Vertreter einer Aktiengesellschaft. OLG. Colmar, II. CS. Beschluß v. 12. Januar. 1903. Die Aktiengesellschaft, die die Eintragung einer Sicherungshypothek be­ antragte, wurde aufgefordert, binnen Monatsfrist nachzuweisen, daß die beiden Personen, die den Antrag unterschrieben haben, zur Vertretung der Gesell­ schaft berechtigt sind.

Die weitere Beschwerde blieb erfolglos.

Gründe:

Der § 29 GrBO. schreibt auch für andere Voraussetzungen der Ein­ tragungen als für den Eintragungsantrag und die sonstigen zur Eintragung er­

forderlichen Erklärungen Nachweis durch öffentliche Urkunden vor, soweit die

einschlägischen Verhältnisse nicht gerichtsbekannt sind,

während § 30 u. a.

für Vollmachten zur Stellung eines Eintragungsantrages die Anwendung des § 29 ausschließt, also den Nachweis durch öffentliche Urkunden und nur diesen,

nicht aber den Nachweis der Existenz der Vollmacht selbst für entbehrlich erklärt. Hierfür genügt aber, daß die Vollmacht in anderer Weise bekundet oder zum Ausdruck gebracht ist oder aus den dem Grundbuchamte in Vorlage

gebrachten, den Eintragungsantrag begründenden Urkunden heroorgeht.

Dies

kann aber nur bei solchen Vollmachten zutreffen, die auf Rechtsgeschäften

beruhen, nicht aber dann, wenn es sich um eine auf Gesetz, amtlicher Anord­

nung oder organisatorischen Bestimmungen beruhende allgemeine Vertretungs­

befugnis handelt, wie letzteres hier der Fall sein soll. Für Fälle dieser Art ist daher der § 30 gar nicht anwendbar (vgl. Turnau-Förster 2 Anmerk. 5

zu § 30; Förster formelles Grundbuchrecht S. 86). Dr. Fr. c) Nachweis -er Rtchtwiedcrvcrheiratung in Grundbuchsachen. Kammergericht, L CS. Beschluß v. 3. November 1902.

... Im Erbvertrage ist dem Beschwerdeführer die Verfügungsmacht über den Nachlaß nur solange eingeräumt, als er nicht zu einer ferneren Ehe schreiten würde.

Wenn der Grundbuchrichter hieraus Bedenken gegen Fort­

bestehen der Verfügungsmacht entnahm und zur Beseitigung dieser Zweifel

den Nachweis der Nichtwiederverheiratung erforderte, so verletzte er das Gesetz nicht. Im Prozesse würde allerdings zufolge des Grundsatzes, daß

Veränderungen nicht vermutet werden, der die Wiederverheiratung behauptende

Gegner seine Behauptung zu beweisen haben.

Im Grundbuchverkehr aber

können Vermutungen, die widerlegbar sind, nicht zur Grundlage einer Ein­ tragung gemacht werden (Jahrbuch 20 S. 308). Der Grundbuchrichter hat auch den Weg gewiesen, auf dem ihm die erforderliche Überzeugung verschafft werden könne, nämlich den der Beibringung einer Bescheinigung der Polizei­

behörde.

Dieser Weg erscheint auch gangbar; denn es ist nicht abzusehen,

weshalb die Polizeibehörde nicht in der Lage sein sollte, eine genügende

beweiskräftige Erklärung über die Tatfache des Nichtverheiratetseins des Be­

schwerdeführers abzugeben.

Nötigenfalls könnte die Bescheinigung auch durch

eine entsprechende Erklärung der an der Verfügung des Beschwerdeführers interessierten Nacherben ersetzt werden.

Sch.

d) Befugnis des Heroldsamtes;« Berichtigungsanträgen in Grnnd-

bnchsache«.

GrBO. § 39.

Kammergericht, I. CS. Beschluß v. 20. Oktober 1902. Das Heroldsamt in Berlin teilte dem Amtsgericht mit, der eingetragene Eigentümer von 3E. gehöre dem inländischen Adel nicht an, und ersuchte, die Eintragung im Grundbuche entsprechend zu berichtigen.

Das Amtsgericht

lehnte das Ersuchen ab, da jedenfalls zunächst das Standesregister berichtigt

werden müsse.

Die Beschwerde wurde zurückgewiesen; auch die weitere Be­

schwerde blieb erfolglos.

Gründe:

Die Gründe des Landgerichtes, daß das Heroldsamt nicht befugt er­ scheine, das Grundbuchamt um Richtigstellung des Namens der eingetragenen

Eigentümer zu ersuchen und wegen der Ablehnung Beschwerde zu führen, sind

allerdings unzutreffend.

Wie das Kammergericht bereits bei einer anderen

Gelegenheit (Jahrb. 23 S. 192) ausgesprochen hat, gehört die Frage, ob jemand adeligen Standes ist — und damit auch, ob er dem preußischen Adel angehört, — nicht dem bürgerlichen Rechte an. „In Preußen ist das Recht, den Adel zu verleihen, anzuerkennen oder zu erneuern, ein Staats­

hoheitsrecht, welches vom König ausgeübt wird (ALR. §§ 9ff., 98ff., Anh.

§ 120 II. 9; Verfassungsurkunde Art. 50, Entsch. d. Obertrib. 46 S. 197; JMBl. 1895 S. 426ff., Entsch. d. RG. 2 S. 145)". Die Frage, ob jemand zum Adel gehört, unterliegt daher der Beurteilung der zur Bearbeitung

der Standessachen

berufenen Verwaltungsbehörden.

Diese Behörde

war

früher das Lehnsdepartement; an dessen Stelle ist für diese Angelegenheiten das Ministerium des Königlichen Hauses getreten (Kab.-Ord. v. 16. August 1854), in dessen Ressort die Adelssachen vom Heroldsamte bearbeitet werden.

Das

Heroldsamt hat auch darüber zu wachen, daß niemand zu Unrecht die Zu­ gehörigkeit zum inländischen Adel in Anspruch nimmt und grundlos inländische

Adelstitel und Prädikate führt.

Einem derartigen Mißbrauch entgegenzu­

treten, liegt im Rahmen seiner Tätigkeit. Das ergibt sich auch aus der allgemeinen Verfügung vom 13. Juni 1855 (JMBl. S. 175), in der auf den

Erlaß vom 16. August 1854 aufmerksam gemacht wird, „weil das Herolds-

amt vermöge der ihm übertragenen Bearbeitung aller Standes­

angelegenheiten

in

manchen

Fällen,

namentlich

bei

Adelsan­

maßungen und zweifelhaften Adelsstufen, Veranlasfung haben kann, mit

den Gerichten und den Beamten der Staatsanwaltschaft in Kommunikation Zu Unrecht nimmt deshalb das Landgericht an, dem Herolds­

zu treten".

amte fehle die Zuständigkeit „im Falle der Anmaßung des Adels seine den

Adel absprechende Entscheidung gegen den Betroffenen durchzusetzen." In dieser Hinsicht könne nur eventuell der § 3608 StGB, in Frage kommen. Bei der Anwendung des § 360" handelt es sich nur um die Frage, ob jemand sich durch unbefugte Führung eines Adelsprädikates strafbar gemacht

hat.

Damit werden die Fälle, daß in öffentlichen Büchern oder in sonstigen

Urkunden jemand zu Unrecht mit Adelsprädikaten aufgeführt ist, nicht ge­ troffen. Es kommen in dieser Beziehung vor allem aus älterer Zeit die Eintragungen in den Kirchenbüchern, aus neuerer Zeit die Eintragungen

in den Standesregistern in Betracht.

Für die Richtigstellung solcher un­

in den letzterwähnten Büchern und Listen muß wegen ihrer Beweiserheblichkeit, für die Richtigstellung der Eintragungen in anderen Büchern oder Urkunden wenigstens zur Verhütung von Mißbrauch richtigen

Eintragungen

Sorge getragen werden.

Daß das Heroldsamt befugt ist, einen Antrag auf Berichtigung des Standesregisters bei der standesamtlichen Aufsichtsbehörde zu stellen, ist vom Kammergericht in feststehender Rechtsprechung angenommen. Es muß deshalb daran festgehalten werden, daß das Heroldsamt überhaupt befugt ist, im Falle der Nichtanerkennung eines Adels diese Entscheidung gegen den Beteiligten durchzusetzen und auf die Beseitigung der Adels­

prädikate, wo sie zu Unrecht urkundlich zur Anwendung gekommen sind, bei den in Betracht kommenden zuständigen Behörden (standesamtliche Aufsichts­ behörden, Gerichten, Polizeibehörden rc) hinzuwirken. Es könnte sich nur fragen, ob etwa die GrBO., weil darin das Antragsrecht der Grundbuch­ beteiligten, sowie das Recht der Behörden, das Grundbuchamt um Ein­ tragungen zu ersuchen, geregelt ist (§§ 13, 39), die erwähnten Befugnisse des Heroldsamtes dem Grundbuchamte gegenüber ausgeschlossen hat. Das ist Zu den nach § 132 antragsberechtigten Grundbuch­ beteiligten gehört das Heroldsamt allerdings nicht, auch kann der § 39, der

aber zu vermeiden.

von der Befugnis der Behörden handelt, das Grundbuchamt um eine Ein­

tragung zu ersuchen, unmittelbar nicht herangezogen werden, weil er voraus­ setzt, daß nach einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift eine bestimmte Behörde befugt ist, eine bestimmte Art von Eintragungen bei dem Grundbuchamte herbeizuführen. Diese Voraussetzungen in ihrer Gesamthett Man wird jedoch unbedenklich an­ zunehmen haben, daß die hier in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen treffen für das Heroldsamt nicht zu.

Befugnisse des Heroldsamtes, mit deren Handhabung dasselbe zudem in die

rechtlichen Verhältniffe der Grundstücke oder der Rechte an solchen in keiner

Weise eingreift, da es sich lediglich um die Beseitigung einer unrichtigen Be-

Zeichnung ein und desselben Berechtigten handelt, von der GrBO. nicht be­ rührt worden sind. — Wenn das Heroldsamt demnach in Ausübung der

ihm obliegenden amtlichen Funktionen dahin wirkt, daß die Eintragung des Namens jemandes als Eigentümers im Grundbuche, in Ansehung der ihm nicht zukommenden Adelsprädikate, richtig gestellt werde, und dabei eine Ab­ lehnung seiner Anträge erfährt, so erscheint es dadurch in seinen Rechten,

der Führung und Anwendung unberechtigter Adelsprädikate entgegenzutreten und dazu die Mitwirkung, insbesondere auch der Gerichte in Anspruch zu

Damit ist aber die Beschwerdeberechtigung gegeben. Daß das beeinträchtigte Recht dem Gebiet des Privatrechts angehört, ist nicht

nehmen, beeinträchtigt.

erforderlich.

Es gelten vielmehr in dieser Beziehung für das Grundbuchrecht

die gleichen Grundsätze, wie für das Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Daß die Beeinträchtigung eines öffentlichen Rechtes die Grundbuchbeschwerde begründe, war in den Motiven zu dem § 69 des ersten Entwurfes der GrBO. ausdrücklich gesagt (amtl. Ausgabe 1889 S. 113); denn es heißt daselbst, daß für die Beschwerde die Beeinträchtigung eines subjektiven Privatrechts nicht

vorausgesetzt werde, da es sich um die Beschwerde in Angelegenheiten handle, welche dem Gebiete der Rechtspolizei angehören.

Erschien sonach das Heroldsamt berechtigt, die Richtigstellung der zu Unrecht gewählten Bezeichnung des Eigentümers bei dem Grundbuchamt zu betreiben und wegen Ablehnung seiner Anträge Beschwerde zu führen, so konnte doch der Beschwerde nicht stattgegeben werden, weil das Verlangen des Amtsgerichts, daß zunächst das Standesregister (richtiger das pfarramt­ liche Taufzeugnis) berichtigt werde, nicht gesetzesverletzend erscheint. Da das

Heroldsamt selbst erklärt hat, es werde die Berichtigung des Taufzeugnisses betreiben, so war dem Grundbuchamt nicht entgegenzutreten, wenn es schon

zur Vermeidung eines unerwünschten etwaigen Widerspruches zwischen dem

Taufzeugnis und dem Grundbuch in der Bezeichnung des 3£. zunächst die Richtigstellung des ersteren forderte. Das Geburtsattest ist ein Beweismittel für den Namen der Person.

Nach deffen Berichtigung würde dann wohl

auch die Heiratsurkunde zu berichttgen sein, in welcher, ausweislich des bei

den Aktm befindlichen Auszugs aus dem Heiratsregister, der Bräuttgam sogar als Graf 3E. bezeichnet ist. Doch kann das Grundbuchamt von deren Berichtigung die Richtigstellung der Bezeichnung im Grundbuch nicht weiter abhängig machen, wenn das Geburtszeugnis berichtigt ist.

In welcher Form

das Grundbuchamt die Tatsache, daß der Eigentümer nicht berechtigt ist, sich

von X. zu nennen, demnächst zum Ausdruck zu bringen haben wird, darüber

ist zur Zeit nicht zu befinden.

Dr. Hl.

e) Für Schuldverschreibungen ans -e« Inhaber kann eine Hypothek

auch ohne Vorlegung der Schuldverschreibungen eingetragen werden. Der §44* GrBO. betrifft nur die Eintragung späterer Rechtsandernngen. OLG. Colmar, II. CS.

Beschluß v. 19. Dezember 1902.

Der Käufer eines Grundstückes stellte über das Restkausgeld 300 Teil-

106

17.

Schuldverschreibung auf den Inhaber.

GrBO. § 44.

schuldverschreibungen zu 1000 Mark auf den Inhaber aus und beantragte, für sie eine Sicherungshypothek einzutragen. Der Antrag wurde wegen Nicht­ vorlegung der Schuldverschreibungen zurückgewiesen, der weiteren Beschwerde

jedoch stattgegeben.

Aus den Gründen:

Schon der Wortlaut und die Stellung im Gesetze weisen daraufhin, daß der § 44 sich nicht auf die erste Eintragung einer Hypothek fraglicher Art,

sondern auf Eintragungen späterer Rechtsänderungen bezüglich dieser bezieht. Die zwei dem § 44 vorhergehenden Paragraphen geben Vorschriften, wie es

zu halten ist mit Eintragungen bei unzweifelhaft schon eingetragenen Rechten

und zwar § 42 hinsichtlich Eintragung bei einer Hypothek, über die ein Brief vorliegt, während § 43 diese Bestimmung auf Grund- und Rentenschulden für anwendbar erklärt; daran schließt sich § 44 mit den Bestimmungen be­ züglich Eintragungen bei einer Hypothek für Forderung aus einer Schuld­

verschreibung auf den Inhaber unmittelbar an. Der Wortlaut des § 42 und des § 44, soweit hier in Frage, stimmt überein; dort heißt es „bei einer Hypothek, über die ein Brief erteilt ist, soll eine Eintragung nur erfolgen" rc und hier: „bei einer Hypothek für die Forderung aus einer Schuldverschrei­

bung rc soll eine Eintragung nur erfolgen".

Hiermit deckt sich auch die

Fassung des § 62, wo es heißt: „Eintragungen, die bei der Hypothek er­ folgen, sind vom Grundbuchamte auf dem Hypothekenbriefe zu vermerken". Aber auch die Entstehungsgeschichte des § 44 spricht gegen die ange­ griffene Entscheidung. In der zweiten Lesung des BGB. wurde beantragt,

dem Abs. 1 des § 1124» (jetzt 1188) beizufügen: „Ist die Hypothek für die

Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber bestellt, so gelten die besonderen Vorschriften der §§ 1124b unt> 1124°. Letzterer lautete: „Eine dem Erwerbe der Schuldverschreibung nachteilige Verfügung über die Hypo­ thek, insbesondere der Verzicht, die Aufhebung oder Einräumung des Vor­

ranges für ein anderes Recht, ist dem Erwerber gegenüber nur wirksam,

wenn die Verfügung zur Zeit des Erwerbes ihm bekannt war oder aus einem auf die Schuldverschreibung gesetzten Vermerke hervorging". Hierzu wurde bemerkt: und war die Mehrheit der Kommission darin einig, daß das Ver­

hältnis ähnlich wie bei Kaufhypotheken zu gestalten sei, da die Inhaber­ hypothek zwar juristisch keine Kaufhypothek sei, tatsächlich ihr aber sehr nahe stehe.

Demnach werde man zwar ebenso, wie dies bei der Briefhypothek ge­

schehen sei, von einer materiellen Regelung des Verhältniffes im BGB. ab­ zusehen haben, dagegen erscheine angemeffen, durch eine Ordnungsvorschrift

Vermerke der in § 1124° bezeichneten Art anzuordnen.

Dementsprechend

nahm die Kommission unter Ablehnung des prinzipalen Antrages den Vor­ schlag an, eine dem § 1124° entsprechende Ordnungsvorschrift in die GrBO. aufzunehmen. Dies geschah dann auch durch Aufnahme des § 42 (jetzt 44). Daß damit nur eine spätere Eintragung getroffen werden soll, ergibt auch die Begründung zu diesem Paragraphen. Dort heißt es: „Die Gründe, die bei der gewöhnlichen Hypothek, der Grundschuld und Rentenschuld die Vor-

legung des Briefes erheischen, führen bei der Hypothek für die Forderung

aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber rc zu der Bestimmung, daß

eine Eintragung nur erfolgen darf, wenn die Urkunde vorgelegt wird. Da eine Hypothek dieser Art stets eine Sicherungshypothek ist, so wird ein Brief über sie nicht erteilt; die Schuldurkunde hat aber im Verkehre die Bedeutung des Briefes, da sich die Übertragung des Rechtes auf sie ohne eine Ein­

tragung in das Grundbuch vollzieht.

Durch diese Bedeutung der Schuld­

urkunde rechtfertigt sich auch die weitere Bestimmung des § 42 Abs. 1, derzufolge die Eintragung auf der Urkunde zu vermerken ist". Es wird dann noch Bezug genommen auf § 60 (jetzt 62), der vorschreibt, wie auf einem Hypothekenbriefe der Vermerk zu geschehen hat.

Hiernach erscheint die Annahme gerechtfertigt, daß der Gesetzgeber nur

spätere Eintragungen im Auge hatte, und so § 441 auf die erste Eintragung

keine Anwendung zu finden hat. Bei entgegengesetzter Auffassung wäre es auch unter Umständen gar nicht möglich, der Vorschrift nachzukommen, da es vorkommm könnte, daß derartige Schuldverschreibungen in Verkehr gesetzt

werden, bevor es zur Eintragung gekommen ist. Der größte Teil der Kommentatoren spricht sich auch für die hier ge­

wonnene Ansicht aus (so Turnau-Förster 2 S. 821, 2 S. 252; Kretzschmar

S. 407; Neumann Note o zu § 1188 BGB.; Fuchs, Grundbuchrecht 1

S. 606; Planck Anm. 1 c § 1188).

Dr. Fr.

18 a) Beschwerderecht des Vormundes gegen die Aufhebung der vorläustgen Vormundschaft. Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 10. November 1902.

A. war, nachdem seine Entmündigung wegen Geistesschwäche beantragt worden, vom Amtsgerichte unter vorläufige Vormundschaft gestellt,

jedoch auf Beschwerde wieder aufgehoben worden.

diese Die sofortige weitere Be­

schwerde des bisherigen Vormundes wurde nicht zugelafsen.

Gründe:

Nach 88 20, 27* FrGG. steht die Beschwerde jedem zu, dessen Recht

durch die anzufechtende Entscheidung beeinträchtigt ist.

Hiernach genügt

nicht, daß die Verfügung auf die rechtlichen Beziehungen des Beschwerde­ führers von Einfluß ist und daß er insofern ein Interesse an ihrer Änderung hat, es muß vielmehr eine Beeinträchtigung seines Rechtes vorliegen (Denk­

schrift S. 39). Der Beschwerdeführer hat aber kein Recht darauf, daß für A. eine vorläufige Vormundschaft angeordnet wird, die Aufhebung einer solchen beeinträchtigt also sein Recht nicht. — Nach § 52 ist der die Vor­

mundschaft aufhebende Beschwerdebeschluß mit der Zustellung an das Mündel in Wirksamkeit getreten.

erloschen.

Seitdem ist das Amt des vorläufigen Vormundes

Der § 52 enthält ersichtlich eine Ausnahme von § 26 Satz 1,

wonach die Entscheidung des Beschwerdegerichts erst mit der Rechtskraft

wirksam wird.

Nach §§ 57 Nr. 2, 63 steht zwar die Beschwerde gegen eine Verfügung, durch welche eine vorläufige Vormundschaft aufgehoben wird, außer den im

§ 20 bezeichneten auch denjenigen zu, welche den Antrag auf Entmündigung

zu stellen berechtigt sind. Den Kreis dieser Berechtigten bilden aber nach § 646 CPO. die Verwandten und derjenige gesetzliche Vertreter des zu Ent­

mündigenden, welchem die Sorge für dessen Person zusteht. Der Beschwerde­ führer ist als Schwiegersohn des A. mit ihm verschwägert, aber nicht verwandt

(BGB. §§ 1589, 1590).

Seit Aufhebung der vorläufigen Vormundschaft ist

er auch nicht mehr ihr gesetzlicher Vertreter. — Endlich steht nach §§ 57, Nr. 9 und 63 FrGG. die Beschwerde gegen eine Verfügung betreffend die Sorge für die Person des Mündels jedem zu, der ein berechtigtes Interesse hat, diese Angelegenheit wahrzunehmen.

Diese Vorschrift findet jedoch nach

Abs. 2 des 8 57 auf die sofortige Beschwerde keine Anwendung und ist

daher nach § 63 auch hier nicht anwendbar.

b) Unterzeichnn«« durch die Parteien.

Spr.

FrGG. § 177.

OLG. Colmar, II. CS. Beschluß v. 29. September 1902. Nach § 177 muß das über die Beurkundung eines Rechtsgeschäfts er­ richtete Protokoll von den Beteiligten unterschrieben werden.

Hieraus und

aus § 1761 über den Inhalt des Protokolls ergibt sich unzweideutig, daß die Unterschrift der Beteiligten am Schlüsse des Protokolls, also räumlich

unter den in § 176 Ziffer 3 gedachten Erklärungen der Beteiligten stehen muß. Sie muß durch ihre örtliche Stellung äußerlich den Inhalt der Urkunde decken und diese vollenden. Sind wie hier in einem Protokolle zwei ver­ schiedene Rechtsgeschäfte beurkundet, so ist zwar statthaft, daß die Unter­

zeichnung für jedes Rechtsgeschäft besonders stattfindet; aber es genügt selbst­

verständlich nicht, daß nur der das eine Rechtsgeschäft betreffende Teil des Protokolls unterschrieben wird, und dann der beurkundende Notar den das andere Rechtsgeschäft betreffenden Teil als durch die Unterschrift des erstem Teiles gedeckt erklärt. Eine solche Erklärung steht dem Notar nicht zu und geht über seine Befugniffe hinaus. Die öffentliche Urkunde erhält ihren Charakter als solche nicht durch die bloße Mitwirkung des Notars, sondern durch die Erfüllung der sämtlichen wesentlichen Formvorschriften; ist eine

derselben nicht beobachtet, so ist die Urkunde, trotz der Mitwirkung des Notars, keine öffentliche.

In der Literatur herrscht denn auch über die hier

zu entscheidende Frage bei dem klaren Wortlaut des § 177 keine Meinungs­ verschiedenheit (vgl. Dörner Note 2 b, c, 3 b; Keidel; Nausnitz 4 a; Birkenbihl 2 zu H 177; auch Motive zum BGB. S. 184; Entsch. des

RG. 36 S. 242).

Dr. Fr.

c) Zur Entscheidung über die weitere Beschwerde wegen Zeugen­

gebühren in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist das Kammergericht nicht zuständig. Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 22. Dezember 1902.

Nach § 42 des preuß. Ausf.-Ges. vom 10. März 1879 zum D. GKG.

findet die deutsche GebO. für Zeugen auch auf solche gerichtliche Angelegen­

heiten Anwendung, welche durch die deutschen Prozeßordnungen nicht betroffen

werden. Der § 17 GebO. ordnet aber an, daß gegen die Festsetzung von Gebühren Beschwerde nach Maßgabe der §§ 531—538 (jetzt §§ 568—575) CPO. und des § 43 GKG., in Strafsachen nach Maßgabe der §§ 346 bis

352 StPO, stattfindet. Daran ist auch durch das preuß. GKG. von 1895, durch das FrGG. und das preuß. FrGG. nichts geändert. Da die Angelegen­ heiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu den Civilsachen gehören, so regelt

sich also auch bei Beschwerden wegen Zeugengebühren in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Jnstanzenzug dergestalt nach den Vor­

schriften der CPO., daß die weitere Beschwerde

gegen

die Beschwerde­

entscheidungen der Civilkammern nicht an das Kammergericht, sondern an das dem Landgericht vorgesetzte OLG. geht.

Er.

d) Tic gerichtliche Beglaubigung kaun nicht laudesgesetzlich dem

Gerichlsschreiber übertragen werden. scheidbarkeit mehrerer Handelsfirmen. Kammergericht, I. CS.

FrGG. 88 18$, 191.

Unter­

HGB. § 30.

Beschluß v. 3. November 1902.

Der Antrag, die Errichtung einer Gesellschaft m. b. H. unter der Firma „Restaurant ä la Aschinger" in das Handelsregister einzutragen, wurde ab­ gelehnt, weil bereits eine eingetragene Firma „Bierquelle nach Aschinger,

G. m. b. H." besteht. Die Beschwerde ist zurückzuweisen, wenn auch den Gründen des Landgerichts nicht beigetreten werden kann. Da die Ges. m. b. H. gemäß § 133 des Gesetzes vom 20. April 1892 ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens als Handelsgesellschaft gilt und nach § 7 in das Handelsregister einzutragen ist, so finden, wie auch

in der Begründung des Gesetzes ausdrücklich bemerkt wird (Reichstags­ drucksachen 1890/92 Anlagebd. 5 Nr. 660, zu ß 4 des Ges.), bezüglich der Firmen der Gesellschaften m. b. H. neben den im § 4 des Gesetzes be­ sonders getroffenen Vorschriften die allgemeinen Grundsätze des Firmenrechts, insbesondere auch die Bestimmungen des HGB. betreffend die Unterscheidung

von bereits bestehenden Firmen Anwendung.

Mit Recht sind demnach die

Vorinstanzen auf Grund des § 30 HGB. davon ausgegangen, daß sich die Firma der neu einzutragenden Gesellschaft m. b. H. von den Firmen der

bereits bestehenden und eingetragenen Gesellschaften „deutlich" unterscheiden Die Vorinstanzen haben jedoch das Gesetz verkannt. Der § 30 HGB. verlangt, daß zwischen den beiden Firmen, wie sie wirklich lauten, ihren un­

müsse.

verstümmelten Gebrauch vorausgesetzt, objektiv ein deutlicher Unterschied besteht. Es erscheint hiernach nicht angängig, bei zwei von mehreren Worten gebil­ deten Firmen das Vorliegen einer deutlichen Unterscheidung im Sinne des

§ 30 zu verneinen, wenn, wie hier, die beiden Firmen in einem Worte ganz

verschieden lauten und der Unterschied so deutlich ist, daß jeder, der mit der Firma kontrahiert, ihn ohne minutiöse Untersuchung wahrnehmen kann. Daß das Publikum auf das in beiden Firmen vorkommende Wort „Aschinger"

den Nachdruck zu legen pflegt, ist ohne Belang, da das Gesetz voraussetzt, daß die Identität der Firma von dem, der mit ihr in Verbindung tritt, mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt geprüft wird.

Darin wird auch nichts

geändert, wenn der Gegenstand des Unternehmens der beiden Firmen ein gleicher ist.

Denn für die Frage der „deutlichen Unterscheidung" ist es ohne

Bedeutung, ob die beiden Firmen dem gleichen Geschäftszweige angehören. Endlich findet auch die Ansicht, daß bei der Sachfirma ein höherer Grad einer deutlichen Unterscheidung zu fordern sei, als bei den Namenfirmen, in dem

Gesetz keine Unterlage. Über die formellen Vorschriften des HGB. hinausgehend gewährt der

§ 8 des G. z. Bekämpf, d. unlaut. Wettbewerbes unter gewissen Voraus­ setzungen auch dann Schutz, wenn die neue Firma nur geeignet ist, Verwechs-

lungen hervorzurufen.

Letztere Vorschrift hat hier jedoch außer Betracht zu

bleiben, da das Vorliegen eines unlauteren Wettbewerbes nicht in Frage steht. Der beantragten Eintragung steht jedoch ein anderes, von den Vor­ instanzen nicht gewürdigtes Bedenken entgegen.

Nach § 22 des Gesetzes vom

20. April 1892 ist die Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags durch Bevoll­ mächtigte nur auf Grund einer gerichtlich oder notariell errichteten oder

beglaubigten Vollmacht zulässig. Die Vollmacht, auf Grund deren A. namens des B. den Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und mit seinem Namen A. unterzeichnet hat, ist in der, über den Gesellschastsvertrag gebildeten notariellen Verhandlung zwar als eine Vollmacht „mit gerichtlicher Unterschristsbeglau­ bigung" bezeichnet; in Wirklichkeit jedoch ist die Unterschrift der Vollmacht von dem Gerichtsschreiber des Sachsen-Meiningenschen Amtsgerichts, be­

glaubigt.

Durch diese Beglaubigung ist der Formvorschrift des § 22 nicht

genügt. Im § 191 FrGG. ist allerdings der Landesgesetzgebung bezüglich der „öffentlichen" Beglaubigung einer Unterschrift offen gehalten, außer­

dem Gerichte und dem Notar auch andere Behörden und Beamte für zu­ Von diesem Vorbehalte hat auch Sachsen-Meiningen Gebrauch gemacht und im Art. 6 des — im Beglaubigungsvermerke bezeich­

ständig zu erklären.

neten — Gesetzes vom 15.August 1899 (Becher, die Ausführungsgesetze Bd. 2 XX. S. 51) die Gerichtsschreiber bei den Amtsgerichten „zur öffentlichen Be­

glaubigung von Unterschriften" für zuständig erklärt.

Die Fälle, in denen vom Gesetze — z. B. vom BGB. in den §§ 77, 411, 1342, von der GrBO. in dem § 29, von dem HGB. in den §§ 121 333

— eine solche öffentliche Beglaubigung vorgesehen ist, find jedoch zu unter­ scheiden von denjenigen Fällen, in welchen wie im § 22 Ges. vom 29. April

1892 ausdrücklich gerichtliche oder notarielle Beglaubigung gefordert wird. Auch, in der Denkschrift zum FrGG. (vgl. S. 86—87) wird ein solcher Unter­ schied anerkannt.

An der Denkschrift ist zu den §§ 168 bis 182, durch welche

das Verfahren bei Aufnahme gerichtlicher oder notarieller Urkunden geregelt wird, bemerkt: „Übrigens finden die Vorschriften des Entwurfes nicht nur

auf diejenigen Rechtsgeschäfte Anwendung, hinsichtlich deren ausdrücklich ge-

richtliche oder notarielle Beurkundung durch Gesetz oder Rechtsgeschäft vor­ gesehen ist, sondern sie greifen auch dann Platz, wenn eine Erklärung, die nur der öffentlichen Beurkundung bedarf, im einzelnen Falle,

Richter oder Notar beurkundet wird.

von einem

Für die öffentliche Beurkundung, die

nicht vor einem Richter oder Notar vorgenommen wird, bleiben sie dagegen außer Betracht." Nur für die öffentliche Beglaubigung einer Unterschrift kommen die auf Grund des § 191 FrGG. erlassenen landesgesetzlichen Vor­

schriften in Anwendung.

Der § 191 ergänzt offenbar nur den § 1671 2, der

ebenfalls nur von der öffentlichen Beglaubigung einer Unterschrift handelt, während für die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung der § 183 die maßgebenden Vorschriften enthält.

Für den vorliegenden Fall kommt hier­

nach der § 191

nicht zur Anwendung, und müssen die dort bezeichneten landesgesetzlichen Bestimmungen außer Betracht bleiben. Die Frage, ob hier

eine ordnungsmäßige gerichtliche Beglaubigung vorliegt, ist lediglich nach den Der demgemäß maßgebende § 183 bestimmt aber, daß die gerichtliche Beglaubigung nur erfolgen darf, wenn Vorschriften des FrGG. zu beantworten.

die Unterschrift in Gegenwart des Richters vollzogen oder anerkannt wird,

und daß der unter die — zu beglaubigende — Unterschrift zu setzende Be­ glaubigungsvermerk mit der Unterschrift des Richters zu versehen ist. Es ist zwar, wie der Komm.-Bericht S. 75 ergibt, im Hinblick auf den damaligen

Rechtszustand im Königreich Sachsen in der Reichstagskommission beantragt worden, diejenigen landesgesetzlichen Vorschriften aufrecht zu erhalten, nach denen auch Gerichtsschreiber zur gerichtlichen Unterschristsbeglaubigung zu­

ständig sind.

Dieser Antrag ist jedoch abgelehnt worden.

Mz.

19 a) Verboten sind auch solche Einwirkungen, die nnr durch die ver-

änderte Ausnutzung des Rachbargrnndstückes schädlich werde«? BGB. §§ 907 f., 1004. OLG. Dresden, III. CS.

Urteil v. 4. November 1902.

Ein Gasthofsbesitzer hat auf Unterlassung und Beseitigung von Eigen­ tumsstörungen geklagt, die er darin erblickte, daß der Beklagte seinen an den

Stall des Gasthofes angrenzenden, teilweise zum Gasthofsgrundstücke gehörenden Mühlgraben vertieft, verbreitert und durchlässig gehalten, dadurch aber das Eindringen von Wasser in den Stall verursacht habe. Aus den Gründen: § 907 betrifft Anlagen, die bei ihrer Benutzung unzulässige Einwirkungen 1 BGB. 88 1004, 1027 erfordert die Beeinträchtigung des dinglichen Rechtes selbst, einen Angriff gegen den durch dieses Recht unmittelbar geschaffenen, seine dauernde Ausübung ge­

währenden Tatbestand im Gegensatze zur vorübergehenden, dem vermögensrechtlichen Aus­

gleiche unterliegenden Verletzung, die nach den allgemeinen Grundsätzen (§§ 823 ff.) zu be­ urteilen ist. Inwieweit Drohungen eine tatsächliche Änderung des durch das Recht geschaffenen Zustandes veranlassen, kann dahingestellt bleiben; jedenfalls begründet ein einfaches Bestreiten des Anspruches im Rechtsstreite nicht eine Klage auf Unterlassung tihiftiger Beeinträchtigung

(Bayer. OLG. II. CS.

Urteil v. 11. Juni 1902, Sammlung 3 S. 500).

zur notwendigen, wenn auch nur allmählich heroortretenden Folge haben und räumt, weit über den mit dem gewöhnlichen negatorischen Anspruch erreich­ baren Schutz hinaus, den Anspruch auf Beseitigung der schädlichen Anlagen

ein.

Die Motive zum Entwurf I, § 864 (3 S. 265) bemerken hierüber:

„Die besondere Eigentumsbeschränkung liegt darin, daß das Herstellen und Halten von Anlagen mit künftiger unzulässiger Einwirkung auf ein Nachbar­

grundstück verboten wird . . .

Der Schutz des Bedrohten muß so weit

gehen, weil die dem Zwecke der Anlage entsprechende Benutzung mit Sicher­

heit zu erwarten ist, und dem Eigentümer der Anlage geschieht nicht zu viel, well eine Anlage, deren Gebrauch verboten ist, ohne Nutzen für ihn sein würde". Bei der zweiten Lesung (Prot. 3 S. 157) ist die Vorschrift grund­ sätzlich gebilligt und dazu ausgeführt worden:

„Der § 864 erweitert den

Schutz des Grundeigentümers gegen unzulässige, d. h. nach den §§ 848—850 (des I. Entw.) sein Eigentumsrecht verletzende Einwirkungen seitens einer auf dem Nachbargrundstücke befindlichen Anlage nach zwei Richtungen hin.

Währmd der Eigentümer ohne den § 864 nur nach dem Eintritt einer unzu­ lässigen Einwirkung außer dem etwaigen Schadensersätze aus einer unerlaubten

Handlung mit dem negatorischen Eigentumsanspruche Wiederaufhebung der

Beeinträchtigung und gegebmenfalls Verurteilung zur Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen verlangen könnte, soll er nach dem § 864 schon vor dem Eintritt unzulässiger Einwirkungen gegen die Herstellung oder Haltung von

Anlagen negatorisch vorgehen können, falls die Benutzung dieser Anlagen solche unzulässige Einwirkungen zur notwendigen Folge hat, und zwar

solle er Beseitigung der Anlage verlangen können; ebenso solle er nach dem Beginne der uryulässigen Einwirkungen, falls die weitere Benutzung

der Anlage die Fortdauer solcher Einwirkungen zur notwendigen Folge hat, über dm gewöhnlichm negatorischen Anspruch hinaus Beseitigung der Anlage verlangen können. Diese Erweiterung des negatorischen Anspruches

zu einem präventiven Schutzmittel sei aus dem in den Moüven angeführten Grunde als zweckmäßig anzuerkennen; für den Grundnachbar sei eine Anlage

der im § 864 vorausgesetzten Art eine dauernde Quelle der Gefährdung, deren Beseitigung ihm gestattet werden müsse, bevor ihm ein wirklicher Nachteil entstanden sei." Der sich hieraus ergebenden reichsgesetzlichen Eigentumsbeschränkung ist jetzt jeder Eigentümer unterworfen, auch wmn nach dem bisherigen Landesrechte eine gleicharüge Beschränkung nicht be­

standen hat.

Nur soweit nach Landesrecht die Eigentumsbeschränkung des

Grundeigentümers noch weiter reichten, bleiben sie unberührt (EG. Art. 124).

Ihre Besonderheit und Bedeutung besteht gerade darin, daß der gefährdete oder schon beeinträchtigte Nachbar die Beseitigung der schädlichen Anlage

verlangen kann: einen dahin gehenden Anspruch hat der Kläger gar nicht

Deshalb bedarf es der Heranziehung des § 907 hier gar Er sucht Schutz gegen Einwirkungen, die vom Nachbargrundstücke aus

geltend gemacht.

nicht.

auf sein Grundstück durch ständiges Eindringen von Wasser in sein Neben-

gebäude vor sich gehen, und begehrt zu diesem Zwecke die Herstellung von

Einrichtungen, die dieses Eindringen ausschließen. Recht gewährt ihm schon § 1004.

Diesen Schutz und dieses

Allerdings vermeint der Beklagte, daß

letzterer versage, weil seine Anlage früher bestanden habe, als die Nebengebäude des Klägers, und weil dessen Vorbesitzer durch Einwirkung auf den schützenden Grabendamm die Ursache zu den jetzigen Eigentumsstörungen gegegeben hätten.

Die in § 903 ausgesprochene, für Sachsen (vgl. §§ 217—222 Sächs. BGB ) schon bisher gütige Regel ergibt, daß der Kläger und seine Rechts­ vorgänger im Eigentume des Gasthofsgrundstückes berechtigt gewesen sind,

auf diesem Grundstücke Bauten jeder Art vorzunehmen, soweit nicht gesetz­ liche Vorschriften oder Rechte Dritter entgegenstanden.

gehört ein Teil des Grabendammes.

Zu dem Grundstücke

Einwirkungen auf diesen Damm liegen

daher mit der bezeichneten Beschränkung im Rechte des Klägers und seiner Vorbesitzer, soweit sie nicht über die Grundstücksgrenze hinübergriffen.

Die Errichtung des Stalles sowie die dabei vorgenommene ^Beseitigung der auf

dem Damme und seiner Böschung wachsenden Obstbäume wurden hiernach im Verhältnisse zum Grundstücksnachbar selbstverständlich auch nicht dadurch unberechtigt, daß sie die tatsächliche Voraussetzung schufen, worunter nunmehr tatsächliche Einwirkungen auf sein Grundstück vom Nachbargrundstücke aus erfolgen konnten. Der^ Eigentümer bleibt nach wie vor befugt, solche Ein­ wirkungen zu verbieten, auch wenn deren Verhinderung den Nachbar zu Vor­

kehrungen zwingt, die bei dem bisherigen Zustand entbehrlich waren. So liegt die Sache hier. Solange der Kläger, bezw. dessen Vorbesitzer, den zu seinem Grundstücke gehörigen Damm unangerührt ließ, solange hatte der Beklagte auch nicht nötig, besondere Vorkehrungen zu treffen, um schädliche Einwirkungen seines Betriebsgrabens auf das Gasthofsgrundstück auszu­ schließen, weil solche tatsächlich infolge des Dammes nicht stattfanden. Das änderte sich mit der teilweisen Beseitigung des Dammes. Jetzt traten all­ mählich schädliche Einwirkungen des Grabens auf das Nachbargrundstück hervor und damit wurde nach dem bisherigen sächsischen Rechte wie nach dem BGB. die negatorische Verpflichtung des Beklagten zu Schutzmaßregeln wirksam. Es liegt auf der Hand, daß der Anspruch des Klägers auf Geltend­ machung dieser gesetzlichen Verpflichtung nicht durch eine im Verhältnis zu diesem erlaubte Betätigung seines Eigentumes verwirkt werden kann.

Eine

andere Beurteilung würde nur dann Platz zu greifen haben, wenn der Be­

klagte gegen den Kläger bezw. dessen Vorbesitzer den Anspruch hätte, daß der Damm unverletzt bestehen bleibt. Ein solcher Anspruch würde insoweit, als der Damm zum Gasthofsgrundstück gehört, eine Beschränkung des Klägers und seiner Vorbesitzer zu Gunsten des Nachbargrundstückes in sich schließen

und verhindern, mit einem Teile ihres Grundstückes nach Belieben zu ver­ fahren und beliebig darauf einzuwirken. Diese Ausnahme von der Regel, den Erwerb eines das Eigentum des Klägers beschränkenden Rechtes, z. B.

eine Dienstbarkeit, nachzuweisen, ist Sache des Beklagten... OLGRIo. VI.

8

Es ist auch nicht zutreffend, daß, wenn jemand auf seinem Grund und

Boden in unmittelbarer Nähe eines schon lange Zeit bestehenden fremden Wasserlaufes Gebäude errichtet, ihm obliege, sich durch wafferdichte Herstellung

der Umfassungsmauern oder sonstige Maßnahmen gegen ein mögliches Ein­ dringen von Wasser zu schützen. gründen

Ein solcher Rechtssatz läßt sich nicht be­

Wären freilich die Eigentumsstörungen durch die von den Vor­

besitzern des Klägers bewirkte Einlegung von hölzernen und eisernen, zur Wasse^uführung in das Gasthofsgrundstück bestimmten Röhren, womit sie über die Grenzen ihres Grundstückes hinaus und auf das des Beklagten

Hinübergriffen, mit verursacht, indem diese Röhrenanlage die Durchlässigkeit

der Grabenwand herbeiführte, so würde die Frage aufgeworfen werden können, ob unter solchen Umständen der Kläger noch die Beseitigung der Störungen

vom Beklagten fordern könne.

Doch fehlt es in dieser Richtung am Nach­

weise des Kausalzusammenhanges.

Dr. v. F.

Bei Umwandlung einer Gegenseitigkeitsverfichernngs- in eine Aktiengesellschaft bedarf es zur Umschreibung des Grundstückes der A«flassnng? BGB. §§ SW, 873. b)

Kammergericht, L CS.

Beschluß v. 22. Dezember 1902.

Die eingetragene Eigentümerin, die Versicherungsgesellschaft auf Gegen­ seitigkeit „21.", hat die Umschreibung des Grundstückes auf die seit August

1901 im Handelsregister eingetragene Versicherungs-Aktiengesellschaft „A." zu Berlin bewilligt und beantragt, da sie sich in diese umgewandelt habe. Die

Generalversammlung hat nämlich einen Antrag auf „Umwandlung in eine Aktiengesellschaft" angenommen, der besagt: „zu diesem Behufe wird die Ge­

sellschaft mit der Maßgabe aufgelöst, daß ihr gesamter Geschäftsbetrieb mit allen Aktiven und Passiven auf die am 28. Mai 1900 zu diesem speziellen Zwecke in Berlin errichtete Aktiengesellschaft übergeht." Der Minister des Innern hat die in der Generalversammlung beschlossene Auflösung der Ver­

sicherungsgesellschaft genehmigt und

der Versicherungs-Aktiengesellschaft die Der Um­

staatliche Genehmigung zum Geschäftsbetriebe in Preußen erteilt.

schreibungsantrag wurde zurückgewiesen, weil es der Auflassung des Grund­ stückes und zu dessen Veräußerung nach ALR. II 6 § 83, sowie zum Erwerbe nach § 54 Ges. über die privaten Versicherungsunternehmungen der Geneh­

migung bedürfe. folglos.

Die weitere Beschwerde der beiden Gesellschaften blieb er­

Gründe:

1 Über Zerlegung von Gesamteigentum der Erben in Miteigentum zu ideellen Anteilen vgl. Rsp. 4 S. 435.

Sollen Erben zu bestimmten Bruchteilen eingetragen werden, so müssen

sie sich gegenseitig Auflassung erteilen, da jeder von seinem Eigentumsrechte etwas auf die anderen im Sinne der §§ 373, 926 BGB. überträgt.

vom 10. November 1902.

Kammergericht, I. CS.

Beschluß

Sind mehrere nach altem Rechte als Miteigentümer ohne Angabe

des Teilnehmerverhältnisses eingetragen, so kann eine Eintragung nach Bruchteilen ohne Auf­ lassung erfolgen, falls sämtliche Eigentümer erklären (§ 29 GrBO.), daß sie das Grundstück

zu diesen Bruchteilen erworbm haben, und Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Angabe nicht vorliegen.

Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 22. September 1902.

Der Gegenseitigkeitsgesellschaft „A."

sind

durch

den Erlaß vom

27. Dezember 1899 (GS. 1900 S. 2) die Rechte juristischer Personen ver­

liehen worden. Sie stellt daher seit dem Inkrafttreten des BGB. eine juristische Person dar, auf deren Berfassung die Landesgesetze Anwendung finden (EG. Art. 82, Ausf.-G. Art. 89 Nr. lc, vgl. Ges. vom 12. Mai 1901

§ 104). Die Aktiengesellschaft ist gleichfalls eine juristische Person (BGB. § 22) und zwar eine solche, auf welche die §§ 178 fg. HGB. Anwendung finden.

Die

beiden

Gesellschaften

erscheinen somit

als zwei verschiedene

Rechtssubjekte. Die Ansicht der Beschwerdeführer, daß es sich um die­ selbe Rechtspersönlichkeit handle und daß sich die Gegenseitigkeitsgesellschaft

durch Annahme einer anderen Verfassung oder Rechtsform in die Aktien­

gesellschaft umgewandelt habe, ist unzutreffend. Die Generalversammlung der Gegenseitigkeitsgesellschaft hat nach der Feststellung des Landgerichtes nicht eine solche Umwandlung, sondern gemäß § 7 des Statutes die Auflösung der

Gesellschaft beschlossen und andererseits ist die Aktiengesellschaft neu errichtet

worden. Auf einem anderen Wege konnte der wirtschaftliche Erfolg einer Umwandlung auch gar nicht erreicht werden. Wie bereits der Beschluß vom 26. Juni 1893 (Jahrbuch 13 S. 220, 224) ausgesprochen hat, bestehen für

juristische Personen ebenso wie für natürliche bestimmte, vom Rechte anerkannte Existenzbedingungen, deren Aufhebung und Ersetzung durch andere nur durch Schaffung einer neuen juristischen Person bewirkt werden kann. Eine Um­ wandlung unter Wahrung der Individualität ist nur möglich, soweit sie vom Gesetze ausnahmsweise zugelassen ist. Eine solche Ausnahmevorschrift enthalten z. B. die §§ 332 bis 334 HGB., die die Umwandlung einer Kommandit­ gesellschaft auf Aktien in eine Aktiengesellschaft gestatten, und die §§ 143 bis

145 Genoss.-Ges., die eine Umwandlung hinsichtlich der verschiedenen Arten von eingetragenen Genossenschaften vorsehen. Für den vorliegenden Fall be­ steht jedoch eine derartige gesetzliche Bestimmung nicht.

Sind aber die Gegenseitigkeits- und die Aktiengesellschaft verschiedene Rechtssubjekte, so handelt es sich in Ansehung des Grundstückes um einen

Eigentumswechsel.

Ein solcher erfordert nach den §§ 873, 925 BGB., § 20

GrBO. Auflassung und Eintragung, es sei denn, daß er sich auf Grund besonderer Vorschrift kraft Gesetzes vollzieht. Solche Vorschriften finden sich z. B. in den §§ 304—306 HGB. für gewisse Fälle der Veräußerung einer

Aktiengesellschaft im Ganzen (vgl. § 3203) und in den §§ 80, 81 Ges. bett,

die Ges. m. b. H. für den Fall, daß eine Aktiengesellschaft zum Zwecke der Umwandelung in eine Gesellschaft m. b. H. aufgelöst wird (vgl. § 307 HGB.).

Für den untergebenen Fall ist aber eine derartige Bestimmung nicht vor­ handen. Daß nach § 45 BGB. (vgl. Ausf.-G. Art. 5 § 1) der Übergang des Vermögens eines aufgelösten rechtsfähigen Vereins auf die Anfallberechtigten nicht wie beim Erbfall unmittelbar im Wege einer Gesamtnachfolge vor sich

geht, daß vielmehr die Anfallberechtigten nur einen persönlichen Anspruch gegen den Verein auf Aushändigung des Vereinsvermögens erlangen, hat 8*

bereits der Beschluß vom 23. Juni 1902 (Rsp. 5 S. 378] dargelegt. Die Beschwerde beruft sich zwar auf den § 311 BGB.; diese Vorschrift befaßt sich aber, wie die Motive 2 S. 188 ausdrücklich betonen, „nur mit dem

obligatorischen Vertrage; zu seiner Vollziehung erheischt er die Vornahme desjenigen (dinglichen) Aktes, durch welchen die Übertragung der in dem be­

treffenden Vermögen befindlichen einzelnen Gegenstände nach den Vorschriften" des Gesetzes „erforderlich ist (Zession, Tradition, Auflassung rc). Eine Uni­ versalsukzession in das Vermögen wird durch einen derartigen Vertrag recht­ lich nicht begründet."

Die beantragte Umschreibung kann also erst erfolgen,

nachdem die Gegenseitigkeitsgesellschaft in Liquidation das Grundstück an die Aktiengesellschaft aufgelassen hat. — Die Berufung der Beschwerdeführer auf die Ministerialerlasse ist unbegründet, denn durch diese Erlasse ist nicht die Umwandlung, sondern die Auflösung der Gegenseitigkeitsgesellschaft genehmigt

und die Aktiengesellschaft zum Geschäftsbetrieb zugelassen worden.

Die von

den Beschwerdeführern angezogenen Entscheidungen betreffen den Fall, wo die Miteigentümer eines Grundstückes dieses in eine von ihnen gebildete offene Handelsgesellschaft einbringen. Dieser Fall liegt hier nicht vor (vgl. auch Jahrbuch 24 A S. 110) und kann nicht in Betracht kommen, weil die

offene Handelsgesellschaft keine juristische Person ist. Die vorstehend entwickelte Auffassung deckt sich mit der Ansicht des OLG. Braunschweig (Seuffert 50 Nr. 188 S. 316), von Turnau-Förster (1 2. Ausl. Anm III, 1 S. 360, vgl. 1. Ausl. 2 S. 425 unter 5, wo noch der abweichenden Ansicht der Vorzug gegeben wird), Fuchs (Grundbuchrecht Anm. 4 III S. 211) und Meurer

(Die juristischen Personen S. 111, 112).

Den Vorinstanzen ist auch darin

beizutreten, daß die Gegenseitigkeitsgesellschast in Liquidation zur Auslastung

des Grundstückes an die Aktiengesellschaft der Einwilligung der vorgesetzten Behörde bedarf. Da jene Gesellschaft vor dem Inkrafttreten des BGB. durch staatliche Verleihung Rechtsfähigkeit erlangt hat, so regelt sich ihre Verfassung nach dem ALR. II 6 (EG. Art. 82, Ausf.-G. Art. 89 zu le, Begründung

dazu S. 211). Das Gesetz über die privaten Versicherungsunternehmungen findet auf sie keine Anwendung, weil sich die Gesellschaft beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Januar 1902 bereits in Liquidation befand (§§ 104,

125 Abs. 3; Verordnung vom 24. November 1901 RGBl. S. 489). — Zu den die Verfassung ordnenden Vorschriften gehört die des § 83 II 6 ALR., wo­ nach Korporationen ohne besondere Einwilligung der ihnen vorgesetzten Be­ hörde unbewegliche Sachen weder an sich bringen noch veräußern oder ver­ pfänden können. Diese Bestimmung hat nur hinsichtlich des Erwerbes von Grundstücken auf Grund des EG. Art. 86 durch Art. 7 Ausf.-G. eine Ände­

rung erfahren, ist dagegen im übrigen

S. 9, 10).

unberührt

geblieben (Begründung

Ob die darnach erforderliche staatliche Genehmigung der Auf­

lassung dadurch erteilt ist, daß der Minister des Innern gemäß § 180 II 6 die „in der Generalversammlung beschlossene Auflösung" der Gesellschaft ge­

nehmigt hat, ist eine Frage der Auslegung des Ministerialerlasses, deren

Prüfung das Grundbuchamt vor der Entgegennahme der Auflassung vor­

zunehmen haben wird. Zutreffend ist endlich auch die Ansicht der Vorinstanzen, daß der Erwerb

des Grundstückes durch die Aktiengesellschaft nach § 54 Ges. vom 12. Mai 1901 der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. Auch nach dieser Richtung

hat das Grundbuchamt vor der Entgegennahme der Auflassung zu prüfen, ob die Aktiengesellschaft zum Geschäftsbetriebe nur in Preußen oder darüber hinaus befugt ist und demgemäß der Aufsicht der Landesbehörden oder des Aufstchtsamtes für Privatversicherung unterliegt (§§ 93, 96), und für den ersteren Fall, ob der Ministerialerlaß durch den der Aktiengesellschaft auf Grund des ALR. I 11 § 651 und der AKO. vom 29. September 1833 (GesS.

S. 121), „nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages die staatliche Genehmigung zum Geschäftsbetriebe in Preußen erteilt" worden ist, dahin auszulegen ist, daß damit zugleich der Erwerb der Grundstücke der Gegenseitigkeitsgesellschaft genehmigt ist.

Im anderen Falle ist die Genehmigung des Aufsichtsamtes K.

für Privatversicherung schlechthin erforderlich.

c) Wer eint von einem Dritten verborgene Sache an sich nimmt nnd der Polizei abliesert, kann sie nicht als Fund oder sonstwie für sich beanspruchen. BGB. §§ 959, 965. OLG. Hamburg, III. CS. Urteil v. 15. November 1902. Die Klage gegen die Polizeibehörde auf Herausgabe der 195 Mark, die der Kläger als gefunden auf der Polizeiwache abgeliefert hatte, ist unbegründet. Ein Eigentumserwerb an dem vom Kläger in Eigenbesitz genommenen Gelde im Sinne des § 959 ist nicht feststellbar, weil es an jedem Nachweis dafür

fehlt, daß der Unbekannte, welcher das Geld im Gebüsch verscharrte, Eigen­ tümer desselben war und in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten,

den das hat, das

vielmehr ist aus der Art, wie er Geld der Einwirkung Anderer durch den Versteck zu entziehen versucht zu folgern, daß er den Besitz daran nicht aufgeben wollte. Hätte er Geld fortgeworfen und dem beliebigen Zugriff Dritter preisgegeben, so Besitz der Sache aufgegeben hat;

würde eine Absicht der Besitzentäußemng betätigt gewesen sein, augenscheinlich wollte er durch den Versteck des Geldes aber die Besitznahme Dritter ver­

selbst den Gewahrsam an der Sache behalten. Aus diesem Gewahrsam nahm es der Kläger daher weg, als er nach zufälliger Beob­ hindern und

achtung des auffälligen Treibens des Verbergenden an dem fraglichen Orte nachforschte und das Geld ermittelte.

Die fernere Frage, ob an dem Gelde als einer gefundenen Sache auf Auch

Grund des § 974 Eigentum erworben werden konnte, ist zu verneinen.

wenn die Abweichung in der Fassung des § 965 von den ursprünglichen Gesetzentwürfen, welche den Fund ausdrücklich nicht bloß auf „verloren", sondern auch auf „anderweitig abhanden gekommene Sachen" beziehen wollten,

nur als eine sprachlich redaktionelle zu gelten hat, muß doch mit Dernburg (Sachenrecht § 115) aus dem Begriff des Abhandenkommens ebenso wie aus

dem des Verlierens gefolgert werden, daß das gesetzliche Merkmal des Fundes nur erfüllt ist, wenn für den bisherigen Inhaber der Gewahrsam aufgehört hat

und ihm über den Verbleib der Sache eine bestimmte oder sichere Wissenschaft fehlt. Allerdings kann ein solcher Zustand in dem von Planck's Kommentar vorgesehenen Fall vorliegen, wenn jemand eine Sache absichtlich weggeworfen

und dem beliebigen Zugriff Anderer Preis gegeben hat, weil einem derartigen Vorgang die Bedeutung innewohnt, daß der Handelnde damit rechnet, die

Sache werde oder könne jeden Augenblick in den Gewahrsam eines Anderen gelangen.

Auch dann läßt sich wohl von einer verlorenen Sache reden.

Anders liegt aber der Fall hier und, wie dort unterstellt ist, handelt nicht, wer das Geld offenbar zu verbergen beabsichtigte und verborgen zu haben glaubte.

Was schließlich den dritten Klagegrund der ungerechtfertigten Bereicherung angeht, so ermächtigt der § 983 die beklagte Behörde mit einer nicht als

Fund oder Schatz anzusehenden Sache, deren Empfangsberechtigter unbekannt oder nicht zu ermitteln ist, den § 979 bis 982 entsprechend im Interesse des Landesfiskus zu verfahren; von einer Bereicherung oder ungerechtfertigten Beibehaltung des Befitzes kann also überhaupt nicht die Rede sein; für den

Kläger würde es aber auch an jeder Klageberechtigung fehlen, weil in der seinerseits an die Behörde bewirkten Auslieferung des Geldes keine Leistung zur Erfüllung einer vermeintlichen Verbindlichkeit aus seinem Vermögen im Sinne des § 812 gelegen hat, die Auslieferung vielmehr auf Grund der ge­ setzlichen Vorschrift über die Behandlung gefundener, also solcher Sachen geschah, welche zum Vermögen des Ausliefernden nicht gehören und an denen er, wenn fie in Wirklichkeit nicht verloren sind, auch ein Eigentum nicht er­ M. M.

werben kann.

BGB. § 1006. - HGB. § 366 findet keine Anwendung, wenn ein Kaufmann sein ganzes Geschäft veräußert? d) „Abhandenkommen".

OLG. Hamburg, I. CS.

Urteil v. 1. Dezember 1902.

Die Beklagte hat von A. dessen Weingeschäft erworben, darunter drei

Fässer Wein, die der Kläger vindiziert. Er meint, daß ein Ausnahmefall des § 1006 Satz 2 hier vorliege, da ihm die drei Fässer Wein abhanden gekommen seien. Das ist jedoch nicht zutreffend. In dem zwischen ihm und dem A. abgeschlossenen Vertrag, durch den der Kläger das Eigentum an den

Fässern mittels constitutum possessorium erworben hat, wird ausdrücklich erklärt, daß A. im Besitze der Fässer verbleiben, jedoch den Besitz nicht mehr für sich, sondern für den Kläger ausüben solle und wolle.

Unter diesen Um­

ständen war aber A. nicht bloß Besitzdiener des Klägers gemäß § 855, sondern übte den unmittelbaren Besitz an den Fässern aus, während dem Kläger der mittelbare Besitz zustand.

Nun liegt aber ein Abhandenkommen nur dann

vor, wenn dem Besitzer gegen seinen Willen etwas aus der Hand d. h. aus

seiner tatsächlichen Verfügungsgewalt kommt und es ist deshalb (vgl. auch 1 Die Frage, ob eine Ware im Handelsbetriebe veräußert sei, ist wesentlich tatsächlich: RG. in Gruchot 37 S. 1177.

§ 935) nicht denkbar, daß die Sache dem mittelbaren Besitzer, der sie

freiwillig aus seiner tatsächlichen Verfügungsgewalt gegeben hat, abhanden kommen kann.

In einem solchen Falle kann von einem Abhandenkommen

nur dann die Rede sein, wenn die Sache dem den mittelbaren Besitz ver­

mittelnden Besitzer abhanden, d. h. wider seinen Willen aus seiner tatsäch­ lichen Gewalt gekommen ist.

Gibt er hingegen freiwillig den Besitz auf

und macht er sich dadurch auch, weil es ohne Zustimmung des mittel­ baren Besitzers geschieht, einer Unterschlagung schuldig, so liegt doch ein Ab­ handenkommen im Sinne des § 1006 nicht vor (vgl. Planck Anm. 3ä zu § 1006; Rsp. 4 S. 296)....

Es ist daher zu prüfen, ob die auf Grund

§ 1006 Satz 1 zu Gunsten der Beklagten bestehende Vermutung widerlegt ist.

Hierbei muß der Gesichtspunkt, daß Beklagte, auch wenn sie wußte,

daß der Veräußerer nicht Eigentümer war, mit Rücksicht auf § 366 HGB.

Eigentum erworben haben könne, ausscheiden. Beklagte hat bei Ankauf der die drei Fässer als Teil des zu den Aktiven gehörenden Weinlagers überliefert erhalten. In einer derartigen Veräußerung des ganzen Handelsgeschäftes und der mit ihr erfolgenden Übertragung der gesamten Weinhandlung

Aktiva kann aber nicht in betreff der einzelnen zu den Aktiven gehörenden, oder vom Verkäufer als zu ihnen gehörig bezeichneten Gegenstände eine im

Betriebe des Handelsgewerbes vorgenommene Veräußerung beweglicher Indem ein Kaufmann sein Geschäft mit allen Aktiven auf einen Anderen überträgt und sich damit gerade des eigenen Geschäftsbetriebes vollständig begibt, nimmt er keine Ver­ äußerung im Betriebe seines Handelsgewerbes vor. Die Vermutung des Sachen im Sinne des § 366 erblickt werden.

§ 344 HGB. kommt nicht in Betracht, weil auf Grund der Sachlage offen­ sichtlich ist, daß ein nicht im Handelsbetriebe vorgenommenes Geschäft in

Frage steht....

Es sind hiernach ausschließlich die §§ 929, 932 BGB. für

die Frage maßgebend, ob Beklagte Eigentümerin der drei Fässer geworden ist, und war es Sache des Klägers, nachzuweisen, daß eins der danach für

den Eigentumserwerb notwendigen Erfordernisse gefehlt hat....

Seine An­

sicht, daß auch dann, wenn A. Eigentum hat übertragen wollen, solches doch

nicht wegen des § 935 habe übergehen können, ist irrig, weil es sich nicht um abhanden gekommene Sachen handelte.

Weiteres Erfordernis für den

Eigentumserwerb war sodann nach § 932, da es sich um die Veräußerung eines Nichteigentümers handelt, guter Glaube der Beklagten.

sDiesen soll

sie beschwörens

M. M.

e) Verbot der Errichtung eines Konkurrenzgeschäftes auf einem Grundstücke als Grunddienstbarkeit. BGB. § 1019. OLG. Colmar, II. CS.

Beschluß v. 19. Januar 1903.

Die Aktiengesellschaft „Jllkircher Mühlenwerke" hat ihre Grundstücke auf

dem Mühlenplan in Straßburg, die „Spitzenmühle" an die A.-Gesellschaft ver­ äußert. Diese verpflichtete sich an den veräußerten Grundstücken sowohl zu Gunsten der der Veräußerin gehörenden Grundstücke in Jllkirch, als auch zu

Gunsten der einer Schokoladenfabrik X. gehörenden, auf dem Mühlenplan zu Straßburg belegenen Grundstücke eine Grunddienstbarkeit des Inhaltes zu be­ stellen, daß auf der Spitzenmühle weder eine Mahlmühle noch eine Schoko­

ladenfabrik jemals betrieben werden dürfe.

Schokoladenfabrik wurde eingetragen;

Die Dienstbarkeit zu Gunsten der

die Eintragung zu Gunsten der in

Jllkirch belegenen Grundstücke der Veräußerin dagegen abgelehnt. Die westere Beschwerde ist unbegründet; da die dinglichen Rechte im

BGB. nach Anzahl wie Inhalt begrenzt sind, und nur die im BGB. zuge-

lafsenen dinglichen Rechte an Grundstücken eingetragen werden dürfen, so hat das Grundbuchamt in jedem einzelnen Falle nachzuprüfen, ob das Recht,

dessen Eintragung beantragt wird, in den Kreis der zugelassenen Rechte fällt (Endemann 2 S. 218, 229).

Bei einer Grunddienstbarkeit hat sich diese

Prüfung auch darauf zu erstrecken, ob dem Erfordernis des § 1019 genügt ist. Eine Belastung, die für die Benutzung des herrschenden Grundstückes keinen Vorteil bietet, ist keine Grunddienstbarkeit im Sinne des BGB.

Auch

genügt nicht die Möglichkeit eines Vorteiles; denn § 1019 sagt nicht: „Vorteil

bieten kann", sondern: „Vorteil bietet". Da die Norm des § 1019 zwingen­ den Rechtes ist und von den Parteien nicht im Wege der Vereinbarung bei­ seite geschoben werden kann, so hat das Grundbuchamt von Amts wegen festzustellen, ob die Grunddienstbarkeit in der Tat einen Vorteil für die Be­ nutzung des herrschenden Grundstückes bietet.

Es muß deshalb zu diesem

Zwecke auf Grund der vorliegenden Urkunden eine Prüfung darüber eintreten

lassen, worin der Vorteil besteht.

Vorliegend bietet die Grunddienstbarkeit

für die Benutzung der Grundstücke in Jllkirch keinerlei Vorteile.

Ob auf der

Spitzenmühle eine Mahlmühle bezw. Schokoladenfabrik betrieben wird oder

nicht, hat keinen Einfluß auf den Wert der Jllkircher Grundstücke.

Selbst

wenn dort die abgebrannte Mühle neu errichtet werden sollte, würde eine

auf der Spitzenmühle etwa stehende Mahlmühle oder Schokoladenfabrik die Benutzung der Jllkircher Grundstücke für den Mühlenbetrieb gar nicht beein­ trächtigen.

auf

der

Eine der Errichtung einer Mahlmühle oder Schokoladenfabrik Spitzenmühle entgegenstehende Belastung wäre demzufolge ohne

jeglichen Vorteil für die Benutzung der Jllkircher Grundstücke.

Dies wird

auch nicht durch den Umstand geändert, daß die Jllkircher Mühle vielleicht einzig in ihrer Art ist.

Das BGB. erfordert allerdings nicht die Vizinität Aber hier hat sich infolge der

des herrschenden und dienenden Grundstückes.

großen Entfernung der beiden Grundstücke das Jnteresie an der Belastung vollkommen verflüchtigt. Der wahre Zweck der angeblichen Grunddienstbar­ keit ist einen Konkurrenzbetrieb auf dem früheren Eigentume der Jllkircher Mühlenwerke auszuschließen.

Dieser Zweck ergibt sich schon aus der Be­

stimmung des Kaufvertrages,

daß die Käuferin sich

verpflichtet,

dieselbe

Grunddienstbarkeit auch zu Gunsten eines von den Jllkircher Mühlenwerken

später in Straßburg errichteten oder erworbenen Mühlenetablissements zu be­ stellen.

Ein derartiger Zweck hat aber mit der Benutzung der Jllkircher

Grundstücke an sich gar nichts zu tun, er ist ein rein persönlicher Zweck, dem nach ausdrücklicher Vorschrift des

§ 1019

eine

Grunddienstbarkeit

nicht

Dr. Fr.

dienen soll.

f) Kann ein Rietzbrauch an einem Grundstücke schon dnrch die blotze Überweisung -er Mietertrüge bestellt werdend1 BGB. § 1030 Abs. 2. OLG. Celle, II. CS. Urteil v. 23. Oktober 1902. X. hat dem Kläger, seinem Hypothekar, um ihm die Einziehung der

Mieten zu ermöglichen, 1901 den Nießbrauch am Pfandgrundstücke bestellt dessen Verwaltung übertragen; zugleich auch vereinbart, in welcher

und

Weise die vereinnahmten Mietgelder zur Tilgung der X.'schen Schulden (auch der klägerischen Forderung selbst) zu verwenden sind. Die Klage auf Frei­ gabe der für den Beklagten gepfändeten Mietforderungen gewiesen.

wurden zurück­

Aus den Gründen:

Zwar ist im Grundbuche ein Meßbrauch für den Kläger eingetragen und daher nach § 891 zu vermuten, daß ihm der Nießbrauch zusteht. Diese

Vermutung wird aber widerlegt, wenn Beklagter nachweist, daß in Wahrheit

die weitere Voraussetzung des § 873, nämlich die Einigung des Bestellers

und des Berechtigten, daß ein Nießbrauch entstehen solle, nicht gegeben ist.

Für diesen Nachweis kommt nur der Inhalt des abgeschlossenen Vertrages Der wirtschaftliche Zweck des letzteren liegt klar zu Tage: der Kläger sollte wegen seiner hypothekarischen Forderung, insbesondere wegen der Zinsen, dadurch gesichert werden, daß er die Verwaltung des Pfand­ grundstückes und namentlich die Mieterträge in die Hände bekam. Zu diesem in Betracht.

Zwecke wurde er mit der Verwaltung des Grundstückes beauftragt, wurden

über die Verwendung der Mieten bestimmte, die Befriedigung des Klägers tunlichst gewährleistende Vorschriften getroffen und in erster Linie die Über­

weisung der Mieten selbst an den Kläger ausgesprochen. Die ihm hiernach übertragenen Befugnisse entsprechen nicht den gesetzlichen Merkmalen des Nießbrauches. Die bloße Erklärung, daß ein Nießbrauch bestellt werde, kann die erforderliche Willenseinigung dahin, daß ein solcher entstehen solle, nicht herstellen, wenn der Inbegriff der dem Kläger eingeräumten Befugnisse mit den gesetzlichen Merkmalen des Nießbrauches im Widerspruch steht.

Dem Nießbrauchs ist wesentlich, daß er auf die Gesamtheit der Nutzungen einer Sache gerichtet ist; einzelne Nutzungen können — unbeschadet des

Wesens des Nießbrauches — zwar ausgenommen werden (§ 10302); nicht aber ist es ein Meßbrauch, wenn nur einzelne Nutzungen als solche ein­ geräumt werden (Planck, § 1030 Anm. 2).

Dies ist aber vorliegend der

Fall, da das Nutzungsrecht des Klägers sich lediglich auf die Mieterträge des Grundstückes erstrecken soll; denn daß auch die Nutzung desselben durch persönlichen Gebrauch hat eingeräumt werden sollen, kann nach dem Gesamt1 Ein Nutzungspfandrecht kann nicht als Nießbrauch eingetragen werden, wenn es nach

seinem Inhalte dem Nießbrauche widerspricht, z. B. bis zur Tilgung einer Forderung dauern

soll.

Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 15. Dezember 1902.

inhalte des Vertrages nicht angenommen werden. — Wesentlich ist auch, daß dem Nießbraucher die Nutzung der Sache zu . eigenem Rechte übertragen

wird und wenn auch dies Merkmal nicht ohne weiteres dadurch ausgeschlossen wird, daß gleichzeitig mit obligatorischer Wirkung Bestimmungen darüber

getroffen werden, in welcher Weise der Nießbraucher die Erträge der Sache zu verwenden haben soll, so läßt doch der Gesamtinhalt der im Vertrage

vom Kläger übernommenen Verpflichtungen und ganz besonders die Ver­ pflichtung, nach Beendigung der Vertragszeit dem Besteller Rechnung zu legen, erkennen, daß nicht sowohl die Übertragung der Nutzungen zu eigenem Rechte auf den Kläger den Gegenstand des Vertrages bilden, als vielmehr

im letzten Grunde der Besteller der Nutzungsberechtigte bleiben sollte.

Hch.

Eintragung als Berfügnngsbeschränkung oder als Vormerkung? BGB. § 883. g) Rechtsgeschäftliches Beräufierungsverbot. Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 13. Oktober 1902.

In einem Pachtverträge ist bestimmt: „Der Pächter hat das Recht, mit

der Beendigung des Pachtvertrages am. 1. Mai 1905 die Landstelle mit dem alsdann vorhandenen Inventar als Eigentümer für den Kaufpreis von

11500 Mark zu übernehmen... Diese Offerte ist als Eigentumsbeschrän­

kung einzutragen in der Form, daß das Grundstück bis zum 1. Mai 1905 nur an den Pächter unter vorstehenden Bedingungen verkauft werden darf". Die Eintragung dieses Kaufrechtes wurde abgelehnt; auch die weitere Be­ schwerde blieb erfolglos.

Gründe: Gegenstand der Verpflichtung des Verpächters ist eine positive Handlung desselben, nämlich dem Pächter das Grundstück kaufweise einzuräumen und

aufzulassen. Das entsprechende, für den Pächter erwachsende Recht darf, um dinglich wirksam zu werden, nach § 883 durch die Eintragung einer Vor­

merkung gesichert werden; denn der Vertrag gibt dem Pächter den künftigen und bedingten Anspruch auf Einräumung eines Rechtes am Grundstücke, nämlich auf Übertragung des Eigentumes durch Auflassung. In der Form

einer Vormerkung würde also dieser Anspruch Aufnahme in das Grundbuch finden können.

Das haben die Vorinstanzen auch nicht verkannt. Allein die Eintragung einer solchen Vormerkung ist von den Beteiligten

nicht beantragt und sie entspricht auch nach der Vertragsbestimmung nicht

ihren Intentionen.

Sie wollen vielmehr, wie klar ausgesprochen ist, als

Folge jener Abmachung über den künftigen Kauf nur eine Eigentums­

beschränkung des jetzt eingetragenen Eigentümers in der Form eingetragen

haben, daß das Grundstück bis zum 1. Mai 1905 nur an den Pächter ver­

kauft werden darf. In dieser Weise ist die Eintragung der Eigentums­ beschränkung beantragt. Diesen Antrag haben die Vorinstanzen mit Recht unter Bezugnahme auf § 137 BGB. abgelehnt, denn Gegenstand dieses Eintragungsantrages ist nicht die Sicherung des Anspruches eines Rechtes des Pächters an dem Grundstücke, sondern eine reine Verfügungsbeschränkung

des derzeitigen Eigmtümers.

Selbstverständlich begründet die im Pachtver-

trage getroffene Abmachung über den künftigen Ankauf des Grundstückes zu­

gleich die negative vertragliche Verpstichtung des Eigentümers, sich bis zur Entscheidung über das Zustandekommen des Kaufes jeder anderweiten, das Recht des Käufers beeinträchtigenden Verfügung zu enthalten.

Wird also zu

Gunsten des Käufers eine Vormerkung zur Sicherung seines Anspruches ein­

getragen, so wirkt diese virtuell auch negativ gegen anderweitige Verfügungen des Eigentümers.

Allein jene selbstverständliche negative Vertragsverpflichtung

darf nicht von dem eingeräumten positiven Ansprüche losgelöst und als selb­ ständige Verfügungsbeschränkung mit dinglicher Wirkung eingetragen werden.

Solche steht aber allein in Frage. Der Verpächter räumt dem Pächter weder ein Kaufsrecht, noch ein Vorkaufsrecht ein, sondern er schließt seine freie

Verfügungsbefugnis über das Grundstück aus, indem er sich verpflichtet, das Grundstück nicht anders zu verkaufen als an den Pächter und unter den fest­ gesetzten Bedingungen. Es handelt sich also um die Einschränkung des dem

Eigentümer zukommenden Dispositionsrechtes. Derartigen Verfügungsbeschrän­ kungen ist aber eine andere als rein obligatorische Wirkung durch § 137 Dr. M.

versagt (Jahrb. 21 S. 133).

h) Die Verpflichtung des Eigentümers, an Stelle einer Vormerkung keine definitive Hypothek zu bewillige«, oder der Umwandlung einer Sichernngshypothek in eine definitive nicht znzustimmen, kann nicht eingetragen werden. Keine Vormerkung zur Sicherung des Anspruches auf Löschung einer Hypothekenvormerknng. BGB. §§ 873, 1179. Kammergericht, 1. CS. Beschluß v. 1. Dezember 1902. In Abt. III ist unter Nr. 14 eine Vormerkung zur Sicherung des auf § 648 BGB. gegründeten Anspruches auf Einräumung einer Sicherungs­ hypothek in Vollziehung einer einstweiligen Verfügung eingetragen worden. Der Eigentümer des Grundstückes hat sich dem Gläubiger der unter Nr. 15 gebuchten Hypothek 3E. verpflichtet, „an der Stelle der Vormerkung keine definitive Hypothek eintragen zu lassen und auch die Zustimmung zur Um­

wandlung der Vormerkung in eine Sicherungs- oder der Sicherungs- in eine definitive Hypothek nicht zu geben, vielmehr soll das unter Nr. 14 eingetragene dingliche Recht zur Löschung gebracht werden, so daß die folgenden Hypo­ theken aufrücken."

Die weitere Beschwerde gegen die den Eintragungsantrag

ablehnende Verfügung blieb erfolglos.

Gründe:

Es soll zunächst eingetragen werden, daß der Eigentümer verpflichtet

ist, an Stelle der Vormerkung eine definitive Hypothek nicht eintragen zu

kaffen und seine Zustimmung zur Umwandlung der Vormerkung in eine Sicherungshypothek nicht zu geben. Dies kann nur dahin verstanden werden, daß der Eigentümer nicht berechtigt sein soll, die Eintragung der vorgemerkten

Sicherungshypothek zu bewilligen. Da sich das Recht zur Erteilung dieser Bewilligung als ein Ausfluß des Eigentumes am Grundstücke darstellt (vgl.

BGB. § 873, GrBO. § 18), so soll die Befugnis zur Verfügung über das Grundstück beschränkt werden.

Nach § 137 können aber nur persönliche, nicht

dingliche Verfügungsbeschränkungen durch Rechtsgeschäft begründet werden. Demgemäß ist unzulässig, der fraglichen Verfügungsbeschränkung durch Ein­ tragung dingliche Wirksamkeit zu verleihen (vgl. Jahrbuch 21 S. 133). — Der Eigentümer hat sich weiterhin verpflichtet, seine Zustimmung zur Um­ wandlung der Sicherungshypothek in eine definitive, d. h. gewöhnliche Hypo­

thek (§ 1186) nicht zu geben. Auch hierbei handelt es sich um eine Be­ schränkung der Befugnis zur Verfügung über das Grundstück (vgl. §§ 877, 873, GrBO. § 19).

Deshalb ist auch insoweit die beantragte Eintragung unstatthaft.

Endlich soll gebucht werden, daß das unter Nr. 14 eingetragene Recht

zur Löschung gebracht werden muß, damit die folgenden Hypotheken auf­

Die Verpflichtung, jene Eintragung schlechthin, auch wenn ein

rücken.

anderer als der Eigentümer daraus berechtigt ist, zur Löschung zu bringen,

kann keinesfalls endgültig eingetragen oder vorgemerkt werden, da ein ding­

liches Recht dieses Inhaltes dem BGB. nicht bekannt ist (vgl. Jahrbuch 23 A S. 154).

Nach § 1179 BGB. kann nur, falls sich der Eigentümer einem

Anderen gegenüber verpflichtet, die Hypothek löschen zu lassen, wenn sie sich mit dem Eigentume in einer Person vereinigt, zur Sicherung des Anspruches auf Löschung eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden.

Diese Vorschrift spricht aber nur von der Hypothek und kann daher

als eine Ausnahmebestimmung (vgl. Planck Sinnt. 1 dazu), abgesehen von

der Grund- und der Rentenschuld (§§ 1192, 1199), auf andere Rechte an einem Grundstücke oder auf Vormerkungen nicht angewendet werden. Sie bezweckt, zu verhindern, daß der Eigentümer, wenn er die Hypothek erwirbt, über sie anders als durch Zustimmung zur Löschung verfügt (Prot. 3 S. 605).

Vereinigt sich aber der durch die Hypothekenvormerkung gesicherte Anspruch mit dem Eigentume in einer Person, so kann der Eigentümer, da jene Vor­

merkung kein Recht an einem Grundstücke im Sinne des § 889 und ins­ besondere keine bedingte Hypothek ist (Prot. 3 S. 740), über sie gar nicht anders, als indem er sie zur Löschung bringt, verfügen (vgl. §§ 886, 887 mit §§ 1168, 1169, 11702, Beschluß des KG. vom 11. Juli 1902 I. Y 784/02). Schon aus diesen Gründen berechtigt der § 1179 nicht, eine Vormerkung zur Siche­ rung des Anspruches auf Löschung der Hypothekenvormerkung einzutragen. Er.

i)

Zur Auslegung des § 1180 BGB. OLG. Königsberg, II. CS.

Urteil v. 13. Januar 1903.

Für den Kläger ist 1899 eine Darlehnshypothek von 420 Mark ein­ getragen; er hat aber nur 300 Mark dargeliehen, während die überschießenden 120 Mark angeblich mit Rücksicht auf ein von 3E. dem Grundstückseigentümer

W. gegebenes Darlehen dieses Betrages eingetragen wurden. Die Eintragung ist also insofern unrichtig und damit die aus §§ 891, 1138 folgende Ver­ mutung, daß die im Eintragungsvermerk angegebene Forderung wirklich be­ stehe, in Ansehung der 120 Mark widerlegt.

Um sich das Hypothekenrecht

auch für diese 120 Mark zu erhalten, muß der Kläger nachweisen, daß er eine rechtsgültige Forderung für diese 120 Mark gegen W. erworben hat und

daß für diese Forderung die Hypothek bestellt worden ist. Bei Führung dieses Nachweises ist die unrichtige Bezeichnung der Forderung im Grundbuche ohne Belang (Turnau-Förster 1 S. 634 Note 7 zu 8 1138 BGB.). Der Kläger behauptet, daß er die Darlehnsschuld des W. gegen 3E. von 120 Mark als

Selbstschuldner übernommen und daß ihm W. dafür anstatt einer Hypothek von nur 300 Mark eine solche von 420 Mark bestellt habe.

Er will damit

offenbar sagen, daß ihn gegen W. infolge der durch die Schuldübernahme

erfolgten Befreiung desselben

ein Ersatzanspruch erwachsen und

daß

die

Hypothek zu dem Teilbeträge von 120 Mark für diesen Ersatzanspruch bestellt worden sei. Eine wirksame Schuldübernahme ist [roie näher ausgeführt ist] 1899 nicht erfolgt. Mithin ist dem Kläger gegen W. auch kein Ersatzanspruch

erwachsen, für den die Hypothek zu einem Teilbeträge von 120 Mark hätte bestellt, oder mit dem sie durch nachfolgende Übereinkunft zwischen Gläubiger und Schuldner (vgl. Entsch. d. RG. 44 S. 296, 48 S. 53; Turnau, GrBO. S. 760) nachträglich hätte ausgeführt werden können. Die Hypothek war mithin zum Teilbeträge von 120 Mark nicht valutiert.

Eine nicht valutierte Hypothek wurde nach preußischem Rechte nicht Eigen­ Dies änderte sich aber mit dem

tümerhypothek, sondern war unwirksam.

1. Januar 1900, da nach §§ 11631, 1177' eine nicht valutierte Hypothek Eigentümergrundschuld wird und dieser Rechtsgrundsatz auch auf die noch

unter der Herrschaft des preußischen Rechtes eingetragenen nicht valutierten

Hypotheken Anwendung findet (vgl. Entsch. d. RG. 48 S. 48). Mit dem 1. Januar 1900 fiel daher der nicht valutierte Teilbetrag der klägerischen Hypothek dem damaligen Grundstückseigentümer W. als Eigentümergrundschuld zu. Auch jetzt noch wäre es möglich gewesen, an Stelle dieser Eigentümer­ grundschuld eine dem Kläger gegen W. zustehende Forderung, also auch einen

durch Schuldübernahme gegen W. etwa erworbenen Ersatzanspruch zu setzen.

Die Schuldübernahme hätte nunmehr auch einer besonderen Form nicht mehr

bedurft. Um indessen den Ersatzanspruch der Hypothek wirksam zu unter­ stellen, genügte nicht, daß der Kläger dies mit W. vereinbarte, vielmehr mußte nach § 1180 zu dieser Einigung, wenn sie dingliche Wirkung haben Hierin liegt eine erhebliche Abweichung gegenüber dem früheren Rechte (vgl. Turnau-Förster 1

sollte, die Eintragung in das Grundbuch hinzukommen.

S. 689 Note 9, 635 Note 7, 723 Note II ff.).

Zwar ist der Teilbetrag von

120 Mark schon für den Kläger eingetragen, aber unrichtig, nämlich als Darlehensforderung gegen W., während die mit diesem vereinbarte Schuld­

übernahme niemals eine Darlehensforderung, sondern nur einen Ersatzanspruch gegen W. ins Leben rufen konnte. Eine diesen Sachverhalt erkennen lassende

Umschreibung wäre also unerläßlich gewesen.

Da eine solche Umschreibung

unstreitig nicht erfolgt ist, erübrigt es sich, den angetretenen Beweis über die nach dem 1. Januar 1900 erfolgte Schuldübernahme zu erheben, da diese

allein die dingliche Wirkung nicht hervorruft, auf die es für die hier erhobene hypothekarische Klage allein ankommt.

Th.

k)

Folge« rechtmätzigen Pfandvcrkaufcs. BGB. §§ 1243, 1247. OLG. Dresden, II. CS.

Urteil v. 10. Oktober 1902.

Streitig sind hier die rechtlichen Folgen des Pfandverkaufes und die

Beurteilung der weiteren, den Pfanderlös betreffenden Vorgänge.

Der Be­ klagte bringt vor, daß die Pfandgläubigerin das Eigentum des Klägers nicht gekannt habe. Allein für die Wirkungen des Pfandverkaufes ist an sich die Kenntnis oder Nichtkenntnis des Eigentumsverhältnisses nicht entscheidend;

wesentlich ist vielmehr, ob er rechtmäßig oder nicht rechtmäßig erfolgt.

Er

ist nicht rechtmäßig, wenn gegen § 12282, § 1230 Satz 2, § 1235, § 1237 Satz 1 oder § 1240 verstoßen wird (§ 12431).

Wird eine andere für den

Verkauf geltende Vorschrift z. B. § 1234 verletzt, so tut dies der Recht­

mäßigkeit keinen Eintrag. Bei rechtmäßiger Veräußerung hat nach §§ 1293, 1242 der Erwerber die gleichen Rechte erworben, wie wenn er die Pfänder

vom Kläger als Eigentümer erworben hätte. Dagegen würde er im Falle unrechtmäßiger Veräußerung nur nach Maßgabe von §§ 1244, 932—934 und 936 in seinem Erwerbe geschützt sein, und es käme in Frage, ob nicht das Eigentum des Klägers noch jetzt mit Erfolg geltend gemacht werden

könnte. Indessen auf diese Frage, braucht nicht weiter eingegangen zu werden, weil der Beklagte Unrechtmäßigkeit des Pfandverkaufes nicht geltend gemacht hat; vgl. auch § 1245. Ist aber davon auszugehen, daß die Veräußerung der klägerischen Aktien rechtmäßig erfolgt ist, so gilt nach § 1247, soweit der Pfanderlös der Pfand­ gläubigerin zu ihrer Befriedigung gebührte, ihre Forderung als vom Kläger berichtigt und ist im Übrigen der Erlös an die Stelle der Pfänder getreten,

mag die Gläubigerin das klägerische Eigentum gekannt haben oder nicht. An dem Übererlöse bestehen die dinglichen Rechte fort, welche an den Pfändern bestanden. Insbesondere hat also zunächst das Eigentum am Übererlöse der

Kläger erworben.

-------------

-

Dr. W.

20 a) Das Gericht kan« den Arzt re nicht von seiner Verschwiegen­ heitspflicht entbinde«. CPO. § 383 Ziffer 5. OLG. Hamburg, III. CS. Beschluß v. 20. Dezember 1902. Das Landgericht hat der Weigerung des Arztes G. und des Apothekers I., über die Erkrankung des Beklagten, ohne von diesem von ihrer Ver­

schwiegenheitspflicht entbunden zu sein, auszusagen, zugestimmt, weil Klägerin bisher keinen Antrag gegen ihren Mann gestellt habe, ihn zu verpflichten, jene Personen von ihrer Pflicht zur Verschwiegenheit zu entbinden. Es steht damit freilich noch auf dem Boden der Entscheidung des I. CS. des Hans.

OLG. vom 14. Juni 1901 (Rsp. 3 S. 245), nicht aber mehr auf dem Boden

der weiteren Entscheidung desselben Senats vom 1. Oktober 1902. Nachdem nämlich das Reichsgericht am 10. April 1902 ausgesprochen hatte sHans. GZ. 1902 Nr. 104], auch die rechtskräftige Verurteilung des Mannes, den Arzt

seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, könne — weil nur gegenüber

seiner Frau ergangen — den Zeugen selbst noch nicht zu einer Aussage verpflichten, hat der I. CS. nunmehr von neuem und selbständig geprüft, ob ein Weigerungsrecht des Arztes auch ohne Entbindung von der Ver­

schwiegenheitspflicht doch dann zu verneinen sei, wenn nach Auschauung des Gerichtes der Mann zu solcher Entbindung mit Rücksicht auf das Wesen der Ehe verpflichtet erscheine.

Diese Frage hat er im übrigen wesentlich aus

den früheren Gründen bejaht, dabei aber folgende Erwägung vorangeschickt: der Arzt habe kein eigenes Interesse, sein Zeugnis über ihm in seinem Berufe anvertraute Umstände zu verweigern, sondern handle dabei nur im

Das einzige eigene Interesse des Arztes sei die Gefahr seiner Bestrafung nach § 300 StGB., falls er das Vertrauen des

Interesse seiner Patienten.

Patienten breche; allein dieses Interesse falle da fort, wo das Gericht den Patienten für verpflichtet halte, die Entbindung von der Verschwiegenheits­

pflicht zu gewähren, weil in solchem Falle kein „unbefugtes" Offenbaren von Privatgeheimnissen vorliege. Der Beschwerde müßte entsprochen werden, wenn diesen Gründen völlig

beizustimmen wäre.

Das ist aber nicht der Fall: Zunächst ist, da die Ent­

scheidungen des Zivilrichters den Strafrichter nicht binden, die Gefahr einer

Verurteilung aus § 300 StGB, für den Arzt selbst dann nicht gänzlich aus­ geschlossen, wenn das Zivilgericht den als Zeugen geladenen AiHt für befugt zur Aussage erklärt hat. Wichtiger noch ist, daß schon der Ausgangspunkt des Beschlusses vom 1. Oktober 1902 Bedenken erregt: Freilich ist neben dem Zweck der Vermeidung eines Gewissenszwanges auch ein legislatorischer Grund des Zeugnisweigerungsrechtes des Arztes (wie des Geistlichen, An­

walts rc) der Jnteressenschutz derer, die solchen Personen ihr Vertrauen zu

schenken haben. Damit aber, daß dies Interesse durch das sonst annormale Zeugnisweigerungsrecht geschützt wird, erhält der ganze Stand des Geist­ lichen, Arztes rc eine besonders geartete Qualifikation, die das Vertrauen

Nicht bloß der Einzelne, der ein Geheimnis anzuvertrauen hat, ist im Einzelfall daran

des Publikums im allgemeinen sichern und erhöhen soll.

interessiert, daß der schweige, dem er jeweilig sein Vertrauen schenkt, sondern es ist ein öffentliches Interesse aller und auch ein Interesse des Geistlichen, Anwaltes und Arztes selbst, daß sie nicht auszusagen brauchen, es sei denn, daß sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Wäre es anders und müßte auch der Anwalt und Arzt, wie jeder andere Zeugnis ablegen, so würde dadurch nicht bloß das Einzelinteresie gerade dessen ge­ fährdet, in Bezug auf welchen er auszusagen hätte, sondern auch das In­

teresse aller derer, die nun nicht mehr wagen, ihm etwas anzuvertrauen, und damit also recht eigentlich auch das Berufsinteresse des Arztes und Anwaltes

selbst.

Nun hat freilich die CPO. im § 385 Schlußabsatz nicht ausdrücklich

gesagt: daß die Entbindung von der Verschwiegenheit seitens desjenigen

erfolgen müsse, welcher das Geheimzuhaltende anvertraut hat, dies ist aber

selbstverständlich und wird auch von keinem Kommentator anders verstanden.

Der Beschluß vom 1. Oktober 1902 glaubt an Stelle dieser Erklärung, des

das Geheimnis Anvertrauenden selbst, wenigstens da, wo gegenüber dem

Prozeßgegner eine Rechtspflicht desselben bestehe, den Zeugen von seiner Verschwiegenheit zu entbinden, die Entscheidung des Gerichtes treten lasten zu können.

Wenn nun auch in dem am 1. Oktober 1902 entschiedenen Falle

die Weigerung des Mannes ungerechtfertigt war, auch eine schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten (BGB. § 1568) enthielt, so bleibt gleichwohl bedenklich, an Stelle der subjektiven Entscheidung des sich dem Ai^te Anvertrauenden die objektive des Richters zu setzen. Damit wird in das aus öffentlichem Interesse eingeführte Zeugnisweigerungsrecht gewisser Berufsklaffen eingegriffen.

Es darf auch das ethische Moment (daß das

Gesetz gerade auch eine ethische Verschwiegenheitspflicht schützen will, s.Planck's

Civilprozeß 2 S. 205) nicht übersehen werden, daß ein Arzt re aus guten Gründen demjenigen, der sich ihm anvertraut hat, selbst dann sein Wort halten zu müffen vermeint, wenn auch das höchste Gericht ihm auseinander­ setzt, der Vertrauende habe kein Recht, noch länger Verschwiegenheit zu fordern. Gerade der Fall, wo wie hier der Arzt von einem Manne vor der Ehe­ schließung ausgesucht ist, ist hierfür bedeutsam, denn erst durch die spätere

kann

für den

auf Verschwiegenheit Anspruchhabenden eine Der Arzt braucht aber nicht bloß da zu schweigen, wo ihm noch Strafe aus § 300 StGB, droht, sondern er kann es auch da, wo sein Gewissen ihm rät, ein einmal still­ schweigend zugesagtes Vertrauen auf Verschwiegenheit unbedingt zu rechtfertigen. Daß Fälle vorkommen können, wo für einen unschuldigen Ehegatten

Eheschließung

Rechtspflicht, davon zu entbinden, begründet werden.

oder irgend einen anderen Prozeßgegner solche fortgesetzte Verschwiegenheit schwere Mißstände mit sich bringt, ist ja gewiß nicht zu verkennen.

Das

Korrektiv wird aber darin zu suchen sein, daß das Gericht auf Grund

seines freien Beweiswürdigungsrechtes nachteilige Schlüsse gegen denjenigen zieht, der wider moralische oder ethische Pflichten handelt, indem er fortgesetzte Verschwiegenheit über Dinge fordert, die er dem Gegner zu offenbaren schuldig ist.

Jene Mißstände berechtigen den Richter aber nicht

dazu, die gesetzlichen Schranken der Zeugnispflicht der im § 383 Nr. 5 ge­

nannten Personen für einzelne Fälle fallen zu lassen.

M. M.

b) Umfang des Zeugnisverweigerungsrechtes des Notars? Kammergericht, XL CS.

Beschluß v. 10. Juni 1902.

Das Landgericht hat die Vernehmung des Notars 3E. als Zeugen darüber

angeordnet, daß der Direktor G. vor der Unterzeichnung der Bürgschafts­

erklärung der Klägerin gegenüber nicht erklärt habe. ... Hiernach soll der Zeuge über das Nichtvorliegen einer Tatsache gehört werden. Wenngleich die Gegenbehauptung, die durch dieses Zeugnis widerlegt werden soll, einen Vorgang betrifft, der sich bei Aufnahme eines notariellen Aktes durch den 1 Desgl. eines von beiden Parteien mit dem Bertragschluß betrauten Anwalts: Entsch. des RG. 50 S. 353.

Zeugen zugetragen haben soll, so kann sich doch die Verpflichtung des Notars zur Verschwiegenheit nur auf positive Tatsachen, deren Geheimhaltung ihm

geboten ist, beziehen, nicht aber auch auf das Nichtvorliegen von Tatsachen, die an sich mit seiner Schweigepflicht nichts zu tun haben, da, wenn jene Äußerung nicht gefallen ist, eine Verpflichtung, dies geheim zu halten, sicher nicht besteht. Selbst wenn man aber die Bekundung, daß etwas nicht geschehen sei,

als eine Aussage über eine „Tatsache" erachten wollte, so trifft jedenfalls das weitere Erfordernis des § 383 Ziff. 5 nicht zu, daß die behauptete Tat­

sache dem Zeugen kraft seines Amtes anvertraut und ihre Geheimhaltung

daher geboten gewesen sei. Weder die Klägerin noch der Vertreter der Beklagten hat dem Zeugen die Äußerung, über die er vernommen werden

soll, anvertraut; diese angebliche Äußerung hatte überhaupt mit dem Notariats­ akte und der Bürgschaft der Klägerin nichts zu tun und kann also nur ge­

legentlich der Aufnahme dieses Aktes stattgefunden haben, ist auch nicht

etwa ihm mitgeteilt und angeblich überhaupt nicht zu seiner Kenntnis ge­ kommen. Gerade dies aber, daß er sie nicht gehört habe, soll er bezeugen; hat er sie aber überhaupt nicht gehört, so ist sie auch nicht in seiner Eigen­ schaft als Notar zu seiner Kenntnis gelangt (Entsch. d. RG. 30 S. 356), und es bezieht sich also auch seine Pflicht der Verschwiegenheit nicht auf sie. Übrigens steht es dem Zmgen frei, falls sich bei seiner Vernehmung ergibt, daß es sich nicht um eine gelegentliche Äußerung, sondern um eine die auf­ zunehmende Urkunde selbst betreffende Tatsache handelt, die Antwort gemäß § 3833 zu verweigern. Sch.-G.

21 a) Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Vorbehaltsurteil des § 599 CPO. bis zur Erledigung des Rachverfahrens ist nur im Wege einstweiliger Verfügung zulässig. OLG. Marienwerder, II. CS. Beschluß v. 30. Dezember 1902. Das Urteil, das im Wechselprozeffe unter Vorbehalt der Rechte des Beklagten ergeht, kann, falls es für vorläufig vollstreckbar ertlort ist, sofort vollstreckt werden, und es wird nach Ablauf der Rechtsmittelfrist endgültig voll­

streckbar. Nach § 717 tritt die vorläufige Vollstreckbarkeit mit der Ver­ kündung eines Urteiles, das die Entscheidung aufhebt, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung erfolgt; bis zur Verkündung solches Urteiles bewendet es aber bei der Vollstreckbarkeit des Urteiles aus § 599.

Eine Befugnis des

Gerichtes, sie bis zum Erlaß des Endurteiles im ordentlichen Verfahren einst­ weilen einzustellen, ist nicht vorgesehen, es sei denn, daß das im Wechsel­ prozeß ergangene Urteil mittels Berufung angefochten ist. In diesem Falle könnte das Berufungsgericht nach §§ 707, 719 CPO. die Zwangsvollstreckung einstweilen einstellen. Ist hingegen keine Berufung eingelegt, so fehlt es an einem solchen Rechtsbefehl im Zwangsvollstreckungsverfahren (Struckmann-

OLGRIp. VI.

9

Koch Note 4 gu § 599 und die dort zitierten Entscheidungen des OLG. Cöln).

Nur im Wege des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung könnte sich der Beklagte wegen seines Rückforderungsanspruches schützen (Petersen-Anger

Note 3 zu § 599).

H.

b) Der Armenanwalt, der für seine Partei die dieser z« erstatten­ den Prozetzkoste» hat sestsetzen lassen, kann nicht ans §§ 124, 727 CPO. den Beschluß auf seine Person umschreiben lassen.1

OLG. Dresden, IX. CS. Beschluß v. 10. November 1902. Der Senat bleibt in betreff des Streites, ob der § 124 eine teilweise gesetzliche Übertragung des Erstattungsanspruches der ärmeren Partei an ihren Anwalt begründe oder dem Anwälte ein selbständiges Recht auf Kostenerstattung

neben dem Rechte der Partei verleihe (gegenüber dem die erste Meinung ver­ tretenden Beschlusse des RG. in IW. 1896 S. 146°, Falkmann, Die Zwangs­ vollstreckung, 2. Aust. S. 242 Anm. 62 und anscheinend auch dem OLG. Posen in Rsp. 1 S. 381), bei der in seinem Beschlusse vom 16. Juni 1902 (Rspr. 5 S. 89) ausgesprochenen, die zweite Alternative bejahenden Ansicht stehen. Ist aber der Armenanwalt danach nicht als Rechtsnachfolger seiner Partei

zu behandeln, so ist auch ausgeschlossen, ihm als Rechtsnachfolger (§ 727) eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen. Übrigens würde die Umschreibung, wenn sie zulässig wäre, nicht unbeschränkt geschehen können.

Denn bei der

Festsetzung sind auch die dem Rechtsanwälte 2. Instanz erwachsenen Kosten berücksichtigt worden, und der zur Erstattung festgesetzte Betrag würde geringer

sein, wenn die letzteren Kosten, auf die dem sich beschwerenden Rechtsanwalts 1. Instanz kein Anspruch zusteht, außer acht gelassen worden wären.

Dr. v. F.

c) Bollstreckbarkeit eines in Erledigung einer beantragten einst­ weiligen Verfügung geschlossenen Vergleiches über Unterhaltsbeitrüge. CPO. § 794 Nr. 1. OLG. Hamburg, II. CS.

Beschluß v. 10. Januar 1903.

Im Scheidungsprozeß der Parteien hat der Kläger beantragt, mittels einst­ weiliger Verfügung der Beklagten aufzugeben, die eheliche Wohnung zu ver­

lassen.

Nachdem eine mündliche Verhandlung angeordnet war, haben die

Parteien zur Erledigung des Antrages im Verhandlungstermine dahin einen

Vergleich geschloffen, daß die Beklagte die eheliche Wohnung verlasse, Kläger ihr dagegen bis zur Beendigung dieses Prozesses monatlich 60 Mark Alimente zahle. Ein Antrag der Beklagten, den Vergleich mit der Vollstreckungsklausel

zu versehen, ist vom Gerichtsschreiber abgelehnt worden; hiergegen ist eine Entscheidung des Prozeßgerichtes nicht nachgesucht worden.

Nachdem dann

die Sache an die Berufungsinstanz gelangt war, hat die Beklagte hier be­

antragt, mittels einstweiliger Verfügung dem Kläger, da er den Vergleich

nicht erfüllt habe, aufzuerlegen, ihr monatlich 60 Mark Alimente pränu-

merando zu zahlen. 1 Vgl. Gruchot 39 S. 328.

Diesem Anträge ist nicht stattzugeben, weil der landgerichtliche Vergleich gemäß CPO. § 794 Ziff. 1 einen vollstreckbaren Titel bildet und es daher der beantragten Verfügung nicht bedarf.

Zweifelhaft könnte nur sein, ob es sich

hier um einen „zur Beilegung des Rechtsstreites ... in betreff eines Teiles des Streitgegenstandes" abgeschlossenen Vergleich handelt. Diese Frage ist aber zu bejahen.

Allerdings bildet in der Hauptsache eine Ehescheidung

den Gegenstand des Rechtsstreites. Aber nach CPO. § 627 ist den Parteien gestattet, auch das Getrenntleben und die gegenseitige Unterhaltungspflicht während der Dauer des Prozesses, sowie gewisse andere hier nicht in Be­

tracht kommende Punkte durch einen entsprechenden Antrag in diesen Prozeß hineinzuziehen, um darüber eine Entscheidung zu erwirken.

Ist dies ge­

schehen, so bilden die angeführten Punkte, wenngleich nur als Nebenpunkte,

einen Gegenstand des gegenwärtigen Rechtsstreites.

Die Form der zu

treffenden Entscheidung, ob sie als einstweilige Verfügung, ob durch Urteil

oder durch Beschluß zu erlassen ist, kann nicht maßgebend sein für die Frage,

ob der zu entscheidende Punkt Gegenstand des Rechtsstreites ist.

Vorliegend

würde die Entscheidung übrigens, wenn der fragliche Gegenstand nicht durch

den Vergleich erledigt worden wäre, durch Urteil haben erfolgen müssen.

Die übrigen Voraussetzungen des § 794 Ziff. 1 der CPO. liegen unzweifel­ haft vor; insbesondere stellt sich der Vertrag als ein Vergleich im Sinne des BGB. § 779 dar. Denn dem klägerischen Verlangen hat die Beklagte nicht

schlechthin nachgegeben, sondern nur gegen eine vom Kläger bewilligte Alimen­ tation in einer bestimmten Höhe. Wenn der Gerichtsschreiber auf einen Beschluß vom 7. Oktober 1899

Bezug genommen hat, so ist dies unzutreffend. Damals handelte es sich um einen Vergleich, der in Veranlassung eines Antrages auf einstweilige Ver­ fügung abgeschlossen worden war, ohne daß überhaupt ein durch Klag­ erhebung anhängig gewordener Rechtsstreit vorlag. Der § 7941 hat aber zur Voraussetzung, daß nach Erhebung einer Klage innerhalb des dadurch eröffneten Rechtsstreites der Vergleich abgeschlossen worden ist. Wegen Mangels dieser Voraussetzung wurde in dem erwähnten Falle der § 7941

für unanwendbar erklärt.

M. M.

------------------

22 a) Zu Gunsten des gesetzlichen Unterhaltnngsanspruches des Ehe­ gatten ist die Pfändung unbeschränkt zulässig, ohne Rücksicht ans de« notdürftigen Unterhalt des Schnldners. CPO. § 850 Abs. 4 Satz 1. OLG. Breslau, VII. CS. Beschluß v. 29. November 1902. Das Landgericht hatte den amtsgerichtlichen Pfändungs» und Über­ weisungsbeschluß in die Pension des schuldnerischen Ehemannes zu einem ge­

wissen Betrage aufgehoben in der Erwägung, daß dieser Betrag zu dem Auf sofortige

notwendigen Unterhalte des Schuldners erforderlich erscheine.

Beschwerde der Gläubigerin (Ehefrau) wurde der landgerichtliche Beschluß aufgehoben und die Pfändung wiederhergestellt.

Aus den Gründen: 9*

Diese Erwägung (Berücksichtigung des notdürftigen Unterhaltes) finder

im Gesetze (§ 850 Abs. 4 Satz 1 CPO.) keine Stütze. Durch diese Gesetzes­ bestimmung wird gewissen Forderungen — u. a. der des Ehegatten auf die gesetzlichen Unterhaltsbeiträge, um die es sich hier handelt — das Recht ge­ währt, daß für sie eine unbeschränkte Pfändung statthaft ist: derart, daß

für diese bevorrechteten Forderungen die zu pfändende Forderung ihren

Nur bei der Pfändung zn des Unterhaltsanspruches der unehelichen Kinder gilt die Ein­ schränkung, daß die Pfändung den eigenen notdürftigen Unterhalt des ganzen Betrage nach gepfändet werden kann.

Gunsten

Schuldners und die Erfüllung gewisser gesetzlicher Unterhaltspflichten berück­ sichtigen muß.

Für die, traft Gesetzes dem Ehegatten aber zu entrichtenden,

Unterhaltsbeiträge, wegen deren hier die Zwangsvollstreckung begehrt wird, besteht eine solche Einschränkung mit Rücksicht auf den notdürftigen Unterhall des Schuldners nicht.

Sch.

b) Pfändung des Anspruches auf Lieferung von Gas «nd Elek­ trizität. CPO. § 851, BGB. § 399. OLG. Dresden, VI. CS.

Beschluß v. 29. April 1902.

Für den Gläubiger sind wegen eines Anspruches von 112 Mark die Rechte des Schuldners aus dem zwischen ihm und der Stadtgemeinde D.

über die Lieferung von Gas und elektrischem Licht abgeschlossenen Vertrage, insbesondere das Recht auf Rückforderung der von ihm bei der genanntm Stadtgemeinde hinterlegten Kaution von ca. 230 Mark gepfändet worden;

der Stadtgemeinde ist die Zahlung an den Schuldner, diesem jede Verfügung über die gepfändeten Rechte, insbesondere die Rückforderung und Einziehung

der Kaution verboten worden. Zugleich wurden die gepfändeten Rechte dein Gläubiger zur Einziehung überwiesen. Der Pfandgläubiger hat daraus den Vertrag gekündigt. Auf sofortige Beschwerde der Drittschuldnerin hat das Landgericht die Pfändung der Rechte des Schuldners aus dem Vertrage mit der Beschwerdeführerin — insoweit sie nicht die bedingte Forderung auf Rückzahlung der Sicherheit betreffe — für unzulässig erklärt. Die weitere Beschwerde des Gläubigers ist zurückgewiesen. Gründe: Die Pfändung der Rechte des Schuldners aus seinem Vertrage mit der hiesigen Stadtgemeinde ist

- mit alleiniger Ausnahme der gegenwärtig außer

Frage stehenden bedingten Forderung auf Rückzahlung der Kaution — uu-

statthaft, weil es sich insoweit um Rechte handelt, die nicht schlechthin über­ tragbar sind (§ 851 Abs. I CPO.).

Die Rechte, welche dem Schuldner aus

den in Frage kommenden zwei Verträgen zustehen, bestehen im wesentlichm darin, daß er von der Stadtgemeinde die Lieferung von Leuchtgas und elcktrischem Licht gegen entsprechende Bezahlung zu beanspruchen hat, übrigens aber nach Auflösung des Vertrages die der Stadtgemeinde geleistete Kaution, soweit sie nicht durch Gegenansprüche erschöpft wird, zurückzufordern berechtigt

ist.

Was aber jene Lieferung betrifft, so kann sie der Schuldner nach der

Natur der Sache und dem Inhalt der hier einschlagenden Verträge nur für

bestimmte Räume beanspruchen, über die er zu verfügen berechtigt ist.

Denn

Gas und elektrisches Licht sollen ihm zur Beleuchtung dieser Räume dienen und bedürfen der Zuleitung in dieselben durch dahin gelegte Rohre und Kabel, während die Messung des Verbrauchs an Ort und Stelle durch da­

selbst angebrachte Gaszähler und Elektrizitätsmesser erfolgt.

Der Vertrag

über die Gaslieferung lautet ausdrücklich dahin: „Indem ich die Zuleitung des Leuchtgases für die oben (durch Angabe des Lokals) bezeichnete

Gasanlage bestelle rc, unterwerfe ich mich zugleich der Bestimmung, daß ich an diese (vorgedruckten) Bedingungen für die Dauer der erfolgten Zuleitung des Gases in die von mir übernommene Gasanlage rc gebunden bin"; und ebenso bewirkt der Schuldner im Vertrage über Bezug elektrischen

Stromes seine Anmeldung ausdrücklich „für die in der N. N.-Straße Nr. rc gelegenen Räumlichkeiten". Nun ist offenbar die Lieferung von Leucht­ gas und elektrischem Licht, welches für bestimmte Räume dient und nur

mittels besonderer Vorrichtungen dahin abgegeben und dort gemessen werden kann, an die betreffenden Räume dergestalt gebunden, daß die Lieferung nur in diese Räume für deren Inhaber, nicht aber an jeden beliebigen Dritten erfolgen kann, der außer Beziehung zu diesen Räumen steht. Mit anderen Worten, der Abnehmer von Gas und elektrischem Strom, der beides zu Be­

leuchtung seiner Räume bezieht, kann sein Bezugsrecht nicht einem Dritten

mit der Wirkung übertragen, daß dieser die Lieferung an Stelle des ursprüng­ lichen Abnehmers, entweder unabhängig von Räumen überhaupt oder aber in völlig andere, lediglich dem Dritten zur Verfügung stehende Räumlichkeiten beanspruchen dürfte. Eine solche Übertragung ist nur unter Abändemng des

ursprünglichen Vertrages denkbar; denn sie würde bei Lieferung unab­ hängig von Räumen eine völlig veränderte Lieferungsform, bei Lieferung in andere Räume aber eine Änderung hinsichtlich des Ortes, wohin zu liefern, und hinsichtlich der Zuleitung und Meffungseinrichtung zur Voraussetzung

haben. Im vorliegenden Falle ist nicht geltend gemacht, auch sonst kein Anhalt vorhanden, daß der Pfändungsgläubiger Befitznachfolger des Schuldners in

Ansehung der zu beleuchtenden Räume geworden wäre. Es betrifft also die Pfändung, soweit ihre Wiederherstellung begehrt wird, eine Forderung im Sinne der hier nach Art. 170 EG. z. BGB. anzuwendenden, übrigens mit § 399 BGB. übereinstimmenden Vorschrift in § 966 sächs. BGB., nämlich eine

Forderung, deren Inhalt durch Leistung an einen anderen geändert würde. Eine solche Forderung ist nach § 851 Abs. 1 CPO. unpfändbar. Hieran kann auch der Umstand nichts ändern, daß der Gläubiger auf Grund seiner Pfändung

gar nicht die Lieferung von Gas und elektrischem Licht beansprucht, sondern den Lieferungsvertrag ohne weiteres gekündigt hat; denn das Kündigungsrecht ist kein Recht, das selbständig, d. h. unabhängig von der Forderung, zu der

es gehört, gepfändet werden könnte.

Nach Annalen 25 S. 83.

c) Eintragung der Pfändung einer Eigentümergrnndschuld. CPO. § 857. OLG. Colmar, II. CS. Beschluß v. 12. Januar 1903. A. ließ auf sein Grundstück dem X. eine Sicherungshypothek eintragen; sie wurde, da die Forderung nicht zur Entstehung kam, auf den Namen des A. umgeschrieben und sodann vom Beschwerdeführer B. wegen einer gegen A.

vollstreckbaren Forderung gepfändet und zur Einziehung überwiesen. Der Antrag des B. 1. die Umwandlung der Eigentümer- in eine Sicherheits­ hypothek, 2. seine Eintragung als Gläubiger dieser Hypothek bis zum Be­

trage seiner Forderung wurde mangels Eintragung des Pfändungsbeschlusses abgelehnt. Die weitere Beschwerde behauptet unrichtige Anwendung des § 857

Abs. 2 und 6 CPO. Der Aufstellung, daß solche Gesetzesverletzung vorliege, kann aber nicht

Es liegt hier der Fall des § 1177 BGB. vor; die Hypothek hat sich mit dem Eigentum in einer Person vereinigt, ohne daß

beigetreten werden.

dem Eigentümer auch die Forderung zustände und hat sich demgemäß die Hypothek im Momente dieser Vereinigung in eine Grundschuld umgewandelt.

Hinsichtlich der Pfändung einer CPO. ausdrücklich, daß auf diese in eine Forderung, für die eine zu finden haben; dies ist der §

Grundschuld bestimmt aber § 857 Abs. 6

die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung Hypothek besteht, entsprechende Anwendung 830l, wonach, wenn wie hier die Erteilung

eines Hypothekenbriefes ausgeschlossen, die Eintragung der Pfändung auf Grund des Pfändungsbeschluffes in das Grundbuch erforderlich ist. Der erwähnte § 857 trifft in seinem Abs. 6 keine Unterscheidung hinsichtlich der verschieden gearteten Grundschulden; letzterer ist gerade mit Rücksicht auf die.Bestim­ mungen des BGB. hinzugefügt worden und muß, da das BGB. §§ 1191 ff. verschiedenartige Grundschulden ausdrücklich behandelt, wie Namen-, Jnhaberund Eigentümergrundschuld und deshalb schon der Gesetzgeber allen Anlaß gehabt hätte, jenen Absatz 6 nicht allgemein zu fassen, wenn er nicht alle Grundschulden, gleichviel wie sie geartet, umfassen sollte, angenommen werden,

daß er sämtliche Grundschulden in ihren verschiedenen Arten treffen wollte, zumal eine dementgegenstehende Absicht des Gesetzgebers nirgends hervorgeht.

Zur Gültigkeit einer Grundschuld nach § 1191 ff. BGB. gehört allerdings die Eintragung im Grundbuche, während die Grundschuld in Frage auch ohne solche existiert.

gelegt werden.

Dem kann aber eine entscheidende Bedeutung nicht bei­

Es ist zwar den Ausführungen v. Gaupp-Stein in Nr. 6

zu § 857 CPO. beizustimmen, daß die Pfändung einer nicht eingetragenen Grundschuld dem Gläubiger unter Umständen Schwierigkeiten bereiten kann, wenn man die Eintragung der Pfändung im Grundbuche verlangt, da er zunächst die Eintragung der Grundschuld, wenn noch nicht geschehen, herbei­ führen muß und er möglicherweise die hierzu nötige Unterlage nicht leicht

herbeischaffen kann.

Dies kann aber nicht dazu führen, eine vom Gesetz­

geber gar nicht gewollte Unterscheidung in das Gesetz hineinzutragen, die

schließlich darauf hinauslaufen würde, die Frage der Anwendung des § 857 Abs. 2 oder des Abs. 6 bei Grundschulden, die auch ohne Eintragung

existieren, vom tatsächlichen Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der Ein­ tragung abhängig zu machen.

Das Gesetz wollte mit jenem Abs. 6 für

Grundschulden rc Ausnahmen treffen von den vorhergehenden Bestimmungen,

soweit sie Anwendung finden können, und hat mit ihm einheitliche Bestim­

mung hinfichtlich aller Grundschulden getroffen. Hiermit stimmen auch die meisten Kommentare überein (so Planck Note 5 zu § 1177 BGB.; Neu­ kamp 2a zu § 830 CPO.; Fuchs, Grundbuchrecht 1 S. 492/95 zu Abs. 2

§ 857 CPO. und S. 567; Petersen u. Anger 5c zu § 857 CPO.; auch Turnau-Förster (2. Auflage 1 S. 750) sind allerdings anderer Ansicht, jedoch auf Grund einer nicht auf Grund des BGB. er­ Rsp. 3 S. 198 u. a.).

lassenen Entscheidung des Reichsgerichtes.

Dr. Fr.

d) Bedeutung der Zustellung des Beschluffes über Pfändung einer Buchhypothek an den Drittschuldner. CPO. §§ 829, 830, OLG. Posen, IV. CS.

Beschluß v. 17. März 1902.

Nach § 8801 CPO. ist zur Pfändung einer Buchhypothek außer dem Pfändungsbeschluß die Eintragung der Pfändung in das Grundbuch erforder­

lich.

Erst durch diese Eintragung ist die Pfändung als bewirkt anzusehen;

von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner hängt die Gültigkeit der Pfändung nicht ab. Diese Zustellung ist nur dem Dritt­

schuldner gegenüber von rechtlicher Wirkung.

Dmn nach § 830 Abs. 2 CPO.

gilt, wenn der Pfändungsbeschluß vor Eintragung der Pfändung dem Dritt­

schuldner zugestellt ist, diesem gegenüber die Pfändung bereits mit der Zu­ stellung als bewirkt. Im Verhältnis der pfändenden Gläubiger zueinander jedoch ist für die Begründung des Pfandrechts nicht die Zustellung an den Drittschuldner, sondern die Eintragung in das Grundbuch maßgebend, und da diese Eintragung für den Beklagten früher als für den Kläger erfolgt ist,

so geht das Pfandrecht des Beklagten auch dem des Klägers vor (§ 804

Abs. 3 CPO.). Beklagter hat daher Anspruch auf Befriedigung aus der hinterlegten Streitmasse vor dem Kläger. Pos. MSch. 1902 S. 75. e) Zulässigkeit einer Zwangshypothek für eine Forderung, für die bereits eine Bertragshypothek besteht. Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 15. Dezember 1902.

Für die A.-Bank ist im Grundbuche von Nr. 1 eine Hypothek ein­ getragen. Wegen eines Teilbetrages der dieser Hypothek zu Grunde liegen­ den Forderung in Höhe von 30000 Mark hat die Gläubigerin auf Grund

einer vollstreckbaren Urkunde die Eintragung einer Sicherungshypothek auf Nr. 2, 3 und 4 beantragt und zwar auf jedes Grundstück 10000 Mark.

Der Antrag wurde zurückgewiesen;

gegeben.

der weiteren Beschwerde jedoch statt­

Aus den Gründen:

Besteht für ein und dieselbe Forderung eine Hypothek an mehreren Grundstücken, so liegt eine Gesamthypothek vor (BGB. § 1132). Eine

Belastung mehrerer Grundstücke mit Einzelhypotheken wegen derselben

Forderung ist dem Gesetze unbekannt, und zwar ohne Unterschied, ob sie ausschließlich auf Grund einer Einigung oder ausschließlich im Wege der

Zwangsvollstreckung oder zum Teil auf dem einen, zum Teil auf dem anderen Wege erfolgt ist. Die in der Erklärung der Beschwerde, daß die Eintragung

der Sicherungshypotheken zur Gesamthypothek mit dem bereits belasteten Grundstücke nicht beantragt sei, hervortretende Ansicht, daß die Zwangs­ hypothek als eine mit Selbständigkeit ausgestattete Hypothek neben der bereits bestehenden Hypothek hergehe, beruht also auf Rechtsirrtum.

Indessen kann

jene Erklärung nicht zur Zurückweisung der Beschwerde führen, da der Wille der Beschwerdeführerin klar ist, und die Erklärung, daß keine Gesamthypothek beantragt sei, nur eine rechtsirrige Auffassung über die Wirkung der gewollten

Eintragung enthält. Es ist deshalb die von den Vorderrichtern verneinte Frage nachzuprüfen, ob eine Zwangshypothek unzulässig ist, wenn für dieselbe Forderung bereits eine Vertragshypothek besteht. Die Vorinstanzen haben

sich dabei der in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht angeschlossen (Achilles-Strecker S. 99; Fischer-Schäfer, Zwangsvollstreckung S. 153; Gaupp-Stein, CPO. § 867; Oberneck, im „Recht" 6 S. 308), welche sich auf die Entstehungsgeschichte des § 867a CPO. stützt.

Die Ansicht erweist sich aber als nicht haltbar. Daß die Belastung mehrerer Grundstücke mit einer Gesamthypothek für den Schuldner Nachteile im Gefolge hat, läßt sich nicht verkennen, da bei der Bemessung der Sicherheit nacheingetragener Gläubiger, sofern sie nicht eben­ falls Gesamthypotheken haben, aus jedem Grundstücke der volle Wert der

Gesamthypothek in Anrechnung gebracht werden muß, und damit eine über den Betrag der Forderung weit hinausgehende Belastung eintritt. Bei frei­

williger Einräumung einer Gesamthypothek wird dieser Nachteil sich weniger bemerkbar machen, da hier schon das eigene Interesse des Schuldners eine alhu starke Belastung verhindern wird. — Anders bei der Zwangshypothek. Würde hier dem Gläubiger freie Hand gelassen, so könnte der ihm ge­

bührende berechtigte Schuh in Mißverhältnis treten zu dem Nachteil, welchen

der Schuldner erleiden würde. Deshalb bestimmte schon die Verordnung vom

4. März 1834, als sie die Judikatshypothek in Preußen einführte, daß der Gläubiger bei der Zwangseintragung seiner Forderung auf mehreren Grund­

stücken des Schuldners auf jedem nur einen von ihm zu bestimmenden Teil eintragen lassen dürfe.

Ein Reskript vom 17. September 1836 Kamptz,

gab dieser Bestimmmung eine Ausdehnung in der Richtung, daß, wenn bereits eine Vertragshypothek auf einem Grundstücke des Schuldners bestand, eine Zwangshypothek auf einem anderen Grundstücke Jahrb. 48 S. 219)

des Schuldners nur insoweit zulässig sei, als das erstere Grundstück in Höhe der auf das andere Grundstück einzutragenden Summe aus der Pfand­ verbindlichkeit entlassen werde. das Verbot

Das Gesetz vom 13. Juli 1883 gab in § 6

der Gesamthypothek

im Wege

der Zwangsvollstreckung auf.

gewährte aber dem Schuldner eine Klage auf Verteilung der Forderung oder

Befreiung einzelner Grundstücke. Der Entw. I des BGB. schloß sich in § 1131 diesem Verfahren an.

In der zweiten Kommission kehrte man indessen zum

Standpunkte des älteren preußischen Rechts, wie es auf Grund der Verfügung

vom 4. März 1834 bestanden hatte, zurück sProt. 3 S. 694), und von dort ist die Vorschrift in die Novelle zur CPO. übergegangen. In der Begründung zur Novelle wird ausgeführt, daß die Befugnis des Schuldners, Verteilung der Hypothek oder Befreiung einzelner Grundstücke im Klagewege zu verlangen,

nicht ausreiche,

um

ihn

gegen übermäßige Belastung zu schützen.

Auch

erscheine es gegenüber den Schwierigkeiten, welche mit Gesamthypotheken

regelmäßig verbunden seien, nicht angezeigt, deren Entstehung durch die Ge­ setzgebung begünstigen.

Diese Entstehungsgeschichte des § 8672 ergibt nur, daß man im Gegen­ satze zum Gesetze vom 13. Juli 1883, welches die Zwangsgesamthypothek grundsätzlich zuließ und nur den Schuldner nachträglich Verteilung zu fordern berechtigte, wieder zum Grundsätze der Verordnung vom 6. März 1834

zurückkehren wollte, welches die Zwangsgesamthypothek grundsätzlich ausschloß. Nun hatte zwar das Reskript vom 17. September 1836 — weniger aus­ legend, als ausdehnend — auf Grund des § 23 der Verfügung v. 4. März 1834 angenommen, daß eine Zwangshypothek nur insoweit zulässig sei, als

beim Vorhandensein einer Vertragshypothek für dieselbe Forderung diese in

entsprechender Höhe aufgegeben werde, daß aber die Novelle auch zu diesem Grundsatz zurückkehren wollte, ist in keiner Weise ersichtlich. Daß es sich bei dem Reskript um keine selbstverständliche Folgerung aus dem Gebote der Verteilung einer Forderung bei der zwangsweisen Eintragung auf mehrere

Grundstücke handelte, ist dadurch zur Anerkennung gelangt, daß Entwurs I des BGB. in § 1131 die Vertragshypothek in Bezug auf die Verteilung der Forderung der Zwangshypothek ausdrücklich gleichgestellt hat. Man hat also die Möglichkeit eines solchen Zusammentreffens keineswegs übersehen. Wenn

man trotzdem bei der zweiten Lesung der Vertragshypothek in dem zur An­ nahme gelangten Anträge nicht erwähnt hat, so gestattet das eher einen Schluß auf die Absicht, die Vorschrift auf die Eintragungen im Vollstreckungswege einzuschränken und die Vertragshypothek selbständig nebenher gehen zu lassen. Damit ist auch allein der Wortlaut des Gesetzes vereinbar.

Wenn § 8672 im ersten Halbsatze bestimmt: „Sollen mehrere Grundstücke des Schuldners mit der Hypothek belastet werden," so ist damit die im Abs. 1 erwähnte Hypothek gemeint.

Der Sinn des Abs. 2 ist also der: Soweit im Wege der Zwangs­

vollstreckung eine Mehrheit von Grundstücken belastet werden soll, ist die Forderung auf die Grundstücke zu verteilen.

Er bezieht sich nicht auf den

Fall des gleichzeitigen Vorhandenseins einer Vertragshypothek für dieselbe Forderung, mag diese schon vorher bestanden haben oder erst nachträglich Es hätte auch einer ausdrücklichen Vorschrift bedurft, wenn

eingeräumt sein.

das Recht des Gläubigers auf Sicherstellung seiner Forderung dahin beschränkt

werden sollte, daß er, wenn er auf einem Grundstück des Schuldners bereits

eine Vertragshypothek, die ihm ausreichende Sicherung nicht gewährt, besitzt, genötigt sein soll, diese Sicherung ganz oder teilweise aufzugeben, wenn er sich durch Eintragung von Zwangshypotheken auf anderen Grundstücken des Schuldners weitere Sicherung verschaffen will. — Die gleiche Auffassung findet sich bei Turnau-Förster 2 S. 516.

Nun hat das Amtsgericht aber seine Ansicht noch weiter damit begründet, daß eine Gesamthypothek begrifflich nicht auf dem einen Grundstücke als gewöhnliche Hypothek, auf dem anderen als Sicherungshypothek eingetragen

werden könne.

Im Beschlusse vom 25. März 1901 (Jahrbuch 22 S. 164)

ist in einem Falle, wo der Grundstückseigentümer bei

der Verpfändung

mehrerer Grundstücke für ein Darlehn beantragt hatte, die Hypothek auf

einem Teil der Grundstücke als Verkehrs-, auf einem anderen Teil als Sicherungshypothek einzutragen, eine derartige Kombination als dem Wesen der Gesamthypothek widersprechend erklärt. Die Gesamthypothek sei eine einzige einheitliche Hypothek, welche die verpfändeten Grundstücke nur in

gleichartiger Weise belasten könne. An dieser Ansicht wird festgehalten. Der vorliegende Fall liegt aber anders. Hier handelt es sich nicht um die ver­ tragsmäßige Bestellung einer Gesamthypothek, sondern um die Eintragung einer Forderung im Vollstreckungswege.

Diese ist vom Gesetz zugelassen un­

abhängig von einer bereits vorhandenen Vertragshypothek für dieselbe Forde­ rung.

Wie bereits ausgeführt, hat § 867 die Zwangsvollstreckungshypothek

selbständig neben der durch das BGB. geregelten Vertragshypothek geordnet. Nirgends ist angedeutet, daß die erstere unzulässig sein solle, wenn für die

Forderung bereits eine vom Schuldner bewilligte Hypothek eingetragen ist. Hat aber das Gesetz die Zwangs- neben der Vertragshypothek zugelaffen, so ist, da erstere nur der Form der Sicherungshypothek zugänglich ist, für diesen Fall durch das Gesetz die Möglichkeit des Zusammentreffens einer Sicherungs- mit einer Verkehrshypothek in Ansehung derselben Forderung anerkannt.

Der Begriff der Gesamthypothek, wie er in § 1132 BGB. aufgestellt ist, wird dadurch nicht geändert. Zwar büßt der Charakter der Einheitlich­ keit der Gesamthypothek infolge der besonderen gesetzlichen Ausgestaltung in diesem Falle an Schärfe ein, indessen geht die Einheitlichkeit damit keines­ wegs völlig verloren, da § 49 GrBO., wonach bei nachträglicher Belastung

eines Grundstückes mit einem an einem anderen Grundstücke bereits be­

stehenden Rechte die Mitbelastung auf jedem Grundstücke von Amts wegen erkennbar zu machen ist, auch im Falle des Zusammentreffens einer Vertragsmit einer Zwangshypothek Anwendung findet. Damit ist die Möglichkeit

gegeben, das Auseinandergehen beider Hypotheken zu verhindern.

E. M.

f) Unpsändbare Sachen. CPO. § 811. «) OLG. Rostock, I. CS. Beschluß v. 5. Januar 1903.

Die Pfändung eines Fuhrwerkes, dessen der Schuldner zur Ausübung

des von ihm betriebenen Mehhandels bedarf, ist für zulässig erklärt, weil der

Schuldner, dessen Erwerbstätigkeit lediglich im Handel besteht, nicht zu den

im § 811 Ziff. 5 CPO. bezeichneten Personen gehört.

ß) OLG. Posen, Ferien-CS.

S.

Beschluß v. 29. August 1902.

Ein Fuhrmann, der sein Pferd selbst füttert und pflegt, seinen Wagen

selbst instand hält und selbst fährt, durch solche persönliche Ausübung des Gewerbes ferner seinen Lebensunterhalt sich verschafft, zieht seinen Erwerb Nicht der Kapitalwert der zu seinem Fuhr­

aus persönlichen Leistungen.

wesen gehörigen Stücke gewährt ihm das zum Leben erforderliche Einkommen,

sondern die eigenhändige, ohne Sachkunde nicht denkbare und seine Arbeits­ kraft absorbierende Benutzung (und Instandhaltung) der betreffenden Gegen­

stände.

Zur Fortsetzung solcher Erwerbstätigkeit sind als seine Werkzeuge

Pferd und Fahrzeuge dem Schuldner unentbehrlich. Nach der Auskunft der Polizeiverwaltung betreibt der Schuldner das Fuhrgewerbe ohne fremde

Personen, also persönlich. Zur Ausübung des Gewerbes sind außer dem Pferde ein Wagen und für den Winter ein Schlitten unentbehrlich. Dagegen ist der zweite Schlitten als pfändbar anzusehen. Gemäß § 8116 sind des­ halb der Halbverdeckwagen und ein Schlitten vom Vollstreckungsgericht mit Recht als unpfändbar erachtet.

Welcher der beiden Schlitten weiterer Zwangs­

vollstreckung zu unterwerfen ist, bleibt — die Brauchbarkeit des dem Schuldner

zu belassenden vorausgesetzt — dem Ermessen des Gerichtsvollziehers anheim­ Pos. MSchr.

gestellt. /) OLG. Dresden, VI. CS.

Beschluß v. 11. November 1902.

Die bei der Schuldnerin, einer Wirtschastsbefitzerin, gepfändete Näh­

maschine ist unpfändbar.

Schuldner haben 5 Kinder, ihre Familie besteht Nach § 1356 BGB. hat die Schuldnerin das ge­ meinschaftliche Hauswesen zu leiten, sie ist auch nach den Verhältniffen, in denen sie mit ihrem Manne lebt, zu Arbeiten im Hauswesen und der Wirt­

sonach aus 7 Personen.

Den ihr obliegenden Pflichten würde sie aber nicht allent­ halben nachkommen können, wenn sie sämtliche für ihre starke Familie er­ forderlichen Näharbeiten bloß mit der Hand, ohne Zuhilfenahme einer Näh­

schaft verbunden.

maschine anfertigen müßte. Hiernach ist unter den obwaltenden besonderen Umständen die Nähmaschine ein unentbehrliches Hausgerät, und es kann dahingestellt bleiben, ob eine solche im allgemeinen zur Erhaltung eines an­

gemessenen Hausstandes für den Besitzer einer ländlichen Wirtschaft unent­ behrlich ist (vgl. Seuffert 51

S. 366;

Thüringer Blätter 45 S. 261;

Annalen 21 S. 377 und 23 S. 364; Rsp. 3 S. 155 und 4 S. 366).

Dr. Cl.

g) Soweit die festen Reisespesen wirtschaftlich Arbeitsvergütung find, gelten fie für die Pfändung als Arbeitslohn. OLG. Hamburg, I. CS.

Urteil v. 29. September 1902.

Nach § 3 des Lohnbeschlaggesetzes ist als „Vergütung", jeder dem Berechtigten gebührende Vermögensvorteil anzusehen. Ist diese „Ver-

gütung" mit dem „Ersätze von Auslagen" in ungetrennter Summe be­

dungen, so gilt als „Vergütung" der Betrag, der nach Abzug der Auslagen

übrig bleibt. Das Gesetz erklärt also, daß der Begriff der Arbeits- oder Dienstvergütung sich durch seine materielle wirtschaftliche Bedeutung als er­ arbeiteter oder erdienter Vermögensvorteil, im Gegensatz zur Er­ stattung der mit der Arbeits- oder Dienstleistung im Interesse des Dienst­

herrn oder Arbeitgebers verbundenen Aufwendungen, ohne Rücksicht auf die für die Vergütung gewählte Benennung bestimmen soll. Daraus folgt, daß es nicht darauf ankommt, was die Vertragsparteien im Einzel­

falle als „Lohn, Gehalt, Honorar u. s. w." bezeichnet haben, sondern was wirtschaftlich „Lohn, Gehalt, Honorar u. s. w." ist. Das ist es immer dann, wenn es tatsächlich „Vergütung", d. h. ein dem Vergütungsberechtigten für seine Arbeits- oder Dienstleistung gewährter, nicht mehr in den bloßen Ersatz der für die Dienstleistung erforderlichen Aufwendungen (Auslagen) aus­ gehender „Vermögensvorteil" ist. Das Gesetz hat also dafür gesorgt, daß

der Versuch, Teile des „Lohnes", des „Gehaltes", des „Honorares" u. s. w. — was sämtlich nur die verkehrsüblichen Benennungen deffen sind, was

das Gesetz korrekterweise als die „Vergütung für die Arbeits- oder Dienst­ leistung" definiert und mit diesem Begriffe identifiziert hat, — mit einem ihrer wirtschaftlichen Funktion nicht entsprechenden Namen zu belegen, oder fie mit solchen Leistungen des Arbeitsgebers oder Dienstherrn, die wirt­ schaftlich dem Dergütungsberechtigten nur Ersatz seiner baren Auslagen ge­ währen sollen, in ungetrennter Summe zu verknüpfen, niemals dahin­ führen kann, eine der Beschlagnahme durch Gläubiger nach dem Gesetze unter­

stehende „Vergütung" (Lohn) der Beschlagnahme zu entziehen.

Wer also — wie hier die Kläger — Pfändung einer 1500 Mark für das Jahr über­ steigenden Gehaltsforderung erwirkt hat, hat damit alle Forderungs­ ansprüche gepfändet, die dem Vergütungsberechtigten über die Summe von 1500 Mark für das Jahr hinaus als wirtschaftlicher Vorteil aus seinem Arbeits- oder Dienstverhältnisse tatsächlich gegen den Dienst­ herrn zustehen, einerlei ob die betreffenden Bezüge in dem Vertrage zwischen dem Vergütungsberechtigten und seinem Dienstherr» unter dem Namen „Ge­

halt" gewährt, oder unter einem anderen Namen, sei es aus berechtigten

Rücksichten wirtschaftlicher Bequemlichkeit und Einfachheit, sei es — wie hier — nur aus bezeugtermaßen illoyaler Absicht versteckt werden.

Daß im vorliegenden Falle die „Reisespesen" des 3E. von Anfang an bestimmt waren, ihm nicht bloß Erstattung der durchschnittlich pro Tag von ihm im Interesse der Beklagten auszuwendenden Kosten der Reisebeförderung und des Reiseaufenthaltes, sondern noch darüber hinaus einen wirtschaft­ lichen Vorteil zu gewähren (dessen Maß von dem Umfange seiner persön­

lichen Bedürfnisse und von der Einschränkung abhängig blieb, die er sich nach dieser Richtung auflegte), ist ohne weiteres schon daraus ersichtlich, daß X. sich eine bestimmte Mindestzahl von Reisetagen für das Jahr garantieren

ließ. Die Beklagten konnten hieran kein Interesse haben, da es ihnen selbst­ verständlich ohnehin freistand, ihren Reisenden nach Bedarf auf Reisen zu

schicken. Für den Reisenden kann es ein Interesse, für eine im Voraus fest­ gelegte Zahl von Tagen bestimmte Spesen zu beziehen, eben nur dann geben, wenn

diese Spesen ihm einen persönlichen Vorteil zu gewähren geeignet

sind, also nicht notwendig immer für die Beförderungs- und Aufenthalts­ kosten verausgabt werden müssen.

Sollte sich nun wirklich in der Praxis gezeigt haben, daß das Maß der bewilligten Spesen (erst 16, dann 17, dann 18 Mark) für X. keinen Vorteil

übrig ließ, ja daß er im Gegenteil bei weitausgedehnten Reisen und beim Aufenthalte in den anspruchsvolleren Hotels größerer Städte vielleicht noch

zuweilen aus eigenem Vermögen etwas zusetzen mußte, so war das Mittel, um den ihm daraus entstehenden Nachteil zu beseitigen, allerdings in einer dann notwendig erscheinenden Erhöhung der Reisespesen zu finden, sicherlich aber nicht darin, daß er sich den Betrag dieser Erhöhung wieder von seinem

Gehalte kürzen und abziehen ließ.

An einer so unsinnigen Abmachung, mit

der es bei seiner Aufwendung eigener Mittel zum Besten der Beklagten doch

sein Bewenden behielt, konnte X. kein Interesse haben, es sei denn etwa den Wunsch, den auf der Reise zu verausgabenden Teil seines Arbeitsverdienstes nicht durch die Hände seiner Ehefrau gehen zu lassen, ein Wunsch, zu dessen Befriedigung es selbstverständlich nicht der Drohung des X., daß er andern­ falls seine Stelle kündigen werde, bedurft hätte. Das ist denn auch nicht der Grund der von X. (nach der von seinen Gläubigern im Sommer 1899 erwirkten Beschlagnahme seines Gehaltes) mit der Beklagten (seiner Prinzipalin) getroffenen Abrede gewesen, vielmehr hat es sich dabei lediglich um den —

nach dm Bestimmungen des Gesetzes von vornherein aussichtslosen — Versuch gehandelt, einen Teil seines vertragsmäßig ihm zustehenden „Gehaltes" durch veränderte Benennung und Überschiebung in die ihm unter dem Titel „Reise­ spesen" gleichfalls vertraglich zugesicherten, von vornherein zur Gewährung

eines Vermögensvorteiles neben dem Ersätze seiner Auslagen mit bestimmten

Beträgen, in denm also zugleich „Vergütung" (Gehalt) schon steckte (was natürlich nicht ausschloß, daß X. die „Vergütung" auf der Reise verbrauchen konnte), dem Zugriffe seiner Gläubiger zu entziehen.

Die von dieser Schiebung

betroffene Summe (1500 Mark jährlich) wurde dadurch also in ihrer vertrag­

lichen, wie wirtschaftlichen Bedeutung und Bestimmung, ein erdienter Ver­ mögensoorteil („Vergütung" im Sinne des Gesetzes) für X. zu sein, gar nicht berührt und hörte nicht auf und sollte nach den Intentionen der Kon­

trahenten (da X. keineswegs schlechter als bisher gestellt werden, die Beklagte ihn durchaus nicht schlechter als bisher stellen wollte), auch gar nicht auf­

hören, in ihrer materiellen Funktion Gehalt des X. zu sein. M. M. Dazu: OLG. Karlsruhe, IV. CS. Beschluß v. 19. September 1902.

Auch ein indirekter, in Wirklichkeit recht erheblicher Vermögensvorteil erscheint als ein solcher im Sinne des § 31 des Ges. vom 21. Juni 1869.

Für bie häusliche Verköstigung kommt die des Mannes besonders in Betracht.

Werden die Auslagen hierfür dadurch erspart, daß er sich auswärts ver­ köstigt, so macht er indirekt dadurch, daß er die auswärtige Verköstigung aus

den ihm für auswärtige Reisen gewährten Diäten bezahlt, eine Ersparnis, die sich als Vermögensvorteil und somit als Vergütung im Sinne des eben

genannten Gesetzes erweist (Seuffert 30 S. 450).

Nach den Erhebungen des

täglichen Lebens erscheint aber eine Bemessung von 50 Mark für Mehrauslagen, die ein Monteur auswärts für Kleidung, Wäsche und Schuhwerk im Laufe eines Jahres hat, jedenfalls als nicht zu niedrig gegriffen. Bad. Rechtspraxis. h) Die Strafandrohung nach § 890 Abs. 2 CPO. wird nicht dnrch die Vereinbarung einer Strafe in einem gerichtliche« Vergleiche ersetzt.

OLG. Breslau, VH. CS.

Beschluß v. 17. Dezember 1902.

Das Landgericht hatte auf Antrag des Gläubigers, ohne vorerst eine Strafandrohung zu erlassen, den Schuldner zu einer Geldstrafe von 300 Mark

gemäß § 890 CPO. verurteilt, weil der letztere der — in einem gerichtlichen

Vergleiche übernommenen — Verpflichtung, eine bestimmte Handlung bei

Vermeidung einer Geldstrafe von 300 Mark zu unterlassen, zuwidergehandelt hatte Auf sofortige Beschwerde des Schuldners wurde der Straffestsetzungs­ beschluß aufgehoben. Aus den Gründen: Nach § 890 CPO. muß der Verurteilung des Schuldners zu einer Strafe (roegett Zuwiderhandelns gegen seine Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen) eine Strafandrohung vorausgehen. Diese Strafandrohung wird auf Antrag von dem Prozeßgericht erster Instanz erlassen, wenn sie

nicht in dem, die Verpflichtung aussprechenden, Urteile enthalten ist.

Diese

Vorschrift, welche vor der Verurteilung zu einer Strafe eine vorgängige Tätigkeit des Gerichts, sei es durch Beschluß oder durch Urteil, fordert,

erklärt sich aus dem öffentlichen Charakter der Strafe, nicht nur als eines Zwangsmittels, sondern als einer, der Verbrechensstrafe gleichwertigen, Maß­ regel. Dieser Charakter einer wirklichen Strafe zeigt sich besonders darin, daß ihre Festsetzung eine Forderung für die Staatskaffe, nicht für den Gläubiger begründet, daß dem Gläubiger jede Einwirkung auf ihre Voll­ streckung versagt ist? diese vielmehr von Amts wegen und nach den strafrecht­ lichen Grundsätzen, nicht aber — bei Haftstrafen — nach den Regeln der

§§ 904 ff. CPO. über Zivilhaft erfolgt. Da im vorliegenden Falle ein Urteil nicht vorhanden ist, sondern die Verpflichtung des Schuldners auf einem gerichtlichen Vergleiche beruht, so

mußte der Straffestsetzung eine Strafandrohung durch Beschluß des Prozeß­ gerichts vorausgehen.

Die Verabredung einer Vertragsstrafe in dem Ver­

gleiche ersetzt die erforderliche richterliche Strafandrohung nicht (vgl. auch

Entsch. d. RG. 40 S. 415, Beschl. des OLG. Dresden vom 19. Januar 1887 in Seufferts Archiv 42 S. 484; Gaupp-Stein, Kommentar zur 1 Bgl. hiergegen jetzt IW. 1903 S. 27 Nr. 23.

CPO. § 890 Sinnt. II, 2 Abs. 3). Da es an einer solchen Strafandrohung hier fehlt, so war der Antrag des Gläubigers aus sofortige Verurteilung des Schuldners zu der vereinbarten Geldstrafe rechtlich unzulässig und der er­

gangene Straffestsetzungsbeschluß aufzuheben.

Sch.

23 Einlegung -er Beschwerde, weil -er Schnl-ner den Offenbarungs­ eid bereits geleistet habe. CPO. § 903. a)

OLG. Cöln, V. CS.

Beschluß v. 31. Oktober 1902.

Der Schuldner, der auf Grund eines Haftbefehles verhaftet war und dem Amtsgericht vorgeführt wurde, bestritt, zur Leistung des Offenbarungs­ eides verpflichtet zu sein, da er den Eid bereits einmal geleistet und neues Vermögen nicht erworben habe. Nach der Feststellung, daß er den Eid tat­ sächlich wie angegeben, geleistet hatte, hat das Amtsgericht den Schuldner aus der Haft entlassen. Das Landgericht hat die Beschwerde des Gläubigers zurückgewiesen und den Haftbefehl aufgehoben, indem es die Erklärung des

Schuldners vor dem Amtsgericht

als sofortige Beschwerde

auffaßte und

annahm, daß der vom Schuldner oorgebrachte Grund auch noch durch Be­ schwerde geltend gemacht werden könne (Rsp. 5 S. 136). Die weitere Be­

schwerde ist zurückgewiesen. Aus den Gründen: Indem der Schuldner durch Erklärung vor dem Amtsgericht der Haft­

anordnung und nochmaliger Eidesleistung unter Hinweis auf die frühere widersprach, hat er genügend zum Ausdruck gebracht, daß er sich desjenigen Rechtsbehelfes bediene, welchen das Gesetz ihm an die Hand gebe. Dieser war die sofortige Beschwerde. Die Ansicht, daß der Schuldner seine Ver­ pflichtung zur Eidesleistung wirksam nur im Termine zur Eidesleistung be­ streiten könne und daher, falls wegen Ausbleibens Haftbefehl gegen ihn

ergangen, mit seinem Einwande des bereits geleisteten Eides ausgeschlossen sei, wird allerdings in der Literatur und Rechtsprechung vielfach vertreten. Allein es verdient die gegenteilige Ansicht, der das Beschwerdegericht gefolgt ist, den Vorzug; denn der § 903 ist öffentlichen Rechts, soll unnötige Ver­

haftungen und Eidesleistungen ausschließen und muß daher, da es sich um ein unverzichtbares Recht des Schuldners handelte, vom Richter stets und

von Amts wegen angewendet werden, sobald ihre Voraussetzungen vorhanden und dem Richter bekannt geworden sind (Seuffert 49 Nr. 63).

Mz.

b) Wie wett ist i« -em Umsatz eines Bermögensstückes -er spätere Erwerb von Vermögen zu findend CPO. § 9031. Kammergericht, XI. CS.

Beschluß v. 2. Januar 1903.

Der Schuldner hat ein bei der früheren Eidesleistung deklariertes Grund­ stück zu einem die Hypothekenbelastung übersteigenden Preise veräußert. Er

verweigerte die nochmalige Leistung des Eides.

Das Amtsgericht verwarf

seinen Widerspruch, weil durch den Verkauf später Vermögen erworben sei.

Das Landgericht verneinte dies. Die weitere Beschwerde des Gläubigers ist zurückgewiesen. Aus den Gründen:

Im bloßen Umsatz eines Vermögensstückes in einen anderen Vermögens­ wert kann der spätere Erwerb von Vermögen nicht ohne weiteres gefunden werden; sonst wäre der § 9031 tatsächlich fast illusorisch, da ein teilweiser Wechsel von Bermögensstücken durch Umsatz gegen andere sich wirtschaftlich regelmäßig bei jeder Person vollziehen wird.

Man würde vielleicht vom späteren Erwerb von Vermögen dann sprechen können, wenn ein später anderweit durch Umsatz verwertetes Vermögensstück zur Zeit der Leistung des Offenbarungseides für die Zwangsvollstreckung große, schwer zu überwindende

Schwierigkeiten bot und die Verwertung demnächst auch zu einem Preise

erfolgt ist, dessen Erzielung überhaupt gar nicht nach Lage der Verhältnisse erwartet werden konnte.

Es lag aber für den Gläubiger keine Schwierigkeit

vor, die Zwangsvollstreckung in das fragliche Grundstück, sei es durch Zwangs-

versteigerung, sei es durch Eintragung einer Zwangshypothek, auszuführen. Auch ist nicht glaubhaft gemacht, daß der beim Verkauf des Grundstückes erzielte Kaufpreis ein außerordentlicher, keineswegs zu erwartender oder un­ gewöhnlicher gewesen wäre.

Sch.-G.

c) Offenbarungseid des Vertreters einer juristischen Person,

lich zuständiges Gericht. CPO. §§ 899, 17. trctungsbcfugnis im Laufe des Verfahrens.

ört­

Beendigung der Ber-

OLG. Dresden, VI. CS. Beschluß v. 13. Mai 1902. ... Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, dem nach § 35 G. vom 20. April 1892 die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung obliegt, den Offenbarungseid nach § 807 CPO. für die Gesellschaft zu leisten hat. Wenn der gesetzliche Vertreter aber auch Eidespflichtiger ist, so ist er doch nicht Schuldner im Sinne des achten Buches der CPO. insbesondere nicht im Sinne von § 802 CPO. Ausschließlich zuständig (CPO. § 802) für die Ab­ nahme des Offenbarungseides ist immer das Amtsgericht des Wohnsitzes des Schuldners oder seines Aufenthaltsortes, nicht aber dasjenige, in dessen

der gesetzliche Vertreter wohnt. Ist eine juristische Person die Schuldnerin, so ist, wie sich aus § 17 CPO. ergibt, die Leistung des Offen­

Bezirk

barungseides beim Amtsgerichte ihres Sitzes zu verlangen (vgl. Petersen-

Anger Anm. 2

zu CPO. § 899;

ebenso Entsch. d. LG. Berlin I vom

15. Oktober 1895 bei Lisiecki und Drewes, Die Zwangsvollstreckung in

das bewegliche Vermögen S. 141, 142).

Wollte man das Gericht des Wohn­

sitzes des gesetzlichen Vertreters für ausschließlich zuständig halten, so würde

man die Schuldnerin an einem Orte in das durch § 915 CPO. vorgeschriebene Verzeichnis eintragen müssen, wo niemand das vermuten würde. Das Ver­ zeichnis würde dann schwerlich seinen Zweck erfüllen. Schwierigkeiten würden sich auch dann ergeben, wenn mehrere Personen, die ihren Wohnsitz in ver­

schiedenen Gerichtsbezirken haben, zur Gesamtvertretung berechtigt sind.

Weiter kommt noch in Betracht, daß X. am 18. März 1902 aus seiner

Stellung als Geschäftsführer der Schuldnerin entlassen worden ist. Diese nach § 39 RG. vom 20. April 1892 in das Handelsregister einzutragende Tat­ sache kann nach § 15 HGB. dem Gläubiger nur entgegengesetzt werden,

wenn sie ihm bekannt, oder ihre Eintragung erfolgt und vorschriftsmäßig be­ kannt gemacht war.

Die Verlautbarung ist unterm 9. April 1902 geschehen,

auch die Bekanntmachung ist erfolgt; der Gläubiger muß also den Wechsel

in der Person des gesetzlichen Vertreters der Schuldnerin gegen sich gelten lassen.

Daß diese mit der weiteren Beschwerde geltend gemachte neue Tat­

sache erst nach dem Erlasse der Entscheidung des Beschwerdegerichtes ent­

standen ist, steht ihrer Berücksichtigung nicht entgegen (Entsch. d. RG. 42 S. 405; Petersen-Anger, CPO. § 570 Anm. 1).

Der Umstand, daß die

Vertretungsbefugnis des seitherigen Geschäftsführers für die Schuldnerin auf­ gehört hat, hat keine Unterbrechung des vorliegenden Verfahrens bewirkt.

Die

Zwangsvollstreckung gilt nicht als Verfahren im Sinne von § 241 CPO.

(»gl. Petersen-Anger, Vordem. 7 zu CPO. § 239; Struckmann-Koch Anm. 1 a. E. zu § 779; Planck, Lehrbuch II S. 668 Anm. 56; Wach, Handbuch I S. 280). Immerhin ist aber der Wechsel in der Person des

gesetzlichen Vertreters im Offenbarungseidsverfahren in seiner reinen Tat­ bestandswirkung zu beachten. Nur solange, als er Geschäftsführer der Schuldnerin war, konnte X. rechtswirksam für sie handeln, ihre Rechte wahr­ nehmen und ihre Verbindlichkeit erfüllen. Mit dem Aufhören der Vertretungs­ macht ist ihm auch die tatsächliche Möglichkeit benommen, ihr Vermögen zu offenbaren. Er kann insbesondere nicht mehr die Geschäftsbücher der Schuldnerin einsehen und kann keine Übersicht über ihre ausstehenden Forde­ rungen, deren Grund und Betrag und über die vorhandenen Beweismittel geben. In dem Augenblicke, wo er aufhörte Geschäftsführer der Schuldnerin zu sein, bestand auch keine Verpflichtung mehr für ihn, das Vermögen der

von ihm vertretenen Gesellschaft zu offenbaren.

Dr. W.

d) Für eine Ergänzung der Leistung des Offenbarnngseides ist das Amtsgericht, welches den Haftbefehl znr Erzwingung der Eidesleistung erlassen (§§ 899, 901 CPO.) und nicht das Amtsgericht des Haftortes (§ 902 CPO ), welches den Eid abgenommeu hat, zuständig. OLG. Breslau, VII. CS.

Beschluß v. 25. November 1902.

Das Amtsgericht I in Berlin hatte im März 1902 einen Haftbefehl

zur Erzwingung der Leistung des Offenbarungseides erlassen. Der Schuldner war später in Br. verhaftet worden und hatte vor dem dortigen Amtsgericht

im April 1902 den Eid geleistet. Der Gläubiger beantragte später eine Er­ gänzung dieses Eides und beim Nichterscheinen des Schuldners trotz Ladung erneuten Haftbefehl beim Amtsgericht in Br. mit der Behauptung, daß der

Schuldner zurzeit der Ladung (im August 1902) in Br. seinen Wohnsitz gehabt habe.

Diesen Haftantrag lehnte das Amtsgericht in Br. aus sach­

lichen Gründen ab. OLGRsp. VI.

Das Landgericht hob den Beschluß auf und erklärte das 10

Amtsgericht in Br. für unzuständig, weil Br. als Wohnsitz des Schuldners

zurzeit der Ladung (August) nicht nachgewiesen sei. Die weitere sofortige Beschwerde des Gläubigers wurde zwar zurückgewiesen jedoch mit anderer Begründung: Auf den Wohnsitz des Schuldners zurzeit der Ladung (im August)

kommt es hier überhaupt nicht an.

Ausschließlich zuständig (§§ 899, 802

CPO.) für die Abnahme des Offenbarungseides ist, als Bollstreckungsgericht, dasjenige Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner — zurzeit der Ladung — seinen Wohnsitz hat.

Im vorliegenden Falle hat das Amts­

gericht I Berlin zur Erzwingung der Leistung des Offenbarungseides den

Haftbefehl vom März 1902 erlassen und seine Zuständigkeit hierzu ist von

Auf Grund dieser Anordnung hat der Schuldner den Offenbarungseid im April 1902 geleistet. Da es sich jetzt um

keiner Seite bemängelt worden.

eine Ergänzung dieses Eides handelt — unter der Behauptung, daß diese Eidesleistung dem gesetzlichen Erfordernissen nicht entspreche, — so ist das Amtsgericht I Berlin, und nicht das Amtsgericht Br., das allein zuständige Durch die Eidesleistung im April 1902 vor dem Amts­ gericht Br. hat sich hieran nichts geändert, weil hier das Amtsgericht Br. lediglich als Amtsgericht des Haftortes (§ 901 CPO.) in Tätigkeit getreten ist, ohne dadurch selbst Vollstreckungsgericht zu werden. Sch.

Vollstreckungsgericht.

24 a) Die Vorschriften der CPO. §§ 1032,1045 über Ablehnung der Schiedsrichter find nicht öffentliches Recht. OLG. Hamburg, IV. CS. Beschluß v. 29. Dezember 1902. Die CPO. beschränkt sich in § 1032 darauf, die Ablehnung eines Schiedsrichters aus denselben Gründen und unter denselben Voraussetzungen

zu gestatten, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, und läßt die Ab­ lehnung außerdem in zwei in Abs. 2, 3 besonders vorgesehenen Fällen zu. Die Grundsätze über das Verfahren bei Ablehnung eines Richters konnten auf die Ablehnung von Schiedsrichtern nicht angewandt werden. Das Schiedsgericht kann in der Besetzung mit abgelehnten Schiedsrichtern wohl nach § 1037 das Verfahren trotz der Ablehnung fortsetzen und den Schieds­

spruch erlassen, auf die Gefahr hin, daß er später von den Gerichten auf Grund § 1041 Nr. 1 aufgehoben wird, weil das Verfahren unzulässig war.

Aber das Schiedsgericht vermag niemals eine maßgebliche Entscheidung über

ein Ablehnungsgesuch abzugeben; denn ohne die abgelehnten Schiedsrichter ist es nicht vollständig besetzt; einen Ersatz oder eine zur Entscheidung be­ rufene höhere Instanz, wie nach § 45 bei der Ablehnung von Richtern gibt

es nicht, und unter Mitwirkung der abgelehnten Schiedsrichter kann selbst­ verständlich über die Berechtigung des Ablehnungsgesuchs nicht abgeurteilt werden (Entsch. d. RG. 13 S. 349). Daraus ergab sich für den Gesetzgeber die

Notwendigkeit Fürsorge zu treffen, daß, wenn das Schiedsgericht nicht von

der Befugnis des § 1037 Gebrauch macht, also die Möglichkeit der Auf­ hebung des Schiedsspruches nach § 1041 Nr. 1 nicht in Frage kommt, über

das Ablehnungsgesuch entschieden und damit die Fortsetzung des schieds­ richterlichen Verfahrens ermöglicht werde. Das ist zwar nicht mit ausdrück­ lichen Worten, aber in nicht mißzuverstehender Weise dadurch geschehen, daß in § 1045 die Gerichte bestimmt werden, die für die gerichtliche Enscheidung über die Ablehnung von Schiedsrichtern zuständig sind. Unrichtig ist aber aus dem § 1045 zu schließen, daß er einen öffentlich rechtlichen zwingenden Satz aufstelle, wonach die Parteien auf die Entscheidung der ordentlichen Gerichte über die Berechtigung der Ablehnung von Schiedsrichtern nicht verzichten können.

Der § 1045 bestimmt nur, bei welchem Gericht ein Gesuch um Ablehnung

von Schiedsrichtern anzubringen ist, wenn überhaupt die Partei in der Lage

ist, den behaupteten Ablehnungsgrund geltend zu machen. Es ist nun anerkannten Rechtens, daß die Partei ihres Ablehnungs­ rechts verlustig geht, wenn sie in Kmntnis des Ablehnungsgrundes vor dem

abzulehnenden Richter verhandelt (§§ 43, 444).

Das ist ein Fall der Nicht­ geltendmachung des Ablehnungsrechtes, obwohl man zur Geltendmachung in der Lage war; er steht auf einer Linie mit dem Verzicht, und es ist nicht abzusehen, weshalb man mit dem Landgericht den Verlust des Ablehnungs­

rechtes aus den formalen Gründen der §§ 43, 444 immer als einen „offenbar nichtfreiwilligen Akt" zu behandeln hätte. Aus ben Motiven zur CPO. er­ gibt sich, daß man bei Ausgestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens darauf

bedacht war, die Parteien möglichst wenig in der freien Bewegung zu be­ schränken. In Betätigung dieses Bestrebens hat man in § 10323 sogar Personen, die von der Ausübung des öffentlichen Richteramtes ausgeschlossen sein würden, als Schiedsrichter nicht für ausgeschloffen, sondern nur der Ablehnung ausgesetzt, erklärt. Durchaus in Übereinstimmung mit dieser Tendenz des Gesetzgebers nimmt auch das Reichsgericht (Entsch. 44 S. 391)

an, daß der in §§ 43, 444 nur für den Fall der Besorgnis der Befangen­ heit ausgesprochene Verlust

in Ansehung der Schiedsrichter auch eintritt

bei Ablehnung wegen Jnhabilität des Richters, weil das Gesetz für das schiedsrichterliche Verfahren den Unterschied zwischen Ausschließungs- und

Ablehnungsgründen nicht kenne. Für den vorligenden Fall ist weiter zu beachten, daß es sich um einen Verzicht nur insoweit handelt, als die Parteien, die das Schiedsgericht der

Hamburger Handelskammer anrufen, sich des Rechtes begeben, ihr Ablehnungs­

gesuch vor die ordentlichen Gerichte zu bringen, indem sie der Handels­ kammer die Prüfung und Entscheidung zu überlaffen sich verpflichten.

Es

ist aber schon darauf hingewiesen, daß das Gesetz die Gerichte mit der Ent­

scheidung über das Ablehnungsgesuch, wie besonders aus den Motivm zu § 1037 hervorgeht, nur in der Erwägung betraut hat, daß das Schieds­ gericht selbst diese Entscheidung nicht treffen kann und eine andere Instanz nicht schaffen läßt. Wenn aber die Parteien bei Beantragung des io*

sich

Schiedsgerichts anerkennen, daß über die Begründetheit der Ablehnung eines der von der Handelskammer ernannten Schiedsrichter der Handelskammer

die Entscheidung vorbehalten bleibt, so ist damit gerade die Instanz gefunden, deren vom Gesetzgeber vorausgesetzter Mangel allein ihn bestimmte, den ordentlichen Gerichten allgemein die Entscheidung zuzuweisen. M. M.

b) Erfordernisse der Ausfertigung1 § 1039 CPO.

OLG. Frankfurt, III. CS.

eines Schiedsspruches

nach

Urteil v. 27. Oktober 1902.

Dem § 1039 ist insofern nicht genügt, als dem Beklagten bisher keine Ausfertigung des Schiedsspruches zugestellt ist. Unter eine Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung und ebenso eines Schiedsspruches ist diejenige Abschrift desselben zu verstehen, welche die Urschrift im Verkehr zu ersetzen

bestimmt ist Daraus folgt, daß sie sich als Abschrift zu erkennen geben muß. Bei den dem Beklagten am 10. April und am 11. Mai zugestellten Urkunden ist dies nicht der Fall. Sie stellen sich als wiederholt angefertigte Urschriften dar. Darauf weisen schon einzelne, offenbar nicht unfreiwillige Ab­ weichungen von der ersten Urschrift hin, sowie die Tatsache, daß die Unter­ schriften der Schiedsrichter unter dem Schiedssprüche nicht abgeschrieben, son­ dern selbst vollzogen sind.

Hat dies nun auch an sich noch nichts zu be­

deuten, so ist doch gerade aus dem letzteren Umstande die rechtsirrtümliche Auffassung der gesetzlichen Bestimmung und ihre Nichtbeachtung erkennbar.

Nicht der Schiedsspruch ist nochmals von den Schiedsrichtern zu unterzeichnen,

sondern die Ausfertigung. Da zu dem Schiedssprüche die Unterschriften der Richter als Bestandteile gehören, die Ausfertigung des Schiedsspruches aber ebenfalls von den Schiedsrichtern unterschrieben sein soll, muß die Aus­ fertigung die Unterschriften notwendig zweimal aufweisen, einmal unter dem Spruch und einmal unter einen beliebig zu fassenden, jedoch die Überein­ stimmung der Abschrift mit der Urschrift bezeugenden Vermeß.

Die ein­ malige Unterschrift kann nicht zugleich das Zustandekommen des Schieds­ spruches und die Richtigkeit der Abschrift bescheinigen. Auch der Umstand, daß ein Gerichtsvollzieher seinen Beglaubigungsvermerk unter die Urkunde gesetzt hat, kann nichts helfen. Der Gerichtsvollzieher ist zur Ausstellung

der Ausfertigung nicht befugt. nur eine Urschrift übrig.

nicht aus.

Fällt sein Vermerk als ungültig fort, so bleibt

Deren Zustellung reicht aber nach dem Gesetze

Er.

*

25 a) Natur der Amortisationshypotheken. Aufrechnung «ach erfolgter Beschlagnahme. OLG. Posen, Hl. CS.

Urteil v. 30. Januar 1903.

Der Kläger hat am 22. Juli 1901 das Grundstück 3E. erstanden und

demnächst drei in das geringste Gebot aufgenommene, zum Teil amortisierte Hypotheken der Bank in voller Höhe übernommen.

Durch Beschluß vom

1 «gl. jedoch auch das Urteil des RG. v. 16. Dez. 1902, IW. 1903 S. 50 Nr. 21.

21., zugestellt am 23. Juli 1901, erwirkte der Beklagte die Pfändung der Eigentümerhypotheken der bisherigen Eigentümerin O. in Höhe der amorti­

sierten Beträge, ferner ihrer Ansprüche an die Bank auf Löschungsquittung

oder Zession, auf den Amortisationsfonds und auf Rückzahlung der amorti­ sierten Beträge, endlich ihres Anspruches an den Kläger auf Zahlung bezw. Erstattung der amortisierten Beträge.

Jetzt rechnet der Kläger der O. gegen­

über mit einer durch vollstreckbaren Schuldtitel vom 18. Juli 1901 fällig gewordenen Forderung auf, für die das Pfandgrundstück ebenfalls verhaftet

und die bei der Zwangsversteigerung ausgefallen war, und verlangt, das Pfandrecht des Beklagten für erloschen zu erklären. stattgegeben. Aus den Gründen:

Diesem Anträge wurde

Voraussetzung der Aufrechnung ist zunächst, daß zwei Personen einander Leistungen schulden, die ihrem Gegenstände nach gleichartig sind. Der eine Teil kann dann gegen den anderen ausrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387). Hiernach fragt es sich zunächst, ob die O. die amortisierten Teile der Hypotheken

erworben hat, diese Frage aber kann nicht allgemein, sondern nur nach den vorliegenden Umständen entschieden werden.

Dienen die Beiträge zunächst

nicht zur Tilgung der Post, sondern werden sie einstweilen als besonderes

Guthaben des Schuldners aufgesammelt, so kann der Schuldner nicht vor der Tilgung einen Teil der Hypothek erworben haben. Anders, wenn durch die jedesinalige Amortisation ein entsprechender Teil der Hypothek getilgt werden soll; in solchem Falle geht dieser Teil auf den Schuldner über, wobei für die Zeit bis zum 1. Januar 1900 das ältere Recht zur Anwendung

kommt.

Da nach älterem Rechte eine Eigentümerhypothek, nach neuerem eine

Grundschuld entsteht, so kann es vorkommen, daß die Amortisationspost zum

Teil Hypothek, zum Teil Grundschuld geworden ist. Im Zweifel wird man, wenn nichts weiter gesagt ist, als daß die Hypothek durch gewisse Beiträge amortisiert werden soll, annehmen müssen, daß die Amortisation eine sofortige

Tilgung bewirkt. Hierbei kommt es vor allem auf den Inhalt des Grund­ buches an; etwaige Vorschriften der Satzung der Bank, die nicht Gegenstand des Hypothekenrechtes geworden sind, haben keine entscheidende Bedeutung.

Vorliegend ergibt das Grundbuch keinen Anhalt dafür, daß die Wirkung

der Amortisation auf die Zukunft hinaus aufgeschoben werden sollte, viel­ mehr trat die Tilgungswirkung durch Verrechnung eines halben Zinsprozentes sofort ein.

Daraus folgt, daß Frau O. mit dem Zeitpunkte, als die Ver­

einigung der Hypothek und des Eigentumes aufhört, also am 22. Juli 1901, Hypotheken- bezw. Grundschuldsgläubigerin in Höhe der amortisierten Beträge wurde.

Dabei blieben sowohl nach , älterem wie nach neuerem Rechte (§ 1177)

in Ansehung der Verzinslichkeit, des Zinssatzes, der^Zahlungszeit, der Kün­ digung und des Zahlungsortes die für die Forderung getroffenen Bestim­ mungen maßgebend, selbstverständlich aber nur insoweit, als nicht aus diesen Bestimmungen selbst sich Abweichungen für den getilgten Teil der Forderung

ergeben. Irrtümlich würde jedenfalls die Annahme sein, der getilgte Betrag unterliege ebenso wie der ungetilgte der Amortisation. Amortisationshypo­

theken sind Hypotheken, die in Raten getilgt werden. Allerdings pflegt man den Ausdruck nur dann anzuwenden, wenn die Zahl der Tilgungsraten eine sehr große ist, und diese in Prozenten des Kapitals bestimmt werden, aber für die rechtliche Gestaltung ist dies ohne Bedeutung. Gleichviel, ob es sich um wenige oder viele Raten handelt; jede Rate behält auch nach der Tilgung

ihren bisherigen Fälligkeitstag, und wie die Bank die fällig gewordenen Raten einfordern könnte, so ist dazu der an ihre Stelle getretene Grundstücks­

eigentümer in gleicher Weise berechtigt.

Zu der nämlichen Zeit hatte aber

auch der Kläger eine fällige, ihrem Betrage nach höhere Geldforderung an Frau O. aus dem vollstreckbaren Schuldtitel vom 18. Juli 1901.

Die Gleich­ artigkeit beider Forderungen kann nicht deshalb verneint werden, daß bei

Hypotheken und Grundschulden die Leistung aus dem Grundstücke zu bewirken Frau O. aber dem Kläger persönlich haftbar sei; denn der Hypothek (Grund­ schuld) gegenüber ist die Aufrechnung ausdrücklich zugelassen (§§ 1142, 1192). Die Beschlagnahme der O.'schen Forderung würde die Aufrechnung nur dann ausgeschlossen haben, wenn der Kläger seine Forderung erst nach der

Beschlagnahme erworben hätte, oder wenn seine Forderung erst nach der Beschlagnahme und später als die O.'sche Forderung fällig geworden wäre (§ 392). Beide Voraussetzungen treffen hier nicht zu. Die Aufrechnung war hiernach zulässig. Sie bewirkte, daß die beider­ seitigen Forderungen, soweit sie sich deckten, als im Zeitpunkte erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind (§ 389).

Dieser Zeitpunkt war hier der 22. Juli 1901, d. h. der Tag,

an welchem der Kläger das Pfandgrundstück erworben und damit die O.sche

Forderung ins Leben gesetzt hat.

Ist diese aber durch Aufrechnung erloschen,

so sind damit auch die Rechte untergegangen, die der Beklagte daran durch

S.

Pfändung erlangt hat.

b) Die Verpflichtung des Eigentümers, eine Hypothek, falls sie ihm

zufällk, dem Gläubiger für eine andere Forderung z« bestellen, kann vorgemerkt werden. Kammergericht, I. CS.

Beschluß v. 22. September 1902.'

Der Eigentümer hat sich 1902 den (Gläubigern der Hypotheken Nr. 1 und 2 gegenüber verpflichtet, diese Hypotheken, soweit die Forderungen aus

ihnen erlöschen oder sich aus irgend einem anderen Grunde das Eigentum

mit der Hypothek in einer Person vereinige, als Sicherungshypotheken für

alle Ansprüche, welche den beiden Gläubigern außer ihren Forderungen von je 20000 Mark, für welche die Hypotheken bestellt seien, aus der Gewährung von Warenkredit bereits zuständen und in Zukunft erwachsen würden, zu bestellen, und sich des Rechtes zur Verfügung über die Hypotheken, soweit

diese aus einem der vorangegebenen Gründe auf ihn übergehen sollten, be­ geben; auch die Eintragung von Vormerkungen bewilligt und beantragt.

Der

Antrag wurde zurückgewiesen, der weiteren Beschwerde des Eigentümers jedoch ftattgegeben. Aus den Gründen: Der Beschwerdeführer hat sich den Gläubigern der Hypotheken Nr. 1, 2 für den Fall der Vereinigung dieser Hypotheken mit dem Eigentum in einer Person, also für den Fall des Überganges der Hypotheken auf den

Eigentümer

als

Eigentümergrundschulden

(§ 11771) oder als Hypotheken

des Eigentümers (§ 1177®), verpflichtet, über die Posten in der Weise zu verfügen, daß sie als Sicherungshypotheken für alle Ansprüche, welche denselben beiden Gläubigern außer den Forderungen, für welche die Hypo-

thekm bestellt sind, aus der Gewährung von Warenkredit bereits zustehen und in Zukunst erwachsen werden, bestellt würden. Die Ansprüche, die

den Gläubigern aus

dieser

Verpfiichtungsübernahme

den Kreis derjenigen Ansprüche, Vormerkung eingetragen werden

erwachsen, fallen in

zu deren Sicherung gemäß § 883 eine kann. Denn soweit danach die Hypo­

theken. sobald sie auf den Eigentümer übergegangen sind, von diesem wieder

auf die beiden Gläubiger übertragen werden sollen, handelt es sich um einen

Anspruch auf „Einräumung eines Rechtes an einem das Grund­ stück belastenden Rechte" und soweit die Hypotheken-Grundschulden in Sicherungshypotheken für andere Forderungen umgewandelt werden sollen, steht ein Anspruch auf „Änderung des Inhaltes eines das Grund­ stück belastenden Rechtes"

in Frage.

Die Ansprüche sind allerdings

lediglich obligatorischer Natur; dies ist aber bei allm vom § 883 betroffenen

Ansprüchen der Fall. § 883 bezweckt gerade, Ansprüchen der betreffenden Art, wiewohl sie nur obligatorischer Natur sind, durch Eintragung einer Vor­ merkung Sicherung mit dinglicher Wirksamkeit gegen Dritte zu gewähren (Turnau-Förster I S. 162 Anm. 4‘; Planck Anm. 2 zu 8 883 BGB., Prot. 3 S. 114; vgl. Jahrbuch 21 A S. 289). — Der Zulässigkeit der Vor­ merkung im vorliegenden Falle steht auch nicht der Umstand entgegen, daß die Gläubiger der Hypotheken selbst es sind, denen die Sicherungshypotheken bestellt werden sollen.

Denn da den Sicherungshypotheken andere Forderungen

als diejenigen, für welche die Hypotheken bestellt worden find, zu Grunde liegen sollen, so sind die beiden Gläubiger hinsichtlich der Umwandlung rechtlich nicht anders zu beurteilen wie dritte Gläubiger, denen gegenüber sich der Eigentümer zwecks Sicherung ihrer Forderungen zur Übertragung

und Umwandlung der Hypotheken für den Fall, daß sie auf ihn übergehen, verpflichtet hat. Daß aber eine Eigentümergrundschuld oder eine Hypothek des Eigentümers auf einen Dritten übertragen und zugleich in eine Sicherungs­ hypothek zu Sicherung für Forderungen des Dritten umgewandelt werden kann, unterliegt nach den §§ 1177, 1184, 1198 keinem Zweifel, die zur Über­

tragung erforderliche Bewilligung des Gläubigers und die zur Umwandlung notwendige Bewilligung des Eigentümers fallen hier in einer Person zu­ sammen, da der Eigentümer zugleich Gläubiger ist (Planck Anm. 1, 2 zu § 1198; vgl. Turnau-Förster 1 S. 158 Anm. 1 zu 8 883; Fuchs, Grund-

buchrecht S. 109 Anm. 5 zu tz 883). Wenn allerdings der Beschwerdeführer das Grundstück veräußern und erst in der Person seines Rechtsnachfolgers die Vereinigung der Hypotheken mit dem Eigentum stattfinden würde, müßten sich die Gläubiger, da ihre Ansprüche trotz der Vormerkung obligatorische

Natur beibehalten, wegen Herbeiführung der definitiven Umschreibung der Hypotheken an den Beschwerdeführer als ihren persönlichen Schuldner halten;

jedoch könnten sie vom Rechtsnachfolger auf Gründ der ihm obliegenden dinglichen Pflicht, sich die Verwirklichung der Vormerkung gefallen zu lassen und die ihr entgegenstehenden Hindernisse zu beseitigen, gemäß § 888 Er­

teilung der erforderlichen grundbuchmäßigen Zustimmung verlangen (Prot. 3 S. 746; Fuchs S. 118 Anm. 14).

Ferner steht auch die Abhängigkeit der Ansprüche von der noch ungewissen Vereinigung der Hypotheken mit dem

Eigentum der Eintragung der Vormerkung nicht entgegen, da nach § 883 Satz 2 auch ein zukünftiger oder ein bedingter Anspruch durch eine Vor­ merkung gesichert werden kann.

Weiterhin ist ein Bedenken gegen die Zulässigkeit der Eintragung auch daraus nicht zu entnehmen, daß nach § 401 GrBO. eine Eintragung nur er­

folgen soll, wenn derjenige, dessen Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist. Wie bereits mehrfach ausgesprochen, ist der Eigentümer als der eventuell eingetragene Inhaber der ihm gemäß § 1177 zufallenden Hypotheken anzusehen und vollzieht sich der Übergang der

Hypotheken auf ihn unmittelbar kraft Gesetzes, so daß die Ordnungsvorschrift des § 40* keine Anwendung findet und die Nichteintragung des Eigentümer­ hypothekars der Eintragung einer Verfügung oder, wie hier, einer Vor­ merkung zukünftiger Verfügung über die Eigentümerhypotheken nicht entgegen­ steht (Jahrbuch 20 S. 190, 22 S. 172, 23 S. 159 und 29). Endlich steht hier nicht eine nach § 137 BGB. unzulässige Verfügungs­ beschränkung in Frage; denn es handelt sich hier nicht um die Auferlegung der allgemeinen Verpflichtung, eine Verfügung bestimmter Art zu unterlassen,

nicht um eine Behinderung in der dinglichen Derfügungsmacht, sondern lediglich um die Übernahme einer obligatorischen Verbindlichkeit, über die Hypotheken in der vorgeschriebenen Art zu verfügen.

Mit den in den Urkunden noch

enthaltenen Worten „und begebe ich mich hierdurch des Rechtes zur Ver­ fügung über die Hypothek" ist keine weitergehende Bedeutung zu verbinden als die einer Angabe, was aus der vorher übernommenen Verpflichtung zur Vornahme der Verfügung über die Hypothek nach einer bestimmten Richtung sich ergebe; der eigentliche Inhalt der Verpflichtung ist diese eintretenden­

falls vorzunehmende Verfügung, und die angeführten Worte enthalten offen­ sichtlich nur eine Schlußfolgerung. Nach dem Zusammenhänge der beur­ kundeten Verpflichtungen kann deshalb in diesem Zusatze kein Verstoß gegen § 137 erblickt werden.

K.

26 a) Mnflntz der Todeserklärung auf die Ehe. BÄB. 88 1348, 18. Kammergericht, Ferien-CS-

Beschluß v. 2. August 1902.

Der seit 1890 verschollene N. ist durch rechtskräftiges Urteil des Amts­ gerichts vom 27. August 1901 für tot erklärt und als Zeitpunkt des Todes

der 31. Dezember 1890 festgestellt. Ende 1901 hat sich die Frau des N. mit dem 36. wiederverheiratet, nachdem sie in den Jahren 1892 bis 1901 vier

36. hat 1902 zu gerichtlichem Protokolle anerkannt, Vater dieser Kinder zu sein und beantragt, den Standesbeamten anzuweisen,

Kinder geboren hatte.

die Vaterschaftsanerkennung und Legitimation der Kinder durch nachfolgende

Ehe der Eltern sowie die Namensänderung im Geburtsregister einzutragen.

Das Amtsgericht hat den Antrag abgelehnt, das Landgericht ihm aber ent­ sprochen. Auf weitere Beschwerde des Regierungspräsidenten ist der Beschluß des Amtsgerichts wiederhergestellt. Aus den Gründen: Da das Todeserklärungsurteil erst nach dem 1. Januar 1900 ergangen ist, so bestimmen sich seine Wirkungen ausschließlich nach den Vorschriften des BGB. Gemäß § 18 ist deshalb zu vermuten, daß N. am 31. Dezember 1890 verstorben sei, eine Vermutung, welche durch seine Rückkehr oder durch den Nachweis eines anderweiten Todestages jederzeit widerlegt werden kann. Daß sich hieraus praktische Schwierigkeiten ergeben könnten, ist dem Gesetz­ geber — vgl. Denkschrift S. 187 — nicht entgangen. Er hat deshalb für gewisse Rechtsverhältnisse besondere, von dem Grundsätze des 8 18 abweichende Bestimmungen aufgestellt. So wird in § 1420 der Todeserklärung die weiter­

gehende Wirkung beigelegt, daß mit ihr die Verwaltung und Nutznießung endigt, während gleichzeitig dem Interesse des Mannes durch die Aufnahme des § 1425 Rechnung getragen wird. Bei diesen Bestimmungen, welche aus praktischen Gründen den Grundsatz des § 18 durchbrechen, handelt es sich somit um Ausnahmevorschriften, und es erscheint schon deshalb nicht angängig, sie auf die Wirkungen der Todeserklärung hinsichtlich des Bestandes der Ehe entsprechend anzuwenden.

Hiervon kann um so weniger die Rede sein, als

diese Wirkungen der Todeserklärung durch den § 1348 geregelt werden sollten.

Der Wortlaut der Vorschrift sowie seine Entstehungsgeschichte stellen außer

Zweifel, daß auch hier von dem Grundsätze des § 18 abgewichen und aus Zweckmäßigkeitsgründen eine besondere Bestimmung gegeben ist, wonach mit

der Schließung der neuen Ehe die frühere Ehe aufgelöst wird.

Damit ist

zugleich gesagt, daß die frühere Ehe bis zur neuen Eheschließung trotz der

Todeserklärung und des dabei festgestellten früheren Todestages fortbesteht,

so daß eine frühere Auflösung der alten Ehe nur nach § 1309, also bei dem

Nachweise des wirklichen Todestages angenommen werden kann. Die ab­ weichende Ansicht der Vorinstanz beruht im wesentlichen auf einer Gleich­

stellung des Todeserklärungsurteils mit einer Sterdeurkunde;

aber gerade

diese Gleichstellung haben die Motive 4 S. 641 in ausführlicher Erörterung

abgelehnt und deshalb die Aufnahme der Sonderbestimmung des § 1348 für

geboten erachtet. Hat hiernach die Ehe des (1880 verschollenen) N. bis zur Wieder­ verheiratung seiner Frau (>901) fortbestanden/ so sind die von letzterer 1892,

1895, 1898 geborenen Kinder nach dem zurzeit ihrer Geburt in Geltung

gewesenen Code civil Art. 312 als ehelich anzusehen, solange nicht der Mann und nach dessen Tode seine Erben nachweisen, daß der Mann während der

Empsängniszeit sich in einem Zustande einer physischen Unmöglichkeit befunden

hat, seiner Frau beizuwohnen.

Solange dieser Nachweis nicht erbracht ist

und zu einem Urteile geführt hat, das die Unehelichkeit der Kinder rechts­

kräftig ausspricht, ist eine Berichtigung der Geburtsurkunde nicht zulässig.

Die gleichen Grundsätze gelten nach den §§ 1591 ff. BGB. bezüglich des 1901 geborenen Kindes. Das Todeserklärungsurteil ist nicht geeignet, die Jllegitimitätsklage zu ersetzen, schon deshalb nicht, weil die Anfechtung der Ehelichkeit nur von einem Beteiligten ausgehen, also auch nach dessen Er­ messen ganz unterbleiben kann.

Wird sie aber geltend gemacht, so hat sie

in dem von der CPO. §§ 640 ff. geordneten Verfahren zu erfolgen, um zu

einem Urteile zu führen, das für und gegen alle wirkt?

Mz.

1 Vgl. hierzu die Bemerkungen Bo sch ans, D. Juristenz. 1903 Heft 2. 1 Der § 1420 BGB. dürfte nicht eine Ausnahme von dem Grundsätze des § 18, sondern

eine Bestätigung und Erweiterung desselben enthalten.

Nach den Motiven 4 S. 293 und

der Denkschrift (Heymannsche Ausg.) S. 288 will er nur Vorsorge treffen für den Fall der Rückkehr des für tot erklärten Mannes, in dem also ohnehin die Vermutung des § 12 wider­

legt ist und die Todeserklärung außer Kraft tritt; selbst dann soll also die Verwaltung und Nutznießung beendet bleiben. S. 832. 393).

Ebenso ist es bei den §§ 1679, 1684, 1494n BGB. (Motive 4

Auch § 1348 hat nur den Fall im Auge, wo der Verschollene noch lebt,

also § 18 nicht anwendbar ist.

Für die Entwürfe I und II ergeben dies Motive 4 S. 641,

Prot. (Guttentag) 4 S. 453, Denkschr. S. 264.

von demselben Falle wie Abs. 1.

Das Gesetz selbst spricht in Abs. 2 nur

Nur wenn der Verschollene noch lebt, wird die frühere

Ehe durch die neue Eheschließung aufgelöst und hat nur dann bis dahin fortbestanden, nicht aber, wenn der Verschollene längst tot ist.

Die Tatsache, daß er noch lebt, hat aber praktische

Bedeutung nur, wenn man sie weiß (vgl. Prot. 4 S. 453 A Abs. 3). Ist über den Tod nichts bekannt, kann die Ehe aufgelöst sein oder auch nicht, jenachdem

der Verschollene tot ist oder nicht.

Dies ist ungewiß, der Zweifel wird aber gehoben durch

das Urteil bis zum Beweise des Gegenteils (vgl. Motive 1 S. 50 8 2365 BGB.) und fest­ gestellt, daß und wann der Verschollene gestorben sei.

Das Gesetz nimmt von dieser Wirkung

des Urteils die Ehe nirgendwo aus (vgl. im Gegenteil § 1235! des I. Enlw. Motive 1 S. 50,

Prot. 4 S. 23 VI Abs. 2), es erkennt sie im Gegenteil auch für die Ehe selbst an, indem es (§§ 1348, 1349) dem Hinterbliebenen Ehegatten die Wiederverheiratung gestattet, was sonst

gegen § 1309 verstoßen würde. behandelt,

Der § 1348 berührt diese Wirkung nicht, weil er einen Fall

in dem die Vermutung widerlegt ist.

§ 1348 ist somit auch keine Ausnahme

von § 18. Da über den Tod des N. nichts bekannt ist, kommt also § 1348 nicht zur Anwendung. Die Ehe desselben ist vielmehr als am 31. Dezember 1890 durch den Tod aufgelöst anzusehen. Die seit 1892 geborenen Kinder sind somit unehelich und durch nachfolgende Ehe ihrer Eltern

legitimiert.

D. E.

b) Kein Anspruch der Fra« aus Zahlung bestimmte« Wirtschafts­ geldes.' BGB. M1354 ff. Beschluß v. 14. November 1902.

Kammergericht, III. CS.

Die Frau lebt von dem Manne getrennt, weil dieser ihr angeblich den

Unterhalt für sie und ihr Kind verweigert und sie dadurch gezwungen hat, bei ihren Eltern Unterkommen zu suchen. Ihr Antrag, durch einstweilige Verfügung dem Manne aufzugeben, ihr zum Zwecke der Leitung des gemeinsamen Hauswesens monatlich 175 Mark sowie 60 Mark Kostenvorschuß

zu zahlen, wurde zurückgewiesen.

Gründe:

Nach ihrer ausdrücklichen Erklärung verlangt die Provokantin nicht die Entrichtung einer Unterhaltsrente, sondern auf Grund des Rechtes und der Pflicht der Frau, das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten (§ 1356), die

Weiterzahlung des Wirtschaftsgeldes, das sie früher zur Führung des gemeinsamen Haushalts vom Provokaten erhalten hat. Das Recht und die Pflicht der Frau, das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten, setzt aber not­ wendig voraus, daß ein gemeinschaftlicher Haushalt der Ehegatten be­

steht.

Da es an dieser Voraussetzung hier mangelt, so erweist sich der An­

spruch auf Zahlung des Wirtschaftsgeldes schon um deshalb als unbegründet.

An dieser Beurteilung wird auch dadurch nichts geändert, daß der Proookat die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft verschuldet hat und sie selber bereit ist, gegen Zahlung des Wirtschaftsgeldes alsbald die Gemeinschaft

wiederherzustellen und es zur Leitung des gemeinsamen Hauswesens zu ver­ wenden. Denn die erste Tatsache würde, was die Wirkungen der Ehe im allgemeinen anlangt, nur ein Recht zum Getrenntleben und damit einen An­ spruch auf Gewährung des Unterhaltes in Form einer Geldrente begründen können, während die andere Tatsache die Wiederherstellung der häuslichen Gemeinschaft keineswegs verbürgt, da ja der Provokat möglicherweise die

Wiederaufnahme der Proookantin ablehnt und diese, auch wenn es zu Un­ recht geschehen sollte, die Wiederaufnahme nicht erzwingen könnte.

Aber auch bei bestehender häuslicher Gemeinschaft würde der Provo­ kantin jener Anspruch nicht zustehen. Nur unbeschadet des § 1354 ist die Frau berechtigt und verpflichtet, das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten.

Dem Manne steht also auch in dieser das gemeinschaftliche eheliche Leben be­

treffenden Angelegenheit die Entscheidung zu.

Zwar ist die Frau zur

Folgeleistung nicht verpflichtet, wenn sich die Entscheidung des Mannes als

Mißbrauch seines Rechtes darstellt.

Sie hat jedoch, abgesehen von dem be­

sonders geregelten Recht der Schlüsselgewalt (§ 1357), keinen Rechtsbehelf,

eine anderweitige Entscheidung herbeizuführen. Daraus ergibt sich, daß die Frau die Zahlung eines Wirtschaftsgeldes zur Führung des gemeinsamen

Haushaltes nicht im Wege der Klage erzwingen kann, wenn der Mann den Ein anderes Ergebnis

Haushalt in dieser Art nicht geführt wissen will.

würde übrigens auch zu ganz unhaltbaren Konsequenzen führen. 1 Rsp. 2 Nr. 157a S. 385 5 Nr. 74c S. 395.

Z.

c) Zur Auslegung des BGB. § 13602. OLG. Dresden, II. CS. Urteil v. 24. Oktober 1902.

Nach § 13602 hatte die Beklagte nur die Pflicht, ihrem

bedürftigen

Manne den seiner Lebensstellung entsprechenden Unterhalt nach Maßgabe ihres Vermögens und ihrer Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Über diese der Unterhaltspflicht der Frau gesetzte Grenze würde man hinausgehen, wenn man dem Kläger das Recht zugestehen wollte, die seiner Frau verbliebene,

ihr zumal in Rücksicht auf ihren damaligen Zustand unentbehrliche Barschaft

zur Bestreitung der Kosten für seine Behandlung in einer Krankenanstalt

heranzuziehen.

Dr. W.

d) Die zum Getrenntlebeu berechtigte Frau kau«, wenn sie ihre

eingebrachten Sachen eigenmächtig aus der Ehewohnung entfernt, dem Anträge anf Zurückschasfung der Sache« nicht auf Grund des BGB. § 1861 Satz 2 widersprechen.1 OLG. Stettin, III. CS.

Urteil v. 5. Dezember 1902.

Nach dem Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft hat der Mann den alleinigen Besitz am eingebrachten Gut (§ 1373). Da die hier streitigen Sachen nicht zum Vorbehaltsgut der Beklagten gehört haben, so ist davon

auszugehen, daß der Kläger Besitzer aller in der einstweiligen Verfügung

aufgeführten Gegenstände war, mögen sie in seinem oder seiner Frau Eigen­ tum gestanden haben. Die Beklagte hat dem Kläger diesen Besitz durch ver­

botene Eigenmacht entzogen. Es ist daher glaubhaft gemacht, daß dem Kläger ein Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes auf Grund des § 861 zustand.

Zur Regelung dieses streitigen Besitzverhältnisfes ist

einstweilige Verfügung erlassen.

die

Da nun im Hauptprozesse gegen den auf

Besitzentziehung gestützten Anspruch die Beklagte nach § 863 mit der Einrede, daß sie nach § 1361 ein obligatorisches Recht auf Herausgabe der Sachen gegen den Kläger habe, nicht gehört werden würde, so kann Beklagte auch

in diesem Verfahren solche Einrede nicht geltend machen (Entsch. d. RG. 4 S. 399). Da ferner die übrigen Voraussetzungen des § 940 CPO. vor­ liegen, insbesondere die Regelung des Besitzverhältnisses bis zur Erledigung des Besitzstreites zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erschien, so war der Erlaß der Verfügung berechtigt... Da im Widerspruchsverfahren nur über die Rechtmäßigkeit der Verfügung zu entscheiden ist, so sind Gegen­

anträge, welche über die Aufhebung der Verfügung hinausgehen, unzulässig (IW. 1902 S. 185 Nr. 20).

Der ^Anspruch der Beklagten auf Rückgabe der

von ihr entfernten Gegenstände war daher zurückzuweisen. M. e) Einfluß der Änderung des GAerstandes einer märkischen Ehe

seit 1. Januar 1900 auf den vorher gemachten Reingewinn ans einem besonderen Gewerbe der Fra«. Prentz. Ansf.-G. Art. 59. Kammergericht, III. CS.

Urteil v. 25. November 1902.

. .. Diese 2000 Mark sind eingeklagt als ein Teil derjenigen 4694 Mark, ' Vgl. Rsp. 2 S. 368, 3 S. 241.

welche die Klägerin 1899 dem Beklagten aus dem in ihrem Geschäftsbetriebe gemachten Reingewinn übergeben hat. Die Ausführung, der Reingewinn

aus diesem Geschäftsbetriebe sei Vorbehaltsgut der Klägerin gemäß § 1367 gewesen, geht fehl, da nicht das BGB., sondern das bisherige Recht zur

Anwendung gelangt. Allerdings galt für die Ehe der Parteien nach Art. 44 und 46 des preuß. Ausf.-G. seit dem 1. Januar 1900 im allgemeinen das gesetzliche Güterrecht des BGB. Auch kommt § 62 Art. 59 das. nicht zur Anwendung. Allein das zurzeit der Änderung des Güterstandes vor-

bandene Vermögen der Ehegatten würde nach Art. 59 § 1 das. eingebrachtes Gut oder Vorbehaltsgut nur soweit, als es nach den bisherigen Gesetzen

zu einer dem eingebrachten Gute oder dem Vorbehaltsgute entsprechenden Vermögensmafse gehörte. Insbesondere bestimmt sich in Ansehung der vor der Änderung des Güterstandes entstandenen Verbindlichkeiten die Haftung

der Ehegatten, auch im Verhältnis zueinander, nach dem bisherigen Recht,

und es blieben demnach, wie die Begründung hervorhebt, auch die Ersatz­ ansprüche der Ehegatten gegeneinander unberührt (Art. 59 § 3). stimmung

des § 4 das. bezieht sich

nämlich lediglich

Die Be­

auf die Geltend­

machung dieser Ersatzansprüche, die jetzt gemäß den neuen Vorschriften in einem erweiterten Umfange schon vor Beendigung des Güterstandes soll er­ folgen können. — Legt man hiernach das märkische Provinzialrecht und die in der Mark nicht suspendierten Vorschriften des ALR. zu Grunde, so ge­ hörten die Reingewinnbeträge nach § 219 ALR. II 1 nicht zum Vermögen der Klägerin — weder zu ihrem vorbehaltenen noch zu ihrem eingebrachten

— weil sie bis zurzeit der Vermögensabsonderung (hier des rechtskräftig gewordenen Scheidungsurteils) nicht auf ihren Namen geschrieben sind. Z.

27 a) Aufhebung der Gütergemeinschaft, um das Vermöge« des eint« Ehegatten von der Unterhaltspflicht zu befreie«, begründet keine An­ fechtung. BVV. §§ 1482, 1604.

OLG. Hamburg, I. CS. Urteil v. 23. Juni 1902. ... Die Verpflichtung des Klägers als Vertreters des ehelichen Samt­ gutes, seine Schwiegereltern zu unterhalten, ist mit Eintritt der Gütertrennung

weggefallen. Die Anfechtung des Gütertrennungsvertrages kann diese Rechts­ folge nicht wieder beseitigen. Das AnfGes. ist auf diesen Fall nicht anwend­

bar.

Weder war der Beklagte mit seinem Ansprüche auf zukünftige Alimen-

tierung zurzeit des Abschlusses dieses Vertrages ein Gläubiger fälliger Forderungen im Sinne des § 2, noch ist, abgesehen vom Mangel einer Benachteiligungsabsicht,

die den Eheleuten unbedingt zustehende vertrags­

mäßige Einrichtung ihres ehelichen Güterstandes ein entgeltlicher oder unent­

geltlicher Vertrag im Sinne des § 3, noch ist dadurch aus dem Vermögen

des Klägers Etwas veräußert, weggegeben oder aufgegeben, was nach § 7 zurüchugewähren wäre.

M. M.

b) Wirksamkeit des Giiterstandes der übergeleitete« Ehe eines Bolls ka«fma«nes gegenüber Dritte«. OLG. Stettin, V. CS.

Urteil v. 18. November 1902.

Die Klägerin A. hat bei der Eheschließung 1898 die am Ehewohnsitz gesetzlich geltende Gütergemeinschaft ausgeschlossen; dies ist ordnungsmäßig bekannt ge­

macht. Erst nach dem 1. Januar 1900 ist der Ehemann A. Vollkaufmann und demnächst Schuldner des Beklagten geworden. In Spalte 6 des gemäß der Allg. Verfügung vom 7. November 1899 eingerichteten Handelsregisters Ab­ teilung A ist am 23. Oktober 1901 eingetragen: „A. hat für seine Ehe mit... am

9. Juni 1898 die Gütergemeinschaft ausgeschlossen."

Aus dem am 22. Oktober

1901 gegen den Mann A. erlangten vollstreckbaren Urteil hat der Beklagte Sachen gepfändet, die die Klägerin als ihr Eigentum in Anspruch nimmt

(CPO. § 771; BGB. §§ 985, 1410, 14074). Die Klage ist unbegründet, weil die Ausschließung der Gütergemeinschaft dem Beklagten nicht entgegengesetzt wer­ den kann (ALR. 111 § 429) und ihm gegenüber daher § 380 das., BGB. § 1459 gilt. Mit dem Inkrafttreten des BGB. sind dessen Vorschriften über das gesetzliche

Güterrecht an die Stelle der bis dahin für den Güterstand der Ehe der

Klägerin geltenden ALR. II1 Abschn. 5 getreten (preuß. Ausf.-G. Art. 44. 45). Nach Art. 59 § 91 bestimmt sich jedoch die Wirksamkeit des übergeleiteten

Güterstandes gegenüber Dritten nach den für die Wirksamkeit des bis­ herigen Güterstandes

geltenden Vorschriften,

also

außer

nach

dem Ges.

vom 20. März 1837 auch nach dem Art. 20 des preuß. EG. zum HGB. vom 24. Juni 1861, der nach dem preuß. Ausf.-G. zum HGB. Art. 81 nur „... unbeschadet der Ubergangsvorschriften anderer Gesetze aufgehoben" ist

und lautet: „An die Stelle der Vorschrift im § 423 II 1 ... tritt die Be­ stimmung: „Bei ... Kaufleuten (Vollkaufmann)... muß außerdem die Aus­ schließung in das Handelsregister eingetragen und ... veröffentlicht werden." Dieser zum besonderen Schutz der Gläubiger eines Kaufmannes vorgeschrie­ benen Bekanntmachung ist, da die erst nach Entstehung der Forderung des

Beklagten erfolgte Eintragung vom 23. Oktober 1901 außer Betracht bleibt,

nicht genügt. 1. Die allgemeine Bekanntmachung von 1898 wirkte fteilich gegen jeder­ mann (§ 422 II1).

Sobald A. aber später Vollkaufmann wurde, mußte die besondere Bekanntmachung aus § 423 nachgeholt werden. Die gegenteilige

Ansicht widerspricht zwar dem jetzigen Wortlaut des § 423 nicht, wohl aber seiner Entstehung, seinem Zweck und Zusammenhang mit §§ 424, 429, 430.

Die Bekanntmachung auf der Börse, durch die Kaufmannsältesten, Vorsteher

(Zunftvorsteher) war früher der verkehrsübliche Publikationsmodus z. B. auch

für Prokura- und Gesellschaftsverhältniffe (II 8 §§ 503, 533, 618, 625). Es ist anzunehmen, daß solche Veröffentlichungen je nach Bedarf erfolgten, so­ bald Verhältnisse jener Art eintraten und die Beteiligten die an die Ver­

geknüpften Wirkungen herbeiführen wollten, also für güter­ rechtliche Verhältnisse bei der Eheschließung oder später, je nachdem ein öffentlichung

Ehegatte von vornherein oder erst späterhin dem Kaufmannsstand, der Zunft

zugehörte.

(§ 181)

Die

sich

an

§§ 423, 429 II 1

anschließenden Be­

stimmungen für Grundstücke (§ 424, 430) lassen auch nicht erkennen, daß zwischen Besitz bei und nach der Eheschließung zu unterscheiden sei Der Handelsverkehr genoß gleich dem Grundstücksverkehr doppelten Schutz, mochte

der

Eheschließung verträge vor öffentliche

Schuldner beginnen.

der

Tabellen

Ehe

solches

Erwerbsgeschäft

vor

oder

nach

der

Im Gebiete des rheinischen Rechts, wo Ehe­ ausgenommen und innerhalb Monatsftist durch

bekannt

gemacht

werden

mußten,

bedurfte

es

nach

Art. 67 Code de com. einer Nachholung dieser Bekanntmachung, wenn ein in Gütertrennung oder Dotalrecht verheirateter Ehegatte späterhin Kauf­ mann wurde.

Der preußische Entwurf von 1857 zum HGB. versuchte in

Art. 12 bis 18 eine einheitliche Regelung der Bekanntmachung von Ehe­

verträgen der Kaufleute und bestimmte in Art. 16 (Busch, Archiv f. Handels­ recht 6 S. 165. 171): „Wenn ein Ehegatte erst nach dem Abschlüsse des Vertrages ... das Handelsgewerbe ergreift, so muß Auszug aus dem Ver­ trag ... binnen 4 Wochen nach dem Beginn des Geschäftsbetriebes ... zur Eintragung in das Handelsregister eingereicht werden." Aus Meinungsverschiedenhesten über Grundsätze, die hier nicht in Bettacht kommen, ist die in Art. 12—18 behandelte Materie schließlich der Partikulargesetzgebung über­

lassen (d. a. O. S. 178).

Die preuß. Gesetzgebung (Stenogr. Berichte des

Abg.-Hauses 1861 Bd. 6 Teil 3 S. 1127. 1135. 1464. 1491. 1492) hat es daraufhin im EG. vom 24. Juni 1861 „bei den bestehenden Bestimmungen (II 1 8 422 ff. Ges. vom 30. März 1837, rhein. HGB. Art. 67)" belassen.

Für das landrechtliche Gebiet ist nur durch den hier streitigen Art. 20 die

„unvollkommene Maßregel" des § 423 beseitigt, weil im Handelsregister fortan „ein allgemeines Organ für die Veröffentlichung derartiger den kauf­

männischen Verkehr tief berührender Verhältnisse", eine „dauernde Veröffent­ lichung" geschaffen war. Aber nur die Art der Bekanntmachung, das Publikationsorgan, ist damit geändert; eine Formalvorschrift ist durch die andere ersetzt; Notwendigkeit, Zeit und Wirkung der Bekanntmachung sind

dieselben geblieben wie zuvor (ROHG. 21 S. 239;

Blums Annalen 5

„Für das Gebiet des rhein. Rechts gibt jenes EG. Art. 40 ff. und neben anderen Vorschriften des im Ganzen zur Aufhebung gelangenden rhein. HGB. die bezeichnete Bekanntmachungsart durch Tabellen wieder, um nicht die damals geltende CPO. in Verwirrung zu bringen" (Stenogr. S. 389).

Berichte S. 1135. 1492).

Wenn hiernach dasselbe Gesetz in Art. 41

den

Fall, daß jemand nach „Schließung der Ehe das Gewerbe eines Kaufmanns ergreift," ausdrücklich ordnet, in Art. 20 dagegen hiervon schweigt, so beruht

dies bloß auf gesetztechnischen und rechtshistorischen Gründen, nicht auf einem Gegensatz, der ein argumentum e contrario für die Ansicht der Klägerin

gibt.

Die Gerichte haben in ständiger Praxis während der fast 40jährigen

Geltung des preuß. Ges. vom 24. Juni 1861

die

Nachholung

der

im

Art. 20 bezeichneten Eintragung ins Handelsregister verlangt, wenn der Be­

ginn des Gewerbes als Vollkaufmann nach der Eheschließung erfolgte. Diese Praxis hat, soviel bekannt, in der Rechtsprechung und Literatur nie Wider­ spruch gefunden.

Das Obertribunal (Entsch. 66 S. 97) führt freilich aus, der

Art. 20 bestimme gleich II1 § 423 die Bekanntmachung „bei" der gericht­

lichen Verlautbarung des § 422; es handelt sich bei diesem Urteil jedoch um die Rückwirkung des Ges. vom 24. Juni 1861 auf die vor seiner Gesetzeskraft geschlossenen Ehen, also um eine wesentliche andere Frage, als die streitige.

Das Obertribunal hat (Entsch. 56 S. 217) in der „besonderen Publikation" des § 423 und Art. 20 den „unverkennbaren Zweck" gefunden, „die, die mit einem Kaufmann in Geschäftsverbindung treten, gegen ... Gefahren ... des

ehelichen Güterrechts mehr zu schützen, indem ihnen doppelte Gelegenheit geboten wird, Kenntnis zu erhalten." Diesem Zweck entspricht die Praxis der Gerichte. 2. Ist nach dem bisherigen Recht also die nachträgliche Eintragung in das Handelsregister geboten, so wird sie nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Forderung des Beklagten erst nach dem Inkrafttreten des BGB.

entstanden ist. Denn grundsätzlich bleiben für den Güterstand der zu dieser Zeit bestehenden Ehen die bisherigen Gesetze maßgebend (EG. Art. 200). Auch die gemäß Art. 218 das. bewirkte Überleitung der Ehen durch das preuß. Ausf.-G. ist nicht so weit gegangen, auf Tatbestände, die

nach dem 1. Januar 1900 eingetreten sind, die Anwendung der zuvor geltenden Gesetze gänzlich auszuschließen. Der Art. 59 § 91 insbesondere ist keineswegs auf solche „Dritte" zu beschränken, deren Rechte vor 1900

entstanden sind; die alten, wohlerworbenen Verbindlichkeiten sind vielmehr

bereits in § 3 den bisherigen Gesetzen unterworfen. Der § 9 erhält gerade dann erst einen Sinn, wenn man ihn auf Tatbestände, die nach Überleitung

des Güterstandes erst entstehen, erstreckt. — Allerdings ist das preuß. Gesetz nach der amtlichen „Begründung" S. 73: „in Betreff des Zwanges zur Ein­

tragung der güterrechtlichen Verhältnisse in das Güterrechtsregister mög­

lichst schonend vorgegangen. Die Einführung des neuen Rechts soll für sich allein nicht zu einer Eintragung nötigen." Ein solcher Zwang steht hier aber auch nicht in Frage. Denn nicht die Einführung des neuen Rechts, sondern der Beginn des Gewerbes als Vollkaufmann hat nach dem bisherigen

Sodann handelt es sich auch nicht um Ein­ tragung ins Güterrechtsregister, das gemäß § 1435 BGB. (Art. 4 EG. Gesetz zur Eintragung genötigt.

zum HGB.) übrigens nur gegen Rechtsgeschäfte und rechtskräftige Urteile

Schutz gewährt, sondern um Eintragung ins Handelsregister mit dem über § 1435 weithinausgehendem Rechtsnachteil, das Vermögen der Klägerin

der Zwangsvollstreckung wegen Schulden des Mannes preiszugeben. so einschneidende Maßnahme ist nur dem früheren Recht bekannt.

Eine

3. Ob das Gewerbe als Vollkaufmann vor oder nach 1. Januar 1900 begonnen hat, ist bedeutungslos.

zu 2.

Das folgt ohne weiteres aus der Beurteilung

Der Begriff „Kaufmann", die Unterscheidung Voll- und Minder-

kaufmann sind freilich andere geworden. Mancher ist über Nacht statt Minder­ kaufmann, Vollkaufmann geworden und damit ahnungslos dem streitigen Art. 20 unterworfen. Ähnliche Mißstände der Übergangszeit sind aber auch sonst z. B. im Vereins- und Grundbuchrecht nicht zu vermeiden gewesen. Überdies hat die Streitfrage ihren Sitz im partikularen Güterrecht, nicht im

HGB., aus dem 1857 von der Nürnberger Konferenz absichtlich diese Materie ausgeschlossen ist (Busch, Archiv 6 S. 178). Darauf aber kommt es nicht wesentlich an. Entscheidend ist, daß das Vertrauen redlicher Gläubiger den Schutz, an den der Verkehr sich gewöhnt hat, unverändert behalten soll. Das ist nur zu erreichen, wenn klare, übersichtliche Rechtslage geschaffen wird. Mit der hier vertretenen Ansicht, der die bisherige Literatur (Hodler S. 263. 264; Habicht 2.Aust. Note 1 S. 560. 561; Crusen-Müller, S. 537. 544)

zum mindesten nicht entgegensteht, gelangt man zu dem einfachen Ergebnis, daß Dritten gegenüber die Wirksamkeit übergeleiteter Güterstände, solange der alte Wohnsitz nicht geändert wird, dem alten Recht ausnahmslos unterliegt.

Dem Verkehr bleibt als sicheres Auskunftsmittel nach wie vor das Handels­ register und zwar, sofern das gemäß § 83 der Instruktion vom 12. Dezember 1861 anzulegende besondere Register dem nach 1. Januar 1900 begonnenen Handelsgewerbe infolge §§ 36, 41, 42, 45 der Verf. vom 7. Nov. 1899 und

preuß. Ausf.-G. zum HGB. Art. 26 verschlossen sein sollte, die Spalte 5 und 6

des neuen Registers (JMBl. 1899 S. 317. 318. 328) oder die sonst von der Justizverwaltung zu treffende Einrichtung (preuß. FrG. Art. 29). Das Güter­ rechtsregister dient Einträgen solcher Art (Art. 59 § 9 Abs. 1 Ausf.- G.) keinesfalls (JMBl. 1899 S. 304 Art. 19 und S. 301 § 13). Es hat mit der über § 1435 BGB. hinausgehenden Wirkung des früheren Rechts nichts zu schaffen (Motive zum BGB. 4 S. 306. 314 ff.; Prot. 4 S. 386).

Gr.

Erfordernis der Zustimmung der Fra«, wen« der Eheman« bei Anlauf eines Grundstückes für die Gütergemeinschaft für den Kaufpreis eine Hypothek bestellt.' BGB. § 1445. GrBO. § 40. c)

OLG. Karlsruhe, IV. CS.

Beschluß v. 4. Oktober 1902.

In der zwischen dem Kammergerichte und dem bayerischen Obersten LG.

streitigen Frage (Rsp. 2 S. 358, 361) war dem Obersten LG. beizutreten. Dafür spricht nicht nur der richtigverstandene Zweck des § 1445, sondern

auch sein klarer Wortlaut, der keine Ausnahme macht.

Die Zustimmung der

Frau zu einer Verfügung über ein Grundstück (Hypothekenbegründung) ist

auch dann nötig, wenn diese Verfügung im Moment des vom Mann allein zulässig (§ 1443) vollzogenen Erwerbes erfolgte.

Der Mann kann wohl selb­

ständig ein vor dem Erwerbe belastetes Grundstück erwerben, aber es nicht Die Belastung erfolgt aber in frag­ lichem Falle gerade nicht vor dem Erwerb, sondern gleichzeitig mit ihm, beohne Zustimmung der Frau belasten.

1 Ebenso OLG. Colmar, Beschluß v. 23. September 1901, NotZ. für Els.-Lothr. 1902 S. 21, Bayer. Oberstes LG. Beschluß v. 12. Dezember 1901, Seuff. Arch. 57 S. 270; vgl. dagegen Schäfer, Bayer. Zeitschr. für Notare 1902 S. 154 ff.

OLGRsv. vi.

11

darf also der Zustimmung der Frau.

Überdies entspricht dies dem Sinne

und Zweck des Gesetzes, denn nach dem BGB. soll im Gegensatz zum früheren Rechte die Frau am Gesamtgut ein wahres Mit-Recht neben dem Manne

haben; und sie soll mitwirken bei einem solchen Akt, durch den die Familie der Gefahr des Ruins ausgesetzt werden kann. Auch ein Redaktionsversehen

liegt in § 1445 nicht vor (Motive 4 S. 363).

Die frühere entgegengesetzte

preußische Praxis war den Redaktoren danach wohl nicht unbekannt und

kann nicht, wie das Kammergericht meint, für die Auslegung des § 1445

erheblich sein.

Bad. Rechtspraxis 1903 S. 1.

d) Klage auf Auseinandersetzung des Gesamlguies1 und auf ein Verzeichnis seines Bestandes. BGB. §§ 1471 ff.

OLG. Hamburg, I. CS. Urteil v. 8. Dezember 1902. Der Kläger ist im Scheidungsprozeß allein für schuldig erklärt, folglich stehen der Beklagten bei Aushebung der Gütergemeinschaft folgende Rechte

am Gesamtgut zu: nach Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten wird das beiderseitige Eingebrachte (der Wert desjenigen, was ihnen bei Beginn der Gütergemeinschaft gehört hat) abgezogen und der sodann verbleibende Überschuß gleichheitlich geteilt (§§ 1475ff.). Beklagte hat hiernach zweifellos

ein Interesse, Auskunft und Vorlage eines Bestandsverzeichnisses des Gesamt­ gutes zu verlangen, und die Verpflichtung des Klägers zur Vorlage ergibt sich wie schon aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, so auch aus § 260, welcher

Anwendung findet, wenn jemand verpflichtet ist zur Rechenschastsablage über eine Verwaltung und daraus eventuell resultierender Herausgabe von Gegen­ ständen, die der Berechtigte anzugeben und zu bezeichnen nicht ohne weiteres

im stände ist, indem unter „Inbegriff von Gegenständen" allgemein jede Mehrheit von Gegenständen zu verstehen ist, welche herauszugeben find oder über welche Auskunft zu erteilen ist. Der Widerklage der Beklagten steht auch § 99 FrGG. nicht entgegen.

Die dort vorgesehene amtsgerichtliche Ver­

Durch Be­ schreitung des Prozeßweges hat Beklagte zu erkennen gegeben, daß ihrerseits eine Bereitwilligkeit, das gerichtliche Vermittelungsverfahren einzuleiten, nicht mittelung erfordert Antrag und Einwilligung der Beteiligten.

besteht und auch Kläger hat einen bezüglichen Antrag nicht gestellt.

M. M.

e) Die Fortsetzung der Gütergemeinschaft darf abgesehen von de« Füllen des § 1509 BGB. auch dnrch wechselseitiges Testament nicht

ansgeschloffen werden.

Anfechtungsrecht des überlebende« Ehegatten. BGB. § 1518.

Kammergericht, I. CS. Beschluß v. 17. März 1902. ... Durch das wechselseitige Testament der Ehegatten ist die fortgesetzte Gütergemeinschaft, wenn auch nicht mit ausdrücklichen Worten, so doch durch

den Inhalt der testamentarischen Bestimmungen, die dem überlebenden Ehe­ gatten die eine Hälfte des gütergemeinschaftlichen Vermögens, den Erben des 1 Stellung der Frau bis zur Auseinandersetzung: Entsch. d. RG. 48 S. 269. Verfügung über den desfallsigen Anteil als solchen: IW. 1903 Beilage S. 26 Nr. 54.

Erstversterbenden die andere Hälfte zuweisen, unbedenklich aufgehoben.

fragt sich aber, ob diese Aufhebung rechtsgültig ist.

Es

Der § 1518 bestimmt,

daß Anordnungen, die den §§ 1483—1517 widersprechen, von den Ehe­ gatten weder durch letztwillige Verfügung noch durch Vertrag getroffen werden können. Der § 1508 aber bestimmt, daß die Ehegatten die Fortsetzung der

Gütergemeinschaft durch Ehevertrag ausschließen können, und § 1509 schreibt

vor, daß jeder Ehegatte für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod auf­ gelöst wird, die Fortsetzung der Gütergemeinschaft durch letztwillige Ver­ fügung ausschließen kann, wenn er berechtigt ist, dem anderen Ehegatten den

Pflichtteil zu entziehen oder auf Aufhebung der Gütergemeinschaft zu klagen. Auf die Ausschließung finden die Vorschriften über die Entziehung des Pflicht­ teiles entsprechende Anwendung.

Nach § 2336 muß der Grund der Ent­

ziehung des Pflichtteiles zurzeit der Errichtung bestehen und in der Ver­ fügung angegeben werden. Die Ausschließung der Gütergemeinschaft hätte in der letztwilligen Verfügung deshalb in gleicher Weise geschehen müssen. Davon ist hier indes keine Rede, so daß hierdurch die Ausschließung der Gütergemeinschaft in keinem Falle gerechtfertigt werden könnte. Auch durch Ehevertrag ist die Ausschließung nicht erfolgt, vielmehr durch das wechsel­ Die Ausschließung ist deshalb ungesetzlich erfolgt; sie durfte nach § 1518 durch letztwillige Verfügung überhaupt nicht

seitige privatschriftliche Testament.

angeordnet werden. Für die weitere Frage, ob der überlebende Ehegatte die Ausschließung der Gütergemeinschaft anfechten darf oder ob dieses Recht nur den Erben des Verstorbenen zukommt, ist aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes nichts herzuleiten. Der erste Entwurf, der bezüglich der Gütergemeinschaft ein wesentlich anderes Recht enthielt, hat eine dem § 1518 entsprechende Vorschrift nicht gehabt. Sie ist erst durch die zweite Kommission hinein­ gekommen (Prot. 4 S. 302—307). Die Reichstagsvorlage enthielt die Vor­

schrift im § 1501, und die Denkschrift bemerkt dazu: „Durch die fortgesetzte Gütergemeinschaft werden die gemeinschaftlichen Abkömmlinge immerhin in

ihrem Erbrechte gegenüber dem verstorbenen Ehegatten beeinträchtigt. Mit Rücksicht hierauf versagt der Entwurf den Ehegatten grundsätzlich die Be­ fugnis, durch Vertrag oder durch letztwillige Verfügung in die mit der fort­

gesetzten Gütergemeinschaft für die Abkömmlinge kraft Gesetzes verbundenen Will man aus dieser Bemerkung aber auch auf den Willen des Gesetzgebers schließen, daß der § 1518 nur den Interessen der Erben dienen soll (vgl. Planck zu § 1518), nicht denen der Ehegatten, so Rechte einzugreifen."

ist doch daraus nicht zu folgern, daß dem überlebenden Ehegatten versagt

ist, die Ungültigkeit einer Anordnung, durch die die fortgesetzte Gütergemein­ Ungültig aber ist die Anordnung,

schaft ausgeschlossen ist, geltend zu machen.

da sie nach den §§ 1508 und 1509 nur durch Ehevertrag und durch letzt­

willige Verfügung und unter den oben gedachten, hier nicht vorliegenden Be­

dingungen getroffen werden kann.

Da die Ausschließung der Gütergemein-

schäft in der hier gewählten Form nicht erfolgen kann, so ist die Anordnung nichtig, und die Nichtigkeit kann durch jeden durch sie Betroffenen, also auch vom überlebenden Ehegatten geltend gemacht werden. N.

f) BGB. § 1510 erfordert nicht das Nichtvorhandensein gemein­ schaftlicher Abkömmlinge. — Die Witwe kann vom Testamentsvollstrecker ihres Mannes Mttverwaltnng »nd ei« Bermögensverzeichnis fordern. BGB. §§ 1471 ff., 2213 ff. OLG. Hamburg, II. CS.

Urteil v. 25. Oktober 1902.

Der Anspruch der Klägerin auf Mitverwaltung des beim Tode ihres

Mannes vorhanden gewesenen Gesamtoermögens ist nach §§ 1510, 1482,

1471s, 2213 begründet.

Die Parteien gehen zutreffend davon aus, daß

durch das Testament die Fortsetzung der Gütergemeinschaft nach Auflösung

der Ehe durch den Tod des Mannes ausgeschlossen worden ist. Dies hat nach §§ 1510, 1482 zur Folge, daß eine Auseinandersetzung in Ansehung des Gesamtgutes zwischen der Witwe und den Erben des Mannes

nach

Maßgabe des §§ 1471s. einzutreten hat (vgl. Planck Note 2 zu § 1482). Die Beklagten irren, wenn sie die Verweisung auf § 1482 im § 1510 dahin verstehen, daß auch beim Ausschluß der fortgesetzten Gütergemeinschaft durch letztwillige Verfügung das Nichtvorhandensein gemeinschaftlicher Abkömmlinge

Voraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 1471, 1472 sei. Die Ver­ gleichung der §§ 1482 und 1510 ergibt vielmehr, daß im § 1510 der Aus­ schluß durch letztwillige Verfügung gleichgestellt sein soll dem Falle, daß eine Fortsetzung der Gütergemeinschaft durch das Nichtvorhandensein von Ab­ kömmlingen beim Tode des Erstversterbenden ausgeschlossen wird.

Die An­

wendung des § 1472 führt dahin, daß bis zur Auseinandersetzung die Ver­ waltung des Gesamtgutes der Klägerin und den Rechtsnachfolgern ihres Ehegatten gemeinschaftlich zusteht. Der Anspruch der Witwe auf Auseinander­ setzung und auf Einräumung des Mitverwaltungsrechtes gegenüber denjenigen, welche als Rechtsnachfolger des Mannes das Gesamtgut in Händen haben, ist aber im Sinne des § 2213 ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß

richtet, eine die Erben als solche treffende Verbindlichkeit, im Gegensatz zu den im § 2214 behandelten sonstigen Verbindlichkeiten der Erben (vgl. auch

Planck Note 2b zu Z 1967). Deshalb ist der Anspruch sowohl gegen die Erben wie gegen die Testamentsvollstrecker geltend zu machen. Daß diese Bestimmung dem praktischen Bedürfnisse entspricht, zeigt sich gerade in einem Falle, wie dem vorliegenden, in welchem die Vollstrecker auf Grund der ihnen

im Testamente erteilten Verwaltungsbefugnis das gesamte hinterlassene Ver­ mögen in Besitz genommen haben und auch jetzt noch besitzen, während die Erben oder doch wenigstens einige von ihnen unbekannt abwesend sind. Daß durch einstweilige Verfügung die Verwaltung des Nachlaßgrundstückes einem

Sequester übertragen ist, hebt den Besitz der Beklagten nicht auf. Auch der weitere Anspruch auf Mitteilung des Verzeichnisses ist nach §§ 1472, 260 gerechtfertigt.

Das Recht auf Mitverwaltung schließt mangels

gegenteiliger Bestimmung das Recht auf Mitbesitz in sich.

Der Anspruch auf Einräumung des Mitbesitzes an einem Inbegriffe von Gegenständen ist

hinsichtlich der Berechtigung auf Vorlegung des Bestandsverzeichnisses dem Ansprüche auf Herausgabe zum Alleinbesitz gleich zu achten (Planck Note 3 zu § 1472). Auch dieser Anspruch richtet sich gegen den Nachlaß und kann deshalb den Vollstreckern gegenüber geltend gemacht werden. Bei dieser

Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin — die freilich nicht, wie das Landgericht annimmt, als gesetzliche Erbin, sondern infolge der testamentarischen Ausschließung von der Erbschaft nur als pflichtteilsberechtigte

Nichterbin anzusehen ist, die deshalb auch nicht den § 2215, sondern nur

den § 2314 für sich geltend machen könnte — auch aus erbrechtlichen Ge­ sichtspunkten von den Beklagten gegenüber Auskunfterteilung über den Nach­ laß beanspruchen kann oder ob ihr der § 2213 Satz 3 entgegensteht (Planck Note 3 zu Z 2314). — Darüber, ob das auf Grund des ersten Urteiles von

den Beklagten vorgelegte Verzeichnis den berechtigten Ansprüchen der Klägerin genügt oder nicht, ist dem Vollstreckungsverfahren vorzubehalten.

Da Beklagte ihre Verpflichtung zur Vorlegung fortgesetzt bestreiten, muß es für das vor­

liegende Verfahren bei der Verwerfung der Berufung bewenden.

M. M.

g) Wirksamkeit einer Testamentsbestimmung, wodurch gütergemeinschaftlichc Eheleute sich gegenseitig z« Borerbe«, die Kinder z« Rach­

erbe« einsrtze«. Umschreibung eines Rachlatzgr««dstückes auf den über­ lebenden Ehegatte«. Lübisches Recht. BEB. §§ 1511, 1518.

OLG. Stettin, IV. CS.

Beschluß v. 10. Juli 1902.

Die gütergemeinschaftlichen Eheleute B. haben am 3. Juli 1900 ein

wechselseitiges Testament errichtet, und darin verordnet: „Wir setzen uns wechselseitig zu Erben ein dergestalt, daß der Überlebende über dem ge­

samten Nachlaß, insbesondere auch über Grundstücke und Hypotheken unein­ geschränkt unter Lebenden verfügen darf. Nach dem Tode des Letztlebenden sollen unsere Erben sein unsere Kinder oder deren eheliche Nachkommenschaft."

Als nach dem Tode des Mannes die Witwe beantragte, sie auf Grund

des Testamentes als Alleineigentümerin des gütergemeinschaftlichen Grund­ stückes einzutragen, erklärte das Amtsgericht, daß gleichzeitig die Rechte der Nacherben eingetragen werden müßten, zu welchem Zwecke ein die Person dieser

Nacherben feststellender Erbschein beizubringen und weiter nachzuweisen sei, daß die Witwe innerhalb der Ausschlagefrist gemäß § 1454 BGB. die Fortsetzung

der Gütergemeinschaft abgelehnt habe.

Mit der Eintragung der Rechte der

Nacherben und der Beibringung eines Erbscheines war die Witwe einverstanden, während sie int übrigen die Verfügung anfocht. Die Beschwerde wurde zurück­

gewiesen, der weiteren Beschwerde dagegen stattgegeben.

Aus den Gründen:

Nachdem hervorgehoben ist, daß das Landgericht davon ausgehe, daß

für die Ehe der Beschwerdeführerin bis zum 1. Januar 1900 das Lübische

Recht gegolten habe, ohne aber zu untersuchen, ob die Eheleute unter der Herr­ schaft dieses oder eines der anderen pommerschen Statutarrechte ihren ersten

Ehewohnsitz gehabt haben, wird fortgefahren: Jedenfalls sind aber an die Stelle dieser statutarischen oder provinzialrechtlichen Vorschriften mit dem Inkrafttreten des BGB.,

dessen Vorschriften über die allgemeine Güter­

gemeinschaft (§§ 1437 ff.) getreten (Art. 51 Ausf.-G. zum BGB.). Nach diesen Vorschriften wird, wenn bei dem Tode eines Ehegatten gemeinschaftliche Ab­ kömmlinge vorhanden sind, zwischen diesen und dem Überlebenden die Güter­ gemeinschaft fortgesetzt (§ 1483); es kann aber jeder Ehegatte mit Zustimmung des anderen durch letztwillige Verfügung, insbesondere durch gemeinschaftliches

Testament, für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod aufgelöst wird, einen gemeinschaftlichen Abkömmling von der fortgesetzten Gütergemeinschaft aus­ schließen (§§ 15111, 1516); selbstverständlich kann er das, wo mehrere solcher Abkömmlinge vorhanden sind, bezüglich einzelner und auch aller tun.

Ist

ein anderer als der ausgeschlossene Abkömmling nicht vorhanden, oder sind

sie sämtlich ausgeschlossen, so tritt naturgemäß fortgesetzte Gütergemeinschaft überhaupt nicht ein, sondern es findet alsdann die Beerbung des Verstorbenen

nach den allgemeinen Vorschriften statt (§ 1482), d. h. in erster Linie ist dafür

die etwa vorhandene letztwillige Verfügung maßgebend.

Demnach setzt der

§ 1511 nicht voraus, daß eine fortgesetzte Gütergemeinschaft immer noch bestehen bleibe und daß der Ausschluß des Abkömmlings niemals zur völligen Beseitigung der Gemeinschaft führen dürfe. Die Wirkung solcher Ausschließung gegenüber dem Abkömmling ist in Abs. 2 geregelt: er behält sein Erbrecht gegenüber dem Nachlasse des Verstorbenen, d. h. dessen Sonder- oder Vor­

behaltsgut (sofern nichts Gegenteiliges auch in dieser Beziehung vom Erb­ lasser bestimmt ist), kann aber auch noch aus dem Gesamtgut die Zahlung des Betrages verlangen, der ihm als Pflichtteil zukäme, wenn die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre, d. h. wenn der Anteil des Ver­ storbenen am Gesamtgute lediglich dessen Nachlaß würde. Auf diesen An­ spruch finden die für den Pflichtteil geltenden Vorschriften entsprechende An­ wendung (§ 1511 Abs. 2 Satz 2), d. h. er ist rein obligatorischer Natur und begründet nicht etwa Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung, durch die der

Ausschluß angeordnet worden ist (vgl. §§ 2303 ff.).

Es kann auch nicht etwa

aus dem § 1518 die Nichtigkeit einer solchen Verfügung hergeleitet werden; denn diese Vorschrift läßt die rechtliche Natur des Anspruches des aus­ geschlossenen Abkömmlings völlig unberührt, will diese gar nicht ändern, viel­

mehr nur besagen, daß es den Ehegatten verwehrt sein soll, Anordnungen zu treffen, die über die im § 1511 statuierte Befugnis hinausgehen. Der Ausschluß des Abkömmlings braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden, es

genügt, wenn ein dahingerichteter Wille der Ehegatten sich mit Sicherheit

aus der Verfügung entnehmen läßt.

Das ist hier der Fall; vorausgesetzt,

daß das Testament das Gesamtgut überhaupt betrifft, so sind alle gemein­ schaftlichen Abkömmlinge davon zunächst ausgeschlossen; denn in erster Linie

haben beide Eheleute es sich einander zugewandt, somit die Abkömmlinge davon ausgeschlossen. Nach den Vorschriften des BGB. ist demnach dieses

Testament, gegen dessen Rechtsgültigkeit auch sonst Bedenken nicht hervor­ getreten sind, nicht nichtig.

Aber auch darin irrt der Vorderrichter, daß er

annimmt: es habe nach Lübischem Rechte der Mann nicht die Befugnis, dem

überlebenden Ehegatten allein das Samtgut zuzuwenden und so die Fort­ setzung der Gütergemeinschaft mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen aus­ zuschließen. Das bestimmt das Lübische Recht nirgends und aus dem Wesen der Gütergemeinschaft folgt die Unzulässigkeit einer solchen letztwilligen Dis­ position auch nicht (Wilmowski, Lübisches Recht S. 276. 293. 294; vgl. auch § 6 des Ges. vom 16. April 1860).

Insofern stimmt das Lübische

Recht mit dem neuen Rechte überein; nur darin weicht es ab, daß es dem Mann die Befugnis gibt, einseitig durch letztwillige Verfügung die Fort­ setzung der Gütergemeinschaft auszuschließen; diese weitergehende Befugnis

ist durch das neue Recht unberührt geblieben (Art. 51 § 4S preuß. Ausf.-G.); auch bei Zugrundelegung des Lübischen Rechtes ist demnach die Rechtsgültig­

keit des vorliegenden Testamentes nicht zu beanstanden, umsoweniger als es mit Zustimmung der Frau errichtet worden ist.

Selbstverständlich bleibt

auch hier den Abkömmlingen das Recht, aus dem Samtgute den Pflichtteil zu beanspruchen, aber dieser Anspmch entkräftet als rein obligatorischer nicht die letztwillige Verfügung.

---------------

F. — M.

2 a) Unterhaltspflicht des geschiedenen Balers gegenüber seinem Kinde. Rechtswohltat des Rotbedarses? BGB. § 1607. OLG. Dresden, III. CS.

Urteil v. 19. Dezember 1902.

Die Unterhaltspflicht des Beklagten als Vaters der Klägerin beruht

an sich auf § 1601 und besteht auch nach Scheidung der Ehe mit der Mutter der Klägerin fort.

Für den Unterhalt haftet er auch vor der Mutter, da

dieser nicht die Nutznießung am Vermögen der Klägerin zusteht (§ 16062).

Insbesondere kann er auch die Klägerin nicht deswegen völlig auf die Unter­

haltspflicht der Mutter verweisen, weil er ohne Gefährdung seines eigenen standesgemäßen Unterhaltes zur Gewährung von Unterhalt nicht imstande sei und hiernach die nach ihm haftende Mutter der Klägerin als alleinige Ver­ pflichtete in Frage komme (§ 16071). Denn auf die Wohltat des Notbedarfs,

die die Unterhaltspflicht ausschließt, kann sich der Vater dem Kinde gegen­ über überhaupt nicht berufen, es sei denn, daß ein anderer unterhaltspflichtiger

Verwandter vorhanden sei (§ 16032).

Im Sinne dieser Vorschrift ist die

Mutter aber nicht als anderer unterhaltspflichtiger Verwandter im Ver­

hältnis zu ihren und ihres Mannes gemeinsamen Kindern anzusehen; der Fall von § 1607* liegt daher überhaupt nicht vor (so auch Rsp. 3 S. 369). Dies ergibt sowohl der Wortlaut der Vorschrift, die die „andern" Verwandten im Gegensatz zu den „Eltern" des Unterhaltsbedürftigen erwähnt, darunter also andere Verwandte als den Vater und die Mutter begreift (vgl. Motive 4 S. 686), als die Erwägung, daß über die Reihenfolge der Unterhaltspflicht 1 Vgl. Urteil des RG. v. 22. Dez. 1902, IW. 1903 Beilage S. 29 Nr. 58.

der einzelnen Elternteile dem Kinde gegenüber nicht § 16032, sondern § 1606

Abs. 2 Bestimmungen trifft, und das Verhältnis der Unterhaltspflicht der Eltern untereinander gegenüber dem Kinde § 1585 regelt.

Auch die Ent­

stehungsgeschichte und das Verhältnis der Vorschriften in BGB. § 1585 und

in § 1606 Abs. 2 unterstützen jene Auslegung.

Währen- nämlich der Ent­

wurf I § 1458 (jetzt 8 1485) davon ausging, daß der Vater, sofern ihm nur das Recht der elterlichen Nutznießung zusteht, auch wenn er aus ihr tat­

sächlich nichts bezieht, von der Mutter keinen Beitrag verlangen kann, wurde in der IL Kommission beantragt, die Mutter zur Beitragsleistung auch dann heranzuziehen, wenn und soweit der Vater die Kosten des Unterhalts aus der

Nutznießung nicht decken kann, und die entsprechende Abändemng wurde von der Mehrheit gebilligt. In Anschluß an diese Änderung wurde dann auch zu § 1485 (jetzt 1606) beantragt, den 2. Satz so zu schließen: „so haftet der Vater nur insoweit vor der Mutter, als die Erträgnisse der Nutzung zur

Gewährung des Unterhalts nicht ausreichen." Die Mehrheit lehnte jedoch hier die Änderung ab und billigte den ersten Entwurf aus der Erwägung,

„daß die Mutter, wenn ihr das Nutzungsrecht zustehe, nur deshalb vor den, Vater hafte, weil sie eben dann die rechtliche Stellung habe, um derentwillen grundsätzlich der Vater vor ihr verpflichtet sei.

Auch sei die jetzige Frage

von der im § 1458 behandelten insofern verschieden, als es sich dort nur um

das Verhältnis zwischen Mann und Frau handele, während hier das Jntereffe des unterhaltsberechtigten Kindes zu berücksichtigen sei. In § 1458 handele es sich auch mehr um den Umfang, hier mehr um die Reihenfolge der Haftung für den Unterhalt des Kindes."

Hieraus erhellt also, daß die Voraushaftung des Vaters für Unterhalt vor der Mutter sich nur nach seinem Recht an der Nutznießung bestimmt, er,

insofern ihm dieses zusteht, dem Kinde gegenüber die Mutter nicht vorschieben kann, um sich gänzlich von der Unterhaltspflicht zu befreien. Nur für die Bemessung der Höhe des Unterhalts kommt die Unterhaltspflicht der Mutter in Bettacht, sofern die dem Beklagten zur Verfügung stehenden Mittel zur Unterhaltsgewährung allein nicht ausreichen.

Dem Kinde gegenüber ist nach § 16032 der Vater verpflichtet, alle verfügbaren Mittel gleichmäßig zu ver­ wenden, nur der Mutter gegenüber hat er nach § 15851 ein Forderungsrecht

auf Gewährung eines Bettages zum Unterhalt des gemeinschaftlichen Kindes, sofern nicht diese nach Abs. 2 ein Rückbehaltungsrecht hat.

I. M.

b) Die geschiedene Frau kann nicht im voraus die Kosten des Unter­ haltes eines gemeinschaftlichen Kindes vom schvldig erklärten Manne verlangen.1 OLG. Kiel, II. CS.

Urteil v. 14. Oktober 1902.

Nach § 1635 steht der Klägerin nur die Sorge für die Person ihres minderjährigen Sohnes zu, während dessen gesetzlicher Vertreter sein Vater,

1 Rsp. 4 Rr. 80 a S. 354.

der Beklagte, ist.

Die Klägerin kann den ihrem Sohne gegen den Be­

klagten zustehenden Anspruch auf Gewährung von Unterhalt nicht in dessen

Aber auch aus eigenem Rechte steht ihr kein An­

Namen geltend machen. spruch zu.

Im Familienrecht ist ein derartiger Anspruch nicht anerkannt.

Aus dem Obligationenrecht würden die Bestimmungen über nützliche Geschäfts­ führung oder ungerechtfertigte Bereicherung in Betracht kommen; diese ge­

währen aber nur einen Ersatz bereits verauslagter Unterhaltskosten.

Auch

der 8 258 CPO. setzt einen bereits entstandenen Anspruch voraus, bei welchem

die noch nicht fälligen Einzelleistungen für die Zukunft mit eingeklagt werden. Wer aber ohne Auftrag fremde Geschäfte führt und voraussichtlich auch in Zukunft führen wird, hat, soweit es sich um Auslagen handelt, die ihm

voraussichtlich in der Zukunft noch erwachsen werden, überhaupt keinen, auch nicht einen bedingten Anspruch gegen den Geschäftsherrn (vgl. Seuffert 55 Nr. 145). Allerdings hat eine weitverbreitete Praxis des gemeinen Rechts auf dem entgegengesetzten Standpunkt gestanden. Wie sich jedoch aus den Motiven zum § 1571

ergibt, hat der Gesetzgeber diesen Standpunkt aus­

drücklich abgelehnt.

Gr.

c) Die Vorschriften des § 1635 BGB. können nicht durch Vertrag geändert werde«. OLG. Kiel, I. CS. Urteil v. 22. Dezember 1902. Die Ehe der Parteien ist 1901 geschieden und Kläger für schuldig

erklärt.

Nachher haben sie schriftlich vereinbart, daß die beiden Söhne zu­

nächst bei der Mutter bleiben, auf Verlangen des Vaters jedoch diesem bei einer Vertragsstrafe zugesührt werden sollten. Die Klage auf Herausgabe der Kinder und Zahlung der Strafe ist abgewiesen.

Gründe:

Der Klage aus § 1632 steht die Tatsache entgegen, daß Kläger allein

für schuldig erklärt ist.

Die Sorge für die Person der Kinder steht aus

diesem Grunde nach § 1635 der Beklagten zu, die gemäß § 1631 namentlich auch das Recht und die Pflicht hat, den Aufenthalt der Kinder zu bestimmen;

die an sich dem Kläger ungeachtet der Scheidung zustehenden Rechte aus

elterlicher Gewalt sind insoweit beschränkt. Durch den Vertrag hat die Be­ klagte erklärt, daß sie sich der ihr nach dem Gesetz zustehenden Rechte insoweit

begebe, als sie dem Kläger das Recht zur Abforderung und Erziehung der Der hieraus hergeleitete Anspruch des Klägers ist ebenfalls nicht begründet. In den Motiven zu I 8 1456 ist eine davon abweichende Übereinkunft der Eltern darüber, wem von ihnen die Sorge für

Kinder eingeräumt hat.

die Person der gemeinschaftlichen Kinder zustehen soll, für unzulässig erklärt. Diese Vorschriften sind sachlich unverändert in das Gesetz ausgenommen. Aus

den zwischenliegenden Verhandlungen ist die Absicht einer Abweichung von den Gründen, auf denen die erste Fassung beruhte, nicht zu entnehmen.

Der

Entwurf I § 1561, der einen Verzicht auf die elterliche Gewalt für unzulässig

erklärte, ist von der 2. Kommission nur deshalb gestrichen, weil er selbst­ verständlich sei und sich aus den vorhandenen Vorschriften ergebe (Pröt

S. 6170). — Die Unwirksamkeit einer solchen Übereinkunft ist aber auch aus

dem Gesetze selbst zu entnehmen.

Nach § 1635 ist mit einer Ehescheidung

der vorliegenden Art die Folge verbunden, daß die Sorge für die Person der Kinder, die bis dahin als ein Bestandteil der elterlichen Gewalt beiden Eltern zugestanden und obgelegen hatte, in dem bisher dem Vater zustehenden Umfange mit auf die Mutter übertragen wird, so daß sie die darin ent­ haltenen Rechte und Pflichten — abgesehen von der Vertretung — nunmehr allein auszuüben hat. Daneben ist bestimmt, daß eine abweichende Änderung

durch das Vormundschaftsgericht getroffen werden kann, die jedoch nur für

den Fall zulässig ist, daß aus besonderen Gründen eine Abänderung im Interesse der Kinder geboten ist.

Diese Vorschriften enthalten eine zwingende

Regelung der unter den gegebenen Voraussetzungen eintretenden Rechtsfolge. Dies ergibt insbesondere die Bestimmung der Vormundschaftsbehörde als derjenigen Stelle, von der etwaige Änderungen angeordnet werden können. Dadurch ist zum Ausdruck gebracht, daß solche Maßregeln nicht dem Belieben der Beteiligten überlassen, vielmehr dem Ermessen einer Behörde zugewiesen

werden sollen, die sich hierin durch objektive, aus dem Jntereffe der Kinder entnommene Gründe leiten lassen muß. Diesen Vorschriften des Gesetzes ist durch die vorliegende Vereinbarung zuwidergehandelt. Gr. d) Entziehung der elterlichen Gewalt. BGV. § 1666. Kammergericht, I. CS. Beschluß v. 22. Dezember 1902. Es stellt keine Gesetzesverletzung dar, an Stelle der Anordnung, daß dem Vater die Sorge für die Person seiner Kinder und auch die Vermögens­ verwaltung, sowie die Nutznießung entzogen werde, zusammenfassend die Entziehung der elterlichen Gewalt überhaupt anzuordnen, sofern nur die, eine solche Anordnung materiell rechtfertigenden Voraussetzungen einwands­

frei tatsächlich festgestellt sind. Das BGB. hat diese Entziehung der elter­ lichen Gewalt als solche nicht ausdrücklich vorgesehen, wohl aber in § 1666

die Entziehung sämtlicher einzelner Bestandteile der Gewalt (§ 1627) zu­ gelassen.

Nach I § 1546, an dessen Stelle der § 1666 Gesetz ward, war

allerdings eine gänzliche Entziehung der Gewalt durch das Vormundschafts­ gericht ausgeschlossen; denn der Schlußsatz bestimmte ausdrücklich, daß das

letztere die Gewalt mit Ausnahme der elterlichen Nutznießung ganz oder teilweise entziehen könne.

Diese Bestimmnng beruhte (Motive 4 S. 805)

auf der Erwägung, daß in den hier vorausgesetzten Fällen das Interesse

des Kindes eine gänzliche Entziehung der Nutznießung nicht erfordere.

Auf

Grund der von der Reichstagskommission gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 6091/95)

ist jedoch in den § 1666 ausdrücklich mit ausgenommen, daß unter den in Abs. 2 das. vorgesehenen Voraussetzungen dem Vater die Vermögensver­

waltung, sowie die Nutznießung vom Vormundschaftsgericht entzogen werden könne. — Die Entziehung der Sorge für die Person der Kinder setzt voraus die Gefährdung des geistigen oder leiblichen Wohles derselben durch Mißbrauch

des elterlichen Rechtes oder durch Vernachlässigung des Kindes oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten. Als letzteres ist insbesondere auch fort­ gesetzte Trunksucht anzusehen. — Hinsichtlich der Entziehung der Vermögens­

verwaltung und der Nutznießung ist die bloße Tatsache der Verletzung der Unterhaltspflicht für die Anordnung nicht ausreichend, wird aber durch die im Hinblick auf fortgesetzte Trunkenheit und dauernde ungeordnete Lebens­ führung des Vaters getroffene Feststellung gerechtfertigt, daß auch in Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhaltes der Kinder zu besorgen sei. verlangt § 1666 nicht.

a)

Mehr

Dr. M.

29 Grbschastsausschlaguug zu Gunsten eiues Drillen. BGB. § 1947. OLG. Bamberg, I. CS.

Urteil v. 15. November 1902.

Frau B. starb 1899 kinderlos und wurde nach dem einschlägigen Land­

rechte beerbt zu 3/4 von ihren Eltern A. und zu */« von ihrem Manne; letzterem steht unstrittig kein Anwachsungsrecht zu. Die Eheleute A. wollten

ihrem Schwiegersohn den ganzen Nachlaß zuwenden; sie erklärten daher zu Protokoll des Nachlaßgerichts, daß sie auf ihren Erbteil zu Gunsten des B. verzichteten.

Das Nachlaßgericht überwies hierauf den ganzen Nachlaß an

letzteren. Später entstand aber zwischen den Erbbeteiligten Streit und die Eheleute A. klagten gegen B. auf Herausgabe ihres Anteiles zu s/4 am Nach­

lasse unter der Begründung, ihre Erbschaftsentschlagung sei bedingt und des­

halb nichtig. Aus den Gründen: Daß die Ausschlagung einer Erbschaft unter einer Bedingung sowohl nach gemeinem Rechte, wie nach § 1947 BGB. — beide Rechte stimmen hierin völlig überein — nichtig ist, steht fest (Dernburg, Pandekten 6. Aufl.

3 § 161 Note 13; Windscheid-Kipp 3 § 599 Note 15). Was die Aus­ schlagung zu Gunsten eines Dritten anlangt, so kann eine solche zu Gunsten desjenigen geschehen, welcher berufen sein würde, falls der Aus­ schlagende zurzeit des Erbfalles nicht gelebt hätte, oder zu Gunsten einer

anderen Person. Im ersteren Falle ist der Beisatz zu der Ausschlagungs­ erklärung bedeutungslos und unschädlich; er wird als nicht vorhanden be­

trachtet. Im zweiten Falle ist nur zweierlei möglich: entweder muß man den Zusatz als Bedingung auffassen oder annehmen, es liege überhaupt keine Ausschlagung, sondern ein Erbschaftsantritt, verbunden mit so­ fortiger Übertragung der Erbschaft auf den Begünstigten, vor (Planck; Staudinger zu § 1947 Note 3; Neumann, Handausgabe § 1947 Note 4;. Unbestritten hat der Beklagte B. auf den fraglichen Erbschaftsanteil über­

haupt kein Erbrecht, da er kein Jntestaterbe seiner verlebten Frau außer be­

züglich der portio statutaria ist.

Es kann hier also nur der zweite Fall in

Betracht kommen und fragt es sich, ob eine Ausschlagung mit Bedingung der ein Erbschaftsantritt mit Erbschaftsüberweisung vorliegt.

Beklagter be­

streitet dies, weil die A. die Ausschlagung nicht von einem künftigen, un-

gewissen Ereignisse abhängig gemacht hätten, was doch zum Begriffe der

Bedingung erforderlich sei. Es ist richtig, daß der Zusatz sich zwar auf ein künftiges, aber nach der Überzeugung der Erklärenden nicht ungewisses Er­

eignis bezog, daß also eine eigentliche Bedingung nicht vorlag.

Man

übersieht aber, daß es auch uneigentliche Bedingungen gibt, bei welchem

der Umstand, auf welchen die Bedingung gestellt ist, in der Gegenwart liegt

und seiner Existenz nach sicher ist (Windscheid-Kipp 1 § 87; Dernburg

1 § 107 Z. 3).

Als eine derartige uneigentliche Bedingung muß aber der

fragliche Zusatz jedenfalls angesehen werden.

Rechtsgeschäfte jedoch, bei denen

Bedingungen nicht zulässig find, wozu insbesondere die Erbschaftsausschlagung

gehört, können sowohl nach dem bisherigen gemeinen Recht, wie auch nach

dem BGB., auch nicht unter eine uneigentliche Bedingung gestellt werden (Windscheid-Kipp 1 § 88