Die Poetik der Adaptation: Literarische inventio im »Eneas« Heinrichs von Veldeke [Reprint ed.] 3484151137, 9783484151130

Die Studie gewährt Einblick in die Schaffensweise hochmittelalterlicher deutscher Romanautoren, die in der Regel Bearbei

249 56 12MB

German Pages 392 Year 2007

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Table of contents :
Einleitung
I. Der >Eneas< im Umfeld der matière d’antiquité
I.1 Interessen der Gönner an Stoff und Inhalt
I.2 Aussagen zum Stoff und seinen poetischen Erfordernissen bei Benoît de Sainte-Maure und Herbort von Fritzlar
I..3 Der Epilog des >Eneas< und das Lob Veldekes bei Gottfried von Straßburg
II. Topik am Beispiel der Karthagohandlung
II.1 Herrschaft
II.1.1 Flucht aus Troja
II.1.2 Gründung und Macht Karthagos
II.1.3 Herrscherlicher Glanz
II.1.4 Heimlichkeit
II.2 Ergebnisse im Vergleich mit der Forschung
II.3 Liebe
II.3.1 Entfachung der Liebe
II.3.2 Qualen der Liebe
II.3.3 Vereinigung
II.3.4 Leid und Tod
II.4 Ergebnisse im Vergleich mit der Forschung
III. Regeln der Adaptation
III.1 Inventio
III.1.1 Topische inventio
III.1.2 Inventio als hermeneutischer Akt
III.1.3 Inventio als geistige Konzeption des Werkes
III.2 Abbreviatio und dilatatio
IV. Vervollkommnung im Medium der Dichtungslehre
IV.1 Grenzen und Spielraum der inventio: die descriptio des Eneas
IV.2 Abbreviatio und dilatatio im Dienst der Angemessenheit: die descriptio Karthagos
IV.3 Figurengestaltung ad laudem
Ausblick: Die Kunst der Adaptation bei Hartmann und Gottfried
Siglen und Abkürzungen
Literaturverzeichnis
Texte
Abhandlungen und Hilfsmittel
Register
Autoren und Werktitel, historische Personen
Sachen und Wörter
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Die Poetik der Adaptation: Literarische inventio im »Eneas« Heinrichs von Veldeke [Reprint ed.]
 3484151137, 9783484151130

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HERMAEA GERMANISTISCHE FORSCHUNGEN N E U E FOLGE HERAUSGEGEBEN VON J O A C H I M HEINZLE UND K L A U S - D E T L E F MÜLLER

BAND 113

SILVIA S C H M I T Z

Die Poetik der Adaptation Literarische inventio im >Eneas< Heinrichs von Veldeke

MAX N I E M E Y E R VERLAG T Ü B I N G E N 2007

Für Caroline Merlo

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-484-15113-0

ISSN 0440-7164

© Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2007 Ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG http://www.niemeyer.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck und Einband: AZ Druck und Datentechnik, Kempten

Inhaltsverzeichnis

Einleitung I. 1.1 1.2 1.3

1

Der >Eneas< im Umfeld der matiere d'antiquite Interessen der Gönner an Stoff und Inhalt Aussagen zum Stoff und seinen poetischen Erfordernissen bei Benoit de Sainte-Maure und Herbort von Fritzlar Der Epilog des >Eneas< und das Lob Veldekes bei Gottfried von Straßburg

25 25 34 72

II. 11.1 11.1.1 11.1.2 11.1.3 11.1.4 11.2 11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.3.4 11.4

Topik am Beispiel der Karthagohandlung Herrschaft Flucht aus Troja Gründung und Macht Karthagos Herrscherlicher Glanz Heimlichkeit Ergebnisse im Vergleich mit der Forschung Liebe Entfachung der Liebe Qualen der Liebe Vereinigung Leid und Tod Ergebnisse im Vergleich mit der Forschung

105 108 108 118 128 135 144 153 154 162 176 182 199

III. 111.1 III.x.i 111.1.2 111.1.3 111.2

Regeln der Adaptation Inventio Topische inventio Inventio als hermeneutischer Akt Inventio als geistige Konzeption des Werkes Abbreviatio und dilatatio

219 220 221 238 254 262

IV. IV.i IV. 2

Vervollkommnung im Medium der Dichtungslehre Grenzen und Spielraum der inventio·. die descriptio des Eneas . . . . Abbreviatio und dilatatio im Dienst der Angemessenheit: die descriptio Karthagos Figurengestaltung ad laudem

293 293

IV.3

308 315

V

Ausblick: Die Kunst der Adaptation bei Hartmann und Gottfried

329

Siglen und Abkürzungen

341

Literaturverzeichnis Texte Abhandlungen und Hilfsmittel

345 345 351

Register Autoren und Werktitel, historische Personen Sachen und Wörter

373 373 378

VI

Einleitung

Zu unserem gesicherten Wissen über die großen epischen Dichtungen des deutschen Hochmittelalters gehört die Einsicht, daß sie nicht originale Erfindungen sind. Nahezu alle gehen auf lateinische oder französische Vorlagen zurück, die bedeutendsten Werke sind Bearbeitungen französischer Quellen. Dafür lassen sich zunächst historische und kulturhistorische Gründe anfuhren, denn daß die französische für die deutsche Literatur zum Modell werden konnte, verdankt sich sicher nicht zuletzt dem in Frankreich früher begonnenen Prozeß der Territorialisierung, der fiir die Entwicklung der volkssprachlichen Literaturen kaum zu unterschätzen sein dürfte, sowie den in Frankreich günstigeren Bildungsverhältnissen, die nicht nur den Dichtern, sondern anders als in Deutschland auch ihrem adligen Publikum lateinische Gelehrsamkeit garantierten. Deshalb konnte im Westen neben der lateinischen eine volkssprachliche Literatur entstehen, die rasch ein hohes künstlerisches Niveau erreichte, das sie zum Muster disponierte. Vorbild wurde sie, als deutsche Landesherren und Mäzene sie ins Deutsche übertragen ließen. Für die Repräsentation ihrer Herrschaft notwendigerweise auch auf die Förderung der Künste bedacht und der französischen Adelskultur überhaupt nacheifernd, besorgten sie die Manuskripte, nach denen die deutschen epischen Dichtungen entstanden. Ein weiterer Grund fur die Aneignung der französischen Literatur kann darin gesehen werden, daß sie im Unterschied zur Dichtung der lateinischen Tradition bereits modern geformt war und von Ereignissen und Gestalten der heroischen, antiken oder keltischen Vergangenheit in höfischer Manier erzählte. Hinzu kommt, daß Neuschöpfungen in der Kultur des Mittelalters kaum einen Platz hatten und die Arbeit am vorgegebenen Modell höher geschätzt wurde. Diesem Kunstverständnis folgten die französischen volkssprachlichen Autoren, wenn sie sich auf lateinische Quellen stützten, nicht anders als die deutschen, die auf französische zurückgriffen. Die skizzierten Voraussetzungen fur die Abhängigkeit der deutschen Werke von ihren französischen Vorlagen sind bekannt; weniger wissen wir darüber, wie sich unter diesen Bedingungen die künstlerische Genese der Bearbeitungen vollzog. Obwohl es an vergleichenden Untersuchungen nicht mangelt, ist der Vorgang der Textproduktion selbst noch weitgehend ungeklärt. Dies liegt vor allem daran, daß ein Textvergleich leicht zu ästhetischen Wertungen verfuhrt, die produktionsästhetische Fragen in den Hintergrund drängen. Waren dafür in älteren Arbeiten oftmals nationalliterarische Klischees wie das der Opposition von französischer Eleganz und deutscher Tiefe verantwortlich, hat auch noch die zu ι

Vergleichen herausfordernde Entdeckung des >Tristanin Ketten tanzen< beschrieben werden könne.3 Die Ideen seines Lehrers aufgreifend, legte Michel Huby mehr als zwanzig Jahre später eine umfangreiche Studie zu den Adaptationen Veldekes und Hartmanns vor, in der er die Bearbeitungstechniken dieser Autoren im Vergleich mit den Vorlagen zu ermitteln suchte. Er setzte dabei die von Fourquet angenommenen >Ketten< der Bearbeiter voraus und billigte ihnen dichterischen Freiraum allein im Bereich der Formgebung zu: »l'adaptation courtoise [...] est avant tout de donner une forme nouvelle ä l'expression de detail, de montrer qu'on sait dire mieux ou tout simplement autrement ce qu'un autre a dejä dit.«4 Daran entzündete sich die Kritik. Huby wurde vorgeworfen, die Originalität der deutschen Erzähltexte negiert zu haben.5 Vor allem Alois Wolf bestand auf der

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»C'est en mettant son recit en parallele avec celui de Gottfried que Ton arrive le mieux ä evaluer l'art de Thomas: lä oü ce dernier s'exprimc en 154 vers rigoureusement menages, le poete allemand se depense en parades recherchees (et, certes, brillantes) qui delayent son histoire pour la prolonger sur plus de 700 vers.« Un nouveau fragment du >Tristan< de Thomas. Hrsg. von Michael Benskin u.a. In: Romania 113 (1992—1995), S. 289—319, hier S. 318. Vgl. Ulrike Jantzen und Niels Kröner, Zum neugefundenen >Tristan