Die Personennamen griechischer Städte der nördlichen Schwarzmeerküste: die ethnischen Verhältnisse, namentlich das Verhältnis der Skythen und Samaten, im Lichte der Namenforschung


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German Pages 467 [469] Year 1955

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Die Personennamen griechischer Städte der nördlichen Schwarzmeerküste: die ethnischen Verhältnisse, namentlich das Verhältnis der Skythen und Samaten, im Lichte der Namenforschung

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LADISLAV ZGUSTA

Die Personennamen

griechischer Städte

der nördlichen Schwär zmeerkwste

NAKLADATELSTVÍ ČT SKOSLOVENSKÉ AKADEMIE VÉD

LADISLAV ZGUSTA

DIE PERSONENNAMEN GRIECHISCHER STÄDTE DER NÖRDLICHEN SCHWARZMEERKÜSTE Die ethnischen Verhältnisse, namentlich das Verhältnis der Skythen und Sarmaten,

im Lichte der Namenforschung

NAKLADATELSTVÍ ČESKOSLOVENSKÉ AKADEMIE VĚD

PRAHA 1955

československá akademie véd sekce jazyka a literatury MONOGRAFIE ORIENTÁLNÍHO ÜSTAVU

SD. 16.

DIE PERSONENNAMEN GRIECHISCHER STÄDTE DER NÖRDLICHEN SCHWARZMEERKÜSTE

ČESKOSLOVENSKÁ AKADEMIE VÉD

Vědecký redaktor Dr Otakar Klíma

VO RWO RT

Dass die Eigennamen höchst wertvolles linguistisches Material sind, kann keinem Zweifel unterliegen und bedarf keiner besonderen Darlegung. In dem vorliegenden Buche wird äusser der Unter­ suchung der einzelnen Personennamen der Versuch gemacht, die Personennamen aus den Inschriften der alten griechischen Städte der Nordküste des Schwarzen Meeres zum besseren Erforschen der ethnischen Verhältnisse des Hinterlandes dieser Städte zu benützen. Zu diesem Zwecke muss einiges zu deť Methode gesagt werden. Es ist höchst lehrreich, die geographische Verteilung der franzö­ sischen Personnamen zu betrachten. Einige gute Beispiele sind bei Dauzat, Les noms des personnes, Paris 1934, zusammengestellt; wenn wir z. B. die Mappe der verschiedenen Personennamen, welche aus lat. faber entstanden sind (S. VIII), untersuchen, sehen wir etwa folgendes. Nördlich von der Linie Dauphiné — Limousin — Gironde gibt es Formen mit [e] in der ersten Silbe: Fèvre, Le­ fèvre, u. a. Südlich von der angegebenen Linie gibt es Formen mit [a] : Favre, Faure, Fabre, in der Gascogne Haure. Wenn wir diesen Zu­ stand mit den Appellativen vergleichen (am besten im Atlas linguis­ tique de France und in den Landkarten des Grundrisses der romani­ schen Philologie), können wir eine Uebereinstimmung der beiden Kategorien des linguistischen Materials feststellen: auch in den Appellativis verändert sich (vulg.) lat. a in offener Silbe in [e] nördlich von ziemlich derselben Linie, während es mehr südlich unverändert bleibt. Auch in den Appellativis finden wir in der Gascogne h im Anlaut gegen f der anderen Dialekte für lat. /. 5

Dadurch wird die schon an sich wahrscheinliche Annahme be­ wiesen, dass es methodisch erlaubt ist, von geschlossenen Areen der Personennamen auf linguistische Areen überhaupt zu schliessen. Mit anderen Worten: wenn wir feststellen, dass in einer Gegend die Personennamen durch ein linguistisches Merkmal charakteri­ siert sind, dürfen und sollen wir annehmen, dass es in derselben Gegend einen Dialekt gab, welcher auch das bei den Personenna­ men festgestellte Merkmal hatte; und dieser Rückschluss ist ebenso erlaubt und notwendig, wenn alle sprachlichen Denkmäler des Dia­ lektes, die Personennamen ausgenommen, verloren gegangen sind. Dass wir nur auf die grossen Züge der Verteilung der Personen­ namen Rücksicht nehmen dürfen, versteht sich von selbst; es gab und gibt ja immer Leute, welche das Leben in eine ihnen von Haus aus fremde Gegend führte. Eine für unsere Zwecke wertvolle Eigenschaft der Eigennamen, mitunter auch der Personennamen, ist, dass sie sehr konservativ sind. Sie verändern sich zwar mit der Entwickelung der Sprache, zu welcher sie gehören; es besteht aber doch eine Tendenz zur Fixierung des Personennamens, welche durch das Vererben des Namens in der Familie und durch die Rücksichten der Verwaltung in mehr entwickelten Gesellschaften gefördert werden kann. Diese Tendenz kommt dann besonders zur Geltung, wenn der Zusammen­ hang zwischen dem Namen und dem Appellativum verloren geht, d. h. mit anderen Worten, wenn die ursprüngliche Bedeutung des Namens nicht empfunden wird und namentlich in dem Falle, dass der Name in einer fremdsprachigen Gesellschaft benützt zu werden beginnt; hier handelt es sich eigentlich um einen Spezialfall des vorher Gesagten. In diesem Falle wird der Name der Aussprache usw. der neuen Sprache angeglichen, kann sich aber selbstverständ­ lich nicht mit den anderen Wörtern der Sprache entwickeln; der er ursprünglich gehört hatte. Man kann also, wenn ein günstiges Ma­ terial vorhanden ist, von den Personennamen auf den älteren Zu­ stand der betreffenden Sprache schliessen, Oder auf die Sprache überhaupt, wenn ihre sonstigen Denkmäler verloren gegangen sind. Es.muss aber ausdrücklich betont werden, dass die etymologische Erforschung, der Eigennamen -dmmer.achwiengßr. ist : als .φβ der 6

Appellativa, weil wir die Bedeutung des Eigennamens im voraus nicht kennen. Folglich sind auch die Ergebnisse der etymologi­ schen Forschung auf diesem Gebiete weniger einwandfrei. Wenn wir also die Eigennamen- (in diesem Falle Personenna­ men-) Forschung zu linguistischen Untersuchungen benützen wollen, fordert es die Methode, dass wir uns auf das Sichere be­ schränken. Als sicher sind nun in diesem Zusammenhang nur solche Etymologien zu betrachten, welche nicht nur eine Ueberzeugungskraft an sich besitzen, sondern welche sich auch in ihren Lautentsprechungen und anderen Eigenschaften unterstützen. Wenn es z. B. unsere Absicht ist, die Personennamen zu dialektolo­ gischen Zwecken zu benützen, dürfen wir nicht eine Spracherschei­ nung als etabliert annehmen, falls sie sich nur auf eine Etymologie stützt. Nur wenn wir jede Annahme einer (dialektischen) Spracher­ scheinung auf mehreren Etymologien aufbauen, können wir sicher sein, dass das linguistische Ergebnis dasselbe bleiben wird, auch wenn diese oder jene Etymologie verändert werden müsste. Dass es in der Gesellschaft Personen mit fremden Namen gibt, dass diese Namen auch benützt werden können und dass man da­ raus auf kulturelle oder gar auch ethnische Einflüsse schliessen kann, braucht nicht eingehend erläutert zu werden. Zu Untersuchungen dieser Art eignet sich die nördliche Schwarz­ meerküste sehr, weil die ethnische Situation des Hinterlandes der griechischen Städte kompliziert genug ist und weil in den fremd­ sprachigen (griechischen) Städten die einheimischen Namen aus dem Entwickelungsgange der eigenen Sprachen herausgerissen wurden, so dass sie einen älteren Sprachzustand bewahren können. Der Umstand, dass die einheimischen Namen in einer fremden Schrift ausgedrückt werden, hat aber freilich den Nachteil, dass ihre phonetische Beschaffenheit manchmal nicht ganz genau ver­ standen werden kann. Bei der Untersuchung der Personennamen dieses Gebietes habe ich mich vor allem nur auf die insehriftlichen Belege gestützt. Das hat seinen Grund nicht nur in dem Umstande, dass die epigraphs sehen Belege unvergleichbar zahlreicher sind, sondern auch in der Unmittelbarkeit :und Zuverlässigkeit der; Injschriftetvja; text? ?

geschichtliche Erwägungen keine Rolle spielen können. Das einzig nötige ist das genaue Lesen des auf dem Steine Geschriebenen (was freilich keine leichte und manchmal auch keine ganz eindeutige Sache sein mag) und wir gewinnen das von einem Zeitgenossen ge­ schriebene phonetische Abbild des Namens. Dazu kommt noch, dass die inschriftlichen Belege die geographische Verteilung der Personennamen zu verfolgen erlauben. Zu diesen günstigen Eigenschaften des epigraphischen Materials muss auch der Umstand gerechnet werden, dass seine Bearbeitung methodisch einheitlich ist, so dass die Untersuchung zu festeren Resultaten führen kann als das mehr versuchsmässige Prüfen eines disparaten Materials; die auf diese Weise gewonnenen Resultate sol­ len dann die Grundlage bilden zur Untersuchung des viel kleineren handschriftlich überlieferten Materials und werden auch dadurch überprüft werden. Der Einheitlichkeit der Methode halber kommen hier auch nur die Personennamen zur Besprechung. Es muss aber aus­ drücklich bemerkt werden, dass sie unvergleichbar zahlreicher sind als alle anderen Eigennamen zusammengenommen, so dass sie die besten Resultate bieten können. Die Hauptmasse der Personennamen bot das epigraphische Cor­ pus dieses Gebietes: Latyševs Inscriptiones antiquae orae septen­ trionalis Ponti Euxini Graecae et Latinae, I, 2. Auflage, Petropoli 1916 (Inschriften namentlich aus Tyras, Ölbia und Chersonesus Taurica), II, 1890 (Inschriften des Bosporanischen Reiches), IV, 1901 (Nachträge zu Band I1 und Band II). Der dritte Teil des Latyševschen Corpus, welcher Inschriften auf der Keramik enthalten sollte, ist leider nicht erschienen. Die dadurch entstandene Lücke beginnt jetzt beseitigt zu werden durch die neue Ausgabe der In­ schriften auf der Keramik; das neue Unternehmen ist gegenüber dem Latyševschen selbständig: die einzelnen Bände sollen die Schätze je eines Museums enthalten und der ganze Apparat ist russisch geschrieben. Als erster Band der geplanten Serie ist erschienen: I. I. Tolstoj, Grečeskije graffiti drevnich gorodov seuemogo Pricernomor'ja. Graffiti gosudarstvennogo Ermitaža. Moskva-Leningrad 1953 (Griechische Graffiti der alten Städte der 8

Nordküste des Schwarzen Meeres. Graffiti der staatlichen Ere­ mitage). Weitere Personennamen sind aus den Inschriften geschöpft, welche in den Izvestija archeologiceskoj kommissii — Bulletin de la Commission archéologique, herausgegeben wurden; von diesen sind mir aber leider hauptsächlich nur die bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges erschienenen Bände zur Verfügung gestanden. Die nach dem ersten Weltkriege gefundenen Inschriften wurden in den neuen Publikationen, namentlich in dem Vestnik drevnej istorii (Anzeiger der alten Geschichte) und den Kratkije soobščenija (Kurze Mitteilungen) veröffentlicht; von diesen Publikationen sind mir im Gegenteil leider nur die neueren Jahrgänge zugänglich gewesen. Trotz diesen Lücken ist aber in dem vorliegenden Buche die ganz überwiegende Mehrheit des Materials zusammengestellt. Weil sich die vorliegende Untersuchung ausschliesslich mit lin­ guistischen Problemen befasst, während rein epigraphische, prosopographische u. a. Fragen nur zur Hilfe bezogen werden, werden hier nur solche Belege angeführt, welche einen linguistischen Wert besitzen: unbeachtet bleiben solche Fälle, wo der Name auf dem Steine überhaupt zerstört ist, auch wenn wir ihn aus dem Zusam­ menhang ergänzen können, oder wenn von ihm nur solche Reste blei­ ben, welche nicht ergänzt werden können, so dass wir über den Namen keine genauere Vorstellung haben. Es ist klar, dass der erste Fall viel weniger bedauernswert ist, weil es aus dem Gesagten folgt, dass wir den betreffenden Namen unbedingt aus einer ande­ ren Stelle zuverlässig kennen müssen. Da die Personennamen zum besseren Verständnis der eth­ nischen Situation der Gegend dienen sollen, versteht es sich von selbst, dass nur Namen von einheimischen Leuten (einschliess­ lich der Griechen der Städte der nördlichen Schwarzmeerufer) behandelt werden. Die Namen der Fremden, durch welche Kul­ tureinflüsse illustriert werden können, kommen abgesondert zur Besprechung. Mit Ausnahme der griechischen Namen ist es sehr nützlich, die geographische Verteilung der Personennamen zu beobachten. Zu diesem Zwecke werden die Belege nach der Stätte, wo die Inschrift 9

gefunden wurde, abgesondert angeführt, und zwar in fünf grossen Absätzen von Westen nach Osten: die Belege aus Olbia, einge­ schlossen diejenige aus Tyras (hier sind so wenige Inschriften ge­ funden worden, dass es nicht nötig ist, einen besonderen Absatz ihnen zu widmen; ihre Provenienz ist aber ausdrücklich bezeichnet); die Belege aus Chersonesus Taurica; die aus Panticapaeum (in demselben Absatz auch die aus Theodosia und Nymphaeum, aus denselben Gründen und unter denselben Bedingungen wie es bei den Belegen aus Tyras war); die Belege aus Phanagoria, Gorgippia und anderen Städten der Tamanischen Halbinsel wer­ den in einem Absatz Bospori ora Asiatica angeführt, selbstver­ ständlich mit Angabe des genauen Fundortes; schliesslich die Be­ lege aus Tanais. In jedem geographischen Absatz sind die Namen nach den gram­ matischen Formen geordnet; unter den Formen sind die unbe­ schädigten Belege voraus-, die beschädigten nachgestellt; in diesen Kategorien ist der chronologische Gesichtspunkt durchgeführt. Das ist durch den Umstand möglich gemacht worden, dass manche Inschriften datiert werden können, einige von ihnen sogar nicht nur auf das Jahrhundert, sondern bis auf das Jahr. Man darf aber nicht vergessen, dass es sich in unserer Untersuchung nicht um die Entstehungszeit der Inschriften handelt, sondern um die Menschen, deren Namen wir lesen und welche stets eine längere Zeit vor der Entstehung der Inschrift gelebt haben. Es wird der ganze Name des Mannes angeführt, weil es von ho­ hem Interesse ist, zu verfolgen, wie Namen verschiedener ethni­ schen Zugehörigkeit in derselben Familie benützt werden. Ueberhaupt sollte es eine Forderung der Personennamenforschung sein, dass die Namen nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit den Namen der ganzen Familie behandelt werden. Nur im ersten Kapitel wird am Anfang jedes Paragraphen der eben behandelte Name in dem (manchmal unbelegten) No­ minativ angeführt. In den anderen Kapiteln wird nur das tat­ sächlich vorhandene Material geboten, auch wenn der behan­ delte Name nicht im Nominativ belegt ist, damit Räum erspart ■werde; Sollte man in. Verlegenheit sein, wie der Nominativ ip W

einem solchen Falle anzusetzen ist, da genügt es, den betref­ fenden Namen im Register nachzuschlagen, wo stets der No­ minativ angeführt wird. In der Einleitung werden historische Quellen kurz besprochen. Die Aufgabe dieser Einleitung ist nicht, die Geschichte der nörd­ lichen Schwarzmeerküste eingehend zu schildern, sondern nur den Leser über das für die ethnische Situation Wichtige zu informieren, so dass die weitere Untersuchung den Hintergrund der historischen Tatsachen habe. Damit Wiederholungen vermieden werden, hat das Buch keine Schlusszusammenfassung. Der Ueberblick über die ethnische Si­ tuation wird aber durch die Lektüre der Schlussparagraphen jedes Kapitels gewonnen (mit Ausnahme derer, welche die Lautentsprechungen enthalten), allerdings im Zusammenhang mit denjenigen Teilen der Einleitung, welche dort angeführt werden. Es sei mir auch erlaubt zu sagen, dass ich die Behandlung der thrakischen und der Kindernamen für nur vorläufig halte. Eine eingehendere Untersuchung würde weit grössere Material­ sammlungen zur Grundlage haben müssen. Die zweite Hälfte dieser Aufgabe wird in dem Buche über die kleinasiatischen Eigennamen in Agriff genommen, das ich jetzt vorbereite. Zum Schluss noch eine Bemerkung. Das Buch Vasmers (vrgl. § 37, S. 58) war die bisher grösste Sammlung der Namen. Aber nicht alle seine inschriftlichen Belege sind in dem vorliegenden Buche zu finden, und zwar weil sich die Lesarten geändert hatten. U. z. Πανηιος IPE IV, 26: aus IPE I2, 185 wissen wir, dass ein Buchstabe fehlt: Πα.νηιος. Das macht auch die Ety­ mologie Vasmers hinfällig. Ebenso Αμωμαιος I1, 50: jetzt Αμω[ρο]μα[ρ]ος P, 80. Weitere solche Fälle werden an den be­ züglichen Stellen besprochen. Ich muss auch gestehen, dass ich die von Vasmer angeführ­ ten Namen Α^αλ^ος, Ασττουρλειδης, Σταυακο$ weder an den von ihm angegebenen Stellen (II, 402; 430; 454), noch über­ haupt anderswo finden kann. In diesem Zusammenhang will ich bemerken, dass ich einige Namen als griechisch auffasse, welche von Vasmer (und seinen II

Vorgängern) für iranisch galten. So wurde Μάη$ (Gen. Motéouç P, 104, 12; IV, 285; Vok. Μάη IV, 318; IV, 319; IV, 472) als iranisch interpretiert (Vasmer 42: aw. mäyu- „geschickt“; Miller IAK 47, 87: oss, mäyä „Mond“); der Name ist aber in Griechenland so oft belegt und er kann durch den Zusammen­ hang mit MS (§ 1068) so gut gedeutet werden, dass er sicher griechisch ist. Aehnliches gilt von Euioç II, 448 und Φάραδος I2, 283. Mehr verwickelte Fälle werden unten besprochen werden. Der Abhandlung kam zugute das liebenswürdige Interesse meines Lehrers und Freundes Dr Otakar Klima, dem ich — von allem anderen abgesehen — für manchen Rat in Dingen der awestischen und mitteliranischen Orthographie zu Dank verpflichtet bin.

Prag, Jänner 1954. L. Z.

Γ2

EINLEITUNG

§ 1. Aus den verschiedenen Ueberlieferungen, die wir über die

nördliche Schwarzmeerküste bei den klassischen Autoren lesen1, fällt in die älteste Zeit die merkwürdige Nachricht des Plinius des Aelteren Nat. hist. VI, cap. 5 (7), § 20: Oppidum in Tanais quoque ostio. Tenuere finitima primum Cares, dein Clazomeni et Maeones, postea Panticapaeenses. Diese Nachricht, dass die Gegend um die Mündung des Tanais (Don) einst den Karern gehört haben soll, steht nicht ganz isoliert da; dasselbe hören wir über andere Ort­ schaften hauptsächlich an der Südküste des Schwarzen Meeres, namentlich über Kios (Scholia in Apoll. Rhod. I, 1177: ... τήν Κίον έστι δέ πόλ'ς Μυσίας ... κατώκησαν δέ αύτήν πρώτον Μυσοί, έπειτα Κάρες, τρίτον Μιλήσιοι) und Amastris (Scholia in Apoll. Rhod. 11,941: τό δέ Σήσαμον μετωνομάσ^η ’Άμαστρις άπό Δαρείου αδελφού -θυγατρός· έκλή·9η δέ τήν αρχήν άπό του σήσαμον λαβεϊν παρά Καρών άντί τής χώρας βουλομένων κτίσαι τήν πόλιν). Aehnliches kann aus dem Ortsnamen Καρών λιμήν (zwischen Tomi und Odessos) und dem Namen des Hinterlandes dieser Stadt Kapia(Arrian,Peripl. 24, 3; Melali,2;Anonymus, Peripl. 101 [75]) geurteilt werden.

1 Sie sind von Basilius Latyschew, Scythica et Caucasico e veteribus scriptoribus Graecis et Latinis collegit et cum versione Rossica edidit B. L., I—III, Sanktpeterburg 1893—1900, gesammelt worden. Neues aus den Papyri in dem quellengeschichtlichen Teile des Buches von Μ. Rostow­ zew, Skythien und der Bosporus, Berlin 1931. Ueber assyrische Quellen s. unten, § 3, Fussnote 5.

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§ 2. Schwierig ist die Frage, inwiefern wir der Nachricht des Plinius Glauben schenken sollen. Abzulehnen wäre ein Versuch, archaeologische Aehnlichkeiten, welche von Jessen (Kolonizacija S. 51 und die dort verzeichneten Stellen) als Beweis eines Verkehres der Aegäis mit der Nordküste des Schwarzen Meeres festgestellt werden, mit der behandelten Nachricht in Zusammenhang zu brin­ gen. Selbst wenn wir die Aehnlichkeiten annehmen und einen direk­ ten Verkehr voraussetzen (was erstens nicht der Fall sein muss und zweitens nicht unbedingt die Anlage von Kolonien erfordert), wäre die Annahme eines Zusammenhanges schwierig, weil die archaeologischen Zeugnisse des Verkehres in eine wohl viel ältere Zeit zu verlegen sind (nach Jessen 1. 1. ins zweite oder gar dritte vorchristliche Jahrtausend). Es bleiben also nur allgemeine Erwägungen übrig, sich in dieser Frage zu entscheiden. Diese bringen Rostovcev2 zu einer bejahen­ den Antwort. An der Glaubwürdigkeit der Nachricht des Plinius hält auch Gaj duke vie3 fest; dieser hält es sogar für wahrscheinlich, dass die Karer mehrere Handelsbasen in diesem Gebiete hatten. Weil wir aber darüber nichts Sicheres wissen, empfiehlt es sich wohl viel mehr, den zurückhaltenderen Standpunkt von Minns4 einzu­ nehmen, welcher die Frage als vorläufig unentschieden offen lässt. § 3. Eine chronologisch zweite Gruppe von Nachrichten, welche die von uns behandelte Gegend betreffen, spricht über die Kimme­ rier, ein Volk, über dessen Existenz schon Homer eine dunkle Kenntnis hat. (Od. XI, 14 sqq.; er lokalisiert sie in der Nähe des Einganges in die Unterwelt, in eine Landschaft, wo sich die Sonne nie sehen lässt). Nach Herodot (IV, 11) hielten die Kimmerier vor der Ankunft der Skythen das ganze Gebiet östlich von Tyras (Dnjestr). Sie sind gezwungen worden, vor dem Drucke der Skythen (welche selbst den Massageten wichen) dieses Gebiet zu verlassen,

2 Iranians 61 sqq. mit Literatur S. 228. 8 Carstvo 15. 4 Scythians and Greeks 437.

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und fielen in Kleinasien und darüber hinaus ein.5 Ueber den Weg dieses Einfalles sind wir durch zwei Traditionen unterrichtet. Hero clot (1. 1.) lässt sie östlich vom Schwarzen Meere, westlich vom Kaukasus gehen; dagegen Strabo (1,3,21 = I, 61 Cob.)6 lässt sie westwärts dem Drucke der Skythen weichen, mit den Trerern vereinigen und über den Bosporus in Kleinasien einfallen. Wenn man die Grösse des von den Kimmeriern besetzten Gebietes nicht vergisst, kann man annehmen, dass der Einfall auf beiden Wegen vor sich gehen konnte: zuerst wichen die östlicheren Kimmerier durch den Kaukasusweg, dann die westlicheren über Thrakien und die Meeresengen aus.7 Es kann als wahrscheinlich betrachtet werden, dass als Datum für den Einfall der Skythen das achte vorchristliche Jahrhundert anzunehmen ist. § 4. Trotzdem, dass die Ueberlieferung über die Kimmerier halb mythenhaft ist,8 wäre es wohl unrichtig, an ihrer historischen Exi­ stenz an der Nordküste des Schwarzen Meeres zu zweifeln (so 5 Nachrichten über die Kimmerier (und Skythen) aus assyrischen Quellen sind von Μ. Streck, Assurbanipal I—III, Leipzig 1916, namentlich I, S. GGGLXXI—GGGLXXVI zusammengestellt worden. Hier auch reichhaltige ältere Literatur; dazu die Literatur bei Rostovcev, Iranians 225 sq. 6 Das ist den Worten οϊ τε Κιμμέριοι, ονς καί Τρήρας όνομά^ονσιν, ή εκείνων τι έθνος, πολλάκις έττέδραμον τά δεξιά μέρη τον Πόντον καί τα σννεχή αύτοϊς, τότε μεν έτη Παφλαχόνας, τότε δε καί Φρύγας έμβάλλοντες κτλ. ... πολλάκις δέ καί οί Κιμμέριοι καί οι Τρήρες έττοιήσαντο τάς τοιαύτας έφόδονς zu ent­ nehmen, weil sie in einer anderen Weise nicht interpretiert werden können: um Einfälle in Phrygien machen zu können, müssen die Kimmerier ihr Hauptgebiet südwestlich von Tyras haben. Vrgl. auch Strabo XI, 2, 5=XI, 494: ούτοι (sc. οί Κιμμέριοι) δ’ εϊσίν οι τούς την μεσόγαιαν οίκονντας εν τοϊς δεξιοϊς μέρεσι τον Πόντον μέχρι Ιωνίας έπιδραμόντες. — Die thrakische Zugehörigkeit der Trerer ist einwandfrei festgestellt worden. 7 Aehnlich schon Minns, Scythians 41 ; er behauptet, dass nur der zentrale Kaukasuspass zu dem Zuge benützt werden musste, weil der der Küste entlang führende Weg für grössere Truppen unbrauchbar ist. — Grundlos und unwahrscheinlich ist die von Rostovcev (Skythien und der Bosporus S. 272) ausgesprochene Ansicht, dass der Zug der Kimmerier in umgekehrter Richtung vor sich ging: von Kleinasien nach Südrussland hin. 8 Homer und die aus ihm schöpfende oder seine Nachrichten entwickeln­ de Literatur.

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Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde III, 19 sqq.). Ihre An­ wesenheit in diesem Gebiete ist durch mehrere Ortsnamen ge­ sichert. Vrgl. Κιμμερικός Βόσπορος „die Strasse von Panticapaeum (Kertsch)“ (Strabo XI, 2, 5 = XI, 494®; Scymnus 873; Anon. Peripl. P. Eux. 50; Ptolem. V, 9, 6 und V, 18, 2; weitere Belege bei Pape-Benseler s. v.); Κιμμερική κώμη oder Κιμμερικόν (Strabo 1. 1.; Anon. Peripl. P. Eux. 50 und 51); Κιμμέριον ακρον im asiatischen Sarmatien Ptolem. V, 9,5; Κιμμέριον όρος Strabo VII, 4, 3 — VII, 309; Κιμμέρια τείχεα, Κιμμέρια πορθμήια Her. IV, 12). [Der Name Krim, russ. Krym gehört aber nicht zu dieser Sippe: er stammt aus dem Turkotatarischen; vrgl. die Literatur bei Vasmer, Iranier 4.] Gajdukevič (Corsivo 31) glaubt sogar, dass eine Gruppe von archaeologischen Funden, welche im Jahre 1934 auf dem alten Kimmerischen Bosporus ausgegraben wurden, den Kimmeriern zugeschrieben werden kann; nach Ebert (Südrussland 77) ist den Kimmeriern die ganze um 1000 v. Chr. in Südrussland herrschende Bronzekultur zuzuschreiben. Prinzipiell sind beide Annahmen nicht unmöglich, aber bei dem heutigen Stand unseres Wissens sind sie wohl doch nicht ganz sicher. § 5. Das Gesagte mag dazu genügen, dass wir die Kimmerier als eine vorhistorische und frühhistorische Bevölkerung der nörd­ lichen Schwarzmeerküste annehmen; es belehrt uns aber nicht über ihre ethnische Zugehörigkeit. An sprachlichen Ueberresten des Kimmerischen finden wir nur einige Eigennamen ihrer Fürsten, wie sie namentlich in den assyrischen Quellen angeführt werden.*10 Verhältnismässig am besten kann der Name Šandakšatru ver­ standen werden, da der zweite Teil des Namens wohl sicher mit aw. » Τό δέ Κιμμερικόν πόλις ήν πρότερον επί χερρονήσου Ιδρυμένη, Τον Ισθμόν τάφρω καί χώματι κλείουσα· έκέκτηντο δ’ οί Κιμμέριοι μεγάλην ποτέ έν τω Βοσπόρω δύναμιν, διόπερ καί Κιμμερικός Βόσπορος ώνομάσθη. Aehnliches bei Strabo VII, 4, 3 = VII, 309. i» Die Namen sind bei Vasmer, Iranier 5 zusammengestellt und einge­ hend erörtert worden. Dort auch die Literatur.

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xšaSra- η.,,Herrschaft“ zu vergleichen ist. Der erste Teil kann aber nicht eindeutig erklärt werden. Man könnte vergleichen aind. candra- „schimmernd, klar“ oder aind. sarda- „ruhig“; aber die iranischen Aequivalente dieser Wörter sind nicht bezeugt.11 Lautlich ferner liegen aw. zantav- m. „Landkreis, Landbezirk, Gau“11 12 und aw. spanta- „heilig“1314 . Noch schwieriger sind die zwei anderen Namen. Den Namen Tugdamme1* wollte Marquart15 als ein iranisches DuySamaesi„milchende Schafmütter habend“ erklären. (Aw. maêsï- f. „Schaf­ mutter“; άηγδα- belegt in Duy^ö.vä- f. Eigenname der Mutter ZaraSustras.) Vasmer (1. 1.) macht uns auf die Parallele des aw. Perso­ nennamens Dawrâ.rnaësï- „feiste, fette Schafmütter habend“ (Bartholomae, Wtb. 680) aufmerksam, ist sich aber bewusst, dass die griechische Form des Namens, Λύγδαμις (Strabo I, 3, 21 = I, 61; Hesychius s.v.; andere Belege bei Pape-Benseler s. v.) auch für andere Personen namentlich aus Westkleinasien (Belege bei Pape-Benseler s. v.) bezeugt ist und mit dem mysischen Ortsnamen Λύγδαμον verglichen werden kann. Somit dürfte der Name eher für kleinasiatisch gelten. — Für den Namen Teuspa16 kann nur die Erklärung Μ ar quarts17 in Frage kommen, welcher iran. *taväspa- rekonstruierte (aw. tauah- n. „Vermögen, Kraft; Macht“ und aspa- m. „Ross“). Aber auch diese Erklärung lässt den Vokalismus von Teuspa unbeachtet (so schon Vasmer, Iranier 6). An Čaišpiš, griech. Τεΐσττης zu denken wäre verwegen, weil im Assyrischen das č mit š dargestellt sein würde (Vasmer 1.1.). Zusammenfassend kann man sagen, dass der Versuch nicht un­ möglich wäre, die Namen einiger kimmerischen Fürsten durch das 11 Vasmer, Iranier 5; vrgl. auch Minns, Scythians 42. 12 Lehmann-Haupt bei Pauly-Wissowa XI, 1, Sp. 424. 13 Marquart, Untersuchungen I, 236; II, 105 und Hüsing, KZ 36, 1888, 565 sqq. 14 Streck, Assurbanipal II, 281; Winckler, Altorient. Forschungen I, 485. 15 von Vasmer I. I. zitierte Mitteilung. 16 Streck, Assurbanipal I, CGGLXXII, Anm 3. 17 Untersuchungen II, 106 Anm. Personennamen 2

Iranische zu erklären. Man darf aber nicht vergessen, dass selbst wenn diese Versuche mehr erfolgreich sein sollten, dürfte es kaum ausschlaggebend für die ethnische Zugehörigkeit der Kimmerier sein (so schon Vasmer, Iranier 1. 1. und Reallexikon der Vorge­ schichte XII, 236). Wir werden noch mehrere Male sehen, dass die „dynastischen“ Namen wenig für die ethnische Zugehörigkeit des Volkes bedeuten. Die von Streck18 ausgesprochene Beobachtung, dass die Kim­ merier nicht selten mit den Skythen in den assyrischen Quellen ver­ wechselt werden, welche ihm als Grundlage einer Annahme dient, dass die Skythen und die Kimmerier „gewiss zwei miteinander sehr nahe verwandte Völker“ waren, darf nicht so sehr überschätzt werden. Vrgl. die häufigen Missbräuche der Namen Σκύ·9αι, Σαρμάται für verschiedene Völkerschaften bei den klassischen Autoren (darüber unten § 9). Der Begriff der ethnischen Zugehö­ rigkeit war bei den Alten überhaupt nicht so scharf ausgeprägt wie bei uns. [Rostovcev (Iranians 39) spricht offenbar nur von den klassischen Autoren, wenn er sagt, dass die Kimmerier nie mit den Skythen verwechselt werden; Vasmer (Iranier 6) glaubt im Gegen­ teil mit Unrecht, dass bei Strabo I, 3, 21 = I, 61 die Kimmerier mit den Skythen verwechselt sind.] § 6. Wenn es also keine sicheren Grundlagen für das Feststellen der ethnischen Zugehörigkeit der Kimmerier gibt, bleiben nur allgemeine Erwägungen übrig. Minns (Scythians 115) und J. Harmatta (Archaeologiai Èrtesitô 7—9, 1946—1948, 79—132) glau­ ben, dass die Kimmerier iranischer Herkunft waren; erst nach dem Rückzüge eines Teiles von ihnen nach Westen sind sie durch die Verbindung mit den zweifellos thrakischen Treren auch thrakisch geworden. Einen ebenso mittleren Standpunkt nimmt LehmannHaupt (Pauly-Wissowa XI, 1, Sp. 422 sqq.) ein. In seiner Auf­ fassung standen die Kimmerier ethnisch zwischen den Thrakern und den Iraniern. Sie bewahren die gemeinsamen Elemente aus einer Zeit vor der definitiven Entwickelung des Iranischen und des 18 Assurbanipal I, CCCLXXIV Fussn. 3.

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Thrakischen. (L. 1. Sp. 397 betrachtet aber Lehmann-Haupt die Kimmerier als Thraker schlechthin.) Andere Forscher versuchen es lieber, die Kimmerier mit den Thrakern zu verknüpfen; denn wie die Iranier im (Süd)osten, sind die Thraker im (Süd)westen des kimmerischen Gebietes die bekann­ te ethnische Einheit und die Kimmerier können als Ausläufer dieser oder jener Gruppe gelten. Diese von Duncker ausgesprochene und dann von Tomaschek weitergebildete These wird angenom­ men von Niederle (Slovanské starožitnosti I, 217; mit reichhaltiger Literatur); Ebert (Südrussland 77); Rostovcev (Iranians 13 und 39 sqq); Gajdukevič (Carstvo 347). Unentschieden bleibt Kallistov (Pricernomor'je 19sq.).Er ver­ mutet auch, dass Kimmerier der erste Sammelbegriff auf diesem Gebiete sind. Ueber Personennamen vermutlich kimmerischer Herkunft, welche in den Inschriften der Städte der Nordküste des Schwarzen Meeres belegt sind, vrgl. unten §§ 571—581, 584. § 7. Ausserdem wurden verschiedene Hypothesen ausgespro­ chen, welche die Kimmerier als Mongolen, Finnen, Kaukasier oder ähnliches beweisen wollen. Bestens begründet ist die Identi­ fikation Κιμμέριοι = Κίμβροι, welche nicht nur von Poseidonios (bei Strabo VII, 2,2 = VII, 293: Ταϋτα δε δικαίως επίτιμα τοϊς συγγραφεΰσι Ποσειδώνιος καί ου κακώς εικάζει, διότι ληστρι­ κοί δντες καί πλανήτες οι Κίμβροι καί μέχρι των περί τήν Μαιώτιν ποιήσαιντο στρατείαν, άπ’ εκείνων δε καί ή Κιμμέριος κλη·9είη Βόσπορος, olov Κιμβρικός, Κιμμερίους τούς Κίμβρους όνομασάντων των Ελλήνων), sondern auch von Ridgeway (The Early Age of Greece, Cambridge 1901, I, 390) und (mehr vorsichtig) Bury (Klio 6, 1906, 79) vertreten ist, weil sie sich wenigstens auf die Aehnlichkeit der drei anlautenden Buchstaben stützt. Literatur zu diesen Identifikationen bei Niederle (Slovanské starožitnosti I, 219 mit Fussn. 2); Minns (Scythians 41 und 436); Vasmer (Iranier 6 sq.). Wenn wir diese Hypothesen ablehnen, dürfen wir nicht ver­ gessen, dass es unsere tatsächliche Unkenntnis der Verhältnisse nördlich von dem Gebiete der Kimmerier ist, welche den Spekula­ 19

tionen freien Weg lässt. Eine Annahme, dass die Kimmerier über­ haupt zu keinem bekannten Stamme gehörten, wäre an sich ebenso möglich. § 8. Das ehemals von den Kimmeriern beherrschte Gebiet wurde

also von den Skythen etwa im VIII. Jahrhundert v. Chr. besetzt; ein Teil der Skythen fällt sogar auch nach Vorderasien ein (vrgl. L. Piotrowicz, L’invasion des Scythes en Asie antérieure au VIIe siècle av. J. C., Eos 12, 1929, 473—508). Die einzelnen Stämme der Skythen und ihre Gebräuche sind im vierten Buche von Hero dot beschrieben; weitere Nachrichten sind in den verschiedensten klassischen Autoren zu finden: sie sind in Latyševs Scythica et Caucasica (vrgl. oben, S. 13, Fussn. 1) zusammengestellt.19 Die ethnische Zugehörigkeit der Skythen war lange fraglich; sie wurden für Slawen, Kelten, Germanen, Mongolen u. a. gehalten. Zu dieser Gruppe der abzulehnenden Hypothesen gehört auch die Annahme von Artamonov, VDI 1947, 3, 80, dass das Skythische als eine eigene Gruppe von indogermanischen Sprachen aufzufassen ist, welche nicht zu dem Sarmatischen gehört, sondern dem Thrakischen ähnlich war. Die beste und heute allgemein angenommene Theorie, welche auf Kaspar Zeuss (Die Deutschen und ihre Nach­ barstämme, 1837, S. 275—302) zurückgeht, fasst die Skythen als Iranier auf. (Die gewaltige Literatur zu dieser Frage ist bei Niederle, Slovanské starožitnosti I, 512 sqq., Minns, Scythians and Greeks 97 sqq. und Vasmer, Iranier 22 sq. zusammengestellt; bei Niederle und Minns auch eingehende Diskussion des Problems.) Als Hauptbeweis sind die von Hero dot überlieferten skythischen Eigennamen zu betrachten, welche ziemlich zahlreich sind und welche entweder aus dem Iranischen her, oder überhaupt nicht gedeutet werden können. Vrgl. unten § 527; 524. Dazu kommen die Zeugnisse der klassischen Autoren, welche 19 Ausgezeichnete quellenkritische Studien sind: Rostowzew, Skythien und der Bosporus (Teil 1), Berlin 1931 und Harmatta J ános, Forrástannulmányok Herodotos Skythika-jához — Quellenstudien zu den Skythika des He­ rodot. (Magyar—Görög tanulmányok, ΟΥΓΓΡΟΕΛΛΗΝ1ΚΑΙ ΜΕΛΕΤΑ1 ed. Moravcsik Gy., 14), Budapest 1941.

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zwar nicht wörtlich genommen werden dürfen, aber doch in ihrem Tenor zeigen, dass die skythisch-iranischen Zusammenhänge und Aehnlichkeiten nicht unbeachtet blieben. Es sind vor allem fol­ gende Stellen: Curt. IV, 12, 11: Parthyaeorum deinde gens, incolen­ tium terras, quas nunc Parthi Scythia profecti tenent; Curt. VI, 2, 14: Scythae, qui Parthos condidere; Amm. Marc. XXXI, 2, 20: Persae, qui sunt originitus Scythae; lustin. XXXXI, 1,1: Parthi... Scytharum exules fuere; luštin. XXXXI, 2, 3: Sermo his (Parthis) inter Scythicum Medicumque medius et utrimque mixtus; Schol.Bernense in Lucani Bell. Civ. I, 553: Parthi ab Scythia habent originem (nach Vasmer); Steph. Byz. s. v.: Παρθυαϊοι έθνος πάλαι μεν Σκυθικόν κτλ.; Eustath.in Dionys. Perieg. 304: ΤούςδέΠάρθους καί ΓΤαρθυαίους καλοΰσί τινες καί φυλον είναι φασι Σκυθικόν. § 9. Aber trotzdem, dass die iranische sprachliche Zugehörigkeit der Skythen als gesichert gelten kann, bleibt der Begriff der Sky­ then doch nicht ganz ausgeprägt und namentlich nicht abgegrenzt. Die Schuld daran hat der Umstand, dass alle Völker, w’elche später in diese Gegend kamen, oder von ungefähr diesem Gebiete (in meist feindlicher Absicht) in Verkehr mit den Griechen und Rö­ mern kamen, mögen es sein die Sarmaten, Bastarnen, Goten, Hun­ nen, Slawen, Kumanen u. v. a., traditionsmässig als Skythen bei den klassischen und byzantinischen Autoren bezeichnet werden können.20 Der Umfang des Begriffes Skythen hat sich aber auch räumlich erweitert, so dass er für asiatische, wohl sibirische Völker gebraucht wurde; so z. B. Ephorus bei Strabo I, 2, 28 = I, 34: ... τό των Αϊθιόπων έθνος παρατείνειν άπ’ ανατολών χειμερινών μέχρι δυσμών, ή Σκυθία δ’ άντίκειται τούτω. Dieser Umstand wurde schon von Plinius, Nat. hist. IV, 12 (25), § 81 bemerkt: Scytharum nomen usquequaque transit (transi t Niebuhr) in Sarmatas atque Germanos nec aliis prisca illa duravit appellatio quam qui extremi gentium harum, ignoti prope ceteris mortalibus, degunt. ” Beispiele bei Latyšev, Scythica et Caucasico I, 651 sqq., 725 sqq., 736 sqq., u. a.; Besprechung mit Literatur bei Vasmer, Reallexikon der 'Vor­ geschichte XII, 237.

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Vasmer (Iranier' 8) hat also Recht, wenn er für einwandfrei skythisch nur das halten will, was bei Herodot oder noch älteren Schriftstellern als solches belegt ist. Bei späteren Autoren ist schon immer die Möglichkeit der Verwechselung vorhanden, in der Zeit unmittelbar nach Herodot in erster Linie mit den Sarmaten, weil sie die weiland skythische Gegend besetzten. Darüber unten §§ 15,16. § 10. Die Unsicherheit, welche den Begriff Skythen betrifft, muss aber noch weiter gehen. Aus dem Ausspruche Herodots (IV, 81): πλήθος δέ τό Σκυθέων ούκ οϊός τε έγενόμην άτρεκέως πυθέσθαι, άλλα διαφόρους λόγους περί του αριθμού ήκουον· καί γάρ κάρτα πολλούς είναι σφεας καί ολίγους ώς Σκύθας είναι kann man nicht nur seine Unsicherheit über die Anzahl der Skythen erkennen, sondern auch mit Niederle (Slovanské starožitnosti I, 254) die Vermutung aussprechen, dass schon in Herodots Zeit ver­ schiedene nicht skythische Stämme zu diesem Sammelbegriffe gerechnet wurden, augenscheinlich weil sie in demselben Raume lebten. Niederle glaubt ,auch, dass man in Herodots Beschreibung der Skythen, ihrer Gebräuche und Lebensweise zwei Elemente unterscheiden kann (1. 1. 256 sq.). Man könnte wohl mit dem Ge­ sagten die Betrachtung von Rostovcev (Skythien und der Bospo­ rus 275; vrgl. auch S. 276 Fussn. 1) in Zusammenhang bringen, dass sich die skythische Kultur „fast ausschliesslich als Kultur der höheren, herrschenden Schichten der Gesellschaft darstellt“. Wollte man eine Hypothese über die ethnische Zugehörigkeit dieser von den Skythen überlagerten, vielleicht, aber nicht notwendigerweise a contrario kaum iranischen, aber als Skythen bezeichneten Stäm­ me wagen, so könnte man voraussetzen, dass es sich um Ueberreste der Kimmerier handelt, welche den Skythen nicht gewichen sind.21 Es ist aber überhaupt nicht ausgeschlossen, dass es sich um eine ganz andere Bevölkerung oder verschiedene Bevölkerungen han­ deln kann. Nichts Sicheres kann gesagt werden. Diese Voraussetzung, dass schon in Herodots Zeit der Begriff Skythen verschiedene ethnische Elemente umfasste, hat den Vor­ 21 Niederle, Slovanské starožitností 259 sqq.; Artamonov, VDI.1947,3, 72. Aehnliches bei Rostovcev, Iranians 42.

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teil, dass sie mit der älteren Bevölkerung rechnet, die doch in ihrer Gesamtheit vor dem Einfall der Skythen unmöglich fliehen konnte. Es handelt sich freilich um eine Hypothese, namentlich was die ethnische Zugehörigkeit der überlagerten Bevölkerung zu den Kimmeriern betrifft. [Was die ethnische Zugehörigkeit der von den iranischen Skythen überlagerten Bevölkerung betrifft, könnte man auch annehmen, dass es sich um Slawen handelte. N lederle selbst schwankte. An der eben angegebenen Stelle entscheidet er sich für die (thrakischen?) Kimmerier, weil er kein altes slawisch-iranisches sprach­ liches Lehngut findet, dagegen aber eine gewisse Promiskuität des thrakischen und des iranischen Elements. Darüber vrgl. unten passim. Aber in Slovanské starožitnosti I, 4 (1924), 23 stellt er die zwei Möglichkeiten nur nebeneinander und in Rukovět slovanských starožitností (Ausgabe von J. Eisner, Praha 1953), 32 gibt er schon Vorzug der Slawinität der betreffenden Bevölkerung. Er findet ein Argument in sl. korabh», das aus gr. καράβιον „Schiff“ entlehnt ist, so dass es wahrscheinlich zu sein scheint, dass die Slawen in alter Zeit in der Nähe des Griechentums leben mussten. Man muss aber gestehen, dass dieses Argument nicht eben schwerwiegend ist, weil solche Kulturwörter sehr oft durch Ver­ schiedene Umwege und in weiten Entfernungen wandern. Dazu ist auch das Beispiel ganz isoliert. Uebrigens ist diese Angelegenheit mit der Frage nach der Ur­ heimat der Slawen auf das Engste verbunden; zu diesem Problem vrgl. T. Lehr-Splawiůski, O pochodzeniu i praojczyznie Slowian, Poznan 1946, welcher die Slawinität der voriranischen Bevölke­ rung der nördlichen Schwarzmeerküste ablehnt. Vrgl. auch unten, das zu § 736 Bemerkte.] § 11. Noch in Herodots Zeit wohnen also an der nördlichen Küste des Schwarzen Meeres die iranischen Skythen, wahrscheinlich über ältere Bevölkerung überlagert. Die Grenzen ihres Gebietes sind nicht ganz sicher. Ueber den Norden gibt es keine eindeutige und namentlich lokalisierbare historische Nachricht; im Westen waren die Skythen im Umgang mit Olbia und darüber hinaus mit den Thrakern (vrgl. unten § 24, S. 43); im Süden ist die natürliche 23

Grenze die See: Herodot rechnet zwar die Halbinsel Krim nicht zu Skythien (IV, 99 und 100), aber man wird das so präzis nicht nehmen dürfen, weil später gerade die Krim zu einem Mittelpunkt der skythischen Macht wurde (vrgl. unten § 19) und selbst Herodot erzählt (IV, 28), dass die Skythen im Winter über die Strasse von Kertsch hin zu den Sinden (auf der Halbinsel Taman) mit ihren Wagen fahren können. Nur im Osten ist die Grenze des sky­ thischen Gebietes ziemlich einwandfrei gegeben: der (untere) Ta­ nais (heute Don) und die Westufer der Maeotis (des Asowschen Meeres) (Herodot IV, 21 und 57): weiter nach Osten leben schon die Sarmaten. § 12. Es sind mehrere Nachrichten klassischer Autoren vorhan­ den, welche bezeugen, dass die Sarmaten den Skythen nahe ver­ wandt waren und dass man sich ihrer iranischen Affinitäten be­ wusst war. Man vergleiche die folgenden Stellen: Her. IV, 117: φωνή δε oi Σαυρομάται νομί^ουσι Σκυθική, σολοικί^οντες αυτή άπό του αρχαίου, εττει ού χρηστώς έξέμαθον αύτήν αί ’Αμαζόνες (diese Nachricht ist um so wertvoller, als wir sehen, dass sie auf eine aetiologische Volkssage über den Ursprung der Sauromaten von den Amazonen angeknüpit ist; so schon Müllenhoff·, Deutsche Altertumskunde III, 104 = Monatsberichte 553). Weniger wertvoll sind folgende Stellen wegen des möglichen Einwandes, dass in ihnen der Termin Σκύθαι als ein Sammelbegriff benützt ist; von allen kann das aber unmöglich gesagt werden: Hippocrates, De aere, aquis, locis 17: έθνος Σκυθικόν, ο ττερί τήν λίμνην οίκεί την Μαιώτιν —. Σαυρομάται καλεϋνται; Diod. Sic. IV, 45, 4: ...των Σαρματών, οΰς ενιοι Σκύθας προσαγορεύουσι ; Strabo XI, 2, 1 = XI, 492: Σαρμάται, καί ούτοι Σκύθαι; Curt. VII, 7, 3: Scytharum gens... S armata rumque, ut quidam crediderunt, non fini­ tima, sed pars est. Ohne die Verwandtschaft der Skythen zu erwähnen, bezeugen die iranische Affinität der Sarmaten folgende Nachrichten: Plin. Nat. Hist. VI, 5 (7), § 19: Sarmatae, Medorum, ut ferunt, suboles; Diod. Sic. II, 43, 6: δύο μεγίστας αποικίας γενέσθαι... τήν δ’ εκ τής Μηδίας παρά τόν Τάναϊν καθιδρυθεϊσαν, ής τούς λαούς Σαυρομάτας όνομασθήναι; Solinus 15, 18: Sauromatas...

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quibus originem Medi dederunt; Mela III, 33: Gens (sc. Sarmatica) habitu armisque Parthicae proxima, verum ut caeli asperioris ita ingenii. Dazu die den sarmatischen Stamm der Alanen betreffenden Nachrichten: Flav. los., Bell. lud. VII, 7, 4: τό δέ των Αλανών έθνος, ότι μέν είσι Σκύθαι.... προτερόν που δεδηλώκαμεν; Luc. Τοχ. 51: ... ταυτα δέ έ'λεγεν ό Μακέντης (ein Skythe) όμόσκευος καί ομόγλωσσος τοϊς Άλανοίς ών. Κοινά γάρ ταΰτα Άλανοίς καί Σκύθαις κτλ. (Lucian kann nicht als eine ganz zuverlässige Quelle gelten, namentlich nicht was die Eigennamen betrifft; aber eine Angabe wie die angeführte kann nicht aus der Luft gegriffen sein, sondern sie ist wenigstens eine Wiederholung von etwas Be­ kanntem). § 13. Es muss gesagt werden, dass wir bei Herodot nur die Form Σαυρομάται lesen. Das erste Mal lesen wir die Form Σαρμάται als Ethnikon in dem Eigennamen Γάταλος ό Σαρμάτης (Polyb. 26, 6, 13); diese Form wird dann die allgemein benützte, auch im Lateinischen: Sarmatae. Die Form Σαυρομάτης lebt dann weiter als Personenname, namentlich unter den bosporanischen Königen; Σαυρομάται wird möglicherweise nur als eine Nachahmung von Herodot benützt. Auf der Verschiedenheit der Formen Σαυρομάται und Σαρμάται hat Rostovcev (Iranians 33 mit Literatur) eine Hypothese auf­ gebaut, dass man unter den zwei Formen auch zwei grundverschie­ dene Stämme verstehen soll, deren erster autochthoner, deren zwei­ ter iranischer. Herkunft gewesen wäre. Diese Hypothese verdient die allgemeine Ablehnung, welche ihr zuteil wurde. Man darf nicht äusser Acht lassen, dass die graphische Dar­ stellung namentlich der Stammnamen in den Texten variiert. So ist z. B. zu der Form Σαυρομάται auch die Nebenform Saurobatae in den Traktaten Origo gen. humani (ed. Frick Chr. min.) 140 und Excerpta lat. barbari 196 (aus Niederle, Slovanské starožitnosti I, 321 Fussn. 1) belegt. Bedeutungsvoll ist auch der Umstand, dass der Stammname Άλανοί auch die Nebenform Άλαυνοι hat, deren Authentizität sich auf die Existenz des Ortsnamens Άλαϋνον όρος stützt; es ist hier also dieselbe variation -a-: -ou- wie in den Formen Σαρμάται: Σαυρομάται zu finden. Die Gründe dieser Verschieden­ 25

heit müssen leider vorläufig unklar bleiben; sie könnten aber auch nur durch verschiedene Darstellungsversuche fremder Phoneme entstanden sein und in der Geschichte der Texte vergrössert worden sein. (Vrgl. auch § 533.) Die zwei Formen des Namens der Sarmaten haben schon im Altertum bedeutende Verwirrung verursacht. Lehrreich in dieser Beziehung ist das Sammelbuch des Plinius, wo verschiedene Auf­ fassungen der Namensverschiedenheit nebeneinander gefunden werden können: Nat. hist. IV, 12 (25), § 80: Sarmatae, Graecis Sauromatae neben VI, 5 (7), § 19: dein Tanain amnem gemino ore influentem incolunt Sarmatae, Medorum, ut ferunt, suboles, et ipsi in multa genera divisi. Primi Sauromatae etc. § 14. Ob zu Σαυρομάται auch die Συρμάται als Nebenform zu stellen sind, bleibt unsicher. Scylax, Periplus § 68 sagt, dass es in Europa am Tanais Συρμάται gab; und hinter dem Tanais sollen die Σαυρομάται leben (§ 70).2a Das spricht also gegen die Identi­ fikation, so wie der Umstand, dass Plinius Nat. hist. VI, 16 (18), § 48 die Syrmatae am Oxus hat. Im Gegenteil identifiziert Steph. Byz. (s. v.) die Συρμάται mit den Σαυρομάται (vrgl. unten § 15,3). Eine Entscheidung ist unmöglich, da in beiden Richtungen Ver­ wechselungen oder auch Interpolationen des Textes möglich sind. Literatur zu den Identifikationsversuchen ist bei Niederle, Slo­ vanské starožitnosti I, 321 Fussn. 1; Minns, Scgthians 118 zu finden. Noch mehr gewagt ist die Auffassung Rostovcevs (Iranians 114). Er identifiziert die Syrmatai mit den Sarmaten und glaubt sogar, dass Συρμάται die korrekte Form sei, welche unter dem Ein­ fluss von Σαυρομάται in die irreführende ΡοπηΣαρμάται geändert worden sei. Vrgl. auch Rostovcev, Skythien und der Bosporus 101. 22 § 68: Συρμάται έθνος· καί ποταμός Τάναις · ορίζει ’Ασίαν καί Ευρώπην. Die Syrmatai werden nach den Skythen aufgezählt; in diesem Sinne wird auch die Stelle emendiert, namentlich von Niebuhr: Συρμάται· έθνος κτλ. - § 70: Σαυρομάται. ΆποΤανάιδος δε ποταμού άρχεται ή ’Ασία, καί πρώτον έθνος, αϋτήςεστιν εν τφ Πόντω Σαυρομάται.

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§ 15. In der Zeit des Herodot gehört also das Land bis zum Tanais den Skythen, weiter ostwärts den Sarmaten. Diese überschreiten dann den Tanais und dringen immer weiter nach Westen vor. Es ist unmöglich, die Zeit dieser Bewegung genau festzustellen; es wird sich allerdings auch um einen längeren Prozess handeln (Niederie, Slovanské starožitnosti I, 322). Vasmer (Iranier 8; ähnlich Niederle 1. 1.) versucht, den Be­ ginn der Bewegung in das vierte Jahrhundert vor Chr. zu legen. Er stützt sich dabei auf drei Nachrichten: 1° Hippocrates (De aere, aquis, locis 17) erwähnt die Sarmaten (Sauromaten) um die Maeotis herum: καί περί μέντων εντή Άσίη ούτως έχει. έν δέ τή Ευρώπη έστιν έθνος Σκυθικόν, δ περί τήν λίμνην οίκεϊ τήν Μαιώτιν διάφερον των έθνέωντών άλλων. Σαυ­ ρομάται καλεϋνται. 2° Vasmer nimmt an, dass Scylax § 68 (vergi, oben, § 14) ihm die Sarmaten westlich des Tanais bezeugt; das kann man aber nicht ganz zuversichtlich gelten lassen : an der Stelle spricht Scylax von den Syrmatai und § 70 erwähnt er die Sauromatai ausdrücklich östlich des Tanais, d. i. nach alten Begriffen in Asien. 3° Auch die Nachricht bei Steph. Byz. (s. v.) Συρμάται, oi Σαυρομάται, ώς Ευδοξος πρώτω „ποταμόν του Τανάιδος Συρμάτας κατοικεϊν'' gilt in erster Reihe den Syrmatai, deren Identi­ fikation mit den Sarmatai nicht ganz sicher ist (vrgl. oben § 14.) Dazu kommt aber noch das Bedenken, dass man die Worte ποταμόν του Τανάιδος Συρμάτας κατοικεϊν wohl nicht zu extensiv interpretieren darf: es ist nicht unbedingt sicher, dass sie die Syrmatai'ausdrücklich auch westlich des Flusses bezeugen. Die beiden letzten Nachrichten sind mit dem heiklen Problem der Συρμάται auf das engste verbunden; dazu kommen noch text­ kritische Bedenken: die Stelle des Scylax 68 ist zweifellos ver­ derbt und mag sogar eine späte Interpolation sein (Minns, Scythians 118); in dem Sammelwerk des Stephanus Byzantius ist die diaskeuastische Tätigkeit an ziemlich zahlreichen Verwech­ selungen schuld. Es bleibt also nur die Stelle des Hippocrates übrig, welche, nebenbei gesagt, mehr für das fünfte als für das vierte Jahrhundert zeugen würde. Auch sie ist nicht ganz sicher, da es

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sich um kein geographisches Werk handelt, sondern um eine Schrift, welche den Einfluss des Klimas auf den Menschen beschrei­ ben soll. Und aus dem Umstande, dass die Sauromatai als ein skythischer Stamm ausdrücklich bezeichnet werden, dürfen wir schlies­ sen, dass die ethnischen Angaben nicht genau sind, d. h. dass die Vorlage der Schrift De aere, aquis, locis, welche für diese Informa­ tion benützt wurde, selbst keine zuverlässige Quelle war. Man kann also keine genügenden Belege für das vierte Jahr­ hundert als den Zeitpunkt des Ueberganges über den Tanais finden; im Gegenteil: das, was in diesen Nachrichten als sicher gelten darf, scheint vielmehr anzudeuten, dass wenigstens die grosse Masse der Sarmaten im IV. Jahrhundert jenseits des Tanais lebte. Die nächste Zeit bietet uns praktisch keine Nachrichten über unser Gebiet. Dieser merkwürdige Umstand wird von Minns (Scythians 118) wohl richtig dadurch erklärt, dass es eben der Uebergang der Sarmaten und die sich daraus entwickelnden Kämpfe waren, welche den Verkehr mit dem Hinterland der griechischen Städte erschwert haben. Diese Annahme findet ihre Unterstützung darin, dass die erste Nachricht, welche von den Sarmaten westlich vom Tanais spricht, nämlich Polyb. 26, 4 (6), 13: περιελήφθησαν δε ταϊς συνθήκαις, των μέν κατά τήν ] Ασίαν δυναστών Άρταξίας, ό τής πλείστης ’Αρμενίας αρχών, καί Άκουσίλοχος · των δέ κατά τήν Ευρώπην, Γάταλος ό Σαρμάτης- των δ’ αύτονομουμένων, Ήρακλεώται, Μεσημεριανοί, Χερρονησϊται, σύν δέ τούτοις Κυ^ικηνοί, uns ihren Herrscher Gatalos im Jahre 179 v. Chr. schon als ei­ nen Verbündeten anderer europäischen und asiatischen Herrscher um den Pontus Euxinus herum vorstellt. Das bedeutet also, dass im Jahre 179 v. Chr. die Macht der Sarmaten zwischen Borysthenes (Dnjepr) und Tanais (Don), wo Gatalos herrschte, schon ganz sta­ bilisiert war, und zwingt uns zu einer Voraussetzung einer vor­ angehenden Periode der Bewegung und der Kämpfe. Wir dürfen also das III. Jahrhundert v. Chr. als den Zeitpunkt des sarmatischen Angriffes über den Tanais betrachten. Ob wir mit diesem Ergebnis die Betrachtung von Rostovcev (Skythien 543), dass „am Ende des IV. Jahrhunderts, hauptsäch­ lich aber im III. Jahrhundert v. Chr., eine neue Serie von Kurgan28

gräbern beginnt mit verändertem Bestattungsritus und ganz neuem Grabinventar“, verbinden dürfen, entzieht sich meiner Beurteilung. § 16. Der Druck verschiedener Stämme der Sarmaten nach Westen wird dann fortgesetzt. Die besten Nachrichten verdanken wir Strabo, dem grossen Geographen aus der Zeit des Augustus, welcher freilich aus älteren Quellen schöpft. Strabo VII, 3,17 = VII, 306 nennt in seiner Beschreibung der Nordküste des Schwarzen Meeres als die ersten Sarmaten westlich vom Borysthenes (Dnjepr) die Ίά^υγες. Der nächste sarmatische Stamm weiter nach Osten sind nach Strabo (1. 1.) die 'Ρωξολανοί, welche zwischen dem Bo­ rysthenes und dem Tanais leben. Noch weiter nach Osten, zwischen Tanais und dem Kaspischen Meer, leben nach demselben Autor (XI, 2, 1 = XI, 492) die Άορσοί und Σίρακες, welche wohl auch zu den Sarmaten gehören (vrgl. auch § 214 und § 533). In der Zeit des Claudius sind schon die lazygen zwischen der Theiss und der Donau zu finden (Tac. Ann. XII, 29 und 30), die Rhoxolanen ziehen in ihr Gebiet, zur Donau und weiter nach We­ sten hin (Tac. Hist. 1,79).DieAorsen undSirakenwerden zu Nach­ baren des Bosporanischen Königreiches (noch 193 nach Chr. werden die Σίραχοι von Sauromates II. besiegt: IPE II, 423; [Tanais]). Im Osten erscheinen die Alanen: Plin. Nat. hist. IV, 12 (25), § 80 und. los. Flav., Bell. lud. VII, 7, 4: το δε των ’Αλανών έθνος ότι μέν είσι Σκύθαι περί τόν Τάναϊν καί τήν Μαιώτιν λίμνην πρότερόν που δεδηλώκαμεν. Die Alanen leben also östlich des Tanais und etwa am Hypanis (Kuban). Abgesehen von Einfällen nach Armenien, Medien und Kappadokien ziehen sie auch westwärts und erreichen in der Zeit des Marcus Aurelius die Donau (Historia Augusta, lui. Capitol., Marc. Ant. 22, 1). Die Alanen sind dann die Hauptmacht an der Nordküste des Schwarzen Meeres, und zwar bis zur Ankunft der Goten (III. Jahrhundert nach Chr.) und namentlich der Hunnen (IV. Jahrhundert nach Chr.). Durch den Anprall der Hunnen werden sie dann mit den Goten nach Westen hin geworfen. Literatur: Niederle, Slovanské starožitnosti I, 322 sqq. mit älterer Bibliographie 322 Fussn. 2) und 325 sq.; Minns, Scythians 117 sqq.; Rostovcev, Iranians 115 sqq.; 144 sqq.; Skythien 100 29

sqq. (Quellenschichtung); Ebert, Südrussland 109; Vasmer, Iranier 8; 23 sq.; Reallexikon der Vorgeschichte XII, 237; W. Μ. MacGovern, The Early Empires of Central Asia. A Study of the Scythians and the Huns and the Part they played in World History with Special Reference to the Chinese Sources, Chapel Hill, 1939 (Kompilation, was die Skythen betrifft); Gajdukevič, Carstvo 77; 298; S. A. Žebelev, VDI 1938, 1 (2); G. W. B. Huntingford, Anthropos 30, 1935, 785—795; F. Hanèar, Leipziger Viertelfahrsschrift für Südosteuropa 6, 1942, 232—252 (Archäologie; vorsichtig zu benützen); J. Wiesner, Forschungen und Fortschritte 19, 1943, 214—217 (Ethnographisches; vorsichtig zu benützen); S. Grakov, Skifi. Akademija Nauk USSR, Kijev 1947 (mir unzugänglich). J. Harmatta, Studies in the History of the Sarmatians. Budapest 1950. W. Brandenstein, Die Abstammungssagen der Skythen, WZKM 52, 1953, 183—211 (wichtig namentlich was die Namen betrifft). Zu dem Namen der Skythen vrgl. O. Szemerényi, ZDMG 101, 1951, 212 sqq. (mit der älteren Literatur, namentlich van Windekens, weichereine andere’Erklärung sucht); Szeme­ rényi fasst den Namen als „Schützen, Bogenschützen“ auf, vrgl. ahd. sciozzan, as. skeotan, aeng. scéotan, ais. skfóta „schiessen“, krimgot. schielen „mittere sagittam“. Zu dem Namen der Sar­ maten vrgl. oben, § 13 und unten, §533. Harmatta, Etudes Sla­ ves et Roumaines 2, 1949 (mir unzugänglich). Die Aufsätze von Brandenstein, Révue des études indoeuropéennes 3, 1943, und von Harmatta in Analecta Orientalia mem. A. Csoma de Kóros dicata, Budapest 1942, sind mir leider ganz unzugänglich geblieben. (Nur Auswahl.) § 17. In der Schilderung der Bewegung der Sarmaten nach Westen sind schon ihre Hauptstämme genannt worden. Wir kennen die Namen von mehreren anderen. Die Hauptquelle dafür ist Ptol. III, 5, 19—25 (die Stämme im sogenannten europäischen Sarmatien) und V, 9, 16—25 (die Stämme im sogenannten asiati­ schen Sarmatien); das bedeutet aber freilich nicht, dass alle hier genannten Stämme sarmatisch sein sollten: das Gegenteil ist die Wahrheit. Es mögen erwähnt werden die Ίοβαμάται (Scymnus 30

878: Μαιωτών γένος; Anon. Peripl. Ponti Eux. 45), welche von Ephorus bei Steph. Byz. (s. v.: Ία^αβάται, έθνοςπαρά Μαιώτιν, οϋς Σαυρομάτας φησίν ’Έφορος) unter der Form lazabatai als Sauromaten bezeichnet werden und welche also zu den sarmatischen Stämmen gehören können. Andere ähnliche Namen sind Ίαξαμότται Ptol. V, 9, 16 und 17; Ίξιβάται Hecat. apud Steph. Byz. s. v. Ίξομάται werden von Polyaen. VIII, 55 als ein maeotischer Stamm aufgefasst. Die Aehnlichkeit der Form erlaubt trotzdem die Annahme, dass alle diese Formen nur Nebenformen des Namens desselben sarmatischen Stammes sind.23 Eine solche Annahme ist nicht unmöglich, da die fremden Stammnamen schon im Munde verschiedener Informatoren entstellt, auf verschiedene Weise dargestellt und in der handschriftlichen Tradition verderbt werden konnten. Müllenhoff (Deutsche Altertumskunde III, 39) äussert sogar die Ansicht, dass Ίά^υγες nur eine jüngere Form dieses Namens ist; diese Hypothese wird von Minns (Scythians 121) angenommen. Die Form Ίά^υγες ist aber wohl doch zu entfernt, so dass wir einen Zusammenhang nicht annehmen dürfen. Wir müssen leider sagen, dass wir nicht einmal über die Haupt­ stämme der Sarmaten ausreichende Kenntnisse besitzen. Wir können also nicht ihre gegenseitigen Aehnlichkeiten oder Verschie­ denheiten charakterisieren und können auch keine Ansicht über das Alter dieser Stammverschiedenheiten äussern. Dazu kommt noch, dass von der Kaiserzeit an der Name Sarmatai auch zu einem geographisch-politischen Sammelbegriff wird, ebenso wie es bei dem Namen Skythai der Fall war. Dasselbe muss freilich in noch grösserem Masse für die kleineren, oder besser gesagt, weniger bezeugten Stämme gelten, welche angeb­ lich auch zu den Sarmaten gehören sollen. Es sind vor allem Stra­ bos Königliche Sarmaten und Urgoi (Strabo VII, 3, 17 = VII, 306: ... ή των Γετών έρημία, έπειτα οι Τυρεγέται, με-9’ οϋς οί Ίά^νγες Σαρμάται καί οί Βασίλειοι λεγόμενοι καί Ούργοι κτλ.). ’’Niederle, Slovanské starožitnosti I, 331; Minns, Scythians 120 sq.; da auch die Bibliographie.

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Bei den erstgenannten bietet sich sofort der Verdacht, dass es sich um eine Nachahmung des Namens der Σκύθαι βασιλήιοι von Herodot handelt. Wenn das der Fall ist, liegt die Möglichkeit auf der Hand, dass die Ούργοι eine Korruptel von Herodots (Σκύθαι) Γεωργοί ist. (Vrgl. Kramer in der Ausgabe zur Stelle und Nle­ derle, Slovanské starožitnosti I, 327 mit Fussn. 2; hier auch die Literatur.) Dagegen ist aber der iranische Stamm agra- ,,stark“ in den Personennamen aus diesem Gebiete nachgewiesen worden, und zwar mit Metathese gr > rg (vrgl. unten § 441). Es ist also wohl klar, dass wir äusser dem Gesamtbilde wenige sichere Erkenntnisse den historischen Nachrichten entnehmen können. § 18. Es versteht sich, dass der Druck der Sarmaten nach Westen nicht ohne Gegendruck verlief. Und wir sehen, dass sich die kon­ solidierte Macht der Geten, einer zu den Thrakern gehörenden Völkerschaft, unter König Βοιρεβίστας (Strabo VII, 3, 11 = VII, 303 sq.; Βυρεβίστας StraboVII, 3, 5 = VII, 298) nicht nur gegen Thrakien und die römischen Provinzen, sondern auch gegen den westlichen Teil der nördlichen Schwarzpeerküste wendet. Der grösste Erfolg Boirebistas in dieser Gegend war die Eroberung von Olbia (Dio Chrysostomus, Or. XXXVI, 4) um das Jahr 60—50 v. Chr. Nach Boirebistas Tode geht die grosse getische Macht zu Grunde. Man darf sich aber freilich nicht einmal vorstellen, dass während des Bestehens von Boirebistas Herrschaft die getische Macht auf diesem Gebiete auf längere Zeit stabilisiert war. Literatur: Minns, Scythians, 123; 464; Gajdukevič, Carstvo 312.

§19 .Auch den Skythen ist es für eine Zeit gelungen, sich dem

Drucke der Sarmaten erfolgreich zu widersetzen. Auf der Krim wird ihre Macht durch Skiluros konsolidiert (Strabo VII, 3, 17 — VII, 4, 7 = VII, 306—312 passim); dieser Herrscher gewinnt dann auch die Herrschaft über das ganze Land bis zu Hypanis (Bug), namentlich über Olbia, wo er sogar seine Münzen prägt. Er hat es auch versucht, die Stadt Chersonesus Taurica seinem Reich ein32

zuverleiben, wurde daran aber durch geschickte politische Manöver der Stadt verhindert. Die genaue ethnische Beschaffenheit des Reiches von Skiluros (zu seinem Namen vrgl. unten § 575) ist nicht bekannt; aus den sonderbaren Terminen wie Ταυροσκύθαι (Ptol. III, 5, 25 bezeugt sie neben dem Άχιλλέως δρόμος, also mehr der Mündung des Borysthenes zu) scheint aber hervorzugehen, dass es sich um keine einheitliche Bevölkerung handelte. Eines bleibt aber sicher: es ist unmöglich anzunehmen, dass alle Skythen vor dem Drucke der Sarmaten nach Westen gewichen sind. Skiluros ist nur der hervorragendste der Herrscher, welche in den letzten vorchristlichen Jahrhunderten die dagebliebenen Skythen be­ herrschten. Für unsere weiteren Untersuchungen ist es von Wichtig­ keit, zu konstatieren, dass namentlich durch das Reich des Skilu­ ros die Städte Olbia und Chersonesus Taurica von den Sarmaten isoliert waren. Doch aber nur für eine gewisse Zeit; denn unter Palakos, dem Sohne des Skiluros (Strabo 1.1.) geht das Reich zu Grunde. Es wäre aber unvernünftig anzunehmen, dass dadurch das skythische Element überhaupt aufgehört hat zu existieren. Wir haben Gründe zu der Annahme, dass im ersten Jahrhundert nach Chr. in der Krim wieder ein Reich aufgebaut wurde, und zwar auf den Grundlagen des Reiches von Skiluros. Und auch anderswo ist die Mehrheit der Skythen wohl auch nicht verdrängt, sondern über­ lagert und höchstens nur langsam assimiliert worden. Literatur: Niederle, Slovanské starožitnosti I, 332; Minns, Scythians 119; Ebert, Südrussland 341; Rostovcev, Iranians 117; Artamonov, VDI 1947,3, 73; Gajdukevič, Carstvo 300 sq. §20 .Äusser diesen verhältnismässig gut bekannten Stämmen gibt es aber noch andere, über welche wir nichts Sicheres sagen können. So steht es mit den Ταύροι auf der Taurischen Chersones (Krim). Es ist die berüchtigte, aus Euripides bekannte Bevölkerung der bergigen Teile der Halbinsel ; sie sind schon bei Herodot (IV, 99 und 100) belegt. Es gibt eine weit verbreitete Hypothese, dass die Taurer Ueberreste der kimmerischen Bevölkerung sind; äusser allgemeinen Erwägungen, welche uns zu der Annahme führen, und Personennamen 3

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der durch Erfahrung bestätigten Betrachtung, dass in abgelegenen Landschaften Reste sonst verschollener Bevölkerungen zu über­ leben pflegen, kann man keine positiven Beweise für diese Hypo­ these anführen. Sie muss also für möglich, sogar nicht unwahr­ scheinlich, aber ganz unsicher gelten. Noch bunter ist das Bild der Ostküste der Maeotis und der Küste des Sclrwarzen Meeres von der Strasse von Kertsch zum Kaukasus hin. Die Stämme, welche hier leben, werden unter dem Termin Μαιώται (Strabo u. a.), Morrai (Inschriften) zusammen­ gefasst. Das führt zu dem Verdacht, dass sie zu den Skythen und (oder) Sarmaten nicht gehören, sondern vom ethnischen Standpunkt aus etwas Besonderes sind. Man darf aber nicht vergessen, dass es sich wohl wieder um einen Sammelbegriff handelt, unter welchem möglicherweise verschiedenartige Stämme zu verstehen sind; manchmal wird auch ein Stamm, welcher sonst unter den Maeoten angeführt wird, neben ihnen erwähnt. Es werden zu den Maeoten gerechnet (Strabo XI, 2, 11 = XI, 495) Σίνδοι welche jenseits der Strasse von Kertsch lebten und welche schon von Hero dot (IV, 28) bezeugt sind, Δανδάριοι, Τορεάται, "Αγροί, Άρρηχοί, Τάρπητες, Όβιδιακηνοί, Σιττακηνοί, Δόσκοι und viele andere, unter ihnen die Άσπουργιανοί. Dazu aus den Inschriften Ψησ[σ]οι IPE II, 6 und 36; Δοσχοι IPE II, 347; Aufzählung der Stämme bei Latyšev, IPE II, S. VIII sqq. An der Küste des Schwarzen Mee­ res sind es die Τορέται (Scylax 73 und 74), Κερκέται, Σουαννοκόλχοι (Ptol. V, 9, 25), ’Αχαιοί, Ζυγοί, Ηνίοχοι, Μόσχοι, Φθειροφάγοι, Σοάναι, Κόλχοι (Strabo XI, 2, 14 = XI, 497). Zu vergleichen ist auch die Stelle Strabo XI, 2, 16 = XI, 498: ή δ’ αυτή Διοσκουριάς έστι καί αρχή του ισθμού του μεταξύ τής Κασπίας καί του Πόντου καί έμπόριον των ύπερκειμένων καί σύνεγγυς εθνών κοινόν· συνέρχεσθαι γουν εις αύτήν έβδομήκοντα, οί δε καί τριακόσια έθνη φασίν, οϊς ούδέν των όντων μέλει, πάντα δέ έτερόγλωττα διά τό σποράδην καί άμίκτως οίκεΐν ύπό αύθαδείας καί άγριότητος- Σαρμάται δ’ είσίν οί πλείους, πάντες δέ Καυκάσιοι. Es ist möglich, dass die Aspurgianoi kein eigentlicher Stamm sind. Die Uebereinstimmung mit dem Namen des bösporanischen 34

Königs Ασττουργος führt zu der Annahme (Latyšev, IPE II, S.XXXIX; Rostovcev, IAK 10, 15: aus Minns, Scythians 128 Fussn. 12), dass es entlassene Söldner oder überhaupt Ansiedler dieses Königs sind. Aber auch das Umgekehrte mag die Wahrheit treffen: der Name des Königs kann eben ein Ethnikon sein (seine Verhältnisse vor seiner Thronbesteigung sind ganz unklar). In diesem Falle wäre der Name des Stammes iranisch. Es gibt keinen Stützpunkt (ausgenommen der Versuch mit den Σίνδοι, vrgl. unten § 21) um eine Ansicht über die ethnische Zu­ gehörigkeit dieser Stämme zu gewinnen. Die Nähe des Kaukasus mit seiner Unmenge von Völkerschaften bietet die Möglichkeit, die Maeoten mit dem Kaukasus in einen Zusammenhang zu bringen (Minns, Scythians 115; Ebert, Südrussland 86). Positive Argu­ mente für die Hypothese gibt es nicht, ausgenommen die Aehnlichkeit der Namen der Κερκέται und der kaukasischen Tscherkessen (Minns, Scythians 128). Zu beachten sind auch die Σοάναι und die Σουαννοκόλχοι des Ptolemaeus, welche nach der Aufzählung etwa in dem heutigen Svanetien im Kaukasus leben mussten (Minns, Scythians 129). [Die Τορέται werden von Zucker, Studien zur Namen­ kunde vorhellenistischer und hellenistischer Zeit (vrgl. unten, § 101), S. 18 für einen illyrischen Stamm erklärt, und zwar auf Grund einer Aehnlichkeit mit illyrischen Namen wie Τόριμμος u. ähnl. Wohl nur Anklang.] Dass unter den Namen Uebersetzungen und volksetymologische Umbildungen zu finden sind, braucht nicht hervorgehoben zu werden (z. B. Φθειροφάγοι und ’Αχαιοί). § 21; Eine gewagte Hypothese wurde von P. Kretschmer (Anzeiger der philosophisch-historischen Klasse der Akademie der Wissenschaften in Wien, 80, 1943, 35—42) über die Sinden ausge­ sprochen. Dieser Stamm wird einigemal unter den maeotischen Stämmen, einigemal neben ihnen angeführt. Kretschmer nimmt nun an, dass es sich um einen Ueberrest der Inder handelt, die dann über den Kaukasus nach Indien gezogen sind. Er findet für seine Annahme drei Gründe:

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1° Bei Hesychios lesen wir: ΣίνδοΓ έθνος Ινδικόν κτλ. Aehnliches finden wir bei Herodot (IV, 28), wo man in den Hand­ schriften liest, dass während des Winters die Skythen über die mit Eis bedeckte Strasse von Kertsch (Βόσπορος Κιμμέριος) mit ihren Wagen hin πέρην ές τούς Ινδούς fahren können. Auch IV, 86 haben alle Handschriften τής Ινδικής. Die Emendation τούς Σίνδους und τής Σινδικής ist sehr leicht und zweifellos ganz sicher. Dass es sich in den Handschriften um eine Korruptel handelt, ist ganz klar; sie ist durch das Nebeneinander des auslautenden -Ç und des anlautenden Σ- entstanden. (Die Stellen werden auch von allen Herausgebern des Herodot emendiert. In der Hesychiusglosse handelt es sich um dasselbe, aber Μ. Schmidt hat in der Ausgabe des Hesychius die Erklärung nicht angenommen, doch die betreffen­ den Konjekturen angeführt.) Kretschmer selbst nimmt auch das Vorhandensein der erwähnten Korruptel an; ei ist aber überzeugt, dass sie „wahrscheinlich irgendwie mit dem Wissen um die indische Abkunft der Sinder, die vielleicht in einer Randglosse angedeutet war, zusammenhängt.“ Wir dürfen wohl sagen, dass die Beweiskraft dieses Argumentes eine sehr geringe ist, schon wegen der Unwahrscheinlichkeit einer und derselben marginalen Glosse in dem Text des Herodot und Hesychius, und einer solchen dunklen Kenntnis der Alten, von der wir sonst, die vorausgesetzten Randglossen ausgenommen, über­ haupt nichts bezeugt haben. Dagegen ist dieselbe Korruptel bei der­ selben Beschaffenheit des Textes annehmbar und wahrscheinlich. 2° Das zweite Argument für seine Hypothese findet Kretschmer in der Uebereinstimmung der Namen Σίνδοι und aind. sindhum., fern., „Fluss, Strom, der Indus, das am Indus gelegene Land, im Plur. dessen Bewohner“. Diese Uebereinstimmung ist nach Kretschmer desto schwerwiegender, dass die Σίνδοι hauptsächlich in den Nehrungen, Buchten, Lagunen, Seen, Sümpfen und Inseln der Mündung des Hypanis (Kuban) lebten, so dass eine Bezeich­ nung nach dem Flusse, „Flussbewohner“, ebensowenig überrascht, wie die Bezeichnung Sindhavas der Bewohner des Indus. Man muss gestehen, dass die Aehnlichkeit der beiden Bezeichnun­ gen wirklich eine bedeutende ist. Man kann gegen sie nicht die 36

Endung bei Σίνδοι ins Treffen führen, obgleich sie uns doch ge­ wissermassen überrascht. Die Aehnlichkeit darf aber nicht über­ schätzt werden. Schon beim ersten Nachschlagen in Pape-Ben­ seler finden wir folgende Ortsnamen: Σίνδα Stadt in Pisidien (Strabo XII, 7, 2 = XII, 570; XIII, 4, 15 = XIII, 630); genau derselbe Ortsname ist für das asiatische Sarmatien, d. h beinahe für unser Gebiet durch Ptol. V, 9, 8 und für Indien durch Ptol. VII, 2, 7 und Steph. Byz. s. v. belegt. Vrgl. auch den Namen Σινδία, Stadt in Lykien bei Hecat. apud Steph. Byz. s. v. Da diese Ortsnamen keineswegs mit den Wanderungen der vorhisto­ rischen Inder in Zusammenhang gebracht werden können, muss man einen zufälligen Anklang annehmen; und wenn man das in einem Falle tut, ist es auch für die Σίνδοι an der Hypanis-Mündung erlaubt und sogar geraten. 3° Der heutige Kubanfluss hiess im Altertum Άντικείτης oder 'Ύττανις (Strabo XI, 2, 9 = XI, 494). Im Mittelalter heisst der Fluss aber in der Kosmographie des Geographus Ravennas (Grundlage des Werkes gehört dem Ende des VII. Jahrhunderts nach Chr. an) IV 1 Cuphis, bei Nikephorus Gregoras I, S. 33, 14 Κωφήν (Akk. Κώφινα, Κώφηνα). Diesen Namen vergleicht nun Kretschmer mit aind. Kubhä, dem Κώφης des Strabo XV, 1, 26 und 27 u. a. = XV, 697, dem Κωφήν des Arr. An. IV, 22, 5 u. a., dem heutigen Kabul. Die Vergleichung ist m. E. abzulehnen, weil es zwischen dem indischen Κωφής—Κωφήν und dem Κωφήν — Cuphis in unserem Gebiete einen Unterschied von wenigstens sieben Jahrhunderten gibt. Kretschmer selbst will diese Schwierigkeit durch die Annahme überwinden, dass der altindische Name Cuphis für den skythischen Hypanis im Altertum latent geblieben sei. Diese Annahme ist, abgesehen von ihrer methodischen Schwäche, durch den Umstand hinfällig, dass, wie Kretschmer selbst zugibt, die Sinder früh von den Skythen und Griechen entnationalisiert wurden, und auch weil es eben die Jahrhunderte des beginnenden Mittelalters waren, welche eine gründliche Umwälzung der ethnischen Verhältnisse an der Nordküste des Schwarzen Meeres brachten, so dass an eine Wiederaufnahme einer alten, unterbrochenen Tradition überhaupt 37

nicht zu denken ist, im Gegenteil an das Auftreten neuer ethnischen Elemente, mitunter auch Namen. Es sei bemerkt, dass der Fluss, welcher heute Bug heisst, im Altertum auch 'Ύπανι$ hiess, was zu einer Unmenge von Verwirrun­ gen in den geographischen Angaben und Theorien der Alten ge­ führt hatte. Wenn nun auch dieser Hypanis im Mittelalter Κουφις heisst (Konst. Porph. De admin, imperio cap. 42, 179, 14 ό Κοΰφις ό καί Βογοΰ; so emendiert; handschriftlich ist belegt ό Koüφίς καί ό Boyoü) gibt es Kretschmer die Begründung einer An­ nahme, dass der Name eine noch ältere Wohnstätte der Sinder —■ Inder bezeugt. Zusammenfassend kann man also sagen, dass man die Kretschmersche Hypothese für unbewiesen halten muss, weil sie sich alles in allem genommen nur auf Aehnlichkeiten und Anklänge stützt, welche höchstwahrscheinlich in keinem inneren Zusammenhang stehen. (Zu vergleichen ist auch § 116.) [Wir sagen nicht, dass die Vorfahren der Inder in ferner Ver­ gangenheit hier nie leben konnten; eine solche Annahme wird aber m. E. durch die.Kretschmerschen Gedankengänge nicht bewiesen. Inwiefern sie an sich wahrscheinlich ist, mag hier dahingestellt bleiben. Aber: wir gewinnen nichts für die späten Sinder.] § 22. Weil wir letzten Endes alle Nachrichten über die Nord­ küste des Schwarzen Meeres den griechischen Ansiedlern als Ver­ mittlern verdanken, ist für uns von höchster Wichtigkeit die grie­ chische Kolonisation dieses Gebietes. Es wäre unnütz, hier den ganzen Vorgang schildern und erklären zu wollen; dazu vrgl. Minns, Scythians436 sqq.; Ebert, Südrussland 186 sqq.; Rostov­ cev, Iranians 61 sqq.; Gajdukevič, Carstvo 7 sqq., 26 sqq.; Kallistov, Pricernomor’je 49 sqq.; und namentlich Jessen, Kolo­ nizaci] a S. 50 sqq. (wo auch die ältere und allgemeinere Literatur angeführt ist). Wir werden uns hier nur kurz mit den Städten beschäftigen, in welchen Inschriften gefunden worden sind und welche daher im weiteren stets unsere Aufmerksamkeit erfordern werden. Was die Zeit der Gründung der Städte betrifft, wissen wir kaum etwas 38

Sicheres; in der Mehrheit der Fälle wird aber die Annahme des VII. oder VI. Jahrhunderts richtig sein. Die Griechen sind also bald nach den Skythen gekommen. Von Westen nach Osten handelt es sich um folgende Städte: An der Mündung des Tyras (heute Dnjestr) liegt die Stadt mit demselben Namen Tyras (heute Akkermari). Es scheint, dass sie früher Ophiussa genannt wurde und dass der Name Tyras von dem Flusse auf die Stadt übertragen wurde. Es ist eine kleine Kolonie von Miletus, welche nie einen grösseren Einfluss hatte. Die Zahl der in dieser Stadt gefundenen Inschriften ist gering, mithin auch die der Eigennamen. Literatur: Minns, Scythians 445 sqq.; A. N. Zograf, Kratkije soobščenija 8, 1940, 63—67. Ebenfalls milesische Kolonie ist die weit wichtigere Stadt Olbia. Sie lag im Liman des Hypanis (heute Bug) in der gemeinsamen Mündung des Hypanis und des Borysthenes (heute Dnjepr). Ihre Blütezeit war im V. und IV. Jahrhundert, später ist sie aber ver­ armt. Wir besitzen eine Schilderung der arm gewordenen Stadt von Dio Prusensis (Oratio Borysthenitica, Or. XXXVI), welcher diese Gegend um das Jahr 83 nach Chr. besuchte. Literatur: Minns, Scythians451 sqq.;Olbia, Band I, Kijev 1940 (mir unzugänglich). An der Westküste der Halbinsel Krim lag, wieder auf einer sekun­ dären Halbinsel versteckt, die Stadt Chersonesus Taurica. Sie ist eine dorische Kolonie der Heraclea Pontica an der Südküste des Schwarzen Meeres. Gelegen an einer abgelegenen Stelle, welche wenig Gelegenheit zu einem umfangreichen Verkehr mit dem Hin­ terlande bietet, hat die Stadt von allen Städten dieser Gegend die griechischen Gebräuche am längsten bewahrt (Plin. Nat. hist. IV, 12 (26), § 85: Chersonesus — Megarice vocabatur antea — in toto eo tractu custoditis Graeciae moribus). Literatur: Minns, Scythians 493 sqq.; G. D. Belov, Chersones Tavričeskij, Leningrad 1948 (Archäologie). An der Ostküste der Halbinsel Krim liegt die Stadt Theodosia (heute Feodosia). Diese milesische Kolonie war ursprünglich unab­ hängig; früh wurde sie aber vom Bosporanischen Königreiche un­ 39

terworfen, wahrscheinlich in der ersten Hälfte des IV. Jahrhun­ derts v. Chr. Literatur: Minns, Scythians 555; Gajdukevič, Carstvo 192sqq. Unweit von Panticapaeum an der Westküste der Strasse von Kertsch lag die kleine Stadt Nymphaeum (heute Gerojevka, früher El’tegen’). Es ist wahrscheinlich, dass die Stadt von den Athenern in der zweiten Hälfte des V. Jahrhunderts vor Chr. während der Expedition des Perikies in dieses Gebiet zur Sicherung der Getreide­ einfuhr besetzt, wenn nicht überhaupt gegründet wurde. Bald gelangte aber die Stadt unter die bosporanische Herrschaft. Literatur: Minns, Scythians 560 sqq.; Gajdukevič, Carstvo 174 sqq. Die weit wichtigste Stadt auf der Halbinsel Krim ist die milesische Kolonie Panticapaeum (heute Kertsch) an der Westküste des Kimmerischen Bosporos (die heutige Strasse von Kertsch) zwi­ schen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer. Die Stadt war der Sitz der bosporanischen Könige, welche die ganze Umgebung der Maeotis (des heutigen Asowschen Meeres) beherrschten. Literatur: Minns, Scythians 563 sqq.; Gajdukevič, Carstvo 154 sqq. Für die kleineren Städte in der Umgebung von Pantica­ paeum vrgl. Gajdukevič-Maksimovaja, Bosporskije goroda. I, Itogi archeologičeskich issledovanij Tiritaki i Mirmekija (Materiály i issledovanija po archeologii SSSR Nr. 25). An der Ostküste der Strasse von Kertsch lag die Stadt Phana­ goria, eine ionische Kolonie von Teos. Weiter östlich an der Küste des Schwarzen Meeres liegt die alte sindische Stadt, welche nach der Unterwerfung Gorgippia hiess (heute Anapa). Die beiden Städte sind, sowie die ganze Halbinsel Taman, früh vom Bosporanischen Königreiche unterworfen worden. Die in beiden Städten sowie an der Halbinsel Taman gefundenen Eigennamen sind in den geogra­ phischen Verteilungen in einem Absatz Bospori ora Asiatica verei­ nigt, freilich mit Angabe des genauen Fundortes. Literatur: Minns, Scythians 566; Gajdukevič, Carstvo 197 sqq., 215 sqq. In dem Delta des Tanais (heute Don) lag die alte Stadt Tanais. Wir hatten schon die Gelegenheit zu erwähnen (oben § 1), dass nach 40

Plinius diese Gegend von den Karern besetzt wurde; den Karern sollen dann die Klazomenier und Maeonen gefolgt sein. Jedenfalls ist die Stadt in vollhistorischer Zeit ein Teil des Bosporanischen Reiches und nach Strabo (XI, 2, 3 = XI, 493) soll sie gerade eine Kolonie von Panticapaeum sein. Ein Blick auf die Karte zeigt uns, wie exponiert die Lage diéser Stadt war. Literatur: Minns, Scythians 566; Gajdukevič, Carstvo 227 sqq.; Knipovič, Tanais. (Die von Knipovič, Tanais S. 117 edierte Inschrift aus Tanais wird neu gelesen und interpretiert von A. Salač, Listy filologické 75, 1950, S. 302 sqq.; seine neuen Lesarten betreffen aber nur die griechischen Namen, da die fremden von Knipovič richtig gelesen worden sind.) § 23. Es wäre ganz überflüssig, die Geschichte der Städte hier eingehend zu schildern. Vrgl. dazu die oben angeführte Literatur. Es mag hier genügen zu sagen, dass, während die Geschichte der westlichen Städte einen ähnlichen Verlauf hatte, wie die einer un­ abhängigen griechischen Polis, in Panticapaeum ein Königreich aufgebaut wurde, das den späteren hellenistischen Monarchien ähnelte. Abgesehen von der kurzen Dynastie der Archeanaktiden, über die wir nichts wissen (mit Ausnahme der Nachricht Diodors XII, 31, welcher zum Jahre 438/7 vor Chr. bemerkt: Κατά δέ την ’Ασίαν οί τοϋ Κιμμερίου Βοσπόρου βασιλεύσαντες, όνομασΟέντες δέ Άρχεανακτίδαι (var. lee. ’Αρχαιανακτίδαι), ήρξαν έτη δύο προς τοϊς τετταράκοντα- διεδέξατο δέ τήν άρχήν Σπάρτακος καί ήρξενέτη έπτά), beginnt die Geschichte des Bosporanischen Reiches mit dem eben erwähnten Spartokos (in den literarischen Quellen wird die Form Spartakos angegeben). § 24. Von den Spartokiden, welche höchstwahrscheinlich bis

in das erste vorchristliche Jahrhundert regierten, sind uns folgende bekannt (nach Latyšev, IPE II, S. XXXII; wir führen ihre Namen an, weil sie onomastisch lehrreich sind, namentlich was ihren Ur­ sprung betrifft): Σπάρτακος I. (438—432); Σέλευκος (432—429); Σπάρτοκος II. (?) (429—407?); Σάτυρος I. (407—387); Λεύκων 41

(387—347; seine Brüder hiessen Μητρόδωρος und Γόργιππος, dieser hatte eine Tochter Κομοσαρύη); Σπάρτακος III. (347—342) und sein Bruder Παιρισάδης I. (347—309: er heiratete die Κομο­ σαρύη; der dritte Bruder hiess ’Απολλώνιος); die drei Söhne des Παιρισάδης waren Σάτυρος II (309); Πρύτανις (309); Εύμηλος (309/ 8—303); Σπάρτοκος IV. (303—284); Παιρισάδης II. (284—?); Σπάρτοκος V.; Λεύκων II.; die dynastischen Verhältnisse der nach einem bestimmten Zeitraum folgenden Σπάρτοκος, Καμασαρύη, Άργότης und mehreren Παιρισάδης sind nicht ganz klar. Wir sehen, dass es sich hier um griechische und um ungriechische, und zwar thrakische (vrgl. das Weitere und unten § 582) Personen­ namen handelt. Weder über den Ursprung des Spartokos noch über die Art und Weise, in der er zur Oberherrschaft kam, sind wir im Klaren; wir müssen uns damit bescheiden, was aus seinem Namen erkannt werden kann. Abzulehnen ist die Ansicht Artamonovs (VDI 1949, Nr. 1, S. 34), dass der Name wegen des auch in den kaukasischen Sprachen belegten Suffixes -oko-, -okvo- „Sohn“ auch als kauka­ sisch aufgefasst werden soll. Der Name muss für thrakisch gelten, da er für Thraker, namentlich für den berühmten Führer des Skla­ venkrieges 24 gut belegt ist. Diese längst von den Forschern aner­ kannte Ansicht wird auch durch den Umstand unterstützt, dass auch die dynastischen Namen Καμασαρύη, Κομοσαρύη, Παιρισάδης thrakisch sind und also in dieselbe Richtung weisen. In derselben Weise ist das Vorkommen des Namens des mythischen Thrakers Εύμολπος zu bewerten (Gajdukevič, Carstvo S. 56). Problematisch bleibt nur, ob Spartokos ein fremder Ankömm­ ling (etwa ein Söldner?) war, oder der einheimischen Bevölkerung angehörte. Die erste Ansicht wird in neuerer Zeit von Ebert (Südrussland249) und Gajdukevič (Carstvo 55sqq.;hier auch die ältere Literatur, namentlich Žebelev) vertreten. Dagegen glaubt Rostovcev (Iranians 67), dass ein fremder Thraker nach dem Bosporus im V. Jahrh. überhaupt nicht kommen könnte, erstens 24 vrgl. die Belege bei Pape-Benseler s. v. 2). Tomaschek, Thraker II 2, 44 führt einige weitere thrakische Belege an.

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weil die Athener, welche das Gebiet unter ihren Einfluss zu bringen versuchten und welche die See beherrschten, ein thrakisches Heer nicht hinfahren liessen, zweitens weil auch der Weg auf dem Lande ausgeschlossen ist, da angeblich die Skythen seit ältester Zeit mit den Thrakern verfeindet gewesen sind und folglich sie nicht durch­ ziehen liessen. Daraus schliesst Rostovcev, dass Spartokos zur einheimischen Bevölkerung gehörte, und zwar zu der kimmeri­ schen, weil eben die Kimmerier (möglicherweise) Thraker waren (vrgl. oben § 6). Die ganze Konstruktion ist geistreich, aber ganz unsicher. Erstens: Die athenische Intervention dürfte nur ver­ hältnismässig episodisch gewesen sein und lässt also Raum für eine Berufung thrakischer Söldner seitens der bospora­ nischen Machthaber; es stünde sogar nichts im Wege einer Annahme, dass selbst die Athener thrakische Söldner nach dem Bosporus für ihre Zwecke gebracht haben. Auch sind skythisch—thrakische dynastische Berührungen sehr gut be­ kannt: schon Herodot (IV, 78 und 80) hat die Nachricht, dass der Skythenkönig Άριαπείθης eine Tochter des Thrakers Τήρης geheiratet hat. Sein Sohn Σκύλης flüchtete selbst nach Thrakien (Her. IV, 80). Weitere Belege für thrakisch—skythische Berüh­ rungen siehe bei Niederle, Slovanské starožitnosti I, 261 (mit der älteren Literatur). Zu diesem Gedankengange stimmt sehr gut die Betrachtung von Gajdukevič (Carstvo 55 und 495, Anmerkung 5), dass die Namen Spartokos, Pairisades nicht blosse thrakische Parallelen, sondern (auch) ausgerechnet Parallelen aus der thrakischen Dynastie der Odrysen haben. Vrgl. Βηρισάδης, Spardok. Damit sind Rostovcevs Einwände gegen die Annahme, dass Spartokos fremden Ursprungs war, erledigt. Da aber gegen den positiven Teil seiner Hypothese, nämlich dass Spartokos einhei­ mischen (kimmerischen) Ursprungs war, von vornherein keine unbe­ dingt gültigen historischen Gründe gestellt werden können, müssen die beiden Theorien vorläufig beinahe gleichwertig bleiben. Wir werden die Entscheidung in der Analyse und Untersuchung der thrakischen Personennamen, welche auf unserem Gebiete bezeugt sind (unten § 582 sqq.), zu finden versuchen. 43

§ 25. Das Bosporanische Reich hat sich unter den Spartokiden schnell vergrössert. Bald gehört zu ihm auf dei’ Halbinsel Krim Theodosia (um von vielen kleineren Städten nicht zu sprechen) und andere Gebiete in dem östlichen Teil der Halbinsel; der Haupt­ druck des Reiches geht aber über die Meeresenge hin und um das Asowsche Meer (die Maeotis) herum: die Stadt Tanais und die einheimischen Stämme (oben § 20) gehören zu dem Reiche, welches zentralistisch regiert wird. Zu bemerken ist, dass bis zu Spartokos IV. die Könige die Gefühle der griechischen Stadtbevölkerung schonten und den zwiefachen Titel αρχών Βοσπόρου καί Θεοδο­ σίας καί βασιλεύων Σινδών καί Μαιτών πάντων καί Θατέων (oder ähnlich) führten. Erst von Spartokos IV. an wird der Titel άρχων καί βασιλεύων oder nur βασιλεύς benützt (Latyšev IPE II, S. XXVI sq; bei Latyšev auch eine grundlegende und eingehende Interpretation aller Titel). § 26. Bedrängt durch die Skythen hat die Stadt Chersonesus Taurica Mithridates Eupator, den bekannten Herrscher von Pontos, zu Hilfe gerufen. Er leistete diesem Rufe Folge und sandte zuerst seinen Heerführer Diophantos, später aber kam er selbst. Es ist ihm gelungen, das Bosporanische Reich und die anderen Städte der nördlichen Schwarzmeerküste für sich und das Bosporanische Reich auch für seine Dynastie zu gewinnen, freilich nicht ohne widerholten Aufstand der Untertanen, namentlich der ein­ heimischen Bevölkerung unter Saumakos. Ohne auf Einzelheiten der verwickelten politischen Wandlungen dieser Zeit einzuge­ hen, genügt es wohl, die Namen seiner Dynastie zur Illustration anzugeben. Teilweise noch während des Lebens des Mithridates (er starb 63 vor Chr.) regierten zwei seiner Söhne: Μαχάρης (79—65) und Φαρνάκης (63—47; er wurde als König von Bosporus von Pompeius bestätigt). Ueber die folgende Zeit sind wir nicht ganz sicher informiert. Das Königreich war von der Tochter des Pharnakes, Δύναμις und ihren zwei Ehemännern Άσάνδροχος (vrgl. unten § 918) und Πολέμων beherrscht. 8. v. Chr. —-38 nach Chr. (?) re­ giert Ασπουργος, Sohn der Dynamis aus der Ehe mit Asandrochos, 44

dann seine Söhne Μιθριδάτης 11. (welcher die Thrakerin Γεπαιπυρις geehelicht hatte) und Κότυς I. mit der Unterbrechung der Herr­ schaft des Πολέμων II. (aus einer Nebenlinie). Literatur: Gajdukevič, Carstvo 303 sqq.; Kallistov, Pričernomoťje 141 sqq. § 27. Die Herrschaft des Mithridates auf dem bosporanischen Throne hat die Römer in die Politik des Landes gelockt. Sie be­ gnügten sich aber nur mit der Bestätigung der einzelnen Könige; nur in begrenzten Zeitgebieten waren auch römische Garnisonen in den Städten der nördlichen Schwarzmeerküste anwesend, und zwar vor allem in Tyras, Olbia und Chersonesus Taurica. Während der Herrschaft Neros wurde der Plan gehegt, Bosporus in eine Pro­ vinz des Römischen Reiches zu verwandeln und von da aus Parthien von der Flanke anzugreifen; das Unternehmen wurde aber nach Neros Tode aufgegeben. Mit der immer grösseren Schwäche des Römischen Reiches wird auch der römische Einfluss schwächer. Aus dem Titel der bosporanischen Könige schwinden dann die Worte φιλόκαισαρ καί φιλορώμαιος, welche Ende des ersten und im zweiten nachchristlichen Jahrhundert stets geschrieben werden. Auch in den Vornamen der Könige vermissen wir dann die Vor­ namen Tiberius Julius, welche bei den Königen der ersten zwei Jahrhunderte stets angeführt werden. Es mögen hier die Namen der bosporanischen Könige folgen; sie sind griechisch, thrakisch und einheimich. (Nach Latyšev, IPE II, S. LIII.) Τιβέριος ’Ιούλιος ‘Ρησκούπορις (71 oder 69?—92); Τιβέριος ’Ιούλιος Σαυρομάτης (93/ 4—123/4); Τιβέριος ’Ιούλιος Κότυς II. (123/4—131/2); Τιβέριος’Ιούλιος 'Ροιμετάλκης (131/2— 153/4); Τιβέριος ’Ιούλιος Εύπάτωρ (154/5—170/1); Τιβέριος ’Ιούλιος Σαυρομάτης II. (174/5—210/11); Τιβέριος ’Ιούλιος 'Ρησκούττορις II. 211/12—228/9); Τιβέριος ’Ιούλιος Κότυς III. (227/8— 233/4) und Σαυρομάτης III. (229/30—232/3; das Reich scheint manchmal von zwei Königen gleichzeitig verwaltet worden zu sein); 'Ρησκούπορις III. (233/4—234/5); Τιβέριος ’Ιούλιος Ινινθιμαιος (234/5—239/40); Τιβέριος ’Ιούλιος 'Ρησκούπορις IV. (239/40— 261/2) und Φαρσάν^ης (253/4—254/5); 'Ρησκούπορις V. (262/3— 275/6); Σαυρομάτης IV. (275/6); Τιβέριος ’Ιούλιος Τιράνης (275/6— 45

278/9); Θοθωρσης (Θο3ορσης) (278/9—307/8); Ραδαμσαδιος (308/9—322/3); 'Ρησκούπορίζ VI. (303/4?—341/2)?. Literatur: Rostovcev, Iranians 158 sq.; Gajdukevič, Car­ stvo 310 und 324. § 28. In dieser Zeit ist das Bosporanische Reich das einfluss­ reichste Hauptzentrum des Griechentums der Nordküste des Schwarzen Meeres. Chersonesus Taurica hielt sich immer auf seiner Halbinsel hinter dem Gebirge zurück. Olbia, die einst so reiche Stadt, sank unaufhaltsam wirtschaftlich so wie politisch. Nach der erwähnten Eroberung durch die Geten war der Umfang der Stadt nur ein Bruchstück des Umfanges der Stadt vor der Eroberung. Aber schon vor diesem Ereignisse konnte die Stadt ihre Ausgaben nicht mehr aus eigenen Mitteln bestreiten. Das sehen wir aus dem leider nicht genau datierbaren Ehrendekret des Protogenes25 (IPE I2, 32), in welchem dieser Bürger geehrt wird, weil er für die Stadt Tribute an die einheimischen Könige der umhersiedelnden Stämme, öffentliche Bauten (sogar Verteidigungsmauern) bezahlt hat. Das Bosporanische Reich sowie die anderen Städte des behan­ delten Gebietes sinken im dritten und im vierten Jahrhundert mehr und mehr in Armut, bis sie dann durch die Goten und später durch die Hunnen (um 370 n. Chr.) überhaupt zerstört werden. Literatur: Ebert, Südrussland 359 sqq.; Gajdukevič, Carstvo 439 sqq. §29. Es versteht sich von selbst, dass die Griechen in dieser

entlegenen Gegend, von einheimischen Stämmen umgeben, nicht von ihnen unbeeinflusst bleiben konnten. Dasselbe muss freilich auch in umgekehrter Richtung gelten: wir kennen ja die ganz konkrete Erzählung Herodots (IV, 108) über die im Budinischen Hinterlande (an der Wolga—Rha) abge­ 26 Rostovcev : Anfang «III; Niederle : aIII oder aII; Laty šev : αΙΙΙ; Minns: erste Hälfte »II; Dittenberger: «II; Mommsen: Ende «II; Boeckh: «II. — Literatur: Niederle, Slovanské starožitnosti I, 304 mit Fussn. 1,305 (umfangreiche Bibliographie) ; M i n n s, Scythians 463 ; R o s t o v cev, Iranians 87; Ebert, Südrussland 356.

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legene Handelsfaktorei Γελωνός. Herodot schildert die Lebens­ weise der Einwohner der Stadt, welche nach ihm barbarisierte Griechen sind, und bemerkt, dass sie γλώσση τά μέν Σκυ-θϊκή τά δέ Έλλη νίκη χρέωνται. Der Ausdruck Σκυ-θική muss in diesem Zusammenhänge nicht notwendig in ethnischer Bedeutung aufgefasst werden. Die ganze Bemerkung wird wohl besser im Sinne eines Mischj argons als im Sinne eines Bilinguismus aufzu­ fassen sein. In derselben Richtung wird auch der Ausdruck Μιξέλληνες in der oben (§ 28) erwähnten Protogenesinschrift (IPE I2, 32) aus Olbia zeugen. Auch archäologisch ist der griechische Einfluss auf die einhei­ mischen Völker gut bezeugt.2® Da wir aber über das Hinterland keine eingehenderen Nachrichten haben, muss uns in erster Reihe der Einfluss der „Barbaren“ auf die Griechen der Städte beschäf­ tigen. Wir besitzen eine unmittelbare Nachricht, welche den skythisch-griechischen Verkehr in Olbia im V. Jahrhundert v. Chr. bezeugt. Herodot (IV, 78 sq.), welcher selbst Olbia besucht hat, schildert uns, wie der Skythenkönig Σκύλης, zweifellos verlockt durch den verhältnismässig grossen Komfort der Stadt, in Olbia oft verweilte und sich vergnügte. Er hatte sogar ein Haus in der Stadt. Dass in diesem Falle die vom Skythenkönig gehaltenen bakchjschen Feier­ lichkeiten die Skythen veranlassten, ihn zu verjagen, ändert nichts an der hier bezeugten Tatsache, dass die Städte verlockend wirk­ ten. Es ist auch ganz undenkbar, dass die umfangreichen Handels­ beziehungen ohne kulturellen und persönlichen Verkehr vor sich gehen könnten. Wenn wir uns vor Augen halten, wie z. B. das Bosporanische Reich für den athenischen Kornimport wichtig sein musste, wenn es von Perikies selbst besucht wurde (wir hörten ja schon oben, § 22, über die Möglichkeit, dass die kleine Stadt Nym­ phaeum für athenische Kleruchen gegründet wurde), muss uns ganz klar sein, dass solche Mengen von Korn kaum auf eigenen Feldern “Artamonov, VDI 1947, 3, 79; archäologische Zeugnisse dafür bei Rostovcev, Iranians 65; Gajdukevič, Corsivo 50.

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gebaut werden konnten, sondern zweifellos von den benachbarten Stämmen gekauft werden mussten. Das Zusammenwirken im Handelsverkehre bringt dann aber auch das Zusammenleben mit sich. Ein anderer Grund für die Aufnahme einheimischer Leute in die Städte waren die Kriege und ihre Folgen, die Verheerungen der Städte. Wir haben schon über die Eroberung von Olbia durch die Geten (oben § 18) gehört. Noch schlimmer mussten die Mithridatischen Kriege gewesen sein, da wir hören, dass einige Städte, von deren Existenz vor Mithridates wir ganz sicher wissen, nach den Kriegen (wieder) gegründet werden. (Vrgl. die Interpretation der Stelle Plin.N. H. IV, 86 bei Gajdukevič, Carstvo 349 sq.) Unter solchen Umständen musste aber die einheimische Bevölkerung zur Mitarbeit zugelassen werden, da in dieser Zeit an eine grössere Anzahl von Siedlern aus dem griechischen Mutterlande nicht mehr zu denken war. Mithridates hat auch die Freundschaft mit der einheimischen Bevölkerung stets zu fördern versucht (App. Mithr. 15 § 53: φίλοις δ’ ές παν τό κελευόμενον έτοίμοις χρήται Σκύθαις τε καί Ταυροϊς καί Βαστάρναι$ καί Θραξί καί Σαρμάταις καί πασι τοϊς άμφί Τάναΐ'ν τε καί ’Ίστρον καί λίμνην ετι τήν Μαιώτιδα). Die ihm folgende Dynastie begünstigte das Zusammenleben der griechi­ schen und der einheimischen Bevölkerung noch mehr. Der zweite Gatte der Dynamis, Asandrochos, und sein Sohn Aspurgos, müssen als Repräsentanten des lokalen Adels betrachtet werden (Gaj­ dukevič, Carstvo 304 sq.; 324 sq.). Die angeführten Namen der Herrscher haben uns wohl genug belehrt, dass das einheimische Element im Verlauf der Geschichte stets stark war. Literatur: Gajdukevič, Carstvo 5 sq.; 70 sq.; 321; Jessen, Kolonizacija 63 sq. (Olbia); 78 sq.; 80 sq. (Tanais war nie rein grie­ chisch); Artamonov, VDI 1947,3,73; 79; Rostovcev, Iranians 147 sqq. (er unterschätzt die skythische Infiltration: vrgl. Müllen­ hoff, D. Altertumskunde III, 107, welcher sie richtig für mehr an­ nehmbar in der älteren Zeit hält, als die sarmatische); Iranians 156 sqq.; Ebert, Südrussland 268 sqq.; Knipovič, Tanais 97 sqq. (richtige Betrachtung, dass aus der inschriftlichen Formel 48

"Ελληνες καί Ταναεΐται trotz Laty šev, Ποντικά Sankt PeterburgTb 1909, S. 128 nicht folgt, dass es zweifache, für die ethnischen Einheiten abgesonderte Aemter gegeben hätte); Artamonov, VDI 1949, Nr 1, 31. Beste Illustration des geschilderten Vorganges sind aber die griechischen Inschriften der Städte: in ihnen können wir verfolgen, wie Leute mit ungriechischen Namen immer öfter in Bürgerkata­ logen angeführt werden und sogar auch hohe Aemter bekleiden. Wir sehen auch die Veränderungen der griechischen Sprache. Es handelt sich nicht nur um einzelne Wörter, wie z. B. das noch immer dunkle, aber wohl iranische σαστηρ IPE I2, 401, 24 sq. (Chersonesus Taurica): ob zu aw. sástar- m. „Machtherr, Gebieter, Fürst“, Bartholomae, Wtb. 1573 sqq.; Literatur bei Vasmer, Iranier 58 sq., dazu auch H. Lommel, Archiv für slavische Philo­ logie 40, 1926, 154 sq. Es handelt sich noch viel mehr um andere Spracherscheinungen, welche den Charakter der Sprache mehr verändern als vereinzelte Wörter. So z. B. die Unsicherheit in der Kasus- und überhaupt Formenbildung und Syntax (vrgl. A. Kocevalov, Syntaxis inscriptionum antiquarum coloniarum Grae­ carum orae septentrionalis Ponti Euxini, Eus Supplementum 12, Leopoli 1935); es genügt hier nur ein Beispiel anzuführen, IPE II, 435: χρόνω ήμεληθεϊσαν τήν κρήνην (ά)νοικοδομήθη εκ -θεμε­ λίων καί γέγονε πύργος επί π[ρ]ε[σ]βευτή Χοφρασμον Φοργα{β]ακου κ(α)ί έλληνάρχη Ψυχαρίωνα Φιδανοι. Wenn wir dann erwägen, dass die Sprache der Inschriften stets offiziell ist (ausge­ nommen die privaten Inschriften wie Verfluchungen u. ä.) und deshalb immer korrekt zu sein sich bestrebt, wird, uns wohl nicht die Nachricht des Dio Chrysostomus (Prusensis) Or. XXXVI, 9 überraschen, welcher aus Autopsie bezeugt, dass die Olbiopolitaner gegen Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts griechisch sprachen ουκέτι σαφώς έλληνί^οντες. Es kam schon zur Erwäh­ nung, dass nach Plinius Nat. hist. IV, 12 (26), § 85 es Chersonesus Taurica war, welche von allen Städten dieser Gegend die griechischen Bräuche in grösserem Masse am längsten bewahrt hat. § 30. Als Ansiedler in den griechischen Städten der Nordküste des Schwarzen Meeres kommen in erster Reihe die Skythen in Personennamen 4

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Frage, und zwar für alle Städte, weil sie in dem ganzen Gebiete lebten und in wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit den Griechen der Städte immer reicher wurden. Aehnliches muss auch von dem anderen iranischen Stamme, den Sarmaten gelten; es gibt aber den Unterschied, dass die Sarmaten während der ganzen Geschichte der Städte nicht Nachbaren aller Städte waren: wir haben ja gehört, dass sie noch in der Zeit Hero­ dots jenseits des Tanais lebten und erst im III. Jahrhundert in grösseren Scharen westwärts sich zu bewegen begannen. Bis zum III. Jahrhundert sind also sarmatische Ansiedler nur höchstens in den östlichen Städten des Gebietes zu erwarten. Später sind freilich die Sarmaten in die Nachbarschaft aller Städte gekommen. Da aber das erste Zusammenkommen keineswegs friedlich war, schon weil die Städte in friedlichen und freundlichen Bedingungen mit den weichenden Skythen waren (Ebert, Südrussland 342), ist für eine beträchtliche Zeit keine sarmatische Infiltration in die griechischen Städte wahrscheinlich. Namentlich nicht in die west­ lichen. Erst nachdem sich die Verhältnisse stabilisierten, was eine nicht unbeträchtliche Zeit erforderte, und die Sarmaten mit den Städten nicht nur im Frieden zu leben, sondern auch wirtschaftlich mitzuarbeiten begannen, kann man mit einer grösseren sarmatischen Siedelung in den griechichen Städten rechnen. In dieser Zeit dominierte aber schon fast ausschliesslich der östliche Teil des Gebietes, das Bosporanische Reich (vrgl. oben § 28), und zwar im wirtschaftlichen und kulturellen Sinne. Das isolierte Chersonesus Taurica und das verarmte Olbia, um von Tyras zu schweigen, konn­ ten nur weniger verlockend wirken als das Bosporanische Reich, welches zwar schon auch seine Akme überschritten hatte, aber doch reicher war. Weil wir also in dieser Periode wieder eine grössere sarmatische Infiltration in das Bosporanische Reich voraussetzen müssen, dürfen wir die Voraussetzung aussprechen, dass während skythische Ansiedler in ziemlich gleichmässiger Verteilung in allen griechischen Städten der nördlichen Küste des Schwarzen Meeres anwesend wären, sarmatische Ansiedler wahrscheinlich mehr in den östlichen Teil des Gebietes, in das Bosporanische Reich ein­ gedrungen sind. 50

§ 31. Bei unserem heutigen Stand des Wissens ist es aber leider unmöglich zu sagen, welche Namen skythisch und welche sarmatisch sind. Das bedeutet mit anderen Worten, dass wir die beiden iranischen Dialekte, das Skythische und das Sarmatische, nicht erfassen und abgrenzen können, weil eben das Material nur Eigen­ namen sind. Die einzige bisher versuchte Methode, nämlich die Vasmers, welcher uns für sicher skythisch nur das zu halten erlaubt, was bei Herodot oder einer noch älteren Quelle belegt ist, weil alles spätere a priori ebensogut skythisch als auch sarmatisch sein kann, ist an sich richtig, aber leider zu wenig präzis, weil sie uns über die ganz überwiegende Mehrheit des Materials, welches aus nachherodoteischer Zeit stammt, in Unsicherheit lässt. Ein Versuch, dieses Problem zu lösen, findet sich unten, §§ 513—524. § 32. Weitere fremde Einflüsse, welche wir unter den Griechen

des behandelten Gebietes feststellen können, sind die thrakischen. Was die Namen der einzelnen Herrscher betrifft, können es dyna­ stische Tatsachen und Rücksichten sein, welche die Namengebung verursacht haben; wir sind ja schon mehrere Male auf solche dyna­ stische Berührungspunkte gestossen. Literatur: Rostovcev, Ira­ nians 156; Gajdukevič, Carstvo 324. Wir werden aber sehen, dass die thrakischen Namen auch äus­ ser dem Kreise der Dynastien benützt wurden. In diesem Falle ist es nicht ganz klar, ob auch diese Namengebung den thrakischen Einflüssen der Dynastie zuzurechnen ist, oder ob wir die Quelle der Namengebung in einer einheimischen nichtiranischen Bevölkerung sehen sollen; vrgl. das oben § 6 und § 10 über die Kimmerier und die von den Skythen wahrscheinlich überlagerte Bevölkerung Ge­ sagte. Von vornherein kann dieses Problem nicht beantwortet werden. Wir werden eine Lösung in der sprachlichen Analyse der bezüglichen Namen zu finden versuchen (unten §§ 582—584). § 33. Kaum ohne kulturellen Einfluss ist auch die Herrschaft des Mithridates geblieben. In der Tat werden wir sehen, dass es unter den von uns behandelten Personennamen auch solche gibt, 51

welche ohne jeden Zweifel altpersisch sind. Man glaubt, dass ihr Vorkommen in diesem Gebiete dem Regime des Mithridates zuzu­ rechnen ist. (Miller, Etnograf. Obozrenije 1891, 189 sqq.; aus Vas­ mer, Iranier 24 sq., welcher den Gedanken annimmt). Nach Rostovcev gibt es so grosse Aehnlichkeiten zwischen den beiden Küsten des Schwarzen Meeres, dass man an Identität der älteren Bevölkerung denken muss; es soll sich um die in Kleinasien eingefallenen Skythen handeln. Auch diese Frage werden wir an dem Material der Personennamen zu erforschen versuchen (unten §§ 539—554; §§ 750—753). § 34. Man darf nicht vergessen, dass das Zeitalter des Hellenis­ mus und noch mehr des Römischen Reiches sich auch in unserem Gebiete fühlbar machten; das sehen wir an zahlreichen landfrem­ den Elementen, die wir finden. Insbesondere sind die Juden zu nennen, welche wohl in der Epoche des Mithridates an die Nord­ küste des Schwarzen Meeres kamen (Rostovcev, Iranians 149 sq.; Gajdukevič, Carstvo 347). Vrgl. unten §§ 754—758. § 35. Bei diesem Aufzählen darf man aber nicht vergessen, dass nicht einmal die ethnische Zugehörigkeit aller von Herodot, Strabo und anderen Schriftstellern bezeugten Stämme, welche in kleinerer oder grösserer Entfernung von den Städten lebten, mit Sicherheit festgestellt werden kann; man muss aber auch bedenken, dass es ganz möglich ist, dass auf dem besprochenen Gebiete oder in seiner unmittelbaren Nachbarschaft Stämme lebten, welche bei den Schriftstellern keine Erwähnung fanden. Die Nähe des Kaukasus, dessen viele Stämme noch heute, was ihre Ursprünge betrifft, ein Rätsel sind, ist uns eine gute Mahnung zur Annahme, dass einige Personennamen unlösbar bleiben werden. § 36. In einem Falle verdanken wir aber dem Kaukasus eine wertvolle Quelle von Kenntnissen. Es ist das Volk der Osseten, welche in den Nord- und Südschluchten des mittleren Kaukasus leben. Ihre Sprache, welche zu den iranischen Sprachen gehört, teilt sich in Dialekte, deren zwei nördlich des Hauptkammes des Kaukasus gesprochen werden: das Digeriscile oder der Westdialekt

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und das Ironische oder der Ostdialekt. Das Tualische ist der Süd­ dialekt. (Bitte den Nachtrag zu beachten!) Dass das Ossetische eine iranische Sprache ist, kann keinem Zweifel unterliegen. Was den Ursprung der Osseten betrifft, besit­ zen wir mehrere ältere Nachrichten, welche sie mit den alten Alanen identifizieren. Es sind hauptsächlich die folgenden: 1. Vsevolod Miller (Os. Et. III, 28 und 40; aus Vasmer, Ira­ nier 27 sq.; hier auch die Literatur) hat gefunden, dass georgische Annalen über ein Bündnis der Georgier und Osseten (Äs) gegen die Armenier (gegen Ende des ersten oder Anfang des zweiten Jahr­ hunderts nach Chr.) sprechen. Die armenische Chronik macht eine Erwähnung von derselben Angelegenheit, spricht aber von den Alanen statt den Osseten. 2. Josephus Barbarus schreibt in seiner Itineis, quod... ad Tanaim et in Persiam suscepit et perfecit, descriptio (mir war die Schrift vorhanden als Adligat zu Petrus Bizarus, Rerum Persi­ carum historia, Francofurti 1601): ,,Tartaria (das heutige Südruss­ land)... habet... ad Austrum vero, quae plaga ad mare Magnum spectat, Alaniam, Cumaniam, Gazariam, quae omnia loca confinia mari Tabacchio sive Caspio sunt“ (S. 441 sq. der erwähnten Ausgabe) und „Alaniae nomen a populis descendit Alanis, qui lingua patria et vernacula dicti sunt As. Hi Christiani fuere et expulsi ac destructi a Tartaris“ (S. 442). 3. Bei Joannes de Plano Carpini, Historia Mongalorum quos nos Tartaros appellamus (1245—7), Vili, 3 lesen wir: Alani sive Assi. (Ausgabe von G. Pullé, Firenze 1913; die Hauptausgabe von d’Avezac im vierten Bande des Recueil de voyages et de Mé­ moires de la Société de Géographie, Paris 1839, ist mir leider unzu­ gänglich geblieben. Vrgl. auch den Kommentar zur Stelle in der Uebersetzung von Risch in den Veröffentlichungen des Forschungs­ institutes für vergleichende Religionsgeschichte an der Universität Leipzig II, 11, Leipzig 1930, S. 193; Bretschneider, Mediaeval Researches from Eastern Asiatic Sources II, London 1910, S. 85.)4. Dasselbe lesen wir bei Gulielmus de Rubruquis, Itinera­ rium ad partes orientales (1253—5) (citiert nach der Uebersetzung 53

von Risch in den genannten Veröffentlichungen II, 13, Leipzig 1934; die Ausgabe in dem genannten Recueil habe ich leidet nicht benützen können): „Alanen oder Aas“ (S. 100; Recueil IV, 252). 5. Die Stelle los. Flav., Bell. lud. VII, 7,4:τόδέτών ’Αλανών έθνος ... εϊσί Σκύθαι περί τόν Τάναϊν καί τήν Μαιώτιν λίμνην wird in der altrussischen Uebersetzung (XII.—XIII. Jahrhundert) folgendermassen wiedergegeben; jazykb že jasbskyjb (d. i. ’Αλανών) védomb jestb, jako otb pečeněžbskogo roda (Σκύθαι), živušča podle Tani i Meotbskago morbja. (Nach Miller, Os. Et. Ill, 40 sqq.; aus Vasmer, Iranier 28.) 6. In den byzantinischen Quellen werden die Osseten oft als Άλανοί bezeichnet. Z. B. Mai, Bibliotheca nova patrum VI, 379—397 (nach Miller, Os. Et. Ill, 41; aus Vasmer, Iranier 28). 7. In seiner Théogonie gibt der Byzantiner Joannes Tzetzes (XII. Jhd.) Specimina verschiedener Sprachen aus dem Kaukasus (er selbst stammt mütterlicherseits von den Iberern). In dem alanischen Passus kann das Ossetische erkannt werden, namentlich in dem Ausdruck τατταγχάς, welcher von Tzetzes καλή ήμερα übersetzt wird. Noch heute ist im Ossetischen der Gruss dä bon xorz „Guten Tag“ gang und gäbe. (Die Stelle des Tzetzes wurde gefunden von J. Moravcsik, Barbarische Sprachreste in der Théo­ gonie des Joannes Tzetzes, Byzantinisch-Neugriechische Jahrbücher 7, 1930, 352—365. Neuere Literatur: Abajev, Alanica, Izvestija Akademii Nauk SSSR, Otdelenije obščestvennych nauk 1935, 888—894. Gerhard, ZDMG 83, 1939, 38.) 8. In einer von Zeki Validi ZDMG 90,1936, 27 sqq. gefundenen Stelle der Einleitung zu tahdid nihäyät al-amäkin des Bîrünî (X.—XI. Jhd.) werden auch die Alanen mit den Äs gleichgesetzt. 9. Nach Miller (Os. Et. III, 7—10) und seinem eigenen Auf­ satz in Jazyk i myšleni]e I, 82 sq. hat Abajev, Izvestija Akademii nauk SSSR, Otdelenije obščestvennych nauk, 1935, 882 sqq., ge­ zeigt, dass die Toponymik von Balkarien und in der Umgebung des Flusses Karačaj (in der Nähe des heutigen Ossetien) viele zwei­ fellos ossetische Ortsnamen enthält, so dass es höchstwahrschein­ lich ist, dass die Osseten in diesen Gebieten lebten. Die Mingrelen, ö4

welche die Nachbaren dieser Gebiete sind, nennen nun noch in der Gegenwart die Karačajer Alam; diese Tatsache kann nur so ver­ standen werden, dass sie gewohnt waren, die Osseten so zu nènnen und die Gewohnheit auf die neue Bevölkerung desselben Gebietes übertrugen. Es ist wohl ganz klar, dass diese Nachrichten nicht den Wert besitzen, den sie prima fade zeigen. Wir haben ja genug über die Unsicherheit der alten Begriffe gehört, dass wir auch hier mit der Möglichkeit gelehrter, aber unrichtiger Identifikationen rechnen müssen. In diesem Zusammenhang ist besonders lehrreich die Nachricht, welche oben 5) angeführt wurde. Wir erfahren hier nicht nur die Identifikation τό των ’Αλανών έθνος = jazykb jasbskyjb, sondern auch das merkwürdige, unrichtige, aber begreifliche Gleich­ setzen Σκύθαι = pečeněžbskijb rodb, welches unbedingt verfehlt ist, aber die bekannte Tendenz zeigt, verschiedene Völkerschaften, welche in verschiedener Zeit in derselben Landschaft lebten, zu identifizieren. Mit demselben Umstande ist also auch für die erste Identifikation zu rechnen. Dasselbe kann auch von den anderen Gleichsetzungen gelten, namentlich aber von der Nachricht des Biruni, welche dann die Alanen oder Äs zusammen mit den Petschenegen am Amu Darya ursprünglich leben lässt. Das ist so merkwürdig, dass es uns sofort in den Verdacht setzt, dass hier in derselben Weise wie in der altrussischen Kronik mit den Skythen verfahren wurde. Eine zuversichtlichere Interpretation der Stelle bei Zeki Validi 1.1. und namentlich bei Harmatta, Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 268 sq. Dagegen ist die oben sub 9 angeführte Tatsache höchst wichtig und kaum anfechtbar, weil hier die Möglichkeit einer nur gelehrten, aber falschen Identifikation wohl ausgeschlossen ist. Im ganzen genommen kann man aber alle diese Nachrichten un­ möglich ab lehnen; es ist also nicht überraschend, wenn moderne Forscher seit Klaproth (Asia polyglotta 85 sq.; sonst wichtig: Miller, Sprache 4 sqq.; Vasmer, Iranier 27 sqq.; Abajev, 1. 1. 881 sqq;) wenigstens einen nahen Zusammenhang zwischen den Sarmaten und den Osseten annehmen, wenn sie überhaupt nicht jene für Vorfahren dieser halten. 55

In der neuesten Zeit wurde das Ossetische von neuem erforscht. Namentlich muss man hervorheben die Arbeiten von tLW. Bailey (Transactions of the Philological Society 1945, 1 sqq., 1946, 202 sqq., 1947, 142 sqq., 150 sqq., Bulletin of the School of Oriental and African Studies 13, 1949—50, 135; die Mehrheit dieser Arbeiten war mir leider unzugänglich), welcher die Schichten des ossetischen Wortschatzes und deren Herkunft untersucht. Nach Harmatta (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 273) findet Bailey wichtige osti­ ranische Zusammenhänge des Ossetischen. Andere Arbeiten, welche sich mit verschiedenen Identifikationen der Osseten be­ schäftigen, sind bei Harmatta (1. 1. 261 sqq.) zusammengestellt und eingehend besprochen worden, allerdings mit einer ausgespro­ chenen Aversion gegen jede linguistische Methode, welche ihm der Stammbaumtheorie ähnlich oder von ihr abhängig zu sein scheint. Es sind die folgenden Aufsätze und Bücher: Der erwähnte Aufsatz vonAbajev; Andreas, Verhandlungen d XIII. internat.Orientalisten-Kongresses, Leiden 1904, 103; Henning, ZDMG 90, 1936, *30* sqq.; A. A. Freiman, Sovetskofe Vostckovedenije 4, 1947, 157 sqq.; 5, 1948, 191 sqq.; 6, 1949, 63 sqq.; Izvestija Akademii Nauk SSSR, Otdelenije literatury i jazyka 7,1948, 238 sqq.; S. P. Tolstoj, VDI 1948, Nr. 1, 197; knapp Altheim, Der Hellenismus in Mittel­ asien, Saeculum 1, 1950, 281; G. Vernadsky, Ancient Russia3, New Haven 1946, 82 sqq.; Byzantion 16, 1942—44, 81 sqq.; Maenchen-Helfen, Journal of the American Oriental Society 65, 1945, 71 sqq. (mehrfach mir unzugänglich geblieben und aus Harmatta 1.1. zitiert); dazu noch Abajev, Drevne persidskije elementy υ osetinskom jazyke. (Altpersische Elemente in der ossetischen Sprache) Iranskije jazyki I, 7—12.] In: Iranica. Materiály i issledovanija po iranskim jazykam Nr 3. Moskva-Len. 1945. Sokolova, Očerki po fonetike iranskich jazykov II: Osetinskij, jagnobskij i pamirskife ja­ zyki. Moskva-Leningrad 1953. Wichtigste Hilfsmittel für das Ossetische: Vsevolod Fedorovič Miller, Die Sprache der Osseten. Anhang zum Grundriss der iranischen Philologie, hggbn. von Geiger-Kuhn, I, Strassburg 1903 (mit der älteren Literatur); Miller, Osetinsko-russko-nemeckij slovať, Ossetisch-russisch-deutsches Wörterbuch, herausgegeben von 56

A. Freiman, Leningrad, I, 1927, II, 1929, III, 1934; der vierte Teil des Wörterbuches, welcher auch die Eigennamen enthalten sollte, ist leider nicht erschienen; V. I. Abajev, Russko-osetinskij slovar’, Moskva 1950; A. Μ. Kasaty, Iron-uyryssag dzyrduat — A. Μ. Kasajev, Osetinsko-russkij slovať, Moskva 1952 (in den beiden letzten Wörterbüchern befindet sich als Anhang eine kurze aber kenntnisreiche Skizze des Ossetischen von V. I. Abajev). V. I. Abajev, Osetinskij jazyk i fol’klor, T. I., Moskva-Leningrad 1949, ist mir leider unzugänglich geblieben. (Bitte jetzt auch den Nachtrag zu beachten!) Das Nordossetische wird mit der russischen Schrift geschrieben. In dem vorliegenden Buche werden die ossetischen Wörter in der genauen Transliteration des in der russischen Schrift gefassten Originales ausgedrückt. Nur das Zeichen δ zur Bezeichnung des kaukasischen Kehlkopfverschlusses wird beibehalten, u wird auch unsilbisch als das engl. w ausgesprochen, y bedeutet den Murmel­ laut a. Für das x der Azbuka schreiben wir x (deutsch ch). Die Ligatur æ wird in der Transliteration mit ä geschrieben. Für das Südossetische, das jetzt in der georgischen Schrift ge­ schrieben wird, fehlt.mir leider neues Material. § 37. Das Ossetische ist von höchster Wichtigkeit für das Ver­ ständnis der von uns behandelten Personennamen, welche irani­ schen Ursprungs sind (freilich die echtpersischen ausgenommen). Der erste grössere Versuch auf diesem Felde wurde von K. Müllenhoff (Monatsberichte der kg. preussischen Akademie der Wissenschaften 1866, 549 sqq.; mit Nachträgen Müllenhoffs neu gedruckt in Deutsche Altertumskunde III, Berlin 1892, 101—125; in dem vorliegenden Buche werden die Seiten der Deutschen Altertumskunde zitiert) unternommen; er vergleicht namentlich awestisches Material. Ihm folgte die gedrängte Abhandlung Boeckhs in der Einlei­ tung zu der bezüglichen Sektion in seinem monumentalen Corpus inscriptionum Graecarum (II; vrgl. unten S. 425). Ausserordentlich gefördert wurde die Erforschung der Namen durch Vsevolod Miller (Osetinskije Etjudy, namentlich Band III, und Žurnál ministerstva narodnogo prosveščenija; vrgl. unten S. 57

428). Leider sind mir diese zwei Arbeiten Millers unzugänglich geblieben. Ich kenne seine Etymologien und zitiere sie aus Vasmer, Iranier. Miller hat eben eine unmittelbare Kenntnis des Osseti­ schen gehabt und benützte sie ausgiebig. Seine Zusammenstellung der lautlichen Eigenschaften der iranischen Eigennamen (Sprache S. 7), welche nur einen Teil der unten besprochenen Lautentspre­ chungen entdeckt und sie ohne jede Systematik und ohne jeden Versuch, das Skythische und das Sarmatische auseinander zu hal­ ten, als gleichwertig und gleichzeitig bewertet, muss heute freilich als überholt gelten. Die von uns behandelten iranischen Personennamen werden auch in Justis Iranischem Namenbuche, 1895, erörtert. Max Vasmer (Untersuchungen über die ältesten Wohnsitze der Slaven I, Die Iranier in Südrussland, Leipzig 1923; Veröffentlichun­ gen des baltischen und slavischen Instituts an der Universität Leip­ zig Nr 3; Iranisches aus Südrussland, Streitberg-Festgabe 367—376; Reallexikon der Vorgeschichte [hggbn. von Μ. Ebert] XII, 236—251) hat die Eigennamen, welche auf den Inschriften belegt sind, im Zusammenhang mit dem handschriftlich überlieferten Material durchforscht. Er will schon das Skythische und Sarmatische aus­ einanderzuhalten versuchen; seine Methode ist bereits erwähnt worden (oben § 31). Er hat aber mehrere griechische und andere Namen als iranisch aufgefasst. Vrgl. auch oben, S. 11. Die letzte grössere Arbeit auf diesem Gebiete ist der Aufsatz Harmattas (Studies in the Language of the Iranian Tribes in South Russia, Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 261—312; jetzt auch als Sonderabdruck in den Magyar-Görög Tanulmányok — ΟΥΓΓΡΟΕΛΛΗΝΙΚΑΙ MEAETAI Nr. 31, Budapest 1952). Seine Resultate und Ansichten werden unten, § 538, einer Besprechung unterzogen werden. [Bitte den Nachtrag zu beachten!]

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die IRANISCHEN PERSONENNAMEN (die echtpersischen ausgenommen)

PERSONENNAMEN MIT SICHEREN IRANISCHEN ETYMOLOG IE N.27

§ 38. ? βαρίων. PANTICAPAEUM: Αβαείων IV, 473, 2 (aet. Rom.). (Sohn eines Πόθος.) Dieser Name wurde von Miller (IAK 47, 88; aus Vasmer, Iranier 29) erklärt, welcher ihn mit oss. äbäzzon „unnütz“ verglich. Diese Etymologie ist, was die Lautentsprechungen betrifft, sehr passend; Vasmer (1. 1.) sagt zwar, dass sie unsicher ist, doch ist sein Ver­ dacht, welcher offenbar nur durch die Bedeutung des verglichenen ossetischen Wortes hervorgerufen worden ist, überflüssig: im Osse­ tischen existieren noch heute Personennamen, deren Bedeutung manchmal ganz ungünstig ist. So z. B. Gävz Eigenname (alle bei Miller-Freiman, Wtb. s. v.), auch „arm“; Gädi Eigenname: dig. gädi, ir. gädy „lügnerisch, hinterlistig, tückisch, Lügner, Betrüger“ (diese Zusammenstellung ist besser als die andere mögliche, nämlich mit dig. gädi, ir. gädy „Espe, Zitterpappel“, vrgl. unten § 92 zu Γαδικ(ε)ιος); Gälau Eigenname: dig. gälau „Ratte“; Kbäläu Eigen­ name: oss. kbäläu „junger Esel“ (doch ist es nicht unbedingt nötig, dass dieses Appellativum auch bei den Osseten diejenige Bedeu­ tungsabtönung hat, wie bei uns); Matara Eigenname: oss. matara „grosser Ledersack“; Sauläg Eigenname: oss. sauläg „schwarzer Mann; Mann niederen Standes“. (Dabei darf man nicht äusser acht lassen, dass das Wörterbuch von Miller-Freiman, dem diese Bei­ spiele entnommen sind, die Personennamen und Eigennamen über-* S. 27 Der Begriff „sichere Etymologien“ ist im Sinne des in dem Vorwort, S. 7 Gesagten aufzufassen; er kann nur verhältnismässig sein.

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haupt nur ausnahmsweise anführt, weil sie für den niemals erschiene­ nen vierten Band dieses Werkes reserviert waren, so dass man denken kann, dass sich die Liste der Beispiele bei vollkommenerer Kenntnis vermehren liesse.) Vrgl. auch das unten §§ 40, 92, 94, 251, 262 zu Αβραγος, Γαδικ(ε)ιος, Γαστεις, Χαρδεις, Χωδονακος Gesagte. § 39. Αβδαρακος.

TANAIS: Gen.: Ορσιομιχος Αβδαρακο[υ] II, 454, 15 (IIP); [Ά]λέξα[νδρος Αβ?]δαρακου II, 454, 9 (IIP). (Dieselbe Person?) Miller (Žurnál 253; aus Vasmer, Iranier 30) verglich sehr pas­ send mit diesem Namen den oss. Personennamen Audaräg (Vas­ mer hat Audaräg, wohl nur wegen seiner, was das u und v angeht, zu vereinfachenden Transkription). Justi (Namenbuch s. v.) will den Namen mit npers. abdar „saftig, reich“ zusammenstellen; eine Vergleichung mit aw. abda- „ausgezeichnet“ (Bartholomae, Wlb. 96), pehl. aßd- „auffallend, ausserordentlich“ (Nyberg, Hilfsbuch des Pehl. II, 1) ist wohl passender. -OKOçist als Suffix sehr häufig, -p- wird der Anfanglaut des ursprünglichen zweiten Kompo­ sitionsgliedes sein, welcher auch in der Kurzform bewahrt wurde. § 40. Αβραγος.

OLBIA: Αβραγος Xouapaajou I2, 82, 5 (IIP); I2, 686, 5 sq.; Αβραγος Δημητρίου I2, 98, 9 sq. (IIP); [Α]βραγος Σα[μβο]υτος I2, 80, 15 (IP); [Α]βρα[γος] I2, 266, 3; Gen: Χαραξηνος Αβραγου I2, 91, 9; Ουαρ^βαλος Αβραγου I2, 91, 9 sq.; Μα-θανος Aßpayou I2, 100, 8. Miller (Žurnál 249; aus Vasmer, Iranier 30) vergleicht den Na­ men richtig mit dem oss. Personennamen Abreg (so Miller nach Vasmer; wohl aber besser Abräg). Der Name gehört wohl zu oss. ir. abräg, abyräg, dig. abäräg „Dieb“ (zu der Bedeutung vrgl. oben § 38 zu Αβαείων). Miller, Sprache 62 fasst dieses Wort als eine Ableitung von dig. burun „kriechen, gleiten“, zu skr. bhurati „sich bewegen, zucken“, auf. [Das oss. abräg „Dieb“ wird von Hübschmann, Oss. Etymologie 119, als eine Entlehnung aus dem tscherkessischen abrek „Läuf60

ling“ aufgefasst. Falls das tscherkessische Wort wirklich existiert, ist die Annahme einer entgegengesetzten Richtung der Entlehnung die richtigere, wegen der Parallele des skr. Wortes. Ob auch der Name Abragän, Vater Xusraus, hierher gehört, ist nicht ganz sicher. Belege dieses Namens bei Justi, Namenbuch s. V.] § 41. Αβροαγος. OLBIA: Αβροαγος Σουσουλωνος I2, 116, 4 (IIP). Die Aehnlichkeit dieses Namens und des Namens Αβραγος könnte uns zu der Vermutung führen, dass die Namen identisch sind: so Latyšev (IPE I2, S. 146: scripturae varietas) und Justi (Namen­ buch s. v. Αβροαγος; aber S. 521 unterscheidet er wohl doch die beiden Namen). Aber die Bildung des Namens Αβροαγος macht die Interpretation höchst wahrscheinlich, dass Aßpo- der ursprüngliche erste Teil eines Kompositums ist, welcher durch das Suffix -άγος als Kurzform erweitert wurde. In diesem Falle könnte man aw. aurva- „schnell, tapfer“ (Bartholomae, Wtb. 200) vergleichen. Vrgl. auch das unten § 42 zu Αβρο^εος Gesagte. Ganz unwahrscheinlich ist die Erklärung Millers (IAK 47, 91; aus Vasmer, Iranier 30), welcher oss. au „Wasser“ und ruog „schnell“ verglich; die Bedeutung der Zusammensetzung („Schnellwässerig“) schien schon Vasmer (1. 1.) zu kühn. § 42. Αβρο^εος.

TANAIS: Αβρο^εος Άρίστωνος II, 447, 9 (225p). (Latyšev schreibt in den Minuskeln 'Αβρο^εος, zweifelsohne nach Analogie der griechischen mit αβρός zusammengesetzten Namen.) Dieser Name wurde von Vasmer (Iranier 30) sehr gut erklärt durch den Hinweis auf aw. aurva- „schnell, tapfer“ (Bartholo­ mae, Wtb. 200) und aw. zaya- m. „Gerät, Ausrüstungsgegenstand, Waffe“ (Bartholomae, l. I. 1666). Also: „dessen Waffe tapfer, schnell ist“. Man darf aber nicht den thrakischen Namen Άβρο^έλμης bei Xen. Anab. VII, 6, 43 äusser acht lassen. 61

§ 43. Αδοης.

OLBIA: Αδοης Δελφο(ϋ) I2, 202, 4 (IP); Αδοης ΔελφοΟ I2, 156, 1; Α[δ]οης Μαθανου I2, 82, 7 (IP). Gen.: Ευρ[ησίβ]ιος Αδοου I2, 130, 9; [Ε]ύρησ[ίβιος Α]δοου I2, 130, 19. CHERS. TAUR.: Πασίχαρης Αδοο[υ?] I2, 403, Β 10 (“III). Den Namen Αδοης (Vasmer, Iranier 30, schreibt Αδοος, weil er nur den Genitiv kennt) kann man sehr gut vergleichen, wenn nicht identifizieren, mit dem persischen Personennamen Άδεύης (Aesch., Persae 312), den Justi (Namenbuch s. v.) vom aw. aSavay- „der keinen Trug übt, nicht trügt, betrügt“ (Bartholomae, Wtb. 57) etymologisiert. In derselben Weise erklärt den bei Aeschylus belegten Namen auch Keiper, Die Perser des Aeschylos (1877) S. 63. § 44. Ανάριων. TANAIS: Ανάριων Δημη[τρί]ου II, 454, 23 (IIP); Ajafpicov Δημητρίου?] II, 446, 20 (220ρ). (Falls richtig ergänzt, handelt es sich wohl um dieselbe Person.) Den Namen Ajapicpv hat Miller (Žurnál 245; aus Vasmer, Iranier 30, welcher zustimmt; auch Harmatta, ActaOrient.Hung. 1, 1950-1, 308 gibt dieselbe Etymologie an) mit dem aw. hazar^ra„tausend“ (Bartholomae, Wtb. 1796) verglichen. Der Name ist zweifelsohne eine Kurzform eines wie z. B. Hazarauüxt (bei Justi [Namenbuch 128 und 88 s. v. Έξαράθ]) gebildeten Namens. § 45. Ajoç, Αφαγος. TANAIS: Α$ος Οχωδιακου II, 448, 13 (225ρ). OLBIA: Α^ιαγος Ουαχω3α[κ]ου I2, 86, 10. Vasmer (Iranier 31) vergleicht mit diesem Namen ein altira­ nisches *aza- „Bock“, das er durch die Vergleichung des skr. aja„Bock“ und mpers. azak „Bock“ gewinnt. Der Name Α^ιαγος wird eine Erweiterung desselben Stammes sein. [Diese Erklärungsweise ist gewiss besser als den griech. Personen­ namen "Ασσος IG XII, 1, 4, III, 61 (Rhodus; nicht ganz sicher)

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heranzuziehen und das -3- in A30S für die nicht seltene Schreib­ weise des stimmhaft gewordenen -σ- erklären zu wollen.] § 46. Ακασας, Ακκας. PANTICAPAEUM: Ακκας Αθαφοιω IAK 2, 1902, 69 (aIV; die In­ schrift mag aus der Gegend von Gorgippia stammen); Ακκας Θαβωνος IPE IV, 205, 11 (α III). Gen.: "Η(σ)υχος Ακκα IV, 312, 1 (aet. Rom.); Άττολλώνιε Ακκα IAK 10, 1904, 40 (aet. Rom.). BOSPORI ORA ASIATICA: Gen.: Κασαγοςή Τ.ειςΑκασα IPE IV, 435, 13 (Gorgippia); [Ακ]ασα IV, 435, 12 (unsicher; Gorgippia). Der Name Ακασας wurde von Vasmer (Iranier 31) richtig er­ klärt unter Heranziehung des npers. ägäh „kundig, Kunde“, wel­ ches Horn (Npers. Etymologie 10) vom altiran. *äkäsä- ableitet. Näher unserem Namen ist das entsprechende Pehlevi-Wort, das, ohne die süd-westliche Lautentwicklung s > -9> h mitzumachen, âkâs „einsichtsvoll, kundig, Wissen besitzend“ lautet (Nyberg, Hilfsbuch des Fehl. II, 6). Im Awesta finden wir nur ä + Wurzel kas- „gewahr werden, erblicken“ (Bartholomae, Wtb. 459 sq.). Zu diesem Namen wurde eine Kurzform gebildet, Ακκας. Die Gemination charakterisiert diesen Eigennamen als ein Hypokoristikon. [Wir finden vielleicht auch eine Form ohne Gemination (falls der Unterschied überhaupt nicht bloss graphisch ist), nämlich den Na­ men eines sonst unbekannten Königs Ακης als Legende einer Münze, die in Trapezunt gefunden worden ist. Zu vergleichen ist auch eine Münze aus Georgien mit der Inschrift ΑΚΟΥ, welche aber auch (ΛΥΣΙΜ)Α[Χ]ΟΥ gedeutet werden könnte (D. G. Kapanadze, VDI 1948, Nr. 1, 153 sq.) Nach Golubcova, Pricernomor’je 29, Fussn. 3, glaubt S. A. Žebelev, dass es sich um eine Abkür­ zung handelt, aber dass die Münze dem Saumakos gehört. Früher wurde behauptet, dass sich die Trapezuntmünze durch ihren Stil in den Bereich des Bosporanischen Reiches meldet. Nach Kapanad­ ze ist sie aber kolchischer Herkunft. Nach L. P. Charko (VDI 1948, Nr. 2, 141; mit Literatur und namentlich Photographien aller hierherbezüglichen Münzen), der den ganzen Fragenkomplex vom

numismatischen Standpunkte aus erörtert hat, sind die trapezuntische und die kolchische Münze derselben, und zwar kolchischer Prägung, sie verraten keine unmittelbaren bosporanischen Ein­ flüsse und die Buchstaben ΑΚΟΥ sind auf beiden Münzen liederlich und defektiv für (Λυσιμ)α[χ]ου geschrieben. Doch wenn man die Photographie der Münzen anschaut, sieht man, dass die Buchstaben überhaupt nicht liederlich, sondern sehr korrekt sind und dass es für etliche andere Buchstaben (z. B. MAXOY) Raum genug gibt. So darf wohl Kapanadze Recht haben, wenn er in seiner Ant­ wort (VDI 1949, Nr. 1, 161—165) den Namen Ακης, Gen. Ακου verteidigt. Ob dieser Personenname noch heute in der abchazischen Benennung der Stadt Suchum Akua weiterlebt (Suchum mag die alte Stadt Dioskurias sein und so möglicherweise Wohn­ sitz der kolchischen Könige), mag dahingestellt bleiben. Des Zu­ sammenhanges dieses Namens mit dem Begriffe „offenbar“ usw. war sich schon Justi, Namenbuch s. v. S. 12 bewusst.] § 47. Αλδις.

PANTICAPAEUM: Φιατακος Αλδιος (Gen.) II, 206, 2 (aIV). Eine schöne Parallele zu diesem Namen bildet der ossetische Frauenname Aldi, den Miller (Os. Et. III, 40 sqq.; aus Vasmer, Iranier 31) belegt. (Der Name Aldi findet sich nicht in MillerFreimans Wtb.; aber vrgl. das oben § 38 zu Αβαείων Gesagte.) [’Άλδησκος, den Namen eines in den Pontus Euxinus sich er­ giessenden Flusses (Dion. Per. 314; vrgl. auch Pape-Benseler über die parallelen Formen des Namens) hieherzubringen, wäre gewiss zu gewagt.] § 48. Αλεξαρθος. BOSP. ORA AS.: Αλεξαρθω (Dat.) II, 363, 6 (307p; Taman). Der Name ist äusserst schwierig zu beurteilen. Erstens darf man nicht unbeachtet lassen, dass er nur einmal bezeugt ist und dass ein Verschreiben ΑΑΕζ ΧΡΘύΰ für das griechische ΑΛΕ2ΑΡΧ60 (gut belegt bei Pape-Benseler) ganz gut annehmbar ist. Falls wir doch diese Möglichkeit ablehnen, müssen wir den zwei­ ten Teil des Namens mit Müllenhoff (Deutsche Altertumskunde

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Ill, 121) mit aw. xsa3ra- n. „imperium, regnum, Herrschaft, Reich“ (Bartholomae, Wtb. 542 sq.) vergleichen. Was den ersten Teil betrifft, können mehrere Theorien vorgebracht werden; entweder kann er aus air. *arya- (aw. airya- „arisch“, Bartholomae, Wtb. 198) lautgesetzlich entstanden sein (Harmatta, Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 289). Oder er kann das griechische άλέξω, ’Αλέξανδρος enthalten (so Miller, Žurnál 261; aus Vasmer, Iranier 31). Oder es können mehrere Kompromisse gesucht wer­ den: der Zusammenhang zwischen dem griechischen άλεξ- und dem Αλε-ξαρ-9-ος kann als eine posteriore Volksetymologie (Vas­ mer, Iranier 1. 1.) aufgefasst werden, oder als eine wirkliche Attraktion des griechischen Typus ’Αλέξανδρος, welche den Laut­ wandel r > l verursachte (Vasmer, Reallexikon der Vorgeschichte XII, 244). Das Entscheiden ist schwierig; wir glauben aber doch, dass das Uebereinstimmen der griechischen Namen des Typus ’Αλέξανδρος, Άλέξαρχος zu frappant ist, als dass es ohne einen mitbestimmen­ den Einfluss gewesen wäre, zumal in einer sehr späten Zeit, wo nicht einmal ein tatsächlicher Bilinguismus nicht überrascht (vrgl. unten § 102 zu Διδυμοξαρ3ος und § 105 zu Ευβαρνακος). Doch vrgl. auch unten § 434, 435. § 49. Αμαιακος, Αμαειακος.

TANAIS: Gen.: Σιαυασκ[ις] Αμαιακου II, 454, 21 (IIIP); Οσμαρακος Αμαιακου II, 447, 19(225ρ); Λυασκις Α[μ]αια[κου] II, 454, 28 (ΙΙΙΡ); Σα...σ[κ]ος Αμαειακου II, 447, 26 sq. (225ρ; -ει- muss i (ϊ) bedeuten, so dass -αεια- eine prophylaktische Schreibung von -aia- ist, gegenüber -αι-, das in später Zeit -e- ausgesprochen werden konnte). Zu diesem Namen hat Miller (Žurnál 243; aus Vasmer, Iranier 31; vrgl. auch Justi, Namenbuch s. v.) eine gute Korrespondenz jm oss. amaiäg „Erbauer (Maurer)“ gefunden. Die Uebereinstimmung mit dem Ossetischen ist desto beachtens­ werter, dass das ossetische Verbum, dig. amaiun, ir. amain „Zu­ sammenlegen, bauen, behauen“, von welchem amaiäg zweifelsohne abgeleitet ist, aus a- und maiun zusammengesetzt ist. Ein einPersonennamen 5

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faches Verbum *maiun ist unbekannt (Miller, Sprache 81). Der behandelte Name deutet auch auf das zusammengesetzte Verbum hin und geht somit mit dem Ossetischen. [Dieser Umstand macht es sehr unwahrscheinlich, dass der Name allgemeiniranisch gewesen sein könnte. Desto schlechter für die Annahme Tallquists (Assyrian Personal Names 268), dass der besprochene Name in den Annalen Aššurnazirpals III. in der Form A-me-ka zu suchen ist. Aber auch wenn wir voraussetzen würden, dass es sich um einen durch den Skytheneinfall gebrachten Namen handelt, ist die Annahme durch die Form mit -αεια- höchst un­ wahrscheinlich gemacht, weil wir sehen, dass das nicht mono­ phthongische aia pointiert wird.] § 50. Αμωσπαδος. OLBIA: Αμωστταδος Άχιλλέος F, 105, 4 sq.; [Α]μωσ[·π·αδος] I2, 267. Die Etymologie des Namens Αμωστταδοςhat Justi (Namenbuch s. v., S. 15) gegeben: aw. ama- „stark, kräftig“ (Bartholomae, Wtb. 140) und aw. spada-, späba-m. „Heer, Heerschaar“ (Bartho­ lomae, 1.1. 1617), so dass der Name etwa „ein Kraft-Heer habend (befehligend)“ zu übersetzen ist. § 51. Ανδα[ν]ακος.

TANAIS: Ανδα[ν]ακος Xoji[a]Kou Η, 446, 20 sq. (HIP). (Die Reste des [N] sind auf dem Steine noch zu sehen: vrgl. den textus maiuscularis der Ausgabe.) Diesen Namen hat Miller (JAK 47, 82; aus Vasmer, Iranier 31, welcher zustimmt) trefflich mit oss. ändon „Stahl, aus Stahl“ ver­ glichen und als eine mit dem häufigen Suffix -ακος erweiterte Kurzform einer (allerdings unbekannten) Zusammensetzung er­ klärt. • [Nach Miller, Sprache 8 ist das ossetische Wort aus dem Finno­ ugrischen entlehnt; vrgl. wotj. andan, syrj. yendon „Stahl“. Der im dritten nachchristlichen Jahrhundert belegte Name macht die entgegengesetzte Richtung der Entlehnung wahrscheinlicher.] 66

§ 52. Αραουη[γ]ο$.

TANAIS: Αραουη . ο$... δυλλο[υ] II, 447, 24 (225ρ). Latyšev (in der Ausgabe) ergänzt den Namen — augenschein­ lich ohne greifbare Gründe — als Αραουη[β]ος und diese Form wird auch von Justi (Namenbuch s. v.) und Vasmer (Iranier 32) ohne jede Erklärung unter den iranischen Personennamen zitiert. Ich möchte den Namen Αραουη[γ]ος ergänzen, und zwar auf Grund der Etymologie: aw. vaëya- m. „Anprall, Schlag, Streich“ (Bartholomae, Wtb. 1313), oss. dig. uegzun, ir. uigzyn „schütteln, rütteln, erschüttern, bewegen“ (Miller, Sprache 20). Es wäre auch sehr bestechend, den ersten Teil des Kompositums als die Ent­ sprechung des aw. a-rava- (freilich nur in Voraussetzung einer Haplologie *a-raua-vaiga-> *aravaigď), das aus dem aw. Eigennamen Aravaoštra- bekannt ist, in dem rava etwa so viel als „flink“ be­ deutet (Bartholomae, Wtb. 187 und 1512), aufzufassen. Den zusammengesetzten Namen könnten wir dann wohl als ein Bahuvrihi-Kompositum „dessen Anprall träge ist“, „dessen Schlag schlaff ist“ übersetzen. Es versteht sich aber von selbst, das diese Etymologie nicht als ganz sicher gelten kann, weil eben das y nur ergänzt ist. § 53. Αργαμηνος.

OLBIA: Πόττλιος Αϊλιος Αργαμηνος I2, 96, 6 sq. (II/IIIP). Als Parallele zu diesem Namen dürfen wir vielleicht Argam, den Namen des Hauptes eines medisch-armenischen Geschlechtes (Be­ lege bei Justi, Namenbuch S. 22) heranbringen. § 54. Apyouavayoç.

OLBIA: Apyouavayoç Καραξτου I2, 132, 10 sq.; Apyouavayos [Κ]αραστου I2, 686, 2; Gen.: Καράξστος Apyouavayou I2, 138, 6 sq. (IIP); Σιαυον Apyouavayou I2, 103, 3 sq. (IIIP); Καιναξαρθον Apyouavayou I2, 91, 4: Ναύτιμον Apyouavayou I2, 94, 4; Akk.: Apyouavayov Καραξτου I2, 82, 3 (IIP). Diesen Namen zu erklären, haben sich Müllenhoff (Deutsche Altertumskunde III, 109), Justi (Namenbuch s. v.) und Miller 67

(Žurnál 249; aus Vasmer, Iranier 32) bemüht. Dieser vergleicht oss. argbuinag „würdig zu beten“. Justi gibt als Bedeutung des Na­ mens „die kleine Syringe“ an unter Vergleich von miran. Arjaivan, welchen Frauennamen er „Syringe“ übersetzt. Beide Etymologien müssen abgelehnt werden. Müllenhoff weist auf oss. argb „Preis“ und uan „schätzen“ hin; diese Etymologie scheint semantisch besser als die beiden vorangeführten zu sein (in demselben Sinne entscheidet sich auch Vasmer I. I.), trotzdem, dass sich uan in Miller-Freimans Ossetischem Wörterbuche nicht befindet. Auch wenn das Wort im Ossetischen niemals existierte und wenn demzufolge der zweite Teil der Zusammensetzung vorläufig undeutbar bleiben muss, ist ein Wort ungefähr der Bedeutung „Preis“ am Anfang eines zu­ sammengesetzten Namens sehr begreiflich. Zur Prosopographie s. unten § 125. § 55. Αρδαγδακος.

TANAIS: Αρδαγδακος Ποπλίου II, 447, 14 (225ρ). Um diesen Namen zu erklären, hat Justi (Namenbuch s. v.) oss. ard „Eid“ mit dem ersten Teil der Zusammensetzung verglichen. Den zweiten Teil hat Vasmer (Iranier 32), einer analogen Anre­ gung Justis folgend, unter Hinweis auf aw. haxta- „geeigenschaftet, ermächtigt“ (Bartholomae, Wtb. 1745) erklärt. Vasmer (l. I.) bemerkt auch, dass Miller (Žurnál 263) eine andere Etymologie vorschlug, die ich aber leider nicht kenne. § 56. Αρδαρος, Αρδαρακος, Αρδαρισκος.

PANTICAPAEUM: [Φορ]μίων Αρδαρου (Gen.) IV, 468, 15 (IIIP; Theodosia); Αρδ[αρον] (Akk.) IV, 206, 2 (unsichere Konjektur). BOSPORI ORA ASIATICA: Αρδαρος Ζα£3ου H» 404,12 (Gorgippia); Αρδαρος Πό[·3ου] IV, 436, a, 6 (Gorgippia); [Αρ]δαρος IV, 439, 3 (Gorgippia). TANAIS: Αρδαρος [Μ]ύρωνος II, 438,18 (155p); Αρδαρος Μαστο[υ] II, 448,13, (225ρ); [Αρ]δαρος Άρίσ[τωνος?] IV, 449,5 (Πρ); Gen.: Μιδαχος Αρδαρου II, 447, 16, (225ρ); Πάναυχος Αρ[δαρ]ου II, 447, 18 sq. (225p); 68

Akk.: Αρδάρον Π, 441, 4 (IF). PANTICAPAEUM: Gen.: Πάτητζο?) Αρδαρακ(ου) II, 29,45 (IIF); [Α]ρδαρακ(ου) II, 29, 61 (IIF); Πάτπτου [Αρ]δαρακ(ου) IV, 211, 2 (IIF). BOSPORI ORA ASIATICA: Μενέστρατον Αρδαρακου (Gen.) ΙΑΚ 14, 1905, 116, 3 (rec. aet. Rom.; Taman). TANAIS: Αρδαρακος Τρύφωνος II, 446, 15 (225p); Gen.: Αρδάρακου Τρΰφωνος II, 427,17(225p); -1C031S Αρδα[ρ]ακου II, 448, 30 (225ρ). PANTICAPAEUM: Gen.: [Σ]τ[ρ]ατόνει(κος) Αρδαρ(ισκου) (mög­ lich auch nur -ου) II, 29, 39 (IIF); -ouç Αρδαρ(ισκου) II, 29, 42 (IIF); [Α]ρδα(ρισκου) (möglich auch nur -pou) II, 29, 44 (IIF). TANAIS: [Α]ρδαρισκος Ψυχαρίωνος II, 442, 10 (IF); Αρδαρ[ισκ]ος Ζ[ηνοδότ]όυ II, 445, 10 (Π/IIF); [Σ]υνεγδή[μου] Αρδα[ρίσκου] II, 445, 29 (Π/IIF); Αρδα[ρισκ]ον [Σ]ννεγδή[μου] II, 445, 5 (II/IIF). Den Namen Αρδαρος hat Miller (Žurnál 245 und Os. Et. Ill, 79; aus Vasmer, Iranier 33) sehr gut erklärt, indem er oss. äldar „Aeltester, Vorstand, Fürst“ herangezogen hatte. (Nach Vasmer I. I. schreibt Miller ardar; dieses Wort mit der Nebenform aldar ist auch bei Miller-Freiman zu finden, aber mit der Bedeutung „ält...“, was zwar auch passend ist, doch aber nicht so wie das angeführte Wort.) Αρδαρακος wird sich bestens als eine durch das häufige Suffix -ccKOs erweiterte Form des Namens Αρδαρος erklären. Miller (Žurnál 245; aus Vasmer, Iranier 33, welcher Millers Erklärung bezweifelt) will den Namen mit oss. ärdaryn „zeigen, erlauben, rei­ chen, halten“ (Miller bei Vasmer 1.1.: ardarun „aushändigen, rei­ chen“; eine digorische Form?) in Zusammenhang bringen, was freilich kaum mit Beifall angenommen werden kann. Αρδαρισκος ist auch eine erweiterte Form von dem Namen Αρδαρος, diesmal mittels des griechischen Suffixes -ισκος. [Tallquist (Assyrian Personal Names 29) vergleicht den aus assyrischen Quellen bekannten Namen Ar-da-ra-a, wohl aber kaum mit Recht.]

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§ 57. Αρ·θαμ[μα]νος, Αρθιεμμανος.

OLBIA: Αρ·9αμ[μα]νος Πινμσ^ου I2, 82, 6 (IP). (So liest die zweite Ausgabe der IPE. Die erste Ausgabe hat Αρ·θαμ[μων] Οστπνμα^ου, und dieser Αρθαμων figuriert von Justi bis zu Harmatta, trotzdem, dass er rein epigraphisch weniger für sich hat.) OLBIA: Διονύσι(ο)ς Αρ-θιεμμανου (Gen.) I2, 135, 8 (IIP). Den Namen Αρ3αμ[μα]νος zu erklären hat sich Justi (Namen­ buch s. v.) bemüht; seine Etymologie (oss. art „Feuer“, oss. mon „Geist“) ist nicht nur durch die Einwände Harmattas (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 306; mon ist nur eine etymologische Abstraktion — es findet sich wirklich nicht bei Miller-Fr e im an — und dazu noch eine falsche) geschwächt, aber sie wird durch den Umstand ganz hinfällig, dass Justi selbstverständlich mit der alten Lesart Αρθαμ[μω]ν gerechnet hatte. Viel besser ist die Lösung Vasmers (Iranier 33), welcher das aw. araSamant- „der einen Rechtsstreit, Prozess erhoben hat, Klä­ ger“ (Bartholomae, Wtb. 196) verglich. Harmatta (l. I.) wen­ det ein, dass in diesem Falle der Name hätte *Αρθαμωνδος lauten sollen; das ist ganz wahrscheinlich, aber Beispiele von Verkürzun­ gen sind in den hier behandelten Namen ziemlich häufig. Harmatta selbst vergleicht aw. arata- n. „Gesetz, Recht, hei­ liges Recht“ (Bartholomae, Wtb. 192) und aw. mana- n. „Mässe, Art und Weise“ (Bartholomae I. 1. 1125). Den Namen Αρθιεμμανος wollte zwar Miller (IAK 47, 83; aus Vasmer, Iranier 33) mit aw. arštay- f. „Lanze“ (Bartholomae, 1. 1. 205) vergleichen, aber mit Unrecht. Schon Latyšev (IPE I2, S. 160) wusste, dass dieser Name „alia forma nominis Αρ·θαμ[μα]νος“ zu sein scheint. Vasmer (l. I.) verknüpft den Namen mit aw. araSya- n. „Rechtshandel“ (Bartholomae, 1.1. 196), was zwei­ fellos richtig ist. Und der Umstand, dass aw. araSya- eine Ableitung von aw. ara§a- n. „Sache; Rechtsstreit (nur in Ableit.), woran einem gelegen ist, Angelegenheit, Anliegen“ (Bartholomae, l. I. 195 sq.) deutlich zu sein scheint (Bartholomae l. I. 196), führt uns zur Ueberlegung, ob der Name Αρ·θαμ[μα]νος nicht eher mit aw. araSa- als mit arata- Zusammenhänge (Αρ·θαμ[μα]νος: araSa-, Αρθιεμμανος : araSya-). 70

Aber letzten Endes werden ja aw. araSa- und arata- im etymologi­ schen Zusammenhang sein, trotz Walde-Pokorny I, 70 und 136 (mit Literatur), welche die beiden Wörter zu anderen Wurzeln gehören lassen. [Es wird ganz ohne Weiteres klar sein, dass man bei der Ver­ gleichung nicht so an die entwickelten und ausgeprägten Bedeu­ tungen der awestischen Wörter denken darf, als an ihre ursprüng­ lichen oder nur älteren Bedeutungsäquivalente.] § 58. Αριτη.

PANTICAPAEUM: Αριτη 3υγάτηρ "Ηρωνος IV, 365, 1 (aet. Rom.). Diesen Namen könnte man ganz einfach als eine menda lapicidae erklären: Άρίστη ist einer der häufigsten griechischen Frauen­ namen; nichtsdestoweniger einen „Druckfehler“ anzunehmen, mag nur eine billige Ausflucht sein. Man kann auch den Namen mit Laty šev (zur Stelle) als neuere Orthographie des bekannten griechischen Namens Άρήτη (vrgl. die Belege bei Pape-Benseler s. v.) auffassen. Weil aber mehrere skythische Namen bei Herodot belegt sind, welche auf ’Api- be­ ginnen (vrgl. unten § 528,1), dürfen wir wohl auch hier eine irani­ sche Erklärung erwägen. In diesem Falle würde ich den Namen Αριτη als eine Kurzform von Namen, welche mit Api-, Αρια-, Apio- beginnen (vrgl. den eben erwähnten Paragraph und die iranischen Beispiele solcher Namen bei Justi, Namenbuch 22 sqq.), auffassen. Die Kurzform ist wahrscheinlich durch das Suffix-το/τη- erweitert worden. [An den Namen Αριθης (Gen.) SEG 7, 1066 (Arabia); vrgl. Wuthnow, Die semitischen Menschennamen 64, zu denken, wäre zu gewagt.] § 59. Αροασιοξ. TANAIS: Γοδοσαυος Αροασι[ου?] (Gen.) II, 454, 29 (IIP). Dieser Name, welchen auch Justi (Namenbuch s. v.) und Vas­ mer (Iranier 33) unter die iranischen Namen rechnen, ist meiner Ansicht nach eine Kurzform eines mit (dem Aequivalent des) aw.

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aurvant- „schnell, tapfer“ (Bartholomae, Wtb. 200) gebildeten Personennamens, wie es z. B. aw. Aurvasära- (Bartholomae 1. 1. 201) ist. Die Kurzform hat auch den Anlaut des ursprünglichen zweiten Kompositionsgliedes behalten, wie es nicht selten der Fall ist. § 60. Αρσαλιων.

OLBIA: Κουκαις Αρσαλιωνος (Gen.) I2, 148, 4 sq. Miller (Zumal 253; aus Vasmer, Iranier 33) hat diesen Namen mit aw. arsa- m. „Bär“ (Bartholomae, Wtb. 203) verknüpft. Er mag aber ebenso gut mit aw. aršan- m. „Mann, Held“ (Bartho­ lomae, l. I. 203) Zusammenhängen, -ιων ist ein häufiges griechi­ sches Suffix; nach Vasmer (I. Z.) ist aber — zweifelsohne wegen des unerklärten -λ---- die Bildung des Namens unklar. Wir dürfen aber das -λ- gerade wie das -σ- oben § 59 bei Αροασιος für den Anlaut des ursprünglichen zweiten Gliedes des später verkürzten Kompo­ situms auffassen. § 61. Αρσηουαχος, Αρσηοαχο$, Αρσηοχος,

OLBIA: Αρσηουαχος Κασαγου I2, 82, 8 (Πρ). Gen.: Μάρκον Ουλτπον Πύρρον Αρσηουαχου I2, 93, 4 (Πρ); Αβλωνακος Αρσηουαχου I2, 175, 8; Akk.: Αρσηουαχον Εύρησιβίου I2, 83, 3. OLBIA: Ζαλσιν τήν Αρσηοαχου (Gen.) θυγατέρα I2, 200, 3 sq. (ΙΙρ). OLBIA: Μάρκο[υ] Ούλιτίου Πύρρόυ Αρσηοχου (Gen.) I2, 129, 3 (Πρ). (-ου- und -o-müssen das -v-, -w- bedeutet haben; offensichtlich war der a-Laut nach diesem v, w dunkel und geschlossen, so dass er in Αρσηοχου mit demn, w in der Schrift ganz verschmolz; es kann sich nicht um verschiedene Namen handeln, weil es sich um den Vater einer und derselben Person handelt, also um Formen dessel­ ben Namens. Vrgl. auch unten.) Der Name Αρσηουαχος kann auf zweierlei Weise erklärt werden. Einerseits können wir es, einer Anregung Müllenhoffs (Deutsche Altertumskunde III, 114) Folge leistend, mit aw. Aršya- m. Eigen­ name (Bartholomae, Wtb. 206), vrgl. aw. arasya- „recht han­ 72

delnd, gerecht“ (Bartholomae, I. I. 356) und aw. vaiýiav- „gut“ (Bartholomae, I· I· 1359 sqq.) verknüpfen. (In derselben Rich­ tung aber übertrieben auch Keiper, Die Perser des Aeschylos, S. 59.) Andererseits ist die Vermutung Justis (Namenbuch s. v.), dass der Name als „mannhafte (feurige) Rosse habend“ zu übersetzen ist, bestechend (oss. bäx „Pferd, Ross“ und aw. aršan- m. „Mann, Held“; Justi falsch aw. arsyd). Vasmer, Iranier 33, ist allzu skeptisch und glaubt, dass keine dieser Deutungen befriedigt. Die erste Erklärung ist aber doch besser, da das η (im Lautwert ě, also die graphische Fixierung des Namens im griechischen Alpha­ bete viel älter als unsere Belege, weil im II. nachristlichen Jahr­ hundert schon η = i) durch den Einfluss des vorangehenden y er­ klärt werden kann; vrgl. auch zu derselben Erscheinung Αρθιεμμανος: araSya-, § 57. Jedoch vrgl. auch § 519, 8. Der Ausgang des Namens -οχος konnte auch durch Mitwirkung des Vorbildes der häufigen griechischen Namen auf-οχος graphisch mitbestimmt worden sein. § 62. Ασανος.

OLBIA: Μουγισαγος Ασανου (Gen.) I2, 97, 11. Diesen Namen dürfen wir wohl mit aw. asan- m. „Stein“ (Bar­ tholomae, Wtb. 207 sq.) verknüpfen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Kurzform einer ursprünglichen Zusammensetzung. § 63. Ασαρος. PANTICAPAEUM: Ασαρος Ατακεος IAK 10, 1904, 52. Diesen Namen hat Miller (IAK 47, 83; nach Vasmer, Iranier 34) unter Hinweis auf aw. asära- „ohne Haupt, ohne Oberhaupt, ohne Oberherrn“ (Bartholomae, Wtb. 210) erklärt. § 64. Ασιτακος.

TANAIS: Gen.: Γωσακοζ Ασττακου Η, 446, 17 (220p); Γωσακος ΑσΐΓα[κ]ου Η, 447, 24 (225ρ). (Dieselbe Person.) Den Namen Ασπακος verglich Miller (Žurnál 249; Os. Et. Ill, 79; aus Vasmer, Iranier 34) richtig mit aw. aspa- m. „Ross“ (Bar73

tholomae, Wtb. 216 sq.); vrgl. auch pehl. asp „Pferd“ (Nyberg, Hilfsbuch des Pehlevi II, 23), npers. esp, esb „Pferd“ (Horn, Npers. Etymologie 13 mit weiteren Dialektwörtern). Es wird sich um eine weitergebildete Kurzform handeln (Vasmer Z. Z.) von Namen vom Typus apers. Aspačanah- m. (Bartholomae, Z. Z. 217), aw. Pourušaspa- m. „der graue Rosse besitzt“ (Bartholomae, Z. Z. 903) u. a. § 65. Ασπαμιθαρης. PANTICAPAEUM: Νεουμήνιος ΑσπαμιΟαρεος (Gen.) IAK3,1902, 42, Nr 7 (“IV). Der erste Teil dieses zusammengesetzten Namens ist ganz ohne weiteres klar: aw. aspa- m. „Ross“ (vrgl. oben) (so Vasmer, Iranier 34). Den zweiten Teil des Namens können wir auch mit Vasmer (l. I.) mit aw. miSwara- „gepaart, paarweise, vereint“ (Bartho­ lomae, Wtb. 1183) vergleichen und das Ganze als ein BahuvrihiKompositum auffassen und etwa “der gepaarte Rosse besitzt“ übersetzen. Zum Verlust des v nach einem Konsonant vrgl. unten § 243 zu Φοδακος. Es gibt aber auch eine andere Möglichkeit. Der Name Αστταμιθαρης erinnert uns einerseits an den altpersischen Personennamen Ασιταμίτρης (Ktesias, Pers. 30; Justi, Namenbuch S. 503; die­ ser schlägt mit einigem Zweifel die Interpretation „Pferdefreund* vor), andererseits den Personennamen Mi-9ápa$(Vater eines Trup­ penführers des Mithridates: Memnon fr. 37 = Müller, Frag­ menta historicorum Graecorum III, 545; dazu vielleicht auch das kappadokische Μιθράος Appian, Mithr. 10 § 33), welches Justi (Namenbuch s. v.; so auch Schulze, KZ 33, 1895, 221) als eine Kurzform von Μιθραδάτης auffasst. Nun ist zwar das aw. und apers. miSra-, mitra- m. entweder der Name der bekannten Gott­ heit, oder aber hat es die Bedeutung von „Vertrag, Abmachung, Kontrakt; religiöse Bindung, Verpflichtung“ (Bartholomae, Wtb. 1183 sqq.). Aber im Pehlevi ist miSr zwar auch der Name der Gottheit, doch bedeutet es auch „Freundschaft“ (Nyberg, Hilfs­ buch des Pehlevi II, 151). So möchten wir das apers. Άσττάμίτρηζ und unser Ασπαμιθάρης für Belege dieser alten Bedeutung halten. 74

(Vrgl. auch Walde-Pokorny II, 241 über die Etymologie von aw. miSra-; es wird dort aber falsch auch die Bedeutung „Freund“ angegeben.) Allerdings müssen wir in diesem Fall von einer ver­ kürzten Koseform wie Μι5άρας ausgehen, weil sonst bei einer ge­ nauen lautlichen Entsprechung des aw. miSra- die Metathese der Lautgruppe -5p- zu erwarten wäre (vrgl. unten § 443). § 66. Ασττουργος.

OLBIA: Ασττουργος Παρσττανακου I2,84,5 sq.; Κότυν [Ασττ]ουργου I2, 38, 4 (αΙ). CHERSONESUS TAURICA: βασιλεύς Ασττου[ργος] Ι2,573 (Ι/ΙΙΡ). PANTICAPAEUM: Ασττόυργου II, 37, 2 (Πρ); [Κότυς] ό Ασττουρ[y]ou [β]α[σ]ι[λεύς] II, 32, 4 (Ιρ); βασιλέα Ασιτουργον τον έκ βασιλέως Ασανδροχου II, 36, 1 (αΙ/Ιρ). BOSPORI ORA ASIATICA: Ασττόυργου IV, 435, 6 sq. (Gorgip­ pia); [βασ]ιλέως [Α]σττουργο[υ] II, 364, 2 (16ρ; Taman). (Vrgl. auch: Ασττουργος Βιομασου υιός έρμηνεύς Σαρματών Βωσττορανός IG XIV, 1636; Roma.) (Mit Ausnahme des Erst- und Letztgenannten handelt es sich um Mitglieder der Dynastie.) Dass der erste Teil des zusammengesetzten Namens Ασττουργος mit aw. aspa- m. „Ross“ (Bartholomae, Wtb. 216 sq.) zu ver­ gleichen ist (cf. Boeckh CIG II, 115; Miller, Žurnál 253; aus Vasmer, Iranier 34; Tomaschek in PW II, 1738; Justi, Namen­ buch s. v.: er vergleicht auch arm. Aspürak; Vasmer l.I.; Harmatta, Acta Orient. Hung. 1,1950—51, 299 sq.), wird niemand leugnen. Den zweiten Teil zu erklären hat sich nur Boeckh (1. 1.) bemüht, indem er auf den Stammnamen Ούργοι (Strabo VII, 3,17 = VII, 306) hinwies: die Lesart dieses Namens ist aber nicht ganz sicher: siehe das oben § 17 dazu Gesagte. Es ist viel besser, den zweiten Teil des Namens direkt mit Harmatta (1.1.) mit aw. ugra- „stark, kräftig“ (Bartholomae, Wtb. 380) zusammenzustellen. Zu dem Stammnamen Άσττουργιανοί vrgl. das oben § 20 Gesagte. § 67. Ασφωρουγος.

OLBIA: Ασφωρουγος Καραστου I2, 205, 1 (aet. rec.). 75

Dieser Name soll nach Miller (Žurnál 253; aus Vasmer, Iranier 34, welcher eine sehr kühle Stellung zu dieser Hypothese einnimmt), Justi (Namenbuch s. v. Ασττουργος) zu dem eben besprochenen Namen Ασιτουργος gehören. Diese Annahme ist aber doch wegen der hypothetischen Metathese -oupyoç> -pouyos zu kühn. Besser ist die Deutung Harmattas (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 300), welcher in-ouy-(os) das ossetische Suffix -yg (dig. -ig, -ug: Miller, Sprache 90, § 95, 7; vrgl. auch unten § 202 den Namen Σαρνκη, in welchem das Suffix auch vorhanden zu sein scheint) sieht und Ασφωρ- von iran. *aspabära- „Reiter“ ableitet. Er hat aber kaum Recht, wenn er den Lautwandel -αόά->-ωvoraussetzt: die Haplologie ist ja in diesem Wort vielleicht auch in anderen ir. Dialekten bezeugt (vrgl. apers. asbäray- „der auf einem Ross reitet“ % (vrgl. § 521, 11). Beide diese Merkmale sind typisch für das Ossetische (vrgl. § 536), so dass der Name in den einheimischen (vor-) ossetischen Lautverhältnissen fest eingewurzelt zu sein scheint. Zu dem Ge­ sagten muss hinzugefügt werden, dass das Suffix -άγος noch mehr dazu beiträgt, dass der Name ein echt ossetisches Gepräge hat und den Verdacht einer fremden Entlehnung kaum zulässt. 100

Es scheint also wahrscheinlicher zu sein, den Namen Ινσα^αγος für einheimisch zu halten. Was den Nasal betrifft, hat die Annahme einér indoiranischen Nebenform, welche sich nur im Altindischen und im Ossetischen bewahrt hat (so nach Brugmann, Bartho­ lomae auch Wackernagel-Debrunner, Altindische Grammatik, III, 365 sqq.; mit der gesamten Literatur), an sich nichts Anstossen­ des. Wegen der Bedeutung des Namens sind zu vergleichen: Ιωδεσμαγος (unten § 122): „der Elfte“ und die griechischen Personen­ namen wie z. B. Ικάδας, Ίκαδεύς, Εικάδιος, Εικαδίων, welche alle zu είκοσι „zwanzig“ gehören (Bechtel, Personennamen 521). § 117. Ιραμβουστο$. TANAIS: Gen.: Σιαυ[α]κου Ιραμβουστου II, 427, 18 sq. (188p); Ιρβιδο$ Ιραμβου[στου] II, 427, 20 (188p). (Wahrscheinlich dieselbe Person, Vater der zwei Söhne.) In dem ersten Teile dieses Namens hat Miller (IAK 47, 92; aus Vasmer, Iranier 41) richtigerweise eine Entsprechung des aw. airyana- „arisch“ (Bartholomae, Wtb. 197) gesehen. In dem zweiten Teile möchte ich eine Entsprechung des aw. baoša- m. „Lösung, Rettung“ (Bartholomae, l. I. 920) suchen, so dass die Bedeutung des ganzen zusammengesetzten Namens etwa „der Arier Lösung“ wäre; leider ist aber die Interpretation des awest. Wortes nicht ganz sicher (Bartholomae, l. I.). Vrgl. auch den Namen Αμβουστος unten, § 274. [Tomaschek (Thraker II, 2, 15) vergleicht kaum mit Recht mit dem zweiten Teile des Namens Ιραμ-βουστος die (getisch-)thrakischen Namen Βοιρε-βιστας und Βιστοκος.]

§ 118. Ιραυαδις.

TANAIS: Ιροίυαδις Δημητρίου II, 447, 13 (225ρ). In der ersten Silbe dieses Namens hat Justi (Namenbuch s. v.) eine Entsprechung des aw. airya- „arisch“ (Bartholomae, Wtb. 198), oss. ir „ossetisch“ richtig gesehen. Was der zweite Teil des Namens (-αυαδις) bedeutet, kann man nicht feststellen; Miller hat sich um eine Etymologie bemüht 101

(I AK 47, 93; aus Vasmer, Iranier 41), deren Inhalt mir leider unbekannt geblieben ist. § 119. Ιρβις (oder Ιρβιδος). TANAIS: Ιρβιδος 1ραμβου[στου] II, 427, 20 (188ρ). (Es ist un­ möglich, ganz eindeutig festzustellen, ob diese Form ein Nomina­ tiv oder ein Genitiv ist; weil es aber sonst in der Inschrift Genitive in dieser Situation gibt, ist der Genitiv wahrscheinlicher, aber doch nicht ganz sicher, da im zweiten Jahrhundert n. Chr. die Kasussyn­ tax oft unbeachtet bleibt; vrgl. § 29, S. 49.) Dass die erste Silbe dieses Namens auch zu aw. airya- „arisch“, oss. ir „ossetisch“ (vrgl. oben § 118) gehört (Miller, IAK 47, 92; aus Vasmer, Iranier 41), wird niemand bezweifeln. Den zweiten Teil des Namens wollte Miller (Z. Z.) mit oss. uidag „Wurzel“ vergleichen, so dass die Bedeutung des ganzen Komposi­ tums „von arischer Wurzel“, d. h. „der von arischer Wprzel Stam­ mende“ wäre. Vasmer (Z. Z.) behauptet aber, dass die ältere Be­ deutung dieses Wortes wohl „Weide“ gewesen sein musste, zwei­ felsohne wegen des aw. vaêtay- f. „Weide; Weidengerte“ (Bartho­ lomae, Wtb. 1314), so dass der Name in diesem Falle keine an­ nehmbare Bedeutung besitzen würde (Harmatta, Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 291). Die Etymologie wird noch unwahrschein­ licher, wenn wir namentlich den Auslaut der dig. Form iedagä < uedagä im Auge haben. Harm atta (Z. Z.) glaubt also, dass man entweder aw. vacati­ li. „Besitz“ (Bartholomae, Z. Z. 1321) oder aw. vaCay- f. „Ge­ stalt, Form“ (Bartholomae, Z. Z., 1321) vergleichen soll. In diesem Falle kann er auf die Analogie des skythischen (Her.) Namens Άριοπτείθης „von arischer Gestalt“ hinweisen (?;§ 528, 1.) § 120. Ipyavoç. TANAIS: Ipyccvoç H, 454, 25 (IIP). Diesen Namen etymologisiert Harmatta (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 291) von einem airan. *aryakäna-, wo *arya- das oben (§ 118) besprochene aw. airya- „arisch“, oss. ir „ossetisch“ ist und -käna- ein patronymisches Suffix repräsentiert, welches aus dem

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arm. Personennamen Boyekan < mpers. Boi + akän (vrgl. Hübsch­ mann, Arm. Gramm. I, 33) bekannt ist. § 121. Ιωδα$.

PANTICAPAEUM: Ιωδας Βαρδανου II, 29, 35 (ΙΙΙΡ). Den Namen Ιωδας betrachtet Vasmer (Iranier 41) als eine Kurzform von Namen wie aw. aspäyaoSa- „zu Ross (oder um Rosse?) kämpfend“; auch als Beiname (Bartholomae, Wtb. 218); zu aw. yaod- „kämpfen“ (Bartholomae, I. I., 1230), oder direkt zu aw. yaozant-, apers. yaudant- von. aw. yaoz-, apers. yaud- „in unruhige Bewegung geraten, in Aufregung geraten, sich aufregen“ (Bartholomae, l. L, 1231 sq.). Harmatta (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 297) vergleicht auch den soghdischen Personennamen ywdrzmk [yödarazmak] bei Rei­ chelt, Die soghdischen Handschriftreste des Britischen Museum II, 56. § 122. Ιωδεσμαγος.

OLBIA: Ιωδεσμαγο$ Νείλον I2, 103, 4 (ΠΙΡ). Diesen Namen zu erklären, hat sich Miller (IAK 47, 85; aus Vasmer, Iranier 41) bemüht, indem er zwei Etymologien vor­ schlug. Er verglich den ersten Teil des Namens mit aw. yaod„kämpfen“ (vrgl. oben § 121 über aw. aspayäoSa-) und den zweiten mit oss. smag „Geist“, so dass die Bedeutung der ganzen Zusam­ mensetzung etwa „Kampfgeist habend“ wäre. (Diese Etymologie wird auch von Vasmer (Z. Z.) angenommen.) Das ossetische Wörter­ buch von Miller-Freiman gibt aber als Uebersetzung des Wortes smag, dig. (ä)smag nur „Geruch, Gestank“ an (ebenso auch Kasajev, Os.-rus. slovar’ s. v.) und so ist diese Etymologie nicht so sicher, wie sie prima facie zu sein scheint. Die zweite Etymologie Millers (Z. Z.) vergleicht oss. ieu „ein“ (so Miller-Freiman) und oss. däsäimag „der zehnte“, also das Ganze „der elfte“. Vrgl. das oben § 116 zu Ινσα^αγος Gesagte. Das Ausbleiben der zweiten Silbe des zweiten Teiles der Zusammen­ setzung (-δεσμαγ-: däsäimag) ist aber jedenfalls, wie vielleicht auch andere lautliche Erscheinungen (-δεσ-: däs-), verdächtig. 103

§ 123. Καιναξαρθος, Κηνεξαρθος. OLBIA: Καιναξαρθον Apyouavayou (Akk.) I2, 91, 3 sq. OLBIA: Κηνεξαρθον (Akk.) I2, 333, 4. Dass in dem zweiten Teile dieses Namens eine Entsprechung des aw. xšaSra- n. „imperium, regnum, Herrschaft, Reich“ (Bartho­ lomae, Wtb. 542 sq.) zu suchen ist, hat seinerzeit schon Müllen­ hoff (Deutsche Altertumskunde III, 121) erkannt. Ebensogut hat er den ersten Teil des Namens mit. aw. kaenä- f. „Strafe, Vergeltung, Rache“ (Bartholomae, l. 1.429) verglichen, so dass die Bedeutung des ganzen Namens etwa „dessen Herrschaft Rache (an den Feinden) nimmt“ (so Justi, Namenbuch s. v.; ebenso Vasmer, Iranier 41) wäre. § 124. Καμορσα^ης, Καμαρσα^ης.

PANTICAPAEUM: Καμορσα^ης καί υιός Ιαιορσα^ης IV, 249, 1. PANTICAPAEUM: [Πρ]ωτίωνυίέ Καμαρ[σ]α[3]ου (Gen.) ΙΑΚ10, 19Ó4, 61 Nr 63 (aet. Rom.). Dass der erste Teil dieses Namens mit aw. käma- m. „Verlangen, Wunsch“ (Bartholomae, Wtb. 463) zu vergleichen ist (Miller, IAK 47, 86; aus Vasmer, Iranier 41), wird wohl niemand bezwei­ feln. Nicht eben so sicher ist die Erklärung Millers (I. I.), dass der zweite Teil mit einem oss. är + sadzun „befestigen“ zusammen­ hängt, weil das zusammengesetzte Zeitwort inMillers-Freimans Wörterbuche nicht zu finden ist. Oss. sadzyn: „pflanzen, hinein­ stecken, einsetzen“; är: „Verbalpräfix, bezeichnet die Bewegung von weitem, von oben nach unten vom Gesichtspunkt des sich unten Befindenden“. Also nichts Einleuchtendes. § 125. Καραξστος, Καραξτος, Καραστος. OLBIA: Καραξστος Apyouavayou I2, 138, 6 (Hp). OLBIA: Gen.: Apyouavayov Καραξτου I2,82, 3 (IIP); Apyouavaγος Καραξτου I2, 132, 11. Καραξστος war der Sohn eines Apyouavayoç. Καραξτος ist Vater eines Apyouavayoç (dieselbe Person zweimal belegt). Es wird sich

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wohl um eine Familie handeln; möglicherweise ist sogar der Καραξστος und der Καραξτος eine und dieselbe Person. In diesem Falle wäre der Αργουαναγος im ersten Beleg Grossvater, im zweiten und dritten Enkel. (Diese Vermutung hat schon Justi, Namen­ buch s. v. ausgesprochen, doch in einer konfusen Weise: er hält Καραξστος für Grossvater und Enkel.) OLBIA: Gen.: Ασφωρουγος Καραστου I2, 205, 2 (aet. rec.); Αργουαναγος [Κ]αραστου I2, 686, 3. Akk.: Καραστον Σαρατου I2,92, 3 (ΙΙΡ). (Der [Κ]αραστος I2, 686, 3 ist auch Vater eines Αργουαναγος, so dass er mit dem Καραξτος und wohl auch Καραξστος wenigstens verwandt, wenn nicht über­ haupt identisch sein wird.) Den zweiten Teil des Namens Καραξτος darf man wohl mit aw. axšata- „unverletzt“ (Bartholomae, Wtb. 51) vergleichen. Der erste Teil bleibt leider vorläufig unerklärt. Dass der Name Καραστος dem Namen Καραξτος und Καραξστος gleich ist, hat schon Justi (Namenbuch s. v.) behauptet. Trotz­ dem, dass sich Vasmer (Iranier 41) vorsichtiger ausspricht, halten wir an der Identität der Namen fest: falls die oben angeführten prosopographischen Erwägungen richtig sind, ist die Gleichheit der Namen bewiesen. Καραστος scheint nur eine Schreibart zu sein, in der die schwierige Gruppe vereinfacht worden ist. Auch die Schreibweise Καραξστος zeigt, dass der Schreiber in Verlegenheit war, diesmal aber Vorsichtshalber die schwierigen Laute pleonastisch zum Ausdruck brachte. (Vrgl. auch oben § 67 zu dem Namen Ασφωρουγος.) § 126. Καρ3θ«3ος, Καρ^ουα^ος.

OLBIA: Καρ3[ο«3ος] I2, 169, 4. Dat.: Kapjoa^cp Άττάλου I2, 39, 40 (IIP). Akk.: Kapjoajov Άττάλου I2,39,3 (IIP); Kap3(o)ajov Άττάλου I2, 39, 35 (IIP). (Die drei letzten Belege beziehen sich freilich auf dieselbe Person.) OLBIA: Gen.: ζαρταμος Kapjouajou ό καί Ιλβιος I2, 83, 5 sq.; Χαλαις Kapjouajou I2, 83, 8. (Es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich hier um denselben Vater der zwei Söhne handelt.) 105

Dieser Name wurde von Justi (Namenbuch s. v.), mit Hinweis auf aw. Karasavazdah-, Eigenname (Bartholomae, Wtb. 469) er­ klärt. Vasmer (Iranier 42) gibt den Vorzug der Etymologie Millers (Žurnál 257; IAK 47, 85 sqq.; aus Vasmer, I. I.), welcher oss. kurz „streng, rauh“ und aw. υαζα- „Kraft“ (das in Bartholo­ mae s Wörterbuche nicht zu finden ist) vergleichen wollte. -o- und -ou- werden wohl verschiedene graphische Ausdrucks­ weisen für denselben Laut [υ] sein. § 127. Καρσας.

BOSPORI ORA ASIATICA: Αταμα^ας Καρσα (Gen.) II, 402, 43 (aet. Rom.). Um eine Etymologie dieses Namens kann man sich in verschie­ dener Weise bemühen. Miller (Žurnál 246; aus Vasmer, Iranier 42) verglich aw. karasa- „mager“ (Bartholomae, Wtb. 469). Vasmer (l. I.) lehnt diese Etymologie ab und gibt selbst eine Far­ rago von Erklärungen: der Name kann eine Kurzform von entweder aw. karšiptar- m. Name eines Vogels, „accipiter“ (Bartholomae, 1.1., 458), oder aw. yaokars- „Getreide säend, bauend“ (Bartholo­ mae, l. I., 1228), oder aw. karsö.räzah- „der dem Gau die gesetzli­ chen Bestimmungen vorschreibt“ (Bartholomae, l. I., 458) sein. Wir dürfen aber auch nicht den thrakischen Stammnamen Κάρσεις (vrgl. unten § 590 zu Καρ^εις) äusser Acht lassen. § 128. Κασαγος, Κασάκος.

OLBIA: Gen.: Αρσηουαχος Κασαγου I2, 82, 8 (IIP); Κασκηνος Κασαγου I2,116, 7 sq. (IIP); [Γ]αιος Κασαγου I2, 85, 8; [Κα]σαγου I2, 117, 4. (Wohl verschiedene Personen, wenigstens die Mehrheit von ihnen.) BOSPORI ORA ASIATICA: Κασαγος ή Τ. εις Ακασα IV, 435, 13 (Gorgippia; der Beiname des Mannes kann leider nicht ergänzt werden, griechisch wird er aber wahrscheinlich nicht sein). OLBIA: Κασακος Καρ^ει I2, 99, 7. Miller (Žurnál 234, 247; Os. Et. Ill, 79; aus Vasmer, Iranier 42) wollte den Namen Κασαγος entweder mit oss. käsäg „das kabardi­ nische Volk, die Tscherkessen“ (so Miller-Freiman; Miller nach 106

Vasmer: „Kabardiner“), oder mit oss. käsag „guter Seher“ (so Miller-Freiman; Miller nach Vasmer: „scharf sehend“); dazu auch oss. käsäg „schauend, wartend, lesend“, beide zu oss. käsyn „sehen“, aw. Wurzel kas- (vrgl. oben. § 46 zu Ακασας). Vasmer (Z. Z.) bezweifelt zwar beide Etymologien, die zweite aber mit Unrecht, weil sie sehr trefflich ist. (Vrgl. auch MillerFreiman, Wtb. s. v. käsag.) Dass Κασακος zu Κασαγος gehört, versteht sich wohl von selbst. Die Suffixe -άγος und -ακος werden auch anderswo promiscue ge­ braucht. Abzulehnen ist die Etymologie Justis (Namenbuch s. v.), welchier diese Form des Namens mit npers. kašak „Elster“ zusammen­ bringt. § 129. Κασαις.

OLBIA: Κασαις Παρνου I2, 92, 8 (IIP). Vasmer (Iranier 42) will diesen Namen mit Κασαγος in Zusam­ menhang wissen. Ich möchte ihn lieber von einer Entsprechung des aw. kasav- „klein, gering“ (Bartholomae, Wtb. 460) ableiten, was lautlich sowie semantisch passt. § 130. Κατοκας, Καττα$, Κατιων.

BOSPORI ORA ASIATICA: Κατοκας Δαδου II, 402, 53 (aet. Rom.; Gorgippia). BOSPORI ORA ASIATICA: Καττας II, 403, 6 (Ip; Gorgippia). CHERSONESUS TAURICA: Κατιων I2, 451, 5 (aet. Rom. rec.); -δησσαν [Κ]ατιωνος (Gen.) I2, 451, 4 (aet. Rom. rec.; dieselbe Person). BOSPORI ORA ASIATICA: Gen.: [Κ]ατιωνοξ, Ίάς Ποσίου II, 403, 4 (Ip; Gorgippia). Der Name Κατοκας wurde richtig von Vasmer (Iranier 42) mit dem aw. Personennamen Katav- (Bartholomae, Wtb. 433) ver­ glichen. Hierher gehört auch der Name Καττας, welcher zwar um kein Suffix erweitert, aber doch durch die expressive Gemination als Hypokoristikon charakterisiert ist (falls die Gemination nicht nur graphisch ist). Der Name Κατιων ist von demselben Stamme 107

(ohne die Gemination) durch das griechische Suffix -ιων abgeleitet. Eine Zusammensetzung aus einem iranischen Stamm und einem griechischen Suffix kann uns in dieser Zeit nicht überraschen; auch werden wir solchen Bildungen noch mehrere Male begegnen. [Da der Namenstamm allgemein iranisch zu sein scheint, ist viel­ leicht nicht zu gewagt die Vermutung Tallquists (Assyrian Per­ sonal Names 317), welcher mit dem iranischen Namen den in einem Bericht Sargons Vili, bezeugten Namen Ki-ta-ak-ki vergleicht. Die Vergleichung ist aber doch kühn genug, da die Lautentsprechungen offenbar nicht ganz übereinstimmend sind. Nach Μ. Mayrhofer (KZ 71, 1954, 240) gehört zu aw. Katav(zu germ, hadu- „Kampf“, gall. Κατουγνατος „Kampfeskundiger“) auch Καδουίδας, Bruder des Anacharsis, König der Skythen (Diog. Laert. 1, 8, 101). Dazu ist noch die bei Suidas belegte Nebenform Καδουίας zu stellen.] § 1,31. Κοσσας, Κοσους, Κοσσους, Κουσους, Κοσ[σω]ν. PANTICAPAEUM: Κοσσας Γλαύκου IV, 316, 1; Χον[δ]ε[ιν] καί Κοσσα (Voc.) [ui]oì Αλεξάνδρου II, 88, 1 (aet. Rom.; es handelt sich um einen Mann, weil — abgesehen von dem ergänzten [ui]oi, welches auch als „Kinder“, nicht „Söhne“, auf unseren allerlei merkwürdiges Griechisch enthaltenden Inschriften aufgefasst wer­ den könnte — auf dem Monument „tres figurae viriles unaque muliebris facie ad spectantem conversa; duo viri dextras iungunt“ zu sehen sind. Die Inschrift ist „pessime detrita“: der Name Κοσσα steht ganz am Ende der Zeile. Vielleicht wäre es möglich, vor dem Ende der Zeile das [s] zu ergänzen und die beiden Namen als No­ minative aufzufassen. Verbleiben wir bei der Lesart, wie sie oben angegeben wird, sind wir wohl gezwungen, am Ende der Inschrift das Wort [χαίρετε] zu ergänzen. Auch diese Annahme ist möglich, weil der Stein nach und unter ’Αλεξάνδρου abgebrochen worden ist) ; Gen.: Πόιτλΐ υιέ Κοσσα II, 192, 2. PANTICAPAEUM: [Κ]οσου[ς] Άριέους IV, 251, 1 (aet. Rom.); Gen.: Μαρία γυνή Κοσου IV, 381, 2 (aet. Rom.); Άττολλώνιε υΐέ Κοσου ΙΑΚ 10,1904, 41 (aet. Rom.); Διόφαντε υίέ Κοσου ΙΡΕ IV, 300, a, 2; Πανίερ[ος Κο]σου (? unsicher) IV, 232, 2 (aet. Rom.).

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PANTICAPAEUM: Gen.: Χρηστούς Κοσσου Μενάνδρου II, 54, 5 (Ιρ); Akk.: Κοσσουν II, 60, 4. BOSPORI ORA ASIATICA: Κοσσους καί ’Αθηνόδωρος υιοί Βαγητος II, 402, 40 (aet. Rom.; Gorgippia); Κοσσους Αττα II, 403, 22 (Ιρ; Gorgippia); Κοσσ[ους] 11,414, 5 (Gorgippia); Κοσσο[υ oderuç] (Nom. oder Gen.) Π, 402, 17 und 18 (aet. Rom.; Gorgippia); Gen.: Πάπας Μυφαγορα Κοσσου II, 402, 39 (aet. Rom.; Gorgip­ pia); [ό δείνα] Κοσσου II, 402, 51 (aet. Rom.; Gorgippia; wahr­ scheinlich nicht dieselbe Person: sonst würden die beiden Söhne desselben Vaters auf der Inschrift zusammen zur Erwähnung kom­ men); [Ν]ουμήνιος Κοσσου II, 403,13 (Ip; Gorgippia); [Διόφαν]τος Κοσ[σου] IV, 442, 1 (Gorgippia). TANAIS: Κοσσους Ήρακλείδου II, 434, 16 (236p); [Κ]οσσους Ήρακλείδου II, 449, 19 (ΙΠΡ). (Dieselbe Person.) PANTICAPAEUM: Κουσους IAK 14, 131, Nr 52 (aus Vasmer, Iranier 43). PANTICAPAEUM: Κοσ[σω]νος (Gen.) SEG II, 486, 3. Diese Namensippe hat treffliche griechische Parallelen. Vrgl. den sprichwörtlichen Namen Κοσσας eines rechtskundigen Einwohner aus Pallene, den Pape-Benseler aus Suidas erwähnen. Weitere: Κόσων IG IV, l2,94,17 (ein Thearodokin Epidaurus); Κόσσω(Gen.) IG V, 1, 1111, 20 (Laconia; αΙΙ) und vielleicht auch Κόσσαλος IG XII, 3, Suppl. 1299, 2 (Thera). Diese Namen könnte man als scherzhafte Namengebung zugr. κόσσος „Ohrfeige, Backenstreich“ stellen; vrgl. den komischen Parasitennamen Κοσσοτράπε^ος bei Pape-Benseler und Liddell-Scott s. v. (Weil der Beleg aus Lakonien dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert gehört, ist es unmöglich anzunehmen, dass es sich um das römische Cossus, Κόσσος handeln könnte.) Trotz diesen griechischen Parallelen ist es vielleicht nicht zu gewagt, diese Namensippe für iranisch zu halten. Diese Annahme ist nicht auf dem Umstande begründet, das auf dem Monument IPE IV, 300 (Panticapaeum) ein höchst wahrscheinlich einheimi­ scher Reiter mit dem Bogen am Schulter dargestellt ist: viele Iranier in dieser Gegend haben ja griechische Namen und der Vater 109

des auf diesem Monumente abgebildeten Διόφαντος könnte einer von ihnen sein, ebenso wie sein Sohn. Ausschlaggebend ist der Umstand, dass die Namensippe eine Variation zeigt, welche bei den Namen griechischen Ursprungs überhaupt nicht üblich ist. Bei einem iranischen Namenstamm, dessen Phoneme mit den griechi­ schen nicht genau übereinstimmten, ist eine solche Variation da­ gegen nicht befremdend, sondern im Gegenteil zu erwarten. Wenn also die Namensippe als iranisch aufzufassen ist, glauben wir, dass sie mit oss. kosa „mit dürftigem Haarwuchs auf dem Gesicht, bart­ los, haarlos“ zu vergleichen ist, welches Wort semantisch passend ist. Zur Bedeutung vrgl. die analogen griechischen Namen bei Bechtel, Personennamen S. 493. § 132. Κου^αιος.

OLBIA: Δαδαγο$ Koujociou I2, 137, 10. Diesen Namen zu erklären versuchte zuerst Müllenhoff (Deut­ sche Altertumskunde III, 115), welcher aw. hua-, χ°α-, pronomen reflexivum (Bartholomae, Wtb. 1845 sq.) und aw. zaya- m. „Aus­ rüstungsgegenstand“ (Bartholomae, l. I., 1666) verglich und so­ mit eine Bedeutung des Namens wie etwa „durch sich selbst be­ wehrt“ voraussetzte. Miller (Žurnál 260; aus Vasmer, Iranier 43) wollte das aw. zaya- mit aw. hu-„wohl, gut, schön“ (Bartholomae, l.L, 1817) zusammengesetzt wissen; also die ganze Zusammensetzung etwa „gut bewehrt“. Dass diese beiden Etymologien auf lautliche Schwierigkeiten stossen, hat schon Vasmer (l. I.) richtig bemerkt. Wir möchten diesen Namen mit oss. kudz „Hund“ (so MillerFreiman; Abajev und Kasajev in ihren Wörterbücher führen als ironische Form kuydz an) vergleichen mit Hinweis auf die heute existierenden ossetischen Personennamen Kudzäg, männl. Name, Kudzyn, Frauenname. Diese Etymologie für ganz sicher zu halten verbietet uns die digorische Form kui „Hund“, welche uns zwingt, von einem *kuti auszugehen (vrgl. Miller, Sprache 21). Immerhin gibt es auch andere Fälle einer absoluten Uebereinstimmung mit dem Ossetischen; zu vergleichen ist vor allem der Name Ivaajocyos (oben § 116), in welchem auch das 3 dem aw. (altiran.) t in Uebereinstimmung mit dem Ossetischen entspricht. HO

§ 133. [Κ]ουριδατης oder -ος. CHERSONESUS TAURICA: [Κ]ουριδατου (Gen.) I2, 684, 2 (αΙΠ; Tauridis ora merid.). (Latyšev zur Stelle: supplevi dubitanter conlato Κουρίδαχο$ nomine Scythico.) Falls die Ergänzung Latyševs richtig ist, was nicht ganz sicher ist, müssen wir in der Tat den Skythennamen Κουρίδαχος bei Pris. Pan. frg. 8 (Müller, FÜG IV, 82) vergleichen. Ob auch oss. kur „Stier“ zu vergleichen ist, kann nicht ganz eindeutig fest­ gestellt werden.

§ 134. Κοφαρνος. BOSPORI ORA ASIATICA: Κοφαρ[νο$] II, 403, 15 sq. (Ip; Gor­ gippia.) TANAIS: Κοφαρνος Π, 445, 18 (II/IIIP); [Κ]οφαρνο[ν?] (Akk.?) II, 453, 7 (230p). Miller (Žurnál 257; aus Vasmer, Iranier 43) hat richtig gesehen, dass der zweite Teil dieses zusammengesetzten Namens mit apers. farnah-, aw. \vannah- n. „Ruhm, Glanz, Herrlichkeit“ (Bartho­ lomae, Wtb. 1870) zu vergleichen ist. Den ersten Teil möchte ich mit aw., apers. gav- m„ f. „Rind, Stier, Kuh“ (Bartholomae, l. I., 505 sq.) vergleichen, so dass die Uebersetzung des ganzen Namens „dessen Ruhm in den Rindern besteht“ wäre. Die Entsprechung des stimmlosen κ für einen stimmhaften iranischen Laut ist nicht ganz üblich, aber doch möglich.

Λειμανος, Λειμειη s. u. § 241. § 135. Μαδακος, Μαδωις. TANAIS: Μαδακον Μενεστράτου (Akk.) II, 451, 14 (ΙΙΙΡ). TANAIS: Μαδωϊς Σαμβατιωνος 11,447,15 (225ρ). (Mannsname.) Justi (Namenbuch s. v.) glaubte, dass der Name Μαδακος als eine Kurzform eines mit der Entsprechung des aw. mäta- zusam­ mengesetzten Namens aufzufassen ist. Diese Hypothese wird aber hinfällig dadurch, dass man mäta- nicht mit Justi „weise“ über­ setzen darf, sondern als ein Partizip zur Wurzel aw. mä(y)- „messen, bilden, bauen“ (Bartholomae, Wtb. 1665 sq.) interpretieren muss. 111

Miller (Žurnál 243; aus Vasmer, Iranier 43) vergleicht dig. madä „Mutter“, das semantisch unpassend ist (es handelt sich ja um einen Mannsnamen). Vasmer (1. 1.) denkt zweifelnd an apers. mäda- „Meden“ (Bartholomae, I. I., 1168), zieht aber selbst die Etymologie Justis vor (weil er die Uebersetzung von mäta- „weise“ augenscheinlich für richtig hält). Ich würde glauben, dass dieser Name eine mittels des Suffixes -ακος erweiterte Kurzform eines mit der Entsprechung des aw. mada-, maZa- m. „Rauschbegeisterung“ (Bartholomae, I. I., 1113 sq.) zusammengesetzten Namens ist; zur Bedeutung des Namens vrgl. die griechischen Personennamen wie Με·θύστα$, Με·9ύσταιος, Μέθυλλος, Μέθων (alle zu μέθυ) bei Bechtel, Per­ sonennamen 506. Der Name Μαδωις gehört, wie schon Miller (Žurnál 243; aus Vasmer, Iranier 43) erkannte, zu Μαδακος. Er ist aber mittels eines anderen Suffixes erweitert worden. § 137. Μαδα; Frauenname.

PANTICAPAEUM: Μαδα γυνή Δοριτίου IAK 10,1904, 75 Nr. 82 (aet. Rom.). Weil es sich hier um einen Frauennamen handelt, passt sehr gut die Erklärung Millers (IAK 47, 87; aus Vasmer, Iranier 43), wel­ cher diesen Namen mit oss. dig. madä, aw. malar- „Mutter“ verglich. § 138. Μα^ις, Μάγους.

PANTICAPAEUM: Μα^ις Χολκδ II, 244, 1 (aIV). PANTICAPAEUM: Κλεώ Μάδοτος γυνή (Gen.) II, 2381,1 sq. (aIV). [Den Namen Μα$ις hat Miller (Žurnál 250; aus Vasmer, Iranier 43) mit aw. maz- „gross, von hervorragender Bedeutung“ (Bartho­ lomae, Wtb. 1156) richtigerweise verglichen. Zu derselben Sippe gehört m. E. auch der Name Μάγους (so ist wohl der Nominativ anzusetzten), welcher mittels eines anderen Suffixes erweitert und der griechischen Deklination der Dental­ stämme angepasst worden ist. V^çgl. meinen Aufsatz „Ad inscrip­ tionem Olbiopolitanam Tolstoj 154“ in Listy filologické 2 (77), 1954, 213 sqq. ' 112

§ 139. Μαιακος.

OLBIA: Ίκέσιον Μαιακου (Gen.) I2, 132, 4. Diesen Namen wird man schwerlich auf eine andere Weise inter­ pretieren können, denn als erweiterte Kurzform eines mit der Ent­ sprechung von aw. mäyä- f. „Freude, Wonne“ (Bartholomae, Wtb. 1169) zusammengesetzten Namens. § 140. Μαισης.

BOSPORI ORA ASIATICA: Μαισης Καλλιγένου IV, 432, AI, 52 (“III). Diesen Namen verglich Vasmer (Iranier 43) richtigerweise mit aw. maěša- m. „Schaf“ (Bartholomae, Wtb. 1109). [Die Aehnlichkeit mit Μαισιάδας IG XII, 3, Suppl., 1440 (Thera) wird nur zufällig sein.] § 141. Μαιφαρνος.

OLBIA: Μαιφαρνον Θεοτίμου (Akk.) F, 148, 1 sq. Nach Miller (Žurnál 257; aus Vasmer, Iranier 43) ist dieser Name aus (der Entsprechung von) aw.. mäyä- f. „Freude, Wonne“ (vrgl. oben § 139 zu Μαιακο$) und aw. pannati-, apers. farnah- n. „Ruhm, Glanz, Herrlichkeit“ (Bartholomae, Wtb. 1870) zusam­ mengesetzt worden. Kaum richtig ist die Erklärung Justis (Namenbuch s. v.), wel­ cher den mpers. Eigennamen Mähfarn-bag, d. i. „Glück durch den Ized Mahd habend“ vergleicht. § 142. Μαιωσαρα; Frauenname.

PANTICAPAEUM: Μαιωσαρα (Frau) II, 245, 1. Diesen Namen zu erklären hat Miller (Žurnál 257; aus Vasmer Iranier 43) versucht, der ihn für eine Zusammensetzung von (den Entsprechungen des) aw. mäyä- f. „Freude, Wonne“ (vrgl. oben § 139 zu Μαιακος und § 141) und aw. sarah- n. „Kopf“ (Bartholo­ mae, Wtb. 1565) hält. Sollte also die Bedeutung der ganzen Zusam­ mensetzung etwa „voluptatis caput“ sein? Weniger befriedigt uns ein zweiter Deutungsversuch Millers (IAK 47, 87; aus Vasmer, Iranier 1. 1.): zu vergleichen wäre aw. Personennamen. 8

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mähya- m. Name der Gottheiten der Monate und der Monatsfeste (Bartholomae, Wtb. 1171). § 143. Μανιαγος.

OLBIA: Μανιαγος Ποσειδήου I2, 96, 8 (II/IHP); Gen.: Πουρθακής Μανιαγου I2, 86, 8 (I/Hp); [M]aviayo[u] I2, 117, 3. Dieser Name wurde auf sehr verschiedene Weisen erklärt. Miller (Žurnál 264; aus Vasmer, Iranier 44) vergleicht ihn mit oss. mäniag „meiner wert“, welches Wort weder in Millers-Freimans Wörterbuche (oder in Kasajevs Os.-rus. slovar’) zu finden, noch semantisch passend ist. Vasmer (l. Z.) hat zwei Möglichkeiten vorgeschlagen: entweder kann man den Namen mit aw. nmänya- „häuslich“ (Bartholomae, Wtb. 1094), oder, was entschieden besser ist, mit aw. manyau- m. „Geist“ (Bartholomae, I. I., 1136 sqq.) vergleichen. In diesem Falle handelt es sich um eine gekürzte Form. Justi (Namenbuch s. v.) vergleicht den mpers. Eigennamen Μανιαχ, doch kaum mit Recht. [Μανιακής, späterer Mannsname Ephr. mon. 3030, Nic. Br. 4, 6 (136, 4), Suid. (aus Pape-Benseler s. v.) wird kaum hieher gehören; dieser Name gehört entweder zu Μανιακός (Belege bei Pape-Benseler s. v.) und mit ihm zu dem häufigen Frauennamen Μανία, oder aber kann bei einem späten Namen eine Namengebung von dem Schmucke μανιακής „persische und keltische Halskette“ in die Frage kommen.] § 144. Μαρδαυος.

TANAIS: Μαρδαυος Ζαρανδου II, 451, 15 (228ρ). In dem zweiten Teile dieses Namens kann man ziemlich klar die Entsprechung von aw. avah- n. „Hilfe“ (Bartholomae, Wtb. 178) sehen. Den ersten Teil hat Miller (Žurnál 247; aus Vasmer, Iranier 44, welcher die Richtigkeit der Etymologie bezweifelt) mit oss. mard „tot, Leiche“ verglichen. Ich möchte ihn lieber direkt mit aw. ma­ rata- m. „Sterblicher, Mensch“ (Bartholomae, l. I., 1148) ver­ 114

gleichen, so dass der zusammengesetzte Name etwa als „der Men­ schen Hilfe“ zu übersetzen wäre. Zur Bedeutung des Namens vrgl. auch den mpers. Namen Mardsät, Martänsät, welchen Justi (Na­ menbuch S. 195) „Freude der Menschen (bildend)“ übersetzt (aw. šátay- f. „Freude“). [An Μάρδοι, Stamm an der Südküste des Kaspischen Meeres, in Hyrkanien, Persis, auch an der Ostküste des Schwarzen Meeres und in Armenien (Pape-Benseler, s. v. mit zahlreichen Belegen) zu denken, wäre unnütz und wegen des zweiten Teiles des Personen­ namens (-αυος) schwierig. Auch der Name Μάρδυλις IG IX, 2, 332 (Hestiaeotis) muss fern bleiben, da kein Zusammenhang nachgewiesen werden kann.] § 145. Μασας.

PANTICAPAEUM: Μασας Μαέως IV, 322, 1 (aet. Rom.); Gen.: Ύψιγόνη γυνή Μασα II, 259, 2 (aet. Rom.); Vok.: Μασα υί(έ) Μύρμηκος II, 173,1; Μασα Στρατονείκου SEG II, 488. ν Diesen Namen dürfen wir wohl von einer Entsprechung des aw. mas- „lang“ (Bartholomae, Wtb. 1154) ableiten. Vielleicht kann man auch den mpers. Namen Mäsah (vrgl. bei Justi, Namenbuch S. 198) vergleichen. § 146. Μαστας, Μαστούς, Μαστουνος, Μασταρους.

PANTICAPAEUM: Μαστα (Vok.) IV, 470, 4 (aet. Rom.). PANTICAPAEUM: Μαστούς αδελφός Θεαγένου II, 242, 3; Μασ­ τούς Ύ- II, 29, 47 (IIIP); Gen.: Φαρνάκη υίέ Μαστού II, 204, 1 sq. (aet. Rom.; so nach La­ tyšev, IPEI.L: ... Μαστού, νέ[ε],χαΐρε; Stephani las aber ... Μαστουνο[υ] κτλ., vrgl. unten); Οϋλτπος υιός Μαστού Άντ[ίμ]αχος II, 254,1 (107p); Φαρνάκην Μαστουν Μαστού II, 62, 9; Μασταρου Μαστού II, 174, 2; [Μ]αστου Βα[σ]ιλείδου II, 312, 5 (ΙΙΡ); Akk.: II, 62, 8 sq. vrgl. oben; Μαστουν IAK 14, 1905, 120 Nr 42 (aet. Rom.); Μαστου(ν) II, 61, 8 (die Ergänzung ist ganz sicher, wiewohl, dass das v niemals auf dem Stein geschrieben war: error 115

lapicidae: Πατειν Μαστου(ν) β' d. h. wenn wir die Abkürzung ß' ausschreiben: Πατειν Μαστου(ν) (Μαστού)); Vok.: Μαστού ύέ Αδ(α)τος IV, 248, 1 sq. (aet. Rom.); II, 102, 1 (aet. Rom.); IAK 14, 1905, 120 Nr 42 (aet. Rom.); Μαστού υιέ ‘Ερμή IAK 18, 1906, 129, b (aet. Rom.). BOSPORI ORA ASIATICA: Μαστούς Κοθινα II, 402, 55 (aet. Rom.; Gorgippia); [Μα]στου (Gen.) II, 404, 5 (Gorgippia). TANAIS: Μαστούς Πατπα Knipovič, Tanais 117, Z. 23 (104p); Μαστούς β' II, 451, 33 (228p); Gen.: Μαστού II, 445,28 (II/IIIP); Αρδαρος Μαστο[υ] II, 448,13 (225p); Μακάριον Μαστού II, 454, 7 (IIIP); -ίνης Μαστού II, 461,5; Μυρεϊνο[ς] Μαστ[ο]υ II, 452,16 (228ρ); "Ερωτος Μαστοί (!) II, 434, 13 (236ρ). OLBIA: Μαστο[υ]νω(ι) (Dat.) I2, 203, 4 sq. (ΙΙΡ; der Mann hiess auch Παρ-θενοκλής und war aus dem Bosporanischen Reiche: [Μ]ά[ρκω(ι)] Ονλπίω(ι) Παρθ[εν]οκλεί, τώ(ι) καί Μαστο[υ]νω(ι), [Β]οσπορανώ(ι). PANTICAPAEUM: vrgl. oben unter Olbia und unter Μαστούς zu IPE II, 204,1 sq. PANTICAPAEUM: Gen. : [Θ]υνέ Μασταρ[ου] IV, 222,1 (aet. Rom.); Akk.: Μα[σ]τ[αρουν] IV, 208, 1 sq. (IIP; der Herausgeber Latyšev ergänzt kaum mit Recht Μα[σ]τ[αρον]; der textus maiuscularis gibt überhaupt keinen Anhalt); Vok.: ΜασταρουυίέΦιλωνίδου IV, 323, 1 (aet. Rom.); Μασταρου Μαστού II, 174, 1; Μασταρου Φαρνάκου II, 175, 1. Dass diese Namen, welche entweder ohne Suffix gebildet oder mittels verschiedener Suffixen erweitert worden sind, eine Sippe bilden, wird niemand bezweifeln. Vasmer (Iranier 44) glaubte, dass es sich um (erweiterte) Kurzformen von Namen des Typus aw. mazdaSäta- „von Mazdäh geschaffen“ (Bartholomae, Wtb. 1159 sq.), mazdä.vara- „den Wunsçh des Mazdäh bildend, dem Mazdäh wohlgefällig“ (Bartholomae, Wtb. 1162) handle. Was die Laute betrifft, ist diese Etymologie nicht unmöglich; aber die betreffenden aw. Wörter sind von so ausgeprägter Bedeutung, welche sie mit der zoroastrischen Religion so eng verbindet, dass man diese Erklärung als unwahrscheinlich betrachten muss. Man 116

darf nicht vergessen, das die betreffenden Wörter in einem anderen als dem religiösen Sinne kaum annehmbar oder vorauszusetzen sind. Ich würde lieber oss. mast „Bitterkeit, Galle, Reizbarkeit, Ver­ druss, Aufregung, Zorn, bitter, Gallen-“ und oss. mäst „Zorn“ ver­ gleichen; die Bedeutung der Namensippe wäre dann etwa „Zor­ nig“. An eine ähnliche Lösung dachte selbst Vasmer (I. I.), welcher als eine zweite Möglichkeit diese Namen mit aw. masta- „brünstig“, das er zweifelsohne aus aw. mastzm (unbekannter Bedeutung; Bartholomae, Wtb. 1155 denkt an npers. mast „betrunken“) konstruierte, verglich. (Aus Vasmer l. I: ersehe ich, dass auch Miller, Žurnál 264, eine der Ansicht Vasmers nach weniger wahrscheinliche Lösung vorgeschlagen hatte.) [Der Name Μαστός IG VII, 2455 (Thebae; “V) ist echt griechisch. Er gehört zu μαστός, nach Bechtel, Personennamen 606 in dessen sekundären Bedeutung „Tasse“. Man könnte fragen, warum wir die behandelte Namensippe nicht zu diesem echtgriechischen Na­ men stellen; es ist aber doch unwahrscheinlich, dass aus einem sehr raren griechischen Personennamen in Bosporus eine so häufige und wegen verschiedener Suffixvariation mannigfache Namensippe auf­ blühen würde. Detschew, Thrak. Sprache 89 führt den behan­ delten Namen unter den thrakischen an, aber wohl unrichtigerweise. Er zitiert nicht die Belegstelle: es wird sich um keinen Beleg aus Thrakien handeln, sondern um diesen Namen aus der nördlichen Schwarzmeerküste! Vrgl. auch § 83.] § 147. Μεγις.

TANAIS: Μεγις ß' II, 447, 12 (225p). Diesen Namen dürfen wir als eine Kurzform vom aw. maëya- n. „Wolke“ (Bartholomae, Wtb. 1104 sq.), oss. ir. migr>, dig. megr>ä „Wolke, Nebel, Dunst“ ableiten. [Im dritten Jahrhundert n. Chr. muss η schon fast ausnahmslos als i ausgesprochen worden sein. (Die Beispiele bei Schwyzer, Griechische Gramm. 186, welche die Aussprache η = ê für den neuen pontischen Dialekt bezeugen, besitzen keine Beweiskraft für die alten Verhältnisse an der Nordküste des Schwarzen Meeres, 117

auch abgesehen von der geographischen Entfernung: die neu­ griechischen Dialekte — mit Ausnahme des Tsakonischen — gehen auf die alten Dialekte nicht zurück, sondern stammen von der ge­ meinsamen κοινή ab.) Wenn man sich also durch eine historische Orthographie nicht gebunden fühlte, blieb als schriftlicher Aus­ druck des è nur ε übrig, zumal das ε seit dem Verlust der histori­ schen Quantität im Griechischen unter dem Akzent schon auch lang ausgesprochen zu werden begann.] § 148. Μευακος.

TANAIS: Gen.: Ναυακος Μευακου II, 430, 19 (220p); ’Αντισθέ­ νης Μευακον II, 448, 14 (225ρ) ; Να[υακο]ς Μευακο[ν] II, 448, 18 (225ρ). (Der erste und der dritte Name werden denselben Mann bezeichnen; freilich nur falls die Inschrift II, 448,18 richtig ergänzt isl. Ueber die Identität des in dem zweiten Namen angeführten Vaters kann nichts Sicheres festgestellt werden; es ist aber nicht wahrscheinlich, dass zwei Söhne desselben Vaters in demselben Na­ menkatalog, wie es die Inschrift II, 448 ist, in einer Entfernung von mehreren Zeilen angeführt würden, so dass es sich wohl um eine verschiedene Person handeln wird.) Zu dem Namen Μευακος stellt Justi (Namenbuch’s. v.) viel­ leicht nicht mit Unrecht den Namen des sakischen Anführers bei der Schlacht bei Gaugamela Μαυάκης (Arrian, An. III, 8, 3). Für weitere Parallelen vrgl. bei Justi (Namenbuch s. vv.). Kaum vorzuziehen ist die ziemlich kühne Etymologie Abajevs (Alanica. Izvestija Akademii Nauk SSSR. Otdelenije obščestvennych nauk 1935, 885), welcher den Namen Μευακος mit oss. ir. mi, dig. miuä „Sache, Ding, Tat“ vergleicht^ Die Herkunft dieser Wörter ist unbekannt; ung. mü „Werk, Arbeit“ macht wenigstens das aber sehr wahrscheinlich, dass das Wort schon früh in der osseti­ schen Sprache war. § 149. Μη3ακος, Μησακος.

PANTICAPAEUM: Akk.: Μηθακον [Τρύ]φ[ω]νός IV, 207, 7 sq. (aet. Rom.). 118

TANAIS: Akk.: Μηθακον Σ[τ]ρατονε[ί]κου II, 451, 10 (228ρ). TANAIS: Gen.: [Στοσ?]αροα -ö- überraschen würde. Dagegen ist die Entsprechung -co­ in unseren Namen: aw. -ä- oft belegt, ohne dass eine besondere Laut­ entwickelung vorauszusetzen wäre (unten § 350). § 216. Σο^ιρσαυοξ.

TANAIS: Σο^ιρσαυος [Άσκ]ληπιάδου Η, 451, 19 (228p); [Σοjipa]ouos Ά[σκλ]η[πιάδου] II, 446, 28 (220ρ; ergänzt nach dem auch ergänzten Namen des Vaters im Vergleich mit dem ersten Beispiel; daher ziemlich unsicher). Den zweiten Teil dieses Namens hat schon Miller (Žurnál 254; aus Vasmer, Iranier 52) mit aw. sava- m., savä- f., savah- n. „Nutzen, Vorteil“ (Bartholomae, Wtb. 1561 sqq.) etymologisch verknüpft. In dem ersten Teile des Namens glaube ich, eine Entsprechung von aw. sóiSiš- n. „Waffe“ (Bartholomae, I. I., 1577) finden zu 146

können, so dass die Bedeutung der ganzen Bahuvrihi-Zusämmensetzung etwa „dem die Waffe Nutzen, Vorteil bringt“ wäre. [Im dritten nachchristlichen Jahrhundert sind schon die quanti­ tativen Unterschiede zwischen o und ω in der griechischen Sprache verloren gegangen. Die Entsprechung -o-: aw. -ö- kann uns also nicht überraschen, und zwar nicht einmal in dem Falle, dass man für die iranische Sprache der hier behandelten Eigennamen auch an dieser Stelle ein langes -ö- voraussetzen müsste, was allerdings nicht ganz unbedingt notwendig ist.] § 217. Σορχακος.

TANAIS: Ουροαστιροζ Σορχακου (Gen.) II, 451, 20 (ΙΠΡ). Miller (Žurnál 244; Os. Et. Ill, 79; aus Vasmer, Iranier 52) ist es gelungen, die Etymologie dieses Namens zu geben: er verglich ihn mit aw. suxra- „rot“ (Bartholomae, Wtb. 1582), oss. dig. surx „rot, schön“. § 218. Σιταδακος.

OLBIA: Όρόντης Στταδακου (Gen.) I2, 147, 4 sq. Dieser Name wurde erklärt von Vasmer (Iranier 53; unter An­ lehnung an Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde III, 108, und Miller, Žurnál 250, Os. Et. III, 79) als eine Kurzform eines mit der Entsprechung des aw. spada-, späSa- m. „Heer, Heerschar“ (Bar­ tholomae, Wtb. 1617) zusammengesetzten Namens von Typus des aw. adj. pouru.spada- „der ein zahlreiches, grosses Heer besitzt, (ein grosses Heer bildend)“ (Bartholomae, 1.1. 902) oder Srutö. spada- Eigenname, eigentlich „der ein berühmtes Heer hat“ (Bartholomae, l. I., 1648). In demselben Sinne deutet den Na­ men auch Szemerényi, ZDMG 101, 1951, 211, gegen van Windekens (Beiträge zur Namenforschung 1, 1949, 101; mir unzu­ gänglich), welcher auf einen Zusammenhang mit aw. spaka- „hun­ deartig“ (vrgl. unten § 219) dachte. Eine andere Form desselben Namens ist, wie schon Justi (Na­ menbuch S. 306) erkannt hat, der Name Σιταδάγας (König der Sanigen in der Kolchis bei Arr. Peripl. 11, 3 (13)). Es ist nicht aus­ geschlossen, dass zu dieser Sippe auch Στταδίνης, Name des Königs 147

der Aorser in der Maeotis (Strabo XI, 506) gehört. Zu diesen Namen siehe auch unten, § 407. § 219. Σττ[α]κος.

OLBIA: Σπ[α]κος I2, 133. (Latyšev ergänzt Σπ[ο]κας trotzdem, dass er die Möglichkeit des [a] auch erwägt. Der textus maiuscularis gibt keinen Stützpunkt für diese oder jene Lesart: die unsrige hat aber für sich den Vorteil der klaren Etymologie.) Falls der Name Σπ[α]κος richtig ergänzt ist, müssen wir ihn mit aw. spaka- „hundeartig“ (Bartholomae, Wtb. 1610) vergleichen. Diese Etymologie findet ihre Unterstützung in dem Frauennamen Σττακώ ... τήν γάρ κύνα καλέουσι σττάκα Μήδοι bei Herodot 1,110 und dem Personennamen aw. Spö.pad- eigentlich „hundefüs­ sig“ (Bartholomae, I. I., 1623). § 220. Σπαροφοτος.

PANTICAPAEUM: ΝουμήυιοςΣπαροφοτου(Οβη.) II, 184,2(“HI). Der erste Teil des Namens ist mit Hilfe der Hesychius-Glosse στταραβάραι · γερόφοροι, welche nur als iranisches Sprach­ gut erklärt werden kann, von einem iran. *spara- „Schild“ abzu­ leiten, npers. sipar „Schild“. (Aehnlich Vasmer, Iranier 53.) § 221. Σπιθαμής. BOSPORI ORA ASIATICA: Σατραβατης Σττιθαμεω (Gen.) Η, 381, 2 (“IV; Phanagoria). Wie schon Miller (Etnograf. Obozrenije 1891, 192; aus Vasmer, Iranier 53) und Justi (Namenbuch S. 309) erkannten, entspricht dieser Name ganz genau dem aw. Eigennamen Spitama- (Bartho­ lomae, Wtb. 1624). Was den Ursprung des Namens angeht, hat Justi gezeigt, dass es sich um eine Kurzform des apers. Namens Σττιταμενης (Belege bei Justi, Namenbuch S. 310, Pape-Ben­ seler s. v.) handelt, welcher mit aw. spaěta- „weiss“ (Bartholo­ mae, 1.1., 1609) und aw. manah- n. „Sinn, Geist“ (Bartholomae, 1.1., 1126) zu zerlegen ist. In der Kurzform ist der Anlaut des zwei­ ten Kompositionsgliedes der ursprünglichen Zusammensetzung be­ wahrt worden.

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Vasmer (l. l.) ist überzeugt, dass der Name Σπιθαμής echtper­ sisch sei (vergi, unten §§ 540—554). Man kann einwenden, dass das 5 eine Lauteigentümlichkeit gegenüber dem persischen τ vorstellt, welche bezeugt, dass der Name nicht entlehnt ist. Oder sollte es sich doch um einen echtpersischen Namen handeln, dessen ur­ sprüngliches t der Aussprache dieses Gebietes angepasst worden ist? Wahrscheinlich ist eine solche Annahme nicht. Im Gegenteil muss der Umstand beachtet werden, dass der Sohn des Σπιθαμής einen zweifelsohne echtpersischen Namen Σατραβατης (vrgl. unten § 553) hatte. Aber diese Betrachtung darf nicht als ausschlaggebend gelten, weil wir schon zu oft die Gelegenheit hatten zu beobachten, dass Vater und Sohn Namen grundverschiedener ethnischer Zugehörig­ keit trugen. § 222. Στορμαις.

TANAIS: Στορμαις Οχ[ω]διακου II, 448, 15 (225ρ). Der Name ist nach Vasmer (Iranier 53) mit aw. staora- m. ,,Grossvieh“ (Bartholomae, Wtb. 1590 sq.), oss. dig. stur „Vieh, Grossvieh“ und aw. mâÿâ- f. „Glück, Segen“ (Bartholomae, 1.1. 1169) zu vergleichen. Also etwa „dessen segen (Glück) in Vieh ist“. Weniger wahrscheinlich wäre eine Etymologie, welche den Na­ men mit oss. dig. stur „gross“ und oss. ir. mäi „Mond“ (also etwa „Grossmond“, d. h. „der während des Grossmondes Geborene“) zu verknüpfen versuchte, und zwar wegen lautlicher Schwierigkeiten. Ausgeschlossen ist diese Etymologie aber nicht. § 223. Στοσαρακος.

TANAIS: Στοσαρακος Φιδα II, 448, 11 (225p); [Στοσ?]αρακο[ς] Μησακ[ου] II, 449, 19 (IIIP); Ν[α]υακος Στ[ο]σαρακου (Gen.) II, 454, 8 (ΙΠΡ). (Verschiedene Personen.) Dieser Name wurde wohl richtig von Miller (IAK 47, 89; aus Vasmer, Iranier 53) erklärt. Er hat oss. stur „gross“ und sär „Kopf, Haupt“, aw. sarah- „Kopf“ (vrgl. oben § 199 zu Σαράκος) vergli­ chen. Es handelt sich also um eine Zusammensetzung *Στορσα ρά­ κος, welche durch Dissimilation vereinfacht wurde; ihre Bedeutung ist etwa als „grossköpfig“ anzusetzen. 149

Diese Etymologie ist entschieden besser als ein Vergleich des aw. Starö.sara- m. Name eines Gebirges, eigentlich „die Sterne als (auf dem) Haupt tragend“ (Bartholomae, Wtb. 1599). Nicht ein­ mal das Lesen dieses Namens ist sicher. § 224. Στυρανος, Στορανη (Frauenname).

PANTICAPAEUM: Στορανη γυνή Αδα Πάτπτον Π, 1822,1 (IVP). TANAIS: Στυρανος Πηρι[ω- II, 451, 29 (228p); Gen.: Σω^ομεvòs Στυρανου II, 452, 11 (228p); [Σω3]ομενό$ Στ[υρ]ανου II, 451, 32 (228ρ; dieselbe Person); [Μι]δαχ[ος Στνρ?]ανο[υ] II, 445, 12 (II/IIIP); die Ergänzung ist unsicher). Es ist von Miller (IAK 47, 90; aus Vasmer, Iranier 53) und Justi (Namenbuch s. v.) erkannt worden, dass sich diese Namen­ sippe mit oss. ir. styr, dig. stur (Abajev, Rus.-os. slovar’ hat ystyr, was offenbar eine neuere Form ist), welches auch hinsichtlich der Bedeutung gut passt, vergleichen lässt. Die Differenz zwischen Στορανη und Στυρανος ist in diesem Falle nur eine graphische: das o bezeichnet das dunkle -u-; dagegen u muss als eine historische Orthographie aufgefasst werden, welche sogar für unsere chronologischen Bedürfnisse von grosser Wichtig­ keit ist, weil sie uns den Namen Στυρανος in der griechischen Schrift schon für eine Zeit bezeugt, als noch u = u war. Vrgl. auch das oben § 202 zu Σαρυκη Bemerkte. Zu demselben Resultat kommt letzten Endes auch die Erklärung Vasmers (Iranier 52), welcher den Namen Στορανη als Kurzform zu aw. staora- m. „Grossvieh“ (Bartholomae, Wtb. 1590 sq.) auf­ fasste. Die Form Στνρανος ist dann inverse Schreibung des o oder gehört zwar zu derselben Wurzel, aber in anderer Ablautsstufe. § 225. Σφαροβαις, Συαροβαις.

PANTICAPAEUM: Vok.: Σφαροβαι υίέ Τελαμώνος IAK 18, 1906, 131 Nr 48 (aet. Rom.). PANTICAPAEUM: Συαροβαις υίός Έρωτο$ IV, 339,1 (aet. Rom. rec.). Es wurden grundsätzlich drei Erklärungen dieses Namens vor­ geschlagen. Erstens ist Vasmer überzeugt (Iranier 53), dass es 150

sich um eine Entsprechung des aw. Eigennamens Vayaspära- m. (Bartholomae, Wtb. 1358 sq.) handelt, nur dass die Folge der beiden Glieder umgekehrt ist. Diesen Namen Vayaspära- werden wir mit Bartholomae (Z. Z.) „der der Verfolgung ein Ende macht“ (Wurzel vä(y)- „jagen“ und para-m. „Ufer, Grenze, Ende“ Bartho­ lomae, Z. Z. 1407 sq. und 889) übersetzen, kaum mit Justi (Namen­ buch S. 342; weitere ältere Literatur bei Bartholomae, 1. 1.) „schildflechtend“. Das npers. sipar, pehl. spar „Schild“ zeigt ja adf ein iran. *spara-, nicht *spära- hin (Bartholomae, Z. Z.); vrgl. auch arm. patsparem „beschützen“ (Hübschmann, Arm. Gramm. 1/226; pat — aw. patti-; vaya-?) Zweitens hat Harmatta (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 299) vorgeschlagen, den Namen in Σφαρο-βαις zu teilen, den ersten so gewonnenen Teil mit dem oben behandelten Worte *spara (Har­ matta kaum richtig *spära~: vrgl. oben) und den zweiten Teil entweder mit aw. bay- „erschrecken“ (Bartholomae, 1. 1. 927) oder mit aw. bä- „scheinen“ (Bartholomae, Z. Z. 952) zu verglei­ chen. Die Bedeutung des Namens wäre dann entweder „der mit dem Schild Erschreckende“ oder „dessen Schild glänzend ist“. Drittens sieht Harmatta (Z. Z.) eine andere Möglichkeit in der Teilung des Namens in einer anderen Weise: Σφα-ροβοα$. Der erste Teil wäre dann mit aw. spä- „Gedeihen, Glück“ (Bartholomae, Z. Z. 1616), der zweite mit aw. rap- „Unterstützung gewähren, fin­ den“ (Bartholomae, Z. Z. 1508) zu vergleichen, so dass die Be­ deutung des Namens etwa „der von Glück Unterstützte“ wäre. Keine der angegebenen Etymologien hat den Vorzug, dass sie unbedingt wahrscheinlicher wäre als die anderen; alle wirken doch etwas künstlich. Συα- ist als Swa- aufzufassen; also wieder ein Beleg für die alte Orthographie, in welcher noch u = u war. Vergi oben § 202 und 224 zu Σαρυκη und Στυρανος. § 226. Σωχουβα^ος. OLBIA: Akk.: Σωχουβα^ον ’Αντωνίου I2, 106, 3 sq. Dass der zweite Teil dieses Namens zu aw. bäzav- m. „Arm“ (Bartholomae, Wtb. 955) zu stellen ist, hat schon Miller (IAK

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47, 90; aus Vasmer, Iranier 53) erkannt. Der erste Teil bleibt leider unklar. § 227. Ταμυρα (Frauenname). PANTICAPAEUM: Ταμυρα II, 1991, 2 (Ip; Gattin des Σασας). Diesen Namen können wir vergleichen mit aw. taxma- „fortis, tapfer, tüchtig, energisch, heldenhaft“ (Bartholomae, Wtb. 626 sq.), das semantisch und phonetisch gut passt. Zu derselben Sippe wird auch der von Justi (Namenbuch s. v.) in diesem Zusammen­ hänge erwähnte mpers. Frauenname Tahminah gehören. Den Namen der Massagetenkönigin Τόμυρις Herodot I, 205 sqq. hieher zu stellen, wäre doch zu gewagt. § 228. Τιβης. PANTICAPAEUM: Τιβη$ IV, 261, 1 (“III). Eine Parallele dieses Namens kann vielleicht in dem Namen eines Eunuchs des Kambyses Τίβεθις (Ktes. Pers. 11) gefunden werden; sicher ist aber diese Zusammenstellung nicht und löst auch nicht unbedingt die Frage nach dem Ursprung des Namens. Vrgl. auch oben § 76 das Zitat aus Strabo, in welchem für Paphlagonien ein Name Τίβιοξ bezeugt wird, aber auch unten § 1156 den griechisch gedeuteten Namen Τίβειος.

§ 229. Τιλλης. PANTICAPAEUM: Τιλλης II, 661, 2 (aet. Rom.); Όρόντης Τιλλεους (Gen.) II, 661, 1 (aet. Rom.; Grossvater des Erstgenannten). Abzulehnen ist der Erklärungsversuch Justis (Namenbuch s. v.; ebenso ablehnend Vasmer, Iranier 54), welcher syrische und arme­ nische Parallelen zu diesem Namen suchte. Μ. E. könnte der Name zu oss. tilyn „winken, nicken, schütteln“ gehören, und zwar als Kurzform eines Namens wie oss. tilasar „mit dem Kopf schüttelnd“. § 230. Τιρανης, Τειρανης, Tipccvios.

PANTICAPAEUM: [Τ]ιρανης Γοτδ IV, 345, 1 (“IV); 153

Gen.: Ανοιττηνις Τιρσνου IV, 233, 1; Δημοφώ[ντα Τι]ρανου ΙΑΚ 10, 1904, 35 Nr 27, 4 sq. PANTICAPAEUM: Gen.: Τιβερίου ’Ιουλίου Τειρανου II, 29, 3 und 4 und 7 (IIP; dieselbe Person). PANTICAPAEUM: Vok.: Τιρανιεκαίυίέ Άριαράθη II, 71,1 (IIP). Der Name Τιρανης (dass das -ει- der Form Τειρανης nur eine Schreibweise des i ist, bedarf wohl keiner besonderen Darlegung)* gehört, wie schon Justi (Namenbuch s. v.) erkannt hat, zu der Sippe der mpers. Eigennamen wie Tïrân; vrgl. zu dieser Namen­ sippe neben Justi 1. 1. auch Hübschmann, Arm. Gramm. I, 88. Den Ursprung des Namens weiter verfolgend hat Justi (l. I.) fest­ gestellt, dass er mittels des patronymischen Suffixes -an- von dem Namen einer iranischen Gottheit *tira- (Bartholomae, Wtb. 651) erweitert worden ist. Zu vergleichen sind in dieser Richtung die aw. Eigennamen Tlrö.nakaSwa- (Bartholomae, 1. 1.) und die apers. Namen wie Τιριδάτης u. a. bei Justi (Namenbuch s. v.) und Pape-Benseler (s. v.). Man könnte zweifeln, ob dieser Name nicht vielleicht echtper­ sisch ist; jedoch die Form Τιρανιος, welche doch nur eine Erwei­ terung des Namen Τιρανης sein wird (Vasmer, Iranier 54), zeigt,’ dass es sich nicht um eine tote Entlehnung handelt, sondern um einen lebendigen Namenstamm. Doch werden aber manchmal auch fremde Namen in das Sprachsystem und Sprachgefühl so fest eingebaut, dass sie als einheimisch gefühlt und behandelt werden: daher die verschiedenen Erweiterungen durch fremde Suffixe, wie wir ihnen schon des öfteren begegnet haben. § 231. Τουμβαγος, Τουμιβαγος.

OLBIA: Τουμβαγος Ήρακλείδου I2, 100, 4; Gen.: Δαδον Τουμβαγου I2, 52, 16 (II/IIIP); Θεόδωρος Τουμ­ βαγου I2, 94, 5; [Ή]ρακλείδης Του[μβαγου] I2,85, 7; Θεόδω[ρ]ος Τουμβα[γ]ου I2,136,8 sq. (In der Mehrheit verschiedene Personen.) OLBIA: Τουμιβαγος Zapiski Odessk. Obšč. 28, 61 (Odessa; aus Vasmer, Iranier 54). Zur Erklärung dieses Namens wurden mehrere Möglichkeiten Vorgebracht: Vasmer (Iranier 54) ist überzeugt, dass es sich um 153

eine Entsprechung des mpers. dumbak „Schwanz“ handelt; doch ist diese Ansicht wegen der Bedeutung nicht gerade wahrscheinlich. Justi (Namenbuch s. v.) denkt an eine mittels des Suffixes -ayo? erweiterte Kurzform (aber der Name, zu dem diese Kurzform ge­ hören sollte, bleibt unbekannt). Müllenhoff (Deutsche Altertumskunde III, 109) und Miller (Žurnál 254; aus Vasmer, I. I.) vergleichen mit dem ersten Teile des Namens iran. *tuma- „feist“, mit dem zweiten Teile aw. bayam. „Herr, Gott“ (Bartholomae, Wtb. 921), also in der Uebersetzung Justis „einen starken Gott (als Beschützer) habend“. Das erwähnte iran. Wort *tuma- ist nur im patronymischen Ad­ jektiv Tumäspana- „von Tumäspa- stammend, dessen Nach­ komme“ (Bartholomae, Wtb. 655) zu finden (trotzdem, dass die Existenz dieses Namens von Darmesteter, Le Zend-Avesta 2, 400 und namentlich von Justi, Namenbuch S. 319, welcher Taxmäsp lesen wollte, geleugnet wird: gerade das am Steine einwandfrei gelesene Τουμ-zeugt für die angegebene Lesart tuma-); Bartholo­ mae (I. I.) verglich es mit aind. tumra- „feist, kräftig“, Vasmer (bei Ebert, Reallexikon der Vorgeschichte XII, 239) mit apers. tauman- n. „Vermögen, Kraft, Macht“ (Bartholomae, I. I. 623), also im wesentlichen in derselben Weise. Vasmer (Reallexikon I. I.) hat zu dieser Sippe wohl mit Becht auch den skythischen Eigennamen Τύμνη? Herodot IV, 76 ge­ stellt. § 232. Φαδιού?, Φαγιού?.

PANTICAPAEUM: Φαδιού? Παμφίλ(ου) Η, 29,31 (IIP); [Φα]διον[?1 Π, 29, 75 (HP; wohl verschiedene Personen, obzwar in der Zeile 75 -- φιλ - -zu lesen ist: es handelt sich in dieser Inschrift um ein Verzeichnis, in welchem die Namen sonst nicht wiederholt werden); [Φα]διο[υ? Φιλ]ήμονο? II, 452, 12 (228p), TANAIS: Φαγιού? ΠάτΓττου II, 454,25 (IIP); [Φ]α3ΐ[ου??] Ουαρα II, 451, 29 (228?); [Φαγιού? Δούλα 11,454, 298ψ (ΙΙΡ); Φα3[ιναμο?? Φαγιού (Gen.) II, 454, 28 (IIP). (Verschiedene Personen.) Miller (Zumal 259; aus- Vasmer, Iranier 54) wollte diesen Namen kaum richtig mit aw. paiti, oss. /ör, Verbal- und Nominal104

praefix zusammenstellen. Mit grösserer Wahrscheinlichkeit können wir den Namen mit aw. pad- m. „Fuss“, pafàyâ- f. „Fuss “(Bar­ tholomae, Wtb. 842), oss. fad „Fuss“ vergleichen. Dass 5 und 3 zwei Darstellungsweisen des spirantischen d sind, versteht sich von selbst. — Ob auch der iberische Name Φά$α$ bei Proc., Bell. Goth. III, 6. 7. 27 zu der Sippe von aw. pad- „Fuss“ gehört (wie Justi, Namenbuch 99, überzeugt ist), mag dahinge­ stellt bleiben. § 233. Φαδιναμοζ, Φα^ιναμος.

TANAIS: Φαδι[ναμ]ος Η. .ο.. . II, 441, 9 (IIP); Gen.: Μενέστρατον Φαδιναμου II, 434, 14 sq. (236p); Ομψαλακον Φαδιναμου II, 451, 13 (228ρ); Φαδινα[μου] II, 445, 27 (ΙΙ/ΠΡ); ’Αθηνόδωρον [Φ]αδιναμου II, 451, 9 (228ρ); Μύρμ[ηξ Φα]διναμου II, 455, 10 (IIP); Akk.: Φαδιναμον Καλλιστί[ωνος] II, 455, 9 (IIP). TANAIS: Φα^ιναμος A- II, 446, 23 (220p); Φα3[ιν]αμος Κ[αλλιστίωνος?] II, 449,12 (IIP); Φα^ιναμος? Φαγιού II, 454,28 (IIP); Gen.: ‘Ρόδων Φαδιναμου II, 427, 8 (188ρ); Δημήτριον Φαδιναμου II, 448, 11 (225ρ); ’Αρίστων Φαδιναμου II, 448, 14 sq. (225p); [Θέ]ωνα Φαδιναμου II, 454, 5 (IIP); ‘Ρόδωνος Φα3ΐν(α)μου II, 428, 12 sq. (192p); [Ζ]ωρθινη$ Φαδιναμου] II, 446, 14 (220ρ); Ομψα[λακο$ Φαδιναμου II, 450, 14 (IIP); ’Αρίστων Φα^ινα[μου] II, 449, 17 (IIP); [Ά]θηνό[δω]ρος Φ[α3ΐνα]μου II, 449, 18 (IIP); [Άθη]νόδωρος Φα3ΐν[αμου] II, 450,15 (IIP); Φα^ιναμον [Φαδιναμου II, 451, 8 (228ρ); Ζωρθινος Φ[α3ΐναμου?] II, 444, 7 (209ρ); Akk.: Φαδιναμον [Φαδιναμου II, 451, 8 (228ρ); Φαδιναμον [Κα]λλιστί[ω]νος II, 454, 5 sq. (IIP). Miller (Žurnál 259; aus Vasmer, Iranier 54) verglich mit dem ersten Teile des Namens das oss. Praefix fä-, aw. paiti (vrgl. oben § 232); mit dem zweiten Teil verglich er aw. näman- n. „Name“ (Bartholomae, Wtb. 1062 sqq.), was nicht gerade einleuchtet, oder oss. dig. nämun, ir. nämyn „schlagen“. Diese Etymologie möchte ich annehmen, aber mit dem ersten Teile des Namens würde ich lieber oss. fad „Fuss“, aw. paiZyä- „Fuss“ (vrgl. oben § -232) 155

verglichen wissen. Die Bedeutung der ganzen Zusammensetzung wäre dann etwa „der mit dem Fusse schlagende“. § 234. Φαλδαρανος.

TANAIS: Φαλδαρανο$ ’Απολλώνιου Π, 430, 16 (220p); [Φαλ]δα[ρα]νος ’Απολλώνιου II, 445, 17 (ΙΙ/ΙΙΙΡ); Φ[αλδ]αρα[νος] ’Απο[λ]λωνίου II, 446, 18 (220ρ). (Dieselbe Person.) Zur Erklärung dieses Namens wurden verschiedene Etymologien vorgeschlagen. Miller (Žurnál 259; aus Vasmer, Iranier 54) ver­ glich oss. fäl, aw. pairi, Praefix „vorne, bei, über — hin u. ä.“ (Bartholomae, Wtb. 860 sqq.) und oss. daryn „halten, tragen“, so dass die Bedeutung der Zusammensetzung etwa „aufhaltend, beseitigend“ wäre. Justi (Namenbuch s. v.) übersetzt den Namen „Wache (Schutz) haltend“, indem er aw. pä3ra-, das aus päSravant- „Schutz ge­ während“ und päSrai „zu hüten, schützen“ (Bartholomae, l. I. 887 sq.) gewonnen wird, vergleicht. Vasmer (l. I.), welcher richtigerweise keine dieser Etymologien überzeugend findet, denkt an oss. faldär „weiter“, ohne aber zu sagen, wie er sich die Bedeutung des Namens vorstellt. Aehnlich, aber besser ist die Etymologie Harmattas (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 303 sq.), welcher in dem Namen eine mittels des Komparativsuffixes -tara- und eines anderen Suffixes -na- erweiterte Entsprechung des aw. pairi „vorne“ (Bartho­ lomae, I. I. 860 sqq.) sieht, so dass die Bedeutung des Namens „one in the front, first“ wäre. § 235. Φανδαρα^οζ.

BOSPORI ORA ASIATICA: Σερεις Φανδαρα^ου [—ε]ους (Gen.) Π, 402, 29 (aet. Rom.). Der Name wird erklärt von Miller (Žurnál 256 sqq.: Os. Et. III, 83; aus Vasmer, Iranier 54) und Justi (Namenbuch s. v.) unter Vergleich von oss. fand „Rat, Wille, Gedanke, Absicht, Mittel, Wunsch“, mpers. pand „Rat“ und oss. dig. arazun „rich­ ten, zielen“; die Uebersetzung Justis ist „Rat anordnend (an­ denkend)“. 156

Vasmer (1. 1.) erwähnt in diesem Zusammenhang als Parallele aw. karsö.räzah- „der dem Gau Gesetze vorschreibt“ (Bartholo­ mae, Wtb. 458). Zu streichen ist der zweite Gedanke Millers, oss. fänd „Weg“ (so Miller nach Vasmer; in den Wörterbüchern ist aber nur fändag „Weg“ zu finden) mit dem ersten Teile des Namens zu ver­ gleichen, weil in diesem Falle die Konstruktion der Bedeutung der Zusammensetzung doch schwieriger würde. § 236. Φαρναγος, Φαρνάκης, Φαρνακιων.

OLBIA: Φαρναγος Ζή-θου I2, 116, 5 sq. (IIP); Φ(α)ρν(α)γος (Ά)χιλλέος I2, 144, 3 (IIP); Gen.: Κατίνας Φαρναγου I2, 96, 7 (II/IIIP); Φαρνα[γου] I2, 111, 13 sq.; Akk.: Φαρναγον I2, 107, 1. CHERSONESUS TAURICA: βασιλεύς Φαρνάκης I2, 402, 10; βασιλεύς Φαρνάκ[ης] I2, 402,31 (Sohn des Mithridates des Grossen Eupator); Gen.: Χρυσούς Φαρνάκου I2, 442, 1 sq. PANTICAPAEUM: Φαρνάκης "Οπλωνος IV, 213, 1 (aet. Rom.) und zwei andere verschiedene Personen: IV, 213, 4 (aet. Rom.); IV, 217, 3 (aet. Rom.); Gen.: Λεύκιε υιέ Φαρνάκου II, 170,1 (aet. Rom.) und viele andere verschiedene Personen: II, 205, 1 (aet. Rom.); IV, 352, 1 sq. (aet. Rom.) IV, 395, 2 (aet. Rom.); II, 175, 1; IV, 197, 2 sq. (IIIP; Theodosia); Dat.: Φαρ[ν]άκη Νεοκλέους IV, 350, 2 (aet. Rom.); Akk.: Φαρνάκην Άθηνοθώρου IV, 349, 2 (aet. Rom.) und viele andere verschiedene Personen: II, 62, 8; II, 57, 8 sq. (II/IIIP); Vok.: Φαρνάκη υιέ Μάστου II, 204,1 (aet. Rom.) und viele andere verschiedene Personen: IV, 351, 1 (aet. Rom. rec.); IV, 352, 1 (aet. Rom.); IAK10,1904,49 (aet. Rom. rec.); IPE II, 73,1 sq.; II, 74, 1. BOSPORI ORA ASIATICA: Φαρνάκης Φαρνακιωνος Ηγουμένου II, 402, 58 (aet. Rom.; Gorgippia) und viele andere verschiedene Personen: II, 351, 3 (123p; Taman); II, 404,8 (Gorgippia); II, 404, 15 (Gorgippia); II, 403, 18 (Ip; Gorgippia); II, 407, 5 (Gorgippia); 157

Π, 408, 3 (Gorgippia); II, 402, 35 (Gorgippia); Π, 404, 17 (Gor­ gippia); II, 404, 18 (Gorgippia); Gen.: Φαρνάκου II, 402,21 (aet. Rom.; Gorgippia) und viele andere Verschiedene Personen: II, 402, 24 (aet. Rom.; Gorgippia); II, 402, 35 (aet. Rom.; Gorgippia): II, 402, 42 (aet. Rom.; Gorgippia); II, 404,13 (Gorgippia); IV, 436, b, 9 (Gorgippia); II, 356,2 (“I; Taman); Akk.: Φαρνάκην ’Έρωτος IV, 434, a d, 6 (Gorgippia). TANAIS: Φαρνάκης Ήρακλείδου II, 446, 13 (220ρ) und mehrere andere verschiedene Personen: II, 448,12 (225p); II, 450,12 (IIIP); II, 462, 4; Gen.: -φάνης Φαρνάκου Π, 440, 15 (IIP); und andere verschiedene Personen: II, 446, 13 (220p); II, 454, 27 (IIIP); Akk.: Φ[α]ρνάκην Θεοτείμου II, 442, 4 (Πρ). PANTICAPAEUM: Φαρνακιων Φαρνάκου II, 205, 1 (aet. Rom.); anderer: IV, 468, 9 (IIIP; Theodosia); Gen.: Φ[α]ρνακιων[ος] II, 57, 13 (II/IIIP). BOSPORI ORA ASIATICA: Φαρνακιων Ια[σποσιου?] II, 402,25 (aet. Rom.; Gorgippia) und viele andere verschiedene Personen, alle aus Gorgippia: II, 402, 41 (aet. Rom.); II, 402, 43 (aet. Rom.); IV, 436, a, 14; IAK 23, 1907, 46 sq. (IIP); II, 403, 4 sq. (Ip); II, 403, 14 sq. (Ip); II, 406, 4; IAK 23, 1907, 48; IPE IV, 435, 4; IV, 436, a, 5 (unsicheres Beispiel); IV, 443, 1 (ebenso unsicher); Gen.: Νεοκλής Φαρνακιωνος Χαρδει II, 402, 29 (aet. Rom.; Gor­ gippia) und viele andere verschiedene Personen aus Gorgippia: II, 402, 30 (aet. Rom.); II, 402, 31 (aet. Rom.); II, 402, 34 (aet. Rom.); II, 402, 36 (aet. Rom.); II, 402, 46 (aet. Rom.); II, 402, 49 (aet. Rom.); II, 402, 51 (aet. Rom.); II, 402, 52 (aet. Rom.); II, 402, 56 sq. (aet. Rom.); II, 403, 15 (Ip); II, 403, 17 (Ip); IV, 436, a, 15; II, 404, 11; IV, 435, i, 3; IV, 436, a, 10; IV, 436, a, 11; IV, 436, a, 16; IV, 439, 4 (unsicheres Beispiel); Akk.: Φαρνακιω[να Πό]3ου Νεοκλέ[ους] IV, 434, a d, 2. TANAIS: Gen.: [Γορ]γίας Φα[ρνακ]ιωνος II, 446, 8 sq. (220ρ). Dass diese Namensippe als (eventuell mittels des griechischen Suffixes -ιων erweiterte) Kurzform zu aw. y^arandh-, apers. farnah- n. „Ruhm, Ruhmesglanz, Glanz, Herrlichkeit, Hoheit, Maje­ stät“ (Bartholomae, Wtb. 1870 sqq.), pehl. yfarr „Glorie, die 158

Königsglorie“ (Nyberg, Hilfsbuch des Pehl. II, 137, vrgl. auch 263 sq.) und pehl. farrax „glänzend, strahlend, schön; glücklich, geehrt, berühmt“ (Nyberg I. I. 69 sq.), npers. farr „Glanz, Ma­ jestät“ (Horn, Npers. Etymologie 180), oss. farn „Friede, Ueberfluss, Glück“ gehört, wird wohl niemand bezweifeln (vrgl. Justi, Namenbuch s. v.; Miller, Žurnál 248; Sprache 6; Vasmer, Ira­ nier 55). [Dass farnah- ein medisches LehnwTort im Altpersischen zu sein scheint, ist in diesem Zusammenhang ohne entscheidende Bedeutung.] Schwieriger ist die Frage nach dem unmittelbaren Ursprung der Namen. Φαρνακιων ist eine Graezisierung von Φαρνάκης. Der Name Φαρνάκης ist in dem persischen Milieu sehr häufig; vrgl. die Belege bei Justi, Namenbuch s. v. und auch Pape-Benseler s. v.; die grösste Popularität gewann der Name aber durch die Mitglieder der Pontischen Dynastie, namentlich durch den Grossvater und Sohn des Mithridates des Grossen Eupator. Vrgl. folgende Namen aus verschiedenen Gegenden Griechenlands: Φιλάρεστος Φαρνά[κου] IG II, III2, 2, 2, 2173 (Athen; IIP; Katalog der Epheben); Φαρνάκης Έλεϋ IG II, III2, 2, 2,2191, 57 (Athen; IIIP; Katalog der Epheben); Φα[ρ]νάκης IG VII, 545, 14 (Tanagra; ante aetatem imperatorum Rom.; textus maiuscularis: ΦΑΙΝΑΚΗΣ); Φαρνάκης Τιμοκλείδου, Έρμαις Φαρνάκου IG XII, 8,472 (Thasus); Κλαύδιος Φαρνάκης Καλλιστράτου IG XII, 1, 4, III, 15 (Rhodus; Ip); Φαρνάκ[ης] IG XII, 1, 46, 491 (Rhodus; αΙ); Κροτίδας Φαρνάκευς IG XII, 1, 2, 9 (Rhodus; Ip); Φαρνά[κου- IG XII, 3, Suppl., 1303 (Thera; ante aet. Christ.); Κάλλιστος [Φ]αρ[ν]άκου IG XII, 5,143, 4 (Paros); Φαρνάκης IG XIV, 826, 45 (Neapolis); Φαρνάκης Φαρ­ νάκου aus Sinope IPE II, 299; Φαρνάκης Φαρνάκους Άμαστριανός IPE I2, 388, 4 (Chersonesus Taurica; Ιρ). Es ist also nicht zu verwundern, dass dieser Name vor allem im Bosporanischen Rei­ che, wo die Dynastie regierte, ganz einheimisch wurde. Das bisher Gesagte würde dafür zeugen, dass der Name Φαρνάκης entlehnt ist. Die olbiopolitanische Form Φαρναγος zeigt aber mit ihrem Suffixe -άγος, dass der Stamm des Namens auch an der nördli­ chen Schwarzmeerküste einheimisch war. Es ist nicht wahrschein­ lich, dass ein entlehnter Name nur in Olbia mit einem anderen und 159

dazu noch sehr ähnlichen Suffixe abgeändert würde; nein, die Form Φαρναγος bezeugt, dass dieser Namenstamm auch vor der Welle der persischen Entlehnungen aus der Zeit des Mithridates und seiner Dynastie hier im Gebrauch wurde. Damit soll nicht gesagt werden, dass der Name Φαρνάκης auch immer einheimisch sein muss: das Gegenteil ist die Wahrheit. Aber auch bei diesem Namen kann einheirtiische Provenienz in Frage kommen: wenn einmal der Stamm für dieses Gebiet nachgewiesen ist, kann das Suffix -ακης keine Schwierigkeiten bereiten, weil die Variation der Suffixe -άγος und -ακος, -ακης äusserst häufig ist. Auch die Namen wie Φαρναρνος (§ 237), Φαρνης (§ 238), Πιτοφαρνακης (§ 184) u. a. zeugen dafür, dass der Stamm apers. farnah-, oss. farn schon vor dem Einflüsse der pontischen Dynastie in der Sprache der Namen der nördlichen Schwarzmeerküste ein­ heimisch war. Man darf aber nicht vergessen, dass der Stamm des Namens selbst als kulturelle Entlehnung aus der persischen Sphäre betrach­ tet werden muss. (Zu solchen Wörtern vrgl. V. I. Abajev, Dreime persidskije elementy v osetinskom jazyke, in: Iranskije jazyky I (Iranica. Materiály i issledovanija po iranskim jazykam 3), MoskvaLeningrad 1945.) Wir können also auf diesem Namen zwei Wellen des persischen Kultureinflusses aufspüren, eine ältere, welche den Namenstamm brachte, und eine jüngere, welche dem Namen Φαρνάκης die grosse Popularität gab. Vrgl. auch § 752 Ende. § 237. Φαρναρνος.

BOSPORI ORA ASIATICA: Φαρναρν[ος?] II, 399, 1 (aet. Rom. rec.; Gorgippia; die Kasusendung des Namens kann nicht sicher festgestellt werden). Dass der erste Teil dieses Namens zu dem oben (§ 236) behan­ delten aw. y^armah-, apers. farnah- n. „Ruhm usw.“ gehört, hat schon Justi (Namenbuch s. v.) gezeigt. In dem zweiten Teile sieht Laty šev (IPE zur Stelle) einen Schreibfehler, indem der lapida­ rius Φαρνα[κης] oder -[κιων] hätte schreiben sollen. Ich möchte den 160

zweiten Teil des Namens lieber mit aw. aranav- m. „Kampf, Wett­ kampf“ (Bartholomae, Wtb. 196 sq.) vergleichen und somit dem ganzen Namen Bedeutung wie etwa „der im Kampf Ruhm Fin­ dende“ zuschreiben. § 238. Φαρνης.

PANTICAPAEUM: Φαρνης Μενεστράτου IV, 353, 1 (IVP). Vasmer (Iranier 55) hat richtig erkannt, dass dieser Name eine Kurzform eines mit der Entsprechung des aw. y^annah-, apers. farnah- n. „Ruhm usw“, oss. farn „Friede, Ueberfluss, Glück“ (vrgl. oben § 236) gebildeten Namens ist. Zu vergleichen ist auch der Name des medischen Königs Φάρνος bei Diod. Sic. II, 1 (weitere Belege bei Justi, Namenbuch s. v.). § 239. Φαρνοξαρθος.

TANAIS: Φαρνοξαρθος Ταυρέου II, 430, 15 (220p); Φαρνοξαρ3ο$ Ήρακλ[είδου] II, 446, 19 (220ρ); Φαρνοξαρθος Ταυρέου II, 451, 12 (228ρ); Akk.: Φαρνο[ξα]ρθον Ταυρέου II, 456, 8 (1ΠΡ). (Höchst wahr­ scheinlich handelt es sich hier um zwei verschiedene Personen.) Dieser Name ist nach Müllenhoff (Deutsche Alterturriskunde III, 121), Justi (Namenbuch s. v.), Miller (Žurnál 261 sq.; aus Vasmer, Iranier 55) und Vasmer (l. I.) mit aw. y^aranah-, apers. farnah- n. „Ruhm usw.“ (vrgl. oben § 236) und mit aw. xšaSran. „imperium, regnum, Herrschaft, Reich“ (Bartholomae, Wtb. 542) zu vergleichen. Die Bedeutung wäre also etwa „dessen Ruhm in seiner Herrschaft ist“. § 240. Φιδας, Φιδανους, Φηδανακος, Πιδος, Πιδεις, Πιδανος. PANTICAPAEUM: Λειμανος Φιδα (Gen.) II, 29, 21 (IHP); Φιδαν (Akk.) IV, 211, 3 (ΙΙΙΡ). TANAIS: Gen.: Ομψαλακος Φιδα II, 438, 20 (155p); Φιδα II, 440, 12 (IIP); Στοσαρακος Φιδα Η, 448, 11 (225ρ); Λειμανος Φι[δα] II, 445, 11 (ΙΙ/ΙΙΙρ). PANTICAPAEUM: Φιδανους Θεαγ[γέ]λου II, 29, 19 (ΗΙΡ); [Μακ]άρι[ος? Φ]ιδαν(οι) (Gen.) II, 29, 41 (ΙΙΙΡ). Personennamen 11

161

TANAIS: Φιδανους Κίμβρου II, 434, 15 (236p); Gen.: Ψυχαρίωνα Φιδανοι II, 434,10 (236p); ’Αράθης Φιδανοι II, 446, 10 (220p); Ψυχαρίων Φιδανοι II, 448, 6 (225ρ); [Ψ]υχαρίων Φιδανοι II, 450, 13 (ΙΙΙΡ); zwei Personen oder nur eine?). TANAIS: Φηδανακο$ Εύνώνου II, 454, 26 (ΙΙΙΡ). OLBIA: Δουαραγος Πιδου (Gen.) Is, 135, 7 (ΙΙΙΡ). OLBIA: ΙαφαγοςΠιδει(Gen.) Ι2,98,12(ΙΙΙΡ);[Πι]δει (Gen.) I2,111,2. OLBIA: ΠιδανοξΠιτφαρ[νακ]ο[υ] I2,2,26 (181ρ; Tyras); Πιδα[ν]ος Κουλίου I2, 103, 7 sq. (IIIP); Π[ιδαν]ος (?) I2, 104, 6 sq. Alle angeführten Namen sind phonetisch so ähnlich und gleich­ artig, dass es höchst wahrscheinlich ist, dass sie eine Namen­ sippe bilden (so schon Justi, Namenbuch s. v. Πιδα$). Diese An­ nahme wird durch dem Umstand unterstützt, dass es analoge Bei­ spiele der Anwesenheit und Abwesenheit der Spirantisation gibt (vrgl. §§ 403, 404 sq.). Der Stamm wird durch verschiedene Suffixe weitergebildet, welche alle von zahlreichen anderen Namen gut bekannt sind (-α$, -ει$, -ovoç, -αν-ouç); zu -αν-ακος führt Har­ matta (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 301) als Parallele das soghdische pwťrík „bouddhique“ (Benveniste, Essai de gram­ maire soghdienne II, 95) an. Der Stamm ist bei allen angeführten Namen derselbe; dass das η im III. Jahrhundert im Lautwerte von i, i ganz gang und gäbe war, bedarf wohl keiner besonderen Darlegung. Etymologisch gehört der Stamm dieser Sippe zu aw. pitar- m. „Vater“ (Bartholomae, Wtb. 905 sq.), oss. dig. fida, ir. fyd „Vater“ (so teilweise schon Miller, Žurnál 252; Os. Et. III, 82; aus Vasmer, Iranier 48; Justi, Namenbuch s. v. Πιδας). [Für Φηδανακος sucht zwar Miller (Žurnál 243; aus Vasmer, Iranier 55) eine Entsprechung in oss. fedavinag „friedliebend“, aber diese Etymologie stösst auf lautliche Schwierigkeiten (Harmatta 1.1.), zweitens wird sie auch durch den Umstand unsicher gemacht, dass das betreffende ossetische Wort in den Wörterbüchern nicht zu Anden ist. Wegen der Endung ausgeschlossen wäre auch die Vergleichung der behandelten Namensippe oder etlicher zu ihr gehörenden Namen mit oss. fidar „kräftig, fest“, auf das man, was die Bedeutung angeht, denken könnte.] 162

In der ganzen Namensippe gibt es nur ein Problem: ist der Unter­ schied zwischen dem anlautenden Π und Φ nur graphisch, d. h. han­ delt es sich hier um verschiedene graphische Darstellung derselben, wahrscheinlich aspirierten Aussprache desselben Phonems, oder ist dieser graphische Unterschied in der phonetischen Realität be­ gründet gewesen? Für diese zweite Ansicht scheint der Umstand zu zeugen, dass die eine Schreibweise ausschliesslich im westlichen, die zweite ausschliesslich im östlichen Gebiete benützt wird. Wir werden aber auf diese Frage im Zusammenhänge mit allen anderen hierherbezüglichen Fällen eingehen müssen. (Vrgl. unten §§ 403, 404 sqq.). [Die Namen Πίδων IG XII, 3, 211 (Astypalaea), Πιδιεύς IG XII, 9, 160, 6 (aber die unmittelbare Ausgabe dieser Inschrift, IG IX 1, 443, Stratus in Acarnania, “268, hat Πεδιεϊ Ίπττοκλ[έος Εύβοεϊ έκ Καρύ]στου, was zu einer häufigen echtgriechischen Sippe führt), Πίδαιος· όνομα κύριον Suidas, werden nur zufällige An­ klänge sein; sie gehören wohl zu τπδάω „aufquellen“. Aber auch eine umgekehrte Annahme wäre unrichtig: die oben angeführten Namen mit dem Anlaut Π gehören nicht unter die griechischen Namen, weil ihre Suffixvariation zu deutlich auf die iranische Zuge­ hörigkeit hindeutet.] Φιτοφαρνακης siehe unter Πιτοφαρνακης, § 184. § 241. Φλειμναγος, Φλιμανακος, Λειμανος, Λιμνακος; Λειμειη

(Frauenname). OLBIA: [Φλει]μναγος Θρασυβούλου I2, 96, 4 sq. (II/IIP); Θρα­ σύβουλον Φλειμναγου (Gen.) I2,42,1; Θρασύβουλος Φλειμναγου (Gen.) I2, 42, 3 (II/IIP). (Falls der Nominativ richtig ergänzt ist, handelt es sich hier höchst wahrscheinlich um den Grossvater und Enkel.) OLBIA: Φλιμανακος Θεογενούς I2, 106, 6 sq. PANTICAPAEUM: Λειμαν[ος] Φιδα II, 29, 20 (IIP); Λειμανον (Akk.) SEG II, 485, 5 sq. (IIP). TANAIS: Λειμανος Φι[δα] II, 445, 11 (II/IIP); Gen.: Ασπανδανος Λειμανου II, 447,14 (225p); ... ραεδις Λειμανο[υ] II, 446, 25 (220ρ). 163

BOSPORI ORA ASIATICA: Gen.: [Μ]ο[ι]ρόδωρος(?) Λιμνακον II, 402, 55 (aet. Rom.; Gorgippia); ΧρηστίωνΛι[μνακον?] II, 403, 7 sq. (Ip; Gorgippia). BOSPORI ORA ASIATICA: Λειμειη (Frau) II, 3671, 6 sq. (345p; Taman; Gattin eines Ευφρόσυνος Σαμβίωνος.) Diese um verschiedene Suffixe erweiterten Namen bilden wieder eine Namensippe, welche etymologisch einerseits mit aw. frya,,lieb, wert, freund“ (Bartholomae, Wtb. 1026), andrerseits mit oss. limän „freund“ zusammenhängt. (Vrgl. Miller, IAK 47, 86 sq.; aus Vasmer, Iranier 43, 55; Justi, Namenbuch s, vv.) Die Lautentwickelung ist in diesem Falle also gut zu verfolgen. [Das oss. limän „Freund“ wurde von Hübschmann, Oss. Ety­ mologie 46 mit aind. prïyamâria- „freundlich“ (zu aind. priya-, aw. frya-, pri-, fräy- (Bartholomae, l. I. 1016) unter Anfügung von Fragezeichen gleichgestellt; diese Hypothese Hübschmanns wird von Vasmer (Iranier 55) angenommen, welcher selbst ein irani­ sches *frïyamâna- voraussetzt. Harmatta (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 302 sq.) bekämpft mit Recht diese Ansicht, indem er zeigt, dass man für aind. -iya- oss. -iu- (aind. rigate, dig. liiun; Miller, Sprache 17) hätte erwarten sollen. (Zwei weitere Einwände Harmattas sind nicht stichhaltig: für aind. -mäna- ist im Osseti­ schen wirklich ein -mon- zu erwarten; in den hier behandelten Na­ men gibt es aber diese Lautentwickelung (noch) nicht (§ 494). Wa­ rum aind. priyamäna- nicht „freundlich“, sondern nur „befrie­ digt“ bedeuten soll, entzieht sich meinem Wissen.) Es ist also besser, oss. limän mit Harmatta von einem iran. friya-manahabzuleiten, welches durch aw. dušmanah- „des Denken übel ist, des Denken feindlich ist“ (Bartholomae, I. I. 753 sq.) gestützt wird.] § 242. Φλιανος. OLBIA: Τειμοκλής Φλιανου (Gen.) I2, 101, 9. Wie schon Justi (Namenbuch S. 106) gezeigt hat, ist dieser Name eine genaue Entsprechung des aw. Personennamens Fryäna- „Name einer gläubigen türischen Familie“ (Bartholomae, Wtb. 1026 sq.). Harmatta (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 301) zieht mit 164

Recht unsere Aufmerksamkeit zu der hohen Bewertung, die dieser Entsprechung von der Seite Nybergs (Die Religionen des alten Iran 251) zu teil wird hin. Vrgl. §§ 61, 126, 130, 167, 243 u. a. § 243. Φοδακο$.

BOSPORI ORA ASIATICA: [Φ]οδακος Πό-θωνος Π, 364, 5 (16p);f Φοδακ[ο$] Σα- II, 449, 13 (IIP). Diesen Namen wollte Miller (Žurnál 244; aus Vasmer, Iranier 55, welcher die Ansicht Millers annimmt) mit oss. fuduag „ausge­ lassen, unartig, mutwillig, mutig“ (so in Miller-Freimans Wör­ terbuche; Miller nach Vasmer hat fudag) vergleichen. Da aber diese Etymologie lautlich ziemlich schwierig ist, wird man vielleicht der Erklärung Har matt as (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 301) den Vorzug geben. Harmatta vergleicht aw. PuSa„Name einer iranischen Familie“ (Bartholomae, Wtb. 909). Wir finden hier also eine weitere genaue Koinzidenz in den Personen­ namen. § 244. Φοργαβακος.

TANAIS: Gen.: Χοφρασμον Φοργαβακου II, 447, 4 (IIP); und mehrere Male dieselbe Person: II, 445, 7 (II/IIP); II, 430,9 sq.(220p); II, 431, 8 sq. (IIP); II, 431 bis, 9 (IIP); II, 434,9 (236p); II, 446, 3 (220p); II, 435, 2 sq. (IIP). Miller (Žurnál 258; aus Vasmer, Iranier 55) hat sich bemüht, diesen Namen entweder mit oss. furgauäg „Hammel hütend“ (das in Miller-Freimans Wörterbuche nicht zu finden ist; nur dig. fur „Widder“) oder mit oss. dig. fur „viel“ und gauäg „zielend“ (das wieder dem Wörterbuche von Miller-Freiman unbekannt bleibt) zu vergleichen. Es ist klar, dass diese Etymologien keine grosse Ueberzeugungskraft besitzen; schon Vasmer (I. I.) zog also vor die Erklärung Justis (Namenbuch s. v.), welcher (gestützt auf Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde III, 122) den Namen als eine Entsprechung des aw. pouru.gav- „rinder­ reich“ (Bartholomae, 1.1. 899) betrachtet. (Aw. pouru- = oss. dig. fur.) 165

§ 245. Φορηρανος.

TANAIS: Φορηρανος Εύίου 11,448, 11 (225p); Φορηρα[νος] II 450, 11 (ΙΙΙΡ; möglicherweise dieselbe Person). Dieser Name wurde in einer sehr geistreichen Weise erklärt von Justi (Namenbuch s. v.). Er setzt voraus, dass 1° -αν- das bekannte patronymische Suffix ist, 2° dass -η- in der üblichen Weise für -isteht. Er vergleicht dann aw. pouru- „viel“ (Bartholomae, Wtb. 854), oss. dig. fur „viel“ und aw. airya- „arisch“ (Bartholomae, I. I. 198), oss. ir „Ironer, Ost-Ossete“ (vrgl. dazu oben § 177 ff. zu 1ραμβουστο$ u. a.). Er übersetzt den Namen „viele Ir (Osseten) habend, beherrschend“ und vergleicht, was die Bedeutung betrifft, die griechischen Namen Πολυάνωρ, Πολύλαος. § 246. Φοριαυος. TANAIS: Φοριαυος Άντισθένου II, 447, 16 (225ρ). Dieser Name wurde von Miller (Etnograf. Obozrenije 1891, 190; IAK 47, 92; aus Vasmer, Iranier 55) und Justi (Namenbuch s. v.) mit oss. dig. fur „viel“, aw. pouru- „viel“ (vrgl. oben § 245) und mit aw. yava- m. „Getreide“ (Bartholomae, Wtb. 1265 sq.) ver­ glichen und „viel Getreide besitzend“ übersetzt. § 247. Φορος.

TANAIS: Φορο$ II, 451, 31 (228p). Miller (Žurnál 244; Os. Et. Ill, 80; aus Vasmer, Iranier 55 wollte diesen Namen mit oss. fur „Hammel“ vergleichen. Vasmer (I. I.) sieht in dem Namen eine Kurzform eines ursprünglich mit der Entsprechung des aw. pouru- „viel“ (Bartholomae, Wtb. 854), oss. dig. fur „viel“ zusammengesetzten Namens. Diese Ety­ mologie hat den Vorzug, dass wir mehrere von diesem Stamme gebildete Namen kennen (§§ 244, 245, 246). § 248. Φοσακος. TANAIS: Φοσακος ß' II, 452, 14 (228p); -ανος Φοσα[κ]ου II, 449, 20 (IIIp). Dieser Name wurde von Miller (Žurnál 244; Os. Et. Ill, 80; aus Vasmer, Iranier 55) und Justi (Namenbuch s. v.) richtigerweise

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mit oss. dig. fus „Schaf“ oder fos „Vieh, Habe, Gut, Beute“, aw. pasav- m. „Vieh, domestizirtes vierfüssiges Tier, Haustier“ (Bar­ tholomae, Wtb. 879) verglichen. Vasmer (Z. Z.) betrachtet den Namen als eine erweiterte Kurzform. § 249. Φουρτας.

TANAIS: Φούριας ’Αγαθού Η, 451, 26 (228p); dieselbe Person auch II, 452, 18 (228p). Es ist kaum zu bezweifeln, dass dieser Name mit aw. puSra- m. „Sohn“ (Bartholomae, Wtb. 909), oss. dig. furt, ir. fyrt „Sohn“ zu vergleichen ist. (Miller, Žurnál 243; Os. Et. III, 80; aus Vasmer, Iranier 55; Justi, Namenbuch s. v.) Vrgl. auch den Namen Πουρθαιος § 185. § 250. Χανακης. PANTICAPAEUM: Χανακης IAK 40, 107 Nr 20 (aus Vasmer, Iranier 56; mir unzugänglich geblieben). Der Name Χανακης wurde von Vasmer (Z. Z.) richtigerweise mit aw. hana- „greis, alt“ (Bartholomae, Wtb. 1769) verglichen.

§ 251. Χαρδεις.

BOSPORI ORA ASIATICA: Νεοκλης Φαρνακιωνος Χαρδει (Gen.) II, 402, 29 (aet. Rom.; Gorgippia); Ίτπταρεϊνος Χαρδει (Gen.) II, 402, 52 (aet. Rom.; Gorgippia; höchstwahrscheinlich zwei verschie­ dene Personen, sonst würden die zwei Söhne als Brüder nebenein­ ander angeführt). Diesen Namen können wir mit oss. dig. xard, ir. xardz „krän­ kend“ vergleichen. Was die Bedeutung angeht, vrgl. das oben § 38 zu Αβαείων Gesagte. § 252. Χοδαινος.

TANAIS: Διδυμοξαρθος Χοδαινου (Gen.) II, 427, 6 (188ρ). Dieser Name ist in vielfacher Weise interpretiert worden. Mül­ lenhoff (Deutsche Altertumskunde III, 114) verglich ihn mit aw. hudaěna- „des Ich gut ist“ (Bartholomae, Wtb. 1823); Justi (Namenbuch s. v.) mit aw. y^adaëna- „die eigene Religion beken­ 167

nend“, auch als Personenname benützt (Bartholomae, I. I., 1875); Vasmer (Iranier 56) mit aw. χαοδα- m., n. „Hut, Kappe; Helm“ (Bartholomae, I. I., 531). Die Etymologie Vasmers ist abzulehnen, weil sie das Ende des Namens unerklärt lässt. Die Etymologie Müllenhoffs stösst nicht auf lautliche Schwierigkeiten, und ist semantisch auch nicht un­ passend; die Erklärung Justis hat aber den Vorzug, dasss sie sich auf einen wirklich belegten Namen stützt. Lautlich ist sie nicht schwierig oder überraschend, vrgl. § 460. § 253. Χοδεκιος.

BOSPORI ORA ASIATICA: Σαρμάτας Χοδεκιου (Gen.) Η, 403, 8 (Ιρ). Auch die Interpretation des Namens Χοδεκιος ist noch nicht endgültig festgestellt worden. Weder Miller (Žurnál 248; aus Vas­ mer, Iranier 56) mit seiner Erklärung, dass der Name mit oss. dig. xuädäg „selbst“, noch Justi (Namenbuch s. v.) mit der unbegrün­ deten Ansicht, dass der Name slawischen Ursprungs ist, scheinen Recht zu haben. Vasmer (I. I.) denkt an eine Nebenform des Namens Χοδιακιος was sehr trefflich ist, weil der Lautübergang ya>ye>e auch bei anderen Namen anwesend ist (vrgl. unten §§ 417—419). Man könnte zwar den Namen Χοδεκιος unmittelbar zu aw. χαο­ δα- m., n. „Hut, Kappe; Helm“ (vrgl. unten § 254) stellen; diese Etymologie lässt aber das -ε- unerklärt. (Das Suffix ist sonst stets -ακος.). § 254. Χοδιος. PANTICAPAEUM: Στράτων Χοδιου Δαδα (Gen.) IV, 474, 3 sq. (IIIP). Diesen Namen dürfen wir wohl sicher mit Vasmer (Iranier 56) mit aw. χαοδα- m., n. „Hut, Kappe; Helm“ (Bartholomae, Wtb. 531), oss. dig. xodä, ir. xud „Mütze, Hut“ vergleichen. § 255. Χοδιακιος, Χθ3ΐ[α]κος.

TANAIS: Gen.: Λόγος Χοδιακιου II, 451, 22 (228p); Δαδας 168

Χοδιακι[ο]υ Π, 452, 15 (ΙΠΡ). (Höchstwahrscheinlich zwei ver­ schiedene Personen.) TANAIS: Ανδα[ν]ακος Χο^ι[α]κου (Gen.) II, 446, 21 (220ρ). Dass diese zwei Namen nur zwei Formen desselben Stammes sind, ist wegen ihrer lautlichen Aehnlichkeit sehr wahrscheinlich. Was die Etymologie betrifft, hat Miller (IAK 47, 88; aus Vasmer, Iranier 56) gedacht, dass sie zu oss. xuz „Gestalt, Farbe, Abbild, Porträt“ (so Miller-Freimans Wörterbuch; Miller nach Vasmer: „Aussehen“) gehören, was nicht gerade einleuchtend ist. Entschieden besser verglich die beiden Namen Justi (Namen­ buch s. v.) mit aw. hu- „gut“ (Bartholomae, Wtb. 1817 sqq.) und aw. ]yä- f. „Sehne“ (Bartholomae, l. L, 611); vrgl. auch den Namen Οχωδιακος, Οχωδιακος § 178. Vasmer (Z. Z.) denkt an einen Zusammenhang mit Χοδαινος, also mit dem schon öfters erwähnten aw. χαοδα- m., n. „Hut, Kappe; Helm“, oss. dig. xodä „Mütze, Hut“, ir. xud, dasselbe. Auch diese Etymologie ist gut möglich. § 256. Χοροαθος, Χορουα[3ος].

TANAIS: Χοροαθος Σανδαρ^ιου II, 430, 8 (220p); XopoaSou (Gen.) II, 445, 20 (II/IIIP). TANAIS: Xopoua[3ou] (Gen.) II, 445, 5 (II/IIIP). Müllenhoff (Deutsche Altertumskunde III, 114) äusserte die Ansicht, dass dieser Name etymologisch mit aw. huraoba- „schön gestaltet“ (Bartholomae, Wtb. 1836) zu vergleichen ist. Wenn diese Etymologie vom Standpunkte der Lautlehre aus schwierig ist (δ—9), so ist wieder der Erklärungsversuch Millers (Žurnál 259 sq.; aus Vasmer, Iranier 56), welcher den Namen mit aw. hvar- n. „Sonne, Sonnenball, Sonnenlicht“ (Bartholomae, Z. Z., 1847 sq.) und oss. uat „Bett“ verknüpfen wollte, semantisch kaum tragbar. Justi (Namenbuch s. v.) denkt an aw. hva-, \va- pronom, reff. (Bartholomae, Z. Z., 1845) und aw. urvaSa- „amicus, befreundet, Freund“ (Bartholomae, Z. Z. 1837) und übersetzt den ganzen Namen „seine, zugetane Freunde habend“. Vasmer (Z. Z.) findet diese Bedeutung doch zu schwierig und möchte lieber mit dem 169

ersten Teil des Namens aw. hu- „wohl, gut, schön“ (Bartholomae, I. I. 1817) vergleichen, was zu der Bedeutung etwa „guter Freund? führt und entschieden besser ist. [Dass Χοροαθος und Xopoua[So$] nur verschiedene graphische Darstellungsweisen von -rv- sind, unterliegt wohl keinem Zweifel.] § 257. Χουαρσα^οζ.

OLBIA: Gen.: Aßpocyos Χουαρσα^ου F, 82, 5 (IF); derselbe Name auch F, 686,6 (höchstwahrscheinlich dieselbe Person); Τανασισος Χουαρσα^ου F, 92, 7 sq. (IF). Diesen Namen hat Miller (Žurnál 258; aus Vasmer, Iranier 57) erklärt, indem er ihn mit oss. dig. xuar „Getreide“ (zu aw. xfarsnan. „Essen, Trinken“; Miller, Sprache 38) und dig. sadzun „pflan­ zen, einsetzen“ verglich. Zu ähnlichem Ergebnis kommt Justi (Namenbuch s. v.) auf anderem Wege; er übersetzt den Namen „Speisebereiter“ und setzt voraus, dass er einem npers. *xwar-säz entspricht. § 258. Χουναρος.

OLBIA: Xouvapos Ήρακλείδου F, 91, 6. Dieser Name wird von Müllenhoff (Deutsche Altertumskunde III, 114), Miller (Žurnál 260; aus Vasmer, Iranier 57) und Justi (Namenbuch s. v.) richtig mit aw. hunara- m. „Können, Kunst, Kunstfertigkeit, Geschicklichkeit, persönliches Wert“ (Bartho­ lomae, Wtb. 1831), aw. hunaravant- „kunstfertig, geschickt, tüch­ tig“ (Bartholomae, l. I., 1832), npers. hunari „Held“ verglichen. § 259. Χοφαρνος.

PANTICAPAEUM: Χοφαρν(ο$) ß' II, 29, 30 (HF); Gen.: Ίουλ(ίου) Χοφα[ρ]νου ’Αφροδεισίου II, 29, 11 sq. (IIP); Ποστιας Χοφαρν(ου) II, 29,30 (IIP); Ήρακλ(είδης) Χο(φαρνου) (?; Gen.) II, 29, 37 (IIP; verschiedene Personen). TANAIS: Χοφαρνος A- II, 444, 5 (209p); Χοφαρνος [Στ]ρατον[είκ]ου II, 448, 26 sq. (225p); Gen.: Χοφαρνου Σανδαρ^ιου II, 430, 5 sq. (220ρ). Dieser Name wurde von Müllenhoff (Deutsche Altertumskunde III, 114) und Miller (Žurnál 260; aus Vasmer, Iranier 57) unter 170

Vergleich von aw. hu- „wohl, gut, schön“ (Bartholomae, Wtb. 1817) und apers. farnah- n. „Ruhm, usw.“ (Bartholomae, l. L, 1870 sqq.) richtig erklärt. Also die Bedeutung etwa „Wohlberühmt“. Justi (Namenbuch s. v.) sieht kaum richtig in dem ersten Teile des Namens eine Entsprechung des aw. hva-, afa-, pronom, refi. (Bartholomae, I. I. 1845). § 260. Χοφρασμο$, Χοφρα^μός.

TANAIS: Gen.: Σαυανων Χοφρασμου II, 447, 8 (225p); Ευνων[α Χο]φρασμου II, 453, 18 sq. (230p); Akk.: Χοφρασμον Φοργα[β]ακου II, 434, 9 (236p); dasselbe auch II, 446, 3 (220p); II, 447, 3 (225p). TANAIS: Χοφρα^μος Φοργαβ[α]κου II, 430, 9 (230p); unsicher was die Schreibweise betrifft sind: Χοφρ[ασμο]ς Φορ[γαβακ]ου II, 431, 7 sq. (IIIP); Χοφρα[σ]μου Φο[ργ]α[βακ]ου (Gen.) 11,431 bis, 8 sq. (IIIP); ganz unsicher: [Χοφρασμ]ο$ Φο[ργαβακου] II, 435, 2 (IIIP); [Χοφρασμ]ον Φοργαβα[κου] (Akk.) II, 445, 7 (II/IIIP). (Der Χοφρασμοζ Φοργαβακου ist höchstwahrscheinlich dieselbe Person; trotzdem variiert die Schreibweise.) Die Interpretation dieses Namens ist nicht ganz klar. Müllen­ hoff (Deutsche Altertumskunde III, 114) wollte ihn mit einem aw. *hu-fräsmay- vergleichen, dessen Bedeutung er für „wohl for­ dernd“ hielt. Der hauptsächliche Einwand gegen diese Erklärung (Vasmer, Iranier 57 sagt, dass sie schon von Miller, Žurnál 260 bezweifelt wurde) ist, dass ein aw. *hu-fräsmay- nicht existiert und selbst fräsmay- unbekannter Bedeutung ist. Da es aber als Beiwort des Haoma (als Gottheit) benützt wird (Bartholomae, Wtb. 1022), wird es wohl eine solche Bedeutung gehabt haben, dass es auch als eine lobenswerte Bezeichnung benützt werden kann. Somit ist die Interpretation Müllenhoffs nicht ausgeschlossen, wenn auch nicht ganz sicher. § 261. Χωδαρ3ος.

OLBIA: Χωδαρ3θ$ Φαρ^ηου I2, 94, 6 sq. NEAPOLIS SCYTHICA: [Άχιλ]εύς Χωδ[αρ3ου] (Gen.) SEG III, 605. (IPE I2, 669 hat: [βασ]ιλεύ$ Χωδ[αρ3ος].) 171

Dieser Name wurde geschickt erklärt von Müllenhoff (Deutsche Altertumskunde III, 115), welcher ihn als xvädaraz- „durch sich selbst stark“ interpretierte; vrgl. aw. hva-, xva- pronomen refi. (Bartholomae, Wtb. 1845) und aw. dsrazra- „fest, stark, tüch­ tig“ (Bartholomae, I. I. 743), darazista- „der festeste, stärkste“ (Bartholomae, I. I. 698 sq.). Nicht überzeugend ist der Versuch Millers (Žurnál 260; aus Vasmer, Iranier 57), den Namen Χωδαρ^ος mit einem oss. xodaräz „selbst richtend“, welches weder selbst noch seine einzelnen Teile in Miller-Freimans Wörterbuche zu finden ist und welches über­ haupt semantisch unpassend wäre.. Abzulehnen ist auch der Gedanke Boeckhs (CIG II, 1116; vrgl. dasselbe bei Latyšev, IPE I2, S. 127), den Namen Gotarzes (Tac. Ann. XII, 14) zu vergleichen, weil es, wie schon Vasmer (l. I.) gezeigt hat, die npers. Form Göderz (vrgl. Stein, PaulyWissowa XIV, 1675) verbietet. § 262. Χωδονακος.

TANAIS: Gen.: [Xjavoaßoyagos Χωδονακου 11,448, 16 (225p); [X]ava[a]ßoya3o[v] Χωδονακου II, 453, 12 sq. (230p). (Falls die Ergänzung richtig ist, handelt es sich um dieselbe Person.) Dieser Name wurde von Miller (IAK 47, 90; aus Väsmer, Iranier 57) unter Vergleich von oss. dig. xodun „lachen“, dig. xoduinag, ir. xudinag „lächerlich, schändlich, Schande, Schmach“ erklärt. Mit Unrecht behauptet Vasmer (I. I.), diese Etymologie sei unsicher; man könnte Einwände erheben nur wegen der Bedeu­ tung des verglichenen Wortes und somit des Personennamens: dazu vrgl. das oben § 38 zu Αβαείων über die Personennamen peiorativer Bedeutung Gesagte.

ANMERKUNG. Vrgl. auch § 1190 Ende.

172

ÜBERSICHT ÜBER DAS VORKOMMEN DER EBEN BESPROCHENEN PERSONENNAMEN IN DEN EINZELNEN STÄDTEN DER NORDKÜSTE DES SCHWARZEN MEERES

§ 263. Weil uns das Vorkommen einzelner Typen von Personen­ namen der eben behandelten Kategorie noch beschäftigen wird und weil es für deren dialektologisches Auseinanderhalten von höchster Wichtigkeit ist, folgt hier eine tabellarische Uebersicht, welche unsere Beobachtungen erleichtern wird. Ich muss aber ausdrücklich bemerken, dass diese übersichtliche Tabelle nur für die schnelle Orientation bestimmt ist, damit die Lektüre und Kontrolle des § 513 sqq. leichter wird; sie kann aber die eingehende Dokumentation der vorangehenden Paragraphen in den kleinen Details, namentlich was die unbedeutenden Orthographieverschiedenheiten der einzelnen Namenformen und die Zahl der Belege oder gar der dadurch bezeugten Personen betrifft, nicht ersetzen. Das Wesentliche und Entscheidende für die geographi­ sche Verteilung ist hier aber vollständig verzeichnet worden. In der folgenden Tabelle befindet sich auch eine besondere Rubrik Neapolis Scythica, trotzdem, dass nur ein einziger Name hieher gehört. Diese Tatsache hat ihren Grund in dem Umstande, dass diese Stadt im Inneren der Krim an der Grenze der beiden unten (§ 515) besprochenen Areen liegt und dass der betreffende Name an sich nicht erkennen lässt, zu welcher Dialektschicht er gehört. Das vereinzelte Beispiel konnte also nicht einer anderen Rubrik beigeordnet werden.

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airya- (möglicherweise aber über­ haupt ohne dieses Entwickelungstadium) > aira- >ira- >ir~. Dieselbe Lautenwickelung ist im Ossetischen zu finden: z. B. ir „Ossete“. Vrgl. aber das Folgende. 232

§ 439. Aw. airya---- ηλ.

Ηλμανος, airyaman-. Falls die Etymologie richtig ist, handelt es sich hier um eine ähnliche Erscheinung, wie oben § 435; die Erklärung wird dieselbe sein. Zu bemerken ist, dass abweichende Lautentsprechungen, welche sich schwierig in das Lautentwickelungsschema einreihen lassen, sich bisher stets nur auf eine, und dazu eine ziemlich schwache Etymologie stützten. Die Verschiedenheit p—λ kann aber bei diesen Vereinzelten Entsprechungen (§ 435 handelt es sich auch nur um ein Beispiel) nur graphisch sein. Zu dem unten, § 551, besprochenen echtper­ sischen Namen Όροφέρνης gehört ja auch die ziemlich häufige Variante Όλοφέρνη$ (Belege bei Pape-Benseler s. v.), bei der von mundartlichen Verschiedenheiten überhaupt nicht die Sprache sein kann. § 440. Aw. fra — ρα.

Ραδα-μασις, fratama- (masan-). Ραδαμο-φουρτος, fratama(puSra-). Ραδαμ-σαδιος, fratama- (sätay-). Ραδαμ-φων, fratama-. Ραθα-γωσοζ, fraSah- (gaoša-). § 441. Aw. gr — py.

Ασπ-oupyoç, (aspa-) ugra-. Oupy-ßa^os, ugra- (bäzav-). Oupyios, ugra-. Eine auch im Ossetischen übliche Metathese. Vrgl. Miller, Sprache 36, § 43, 1. § 442. Aw. xr — ρχ. Σορχακος, suxra-. Eine auch im Ossetischen übliche Metathese. Vrgl. Miller, Sprache, 26, § 24, 2. § 443. Aw. Sr — p$.

Αλε-ξαρ-θος, (airya-) xšaSra-. Δανδα-ξαρθος, Διδυμο-ξαρθος, Δοσυμο-ξαρΟος, xšaSra-. ©ip3ocyoç, čiSra-. Καινα-ξαρθος, (kaě233

nâ-) xšaSra-. Ζαρθανος, xšaSra-. Πουρθαιος, puSra-, Φαρνοξαρθος, (apers. farnah-) xšaSra-. § 444. Aw. Sr — ρτ.

ζαρταμος, xšaSra-. Φουρτας, puSra-. Ραδαμο-φουρτος, (fratama-) puSra-. Diese Metathese ist auch im Ossetischen üblich; vrgl. Miller, Sprache 36, § 43, 1. § 44S. Aw. s — σ.

Αμω-σιταδος, (ama-) spä8a-, Ασανος, asan-. Ασαρος, asâra-, Ασπακος, aspa-. Ασπα-μιθαρης, aspa- (miSwara- oder miSra-). ΑστΓ-oupyos, aspa- (ugra-). Ασφωρ-ouyoç *aspabära-. Βαγδο-σαυος, (baxta-) savah-. Βαιορ-ασπος, (baëvar-) aspa-. Βιστης, vista- & vista- & Vistäspa- & thrak. Βορ-ασπος, aspa-. Γαστεις, apers. gasta-. Γοδο-σαυος, savah-. Δανα-ρασμακος, rasman-. Καρσας, karasa- & karšiptar & (yao)karš- & Karsoräzah- & thrak. Κασαις, kasav-. Μαιω-σαρα, (mäyä-) sarah- oder sära-. Μασας, mas-. Ομ-ρασμακος, (hama-) rasman. Ουαστο-βαλος, vas-. Ραδαμασις, (fratama-) masan-, Σαδιμανος, satam. Σαρακος, Σαραξα3ος, Σαρυκη, sarah-. Σαρατος, sarad-. Σαυαγασκος, syäva. Σαυα-ιωσος, sava- (yäs)-. Σαυανων, syäva-. Σειμεικος, sima-. Σηνηκας, saëna-. Σιαυακος, Σεαυαγος, Σιαυος, syäva-. Σιωμαχος, Syämaka-, Σο^ιρ-σαυος, söi6is-. Σορχακος, suxra-. Σπαδακης, späÖa-. Σπαρο-φοτος, *spara-. Στπθαμης, Spitäma-. Σπ[α]κος, spaka-. Στορ-μαις, staora- (mäyä-). Σφαρο-βαις, (Vaya)spära- oder spä(bay-, bä-, rap-). Φοσακος, pasu-. § 446. Aw. s — 3.

Καρ^οα^ος, Karasavazdah-. 3 ist stimmhaftes z. Ebenso wie oben § 395 das τ zu δ, wird hier das σ zu 3 unter Einfluss von p. Doch vrgl. Καρσας, in welchem die Assimilation in der Schrift nicht dargestellt wurde. Daraus folgt, dass es sich um keine fertige Lautentwickelung handelt, sondern nur um eine Lauttendenz, welche noch nicht phonematischen Charakter bekam, so dass sie nicht immer dargestellt wurde. 234

Diese Beobachtung ünterstützt den Eindruck, den wir schon oben § 395 über die Beschaffenheit dieser stimmhaften Assimilation ge­ wonnen haben. § 447. Aw. z — 3.

Αβρο-^εος, (aurva-) zaya-. Ανάριων, hazaijra-. A30S, *aza-, Ζαβαγιος, zavah-. Ζαβαρ-γος, zavah- (gav-). Ια^αδ-, yazata-. Ιε^δαγος, yazata-. Ιε^δ-ραδος, yazata- (räÖa-). Μα^ις, Μάγους, maz-. Ναβα^ος, naväza-. Ουαρο3-[β]αλακος, varäza-. Oucxpoç^aκος, varäza-. Ουαρ3βαλος, varaz- oder varäzä-. Ot^iccyos, uzama-. Ουργ-βα3ος, (ugra-) bäzav-. Οχο[α]ρ3σνος, vohvaraz-. Σωχου-β«3ος, bäzav-. Χω-δαρ3ος, (hva-) darazra-. § 448. Aw. zd — 3.

Καρ3οα3ος, Karasavazdah-. Historisch hat der griechische Buchstabe 3 drei Lautwerte: z, zd, dz, in denen er in den griechischen Inschriften (des Mutterlan­ des) mehr oder weniger promiscue gebraucht wird. Hier handelt es sich offenbar um den zweiten Lautwert, welcher allerdings in der Zeit, aus welcher das angeführte Beispiel stammt, nur historisch ist. Zu beachten ist, dass in demselben Namen das 3 zweimal in verschiedenen Lautwerten benützt wird. Das ist nichts in den griechischen Inschriften Ueberraschendes. § 449. Aw. š — σ.

Αρσα-λ-ιων, arsa- oder aršan-. Αρση-ουαχος, arašya, cf. Aršya-. Βιστης, višta- oder Vištáspa, '& vista- & thrak. Γοσων, Γωσακος, gaoša-. Εισ-γουδιος, iš-(gaoiÓya-). 1 ραμ-βουστος, (airyana-) baoša-. Καρσας, karšiptar- oder (yao)karš- oder Karšorázah- & karasa& thrak. Μαισης, maěša-. Ορσιο-μιχος, arašya-, cf. Aršya-. Ουστανος, uštánavant-. Ραδαμ-σαδιος (fratama-) šátay-. Ρα·9α-γωσος, (fraSah-) gaoša-. Σαιτα-φαρνης, šaěta- (apers. farnah-). Σαττιων, šátay-. Χο-φρασμος, (hu-) frášmi. § 450. Ueberganslaut p zwischen μ und σ.

Ραμψαδιος = Ραδαμ-σαδιος, fratama-, šátay-. Ραδαμψων wohl Kurzform dazu & pasu-, fšav-. 235

§ 451. Aw. š — 3.

Οξαρ-δω^ις, (xša-Sra-) daoš-. Χο-φρα^μος, (hu-) fräsmi- (dane­ ben aber auch Χοφρασμος). Es wird sich nur um einen graphischen Unterschied handeln, welcher dazu dient, um das s — σ und š — ? = 5 auch graphisch verschieden zu halten. Eine mehr oder weniger stimmhafte Aussprache des s kann aber auch im Spiele sein — vrgl. §§ 395 und 446. Unsicher. § 452. Aw. š — p.

Σο^ιρ-σαυος, söiSis- (savah-). Auch in diesem Falle werden wir zu einer eindeutigen Lösung nicht kommen. Es könnte sich um das Ausdrücken einer mehr stimhaften Aussprache des s handeln. Aber der Unterschied kann auch nur graphisch sein: der Schreiber wollte die aufeinander folgenden Laute s und s auf verschiedene Weise ausdrücken und ΖΣ hätte er für befremdend und irreführend gehalten, weil eben diese zwei Buchstaben oft verwechselt werden. Darum hat er das P gebraucht. Trotzdem, dass das Beispiel isoliert ist, sind wir überzeugt, dass die zweite Erklärung an sich einen grösseren Grad der Wahr­ scheinlichkeit besitzten würde. Vrgl. aber Aehnliches § 456. § 453. Aw. ž — σ.

[Ρ]αδα-μειστος, (fratama-) mižda-. Diese Entsprechung ist lautlich sehr schwierig. Man wird einen Einfluss der griechischen Wörter, welche auf -ιστός ausgehen, annehmen müssen. § 454. Aw. h — χ.

Οχο[α] P30CVOS, vohvaraz-. Ουςχχω-^ακος, *vahu- (Jyä-). Χανακης, hana-. Χο^ιακος, hu- (jyä-) & xao6a-. Χοροαθος, hu- & hva(urvaSa-). Χουναρος, hunaravant. Χο-φαρνος, hu- (apers. farnah-). Χο-φρασμος, hu- (fräsmi-). § 455. Aw. h — σ.

Αυασιος, avah-. 236

§ 456. Aw. h — p.

Ζαβαρ-yoç, zavah- (gav-). Schriftlicher Ausdruck des stimmhaft gewordenen s? § 457. Aw. h — 0.

Ανάριων hazarjra-. Αφθειμακος, hapta-. Ομ-ρασμακος, hama(rasman-). Vielleicht gehört hierher auch Αρδ-αγδα-κος, (oss. ard) haxta-, falls die gegebene Analyse die richtige ist, was nicht ganz not­ wendig der Fall sein muss, und falls man nicht annimmt, dass im Inneren des Namens der Hauch in der griechischen Schrift eher eingebüsst wäre. Es mag aber auch sein, dass der Hauch überhaupt nur graphisch ohne Ausdruck bleibt, weil eben im Griechischen der Spiritus erst in der byzantinischen Zeit regelmässig geschrieben wird. In dieser Hinsicht ist ebenso unsicher die Parallele des Namens A^apeuç (unten § 752), welcher auch nur inschriftlich belegt ist. § 458. Aw. T}h — χ.

Αρση-ουαχος, (orasya-, cf. Aršya-) varjhav-. Βαγδοχος, (baxta-) varjhav-. Ναμ-ουχος, (näman-) vaijhav-. Bei dieser Lautentsprechung muss man allerdings die uriran. Form *vahu- vergleichen. Vrgl. auch § 347. § 459. Aw. η — 0.

Ανάριων, hazarjra-. Die Entsprechung ist vereinzelt; die Annahme, dass das Aequivalent von uriran. Λ, aw. η vor r eingebüsst wurde, ist ungezwungen und wahrscheinlich. § 460. Aw. xv — χ.

Χοδαινος, xvadaěna-. Χοροαθος, xva-, hva- & hu- (urvaSa-). Χω-δαρ30$, xva- (dorazra-). § 461. Aw. xv, apers. f — φ.

Κο-φαρνος, (gav-), apers. farnah-. Μαι-φαρνο;, (mäyä-) farnah-. Πιτο-φαρνακης, Φιτο-φαρνακης, (pitar-) farnah-. Σαιτα-φαρνης, 237

(saêta-) farnah-. Φαρνος, Φαρναγος, farnah-. Φαρν-αρνος, farnah(aronav-). Φαρνο-ξαρθος, farnah- (xša-Sra-). Χο-φαρνος, (hu-) farnah-. Diese abweichende Lautentsprechung betrifft nur den Stamm farn-, welcher als kulturelles Lehngut aufzufassen ist (§ 236).

Die ossetischen Lautentsprechungen.31 § 462. Oss. a — α.

Αβδαρακος, Avdaräg. Αβραγος, abräg. Αλδιος, Aldi. Αμαιακος, amaiäg. Αργ-ουαναγος, arga, uan. Αρδαγδακος, ard. Apδαρος, ardar oder aldar & äldar. Βαδαγος, badäg. Βαξα^ος, baxs. Βαστακας, bästag. Γωδ-ιγασος, igas. Δαδαγος, Dädag. Ινσα^αγος, *insadz. Καμορσα^ης, (aw. käma-) är-sadzyn. Κασαγος, käsag. Μαστας, mast & mäst. Ιαφαγος, äiafäg. Μαδα, madä. Μουρδαγος, murtakk, murtat. Οξαρ-δω^ις, äxsart. Ουαρ^-βαλος, (aw. varaz-) bar. Ουαστο-βαλος, (aw. vas-) bar(?). Ρασσ[ο]γος, räsug & rasyg. Σαυαγασκος, Σαυανων, sau. Φαδιους, Φαδιους fad. Φαδι-ναμος, fad (nämyn). Φαρνης, farn (Lehnwort). Φοδακος, fuduag & aw. PuÔa-, Χαρδεις, xard. Χουαρσα^ος, xuar (sadzyn). § 463. Oss. ä — a.

Αβαείων, äbäzzon. Αβδαρακης, Abdaräg. Αβραγος, abräg. Αμαιακος, amaiäg. Ανδανακος, ändon. Αρδαρος, äldar & ardar, aldar. Αφθειμακος, ävdäimag. Βαδαγος, badäg. Βαστακας, bästag. Γαδικιος, gädi. Δαδαγος, Dadäg. Ζαρανδος, zärond. Ιαφαγος, äiafäg. Καμορσα^ης, (aw. käma-) är-sadzyn. Κασαγος, käsag. Λειμανος, limän. Μαστας, mäst & mast. Ια^αδ-, izäd (Lehnwort?). Ναυαγός, näuäg. Ούαρας, uär. Ουσι-γασος, uäs. Ρασσ[ο]γος, räsug & rasog. Σαδιμανος, sädä, sädäimag. Σαρακος, Σαραξα^ος, Σαρυκη, sär. Σαρατος, särd. Στο-σαρακος, sär. Φαδι-ναμος, (fad) nämyn. Φανδ-αρα^ος, fänd (arazyn?). 31 Ironische (ostossetische) Wörter sind ohne Bezeichnung angeführt.

238

§ 464. Oss. ä — o.

Οξαρ-δω^ις, äxsart (aw. daoš-). Vrgl. oben § 386. (Hier abgsehen von Entsprechungen an der Grenze der Komposition wie Καμ-ορ-σο^ης.) Vrgl. aber § 285. § 465. Oss. b — ß.

Αβαείων, äbäzzon. Αβραγος, abräg. BaSoyos, Badäg. Βαιορ-ασπος, Βαιορ-μαίος, birä (dig. beurä). Βανας, bon & aw. van-. Βαξαγος, baxs. Βαστακας, bästag. Βορ-ασιτος, dig. bor (aw. aspa-). Βωρ-οψα^ος, dig. bor (dig. äfsä). Ουαρ^-βαλος (aw. voroz-) bar. Ουαστο-βαλος (aw. vas-) bar. (Letzte 2 Beispiele fraglich.) § 466. Oss. b — ir.

Παδαγος, Badäg & mir. Pä6ay. Nicht überraschend in einer Zeit, da ß auch den Lautwert von v hatte. § 467. Oss. d — δ.

Αβδαρακος, Avdaräg. Αλδιος, Aldi. Ανδανακος, ändon. Αρδαγδα-κος, ard. Αρδαροξ, ardar, aldar oder äldar. Βαδαγος,. badäg. Βιδακης, uidag. Γαδικιος, gädi. Δαδαγος, Dadäg oder dada. Ζαρανδο$, zärond. Ια^αδ-, Ιε^δαγος, Ιε^δ-ραδος, izäd (Lehnwort?). Μαδα, madä. Σαδιμανος, sädä, sädäimag. Φαδιους, fad. Φαδιναμος, fad (nämyn). Φανδ-αρα^ος, fänd (arazyn?). Φιδας, Πιδος, dig. fidä. Φοδακος, fuduag & aw. Pu6a-. Χαρδεις, xard. Χοδιος, xodä. Χωδονακης, dig. xodun, xoduinag. § 468. Oss. d — 3.

Φα^ιους, fad. Φα^ι-ναμος, fad (nämyn). Andere schriftliche Darstellung des δ. § 469. Oss. d — T.

Πιτο-φαρνακης, Φιτο-φαρνακης, dig. fidä. § 470. Oss. d — 3.

Αφθειμακος, ävdäimag. Schon spirantisiert, aber noch nicht stimmhaft geworden. 239

§ 471. Oss. dz — 3.

Ινσα^αγος, *insadz. Κου^αιος, kudz. Χουαρσα^ος, (xuar) dig. sadzun. § 472. Oss. f — φ.

I άφαγος, äiafäg. Φουρτας, fyrt. Ραδαμο-φουρτος, (aw. frate­ rna-) dig. furt. Φαδιους, fad. Φαδι-ναμος, fad (nämyn). Φανδαρα^ος, fänd (arazyn). Φαρνης, farn (Lehnwort). Φιδας, dig. fidä. Φοδακος, fuduag & aw. Pu6a-. Φορ-γαβακης, dig. fur. Φορ-ηρανος, dig. fur (ir). Φορ-ιαυος, Φορος, dig. fur. Φοσακος, dig. fus. § 473. Oss. f — TT. Πιδεις, Πιδος, dig. fida. Πιτο-φαρνακης, dig. fida. Πουρθαιος, dig. furt. § 474. Oss. fs — ψ.

Βωροψα^ος (dig. bor) dig. äfsä. § 475. Oss. g — γ.

Αβραγος, abräg. Βαδαγος, Badäg. Γαδικιος, gädi. Γωδι-γασος, gäs. Δαδαγος, Dadäg & dada. Ιαφαγος, äiafäg. Κασαγος, käsag. Ναμγηνος, dig. nongin. Ναυαγός, näuäg. Ουσι-γασος, gäs. Ρασσ[ο]γος, räsug oder rasyg. § 476. Oss. g — K.

Αβδαρακος, Avdaräg. Αμαιακος, amaiäg. Αφθειμακος, avdeimäg. Βαστακας, bästag. Βιδακης, uidag. Φοδακος, dig. fuduag & aw. PuÖa-. Die Lautentsprechung ist nur scheinbar, weil es sich in Wirk­ lichkeit um eine Suffixvariation handelt. Vrgl. unten § 486. § 477. Oss. gö — γ.

Αραουηγος, dig. uegaun. Αργ-ουαν-αγος, args (uan). Γοσων, Γωσακος, dig. gaos. Ρα3α-γωσος, (aw. fraSah-) dig. gaos. 240

§ 478. Oss. i — i.

Αλδιος, Aldi (?, Endung?). Βιδακης, uidag. Γαδικιος, gädi. Ινσα^αγος, *insadz. I ραμ-βουστος, Ιραυαδις, 1 ρβις, Ιργανος, ir. Λιμνακος, limän. Τιλλης, tilyn. Πιτο-φαρνακης, Φιτο-φαρνακης, dig. fida. Φιδας, Πιδος, dig. fidä. § 479. Oss. i — η.

Ναμγηνος, dig. nongin. Φορ-ηρανος, (dig. fur) ir. Freilich nur graphisch. § 480. Oss. i — ει.

Λειμανος, limän. Freilich nur graphisch. § 481. Oss. ir. i, dig. e — η.

Αραουηγος, ir. uigsyn, dig. uegsun. § 482. Oss. ir. i, dig. eu — aio.

Βαιορ-αστΓος, Βαιορ-μαιος, ir. birä, dig. beurä. § 483. Oss. i — ια, ιε

Ια^αδ-, Ιε^δαγος, Ιε^δ-ραδος, izäd (Lehnwort?). § 484. Oss. i (unsilbisch) — i.

Αμαιακος, amaiäg. Ιαφαγος, äiafäg. § 485. Oss. k — K.

Κασαγος, käsag. Κοσσας, kosa. Κου^αιος, kudz. [Κ]ουριδατης kur (?). § 486. Oss. k — γ.

Μουρδαγος, murtakk & murtat. Nur scheinbare Lautentsprechung; in Wirklichkeit handelt es sich um eine Suffixvariation. Vrgl. oben § 476. Personennamen 16

241

§ 487. Oss. x — χ.

Σορχακος, dig. surx. Χαρδεις, dig. xard. Χοδιος, xodä. Χουαρσα^ος, dig. xuar (sadzyn). Χωδονακος, dig. xodun, xoduinag. § 488. Oss. xs — ξ.

Βαξαγος, baxs. Οξαρ-δω^ις, äxsart (aw. daoš-). § 489. Oss. 1 — λ.

Αλδιος, Aldi. Λειμανος, limän. § 490. Oss. 1 — λλ.

Τιλλης, tilyn. Bei der Gemination handelt es sich wahrscheinlich um einen im griechischen Munde doch schon graezisierten Namen, welcher als Kurzform mit der bei diesem Namentypus im Griechischen so häu­ figen Gemination gekennzeichnet wird. § 491. Oss. m — μ.

Αμαιακος, amaiäg. Αφθειμακος, ävdäimag. Λειμανος, limän. Μαστας, mast oder mäst. Μαδα, madä. Μουρδαγος, murtakk, murtat. Ναμ-ουχος, nom. Φαδι-ναμος, (fad) nämyn. § 492. Oss. n — μ.

Ναμγηνος, dig. nongin. Wohl phonematische Orthographie. In diesem Falle musste sich der Schreiber des Zusammenhangs dieses Namens mit einer Ent­ sprechung des aw. nqma-, näman-, oss. nom bewusst sein. Dieser Name ist also ein Zeugnis eines Bilinguismus des Schreibers dieser Inschrift. Vrgl. § 1190, S. 422. § 493. Oss. n — v.

Ανδανακος, ändon. Βανας, bon & aw. van-. Ζαρανδος, zärond. Ινσα^αγος, *insadz. Λειμανος, limän. Ναμγηνος, dig. nongin. Ναμουχος, nom. Ναυαγός, näuäg. Σαναγος, son. Φαδι-ναμος, (fad) namyn. Φανδ-αρα^ος, fänd (arazyn?). Φαρνης, farn (Lehnwort). 242

§ 494. Oss. on — αν.

Ανδανακος, ändon. Βανας, bon & aw. van-. Ζαρανδος, zärond. Ναμγηνος, dig. nongiri. Σαναγος, son. § 495. Oss. om — αμ.

Ναμ-ουχος, nom. § 496. Oss. o — o.

Κοσσας, kosa. Φοσακος, fos. Χοδιος, xodä. § 497. Oss. ir. u, dig. ο — ο.

Γοσων, dig. gsos. Βορ-ασπος, dig. bor (aw, aspa-). § 498. Oss. ir. u, dig. o — co.

Βωρακος, Βωροψα^ος, dig. bor (dig. äfsä). Γωσακος, Ραθαγωσος, (aw. fraSah-) dig. gsos. Χωδονακης, dig. xodun, xoduinag. § 499. Oss. r — p.

Αβδαρακος, Avdaräg. Αβραγος, abräg. Αργ-ουαναγος, args. Αρδ-αγδακος, ard. Αρδαρος, ardar, aldar oder ärdar. Βαιορασττος, Βαιορ-μαιος, birä. Βορ-ασττος, bur. Βωρ-οψα^ος, bur. Ζαρανδος, zärond. Ιρ-αυαδις, lp-βις, I ρ-αμβουστος, Ιρ-γανος, ir. Καμορσα^ης, (aw. käma-) är-sadzyn. [Κ]ουριδατης, kur (?). Μουρδαγος, murtakk, murtat. Οξαρ-δω^ις, äxsart (aw. daos-). Ουαρας, uär. Φουρτας, fyrt. Ραδαμο-φουρτος, (aw. fratoma-) fyrt. Ρασσ[ο]γος, räsug oder rasog. Σαρακος, Σαραξα^ος, Σα­ ρυκη, sär. Σαρατος, särd. Σορχακος, dig. surx. Στοσαρακος, sär. Στορανη, Στυρανος, dig. stur. Φαρνης, farn (Lehnwort). Φοργαβακης, Φορ-ηρανος, Φορος, Φορ-ιαυος, dig. fur. Χαρδεις, dig. xard. Χουαρσα^ος, dig. xuar (sadzyn?). § 500. Oss. r — λ.

Ouapj-βαλος, (aw. voroz-) bar. Ουαστο-βαλος, (aw. vas-) bar. Nichts Ueberraschendes bei dem Wechsel zwischen r — l, welcher in den iranischen Sprachen, somit auch in dem Ossetischen, gang und gäbe ist; die Etymologien sind aber unsicher. 243

§ 501. Oss. s — σ.

Βαστακας, bästag. Γωδι-γασος, gäs. Γοσων, Γωσακος, dig. gaos. Ινσα^αγος, *insadz. Καμορσα^ης, (aw. käma-) är-sadzyn. Κασαγος, käsag. Κοσσας, kosa. Μαστας, mast, mäst. Ουσιγασος, uäs, gäs. Ρα·δα-γωσος, (aw. franali-) dig. gaos. Ρασσ[ο]γος, räsug oder rasyg. Σαδιμανος, sädä, sädäimag. Σαναγος, son. Σαρακος, Σαραξα^ος, Σαρυκη, sär. Σαρατος, särd. Σαυαγασκος, Σαυανων, sau. Σορχακος, dig. surx. Στορμαις, stur. Στο-σαρακος, dig. stur, sär. Στορανη, Στυρανη, stur. Φοσακος, fos. Χουαρσα^ος, (xuar) dig. sadzun. § 502. Oss. t — τ.

Βαστακας, bästag. Μαστας, mast oder mäst. Φουρτας, fyrt. Ραδαμο-φουρτος (aw. fratoma-) fyrt. Στορμαις, stur. Στοσαρακος, stur (sär). Τιλλης, tilyn. § 503. Oss. t — δ.

Μουρδαγος, murtakk, murtat. Vrgl. oben § 395 über dieselbe Erscheinung in den awestischen Lautentsprechungen. § 504. Oss. dig. u — u. Στυρανος, dig. stur.

§ 505. Oss. u — ou.

Κου^αιος, kudz. [Κ]ουριδατης, kur (?). Μουρδαγος, murtakk, murtat. Φουρτας, dig. furt. § 506. Oss. dig. u — o (dig. unbezeichnet).

Σορχακος, surx. Στορμαις, stur. Στοσαρακος, stur (sär). Στο­ ρανη, Στυρανη, stur. Φοδακος, fuduag & aw. Pu6a-. Φοργαβακης, Φορηρανος, Φοριαυος, Φορος, fur. Φοσακος, fus. § 507. Oss. v — β.

Αβδαρακος, Avdaräg. Βιδακης, uidag. 244

§ 508. Oss. v — φ.

Αφθειμακος, ävdäimag. Vrgl. oben § 470. § 509. Oss. u (unsilbisch) — u.

Ναυαγός, näuäg. Σαυαγ ασκός, Σαυανων, sau. § 510. Oss. u (unsilbisch) — ou.

Αραουηγος, dig. uegsun. Ουαρας, uär. Χουαρσα^ος, dig. xuar (sadzyn). § 511. Oss. uä — ou.

Ουσι-γασος, Ουσι-γος, möglicherweise auch Οσσι-γασος, uäs, (gäs). Vrgl. oben § 431 und 347 unter den awestischen Lautentspre­ chungen über die Graphik ähnlicher Fälle. Eine entsprechende Erscheinung ist auch im Ossetischen zu finden: vrgl. Miller, Sprache 24, § 22, 5. ANMERKUNG. Möglicherweise wird das υ nach einem Konso­ nanten eingebüsst. Vrgl. Φοδακος, dig. fuduag & aw. Pu5a-, Vrgl. auch oben § 429 zu Ασιτα-μιθαρης. § 512. Oss. z — 3.

Αβαείων, äbäzzon. Ζαρανδος, zärond. Ια^αδ-, Ιε^δαγος, Ιε^δραδος, izäd (Lehnwort?). Καμορσα^ης, (aw. käma-) är-sadzyn. DIALEKTOLOGIE DER PERSONENNAMEN IRA­ NISCHER HERKUNFT § 513. Das Material ist leider sehr mangelhaft, so dass wir zu keinem vollkommenen Bilde gelangen können. Bei einer einge­ henden Untersuchung der oben angeführten Lautentsprechungen, namentlich der awestischen (und altpersischen), können wir aber folgendes feststellen:

245

1. Dem aw. aë entspricht a) in einer Gruppe der Beispiele αι (§ 348a), b) bei einer anderen Gruppe η, ε (§§ 349a, 350a). (Monophthongisation.) 2. Dem aw. ay entspricht a) einigemal αι (§ 351), b) einigemal η, ε (§§ 352, 353). (Dieselbe Erscheinung.) 3. Dem aw. ao entspricht a) einmal ao, d. i. au (§ 354), b) bei einer anderen Gruppe der Beispiele ω, ου, ο (§§ 355—356). (Dieselbe Erscheinung.) 4. Dem aw. p entspricht a) bei einer Gruppe der Beispiele ein tt (§ 403), b) bei einer anderen Gruppe ein φ (§ 404);'mit Ausnahme der Lautgruppe sp (§ 405), doch vrgl. §§ 406, 407. (Spirantisation.) 5. Dem aw. t entspricht a) bei einer Gruppe der Beispiele ein τ (§ 392), b) bei einer anderen Gruppe ein θ (§ 393), freilich nicht nach s. (Spirantisation.) 6. Dem aw. 3 entspricht a) bei einer Gruppe der Beispiele ein θ (§ 401), b) bei einer anderen Gruppe ein τ (§ 402). (Verschiebung im Lautsysteme infolge der Lautentwickelung t > θ.) 7. Dem aw. fri entspricht a) bei einer Gruppe der Beispiele ein ye), Κηνε-ξαρ-θος; Τουμι-βαγος, Ουσι-γασος, Ουσι-γος, Οσσι-γασος; Αρση-ουαχος, Αρση-οαχος, Αρση-οχος (Umlaut ya > ye?); Αμω-στταδος, Μαιω-σαρα, Χω-δαρ3ος. Der Stammauslaut war so schwach, dass er auch eingebüsst werden konnte: I ραμ-βουστος, Ιρ-βις, Ιρ-γανος, Καρ£-οα^ος, Καρ^-ουα^ος, Μαι-φαρνος, Οξαρ-δω^ις, Ουργ-βα^ος, Ραδαμ-σαδιος, Ραδαμ-ψαδιος, Ραδαμ-φων, Στορ-μαις, Τουμ-βαγος. (Dass manchmal vor Vokalen der Stammauslautsvokal un­ terbleibt, versteht sich von selbst: Αρδ-αγδ-ακος, Ασττ-ρυργος, Βορ-αστΓος, Ιρ-αυαδις, (Καρ-αξτος,) Μαρδ-αυος, Ναμ-ουχος.) Nicht eindeutig sind zerlegbar: Βωροψα^ος, Καμαρσα^ος, Καμορσα^ος, ζαιορσα^ος, Χοροα-θος, Χορουαθος. 2. Bei anderen Stämmen sind die Verhältnisse dieselben: Κο-φαρνος; Βαιορ-ασττος, Βαιορ-μαιος; Σο^ιρ-σαυος, Ζαβαρ-γος. Daneben Schwä­ chungen: Πιτο-φαρνακης, Φιτο-φαρνακης, Οχω-^ιακος, Οχωδιακος, Ουαχω-^ακος und Abfälle: Φαδι-ναμος, Φα^ι-ναμος; Βωρ-νων; Πιτ-φαρνακης; Φαλ-δαρανος, Φορ-γαβ-ακης, Φορ-ιαυος. Vor Vokal: Φαρν-αρνος, Φορ-ηρ-ανος. Nicht eindeutig zu bewerten sind: Σαρα-κος, Σαρα-ξα^ος neben Σαρ-υκη (zu sa­ rah- oder sära-?). Vorläufig unklar bleibt Σω^ουβα^ος. Wir sehen, dass die Erscheinungen 1, 2, 3, 8 in beiden Areen belegt und mit beiden, älteren sowie jüngeren, Charakteristicis ge­ kennzeichnet sind, dass die Erscheinungen 4, 5 in beiden Areen 253

belegt sind und mit 3 im Systemzusammenhang sind, und dass die Erscheinungen 6, 7 in beiden Areen belegt sind. Wir werden wohl diese Lautentwickelungen als den beiden oben (§§ 513—517) abgegrenzten Dialekten gemeinsam betrachten dür­ fen. Sehr lehrreich ist in dieser Beziehung Erscheinung 3, welche uns beweist, dass die gemeinsame Metathese des r der Entwickelung der dialektischen Verschiedenheit θ : τ in dieser Position voranging. § 520. Die einzige Weise, in der die § 519 festgestellten Tatsachen interpretiert werden können, ist, dass es sich um gemeinsame Charakteristika der beiden oben § 514 besprochenen Dialekte han­ delt. Daraus kann auch die Folgerung gezogen werden, dass die beiden Dialekte einander sehr nahe waren, dass sie zusammen eine Spra­ che bildeten, weil die Zusammenhänge häufig sind. § 521. Neben diesen verhältnismässig gut belegten und erkenn­

baren Lautentsprechungen und -entwickelungen gibt es aber auch einige solche, welche wegen Dürftigkeit des Materials nicht ganz erfassbar sind. Es sind die folgenden: 1. Die Synkope (§ 376). In beiden Areen belegt. 2. Das Nebeneinander der Lautentsprechung aw. vi-: ßi und i (§ 428). Beide Areen. Keine Charakteristika. 3. Die Prothesis (§ 386). Innovationsarea. Monophthongisation. Vrgl. das oben § 386 Gesagte. 4. Die Lautentsprechung aw. xt — γδ (§ 387). Dreimal in der Innovationsarea. Keine Charakteristika. Diese Entsprechung mag zu der Erscheinung § 519, 6 gehören. 5. Die Entsprechung aw. xm — μ (§ 388). Einmal in der Innova­ tionsarea. Keine Charakteristika. 6. Das Nebeneinander der Lautentsprechungen aw. sy: σι (§§ 420—422; Innovationsarea; keine Charakteristika) und: σ (daselbst; Innovationarea; keine Charakteristika). Diese zweifache Lautent­ sprechung ist schwer zu beurteilen. Vrgl. das zu § 422 Gesagte. 7. Nichts genaueres kann auch über die Tendenz zur geschlosse­ nen Aussprache des a, à (§§ 347—350) gesagt werden. Sie ist aber 254

durch das Schwanken der Schrift erkennbar. Dieselbe Tendenz zu geschlossener Aussprache kann man aus dem Umstand erkennen, dass das u manchmal mit o geschrieben wird (§ 371). 8. Dem aw. ya entspricht manchmal ein ιε (§§ 417—419). Beide Areen. Weder die Bedingungen des Lautwandels noch etwaige Charakteristika der hierher bezüglichen Namen sind bei dem dürf­ tigen Material feststellbar. 9. Vielleicht auch das äusserst seltene Schwanken in den Ent­ sprechungen des r (§§ 435, 439) und p (§ 407). 10. Die äusserst seltene Spirantisation des k (§ 378). 11. Die Lautentsprechung aw. t : 3 (§ 396). 12. Einmal: v : 0. ivaa^ayoç, aw. vïsaiti, aind. uimsati, oss. *insadz. (Vrgl. § 116.) Es ist unmöglich, eine eingehende Untersuchung dieser Sprach­ erscheinungen zu unternehmen, weil das vorhandene Material dazu nicht ausreichend ist. (Vrgl. das folg. §.) § 522. Wenn wir die grossen Linien der festgestellten Lautent­ wickelungen hervortreten lassen wollen, können wir die Situation etwa folgendermassen beschreiben: Die beiden Dialekte befinden sich im Uebergangsstadium zwi­ schen dem Altiranischen und dem Mitteliranischen. Das haupt­ sächliche Merkmal des Konsonantismus ist die Spirantisation der stimmlosen Verschlusslaute. (Bei den stimmhaften verhindert die griechische Schrift genauere Beobachtungen; an Aspiration ist in dieser Zeit nicht zu denken, weil die griech. Buchstaben φ, 3, χ schon seit Langem nur spirantischen Lautwert besassen, nicht den aspirierter Verschlusslaute.) Die Spirantisation des p ist im neueren Dialekt schon ganz durchgeführt — bei einigen Beispielen sehen wir sogar, dass sie auch nach s durchgeführt worden ist (§ 406, 407). Das t ist im jüngeren Dialekt auch spirantisiert (allerdings mit dem Pendant, dass systemshalber das 3 zum Verschlusslaute wird). Das k bleibt ein Verschlusslaut — die Spirantisation meldet sich aber schon in ein Paar Vorläufern (§ 378). Der Vokalismus entwickelt sich zur Monophthongisation der Diphthonge. Diese Monophthongisation kann auch bei den neuen, 255

durch die Epenthese hervorgebrachten Diphthongen festgestellt werden. An der Zusammensetzungsgrenze wird der Stammauslaut ge­ schwächt. Diese Erscheinung trat schon in dem älteren Dialekt ein. Ebenso auch das Stimmhaftwerden des t zwischen tönenden Lauten. Diese beiden Lauterscheinungen verlaufen während der ganzen Periode, welche wir übersehen können. Auf der Grundlage der § 521 aufgezählten wenig bezeugten, ver­ einzelten Lautentsprechungen kann man keine Konstruktionen aufbauen. Sie passen aber zu dem Bilde, das wir sonst gewonnen haben. Es mag sein, dass einige von ihnen durch das Finden von besseren Etymologien ihre Grundlage verlieren werden. Einige von ihnen werden aber doch als Zeugnisse von mundartlichen Ver­ schiedenheiten innerhalb der beiden grossen Dialekte angenommen werden müssen. Auch das passt sehr gut zu dem Bilde der ethni­ schen Verhältnisse dieses Gebietes, in welchem so viele einzelne Stämme lebten, wie sie in der Einleitung gèschildert worden sind. Wo es Stammverschiedenheiten gibt, wird es auch Sprachverschie­ denheiten geben. Einige von ihnen (a — o) können aber Schwankun­ gen in der graphischen Darstellung sein, weil die lautliche Realität etwa zwischen diesen zwei Lautdarstellungen lag. § 523. Die oben angeführten Erkenntnisse können auch in dieser

Weise formuliert werden: Es gab an der nördlichen Schwarzmeerküste zwei iranische Dia­ lekte, welche von dem altiranischen Lautzustande durch die § 519 angegebenen Lauteigentümlichkeiten abweichen. Sie mussten ein­ ander nahe sein, weil diese Eigentümlichkeiten ihnen gemeinsam sind. Doch ist einer der Dialekte mehr altertümlich, einer weniger. Der erste ist charakterisiert durch die § 513, la—9a definierten Ei­ genschaften, der zweite durch diejenige § 513, 1b—9b. Man kann sagen, dass der altertümlichere Dialekt noch sehr nahe dem altira­ nischen Lautzustande ist: die auffälligste abweichende Erscheinung ist die Schwächung des Stammauslautes in der Komposition (§ 519,8). Der jüngere Dialekt ist dagegen mit seiner durchgeführten Monophthongisation und Spirantisation schon durchaus zu dem Entwik256

kelungsstadium zu rechnen, welches wir als Mitteliranisch zu be­ zeichnen pflegen. Das Material erlaubt uns leider nicht, vom rein linguistischen Standpunkte aus über das Gesagte weiter zu gehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die beiden Dialekte selbst in Mund­ arten zerfielen. Diese können aber richt bei dem heutigen Material scharf genug abgegrenzt werden. [Es soll noch ausdrücklich bemerkt werden, dass wir aus den Inschriften selbst oder aus ihrer Entstehungszeit für die Chrono­ logie der Namen und der durch sie repräsentierten Dialekte über­ haupt nichts gewinnen können. Die ganz überwiegende Mehrheit der Namen ist aus dem zweiten und dritten nachchristlichen Jahr­ hundert belegt; das Gesagte betrifft nicht hur die ,,neueren“, son­ dern auch die „älteren“ Namen. Dieser Umstand ist nicht im ge­ ringsten überraschend, weil auch die ganz überwiegende Mehrheit der Inschriften überhaupt einer ziemlich junger Zeit gehört. (Das­ selbe kann auch in Griechenland und Italien selbst beobachtet wer­ den.) Wenn wir also die Termine „älter“ und „jünger“ gebrauchen, tun wir es ausschliesslich im linguistischen Sinne, und können frei­ lich dadurch nur eine relative Chronologie zum Ausdruck kommen lassen. Eine absolute Chronologie kann nur durch eine historische Identifikation der linguistisch festgestellten Fakta und Dialekte gewonnen werden. Dazu und zu der Frage, warum die älteren und neueren Namen nebeneinander gebraucht wurden, vrgl. §§ 524 sq.] § 524. Versuchen wir, die zwei eben definierten Dialekte zu identifizieren, erinnern wir uns sofort auf das oben in der Einleitung über die Skythen und die Sarmaten Gesagte (§§ 8, 12, 15—17, 19). Wir wissen, dass diese ethnische Einheiten zwei Dialekte sprachen, welche einander nahe sein mussten (vrgl. die Nachricht von Hero­ dot IV, 117; s. § 12). Man kann voraussetzen, dass der Dialekt der Sarmaten jüngere Entwickelungen hatte als der der Skythen, weil die Sarmaten später aus dem iranischen Raume im Osten kamen. Wir dürfen also wohl die Hypothese aussprechen, dass der oben § 514 definierte altertümlichere Dialekt für skythisch, der jüngere für sarmatisch zu halten ist. Personennamen 17

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§ 525. Zur Unterstützung der eben formulierten Identifizierung kann man folgende Betrachtung aussprechen: Wir wissen, dass die Skythen mehrere Jahrhunderte im ganzen Gebiete vom Tanais — Don bis zur Donau lebten; es ist zu erwarten, dass einige von ihnen in jeder in dieser Gegend liegenden Stadt zu wohnen begannen. Dagegen waren die Sarmaten bis ins IV. und III. Jhd. vor Chr. nur auf die Gegend jenseits des Tanais — Don beschränkt, von welcher her sie dann langsam nach Westen hin einzudringen begannen, bis sie in verhältnismässig später Zeit auch selbst die Donau erreichten und überholten. Dazu kommt noch der Umstand, dass eine solche Penetration in erster Linie nur von kleinen Scharen durchgeführt wird. Wenn wir das Gesagte überlegen, müssen wir die Erwartung aussprechen, dass es vor allem die östlichen Städte der nördlichen Schwarzmeerküste gewesen séin werden, in welchen einige Sarmaten zu leben begannen. Diese Voraussetzung ist in vollkommener Ueber­ einstimmung mit dem, was oben § 515 über die östliche Innova­ tionsarea, in welcher der jüngere Dialekt bezeugt ist, gesagt worden ist. Vrgl. auch*§ 30. Es könnte vielleicht befremdend erscheinen, dass die älteren, skythischen Personennamen neben den jüngeren, sarmatischen Per­ sonennamen noch in den Inschriften, welche im zweiten und dritten nachchristlichen Jahrhundert verfasst worden sind, gelesen werden können, wenn die Städte, namentlich die östlicheren, schon vom dritten und zweiten vorchristlichen Jahrhundert an die Sarmaten als Nachbaren hatten. Diese Tatsache wird wohl zwei Ursachen haben. Erstens können wir den Umstand ins Feld ziehen, dass die Personennamen, nament­ lich wenn sie durch den offiziellen Usus fixiert worden sind, sehr konservativ zu sein pflegen. Diese Tendenz kann auch dadurch ver­ stärkt worden sein, dass die Namen aus dem Entwickelungsgange der eigenen Sprache ausgerissen worden sind, entweder weil sie von eth­ nisch fremden Personen in den griechischen Städten gebraucht zu werden begannen, oder weil ihre einheimischen Träger und deren Nachkommen in einem grösseren oder kleineren Ausmasse gräzisiert wurden. Namentlich für die älteren Epochen muss man den Städten eine grosse Anpassungskraft im hellenisierenden Sinne zuschreiben.

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Zweitens können wir aber annehmen, dass nicht alle älteren Ein­ wohner dieser Gegend, die Skythen, durch den Einzug der Sarmaten hinausgestossen worden sind. Wir wissen ja von dem Skythenstaate auf der Krim, welcher dem Anprall der Sarmaten stand hielt (vrgl. oben § 19). Aber auch anderswo ist die Annahme nicht unmöglich, ja sogar geraten, dass einige Skythenstämme die Gegend nicht verlassen haben; das wird namentlich von den in der unmittelbaren Nachbarschaft der Städte lebenden skythischen Ackerbauern gel­ ten dürfen, eben weil sie ansässig geworden sind. Da die Assimila­ tion dieser Skythenstämme im sarmati sehen Element nur langsam vor sich gehen konnte, gab es folglich noch sehr lange nach dem dritten und zweiten vorchristlichen Jahrhundert, d. h. nach der Ankunft der Sarmaten, auch für die östlicheren Städte Möglichkeit und Gelegenheit, wieder und wieder neue Träger von älteren, skyth­ ischen Personennamen zum städtischen Leben anzulocken und zu neuen Bürgern zu gewinnen. Es mag wohl klar sein, dass wir in unserem Falle mit einer Kom­ bination der beiden Ursachen rechnen müssen. § 526. Eine andere Möglichkeit zur Ueberprüfung der vorgeschla­ genen Identifikation ist, die aus den Personennamen gewonnenen Lautentsprechungsregeln auf anderem Material zu prüfen. Dieses Verfahren ist mit zwei grossen Schwierigkeiten verbunden: Erstens ist das Material nicht nur dürftig, sondern auch grösstenteils hand­ schriftlich überliefert; und diese fremden Wörter bieten für das Verhören und das Verschreiben eine Unmenge von Möglichkeiten, und zwar nicht nur in der Geschichte der Texte der klassischen Auto­ ren, sondern auch und namentlich in der Tradition der Informatio­ nen, auf deren Grundlagen die klassischen Texte geschrieben wurden. Zweitens, weil die Bezeichnung „skytbisch, Skythen“ zu einem regionalen Sammelbegriff wurde (§ 9), ist es sehr schwer, Skythisches und Sarmatisches a priori auseinanderzuhalten, was für unser Verfahren sehr zweckmässig wäre. Das einzig Mögliche in dieser Situation ist die Methode Vasmers, welche oben § 9 ge­ schildert wurde. Wir werden also für Skythisch nur das bei Herodot und vor ihm Belegte halten. 259

§ 527. Skythisches Material aus Herodot und früheren Quellen ist bei Vasmer (Iranier 11—17) zusammengestellt. Die Mehrheit der Wörter und Namen bleibt noch immer ohne befriedigende Er­ klärung und ein grosser Teil der erklärten Wörter zeigt keine Lautentsprechungen, welche für die dialektologischen Erwägungen relevant wären (d. h. nicht die §513, 1—9 aufgezählten; ebenso die von uns behandelten Eigennamen, vrgl. § 535 Ende). Es gibt aber zwei Typen von Lautentsprechungen, welche in diesem Zu­ sammenhang sehr wertvoll sind, weil sie einige der § 513 bespro­ chenen Entsprechungen zeigen. Es sind das: § 528. 1.’Αριαντάς, ein Skythenköjiig Her. IV, 81. Der Name gehört zu aw. airya- (Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde III, 122). Άρια-πείθης, ein Skythenkönig Her. IV, 76 sq. Auch zu aw. airya-. Der zweite Teil wohl graezisiert. Vrgl. unten sub 2. Ένάρεες οί ανδρόγυνο; παρά Σκύθαις Her. 1,105; IV, 67. Zu aw. anairya- „unarisch“ (Bartholomae, Wtb. 120) nach Müllènhoff, l.l. Ill, 104. Όρικός, Sohn des Ariapeithes, Her. IV, 78, zu aw. vairya- „zu wählen, den man sich wählen soll, der Beste; köstlich, wert“ (Bartholomae, I. I. 1373) nach Müllenhoff, 1.1. III, 122. Wir sehen, dass diese Namen und Wörter die Betrachtung § 513, 8 a vollkommen unterstützen. § 529. 2. Άρττόξαις, ein Skythe Her. IV, 5. Der zweite Teil des Namens gehört nach Müllenhoff, 1.1. II, 121, zu aw. xšaya-. Κολάξαις, ibid.; ebenso. Vrgl. jetzt auch Szemerényi, ZDMG 101, 1951, 213 Fussn. 1 und 217. ' Απτόξαις, ibid.; ebenso. Γοιτόσυρος- ’Απόλλων, Her. IV, 59. Zu aw. gaêSa- „(Wesen, Individuum, Welt,) Hab und Gut“ (Bartholomae, 1. 1. 476 sqq.) nach Marquart, Untersuchungen II, 90. [Ganz unsicher ist der zweite Teil des Namens Άρια-ττεί^ηζ, welcher nach Müllenhoff 1. 1. II 117 zu aw. paësa- „Aussatz“ (Bartholomae, 1.1. 818) gehören soll: schon wegen der Bedeutung ist die Vergleichung unwahrscheinlich.]

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Die angeführten Beispiele zeigen, wie zu erwarten, diphthon­ gische Entsprechungen der awestischen Diphthonge und unter­ stützen so die Beobachtungen § 513, la, 2a. Es gibt in dem skythischen Material des Herodot kein Wort, das eine den oben § 513, la—9a festgestellten Eigenschaften zuwider­ sprechende Eigentümlichkeit hätte. § 530. Wir können also sagen, dass Namen, welche wir mit Sicher­ heit für skythisch halten dürfen, keine den §513, lb—9b beschrie­ benen Entsprechungen analoge Erscheinung zeigen, sondern im Gegenteil die Betrachtungen des § 513, la, 2a, 8a direkt unter­ stützen und somit als Argument für unsere Identifikation dienen können. §531. Wenn wir zu dem nachherodoteischen handschriftlichen Material übergehen (Vasmer, Iranier 29—57 zusammen mit den inschriftlich belegten Namen), vergrössern sich unsere Schwierig­ keiten um das oben (§ 526) ausgesprochene Bedenken; wir haben nur selten eine sichere Information, zu welcher ethnischen Einheit ein Name gehört, weil „Skythisch“ oder „Sarmatisch“ für solche in dieser Zeit schon nicht gelten können. § 532. Das einzige sichere Beispiel ist der Name Beorgus, Beorgor, ein Alanenfürst bei Jord. Get. 45, 236 (Müllenhoff, Deutsche Alter­ tumskunde III, 111). Der Name wurde von Vasmer (Iranier 36) mit aw. baëvar- n. „Zehntausend, Myriade“ und aw. gav- „Rind; Stier, Kuh“ verglichen; also etwa „der zehntausend Rinder Be­ sitzende“. Wir sehen, dass der Name die erste Silbe monophthongisiert hat und dass er also die § 513, 2b aufgestellte Lautent­ sprechung bestätigt. Weniger sicher ist der konjizierte Name Άβδάρδα. Wir lesen nämlich bei Anon., Peripl. Ponti Eux. 51:'νυν δέ λέγεται ή Θευδοσία τη Άλανική ήτοι τή Ταυρική (τη Ταυρική wird aus der geographischen Situation der Stadt an der Χερσόνησος Ταυ­ ρική entsprungen sein) διαλέκτω Άρδάβδα, τουτέστιν έπτά3εος. Die Lesart Άρδάβδα, welche in älteren Ausgaben (vor C. Müller, Geographi graeci minores, Parisiis 1855) mit Άρδαύδα wiedergegeben wurde, ist von Müllenhoff (Deutsche Altertumskunde III, 113) in

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Άβδάρδα geändert worden. Er verglich dann aw. hapta-, oss. avd „sieben“ und aw. areia- „heiliges Recht“, oss. ard „Eid“. (Für den zweitel Teil wurden mehrere Möglichkeiten vorgeschlagen, welche uns hier nicht beschäftigen müssen, weil für uns nur der erste Teil von Wichtigkeit ist.32) Wenn wir die Emendation und die Etymo­ logie des ersten Teiles annehmen, bezeugt uns der Name die oben § 513, 9b beschriebene Lautentwickelung für die sarmatische Sphäre und bestätigt so unsere Identifikation. Ganz unsicher ist schon der Name Όμάρτης. Wir lesen ihn in einem Fragment des Chares Mytilenaeus bei Athen. XIII, 575 b: των δέ επέκεινα του Τανάιδος Όμάρτη βασιλεϊ Μαρακών 3υγάτηρ ήν όνομα Όδάτις. Das überraschende Μαρακών wurde von Holsten in Σαρματών geändert. Den Namen erklärt Mar­ quart, Untersuchungen II, 241 durch Vergleich von aw. haomam. Name einer für heil- und zauberkräftig geltenden Pflanze, sowie des aus ihr gewonnenen alkoholischen Getränks; auch als Gottheit (Bartholomae, Wtb. 1732 sqq.) und aw. anta-, apers. arta- n. „heiliges Recht“, was nicht gerade einleuchtend ist. Wenn wir diese Etymologie und die Konjektur Holstens annehmen, haben wir ein weiteres Beispiel der Monophthongisation. Andere Mög­ lichkeiten zur Erklärung des Namens sind bei Justi (Namen­ buch S. 130) verzeichnet. (Der Spiritus asper ist ganz wertlos, weil er erst byzantinisch sein kann.) § 533. Weitere Beispiele müssen abgelehnt werden, weil ihre Etymologien oder ihre ethnische Zugehörigkeit nicht ganz sicher sind, so dass sie für unsere Zwecke keine Beweiskraft besitzen. Der Name der Maeotin Τιργαταώ Polyaen. Vili, 55 wird uns kaum die Grundlage einer dialektologischen Betrachtung bilden können (aw. tiyra- „spitzig“, so dass die Metathese anwesend wäre Miller, Os. Et. III,'127, aus Vasmer, Iranier 54; ähnlich jetzt auch Harmatta, Acta Arch. Acad. Scient. Hung. I, Budapest 1951,120: *tigra-tavah- „die Kraft des Pfeiles habend“), weil man ihn kaum 32 Vrgl. die Bibliographie bei Vasmer, Iranier 72. Dazu noch Jurgevič, Zapiski Odesskogo obšĚestva istorii i drevnosiej 8, S. 9: -δα zu lat. dare: vrgl.-δοσια» Mir unzugänglich, bekannt nur aus Minns, Scythians 555.

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von dem Namen Ταργrraos, Stammvater der Skythen Her. IV, 5 abtrennen kann. Eine andere Etymologie wird jetzt von Bran­ denstein, Wiener Zeitschr. f. d. Kunde des Morgenlandes 52, 1953, 204, vorgeschlagen: zu vergleichen sind nach ihm skr. dïrgha„lang“ und skr. tavah- „stark“. Ueber die ethnische Zugehörigkeit der Arii des Epiphanius Cyp­ rius bei Latyšev, Scythica et Caucasico I, 722 sowie über die Arraei Sarmatae des Plin., Nat. Hist. IV, 41 wissen wir überhaupt nichts. Auch wenn Vasmers (Iranier 33) Vergleich von aw. airyarichtig wäre, würde uns also der Name zu dialektologischen Be­ trachtungen nicht dienen können. Die Etymologie selbst wird aber kaum richtig sein, weil sie die lectio difficilior Arraei beiseite lässt. Ebenso wertlos ist der Name Άριφάρνης bei Diod. Sic. XX, 22. 23. Der erste Teil gehört wohl zu den den skythischen Dialekt cha­ rakterisierenden Eigenschaften. Die ethnische Zugehörigkeit des Mannes bleibt aber unklar. Abzulehnen sind die Etymologien des Stammnamens Σαΐοι (nach Tomaschek, Thraker I, 99 zu aw. xšaya-; Artamonov, VDI 1947, 3, 76 ist sogar überzeugt, dass Σκύθαι βασίλειοι des Herodot eine Uebersetzung dieses Namens sind; doch ein xš- wird sonst mit ξ repräsentiert: so schon Vasmer, Iranier 50; vrgl. jedoch aber auch Καραστος, § 125 und § 538, Mitte) und Sadagarii (Jord. Get. 50; nach Vasmer, Iranier 49, zu aw. sata„hundert“ und garay- m. „Berg, Gebirgszug, Gebirge“) wegen der nicht abzutrennenden Form Sadagi (Jord. 53), welche sogar die lectio difficilior ist (-arii das häufige spätlateinische Suffix). Der Name ’Άορσοι, ein Volk in Sarmatien (Belege bei PapeBenseler s. v.) wurde von Miller (Žurnál 235; aus Vasmer, Ira­ nier 32) mit oss. dig. uors, ir. urs „weiss“ (Kasajevs Slovar’ hat das Wort nicht), aw. auruša- „weiss“ verglichen; ob richtig, mag dahingestellt bleiben. Aber auch wenn wir diese geistreiche, aber doch kühne Etymologie annehmen, dann daraus auf eine diphthon­ gische Aussprache des Anlautes zu schliessen, wäre verfehlt. Auf einer Inschrift kann ein ao ein au bedeuten. In einer üblichen Handschrift ist das aber ausgeschlossen. Auch die lateinische Form 263

Eunones Avorsorum princeps (Tac. Ann. XIII, 15) deutet auf eine andere phonetische Realität hin (und macht dazu auch die Ety­ mologie äusserst schwierig, ja sogar überhaupt hinfällig). Abzulehnen sind auch Versuche, den Stammnamen Άλανοί mit aw. airyana- „arisch“ (Bartholomae, Wtb. 198) zu vergleichen. Als letzter hat sich mit dieser Frage m. W. Harmatta (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 287; vrgl. jetzt auch O. Szemerényi bei Altheim, Geschichte der lateinischen Sprache, Frankfurt a. Μ. 1951, S. 75 Fussn. 1) beschäftigt. Sein Verdienst ist, dass er diese suffigierte aw. Form in diesem Zusammenhänge gefunden und zum Vergleich benützt hatte. Er lässt aber ganz unbeachtet die Neben­ form Άλαΰνοι, welche bei Ptol. III, 5, 19 überliefert ist. Die Form Άλαΰνοι kann nicht als eine Korruptel beiseite gelassen werden, weil sie durch den Ortsnamen Άλαΰνον το όρος (wieder bei Ptol. III, 5, 15) gestützt ist. Der Ortsname selbst muss mit dem Namen ’Άλανα τα καλούμενα δρη oder ’Άλανον όρος (Belege bei Pape-Benseler) identisch sein. Man könnte es zwar versuchen, die Nebenform mit au irgendwie zu eliminieren; es ist aber viel wahrscheinlicher, dass die Form mit au zur Erklärung mitgenommen werden muss, weil dieselben lautlichen Verhältnisse auch bei dem folgenden Stammnamen zu finden sind. Durch diesen Umstand wird aber die Vergleichung des. aw. airyana- unmöglich, weil wir so die Nebenform nicht erklären können. (Lautliche Bedenken gegen diese Etymologie auch bei Brandenstein, WZKM 52, 1953, 196.) Zu dem Problem des Namens Σαυρομάται: Σαρμάται (vrgl. oben § 13) muss man ausdrücklich betonen, dass das Nebeneinander der beiden Formen durch das eben besprochene Verhältnis Άλαΰνοι: Άλανοί gestützt ist. Es ist demnach mit Vasmer, Iranier 51 abzulehnen der Versuch Marquarts (Untersuchungen II, 78), den Stammnamen mit aw. Sairima- adj. zu dem vorausgesetzten Stammnamen, „sairimisch“ (Bartholomae, Wtb. 1566; nach Marquart, Eransahr 155 bedeutet dieses aw. Wort die Sarmaten; auch Justi, Namenbuch 289) zu vergleichen. Nicht weniger an­ stössig ist aber auch die Erklärung Müllenh off s (Deutsche Alter­ tumskunde III, 128; vrgl. Justi, I. I. S. 292). Er verglich aw. 264

*saoromani-, aw. *saoru-, zu aind. saru- „Speer“. Besser ist die Etymologie Lo mm eis (Archiv für slavische Philologie 40, 1926, 153): oss. sau „schwarz“, aind. roman- „Körperbehaarung“. Beide Etymologien scheitern aber wieder an der Unmöglichkeit, einen Lautwandel au > a in dieser iranischen Sprache anzunehmen. Die Verhältnisse und die Herkunft der beiden eben behandelten Stamm­ namen müssen vorläufig für unklar gelten, weil eben die Lautver­ hältnisse durch die verschiedenen Umschreibungsversuche der klassischen Autoren undurchdringlich verdunkelt worden sind. Der Stammname 'Ρωξολανοί wurde von Müllenhoff, 1. L, III, 112 sqq.) und Miller (Os. Et. III, 86; aus Vasmer, Iranier 49) mit aw. raoxšna- „licht, glänzend“ (Bartholomae, Wtb. 1488) ver­ glichen. Der zweite Teil des Namens soll entweder den Stamm von Άλανοί enthalten, oder diesem Namen volksetymologisch ange­ glichen sein (Vasmer 1. 1.). Zu diesem Namen könnte man auch den Stammnamen‘Ρευξίναλοι IPE I2, 32 als eine Nebenform stellen; in diesem Falle wäre dann die volksetymologische Erklärung des zweiten Teiles des Na­ mens 'Ρωξολανοί auf der Hand. Es scheint aber, dass von'Ρευξίναλοι kaum ein anderer Stammname zu lösen ist, nämlich'Ρευκάναλοι bei Ptol. III, 5, 24 (andere Handschriften haben 'Ρακάλανοι). Trotzdem, dass es bei der Kompilation des Textes des Ptolemäus geschehen konnte, dass zwei in verschiedenen Quellen verschieden angegebene Namen desselben Stammes in zwei Stammnamen ver­ ändert wurden, dürfen wir den Umstand nicht unbeachtet lassen, dass an der angeführten Stelle des Ptol. die 'Ρευκάναλοι neben den ‘Ρωξολανοί zitiert werden. Gegen die Identifikation spricht auch die Unmöglichkeit, das -ευ- für ein aw. ao, airan. au zu er­ klären. (§ 534. Es kann uns kaum entgehen, dass die Eigennamen, und

namentlich die Stammnamen, welche handschriftlich überliefert sind, einen viel kleineren linguistischen Wert besitzen als die in­ schriftlichen Belege; daran ist der Umstand schuld, dass die Inforinationen in jenem Falle aus zweiter oder dritter Hand ge­ schöpft wurden und dass die handschriftliche Tradition mit diesen 265

Namen grosse Schwierigkeiten haben musste. Im Gegenteil sind die Schreiber der Inschriften in der Mehrheit der Fälle aus erster Hand informiert und die einheimischen Namen sind ihnen in ihrem eigenen Leben doch mehr geläufig.) § 535. Abschliessend können wir also sagen, dass durch die

§§ 528, 529, 532 (Beorgus) besprochenen Namen die oben ausge­ sprochene Identifikation des skythischen und des sarmatischen Dialektes hinreichend bestätigt wird, weil das aus anderen Quellen geschöpfte und unabhängig interpretierte Material zu denselben Resultaten führt. Man kann vom Skytho-sarmatischen (§ 519) sprechen, das sich in zwei Dialekte teilt (1°: § 513, la—9a 518, 2°: 513, 1b—9b). Es ist somit auch möglich, aus den lautlichen Eigenschaften eines Namens festzustellen, ob er skythischen oder sarmatischen Ursprungs ist (in einigen Fällen kann man allerdings nur den skytho-sarmatischen Ursprung feststellen). Weil wir aber höchst­ wahrscheinlich nur einen Teil der skytho-sarmatischen Lauteigen­ schaften kennen, ist es kaum befremdend, dass diese Möglichkeit nicht bei allen Namen besteht, sondern nur bei den, welche eine der § 513 sqq. besprochenen Lauteigenschaften haben. Die Mehr­ heit der Namen, welche keine dieser Charakteristika haben, wird auch zum Skytho-sarmatischen gehört haben. Es ist aber doch möglich, dass ein Teil von ihnen zwar iranischen Ursprungs, aber in der skytho-sarmatischen Sphäre doch entlehnt ist; vrgl. unten, §§ 750 sqq. DAS VERHÄLTNIS DES OSSETISCHEN ZU1 DEM SKYTHO-SA RM A T I S C H EN

§ 536. Wenn wir untersuchen, in welchem Verhältnisse das Osse­ tische zu dem Skytho-sarmatischen steht, können wir feststellen: 1. Alle Lautentwickelungen, welche dem Skytho-sarmatischen gemeinsam sind, sind auch für das Ossetische belegt. Im Einzelnen: § 519, 1: oss. limän; 519, 2: oss. /ά'Ζ, aw. pairi; 519, 3, 4, 5: oss. dig. furt, aw. pu3ra- (Metathese; Miller, Sprache § 43); 519, 6: dig. sädä, aw. sata- (Miller, 1. 1. § 32, 2); 519, 7: oss. razmä „vorne“, 266

aw. fraša „nach Vorn, tauglich“ (Miller, 1. 1. § 44, d); 519, 8: Beispiele der Schwächung und des Abfalles des Stammauslautes in der Zusammensetzung bei Miller, 1. 1. §§ 98—100. 2. Die dem neueren, sarmatischen Dialekt eigenen Züge besitzt das Ossetische mit einer Ausnahme auch. Im Einzelnen: § 513, lb (und dazu 2b): dig. megtä, ir. migi>, aw. maeya- „Wolke“ (Miller, Sprache § 9); 513, 3b: dig. roxs, ir. ruxs „Licht“, aw. raoxšna„glänzend“ (Miller, 1. 1. § 11); 513, 4b: dig. fart, ir. fyrt, aw. puSra- „Sohn“ (Miller, 1.1. § 11); 513, 5b: unbelegt im Ossetischen (im Gegenteil entspricht dem aw. S ein t: Miller, 1.1. §30, 2); 513, 6b: oss. fätän „Breite“, aw. padana- „weit, breit“ (Miller, 1.1. § 30, 2); 513, 7b: oss. limän (Miller, 1. 1. § 44d); 513, 8b: oss. ir, aw. airya- (Miller, 1.1. § 4, 2); 513, 9b: oss. avd, aw. hapta- „sieben“ (Miller, 1. 1. § 44k). 3. Die Einzelerscheinung § 518: dig. fur, aw. pouru, airan. *paru „viel“ (Miller, 1.1. § 18). 4. Was die sporadischen, wenig bezeugten Lautentsprechungen betrifft, deren einige für mundartliche Verschiedenheiten innerhalb der grossen Dialekte wohl zeugen können: einige kommen auch im Ossetischen vor, einige nicht. Im Einzelnen: § 521,1: im Ossetischen unbelegt. 512, 2: dig. insäi, aw. visaiti (Miller, Sprache § 4, 4). 521, 3: oss. äxsäz, aw. xšvaš „sechs“ (Miller, 1. 1. §*3, 5). 521, 4: oss. affbd. „Lende“, aw. haxt- n. „der innere Teil des Oberschenkels“ (Miller, 1. 1. § 23, 2). 521, 5: im Ossetischen unbelegt. 521, 6: oss. cäuyn, aind. cyavate „sich bewegen, gehen“ (Miller, 1. 1. § 44a); 521, 7: im Ossetischen unbelegt. 521, 8: im Ossetischen unbelegt. 521, 9: Miller, 1. 1. § 41, 2 (analoge Erscheinungen). 521, 10: analoge Erscheinungen vielleicht bei Miller, 1. 1. § 24, 6. 521, 11: oss. ssädz, aw. visaiti „zwanzig“ (Miller, 1. 1. § 29, 3). 521, 12: oss. *insadz, aw. visaiti. 5. Dazu kommt noch das Vorkommen der Suffixe -γηνος (Ναμγηνος, dig. -gin (Nongin) und-ακος,-άγος (dieses Suffix ist aber auch den anderen iranischen Sprachen nicht unbekannt) im Osse­ tischen. (Das Suffix -tä, -ται ist hier nicht berücksichtigt, weil seine Interpretation nicht einwandfrei klar ist; bei -ται mag es sich gut um ein griechisches Element handeln.) 267

§ 537. Zusammenfassend kann man wohl folgendes feststellen:

das Ossetische hat alle Charakteristika des Skytho-sarmatischen und eine überwiegende Mehrheit der Charakteristika des sarinatischen Dialektes. (Ob der einzige Zug, welcher im Ossetischen fehlt, auch dem Vor-Ossetischen fremd war oder nicht, kann heute nicht gesagt werden.) Das Vor-Ossetische wird also zu diesem Dialekt gehört haben. Wir dürfen aber den Umstand nicht unbeachtet lassen, dass von den sporadischen Zügen einige im Ossetischen vorhanden sind, einige nicht. Wir haben schon die Meinung ausgesprochen, dass wenigstens einige dieser Züge für die Existenz von Mundarten inner­ halb des sarmatischen Dialekts zeugen, trotzdem, dass diese Mundarten vorläufig nicht gegeneinander abgegrenzt werden können. Wir werden wohl ahnehmen dürfen, dass das Vor-Osse­ tische eine solche mundartliche Einheit des sarmatischen Dialektes war; in dieser Annahme unterstützt uns z. B. der Name Ινσα^αγος: wir sehen drei mundartliche, sporadische Züge (521,2,11,12), welche sonst nicht bézeugt, aber im Ossetischen bekannt sind, hier in einem Namen vereinigt (freilich ohne dass ihnen ein anderer Zug zuwiderspräche). Wir fühlen uns also berechtigt, die Schlussfolgerung zu ziehen, dass das Vor-Ussetische eine Mundart des sarmatischen Dialektes der skytho-sarmatischen Sprache war. [Zu bemerken ist auch, dass z. B. die ossetische Lautentwickelung -an-> -on-, welche bei den hier behandelten Namen nicht anwesend ist, im Ossetischen erst nach dem XIII. Jahrhundert statt fand. Die ossetischen Wörter in den Ortsnamen Balkariens und Karačajs (vrgl. § 36, 9) haben noch -an-; Abajev, Alanica. Izvestija Akade­ mii nauk SSSR. Otdelenije obščestvennych nauk, 1935, 890 sq.] ANHANG: DIE DIALEKTOLOGIE VON HARMATTA

§ 538. Der letzte Versuch, das sprachliche Material der iranischen Eigennamen namentlich aus den Inschriften der nördlichen Schwarz­ meerküste für dialektologische Erwägungen fruchtbar zu machen, wurde von J. Harmatta (Acta Orient. Hung. 1,1950—51, 261—312, 268

namentlich 285—312) in einer sehr scharfsinnigen und geistreichen Weise unternommen. Es ist aber zu bedauern, dass Harmatta das Material nicht in seiner Vollkommenheit behandelt hat, sondern nur die Namen, die ihn zu dialektologisch wertvollen Resultaten führen sollten. Er findet elf Lautentsprechungen, welche in seiner Auffassung dialektische Verschiedenheiten zeigen. Wir unter­ ziehen hier einer Besprechung nur die hauptsächlichen Punkte, in denen die Auffassungen Harmattas und unsere nicht übereinstim­ men. M. E. ist abzulehnen die Ansicht Harmattas, dass es eine Laut­ entsprechung aw. airya-: αλ gab. Harmatta stützt sich auf Άλανοί (vrgl. oben § 533) und Μαλδαγος; dieser Name ist aber nur tentativ ergänzt: [Μα]λδα[γος], so dass er notwendig keine Grundlage für eine sichere Etymologie bilden kann. Zu dem Namen Αλεξαρθοξ vrgl. oben § 48. Er kann auf die verschiedenste Weise interpretiert werden. Ebenso isoliert ist die Entsprechung aw. airya-: ιλ, welche sich nur auf einen Namen Ηλμανος stützt. Diese zwei Erscheinun­ gen sind kaum genug belegt, so dass wir . aus ihnen keine weitrei­ chenden dialektologischen Schlüsse ziehen dürfen. Abzulehnen ist m. E. Harmattas Ueberzeugung (1. 1. 305—306), dass es neben -αν-, -αμ- aus airan. -an-, -am - auch ein -ων-, -ωμ gab. Die Belege Harmattas sind: Αρθαμων (§ 57). Der Name ist nur ergänzt und seine Lesart hat sich in der zweiten Auflage der IPE I verändert. Aber auch wenn er Αρ-θαμωνζηίβεβη wäre, müsste man für die Endung in erster Reihe den Einfluss der griechischen Wörter auf -ων verdächtigen. Der zweite Beleg ist Μαιτώνιον, eine Stadt am Tyras bei Ptol. III, 5,15. Der Name ist nach Vasmer (Iranier 63) mit aw. maëSanyâ- f., maëSana- n. „Wohnung, Behausung“ zu vergleichen. Vasmer selbst nimmt für diesen Namen die Lautent­ wickelung -an->-on- an. Μ. E. handelt es sich hier aber wieder um analogischen Einfluss der häufigen griechischen Wörter auf -ωνιον. Vrgl. nur die Ortsnamen Πανιώνιον, Πλουτώνιον, Τιμώνιον. Der dritte Beleg, der Name Σιωμαχος, zeigt wirklich die Lautentsprechung -ä-: -ω- (§ 350). Diese Lautentsprechung ist aber nicht auf das m kombinatorisch gebunden: vrgl. die Beispiele §350 und die vorangehenden §§. 269

Wenn Harmatta (1. 1. 306—307) neben der Lautentwickelung gr>rg (vrgl. §441) auch die Entsprechung y p annimmt, stützt er sich nur auf den Stammnamen "Aypoi, ein Stamm neben der Maeotis, Strabo XI, 2, 11 = XI, 495, welchen er mit aw. αγτα „der oberste, erste“ vergleicht. Das ist aber sehr gefährlich, weil die Nebenform "Ayctpoi bei Appian, Mithr. 88 nach einer anderen Richtung führt. Nicht ganz sicher ist m. E. auch die Annahme Harmattas (1.1. 308—309), dass es neben der Lautentsprechung -xš-: -ξ- (§ 384) auch -xš-: -σ- (s) gab. Die Annahme stützt sich auf die Interpreta­ tion des Namens Σαιταφαρνη$ (§ 197). Der erste Teil dieses Namen wird mit aw. šaěta- m. „Geld, Vermögen“ verglichen. Harmatta ist nun der Ueberzeugung, dass dieses saëta- ursprünglich den Anlaut xš- besass (zu xša(y)-, xšaSra-; vrgl. Kuiper, ZU 8, 245). Aber man muss feststellen, dass selbst wenn diese Deutung richtig wäre, die Interpretation des Anlautes des Namens sich notwendig nicht ändern muss: der hypothetische Lautübergang konnte ja schon altiranisch vollzogen gewesen sein und so wäre wieder mit einem *šai.ta- in der Vorstufe des Skytho-sarmatischen zu rechnen, ebenso wie mit šaěla- in der Awesta. Zu dem Volksnamen Σαϊοι vrgl. oben § 533. Zu vergleichen ist aber auch der Name Ρευσιναλος unten § 765, welcher wohl zu dem Stammnamen Ρευξίναλοι ge­ hört; diese Entsprechung spricht für die Voraussetzung Harmattas. Jedenfalls sind diese Etymologien vereinzelt und können kaum eine unbestreitbare Grundlage für dialektologische Betrachtungen bil­ den. Sie könnten höchstens eine Entsprechung begründen, wie es die § 521 aufgezählten sind. Der Unterschied zwischen ξ und σ kann aber auch nur graphisch sein, vrgl. den Namen Σεστίλιος, § 828, in welchem eine andere Interpretation unwahrscheinlich ist. Das alles sind aber Kleinigkeiten, in denen die Meinungsver­ schiedenheiten leicht entstehen können. Die Hauptsache ist die dialektologische Ausbeute der Fakta; und hier sind unsere Ansichten grundverschieden. Harmatta behandelt die einzelnen Dialekter­ scheinungen in vollkommener Unabhängigkeit von einander und betrachtet sie alle als Bruchstücke einer Gruppe von Dialekten, deren Hauptzüge nicht festgestellt werden können. Er sagt (1. 1. 270

311): „we do (not) know how the various phonetic differences crystallize into structural features which separate the dialects from one another“. Er kommt dann zu diesem Resultate: „on the ground of phonetic criteria alone one may distinguish at least four languages or dialects: through the various concatenations of phone­ tic peculiarities this number will at least be doubled.“ M. E. man­ gelt diese Auffassung daran, dass sie die festgestellten Fakta nicht in ihren gegenseitigen Zusammenhängen betrachtet, und zwar hauptsächlich in der Verteilung zwischen dem älteren und dem neuren Sprachgut.

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ANDERE NICHTGRIECHISCHE PERSONEN NAME N

§ 539. In diesem Kapitel werden Namen behandelt, welche nicht griechisch, aber auch nicht skytho-sarmatisch sind. Sie gehören einerseits verschiedenen anderen ethnischen Einheiten, welche an der nördlichen Schwarzmeerküste lebten, andererseits sind sie durch verschiedene kulturelle und politische Einflüsse in die griechischen Städte dieses Gebietes gebracht worden. Es handelt sich um 1. persische und 2. thrakische Namen. 3. Namen, welche aus den sog. Kinderwörtern entstanden sind; ein guter Teil dieser Namen wird den Skythen und Sarmaten gehört haben, sie werden aber hier im Zusammenhang mit den anderen besprochen. 4. Unerklärte Namen. 5. Namen, welche durch das (kulturelle) Zusammenleben in der hellenistischen Welt und in der Welt des römischen Reiches gebraucht zu werden begannen. 6. Die Ethnika und Topika. (Dasselbe wie sub 3.) 7. Römische Na­ men. Am Ende werden 8. die Namen der Fremdlinge, welche in dieses Gebiet kamen, besprochen. Wenn in diesem Kapitel von entlehnten Namen gesprochen wird, bedeutet es, dass der Name ursprünglich einer ethnischen Einheit gehörte, die in diesem Gebiete nicht lebte, und dass er dann auch von Menschen anderer ethnischen Zugehörigkeit gebraucht wurde, und zwar von Menschen, welche in dem von uns behandelten Ge­ biete lebten. Es versteht sich, dass gerade dieser Umstand der verschiedenen ethnischen Zugehörigkeit des Trägers des Namens nicht immer ganz eindeutig festgestellt werden kann.

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PERSISCHE NAMEN § 540. PANTICAPAEUM: ’Αράξου Παππού IAK 10, 1904, 31, 5 (IIP). TANAIS: Άράθης Φιδανοι II, 446, 10 (220p); [Ά]ράθ[ης] Π, 445, 30 sq. (II/IIP); Νεικόστρατον Άρ[ά]3ου II, 451, 7 (228ρ). Dieser Name, welcher von Justi (Namenbuch s. v.) richtig als eine Kurzform von Άριαράθης gedeutet wird, ist sicher als entlehnt aufzufassen. Der Name ist belegt als Nebenform des Namens des Ariarathes V Eusebes Philopator aus Kappadokien (s. bei Justi, Namenbuch S. 24) und — was ungleich wichtiger ist — für einen Neffen Mithridates des Grossen (Memnon bei Photius, Bibi. 230, 41). [Blosse Anklänge sind: Άρά9α Stadt in Margiana Ptol. VI, 10, 3; der Fluss ’Άραθ-θος IG IX, 868 (Corcyra; “VI); Βίας ’Άραθος IG XII, 3, Suppl. 1416 (Thera): in diesem Falle mag es sogar besser sein, einen Fehler des Steinmetzen vorauszusetzen und Βίας ά(γ)α·9ός zu lesen: so Hiller von Gaertringen in der Ausgabe. Nach Vasmer, Iranier 32 hat sich mit diesem Namen in einer mir unbekannten Weise auch Miller, Žurnál 276 beschäftigt.] § 541. OLBIA: Άριαράθης Διονυσίου I2, 95, 8. PANTICAPAEUM: Άριαράμνη υίέ Άριαρά9ου (Gen.) IV, 279, 2 (aet. Rom.); Vok.: Άριαρά3η Φιλομήλου IV, 237, 1 (aet. Rom.); Άριαράθι II, 71, 2 (IF; i steht für η, das in dieser Zeit schon allge­ mein i ausgesprochen wurde, so dass es mit i verwechselt werden konnte). Es handelt sich um einen persischen Namen, der namentlich in der Dynastie der Könige von Kappadokien häufig war. Vrgl. Justi (Namenbuch s. v. mit einer kaum richtigen Etymologie); Miller (Žurnál 253; Os. Et. III, 97; aus Vasmer, Iranier 33). Der Name ist auch sonst in der hellenistischen Welt nicht unbekannt: vrgl. den Namen eines Atheners in einer in Delphi gefundenen Inschrift: Άριαράθης Άττάλου Fouilles de Delphes III, 2, 12, III, 9. Personennamen 18

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§ 542. PANTICAPAEUM: Δαΐσκε Άριαράμνου (Gen.) II, 141, 1 sq. (âet. Rom.); Vok.: Άριαράμνη υίέ Άριαράθου IV, 279, 1 (aet. Rom.). Zu diesem ursprünglich persischen Namen vrgl. Bartholomae (Wtb. 199: Ariyäramna- „der den Ariern Ruhe, Frieden schafft“); Miller (Žurnál 253; aus Vasmer, Iranier 33); Justi (Namenbuch s. v.). Ein Perser Άριαράμνης auch bei Her. VIII, 90.

TANAIS: Akk.: Άρνάκην Άττατουρίου II, 443, 28(IIP). Miller (Žurnál 249; aus Vasmer, Iranier 33) glaubt zwar, dass dieser Name mit oss. ärnäg „verirrt“ (so Miller nach Vasmer; Miller-Freiman, Wtb.: „gemeinsamer Weideplatz“) zu ver­ gleichen ist; es wird sich aber doch um einen entlehnten persischen Namen handeln, vrgl. den Namen des Eunuchs des Xerxes Άρνάκης (Belege bei Justi, Namenbuch s. v.), so wie den aw. Eigennamen Aranavak- f. (Bartholomae, Wtb. 197). § 543.

§ 544. OLBIA: Ζώϊλο$ Άρσάκου (Gen.) I2, 93, 7 (IIP); Αδοσθω υίω Άρσάκου (Gen.) I2, 204, 2 (aet. imper.). Es handelt sich um den bekannten mittelpersischen Namen, welcher schon im Altpersischen belegt ist: Aršaka- m. (Bartholo­ mae, Wtb. 203). Belege des mpers. Namens bei Justi (Namenbuch s. v.); vrgl. auch Müllenhoff, Deutsche Altertumskunde III, 107 und Miller, Žurnál 249: aus Vasmer, Iranier, 33. Der Name kann entweder zu aw. aršan- m. „Mann, Held“, oder zu aw. arsa- m. „Bär“ gehören (Bartholomae, 1.1.); er war in der hellenistischen Welt weit verbreitet, vrgl. Άρσάκης auf einem Thiasotenkatalog IG Π, III2, 2, 2, 2358, 7 (“II) und auch auf einer nicht ganz klaren Inschrift aus Magnesia: Άριστοκλ.έου$ Άρσάκης [ή]ρως IG IX, 2, 1158. § 545. PANTICAPAEUM: [Άρτα?]φέρ[ν]ης Άντιόχου II, 213, 1. Falls die Inschrift richtig ergänzt ist, was ziemlich wahrschein­ lich ist (nach Άντιόχου ist ein entlehnter Name doch wahrschein­ licher als ein einheimischer), handelt es sich um den bekannten

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persischen Eigennamen, dessen Belege s. bei Justi (Namenbuch s. v.). Es lohnt vielleicht der Mühe zu bemerken, dass auch ein Sohn des Mithridates Άρταφέρνης hiess (App. Mithr. 108, 117). Etymologisch gehört der Name selbstverständlich zu apers. artan. „Gesetz, Recht, heiliges Recht“ (Bartholomae, Wtb. 192) und apers. farnah- n. „Ruhm, Ruhmesglanz, Glanz, Herrlichkeit, Ho­ heit, Majestät“ (Bartholomae, 1.1., 1870 sqq). § 545a. TANAIS: Ijia... Αρχαθιου (Gen.) II, 454, 22 (IIP).

Es wird der Name Άρχάθεος, ein persischer Eunuch bei los. FL, Arch. XI, 6, 7, zu vergleichen sein. Die Metathese χρ > ρχ wird wohl nur durch das Vorbild der häufigen griechischen Na­ men auf Άρχε-, Άρχι-hervorgerufen sein, weil der Name wohl spä­ ter entlehnt worden ist als die Metathese § 442 statt gefunden hatte. § 546. OLBIA: Τίτωι Φλαουίωι Άχαιμένει Άχαιμένους Βοσττορεανώι I2, 202, 2 sq. (IP; gehört eigentlich nicht hieher, son­ dern in die Rubrik PANTICAPAEUM). PANTICAPAEUM: Άχαιμένου (Gen.) IV, 230, 4 und verschie­ dene andere Personen: IV, 468, 1 (HP; Theodosia); II, 297, 6; IV, 321, 2 (aet. Rom.); II, 60, 8 sq. TANAIS: Ξηγοδις ’Αχαιμέν[ου] Η, 455, 14 (HP); und ver­ schiedene andere Personen: II, 438, 20 (155p); II, 446, 14 (220p); II, 451, 31 (228p); II, 446, 17 (220p). Der Name Άχαιμένης ist die griechische Version des altpersischen Haxämanis- m. (Bartholomae, Wtb. 1744; vrgl. auch Justi, Namenbuch s. v. und Miller, Žurnál 262; aus Vasmer, Iranier 34). Die griechische Version dieses Personennamens ist in der hellenis­ tischen Welt zu einem üblichen Namen geworden; vrgl. den Archon Άχαιμένης Fouilles de Delphes III, 4,14, 2 (“IH; Delphi) und den 'Delphier Άχαιμένης IG IX, 1, 115, 7 (Phocis; “HI/H).

§ 547. OLBIA: [Μ]ι·3ριδάτου Εύττάτορος I2, 35, 7 (“I). CHERSONESUS TAURICA: Μιθριδάτα Εύπάτορος (Gen.) I2, 352, 17 (αΙ) und mehrere Male derselbe Königsname: I2, 352, 3; 14; 26 sq.; 33; 44; Akk. I2, 352, 9; 38, (aI). 275

PANTICAPAEUM: Μιθραδάτης IAK 11, 1904, 33 Nr. 80 und mehrere Male wohl derselbe Töpfer: ibid. Nr. 305, 306, 307, 309. IAK 3, 1902, 126 Nr 22. BOSPORI ORA ASIATICA: Μι3[ραδάτο]υ Εύπάτορος [Διο]νύσ[ο]υ II, 356, 3 sq. TANAIS: [Μιθ]ριδάτης ΙΑΚ 11, 1904, 24 Nr 32 und 58. (Töpfer.) Es handelt sich um den wohlbekannten persischen Namen. Belege bei Justi (Namenbuch s. v.). Der Name wird auch sonst in der hellenistischen und römischen Welt benützt: Belege dafür in Häufigkeit bei Pape-Benseler s. v. § 548. PANTICAPAEUM: Μιθρωπάστης IAK 11,. 1904, 53 Nr 190 und ibid. 50 Nr 177. (Töpfer.) Der Name ist auch persisch; vrgl. den Namen des Satrapen von Phrygien Μνθρωπάστης bei Strabo XVI, 766 = XVI, 3, 5 und den Namen eines Persers Μιθροπαύστης bei Plut. Them. 29 (ein ανεψιός βασιλέως). § 549. PANTICAPAEUM: Λύσιππος Μιτραβάτου, Άναίη Μιτραβάτου SEG II, 487 (aIV/III). Es handelt sich um einen persischen Namen, dessen Form Μιτροβάτης aus Her. III, 120, 126, 127 und Xen. Hell. I, 3, 12 (hier mit der varia lectio Μητροβάτης, welche freilich gegen die lectio difficilior unhaltbar ist) bekannt ist. Vrgl. auch Justi, Namen­ buch) S. 209. § 550. OLBIA: Όράντας Όλβιοπολείτας Αβαβου υιός I2, 79, 3 (Ip); Όρόνταν Αβαβου Όλβιοπολείταν I2, 79, 25 (Ιρ). Όρόντης Όρόντου I2, 92, 5 (Ηρ); Όρόντης Σπαδάκου I2, 147, 4; Όρόντη Αβαβου I2, 182 (Ιρ; vrgl. oben den Όρόντας). PANTICAPAEUM: Όρόντης Τιλλέους Η, 661, 1 (aet. Rom.). Zu diesem entlehnten persischen Namen, welcher zweifelsohne mit aw. aurvant- „schnell, tapfer, Held“ (Bartholomae, Wtb. 200 sq.) zu vergleichen ist, siehe Justi, Namenbuch S. 234, Müllen­ hoff, Deutsche Altertumskunde III, 108 und Miller, Žurnál 250; aus Vasmer, Iranier 46.

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[Die Endung -ας des Olbiopolitaners, welche freilich, wie das letzte von Olbia gebrachte Beispiel zeigt, nicht konsequent immer benützt wurde, ist schwerlich ein dorischer Archaismus, vielmehr ist der Name den anderen so häufigen Namen auf -ας analogisch nachgebildet.] § 551. PANTICAPAEUM: Φάννας Όροφ[έρ]νου (Gen.) II, 73, 1 sq. Zu diesem entlehnten Namen, welchen Vasmer (Iranier 46) richtig als eine Entsprechung eines iran. *aurua-farnah-, . also „Heldenruhm habend“ gedeutet hat, vrgl. die Belege bei Justi (Namenbuch S. 234), welche beweisen, dass er ursprünglich in die altpersische Sphäre gehört. § 552. PANTICAPAEUM: 'Ρω[ξ]άν[η]? II, 107, 3 (aet. Rom.; der textus maiuscularis hat ΡίύΕΑΝΚΙΙ). Falls der Name richtig emendiert ist, handelt es sich um einen in der persischen Sphäre häufig belegten Frauennamen (vrgl. die Belege bei Justi, Namenbuch s. v.), welcher mit aw. raoxšna„glänzend“ (Bartholomae, Wtb. 1488; so schon Justi 1. 1. und Vasmer, Iranier 49), oss. dig. roxs „leuchtend“, ir. ruxs „Helle, Licht“ zu vergleichen ist. Harmatta (Acta Orient. Hung. 1, 1950—51, 302) fasst den Namen unrichtigerweise als skytho-sarmatisch auf.

BOSPORI ORA ASIATICA: Σατραβάτης Σπιθαμεω Η, 381, 1 sq. (“IV). Die aus der persischen Sphäre stammenden Belege dieses entlehn­ ten Namens sind bei Justi (Namenbuch s. v.) zusammengestellt. Er übersetzt den Namen richtig „dem des Reiches Schutz zusteht“ (aw. xšaSra- n. „Reich“, aw. pä(y)- „hüten, schützen“: Bartho­ lomae, Wtb. 542 und 885 sqq.). Vrgl. auch Miller (Etnograf. Obozrenije 1891,191; aus Vasmer, Iranier 51: „wegen τρ nicht osse­ tisch sondern persisch“), xš-: σ- auch auffallend; § 538, S. 270. § 553.

Zu den Namen Σπιθαμής, Τιρανης, Φαρνάκης vrgl. oben §§§ 221, 230, 236. Zu Γα^ουριος § 284. 277

§ 554. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die angeführten Namen griechische Formen von echten persischen Namen sind. Nur bei Άχαιμένης kann man den Verdacht haben, dass der Name viel­ leicht schon als naturalisiert griechischer Name gekommen sein mag. Alle anderen Namen sind unmittelbar aus dem hellenistisch-persi­ schen Milieu geschöpft. Ihre ursprüngliche Entstehung, in der Mehr­ heit der Fälle auch ihre Bedeutung sind klar; offen bleibt aber doch die Frage, wie sie an die nördliche Schwarzmeerküste gekommen sind. Die kulturellen persischen Einflüsse mussten sehr alt in diesem Gebiete sein; das zeigt uns nicht nur das persische Lehnwort farnahin den oben besprochenen skytho-sarmatischen Personennamen, sondern auch der Name Σατραβάτης, welcher schon aus dem IV. vorchristlichen Jahrhunderte belegt ist. Es liegt aber auf der Hand, die Mehrheit der Namen mit der Herrschaft des Mithridates und seiner Dynastie im Bosporanischen Reiche und für eine Zeit auch in den anderen Städten des behandelten Gebietes zu verknüpfen. Man kann sehen, wie stark der kulturelle Einfluss des persischen Reiches auch in dieser Zeit war: die Königin Dynamis hat sogar während ihrer Regierung goldene Statere geprägt, auf welchen die dynastischen Symbole der Achaemeniden zu sehen sind (der Halb­ mond und ein Stern; Gajdukevič, Carstvo 315). Und weil die Mehrheit der hier belegten entlehnten persischen Namen auch in anderen Gegenden der hellenistischen und römisch-griechischen Welt im Gebrauche ist, möchte ich in ihrer Anwesenheit in unserem Gebiete mehr eine hellenistische Erscheinung, welche durch den kulturellen Einfluss des altpersischen Reiches, der namentlich während der Mithridatischen Herrschaft grossen Aufschwung nahm, als das Ergebnis einer Migration von Pontos her sehen. (Aehnliche Auffassung bei Minns, Scythians 38.) Vrgl. auch unten §§ 750—753. THRAKISCHE NAMEN

§ 555. OLBIA: [A]ρειβαλις Ραπακεους I2, 80, 13 (IHP). (Der textus maiuscularis hat [////ΔΡΕΙΒΑΛΙΣ. In der ersten Auflage der IPE I lesen wir dementsprechend . δρειβαλι$. Diese Lesart 278

wurde in IPE P verlassen, weil inzwischen die thrakische Analogie gefunden worden ist.) Auch wenn wir den Anlaut des Namens beiseite lassen, hat der Name seine nächste Parallele in Αρειβαλος SEG I, 300,1 (Serdica). Man muss zwar gestehen, dass der zweite Teil des Namens auch bei anderen Namen zu finden ist (Ουαρ^βαλος § 169, Ουαστοβαλος § 170), aber auch bei thrakischen Namen: Decebalus. Der erste Teil, soweit er sicher ist, spricht aber entschieden für einen Zusammen­ hang mit dem thrakischen Namen. § 556. PANTICAPAEUM: Αυλου^ελμις Δαλα^ελμου II, 136, 1 (aet. Rom.); Αυλ(ο)υ3ελμις Δαλα3(ε)λμου II, 1361, 1 (aet. Rom.; Latyšev ergänzt nur Αυλυ^ελμις Δαλ«3(ε)λμου). Der Name ist zweifellos thrakisch. Vrgl. die Beispiele bei Tomaschek (Thraker II, 2,4sq.): Αυλουπορις, Αυλο^ενης, Αυλο30CVOS, Αυλουτραλις, Αολουκραμις. Dazu noch: Αυλου3ενις SEG III, 513 bis (Philippopolis); Αυλου3ενις SEG III, 546 (Traiana Augusta in Thracia); Αυλουδενις SEG III, 519 (prope Philippopolim); Αυλουκενθος SEG III, 529 (Thracia). § 557. PANTICAPAEUM: Vok.: Βεν3ει -θυγάτηρ Μοκαπορεος II, 223, 1 sq. (aet. Rom.). Aus lautlichen Gründen ist kaum richtig die Etymologie Millers (Žurnál 250; aus Vasmer, Iranier 36), welcher oss. dig. bindzä „Biene“ auch als Personenname gebraucht, verglich. Wir können den thrakischen Namen Βενδϊς vergleichen (so schon Latyšev IPE II, S. 123), welcher als Name einer Göttin und auch als Personenname gebraucht wurde; vrgl. die Belege bei Tomaschek (Thraker II, 1, 47 sq. und II, 2, 12). Dazu auch: Βενδϊς Ζειτταδος IG XII, Suppl. 493 (aet. imp.; Thasus); Διογέ­ νης Βενδϊδος IG XII, Suppl. 460 (Thasus); [Β]ενδϊς IG XII, Suppl. 504 (aet. imp.; Thasus). Es wird sich um Namen einer Person handeln, welche selbst thrakischer ethnischer Zugehörigkeit war; für diese Annahme spricht auch der Umstand, dass der Vater der Βεν3ΐς selbst einen echt 279

thrakischen Namen hat. Zu beachten ist die Assibilation 5 >3 nach einem Nasal. Weniger wahrscheinlich ist die Auffassung Tomascheks (Thra­ ker II, 2, 12 und 16), welcher mit diesem Frauennamen den thraki­ schen Mannsnamen Βόννης verglich. § 558. PANTICAPAEUM: Δαλα^ελμου (Gen.): die Belege sind die oben § 556 bei Αυλου^ελμις angeführten. Der Name wird richtig von Latyšev (zur Stelle in IPE) und Vasmer (Iranier 37; hier lehnt auch Vasmer einen mir leider un­ bekannten Erklärungsversuch Millers, Žurnál 259, ohne nähere Auskunft ab) für thrakisch erklärt. Vrgl. bei Tomaschek (Thraker II, 2,30 und 39) Δαληπορις, Άβρο^έλμης, Δουλη^ελμις und § 556. Zu den Namen auf -^ελμις vrgl. auch Mateescu, Ephemeris Dacoromana 1, 1923, 222/3, Bem.

§ 559. PANTICAPAEUM: Δώρων Δαλατος (Gen.) II, 146, 2 (“IV). PANTICAPAEUM: ’Απολλώνιε υίέ Δαλασιου (Gen.) II, 127, 2 (aet. Rom.). Der Name wird als Kurzform zu den thrakischen Namen wie Δαληπορις gehören. Vrgl. bei Tomaschek (Thraker II, 2,30) und Miller (Žurnál 259; aus Vasmer, Iranier 37). „Δαλασιος ist nur eine Erweiterung dieser Kurzform. Das Suffix ist griechisch, was uns nicht überraschen kann. Vrgl. auch den folgenden Namen. § 560. PANTICAPAEUM: Gen.: Φίλωνος Δαλοσακου IAK 10, 1904, 84 (IIIP); Δαλοσηκ(ου) ΊΙ, 29, 67 (11IP). TANAIS: Δαλοσακος Συμφόρου II, 447, 25 (225p); derselbe auch II, 452, 13 (228p); [Δαλ]οσακο[ς] - - άγει (?) II, 446, 27 (220p). Der Name ist thrakisch. Vrgl. das oben § 558 Gesagte. § 561. BOSPORI ORA ASIATICA: -σοσ