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German Pages 312 [344] Year 1961
S A M M L U N G G Ö S C H E N B A N D 171/171a
DIE M U S I K DES 20. J A H R H U N D E R T S TOD
W E R N E R
O E H L M A N N
WALTER DE GRUYTER & CO. vormals G. J . Gösdhen'sdie Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . T r ü b n e r • Veit & Comp. B E R L I N
1961
Copyright 1961 by Walter de Gruyter & Co., Berlin W30. • Alle Rechte, einschl. der Re dite der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, von der Verlagshandlung vorbehalten. • Ardiiv-Nr. 11 Ol 71. - Salz und Druck : Paul Funk, Berlin W 30. - Printed in Germany.
INHALTSVERZEICHNIS Seite
Grundlagen und Voraussetzungen
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Die Musik in der modernen Welt
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Träger abendländischer Tradition: Richard Strauss . . . .
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Die Generation der Wende in der deutschen Musik
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Kunst im Alltag: Unterhaltungsmusik und Operette . . . .
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Schöpferische Persönlichkeiten: Pfitzner, Mahler, Reger, Busoni
63
Die O p e r des Verismo und Giacomo Puccini
87
Claude Debussy und der musikalische Impressionismus . .
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Ausstrahlung des Impressionismus nach Süden und Osten 114 Bewahrende K r ä f t e des Nordens
127
Atonalität und Zwölftönemusik
134
Arnold Sdiönberg und seine Schüler
144
Igor Strawinsky und der Neoklassizismus
177
Das Jahrzehnt des Avantgardismus
195
Die Musik des sowjetischen Rußland
206
Béla Bartók
212
Der Durchbruch der neuen Musik in Deutschland
222
Paul H i n d e m i t h
227
Das Musiktheater von Weill bis Orff
240
Traditionalismus, Kirchenmusik und neue Mystik
257
Jeune France — Olivier Messiaen
270
Die Musik der angelsächsischen und lateinamerikanischen Länder
275
Der J a z z
287
Konsequenzen: die serielle und die elektronische Musik 289 Namenregister
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GRUNDLAGEN UND VORAUSSETZUNGEN Jedes Jahrhundert hat, betrachtet man es als begrenztes, in sich geschlossenen Zeitabschnitt, sein eigenes Gesicht; die Dokumente seiner Geschichte und Kultur, so verschieden sie untereinander sein mögen, tragen den Stempel eines gemeinsamen Zeitgeistes und eines allgemeinen Schicksals. W a r das neunzehnte Jahrhundert eine Epoche der Voraussetzungen und Anregungen, der Anfänge und der sich neu anbahnenden Entwicklungen, so erscheint das zwanzigste in seiner bisher vergangenen H ä l f t e als ein Jahrhundert der Konsequenzen, der Realisierungen und Ergebnisse; das neunzehnte Jahrhundert ist überwiegend von spirituellen, theoretischen oder phantastischen Energien erfüllt, im zwanzigsten herrschen die praktischen und realistischen, unmittelbar dem Leben dienenden Kräfte. Die Beziehung von Ursache und Folge, die die Leistungen der beiden Jahrhunderte verbindet, läßt sich auf allen Gebieten des Lebens, des Geistes und der Kunst verfolgen. Das soziale Leben des neunzehnten Jahrhunderts war ein ununterbrochener Aufstieg, der seine Impulse im wesentlichen dem mächtig nachwirkenden Geist der Aufklärung verdankte. Die Bevölkerungszahlen wuchsen entsprechend den Fortschritten der Medizin und der Hygiene. Die Technik befriedigte die wachsenden Bedürfnisse der Menschen, sie baute riesige Städte, vereinfachte das Leben durch Mechanisierung und Komfort, gab den Massen durch die Industrialisierung der Produktionsmethoden Arbeit' und Existenzmöglichkeit. Die neue soziale Unterschicht der Arbeiter f a n d Anwälte, die ihre Lebensansprüche vertraten. Die Theoretiker des Sozialismus formulierten die Programme der internationalen Arbeiterbewegung, die sich durch ihre parlamentarischen und wirtschaftsrechtlichen Vertretungen überall als Macht des sozialen Organismus durchsetzte; das Manifest, das der radikale Sozialtheoretiker Karl Marx 1867 gegen die Vor-
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herrschaft des Kapitals in der modernen Wirtschaft gerichtet hatte, wurde aus einer aufklärenden, analysierenden Untersuchung allmählich zu einem dogmatischen Bekenntnisbuch, zur Bibel eines neuen, materialistischen Glaubens. Mit der russischen Revolution von 1917 traten diese Entwicklungen vollends in die Sphäre der politischen Realität. Sozialismus wurde Staatsreligion. Das bedeutete nadi innen konsequente Verwirklichung der sozialistischen Grundsätze, Bildung einer neuen Gesellschaft, die aus Gleichberechtigten, nur dem Staat als einzigem Unternehmer untergeordneten Arbeitern bestand und die nicht nur das riesige Gesamtgebiet Rußlands, sondern darüber hinaus China und andere asiatische Länder umfaßte, so daß sie um die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts eine Welthälfte beherrschte. Es bedeutete nach außen Vermischung der ursprünglich übernationalen sozialen Ideen mit Prinzipien des Nationalismus und der Machtpolitik, die ihre Reinheit trübten. Denn auch der Nationalismus, der zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts durch die Erhebung der einzelnen Völker gegen das napoleonische Imperium geweckt worden war, hatte seine Lebenskraft bis in das zwanzigste Jahrhundert bewahrt. Die nationalen Diktaturen, die von völkischen Instinkten getragen wurden, bestimmten einen wesentlichen Teil der politischen Entwicklung Europas, und erst ihr katastrophales Ende brach die verführerische K r a f t ihrer in atavistischen Vorstellungen wurzelnden Ideen. Diesen extremen, vorwärtsdrängenden oder retardierenden K r ä f t e n stand aber noch immer die alte, von der französischen Revolution proklamierte und vom neunzehnten Jahrhundert verwirklichte Lebensform des humanen Liberalismus gegenüber, die in unserem Jahrhundert ihren stetigsten Stützpunkt in den angelsächsischen Ländern, vor allem in N o r d amerika gefunden hat. Die unermeßliche Wirtschaftsmacht des neuen Kontinents, die sich auf Freiheit der Produktion, des Handels und des Verkehrs gründet, steht hinter einer Staatsform, die die Menschenrechte der Persönlich-
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keit anerkennt und ihre K r a f t in das westliche Europa zurückstrahlt, wo sich die alte, aus Griechentum und Christentum hergeleitete Tradition abendländischer Humanität und Geistigkeit noch immer legitim behauptet. Die Revolutionen aber und die ungeheueren, die ganze Welt umfassenden Kriege, die Unstetigkeit der Lebensverhältnisse, der Wechsel von radikaler Zerstörung und Neuaufbau, die Grausamkeit und Unmenschlichkeit der kriegerischen Methoden: dieses alles, das die düstere, gewittrige Atmosphäre unserer Epoche ausmacht und das in SQ scharfem Gegensatz zu der humanen, gesitteten Lebenshaltung des neunzehnten Jahrhunderts zu stehen scheint, ist doch in Wahrheit reale Konsequenz von Gegensätzen, die sich damals als Gedanke und Theorie in der Welt des Geistes abzeichneten. Unter den Wissenschaften war es vor allem die Physik, die durch ihre stürmische Entwicklung und durch die praktische Verwertung ihrer Erkenntnisse in der Technik die Welt verwandelte und dem Menschen die Herrschaft über unerschöpfliche Naturkräfte in die Hand gab; hatten Dampfmaschine und Motor, die Erfindungen des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts, den Verkehr zu Lande und zu Wasser gesteigert und beschleunigt, hatte endlich das Flugzeug die Luft erobert und durch seine Geschwindigkeit Entfernungen, die früher unüberbrückbar waren, zu nichts zusammenschrumpfen lassen, so rührte die Atomphysik, die Wissenschaft des zwanzigsten Jahrhunderts, an noch tiefere Grundlagen des Lebens. Die Umdeutung des Atoms, des kleinsten, unteilbaren Materieteilchens, in ein Spannungsverhältnis verschiedenartiger Partikel, die Aufhebung des alten, aller Naturbetrachtung zugrunde liegenden Materiebegriffs, die aus dem Dualismus von Körper und Welle folgte, die Einschränkung der Kausalität und das Transzendieren über die Grenzen des Vorstellbaren: das alles bedeutete eine Erschütterung niemals angezweifelter Erkenntnisgrundlagen. Ebenso bedeutsam wie die technische Konsequenz der
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Atomumwandlung, die elementare Energien von unabsehbarer zerstörender Gewalt freimachte, war die geistige Wirkung dieser Revolution, der Schock des denkenden Bewußtseins, der auf allen Geistesgebieten zu einer Kritik der Überlieferungen, zur Bemühung um Ursprünglichkeit und Unbefangenheit, um neue, dem Chaos abgewonnene Ordnung führte. Wie ein Erdbeben rings um sein Zentrum noch in der Entfernung den Boden erzittern läßt, so war der Reflex dieser zentralen Erschütterung in der Philosophie und in den Künsten, den Seismographen des menschlichen Geistes und der Seele, weithin zu spüren. Die Analogie der Entwicklungen in der Dichtung, Malerei und Musik ist, so schwer auch direkte Entsprechungen zu den physikalischen Ereignissen herzustellen sind, nicht zu leugnen; überall ging es um die Auflösung elementarer Voraussetzungen, um ein Vorstoßen in die Sphäre jenseits der Anschaulichkeit, um ein Transzendieren über die natürliche Schönheit in die Abstraktion. Es gehört zum Bilde dieses Jahrhunderts, daß die Geisteswissenschaften an Bedeutung und Schlagkraft ihrer Erkenntnisse nicht ganz mit den realen Wissenschaften Schritt hielten. Die Philosophie übernahm als Erbe den romantischen Pessimismus Schopenhauers, der auf die Musik so tiefen Einfluß geübt hatte, und sein Widerspiel, den Lebensglauben Nietzsches, der durch die hymnische oder aphoristisch geschliffene Form seiner Lehrsätze weite Resonanz fand, der aber, mehr überredend als eigentlich überzeugend, schon auf der Grenze zwischen Philosophie und dichterischer Bezauberung stand. Die auf den Lehrstühlen der Universitäten vertretenen Richtungen wie die des Neu-Kantianismus und der Weltphilosophie hatten dem nichts ähnlich Wirkungskräftiges entgegenzusetzen. Allgemeineren, über die Hörsäle und die fachwissenschaftlichen Kreise hinausgehenden Einfluß erzielte die mit exakteren Denkmethoden als Nietzsche sich bemühende Lebensphilosophie eines Henri Bergson und Georg Simmel, die die irrationalen Züge des Daseins
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G r u n d l a g e n und
Voraussetzungen
stärker zur Geltung brachte. Nach 1930 wurde das Denken der Fachphilosophen, die, an den christlichen Mystizismus Kierkegaards anknüpfend und zum Teil auf der Phänomenologie Edmund Husserls weiterbauend, die menschliche Existenz, die Persönlichkeit mit ihrer Fähigkeit zu Entscheidung und Verantwortung, mit ihrer T r a gik und in ihrer „Geworfenheit" ins All zu durchleuchten versuchen, wieder durch eine große Jüngerschaft überzeugter Laien als notwendige Lebensdeutung und Lebenshilfe bestätigt; in Deutschland vertraten Karl Jaspers eine mehr humane, Martin Heidegger eine mehr mythischkosmische Richtung dieses Denkens, während es dem ganz auf praktische Lebensfragen gerichteten Franzosen Jean Paul Sartre in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg gelang, den vereinfachten „Existenzialismus" geradezu zur Modephilosophie, zu einer den Gottesbegriff ausschaltenden Religion der Bewahrung des Individuums vor dem Nichts zu machen. Eine Leistung der Psychologie wirkte mächtig in das philosophische Denken der Zeit hinein: die Tiefenpsychologie des Wieners Sigmund Freud analysierte die menschliche Seele als einen Medianismus unbewußter Triebe, die mit uralten, ererbten Traumvorstellungen gekoppelt seien und das Fühlen und Handeln des Einzelnen mit unausweichlicher, genereller Notwendigkeit bestimmten. Der Zauber seiner Lehre, der in der Verbindung von schärfster Rationalität und dunkler, in die Tiefen des Unterbewußten hinabtauchender Romantik beruhte, strahlte weit über den Bereich der wissenschaftlichen Forschung hinaus; er barg ebenso die Gefahr der Auflösung der Individualität in sich, der Lähmung des Willens und der Ausschaltung der persönlichen Verantwortung, wie andererseits auch die Möglichkeit, durch konsequenteste Bejahung der alten Forderung „Erkenne Dich selbst" eine neue, bewußtere Stufe der Humanität zu erreichen. Die Kunst spiegelte die Erschütterungen und Gefahren der Zeit', die äußeren wie die inneren; sie nahm den Lärm
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der Revolutionen und Kriege in sich auf, sie spiegelte die Stürme der Zerstörung und die Öde der Ruinenlandschaften, in denen Städte und Staaten versanken; sie griff die Ideen und Programme der Zeit auf und trug sie in tönenden Formulierungen weiter, sie wurde getrieben von der Hast des Wechsels, sie zeugte von der Unruhe und Lebensangst des hilflos in das Spiel der Mächte geworfenen Menschen und von den ewigen Positionen des Glaubens, der ihn über die Gewalten der Zeit erhöhte. In der Literatur wuchs die Dichtererscheinung Gerhart Hauptmanns, anfangs den sozialen Ideen der Zeit verbunden, über die Kämpfe des Tages hinaus zu einer Gestalt von mythischer Würde, hingegeben an Erinnerungen des Urgriechentums, des Quells der abendländischen Humanität, und an düstere danteske Traumvisionen. Neben ihm formte der Schriftsteller Thomas Mann den Typus des philosophischen, die Zeitmächte zu symbolhaften Figuren personifizierenden Romans, dessen Weltgeltung durch die Auswanderung des Autors nach Amerika noch befestigt wurde. In Frankreich war dieser Typus des intellektuellen, didaktischen Schriftstellers durch André Gide, den extremen Verfechter des westlichen Individualismus, und durch Paul Valéry, in England durch den Dramatiker Bernard Shaw, den skeptisch-heiteren Anwalt der Vernunft und des Lebensglaubens, vertreten. Die lyrische Produktion war am Jahrhundertanfang in Deutschland in den Dichtungen eines Hofmannsthal, Rilke, George spontan lebendig und wandelte sich bei dem Engländer Eliot zu rückschauender Bewußtheit. Zugleich wuchs in Amerika die durch das Erlebnis des ersten Weltkrieges geformte Schriftstellergeneration heran, vertreten durch charakteristisch-verschiedenartige Erzählerbegabungen wie Wolfe, Hemingway, Faulkner; ihre Werke bedeuteten nach 1945 einen Einbruch frischer Kräfte in die europäische Literatur, der an Heftigkeit der Wirkung der Invasion der großen russischen Romanciers im neunzehnten Jahrhundert wenig nachgab.
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Grundlagen und Voraussetzungen
Am deutlichsten gab die Malerei das Bild der in ihren Fundamenten erschütterten Zeit wieder. H a t t e der Impressionismus, das Ereignis des neunzehnten Jahrhunderts, noch einmal die ganze, lebendige N a t u r , die farbige Schönheit der integren "Welt gemalt, so brach diese Einheit nun in verschiedene einander widersprechende und ablösende Richtungen des Sehens und Formens auseinander. Der Expressionismus suchte in verzerrten, zerrissenen Formen nach der Seele der Dinge, der Kubismus zwang die natürlichen Gestalten in geometrische Regeln, die abstrakte Malerei verzichtete, dem Vorbild des Russen Kandinsky folgend, auf die Erscheinung der Realität und band Farben und Linien zu gegenstandslosen Kompositionen, die ebensowohl als Ausdruck der Leere wie der Fülle zu deuten sein mochten. Die Architektur dagegen f a n d immer wieder Lösungen von allgemein verbindlicher, positiver Geltung. W a r schon die Formvereinfachuns* des Jugendstils als klärende Reaktion auf den überladenen Neubarock des neunzehnten Jahrhundert zu begrüßen, so legte später die Besinnung auf Material, Bauzweck und Ökonomie der Form, wie sie in Deutschland von der Bauhausgemeinschaft, in Frankreich von Le Corbusier vertreten wurde, den Grund zu einem neuen Stil des Wohnbaues, der sich, wenn auch in vielfach modifizierter Form, über die ganze Welt verbreitete. Zwei Grundzüge sind allen künstlerischen Leistungen dieses Jahrhunderts gemeinsam. Der eine ist die grundsätzliche Weltgültigkeit der wichtigen Ereignissse und Entwicklungen. Die geistigen Landschaften weiten sich zugleich mit dem Gesichtskreis des praktischen Lebens, den der gesteigerte Verkehr ausgedehnt hat, die lokalen und nationalen Unterschiede verlieren an Bedeutung, jede Erfindung, auch auf künstlerischem Gebiete, wirkt über Länder und Kontinente hin. Die andere Gemeinsamkeit ist das humane Ziel, das allen diesen vielfältigen, einander widersprechenden Bestrebungen doch am Ende die gleiche Richtung zu geben scheint. Der gequälte oder ekstatische Aufschrei des Expressionis-
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mus, die Besinnung auf den Zwang der Form, selbst die Negationen der abstrakten Kunst — das alles sind Versuche, die Integrität des gefährdeten Menschenbildes gegen die Dämonen der Zeit zu verteidigen oder sie, wo sie verloren gegeben wird, als tragischen Verlust zu beklagen und damit die Idee von neuem zu bestätigen. DIE MUSIK IN DER MODERNEN WELT Die Formen, in denen Musik sich in die Lebensbedingungen der modernen Welt einfügte, scheinen andere zu sein als die im neunzehnten Jahrhundert gültigen, aber sie haben sich doch folgerecht aus diesen entwickelt. Schon nach 1850, in Deutschland vor allem nach der Reichsgründung von 1871, war eine ständige Expansion des Musiklebens zu beobachten. Zugleich mit den großen Städten und ihren Hörermassen wuchsen die Konzertsäle und die Orchester, die Zahl der Musikveranstaltungen vermehrte sich unaufhörlich, die Qualität der Wiedergabe wurde durch den scharfen Konkurrenzkampf des kommerzialisierten Musikbetriebs emporgetrieben. Diese Entwicklung hielt über die Jahrhundertwende stetig an und wurde auch durch die Erschütterungen der Zeit, die Kriege und ihre Zerstörungen, nur vorübergehend unterbrochen. Das musikalische Leben der Metropolen Berlin, München, Dresden, Wien, Paris, London, Mailand, New York nahm in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg Dimensionen an, die gegenüber der Musikübung des bürgerlichromantischen Zeitalters geradezu phantastisch erscheinen mußten. Mehrere Operntheater spielten Abend für Abend nebeneinander, zum Teil aus staatlichen Mitteln reich subventioniert, zum Teil, wie die New Yorker Metropolitan Opera, aus den Mitteln einer privaten Gesellschaft finanziert oder auch durch ihre eigenen Einnahmen erhalten. In Deutschland und Rußland verwandelten sich die Hoftheater mit den Revolutionen von 1917 und 1918 in Staatstheater, was ihre Struktur kaum ver-
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t)ie Musik in der modernen Welt
änderte und ihre äußere Geltung und ihren Glanz nicht schmälerte. Das Beispiel Bayreuths bewirkte allmählich überall eine Abrundung und Vertiefung der künstlerischen Leistung. Oper war nun nirgends mehr ein Konzert schöner Sängerstimmen, sondern ein dramatisches Gesamtkunstwerk, dem vor allem die übergeordneten, leitenden Persönlichkeiten das Gesicht gaben: der Dirigent, der durch den symphonischen Anspruch der Wagnerschen Partituren zur bestimmenden Kraft der musikalischen Wiedergabe geworden war, und der Regisseur, der nach und nach das optische Bild zur gleichen Vollkommenheit wie das akustische entwickelte. Die Inszenierung wurde zu einer Kunst der Partiturausdeutung, die Bild und Mimik in innigsten Einklang mit dem Geist und der Seele der Musik zu bringen bemüht war und die Farbenfülle einer durch den Impressionismus inspirierten Bühnenmalerei mit den Zaubern der modernen Beleuchtungstechnik kombinierte, um eine phantastische "Welt schöner Illusionen zu schaffen, die die versunkene szenische Pracht der Barockoper weit überbot. Immer zwischen der Versuchung des Naturalismus und dem strengen, in der Musik begründeten Gesetz der Stilisierung hin und her gerissen, machte diese Kunst verschiedene Stilwandlungen durch, die etwa den Phasen und Richtungen der bildenden Künste entsprachen. Die Notzeiten der großen Kriege wirkten immer wieder retardierend auf den Hang zur Üppigkeit, der der Oper eingeboren ist, und diese Not war wohl auch die Ursache der paradoxen und doch entwicklungsgeschichtlich tiefbegründeten Erscheinung, daß Bayreuth, der Ausgangspunkt aller szenischen Bereicherung, sich um die Jahrhundertmitte in den Inszenierungen der Enkel Richard Wagners, Wielands und W o l f gangs, als „abstraktes Theater", als Stilbühne ohne Dekorationen und damit wieder in erster Linie als musikalisches Ereignis und Erlebnis präsentierte. Auch die großen Konzertorchester, die entweder in Verbindung mit den Opernhäusern oder selbständig wirkten,
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wurden allmählich zu offiziellen, von Staat oder Stadt unterhaltenen Körperschaften. Während die Philharmonischen Konzerte des Wiener Opernorchesters auf das Jahr 1842 und auf Otto Nicolai zurückgingen, bildete sich in Berlin in der Gründerzeit eine entsprechende, aber ausschließlich der Konzertmusik dienende Orchestergemeinschaft. Im Jahre 1882 spaltete sich ein Teil der Unterhaltungskapelle des Kapellmeisters Benjamin Bilse ab, mietete eine verlassene Rollschuhbahn als Konzertsaal und nannte sich „Philharmonisches Orchester"; aus diesen bescheidenen Anfängen wuchs sehr schnell das hervorragende Konzertorchester, das sich nacheinander Hans von Bülow, Arthur Nikisch, Wilhelm Furtwängler und Herbert von Karajan an seine Spitze holte und um 1930 als öffentliche, repräsentative Institution bestätigt wurde. In vielen anderen Städten bildeten sich Orchester und Konzertgesellschaften, die neben höchster Qualität der Wiedergabe besondere, charakteristische Ziele der Programmbildung verfolgten. Die Museumskonzerte in Frankfurt am Main und die Gürzenichkonzerte in Köln pflegten einen vielseitigen Spielplan, das Concertgebouw-Orchester in Amsterdam unter dem Dirigenten Willem Mengelberg diente dem Werk Gustav Mahlers, das Orchestre de la Suisse Romande in Genf unter dem früheren Mathematikprofessor Ernest Ansermet setzte sich für die moderne Musik des zwanzigsten Jahrhunderts ein. In London gründete der Mäzen Sir Thomas Beecham ein Philharmonisches Orchester, das sich der Klassik und den Komponisten der Straussgeneration widmete. Die großen Städte Nordamerikas, deren wirtschaftliche Mittel unbeschränkt waren, New York, Philadelphia, Boston, hielten sich Konzertorchester von höchster technischer Vollkommenheit, an deren Spitze Dirigiervirtuosen wie Serge Alexandrowitsch Kussewitzky, Friedrich A. Stock, Leopold Stokowski und Dimitri Mitropoulos standen. Die Machtstellung, die der Dirigent im öffentlichen Musikleben bekleidete, hatte sich gegenüber dem neun-
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Die Musik in der modernen Welt
zehnten Jahrhundert noch erweitert und gefestigt. Der Dirigent, zuerst vollkommen verkörpert in dem Ungardeutschen Arthur Nikisch, der bis zu seinem T o d e im Jahre 1922 die Konzerte der Berliner Philharmoniker und des Leipziger Gewandhausorchesters leitete und durch die ruhige Magie seines Willens, durch die elementare Sinnenschönheit seiner Schubert-, Schumann- und Tschaikowsky-Interpretation sein Publikum faszinierte, war der eigentliche Virtuosentyp dieser in großen Dimensionen lebenden Zeit; er spielte mit immer mehr verfeinerter Technik auf seinem Instrument, dem großen, aus vielerlei künstlerischen Individualitäten zur Einheit zusammengeschmolzenen Orchester, er verzauberte durch den höchst differenzierten, der gewaltigsten Steigerungen und der zartesten Schwebungen fähigen Klangeindruck, den dieses lebendige Instrument zu bieten hatte, die Massen, die die riesigen Konzertsäle füllten, u n d gab ihnen das zugleich materielle und mystische Musikerlebnis, das dem Bedürfnis der Zeit am meisten entsprach. D a r u m wurden die bedeutenden Dirigenten die gefeiertsten Helden des Podiums: Wilhelm Furtwängler (1886—1954), der germanische, emotionelle, um Ausdruck und Nuancierung bemühte Typus, der von Berlin aus die europäischen Konzertsäle bereiste, und A r t u r o Toscanini (1867—1957), der auf objektive Richtigkeit des Klangbildes bedachte Romane, der sein Wirken zwischen Italien und dem nordamerikanischen Musikzentrum N e w York teilte. In Deutschland wirkten Felix Mottl, Karl Muck, Leo Blech, Bruno Walter, Carl Schuricht, H a n s Knappertsbusch, Fritz Busch, Eugen und Georg Ludwig Jochum, Herbert von Karajan, Ferenc Fricsay, Sergiu Celibidache, Lorin Maazel, in Italien Victor de Sabata, Vittorio Gui, in Frankreich Charles Münch, Pierre Monteux, Ernest Bour, Andre Cluytens — eine Liste von Persönlichkeiten, deren Vervollständigung einer besonderen Geschichte des Dirigententums bedürfte. Daneben behauptete der Solist als Virtuose weiterhin
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sein Recht. Die Schule Franz Liszts wirkte unter den Pianisten durch Generationen fort. Neben dem dämonischexaltierten, als Beethovenspieler Triumphe feiernden Deutsch-Schotten Eugen d'Albert wirkten der elegante Emil von Sauer, der schwerblütige Frederick Lamond, der tiefempfindende Conrad Ansorge, der klassisch-souveräne Artur Schnabel, der spontan musizierende Edwin Fischer, der romantische Alfred Cortot, der mit subtiler Klangphantasie begabte Walter Gieseking, die Virtuosen Leopold Godowsky, Joseph H o f m a n n , Wladimir Horowitz, Claudio Arrau, Shura Cherkassky. In Ferruccio Busoni erreichte das Klavierspiel als geistig-schöpferische Disziplin einen Gipfel, der sich neben der Leistung Liszts behaupten konnte; noch einmal wurde das Klavier zum Zentrum, von dem aus der Pianist sich durch Bearbeitungen und Transskriptionen die Klangwelten der Orgel, des O r chesters, der Vokalmusik eroberte und seinen hochindividuellen Musizierstil in die weiteren Bereiche der Instrumentalmusik und der Oper zurückstrahlte. Unter den Geigern setzte sich die französisch-belgische, durch Charles Bériot u n d Henri Vieuxtemps begründete Schule über Eugène Ysaye bis zu dem um 1950 auftretenden Christian Ferras fort. Daneben erstanden Begabungen wie der klassisch-klare H e n r i Marteau, der großartig-pathetische Bronislav Huberman, der mondäne Fritz Kreisler, der ernste Adolf Busch, der Bachspieler Yehudi Menuhin, der Virtuose Jascha Heifetz und der Elementarmusiker David Oistrach. Auch das Streichquartett, ursprünglich eine Vereinigung zu intimem Haus- und Kammermusizieren, wurde zum Virtuosenensemble; das Rosé- und Buschquartett, später das Vegh- und Köckertquartett, das englische Amadeus- und das amerikanische JuillardQuartett waren Verbindungen von Weltruf, die hochgezüchtete Musterleistungen klassischen und modernen K a m mermusikspiels auf weiten Konzertreisen durch die Kontinente trugen. Die Gesangskunst erlebte eine neue, charakteristische
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Blüte. In Italien bildete sich an der expressiven Melodie Verdis und Puccinis ein Sängertypus, der den Stilsänger des Barock u n d den zwischen Empfindsamkeit und Ziergesang jonglierenden Virtuosen der Romantik ablöste. Der Tenor Enrico Caruso (1874—1922), ein gebürtiger Neapolitaner, der zum gefeierten Gastsänger der europäischen und amerikanischen Bühnen aufstieg, wurde durch seine warme und glänzende, von ungeheurer Atemspannung getragenen Stimme und durch die zugleich großartige und schlichte Ausdruckskraft seines Vortrags zum Inbegriff gesanglicher Kunst und genoß einen Weltruhm, wie ihn kein Sänger früherer Epochen errungen hat. Als er nach einer Laufbahn unerhörter Triumphe, die die zivilisierte Welt dem Naturphänomen der schönen Menschenstimme bereitete, früh auf tragische Weise starb, f a n d er in dem lyrischen Tenor Beniamino Gigli einen Nachfolger. Als gegensätzlicher Typus wirkte der russische Bassist Feodor Schaljapin, ein Komödiant und Charaktersänger von dämonischer Gestaltungskraft. In Deutschland f a n d man allmählich den Ausgleich zwischen dem N a turalismus des Wagnerstils und der Kultur der italienischen Schule; neben den stimmkräftigen Heldentenören waren es hier vor allem die Baritonisten, die Vertreter der ausgeglichenen Mittellage, die sich als profilierte Einzelerscheinungen abhoben; der schlichte Heinrich Schlusnus und der jüngere, durch Stilgefühl und Empfindungstiefe bezaubernde Dietrich Fischer-Dieskau wurden zu Repräsentanten des allgemeinen Musikgefühls. Die allmählich sich vollziehende Abwendung von den Ausdrucksidealen der Romantik, die Besinnung auf die Musiktradition des Barock verhalfen auch dem Stil- und Ziergesang wieder zu seinem Rechte; neben der hochdramatischen und der lyrischen Sängerin wurde auch die Koloratursängerin, vertreten etwa durch die Italienerinnen Amelita GalliCurci und Toti dal Monte oder durch die Deutschen Maria Ivogün und Erna Berger, wieder als Verkörperung subtilster gesanglicher Kultur anerkannt. Daneben
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lebte auch der romantische Primadonnentyp in der exzentrischen, im dramatischen Ausdruck und im Ziergesang gleich wirkungsmächtigen Griechin Maria Callas wieder auf. Durch die verbesserten Verkehrs- und Verständigungsmittel, durch Eisenbahn und Automobil, Dampfschiff und Flugzeug, Telegraph und Fernsprecher, durch den beschleunigten Nachrichtendienst der Presse wurde das Musikleben mehr und mehr internationalisiert. Die Ländergrenzen waren, sofern sie nicht durch Kriege geschlossen waren, keine Schranken mehr; Virtuosen- und Komponistenruhm wurde immer leichter zum Weltruhm. Was zu A n f a n g des Jahrhunderts nur wenigen auserwählten Begabungen, den „Stars", beschieden war, das Reisen von Land zu Land, das ungebundene rastlose Gastieren an Bühnen und in Konzertsälen, wurde um die Jahrhundertmitte allgemein. Ein kleiner Kreis prominenter Künstler versorgte die musikalische Welt von Europa bis Australien mit Spitzenleistungen. Der Sänger, der Instrumentalist, der Dirigent, der im Flugzeug Länder und Ozeane überquerte und Abend f ü r Abend an einem anderen O r t e dieselbe oder eine ähnliche Leistung produzierte, war eine gewöhnliche Erscheinung. Ganze Orchester und Operntruppen wurden auf diese Weise beweglich gemacht; der Austausch der Leistungen wurde allgemein. Andererseits wurde auch das Publikum durch immer zahlreichere Musikfeste, die anfangs nach dem Vorbilde Bayreuths an kulturhistorisch bedeutsamen Stätten wie Salzburg, später an vielen landschaftlich schönen oder durch irgendeine Tradition ausgezeichneten Orten veranstaltet wurden, daran gewöhnt, zu reisen und besondere Kunstereignisse an ihrem O r t e aufzusuchen; es bildete sich ein verwöhntes Kunsttouristentum, das sich die Spitzenleistungen jedes musikalischen Stiles wie die Sehenswürdigkeiten der Landschaft und der Architektur vorsetzen ließ. D a ß dieser lebhafte, großzügige, mit ungeheurem A u f w a n d an Mitteln inszenierte Kunstbetrieb, der durch Bindung an staat2 M u s i k d. 20. J h d t .
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lieh oder privatwirtschaftlich organisierte Hörergemeinschaften immer mehr mechanisiert wurde, überwiegend der großen musikalischen Überlieferung der Vergangenheit galt, daß er zum größeren Teil musealen, konservierenden und reproduzierenden Charakters war, gehörte zur besonderen Problematik dieses im Schatten von T r a ditionen lebenden Jahrhunderts. Diese Entwicklung zur Angleichung und Nivellierung einerseits, zur Kultur der Höchstleistung andererseits w u r d e noch gefördert durch die Erfindungen der elektrotechnischen Musikwiedergabe. Die Schallplatte ermöglichte es, ein flüchtiges Musikereignis zu fixieren, aufzubewahren und an jedem beliebigen Orte wieder erklingen zu lassen; Sängerstimmen, Virtuosenleistungen waren nun der Vergänglichkeit entrissen und konnten, entsprechend der Konservierung optischer Eindrücke durch den Film, über ihre natürliche Lebensdauer erhalten und vervielfältigt werden. Der R u n d f u n k , die Übertragung von Musik durch freie, drahtlose Ausstrahlung elektrischer Wellen, steigerte diese Möglichkeiten ins Unermeßliche. Machte die direkte Übertragung Musik unabhängig von Raum und Ort, so löste das T o n b a n d sie auch aus der Begrenzung der Zeit, und das Fernsehen koppelte akustische mit optischen Eindrücken. Der R u n d f u n k , der im dritten Jahrzehnt des Jahrhunderts praktische Bedeutung gewann, ist eines der größten "Wunder in der Geschichte der musikalischen Reproduktion. D a ß dieses Wunder kaum als Wunder, als dämonische Überhöhung menschlicher Fähigkeiten empfunden, sondern schnell als willkommener Komfort in die technisierte Zivilisationswelt eingebaut wurde, ist eine der Absonderlichkeiten, die das Verhältnis von Mensch und Technik charakterisieren. Die Sender mit ihren Aufnahme-Studios, ihren auf äußerste technische Präzision geschulten Orchestern, ihrem unersättlichen Verbrauch an Musik leichtester und schwerster Art, wuchsen in den Städten aller Kontinente aus dem Boden und erfüllten den Äther mit einem immerwährenden,
Träger abendländischer Tradition: Richard Strauss
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vielfältigen K o n z e r t . D e r R u n d f u n k , durch den Radius seiner Ausstrahlung u n d die Menge seiner H ö r e r über die finanziellen Krisen lokal gebundener Musikinstitute erhaben, w u r d e als reicher u n d weitwirkender A u f t r a g g e b e r eine Macht, die den Stil des Musizierens im Sinne einer Mechanisierung u n d technischen Vollendung ( „ P e r f e k t i o n " ) auf Kosten des lebendig-improvisatorischen Elementes bestimmte. D i e Technik machte nicht halt bei der Einwirkung auf die musikalische R e p r o d u k t i o n , sie griff an die W u r z e l n des Kompositions Vorgangs selbst. I n der elektronischen Musik, die sich um die J a h r h u n d e r t m i t t e zu einer selbständigen Disziplin entwickelte, w u r d e n auch Klangerfindung u n d musikalische O r d n u n g diktatorisch von der A p p a r a t u r des Tongenerators und des L a u t sprechers bestimmt, der Mensch als schöpferische Potenz w a r nur noch mit seinen rationalen, rechnerischen, nicht mehr mit seinen psychisch-emotionellen Fähigkeiten geduldet. TRÄGER ABENDLÄNDISCHER TRADITION: RICHARD STRAUSS An der Schwelle des zwanzigsten J a h r h u n d e r t s steht eine Generation großer Musiker, die durch Geburt, Ausbildung u n d T r a d i t i o n fest im neunzehnten J a h r h u n d e r t verwurzelt sind, die aber durch die D a u e r ihres Lebens, durch die T e n d e n z ihres Schaffens u n d durch die Summe ihrer Leistung in das zwanzigste J a h r h u n d e r t hineingewachsen sind. W i e m a n den im J a h r e 1770 geborenen Beethoven in seinen wesentlichen W e r k e n dem neunzehnten J a h r h u n d e r t zuzählen muß, so ist die G r u p p e der nach 1860 geborenen Komponisten, zu der die Deutschen Richard Strauss, Gustav Mahler, M a x Reger, H a n s Pfitzner, A r n o l d Schönberg, der Deutsch-Italiener Ferruccio Busoni, der Franzose Claude Debussy, der Russe Alexander Skrjabin gehören, nach Sinn und W i r k u n g ihres Schaffens dem zwanzigsten J a h r h u n d e r t verbunden, 2»
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Träger abendländischer T r a d i t i o n : Ridiard Strauss
dem sie den Grund zu allen weiteren Entwicklungen gelegt hat. Allen diesen Musikern eignet noch das Erbteil der romantischen, humanen Epoche, die geschlossene, ungebrochene Persönlichkeit, die ihren Werken, ganz abgesehen von ihrer Qualität, Größe gibt; jede N o t e von Strauss und Mahler, Pfitzner und Schönberg trägt den Stempel dieser Persönlichkeit, der sie unverwechselbar, bedeutungsvoll und individuell-charakteristisch macht. Zugleich aber treten sie alle im Lauf ihrer Entwicklung unter das Gesetz der neuen Epoche, ihrer Programme und Maximen, ihrer Probleme und Abstraktionen. Gerade das Werk dieser großen Zwischengeneration läßt erkennen, daß die Musik des neunzehnten Jahrhunderts und die des zwanzigsten Jahrhunderts trotz der Divergenz ihrer Theorien und Methoden nicht Gegensätze sind, sondern daß die neue Musik folgerecht und notwendig aus der älteren hervorgegangen ist. Eine Musikgeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts hat mit Richard Strauss zu beginnen, einer der stärksten Begabungen der deutschen Musik überhaupt, die durch die Stetigkeit ihrer Produktion der musikalischen Entwicklung bis gegen das Jahr 1950 H a l t und Rückgrat gab. Richard Strauss gilt, ähnlich wie Felix MendelssohnBartholdy, als einer der Glücklichen unter den bedeutenden Erscheinungen der Musikgeschichte, und er trägt diese Kennzeichnung mit noch größerem Recht als jener Ältere. Sein Lebensgang verlief ohne Krisen u n d Erschütterungen als eine Kette anfangs umstrittener, dann bedingungslos anerkannter Erfolge in gesicherten privaten Verhältnissen, seine ursprüngliche, unerschöpfliche Begabung trug ihn ungefährdet über alle Krisen der Zeit hinweg und eine f ü n f undachtzigjährige Lebensdauer erlaubte ihm, alle seine Pläne reifen zu lassen und zu verwirklichen. Seine Erscheinung entbehrt gänzlich der Tragik, seine Kunst verkörpert die hellen, starken Mächte des Lebens und verherrlicht sie mit einer Fülle strahlenden Wohlklangs, über die kein früherer Musiker, auch nicht Mozart, gebot. Als
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Gestalt von olympischer Ruhe und Heiterkeit steht er über den Stürmen u n d Parteikämpfen des Jahrhunderts, anfangs Revolutionär, dann Konservativer, der letzte, der die Weltgeltung der deutschen Musik nach Beethoven und Wagner bestätigt und erneuert hat. Richard Strauss wurde am 11. Juni 1864 in München geboren. Sein Vater Franz Strauss, dessen Vorfahren aus Böhmen stammten, war ein hervorragender Hornist und Kammermusiker in der Münchener Hofkapelle, seine Mutter, deren Ahnen oberpfälzische Stadtpfeifer gewesen waren, eine Tochter des Brauereibesitzers Pschorr. Die Begabung des Knaben wurde in dem bürgerlich behaglichen Vaterhause, in einer Umgebung von Musikern und Musikliebhabern f r ü h erkannt und gepflegt. Mit vier Jahren erhielt er Klavier-, mit sieben Violinunterricht, während seiner Gymnasiastenzeit wurde er in den musiktheoretischen Fächern bis zum Kontrapunkt gründlich ausgebildet. Schon mit sechs Jahren komponierte er Lieder und Klavierstücke, bald auch Orchestermusik. Seine Vorbilder waren die Wiener Klassiker, der Zugang zu Wagner wurde ihm von seinem konservativ gesinnten Vater verwehrt. 1881 führte H e r m a n n Levi im Akademiekonzert die erste Symphonie in d-Moll des siebzehnjährigen Primaners auf. 1884 folgte in N e w York die U r a u f f ü h r u n g seiner zweiten Symphonie in f-Moll; im gleichen Jahre dirigierte er in München seine Suite f ü r dreizehn Blasinstrumente, und damit beginnt seine Dirigentenlaufbahn, die ihn 1885 als Musikdirektor und Assistenten H a n s von Bülows nach Meiningen, 1886 auf drei Jahre als dritten Kapellmeister an die Münchener H o f o p e r führte. In Meiningen geriet er unter den Einfluß des dortigen Konzertmeisters Alexander Ritter, eines begeisterten Wagner-Anhängers, der dem Verehrer der Klassiker das Verständnis für die W e r k e Liszts und des Bayreuthers eröffnete und ihn in radikaler Umkehr seiner Gesinnung f ü r die Ziele der neudeutschen Schule, des „Fortschritts" und der vielbefehdeten „Zukunftsmusik" gewann.
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Damit hatte diese Begabung das weite Feld der unerfüllten Möglichkeiten gefunden, auf dem sie sich frei entfalten konnte. Durch Eindrücke einer Reise angeregt, entstand die symphonische Phantasie „Aus Italien" (1886), es folgten die symphonischen Dichtungen „Macbeth" (1887, umgearbeitet 1890), „Don J u a n " , dessen A u f f ü h r u n g in Weimar 1889 ihm den entscheidenden Erfolg brachte, „Tod u n d Verklärung" (1890). 1887 lernte Strauß die Sängerin Pauline de Ahna kennen, die Tochter eines bayrischen Generals, die 1894 seine Frau wurde. 1889 ging er auf Empfehlung H a n s von Bülows als leitender Hofkapellmeister nach Weimar; seine Tätigkeit, die vorbildliche Wagneraufführungen auf die Bühne stellte, wurde 1892 durch eine Lungenerkrankung und eine Erholungsreise nach Griechenland u n d Ä g y p t e n unterbrochen; der Gewinn der Reise war das Erlebnis der antiken mediterranen Kultur, das in seinem ganzen Schaffen nachwirkte. Die Weimarer Zeit endete 1894 mit der A u f führung von Strauss' erster Oper „Guntram", die noch der Wagnernachfolge angehörte und nur mäßigen Erfolg errang. Nachdem er in Bayreuth die erste „Tannhäuser"A u f f ü h r u n g dirigiert hatte, ging er im gleichen Jahre zum zweiten Male, nun in leitender Stellung, nach München. In seine Amtszeit, die bis 1898 dauerte, fallen hervorragende Mozart-Einstudierungen, die den Beginn der deutschen Mozart-Renaissance bildeten. Sein symphonisches Schaffen ging auf dem eingeschlagenen Wege weiter; es folgten „Till Eulenspiegel" (1895), „Also sprach Zarathustra" (1896), „Don Quixote" (1898). Ein neuer Lebensabschnitt begann 1898 mit der Verpflichtung als Preußischer Hofkapellmeister nach Berlin, das nun f ü r zwei Jahrzehnte Strauss' Wohnsitz und Wirkungsstätte wurde. Schon 1894 hatte er als Nachfolger H a n s von Bülows Konzerte des Berliner Philharmonischen Orchesters geleitet und damit in der Reichshauptstadt seinen Dirigentenruf begründet. Als Opernleiter wirkte er neben Karl Muck und dem einige Jahre später ein-
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tretenden Leo Blech; er wußte das Berliner Publikum f ü r seine Mozart-Aufführungen zu begeistern, verschaffte aber auch ungewöhnlichen Werken wie Meyerbeers „Robert der Teufel" Erfolg. Mit dem Berliner TonkünstlerOrchester setzte er sich im Neuen Königlichen Theater, der späteren Kroll-Oper, f ü r Liszt, Bruckner und zeitgenössische Komponisten wie Mahler, Pfitzner, Reznicek, Schillings, d ' I n d y und Debussy ein; 1908 übernahm er als Nachfolger Felix von Weingartners die Konzerte der Königlichen Kapelle im Opernhaus und wurde Preußischer Generalmusikdirektor. Auch als Dirigent war Richard Strauss von Anfang an eine faszinierende Erscheinung. Hochgewachsen, schlank und elastisch, erlaubte er sich in seiner Jugend ein ausschweifendes Übermaß von Bewegungen, das er immer mehr auf das äußerst N o t w e n dige reduzierte; in späterer Zeit genügten ihm der präzise Schlag seines rechten Handgelenks und der Blick seiner Augen, seinen Willen dem Orchester mitzuteilen. Seine Begabung f ü r alle Zweige der musikalischen Praxis und seine Objektivität befähigten ihn zu vorbildlicher Wiedergabe nicht nur eigener, sondern auch fremder Partituren. Auf Gastreisen erwarb er sich die Fähigkeit, aus fremden Orchestern ohne viele Proben das Höchste an Klang, Präzision und Begeisterung herauszuholen; der Dirigent Strauss war für die Orchestermusiker der ganzen Welt eine unantastbare Autorität. I n die erste Berliner Zeit fallen auch Strauss' Bemühungen um die wirtschaftliche Lage der schaffenden Musiker, die seinem praktischen Lebenssinn entsprachen; die Gründung der Genossenschaft deutscher Tonsetzer (1898) und der Anstalt f ü r musikalisches Aufführungsrecht geht zum großen Teil auf seine Initiative zurück. Während das symphonische Schaffen des Komponisten mit dem stark egozentrischen „Heldenleben" von 1898 und der 1904 in Chicago uraufgeführten, ähnlich ichbetonten „Sinfonia domestica" ausklang — als Nachzügler folgten nur noch die „Alpensymphonie" von 1915 und die
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„Japanische Festmusik", zur Feier des zweitausendsechshundertjährigen Bestehens des Kaiserreichs J a p a n 1942 aufgeführt —, setzte mit „Feuersnot", die 1901 in Dresden unter Ernst von Schuch ihre U r a u f f ü h r u n g erlebte, das dramatische Schaffen mächtig ein; die Strausspremieren, die meist in festlicher Form und mit internationaler Beteiligung des Publikums in Dresden stattfanden, wurden nun zu großen, spannungsvoll erwarteten Ereignissen des europäischen Operntheaters. Mit der Vertonung der Wildeschen „Salome"-Dichtung (1905) hatte der D r a m a tiker Strauss endgültig seinen Stil gefunden. Mit der „Elektra" von 1909 begann die Zusammenarbeit mit dem Dichter H u g o von Hofmannsthal, der dem Komponisten zwei Jahrzehnte lang als Anreger und gleichberechtigter Mitautor verbunden blieb. Die Früchte dieser Zusammenarbeit waren die Opern „Der Rosenkavalier" (Dresden 1911), „Ariadne auf Naxos" (erste Fassung Stuttgart 1912, zweite Wien 1916), „Die Frau ohne Schatten" (Wien 1919), „Die Ägyptische Helena" (Dresden 1928), und, nach Hofmannsthals T o d e 1933 in Dresden aufgeführt, „Arabella". Dazwischen liegen noch die Ballette „Josephslegende" ( H a n d l u n g v o n H o f m a n n s t h a l u n d H a r r y Graf Keßler, Paris 1913), „Schlagobers"^ (Wien 1921) und „Intermezzo", eine bürgerliche Komödie mit symphonischen Zwischenspielen, deren autobiographischen Text Strauss selbst geschrieben hatte (Dresden 1924). Im Jahre 1919, als die Revolution die Organisation der Kunstinstitute verändert hatte, übernahm Strauss für vier Jahre die Leitung der Wiener Staatsoper. D a n n zog er sich als Privatmann in sein Haus in Gartnisch zurück. Er war nun der alternde Meister, der sich mehr und mehr der fortschreitenden Zeit entfremdete und sich in seine eigene Welt zurückzog. W e n n er nicht als Dirigent seiner Werke auf Reisen war, lebte er ruhig in bürgerlicher Behaglichkeit u n d teilte seine Zeit zwischen der immer fortlaufenden Arbeit und der Erholung des Skatspiels, dem er mit stetiger Leidenschaft zugetan war. Seine Äußerun-
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gen und Handlungen in den letzten Jahrzehnten scheinen oft von erschreckender Gleichgültigkeit gegenüber den Forderungen der erregten Zeit zu zeugen, aber sie sind Äußerungen eines alten Mannes, der der Welt und ihren Sorgen entwachsen war und ihr mit höflicher Nichtachtung begegnete. Als 1933 der Nationalsozialismus in Deutschland zur Macht kam, übernahm Strauss vorübergehend das Präsidium der Reichsmusikkammer. Als Schaffender blieb er bis zuletzt kompromißlos ernst. Nach dem Tode Hugo von Hofmannsthals fand er neue Textdichter. Der Dichter Stefan Zweig bearbeitete ihm Ben Jonsons Lustspiel „Die schweigsame F r a u " ; die U r a u f f ü h rung f a n d 1935 in Dresden statt. In Zusammenarbeit mit dem Wiener Theaterhistoriker Joseph Gregor entstanden die Einakter „Friedenstag" und „Daphne", die 1938 in München und Dresden aufgeführt wurden, und die als „heitere Mythologie" bezeichnete Oper „Die Liebe der Danae", die 1944 in Salzburg bis zur Generalprobe einstudiert, aber erst 1952 nach dem T o d e des Komponisten dort öffentlich aufgeführt wurde. Seine letzte Oper „Capriccio", ein Konversationsstück mit Musik, zu dem sein Freund, der Dirigent Clemens Krauß, den Text geschrieben hatte, erklang 1942 in seiner Heimatstadt München. D a mit erklärte Strauss selbst sein Lebenswerk für beendet; es folgten nur noch kleinere instrumentale Gelegenheitswerke. Die N o t der Jahre nach dem zweiten Weltkrieg überstand er, nun ein Achtziger, in der Schweiz. Noch einmal dirigierte er in London, ein letztes Mal am Vorabend seines fünfundachtigsten Geburtstages in München während der Generalprobe den dritten Akt des „Rosenkavalier". Ein J a h r vorher hatte er seine Frau, die Gefährtin seines langen Lebens, verloren; er starb am 8. September 1949 in Garmisch und wurde in München bestattet. Das Schaffen von Richard Strauss erstreckt sich vor allem auf die drei Gebiete Symphonik, Lied und musikalisches Drama. In der Kammermusik hat er sich vor allem
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in seiner Jugend versucht; die „Suite für dreizehn Blasinstrumente" Opus 4 aus dem Jahre 1884, das Klavierquartett Opus 13 (1884), die Violinsonate Opus 18 (1887) sind hier die wichtigsten Ergebnisse. Das Instrumentalkonzert verdankt ihm einige lebensfähige Beiträge: das für den Vater geschriebene Waldhornkonzert Opus 11 (1882/83) und die von Eugen d'Albert uraufgeführte „Burleske für Klavier und Orchester" von 1885. Die Reihe wird durch Alterswerke ergänzt, zu denen ein zweites Waldhornkonzert, ein Konzert für Oboe und kleines Orchester, ein Duettconcertino für Klarinette und Fagott mit Streichorchester und H a r f e (1947) gehören; auch die späten „Metamorphosen f ü r dreiundzwanzig Solostreicher" sind hierhin zu zählen. Von den Chorwerken hat das orchesterbegleitete „Wanderers Sturmlied" Opus 14 (1884) einen Erfolg gehabt, den die 1897 geschriebenen „Zwei Gesänge für sechszehnstimmigen gemischten Chor a cappella" („Der Abend" von Schiller und „Hymne" von Rückert) Opus 34 wegen ihrer Schwierigkeit nicht erringen konnten. „Taillefer" Opus 52 (1903) und „Bardengesang" Opus 55 (1905), beide für größte Chor- und Orchesterbegleitung gedacht, „Deutsche Motette" Opus 62 (1913) für vier Solostimmen und sechzehnstimmigen acappella-Chor, endlich „An den Baum Daphne" für neunstimmigen Knaben- und Doppelchor, eine Ergänzung zur Daphne-Oper Opus 82, sind die übrigen Titel. Die für den werdenden Dramatiker reizvolle Zwischenform des Melodrams hat er mit dem einst viel rezitierten Tennysonschen „Enoch Arden" Opus 38 (1897) und dem Uhlandschen „Schloß am Meer" (1899) gepflegt. Das alles sind Gelegenheitsarbeiten und Versuche, die an Bedeutung hinter den Werken jener drei Hauptgebiete zurückstehen. Unter diesen wiederum gehören die symphonischen Schöpfungen zum größeren Teile dem neunzehnten, die dramatischen dem zwanzigsten Jahrhundert an; das Lied, das den Komponisten gegen die Jahrhundertwende am stärksten beschäftigte, darf als die Brücke gelten, auf der
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er vom instrumentalen zum vokalen Ausdruck gelangte. Die Symphonik des dritten Lebensjahrzehnts hat den musikalischen Stil des Strauss'schen Gesamtwerks vorgebildet; sie hat die musikgeschichtliche Gestalt und Bedeutung des Komponisten festgelegt. Der junge Richard Strauss, der mit Werken von aufsehenerregender Neuheit, von anspruchsvoller, alles Frühere überbietender H ä u f u n g der Klangmittel in die stagnierende nachwagnerische Spätromantik hineinfuhr, wirkte als Revolutionär von geradezu frecher Bedenkenlosigkeit, und wirklich hat der Fortschrittselan seiner Frühwerke viel zum Anlaufen der stürmischen Entwicklung beigetragen, die die Musik in den folgenden Jahrzehnten durchmachte. Im großen musikgeschichtlichen Zusammenhang setzt Strauss das Schaffen der Hochromantiker Berlioz, Liszt und Wagner fort, deren Glauben er sich nach seiner Bekehrung rückhaltlos verschrieben hatte. Die Mittel, die sie ausgebildet hatten, Klangfarbe, vitale, zur Chromatik hindrängende H a r monik, schlagkräftige, scharf charakterisierende Thematik und Melodik, freie, von einer poetischen Idee bestimmte Form, sind auch die seinen. Die Kunst der Instrumentation, der ohrenfälligste Teil seines Stiles, f a n d zuerst Anerkennung. D a ß er die klassische Instrumentationslehre des Hector Berlioz ergänzte und modernisierte, bezeichnet die Linie, die er fortsetzt. Die Klangfarbe ist auch ihm ein Grundstoff der Komposition. Er trägt sie dicker, leuchtender auf als seine Vorgänger. Er differenziert die alten Grundfarben der Streich-, Blas- und Schlaginstrumente, findet neue Mischungen, neue Möglichkeiten der Steigerung und Potenzierung; bald nähert er sich dem rohen Geräusch, bald fängt er Stimmungen, Düfte, Lichteindrücke im Klang ein, bald klärt er ihn zu ätherischer, reiner Schönheit. Er gewinnt den Orchesterinstrumenten da« Äußerste ab, aber nichts, was ihrer N a t u r zuwiderläuft; darin beruht der Wohlklang seiner Partituren. Sein schwelgerisches Klanggefühl fordert stärkste Besetzung
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des Orchesters; die sinnliche Fülle des Geigenklangs, der schwungvolle Gesang der hohen Hörner, die charakteristischen Soli der Holzblasinstrumente, die glänzenden Akkorde der Trompeten und Posaunen: das alles ist so ursprünglich und wesentlich wie Harmonie und Melodie. In der H a r m o n i k geht der Fortschrittswille des jungen Strauss am weitesten. Der Tonartbegriff ist aufs äußerste gedehnt und erlaubt die Verbindung der entferntesten Akkorde. Die Zusammenklänge selbst werden durch Chromatik gespannt und verschleiert; o f t gewinnt ein frappierender, schwer bestimmbarer Klang, wie im „ Eulenspiegel" und später in der „Salome", leitmotivische Bedeutung. Das Klanggefühl des Impressionismus, das den Einzelklang aus dem funktionalen Zusammenklang löst und verselbständigt, spielt in diese gärende Musik hinein. Zuweilen wird die T o n a r t vollends aufgehoben, die Klänge fluten über die D ä m m e des tonalen Systems in die Freiheit. Aber solche Wagnisse, so kühn sie sind und so sehr sie die Entrüstung der Zeitgenossen erregten, sind doch nur vorübergehende Ausbrüche, die den Charakter des Mutwillens tragen und denen die Rückkehr in den umfriedeten Bezirk der T o n a r t folgt; der Dreiklang, der an den Satzschlüssen in seiner schlichten Harmonie bestätigt wird, bleibt das Grundelement der kompliziertesten Strauss'schen Partituren. So fortschrittlich Strauss als H a r moniker ist, so konservativ ist er als Melodiker. Seine Themen wahren die klassische Melodieform, die Grazie Mozarts, die Sangbarkeit Schuberts scheinen in ihnen weiterzuleben. Sie erschließen dem Hörer den Zugang und begründen die Volkstümlichkeit der Strauss'schen Musik; die frechen Motive des „Eulenspiegel", die schwungvollen Melodien des „Don J u a n " sind allbekannte Formeln wie die Themen der berühmtesten klassischen Symphonien. Aber die sinnfällige Einfachheit der Themen steht im Widerspruch zur harmonisdien Komplizierung, und diese Spannung ist die Problematik der Strauss'schen Musik und die Ursache der Umkehr zur Tradition, die
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gerade mit dem melodienreichen „Rosenkavalier" sich vollzog. Auch die Form der „Symphonischen Dichtung" übernahm Strauss von Berlioz und Liszt und erfüllte ihren Sinn mit äußerster Konsequenz. Seine Musik ist Programmusik reinster Art, sie hat immer malende, schildernde Funktion, sie kann nicht existieren ohne die Beziehung auf einen dargestellten Gegenstand; sie begnügt sich nicht mehr, Seelenzustände auszudrücken, Persönlichkeiten zu charakterisieren, sie beschränkt sich nicht auf Themen wie „Festklänge" und „Tasso"; sie spiegelt die Erscheinungen der Realität mit früher unerhörter Treue und Deutlichkeit. Strauss erzählt in seinen Symphonien Historien wie die Schelmenstreiche Eulenspiegels und die Abenteuer Don Ouixotes, er malt Landschaften wie die Gipfelwelt der Alpensymphonie und zeichnet enge, kribbelnd belebte Interieurs wie die Kinderstube der „Sinfonía domestica"; der Berührungspunkt von Musik und Welt liegt nicht mehr im inneren Sein, sondern in der äußeren Erscheinung. Hierauf vor allem beruht der Gegensatz, in dem der junge Strauss zur Romantik steht, und der von den Zeitgenossen des Jahrhundertendes als Aufstand gegen die Tradition empfunden wurde. Richard Strauss ist lebensgläubiger Realist; seine Uberzeugung spricht nicht nur aus jedem Tone seiner Musik, sie bestimmt auch die W a h l der Stoffe und der geistigen Anreger. W i e f ü r Wagners Werk die Philosophie Schopenhauers, des romantischen Pessimisten, den geistigen Raum geschaffen hat, wie die Tristan-Nacht dem buddhistischen N i r w a n a benachbart ist, so gibt dem Strauss'schen Schaffen die Lebensbejahung Nietzsches Richtung und Auftrieb, und die Lehre des aus antiker Sonnenreligion wiedererweckten Zarathustra ist ihr ausgesprochenes oder unausgesprochenes Programm; wobei noch zu berücksichtigen ist, daß diese Bejahung, die bei Nietzsche selbst tragische Reaktion eines Kranken war, bei Strauss aus dem gesunden Kraftgefühl einer großen N a t u r und Begabung kommt. Audi in diesem Betracht
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ist Strauss der kühne Vorreiter eines neuen, lebensgläubigen Jahrhunderts; er hat den dunklen Traumwelten der Romantik den Rücken gekehrt, er hat der hellen, sonnigen Schönheit des Lebens, der Melodie des Glückes und der Heiterkeit des Tanzes wieder Raum und Rolle in der Musik gegeben. Die Reihe der Symphonischen Dichtungen beginnt 1886 mit der viersätzigen Phantasie „Aus Italien" (Opus 16). Sie verarbeitet Eindrücke aus der Campagna, den Ruinen Roms, vom Strande von Sorrent und aus dem neapolitanischen Volksleben; in drei Sätzen eine dem Impressionismus nahestehende Naturschilderung, wird sie im Schlußsatz, einer aus dem Lied „Funiculi, Funicula" entwickelten Tarantella, zum orchestralen Effektstück. „Macbeth" Opus 23, 1888 nach dem Erlebnis einer Meininger Shakespeare-Aufführung komponiert, 1889 umgearbeitet und 1890 in Weimar uraufgeführt, beschränkt sich zum ersten Male auf die einsätzige Form; düster im Kolorit, prägnant und treffend in der thematischen Charakteristik des Helden und seiner dämonisch-ehrgeizigen Gefährtin, kündigt das Werk den späteren Dramatiker an. Den ersten nachhaltigen Erfolg errang 1889 „Don J u a n " Opus 20. Strauss hat die Gestalt des Verführers und Genies der Sinne ohne Beziehung auf Mozart nach der Dichtung Lenaus beschworen; sein Don Juan ist die Verkörperung überschäumender Lebensbejahung, die sich im Genuß verschwendet und am Ende in sich zusammenbricht, weil die Lebenskraft verzehrt ist. Mit diesem Werke hat der junge Komponist sich selbst gefunden; die freie Sonatenform ist zwingend u n d geschlossen, die Thematik persönlich und schlagkräftig; das schwungvolle Hornthema, das den Helden in seiner triumphierenden Männlichkeit bezeichnet, ist eine der großen populären Eingebungen der neueren Musik. Dem ritterlich-stürmischen Anfangssatz werden die lyrische Liebesszene als Seitenthema und jenes H o r n m o t i v als zweites H a u p t t h e m a gegenübergestellt, Durchführung und Reprise verarbeiten die Themen und
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führen die Entwicklung zum H ö h e p u n k t ; der Absturz ist ein stockendes Verklingen in fahlem, dämmerndem e-Moll. Als Gegenstück, ähnlich geschlossen in der Form, folgte 1889 „Tod u n d Verklärung" Opus 24, ein ins Transzendente greifender Vorwurf, den Strauss dennoch mit einer Fülle von Sinnenschönheit ausstattet. Ein Sterbender sieht in seiner Todesstunde sein Leben von der Kindheit bis zum Mannesalter in tönenden Traumbildern vorüberziehen; der T o d ist realistisch durch dröhnende T a m t a m schläge dargestellt, aus dunkler Tiefe steigt das Thema der Verklärung, durch einen überschwänglichen O k t a v sprung der Durterz charakterisiert, zur höchsten Lage der Violinen empor und verklingt mit schwebenden Vorhaltsauflösungen in reinem, hellen C - D u r . Fünf Jahre später, 1895, folgte ein Werk, das eine neue symphonische Gruppe des Strauss'schen Schaffens einleitet; waren die bisherigen Tondichtungen Produkte jugendlich naiver Schöpferkraft, so stehen die folgenden auf einer höheren Stufe der Bewußtheit, sind Programm und Bekenntnis. „Till Eulenspiegels lustige Streiche" Opus 28 tragen die Überschrift: „Nach alter Schelmenweise in Rondoform f ü r großes Orchester gesetzt." Nicht ohne Grund ist das Schelmenrondo des Komponisten volkstümlichstes Werk geworden. Nicht nur, daß Strauss nun seine technische und stilistische Meisterschaft gefunden hat, daß er seinen Orchestersatz aufs äußerste kompliziert und zugleich zu sprühender Leichtigkeit verfeinert hat. Er hat auch seinen Helden gefunden, den tragischen Narren, der Welt und Menschen aus vollem Herzen verlacht und am Ende doch, von der Welt gerichtet, zugrunde geht. Mit reichem A u f w a n d an übermütigen, besinnlichen und gassenhauerisch frechen Themen und an geistvoller Kontrapunktik werden Tills Streiche tonmalerisch-anschaulich erzählt, Hochgericht und Tod, vom Rasseln der Trommeln bis zum Röcheln des Gehenkten mit gleicher Realistik dargestellt, sind das Ende. Mit der Tondichtung „Also sprach Zarathustra" Opus 30, die 1896 entstand, hat
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Strauss sein philosophisches Glaubensbekenntnis direkt und unmißverständlich gegeben: wie Nietzsches lyrischspekulatives Manifest ist Straussens Symphonie ein dithyrambischer Ausbruch von berauschender Gewalt. Gleichsam in einzelnen Kapiteln wird ein musikalisches Lehrbuch der fröhlichen Wissenschaft der Lebensbejahung gegeben; der Verzückung des Jenseitsglaubens werden Weltsehnsucht, Freuden und Leidenschaften gegenübergestellt, das Tanzlied verkündet die leichtfüßige Weisheit Zarathustras in orgiastisch gesteigertem Dreivierteltakt, mit dem Nachtwandlerlied klingt das Werk geheimnisvoll aus. Während Violinen und Holzbläser in ätherischer H ö h e den H - D u r Dreiklang erklingen lassen, halten die Kontrabässe in der Tiefe das C der Anfangstonart fest; der harmonische Zwiespalt, der das Werk durchzieht, bleibt ungelöst als bitonale Spannung bestehen, zum ersten Male verzichtet Strauss auf den Sieg und die abschließende Bestätigung der Tonalität. „Don Quixote" Opus 35, 1897 komponiert, darf als Satyrspiel zur Zarathustra-Dichtung verstanden werden: es ist das Zerrbild des Phantasten, des romantischen Träumers, das wiederum ein gutes Teil Zeitkritik und auch Selbstbekenntnis enthält. Musikalisch ist gerade dieses Werk von äußerster Feinheit. Strauss erzählt die Abenteuer des irrenden Ritters, wie sie der Roman des Cervantes aufzeichnet, in einer Reihe tonmalender Variationen über ein zweiteiliges Thema, das mit einem krausen Solo des Violoncellos den Helden Don Quixote und mit einer banal-behäbigen Kombination von Bratsche, Baßklarinette und Tenortuba den Diener Sancho Pansa charakterisiert. Das Kreisen der W i n d mühlenflügel, das Blöken der Hammelherde sind so drastisch anschaulich geschildert wie Luftritt, K a h n f a h r t und Kampf, und dennoch ist das Ganze auch ohne Kenntnis des Programms als absolute Musik, als Konzertstück mit den Soloinstrumenten Bratsche und Violoncello zu hören, so wie es die Überschrift „Phantastische Variationen über ein Thema ritterlichen Charakters" verlangt.
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Am Ende der symphonischen Periode stehen zwei Werke, die gänzlich Selbstbekenntnis und Autobiographie, zugleich aber auch Musik von klassisch-objektiver Geltung sind. „Ein Heldenleben" Opus 40, 1899 uraufgeführt, ist ein Selbstporträt in großer symphonischer Form, Schöpfung eines goethehaft naiven Ichgefühls, das aber nicht Ubersteigerung, sondern Ausdruck einer großen und starken N a t u r ist. Der Held, dessen Leben erzählt wird, ist Richard Strauss selbst. Seine Werke werden thematisch zitiert, seine K ä m p f e mit den Gegnern werden zu lärmender Schlachtmusik, seine Lebensgefährtin wird in einem kapriziösen Violinsolo realistisch porträtiert, aber trotz aller privaten, anekdotischen Einzelheiten hat das Werk große symphonische Form, und die Beziehung auf die Es-Dur-Tonart von Beethovens Eroica wirkt nicht als Anmaßung. Auf das Kolossalgemälde folgt 1903 mit der Sinfonia domestica Opus 53 das Idyll, freilich ein Idyll von dreiviertelstündiger Dauer, von einem Riesenorchester vorgetragen. Das Leben der Kinderstube, die eheliche Liebesszene werden in naturalistischer Detailmalerei illustriert, der häusliche Zank entlädt sich in eine virtuos gesetzte Orchesterfuge, in der die Streitenden sich hartnäckig in die Dialektik kontrapunktischer Künste verrennen; bei aller lärmenden Komik überzeugt gerade dieses W e r k durch Erfindung, Satzkunst und echtes Gefühl und ist den stärksten Würfen des Strauss'schen Schaffens zuzuzählen. Die Sinfonia domestica steht mit der Werkzahl 53 unmittelbar vor der „Salome" 1903—1905, dem Opus 54, mit dem sich das schöpferische Interesse des Komponisten endgültig auf das Gebiet des Musikdramas verlagerte. Als Nachtrag zum symphonischen Schaffen erschien nur noch 1915 „Eine Alpensymphonie" Opus 64, ein musikalischer Bilderbogen, der einen T a g im Gebirge mit Sonnenaufgang, Bergaufstieg, Gipfelgefühl, Gewittersturm und Abendfrieden schildert u n d sowohl als Extrem an gegenständlicher Tonmalerei wie als Dokument des Strauss'schen N a t u r - und Heimatgefühls bedeutsam ist. Das „Festliche 3 M u s i k d . 20. J h d t .
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Präludium für großes Orchester und Orgel" Opus 61, 1913 zur Einweihung des Wiener Konzerthauses geschrieben, und die „Japanische Festmusik" Opus 84 sind Gelegenheitsarbeiten, denen die sichere Technik des Meisters Strauss Umriß und Qualität gibt. Das Strauss'sche Liedschaffen, das über zweihundert Stücke umfaßt, ist in der Entwicklung des Komponisten gleichsam das Experimentierfeld, auf dem der ursprünglich instrumental empfindende Musiker die Möglichkeiten des vokalen Ausdrucks in kleiner Form erprobte; nicht ohne Grund fällt der bedeutsame Teil in die Jahre vor 1900, die die Reife des Musikdramatikers vorbereiteten. Aber das Strauss'sche Lied hat nicht nur entwicklungsgeschichtliche, sondern auch absolute künstlerische Bedeutung. Die Lieder der Frühzeit fassen die Lebensstimmung der Jahrhundertwende in eine endgültige, gerundete Form, sie sind mit ihrem oft schwelgerischen Wohlklang echte Dokumente der bürgerlichen Vorkriegsepoche, sie fangen selbst die Unzulänglichkeiten, die -leicht vergilbte Poesie der Zeit mit ein und bewahren sie mit den Mitteln objektivierender Kunst. Sie prägen den Typus des Konzertliedes, der sich schon bei Hugo Wolf ankündigte, voll aus. Die Strauss'schen Lieder sind nicht mehr im Hause, im Liebhaberkreise vorzutragen, sie verlangen, sollen sie ihre ganze Wirkung entfalten, das Konzertpodium, den Stimmglanz des virtuosen Sängers und das applaudierende Publikum; sie sind Arien über lyrisch-poetische Themen, mögen sie in breiten Kantilenen ausschwingen oder in der Intimität von Genrebildchen verharren. Die Texte, die Strauss vertont hat, stammen zum Teil aus der großen Dichtung der Vergangenheit, zum Teil sind sie der Zeitdichtung entnommen, wobei Wertvolles von Dehmel, Liliencron und Morgenstern neben Vergänglichem der Tagespoeten steht; immer aber bestimmt der musikalische Einfall Wert und Charakter des Ganzen. Schon das 1883 vollendete Opus 10, „Letzte Blätter" nach Gilm, enthält volkstümliche Melodien wie „Zueignung" und „Aller-
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seelen", Opus 15 (1885) das „Geheimnis", Opus 17 (1885/86) „das Ständchen", Opus 21 (1887/88), „Schlichte Weisen" nach Dahn das beliebte „Du meines H e r zens Krönelein"; die vier Stücke des Opus 27 (1894), „Ruhe meine Seele", „Cäcilie", „Heimliche Aufforderung", „Morgen" zählen zu den populärsten Straussliedern, aus Opus 29 (1894/95) ist der „Traum durch die Dämmerung" allbekannt; es folgen die W e r k zahlen 31, 32, 36, 37, 41, 43, 48, 49 (1890—1901), aus denen die von sozialem Pathos erfüllten Gesänge nach Dehmel u n d Henckell hervorragen. Die Lieder des „Krämerspiegels" Opus 66 (1921) nach Texten des Berliner Kritikers Alfred Kerr sind ein polemisches Pamphlet gegen einen Verleger. Mit den Werkzahlen 68 (Koloraturlieder nach Brentano) und 69 beginnt 1919 eine neue, romantische Liedzeit, die sich in Opus 77 fortsetzt. Aus der Spätzeit stammen Lieder nach Rückert, Goethe und Weinheber. Einen Teil der Lieder hat Strauss, ihrem ariosen Charakter entsprechend, f ü r großes Orchester instrumentiert. Andere sind ursprünglich für Singstimme und Orchester gesetzt; es sind die Gesänge Opus 33 (1897), 44 (1899), 51 (1900), 71 (1920) (die bedeutenden drei H y m n e n nach Hölderlin), aus der Spätzeit der Eichendorff-Zyklus „Im Abendrot" und drei Gesänge nach H e r m a n n Hesse, 1948 von dem Vierundachtzigährigen komponiert. Das dramatische Werk u m f a ß t f ü n f z e h n Opern und drei Tanzspiele. In einem genau fünfzigjährigen Zeitraum zwischen 1892 und 1942 entstanden, gehört es mit allen wesentlichen Leistungen dem zwanzigsten Jahrhundert an. Natürlich und folgerecht aus dem Schaffen des Symphonikers und des Liedkomponisten Strauss herangewachsen, bildet es die Zusammenfassung seiner Möglichkeiten und wird zur Essenz seines Lebenswerkes. Als dramatischer Komponist hat Richard Strauss, ähnlich wie Mozart, seine geschichtlich wichtigsten Leistungen vollbracht; und es ist beachtlich, daß er, der als Musiker sich 3»
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mehr und mehr zum Konservatismus rein tonalen Wohlklanges bekehrte, als Dramatiker der Zeit verbunden blieb und einen Operntypus ausbildete, der zu den charakteristischen theatralischen Schöpfungen des zwanzigsten Jahrhunderts gehört. Zwei Frühwerke haben nur entwicklungsgeschichtliche Bedeutung. „Guntram", 1904 in Weimar aufgeführt, ein jugendlich-subjektives Bekenntnis, sucht Wagners Erlösungspathos mit Nietzsches Persönlichkeitsmoral zu verbinden. Der Text, vom Komponisten verfaßt, verlegt den Konflikt von dienender Nächstenliebe und egoistischer Selbstbehauptung in die mittelalterliche Welt der Ritter und Minnesänger, die Musik steht noch unter dem Einfluß Wagners, der Orchesterklang läßt die Singstimmen nicht zur Entfaltung kommen und verschleiert die dramatische Charakteristik. In der einaktigen „Feuersnot" von 1901, deren Textbuch der Kabarettist Ernst von Wolzogen nach einer alten niederländischen Erzählung schrieb, enthüllt sich die andere, drastisch-komische Seite der Strauss'schen Begabung. Die Geschichte von dem spröden Mädchen, das seinen Liebhaber narrt und d a f ü r derb bestraft wird, wird zu einem fröhlichen, mit Zeitkritik und Kunstpolemik durchsetzten Hymnus der Lebensfreude, in Liedern und Chören setzt sich die sangbare Melodie durch, der Walzer spielt seine Rolle, der Feuer- und Liebeszauber der Sonnenwendnacht gibt der Musik leuchtendes Kolorit. Mit der „Salome" von 1905 ist unversehens die Meisterschaft erreicht. Schon in der W a h l des Stoffes und seiner dichterischen Bearbeitung zeigt sich die Instinktsicherheit des Dramatikers, der seine Form gefunden hat. Die Geschichte von Salome, der Prinzessin von Judäa, die vor ihrem Vater tanzte und als Belohnung das H a u p t des gefangenen Johannes des Täufers forderte und erhielt, ist in den Evangelien des Matthäus und des Markus überliefert und von Dichtern und Malern o f t wiedererzählt worden. Während im biblisdien Bericht Salome auf Anstiften ihrer Mutter Herodias handelte, hat der Stoff in
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der 1892 in französischer Sprache erschienenen, durch eine Herodias-Novelle Flauberts angeregten Bearbeitung des englischen Dichters Oscar Wilde eine Wandlung erfahren, die ihm dramatisches Leben gab: Salome fordert aus eigenem Antrieb das H a u p t Jochanaans, der ihre Liebe zurückgewiesen hat, und wird damit zur alleinigen, tragisch schuldigen Hauptfigur. Richard Strauss lernte das Drama Wildes auf der Schauspielbühne kennen. Nach einem fehlgeschlagenen Versuch, das Stück in herkömmlichem Sinne als Opernlibretto herrichten zu lassen, entschloß er sich, das Original in der deutschen Prosaübersetzung Hedwig Lachmanns mit geringen Auslassungen durchzukomponieren und nahm so das W o r t und die Atmosphäre der Dichtung in ihrer ganzen Ursprünglichkeit in das Musikdrama hinein. Wildes Einakter, schillernd von feinen Lichtern der Sprache und der Stimmung, angefüllt mit erlesenen und abseitigen Reizen und Lüsten der Phantasie, war ein lockendes, aufrührendes Schauspiel f ü r eine Zeit, die die Frau als Rätsel, als Schicksal, als D ä m o n in der Dichtung und auf dem Theater feierte. Mit der zugleich legendären und modernen Frauengestalt der Salome gab Strauss der Opernbühne ein Zeitstück, eine Figur, die jedem dem Kitzel des dernier cri nachjagenden Snob genügen konnte. Die Mischung von biblischer W ü r d e und literarischer Salonschönheit, von entfesselnder N a t u r k r a f t , wie sie der Jugendstil propagierte, und morbider Überfeinerung, wie sie sich etwa in den Zeichnungen Aubrey Beardsleys verkörperte, alles das, was die Zeit als ästhetische Paradoxie, als künstlerische Perversität empfand, machte die erste, aktuelle Wirkung des Werkes aus. Aber diese Wirkung des Zeitstückes „Salome" wäre bald verflogen, wenn Strauss nicht noch etwas ganz anderes komponiert hätte: einen zeitlos bedeutenden Stoff der Menschheitsgeschichte, die Begegnung von Heidentum und sich ankündigendem Christentum, von Eros und Geist, Lust und Askese im Augenblick der Zeitenwende. Strauss mußte tiefer greifen als der Dichter Wilde, weil er Musiker war,
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weil die Musik durch den Klang ihrer Thematik, durch die Gewalt ihrer lyrischen Antithesen, durch ihre ununterdrückbare mythische und religiöse Ausdruckskraft den alten, ursprünglichen Sinn des Stoffes evident machte. D a mit trat dieser Stoff aus der modischen, zeitbedingten Sphäre des Sensationellen heraus. Die musikalische Salome war Verkörperung des antik-orientalischen Eros, kindlich unbefangen und tragisch gebunden, Gegenspielerin Jochanaans, des Propheten der neuen Geistesreligion, der mit dem O p f e r seines Hauptes seine Lehre bestätigt. Die Partitur des kaum eindreiviertelstündigen, ohne Pause und szenische Verwandlung ablaufenden Werkes enthält eine konzentrierte Überfülle von Musik, die alle produktiven Elemente der Zeit, impressionistischen Klangzauber, expressionistische Aussagekraft, chromatisch fließende Harmonik, Ganztonskala und Bitonalität in sich f a ß t und zu zwingend persönlichem Stil verschmilzt. Im Gegensatz zu Wagner auf äußerste Knappheit bedacht, verzichtet Strauss auf eine Ouvertüre. Mit dem Klarinettenlauf von Salomes cis-moll-Thema teilt sich der Vorhang. Die Einleitungsszene auf der nächtlichen, mondbeschienenen Terrasse vor dem Palast des Tetrarchen ist wie ein tönendes Bühnenbild von faszinierender Stimmungskraft. Weiche, gleitende und glitzernde Harmonien begleiten die Schwärmerei des jungen, in Salome verliebten Hauptmanns Narraboth, der Streit der Pharisäer, das Gespräch der römischen Wachsoldaten werden übertönt von der Stimme des Propheten Jochanaan, die, getragen von ernsten, sakralen Akkorden, aus der Zisterne herauftönt. Salomes Werbung um Jochanaan ist ein dreiteiliger symphonisch-arioser Satz, der sich an Farbenglut und Leidenschaft stetig steigert; der Fluch, mit dem der Prophet antwortet, mündet in ein wild-düsteres Orchesterzwischenspiel in der H a u p t t o n a r t cis-Moll, das das Aufkeimen des Rachegedankens versinnbildlicht. Herodes, dessen A u f t r i t t den zweiten Abschnitt der Oper eröffnet, ist eine Charakterfigur, wie sie die Musik nur in diesem
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Stadium der höchsten Differenzierung ihrer Mittel zeichnen konnte: herrisch und feige, gläubig und skeptisch, lüstern, jäh und zerfahren. In Salomes Tanz, der zwischen den Tonartbezirken a-Moll und cis-Moll steht, drängen sich orientalisches Kolorit, harter peitschender Rhythmus und geschmeidige, sinnenheiße Melodik zu einem schillernden Tonbild zusammen. Die Schlußszene gehört Salome, die das abgeschlagene Haupt des Täufers küßt: eine Musik von strahlender Schönheit, die das Abstoßende der Situation vergessen macht, gewoben aus der ganzen reichen Themenfülle des Werkes, koloriert mit zarten und leuchtkräftigen Harmonien, die sich ablösen und bitonal überlagern, gebunden durch die emphatisch geschwungene Melodielinie der Singstimme, die die verborgene Musik der Dichtung wundervoll realisiert. Das lösende Cis-Dur der Schlußworte „Ich habe deinen Mund geküßt, Jochanaan" ist ein ekstatischer Triumphgesang des Eros, die brutalen c-moll-Schläge, die Salomes Tod begleiten, sind nur ein kurzer naturalistischer Anhang. „Elektra", das Schwesterwerk, folgte 1909. Wieder ist die Tragödie in einen einzigen Akt zusammengedrängt. Der Stoff entstammt dem Sagenkreis des frühen, vorklassischen Griechentums, dessen Bedeutung als Reservat dionysisch-orphischer Kräfte Friedrich Nietzsche neu erkannt hatte. Strauss komponierte nicht die Soohokleische Fassung der Atridentragödie, sondern eine freie, chorlose Nachdichtung Hugo von Hofmannsthals, die der düsteren antiken Größe des Stoffes ein Element moderner psychologischer Bewußtheit hinzufügt, und der Zusammenklang des atavistisch Dunklen und Wilden mit den feineren und leiseren Schwingungen des modernen Lebensgefühls ergibt den Grundton des Werkes, das die großartigste Leistung des Komponisten auf dem Gebiet der Tragödie und in der Entwicklungsgeschichte des musikalischen Dramas der zweite Höhepunkt nach Richard Wagners „Tristan" ist. Verachtet und verkommen fristet Elektra ihr Leben im Königspalast zu Mykene und wartet
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auf den Rächer, der den Tod Agamemnons an dem Mörderpaar, ihrer Mutter Klytämnestra und dem Thronräuber Ägisth, sühnen soll. Als Orest kommt, ist der Sinn ihres Lebens erfüllt; während er die Tat, den Muttermord begeht, bricht sie im Rausch wilden Triumphes tot zusammen. Die Musik zu dieser blutigen Tragödie ist, im Gegensatz zur „Salome", durchgehend in düsteren Farben gehalten. Wieder ist die Anfangsszene ein Meisterstück: ein Gespräch von Mägden läßt in erschreckender Häufung greller Dissonanzen die Stimmung der Angst und des Grauens aufklingen, die das ganze Werk beherrscht. Die kurze Szene ist der Kulminationspunkt der Entwicklung, die Strauss als Harmoniker durchgemacht hat. Niemals ist er wieder so weit in das Neuland der Atonalität vorgestoßen, niemals hat er wieder so ungeheuere Spannungen in einen harmonischen Ablauf zu zwingen gewagt, und der geradezu dämonische Antrieb ins Unbetretene, Ungebundene und Exzentrische, den er damit der Musik seiner Zeit gegeben hat, darf niemals unterschätzt werden. Auch die Szene Elektras, die feierliche Anrufung Agamemnons, hat noch diese Erregtheit, diese Konzentration extremer Mittel, ist vollkommener, musikalischer Expressionismus. Mit dem Auftritt der Chrysothemis, Elektras sanfter Schwester, kommt ein lyrisch schlichter Zug in die Musik. Klytämnestra, die lasterhafte Königin, ist mit den feinsten Künsten instrumentaler Tonmalerei gezeichnet, ein monumentales Bild der Verderbnis, gleißend und morbid. Die Ankunft Orests, das Erkennen der Geschwister sind Szenen von wahrhaft antiker Größe; der geheimnisvolle Vergangenheitsklang der Musik ruft die versunkene Welt Mykenes herauf, Elektras Jubelruf „Orest" führt zu einer Entladung symphonischer Energie, die über die Ekstasen des „Tristan" noch hinausgeht. Der mänadische Todestanz Elektras in stampfendem, von donnerndem Schlagzeug gepeitschtem Sechsvierteltakt gibt dem Werk eine gewaltige Schlußsteigerung. In der Echtheit von Stoff und dichterisch-musikalischer Verarbeitung beruht die Bedeu-
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tung dieser „Elektra", an der Sophokles, Hofmannsthal und Strauss als Schöpfer beteiligt sind. Hier wird die vorklassische Frühzeit Griechenlands, die mykenische Epoche mit ihren Mythen von Muttermord, Schuld und Entsühnung ans Licht gehoben, die Zeit, in der sich die abendländische Humanität von atavistischen Ubermächten losrang. Es ist das Ungeheuere und Unwiederholbare der Strauss'schen „Elektra", daß sie diese Zusammenhänge evident macht in einer dunklen, aufgewühlten, die Spannungen des Expressionismus vorwegnehmenden Musik, die von den Schauern des Lasters und der Todesangst bis zur Seligpreisung des rächenden Mörders reicht. Die Höhe, die Strauss im Zwiegesang der Geschwister erreicht hat, ist der tragische Gipfel seines Schaffens; hier ist die Antike lebendig in die Gegenwart getreten. Die Zusammenarbeit mit Hugo von Hofmannsthal wurde zu einer dauernden, sich über zwei Jahrzehnte erstreckenden Bindung eines Musikers und eines kongenialen Dichters, die in der Operngeschichte einzig dasteht. Daß der Dichter, der wie kaum ein anderer seiner Zeit über die Quellen lyrischer Inspiration gebot, seine literarische Selbständigkeit opferte und das "Wort der gesungenen Melodie unterordnete, ist ebenso erstaunlich, wie das anspruchsvolle Feingefühl des Musikers, seine Sorge um die literarische Qualität der Texte, sein Verständnis für die oft ungewöhnlichen, dem Alltagstheater fernliegenden Konzeptionen des Dichters. Die Frucht der wechselseitigen Anregung, deren Dokumente in einem bedeutungsvollen Briefwechsel, einem Kompendium der Operndramaturgie, vorliegen, sind sechs Opernwerke von unvergleichlicher Ausgewogenheit der dramatischen und musikalischen Kräfte, denen man die Bezeichnung „vollkommenes Theater" mit Recht zuerkannt hat. Hofmannsthal hat dem Komponisten etwas gegeben, was für sein späteres Schaffen bestimmend geworden ist: den Geist des österreichischen Barock, eines der feinsten und für das Theater produktivsten Kulturelemente der europäischen Kunst;-
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seschichte. Die antike Stoffwelt hat f ü r Strauss ihre stimulierende K r a f t behalten. Aber er sah sie nun im Spiegel des Barocktheaters, in der festlich-dekorativen Erhöhung und Bedeutungsfülle, die sie durch die Renaissance erhalten hat, und ordnete sein Werk damit in die alte, mit Peri und Monteverdi beginnende Operntradition ein. Mit dem „Rosenkavalier" von 1911 bricht die andere, heitere Seite der Strauss'schen Begabung durch. Die „Komödie f ü r Musik", der H o f m a n n s t h a l äußerste Feinheit der Charakterzeichnung und bestrickenden Charme gegeben hat, zaubert die Lebensluft des Wiener Rokoko, die Atmosphäre der Stadt Maria Theresias, auf die Bühne. Im Mittelpunkt steht die Feldmarschallin Fürstin von Werdenberg, die große D a m e der leichtlebigen Gesellschaft, die ihren Geliebten Octavian an ein junges, gerade der Klosterschule entwachsenes Mädchen verliert; Gegenspieler ist der mährische Landbaron Ochs auf Lerchenau, ein derber, faunischer Lebensgenießer, der auf Freiersfüßen in die H a u p t s t a d t kommt, sich H a l s über Kopf in eine Liebelei mit einer vermeintlichen Kammerzofe, dem verkleideten Octavian, stürzt und am Ende blamiert und verlacht das Weite suchen muß. Die Musik des dreiaktigen Werkes ist von heiterer Grazie und strahlender Schönheit; es scheint kaum glaublich, daß der Komponist der tragischen „Elektra" diese Partitur geschrieben hat. Eine kurze, leidenschaftlich bewegte Ouvertüre schildert die Liebesnacht der Marschallin und Octavians. Der erste Akt ist beherrscht von der Figur der Marschallin, die sich in Vorahnung des Verzichts in wehmütige, durch empfindsame Terzenmelodien der Violinen charakterisierte Stimmungen verliert. Ihr Partner Ochs ist eine Buffogestalt vom Rang eines Leporello oder Bedemesser; seine Sprache ist ein höchst lebendiges, plapperndes, bis zu den tiefsten Baßtönen hinabsinkendes Rezitativ, seine Themen sind von derber, bäuerischer Grandezza. Der zweite Akt, der im Hause des Brautvaters Faninal spielt, enthält eine der schönsten und poetischsten Opernszenen überhaupt: wenn
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Octavian als Brautwerber der Braut nach adligem Brauch die silberne Rose überbringt, leuchtet der Orchesterklang auf in lichtem Cis-Dur, Violinen und Trompeten tragen die zarte Melodie der Oboe, die von impressionistisch hingetupften Celestaklängen wie von glitzerndem Schmuck eingefaßt wird. Wenn dann Octavian, der nach dem Beispiel des Mozartschen Cherubino einer Frauenstimme zugeteilt ist, sich selbst in die Braut verliebt, verbinden sich die Soprane in Duetten von bestrickendem Wohlklang. Der dritte Akt, eingeleitet durch ein prickelndes buffoneskes Ordiesterstück, beginnt mit einer tollen Verkleidungskomödie, einer „wienerischen Maskerade": Octavian gibt in der Rolle der Zofe Mariandl dem Baron ein Rendezvous, die doppelte Travestie wird als pikantes Komödienmoment verwendet. Der Schluß mischt Resignation und Liebeslust zu berauschendem Akkord; das Terzett der Soprane, der Marschallin, Sophies und Octavians, ist die letzte Steigerung. Den eigentümlichen Klang des Werkes aber bestimmt der Walzer, den Strauss in anachronistischer Bedenkenlosigkeit in diese Rokokowelt transponiert hat, ohne ihren Zauber zu zerstören; er durchdringt das Werk mit seinem schwingenden Rhythmus und seiner schmeichelnden Melodie, er gibt der Oper den volkstümlichen Zug, der ihren Erfolg begründet hat. Der Stil heiterer melodischer Schönheit, den der „Rosenkavalier" ausgebildet hatte, läuterte sich im nächsten Opernwerk zu klassischer Reinheit. Mit „Ariadne auf Naxos" griffen Hofmannsthal und Strauss auf einen der ältesten, schon von Monteverdi bearbeiteten Stoffe der Opernbühne zurück, aber sie ließen ihn nicht unmittelbar wirken, sondern in komödiantischer Verbrämung als Theater auf dem Theater. In der ersten Fassung von 1912 ist die Oper an Molieres Komödie „Der Bürger als Edelmann" angehängt, als das Schauspiel, das der reiche Jourdain seinen Gästen gibt. In der zweiten Fassung von 1916 steht an der Stelle der gesprochenen Komödie ein komponiertes Vorspiel: ein reicher Wiener Herr hat den Einfall,
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die tragische Oper und Harlekinskomödie, die er beide als Festunterhaltung bestellt und bezahlt hat, zu gleicher Zeit aufführen zu lassen. Die unsinnige Anordnung ergibt eine unerwartete Wirkung: Tragik und Komik, Opera seria und Opera buffa, vermischen sich zu einem unwirklichen Spiel, das von schwebender Anmut und zugleich voll Bedeutung und Geheimnis ist. Das Vorspiel ist ausgefüllt von den Vorbereitungen zur Aufführung, im Mittelpunkt steht die Figur des jungen Komponisten, eine mozartähnliche, liebenswürdig-arglose Gestalt, wieder eine Sopranpartie. Dann beginnt mit einer Ouvertüre im Gluckschen Stil die Oper. Ariadne, von Theseus verlassen, wartet auf den erlösenden Tod. Aber der Gott, der auf einem Schiff zu ihr in ihre Einsamkeit kommt, ist nicht der Todesbote Hermes, sondern Bacchus, der sie neuem, verwandeltem Leben entgegenführt. Die lyrisch-pathetische Klage Ariadnes und ihr ekstatisches Liebesduett mit dem Gotte wird kontrastiert von der Koloraturarie der leichtsinnigen Zerbinetta und den Tanzliedern der Harlekine. In der Ausgewogenheit von Spiel und Ernst ist das Werk die harmonischste der Strauss'schen Schöpfungen. Das Orchester ist zur Kammerbesetzung reduziert, die Singstimmen schwelgen in Wohllaut, die Melodik ist von Schubertscher Wärme und Fülle; das Werk bezeichnet einen der Momente, in denen die Musik unseres Jahrhunderts das Glück der reinen Schönheit verschenkt. „Die Frau ohne Schatten", in den Jahren 1914 bis 1918 komponiert, ist das Meisterstück, das aus der gemeinsamen Werkstatt von Hofmannsthal und Strauss hervorgegangen ist; an äußerem Umfang, an Tiefe des geistig-menschlichen Gehalts, an Kühnheit und Reichtum der künstlerischen Phantasie nimmt das Werk eine Sonderstellung ein, und gerade dieses Übermaß an Gehalt und Bedeutung ist schuld, daß die Oper nur wenig Verbreitung auf den Bühnen gefunden hat. Den Autoren schwebte ein phantastischsymbolisches Spiel nach Art der volkstümlichen „Zauberflöte" vor, aber da der Versuch auf der Stufe höchster
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künstlerischer Bewußtheit unternommen wurde, mußte das Ergebnis eine poetische Kunstschöpfung von schwer zugänglicher Esoterik sein. Der Eros, eines der Grundthemen des Strauss'schen Schaffens, erscheint in ethisch geläuterter Gestalt: die Ehe als Aufgabe, die gegen Versuchung und Leid bewährte menschlich-sittliche Bindung ist Thema der Handlung, durch Prüfungen f ü h r t wie in Mozarts Mysterienoper der "Weg zum Glück gefestigter Menschlichkeit. Der Dichter legt das Drama in eine orientalische Zauberwelt, in der sich Geister und Menschen begegnen. Die junge Kaiserin, Tochter des Geisterfürsten Keikobad, steht unter dem Fluch der Unfruchtbarkeit, sie w i r f t keinen Schatten: wenn es dem Kaiser nicht gelingt, sie zur Frau zu machen, muß er zu Stein werden. Die Amme, die der Kaiserin als schützende Gesandtin des Geisterreichs beigegeben ist, rät ihr, von einer Menschenf r a u einen Schatten, das Symbol der Fruchtbarkeit, zu kaufen. Die junge, launische Frau des Färbers Barak ist bereit, ihren Schatten und damit das Glück ihrer Ehe zu verhandeln. Erst der Verzicht der Kaiserin löst den Fluch und rettet beide Paare aus der Verstrickung, in die der böse R a t der Amme sie gestürzt hat; nach I r r f a h r t und Trennung finden sie sich in geläuterter Liebe zusammen. Die Musik ist ganz erfüllt von hellem, warmem Licht, das von den Schatten, die die dämonische Alt-Figur der Amme umgeben, nur vorübergehend verdunkelt wird. Die Fülle des Orchesterklangs ist unerschöpflich, der Strom der überwiegend pathetisch-kantablen Themen trägt den H ö r e r durch drei lange Akte hin und steigert sich am Ende zu lyrischem Hymnus. Gongs, Celesta, Xylophon und Glasharmonika geben der Musik orientalisches Kolorit, der chromatisch wimmernde Gesang der ungeborenen Kinder, der ernste, von Posaunen getragene Nachtgesang der Wächter sind charakteristische Episoden. Das D r a m a kommt in gewaltigen, affektgeladenen Handlungshöhepunkten zu seinem Recht, an denen die Charaktere aufeinanderprallen. Vor allem das Färberpaar, das die nie-
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dere, in Mühe und Drangsal lebende Kaste der Menschheit vertritt, trägt die Aktion; die Baritonpartie des Färbers Barak und die hochdramatische Sopranpartie der Frau zählen zu den großartigsten Figuren, die das neuere Musikdrama hervorgebracht hat, wie denn überhaupt „Die Frau ohne Schatten" den alten, phantastisch-bedeutungsvollen Sinn des Opernkunstwerks auf neue, vollkommene Weise erfüllt. Die Ballette „Josephslegende", das getanzte, orchestral glänzend charakterisierte D r a m a von Joseph und der Frau des Potiphar, und das weniger anspruchsvolle, wienerisch heitere „Schlagobers" sind als Zwischenwerke zu werten. „Intermezzo" ist auch der Titel des nächsten, von Strauss allein verfaßten Opernwerks, das eine Episode aus der eigenen Ehe des Komponisten behandelt und Strauss und seine Frau Pauline als Helden einer Komödie in realistisch-moderner Szenerie auf die Bühne stellt. Musikalisch fesselt der leichte Buffogeist der Partitur, der sich in beschwingten Zeitmaßen auslebt, und die nach der Art der Filmdramaturgie angelegte Folge kurzer, rasch aufund abblendender Szenen, die durch farbige symphonische Zwischenspiele verbunden sind. Mit der „Ägyptischen Helena" von 1928 wandte sich Strauss zu seinem Dichter und zugleich, zum antiken Stoffgebiet zurück. Die H a n d lung beruht auf einer von Herodot überlieferten Form der Helena-Sage, nach der die Geraubte nicht nach T r o j a entführt, sondern nach Ägypten verschlagen sein soll. H o f m a n n s t h a l hat dem Stoff, den er ursprünglich satirisch zu behandeln dachte, eine mystische Färbung gegeben; Strauss hat den Mythos von der irrenden und verzeihenden Liebe in eine lyrische Musik von klanglichem Glanz und melodischem Fluß gekleidet, die aber an Erfindungsk r a f t hinter seinen besten Stücken zurücksteht. „Arabella", die letzte Frucht der Zusammenarbeit mit Hofmannsthal, erst 1933 nach des Dichters T o d e uraufgeführt, ist immer als spätes, herbstliches Gegenstück zum „Rosenkavalier" verstanden worden. Wieder ist Wien der Schauplatz,
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diesesmal das bürgerlich-merkantile Wien von 1860, in dem der dekadente, verarmte Adel ein fast anachronistisches Leben fristet. Arabella ist die schöne, von Verehrern umschwärmte Tochter des Grafen Waldner, eines Spielers; als sich, von fern aus der Walachei durch ein Bild der Schönen herbeigelockt, ein reicher Freier meldet, haben alle Sorgen ein Ende. Diese simple Fabel wird durch die Behandlung Hofmannsthals poetisiert; das Zueinanderfinden zweier auserwählter Menschen, des schlichten, bäurisch starken Mandryka und der zarten, gläsernen Arabella, in einer morbiden, banalen Umwelt, ist die innere Handlung, die Strauss komponiert hat. Die Partitur ist ein reifes Meisterwerk. Wieder, wie in den Frühwerken, ist die erste Szene, der Auftritt einer Kartenlegerin, eine Art von Ouvertüre, die das Drama in konzentrierter Form vorwegnimmt. Um die Liebe des Paares zu schildern, hat Strauss slawische Volkslieder verwendet, deren weiches, schweres Melos die Partitur durchdringt und ihr eine lyrische Note gibt. Die Heldin, mit feinen, sparsamen Mitteln charakterisiert, bestrickt durch musikalischen Charme und Herzensernst, die Nebenfiguren, ihre als Knabe verkleidete Schwester Zdenka und die „Fiakermilli", eine ins Gewöhnliche transponierte, koloratursingende Zerbinetta, haben Umriß und Farbe; das Ganze ist eine lyrische Musikkomödie, in der der alternde Meister noch einmal sein Eigenstes an künstlerischem T a k t , an Leichtigkeit und Grazie im Ausdruck menschlicher Tiefen gegeben hat. Als burleskes Nachspiel folgte 1935 die komische Oper „Die schweigsame Frau", deren Libretto Stefan Zweig nach einem Lustspiel des englischen Renaissancedichters Ben Jonson angefertigt hat. Die Handlung greift das schon in Donizettis „Don Pasquale" bearbeitete Motiv von dem alten, schrulligen Junggesellen auf, dem eine junge Frau angetraut wird; die bescheidene, „schweigsame" Frau entpuppt sich als ein lärmender Teufel, und der alte Sir Morosus ist froh, daß sich die Trauung als eine von Schauspielern aufgeführte Komödie herausstellt
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und er wieder frei ist. Die Musik, die reich ist an lustigen und beziehungsvollen Zitaten, verwendet das Formengerüst der Buffooper; Arien und kunstvolle Ensembles wechseln mit rezitativischen und gesprochenen Partien ab. Die turbulente Komik der Musik, die jede A r t von Lärm bis zum Papageiengekreisch einbezieht und virtuos verarbeitet, wird durch Episoden von besinnlichem Klang kontrapunktiert; ein Monolog des Alten beschließt das Werk mit heiterer Resignation. Die Gruppe der Alterswerke beginnt mit zwei Einaktern gegensätzlichen Charakters. Librettist ist nun der Wiener Theaterwissenschaftler Joseph Gregor, der im Geist Hofmannsthals, im Geist der österreichischen, der Antike verbundenen Barock zu arbeiten bemüht war. Der „Friedenstag" freilich, 1938 aufgeführt, steht im Straussschen Gesamtwerk allein. Mit diesem Werk hat der Komponist, der so lange abseits von Stil und Mode des Tages geschaffen hatte, noch einmal mitten in die aktuelle Problematik der Zeit gegriffen: der drohende Krieg ist das Thema der Oper, W a r n u n g ist ihr Sinn. Der Titel meint den 24. Oktober 1648, den Tag, an dem der Dreißigjährige Krieg beendet wurde. In dem unterminierten Festungsturm einer ausgehungerten Stadt begegnen sich Bürger, Bauern, Soldaten und die Führer der feindlichen Parteien; die Glocken, die den Frieden einläuten, kommen der selbstmörderischen Sprengung zuvor, im abschließenden Friedenshymnus klingt das Pathos der Beethovenschen „Fidelio"-Chöre. „Daphne" dagegen ist ein bukolisches Tongemälde von antikischer Schlichtheit und Schönheit. Die Nymphe, die vor dem Begehren des Gottes Apollo floh und auf ihr Gebet hin in einen Baum verwandelt wurde, ist, wie Orpheus und Ariadne, eine Urgestalt des musikalischen Theaters; schon Peri und Schütz haben Daphne-Opern komponiert. Bei Strauss wird sie zum Menschenkinde, das den Zwiespalt der triebhaft-dionysischen und geistig-apollinischen K r ä f t e überwindet, indem es sich in die Elementarsphäre der reinen N a t u r zu-
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rückzieht; der Lorbeer, in den sich Daphne verwandelt, ist zugleich Symbol des Fortlebens in der Kunst. Die Musik ist ganz und gar lyrischen Wesens, dunkel und berauschend in der Schilderung der Dionysosfeier, strahlend wie Goldglanz in den Szenen Apollos, verströmend als ungetrübter Fis-Dur-Klang im fast instrumentalen, wortlosen Schlußgesang der verwandelten Daphne, zugleich eine späte, unbedenkliche Bestätigung der Tonalität und ihrer reinen, naturhaften Schönheit. „Die Liebe der Danae", 1940 vollendet, geht auf einen frühen Entwurf Hofmannsthals zurück; die Dichtung verbindet Mythos und Satire zu einer großartigen barocken Allegorie von der Macht des Goldes. Danae, die Tochter des verarmten, von Gläubigern bedrängten Königs Pollux, träumt, daß ein Goldregen sich über sie ergieße: der Traum verschmilzt ihre Sehnsüchte nach Liebe, Glück und Glanz. Midas, der unermeßlich reiche, dem alles, was er berührt, zu Gold wird, kommt als Werber, ihre Hand für einen Größeren erbittend: für Jupiter. Vor die Entscheidung gestellt, ob sie den Gott oder den Menschen, den Traum oder das Leben haben will, wählt sie Midas. Der Goldzauber zerstiebt, arm ziehen die Liebenden in die Wüste, der Gott muß resignieren. Der Goldregentraum ist das Kernstück der Musik: eine glitzernde Ges-Dur-Impression, fugiert einsetzend mit tropfender Staccatothematik und abwärtsrieselnden Terzen und Sextenläufen, von Celesta, Flöte und gedämpften Violinen getragen. Aus dem Tritonusabstand von Ges-Dur, der Tonart des Goldes, und C-Dur, der Tonart Jupiters, ergibt sich die harmonische Spannung des Werkes. Jupiter erscheint in zwiespältiger Gestalt: als leichtsinniger Kavalier im Kreise seiner Geliebten Semele, Europa, Alkmene und Leda, die ihn mit den leichten Rhythmen eines Buffoquartetts umgaukeln, und als dämonischer, zur Entsagung verurteilter Verführer, dem das schwermütige Pathos Wotans eignet. Klang, Farbe, harmonische Beziehung sind wichtiger als Melodie und thematischer Umriß, das Bewußtsein der festgegründeten
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Träger abendländischer Tradition: Richard Strauss
Tonalität hält alles zusammen. Das Werk ist Rückschau und Nachklang; das Schiff des Bacchus, die Zwiegesänge des Färberpaares, die Liebesmelodien Arabellas, die Göttlichkeit Apollos geistern durch die Partitur, wie die Situationen früherer Straussopern durch das Textbuch geistern. Aber die Rückschau ist nicht Schwäche; der Adel der T r a dition gibt dem Spätwerk, der „heiteren Mythologie", Glanz und Würde. Der Epilog des Dramatikers ist ein theatralischer Essay, „Capriccio" genannt, ein dramatisiertes Streitgespräch über Werkstattgeheimnisse, über das Verhältnis von W o r t und Ton, Dichtung und Musik. Ein allegorisches Opernbuch der Gluckzeit, das den Vorrang der Dichtung predigt, hat die Anregung gegeben. Paris zur Zeit Glucks ist der Schauplatz; im Schloß der Gräfin Madeleine streiten Dichter und Musiker um den Rang der Künste und um die Gunst der Gräfin, die den Streit schlichtet, indem sie ihnen als gemeinsame Arbeit eine Oper in Auftrag gibt; der Theaterdirektor La Roche, die Buffofigur des Werkes, vertritt gegen die Theorie das Redit des lebendigen Theaters. Die Partitur beschwört in Zitaten und Stilkopien die Welt des ancien régime. Ein barock gemessenes Streichsextett dient als kammermusikalisdie Ouvertüre, ein lärmendes Oktett verbinden die gefühlvolle Melodie italienischer Sänger mit dem Streitgespräch der erhitzten Gegner, die Diskussion wird zur vielstimmigen, streng gebauten Fuge, die den Meister der „Domestica" erkennen läßt; die Leistung, diese trotz der Prügelszene der „Meistersinger" bühnenfremdeste Musikform zum Schwerpunkt einer Oper zu machen, mag als die letzte Genietat des Musikers Strauss gelten. So beschließt der Achtundsiebzigjährige sein dramatisches Schaffen mit einem Kommentar, mit einer Selbstparodierung der Oper, die mehr ist als das alte Pasticcio nach Art des Mozartschen „Schauspieldirektors"; eine Abhandlung wird zur dramatischen H a n d l u n g , Theorie zu lebendiger Kunst. Das Gesamtwerk aber steht fest in der verrinnenden Zeit, schon zu Lebzeiten des Komponisten
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längst der Bindung an den T a g und seinen Zwang entwachsen, nur aus eigenen, inneren Kräften gespeist, immer wiederholtes Bekenntnis zu der alten, im Barock wurzelnden Tradition, die der europäischen Bühne das Fest des universalen, Wort, Bild und Musik vereinigenden Theaters geschenkt hat.
DIE GENERATION DER WENDE IN DER DEUTSCHEN MUSIK Die Musikergeneration, aus der Richard Strauss hervorging, stand im Schatten des 1883 verstorbenen Meisters von Bayreuth, dessen kompositorische, dramatische und ästhetisch-philosophische Ideenfülle noch lange unerschöpft fortwirkte. Siegfried Wagner zwar, der vielseitige, als Bühnenmaler und Regisseur allmählich den Aufführungsstil des Bayreuther Festspielhauses modernisierende Sohn des Musikdramatikers (1869—1930), vermochte die Entwicklung nicht vorwärts zu treiben. Seine vierzehn Opern stehen so fest in der idyllischen Welt des Märchens, wie die Werke seines Vaters in der tragischen Welt des Mythos; mit schlichten Klängen und volksliedhaften Melodien hat er sich, angeregt durch seinen Lehrer Humperdinck, um eine Volkskunst bemüht, für die doch das Publikum in der Zivilisationssphäre der großen Städte schon nicht mehr vorhanden war. Neben den Wagnerschen gab es die Einflüsse, die aus dem Bereich einer mehr konservativ-romantischen Geistigkeit von Schumann und Mendelssohn über Brahms in das neue Jahrhundert hinübergriffen, und wieder andere, auf einen symphonischen Monumentalstil zielende, die Anton Bruckner seinem Schülerkreis vermittelt hatte. Wenn die Zeit um 1900 im Ganzen als epigonal zu bezeichnen ist, so bedeutet das nichts Entwertendes; die Verarbeitung der Anregungen, die die Genies der Hochromantik ausgestreut hatten, war 4»
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eine musikgeschichtliche Aufgabe, die die K r ä f t e einer Generation in Anspruch nahm. Mit höchster Bewußtheit wurde diese Aufgabe in München von der neuromantischen Komponistenschule angefaßt, die Impulse der Neudeutschen aus der Wagner-Liszt-Zeit aufnahm und die revolutionäre Sturmflut in gemäßigte Bahnen beschaulich-bürgerlicher Kunst lenkte; die deutsch-mittelalterlichen, heroischen oder idyllischen OpernstofTe sind für diese Richtung ebenso bezeichnend wie die an Tonmalerei reichen symphonischen Dichtungen und die großflächigen, klanggesättigten Kammermusikwerke, die in die alte Haus- und Gesellschaftsmusik einen symphonisch-konzertanten Zug hineintrugen. Als Komponist von Opern („Lobetanz") und Kammermusik, noch mehr aber als hochgeschätzter Lehrer der Münchner Akademie und Verfasser einer mit dem Theoretiker Rudolf Louis herausgegebenen, weitverbreiteten Harmonielehre war Ludwig Thuille (1861—1907) von Bedeutung; er hat den Stil der romantisch erweiterten Tonalität fixiert u n d zum allgemeinen Besitz der Lehrenden und Lernenden gemacht. Ein J a h r jünger war der ebenfalls in München lehrende Brucknerschüler Friedrich Klose (1862—1942), ein dem Ernsten und Großartigen zugewandter Musiker, dessen Märchenoper „Ilsebill" durch den Zauber romantischer Naturstimmungen Eindruck machte. Max von Schillings (1868—1933), gebürtiger Rheinländer, Dirigent in Stuttgart und später Intendant der Berliner Staatsoper, schrieb symphonische Dichtungen und die Opern „Ingwelde", „Pfeifertag" und „Moloch", die der Wagnernachfolge angehören; einen Zeiterfolg hatte er mit der melodramatischen Komposition des Wildenbruchschen „Hexenliedes", einer mittelalterlicher Schauerballade mit aufwühlender, magisch glühender Musik, einen durchschlagenden, bis über die Jahrhundertmitte anhaltenden Bühnenerfolg mit der dramatisch krassen Renaissanceoper „Mona Lisa" (1915), in der sich der deutsche Spätromantiker zu den Grundsätzen des italienischen Verismo bekehrte und einen Mischstil von faszinie-
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rendem Reiz entwickelte, der den Mangel an Tiefe vergessen ließ. Siegmund von Hausegger (1872—1948) schrieb Opern und symphonische Dichtungen, Walter Courvoisier (1875—1931) Vokal- und Kammermusik, Hermann Freiherr von Waltershausen (1882—1954) Instrumentalmusik und Opern, von denen „Oberst Chabert" (1912) sich längere Zeit auf den Bühnen hielt. Eine ursprüngliche, tiefe Begabung war der Schlesier Richard Wetz (1875—1935), der als Lehrer in E r f u r t und Weimar wirkte; seine drei Symphonien, seine Chorwerke und Lieder lassen den geheimnisvollen Klang Bruckners und der früheren, intimen Romantiker rein und innig weitertönen: eine N a t u r , die Pfitzner verwandt war. Wie Wetz war auch der geistig schon einer jüngeren Generation angehörende, in Köln lehrende Walter Braunfels (1882—1954) ein Schüler Thuilles. Seine Orchesterwerke zeugen von feinem Formsinn, seine Opern „Die Vögel" (nach Aristophanes) und „Don Gil von den grünen Hosen" verbinden lyrisches Gefühl mit geistvoller Heiterkeit; als Grenzerscheinung steht er zwischen Romantik und dem distanzierteren Kunstgefühl einer späteren Zeit. Hermann Zilcher (1881—1948), wie Braunfels aus F r a n k f u r t stammend, in München und Würzburg tätig, schrieb Chor- und Instrumentalmusik. Julius Weismann (1879—1950), aus Freiburg im Breisgau gebürtig, strebte aus dem Bereich der Neuromantiker zu neuen Ausdrucksformen. Sein kultiviertes, vielseitiges Schaffen u m f a ß t 143 Werkzahlen; charakteristisch sind seineStrindberg-Opern „Schwanenweiß", „Traumspiel" und „Gespenstersonate". In noch bedeutenderem Sinne wirkte das Schaffen von Joseph Haas (1879—1960) in die Zukunft. Als Schüler Max Regers nahm er früh barock-polyphone, aus der Romantik hinausweisende Elemente in sich auf und verschmolz sie in den Klang seiner schlichten, natürlich erfundenen und stets durch handwerkliche Solidität gekennzeichneten Musik. Das Werk seines langen Lebens ist umfangreich und vielseitig. Die kleinen Ge-
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brauchsformen der Klavier-, Kammer- und Kirchenmusik sind die Grundlage, mit Spielmusiken, Serenaden und Variationswerken griff H a a s in die Bemühungen der Jüngeren um eine lebendige Gemeinschaftskunst ein. Resonanz in weitem Kreise fanden seine volkstümlichen Oratorien „Die heilige Elisabeth", „Das Lebensbuch Gottes". Audi auf der Bühne verschaffte ihm der volkstümliche Zug seiner Musik Erfolg: aus dem Legendenspiel „Tobias Wunderlich" von 1937 spricht seine Frömmigkeit, aus dem heiteren Studentenstück „Die Hochzeit des Jobs" sein H u m o r . Vom Volksschullehrer zum Dozenten der Stuttgarter Musikhochschule und der Münchner Akademie aufsteigend, deren Präsident er nach dem zweiten Weltkrieg wurde, verkörpert H a a s in der ruhigen Stetigkeit seines Lebens und Schaffens ein wesentliches Element des süddeutschen Musikgefühls. In diesem Zusammenhang ist endlich der Dirigent Wilhelm Furtwängler (1886—1954) zu nennen, der, Schüler von Max von Schillings, als Komponist einen symphonischen, auf Bruckner und Brahms fußenden Monumentalstil pflegte. Seine zweite Symphonie in e-Moll (1947) und seine dritte, 1955 als nachgelassenes Werk aufgeführt, sind nicht nur Dokumente einer großen Persönlichkeit und eines tragischen, am Schicksal der Zeit leidenden Weltgefühls, sondern überzeugen auch durch die Weite des formalen Entwurfs und durch die Feinheit der thematischen und harmonischen Arbeit. Ein Tedeum, ein Klavierkonzert und zwei Violinsonaten vervollständigen sein Schaffen. Dem Musikzentrum Wien gehört der Oberösterreicher Wilhelm Kienzl an. 1857 geboren, wirkte er als Operndirigent in Amsterdam, H a m b u r g und München und hatte 1895 mit dem volkstümlichen Rührstück „Der Evangelimann" einen Welterfolg, den er 1911 mit dem „Kuhreigen", einem Stück aus der französischen Revolution, nicht wieder ganz erreichte; Sinn f ü r theatralische W i r kung und empfindsamer Volksliedklang sind das Wesen seiner Kunst. Er starb 1941 in Wien. Volkstümlich ist
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auch die Musik Julius Bittners (1874—1939), der in dem Spiel „Höllisch Gold" den dummen, komischen Teufel des alten Volksspiels auf die Opernbühne stellte. Emil Nikolaus von Reznicek (1861—1945), Sohn eines österreichischen Offiziers, verkörperte dagegen den heiteren, vornehm-gesellschaftlichen Geist seiner Heimatstadt Wien. Seine sprühende Buffo-Ouvertüre zur Moretö-Oper „Donna Diana" (1894) wurde weltbekannt; die ganze Oper konnte sich so wenig halten wie seine späteren ernsten Werke „Ritter Blaubart" und „Holofernes". Schulbildend wirkte die Persönlichkeit Franz Schmidts, der 1874 in Preßburg geboren wurde und in Wien vom Orchestermusiker zum Leiter der Musikakademie aufstieg; er starb 1939. Meister kontrapunktischer Kunst, dabei mit echt österreichischem Klangsinn und mit großzügigem Formwillen begabt, ist Schmidt einer der stärksten Bewahrer des konservativen Musikgeistes seiner Zeit. Seine vier Symphonien in E-Dur, Es-Dur, A-Dur, C-Dur, seine Oper „Der Glöckner von N o t r e Dame" und sein apokalyptisches Oratorium „Das Buch mit den sieben Siegeln" gehören zu den wesentlichen Leistungen der Epoche. Der Grazer Joseph Marx (geboren 1882), im zarten Kolorit seines harmonisch verfließenden, fein verästelten Satzes schon impressionistischen Einflüssen zugänglich, war vor allem dem Liede verbunden. Das Lied ist auch die Grundlage des Schaffens des Schweizers Othmar Schoeck (1886 bis 1957), der f ü r die Gedichte Goethes, Eichendorffs, Mörikes, Kellers, Hesse sangbare, romantisch getönte Weisen und fein gearbeitete, von dem harmonischen Überfluß Regers zehrende Klaviersätze fand. Die Opernbühne hat Schoeck 1927 durch seine eigenwillige, herbgroßartige Komposition der Kleistschen „Penthesilea" bereichert, die gesungenes, melodramatisches und gesprochenes W o r t mischt u n d ein wenig vom düsteren, dionysischen Geist der Strauss'schen Elektra in sich hat. Das humoristisch-poetische Märchen „Vom Fischer und syner Fru" wirkt durch rein musikalische Vorzüge, durch die
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geistreiche Verwendung der Variationenform zur D a r stellung der Verwandlungen, die die Fischersleute durchmachen. Die Eichendorffoper „Schloß Dürande" bleibt im Lyrisch-Liedhaften stecken. In Leipzig wirkten der Symphoniker Georg Göhler (1874—1954) und der aus H a m b u r g gebürtige Walter Niemann (1876—1953), Musikschriftsteller und Schöpfer eleganter, zwischen Mendelssohn und dem Impressionismus stehender Klaviermusik. Auch Berlin beherbergte eine Reihe von Musikern, die dem Stilbereich der Spätromantik angehören. Der Kontrapunktiker Friedrich E. Koch (1862—1927) und der Deutschrusse Paul Juon (1872— 1940) waren einflußreiche Lehrer, Hugo Kaun (1863— 1932) und Georg Schumann (1866—1953), der Leiter der traditionsreichen Singakademie, schrieben Orchestermusik und sangbare Chorwerke; Leo Blech (1871—1958), der langjährige Generalmusikdirektor der H o f - und Staatsoper, hatte mit den komischen Opern „Das war ich" und „Versiegelt" Erfolg. Paul Graener (1872—1944) vermochte es, mit musikdramatischen Werken romantischen, zum Teil volkstümlichen Charakters wie „Don Juans letztes Abenteuer", „Schirin und Gertraude", „Hanneies H i m m e l f a h r t " , „Friedemann Bach" eine Weile auf der Bühne Fuß zu fassen. Schwer in die Stilbegriffe der deutschen Komponistenschulen einzuordnen ist der von Geburt her zur Internationalität vorbestimmte Eugen d'Albert (1864—1932), der Sohn eines deutsch-französischen Tanzkomponisten und einer Schottin, ebenso berühmt als von Liszt gebildeter Klaviervirtuose wie durch sein exzentrisches Privatleben; er war sieben Mal verheiratet. Auch seine Komponistenlaufbahn w a r ungewöhnlich. Nach romantischen Frühwerken schien er mit dem Einakter „Die Abreise" den Typus der kultivierten Lustspieloper pflegen zu wollen. Mit „Tiefland" (1903), einem aus primitiven Leidenschaften gefügten spanischen Hirtendrama, ging er zu den sinnfälligen Methoden des italienischen Verismo
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über; sangbare, schlagkräftige Melodik, farbige Harmonik und einfache, plakathafte Satztechnik verschafften dem Werk beispiellosen Erfolg, den von seinen späteren Opern nur eine, „Die toten Augen", annähernd erreichte. Eine gefestigtere Erscheinung als dieser Hasardeur der Kompositionskunst ist der Deutsch-Italiener Ermanno WolfFerrari (1876—1948), der seine leichtflüssige Erfindungskraft und seine elegante Formbegabung überwiegend für eine Regeneration der Opera buffa verwandte und der deutschen und italienischen Bühne ein Oeuvre schenkte, das in seiner Theaterwirksamkeit und anspruchslosen Heiterkeit etwa dem Albert Lortzings im vorigen Jahrhundert entspricht; wie Lortzing beherrschte auch er virtuos alle Handgriffe des dramatisch-komischen Komponisten, ohne als Klang- oder Stilschöpfer zur Entwicklung seiner Kunst beizutragen. Vor allem lag ihm, dem gebürtigen Venetianer, die Komödienwelt Goldonis nahe. Immer wieder hat er, mit Werken wie „Die neugierigen Frauen", „Die vier Grobiane", „Die schalkhafte Witwe", „Der Campiello", Lustspiele Goldonis auf die Opernbühne übertragen, und seine pulsenden Rhythmen, seine liebenswürdigen, feinen Melodien, seine kunstvollen, dramatisch lebendigen Ensemblesätze sind die rechte musikalische Untermalung der schlagfertigen Rokokokomik seines Vorbildes. Mit dem „Schmuck der Madonna" versuchte er sich in den drastischeren dramatischen Ausdrucksformen des Verismo, im „Sly" (1927) bearbeitete er das Shakespeare-Motiv des armen Trunkenbolds, dem man Glück und Reichtum vorspiegelt, tragisch, aber mit dezenten, fast komödienhaften Mitteln, und darum mit ergreifender Wirkung; mit dem Spätwerk „Der Kuckuck von Theben" wagte er sich an den antiken Amphitryon-Stoff. Trotz ihrer Beziehung zur italienischen Buffo-Sphäre wirken seine Opern, die zum Teil in München in deutscher Fassung ihre Uraufführung erlebten, nicht als Schößlinge der nationalitalienischen Operntradition, sondern als Produkte europäischer Geistigkeit und Kultur, so wie auch er selbst
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seiner Heimatstadt, in die er erst zwei Jahre vor seinem Tode zurückkehrte, f r ü h entwachsen war und den größten Teil seines Lebens in München, in der Besinnlichkeit und Zurückgezogenheit des weisen Humoristen, verbrachte. K U N S T IM ALLTAG: U N T E R H A L T U N G S M U S I K U N D OPERETTE
Zum Bilde der Zeit gehört eine Gattung von Musik, die nicht den Anspruch hoher künstlerischer Vollkommenheit erhebt, sondern unterhalten u n d gefallen will; ihre Bestätigung ist der reale, in Aufführungs- und H ö r e r ziffern meßbare Erfolg, der Beifall der Masse. Unterhaltungsmusik hat es zu jeder Zeit gegeben, aber sie hat nicht immer in Gegensatz zur ernsten Kunstmusik gestanden. Noch im Barock war sie mit dieser o f t identisch; Bachs Tanzsuiten, selbst seine Brandenburgischen Konzerte sind zur Unterhaltung der H ö r e r geschrieben, die Quartettkunst und die Symphonik der frühen Klassik dienten demselben Zweck. Die Spaltung erfolgte erst, als die Ordnung der aristokratischen Gesellschaft, die den Luxus der Künste zur festlichen Erhöhung ihres Lebensgefühls gebraucht und gepflegt hatte, zerbrochen war. Die französische Revolution brachte den traditionslosen dritten Stand zur Macht, das Zeitalter der Industrie und der Technik schuf die Masse, die ungeheure Summe der unter uniformen Lebensbedingungen existierenden, nicht zu selbständigen Individualitäten ausgebildeten Menschen, die in ihren Genüssen nicht wählerisch, sondern auf allgemeine, gewöhnliche und stereotype Eindrücke und W i r kungen erpicht war. Schon in der Romantik trennten sich die Wege, die in die erhabene Einsamkeit der hohen Kunst oder zum Tageserfolg führten, und man verachtete den Künstler, der sich, wie etwa Giacomo Meyerbeer, dem Erfolg verschrieb; daß Werke der Einsamkeit wie Beethovens neunte Symphonie und Wagners „Tristan" dennoch volkstümlich wurden, gehört zur Paradoxie der großen
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Kunst. Mit dem Wachsen der Menschenmassen dehnte sich aber gerade der Bereich der volkstümlichen, unterhaltenden Musik ins Ungeheuere. Der Bedarf an Liedern und Tanzstücken, die in Vergnügungsstätten aller Art gespielt wurden, wuchs immerfort. Der „Schlager", die leicht f a ß liche, simple Melodie, wurde zur Fabrikware, die rasch hergestellt und ebenso rasch verbraucht wurde. Seine Form, aus Hauptteil und Refrain bestehend, war so stereot y p wie sein Inhalt: erotische Pikanterie, frecher Witz und ein Schuß billiger Poesie, die o f t aus dem Lokalkolorit der großen Städte, sei es Wien, Berlin oder Paris, gewonnen war. Diese Musik war nicht entwicklungsfähig. Während die Kunstmusik Krisen der Kömplizierung durchmachte und Zerreißproben ihrer ästhetischen und technischen Ordnung riskierte, blieb die Unterhaltungsmusik notwendigerweise, da das Verständnis der Masse Bedingung ihrer Existenz war, auf primitiver Stufe stehen. In dieser Spaltung der Entwicklung beruht die Tragik der musikalischen Epoche. Die Entdeckungen der großen Kunst blieben Besitz weniger Interessierter; die überwiegende Menge der Musikhörer begnügte sich mit gewohnten, immerfort wiederholten Klängen, die oft nur Surrogate des Lebendigen waren. Die ernste Kunst, auf die Teilnahme der Menge längst verzichtend, wurde wesentlich esoterisch, die Unterhaltungskunst, jedermann gefällig, fiel der Gewöhnlichkeit anheim, sie wurde „Kitsch". Diente die Schlager- und Tanzmusikproduktion ausschließlich dem ephemeren Bedarf und blieb damit geschichtslos, so erhob sich die Unterhaltungsmusik auf dem Gebiete der Operette zu charakteristischer Form und weiterreichender Bedeutung. Die Operette, der Jacques Offenbach und J o h a n n Strauß Rang und Geltung gegeben hatten, war zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts eine musikalische Macht von ungeheurem Wirkungsbereich. Ihre klassische Zeit war vorbei, ihre Popularität war geblieben. Die Operettenbühnen der großen Städte waren T r e f f p u n k t e der reichen, sensationslüsternen Gesellschaft,
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ihre Premieren waren glänzende Ereignisse voll von einer Spannung, die der der Rennplätze und Tennisturniere nicht unähnlich war; die Melodien, die einmal gesiegt hatten, klangen weiter bis in die ärmlichsten Sommertheater und Wanderbühnen der kleinen Städte. Was die Operette ihrem Publikum bot, war nicht mehr das heitere Spiel reiner oder satirischer Komik, das sie in ihrer klassischen Zeit gepflegt hatte. Es war eine Mischung aus Großstadtmilieu, gesellschaftlichem Glanz, Halbweltromantik, erotischem Reiz und drastischem Witz. Das Maxim, die Bar, das Luxushotel oder der Zirkus waren beliebte Schauplätze, die feurige Ungarin und der vertrottelte Wiener Adlige, die große Diva und der fesche junge Offizier bevorzugte Figuren. Daneben gab es eine treuherzig-volkstümliche und eine realistisch-moderne Form, die dem Ideal einer anspruchslosen, wahrhaften Alltagskunst am nächsten kam. Bezeichnend war vor allem das Eindringen des sentimentalen Elements, das die bis dahin heitere Operettenwelt oft bis zur Tragik verdüsterte; die Katastrophe am Schluß des zweiten Aktes wurde ein fast unumgänglicher Effekt der Operettendramaturgie. Diese veränderte, der Atmosphäre des alten Rührstücks entsprechende Stimmung spiegelte sich auch in der Musik. Die Tanzformen, vor allem der Walzer, bestimmten zwar weiterhin den Charakter der leichtgefügten Partituren, aber die sentimentale Melodie des Liedes und der Arie drängte sich vor: der Abstand von der Oper wurde verwischt, die Operette hob sich selbst auf. Der Musiker, der den Sinn dieser sentimentalisierten Operettenform vollkommen erfüllte, war Franz Lehar. Von mährischer Abstammung, wurde er am 30. April 1870 im ungarischen Komorn geboren, wirkte nach ernsthaften Musikstudien als österreichischer Militärkapellmeister und hatte 1902 in Wien mit der Operette „Der Rastelbinder" seinen ersten Bühnenerfolg. Schon das nächste Werk, „Die lustige Witwe", 1905 in Wien uraufgeführt, wurde ein Welterfolg und ist der Prototyp
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der Operette des zwanzigsten Jahrhunderts geblieben. Das Vorbild der „Fledermaus" mit ihrem bürgerlich gesellschaftlichen Milieu ist noch spürbar, aber die Wirkungen sind kräftiger und unbedenklicher, die Filigrankunst des Ensembles tritt zurück, der gefühlvolle Walzer und das romantisch inspirierte Lied von „Vilja, dem Waldmägdelein" sind die H ö h e p u n k t e der Partitur. „Der Graf von Luxemburg", „Zigeunerliebe" und „Frasquita" setzten diese Linie fort. Ganz entfaltete sich der Melodiker Lehar aber erst in einer zweiten Schaffensserie, deren Produkte nach 1925 von Berlin aus in die Welt gingen. In „Paganini", „Der Zarewitsch", „Friederike", „Das Land des Lächelns" wählte er Helden von romantischer Besonderheit, die er jeweils durch eine einprägsame, zwischen Opernarie und Operettenschlager die Mitte haltende Melodie charakterisierte. Mochte die Geschmacklosigkeit, daß der düstere genuesische Geiger und der Dichter Goethe als Operettentenöre auf der Bühne standen, Widerspruch erregen: die Melodien „Gern hab' ich die Frau'n geküßt" und „Mädchen, o Mädchen, wie lieb' ich dich" wurden begeistert nachgesungen; mit diesen unwiderstehlichen, lyrisch expansiven Melodien, in denen wienerisches Sentiment zur Weltgeltung erhoben wurde, hat Lehar den T r a u m der Masse erfüllt, deren Seele in den Wüsten der großen Städte verdorrte, mit ihnen hat er eine wichtige Mission auf der Grenze der Musikzeitalter ausgeführt. Denn was man auch immer gegen Lehar, gegen sein unbedenkliches Ausspielen primitiver, greller und rührseliger Wirkungen einwenden mag: er war doch der vielleicht letzte Verwalter eines Erbes, dessen Grund die italienischen Meister des jungen Individualismus in Italien, die Schöpfer der kantablen Melodie, gelegt hatten. H a y d n und Mozart übersetzten diese Melodie in die liebenswürdige Sprache ihrer österreichischen Heimat, Beethoven erfüllte sie mit weltbürgerlicher Begeisterung, Schubert gab ihr romantisch-intimen Klang. Das neunzehnte Jahrhundert zerlegte sie in ihre nationalen Spielarten, die Me-
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lodie Verdis war ein Gipfel der Entwicklung, die danach stetig absank. Der Künstler, der noch, wie einst Beethoven, zu allen sprechen wollte, mußte die Sprache der Masse erlernen. Zwei Musiker vor allem, die letzten einer illustren Reihe, haben sie in unserem Jahrhundert gesprochen; der eine war Giacomo Puccini, der andere Franz Lehar. Seine letzte Lebenszeit verbrachte Lehar, der mit „Giuditta" von 1934 folgerecht zur wirklichen Oper fortgeschritten war, in Ischl, der einstigen Sommerresidenz des Kaisers Franz Joseph. Als er am 24. N o vember 1948 in dunkler Nachkriegszeit starb, wurde sein Sarg in der Pfarrkirche aufgebahrt, die Stadt war schwarz beflaggt. Man trauerte um einen Repräsentanten des alten Österreich. Zum Kreise der Wiener Operette zählen weiter Oscar Straus (1870—1954) mit dem „Walzertraum", Leo Fall (1873—1925) mit dem „Fidelen Bauer", „Briiderlein fein", der „Rose von Stambul" u n d Emerich Kaiman (1882 bis 1953), ein hochbegabter, die ungarische Nuance betonender Musiker, der mit der „Csardasfürstin", der „Faschingsfee", „Gräfin Mariza" und der „Zirkusprinzessin" lebensfähige Beiträge zur Operettenform gab. Eine Berliner Schule der Operette, die weniger durch Gefühlsseligkeit als durch nüchternen W i t z und durch kräftiges Lokalkolorit charakterisiert war, wurde begründet durch Paul Lincke (1866—1946), der seiner „Frau Luna" von 1899 eine Reihe zugkräftiger, mit Schlagern wie „Glühwürmchen-Idyll" u n d „Siamesische Wachtparade" ausgestattete Operetten folgen ließ. Ihm schlössen sich an Leon Jessel (1871—1942) mit dem „Schwarzwaldmädel", Walter Kollo (1878—1940) mit „Drei alte Schachteln", Jean Gilbert (Pseudonym f ü r Max Winterfeld, 1879—1942) mit der „Keuschen Susanne", der „Polnischen Wirtschaft" und „Puppdien", der witzige, schon leicht parodistische Ralph Benatzky (1887—1957) mit der Kammeroperette „Meine Schwester und ich" und der Revue „Im weißen Rößl", endlich der anspruchsvollere, in den Kompositions-
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f o r m e n der Oper u n d der Symphonie e r f a h r e n e Eduard Künneke (1885—1953), der durch den „Vetter aus Dingsda" p o p u l ä r wurde. Zwei angelsächsische K o m p o nisten, der Engländer Sidney Jones (1869—1914) mit der „Geisha" und der Amerikaner Vincent Youmans (geboren 1893) mit „ N o , no N a n e t t e " konnten auf der internationalen O p e r e t t e n b ü h n e F u ß fassen.
SCHÖPFERISCHE
PERSÖNLICHKEITEN:
PFITZNER, MAHLER, REGER, B U S O N I
Auch die großen schöpferischen Persönlichkeiten, die aus dem Zeitbild herausragen, sind von den Bedingungen des entwicklungsgeschichtlichen Augenblicks geprägt, u n d es ist nicht immer leicht, Zeitliches u n d Ewiges in ihrem W e r k zu scheiden. Hans Pfitzner z w a r , der spätgeborene, riickwärtsschauende N a c h f a h r e der R o m a n t i k , hat sich immer als Gegenspieler seiner Zeit gefühlt, aber auch er ist ihr zumindest durch das Gesetz des Widerspruchs verbunden, u n d sein polemischer E i f e r hat seine schöpferischen K r ä f t e gestärkt u n d seiner Erscheinung die Bedeutung eines Mahners u n d W a r n e r s verliehen. A m 5. Mai 1869 in Moskau v o n deutschen Eltern geboren, in F r a n k f u r t ausgebildet, w u r d e Pfitzner nach vorübergehender Beschäftigung in Mainz, Berlin u n d München 1908 O p e r n leiter in S t r a ß b u r g und suchte hier in achtjähriger p r a k tischer T ä t i g k e i t als Dirigent, Regisseur und schriftgew a n d t e r D r a m a t u r g seinen hohen, strengen Begriff des Gesamtkunstwerks zu verwirklichen; hier ist er mit v o r bildlichen, stimmungsgeladenen A u f f ü h r u n g e n f ü r die geliebten Meister der romantischen O p e r eingetreten, f ü r Weber, Marschner, Bruch, f ü r den U r r o m a n t i k e r Ernst T h e o d o r Amadeus H o f f m a n n , dessen vergessene O p e r „ U n d i n e " er im Klavierauszug herausgab. In diese Zeit fällt auch die Arbeit an seinem H a u p t w e r k „Palestrina". 1920 ü b e r n a h m er eine Kompositionsklasse der Berliner
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Schöpferische Persönlichkeiten
Akademie der Künste. Die Krisenzeit sah in ihm den Romanti'ker, den Stilreaktionär in einer Epoche des „Fortschritts", den Vertreter des Nur-Deutsdien in einer Menschheit, die die nationalen Grenzen zu überwinden suchte. Diese Einschätzung weckte in ihm das Gefühl, verkannt zu sein, im Schatten erfolgreicher Nebenbuhler zu stehen, endlich die streitbare Abwehr, die sich unablässig in bissigen Sarkasmen äußerte und sich zu tragischer geistiger Unverträglichkeit steigerte; sein Streit mit Ferruccio Busoni über die „Futuristengefahr" in der Kunst ist nur ein Zeugnis seines polemischen Eifers, der sich in anderen Fällen auch inferiore Gegner suchte. Von 1930 an lebte er meist in München, nach dem zweiten Weltkrieg in größter Armut; er starb am 22. Mai 1949 in Salzburg. Pfitzners künstlerische Ahnen sind in einem engen Ausschnitt der Musikgeschichte zusammengedrängt: in die Mitte der Romantik. Es genügt, die N a m e n Schumann, Wagner, Brahms zu nennen, will man die Quellen seiner Kunst bezeichnen. Ein einziger T o n klingt durch sein gesamtes Werk. Es ist der Ton, den zuerst Schumann in den innigsten und geheimsten Augenblicken seines Schaffens anschlug, der dann im „Tristan" zu alles überflutender Fülle anschwoll. D a ß Pfitzner diesen T o n in der lärmenden, technisierten Welt des neuen Jahrhunderts rein und voll, mit seiner unergründlichen, träumerischen Seelentiefe anzuschlagen vermochte, ist eine schöpferische Leistung, die neben den Erfindungen des musikalischen Fortschritts besteht. Vielleicht ist das Frühwerk des Vierundzwanzigjährigen das Erstaunlichste, das Pfitzner gegeben hat, das Musikdrama „Der arme Heinrich", das 1895 in Mainz aufgeführt wurde. Das dreiaktige Werk ist aus einem Guß, von einer Geschlossenheit und Stimmungsreinheit, die Produkt reifster Meisterschaft zu sein scheint und doch, wie in manchen frühen Werken Schumanns, Ergebnis jugendlich-gläubiger Gesammeltheit und ungebrochener Intuition ist. Die Sage von dem kranken
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Ritter und seiner Heilung durch den Opfermut einer reinen Jungfrau, die das Epos Hartmanns von Aue berichtet, ist mit den Mitteln Wagnerscher Dramaturgie, mit äußerster Einfachheit und Beschränkung auf das Menschlich-Wesentliche auf die Bühne gestellt. Mit den ersten Takten des Vorspiels, einem zarten, durch chromatische Vorhaltsbildungen weitergleitenden Septakkord gedämpfter Bratschen, ist die Stimmung des Werkes da: abgründige romantische Trauer, gemischt aus unerfüllter Lebenssehnsucht und Todesahnung, die Stimmung des jungen Ritters, der auf dem Krankenbett dem Tode entgegensiecht; es ist die chromatische Technik des „Tristan", und doch ein neuer, eigener, unverwechselbarer Klang. Der Bericht des Dieners Dietrich von seiner Italienfahrt ist ein farbiges Tongemälde, den großen epischen Stücken des Wagnerschen Musikdramas nachgebildet. Der zweite Akt läßt in nächtlichen Dialogen den Opferentschluß der vierzehnjährigen Agnes reifen, der dritte, der im Klosterhof von Salerno spielt, bringt stärkere dramatische Effekte: die Figur des fanatischen Mönchs, der die Jungfrau zum Tode führen will, ist so packend wie die innere W a n d lung Heinrichs, der das Opfer von sich weist und damit Gnade und Heilung erlangt. Auch hier bleiben die Mittel schlicht, die Chöre der Mönche sind herb, nicht ekstatisch; Heinrichs Gesang zu einer einzigen Solovioline ist im Zeitalter der großen Orchester ein erstaunlicher Versuch, den Ausdruck nicht in der Fülle, sondern in der Klangaskese zu suchen. Das zweite Werk, „Die Rose vom Liebesgarten", 1901 aufgeführt, ist textlich ein Naturmythos von Frühling und Winter, Sonnenlicht und dunkler Erdentiefe, so sehr in den Gefühlssphären von Jugendstil und Neuromantik befangen, daß auch die blühende, phantastische Musik es nicht hat lebendig halten können. Ouvertüre und Schauspielmusik zu Kleists „Käthchen von Heilbronn" sind ein poetisch-ritterliches Zwischenspiel. „Das Christelflein", in zwei Fassungen 1906 und 1917 aufgeführt, ist ein Mär5 Musik d. 20. Jhdt.
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dienstück voll W a l d - und Weihnachtszauber. Mit der dramatischen Legende „Palestrina" erreichte Pfitzner die H ö h e seines Schaffens. Der Held ist der päpstliche Kapellmeister der Renaissance, der durch die Reinheit und K r a f t seiner Inspiration die verweltlichte Kirchenmusik vor dem Verbot bewahrte, das auf dem Tridentiner Konzil gegen sie verhängt werden sollte; Pfitzner, der das dichterisch wertvolle Textbuch seiner Oper selbst geschrieben hat, übernahm die Gestalt mit allen legendären Zügen, die die Uberlieferung ihr verliehen hat, und machte Palestrina zum Typus des romantischen, von der Welt mißverstandenen Künstlers, das heißt zum Abbild seiner selbst. So wurde das Werk eine der Bekenntnisopern des Jahrhunderts; seine Größe beruht in der Persönlichkeit seines Autors, dessen Selbstdarstellung nicht im Privaten stecken bleibt, sondern beispielhafte, allgemeine Bedeutung hat. Die beiden Sphären des Werkes, die stille Innenwelt des Künstlers und die kalte, lärmende Wirklichkeit der Machthaber und Politiker, werden unverbunden einander gegenübergestellt, und die dramaturgische Unbeholfenheit, die ohne Rücksicht auf Steigerung und Effekt die musikalischen Stimmungskontraste fast symphonisch wirken läßt, gibt dem Werk die N a i v i t ä t eines alten Historienbildes. Der erste Akt, den ein ruhiges Vorspiel von archaischem d-moll-Klang eröffnet, zeigt den einsamen, an der Welt und an seiner Kunst verzweifelnden Meister in seiner Werkstatt. Er weist den A u f t r a g des Kardinals Borromeo, eine Messe zu schreiben, zurück. Aber die Stimmen seiner inneren Welt, die alten Meister der Tonkunst, mahnen ihn an seine Pflicht; im Rausch der Inspiration schreibt er, von der Erscheinung seiner verstorbenen Frau ermutigt, die Messe nieder, deren Themen ihm Engel zusingen. Die Steigerung von müder Resignation und geheimnisvollem, vergangenheitsschwerem Raunen der Geisterwelt bis zur von Orgel- und Glockenklang getragenen Ekstase ist eine einzige große Linie; alte. Themen und spröde
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kirchentonartliche Harmonien verschmelzen im Glutofen romantischer Begeisterung zur rauschenden Symphonie der Stimmen und Instrumente. Der zweite Akt, das Konzil, ist eine fast buffoneske Groteske von der Nichtigkeit der Welt, einfallsreich und geistvoll in der karikierenden Schärfe der Charakterisierung; der dritte, die Rechtfertigung und Anerkennung des Künstlers, ist ein stiller Epilog, der in reinen Klängen der Weltüberwindung verschwebt. Pfitzners letztes Bühnenwerk, das Musikdrama „Das H e r z " von 1931, das aus Motiven Ernst Theodor Amadeus Hoffmanns ein Zauber- und Erlösungsspiel aus der Welt des deutschen Barock formt, hat trotz einzelner musikalischer Schönheiten nicht mehr die gleiche Einheit und Überzeugungskraft. Den dramatischen Werken gleichwertig sind Pfitzners Kantaten für Chor und Orchester, romantische Oratorien von überwältigender K r a f t der musikalischen Vision und des über alle Subjektivität hinaus gesteigerten Ausdrucks. „Von deutscher Seele", ein symphonisch gebundener Kranz Eichendorffscher Gedichte, klang als aufrührende Mahnung in die glaubenslose Zeit von 1921, „Das dunkle Reich", eine hymnische Todesphantasie, ist dem Gedächtnis der ersten Frau des Komponisten gewidmet. Im Jahrzehnt nach 1920 wurde die Kammermusik, die schon durch das frühe Klaviertrio und das schwungvolle Klavierquintett vertreten war, durch eine Violinsonate und zwei Streichquartette bereichert; das zweite, Werk 36 in cisMoll, instrumentierte der Komponist, musikalisch unverändert, als Symphonie und enthüllte erst damit den inneren Reichtum der Konzeption; die im Ausdruck verhaltene und verinnerlichte, in der Form kammermusikalisch konzentrierte eis moll-Symphonie nimmt nicht nur im Schaffen Pfitzners, sondern in der Musik des Jahrhunderts überhaupt eine wichtige Stellung ein. Ein Violinkonzert, das das Soloinstrument in ein symphonisches Ganzes einordnet (im langsamen Satz schweigt die Violine ganz), ein Klavierkonzert und zwei Violoncello5*
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konzerte leiten zu den Spätwerken, den zwei Symphonien Werk 44 in G - D u r und Werk 46 in C - D u r . Damit klingt das Schaffen, dessen Satzstil sich in den Kompositionen der Lebensmitte bis in die Nähe expressionistischer Freiheit komplizierte, beruhigt und einfach aus. Über alle Lebensabschnitte hin erstreckt sich die Liedkomposition; als getreuester und kongenialer Nachfahre Schumanns hat Pfitzner den Gefühlsklang der romantischen und der neueren Dichtung unermüdlich aus der Musik wiedergeboren, und der spontane, von volkstümlicher Herzlichkeit bis zu hohem lyrischen Ernst reichende Ausdruck seiner Melodien ist ebenso zwingend wie das geheimnisvolle Weben seiner Harmonien und das ged ä m p f t e Farbenspiel seiner Tonmalereien. D a ß er sein musikalisches Schaffen durch ein umfangreiches schriftstellerisches Werk von sprachlicher und gedanklicher Präganz kommentierte, entspricht der Struktur des romantischen Künstlertyps, dessen Gefühlskraft durch wachen Intellekt gelenkt und geläutert wird. Wie H a n s Pfitzner, so ist auch Gustav Mahler der Romantik verpflichtet. Aber im Gegensatz zur Rückwärtsgewandtheit Pfitzners ist sein Leben und Schaffen beherrscht von rastlosem Vorwärtsstreben, von einem Getriebensein, das ihn einem verhüllten, unbekannten Ziel entgegenjagt. So ist sein ganzes Werk Entwicklung, und so fest und tief es in den innersten Gründen der Romantik wurzelt, so unbeirrt und unwiderruflich f ü h r t es in seinen entscheidenden Formulierungen und Konsequenzen aus der Romantik heraus; in Mahlers Musik wird die Krise der Epoche zum menschlich-künstlerischen Drama. Gustav Mahler ist unter den großen Musikern seiner Generation der älteste; er wurde am 7. Juli 1860 zu Kalischt in Böhmen als Sohn eines Gastwirtes geboren. Über die Gymnasialzeit in Iglau, das Studium in Wien, das ihn in die persönliche N ä h e Bruckners führte, und die Anfängerjahre des Kapellmeisters kam er an die Kasseler Oper; aus einer unglücklichen Liebe des Vier-
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undzwanzigjährigen entstanden die „Lieder eines fahrenden Gesellen", aus denen seine erste, 1893 vollendete Symphonie hervorging. Ein rascher Aufstieg führte ihn über Prag, Leipzig und Budapest nach H a m b u r g ; im Jahre 1897 wurde er als Operndirektor nach Wien berufen, und damit begann ein großes Jahrzehnt der Theatergeschichte, das den Grund für alle Aufführungskunst der Opernbühne im zwanzigsten Jahrhundert gelegt hat. Was Wagner in dem Ausnahmefalle des Festspielhauses in Bayreuth verwirklicht hatte, das machte Mahler zum Prinzip für den gesamten Spielplan einer großstädtischen Opernbühne und damit zum Beispiel für die Welt: die Auffassung der Oper als dramatisches Gesamtkunstwerk, das durch eine komplexe szenisch-musikalische Vision zu verwirklichen ist. So hat er vor allem die Oper Mozarts aus der Tradition geist- und liebloser Aufführungen herausgehoben und in ihrem dramatischen Kern erfaßt. „Figaros Hochzeit" als realistisches Drama revolutionären Aufbegehrens, „Don Giovanni" als üppige Impression, gemischt aus glühenden Farben des Lebens und düsteren Schatten des Todes, waren Urbilder des Operntheaters, die er zusammen mit dem Bühnenmaler Alfred Roller auf die Wiener Bühne stellte und die Vorbild aller späteren Dirigenten und Regisseure geblieben sind. Der Sänger war in diesen szenischen Gesamtkonzeptionen nur dienender Helfer, und so ergab es sich, daß Mahler anstatt der vom Publikum gefeierten Gesangsvirtuosen eine Generation dramatischer, von der Leidenschaft wahrhafter Darstellung beseelter Sänger vom Typus der ausdrucksgewaltigen Anna Bahr-Mildenburg heranbildete. Die inspirierende K r a f t war der fanatische Wille des Dirigenten Mahler, der unnachsichtliche Korrektheit mit dem Feuer eines starken Geistes und einer glühenden Seele verband. Zehn Jahre hielt sich Mahler gegen wachsende Widerstände; 1907 wurde er gestürzt. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Amerika. Schwerkrank, Opfer eines Kehlkopfleidens, kehrte
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er nach Europa zurück und starb einundfünfzigjährig am 18. Mai 1911 in Wien, wenige Monate nachdem sein glücklicher Rivale Strauss mit der Uraufführung des „Rosenkavalier" in eine neue, lange und heitere Schaffensperiode eingetreten war. Das kompositorische Werk Gustav Mahlers, das neben diesem tätigen und aufreibenden Weltleben entstand, stellt sich im Wesentlichen dar in der Form der Symphonie. Mahler hat außer Liedern und liedähnlichen Kompositionen nur Symphonien geschrieben, Werke von ungeheuren Maßen, neun an der Zahl und schon damit den Vergleich mit Beethoven, Schubert und Bruckner, den Meistern der großen Neunzahl, herausfordernd. „Symphonie bedeutet f ü r midi, mit allen Mitteln der vorhandenen Technik mir eine Welt aufbauen." Noch einmal ist der Totalitätsanspruch der symphonischen Form erfüllt. Diese symponische Welt u m f a ß t die blühende Erde und die zwielichtige Landschaft des Todes, das panische Geheimnis und das Wunder der Auferstehung; es klingen die hellen, mutigen Trompeten der Hoffnung, es rufen die Hörner der Sehnsucht, es dröhnt der schwere Hammer der Vernichtung; es raunt und rauscht die vielzüngige N a t u r , es singen Engelchöre, es jubelt und klagt, an das W o r t gebunden, die Stimme des Menschen. Schon früh hat Mahler die Menschenstimme in die instrumentale Klangwelt eingeführt und die Verschmelzung von Liedform und Symphonie versucht. Im Grunde seines Wesens war er, wie jene frühen „Lieder eines fahrenden Gesellen", die späteren „Kindertotenlieder" und sein volkstümlichstes Stück, das „Lied von der Erde", zeigen, Lyriker. Er war es im Sinne Nietzsches, der den Lyriker und sein Erlebnis des Urschmerzes der Welt an den Anfang aller Kunst stellt: aus dem leidenden Ich des zum Bewußtsein erwachten Menschen löst sich der dionysische Gesang, der sich danach zur Gestalt, zum apollonischen Spiegelbild der Welt wandelt. Das ist Mahlers Weg vom Subjektivismus des Liedes zur Objektivität der
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Symphonie. Der symphonische Stil Mahlers ist trotz des ungeheueren Aufwandes an Mitteln, an Instrumentalfarben, an harmonischer T r i e b k r a f t , an befeuernder, von starkbesetzten Schlagzeuggruppen entfesselter rhythmischer Energie, im wesentlichen klar u n d leicht durchschaubar. Seine Vorliebe f ü r einfache, volksliedhafte Themenformen entspricht seinem Verbundensein mit gefühlshaften Ursituationen, Naturemplindung, Sehnsucht, Lust, Trauer, den Elementen des lyrischen Ausdrucks. Daß zwischen der Einfachheit der lyrischen Vokabeln und der hochentwickelten Kunst ihrer kompositorischen Behandlung eine Spannung besteht, entspricht dem stilistischen Entwicklungsstande der Epoche. Aber diese Spannung gleicht sich aus mit dem Reifen der Mahlerschen Technik. Der Stil der Spätwerke ist subtil durchgebildet, frei von belastenden Füllstimmen, das Orchester spielt gleichsam „ohne Pedal"; Linearität, freie H a r m o n i k und Polyrhythmik stoßen weit in das Klangreich des Expressionismus vor. Mit der ersten Symphonie in D - D u r von 1893 ist die Mahlersche Welt voll erschlossen. Der Anfang ist tiefe, vegetative Ruhe, als schlafe die N a t u r in der Mittagshitze des Sommers. Ein Quartenruf klingt auf wie ein Naturlaut, kehrt wieder, nimmt thematische Gestalt an; leise, wie von fern, klingen Trompetensignale, Stimmen der böhmischen Landstraße, die das Ohr des Komponisten in frühester Kindheit aufgesogen hat. Mit dem Quartenschritt des Beginns setzt das Thema des ersten Allegro ein, das Lied des fahrenden Gesellen „Ging heut morgen übers Feld": ein Marsch, ein fröhlicher Aufbruch ins Leben. Es ist auffällig, wie oft der Marsch, das Symbol des Wanderers, bei Mahler wiederkehrt. Der Wanderer ist der Held seiner Symphonie, der Getriebene, Suchende, der aufgerufen ist von einem mystischen Befehl, seine irdische Heimat zu verlassen und einem jenseitigen Ziel entgegenzugehen: der Mensch auf der Grenze zwischen Welt und Transzendenz. Der zweite Satz des Werkes ist ein derbes Ländlerscherzo, der dritte ein groteskes
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Traumstück, eine kanonische Phantasie über das Volkslied „Bruder Jakob, schläfst Du noch?" M i t einem wilden Orchesteraufschrei setzt das Finale ein, die Symphonie w i r d zum D r a m a . In stürmischen Anläufen, über die Episode einer tröstenden, hochgeschwungenen Des-DurMelodie der Violinen w i r d der Höhepunkt erreicht: aus einem gewitternden Ausbruch schmetternder D-DurFanfaren löst sich der melodisch vergrößerte Quartenruf des Anfangs, ein Siegesmarsch des jugendlichen Enthusiasmus. Die zweite Symphonie in c-Moll, 1894 vollendet, beginnt mit einem Trauermarsch. „Es ist der H e l d meiner D-Dur-Symphonie, den ich d a zu Grabe trage", hat Mahler gesagt, „und dessen Leben ich von einer höheren W a r t e aus in einem reinen Spiegel a u f f a n g e . " So steht diese Symphonie der Jenseitsvisionen in unmittelbarer Wechselbeziehung zur diesseitsgläubigen Ersten. Der Schlußsatz gibt mit Trommelwirbeln, mystischen PosaunenWeckrufen und gespenstischem Marschschritt ein Bild des Jüngsten Gerichtstages, das der Chor mit Klopstocks Gesang „Auferstehn, j a auferstehn" jubelnd abrundet. M i t der dritten Symphonie in d - M o l l von 1896 findet sich Mahler zur Erde zurück. „Mich berührt es immer seltsam", schreibt der Komponist, „daß die meisten, wenn sie von N a t u r sprechen, nur immer an Blumen, Vöglein, W a l d e s l u f t denken. Den Gott Dionysos, den großen Pan kennt niemand." Der erste, ungeheuer ausgedehnte Satz ist ein Bacchuszug des Lebens. H ö r n e r singen den Weckruf, Stimmen der T i e f e antworten, dissonante Fanfaren, Schalmeimelodien, peitschende Akkordschläge, torkelnde Baßbewegung: ein Bild des Werdens und Kreißens, der gärenden Lebenskraft. Der Symphoniesatz, der sich aus diesen Elementen losringt, ist ein Marsch von gewaltig ausschreitender Energie, der Episoden faunischer Groteske und mystischer W e l t t r a u e r in seinen R h y t h m u s zwingt. Der zweite Teil des W e r k e s gleicht einer Suite: fünf Sätze, Menuett, Scherzo, Lied, Chorlied und ein feierlich ausklingendes A d a g i o erzählen von Blumen, Tieren, Men-
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sehen und Engeln; das Ganze ist ein tönendes Welttheater, das die Grade des Lebens zwischen elementarer N a t u r und göttlichem Geist umfaßt. Die lyrische vierte Symphonie in G-Dur, die den T o n Haydnscher Naivität anschlägt, ist eine liebliche Märchenerzählung. Das Finale ist ein Orchesterlied, ein Koloratursopran singt von den himmlischen Freuden der Engel. Die drei folgenden Symphonien sind reine Instrumentalwerke. Die Fünfte, mit einem Trauermarsch beginnend, entwickelt im fugierten Rondo-Finale die Polyphonie des Mahlerschen Spätstils. In der Sechsten in a-Moll spricht sich das tragische V e i t g e f ü h l des Komponisten radikal und großartig aus. Das harmonische Grundmotiv ist ein A-Dur-Dreiklang, der sich zum a-Moll verdunkelt: einfachstes Symbol f ü r H o f f n u n g und Resignation, Bejahung und Verneinung. Großzügige symphonische E n t wicklungen, von choralhaften Episoden und Herdenglockenklängen unterbrochen, führen auf mächtige Klanggipfel, der Satz endet mit feurigen Bläserrhythmen in triumphierendem A-Dur. Nach einem stillen Adagio und einem ironisch grellen Scherzo setzt das Finale, ähnlich dem der ersten Symphonie, mit einem Beckenschlag ein. Dreimal wird der wilde Ansturm der Instrumente vom dumpfhallenden H a m m e r des Schicksals niedergeschlagen, der Satz verklingt mit dem a-moll-Dreiklang der Posaunen und Trompeten über leise pochenden Paukenrhythmen im Nichts: eine der furchtbarsten, hoffnungslosesten Verneinungen, die die Musik jemals ausgesprochen hat. Nach diesem Bekenntniswerk bedeutet die siebente Symphonie Rückkehr zur Phantastik der Romantik. Die achte Symphonie, seit ihrer Münchener U r a u f führung im Jahre 1908 als „Symphonie der Tausend" beberühmt, ist eine zweiteilige Chorkantate. Auf den H y m n u s „Veni creator spiritus", im Schmuck sakraler Polyphonie von Chor und Orchester vorgetragen, folgt die Schlußszene von Goethes Faustdichtung, als ekstatisches Opernfinale von Solostimmen und Engelchören zu mystischen
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H a r m o n i e n gesungen: alte Symbole abendländischen Glaubens werden aufgerichtet, aber hier überwiegt der dekorative E f f e k t die innere "Wirkung. D i e neunte Symphonie, wieder rein instrumental angelegt, kehrt die klassische S a t z f o l g e u m : zwei langsame S ä t z e fassen einen Ländler und eine Rondo-Burleske ein. D a s abschließende Adagio des Werkes, das erst nach Mahlers T o d e aufgeführt wurde, ist sowohl in seiner weitabgewandten, verklärten Stimmung wie in seiner kühnen, freien, aus der T o n a l i t ä t hinausstrebenden Linienführung ein überzeugendes Schlußwort. Aus den Skizzen zu einer zehnten Symphonie wurden nach Mahlers T o d e ein ekstatisches A d a g i o und ein „ P u r g a t o r i o " überschriebenes Scherzo veröffentlicht. V o r der Neunten, im Tahre 1908, schrieb Mahler sein volkstümlichstes "Werk, „ D a s Lied von der E r d e " , in dem ihm die Verschmelzung von Lied und Symphonie gelang. Noch einmal ist der Mensch und sein Verhältnis zur Erde, seiner H e i m a t , das T h e m a ; Verse des chinesischen Dichters Litaipe sind in sechs breit ausgesponnenen Orchesterliedern komponiert, die abwechselnd von einer Tenor- und einer Altstimme vorgetragen werden. Dionysisch berauschter Weltschmerz und weiche, in webende Herbstnebel gehüllte Schwermut wechseln mit Gesängen von J u g e n d und Schönheit. D e r letzte Satz, „Abschied", faßt die Welt- und Menschenliebe Mahlers, seine überwindende K r a f t der Entsagung und seine subtile, jede Schwingung registrierende Kunst des musikalischen Ausdrucks in einem dunklen Brennspiegel zusammen. Abendstimmung, Mondessilber, Windeswehen, flüsternder Bach, V o g e l r u f e verschmelzen mit der Melodie des einsamen, zum Scheiden verurteilten Menschenherzens. D a s Riesenorchester klingt durchsichtig wie Kammermusik, nicht nur Flöte, Oboe und Fagott, auch H a r f e , Celesta und Mandoline wirken als Solisten und verbinden sich zu mattleuchtenden Klangmischungen. D i e Stilmittel des Impressionismus und des jungen Expressionismus fließen in den S a t z des Romantikers ein, die Linien streben in
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eine unendliche Freiheit, das Zarteste wird mit einer Kühnheit gesagt, die in den Spätwerken Beethovens ihresgleichen hat. Vieles klingt in Mahlers Schaffen zusammen: die Fülle der Romantik, der Volksliedklang der Wunderhorndichtung, die tragische Gesinnung des modernen Individualismus, der Erlösungsglaube des Christentums. Hinter ihnen aber tönt ein Klang, jenseits der Zeitgrenze des Christentums angeschlagen, aus tieferen Gründen herwehend als die Stimmen der Antike.: ein Urethos der Menschheit, elementar, ungebrochen, voll vom Eifer und von der H ä r t e des alttestamentarischen Gesetzes. Das ist das Erbe des Judentums in Mahler, das hier noch einmal seine alte, menschheitsbildende Sendung erfüllt. Diesem Erbe gehört auch das Ahasverische zu, das Ungenügen am ruhenden Sein, das Getriebensein und Suchen, ein Grundgefühl, das der Sehnsucht der deutschen Romantik verwandt ist und mit ihr verschmilzt. Aber auch die andere Wesensseite der Mahlerschen Kunst stammt aus dieser Quelle, die Bewußtseinshelle, die Traumschärfe des Erlebens, die aus der Romantik hinausweist, alles das, was man als Skepsis und Negation gedeutet hat, was aber in Wahrheit Element eines neuen, illusionslosen Weltgefühls, eines transzendenten Realismus ist. Die Neuerung der Musik vollzog sich zu gleicher. Zeit aus noch anderen geschichtlichen Quellen, aus einer erweiterten, über den Zeitraum der Romantik in die Vergangenheit zurückgreifenden Anschauung der deutschen Tradition. Bach, den die Romantik als ehrwürdige H i n tergrunderscheinung wiederentdeckt und konserviert hatte, rückte plötzlich in den Vordergrund des schöpferischen Bewußtseins und wurde zu einer beherrschenden stilbildenden Macht. Die Welt der barocken Polyphonie, deren Entwicklung um 1750 fast gewaltsam abgeschnitten wurde, ehe ihre mächtigen, durch Jahrhunderte wirkenden Energien erschöpft waren, trat wieder ins Leben und verdrängte die ermattenden F o r m k r ä f t e der Romantik:
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ein erstaunlicher Vorgang, der von der unbeirrbaren Stetigkeit der großen Gesamtentwicklung zeugt, die ihre Mittel nicht verschleudert, sondern die unverbrauchten zu neuer V e r w e n d u n g über lange Zeiträume hin aufspart. D e r Musiker, der diese schöpferische Regeneration Bachs bewirkte u n d damit zum Anreger des neubarocken Musikstils, der Wiedererweckung der Orgelkunst u n d der Rehabilitierung der geistlichen Musik wurde, ist Max Reger. Als Sohn eines bayerischen Volksschullehrers am 19. M ä r z 1873 zu Brand im Fichtelgebirge geboren, wuchs er im oberpfälzischen Städtchen Weiden, in der besinnlichen A t m o s p h ä r e eines kleinbürgerlich-soliden Vaterhauses heran, musikalisch f r ü h u n d sicher geleitet von dem Organisten A d a l b e r t Lindner, der den Siebzehnjährigen weiter nach Sondershausen zu H u g o Riemann, dem strengen Theoretiker der Harmonielehre, in die Schule schickte; und von Riemann m a g Reger vor allem den weiten Blick in die geschichtliche Vergangenheit der Musik gelernt haben. Nach vorübergehender Lehrtätigkeit in Wiesbaden kehrte er 1898 in seine H e i m a t s t a d t W e i d e n zurück, und die J a h r e der Einkehr, die er hier verbrachte, w u r d e n entscheidend f ü r seine Entwicklung: die Orgel rückte in den M i t t e l p u n k t seiner künstlerischen Welt, ihr objektivierter, durch lange J a h r h u n d e r t e liturgischen Gebrauchs geheiligter Klang entzündete seine Phantasie, es entstanden, was seit der Zeit des Barock nicht vorgekommen w a r , W e r k e von höchster Ursprünglichkeit und K r a f t , die den strengen A n f o r d e r u n g e n des geistlichen Instruments innerlich gewachsen w a r e n u n d die gewaltigen D i mensionen seines Klangreichs mit ihrem Gehalt erfüllten, Choralphantasien, Fugen, Passacaglien, die die Künste Bachscher K o n t r a p u n k t i k mit den Abenteuern der schweifenden romantischen H a r m o n i k verschmolzen, ungeheure Überhöhungen der alten Vorbilder, barocker als das Barock selbst. D e r R u h m dieser ebenso traditionsgebundenen wie revolutionären Kunst, die in dem späteren Leipziger T h o m a s k a n t o r K a r l Straube u n d anderen O r -
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ganisten begeisterte Interpreten fand, verbreitete sich rasch und trug den Komponisten in die große Welt. 1901 ging er nach München, wo er, seit 1905 an der Akademie lehrend, in offenen Gegensatz zu der Gruppe der Wagnernachfolger um Thuille geriet. 1907 ging er als Kompositionslehrer und Universitätsmusikdirektor nach Leipzig, 1911 wurde er, längst auf allen Gebieten der Klavierund Liedkomposition, der Kammer- und Orchestermusik heimisch, von dem kunstliebenden Herzog Georg von Meiningen zum Leiter der kleinen, aber hochberühmten Hofkapelle berufen, die einst Hans von Bülow geleitet hatte. Drei Jahre lebte er, dirigierend und komponierend, in der Welt des Orchesters, auch als Dirigent von derselben Ursprünglichkeit und Überzeugungskraft wie an der Orgel und am Klavier, ein tiefer, universaler Musiker, der die Zartheit seiner innersten Natur hinter bajuwarischer Derbheit und drastischem, oft aggressivem Humor verbarg, ein unermüdlich Schaffender, dem nur der Schreibkrampf die Notenfeder aus der Hand nehmen konnte, ein schlichter, liebevoller Mensch, der seine kinderlose Häuslichkeit durch Adoption zweier Töchter bereicherte. 1914 legte er, durch ein bedrohliches Herzleiden gezwungen, die Leitung der Meininger Kapelle nieder und zog sich nach Jena zurück. Aus der Stimmung des Krieges, den er mit höchster Anteilnahme miterlebte, ging die „Vaterländische Ouvertüre" hervor. Aber in der Nacht zum 11. Mai 1916 traf den Dreiundvierzigjährigen in einem Leipziger Hotel unerwartet ein Herzschlag. Seine K r a f t war durch das Übermaß an Arbeit und schöpferischer Erregung verzehrt, das Werk, zwar bis zur Opuszahl 146 angewachsen, blieb ein gewaltiges Fragment voller Anregungen und vorwärtsdrängender Triebkräfte; es ist nicht abzusehen, wie Reger, wäre er älter geworden, den Weg der deutschen Musik weiterhin bestimmt hätte. Wie Bach, so ist auch Reger von den impulsiv hingeschleuderten, mit vulkanischen Energien geladenen Orgel-
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werken seiner Frühzeit her zu verstehen. Die Orgelsuite Opus 16 trägt die bedeutungsvolle Widmung „Den Manen Sebastian Bachs". Die Auferstehung des Bachschen Fugenstils, die sich in ihr und den nachfolgenden Werken vollendet, ist Regers wichtigster Beitrag zur musikalischen Entwicklung. Die Kunst der linearen Themenbildung, der Verflechtung und Steigerung, der Umkehrung und Engführung ist altes, aus den Kantoren- und Organistenschulen überkommenes Musikerhandwerk. Dazu kommt eine souveräne Herrschaft über die romantische, chromatisierte Harmonik, die mit gleitenden Übergängen oder durch harte Kontraste die fremdesten Akkorde miteinander verbindet und den tonalen Raum fast bis zur Unendlichkeit erweitert. Die Spannung zwischen ältester Tradition und radikalem Modernismus ist das Wesen der Regerscfaen Musik. Mit Recht durfte Reger sich zu Bach als dem „Urquell musikalischen Schaffens" bekennen und zugleich gegen jeden akademischen Konservatismus den fortschrittlichen Geist seiner Kunst verteidigen, wie er es mit dem Satz: „Wir reiten unentwegt nach links" drastisch und unmißverständlich getan hat. Wenn in der Choralphantasie über „Ein feste Burg", Werk 27, D-Dur und B-Dur in kontrastierendem Wechsel gegenübergestellt werden, so ist damit eine dramatische Kampfstimmung von vornherein gegeben. „Wie schön leucht' uns der Morgenstern", „Wachet auf" und „Alle Menschen müssen sterben" haben dieselbe harmonische Überfülle, die extreme Stimmungen dort des Jubels, hier des Schmerzes versinnbildlicht. Wenn in der Phantasie über B-A-C-H die vier Noten des Themas mit dem durch Vorhalte verschleierten Septakkord auf f, dem Molldreiklang auf c und dem Dur-Dreiklang auf e harmonisiert sind und das ganze Akkordgebilde sogleich eine Stufe höher, auf g-d-fis wiederholt wird, so ist damit ein tonaler Raum abgesteckt, der die kühnsten und abenteuerlichsten Klangbeziehungen in sich faßt. Die freien, nicht choralgebundenen Orgelphantasien, vor allem die düstere „Inferno"-
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Phantasie "Werk 57 in d-Moll, sind Zeugnisse eines tieferregten geistlichen Expressionismus; der Spätzeit gehören an die „Introduktion, Passacaglia und F u g e " Werk 127, 1913 zur Einweihung der Orgel der Breslauer J a h r hunderthalle geschrieben, und die Phantasie und Fuge in d-Moll Werk 135 b. In der Kammermusik Regers wirkt der Einfluß von Brahms; aber auch hier ersetzt der Jüngere die archaisch herbe H a r m o n i k des Älteren durch ein chromatisches Fließen und Gleiten der Klänge, das die Grenzen der T o n a r t weitet und verwischt. Sonaten für Violine und Klavier, Violoncello und K l a v i e r , Streichtrios, K l a v i e r trios, Streichquartette, ein Streichsextett, sind die wichtigsten T y p e n , das Klarinettenquintett Opus 146, Regers letztes Werk, zeigt die ruhige Schönheit und Abklärung seines Spätstils und darf den Vergleich mit Mozarts spätem Klarinettenquintett aufnehmen. D i e Klaviermusik reicht von den kleinen, romantischen Formen der S a m melbände „Aus meinem Tagebuche", von den schlichten und doch kunst- und reizvollen Sonatinen bis zu virtuosen Konzertwerken wie den Bach-Variationen Werk 81 und den Telemann-Variationen Werk 143; dazu kommen als bedeutende Kompositionen für zwei Klaviere „ V a r i a tionen und Fuge über ein T h e m a von Beethoven" Werk 86 und „Introduction, Passacaglia und F u g e " Werk 96. D a s Liedschaffen birgt reiche Werte, ist aber, mit Ausnahme der „Schlichten Weisen", nicht volkstümlich geworden, da das intensive harmonische Leben des Klaviersatzes der Entfaltung sinnfälliger Melodik im Wege steht. Dagegen hat ein Stück wie die K a n t a t e „ A n die H o f f n u n g " Werk 124, in der die Soloaltstimme von einem seidig zarten, mattdunklen Orchestersatz getragen wird, eine spontane Wirkung, in der sich romantischer Ausdrucksernst und impressionistischer K l a n g z a u b e r verschmelzen. Unter den Chorwerken steht die Vertonung des hundertsten Psalms an erster Stelle, die Chor, Orchester und Orgel zu einem
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viersätzigen, symphonisch gegliederten Hymnus vereinigt und die Schlußfuge triumphierend durch den von T r o m peten und Posaunen geblasenen Choral „Ein feste Burg" kontrapunktiert. Der Welt des Orchesters hat sich Reger verhältnismäßig spät, in seiner Leipziger Zeit, genähert; bis zur klassischen Form der Symphonie, die ihm als Ziel vorschwebte, ist er nie gelangt. Die Sinfonietta Werk 90 und die Serenade Werk 95 lehnen sich an barocke Musizierformen an. Mit seinem Werk 100, „Variationen und Fuge über ein Thema von Johann Adam Hiller" aus dem Jahre 1907, fand Reger den ihm gemäßen Typus der Orchesterkomposition: die gegliederte und gesteigerte Folge von Variationen über ein sinnfälliges, entwicklungsfähiges Thema, die von dem kunstvollen Bau einer Fuge im Sinne eines Finales gekrönt wird. Die Technik der Variation ist eines der ursprünglichsten Prinzipien musikalischer Form. Das Ausschmücken und Bereichern einer Melodie gehört zu den ältesten Praktiken musikalischer Handwerksübung, es entspringt derselben Freude am schönen Zierrat, die den Drechsler oder den Goldschmied treibt, ein schlichtes Stück H o l z oder Metall mit Schnitzwerk oder Ziselierung zu schmücken; es ist nicht vom menschlichen Ausdrucksbedürfnis, sondern vom künstlerischen Spieltrieb bestimmt. Im „Double" der Tanzsuite, in der alten Choralpartita und in der Passacaglia verkörpern sich Methoden der Variation. H a y d n und Mozart haben die Variation als Mittel geistvoller musikalischer Konversation, Beethoven und Brahms als Mittel innerer Anreicherung und konstruktiver Entwicklung gepflegt; in Spitzenwerken wie Bachs Goldberg-Variationen und Beethovens DiabelliVariationen, die ein unscheinbares T h e m a mit einer U n summe von Geist, Erfindung und Kunst belasten, offenbart sich der extrem artistische Sinn, der dieser Technik innewohnt. In Reger, dem Erben und Verwalter alter musikantischer Kunstfertigkeiten, erreicht die Variations-
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kunst einen neuen Höhepunkt. Wie er das simple Liedthema des alten Singspielmeisters Hiller durch immer neue Verwandlungen führt, wie er es zerlegt, zerstäubt, zum Ubermut emportreibt oder zu sakraler W ü r d e erhöht, wie er es in Scherzo-Leichtheit hintanzen läßt oder mit strahlenden Bläserfarben glorifiziert, wie er es in die romantische Unendlichkeit eines selig-süßen Andantesatzes hinaustreiben läßt und zum Dux einer grotesk-humoristischen Fuge umschmiedet, die die Linien unentwirrbar ineinander verschlingt und die Akkordmassen wie Blöcke aufeinandertürmt — das ist die Leistung einer schöpferischen U r k r a f t , die aus der innersten, glühenden Mitte der Musik gespeist wird, und das Werk, das so entsteht, ist geschlossen, gültig und autonom wie die klassische Form der Sonate und Symphonie. Das Violinkonzert in A-Dur Werk 101 und das Klavierkonzert in f-Moll Werk 114, zwischen denen der „Symphonische Prolog zu einer T r a gödie" Werk 108 steht, erweitern die von Brahms geschaffene, den virtuosen Effekt dem symphonischen Gedanken unterordnende Konzertform. Ist das „Konzert im alten Stil" Werk 123 noch einmal eine Huldigung an Bach, so nähert sich Reger in der von Eichendorff inspirierten „Romantischen Suite" Werk 120, in den „Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin" Werk 128 und in der Ballettsuite Werk 130 dem Impressionismus; vorzüglich das letzte Werk, mit dem er „etwas unendlich Graziöses" schreiben wollte, „etwas Urfeines im Klang, zierlich in der Musik und spinnwebfein instrumentiert", zeigt mit den Genrebildchen von Harlekin und Colombine, mit Liebeswalzer u n d Tarantella eine Intimität und Verfeinerung des Stils, die weit von den wilden Klangeruptionen der frühen Orgelwerke entfernt ist. Regers letztes O r chesterwerk „Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart", Werk 132, ist mit Recht das volkstümlichste geworden: es faßt alle Elemente seines Stils in heiterer Harmonie zusammen. Das graziöse T h e m a aus Mozarts A-Dur-Klaviersonate verliert in den wechselnden harmo6 Musik d. 20. Jhdt,
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nischen und ordiestralen Belichtungen, die es durchmacht, nichts von seiner Anmut und Lieblichkeit; das zauberhafte E-Dur-Adagio, das der tänzerisch heiteren Fuge als letzte Variation vorhergeht, ist ein beruhigender Abgesang, in dem sich romantische Tristan-Sehnsucht zu stiller, lichter Seligkeit verklärt. Regers Werk ist ein Reich der reinen, absoluten Musik, zusammengesetzt aus den Bezirken der Polyphonie und der flutenden Harmonik, weit gedehnt von der öffentlichkultischen bis zur intim-privaten Sphäre. Die Regeneration der vom romantischen Jahrhundert verbrauchten, ihrer Lebenssäfte beraubten tönenden Materie ist seine eigenste Leistung. Die produktive Urkraft, die in diesem bayrischen Musiker Steckte, ergoß sich in die Fugenkunst des Barock und erfüllte sie mit neuem, strotzendem Leben, zog den erstarrten Choral wieder in den Bereich der lebendigen Musik, bemächtigte sich der Orgel, des alten, längst zum historischen Relikt gewordenen Instruments, floß in die entleerten Gefäße der Sonate und der romantischen Kleinformen, und hier vor allem kostete er die Reize der nachtristanischen, chromatischen Harmonik aus, ihrem auflösenden Drang bis an die Grenze der Tonalität nachgebend. An dieser Grenze machte er Halt. Das ist das Beharrende, Vergangenheitsgebundene in Reger, der geschichtliche Geist, der den Radikalismus des Fortschrittlers korrigiert. Kraftgeladen, maßlos, zum Exzeß geneigt, bleibt er doch in ehrfürchtiger Bescheidung im Bereich derer, als deren Nachfolger er sich wußte: Bachs, Beethovens, Brahms'. Mag seiner Kunst die persönlich geformte Melodie, das charakteristisch gezeichnete Thema fehlen, und mag er in diesem Betracht Kind seiner Zeit sein, in der die Individualität in der Masse unterging (daß er diesen Mangel fühlte, beweist die Vorliebe, mit der er sich immer wieder fremde, alte und starke Themen zur Bearbeitung vornahm, ihre geheimen Inhalte und Möglichkeiten enthüllend); sie setzte dafür als neuen, der Vergangenheit entrissenen Gewinn das Prinzip der thema-
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tischen Linie, das zum Gesetz der Musik des zwanzigsten Jahrhunderts wurde. Ganz anders geartet als der schwerblütige Reger und doch ihm durch Geist und Wirkung seines Werkes verwandt ist Ferruccio Busoni, eine glänzende, im Licht der Internationalität schillernde, von dämonischer Geistigkeit durchglühte Erscheinung, einer der legitimen Väter der neuen Musik. Busoni wurde am 1. April 1866 in Empoli bei Florenz als Sohn eines italienischen Klarinettisten und einer deutschen Pianistin geboren; von Natur zwischen den Nationen stehend, dem Geiste nach Kosmopolit, ist er doch durch seine künstlerische Entwicklung ganz in die deutsche Musik hineingewachsen und nur aus ihrem Zusammenhang zu verstehen. Schon mit sieben Jahren betrat Busoni als pianistisches Wunderkind das Podium, und seine Jugendjahre sind erfüllt von der Unrast des Virtuosendaseins. Helsinki, Moskau, wo er sich mit der Tochter eines schwedischen Bildhauers vermählte, Boston, Berlin, Weimar, Wien, Bologna waren die Stationen seines Weges. Während des ersten Weltkrieges wirkte er in Zürich, 1920 wurde er Lehrer der Akademie der Künste in Berlin. Hier verbrachte er, Weltmann und unbestrittener Mittelpunkt des hauptstädtischen Musiklebens, hochverehrt als Pianist, der durch geistsprühende Mozartund Liszt-Interpretation faszinierte, als Komponist und als Lehrer eines um seine überragende Persönlichkeit gescharten Schülerkreises, zu dem Egon Petri, Philipp Jarnach, Wladimir Vogel, Kurt Weill gehörten, seine letzten Lebensjahre; er starb am 27. Juli 1924. Der Pianist Busoni hat dem Komponisten die ersten schöpferischen Impulse gegeben; wie Liszt, so war auch Busoni zuerst Spielmann, der sich selbst Musik für sein Instrument schrieb. Aber als Sohn einer bildungsbewußten, geschichtlich empfindenden Zeit ging es ihm nicht so sehr um das naive, brillante Virtuosenstück als um Erarbeitung der Meisterwerke der Vergangenheit. Bach und Liszt waren die Pfeiler seiner geistigen Welt, 6*
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Barock und Romantik waren die Pole, die sein großes Leben zur Synthese bringen sollte. Auf Bach, dessen „Wohltemperiertes Klavier" er in unakademischer, intuitiv deutender Fassung herausgab, f u ß t die 1910 entstandene „Fantasia contrappuntistica" f ü r Klavier, ein imposanter Versuch, die letzte, unvollendete Quadrupelfuge aus Bachs „Kunst der Fuge" mit modernen Mitteln zu Ende zu führen. Von Liszt und dem Impressionismus inspiriert sind die „Elegien" f ü r Klavier, das „Indianische Tagebuch" verarbeitet amerikanische Anregungen. Das weiträumig angelegte, zum Orchester im Finale einen Männerchor hinzuziehende Klavierkonzert Werk 39 läßt den Einfluß eines Brahmsischen Klassizismus erkennen, den Busoni später entschieden ablehnte, das leichtere, konzentriertere Concertino Werk 54 ist aus älteren und neueren Stücken zusammengeschlossen; das Violinkonzert Werk 35a ist von italienischer Schönheit und Kantabilität. An reinen Orchesterwerken sind die frühe, mozartnahe Lustspielouvertüre, die „Berceuse elegiaque" Werk 42, das „Rondo Arlecdiinesco" Werk 46 und der aus indianischen Motiven komponierte „Gesang vom Reigen der Geister" Werk 47 bedeutsam. Busoni war soweit Italiener, daß er sein Leben lang von dem Phänomen der Oper fasziniert blieb; f ü r die Bühne hat er seine gültigsten, geistig eigenartigsten Werke geschaffen. Immer war er sein eigener Textdichter; die Einheit des Gesamtkunstwerks, das Wachsen aus einem Keim war ihm Bedingung. „Die Brautwahl" von 1912 zeigt ihn unter dem Einfluß E. T h . A. Hoffmanns, dessen gespenstische, im alten Berlin von 1820 spielende Erzählung vom Goldschmied Leonhard und vom ahasverischen Wechsler Manasse den Stoff geliefert hat. Schon hier zeigte sich die Vorliebe f ü r den phantastischen, bewußt unwirklichen Opernstoff, die Busoni in seinem „Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst", einer 1906 erschienenen Aphorismensammlung, in Reaktion auf die Primitivitäten des italienischen Verismo zum Prinzip er-
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hob: „Es sollte die Oper des Übernatürlichen oder des Unnatürlichen, als der allein ihr natürlich zufallenden Region der Erscheinungen und der Empfindungen, sich bemächtigen und dergestalt eine Scheinwelt schaffen, die das Leben entweder in einen Zauberspiegel oder einen Lachspiegel reflektiert, die bewußt das geben will, was in dem wirklichen Leben nicht zu finden ist. Und lasset T a n z und Maskenspiel und Spuk mit eingeflochten sein, auf daß der Zuschauer der anmutigen Lüge auf jeden Schritt gewahr bleibe und nicht sich ihr hingebe wie einem Erlebnis." Die konsequente Verwirklichung dieses Programms waren die Opern „Turandot" und „Arlecchino", die 1917 in Zürich ihre Uraufführung erlebten, jene eine graziöse, mit künstlichen Chinoiserien spielende Vertonung und Umformung des alten Gozzischen Theatermärchens, diese eine übermütige, mit zeitsatirischen Anspielungen gespickte und von trocken-witziger Musik getragene Erneuerung der Commedia dell'Arte. Verkörperte sich in diesen Werken der italienische Teil seines Wesens, so wandte er sich mit seinem Hauptwerk, dem die Arbeit seiner letzten Lebensjahre galt, dem deutschen Kulturbereich zu. Auch hier ist es das Zauber- und Puppenspiel, das seine Phantasie reizt: das Spiel von „Doktor Faust". Es ist der Griff in das Zentrum deutsch-mittelalterlicher Mystik und Magie, in das Dunkel von Sage und Aberglauben, in das Grauen von Teufels- und Höllenspuk, und zugleich in die kalte, erhabene Region des absoluten, selbstherrlichen Geistes, seiner Größe und seiner luziferischen Tragik. Busonis Faust vermeidet jede Beziehung zu dem Helden der Goetheschen Dichtung. Er ist der Magier des alten Volksbuchs und zugleich Träger moderner Geistigkeit, Abbild des Komponisten selbst und seiner Epoche. E r beschwört die Höllengeister und macht sich Mephistopheles zum Diener, verführt die Herzogin von Parma, wirbt um Helena, die vollkommene Schönheit, geht durch Irrtum und Schuld in Einsamkeit und unerlöst zugrunde, aber er vermacht seinen ewigen, un-
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sterblichen Willen den künftigen Geschlechtern. Die musikalische Atmosphäre des Werkes ist bezwingend dicht. Die Beschwörungsszene ist ein Meisterstück musikalischer Magie, wie es auch die Romantik nur selten vollbracht hat. Chöre der Höllengeister, die wie aus der Unendlichkeit herüberhallen, die Erscheinung Mephistos mit dem strahlenden hohen C des Tenors, der Teufelspakt vor dem Klanghintergrund der jubelnden, glockenumklungenen Ostermesse, das Hoffest in Parma, die Streitchöre der Wittenberger Studenten, die den Lutherchoral gegen das Tedeum ausspielen — das alles sind Visionen von packender Tiefe und Kraft, musikalische Symbole, die des größten aller dramatischen Stoffe würdig sind. Die Partitur, die in geschlossenen, aber ineinander verschleiften Formen kunstvoll aufgebaut ist und traditionelle Typen wie Sinfonia, Arie und Variation, Tänze wie Cortege und Sarabande verwendet, gehört zu den klassischen Schöpfungen des zwanzigsten Jahrhunderts; der Stil bedient sich der Freiheiten der atonalen Musik mit glättendem Formgefühl, dem Erbteil Italiens. Busoni hat sein Hauptwerk nicht vollendet. Sein Schüler Philipp Jarnach ergänzte den letzen Akt nach hinterlassenen Skizzen. Die Uraufführung fand nach dem Tode des Komponisten 1925 in Dresden statt. Wie als Komponist, so wirkte Busoni als Denker und Theoretiker in die Zukunft. Seine Musikästhetik, die den Widerspruch des konservativen Pfitzner hervorrief, enthält die Vorahnung aller künftigen Neuerungen und Fortschritte. „Nach welcher Richtung führt der nächste Schritt? Ich meine, zum abstrakten Klange, zur hindernislosen Technik, zur tonlichen Unabgegrenztheit. Nehmen wir es uns doch vor, die Musik ihrem Urwesen zurückzuführen; befreien wir sie von architektonischen, akustischen und äthetischen Dogmen, lassen wir sie reine Erfindung und Empfindung sein, in Harmonien, in Formen und Klangfarben; lassen wir sie der Linie des Regenbogens folgen und mit den Wolken um die Wette Sonnenstrahlen
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brechen." U n d neben diese Ästhetik der Freiheit, die die atonale Periode der Musik einleitete, stellte er am Ende seines Lebens die Ästhetik der strengen, gebändigten Form, das Programm des Klassizismus, das um 1925 zum Programm der Zeit erhoben wurde und einen wesentlichen T e i l der Musik des Jahrhunderts geformt h a t : „Unter einer jungen Klassizität verstehe ich die Meisterung, die Sichtung und Ausbeutung aller Errungenschaften vorausgegangener Experimente, ihre Hineintragung in feste und schöne Formen. Diese Kunst wird alt und neu zugleich sein. Dahin steuern wir, glücklicherweise, bewußt und unbewußt, willig oder mitgerissen." DIE OPER DES VERISMO UND GIACOMO PUCCINI Die Lebenskraft der italienischen Oper war mit Giuseppe Verdi nicht erschöpft. H a t t e die strenge konservative Gesinnung Verdis die Tradition der nationalen Formen, vor allem das alte Prinzip der Arie, der auf einfache harmonische und rhythmische Begleitungselemente gestützten kantablen Melodie, rein bewahrt und erst in seinen spätesten Alterswerken den flutenden, formerweiternden und auflösenden K r ä f t e n der Hochromantik vorsichtig Einlaß gewährt, so wurde die lange zurückgeschobene Verarbeitung dieser romantischen und inzwischen schon um die Klangmittel des Impressionismus bereicherten K r ä f t e zur um so dringlicheren Aufgabe für die nächstfolgende Generation, und eben jene Alterswerke Verdis, „Othello" auf dem Gebiet des seriösen Musikdramas, „Falstaff" auf dem der Buffooper, sind die Bindeglieder zwischen dem romantischen Musikdramatiker und seinen Nachfolgern, die Quellen, aus denen diesen der national bedingte T e i l ihrer Eingebungen zufloß. D a ß daneben die H a r m o n i k und der Kolorismus der deutschen Instrumentalmusik und in noch höherem Grade der durch seine ruhige, klare Sinnenschönheit bestrickende Stil des Fran-
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zosen C l a u d e Debussy wachsenden Einfluß gewannen, entspricht dem zunehmenden Austausch zwischen den N a tionen, der allmählich einen neuen Universalismus der Musik vorbereitete. Alle diese K r ä f t e bewirkten, d a ß die italienische Musik nach Verdi einen großen, geradezu revolutionären Schritt tat, der die vorgeschrittene Entwicklung der übrigen Musikländer einholte. Dennoch bleibt auch in der Generation der u m u n d nach 1900 schaffenden Komponisten die Beziehung auf die Vergangenheit uneingeschränkt bestehen, die gesangliche Melodie, die seit Monteverdi Keim und Wesen allen italienischen M u sizierens w a r , erlebte eine letzte üppige Blüte. Im Schaffen Arrigo Boitos (1842—1918) klangen das Pathos u n d das Unendlichkeitsstreben der R o m a n t i k nach. Nicht nur als Musiker, sondern auch als Dichter u n d Übersetzer hervorragend begabt, u n t e r n a h m er es, nachdem er Frankreich u n d Deutschland bereist u n d dabei den Eindruck der Wagnerschen K u n s t in sich aufgenommen hatte, die Faustdichtung Goethes in Musik zu setzen. Seine O p e r „Mefistofele" verbindet Szenen aus beiden FaustTeilen zu einem musikalischen Erlösungsdrama, das sowohl Margarete wie Helena, sowohl die nordische wie die klassische Walpurgisnacht e n t h ä l t ; d a ß der T e u f e l zur Titelgestalt wird, bezeugt, d a ß das romantisch-satanische Element den Komponisten vor allem anzog. Das W e r k , das bei seiner U r a u f f ü h r u n g in M a i l a n d im J a h r e 1868 durchfiel, errang sich bald allgemeine A n e r k e n n u n g und verschaffte seinem jungen Schöpfer hohe Achtung. Aber übergroße Selbstkritik hemmte Boitos weitere Entwicklung. Seine literarische Begabung k a m Verdi zugute, f ü r den er die Textbücher zu „Othello" u n d „Falstaff" bearbeitete; f ü r Amilcare Ponchielli (1838—1886) schrieb er die Dichtung der erfolgreichen O p e r „La Gioconda". An seinem „ N e r o n e " , einem erschreckenden Beispiel musikalischer Darstellung des Bösen u n d des Grausamen, feilte er jahrzehntelang; erst nach des Komponisten T o d e a u f geführt, erwies sich das W e r k trotz starker dramatischer
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und stilistischer Eigenschaften als nicht lebensfähig. So ist Boito bei aller Reinheit und Kultur als Schaffender eine tragische Erscheinung geblieben. Zwei andere, als Persönlichkeiten weit weniger bedeutende Musiker rissen das Steuer der Entwicklung an sich, beide nur durch ein einziges, die Mitwelt durch seine Stoßkraft überrennendes Werk, einen Ausbruch primitiver Vitalität, dem nichts Gleichwertiges oder Reiferes nachfolgte: Pietro Mascagni und Ruggiero Leoncavallo. Fragt man nach der Qualität ihrer Kunst, so ist das „und", das ihre Namen verbindet, sinnlos. Die Naturhaftigkeit des ersten hat wenig gemein mit der sentimentalen, parfümierten Zivilisationsmusik des anderen, und schon hier zeigt sich die Diskrepanz von Wert und Wirkungsradius, die für das Kunstleben des Massenzeitalters bezeichnend wird. Die Musikgeschichte nennt die beiden zusammen, wie der Bühnenbrauch ihre Werke zu einem Theaterabend zusammengestellt hat; denn beide vertraten dasselbe, neue und für ihre Zeit sensationelle Prinzip, das mit dem Schlagwort „Verismo" bezeichnet wird: sie brachten die nackte, banale Wirklichkeit des Alltags auf die Opernbühne und stellten dem Märdienzauber der verblassenden Romantik die packende Eindringlichkeit lebensnaher Stoffe entgegen. Der Naturalismus, in der Literatur von Gustave Flaubert und entschiedener von Emile Zola durchgesetzt, auf der Schauspielbühne durch den jungen Gerhart Hauptmann zu breiter öffentlicher Wirkung gebracht, forderte auch auf der Opernbühne sein Recht. Freilich stand er im Widerspruch zu dem der Oper vom Ursprung her wesentlichen Streben nach Überhöhung der Wirklichkeit. Musikalischer Ausdrude und Alltagssprache schließen sich aus; der singende Heros einer mythischen Welt ist ästhetisch glaubhafter als der singende Durchschnittsmensch im schlichten Kleide der Gegenwart. Darum konnte die produktive Berührung von Oper und Alltagswelt nur einen Augenblick währen, aber dieser Augenblick war von kunstgeschichtlicher Bedeutung.
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Pietro Mascagnt, am 7. Dezember 1863 in Livorno geboren, Schüler Ponchiellis in Mailand, schrieb f ü r einen W e t t b e w e r b des Verlegers Sonzogno die einaktige Oper „Cavalleria rusticana", die 1890 in R o m u r a u f g e f ü h r t w u r d e u n d über die Bühnen der ganzen W e l t ging. Die H a n d l u n g , die auf ein italienisches Volksstück zurückgeht, spielt an einem Ostermorgen in einem sizilianischen D o r f e . D e r junge Bauer T u r i d d u betrügt seine Braut Santuzza mit Lola, der leichtfertigen F r a u des F u h r m a n n s Alfio. S a n t u z z a verrät ihn, er fällt im Zweikampf mit Alfio, dessen E h r e er beleidigt h a t . D e r einfachen H a n d l u n g entspricht die Musik: leicht faßliche Melodien v o n glühender Leidenschaft u n d k r a f t v o l l e r Ursprünglichkeit, treffsichere Charakterschilderung, farbige H i n t e r g r u n d m a l e r e i in den heiteren Gesängen der Ostermesse u n d den T r i n k liedern der Schenke; eine schlichte musikalische Volkssprache, in der sich die Schönheit der italienischen Melodie mit dem Realismus m o d e r n e r Ausdrucksformen verbindet. Mascagni hat die K o n z e n t r a t i o n dieses kleinen Meisterwerks in seinen zahlreichen späteren W e r k e n nicht wieder erreicht; er starb am 2. August 1945 in Rom, ein T a l e n t , dessen Sendung sich in einer einzigen f r ü h e n Leistung erfüllte. Der N e a p o l i t a n e r Ruggiero Leoncavallo, am 8. M ä r z 1858 geboren, w i r k t e als Lehrer und Kaifeehausmusiker, bevor er 1892 in Mailand mit der zweiaktigen O p e r „I Pagliacci" (Bajazzo) den E r f o l g seines Lebens errang. H i e r w i r d mit d e m P r o g r a m m des Verismo Ernst gemacht. Der Stoff ist eine w a h r e Begebenheit, die der Komponist als K n a b e in einem D o r f e Calabriens erlebt h a t t e u n d die er sich selbst zum Libretto f o r m t e : ein K o mödiant, der v o n seiner Frau betrogen w i r d u n d sein eigenes Schicksal in einer H a r l e k i n k o m ö d i e spielen muß, verwechselt Spiel u n d Wirklichkeit u n d ersticht auf der Bühne die Frau u n d ihren Geliebten. Die T r a g i k des Bajazzo, dessen Beruf es ist, zu lachen, w ä h r e n d sein H e r z zerbricht, w i r d in einer T e n o r a r i e zu höchstem Effekt gesteigert. Wirkungsvoll ist auch der Prolog, der
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dem W e r k statt der O u v e r t ü r e vorhergeht; der K o m ö diant T o n i o erläutert dem Publikum mit einfachen W o r t e n das P r o g r a m m des Verismo: „ H e u t ' schöpft der Dichter k ü h n aus dem wirklichen Leben." D e r Musik, die als Begleitung des Harlekinspiels alte T a n z f o r m e n verwendet, fehlt es nicht an melodischem Reiz u n d d r a m a tischer Schlagkraft, aber ihr innerer W e r t ist nicht mehr mit den Maßstäben der italienischen T r a d i t i o n zu messen. Die großen Tenöre, vor allem Enrico Caruso, machten die Figur des Bajazzo in aller Welt populär. Auch Leoncavallo erfüllte nicht die E r w a r t u n g e n , die der E r f o l g geweckt hatte. Spätere W e r k e , eine „Boheme", ein „Roland von Berlin", den er auf A u f t r a g des deutschen Kaisers schrieb, blieben ohne W i r k u n g ; er starb am 9. August 1919. D i e überragende Begabung, die die Anregungen der Zeit aufgriff u n d zusammenfaßte, w a r Giacomo Puccini. Sein Schaffen w u r d e zur letzten Bestätigung der italienischen Gesangsoper; mochte es an künstlerischem W e r t hinter der Leistung Verdis zurückbleiben, so erreichte es sie an Lebensintensität u n d W i r k u n g s k r a f t . Puccini ist f ü r den J a h r h u n d e r t a n f a n g der R e p r ä s e n t a n t des NatürlichVitalen u n d des Modischen, so wie Richard Strauss Repräsentant der K u l t u r u n d der T r a d i t i o n in der Musik ist. Sein Stil verarbeitete vielfältige Einflüsse. V o n W a g n e r , den er bewunderte, ü b e r n a h m er die motivische Technik, die Farbe u n d Ausdrudeskraft der Orchestersprache, von Debussy die ruhige Schönheit der statischen H a r m o n i k , den Reiz der Quintenklänge, die Grazie der thematischen Arabesken. Exotische Elemente machten die Musik seiner späteren W e r k e vollends zu einer Weltsprache, der dennoch das italienische Melos als Lebensnerv erhalten blieb. Die Universalität seines Stils f ü h r t e Puccini aus den Grenzen der veristisdhen Zeitkunst hinaus. Er v e r d a n k t e dem Kunstgeschmack des Verismo die Direktheit u n d die zuweilen brutale Schlagkraft seiner dramatischen W i r k u n g e n . Aber seine Stoffe sind
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nur zum Teil der alltäglichen Wirklichkeit entnommen, und die Phantastik und die Stimmungskunst der musikalischen Behandlung geben auch dem Alltäglichen einen Schimmer von Romantik; am Eingang und am Ausgang seines Schaffens stehen Werke, die ganz der unwirklichen Zauberwelt der Oper angehören. Der innere Grund von Puccinis Weltbedeutung aber beruht darin, daß er die primitiven Grundgefühle der Zeit auszusprechen vermochte. Er ist der Musiker des naiven, sinnlichen Eros, der Sänger der Schönheit und des Lebensgenusses, und er ist ebenso der Anwalt der zerstörenden Gegenkräfte, der Roheit, der Grausamkeit und des vernichtenden Todes. Ethische und metaphysische Elemente sind seiner Kunst fremd. Er stellt keine Forderungen, er will nicht erziehen oder erheben; im Realismus seines Gefühls beruht seine Wahrhaftigkeit. In noch anderem Sinne ist Puccini Kind seiner Zeit: seine Kunst war, ähnlich wie die von Richard Strauss, wie die Wedekinds, Hauptmanns und vieler anderer, ein Kult der Frau. In der Frau verkörperte sich dieser Generation das Geheimnisvoll-Unberechenbare, das N a t u r h a f t e , das Elementare und Dämonische, das aus der Zivilisationswelt sonst entwichen war; die Frau war zugleich Idol des Schönen, Zarten und Lieblichen in der Welt des Zweckhaft-Nützlichen und der mechanisierten Energien. Puccinis Frauengestalten sind Bilder, die sich die Zeit zur Verehrung aufrichtete, lebensnäher, wirklicher als die Frauenbilder der Romantik, aber von gleicher Zartheit und Innigkeit, von gleichem Charme der Seele und des Leibes; tragisch gezeichnet, schutzlos den Mächten der brutalen Welt ausgeliefert, sind sie die leidenden Heldinnen im Drama triebhafter Leidenschaft, das die materialistische Epoche sich vorspielte. Giacomo Puccini wurde am 22. Dezember 1858 in Lucca geboren. Er stammte aus einer alten Musikerfamilie, der seit Generationen die Pflege der kirchlichen und der weltlichen Musik in ihrer Heimatstadt oblag. D a sein Vater f r ü h starb, wuchs er mit sechs Geschwistern in
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äußerster Armut auf. Schon als fünfjähriger Knabe leistete er Organistendienste, aber seine Begabung entfaltete sich langsam. Als Zwanzigjähriger wurde er mit einem Stipendium nach Mailand geschickt. Der Unterricht des Kontrapunktikers Antonio Bazzini fesselte ihn wenig, er widmete seine Zeit mehr dem Besuch der Oper und der Kaffeehäuser und führte das sorg- und anspruchslose Künstlerleben, das er später in seinem Meisterwerk „La Bohème"'' verherrlicht hat. Tieferen Einfluß gewann auf ihn sein Lehrer Amilcare Ponchielli, Meister eines melodisch-effektvollen Opernstils, der den künstlerischen Vorstellungen des Schülers entsprach. Aus der Studienzeit stammt ein Instrumentalwerk, ein „Symphonisches Capriccio", das die Öffentlichkeit zuerst auf den jungen Komponisten aufmerksam machte und später als Introduktion der Oper „La Bohème" Verwendung fand. Zwei Frühwerke begründeten den Ruf seines Namens. „Die Willis", ein romantisches Schauerstück, nach einem Text des Dichters Ferdinando Fontana in äußerster Eile komponiert, wurde 1884 im Mailänder T e a t r o dal Verme mit großem Erfolg aufgeführt, vermochte sich aber nicht auf der Bühne zu halten; der Stoff, den schon Adam in seinem Ballett „Giselle" verwendet hatte, die Sage von den verlassenen Bräuten, die als Gespenster an ihren ungetreuen Liebhabern Rache üben, regte zwar die Phantasie des Komponisten zu opernhaft-pittoresken Erfindungen an, entsprach aber nicht dem Geschmack des Publikums. Auch die zweite Oper, „Edgar", in vierjähriger sorgfältiger Arbeit nach einem auf Musset zurückgehenden Text Fontanas geschaffen, scheiterte trotz des Mailänder Uraufführungserfolges von 1889 an der Unzulänglichkeit des Librettos. Aber der Erfolg beider Werke hatte genügt, die materielle Unabhängigkeit des Komponisten zu sichern. An einem kleinen Landsee bei dem Dorfe T o r r e del Lago, nahe dem toscanischen Seebad Viareggio, baute er sich ein Haus, das bis zum Ende seines Lebens sein Heim blieb. Hier wohnte er mit seiner Gefährtin Elvira Bonturi, die nach acht-
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zehnjährigem Zusammensein nach dem Tode ihres ersten Mannes seine Frau wurde; hier vergnügte er sich mit Jagd, Angeln, technischen Spielereien und bohèmehafter Geselligkeit, hier sind fast alle seine bedeutenden Werke entstanden. Das erste dieser Werke war die Oper „Manon Lescaut". Puccini entnahm den Stoff, den kurz zuvor der französische Komponist Jules Massenet zur Oper verarbeitet hatte, einer alten Erzählung des Abbé Prévost. Die Heldin ist die schöne, verwöhnte Frau des ancien régime, die es nicht vermag, Reichtum und Luxus der Liebe zu opfern. Manon läßt sich, als sie in ein Kloster eintreten soll, von dem armen Studenten Chevalier des Grieux entführen, wird aber die Geliebte eines reichen Steuerpächters, der sie gefangen setzen und deportieren läßt, als sie ihn verläßt. Des Grieux folgt ihr nach Amerika, in der öden Prärie von N e w Orleans stirbt sie, erschöpft und gebrochen, in seinen Armen. Die H a n d l u n g ist, obgleich fünf Textdichter am Werke waren, kein wirksames Bühnenstück geworden, aber sie bietet eine Fülle farbiger, überraschender und spannender Situationen; vor allem ist die Heldin mit ihrem Liebreiz, ihrer Passivität und ihrer menschlichen Schwäche eine echte Puccini-Figur. Die Musik ist, wohl weil die Annäherung an Massenet bewußt vermieden werden sollte, die italienischste, die Puccini geschrieben hat, voll von Zartheit und Leidenschaft, flüssig und großzügig in der Form, reich an Melodie, vor allem im Schlußakt, der ein einziges inniges Liebesduett ist. Die U r a u f f ü h r u n g 1893 in Turin durch Arturo Toscanini begründete den Weltruhm des Komponisten. Mit dem folgenden Werke, das drei Jahre später an derselben Stelle durch denselben Dirigenten u r a u f g e f ü h r t wurde, w a r die Meisterschaft erreicht. „Die Bohème", eine Szenenfolge, von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica nach Henri Murgers Roman bearbeitet, ist Puccinis glücklichste Schöpfung geblieben. Die Dachstuben und Kaffeehäuser von Montmartre sind der Schauplatz, Künstler, Dichter,
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Maler und Musiker, leichte, anonyme, von der Würde des Ruhmes ausgeschlossene Existenzen sind die Personen; Mimi, die arme, schwindsüchtige Blumenstickerin, die ihre Seele in der Liebe zu dem Dichter Rudolf verschwendet und still wie ein Licht verlischt, ist die Heldin, die Kokotte Musette ist die leichtfertige Gegenspielerin. Die Komik der Atelierszenen, der Trubel des Pariser Straßenlebens sind so sicher getroffen wie die herzbeklemmende, in stammelnde musikalische Prosa aufgelöste Tragik des Sterbens; das erste Bild mit den Arien Rudolfs und Mimis und dem schwärmerischen Liebesduett der beiden ist der lyrische Höhepunkt. Krasser, gröber in den dramatischen Effekten ist „Tosca", die im Jahre 1900 in Rom auf der Bühne erschien. Die Handlung, einem Schauspiel des durch seine blutrünstige Phantasie berüchtigten Theaterdichters Victorien Sardou nachgebildet, spielt in Rom zur Zeit Napoleons. Der österreichische Polizeichef Baron Scarpia läßt den Maler Cavaradossi in Gegenwart seiner Geliebten, der Sängerin Floria Tosca, foltern, um ihn zum Verrat an einem Freunde zu zwingen. Die Sdireie des Gefolterten, der blutüberströmt auf die Bühne getragen wird, sind eine Wirkung, deren sich die Opernbühne vorher noch nicht bedient hatte. Damit nicht genug: Scarpia verurteilt Cavaradossi zum Tode, Tosca erwirkt seine Begnadigung um den Preis ihrer Liebe: der Verurteilte soll nur zum Schein erschossen werden. Aber die Partner des furchtbaren Vertrages betrügen sich gegenseitig: Tosca ersticht Scarpia, der ihr, Liebe fordernd, entgegentritt, Cavaradossi wird wirklich erschossen; Tosca stürzt sich verzweifelt von der Plattform der Engelsburg, der Stätte der Exekution, in die Tiefe. Die Musik steigert die Schrecken der Handlung durch grelle Akzente, durch massive, von Wagner inspirierte Orchesterausbrüche und kontrastiert sie andererseits durch lyrische und naturalistisch-komische Episoden. Meßgesang und Festkantaten werden als Hintergrundwirkungen benutzt, die Arien der Liebenden sind Eruptionen glühender Melodie; das Werk
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wurde zum Lieblingsstück eines Publikums, das vom Theater die starken Nervenreize der Schauer- und Kriminalsphäre verlangt. U m so intimer ist die folgende Oper gehalten, „Madame Butterfly", deren U r a u f f ü h r u n g 1904 in Mailand stattfand: die Tragödie einer japanischen Geisha, die einem leichtsinnigen amerikanischen Seeoffizier nach einer Liebesnacht über Jahre des Fernseins die Treue hält und, als er als Gatte einer Amerikanerin zurückkehrt, Selbstmord begeht. Die Partitur ist ein Gewebe zarter, blumenhafter Motive, japanische Themen sind hineinverflochten, ohne als fremdes Element aufzufallen, die melodischen Höhepunkte treten zurück. So sehr aber die künstliche Faktur gerade dieses Werkes zu bewundern ist: der Stoff, eine Mischung von Naturalismus und romantisierter Exotik, macht das Ganze zu einer Art tragischer Operette. „Das Mädchen aus dem Westen", f ü r N e w York geschrieben und dort 1910 aufgeführt, ist das letzte Werk dieser dem Publikumsgeschmack huldigenden Operngruppe: ein Stück aus der rauhen, harten Welt der kalifornischen Goldgräber, dessen Helden der tenorsingende Räuberhauptmann Dick Johnson und die schöne Schenkwirtin Minnie sind, eine Partitur, die aus der Herbheit des Milieus strengere und kräftigere Stimmungen und Wirkungen entwickelt. Als Puccini nach fast einem Jahrzehnt mit neuen Werken an die Öffentlichkeit trat, war er ein anderer geworden. Es ging ihm nicht mehr in erster Linie um den Erfolg; erst jetzt, da er seiner Wirkung auf das Opernpublikum der ganzen Welt sicher war, begann er sich mit ganzem Ernst um den Preis hoher künstlerischer Vollkommenheit zu bemühen; erst jetzt gewann er seiner Begabung die feinen und erlesenen Wirkungen ab, deren sie fähig war. Der Januarabend des Jahres 1919, der das „Triptychon" auf die römische Bühne stellte, bereicherte die Oper um eine ihrer interessantesten Schöpfungen: drei gänzlich verschiedene, einaktige Stücke, „Der Mantel", „Schwester Angelica", „Gianni Schicchi", Drama, lyrische
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Szene und Buffokomödie, zu einem stilistisch überzeugenden Ganzen verbunden. „Der Mantel" ist eine letzte, in ihrer Konzentration und Konsequenz bewundernswerte Auseinandersetzung mit der Ästhetik des Verismo. Das Stück spielt auf einem Schleppkahn auf der Seine, ein Eifersuchtsdrama zwischen dem alternden Schiffer, seiner jungen Frau und ihrem Liebhaber; der Mantel, Symbol der Liebe, in den der Schiffer die Frau einhüllte, wird zum Leichentuch für den Rivalen, den der Mann erwürgt. In den Auseinandersetzungen zwischen den primitiven Menschen erreicht Puccini das höchste an dramatischer Wahrhaftigkeit; dazu kommt eine subtile Stimmungsmalerei, die Großstadtgeräusche wie Straßengesänge, Drehorgelmusik u n d Zapfenstreich zu einer symphonischen Impression verwebt. „Schwester Angelica", die Tragödie einer Nonne, die vor dem Bilde der Gottesmutter Selbstmord übt, als sie den T o d ihres unehelichen, in der Welt zurückgebliebenen Kindes erfährt, ist eine Folge lyrischer, gesanglich ergiebiger Momente, die in einen Chorhymnus der N o n n e n ausklingt. Die eigentliche Überraschung des Triptychons ist das dritte Stück, „Gianni Schicchi", mit dem Puccini eine Buffooper von reinstem Wasser geschaffen hat. Die Fabel ist Dantes „Göttlicher Komödie" entnommen; der Held ist ein mit Mutterwitz und Frechheit gesegneter Schalk aus dem Florenz der Renaissance; er fälscht das Testament eines reichen Bürgers, der sein Gut der Kirche vermacht hat, und rettet den Reichtum nicht nur f ü r die Erben, sondern auch f ü r sich selbst. Die Musik ist von schlagender Präzision der komischen Formulierungen, sprühend von Geist und Temperament, unsentimental bis zur Trockenheit; die Linie des Verdischen „Falstaff" wird hier fortgesetzt; aber das Makabre des Stoffes, eines Komödienspiels am Totenbette, gibt dem Buffonesken einen dämonischen Beiklang. Vollends in den Bereidi des Dämonisch-Phantastischen greift Puccini mit seinem letzten Werk, der Oper „ T u r a n d o t " . In der Gozzischen Märchenprinzessin gibt Puccini die letzte Steigerung 7 M u s i k d . 20. J h d t .
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und Erfüllung seines Frauentyps. Seine T u r a n d o t ist kein Traumgespinst, sondern ein reales, lebendiges Wesen, das Eiseskälte und glühende Leidenschaft, Grausamkeit und liebende Hingabe, Triebhaftigkeit und unnahbare Hoheit in sich vereinigt. Das Fabelland China wird zur düsteren Stätte asiatischer Barbarei, das Blutgericht über den abgewiesenen Freier beim Schein des steigenden Mondes ist eine gespenstische musikalische Vision, mit impressionistischen Farben gemalt; ein groteskes Trio von Höflingen fügt chinesisch verfärbte Buffointermezzi ein. Mit diesem Werk hat Puccini den Anschluß an die alte, große Bühnentradition Italiens gefunden. Es war ihm nicht vergönnt, es zu vollenden. Im März des Jahres 1924 befiel ihn ein Kehlkopf leiden, das sich als Krebserkrankung herausstellte. Von seinem Sohne begleitet, die Skizzen der unvollendeten Teile der „ T u r a n d o t " im Koffer mitführend, reiste er nach Brüssel, um sich von einem Spezialisten behandeln zu lassen. Fünf Tage nach der Operation, am 29. November 1924, starb er an Herzschwäche. Die U r a u f f ü h r u n g der „ T u r a n d o t " im April 1925 in der Mailänder Scala war eine Totenfeier. Der Dirigent Toscanini brach die A u f f ü h r u n g mit der Arie der Sklavin Liu im dritten Akte ab, dem letzten Stück, das Puccini vollendet hatte. Der Komponist Franco Alfano hat das Werk nach den hinterlassenen Skizzen ergänzt und ihm ein glänzendes Finale gegeben. Unter den der Oper zugewandten Musikern um Puccini ist Umberto Giordano (1867—1948) die bedeutendste Erscheinung. Von seinen elf Bühnenwerken sind „André Chenier" (1896) und „Fedora" am bekanntesten geworden, Opern, die die Schlagkraft des Verismo, die üppige Farbenkunst der Wagnernachfolge mit dem Elan der italienischen Gesangsmelodie verbinden. Eine ähnliche Begabung ist der Mascagni-Schüler Riccardo Zandonai (1883 bis 1944), der den „Romeo und Julia"-Stoff neu vertonte und mit der Komposition von Gabriele d'Annunzios D r a m a „Francesca da Rimini" (1914) den entscheidenden
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Erfolg errang; auch in seinen W e r k e n ist das immer stärkere Eindringen instrumentaler, harmonischer und koloristisch-stimmungshafter Elemente, der Einfluß W a g ners und des Impressionismus, spürbar. Das Schaffen des kultivierten Franco Alfano (1878—1954) teilt sich zwischen O p e r und Instrumentalmusik. In Ottorino Respighi kündigt sich vollends die W e n d u n g der neuen italienischen Musik an, deren Gewicht sich von der O p e r auf die Instrumentalmuik verlagerte. A m 9. Juni 1879 in Bologna geboren, studierte Respighi in Petersburg bei Rimskij-Korssakoff und in Berlin bei M a x Bruch, leitete als Nachfolger des vor allem durch kirchliche W e r k e bedeutsamen Marco Enrico Bossi (1861—1925) die H o c h schule Santa Cecilia in R o m und starb am 18. April 1936. Mehr als seine O p e r n , unter denen sich eine V e r t o n u n g von G e r h a r t H a u p t m a n n s „Versunkener Glocke" befindet, haben ihn seine Orchesterwerke b e k a n n t gemacht, vor allem „Le F o n t a n e di R o m a " (1916), „I Pini di R o m a " (1924), „Feste R o m a n e " (1928): farbige T o n g e m ä l d e zur Verherrlichung der Ewigen Stadt, realistische Bilder aus dem Volksleben, mit visionären Reminiszenzen der Antike vermischt, mit der reichen Palette eines Richard Strauss gemalt und v o n der heiteren N a i v i t ä t südlichen Lebensgefühls durchblutet. CLAUDE DEBUSSY U N D DER MUSIKALISCHE IMPRESSIONISMUS W ä h r e n d die deutsche Musik auch in ihren fortschrittlichsten Schöpfungen die Beziehung zur T r a d i t i o n der tonalen H a r m o n i k b e w a h r t e und die italienische an dem N a t u r e l e m e n t der gesanglichen Melodie festhielt, ereignete sich in Frankreich im Schaffen Claude Debussys eine Revolution des H a r m o n i e g e f ü h l s , die eine gänzlich neue Betrachtung u n d Behandlung des Tonmaterials nach sich zog; da, w o durch das System Jean Philippe Rameaus der G r u n d der funktionellen Dreiklangsharmonik gelegt w o r 7*
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den war, wurden nun die ersten Schritte zur Auflösung der klassischen Tonalität getan. Es war seltsam, daß diese revolutionäre K r a f t einer Kunst innewohnte, die ihrem Wesen nach zart, verhalten, auf feine Wirkungen bedacht war und die von ihrer Zeit als Nachhall und Ausklang, geradezu als Dekadenz betrachtet wurde. Diese Kunst, die man in Anlehnung an die etwa gleichzeitige Epoche der französischen Malerei Impressionismus nannte, womit das Vorwiegen bildhafter Elemente in ihr, die bedeutsame Rolle des Klanges und der Klangfarbe treffend bezeichnet waren, wurde als Kult reiner Schönheit verstanden, als Musik, aus der die expressiven K r ä f t e der Romantik gewichen waren, als Schöpfung eines Ästhetizismus, wie er vielfach f ü r die Lebensstimmung des fin du siècle charakteristisch war. Erst viel später enthüllte sich die vorwärtsweisende Energie, die der Kunst Debussys innewohnte, erst später die T r i e b k r a f t der harmonischen und linearen Gestalten, aus denen das zarte Klangbild geformt war. Die Bedeutung des musikalischen Impressionismus muß aus seiner Grenzstellung zwischen der Romantik und der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts, mit ihrer radikalen Form der Atonalität, verstanden werden. Die Romantik hatte mit dem „Tristan" das einfädle, klare Klangbild der klassischen Musik fast bis zur Unkenntlichkeit der ursprünglichen tonalen Beziehungen kompliziert und verschleiert. Der reine Dreiklang war durch Alterierung und Vorhaltsbildungen übermalt worden, an die Stelle fester diatonischer Schritte war ein chromatisches Drängen und Gleiten der Stimmen getreten, das überhaupt zum bewegenden Prinzip des Satzes wurde. Die Partitur des „Tristan" war unendliche Melodie, zur Polyphonie vervielfältigt. Der Fluß, das stete, von unerfüllbarer Sehnsucht getriebene Streben war alles, der Akkord, der stehende Klang, war nur noch ein Zufallsgebilde, das sich aus der unaufhörlichen Bewegung ergab und sich in jedem Augenblick mit ihr verwandelte und verfärbte. Es ist die Leistung Debussys, aus dieser Krisensituation die Folge-
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rung gezogen zu haben, die nicht nur das in Bewegung geratene Klangmaterial stabilisierte und damit dem Auflösungsprozeß Einhalt gebot, sondern auch den Bereich der möglichen Klangformen unendlich erweiterte. Das Grundgefühl des Impressionismus ist, im Gegensatz zum D r ä n gen und Fluten der Romantik, statisch, wenngleich oszillierend; der ruhende, in sich geschlossene, nicht durch irgendein Vorher oder Nachher bedingte Klang ist das Element dieser Musik. Die vorher als in steter Wandlung befindlich aufgefaßten Harmonien des Tristanstils wurden nun als selbständige, in sich gerechtfertigte Gebilde gehört. Vorher T r o p f e n eines wogenden Meeres, festigten sie sich zu Kristallen, mit denen die Phantasie wie mit Mosaiksteinen spielte. Man lernte auf den längst zur Schulkonvention gewordenen, relativierenden Begriff des Vorhalts, der bisher jede Freiheit hatte legalisieren müssen, verzichten; man sah der "Wahrheit ins Auge, man erkannte die freien Klänge, die sich unversehens ergeben hatten, als vollwertig an und suchte aus ihrer N a t u r eine neue, weitere Ordnung zu entwickeln. Es war kein Zufall, daß gerade die französische Musik diese Aufgabe löste. Der deskriptive, malerische Geist, der ihr weit länger als seit Couperin eigen war und der selbst den leidenschaftlichsten Werken eines Berlioz impressionistische Züge mitgibt, mußte sich von der Ausdrucksüberspannung der Hochromantik distanzieren. W ä h r e n d in Deutschland gerade diese expressive Spannung im Schaffen von Strauss, Mahler, Reger die Entwicklung vorwärtstrieb und den Expressionismus der Schönberg-Schule vorbereitete, ereignete sich in Frankreich eine Versachlichung des Musikgefühls, ohne die die Musik des zwanzigsten Jahrhunderts mit ihren Tendenzen der Objektivierung und der Klassizität nicht zu denken wäre. Dabei bedeutete Sachlichkeit nicht Stillstand oder Rückschritt, sondern größere Schärfe und Klarheit des artistischen Denkens. Während im expressiven Stil von Richard Strauss die kühnsten Wagnisse und Klangschärfun-
102 Claude Debussy und der musikalische Impressionismus gen als vorübergehende Überspitzungen und Exzesse hingestellt und durch weitausholende Kadenzen in den tonalen Zusammenhang eingefügt werden, wirken in der kühlen, glasklaren Kunst Debussys auch einfache Klänge neu, fremd, der Gewohnheit entrückt; selbst wenn er, wie etwa im Klavierpräludium „Die versunkene Kathedrale", streckenweise nur Dreiklänge der C-Dur-Tonart aneinanderreiht, ist die Tonalität, die er damit umgrenzt, nicht das C-Dur Rameaus mit seinen Dominant- und Subdominantbeziehungen und seinen Leittonspannungen, sondern ein freierer, noch nicht in seinen Maßen und Proportionen bestimmbarer Raum, in dem die Gestalten und Kombinationen der Zukunft ihren Platz haben werden. Nur ein freier und zur Radikalität fähiger, dabei naiver und mit feinstem Gefühl für die sinnliche Qualität des Klanges begabter Künstler konnte diese Umformung der Musik bewirken. Claude Debussy, Ästhet in seinem Verhältnis zur Kunst und Aristokrat in Auftreten und Lebensführung, wurde am 22. August 1862 in Saint Germain en Laye, einem Ort der Isle de France, als Sohn kleinbürgerlicher Eltern geboren, falls er nicht, wie seine Freunde mutmaßten, von aristokratisch-diskreter Geburt her adoptiert war. Er wuchs in Paris auf, wo sein Vater eine Stellung als Buchhalter angenommen hatte. Eine Chopinschülerin erteilte dem Knaben Klavierunterricht und erweckte in ihm früh den Sinn für die Poesie des Klavierklangs, der später in hohem Grade den Charakter seines Schaffens bestimmen sollte. Elfjährig trat Claude, der sich nun Achille de Bussy nannte, in das Pariser Konservatorium ein; Lavignac, Marmontel und Durand waren die Lehrer, die den jungen Mann durch die Trockenheit ihres Unterrichts zur Verzweiflung brachten. Mit achtzehn Jahren kam er als Klavierlehrer in das Haus Natascha von Mecks, der Freundin Tschaikowskys, die sich in der Schweiz aufhielt und ihn nach Italien führte. Die Sommermonate der folgenden Jahre verbrachte er bei ihr in Moskau, wo er starke Eindrücke russischer Musik auf-
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nahm; das ihm verwandteste Werk dieser Sphäre, Mussorgskis „Boris Godunow", lernte er freilich erst zehn Jahre später in Paris kennen. Die Arbeit am Konservatorium lief weiter. In Ernest Guiraud f a n d er endlich den ihm gemäßen Kompositionslehrer; das J a h r 1884 brachte durch die Kantate „L'Enfant prodigue" den Rompreis. Der Aufenthalt in Rom führte zu Begegnungen mit Liszt und Verdi und Eindrücken alter Musik von Palestrina und Lasso. Nach Paris zurückgekehrt, stürzte er sich in den Strudel der geistigen Strömungen der Zeit; Baudelaire, Verlaine, Mallarmé, der Dichter des dunklen, stimmungschwelgenden Symbolismus, Péladan, der Prophet einer mystischen Heilslehre, die impressionistischen Maler, die Musiker Chausson, Chabrier, Lalo, Dukas, Fauré, sein späterer Antipode Erik Satie, waren sein Umgang, f ü r chinesische und japanische, indische und javanische Kunst war er so empfänglich wie für die sakrale Hoheit von Wagners „Parsifal", den er 1888 in Bayreuth erlebte. Von Aussehen dunkel wie ein Südfranzose, gepflegt, zu Pose und Ironie neigend, einsam aus Überempfindlichkeit, umgab er sich mit exotischen Kostbarkeiten, die die Welt seiner Illusion gegen den Alltag abgrenzen sollten. Die Gefährtin seiner früheren Jahre wurde 1897 abgelöst von Rosalie Texier, einer jungen hübschen Näherin, die zwei Jahre später seine Frau wurde; 1905 heiratete er nach aufregendem, zum Skandal gesteigerten Scheidungsprozeß und Selbstmordversuch Rosalies die vorher mit einem Bankier verheiratete Emma Bardac, die ihm eine Tochter schenkte. Der Komponist Debussy hatte mit der K a n t a t e „La Damoiselle élue", die er nach seiner Rückkehr aus Rom nach Worten des englischen Dichters D a n t e Gabriel Rosetti schrieb, seinen Stil, gefunden: die spannungslose H a r monik, das weiche, schwingende Melos, der Verzicht auf thematische Arbeit im Sinne der Klassik, die wesentlichen Eigenschaften seiner reifen Kunst sind schon hier angedeutet. In die gleiche Phase fallen Lieder aus Baude-
104 Claude Debussy und der musikalische Impressionismus laires „Fleurs du mal", die „Ariettes oubliées", die „Fêtes galantes" und die ersten Klavierwerke, „Arabesken" und die „Kleine Suite", die auf die alte französische Tradition der Gesellschaftsmusik zurückgreift, und die „Suite bergamasque". Das Streichquartett von 1893 ging einen Schritt weiter. Das Gleiten und Schillern des Klanges, das scheinbar Flüchtige, Zufällige der Entwicklung bei klarer innerer Logik wirkte revolutionär, weckte aber auch schon Bewunderung. 1894 errang das Orchesterstück „Prélude à l'Après-midi d'un Faune", das, wie das Streichquartett, in einem Konzert der „Société nationale de musique", einer Vereinigung junger Musiker zur Pflege der Instrumentalmusik, aufgeführt wurde, den entscheidenden Erfolg, der Debussys Ruhm begründete. Durch ein Gedicht Mallarmes anregt, das wieder auf ein Bild Bouchers zurückging, ist das kurze, einsätzige Stück eine der schönsten Verkörperungen des französischen Musikgeistes. Eine ruhige Ekstase dauert vom ersten bis zum letzten T a k t . Es gibt keine Erregung, keine Steigerung, die Flöte des Fauns ergeht sich in weichen, lockenden Arabesken, das Orchester vibriert wie von müder Sinnlichkeit; das Ganze ist nicht Szene, nicht Dichtung, sondern Bild, übergössen von goldenem Licht. Schon ein J a h r zuvor begann Debussy die Arbeit an dem Werk, das seine Auseinandersetzung mit der musikdramatischen Form und mit dem ebenso verehrten wie befehdeten Vorbild Wagner wurde, eine Arbeit, die ihn fast ein Jahrzehnt lang beschäftigte. Im Jahre 1893 wurde in Paris ein Schauspiel des Dichters Maurice Maeterlinck gespielt, „Pelleas und Melisande", das Debussys Begriffen einer Operndichtung entsprach. Eine alte flämische Legende von der Liebe zweier junger Menschen und der Eifersucht eines alternden Mannes war mit- diskreten Mitteln, in leiser Sprache, mit gedämpften Effekten dramatisiert worden. Debussy unternahm es, die subtile, pathoslose Musik zum Klingen zu bringen, die in der Dichtung beschlossen war. „Ich bemühte midi", schrieb er an seinen Freund
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Chausson, „selbst Pelleas und Melisande zu sein und die Musik hinter allen Schleiern aufzuspüren, in die sie sich sogar vor ihren leidenschaftlichsten Anbetern hüllt." U n d weiter: „Ich habe mich, übrigens ganz unwillkürlich, eines Ausdrucksmittels bedient, das ziemlich selten verwendet wird, nämlich des Schweigens." Das besagt genug über den neuen T o n der Diskretion, der in der Partitur klingt. Mit diesem Werk hat sich Debussy endgültig von Wagner freigemacht. Der impressionistische Klang ist nun ganz und endgültig da; glasklar reihen sich die Harmonien, in denen Quinte, Q u a r t e und Sekunde neue konstruktive Funktion gewinnen, ruhig und ebenmäßig, selten erschüttert von heftigen Affekten, schwingen die melodischen Gestalten, die Singstimmen verharren o f t in den Grenzen eines schlichten, der Sprachmelodie folgenden Rezitativs, das an die Tradition der Rameauschen Oper anzuknüpfen scheint. Personen und Landschaft des Werkes sind eins, die Schicksale werden aufgesogen von der Atmosphäre, selbst die Katastrophe, Brudermord und T o d der schuldlosen Heldin, vollzieht sich nicht mit Schrecken, sondern mit der ruhigen Unausweichlichkeit eines dunklen T r a u mes; die kindliche Melisande, deren Sünde nichts ist als ein zart-übermütiges Spiel mit ihren goldenen Locken, die sie aus dem Fenster des Schloßturms über den Geliebten fallen läßt, ist als Figur ätherischer als die Undinen und Märchengeister der Romantik. Im J a h r e 1902 in der Pariser Opera comique uraufgeführt, setzte sich das Werk schnell gegen das anfängliche spöttische Befremden des Publikums durch; bald war es unbestritten in seiner Bedeutung als repräsentative musikdramatische Schöpfung der neuen französischen Musik. In die Zeit der Arbeit an „Pelleas und Melisande" fällt die Entstehung des bedeutendsten Debussyschen Orchesterwerks, der „Nocturnes". Ursprünglich f ü r Solovioline und Orchester bestimmt, sind sie in ihrer endgültigen Gestalt drei Impressionen, charakterisiert durch die Uberschriften „Wolken", „Feste" und „Sirenen"; ein Bild des grauen,
106 Claude Debussy und der musikalische Impressionismus wolkenüberzogenen Himmels das erste Stück, Vision eines nächtlichen Festes mit T a n z , Aufzug und Fackellicht das zweite, Abbild der unendlichen, wogenden Meeresweite das dritte, in dem ein Frauenchor mit leisen Sirenenrufen in den Instrumentalklang verwoben ist. Noch ein Werk zeugt von Debussys Liebe zum Meer, die 1905 vollendeten drei symphonischen Skizzen, die „La Mer" überschrieben sind, Musik, deren technische Struktur dem organischen Weben und Fluten der N a t u r abgelauscht zu sein scheint. Unter dem Titel „Images" f a ß t e der Komponist drei verschiedenartige Orchesterwerke zusammen; die rhythmisch und koloristisch wirkungsvolle Rhapsodie „Iberia" hat die zarten „Rondes de Printemps" und die fein gearbeiteten „Gigues" in den Schatten gestellt. Debussys Klaviermusik, deren Entstehung zum wesentlichen Teile in diese und die späteren Lebensjahre des Komponisten fällt, ist ein Bereich der Klavierliteratur, der an Eigenart und Bedeutung den wichtigsten Leistungen f ü r das Instrument, wie sie etwa durch die N a m e n Couperin und Rameau, Schumann, Chopin und Liszt bezeichnet sind, gleichzusetzen ist. Gerade für diesen Meister der Andeutung und der subtilen Nuancierung bestätigt sich die Erfahrung, daß der abstrakte Klavierklang die Phantasie zum Spiel mit imaginären Farben beflügelt, die das Ohr auf wunderbarere Weise bezaubern als die realen Klangfarben des Orchesters. Debussys Klavierstücke der mittleren Periode sind der T r i u m p h des Pittoresken in der Musik, gerade darum, weil die Wirkung des BildhaftMalerischen ohne großen A u f w a n d an Klangmitteln, nur durch einen o f t schlichten und sparsamen Klaviersatz erreicht ist. Was sich zuerst bei den englischen Virginalisten und bei Couperin anzeigte, was später in der Romantik, vorzüglich bei Liszt, wieder durchbrach, die Fähigkeit der Musik, mit ihren eigenen, legitimen Mitteln dem inneren Auge des Hörers Bilder und Stimmungen, Gestalten und Vorgänge zu suggerieren, das erreichte hier, zweifellos angeregt durch das Vorbild der impressionistischen Malerei,
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die Licht und Luft zu den Gegenständen auf die Leinwand bannte, seine höchste Vollendung. Titel wie „Estampes" (Kupferstiche, 1903) und „Images" (Bilder, 1905— 1907) bezeugen den malerischen Geist dieser Musik. Die erste Sammlung enthält Stücke wie die zierlichen „Pagodes", das triste Herbstbild der „Jardins sous la Pluie", das zauberhafte, von Gitarrenklängen und H a b a n é r a rhythmen durchwehte Nachtstück „La Soiree dans Grenade", die zweite suggestive Tonbilder wie „Reflets dans l'Eau" und „Poissons d ' O r " , mystisch-atmosphärische Phantasien wie „Cloches ä travers les Feuilles" und „Et 1 a Lüne descend sur le Temple qui f u t " , traditionsgebundene Sätze wie „Hommage á Rameau" und elementar lebendige Stücke absoluter Musik wie „Mouvement". In der „Ile joyeuse" erhitzt sich diese Kunst zu romantischdionysischem Schwung. Was in diesen Stücken als neue, faszinierende Inspiration aufklang, das wurde 1910 systematisch-meisterlich zusammengefaßt in dem zweibändigen Sammelwerk der vierundzwanzig „Preludes". Auch hier bezeugt sich in den Titeln, die freilich den Stücken nur wie erläuternde Fußnoten nachgestellt sind, und im Klang selbst der Wille, Eindrücke der N a t u r wiederzuspiegeln. Es gibt zart hingetupfte Augenblicksbilder wie „Der W i n d in der Ebene", „Tritte im Schnee", „Nebel", „Welke Blätter", Landschaftsschilderungen wie die „Hügel von Anacapri", funkelnde, virtuose Klangspiele wie das „Feuerwerk", groteske Miniaturen wie die trommelnden und fiedelnden „Minstreis" (Spielleute) und den schon mit Jazzklängen durchsetzten „Général Lavine Excentric", es gibt romantisch-märchenhafte Visionen wie die „Versunkene Kathedrale", die mit mystischen Orgel- und Glockenklängen aus dem wogenden Meere aufsteigt. Aber die Bedeutung der Stücke erschöpft sich nicht im Tonmalerischen. Die Uberschrift „Preludes", die auf Chopin, ja auf Bach hinweist, betont den absolut-musikalischen Charakter des Sammelwerkes, das ein Kompendium des Debussyschen Reifestils darstellt. Hier wird nicht nur die neue H a r m o -
108 Claude Debussy und der musikalische Impressionismus nik mit ihren Quint- und Sekundklängen, ihren über die N o n e hinausgehenden Terzenschichtungen, mit der Einbeziehung der Ganztonleiter durchgebildet und geklärt, es meldet sich zugleich ein Wille zur Linearität, zu Leichtheit und Durchsichtigkeit des Satzbildes, der ebensowohl an die vorklassische Tradition, an den Stil Rameaus anknüpft, wie er andererseits in die Zukunft, auf die Stilideale der nach 1920 zur Geltung kommenden Generation vorausweist. In den zwölf dem Andenken Chopins gewidmeten „Etüden" von 1915 wird Debussy vollends zum abloluten Musiker und zum Systematiker pianistischer Technik, der die Klangformen der neuen Musik an speziellen Intervall- und Akkordübungen, Verzierungs- und Repetitionsstudien demonstriert. Mit der Welt des Theaters blieb Debussy auch nach dem „Pelkas" in Verbindung. Opernpläne blieben unausgeführt, aber aus den Anregungen, die das russische Ballett Serge Diaghilews nach Paris brachte, erwuchs ein eigenartiges, wiederum in die Z u k u n f t deutendes Werk. Die Tänzerin Ida Rubinstein beauftragte Debussy, Musik zu einer Theaterdichtung des italienischen Dichters Gabriele d'Annunzio, „Das Martyrium des heiligen Sebastian", zu schreiben. Die Dichtung verschmilzt die heidnische Adonissage und die christliche Sebastianlegende zu einer sinnlichmystischen, aus W o r t und T a n z gefügten Schau. Die Musik, die Debussy dazu erfand, wuchs weit über die Bedeutung einer begleitenden Schauspielmusik hinaus; da das W e r k nach der U r a u f f ü h r u n g im Jahre 1911 im Theatre du Chatelet sich auf der Bühne nicht hielt, verband man die Musikstücke, Instrumentalsätze, Sologesänge und Chöre, zum Oratorium. Musikalisch bedeutet das Werk die Zusammenfasung aller Stilmittel, deren Debussy sich während seiner ganzen Entwicklung bedient hat. Von Beziehungen auf die chorische Kunst der Renaissance und „Parsifal"-Anklängen bis zu rhythmischen Kombinationen, die auf Strawinsky hinweisen, und harmonischen Kühnheiten, die den Begriff der auflösungsbedürftigen
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Dissonanz verneinen, ist alles in dieser Musik enthalten, deren mächtiges religiöses Pathos an die frühen Meister der französischen Gotik erinnert. Die Tanzdichtung „Jeux", für den russischen Tänzer Nijinsky geschrieben und 1913 zugleich mit Strawinskys „Sacre du Printemps" aufgeführt, ist als meisterlich klare, rondohaft leichte Orchesterpartitur in den Konzertsaal übergegangen. Der Ausbruch des Weltkrieges traf Debussy als ein Ereignis von u n f a ß barer Brutalität. Das starke Nationalgefühl des Künstlers, der seine Werke mit „musicien français" signierte, litt unter der N o t , die der Krieg über das Land trug. Die letzten Jahre brachten an Kompositionen neben den Klavieretüden die bedeutenden Klavierstücke „En blanc et noir", in denen Choralmelodie und kriegerische Rhythmen gespenstig zusammenklingen, die Sonaten f ü r Violincello und Klavier, f ü r Flöte, Bratsche und H a r f e und, als Epilog seines Schaffens, die Sonate f ü r Violine und Klavier. Am 23. März 1918 starb er, der sich schon zwei Jahre vorher einer Darmkrebs-Operation hatte unterziehen müssen., und wurde unter dem Donner der Geschütze, der von der nahen Kriegsfront bis nach Paris drang, auf dem Friedhof von Père Lachaise bestattet. Der Einfluß Debussys hat die französische Musik fast gewaltsam umgeformt, und die Bedeutung der ihn umgebenden Musiker hängt im Wesentlichen davon ab, wieweit es ihnen gelang, die Anregungen des revolutionären Klangerfinders selbständig zu verarbeiten. N u r Ältere wie der 1905 zum Direktor des Pariser Konservatoriums aufsteigende Gabriel Faurê (1845—1924) und der Massenetschüler Gustave Charpentier (1860—1956), dessen Oper „Louise", eine naturalistische Pariser Familientragödie mit romantischer Musik, 1900 ein Welterfolg wurde, blieben von diesem Einfluß unberührt; die Gleichaltrigen und Jüngeren hatten sich f ü r oder wider Debussy zu entscheiden. Der vielseitige Gabriel Pierné (1863—1937), neben André Messager und D. E. Inghelbrecht einer der führenden Dirigenten der Zeit, als Komponist mehr form-
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gewandt als tief, hielt sich mit dem erfolgreichen Oratorium „Der Kinderkreuzzug" (1902) an die Tradition. Die Neigung zum Ungeheueren und Maßlosen, die dem Schaffen von Florent Schmitt (1870—1958) anhaftet, mag als Reaktion auf Debussys Kunst der kleinen Formen verstanden werden; in seinen Partituren, dem „97. Psalm" und der „Tragödie Salomes", die den Ruhm der Unaufführbarkeit genossen, wirkte der Geist eines Berlioz nach. Disziplinierter, mehr von künstlerischer Besonnenheit geformt ist die Kunst von Paul Dukas (1865—1935), der als naher und ergebener Freund Debussys dennoch den geistigen Abstand zu wahren wußte. Gebürtiger Pariser, Sohn eines gebildeten, literarisch tätigen Bankiers, kam er zögernd zur Musik und blieb ein durchschnittlicher Schüler des Konservatoriums. Den entscheidenden Erfolg hatte er 1897 mit seiner Orchesterballade nach Goethes „Zauberlehrling", einem Stück grotesken musikalischen Humors und handgreiflicher Tonmalerei, das als französisches Gegenstück zum „Eulenspiegel" von Richard Strauss gelten darf; es ist aber nicht zu übersehen, daß die absolutmusikalischen Eigenschaften und die strenge Bindung an die klassische Formtradition den stärksten Wert des ungemein prägnanten und schlagkräftigen Werkes ausmachen. Dem lyrischen D r a m a „Ariane und Blaubart" von 1907 liegt eine Dichtung Maeterlincks zugrunde, das Ballett „La Péri" (1912) greift in die Welt der indischen Legende; in späterer Zeit hat Dukas, dessen künstlerische Bewußtheit zu hemmender Selbstkritik wurde, nichts mehr veröffentlicht. Der religiöse Mystiker André Caplet (1879—1925), der Verist Gabriel Dupont (1879—1914), Louis Aubert (geboren 1877), Maurice Delage (geboren 1879), der als Opernkomponist erfolgreiche Marcel Delannoy (geboren 1898), endlich die bretonischen Musiker Guy Ropartz (geboren 1864), Paul Le Flem (geboren 1881) und Paul Ladmirault (geboren 1877) sind mit Namen zu nennen. Drei Komponisten aber fanden neben und nach Debussy
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den Weg zur Selbständigkeit. In Erik Satie (1866—1925) verkörperte sich, mehr auf Grund kritisch-ironischen Geistes als ursprünglicher, produktiver Begabung, die Verneinung und Überwindung der impressionistischen Ästhetik. Anfangs dem mystisch-verstiegenen Kreise des Dichters Peladan nahestehend, dann durch radikale Umkehr zum Spötter geworden, Sonderling und immer ein wenig Dilettant, erregte er Aufsehen und Befremden durch Klavierstücke, die konsequent auf den gesamten harmonischen und klanglichen Luxus des Zeitstils verzichteten und in feinen, scharfen Tonlinien nur noch gleichsam ein drahtiges Gerüst, eine errechnete Konstruktion von Musik gaben. Es bedurfte nicht provozierend nüchterner und banaler Titel wie „Stücke in Birnenform" oder „Bürokratische Sonatine", es bedurfte auch nicht der mondänen, kabarettistischen Reizmittel, mit denen diese Kunst kokettierte; als Musik an sich, durch die gewollte Dürftigkeit ihres Satzbildes, durch die Kühle und Klarheit ihrer Formulierungen, wurde sie zum Vorbild und Programm der nächstfolgenden Generation, und die U r a u f f ü h r u n g von Saties Akrobaten-Ballett „Parade", zu dem Jean Cocteau das Szenarium, Picasso die Ausstattung entwarf, im Jahre 1917 gehörte ebenso wie die drei Jahre darauf folgende des symphonischen Dramas „Sokrates", eines dreiteiligen Oratoriums für vier Sopranstimmen und kleines Orchester, zu den entscheidenden Daten der französischen Musik, die einem neuen Klassizismus entgegensteuerte. Weniger programmatisch gebunden, aber ebenso charakteristisch als Station des Übergangs zu neuen Idealen ist die Kunst Albert Roussels (1869—1937), eines Seeoffiziers, der auf einem Kanonenboot und auf einem Segelschiff die Meere bis nach Indien und China hin befuhr und sich, nach dem er mit f ü n f u n d z w a n z i g Jahren den Dienst quittiert und an d'Indys Schola cantorum Musik studiert hatte, die Begeisterung f ü r das Meer und den Zauber exotischer Länder bis an sein Ende bewahrte. Seine früheren Kompositionen stehen noch im Bannkreis des Impressio-
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nismus. Ein Ballett „Padmavati" schwelgt in mongolischindischen Exotismen, „Bacchus et Ariane" ist eine farbige, sinnenfrohe Neubelebung des alten Mythos. In seiner späteren Periode kehrte Roussel zu den klassischen Formen Symphonie, Suite und Konzert zurück und schrieb eine herbe, klare, kantige Musik, die zu den entschiedensten Verkörperungen des neuen Klassizismus zählt. Einer aus diesem Kreise ist nur nach dem besonderen Gesetz seines Wesens zu verstehen: Maurice Ravel, Debussy verwandt als Naturell und Begabung, aber weder sein Gegenspieler noch sein Epigone. Ravel wurde am 7. März 1875 in Ciboure in den französischen Pyrenäen geboren. Von seinem Vater, einem Genfer, aus savoyardischer Familie stammenden Ingenieur, erbte er die Freude an tönenden Konstruktionen, an Mechanismen und Klangspielen, von seiner baskischen Mutter die Vorliebe f ü r alles Spanische. Das Artistisch-Verspielte und das Südländisch-Phantastische, das sich ebensowohl als lebhafter Farbensinn wie als Neigung zu düsteren, grotesken und grausigen Visionen zeigt, sind die Pole seines Wesens. Seine Entwicklung vollzog sich langsam. Sechzehn Jahre, von seinem vierzehnten Lebensjahr bis ins Mannesalter, hat Ravel am Pariser Konservatorium studiert. Seine Lehrzeit endete mit einem Skandal. Als ihm zum dritten Mal der Rompreis verweigert wurde, protestierten seine Freunde; der konservative Konservatoriumsleiter Dubois mußte zurücktreten und dem fortschrittlichen Faure Platz machen. Schon während seiner Studienzeit hatte Ravel durch Klavierwerke Aufsehen erregt, die so originell wie meisterhaft waren; die glitzernden Kaskaden der „Jeux d'eau", die Liszts „Wasserspiele der Villa d'Este" überboten, kündigten einen Klangmaler an, der den Impressionisten u n d Pointillisten der Leinwand, einem Renoir und Sisley, ebenbürtig war. Es folgten die „Miroirs" (Spiegelbilder) mit dem grotesken „Alborada del Gracioso" (Morgenständchen des Narren), dem Ravel später eine farbige Orchesterfassung gab, und die Klaviersonatine. 1908 war
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die „Spanische Rhapsodie", eine pittoreske Orchestersuite, vollendet, zugleich entstand der Buffo-Einakter „Die spanische Stunde", ein freches Komödienspiel von dem betrogenen Uhrmacher und seiner jungen, liebestollen Frau, eine kostbare Partitur, die aus harmonisch tickenden und läutenden Uhrwerken und aus heißen spanischen Liebesliedern gewoben ist. Durch ein Kindermärchenbuch angeregt wurden die vierhändigen Klavierstücke „Ma Mère l'Oye" (Meine Mutter die Gans), Miniaturbilder vom Däumling, von der Prinzessin und dem Untier, vom Feenreich, die erst in der Orchesterfassung ihre ganze f u n kelnde Schönheit enthüllten. Die Nachtseite von Ravels Wesen bezeugt sich in den gespenstischen Visionen des „Gaspard de la N u i t " , eines dreiteiligen, von dem Romantiker Aloise Bertrand inspirierten Klavierzyklus mit den Stücken „Undine", „Der Galgen", „Scarbo", der als Ravels persönlichstes und innerlich bedeutendstes W e r k gelten darf. Der Weltkrieg von 1914 war, wie f ü r Debussy, auch f ü r Ravel, der als Freiwilliger im Heere stand, ein belastendes Erlebnis. Der Nachklang dieser Zeit ist ein ernstes, zeremonielles Werk, „Tombeau de Couperin", eine Huldigung an den alten Clavecinisten, zugleich ein Epitaph f ü r die Toten des Krieges; die einzelnen Sätze sind Ravels gefallenen Freunden gewidmet. W ä h r e n d aber Debussy das Kriegsende nicht mehr erlebte, begann für den fast dreizehn Jahre jüngeren Ravel die Zeit der Reife und des Ruhms. Die Verbindung mit Diaghilew und Ida Rubinstein förderte die Verherrlichung des Wiener W a l zers, die sich hinter dem lapidaren Titel „La Valse" verbirgt. Neben der unheimlich-phantatischen Oper „Das Kind und die Zauberformel" wuchsen Studien in neuem, linearem Stil, entstand unvermittelt, ein künstlerischer Gewaltstreich, der „Boléro", eins der wenigen Werke neuer Musik, die breite Popularität erlangten: ein unverändert festgehaltenes T h e m a wird, siebenundzwanzig Mal wiederholt, durch stetige Verstärkung der Instrumentation 8 M u s i k d. 20. Jhcit,
114 Ausstrahlung des Impressionismus nach Süden und Osten zu wilder Ekstase gesteigert, Rhythmus und Klangfarbe triumphieren, Monotonie wird zur Magie. Auch auf der H ö h e des Ruhms blieb Ravel ein Einsiedler, die in seinem Häuschen zu Montfort-l'Amoury in der Isle de France zwischen japanischen Möbeln, Spielzeug, Nippsachen und Blumen lebte und, gepflegt und d a n d y h a f t elegant, seinen Garten bebaute. In den letzten Jahren entstanden die beiden Klavierkonzerte, das brillante in G - D u r und das bedeutendere, von tragischen Spannungen erfüllte für die linke H a n d , das f ü r den einarmigen, im ersten Weltkriege verletzten Pianisten Wittgenstein geschrieben war. Ein Gehirntumor beraubte ihn, der lange kränklich, war, der Sprache und des Bewegungsvermögens. Noch einmal floh er in die Ferne bis nach Algier. Am 28. Dezember 1937 starb er in Paris nach einer Operation, aus deren N a r kose er nicht mehr erwachte. Seine Kunst besteht neben der Debussys als charakteristisches Dokument der Epoche; sie enthält Spiel u n d Spuk, T a n z und Traum, Schönheit und Grauen, glasklar geschliffen und geformt vom ästhetischen Gefühl einer überfeinerten Zeit. AUSSTRAHLUNG DES IMPRESSIONISMUS NACH SÜDEN UND OSTEN Die Ausstrahlung des Impressionismus berührte vor allem die romanischen Musikkulturen. Für die Musiker des Südens, denen das thematisch-konstruktive Denken der Deutschen fremd war, ergab sich nun ein Formprinzip, das auf den Klang an sich, auf seine sinnlich f a ß b a r e Qualität, nicht auf seine logische Funktion gegründet war. So sehr sich das Klanggefühl verfeinerte, der architektonische Umriß der Formen wurde vereinfacht, an die Stelle der Konstruktion trat die Impression. Gerade die musikalisch noch naiven Völker fanden eine Möglichkeit, schöpferisch an der Fortbildung der Tonkunst teilzunehmen; eine Welle der Produktivität ging durch die Randländer des europäischen Kontinents, die bisher wenig zur allgemeinen Entwicklung beigetragen hatten.
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Unmittelbar wirkte der französische Einfluß über die Pyrenäen nach Spanien hinein. Die Vorliebe Debussys und Ravels für spanische Klangformen schuf eine Brücke zwischen den Kulturen, die spanischen Musiker suchten ihrerseits die Metropole Paris, um sich Anregungen und Gesetze zu holen. In dem abgeschlossenen, konservativen, durch alte bäuerische Kultur charakterisierten Lande der iberischen Halbinsel, das die maurischen Einflüsse seiner Vergangenheit als fest eingeschmolzene Wesenselemente bewahrte, gab es eine starke, farbige Volksmusik, die sich in scharf rhythmisierten T a n z f o r m e n wie Sarabande, F a n dango, Malagueña, Bolero, H a b a n e r a und Seguidilla verkörperte. Das war alles so ursprünglich, so vital, von so starkem und glühendem, durch Zupf- und Schlaginstrumente orientalischer Herkunft, durch Laute und K a s t a gnetten charakterisiertem Kolorit, wie es kaum anderswo in E u r o p a zu finden war. Im neunzehnten Jahrhundert waren volkstümliche, kunstlose Singspiele beliebt, Z a r zuelas genannt, die von Wandertruppen gesungen und getanzt wurden. Aber der Schritt von der Volks- zur Kunstmusik, die einst im Schaffen der barocken Klavier-, Orgelund Chormeister ihre große Zeit erlebt hatte, gelang erst wieder, als ein theoretischer Geist diese Elemente klärend durchdrang und in das Licht des Bewußtseins hob. Der Musikgelehrte Felipe Pedrell ( 1 8 4 1 — 1 9 2 2 ) widmete sich der systematischen Erforschung der spanischen Volksmusik und vertrat durch Schriften und Kompositionen, darunter eine wagnernahe Operntriologie „Los Pireneos", die Idee einer national-spanischen Musik. Seine Schüler Isaac Albéniz ( 1 8 6 0 — 1 9 0 9 ) und Enrique Granados (1867— 1 9 1 6 ) verschafften dem Klang dieser Musik durch virtuose Klavierwerke, jener durch die „Iberia", dieser durch die „Goyescas", schon weit über die Grenzen Spaniens hinaus Gehör. Die volle Verwirklichung dessen, das Pedrell vorschwebte, w a r einem anderen seiner Schüler vorbehalten: Manuel de Falla. In Cadix, im Andalusischen, am 23. November 8»
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geboren, jedoch aus nordspanischer Familie stammend, studierte Manuel de Falla in Madrid bei Pedrell; seinen ersten Erfolg hatte er mit der Oper „La vida breve", der Tragödie einer jungen, von ihrem Geliebten verlassenen Andalusierin,die 1905 von der Madrider Akademie preisgekrönt, aber erst 1913 in N i z z a und kurz darauf in Paris aufgeführt wurde. 1907 ging er, da die Heimat keine Entwicklungsmöglichkeiten bot, nach Paris, wo er die Freundschaft und Förderung von Dukas, Debussy und Ravel gewann. Hier entstanden „Vier spanische Stücke" f ü r Klavier, die unter den Titeln „Aragonesa", „Cubana", „Montañesa" und „Andaluza" charakteristische Landschaf tseindrücke festhalten, und „Sieben spanische Volkslieder". Hier legte de Falla die Grundlagen seines Stiles fest, der sich auf die andalusische Volksmusik, den Cante jondo (tiefer, das heißt gefühlvoller Gesang), stützt. Byzantinische, maurische und zigeunerische Elemente fließen in dieser Musik zusammen, Gleittöne und Unterteilungen der Halbtonintervalle geben den Gesängen zuweilen fast orientalischen Charakter, hartnäckige, scharf rhythmisierte Wiederholung eines einzigen Tones steigert die T ä n z e zu wildem Rausch, archaische Klangformen schaffen W ü r d e und Feierlichkeit. Als der Weltkrieg ausbrach, kehrte de Falla nach Madrid zurück. H i e r vollendete er das H a u p t werk seiner folkloristischen Schaffensperiode, das Ballett „El amor brujo" (Die Zauberliebe), das 1915 in Madrid aufgeführt wurde und den Ruf des Komponisten endgültig befestigte. Die H a n d l u n g des Balletts ist eine Groteske, gewoben aus Aberglauben, heißblütiger Leidenschaft und düsterem H u m o r . Eine Zigeunerin wird von dem Schatten eines verstorbenen Liebhabers verfolgt, und der Zauber wird erst gebrochen, als ein anderes Mädchen es auf sich nimmt, das eifersüchtige Gespenst zu verführen und zu überlisten. Die Musik, f ü r kleines Orchester gesetzt, besteht aus Tänzen und Liedern; ihr H ö h e p u n k t ist die mitternächtliche Geisterbeschwörung des Feuertanzes, ein elementares Musikstück in harten, pochenden Rhyth-
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men, das der Komponist auch zum Bravourstück für Klavier bearbeitete. „Nächte in spanischen Gärten", 1916 vollendet, ist de Fallas bedeutendstes Instrumental werk, eine dreiteilige Phantasie mit dem Untertitel „Symphonische Impressionen für Klavier und Orchester", durch Landschaftseindrücke aus Granada und der Sierra de Cordoba angeregt, an Stimmungszauber und klanglichem Raffinement den Werken Debussys und Ravels ebenbürtig. In den folgenden Werken beginnt sich der Komponist allmählich vom Grunde der heimatlichen Volksmusik zu lösen, sein Stil wird abstrakter, allgemeingültiger, er nähert sich dem aufsteigenden Ideal des neuen Klassizismus. Im Ballett „Der Dreispitz" klingen noch echte andalusische Volkslieder. Das ausgelassene Tanzspiel, eine Bearbeitung der Erzählung Alarcons, die schon Hugo Wolf zum Vorwurf seines „Corregidor" gedient hatte, wurde 1917 in Madrid und in erweiterter, endgültiger Fassung 1919 in London durch das Russische Ballett Diaghilews mit Bühnenbildern Pablo Picassos aufgeführt. „Meister Pedros Puppenspiel" (1923), ein Marionettenspiel, in dessen Mittelpunkt Don Quichote steht, ist von der Musik der spanischen Renaissance, dem goldenen Musikzeitalter der iberischen Halbinsel inspiriert, auch das Konzert für Clavicembalo und Soloinstrumente (1926) ist bei aller Modernität der Harmonik eine Schöpfung des Historismus. Das alles läßt erkennen, wie de Falla, der hochgeachtet, aber zurückgezogen und kränklich, nur von seiner Schwester gepflegt, in Granada lebte, unbewußt den geistigen Stömungen der Zeit verbunden war. Mit dem Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges im Jahre 1936 begann für ihn eine Zeit des Leidens. 1939 folgte er einer Einladung nach Argentinien. Der Weltkrieg verhinderte seine Rückkehr, er starb, fast siebzig Jahre alt, am 14. November 1946 in Alta Gracia im argentinischen CordobaGebirge. Seine letzten Jahre waren ausgefüllt mit der Komposition des Epos „Atläntida" von dem katalanischen Dichter Jacinto Verdaguer. Das Oratorium, dessen Held
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Kolumbus mit seiner Sehnsucht nach den Geheimnissen der ozeanischen Ferne war, sollte die mythologische Vergangenheit der iberischen Halbinsel und die religiös-mystischen Züge des spanischen Wesens zum Klingen bringen. Das W e r k blieb unvollendet; wesentliche, vielleicht die großartigsten Möglichkeiten der spanischen Musik wurden noch nicht realisiert. Unter den Jüngeren vertraten Joaquin Turina ( 1 8 8 2 — 1 9 4 9 ) , der expressionistisch-eigenwillige Oscar Espld (geboren 1 8 8 6 ) und Adolfo Salazar (geboren 1 8 9 0 ) weiterhin den Gedanken einer nationalspanischen Kunst, während Frederico Mompou (geboren 1893), im Bannkreis der Impressionisten beginnend, eine mehr allgemein-europäische Tonsprache entwickelte und Ernesto Halffter (geboren 1 9 0 5 ) in Spanien das P r o g r a m m des neuen Klassizismus verwirklichte. Auch auf die Balkanländer griffen die Impulse des französischen Impressionismus hinüber. Die griechische Musik, die durch den Komponisten und Lehrer Manuel Kalomiris (geboren 1 8 8 3 ) repräsentiert wurde, und die überwiegend auf volkstümlichen Chorgesang beschränkte bulgarische Musik, erhoben sich freilich noch nicht zu überlokaler Bedeutung. Audi die serbischen und kroatischen Musiker Davorin Jenko ( 1 8 3 5 — 1 9 1 4 ) , S. Stajonowic (1855—1914) wirkten noch nicht über ihr L a n d hinaus, was erst den Vertretern der jüngeren Generation, dem 1 8 9 5 geborenen, durch seine Volksoper „ E r o der Schelm" bekannten Joan Jacov Gotovac und dem Kodalyschüler Josip Stolzer-Slavenski (geboren 1 8 9 6 ) vorbehalten war. In Rumänien jedoch wirkte das Beispiel Georges Enescus (1881—1955), der in Paris bei Gedalge, Massenet und Faure studierte und Symphonien und Kammermusikwerke von gefälliger Form und farbig schillerndem Klang schrieb, auf die Jüngeren Nona Otescu, Alfred Alessandrescu, Sabin Dragoiu, so daß eine einheitliche, von nationalen und mondänen Elementen gespeiste Musikkultur aufwuchs. Marcel Mihalovici, 1898 in Bukarest geboren, ging 1 9 1 9 nach Paris, wo er, Schöpfer von Opern und gefälligen Instrumental-
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werken, vollends zum Franzosen wurde. In Ungarn, wo der als Pianist, Dirigent, Komponist und Organisator wirkende Franz Erkel (1810—1893) den Grund einer öffentlichen Musikpflege gelegt hatte, kam es erst etwa zwei Menschenalter später, unter dem Einfluß des um die Jahrhundertwende in Budapest lehrenden Hans Koeßler (1853—1926), zu einer starken und eigenartigen Produktion, die dann freilich, getragen von unverbrauchten, durch K r a f t und Neuheit frappierenden Elementen der Volkskunst, sich unversehens zur Weltbedeutung erhob. Ernst von Dohndnyi, der am 27. Juli 1877 in Preßburg geboren wurde, als Pianist Schüler d'Alberts war, bis 1915 als Lehrer in Berlin, danach in einflußreichen Stellungen in Budapest wirkte und 1945 nach Florida übersiedelte, steht als Komponist noch auf dem Boden der Spätromantik. Sein phantasievolles, durch formale Kultur ausgezeichnetes Schaffen u m f a ß t Klavier-, Kammer- und Orchestermusik, auf der Bühne hatte er mit der Pantomime „Der Schleier der Pierette", der Oper „Der T u r m des Woiwoden" und der auf einem Lustspiel Carl Sternheims fußenden, das kleinstädtische Bürgertum verlachenden Musikkomödie „Der Tenor" Erfolg. Er starb 1960 in Amerika. Die Schöpfer der neuen ungarischen Musik sind Béla Bartók und Zoltän Kodäly. Durch die systematische Erforschung der Volksmusik legten sie die Urschicht der magyarischen Musik bloß, die vorher durch westeuropäische Einflüsse und durch die von orientalischen Elementen durchsetzte, mit übermäßigen Intervallen spielende Zigeunermusik überdeckt war. Die Merkmale der alten, echten ungarischen Musik, die Kodäly der Musik türkischmongolischer, vor tausend und mehr Jahren mit den U n garn zusammenlebender Völker verwandt hält, sind pentatonische Melodik, vierzeiliger Strophenbau, stereotyp wiederkehrender Rhythmus und Neigung zu Ornamentik. Der Charakter der Melodien ist fast durchgehend herb und kraftvoll, der Ausdruck lakonisch und schlagkräftig, die Stimmung reicht von verhaltener Schwermut bis zu
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wirbelnder Ausgelassenheit, ist aber niemals sentimental; eine urkräftige Bauernkunst stieg ans Licht, die Primitivität mit latenter, entwicklungsfähiger Vielfalt der Rhythmen und Themenformen verband. Zoltan Kodaly, der am 16. Dezember 1882 in Kecskemet geboren wurde und den größten Teil seines Lebens, unangefochten von den sein Heimatland erschütternden Kriegen und Revolutionen, als Lehrer und Dirigent in Budapest verbrachte, begann um 1900 damit, diese Lieder unmittelbar dem Munde der Landbevölkerung abzulauschen, sie aufzuschreiben und in Grammophonaufnahmen festzuhalten, wobei er es zusammen mit Bartok auf über dreitausend Grundmelodien brachte. Damit w a r ein triebkräftiges Material gewonnen, das in die Kunstmusik einfloß und mit dem impressionistischen Klanggefühl verschmolz, das Kodaly sich durch Studien in Paris aneignete. In allen seinen Kompositionen lebt das ungarische Nationalgefühl. Der „Psalmus Hungaricus" f ü r Tenor, Chor und Orchester steigert dieses Gefühl zum religiösen Bekenntnis; das großartige, durch seinen enthusiastischen Schwung hinreißende Werk ist bezeichnend f ü r Kodälys Stil, der mit den Mitteln moderner, unkonventionell verwendeter H a r monik und Linearität einfache, volkstümliche "Wirkungen erzielt. Die Oper „Die Abenteuer des H a r y Jänos", deren wesentliche Stücke auch als Konzertsuite gespielt werden, ist das komische Gegenstück; der H e l d ist ein ungarischer Eulenspiegel, seine Erlebnisse und Aufschneidereien im napoleonischen Kriege werden in brillanten Tonmalereien geschildert. Das Liederspiel „Spinnstube", ganz aus Volksliedthemen komponiert, ist ein Bild aus dem siebenbürgischen Bauernleben. Die „Marosszeker Tänze" und die „Tänze aus Galanta", das „Konzert f ü r Orchester" und die Variationen über das Volkslied „Der P f a u " sind Kodälys bekannteste Orchesterkompositionen, Klavierstücke, Kammermusik und eine Fülle von Liedern und Chören runden das Werk eines Musikers, der zu den reinsten und aufrichtigsten Erscheinungen der Gegenwart gehört. Bela,
Ausstrahlung des Impressionismus nach Süden und Osten 121 Bartók (1881—1945), ihm befreundet und in vielen Zügen verwandt, wuchs durch die Radikalität seines Wollens aus dem heimatlichen Kreise heraus u n d wurde zu einem der revolutionierenden Gesetzgeber der neuen Musik; er ist an anderem Orte zu behandeln. Die tschechische Musik folgte nodi eine Weile den Anregungen, die Smetana und D v o r a k gegeben hatten. W ä h rend Zdenko Fib'tch (1850—1900) nodi auf romantischem Boden stehen blieb, öffneten sich Joseph Bohuslav Förster (1859—1951) und Vitezlav Novak (1870—1949) f r a n z ö sisch-impressionistischen Einflüssen. Im Schaffen Joseph Suks (1874—1935) klingt das lyrische Melos Anton Dvoräks zart und verfeinert nach. Oskar Nedbal (1874— 1930) schlug in Balletten und Operetten volkstümliche Töne an. Bohuslav Martina (1890—1959), Schüler Joseph Suks in Prag und Albert Roussels in Paris, bald in Böhmen, bald in Frankreich und in Amerika zu Hause, wurde Autor eines bedeutenden, weltaufgeschlossenen Werkes, das verschiedenartige Stilelemente durch die K r a f t einer starken musikalischen N a t u r verschmolz. Eine Reihe von Opern, eine Böhmische Rhapsodie, eine JazzSuite, Symphonien, Symphonische Dichtungen und Konzerte zeugen von einer Vielseitigkeit, die sich in allen Bereichen und Formen geläufig auszudrücken wußte. Das Eigenste hat Martinu in Orchesterwerken von Concertogrosso- und Suitencharakter gegeben, in denen der Neoklassizismus Strawinskys mit dem deutschen Neubarock zur Synthese geführt und durch einen kräftigen Schuß böhmischer Melodik gewürzt wird. Ein Meister von unvergleichlicher Originalität und wirklicher Größe steht inmitten dieses Kreises, ein Musiker, der nodi einmal wie einst Friedrich Smetana, wenn auch in ganz anderem Sinne, Naivität mit subtilem künstlerischem Gefühl verband: Leos Jandcek. Sein Lebenslauf ist das Schicksal eines Unzeitgemäßen, dem spät überraschend glänzende Anerkennung zuteil wurde. Janäcek stammt aus einer wild-gebirgigen, von der Kultur wenig be-
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rührten Landschaft Nordmährens; im Dorfe H u k v a l d y (Hochwald) wurde er am 3. Juli 1854 als Sohn eines kinderreichen Schullehrers geboren. Er studierte in Brünn und Prag, fristete sein Leben als Seminarlehrer und Chordirigent in Brünn, wo er auch eine Orgelschule gründete. Neben der heimatlichen Landschaft wurde ihm der Osten, den er auf Rußlandreisen kennen lernte, zum Erlebnis; wie die Meister der ungarischen Musik, so studierte auch er Melodie und Rhythmus der Volksmusik, selbst den Tonfall der alltäglichen Umgangssprache, um daraus eine unkonventionelle, naturnahe Tonsprache zu entwickeln. Seine Oper „Ihre Ziehtochter" wurde 1904 in Brünn aufgeführt und hatte einen starken und anhaltenden Lokalerfolg, der Janäceks heimatlichen Ruhm begründete. Erst 1916 kam sie, von Max Brod verdeutscht, unter dem Titel „ J e n u f a " nach Prag, bald darauf nach Wien und Berlin und wurde ein Welterfolg, der die Schaffenskraft des Sechzigers mächtig anregte und ihn mit einem Schlage unter die führenden Musiker der Zeit stellte. Es folgten 1920 die grotesken „Abenteuer des H e r r n Broucek", 1921 „ K a t j a K a b ä n o w a " (nach Ostrowsky), 1923 die köstliche Tieroper „Das schlaue Füchslein", die Kriminaloper „Die Sache Makropulos" und, erst 1930 aufgeführt, die Dostojewski-Oper „Aus einem Totenhaus". Auch die farbenleuchtende, durch Fanfaren von zwölf Trompeten eingeleitete Sinfonietta, die „Festliche Messe", das zweite Streichquartett „Intime Blätter" und die ergreifende Liederfolge „Tagebuch eines Verschollenen" gehören dieser späten Schaffenszeit an, der der T o d am 12. August 1928 ein Ende setzte. Janäceks Tonsprache, unvergleichlich in ihrer Originalität und Frische, ist ein Produkt des Naturalismus. Janäcek sucht die Wahrheit im Alltäglichen, er schreibt eine musikalische Prosa, die kein Pathos, keine künstliche Idealisierung kennt. Seine Themen sind meist kurz, fast unscheinbar, keimhaften Charakters, aber sie binden sich zu strömendem musikalischen Fluß und erheben sich zu großen Steigerungen; das volkshafte Ele-
Ausstrahlung des Inipressionismus nach Süden und Osten 123 ment verschmilzt mit den Klangformen des Impressionismus, so daß niemals der Eindruck folkloristischer Begrenzung entsteht. Erstaunlich ist die Unbefangenheit, mit der schon die um die Jahrhundertwende entstandene „Jenufa" in ihrer gleitenden Harmonik und arabeskenhaft feinen Stimmführung die Freiheiten künftiger Jahrzehnte vorwegnimmt. Uberhaupt ist dieses an Hauptmanns „Rose Bernd" erinnernde Volksdrama, die Geschichte eines Mädchens, das einem leichtsinnigen Verführer erliegt und von einem ernst und wahrhaft liebenden Manne gerettet wird, ein großer Wurf der modernen Oper; die zentrale Figur ist die Küsterin Buryja, die Pflegemutter Jenufas, die das uneheliche Kind der Gefallenen ertränkt und die Schuld vor sich und vor der "Welt auf sich nimmt: eine großartige, harte und dämoniegeladene Frauengestalt, in der sich wie in Klytämnestra die urtümliche Gewalt des Matriarchats verkörpert. „Das schlaue Füchslein" ist ein musikalisches Waldgedicht, in dem Tiere und Menschen nach gleichem Lebensgesetz nebeneinander existieren, ein Stück Naturpoesie, das in unserem Jahrhundert einzigartig ist; in dem Schlußwerk „Aus einem Totenhaus" bezeugt sich noch einmal der unerbittliche Realismus des Künstlers, der noch die kahle, glücklose Welt der Zuchthaussträflinge mit dem tröstenden Klang seiner Musik erhellt. Nicht ohne das Vorbild Janáceks zu denken ist Eugen Suchon, der in jüngster Zeit der slowakischen Musik Eigenart und Geltung verschafft hat. Seine 1949 uraufgeführte Oper „Krütnava" („Katrena"), ein realistisches Volksstück wie „Jenufa", berichtet von den Gewissensqualen eines Bauernburschen, der einen aus Eifersucht begangenen Mord freiwillig gesteht; die Musik verschmilzt Pentatonik und kirchentonartliche Skalen mit herb-kräftiger moderner Harmonik und überzeugt durch lyrisch-balladesken Klang. Polen hatte in dem Klaviermeister Ignaz Paderewski, der nach dem ersten Weltkrieg als Repräsentant polnischer Kultur einige Jahre lang das Amt des Staatspräsidenten
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bekleidete, in den Pianisten Raoul von Koczalski, Ignaz Friedman, Wladimir Horowitz, Alexander Brailowski, dem Geiger Bronislaw Hubermann, dem Dirigenten Gregor Fitelberg eine Reihe reproduktiver Begabungen aufzuweisen. Als Komponist gewann Karol Szymanowski (1883—1937) europäische Geltung, ein romantisch-lyrisch empfindender Musiker von äußerster Sensibilität des Ohres, der in seinen Symphonien, Konzerten und Opern den impressionistischen Klang an die Grenze der Atonalität aufspaltete und zerfaserte. In Rußland sammelten sich die F o r m k r ä f t e der ausklingenden Romantik im Schaffen Alexander Konstantinowitsck Glasunows (1865—1936). Noch mehr als sein Lehrer Rimskij-Korssakoff hat Glasunow das Stadium des genialischen Dilettantismus, in dem viele Werke der „Fünf" verharrten, überwunden, seine Formsicherheit nähert sich dem Akademismus. Seine acht Symphonien, seine Instrumentalkonzerte und Kammermusik sind flüssig, großzügig und klangvoll geschrieben, sie verschmelzen Russisches in Melodie und H a r m o n i k mit Brahmsscher Satzkunst und Strauss'scher Farbigkeit. Vom Klavier her kamen Nicolai Medtner (1879—1951) und der bedeutendere Sergej Wassiljewitsch Rachmaninow (1873—1943), ein Virtuose höchsten Ranges, dessen Kompositionen, Klavierstücke, Symphonien und Opern, in ihrer schwermütigen Noblesse und formalen Glätte der Nachfolge Tschaikowskys zuzuordnen sind. Alexander Tichonowitsch Gretschaninow (1864—1956), schrieb Symphonien, Opern und Kirchenmusik und wurde vor allem durch seine Lieder bekannt. Für alle diese Komponisten bedeutete die russische Revolution einen entscheidenden Einschnitt ihrer Entwicklung; sie verließen ihre Heimat und wurden Bürger des westlichen Europa oder Amerikas. Ganz außerhalb der Musikentwicklung seines Landes, die durch Tschaikowsky und den Nationalismus der „Fünf" bestimmt ist, steht ein Künstler, der dennoch das russische Wesen so rein und entschieden wie kaum ein
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anderer vertritt. Wie sich in Mussargski die russische N a t u r mit ihrer elementaren K r a f t und Tiefe bezeugte, so verkörperte sich in Alexander Nikolajewitsch Skrjabin die russische Seele mit ihrem maßlosen Liebes- und Erlösungsverlangen, mit ihrem H a n g zu Mystik und berauschender Magie. Skrjabin wurde am 10. Januar 1872 in Moskau geboren, studierte, nachdem er die militärische Laufbahn früh aufgegeben hatte, bei Tanejew und Arensky und wirkte als Konzertpianist und Lehrer in Moskau und im Ausland. Als Komponist k n ü p f t e er an den romantischen Klavierstil Chopins und Liszts an; das radikale chromatische Prinzip des „Tristan" war die bewegende K r a f t , die seine Entwicklung vorwärtstrieb. Sein Klavierschaffen beginnt mit Walzern, Mazurken, Nocturnes; zehn Sonaten, deren Werkzahlen zwischen 6 und 70 liegen, Präludien und „Poèmes" sind Marksteine seines Weges, der aus einer Sphäre romantischer Überfeinerung und Exaltation in die Höhenregion einer Mystik führte, aus der nicht Rückkehr, nur noch tragischer Absturz möglich war. Mit Werk 24, einer „Rêverie", setzt Skrjabins orchestrales Schaffen ein. Die dritte seiner Symphonien ist benannt „Le Divin Poème", das folgende Orchesterwerk, Opus 54, einsätzig in Form der symphonischen Dichtung, heißt „Le Poème de l'Extase", eine Uberschrift, die über Skrjabins gesamten Schaffen stehen könnte. Mit dem Werk 60, „Prometheus" (Le Poème du Feu) hat Skrjabin seinen endgültigen Stil gefunden. Die Harmonik des Werkes gründet sich auf einen siebentönigen, ausschließlich aus Quarten gebildeten Akkord c fis b .e a d g. Damit tritt der Komponist aus den Grenzen der traditionellen Harmonik heraus. Das harmonische Ordnungsprinzip, das er verwendet, deutet schon auf das melodische Ordnungsprinzip der Reihe hin, das wenig später zur Geltung gelangte. Aber f ü r Skrjabin bedeutet es nicht nur ein konstruktives, sondern zugleich ein magisches, beschwörendes Element. Zugleich tritt er aus dem Bereich der Musik überhaupt heraus; zu Orchesterinstrumenten, Orgel und Chorstimmen
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tritt ein Farbenklavier, das die Orgie des Klanges mit einem Rausch farbigen Lichts begleitet. Musik überflutet die Grenzen einer künstlerischen Disziplin, will universales Lebenselement, will Religion werden. In Aufzeichnungen, die als „Prometheische Phantasien" herausgegeben worden sind, hat Skrjabin den Kommentar zu seiner Musik gegeben. Sie sind ein unheimliches Dokument künstlerischer Hybris, Nietzsches späten Schriften der Auflehnung ähnlich, aber ihnen durch die Glut mystischer Erregung überlegen. Das Feuer des Prometheus ist der Stoff, aus dem Skrjabins Kunst gemacht ist: vom christlichen Standpunkt aus geurteilt, ein luziferisches Element, der Glaube, der in Empörung umschlägt, die K r a f t des Menschengeistes, die durch Ekstase sich selbst erhöht und damit sich gegen Gott erhebt. Den Triumph des Dionysischen, der sich in Beethovens neunter Symphonie andeutete, wollte Skrjabin vollenden. Er träumte von einem letzten, abschließenden Werke, das in einer mystischen Zeremonie aufgeführt werden und die Welt durch seine Vollkommenheit von ihren Leiden und Unzulänglichkeiten erlösen sollte. Er hat dieses W e r k nicht geschrieben; er starb f r ü h und plötzlich, erst dreiundvierzigjährig, am 14. April 1915 in Moskau. Sein Schaffen bleibt, mag es auch abseits von der Stilentwicklung des Jahrhunderts liegen, bedeutsam als fragmentarisch-großartige Leistung einer Zeit, die das Unerhörte, Unmögliche zu wollen fähig war. Es übersteigerte die Romantik und bereitete dem Expressionismus den Weg. Es zeugte zum letzten Male, vor der Materialisierung des Lebens und der Kunst durch die kommunistische Revolution, von der religiösen Inbrunst des russischen Geistes, wie sie einst in Dostojewski lebte. Es ist verehrungswert als eine der äußersten und gefährlichten Positionen, in die Musik, das Medium der Begegnung göttlicher und satanischer Kräfte, jemals vorgestoßen ist. Eine Nachfolge war nicht möglich. Igor Strawinsky, Serge Prokofieff und die Komponisten des sowjetischen Rußlands haben an andere Entwicklungsfäden angeknüpft.
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B E W A H R E N D E KRÄFTE DES N O R D E N S
Langsamer war der Schritt der Entwicklung im nördlichen Europa. Auch hier wirkten, vor allem in den Nachbarländern Frankreichs, die Einflüsse des Impressionismus und anderer fortschrittlicher Strömungen. Aber sie führten noch nicht zur Revolution. Die tonale H a r m o n i k der Romantik wurde zäher verteidigt. Es fehlt der Musik des Nordens bis weit in das zwanzigste Jahrhundert hinein an radikalen Tendenzen; Gestalten wie Skrjabin, Janacek, Kodaly, Bartok sucht man in England und Skandinavien vergebens. Die Musiker dieser Länder verschlossen sich keineswegs dem Fortschritt der Zeit, aber das Pathos ihres Schaffens war doch ruhiger, bedächtiger, die großen Meister erscheinen im Gesamtbilde der Epoche als Bewahrer urtümlich-volkshafter oder europäisch-klassischer Traditionen. Dennoch ist das Bild der Musikentwicklung in England lebhaft bewegt. Die musikalische Produktivität, die lange geruht hatte, erwachte, es gab eine Fülle charakteristischer Begabungen, die musikalische Kultur war im Aufstieg, der sein Ziel freilich erst um die Jahrhundertmitte erreichen sollte; die Tonsprache entwuchs allmählich der seit Bennet überlieferten Abhängigkeit von deutsch-romantischen Vorbildern u n d festigte sich zu einem eigenen Idiom. Frederick Delius (1863—1934), der aus deutscher Familie stammte, in Leipzig studierte und den größten Teil seines Lebens in Frankreich verbrachte, blieb in seinen Oratorien und Opern noch Vertreter spätromantischer Stimmungskunst. Donald Francis Tovey (1875—1940) verharrte in der Nachfolge von Brahms, Samuel ColeridgeTaylor (1875—1912) belebte die Musik durch Import afrikanischer Folklore, Percy Grainger (1882—1961) ging auf das englische Volkslied zurück. Granville Bantock (1868—1946), Gustav Holst, von deutschbaltischer Abk u n f t (1874—1934), John Ireland (geboren 1879) und Arnold Bax (1883—1953) entfalteten ein vielseitiges orchestrales und musikdramatisches Schaffen und führten
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die englische Tradition der Chormusik fort. In der Musik des 1879 geborenen Cyrill Scott mischen sich impressionistische Klangformen mit weichem, schwerflüssigem englischen Melos, in seinen Opern, Symphonien und Klavierstücken lebt ein Ausdruckswille, der in die Tiefe dringt und ernsten, pathetischen Empfindungen und Stoffen gewachsen ist. Größe und repräsentative Bedeutung gewann das Wollen dieser Generation im Werk des am 12. Oktober 1872 in Down Ampney, Glostershire, geborenen Ralph Vaughan Williams. Nach vielseitigen Studien bei englischen Meistern, bei Max Bruch und später bei Maurice Ravel und vorübergehender Organistentätigkeit widmete er sich der Komposition, und das Schaffen seines langen Lebens bildet einen beträchtlichen Abschnitt der englischen Musikgeschichte. Unter seinen sieben Symphonien ist eine „See-Symphonie" mit Chören nach Worten Walt Whitmans, eine Pastoralsymphonie, eine „London-Symphonie" als musikalisches Großstadtbild; Farbensinn, Neigung zu Tonmalerei, verbunden mit Gefühlskraft und großem Wurf der Form sind für alle seine Kompositionen charakteristisch. Die Quellen seiner Kunst sind das englische Volkslied, dem er systematische Sammlertätigkeit widmete, und die große Musik der elisabethanischen Zeit. Das Erlebnis Ravels, zu dem er erst als Siebenunddreißigjähriger in die Lehre ging, gab ihm entscheidenden Anstoß, konnte aber seine persönliche und nationale Eigenart nicht verfälschen; lange Jahrzehnte hindurch verkörperte sich in Vaughan Williams, der 1958 starb, die wieder erstarkte schöpferische Vitalität der englischen Musik. Deutsch-romantische und französisch-impressionistische Elemente fließen im Schaffen der belgischen Musiker zusammen. Naturgemäß kommen die Flamen unter ihnen von Brahms und Wagner her und erschließen sich erst allmählich dem Einfluß Debussys; zu ihnen zählen Paul Gilson (1865—1942), Lodewijk Mortelmans (1868—1952), Flor Alpaerts (geboren 1876), der sich von der Kunst Breughels und James Ensors anregen ließ, Jef van Hoof
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(geboren 1886). Maurits Schoemaker (geboren. 1890), Marinus de Jong (geboren 1891), Godfroid Devreese (geboren 1893) leiten in die Gegenwart, die der Klassizist Marcel Poot (geboren 1901) vertritt. Die wallonische Gruppe, die Brüder Joseph und Leon Jongen (geboren 1873 u n d 1884), Francis de Bourguignon (geboren 1890) und Jean Absil (geboren 1893), strebt aus der Sphäre Cesar Francks und Debussys zu barocken und klassischen Formprinzipien. In Holland fanden nach Bernard Zweers (1854—1924) und Alfons Diepenbrock (1862—1921) vor allem Johan Wagenaar (1862—1941) und Cornelius Dopper (geboren 1870) einen volkstümlich lebendigen Stil. Jan Brandts-Buys (1868—1933), meist in Österreich lebend, hatte mit der heiteren Oper „Die Schneider von Schönau" Erfolg. Willem Pijper (1894—1947) löste sich entschieden von romantischen Vorbildern los, sein Schüler Henk Badings (geboren 1907), Komponist von sechs Symphonien, einem Oratorium „Apokalypsis", von Opern und Kammermusikwerken, bekannte sich vollends zur klaren Linearität der Moderne; mit seinen späteren Werken wuchs er in die Entwicklung der elektronischen Musik hinein. Der D ä n e Carl Nielsen (1865—1931), der vom einfachen Militärmusiker zum Dirigenten des Kopenhagener Hoforchesters aufstieg, darf zu den starken Begabungen der Richard-Strauss-Generation gezählt werden. Sein Werk, das aus sechs Symphonien, vielen kleineren Instrumentalwerken und zwei Opern besteht, zeugt von Natürlichkeit der Erfindung, von Klangsinn und formender Energie; an Liszt, Brahms und Strauss anknüpfend, saugt es den neuen Klang der Zeit in sich auf und f ü h r t weit aus dem romantischen Stilbereich hinaus. Paul August von Rienau (1883—1946), Schüler von Max Bruch, Ludwig Thuille und Max von Schillings in Deutschland, später Dirigent in Kopenhagen u n d Wien, griff bewußt und energisch in die gesamteuropäische Musikentwicklung ein. Er schrieb sechs Symphonien, ein Chorwerk nach Rilkes 9 M u s i k d . 20. J h d t .
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„Cornet", ein Tanzspiel nach Andersens Märchen von „Klein Idas Blumen". Gehört sein früheres Schaffen, charakterisiert durch farbige Harmonik und blühende Sinnlichkeit des Orchesterklangs, der Richard-StraussNachfolge an, so fesseln seine späteren Werke als eigenartiger Versuch, die Zwölftöne-Idee Schönbergs mit der alten Tonalität zu versöhnen. Die Opern seiner Spätzeit, „Michael Kohlhaas" (1933), „Rembrandt van Rijn" (1937) und „Elisabeth von England" (1939) sind Schöpfungen eines Dramatikers, dem es darum ging, die musikalische Tragödie aus den Bereichen der Phantasie und des Mythos auf den realen Boden der Geschichte zu verpflanzen. Der 1888 geborene Niels Otto Raasted komponierte Symphonien und geistliche Werke, während der Nielsenschüler Jörgen Bentzon (geboren 1897) sich der Volksmusikbewegung anschloß; Knud Aage Rüsager (geboren 1897) vertritt einen geistvollen, spielerischen Klassizismus. Die schwedische Musik zeigt, ähnlich wie die englische des gleichen Zeitabschnitts, das Bild des Erwachens aus langer Ruhe. In wenigen Jahrzehnten entstand aus der gemeinsamen Bemühung einer großen Zahl von Komponisten eine musikalische Kultur von ausgeprägter Eigenart, in der sich Natur und Landschaft, Volkscharakter und dichterische Phantasie spiegelten. Die ältere Musikergeneration, zu der der Lyriker Emil Sjögren (1853—1918), der Wagnerianer Olof Wilhelm Peterson-Berger (1867— 1942), der um schwedische Themen bemühte Vilhelm Stenhammer (1871—1927) und der charaktervolle Symphoniker Hugo Alf vén (geboren 1872) zählen, hatte wesentlich vorbereitende Funktion. Eine zweite Gruppe verkörpert eine bodenständige, selbständige Kunst romantischer Färbung: Kurt Magnus Atterberg (geboren 1887), Komponist von acht Symphonien und fünf Opern von lebendiger Erfindung und farbenfroher Klangphantasie, Carl Natanael Berg (geboren 1879), Oskar Frederick Lindberg (1887—1955), Ture Rangström (1884—1947), der sich in seinem dramatischen und symphonischen
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Schaffen von Strindberg anregen ließ und sich vorwiegend der Liedkomposition widmete, der 1881 geborene Edwin Kallstenius und der 1890 geborene Gösta Nystroem. Hilding Constantin Rosenberg, geboren 1892, ein vielseitiger, den geistigen Strömungen der Zeit geöffneter Musiker, der durch die Klangwelt des Expressionismus hindurchging, wuchs zur bedeutendsten Persönlichkeit der neuen schwedischen Musik. Unter seinen Werken sind fünf Symphonien ernsten programmatischen Inhalts, geistliche Oratorien, ein Opern-Oratorium, dem Thomas Manns Josephs-Epos zu Grunde liegt, und Musik zu antiken Tragödien. Die Jüngeren Yngve Karl Sköld (geboren 1899), Lars Larsson (geboren 1908) und Erland von Koch (geboren 1910) vertreten eine neoklassizistische Stilrichtung. Norwegen hatte seine stärksten produktiven Kräfte im Schaffen Edvard Griegs (1843—1907) erschöpft. Neben und nach ihm wirkten Johann Svendsen (1840—1911), Johan Halvorsen (1864—1935) und der in Deutschland gebildete, stark von "Wagner beeinflußte Christian Sinding (1856—1941); der Massenetschüler Gerhard Schjelderup (1859—1933) verbrachte den größten Teil seines Lebens in Deutschland. Sie alle gingen nicht wesentlich über die von Grieg vorgezeichneten Grenzen romantisch-koloristischer Stimmungskunst hinaus, ohne aber die Originalität und die Volkstümlichkeit ihres Vorbildes zu erreichen. Die musikalische Eigenart Islands verkörperte sich in dem 1899 geborenen Jön Leifs, der in Orchester-, Orgel- und Chorwerken, den uralten, düsteren, auf Orgelpunkte und Quintenparallelen gegründeten Klang der heimatlichen Musik lebendig zu machen suchte. An einer Stelle Europas schuf der Wille zu nationaler, aus der Tiefe alter Überlieferung beschworener Kunst eine Musikwelt von faszinierender Ursprünglichkeit und Phantasiefülle: in Finnland, dem Randlande des äußersten Nordostens. Hier waren starke, unverbrauchte Elemente gegeben, aus denen sich eine Kunst von Atmosphäre und 9»
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Charakter, von Raum und Weite entwickeln konnte: die herbe Landschaft der Wälder und Seen und die Lebenssubstanz eines Volkes, das seiner H e r k u n f t nach außerhalb der europäischen Völkerfamilie steht, dessen kulturelle Leistungen darum fast den Reiz des Exotischen haben. N u r das ungarische Volk ist auf ähnliche Weise ein Fremdling in Europa, und wirklich hat die Musik beider Länder in dieser Epoche eine ähnlich regenerierende Funktion geübt, freilich mit dem Unterschied, daß die magyarische Volksmusik durch Béla Bartók zu einer revolutionierenden K r a f t des Fortschritts wurde, während die Musik Finnlands von Jean Sibelius geradezu zu einer Burg der beharrenden, traditionsgebundenen Mächte ummauert wurde. Noch eines kam in Finnland dazu: die Erinnerung an eine urtümliche Periode mythischer Volksdichtung, die symbolhafte Gestalten, Schicksale ünd Schauplätze darbot, die Helden Kullerwo und Lemminkäinen, das lebensfrohe Fabelreich ihrer Taten und Abenteuer, das düstere Totenreich Tuonela, die Berichte von W u n dern und Zaubereien, die ein primitives, magisches Lebensgefühl gedichtet und geglaubt hatte. Romantischer Forschergeist hatte um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts das alte Volksepos „Kälevala" neu herausgegeben und Volkslieder zu einer Sammlung vereinigt, die nach der „Käntele", einem alten finnischen Zitherinstrument, „Känteletar" betitelt war. Unversehens wurden diese literarischen Reliquien zu Symbolen der nationalen Bewegung in dem vom zaristischen Rußland unterdrückten Lande, dem erst die russische Revolution von 1917 politische Selbständigkeit und damit das Selbstgefühl einer autonomen kulturellen Gemeinschaft gab. Es waren somit zu beträchtlichem Teile literarische, außermusikalische Impulse, die an der Entstehung der finnischen Musik mitwirkten. Gewiß wurden auch hier Volksmelodien, die alten „Runen", gesammelt und produktiv verwertet. Aber der Anstoß kam doch aus der poetischen Sphäre des alten Mythos, und vor allem hat Sibelius, im Gegensatz zu
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Bartók, den Typus seiner Melodie schon gefunden, bevor er die Volksmusik seiner H e i m a t kennenlernte. Die finnische Musik ist darum im wesentlichen nodi eine Schöpfung der romantischen Phantasie, nicht der modernen, musikwissenschaftlich-kritischen Besinnung. Den Grund der musikalischen Kultur hatten Martin Wegelius (1846—1906) und Robert Kajanus (1856—1933) gelegt; sie machten die Hauptstadt Helsinki zu einem über Orchester und Konservatorium verfügenden Zentrum, das einer Persönlichkeit wie Jean Sibelius Raum zur Entfaltung bot. Auch hier zeugte die Fülle der sich zu W o r t e meldenden Begabungen von der Notwendigkeit und Breite der Entwicklung. Armas Järnefelt (geboren 1869), Erkki Melartin (1875—1937) und der mehr kosmopolitisch empfindende Selim Palmaren (1878—1951) vertraten die Instrumentalmusik, Oskar Merikanto (1868— 1924) und Armas Launis (geboren 1884) wagten sich auf das Gebiet der Oper. Als Liederkomponist ist der 1892 in Helsinki geborene Yrjö Kilpinen bedeutend. Seine über vierhundert Lieder, die zum Teil in Zyklen zusammengefaßt sind, vertonen finnische, schwedische und deutsche Dichtungen; sie sind Gesänge von schlichter, sprechender Melodik zu meist einfacher, akkordisch stützender oder leicht kolorierender Begleitung, weniger durch Kunst als durch ursprünglichen, undifferenzierten N a t u r k l a n g wirkend. Die zentrale Gestalt ist Jean Sibelius, einer der Großen der Richard-Strauss-Generation, der in langem, über neunzigjährigem Leben zu einer der geachteten Autoritäten des europäischen Kunstlebens wurde. Jean Sibelius wurde am 8. Dezember 1865 in der Kleinstadt Tavastehus als Sohn eines Arztes geboren. Violinspiel u n d Naturschwärmerei füllten die Freizeit seiner Schülerjahre aus. „Ich liebte es", berichtet er, „die Violine auf meine sommerlichen Wanderungen mitzunehmen. Im Sommer suchte ich mir als Podium einen großen Stein aus, von dem man eine hinreißende schöne Aussicht über den Vanajawesi-See
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hatte. U n d dort gab ich endlose Konzerte f ü r die Vögel. Bei unseren Segelfahrten habe ich häufig mit der Geige vorn am Bug gestanden und dem Meere etwas vorphantasiert." Er wuchs heran in einem Naturreich am Rande der zivilisierten "Welt, in dem die Zeit stillstand: ein Spielmann des Mittelalters, ein Barde des Altertums hätte ähnliches berichten können. Auf die Schulzeit und ein kurzes Intermezzo juristischer Studien folgte die musikalische Ausbildung durch Wegelius in Helsinki (in diese Zeit fällt seine Freundschaft mit dem dort lehrenden Ferruccio Busoni), dann Reisen nach Berlin und Wien; als Sechsundzwanzigiährlger kehrte er in seine H e i m a t zurück. Er verheiratete sich mit Aino Järnefelt, der Tochter eines Offiziers. Ein Staatsstipendium befreite ihn von der Sorge um den Lebensunterhalt, in seinem Landhaus in dem abgelegenen Järvenpää lebte er seit 1904 seinem Schaffen. Konzertreisen nach Deutschland, Frankreich und England unterbrachen das ruhige Gleichmaß seines Lebens, 1914 folgte er einer Einladung nach N o r f o l k bei N e w York, die ihm glänzende Erfolge brachte; den ersten Weltkrieg und die Selbständigkeitserklärung Finnlands erlebte er in der Heimat. Das erste Werk, das den ganzen Sibelius erkennen läßt, ist die fünfsätzige symphonische Dichtung „Kullerwo", die 1892 vollendet wurde: ein wildes, düsteres musikalisches Epos von dem jungen Helden der Sage, von seinen Abenteuern, seiner unseligen Liebe zu seiner Schwester und seinem Tode. Es folgten die Tondichtung „Eine Sage" (1892, umgearbeitet 1901), die „Karelia"-Suite, die vier Lemminkäinen-Legenden von 1895, von denen sich die dritte, „Der Schwan von Tuonela" besonderen Ruhm erwarb, und die Tondichtung „Finlandia" von 1899. In dieser frühen Schaffensperiode ist Sibelius Epiker. Er erzählt die Sagen seines Landes, er malt Bilder von sinnenhafter Anschaulichkeit und leuchtender Farbenpracht, in die Reflexe mythischen Vorzeitdunkels fallen. Sein Stil ist eine Mischung von Primitivität und symphonischer
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Kunst. Die Themen sind einfach, kräftig umrissen, lakonisch eindringlich, oft von volkstümlichem Klang. Die Form wächst organisch, Bild reiht sich an Bild, Orgelpunkte geben dem Satz massive Basis. Die Klangfarbe ist ein wesentliches Element, die Mittel des Orchesters werden verschwenderisch verwendet; dunkle Bässe, schwermütige und liebliche Holzbläsermelodien, glitzernde Geigenarpeggien, strahlende Chöre der H ö r n e r und T r o m peten verschmelzen in einem kraftvollen Kolorismus, der Meer und Wald, Sonne und Nacht, Lust und T o d ahnen läßt, ohne in äußerliche Tonmalerei zu verfallen. Mit der ersten Symphonie von 1899 tritt das Ich des Komponisten in die Musik ein. Sibelius hat den Begriff „Symphonie", den er in sieben über ein Vierteljahrhundert verstreuten "Werken realisiert hat, ernst genommen. Jedes Werk ist eine Welt f ü r sich, in deren Mitte, wie bei Beethoven, ein „Held", eine schauende, erlebende und wollende Individualität steht, jedes Werk ist zugleich Selbstbekenntnis und Auseinandersetzung mit kosmischen Mächten. In der ersten, der e-moll-Symphonie W e r k 39, überwiegen noch melancholische Landschaftsstimmungen. Die farbenfrohe, thematisch scharfprofilierte zweite in D-Dur, Werk 43 aus dem Jahre 1902, hat durch ihre lebensbejahende K r a f t die weiteste Resonanz gefunden. Die dritte, die C-Dur-Symphonie, W e r k 52 von 1907, wirkt dagegen als Beruhigung und Klärung. Die vierte, Werk 63 in a-Moll aus dem Jahre 1911, könnte wie das 1909 vollendete Streichquartett den Titel „Voces intimae" tragen. Sie zahlt zu Sibelius persönlichsten u n d unkenventionellsten Werken. Die Tonalität ist gelockert, die feste symphonische Form ist aufgelöst, die Thematik ist zu einem Gewebe aus keimhaften Motiven verfeinert; das Werk stößt in die N ä h e des Expressionismus vor und wirkt damit als Grenzstein im Bereich der Sibeliusschen Kunst. Die f ü n f t e Symphonie, Werk 82 in Es-Dur, 1915 zum fünfzigsten Geburtstag des Komponisten uraufgeführt, aber erst vier J a h r e später endgültig geformt, ist
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ein groß konzipiertes Werk der Lebenshöhe. Das sechste Werk 104 in d-Moll, und die siebente Symphonie, Werk 105 in C - D u r , bilden den Ausklang; 1923 und 1924 vollendet, bezeichnen sie einen Altersstil, der auf sinnliche Farbwirkungen verzichtet und der Tonsprache einen abstrakten Zug gibt. Daneben entstanden noch immer programmatische Werke wie die symphonische Phantasie „Pohjolas Tochter", die impressionistisch gefärbte, hochbedeutsame Tondichtung „Die Oceaniden", die symphonische Dichtung „Tapióla", ein Lied von des Nordlands düsteren Wäldern, das letzte Orchesterwerk des Meisters; daneben entstanden das spielmannshaft beschwingte Violinkonzert Werk 47, Kammermusik, Lieder und Schauspielmusik. Mit dem Werk 116, drei Stücken f ü r Violine und Klavier, schloß der Vierundsechzigjährige sein Schaffen ab; der lange Abend seines Lebens gehörte der Muße. Sein Werk war getan. Sibelius starb zweiundneunzigjährig, f ü r sein Land zum künstlerischen Nationalheros, für die Welt zu einer fast mythischen Figur, zum uralten Sänger nordischer Sagas geworden, am 19. September 1957. Sein Schaffen bedeutet Besinnung auf den magischen Ursprung der Kunst, Bewahrung der natürlichen, einfachen K r ä f t e in einer von Stürmen und Wandlungen erregten Epoche. Jean Sibelius hat eine Landschaft der Musik erschlossen, die herbe, düstere Landschaft des Nordens, und er war stark genug, sich als Mensch in ihr zu behaupten.
ATONALITÄT U N D ZWÖLFTÖNEMUSIK Die Entwicklung, die sich in der flutenden, gegen die alten D ä m m e der tonalen O r d n u n g andrängenden C h r o matik von Wagners „Tristan" angekündigt hatte, die im Schaffen von Strauss, Reger, Mahler zu kritischen Momenten, zu Vorstößen in freie, gesetzlose Klangregionen f ü h r t e u n d v o n Debussy in die Bahn einer neuen klangstilistischen Konzeption geleitet wurde, war mehr
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als eine nur vorübergehende Erschütterung der überlieferten Sicherheiten, mehr auch als ein willkürliches Spiel unruhiger Geister mit unerprobten, lockenden Möglichkeiten und Wirkungen. Sie war das Schicksal der Musik, das notwendig und unausweichlich anbrach und ablief, das zu Ende gelebt und schöpferisch bewältigt werden mußte. Wie alle Entwicklungen war auch diese zugleich Auflösung und Erneuerung, Untergang und Aufstieg, Tragödie des Vergehens und Triumph des Werdens. Das Reich der klassischen Tonalität, das Reich des Dreiklangs mochte als ein Paradies der Harmonie und der Schönheit erscheinen; es war nicht unvergänglich, seine Mittel und Wirkungen standen nicht außerhalb der Zeit und der Geschichte. Modulationen, harmonische Beziehungen, Aufhellungen und Verschleierungen, die bei Schubert als Wunder, als Sprache der Seligkeit, als Erglühen mystischen Lichtes wirkten, waren hundert Jahre später nur noch bedeutungsentleerte, erlernbare technische Tricks; satztechnische Geniezüge, die bei Beethoven Ereignis, revolutionäre Tat waren, wurden in der Nachahmung zu Leistungen handwerklicher Geschicklichkeit, deren innere Dynamik erschlaffte. Der R a u m des DurMoll-Systems war ausgeschritten, seine Endlichkeit und Begrenzung waren erkannt, die Möglichkeiten, die der kombinierenden Phantasie innerhalb seiner harmonischen Funktionen gegeben waren, wurden immer mehr erschöpft. Auch die Verschleierung der einfachen Grundverhältnisse, die Wagner durch die Vorhalts- und Alterationstechnik des „Tristan" zum Stil erhoben hatte und die Reger bis zum fast konturlosen Ineinanderfließen der Akkorde weiterbildete, konnte nicht über das Ermatten des funktionalen Spannungssystems hinwegtäuschen. Mit der Krise der Harmonik Hand in Hand ging die der Melodie. Die natürliche, zwischen den Schwerpunkten des harmonischen Raumes schwingende, vom Maß des menschlichen Atems geformte und gegliederte Melodie der klassischen Epoche, vollkommen schön
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als Abbild der menschlichen Seele wie die klassische antike Plastik als Abbild des menschlichen Leibes, war gleichsam in ihre gegensätzlichen Elemente, instrumental bestimmtes Thema und Sprechgesang auseinandergefallen; mit der fortschreitenden Chromatisierung wurde es immer schwerer, ihr feste Kontur und charakteristische Gestalt zu geben. Damit aber war die musikalische Ordnung an ihrer Wurzel getroffen; das Ende der Melodie konnte, maß man die Entwicklung mit traditionellen Begriffen, das Ende der Musik bedeuten. Auf jeden Fall war das Naturreich der Musik, in dem der Mensch in glücklicher Harmonie mit dem tönenden Material lebte, unabwendbar am Versinken; iein Vorgang, der zweifellos zu der durch Zivilisation und Technisierung bedingten Entfremdung des Menschen von der Natur sowie zu dem durch Masse und Maschine herbeigeführten Geltungsverlust der menschlichen Individualität in naher Beziehung stand. Während die traditionell gesinnten Musiker, denen sich um 1910, nach dem Grenz- und Krisenwerk ..Elektra" auch Richard Strauss zugesellte, mit bewußtem Entschluß zur U m k e h r die Tonalität durch neue, stärkere Mittel noch einmal zu festigen oder ihr die letzten, herbstlichen Schönheitswirkungen abzugewinnen suchten, reifte in revolutionären, selbständigen Naturen die Uberzeugung, daß außerhalb der Schranken der Tonalität, in der absoluten, durch keine Konvention und Regel behinderten Freiheit der Klangverbindungen ein neues, weiteres und abenteuerlicheres Reich der Musik zu erschließen sei. Der Gedanke der Atonalität (die negative, den Gegensatz zur traditionellen Tonalität bezeichnende Formulierung trifft nicht seinen wesentlichen, positiven Kern) ist einer der eigenartigsten und kühnsten, die jemals in der Geschichte der Künste gedacht worden sind. Er setzt den Verzicht auf jede überkommene Sicherheit voraus, er verlangt, daß der Künstler sich dem Grenzenlosen anvertraue, das All oder Nichts sein kann, er bedeutet Form
Atonalitat und Zwölftönemusik ohne Ordnung, Gestalt ohne Maß, er ist in sich paradox. Daß er verwirklicht wurde, ist eines der fesselndsten Ereignisse der gesamten Musikentwicklung, daß seine Realisierung, die atonale Musik, nur einen geschichtlichen Augenblick dauern konnte, folgt aus dem inneren, ihm eingeborenen Widerspruch: Sein und Formen in absoluter Freiheit ist nur im Durchgang durch eine extreme Situation, nicht aber auf die Dauer und als Regel möglich. Dieser Augenblick der Atonalitat hat aber die Entwicklung der Musik im Tiefsten beeinflußt. Er ist eine Grenze zwischen Epochen, ein Erlebnis, das nicht ungeschehen gemacht werden kann. Die Entfesselung des Klanges, seine Befreiung aus der überlieferten Systematik, seine alleinige Bestimmung durch die schöpferische Willkür der künstlerischen Individualität war ein Abenteuer, das das Ohr des Schaffenden empfänglich machte für neue, unerhörte Wirkungen und die einfachen Klangformen der Vergangenheit verblassen ließ. Das musikalische Material hatte sich verändert, da die Phantasie der Musiker in eine neue. Beziehung zu ihm getreten war. Nur die Meister der schon gereiften Generation konnten noch in die sicher umfriedeten Bezirke der alten Tonalität zurückkehren und ihr begonnenes Werk zu Ende führen. Alle Jüngeren, auch die, die sich der Restauration verschrieben, trugen das Erlebnis der Atonalitat in sich, und alle Versuche, neue Formen der Tonalität zu fixieren, führten zu problematischen oder zumindest von der klassischen Tonalität grundsätzlich verschiedenen Resultaten. Die kurze Spanne der Atonalitat bedeutet den Anbruch eines neuen Zeitalters der Musik, sie war ein Ereignis, das der Erfindung der Mehrstimmigkeit gegen 1200 und der Stabilisierung des Dur-Moll-Systems gegen 1600 an Bedeutung gleichzusetzen ist. Es bedurfte eines starken, zu äußerster Konsequenz befähigten Geistes, einer in ursprünglichem Sinne schöpferischen, die Hörgewohnheiten der Jahrhunderte hinter sich lassenden musikalischen Phantasie, sollten die Mög-
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lichkeiten dieses entwicklungsgeschichtlichen Augenblicks verwirklicht werden. Beides fand sich in Arnold Schönberg, dem Jüngsten der großen, die Jahrhundertwende überbrückenden Musikergeneration, dem stärksten und entschiedensten Gegenspieler des konservativen Richard Strauss. Arnold Schönberg ging den Weg der Auflösung der tonalen Ordnung, den Richard Wagner mit dem „Tristan" eingeschlagen hatte, zu Ende. E r brach, nicht ohne vorher als Rückschau und Abrechnung ein gründliches Lehrbuch der klassischen Harmonik verfaßt zu haben, endgültig und völlig mit dem überlieferten System der T o n - und Akkordverbindungen und schuf in freiem, gesetz- und schrankenlosen Klangraum eine Musik, die keinen Grundton und keinen Dreiklang, keine Konsonanz und Dissonanz, keine Modulationen und Kadenzen, keine Beziehungen und Abhängigkeiten der Klänge kannte, eine Musik, die, neu, traditions- und geschichtslos, in jedem einzelnen T o n von der ursprünglichen, selbständigen Intuition des Komponisten bestimmt war. Die Erschließung der freien Atonalität ist die eigentliche Leistung des „heroischen Jahrzehnts" der neuen Musik, der Jahre um 1910 bis in den ersten Weltkrieg hinein. Die radikale Revolution, die hier vollzogen wurde, erregte in der großen Öffentlichkeit, die in ihr die Zerstörung aller überlieferten Werte sah, stürmischen Widerspruch; es begann die Zeit der Konzert- und Opernskandale, der erbitterten, oft in Tätlichkeiten ausartenden Auseinandersetzungen, der Pressefehden, der Partei- und Gruppenbildungen. Die Isolierung der modernen Musik, die die Konventionen des Verständnisses zerstört hatte, begann. Andererseits schlössen sich Schüler und Jünger, begeisterte Interpreten und überzeugte Anhänger um die neue Kunst zusammen; schon damals fand die noch im Werden begriffene Lehre Schönbergs in Alban Berg und Anton von Webern Schüler, die zu selbständigen Mitarbeitern des Lehrers und zu Vollendern seines Werkes wurden. Die Periode der atonalen Musik Schönberg-
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scher Prägung darf sinngemäß mit dem Stilbegriii des Expressionismus bezeichnet werden. Nicht nur, weil sie zeitlich mit den gleichnamigen Richtungen der Dichtung und der Malerei zusammenfiel, weil die Beziehungen zu der chaotisch-explosiven, den Satzbau zerreißenden, durch die Dynamik des Wortes wirkenden Lyrik Franz Werfeis, Georg Heyms, Georg Trakls und zu den wild hingeworfenen, die Formen verzerrenden und die Farben erhitzenden Bildern Noldes, Schmidt-Rottluffs, Kirchners, Kokoschkas deutlich sind, sondern weil diese Musik, die auf die Regel der Form verzichtet, ihrem ganzen Wesen nach Ausdruck ist und als unmittelbar packender, distanzlos wirkender Ausdruck empfunden und verstanden wird. War Arnold Schönberg stark genug gewesen, das Tor zur Freiheit aufzustoßen, so war er auch stark genug, sich nidit in ihrer Uferlosigkeit zu verlieren. Den lösenden, revolutionierenden Kräften seines Wesens hielten die zusammenfassenden, aufbauenden die Waage; nicht nur Wagner, das Genie des Fortschritts, auch Brahms, der ruhige Sammler und Organisator formender Kräfte, wirkte in ihm fort. In der absoluten Freiheit, unabhängig von Reminiszenzen an die Klangwelt, die hinter ihm lag, fand Schönberg die Grundlage einer neuen Ordnung, die für einen beträchtlichen Teil der Musik des Jahrhunderts verbindlich werden sollte. Während einer achtjährigen Schaffenspause bewältigte er in stiller Gedankenarbeit die Aufgabe, die die Zeit stellte: das Chaos der Atonalität zu überwinden, nicht durch Rückkehr in den verlassenen, sicheren Hafen der Tonalität, sondern durch Vordringen zum anderen, unentdeckten Ufer jenseits des Ozeans der Ungewißheit, in ein neues Land der Musik. Im Jahre 1922 sprach er von einer Entdeckung, die er gemacht habe, und durch die die Vorherrschaft der deutschen Musik für die nächsten hundert Jahre gesichert sei. Er bezeichnete sie als die „Methode, mit zwölf Tönen zu komponieren."
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Der Gedanke, der der Kompositionsmethode Schönbergs zu Grunde liegt, ist einfach. Da das Übergewicht eines Grundtons, auf dem alle Tonalität beruht, ausgeschaltet werden soll, müssen die gegebenen zwölf Halbtöne als gleichwertig behandelt werden. Das geschieht im einfachsten musikalischen Organismus, der melodischen Linie, dadurch, daß keiner der zwölf wiederkehrt, bevor alle erklungen sind, da Wiederholung Betonung bedeuten würde. Die Melodie, die sich ergibt, ist ein labiles, schwerpunktloses Gebilde, dessen Charakter (sieht man von rhythmischen und dynamischen Differenzierungen ab) in der Reihenfolge der Töne beruht. Die Reihenfolge der Töne und Intervalle wird nun zum Ordnungsprinzip der musikalischen Form erhoben. Sie stellt sich dar in der „Reihe", einem aus zwölf oder weniger Tönen bestehenden, f ü r jedes Werk neu erfundenen und festgehaltenen Organismus, der nicht Thema ist, sondern die Funktion der alten Tonalität, der im voraus gegebenen Gesetzlichkeit, übernimmt. Aus der Reihe ergibt sich das Thema, ergibt sich durch Projektion in die Vertikale auch die Harmonik, die grundsätzlich im Verhältnis zum melodischen Geschehen von sekundärer Bedeutung ist. Da diese Musizierweise viele Formmittel der tonalen Musik, Kadenzen, Symmetrien, Wiederholungen, Intervallparallelen, ausschließt, bedarf es zur Gliederung und Organisation des Tonsatzes anderer Mittel. Schönberg fand sie in der Frühzeit der mehrstimmigen Musik, in der Kompositionspraxis der niederländischen Meister. Umkehrung (Intervallfolge in entgegengesetzter Richtung) und Krebs (Intervallfolge von hinten nach vorn) werden wieder elementare Formkräfte. Sie vervierfachen, vor Beginn aller Kompositionsarbeit auf die Grundgestalt der Reihe angewandt, das musikalische Material; sie gliedern, als Kompositionsmittel gehandhabt, den musikalischen Ablauf und zwingen das Material in künstlerische Form. Das wichtigste Prinzip der musikalischen Fortspinnung aber ist die Variation, die die
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thematische Gestalt der gleichmäßig wiederkehrenden Reihe immer neu verändert und der freien, schöpferischen Phantasie des Komponisten Gelegenheit gibt, sich gegen das starre Gesetz der Zahl zu behaupten. Zugleich ist damit die Verbindung zum Formdenken der klassischen Musik, zur Variationskunst eines Beethoven, Brahms, Reger gewahrt. Das grundsätzlich Neue der Schönbergschen Lehre war nicht nur die veränderte, durch die Logik der Zahl bestimmte Ordnung der Klangverbindung, sondern vor allem die Ausschaltung der überlieferten Rücksichten auf die Eigenschaften des natürlichen Klanges, die Verleugnung der Beziehungen und Verwandtschaften, die auf den physikalischen Gegebenheiten der Obertöne beruhen. Die Akkorde der tonalen Musik, Dreiklang, Septimen- und Nonenakkord, waren entstanden als Realisierungen der über dem Grundton mitschwingenden, näher oder ferner liegenden Obertöne; die tonale Musik war ursprünglich getreue, intuitiv gefundene Abspiegelung von Naturgesetzlichkeiten und damit in sich gerechtfertigt. Aber schon die Einführung der gleichschwebenden Temperatur, die Andreas Werckmeister im Jahre 1691 anregte, ersetzte die natürlichen Intervalle und Zusammenklänge durch abstrakte Surrogate, die gegenüber den realen, differenzierten Klängen der natürlichen Stimmung nur noch Symbolwert hatten; die Erweiterung des dem Komponisten jeweils verfügbaren Tonbereichs, die sich aus der Angleichung der Tonarten untereinander ergab, war ein Sieg des abstrahierenden, organisierenden Geistes über die unsystematische Vielfalt des Lebens. Arnold Schönberg tat folgerichtig den nächsten Schritt, als er, nachdem man längst auf den natürlichen Ton verzichtet hatte, nun auch von den natürlichen Tonbeziehungen, den Dreiklangharmonien und Skalen absah. Er nahm die Töne und Intervalle als absolute, isolierte Größen, bestimmbar durch das geistige Gesetz der Zahl. Daß damit der Mathematisierung der Musik der Weg
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bereitet war, daß man, sobald die elektronische Tonerzeugung die Mittel dazu hergab, auch von dem aus der Temperatur des Naturklangs entwickelten Halbtonsystems abging und ohne Rücksicht auf physiologische und psychologische Hörbedingungen mit mathematischen Relationen musizierte, waren Konsequenzen, die erst um die Jahrhundertmitte erkannt und gezogen wurden. Die Radikalität des Schönbergschen Verfahrens aber teilte sich den H ö r e r n unmittelbar, lange bevor seine Methode verstanden und diskutiert wurde, als schockierende Gefühlswirkung m i t ; kein Musiker hat wie Schönberg Widerspruch erfahren, keiner hat wie er den H a ß der Vergangenheitsgläubigen auf sich gelenkt. Wie er selbst sich in die Einsamkeit seines Schaffens zurückzog und immer mehr an der Möglichkeit verzweifelte, durch sein Werk mit der Welt in K o m m u n i k a t i o n zu treten, so haben auch seine Nachfolger die Rücksicht auf das Verständnis des großen Publikums bewußt ausgeschaltet und die Esoterik ihrer Kunst zum Prinzip erklärt. Dadurch haben sich die Radikalität und Kompromißlosigkeit der Zwölftönemusik lange erhalten; so lange, bis endlich ihre unverbrauchte, unverschleuderte D y n a m i k über den Widerstand triumphierte und die Breitenwirkung sich ungesucht, aber unaufhaltsam v o n selbst einstellte. ARNOLD SCHÖNBERG U N D SEINE SCHÜLER Arnold Schönberg, der Erneuerer und Gesetzgeber der modernen Musik, wurde am 13. September 1874 in Wien geboren. Seine Eltern gehörten dem bürgerlichen Mittelstand an; sein Vater war K a u f m a n n , seine Mutter Klavierlehrerin. In bescheidenen Verhältnissen wuchs der junge Schönberg auf, von Jugend auf von der A t m o sphäre der alten Kulturstadt gebildet, neben dem Schulbesuch das Violin- und Violoncellospiel sowie als A u t o didakt die Theorie der Musik erlernend, mit Leidenschaft dem Kammermusikspiel und der Komposition ergeben. Schon damals deutete sich die seinem Geiste inne-
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wohnende Kraft zur Synthese an, als er im Streit um Wagner oder Brahms, der das musikalische Wien in zwei unversöhnliche feindliche Lager spaltete, nicht Partei ergriff, sondern sich mit den Werken beider gründlich und begeistert auseinandersetzte. Die Begegnung mit dem um zwei Jahre älteren Komponisten Alexander von Zemlinsky, dessen Schüler er wurde, ließ sein Können und seinen Stil reifen. 1895 widmete er sich, der einige Jahre als Bankangestellter seinen Lebensunterhalt verdient hatte, ganz der Musik, leitete einen ArbeiterSängerbund, schrieb Streichquartette und Lieder, die, später als Opus 1 bis 3 veröffentlicht, seinen persönlichen Stil zum ersten Male fertig ausprägten. Noch immer in bedrängter Lage, durch Instrumentation von Schlagern und Operetten sein Leben fristend, heiratete er 1901 die Schwester seines Freundes und Lehrers Mathilde von Zemlinsky. In demselben Jahre siedelte er als Dirigent eines Uberbrettl-Theaters nach Berlin über, wo ihm Richard Strauss ein Stipendium und eine Lehrstelle am Sternschen Konservatorium verschaffte. Im September 1899 entstand das Streichsextett „Verklärte Nacht", 1901 war der Entwurf der „Gurrelieder" abgeschlossen, deren Orchesterpartitur erst 1911 vollendet wurde, 1902 folgte die Symphonische Dichtung „Pelkas und Melisande": drei Werke, in denen der spätromantische Ausdrucksstil bis an die Grenzen seiner Möglichkeiten entwickelt wird. Im Sommer 1903 kehrte Schönberg nach Wien zurück. Obgleich die konservative, von dem fortschrittsfeindlichen Kritiker Eduard Hanslick gebildete Kunstgesinnung der Stadt ihm zähen Widerstand entgegensetzte, wurde er doch allmählich als avantgardistischer, von Skandalen begleiteter Komponist anerkannt. 1903 wurde durch den Geiger Arnold Rose das Streichsextett uraufgeführt, 1905 dirigierte Schönberg selbst in einem Konzert der Vereinigung schaffender Tonkünstler „Pelk a s und Melisande". Mächtige Förderung bedeutete die 10 Musik d. 20. Jhdt.
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Freundschaft des Hofoperndirektors Gustav Mahler. Zugleich entfaltete sich Schönbergs Tätigkeit als Lehrer; Alban Berg, Anton von Webern, Egon Wellesz wurden schon damals seine Schüler, die Erfahrungen und Resultate des Unterrichts faßte er in den Jahren 1910 und 1911 in seiner Harmonielehre zusammen, die er mit den Worten einleitete: „Dieses Buch habe ich von meinen Schülern gelernt." Als Komponist trat Schönberg nun entschieden aus der romantischen Tradition heraus. In den Sommermonaten 1904 und 1905 entstand in Mödling und Gmunden das erste Streichquartett Opus 7, es folgten die acht Lieder Opus 6, die sechs Orchesterlieder Opus 8, die erste Kammersymphonie f ü r fünfzehn Soloinstrumente Opus 9, deren Uraufführung im Tahre 1907 durch das Rosé-Ouartett und die Bläservereinigung der Wiener Hofoper Skandal erregte, die Balladen Opus 12, ein Chor „Friede auf Erden", Opus 13, die Lieder Opus 14 und die beiden bedeutungsvollen, gleichzeitig entstehenden Krisenwerke, das Streichquartett in fis-Moll Opus 10 und die Lieder Opus 15, „Fünfzehn Gedichte aus ,Das Buch der hängenden Gärten' von Stefan George". Mit den Klavierstüdken Opus 11 von 1908 ist die Sphäre der freien Atonalität erreicht, die 1909 mit den fünf Orchesterstücken Opus 16 bestätigt wird. Im Sommer desselben Jahres schrieb Schönberg sein erstes dramatisches Werk, das als Opus 17 registrierte Monodram „Erwartung"; unmittelbar danach begann er das zweite, „Die glückliche Hand", das erst 1913 vollendet wurde. Die Klavierstücke Opus 19, das Lied „Herzgewächse", das hochbedeutsame Melodram „Pierrot Lunaire" Opus 21 und vier Orchesterlieder Opus 22 runden die Schaffensperiode der freien Atonalität ab, der der Ausbruch des ersten Weltkrieges ein Ziel setzte. Arnold Schönberg, der im Sommer 1911 wieder nach Berlin übersiedelte, wurde 1915 zum österreichischen Heere einberufen. Vorher hatte er den Text zu einem dreiteiligen religiösen Oratorium entworfen, dessen
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Schlußteil er unter dem Titel „Die Jakobsleiter" veröffentlichte; die Komposition blieb Skizze und wurde erst 1945 weitergeführt. 1917 kam er vom Militärdienst frei und nahm seine Lehrtätigkeit in Wien wieder auf. Unmittelbar nach Kriegsschluß wurde in Wien auf Schönbergs Anregung der „Verein f ü r musikalische Privatauiführungen" gegründet, der bis 1921 bestand. Neue Musikwerke wurden hier nach gründlicher Vorbereitung den Mitgliedern vorgeführt; die Öffentlichkeit und die Kritik waren ausgeschlossen, Beifall und Mißfallensäußerungen verboten; in einer Atmosphäre ruhiger Sachlichkeit sollte Verständnis für neue Musik geweckt werden. 226 Werke sind hier in drei Jahren aufgeführt worden. Alle diese Tätigkeiten, zu denen 1920 noch musiktheoretische Vorlesungen in Amsterdam kamen, füllen die achtjährige Pause aus, während der Schönberg keine neuen Werke veröffentlichte. Erst 1922 erschien sein Opus 23, fünf Klavierstücke, in denen zuerst das Prinzip der Zwölftönigkeit deutlich wird. Es folgten die Serenade Opus 24 für Bariton und Soloinstrumente, die Klaviersuite Opus 25 und das Bläserquintett Opus 26, ein konsequent gearbeitetes Schulwerk der neuen Technik. Im Jahre 1923 hatte Schönberg seine Frau verloren, die ihm eine Tochter und einen Sohn geschenkt hatte. 1924 heiratete er "Gertrud Kolisch, die Schwester des Geigers Rudolf Kolisch, eines seiner überzeugten Anhänger; aus der zweiten Ehe gingen eine Tochter und zwei Söhne hervor. 1924 wurde Schönberg als Nachfolger Ferruccio Busonis nach Berlin berufen, neben Hans Pfitzner und Georg Schumann eine Meisterklasse für Komposition an der Preußischen Akademie der Künste zu übernehmen. 1925 trat er diese Stellung an, womit ein neuer Abschnitt seines Lebens beginnt: in der Weltstadt Berlin, im Zentrum fortschrittlicher Kunstbestrebungen, war der Fünfzigjährige nun durch ehrenvollen staatlichen Auftrag als führender Musiker der Zeit anerkannt. Kompositionen dieser Zeit sind die Chöre Opus 10*
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27 und 28, die Suite f ü r Klarinette, Streichtrio und Klavier Opus 29, das dritte Streichquartett Opus 30 und die von Wilhelm Furtwängler 1928 uraufgeführten Variationen für Orchester Opus 31. Mit der als Opus 32 bezeichneten Oper „Von heute auf morgen", einer Satire auf Unbeständigkeit und Leichtsinn moderner Eheleute, wandte sich Schönberg wieder der Bühne zu; das Stück wurde 1930 in Frankfurt am Main uraufgeführt. In der orchestralen „Begleitungsmusik zu einer Lichtspielszene" Opus 34 werden Katastrophenahnungen und -ängste aufgezeichnet. Unter der Opuszahl 35 folgen sechs Stücke für Männerchor. Als letzte große Arbeit, die der Komponist in Berlin und in seinem Ferienheim bei Barcelona in Angriff nahm, reiften Dichtung und Partiturskizze der Oper „Moses und Aron", in der er seine Gottes- und Weltanschauung in alttestamentarische Bilder und Symbole faßte. Die von Hermann Scherchen bis zum Ende des zweiten Aktes ergänzte Partitur erklang zum ersten Male nach Schönbergs Tod 1954 im Hamburger Rundfunk, 1957 erlebte die Oper in Zürich ihre szenische Uraufführung; 1959 folgte eine Aufführung in Berlin, die auch den von Schönberg nur textlich skizzierten Schlußakt mit unterlegter Musik miteinbezog. Im Mai 1933 von den nationalsozialistischen Machthäbern aus seinem Lehramt entlassen, ging Schönberg nach Frankreich, wo er, bis dahin Katholik, den jüdischen Glauben annahm, und im Herbst weiter nach Amerika. Nach kurzer, durch schwere Krankheit unterbrochener Lehrtätigkeit in Boston ließ er sich im Herbst 1934 in Los Angeles nieder und unterrichtete nacheinander an den beiden Universitäten der Stadt. Sein erstes amerikanisches Werk ist Gebrauchsmusik, eine Streichersuite in G für Schulorchester. Griff Schönberg hier, wo leichte Ausführbarkeit Bedingung war, auf die tonale Satzweise zurück, so bedient sich die folgende, weit bedeutendere Komposition, das 1936 geschriebene Konzert f ü r Violine und Orchester Opus 36, wieder der zwölftönigen Tech-
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nik. Zu gleicher Zeit entstand Opus 37, das vierte Streichquartett. Eine Reihe weiterer Werke verharren in frei behandelter, zuweilen mit zwölftönigen Elementen durchsetzter Tonalität: das „Kol Nidre" f ü r Rabbi, Chor und Orchester Opus 39, die zweite Kammersymphonie Opus 38, die schon 1906 zugleich mit der ersten skizziert worden war und 1940 vollendet wurde, die durch eine tyrannenfeindliche Dichtung Byrons inspirierte „Ode an Napoleon Bonaparte" für Sprecher, Streichquartett und Klavier Opus 41, die Variationen über ein Rezitativ f ü r Orgel Opus 40, Thema und Variationen für Orchester Opus 43 (ursprünglich f ü r Blasorchester gesetzt), das kurze Prélude für Orchester und Chor Opus 44; zwischen ihnen steht das 1942 komponierte, streng zwölftönige Konzert für Klavier und Orchester Opus 42. Im Jahre 1946 fiel der Zweiundsiebzigjährige in eine schwere Krankheit; sein Herz, das zu schlagen aufhörte, wurde durch eine Injektion wieder belebt. Nach der wunderbaren Genesung schrieb er das Streichtrio Opus 45, in dem das Krankheitserlebnis wie in Beethovens Opus 132 nachklingt, die packende Kantate „Ein Uberlebender aus Warschau", die bei ihrer Uraufführung 1948 in Neu Mexiko sogleich wiederholt werden mußte und erschütternden Eindruck machte, Lieder, Chöre und als letztes veröffentlichtes Werk eine Phantasie f ü r Violine und Klavier. Arnold Schönberg starb sechsundsiebzigjährig am 14. Juli 1951 in Los Angeles. Die Persönlichkeit des Neuerers und Gesetzgebers der modernen Musik ist oft verkannt worden. Keineswegs war er der fanatische Revolutionär, der Verneiner und Zerstörer, f ü r den seine Gegner ihn erklärten. Wie der Sinn seines Werkes nicht Auflösung, sondern Aufbau ist, so überwiegen auch in seinem Wesen die starken, bindenden, lebensbejahenden Kräfte. Gewiß gehörte die Zurückgezogenheit zu seinen Lebensformen. Als Interpret ist er, verglichen mit Strauss oder Strawinsky, nur selten an die Öffentlichkeit getreten, und ebenso selten hat er Er-
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klärungen, Manifeste und persönliche Mitteilungen gegeben. In der Jugend war er unverstanden und befehdet, reizbar, aggressiv oder resigniert, im Alter wirkte die Einsamkeit, in die sein Schaffen ihn führte, auf sein Wesen zurück. Aber seine pädagogischen Fähigkeiten zeugen von der Kraft zur Kommunikation, die in ihm war, von dem Vermögen, Menschen zu fesseln und zu fördern. Den R u h m des großen Lehrers hat er zu Recht getragen; in allen Lebensperioden hat er Schüler um sich versammelt, die ihn verehrten und das Wagnis seiner Lehre mit ihm teilten. Das Grundprinzip seiner Natur war nicht prophetische Exaltation, sondern gesunde, fast naive Kraft; wie sein Antipode Richard Strauss war er in erster Linie Musiker, formender, gestaltender Künstler. Daß ihm das Abenteuerliche und Gefährdete seiner künstlerischen Existenz stets schmerzlich bewußt war, bezeugt ein Brief, den er mit zweiundsiebzig Jahren schrieb: „Ich hatte das Gefühl, in einem Ozean kochenden Wassers gefallen zu sein, und da ich nicht zu schwimmen oder auf andere A r t einen Ausweg zu finden wußte, versuchte ich es mit Armen und Beinen, so gut ich konnte. Ich weiß nicht, was mich rettete, ich habe vielleicht nur ein Verdienst: daß ich es nie aufgab." Andererseits wehrte er sich gegen alles, was sein Dasein und Schaffen in falsches Licht stellen konnte; seine Absage an Thomas Mann, der mit dem kranken, durch Teufelspakt und Wahnsinn gezeichneten Adrian Leverkühn ein düsteres, romanhaftes Schönberg-Porträt gezeichnet hatte, ist Äußerung einer Selbstsicherheit, der krankhafte und übersteigerte Züge fremd sind. Arnold Schönberg zählt zu den unbezweifelbar großen Persönlichkeiten der Musikgeschichte. N u r ein starker, ungebrochener Charakter konnte den einsamen Weg dieses siebzigjährigen Lebens gehen und die unerbittliche Konsequenz dieses geistigen Schicksals auf sich nehmen. Wie er selbst Entscheidungen suchte, so hat er andere vor Entscheidungen gestellt; wie er selbst dem Gesetz seiner Lehre gehorchte, so hat er
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andere unter das Gesetz gezwungen. Daß er Moses, den Propheten aus der Urzeit seines Volkes, zum Helden seines Bekenntniswerkes wählte, hat seinen tiefen Sinn; wie jener repräsentiert auch er die alte und ewige, lehrende und beispielgebende Sendung, die dieses Volk immer wieder in der Welt zu erfüllen hat. Das Schaffen Arnold Schönbergs gliedert sich in drei deutlich voneinander geschiedene Teile. Die Frühwerke stehen auf dem Boden der spätromantischen Tradition. In den Werken der mittleren Schaffenszeit, die etwa vom Jahre 1905 bis zum ersten Weltkrieg dauert, vollzieht sich der Durchbruch zur freien Atonalität; die Jahrzehnte nach 1920 gehören der Erprobung und Bestätigung des neuen Gesetzes der Zwölftönigkeit. In dem tristanisch-stimmungsschweren, durch eine Dichtung Richard Dehmels inspirierten Streichsextett „Verklärte Nacht" (von dem der Komponist später auch eine Streichorchester-Fassung autorisiert hat) und in der Symphonischen Dichtung „Pelleas und Melisande" bedient sich der junge Schönberg mit Meisterschaft und schöpferischer Intuition der komplizierten musikalischen Mittel der Zeit. Er faßt die diffusen Kräfte der romantischen Harmonik mit erstaunlicher Überlegenheit zu formbildenden Spannungen zusammen und erfüllt die weiten und freien Formen mit dichtem und lebendigem Gehalt. Schon diese Werke des Anfangs, die noch die Sprache der Tradition sprechen, lassen das Format einer gewaltigen Begabung und die Eigenart eines leidenschaftlichen Ausdruckswillens erkennen. Die Partitur der „Gurrelieder", die ihrem Entwurf nach in diese frühe Zeit gehört, zeugt auch im Aufwand äußerer Mittel von dem Willen zu Extension, der für die Musik der Jahrhundertwende bezeichnend ist. Fünf Solostimmen, ein Sprecher, Männerchor, gemischter Chor und ein Riesenorchester mit acht- bis zehnfach geteilten Streichern sind aufgeboten, nach Jens Peter Jacobsens schwermütiger Dichtung die Liebe des Königs Waldemar zur schönen Tove zu schildern; die Be-
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ziehung zu Wagner wird nicht nur durch die Wahl des nordisch-mythischen Stoffes, sondern auch in der Klangund Farbenfülle des Werkes deutlich, das, ganz ohne revolutionäre Tendenz, den Komponisten im Frieden mit seiner musikalischen Umwelt zeigt und das dementsprechend als einziges seit seiner ersten Aufführung immer wieder unmittelbares Verständnis und vorbehaltlose Zustimmung des Publikums gefunden hat. Mögen diese Werke innerhalb der Entwicklung des Komponisten nur die Bedeutung von Präludien haben: ihr absoluter künstlerischer Wert ist darum nicht geringer, sie sind auf ihrer Entwicklungsstufe vollendet und zählen zur großen Musik unseres Jahrhunderts. Das erste und das zweite Streichquartett sind Stationen auf dem Wege in die Freiheit. Zwar ist der Rahmen der Tonart noch nicht gesprengt, das erste steht in d-Moll, das zweite in fis-Moll. Aber innerhalb dieses Rahmens werden extreme Konsequenzen aus der klassischen Harmonik und Kontrapunktik gezogen. Die Funktionsbeziehungen verlieren an Bedeutung, die Klänge ordnen sich nach neuen, noch nicht fixierten Gesetzen, die Stimmen erstarken zu kraftvoller Linearität: In der Beschränkung auf die klassisch-abstrakte Besetzung der vier homogenen Streichinstrumente zeigt sich ein neuer Wille zur Ökonomie. Das d-moll-Quartett zwingt in diesen streng begrenzten Klangraum den Rausch eines beethovennahen Pathos. Das fis-moll-Quartett, das trotz des skurrilen Zitats von „Ach du lieber Augustin" wesentlich ätherischen, entrückten Charakters ist, zieht in den Schlußsätzen eine Sopranstimme hinzu, die das musikalische Geschehen durch Worte Stefan Georges gleichsam kommentiert. Damit enthüllt sich die innere Verwandtschaft des Quartetts mit den gleichzeitig entstandenen GeorgeLiedern „Das Buch der hängenden Gärten" für Sopran und Klavier, in denen die Musik, getragen von der zugleich zeremoniellen und ekstatischen Kraft der Dichtung, vollends aus der tonalen Konvention hinaustritt
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und die Deklamation der Singstimme in dem kühnen, bewegten Linienzug geführt ist, die Kennzeichen expressionistischer Liedkunst ist. Den stärksten vorwärtsdrängenden Elan in dieser Werkgruppe hat die Kammersymphonie. In ihr macht Schönberg den Versuch, das in sich ruhende System der Terzenharmonik durch die D y namik der Quarte zu durchstoßen. Das Werk beginnt mit einem Akkord, der aus sechs aufeinandergeschichteten Quartintervallen gebildet ist und der, nach vorübergehender Dreiklangauflösung, sogleich in die Horizontale des Melodischen projiziert wird: die aufwärtssteigende, das Tonartgefühl brüskierende Quartenfanfare des Horns, das Hauptthema des Werkes, ist geradezu zu einem Kampfruf der neuen Musik geworden. D i e Quarte bleibt das Leitintervall der Symphonie, sie kehrt an Ruhe- und Höhepunkten wieder, aber sie behauptet sich nicht als alleiniges gesetzgebendes Prinzip, sondern löst sich immer wieder in die herrschende E-Dur-Tonalität auf. Wie das große romantische Orchester auf fünfzehn Soloinstrumente, Streichquintett, Holzbläser und zwei H ö r ner, reduziert ist, so ist die Form zur Einsätzigkeit konzentriert, die freilich die überlieferte Mehrzahl der Satztypen in sich faßt: Scherzo und Adagio sind als Intermezzi zwischen die Teile des Hauptsatzes, Exposition, Durchführung und Reprise, eingeschoben. T r o t z der agressiven Geste steckt auch in diesem Werk ein gutes Teil Vergangenheit. Zum einzigen Male bei Schönberg klingt in dieser Symphonie etwas wie Brucknersches Pathos; nicht nur die Tonart, auch das lyrische, mit einem Doppelschlag verzierte Überleitungssthema des Hauptsatzes weist auf die siebente Symphonie des älteren österreichischen Meisters zurück. Der entscheidende Schritt in die Freiheit glückte dem Dreiunddreißigjährigen im Jahre 1908 mit den drei Klavierstücken des Opus 11. Was in diesen Kompositionen geschieht, ist ebenso bewundernswert als Leistung geistiger Energie, die es vermochte, jahrhundertealte Gewohn-
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heiten des Hörens zu vergessen und von der Tradition gebotene Möglichkeiten der Tonkombination radikal auszuschlagen, wie auch als Schöpfung einer unerhört selbständigen Intuition, die eine Fülle neuer, noch niemals fixierter Klänge aus dem Chaos der Möglichkeiten herausrief, Klänge, die nur ein einziges Mal in voller Spontaneität erklingen konnten, da jede Wiederholung, jede Gewöhnung ein neues Gesetz geschaffen hätte, das dem Prinzip der Freiheit widersprach. Diese Kunst der produktiven Anarchie ist aber weit entfernt von allem Agitatorischen, Programmatisch-Plakathaften. Sie ist, auf ihren Gefühlsgehalt betrachtet, Aufzeichnung feiner, tiefer seelischer Regungen, sie ist ganz nach innen gewandt, Erlebnis und Expression; sie steht den geheimnistiefen Frühwerken Robert Schumanns so nah wie keine andere Erscheinung der Musik unseres Jahrhunderts und legitimiert sich damit als Konsequenz des romantischen Individualismus. Sind im Opus 11 Form und thematische Arbeit des romantischen Klavierstücks gewahrt, so ist im drei Jahre später entstandenen Opus 19 der Prozeß der Konzentration bis zum Äußersten fortgeschritten, der musikalische Aphorismus ist geschaffen. Das längste dieser „Sechs kleinen Klavierstücke" ist siebzehn Takte, drei von ihnen sind nur neun Takte lang. Die Themen sind zu knappen, expressiven Formeln geschrumpft, der Klaviersatz ist meist dünn und durchsichtig, streckenweise einstimmig; während das erste Stüde eine Folge blitzschnell wechselnder Stimmungskontraste enthält, sind die übrigen Momentbilder eines einzigen Affekts. Das zweite besteht aus einem starr festgehaltenen, rhythmisch klopfenden Terzintervall, um das eine kurze Legato-Phrase gewunden ist. Das letzte, ganz in Pianissimo gehalten, ist ein statisches Klanggebilde aus gläsernen Quartenakkorden, durch die ein melodischer Seufzer, zuerst nur ein Halbtonschritt, dann schmerzlich über zwei Oktaven auseinanderklaffend, hindurchklingt: das Äußerste an Verhaltenheit und Diskretion des Ausdrucks, Musik, die
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durch das ergreift, was sie verschweigt. Schönberg hat dieses letzte Stück des Opus 19 auf den Tod Gustav Mahlers geschrieben; es ist ein Zeichen der krisenhaften, die Gegensätze hart nebeneinanderrückenden Zeit, daß dem Schöpfer ungeheuerer, aus gewaltigen Klangmassen gefügter Symphonien dieser lakonische, aus wenigen Takten verhauchenden Klanges bestehende Nekrolog gesungen wurde. Die fünf Orchesterstücke Opus 16 sind diesen Klavierwerken nah verwandt. Auch sie sind Produkte vollkommener kompositorischer Freiheit, die sich in der weiteren Dimension des dynamisch gestuften, farbig schattierten Orchesterklanges noch reicher entfaltet. Die einzelnen Stücke sind „Expressionen" psychischer Zustände, Lotungen in dunkle Schichten des Unterbewußten, Aufzeichnungen geheimnisvoller Ängste und Beglückungen, Spannungen und Katastrophen. Ursprünglich trugen sie Überschriften — Vorgefühle, Vergangenes, Farben, Peripetie, das obligate Rezitativ — die ihren ausdruckshaften, geradezu dramatischen Charakter unterstreichen. Es gibt keine symphonische Entwicklung mehr, wohl aber thematische Arbeit im Sinne der Romantik. Die Themen sind aphoristisch konzentriert, die Instrumentation kontrastiert kantable, solistische Episoden von zauberischer Zartheit mit Steigerungen und Ausbrüchen von erschreckender Vehemenz. Im mittleren, eigenartigsten Stück, das übrigens einmal als „Morgenstimmung am Traunsee" bezeichnet ist, also auf einen Natureindruck zurückgeht, wird die Farbe zum ausschließlichen Formelement. Schönberg realisiert hier seinen Gedanken der „Klangfarbenmelodie": ein einziger ruhender Akkord wird durch wechselnde Instrumentierung umgefärbt, verschiedenartig beleuchtet, gleichsam melodisiert: Musik ohne Zeit und Entwicklung, elementarer Klang, der gleichwohl von höchster künstlerischer Bewußtheit geprägt ist. Zwei dramatische Werke, die dieser Schaffenszeit angehören, bilden diese psychogrammatische Kunst zum
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Äußersten aus. Das Monodram „Erwartung", nach Worten von Marie Pappenheim, ist eine halbstündige Soloszene für Sopranstimme und großes Orchester. Eine Frau erwartet im nächtlichen Walde ihren Geliebten und findet ihn tot. Die Stationen ihrer leidenschaftlichen Erregung von freudiger Spannung, Entmutigung, Angst bis zur Verzweiflung werden in expressiver Melodie und hochdifferenziertem Instrumentalklang aufgezeichnet; der Stil des „Tristan" und der „Elektra" erfährt seine letzte, monologisch verdichtete Steigerung. Den Text des anderen Bühnenwerkes, „Die glückliche H a n d " , hat Schönberg selbst geschrieben; er ist ein seltsames, aber mit zwingender Uberzeugungskraft verdichtetes Gebilde aus Jugendstil-Reminiszenzen und tiefenpsychologischer Traumsymbolik. Der Mann, die einzige singende Person, ist das weltfremde, zugleich überlegene und hilflose Genie, der Künstler, der mit einem einzigen Hammerschlag aus dem Ambos das Diadem hervorzaubert, um das sich die Menge der Gewöhnlichen, der Arbeiter, vergeblich gemüht hat, der aber von der Frau, die er sehnsüchtigschwärmerisch verehrt, um eines weltmännischen Rivalen willen verlassen und am Ende von einem Stein erschlagen wird, den sie gleichgültig mit einer leichten Bewegung des Fußes auf ihn hinabstößt. Die Handlung vollzieht sich in unwirklichen, unheimlichen Traumlandschaften, die vom Spiel farbiger Lichter wechselnd erhellt sind; ein Chor von Sängern, von denen nur die maskenhaften Gesichter zu sehen sind, glossiert das Geschehen in der feinverästelten, aus Gesang und flüsterndem Sprechton gemischten Polyphonie, die später für die Chöre in „Moses und A r o n " bezeichnend wird. Die Musik bindet kurze, aphoristische Motive in dichten, hochexpressiven Satz, ein riesiges Orchester differenziert den Klang von tonlosem Pianissimo bis zu grellen Tuttiausbrüchen, es gibt ungeheuer gesteigerte psychische Spannungen und impressionistisch-farbige Tonmalereien wie die von Celesta, Violine und Solobläsern getragene
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Klangvision, die das Erstrahlen des Schmuckes bezeichnet und in ein phantastisches, sturmbegleitetes Lichtspiel übergeht. Die Singstimme, ein Bariton, ist in freier, aus musikalischer Thematik und Wortdeklamation resultierender Linie geführt, die für die Partie des Bergschen Wozzeck zum Vorbild wurde. Blieben diese dramatischen Werke Versuche, die sich von allem Herkommen der Opernbühne entfernten, so erwarb sich die letzte große Komposition dieser Schaffenszeit, der Melodramenzyklus „Pierrot Lunaire", sdinell den Ruhm eines repräsentativen Werkes der Epoche; Schönberg hat mit dieser kammermusikalischen Partitur ein Schulwerk gegeben, das die klanglichen und konstruktiven Möglichkeiten der atonalen Musik in Miniaturmaß demonstriert. Als Text dienen einundzwanzig Gedichte Albert Girauds, von Otto Erich Hartleben übersetzt: lyrische Phantasien auf der Grenze von expressionistischer Erregtheit und kabarettistischer Pose, Zeitkunst der Jahrhundertwende, morbide, bittersüße Stimmungsbildchen mit Überschriften wie „Mondestrunken", „Dandy", „Rote Messe", „Galgenlied", um die tragikomische Figur des Pierrot gruppiert. Die Komposition teilt den Zyklus in drei Teile zu je sieben Gedichten. Die Worte sind einer Sprechstimme zugeteilt, deren deklamatorische Linie in Noten festgelegt ist; eine Zwischenform auf der Grenze von Sprache und Gesang, deren sich die expressionistische Musik danach öfter bedient hat. Acht Instrumente, große und kleine Flöte, Klarinette und Baßklarinette, Geige und Bratsche, Violoncello und Klavier bestreiten in wechselnden Kombinationen den musikalischen Satz, ein feinfädiges Gewebe aus freizügiger, ausdrucksgeladener Melodie und schillernder Klangfarbe. Das Neue und Zukunftweisende ist aber, daß die schrankenlose Freiheit der atonalen Musik durch den Rückgriff auf feste, strenge Formen überwunden erscheint. Walzer, Barcarole, Passacaglia erscheinen als charakteristische Typen, der Kanon wird zum bindenden Element. Aus die-
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ser Formstrenge ergibt sich, wie auch aus der Ökonomie des linear gefügten, auf jede überflüssige Füllstimme verzichtenden Satzes, der Eindruck der Geschlossenheit und Meisterschaft, der dem der Bizarrerie, der ausschweifenden Stimmungs- und Ausdrucksschilderung die Waage hält. Das Exzentrische ist durch Grazie gebändigt; der Expressionismus hat im' „Pierrot Lunaire" klassische musikalische Form gefunden. Das dritte Jahrzehnt des Jahrhunderts war die Zeit der Stabilisierung, es beendete die allgemeine Krise der Kunst durch den Sieg der ordnenden, konstruktiven über die auflösenden, chaotischen Kräfte. Zur gleichen Zeit, als Ferruccio Busoni und Igor Strawinsky den Gedanken eines neuen Klassizismus verwirklichten, als Paul Hindemith auf die unerschöpflichen Formkräfte des Barock zurückgriff, fand Arnold Schönberg in der Methode der Zwölf-Töne-Komposition das Gesetz der Zukunft. So groß die Bedeutung dieser Entdeckung für seine künstlerische Entwicklung ist, so sehr sie zur Begrenzung und Konturierung seines Wollens, zur Verdichtung und Vollendung seines Werkes beigetragen hat: sie bedeutet doch nicht Widerruf oder Entwertung des früher Geschaffenen, der Einschnitt, den sie bewirkt, trifft nicht die tiefsten, stärksten Adern der Produktion. Die Einheit der Persönlichkeit steht über dem Wandel der technischen Mittel; der romantische und der atonale Schönberg ist derselbe wie der Begründer und Meister der Zwölftönemusik. Im letzten der fünf Klavierstücke Werk 23, also gleichsam beiläufig und unauffällig, wird das neue Prinzip zum ersten Mal eingeführt; das Stück, das dem Zyklus von Invention, Sonatensatz, kanonisch imitierendem Adagio und pathetisch-vollgriffigem Moderatosatz angehängt ist, ist ein schlichter Walzer, der in stetiger Wiederholung einer auf Melodie und tragende Harmonie verteilten Zwölftonreihe abläuft. In der Klaviersuite Werk 25 werden, ähnlich wie schon im „Pierrot Lunaire", alte Tanzformen, Gavotte, Menuett, Gigue, als Rahmen und
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Gliederung der Reihenkombination verwendet, wobei in der Musette der Widerstreit des grundtonhaft festgehaltenen Dudelsackbasses mit dem tonartlosen Satz der Oberstimmen auffällt. Das Bläserquintett Werk 26, in klassischer Viersätzigkeit gehalten und der Sonatenform nahestehend, ist ein Schul- und Meisterwerk der neuen Kompositionstechnik, Beispiel einer spannungsreichen, streng gebundenen Polyphonie. Höhepunkt dieser Phase ist das Opus 31, die Variationen f ü r Orchester. Das Prinzip der Variation, das innerhalb der Zwölftönemusik als Mittel der thematischen Entwicklung und Bereicherung zentrale Bedeutung hat, wird in großer symphonischer Form demonstriert. Neun Variationen, eingerahmt von einer kurzen Introduktion und einem großartig steigernden Finale, erschöpfen die Möglichkeiten eines kantablen Themas, das, von Violoncello und Sologeige vorgetragen, der Gefühlssphäre des „Tristan" zu entstammen scheint. Mit unerhört erfindungsreicher kontrapunktischer Phantasie und großem orchestralen Aufwand wird es durch Verwandlungen geführt, deren Spielraum vom Walzer bis zum ätherischen, durch Solostreicher, Harfe, Xylophon und Celesta charakterisierten Adagio reicht. Nicht nur im Zitat des B-A-C-H-Themas, das in der Introduktion und im Finale anklingt, auch in der Feinheit und Konsequenz der kontrapunktischen Arbeit bezeugt sich der traditionell-meisterliche, bachische Geist dieser Musik; schon hier ist der Ausgleich der erneuernden und der bewahrenden Kräfte erreicht, auf den Schönbergs gesamtes Schaffen zielt, das Werk ist ebenso Manifest neuer Musik, wie es die Linie der klassischen Variationskunst, die aus Frühzeiten abendländischer Tonkunst sich herleitende Technik Beethovens, Brahms und Regers aufnimmt und fortsetzt. Mit dem dritten Streichquartett, Chorkompositionen und zwei zeitbezogenen Werken, der musikalischen Komödie „Von heute auf morgen" und der interessanten „Begleitungsmusik zu einer Lichtspielszene" schließt Schönbergs europäisches Schaffen ab; die
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bedeutendste Schöpfung der Jahre nach 1930, das Opernfragment „Moses und Aron", wurde erst nach dem Tode des Komponisten der Öffentlichkeit erschlossen. Das amerikanische Schaffen Arnold Schönbergs steht unter dem Zeichen der Altersreife: es gehört seinem siebenten und achten Lebensjahrzehnt an. Nach Art und künstlerischer Absicht sind sie in drei verschiedene Gruppen einzuteilen. Die erste Gruppe umfaßt Kompositionen rückschauender Tendenz, Rückgriffe in den Bereich der tonalen Musik, die für Schönberg noch immer, wie sein um 1940 niedergeschriebenes Lehrbuch „Die formbildenden Tendenzen der Harmonie" bezeugt, Gegenstand schöpferischer Auseinandersetzung geblieben war. Hierhin gehören die Streichersuite in G f ü r Schulorchester, das „Kol Nidre", die zweite, auf frühe Skizzen zurückgehende Kammersymphonie, die Variationen über ein Rezitativ für Orgel und das musikalisch reiche und bedeutende, ursprünglich für Blasorchester bestimmte Werk 43, „Thema und Variationen" in g-Moll für Orchester. Die zweite Gruppe umfaßt Zeitstücke von leidenschaftlicher Tendenz, musique engagée, in der die Empörung über die Nöte und die politischen Verbrechen der Zeit widerklingt. Zu ihr sind zu zählen die „Ode an Napoleon Bonaparte", eine melodramatische Vertonung Byronscher Verse, die den Haß gegen den Gewaltherrscher predigen, und die Kantate „Ein Uberlebender aus Warschau" für Sprecher, Männerchor und Orchester. Das kurze, in einem Zuge hingeschriebene Werk, eine der aufrührendsten, erschütterndsten Schöpfungen der gesamten Musikgeschichte, schildert den heroischen Untergang der Juden im Warschauer Ghetto. Von ihren Verfolgern gejagt, stimmen die Todgeweihten ein altes Glaubenslied an; die R h y t h m e n der Angst, die Seufzer und Schreie der Verzweiflung, die brutalen Kommandorufe der Schergen werden übertönt vom Chorgesang des „SchrAa Jisroel", der sich hymnisch ausbreitet. Hier sieht die Kunst der nackten, grausamen Wirklichkeit ins Auge und erweist
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sich ihr gewachsen; das Werk ist ein Dokument des Grauens, und zugleich ein Konzentrat musikalisch-dramatischer Formkraft, die das Ungeheuerliche des Stoffes in ästhetisches Maß zwingt. Der dritten Gruppe sind die Kompositionen zuzuordnen, in denen sich die große Linie der Schönbergschen Entwicklung konsequent und kompromißlos vollendet. Hier sind vor allem die zwei Instrumentalkonzerte zu nennen, die die Konzertform in ihrer symphonischen, von Brahms geprägten Würde bestätigen. Das Violinkonzert, dreisätzig, im Solopart von außerordentlicher Schwierigkeit, ist mit seinen weiten Intervallsprüngen, seinen gewagten Doppelgriffen und Flageolettklängen von starker geigerischer Wirkung. Das Klavierkonzert zählt zu den schönsten und wesentlichsten Kompositionen Schönbergs überhaupt. Noch einmal tönt hier der geheimnisvolle romantische Klang, der den Zauber der Frühwerke ausmachte. Das Soloinstrument beginnt leise und schlicht mit einer walzerhaft wiegenden Melodie, aus der sich ein schumannisch inniger Andantesatz entwickelt. Ein hart und scharf rhythmisiertes Allegro leitet zum Adagio, dem Schwerpunkt des Werkes: ein Satz von dunkler lyrischer Größe, breit hinfließend im Wechselspiel von Orchester und Klavier, geladen mit zarten und rührenden, mit unheimlichen, wilden und bedrohlichen Visionen, eine Botschaft aus tiefsten, dem Bewußtsein verhüllten Gründen des Seins, die sich auch der Musik nur selten erschließen; und es zeugt von der überlegenen Meisterschaft des damals achtundsechzigjährigen Komponisten, daß sich das Konzert nach diesem Exzeß nächtlicher Phantastik mit einem fröhlichen, mit Brahmsscher Vollgriffigkeit prunkenden Finale zum Ganzen rundet. Auch das vierte, in klassischer Viersätzigkeit gehaltene, in einem pathetischen Largo gipfelnde Streichquartett und die Fantasie für Violine und Klavier, die letzte veröffentlichte Komposition, gehören zu den großen Werken der Altersreife. Am Ende ist von einem Werke zu sprechen, das, schon 11 Musik d. 20. Jhdt.
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zur Zeit der Lebensmitte entstanden, erst nach dem Tode des Komponisten der Öffentlichkeit bekannt wurde und somit die Bedeutung eines Epilogs erhielt, der Sinn und Gehalt eines ungeheuren Lebenswerkes in konzentrierter, reiner Form demonstrierte: von dem Opernfragment „Moses und Aron". Das Außerordentliche dieser musikdramatischen Konzeption beruht darauf, daß Schönberg, der sonst als lyrischer und dramatischer Komponist in der Textwahl nicht immer sicher war, der es nicht verschmähte, seine Musik mit inkongruenten poetischen Elaboraten wie den Pierrot-Lunaire-Versen und den Alltäglichkeiten seiner Komödie „Von heute auf morgen" zu verbinden, hier den Stoff gefunden hat, der die tiefsten schöpferischen Kräfte in ihm frei machte, den Stoff, den niemand als gerade er hätte formen können. Die Jahre um 1930 waren die Zeit, in der die Geschichte wieder in das Bewußtsein der musikalischen Dramatiker trat und die modischen Produkte des Tages von der Opernbühne zu verdrängen begann, die Zeit, in der Werke wie Milhauds „Christoph Kolumbus" und Hindemiths „Mathis der Maler" entstanden. Für Schönberg war es die Geschichte des israelischen Volkes, wie sie die Bibel im alten Testament aufzeichnet. Er wählte einen Krisenmoment dieser Geschichte, die Erzählung von der Errichtung des goldenen Kalbes. Sie bedeutet das schuldhafte Abweichen des Volkes von seiner vorbestimmten weltgeschichtlichen Aufgabe, den Abfall von der abstrakten Geistreligion des Jehova, die Rückkehr zu den Naturund Sinnenkulten des Orients. Das animalische Leben, dargestellt in der reinsten, edelsten Materie, dem Golde, wird statt des unsichtbaren Gottes auf den Altar gehoben; die Phantastik, die Lust und die orgiastische Grausamkeit des alten Orients revoltieren gegen das mosaische Gesetz und seine puritanische Strenge. Der Kampf zwischen Gedanken und Anschauung, Askese und Rausch, Religion und Mythos, der Segen und der Fluch aller menschlichen Bemühung um Gotteserkenntnis ist, ist das
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Thema des Dramas, das Schönberg als sein eigener, scharf und klar formulierender Textdichter entworfen und bis zur Peripetie entwickelt hat. Moses, der Prophet des unsichtbaren, unvorstellbaren Gottes, befreit das israelitische Volk aus den Banden der ägyptischen Knechtschaft und des Polytheismus und führt es in die Wüste, in die Reinheit des Denkens. Aber der Denker Moses kann sich dem Volk nur mitteilen durch den Mund seines Bruders Aron, dem das W o r t , das Bild, die Tat gegeben sind. D e r Geist wirkt nur durch das Medium der Materie, Reinheit existiert nicht ohne Sündenfall. Daß Aron, während Moses einsam auf der Bergeshöhe mit seinem Gotte spricht, das goldene Götzenbild errichtet, daß das V o l k aus der Höhe des Geistglaubens in eine Orgie der Lust und des Blutopfers hinabstürzt, ist (das ist das Besondere der Schönbergschen Konzeption) nicht eigentlich Untreue und Abfall. Denn beides, Erkenntnis und Orgiasmus, sind Formen seines religiösen Erlebens. Aron, der dem Tode verfällt, ist nicht schuldiger als Moses, der verzweifelnd die Tafel des Gesetzes zerbricht, weil auch sie nur Bild, nicht reiner Gedanke ist. Den Gegensatz von Geist und Materie hat der Komponist dadurch zum Extrem verschärft, daß nur Arön, dem Anwalt der Sinnenwelt, die Gabe tenoralen Gesanges zugestanden ist; Moses dagegen, der Kämpfer des Gedankens, ist eine Sprechrolle, die außerhalb des musikalischen Organismus steht. Aus einer einzigen Zwölftonreihe ist das gesamte, vom Chor und vom Orchester getragene Werk entwickelt. Faszinierend ist die Einleitung, der Gesang des brennenden D o r n buschs, ein Gewebe aus Singstimmen, flüsternden und gewaltig rufenden Sprechchören und ätherischem Orchesterklang. Entfesselt und zugleich rituell gebunden, phantastisch-farbig und geisterhaft fahl ist die Feier des goldenen Kalbes, komponiert aus wiegendem Melos und jagender Thematik, aus Marschrhythmen, Hornrufen, Glokkenklang und naturalistisch lärmendem Schlagzeuggeräusch; die heißen, grausamen Sinnenekstasen des Orients il*
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sind mit den unsinnlichen Mitteln einer aufs Äußerste vergeistigten Musik gestaltet. Es ist kein Zufall, daß die musikalische Ausführung der ursprünglich dreiaktig geplanten Oper mit dieser wilden Chor- und Tanzszene am Schlüsse des zweiten Aktes abbricht. Die Auseinandersetzung zwischen Moses und Aron bleibt offen, aber das Fragment ist dennoch ein Ganzes, denn das Sag- und Singbare war gesagt und gesungen. Der letzte Ausruf des verzweifelnden Moses zur einstimmig verklingenden Musik: „O Wort, du Wort, das mir fehlt!" ist der einzig mögliche und gemäße Schluß des Werkes — die Resignation des Künstlers und Denkers vor dem, was sich der Form und dem Gedanken entzieht, die U m k e h r auf der Grenze, die die irdische Kunst von der göttlichen Offenbarung scheidet. Mit diesem Werk, dessen Vollendung ihn, neben der Ausführung des früh skizzierten, mystischspekulativen Oratoriums „Die Jakobsleiter" und den als Textentwurf hinterlassenen „Modernen Psalmen" in seiner letzten Lebenszeit beschäftigte, erweist sich Arnold Schönberg, der sensible, den psychischen Geheimnissen modernen Menschentums nachspürende Expressionist, der vorausschauende Gesetzgeber der neuen Musik, zugleich als religiöser Künstler, der die -ewigen, über Zeit und irdische Realität hinausgreifenden Dinge in sein Werk einbezieht: das Ringen des auserwählten Volkes um die Erkenntnis Gottes, die uralten, zeitlos gültigen geistigen Kämpfe und Entscheidungen, aus denen der älteste monotheistische Glaube, die transzendente Grundlage aller abendländischen Kultur, hervorging. *
Schon früh, lange bevor seine Ideen ausgereift und ausgesprochen waren, zog die Persönlichkeit Arnold Schönbergs Begabungen und Charaktere an und bannte sie in seine Nähe. Die Schule der Schönberg-Jünger bestand, ehe die Lehre formuliert war, und gerade die Frühesten, von der Irrationalität des Geahnten, Ungesagten
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Faszinierten waren ihre stärksten schöpferischen Kräfte: Alban Berg, der den Klang der expressionistischen Musik in die Weite der Volkstümlichkeit hinaustrug, und Anton von Webern, der die Gedanken des Lehrers konsequent über ihn hinaus zu Ende dachte und eine neue, esoterische Welt der Musik erschloß. Alban Berg, wie Hofmannsthal und Kubin einer der reinsten Repräsentanten des späten Österreich, wurde am 9. Februar 1885 in Wien geboren. Schon während der Schulzeit, in der er sich für Mahler und Ibsen begeisterte, begann er zu komponieren; ein Selbstmordversuch nach nicht bestandenem Abiturium zeugt von seiner labilen, zur Schwermut neigenden Natur. Schon mit neunzehn Jahren, als er als Rechnungspraktikant in den Staatsdienst eintrat, wurde er Schönbergs Schüler; in seine Studienzeit fällt der Beginn der Freundschaft mit Anton von Webern und die Bekanntschaft mit Helene Nahowski, die 1911 Bergs Frau wurde. Eine Erbschaft ermöglichte es ihm, sich vom Jahre 1906 an ganz der Musik zu widmen. In seine Entwicklungszeit fallen Brotarbeiten für den Wiener Musikverlag Universal-Edition, Klavierbearbeitungen und Analysen Schönbergcher Werke und publizistische Arbeiten. Von 1915 bis zum Ende des ersten Weltkriegs war Alban Berg zum Militärdienst einberufen; seiner schwachen Gesundheit wegen blieb er in Wien im Kriegsministerium beschäftigt. Schon 1914 hatte er in einer Wiener Aufführung Georg Büchners „Woyzeck" kennengelernt. Das Kriegserlebnis bestärkte ihn in seinem Entschluß, die Tragödie des gemeinen Soldaten, des entrechteten, getretenen armes Mannes zu komponieren. Die Arbeit an der „Wozzeck"-Partitur dauerte bis 1921. Vier Jahre später, im Herbst 1925, fand die Uraufführung des für unaufführbar gehaltenen Werkes in der Berliner Staatsoper durch den Dirigenten Erich Kleiber statt. Sie wurde zu einem der glänzendsten Triumphe der neuen Musik. Als danach der Dirigent Johannes Schüler in Oldenburg bewies, daß „Wozzeck"
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auch m i t den Mitteln einer kleinen Bühne zu bewältigen war, begann der Siegeszug des Werkes, der, in Deutschland zwar durch das nationalsozialistische Regime u n t e r brochen, über die Bühnen der ganzen Welt f ü h r t e . Der Erfolg verschaffte dem Komponisten so viel finanzielle Selbständigkeit, daß er eine Berufung an die Berliner Musikhochschule ausschlagen konnte, u m ganz seinem Schaffen zu leben. E r w o h n t e abwechselnd in Wien, auf dem K ä r n t n e r Familiengut Berghof u n d in Trahütten, dem G u t seiner Schwiegereltern in der Steiermark, in seinen letzten Lebensjahren in einem eigenen Hause am Wörthersee. D e r Sieg des Nationalsozialismus verschloß ihm die deutschen Bühnen. Er unterbrach die Arbeit an der O p e r „Lulu", die die Jahre von 1928 bis 1934 ausfüllte, u m f ü r den amerikanischen Geiger Louis Krasner ein Violinkonzert zu schreiben, das zugleich als „Requiem" f ü r die jungverstorbene Tochter Alma Mahlers u n d ihres zweiten Mannes, des Architekten Walter Gropius, konzipiert war. Von Jugend auf kränklich, von Asthma und Blutkrankheiten gequält, starb er am 24. Dezember 1935 in Wien an einer Blutvergiftung, deren Ursache ein Insektenstich war. Der Zauber seiner vornehmen, lauteren Persönlichkeit wird von allen, die ihm nahe standen, bezeugt. Hochgewachsen, von romantischer, fast femininer Schönheit, ruhig u n d heiter im Umgang, wirkte er durch dieselbe menschliche Größe u n d Aufrichtigkeit, die jede N o t e seines Werkes auszeichnen. Das Schaffen Alban Bergs u m f a ß t Instrumentalmusik, Lied und Oper. Von N a t u r aber ist Berg Dramatiker; seinen zwei Bühnenwerken hat er den Hauptteil seiner K r ä f t e zugewandt, sie sind die ragenden H ö h e p u n k t e seines nicht sehr ausgedehnten, aber durch Dichte und ausgeglichene Qualität überzeugenden Oeuvres. Das fast ausschließliche Interesse, das der junge Alban Berg dem Liede widmete, ist als vorbereitende Bemühung des werdenden Dramatikers zu verstehen, der seine Kräfte zunächst an der kleinsten W o r t - T o n - F o r m erprobt. Von
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den zweiundachtzig Liedern, die Berg zwischen seinem sechzehnten und vierundzwanzigsten Lebensjahr komponiert hat, wurden vorerst nur vier 1909 entstandene Gesänge nach Hebbel und Mombert als Opus 2 veröffentlicht; erst viel später, im Jahre 1928, hat Berg eine weitere Gruppe als „Sieben frühe Lieder" in Klavier- und Orchesterfassung herausgegeben. Schon diese frühen Versuche lassen wesentliche Eigenschaften des Bergschen Personalstils, die Vorliebe für Quartenakkorde, das harmonische Helldunkel und die Verschleierung tonaler Beziehungen erkennen. Der Instrumentalkomponist begann im Banne der klassischen Tradition; die einsätzige Klaviersonate Opus 1 wahrt nicht nur die tonale Bindung eines durchgehenden h-Moll und die überlieferte, aus Exposition, Durchführung und Reprise zusammengeschlossene Form, sie befolgt auch mit vollkommener Konsequenz das Brahmssche Prinzip der thematischen Integration. Im zweisätzigen Streichquartett Opus 3 aus dem Jahre 1910 bildet sich Bergs Satzstil mit seiner schwebenden Spannung tonaler und atonaler Tendenzen weiter aus, in den vier Stücken für Klarinette und Klavier, dem 1913 geschaffenen Opus 5, nähert sich der Komponist zum einzigen Male der aphoristischen Ausdrucksform seines Freundes Anton von Webern. Schon früher, mit seinem Opus 4, hatte Alban Berg den Schritt in den weiteren Klangraum des großen Orchesters getan: mit den Fünf Orchesterliedern nach Ansichtskartentexten von Peter Altenberg, die bei ihrer Wiener Uraufführung im März 1913 einen lauten Konzertskandal erregten und, zu Lebzeiten des Komponisten nicht mehr aufgeführt, erst im Jahre 1952 wieder erklangen. U n d doch sind gerade diese Lieder das Werk, in dem sidi die Bergsche Klangwelt zum ersten Male in ihrer vollen Eigentümlichkeit erschließt. Ein gewaltiger Orchesterapparat ist aufgeboten, um die subtilsten, leisesten Wirkungen zu erzielen; der Kontrast von Aufwand und Effekt ist eine stilistische Paradoxie, wie sie
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das Musikgefühl dieser Krisenjahre liebte. Der Komponist sucht ungewöhnliche, die Struktur des Satzes verschleiernde Klänge, Flageolets und Gleittöne, Dämpfungsund Tremoloeffekte, er setzt Glockenspiel, Celesta und Harfe, Trommeln und Gongs als schillernde oder dämmernde Lichter und läßt die Musik sich bis zur Tonlosigkeit verflüchtigen. Das dritte Lied enthält einen zwölftönigen Akkord, das letzte bringt als Oberstimme des Passacaglia-Basses eine Zwölf tonreihe: das Gesetz der Zukunft kündigt sich an. Die drei Orchesterstücke Opus 6 sind Bergs symphonisches Hauptwerk. Sie sind dem Lehrer Schönberg gewidmet und verpflichtet, sie sind auch durch die nur wenig älteren orchestralen Aphorismen Anton von Weberns angeregt. Vor allem aber vollzieht sich in ihnen die Auseinandersetzung des Komponisten mit Gustav Mahler, dem bestimmenden Erlebnis seiner Entwicklungszeit. Mahler hat nicht nur die tragischen Tonsymbole dieser Stücke, die synkopischen Rhythmen, die über weite Intervalle gespannten oder fanfarenartigen Motive vorgeformt, er hat auch die Modelle der Satztypen, des zwischen Walzer und Scherzo vermittelnden „Reigens" und des zur Katastrophe stürmenden Marsches gegeben. Inhaltlich sind die drei Orchesterstücke, die im Sommer und Herbst des schicksalsschweren Jahres 1914 entstanden, ein erschütterndes Zeitdokument. Mit ihren fahlen, zerstäubten Walzerklängen, ihren drohenden Steigerungen und Ballungen, ihren dröhnenden Schlagzeugorgien (selbst der Hammer, das Schicksalsinstrument aus Mahlers sechster Symphonie, tritt in Tätigkeit) wirken sie wie eine prophetische Vision des Untergangs, der über eine sterbende Epoche hereinbrach. Der Schritt zum Drama war für den Komponisten dieser mit Lebensenergien geladenen Musik unausweichliche Konsequenz; der Plan zum „Wozzeck" entstand und reifte noch während der Vollendung des Opus 6. Die wenigen Instrumentalwerke, die danach neben Bergs Opernpartituren noch entstanden, sind darum von nicht geringerer ße-
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deutung. Im Kammerkonzert für Klavier und Geige mit dreizehn Bläsern, das 1925 abgeschlossen wurde, zeigt sich Bergs Vorliebe f ü r Ton- und Buchstabensymbolik, wie sie schon Robert Schumann pflegte; das thematische Motto des Werkes ist aus Noten gebildet, die als Buchstaben in den Namen Arnold Schönberg, Anton Webern und Alban Berg enthalten sind: ein Dokument der geistig-freundschaftlichen Verbindung, die die drei Gleichgesinnten vereinte. In der „Lyrischen Suite" für Streichquartett, deren Entstehung in das Jahr 1926 fällt, wird endlich das inzwischen zur Methode gefestigte Zwölftöne-Prinzip f ü r Bergs Kompositionsweise bestimmend. Hier wie in dem folgenden Werk, der auf Gedichte Baudelaires komponierten Konzertarie „Der Wein", findet die lyrisch-elegische Wesensseite Bergs bezwingenden Ausdruck. Am Ende des nicht umfangreichen, aber gewichtigen Lebenswerkes steht das Violinkonzert, mit dem Alban Berg ahnungsvoll sein eigenes Requiem geschrieben hat. Das zweisätzige Werk ordnet zwei kontrastierende thematische Elemente in die Reihengesetzlichkeit ein: eine Kärntener Volksweise von Jodlercharakter und eine von Johann Rudolf Ahle komponierte, von Bach harmonisierte Choralweise: „Es ist genug." Es charakterisiert damit die liebliche Erscheinung des jungen Mädchens, dessen es gedenkt, und verklärt das Schicksal des frühen Todes. Irdisches und Himmlisches vermischen sich auf mystische Weise in diesem Abschiedswerk, das „dem Andenken eines Engels" gewidmet ist. Der Dramatiker Alban Berg ist von seinen Stoffen her zu verstehen. Die Helden, die er sich gewählt hat, sind Personifizierungen des menschlichen Leidens, arme, entrechtete, getretene Geschöpfe, Opfer einer sozialen Situation, die keinen Raum f ü r die Schwachen, Unbeholfenen und Abseitigen hat. Georg Büchners schon 1837 entstandenes, der Zeit weit vorausgreifendes „Woyzeck"Fragment, das erst 1879 veröffentlicht wurde, bot dem Komponisten nicht nur die Figur des mißachteten, dump-
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fen, hilflosen Soldaten, der von seinen Vorgesetzten zum medizinischen Versuchsobjekt erniedrigt, von seiner Geliebten, der Mutter seines Kindes, betrogen und dadurch zu Mord und Selbstmord getrieben wird (die falsche Schreibweise „Wozzeck" ist leider durch Bergs Komposition für die Opernbühne autorisiert worden); es war überdies ein dichterisch hochwertiges Szenarium, das eben wegen seines Fragmentcharakters die Anpassung an die Gesetze der Operndramaturgie zuließ. Berg hat aus der Vorlage fünfzehn Szenen ausgewählt und in drei Akte gegliedert. Der erste A k t gibt die Exposition; er beschreibt Wozzecks Verhältnis zum Hauptmann und zum Doktor, seinen wohlmeinenden Peinigern, und zu seiner Geliebten Marie, und endet mit der Verführung Maries durch den männlich-kraftstrotzenden Tambourmajor. Der zweite A k t schildert Wozzecks durch den Spott seiner Vorgesetzten geweckte Eifersucht und schließt mit seiner Niederlage unter den Fäusten des brutalen Rivalen. Im dritten A k t ersticht Wozzeck Marie und ertrinkt selbst im Teich; die letzte Szene gehört dem verwaisten Kinde, das ahnungslos lustig weiterspielt. Die Form des Ganzen aber ergibt sich aus der Musik. Die „Wozzeck"-Musik spricht die kontrapunktisch und koloristisch hochdiiferenzierte Tonsprache des Expressionismus, die aus der Tristan-Nachfolge hervorgegangen ist. Sie ist wesentlich atonal, läßt aber starke Rückbildungen an die alte Tonalität erkennen; sie ist noch nicht zwölf tönig konzipiert, wenn sich auch in dem vielzitierten zwölftönigen Akkord auf dem Höhepunkt des letzten Orchesterzwischenspiels das neue Prinzip schon ankündigt. U m diese flexible Klangsprache vor dem Zerfließen zu bewahren, hat der Komponist sie durch ein festes Gerüst musikalischer Formen gestützt, deren jede einer dramatischen Szene entspricht. Der erste A k t besteht aus Suite, Rhapsodie, Marsch und Wiegenlied, Passacaglia, R o n d o ; der zweite, als fünfsätzige Symphonie zu bezeichnen, aus Sonatensatz, Fuge, Largo für Kammerorchester, Scherzo
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(Wirtshausszene), R o n d o ; der dritte ist eine Folge von Inventionen über ein Thema, einen Ton, einen R h y t h mus, einen Akkord, eine Tonart (d-Moll), eine Achtelbewegung. So verbindet sich unmittelbar wirkende Ausdruckskraft mit dem Eindruck von Maß und Form. Der eigentümlichste Reiz der vielfältig schillernden Partitur sind die unheimlichen, gespenstischen Partien: die Schilderung des nachtdunklen, den Mörder in die Tiefe lokkenden Teiches mit den schaurigen, naturalistisch nachgeahmten Unkenrufen, das Schicksalssymbol eines einzigen, von allen Instrumenten des Orchesters in beängstigendem Crescendo ausgehaltenen Tones in der Mordszene. Höhepunkt ist das symphonische Zwischenspiel nach Wozzecks Tod, ein d-moll-Adagio von tragischer Größe; der Musikdramatiker feiert seinen armen, verachteten Helden mit einer Trauermusik, die an Feierlichkeit nicht hinter den Totenmärschen mythischer Opernheroen zurücksteht und die tragische Würde dieses unscheinbaren Alltagsschicksals nachträglich enthüllt. „Lulu", das unvollendet hinterlassene Spätwerk, ist dem „Wozzeck" in mancher Beziehung verwandt. Wieder hat Berg eine dichterisch bedeutsame Vorlage gewählt; er hat seinen Text den Dramen „Erdgeist" und „Die Büchse der Pandora" von Frank Wedekind entnommen. Wieder spielt das Motiv des sozialen Mitleids eine bedeutende Rolle. Lulu, Verkörperung des Triebhaft-Weiblichen, Inkarnation naturhafter Schönheit, männerverderbende Verführerin, Mörderin und Dirne, steht außerhalb der Gesellschaft; sie k o m m t aus der Gosse, geht durch die Salons der bürgerlichen Welt, der Boheme und Halbwelt und endet, verloren und verkommen, in einer Dachkammer durch das Messer eines Lustmörders; sie geht zu Grunde, weil in der Zivilisationswelt der domestizierten Triebe kein Raum für sie ist. In drei Akten, denen der von Wedekind übernommene symbolische Prolog des Tierbändigers wie eine Ouvertüre vorangeht, vollzieht sich der Aufstieg Lulus zur Frau des Mannes,
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den sie liebt und den sie ermordet, des Redakteurs Doktor Schön, und ihr Abstieg zur Londoner Straßendirne. Wieder hat der Komponist den musikalischen Ablauf durch feste Formen wie Arie, Canzonette, Duett, Sextett, Kanon, Sonate gegliedert. Hier aber tritt ein neues Formprinzip hinzu: das der Reihe. Die Oper „Lulu" ist eine konsequent zwölftönige Komposition, die Musik entwickelt sich aus einer Grundreihe, die im „Lied der Lulu", dem Selbstbekenntnis der triumphierenden Hetäre und Kernstück der Oper, als melodische Gestalt erscheint. Auch das Leitmotiv im Wagnerschen Sinne wahrt sein Recht; die Personen sind von charakteristischen Themenund Klanggestalten begleitet, das „Schicksalsthema", das mit seinen Halbtonschritten und seinem emphatischen Sextensprung die Stimmung des „Tristan" beschwört, steht wie ein düsteres, fatales Motto über dem Werk, als Symbol unheilig-unheilvoller Liebe, die durch die Höllen des Lasters zu Tode geschleift wird und dennoch ihre elementare Größe triumphierend bewahrt. Zwei Akte der Oper sind vollendet, der dritte Akt ist von Alban Berg als Partiturskizze hinterlassen und harrt noch der instrumentalen Ausführung durch einen einfühlungsfähigen Komponisten. Um den Torso auiführbar zu machen, hat man mit Erfolg versucht, die Handlung des dritten Aktes durch gesprochenen Dialog oder durch Lichtbilder anzudeuten und sie durch Musikstücke, die Berg aus der Opernskizze exzerpiert und als „Lulu-Symphonie" zusammengestellt hat, orchestral zu untermalen, so daß das Fragment zum dramatischen Ganzen abgerundet wird. *
Dokumentiert sich im Schaffen Alban Bergs die Bindung der Schönberg-Schule an die Vergangenheit, so verkörpern sich in Anton von Webern ihre zukunftweisenden Kräfte; die Musikentwicklung der Jahrhundertmitte, die zu neuen Klangformen und kompositorischen Verfahrensweisen vorstieß, ist ausschließlich am Werk
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liehen Steigerungen trat der erfüllte, in sich ruhende Augenblick, an die Stelle der ins Uberdimensionale gewachsenen Symphonie der auf minimalen Zeitraum zusammengedrängte, aus thematischen R u d i m e n t e n geprägte musikalische Aphorismus. Diese Regeneration der Elemente ist es, durch die Weberns Schaffen z u m Ausgangspunkt einer neuen musikalischen Epoche geworden ist. Das Schaffen setzt im Jahre 1908, im fünfundzwanzigsten Lebensjahre des Komponisten, mit der Passacaglia f ü r Orchester Opus 1 ein, mit der Webern sich aus der Lehre Schönbergs zur Selbständigkeit befreit. Nach einigen Liederzyklen ist mit Opus 5, fünf Sätzen f ü r Streichq u a r t e t t (1909, Orchesterfassung 1930) der Stil der ersten, bis 1914 dauernden Schaffensperiode gefunden. Thema ist eine abstrakte Intervallbeziehung, die kleine Sekunde, die in vielfacher Verwandlung, als kleine N o n e , große Septime alle Sätze durchzieht. Alle melodischen Gestalten sind zu äußerster Dichte, auf den U m f a n g weniger, durch hochexpressive Spannung gebundener Töne k o m p r i m i e r t ; die H a r m o n i k bewegt sich im R ä u m e der freien Atonalität. Es gibt keine Wiederholung, keine Rückbeziehung u n d damit keine zyklische F o r m ; jeder Satz ist aus einer bestimmten Konstellation des Tonmaterials entwickelt, deren Möglichkeiten er explizierend erschöpft. Die Sechs Stücke f ü r Orchester Opus 6 übertragen diese Musizierweise in einen weiteren Klangraum. Das volle Symphonieorchester mit starker Bläser- u n d Schlagzeugbesetzung ist aufgeboten, die tönenden Momentbilder zu erfüllen; zarte, erlesene Klangfarben sind bevorzugt, H a r f e , Celesta, Glockenspiel, Flöte, gedämpfte T r o m p e t e sind charakteristische Stimmen; das vierte Stück, eine mystische Trauermusik, vollzieht sich über einem düsteren Klanggrund, der durch einen d u m p f e n Wirbel der großen Trommel, leise Tamtamschläge und tiefes Glockengeläut gebildet wird und zu einem wilden Fortissimo des gesamten Schlagzeugs anschwillt. Die fünf Orchesterstücke
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Weberns orientiert. Anton von Webern wurde am 3. Dezember 1883 in Wien geboren, wuchs in Graz und Klagenfurt auf, studierte in Wien Musikwissenschaft und vier Jahre lang Komposition bei Arnold Schönberg. Er wirkte als Operndirigent an verschiedenen Bühnen, lebte nach seiner 1911 erfolgten Verheiratung mit Wilhelmine Mörtl zeitweilig in Berlin und ließ sich nach vorübergehender Militärzeit im ersten Weltkrieg endgültig in Wien nieder, wo er als Vortragsmeister des von Schönberg geleiteten Vereins f ü r musikalische Privataufführungen, als Leiter eines Arbeiter-Singvereins und als Dirigent am österreichischen Rundfunk wirkte. Die nationalsozialistische Epoche verbrachte er, durch Konzertreisen schon in Europa bekannt geworden, in Zurückgezogenheit. Im Frühjahr 1945 siedelte er, um den Kriegswirren in Wien zu entgehen, nach Mittersill im Salzburgischen über. Hier wurde er am 15. September, als er am Abend während der militärischen Sperrstunde vor sein Haus trat, durch die Kugel eines amerikanischen Soldaten getötet. Der Umfang des Webernschen Schaffens steht in umgekehrtem Verhältnis zur Intensität seiner Wirkungskraft. Es umfaßt nur einunddreißig Opuszahlen, und alle Werke sind von äußerster Kürze und Konzentration. Webern ist geradezu der Meister der aphoristischen Musik, der Kunst, die, im Gegensatz zu den uferlos ausschweifenden Schöpfungen der Spätromantik, das Heil in der Verdichtung, in der Abbreviatur, in der Beschränkung auf das Unerläßlich-Wesentliche suchte. Die Konsequenz, mit der Webern diesen Prozeß aufgegriffen und zu Ende geführt hat, ergibt eine ganz neue Anschauung und Wertung des Tonmaterials. Hatte die Spätromantik mit Tonmassen, mit Klangmischungen und weitausholenden thematischen Entwicklungen operiert, so wurden nun die einfachen, ursprünglichen Elemente des Musizierens, der einzelne Ton, das Intervall, als absolute Werte erkannt und gewürdigt. An die Stelle der unendlichen, unersätr-
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Opus 10 sind vollendete Aphorismen, die eine unerschöpfliche Inhaltsfülle in lakonische Klangformeln zusammenpressen; das kürzeste, das vierte Stück, dauert n u r neunzehn Sekunden, der ganze Zyklus etwa zehn Minuten. Das Satzbild ist bis zum Äußersten gelichtet; die thematischen Elemente schweben gleichsam im leeren Räume, es gibt keine Füllstimmen, keinen harmonischen U n t e r grund m e h r ; wenn im dritten Stück der Klang als Gemisch von Mandoline und Gitarre, Celesta und H a r f e , T r o m m e l n u n d Herdenglocken sich verselbständigt, so dient er nicht im impressionistischen Sinne der Stimmungswirkung, sondern ist als „Klangfarbenmelodie" (wie im dritten der Schönbergschen Orchesterstücke) k o n struktives Formelement. Man hat diese Kompositionen, die bei aller Feinheit der Faktur, bei aller seidig schillernden Zartheit des Klanges v o n starken Ausdrucksspannungen erfüllt sind, als „psychische Seismogramme" bezeichnet; über ihre musikalisch-formale Bedeutung hinaus sind die menschlichen D o k u m e n t e einer um Registrierung u n d Analyse geheimer seelischer Vorgänge bemühten Zeit, auf U r f o r m e i n reduzierte Erlebnis-Mitteilungen wie die Gedichte eines Stramm, H e y m u n d Trakl. Auch das vokale Schaffen bezeugt Weberns Verbundenheit mit den charakteristischen Erlebnissen der Zeit; George, Rilke, Trakl, Bethge mit Ubersetzungen chinesischer Gedichte haben die Texte seiner Lieder geliefert. Die Komposition v o n Liedern f ü r Solostimme oder C h o r , meist mit Begleitung verschiedenartiger Soloinstrumente, füllt die zweite Schaffensperiode aus, die von 1915 bis 1926 dauert u n d die Werkzahlen 12 bis 19 u m f a ß t . Man darf die Leistung dieses Abschnitts in der Stärkung des melodischen Elements sehen, das als konstruktive K r a f t der Versuchung des Zerfließenden, A m o r p h e n entgegentrat. Es entspricht diesem Willen zur Festigung, daß Webern in seinem Opus 17, drei geistlichen Volksliedern f ü r Gesang u n d drei Instrumente, zum ersten Male die Z w ö l f t ö n e m e t h o d e b e n u t z t hat, die von da an f ü r ihn
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verbindlich blieb; sie bewirkt aber keine Wendung in seiner Entwicklung, da sie von jeher u n b e w u ß t in seiner Schaffensweise vorgebildet war. Die dritte, 1927 mit dem Streichtrio Opus 20 beginnende Periode enthält die Werke der Reife, v o n denen die Einwirkung Weberns auf die Komponisten der Jahrh u n d e r t m i t t e ausgegangen ist. Was diese W i r k u n g begründet hat, ist die immer strengere Organisation des Tonmaterials, die konsequente Determinierung des Ablaufs, die der Nachwelt das Modell einer durch u n d durch rational bestimmten, Willkür und Zufall ausschließenden Kunst gaben. Webern hat das Prinzip der Reihe nicht auf das Gebiet des Melodischen u n d H a r m o nischen beschränkt; auch Metrik und Dynamik sind seriell bestimmt, die Technik des integralen, das heißt ganz und gar von einem u n d demselben Gesetz bestimmten Musizierens wird entwickelt. N u n entstehen die Symphonie f ü r kleines Orchester Opus 21, das Konzert f ü r neun Instrumente Opus 24, die Variationen f ü r Klavier Opus 27, die Variationen f ü r Orchester Opus 30, die zwei Kantaten f ü r Solostimmen, C h o r u n d Orchester nach W o r t e n von Hildegard Jones Opus 29 und 31: Konstruktionen von kühler, graziler Schönheit, in deren ausgespartem Klangbild die Leere als Pause, als weiter Abstand der Stimmen, als Transparenz des Zusammenklanges eine entscheidende Rolle spielt; Kunstwerke, bestimmt von Notwendigkeit u n d Objektivität, Zeugnisse eines lyrischen Schaffenswillens, denen doch der Entwurf einer neuen, rationalisierten, mathematischen Musik innewohnt. Weberns Bedeutung als Entdecker einer neuen musikalischen Welt, als Erfinder einer neuen Betrachtung u n d Bearbeitung des musikalischen Materials ist heute unbestritten. Er k ö n n t e diese Bedeutung nicht haben, wenn sein Werk nicht in u n d an sich gewichtig, inhaltvoll u n d gültig wäre. Als Lyriker, der der klingenden, jeder Banalisierung entrückten Urworte mächtig war, als Vollender einer weltliche u n d religiöse Bereiche umfassenden, zu äußerster,
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härtester Wesenhaftigkeit geprägten Kunst — Igor Strawinsky vergleicht seine Spätwerke blitzend geschliffenen Diamanten — zählt er zu den großen, selbständigen, weg- und wertbestimmenden Musikern des Jahrhunderts. IGOR S T R A W I N S K Y U N D DER NEOKLASSIZISMUS
Als Gegenwirkung auf die vorwärtstreibenden, radikal erneuernden Kräfte, die sich im Kreise um Arnold Schönberg verkörperten, meldeten sich sehr bald Bestrebungen, die bei aller Bereitwilligkeit, die neuen klanglichen Mittel und Methoden zu verwenden, doch die Verbindung mit dem Formgefühl der Vergangenheit erhalten wollten; die Idee einer jungen Klassizität, die Ferruccio Busoni als „Meisterung, Sichtung und Ausbeutung aller Errungenschaften vorausgegangener Experimente, ihre Hineintragung in feste und schöne Formen" definierte, wurde fast zugleich mit ihrer Verkündung Wirklichkeit. Es lag in der N a t u r der Sache, daß diese wesentlich konziliantere, mehr traditionsgebundene Kompositionsrichtung die Mehrzahl der schaffenden Begabungen an sich zog und die Sympathien des Publikums in höherem Grade erwarb als die schwer verständlichen Schöpfungen des Radikalismus. Der Neoklassizismus wurde daher zum herrschenden Kompositionsstil der ersten Jahrhunderthälfte. Was dem Gedanken der Klassizität Auftrieb gab, war vor allem der Überdruß an der als dekadent empfundenen Romantik, der um 1920 seinen Höhepunkt erreichte. Das Pendel der Entwicklung schlug nach der entgegengesetzten Seite aus; statt Ekstase wollte man nun Nüchternheit, statt Illusion Sachlichkeit, statt Verschwendung Ökonomie. Alles Schwelgen in Klang und Gefühl wurde verpönt. Das Ideal des klaren, gelichteten, ausgesparten Satzes, wie ihn etwa Erik Satie mit doktrinärer Überspitzung geprägt hatte, wurde allgemeingültig. Einfache Diatonik trat an die Stelle chromatischer Verschleierung, 12 M u s i k d. 20. J h d t .
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kleine kammermusikalische Besetzungen lösten die Riesenorchester ab. Das Prinzip des Konzertierens ersetzte die Erlebnis-Dynamik der Ausdrucksmusik, die geschlossene, gefällig-gerundete Form die Freiheit der individuellen Gestaltung. Es entspricht entwicklungsgeschichtlichen Gesetzen, daß man, um sich von dem Gestrigen zu befreien, auf das Vorgestrige zurückgriff. Je mehr man die Ausdrucksformen der Romantik mied, desto höher stiegen die architektonisch bestimmten Formen der Klassik in der modernen Schätzung. Da das Vergangene, Vollendete als Vorbild einmal beschworen war, griff man bald noch tiefer in die Vergangenheit zurück. Während für die romanischen Kulturen das klassische Ideal verpflichtend blieb, stieg im Bewußtsein der deutschen Komponisten, unterstützt durch die immer umfassendere und tiefergreifendere Forschung der Musikwissenschaft, die große Musikzeit des Barock aus der Vergangenheit empor. Bach war nicht mehr, wie für die Romantik, die äußerste Grenze des Rückerinnerns; die choralgebundene Kunst der Lutherzeit, die Ursprünge der Oper bei Monteverdi, die Welt der Motette und des Madrigals war wieder gegenwärtig. An die Stelle des poetisierenden Vergangenheitsstrebens der Romantik, das sich als Beschwörung uralter Märchen- und Mythenwelten ausgewirkt hatte, trat nun eine realistisch-historisierende Bemühung, der es um Rekonstruktion alter Formen und Musizierpraktiken zu tun war; der Traditionsgeist der Musik stellte sich dem ins Utopische greifenden Zukunftsglauben der Entdecker und Erneuerer entgegen. Igor Strawinsky, der Hauptmeister des musikalischen Neoklassizismus und damit der Antipode des aus der Romantik herkommenden Erneuerers Arnold Schönberg, ist keineswegs ausschließlich auf diese begrenzte Stilrichtung festzulegen. Am Anfang und am Ende seiner Laufbahn hat er ganz andere künstlerische Ziele verfolgt; in seiner Frühzeit erschien er als barbarischer Revolutionär, im Alter hat er sich die serielle Technik der Zwölftöner
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angeeignet und damit eine Synthese der gegensätzlichen Stile herbeigeführt. Der Hauptteil seines Werkes, der etwa in den drei Jahrzehnten zwischen 1920 und 1950 entstanden ist, darf aber für diesen Stil in Anspruch genommen werden und hat, dank der überragenden Begabung des Komponisten, in dieser Richtung schulbildend gewirkt. A m 18. J u n i 1882 in Oranienbaum bei Petersburg als dritter Sohn Feodor Strawinskys, eines Sängers der kaiserlichen Oper, geboren, empfing er schon in seiner Kindheit vielerlei musikalische Eindrücke; zu den Liedern der Bauern und Bäuerinnen, von denen er in seinen Lebenserinnerungen berichtet, kamen die Werke des Opernrepertoires von Glinka bis Mussorgski, die er im väterlichen Hause musizieren hörte, und die symphonischen Schöpfungen Tschaikowskys, Rimskij-Korssakoffs und der deutschen Meister, die er heranwachsend durch die Anregung eines gebildeten Liebhabers, seines Oheims Jelatschitsch, kennenlernte; dazu kam die Musik der neueren Franzosen aus der Nachfolge Gounods und Bizets, die ihm den Eindruck westlicher Formglätte vermittelte. Zum Rechtsstudium bestimmt, erhielt er doch gründlichen Musikunterricht. Die Unterweisung in Harmonielehre erarbeitete Strawinsky sich als Autodidakt. Als Zwanzigjähriger hatte er während einer Reise in Heidelberg Gelegenheit, Nikolai Rimskij-Korssakoff, dem zur akademischen Autorität aufgestiegenen Mitglied der „Gruppe der Fünf", seine Kompositionen vorzulegen. Das Ergebnis der Konsultation war ein regelmäßiger Unterricht bei Rimskij-Korssakoff, der sich über Jahre hin erstreckte; der Lehrer begutachtete und korrigierte die Werke des Schülers, der seinem Meister vor allem auf dem Gebiete der Instrumentation wertvolle Anregungen verdankte. Zugleich fand Strawinsky durch seinen Lehrer Eingang in die fortschrittlichen Kreise des Petersburger Musiklebens; schon damals begegnete er seinem späteren Gönner, dem Mäzen und Kunst-Impressario Serge Diaghi12»
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lew. Nach Beendigung seines Universitätsstudiums heiratete er seine Kusine Katharina Gabrielle und wohnte, sofern er nicht in Peterburg weilte, auf dem Gut seiner Frau in Ustilug in Wolhynien. Hier entstanden die meisten seiner Frühwerke; zu ihnen zählen die Symphonie in Es-Dur (1905 bis 1907), Lieder, darunter das textlose „Pastorale", das „Phantastische Scherzo" für Orchester, der erste Akt der Andersen-Oper „Die Nachtigall", die Orchesterfantasie „Feuerwerk" und eine Grabmusik auf den Tod Rimskij-Korssakoffs, die ungedruckt blieb und während der russischen Revolution verloren ging. Ein Auftrag Diaghilews, der inzwischen den Schwerpunkt seines Wirkens nach Paris verlegt hatte und gemeinsam mit einer Gruppe von Tänzern und Malern wie Fokin, ßenois, Bakst bemüht war, die Kultur des russischen Balletts mit den avantgardistischen Mitteln der Zeit zu erneuern, brachte eine Wendung in Strawinskys Leben. Für Diaghilew schrieb er das Ballett „Der Feuervogel" und ging nach Beendigung der Partitur im Juni 1910 nach Paris. Die Uraufführung des Balletts am 25. Juli 1910 mit der Karsawina, Fokin und Bulgakow unter dem Dirigenten Gabriel Pierne begründete den Ruhm des jungen russischen Komponisten in der französischen Metropole; der Erfolg war ebenso dem leuchtenden Kolorit der Musik wie der Faszination des russischen Balletts, seiner virtuosen Tänzer, seiner üppigen, farbenprächtigen Dekorationen zu danken. Claude Debussy war unter den ersten, die die überragende Begabung des Komponisten erkannten. Sogleich faßte Strawinsky den Plan f ü r ein neues Werk, das ursprünglich als Konzert für Klavier und Orchester gedacht war. Daraus wurde das Ballett „Petruschka", das am 13. Juni 1911 mit dem genialen Tänzer Vaslav Nijinsky in der Rolle des russischen Harlekin aufgeführt wurde. Dann aber drängte sich, nachdem Strawinsky nach Rußland auf sein Gut in Ustilug zurückgekehrt war, ein Plan in den Vordergrund, der ihm schon Jahre vorher aufgetaucht
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war. „Als ich in St. Petersburg die letzten Seiten des ,Feuervogel' niederschrieb", berichtet er, „überkam mich eines Tages die Vision einer großen heidnischen Feier: alte weise Männer sitzen im Kreis und schauen dem Todestanz eines jungen Mädchens zu, das geopfert werden soll, um den Gott des Frühlings günstig zu stimmen. Das war das Thema von ,Sacre du Printemps'. In Zusammenarbeit mit dem Maler Nikolaus Roerich wurde die Idee entwickelt und ausgeführt; am 28. Mai 1913 fand im Pariser Théâtre des Champs-Elysées unter der Leitung des Dirigenten Pierre Monteux und des Choreographen Nijinsky die Uraufführung des Balletts statt, die einen der denkwürdigsten Theaterskandale unseres Jahrhunderts ergab. Noch bei geschlossenem Vorhang brach im Publikum Gelächter aus, worauf Strawinsky den Zuschauerraum verließ und hinter die Bühne ging. Die Zuschauer schrien, miauten, pfiffen, lachten, prügelten sich. „Die Kundgebungen" schreibt Strawinsky, „am Anfang noch vereinzelt, wurden bald allgemein. Sie riefen Gegenkundgebungen hervor, und so entstand sehr schnell ein fürchterlicher Lärm". Die Musik ging in diesem Lärm fast ungehört unter. Was den Wutausbruch des Publikums hervorrief, mag das barbarische Element eines neuen Primitivismus gewesen sein, das hier zum ersten Mal unverhüllt in die hochgezüchtete Kultur der westlichen Kunstwelt eindrang. Nach einem kurzen Besuch in der Heimat ließ sich Strawinsky am Genfer See nieder und vollendete die Oper „Die Nachtigall", die im Mai 1914 mit großer Pracht in der Pariser Oper aufgeführt wurde. Kurz vor dem Ausbruch des ersten Weltkrieges betrat Strawinsky ein letztes Mal den russischen Boden; den Krieg erlebte er in der Schweiz, in Salvan, Ciarens und Morges. Hier entstanden, wohl von Heimatsehnsucht inspiriert, die letzten Werke seiner „russischen" Periode, die Stücke f ü r Streichquartett, Lieder, das Singspiel „Pribautki", die Burleske „Reineke", die Bauernkantate „Die Hochzeit"
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(skizziert 1917, instrumentiert und vollendet 1923), als einfaches, anspruchsloses Spiel für ein Wandertheater geplant und mit primitivsten Mitteln von Studenten und einigen wenigen Musikern unter der Leitung des schweizerischen Dirigenten Ernest Ansermet im September 1918 in Lausanne aufgeführt, „Die Geschichte vom Soldaten", ein szenisches Spiel für Sprecher, Tänzer und sieben Instrumente, das russische Märchen von dem armen, geig'espielenden Soldaten, der den Teufel überlistet, die Prinzessin zur Frau gewinnt und doch am Ende zur Hölle fährt. Als der Krieg zu Ende war, kehrte Strawinsky nicht in das inzwischen bolschewisierte Rußland zurück; er entschied sich, Bürger der westlichen Welt zu werden. Damit beginnt sein Hineinwachsen in die westliche Kultur, seine Disziplinierung ¡durch das europäische Ideal des Klassischen; der russische Fauvist wurde zum Wortführer des neuen abendländischen Klassizismus. Gleichsam eine Studienarbeit in dem neuen Stile ist das Ballett „Pulcinella", eine eigenwillige, alle Mittel moderner Harmonik und Orchestrierung verwendende Barbeitung Pergolesischer Melodien als Musik zu einem Tanzspiel, das einer alten neapolitanischen Maskenkomödie nachgebildet ist; die Uraufführung fand 1920 in Paris statt. In den nächsten Jahren folgten das Concertino für Streichquartett, die archaisch-feierlichen, dem Gedächtnis Debussys gewidmeten Symphonischen Stücke f ü r Bläser, die an Glinka anknüpfende Buffooper „Mawra", das Oktett für Bläser, das Konzert, f ü r Klavier und Blasorchester, endlich die Klaviersonate und die Serenade in A für Klavier; diese beiden Werke, 1924 geschrieben, dürfen in ihrer unmittelbaren Beziehung auf die Formenwelt des achtzehnten Jahrhunderts als Schul werke des klassizistischen Stils gelten. Trug das Schaffen dieser Jahre des Ubergangs einigermaßen experimentellen Charakter, so folgt nun, nach gewonnener Sicherheit, eine Periode der großen Meister-
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werke, die geradezu den Kern des Strawinskyschen Oeuvres bilden. In den Jahren 1926 und 1927 entstand „Oedipus Rex", ein szenisches Oratorium in lateinischer Sprache, dessen Text der vielseitige Jean Cocteau als gedrängten Auszug der sophokleischen Tragödie verfaßt hatte. Die erste Konzert-Aufführung des doppelgesichtigen Werkes fand 1927 in Paris statt; seine Bühnenlaufbahn begann mit der szenischen Aufführung durch O t t o Klemperer 1928 in Berlin, für die der Bauhausmaler Ewald Dülberg Szenerie, Kostüme und Masken eines monumentalen statischen Theaters entworfen hatte. 1928 folgte, in Paris durch das Russische Ballett Diaghilews uraufgeführt, das Ballett „Apollon musagète", eine Streicherpartitur von klassischer Ruhe und Reinheit. Im Herbst 1930 war die „Psalmensymphonie" vollendet, eine dreisätzige Komposition lateinischer Psalmentexte der Vulgata, die als Bekenntnis des Komponisten zum römischkatholischen Glauben verstanden werden darf. Als Epilog dieser Werkgruppe entstand 1933, im Auftrag der Schauspielerin Ida Rubinstein geschrieben, nach einem Gedicht André Gides das Melodram „Persephone", eine szenische Darstellung des antiken Todes- und Frühlingsmythos, die Instrumentalmusik, Gesang, gesprochenes Wort und Tanz zum Eindruck eines kultischen Spiels verbindet. Dazu kommen das Ballett nach Tschaikowsky „Der Kuß der Fee", ein Gegenstück zu der Pergolesi-Bearbeitung „Pulcinella", das Capricio f ü r Klavier und Orchester, das Konzert in D f ü r Violine und Orchester, das Konzert für zwei Klaviere, das der Komponist mit seinem Sohne Swiatoslaw Strawinsky 1935 in Paris spielte, das Ballett „Ein Kartenspiel", das 1937 in der New Yorker Metropolitan-Oper uraufgeführt wurde, und ein Konzert für fünfzehn Instrumente, das nach dem Landhaus eines amerikanischen Auftraggebers den Titel „Dumbarton Oaks" erhielt. Die Verbindung Strawinskys mit der neuen Welt wurde nach und nach fester. Als er den Auftrag erhielt,
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im Studienjahr 1939 bis 1940 an der Harvard-Universität in Boston Vorlesungen über musikalische Poetik zu halten, verließ er das in einen neuen Weltkrieg verstrickte Europa und ging nach Hollywood. Seine erste Frau war 1939 gestorben; 1940 heiratete er die Witwe des Malers Sudeikin. 1934 war er Franzose geworden; 1945 erwarb er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Unter den Werken seiner amerikanischen Zeit stehen zwei Symphonien obenan, die Symphonie in C, „komponiert zur Ehre Gottes und dem Chicago-Symphonie-Orchester zugeeignet" (1940) und die Symphonie in drei Sätzen (1946 uraufgeführt). Ferner entstanden die Ballettszenen f ü r Orchester (1944), die Sonate für zwei Klaviere (1944), das Ebony Concerto, 1946 von der Band des Jazzmusikers Woody Herman uraufgeführt, das Concerto in D f ü r Streichorchester, das Ballett „Orpheus" (1948) und die Messe für Chor und Blasinstrumente (1948). An kleineren Werken kamen dazu eine Circuspolka für ein Elefantenballett, eine Ode (Triptychon f ü r Orchester), dem Andenken Natalia Kussewitzkys, der Frau des Dirigenten, gewidmet, das Scherzo ä la Russe f ü r Orchester, endlich die Oper „The Rake's Progress", deren Textbuch der Dichter Wystan Hugh Auden und ehester Kallman nach einem Kupferstichzyklus des englischen Rokokomalers William Hogarth geschrieben hatten: die Geschichte eines reichen jungen Mannes, der durch den Einfluß eines teuflischen Gefährten zum Wüstling wird und nach lasterhaftem Leben im Irrsinn endet. Die Oper, die 1951 in Venedig uraufgeführt wurde, bedeutet das Ende von Strawinskys neoklassizjstischer Schaffensperiode und die letzte, abschließende Steigerung des musikalischen Neoklassizismus überhaupt. Daß der Neunundsechzigjährige nach dieser zusammenfassenden, abrundenden Leistung nicht ruhte, sondern sich in das Abenteuer einer ganz neuen, von allem Vorhergehenden distanzierten Schaifensperiode stürzte, ist eines der bewundernswertesten Beispiele geistiger Vitali-
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tat, das die Kunstgeschichte zeigt. Jetzt erst begann Strawinsky sich mit den Erkenntnissen Arnold Schönbergs u n d seiner Schule auseinanderzusetzen, als deren bedeutendster Antipode er bis dahin gegolten hatte, und das Ergebnis dieser geistigen Begegnung ist eine Synthese der Stile, die der weiteren Musikentwicklung des Jahrhunderts den Weg vorzeichnete. Den Ubergang bildet die „Cantata" von 1952, eine Komposition anonymer altenglischer Gedichte, die geistliche u n d irdische Liebe vermengen, in alten Formen f ü r Frauenchor, Solostimmen u n d fünf Instrumente gesetzt. Die Shakespeare-Lieder, die Solokantate „In m e m o r i a m Dylan Thomas" f ü r Tenor, Streichquartett u n d Posaunen, das Septett f ü r Bläser, Streicher u n d Klavier, alle 1953 vollendet, zeigen Strawinsky als virtuosen Beherrscher aller Kunstgriffe der Reihentechnik. Mit dem Ballett „Agon", einer abstrakten, auf alte F o r m e n wie Sarabande, Gaillarde, Bransle zurückgreifenden Tanzfolge k a m noch einmal der Theaterkomponist zu Worte. Zwei geistliche Werke stehen am Ende: Das Canticum sacrum, dem heiligen Markus und der Stadt Venedig gewidmet u n d 1956 im dortigen M a r k u s d o m u r a u f g e f ü h r t , ist eine Kantate über lateinische Texte der Vulgata. Bedeutender an U m f a n g und Gehalt sind die ebenfalls in Venedig u r a u f g e f ü h r t e n „Threni" v o n 1958, Klagelieder des Propheten Jeremias in der lateinischen, der Liturgie der Karwoche zugehöriger Fassung der Vulgata, ein halbstündiges Werk f ü r Solostimmen, C h o r u n d großes Orchester, ganz aus einer einzigen Zwölftonreihe entwickelt, eine zusammenfassende Schöpfung, in der Archaisches u n d Zukünftiges, Kultisch-Zeremonielles u n d Eigenwillig-Experimentelles harmonisch zusammenklingen. Igor Strawinskys Persönlichkeit verbirgt hinter der Außenseite des Weltmannes Rätsel u n d Widersprüche. Der junge D a n d y in Paris, von dem Diaghilew während einer Probe zum „Feuervogel" sagte: „Seht ihn euch an, er ist ein Mann am Vorabend des Ruhmes", u n d der
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in allen Musikzentren der alten und der neuen Welt gefeierte Grandseigneur der Jahrhundertmitte sind Erscheinungsformen eines Weltbürgers, der durch den Verlust der Heimat zur Internationalität prädestiniert w a r ; wie sehr Strawinsky am alten Rußland hing, hat er durch Worte und Werke bezeugt, und die abstrakte Klassizität, die er im Schaffen seiner mittleren Periode anstrebte, darf als fast gewaltsamer Versuch verstanden werden, sich aus natürlichen, zur Hemmung gewordenen Vergangenheitsbindungen zu befreien. Religiosität war ihm ein wichtiger Wesenszug; zu seiner Entscheidung für die westliche Kultur gehörte auch der Ubertritt vom russisch-orthodoxen zum römisch-katholischen Glauben. Seine Vorliebe für einfache, naturhafte Erlebnisse und Genüsse ist ebenso bezeugt wie sein Ordnungssinn, der auch in der kalligraphischen Anlage seiner Partituren zum Ausdruck kam. Die ausübende Tätigkeit des konzertierenden Musikers wußte er mit der kompositorischen Arbeit zu verbinden; als Pianist und als Dirigent war er erfolgreicher Interpret seiner Werke. Als Schriftsteller hat er, in den „Lebenserinnerungen" von 1936 und in der „Musikalischen Poetik" von 1940 seine Kunstanschauungen fixiert und einen wesentlichen Beitrag zur musikalischen Ästhetik des Jahrhunderts geliefert. „Das Phänomen der Musik", sagt Strawinsky in den „Lebenserinnerungen", „ist uns zu dem einzigen Zweck gegeben, eine Ordnung zwischen den Dingen herzustellen und hierbei vor allem eine Ordnung zu setzen zwischen dem Menschen und der Zeit. Um realisert zu werden, erfordert diese Ordnung einzig und allein und mit gebieterischer Notwendigkeit eine Konstruktion. Wenn die Konstruktion vorhanden und die Ordnung erreicht ist, ist alles gesagt." Und ebenda: „Ich bin der Ansicht, daß die Musik ihrem Wesen nach unfähig ist, irgendetwas •auszudrücken', was es auch sein möge: ein Gefühl, eine Haltung, einen psychologischen Zustand, ein Naturphänomen oder was sonst. Der Ausdruck ist nie eine imma-
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nente Eigenschaft der Musik gewesen — wenn die Musik etwas auszudrücken scheint, so ist dies Illusion und nicht Wirklichkeit." Das sind Grundsätze einer antiromantischen, die Musik als absolutes, in sich beruhendes Phänomen bestimmenden Ästhetik, wie sie so radikal und einseitig noch niemals formuliert worden waren. Aus ihnen folgt die Ablehnung der Inspiration und der "Willkür, die Schätzung der bewußten künstlerischen Arbeit, die Beschränkung der Rolle des Interpreten auf die korrekte, objektive Wiedergabe; es folgt auch die Rückkehr aus der atonalen Freiheit in die tonale Ordnung: „Komponieren bedeutet für mich, eine gewisse Zahl von Tönen nach gewissen Intervallbeziehungen zu ordnen. Diese Bemühung zwingt mich dazu, den Mittelpunkt zu suchen, an dem die Tonreihe zusammenläuft, die ich bei meiner Unternehmung verwende. Die Entdeckung dieses Mittelpunkts suggeriert mir die Lösung." Die Frühwerke freilich sind noch weit von diesem Ideal einer rationalisierten Musik entfernt. In ihnen sind die gärende, unberechenbare Wildheit, die Phantasiefülle und Farbenfreude des alten Rußland, die Urkraft einer dem Europäer fremden barbarischen Welt: als dunkelglühendes, märchenhaftes Kolorit im „Feuervogel", der noch der Nachfolge Rimskij-Korssakoffs angehört, als volkstümlicher, aber klanglich raffiniert verfeinerter Jahrmarktslärm, als Leierkastengedudel und rhythmischer Brio im „Petruschka", der auch Züge grotesker Ironie und Tragik enthält; als mythisches Grauen und urtümliche Naturkraft im „Sacre du Printemps", dem archaischen Tanzspiel von der erwählten Jungfrau, die in rauschhafter Zeremonie den Mächten des Frühlings zum Opfer dargebracht wird. Gerade dieses Werk macht deutlich, wie Strawinskys Begabung der Natur, der Erde verbunden ist, wie er die Magie atavistisch-heidnischer Bräuche zu beschwören weiß, wie er, gleich den Romantikern, Rausch und Ekstase zu entfesseln fähig ist. Aber seine Mittel sind denen der Romantik entgegengesetzt:
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der harte, starre, zur Dissonanz geschärfte Klang u n d der irreguläre, zu brutaler Gewalt gesteigerte R h y t h m u s . Die Partitür besteht aus einer Reihe von Tänzen, die alle aus primitiven, kurzen Themen entwickelt sind. Die Komplizierung ergibt sich aus der bitonalen Verschränkung der H a r m o n i e n und aus dem beunruhigenden, attackierenden Wechsel der Metren, der im Finale, dem heiligen T a n z der zum O p f e r Erwählten, seinen H ö h e p u n k t erreicht. Die Verbindung von Primitivität u n d Raffinement ist das Kennzeichen des Werkes, das an aufwühlender Wirkung in der gesamten Musikliteratur nicht seinesgleichen hat. Unter den Werken der Übergangszeit steht die „Geschichte vom Soldaten" obenan: zwiegesichtig als Konzeption, urrussisch'im Stoff, geladen mit schwarzer D ä m o nie, aber von prägnanter, fast eleganter Faktur, in der sich schon das Ideal klassischer Klarheit u n d Beschränkung anzeigt. Im Gegensatz zurrt Riesenorchester des „Sacre" genügen hier sieben Soloinstrumente: Geige u n d Kontrabaß, Klarinette und Fagott, T r o m p e t e u n d Posaune, Schlagzeug. Der Satz ist d ü n n u n d durchsichtig, die einzelnen Stücke, der frische Marsch des Soldaten, der pompöse Königsmarsch, der abschließende, in einen gespenstischen Leerlauf von Schlagzeugrhythmen ausklingende Triumphmarsch des Teufels sind v o n höchster Schärfe der Charakteristik, vollkommene Kostbarkeiten sind die drei Tänze, Tango, Walzer u n d Ragtime, die der Soldat der Prinzessin vorspielt, um sie zum Lachen, zum Leben u n d zur Liebe zu erwecken. Der Soldat, der seine Geige, das heißt seine Seele, dem Teufel verkauft, ist der Held des Stückes, das auf einer Bretterbühne gesprochen, gespielt u n d getanzt wird; die Singstimme ist ausgeschaltet. Ein Vorleser, der auf der Bühne sitzt, führt die Akteure wie Marionetten an den Fäden seiner Worte, der Dirigent, ebenfalls auf der Bühne, leitet in Hemdsärmeln sein kleines Orchester: ein Theater der A r m u t , das auf Illusion u n d D e k o r a t i o n verzichtet u n d
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das Musiktheater auf seine ursprünglichen, kärglichen Elemente zurückführt. Das Opern-Oratorium „Oedipus Rex" ist das programmatische Werk des Klassizismus. Eine antike Tragödie, zum Extrakt konzentriert, in der versteinten, jeden unmittelbaren Affekt ausschließenden lateinischen Sprache gesungen, von einem Ansager kommentiert, der im Frack unter die statuarischen, maskentragenden Heroengestalten tritt, vom Chor im antiken Sinne lyrisch vertieft. Der musikalische Ablauf ist in feste, klare Formen gefaßt, die Charaktere, der hochmütige, verblendete Oedipus, der ernste, starre Kreon, die stolze, lästernde Jokaste, sind, wie in der Barockoper, durch ariose Affektbilder geschildert. Die Tonalität ist, in ihren Mitteln und Möglichkeiten bereichert, in ihre alten Rechte wiedereingesetzt; das C-Dur der Arie Kreons, das g-Moll der Arie Jokastes sind Klangcharaktere von starker Einprägsamkeit. Der Rhythmus, oft zum monotonen Ostinato vereinfacht, bewährt vor allem in den Chorsätzen seine gliedernde und akzentuierende Kraft. Das Werk verkörpert in seiner Rationalität, Klarheit und Schlagkraft den romanischen Begriff von Klassik, es stellt auf der Opernbühne den Gefühlssteigerungen des romantischen Musikdramas den maßvollen, formbewußten Geist der französischen Tragödie entgegen. Das Ballett „Apollon musagète", ein klassisches Tanzspiel von der Geburt Apollos und seinem Umgang mit den Musen, w i r k t wie ein aufhellendes Nachspiel zur Tragödie; die Partitur, nur für Streicher gesetzt, bezaubert durch lichten, aller dunklen Kontraste entbehrenden Durklang und gibt dem Hörer den seltenen Eindruck reiner apollinischer Schönheit. „Persephone", die die Linie der klassisch-antikischen Schöpfungen fortsetzt, ist, schon auf Grund des poetiseli anspruchsvollen Gideschen Textes, mehr lyrischen Charakters. Der Naturmythos von der Demeter-Tochter, die dem Totenreich verfällt und im Frühling auf die Erde zurückkehrt, wird als Melodram behan-
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delt. Persephone wird von einer Sprecherin dargestellt, der Sänger Eumolpos, dem Tenor zugeteilt, lenkt als Erzähler das Geschehen, C h ö r e der N y m p h e n u n d der Schatten bilden den H i n t e r g r u n d ; die Musik hat die edle, stille Schönheit, die f ü r manche Partituren Glucks charakteristisch ist. Am Ende dieser Reihe steht das „Orpheus"Ballett von 1948. Die Partitur, die das Vorbild Monteverdis erkennen läßt, erhält ihr Kolorit durch die Harfe, die die Lyra des Sängers vertritt, u n d durch feierliche, das Totenreich charakterisierende Bläserklänge; an Schlichtheit und Würde bedeutet das "Werk den Höhep u n k t der Strawinskyschen Ballettkompositionen. Die „Psalmensymphonie" ist das erste größere geistliche Werk des Komponisten. H i n t e r dem Titel verbirgt sich ein C h o r w e r k , dessen drei Sätzen Bitt-, D a n k - u n d Lobpsalmen zugrunde liegen. Die Komposition ist v o n liturgischer Strenge u n d Einfachheit. Der erste Teil ist eine Lamentation, in ruhigen, gebundenen N o t e n zu gleichförmiger Begleitung gesungen. Im zweiten hat das Orchester wesentlichen Anteil mit einer von den Holzbläsern intonierten Fuge, die den Einfluß Bachs auf Strawinskys Schaffen spüren läßt. Der Schlußsatz steigert sich von leisem Psalmodieren zu einem Aufschwung, den ein aufsteigendes Dreiklangmotiv „Laudate eum in t i m p a n o et choro" bewirkt; der ruhig-ekstatische Ausklang über glockenartig schwingenden Bässen ist große, inspirierte geistliche Musik. Die zwei Symphonien, H ö h e p u n k t e des orchestralen Schaffens der Spätzeit, sind gegensätzlichen Charakters. Die der Zeit eigentümliche Skepsis gegen die SymphonieForm, die m a n als verbrauchtes Requisit der klassischromantischen Epoche empfand, hat Strawinsky lange zurückgehalten, ein Werk dieser Art zu schreiben. Als er sich endlich dazu entschloß, n a h m er sich die anspruchslose, unbeschwerte Form H a y d n s zum Vorbild und schuf eine kammermusikalisch feine, aus einem Dreinoten-Motiv h-c-g entwickelte, strikt auf die schlichte C - D u r - T o n a r t
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bezogene Komposition, deren Grazie nur durch die überraschende Schlußwendung des Finales, eine Folge choralartiger Bläserakkorde, einen Beiklang des Sakralen erhält. Bedeutender, in größerem Stile gehalten ist die „Symphonie in drei Sätzen". Hier gebraucht der Komponist die Form mit voller Unbefangenheit, er besinnt sich auf das dynamische, temperamentgeladene Musizieren seiner Frühzeit. Zwei bewegte Sätze, die Symphonie- und Konzertform kombinieren, schließen ein graziöses, durchsichtig gearbeitetes Andante ein. Klavier und Harfe werden als Soloinstrumente dem massierten Tuttiklang gegenübergestellt, woraus sich reizvolle, intime Wirkungen ergeben. Terz und Sexte sind die Leitklänge, aus denen sich Thematik und Harmonik herausbilden; von grotesker Wirkung ist eine von Posaune, Klavier und Harfe getragene polyphone Episode des Schlußsatzes, aus der sich die gewaltige, fast brutale Endsteigerung entwickelt. Hier hat sich der Komponist von dem altklassischen, kammermusikalischen Formideal losgelöst, das sonst seine Instrumentalmusik vom O k t e t t bis zum Dumbarton-OaksKonzert und zum Streicherkonzert in D überwiegend bestimmt hat. Daß Strawinsky sein Bühnenschaffen, das sonst überwiegend den streng stilisierten Formen des Balletts und des oratorischen Theaters gewidmet war, mit einer Oper traditionellen Charakters beschloß, mußte seine Mitwelt überraschen. Es entsprach aber dem regressiven Zuge, der dem Schaffen seiner klassizistischen Periode innewohnte. Wie er sich in seiner Instrumentalmusik Modelle der Vergangenheit wählte, um sie parodierend zu erneuern und weiterzubilden, so ist auch die Oper " T h e Rake's Progress" als der Versuch zu verstehen, die ideale Gestalt der Oper nach alten Vorbildern zu beschwören. Der leichtsinnige Held, Verschwender und Wüstling, den die Textdichter der Hauptfigur der Hogarthschen Stiche nachgezeichnet haben, hat mit D o n Giovanni, dem Kardinaltypus des Opernhelden, vieles gemeinsam. Aber er
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ist kein Verführer, sondern ein Verführter. Ihm ist ein mephistophelischer Genosse beigegeben, der Diener Nick Shadow, der ihn auf die Bahn des Lasters treibt, der seinen Geist vernichten, seine Seele aber nicht verderben kann; T o m Rake endet im Wahnsinn, aber die Liebe eines reinen Mädchens rettet ihn vor der Verdammnis. Das Bekenntnis zur Melodie, das Strawinsky in seiner Musikalischen Poetik ablegte, wird durch diese Partitur bekräftigt. Die Rückkehr zur traditionellen Oper bedeutet für den Komponisten die Rückkehr zur gesungenen Melodie. „The Rake's Progress" ist ausgezeichnet durch eine lyrische Kantabilität, die Strawinsky früher fremd war. Die Melodie aber ist eklektisch, in viel höherem Grade als etwa bei Richard Strauss. Sie ist eingewoben in einen dichten, farbenleuchtenden Orchestersatz, der seinerseits alle Formen der Oper von der Monteverdischen Entrada bis zur Verdischen Cabaletta zitiert. Aber die Musik ist auch da, wo sie Rückschau zu sein scheint, von überzeugender Ursprünglichkeit und natürlicher Schönheit; wo sie sich im Formalen modern gibt, wie in der kalten Stilisierung der Grabszene, der Höllenfahrt Nick Shadows, und in der oratorienhaften Ruhe der Irrenhausszene, greift sie ins Rätselhafte und Fragwürdige. Die Wendung zur seriellen Technik, die vor der letzten Schaifensperiode Strawinskys steht, darf keineswegs als eine Art von Widerruf früherer Uberzeugungen verstanden werden; eher ist sie aus dem Verlangen zu erklären, als Epilog und Anhang des eigentlich schon vollendeten Lebenswerkes nun auch diese, schon geschichtlich gewordenen Praktiken wie die Stilformen der alten Meister parodierend zu zitieren. Für die Musikgeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts bedeutet diese Wendung eine zukunftweisende Synthese, den Ausgleich zwischen zwei Stilwelten, die unvereinbar erschienen. Die „Threni", das Hauptwerk dieser Periode, „Lamentationes Jeremiae Prophetae", sind eine Komposition alttestamentarischer Verse von der Zerstörung Jerusalems und den Leiden der
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Gefangenschaft, die der kirchlichen Liturgie der Karwoche angehören. Die Struktur des halbstündigen Werkes ist durch eine zugrundeliegende Zwölftonreihe bis ins Einzelne bestimmt. Sechs Gesangssolisten, C h o r und großes Orchester sind aufgeboten, aber der Klang ist niemals massiert, der Reiz liegt im Wechselspiel kleiner Vokal- und Instrumentalgruppen. Unter den seriellen Spätwerken ist dieses zugleich das konsequenteste und das phantasievollste. Daß trotz der Bindung an die strenge Technik der charakteristische Klang einer Strawinsky-Partitur erhalten bleibt, daß darüberhinaus Historisch-Hintergründiges mitklingt, daß Erinnerungen an die feierlichen, von tiefen Männerstimmen gesungenen Litaneien der Ostkirche miteinfließen, das zeugt von der Souveränität in der Handhabung einer subtilen und abenteuerlichen Technik, von der ungeschwächten Kraft der künstlerischen Phantasie, über die der sechsundsiebzigjährige Komponist gebot. Nicht nur durch seine Begabung, auch durch seine Entwicklung und sein zeitbedeutendes geistiges Schicksal ist Igor Strawinsky zum anerkanntesten Repräsentanten unserer musikalischen^ Epoche geworden. M i t dem Maler Pablo Picasso, mit dem ihn eine Karikatur Jean Cocteaus in unauflösliche Gemeinschaft gebracht hat, ist ihm die proteische Wandlungsfähigkeit seiner künstlerischen Erscheinung gemein. Dennoch ist sein Lebenswerk eine Einheit, und die Verwandlungen des Unsteten waren vielleicht nicht so sehr Masken, aus Laune angelegt, wie Anpassungen an die Befehle, die das allgemeine Schicksal des bewegten Jahrhunderts der geistigen Individualität erteilte. Als Achtundzwanzigjähriger hat Strawinsky seine Heimat verlassen. Das Exil aus Rußland wurde zum Exil aus Europa. Immer weiter trieb ihn das Gesetz seiner Entwicklung von seinem Ursprung fort, immer freier stand seine Kunst in der abstrakten Sphäre des Geistes. Zur Tragik der Heimatlosigkeit kommt eine andere Negation, die von Anfang an bestimmend hinter seiner Kunst 13 Musik d. 20. J h d t .
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steht: die Ablehnung des Menschenbegriffs, den der Individualitätsglaube des neunzehnten Jahrhunderts geformt hatte. Der Mensch im Sinne von Beethoven, Wagner und Strauss hat für Strawinsky als Gegenstand der Kunst nie existiert. Im „Sacre" hat er ihn einer mythischen Zeremonie geopfert. Im „Petruschka" wurde er zur tanzenden Gliederpuppe, in der „Geschichte vom Soldaten" zum willenlosen Objekt einer dämonischen Dramaturgie, im „Oedipus R e x " zur starren, die Laute toter Sprache tönenden Statue, und selbst im Spätwerk „The Rake's Progress "ist er mehr Typus, Repräsentant als Individualität. Uber die Negationen triumphiert aber zu Anfang eine elementare, barbarisch-unbändige Produktivität, die sich als massiv-statische Harmonik, als irrationaler, aus konventionellen Symmetrien ausbrechender Rhythmus, als leuchtende, in Ikonenglut strahlende Klangfarbe bekundet; eine elementare, aus dem Osten in die europäische Kunst einfließende Substanz, die, zu äußerster Dichte konzentriert, mit dem „Sacre du Printemps", ein Jahr vor Ausbruch des in Revolution und Unordnung mündenden ersten Weltkrieges, dem westlichen Kulturbewußtsein den entscheidenden Choc versetzte. Dann, nach seiner Wandlung zum Europäer, ist es die konstruktive Kraft seines Geistes, die dem Werk Strawinskys Halt und Form gibt. Der Fanatiker der Ordnung, der sichere, klarsichtige Gestalter der Klangmaterie wird in ganz anderem Sinne zum Lehrer des Jahrhunderts, als es die Frühwerke ahnen ließen. Der Revolutionär wird zum Traditionalisten. Die Formen der europäischen Uberlieferung werden als Modelle nachgeahmt. Im „Oedipus R e x " werden die Toncharaktere der Barockoper neu erlebt, und damit wird zugleich das Gesetz der Tonalität in seiner historischen Würde für die Gegenwart neu aufgerichtet. Die Fuge der Psalmensymphonie beschwört Bach. Weber wird im Capriccio für Klavier und Orchester, Rossini im „Kartenspiel", Haydn in der Symphonie in C zitiert. Das alles ist ein Herandrängen an die Tra-
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dition, ein Sichmessen mit den sanktionierten Mustern der Vergangenheit, ein Werben um das Bürgerrecht in der Geistesgemeinschaft der abendländischen Musik. Und das späte Erproben der seriellen Technik ist nichts anderes als der unbeirrbare Wille, auch die letzte, äußerste Konsequenz der europäischen Tradition sich noch schöpferisch anzueignen. Gegen den jungen Strawinsky stand die Phalanx der Trägheit und des Rückschritts, gegen den reifen erhoben sich Stimmen aus den Kreisen der höchsten künstlerischen Intelligenz; der Zeitkritiker Theodor W. Adorno charakterisierte das Lebenswerk als einen Restaurationsversuch, dem etwas Gauklerisches anhafte. Unangefochten von allen Einwänden aber bleibt die Persönlichkeit, die sich um den Kern einer tiefen und wilden, aber beherrschten Dämonie gebildet und sich zu immer größerer Freiheit und Klarheit entwickelt hat. Und ebenso fraglos und gültig besteht die musikalische Potenz des Werkes, die in jeder stilistischen Maske und Verwandlung, in jedem noch so willkürlich erscheinenden Klang als ursprünglich und unabänderlich überzeugt. D A S J A H R Z E H N T DES A V A N T G A R D I S M U S
Als der erste Weltkrieg beendet war und durch die nachfolgenden Revolutionen in einigen Ländern neue politische und kulturelle Ordnungen geschaffen waren, brachen überall die während der Kriegsjahre gefesselten und aufgestauten Kräfte mit vervielfachter Gewalt los; es begann in ganz Europa eine Epoche allgemeiner schöpferischer Hochspannung, die als die eigentliche Geniezeit des zwanzigsten Jahrhunderts zu betrachten ist. Die Zeit war beherrscht von einem optimistischen Fortschrittsglauben, der, angeregt durch die vorwärtsdrängenden Erkenntnisse und Entdeckungen der technischen Welt, die Zukunft der Künste voller unausgeschöpfter, unabsehbarer Möglichkeiten sah; Futurismus wurde zum Programm. Der Wille, Neues zu schaffen, mit der Zeit Schritt zu halten, dem Jahrhundert eine eigene, den ver13*
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änderten soziologischen und individuellen Lebensbedingungen angepaßte Kunst zu geben, hatte seine tiefe Berechtigung. Man suchte eine Kunst, die der grauen, steinernen Landschaft der ungeheuer angewachsenen Großstädte, der Hast des modernen, zwischen Arbeit und Vergnügen geteilten Lebens entsprach, eine Kunst, deren Ausdrucksformen das Fühlen einer desillusionierten, an die nüchterne Wirklichkeit gebundenen Menschheit in sich faßten. Die Faszination der Technik und der Maschine w i r k t e ebenso in die Kunst hinein wie die Problematik des Massen- und Arbeitszeitalters; der Künstler wollte nicht mehr in der Abgeschlossenheit einer phantastischen Welt schaffen, er fühlte sich der Wirklichkeit, ihren Fragen und Nöten, verantwortlich. A k t u a l i tät, Beziehung auf Tag und Stunde w u r d e zur Forderung. Arbeiteraufstände, Boxkämpfe, Ozeanflüge wurden zu Themen des Musiktheaters, Hotelhallen, Bahnhöfe, Fabrikräume zu Schauplätzen, Manager, Stenotypistinnen, jazzspielende Negermusiker zu Akteuren. Mochte die Bindung der Kunst an den Tag zuweilen zur U n t e r w e r f u n g unter die Mode, zu Oberflächlichkeit und Banalität f ü h r e n : als Reaktion auf die weltfremde, nach innen gewandte R o m a n t i k w a r die Bewegung notwendig und fruchtbar. Schon f r ü h gab es Radikalisten, die um extreme Formulierungen bemüht waren. In Italien, der Wiege des Futurismus, erließ Luigi Russolo, Komponist eines Chorwerkes „ H y m n e an das Leben", im Jahre 1913 ein Manifest „Die Kunst des Geräuschs", das ein System musikfremder Geräusche aufstellte und die Kompositionsrichtung des Bruitismus, der Montage naturalistischer, ungeformter Klangvorgänge begründete, die viel später in der durch das Medium des Magnetophonbandes stilisierten „Musique concrète" eine bedeutsame Fortsetzung fand. Mit größter Konsequenz w a r der Franzose Edgar Varese bemüht, den Gedanken einer Musik des technischen Zeitalters zu verwirklichen. 1885 in Paris geboren,
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an der Schola c a n t o r u m zum Musiker gebildet, zugleich ein vollständiges Ingenieur-Studium absolvierend, ging er 1915 nach Amerika, wo er als tätiger Organisator f ü r die neue Musik wirkte. Seinen Kompositionen, die keineswegs utopische Experimente, sondern von starker u n d dauernder Faszination sind, liegen harte, brutale Klangvorstellungen zugrunde. Er verwendet überwiegend Schlaginstrumente, daneben Bläser u n d Geräuschquellen wie heulende Sirenen; die F o r m entsteht aus der Organisation des Rhythmus, der zu thematischen Gestalten verdichtet u n d analog der klassischen Kompositionstechnik verarbeitet wird. Sein H a u p t w e r k „Ionisation", eine Partitur für einundvierzig Schlaginstrumente, 1933 in N e w Y o r k aufgeführt, ist eine durch Rationalität überzeugende Organisation der Klangmaterie u n d mag als charakteristisches Klangdokumént des Maschinenzeitalters gelten. Mehr zu den modisch-ephemeren Erscheinungen dieser Richtung zählt der 1900 geborene Amerikaner George Antheil, der, als „Pianist-Futurist" mit Werken wie „Der Tod der Maschine" konzertierend, 1926 mit seinem „Ballett mécanique" in Paris einen Skandal erregte, 1930 in F r a n k f u r t am Main mit einer Oper „Transatlantic" Erfolg hatte u n d sich, was f ü r diesen nicht tief fundierten Typus bezeichnend ist, im Alter zu romantischen Klangidealen zurückwandte. In diesem Zusammenhang sind auch die Neuerer zu nennen, die das Tonmaterial selbst einer Revision unterzogen. Der Tscheche Alois Haba, 1893 in Wisowitz in Mähren geboren, teilte die O k t a v e in vierundzwanzig Vierteltöne, lehnte die klassischen Prinzipien der thematischen Arbeit und der auf Wiederholung beruhenden Symmetrie ab und lehrte schon 1923 in Prag, das vorübergehend eine Hochburg des musikalischen Fortschritts wurde, die Elemente einer Zukunftsmusik, die erst nach dem zweiten Weltkrieg wieder diskutiert wurde. Fern der Öffentlichkeit, fast unbemerkt, wirkte der Wiener Joseph Matthias Hauer, der, 1883 geboren, als eigenbrödlerischer
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A u t o d i d a k t schon im Jahre 1911, vor Arnold Schönberg, das Gesetz der Gleichberechtigung der zwölf H a l b t ö n e entdeckte u n d die überlieferte Tonalität durch die Konstruktion von vierundzwanzig „Tropen", modalen Tonkombinationen, ersetzte. Seiner ins Mystische greifenden Spekulation fehlte der U n t e r g r u n d einer vitalen schöpferischen Begabung. H e r m a n n Scherchen f ü h r t e 1928 sein H ö l d e r l i n - O r a t o r i u m auf, O t t o Klemperer 1930 Teile seiner „Salambo"-Oper. Der Erfolg blieb ihm versagt, er starb, längst vergessen, 1959 in seiner H e i m a t stadt. Wesentlich war aber, daß in diesen Jahren der Fortschritt in der Musik zu . einer realen, anerkannten und durch öffentliche Mittel gestützten Macht wurde. Im Jahre 1922 wurde in Salzburg die Internationale Gesellschaft f ü r Neue Musik gegründet, deren Vorsitz der englische Musikwissenschaftler Edward Dent führte; sie hatte ihren Sitz in London, gliederte sich in nationale Sektionen u n d veranstaltete jährlich Musikfeste, in denen ausschließlich zeitgenössische Kompositionen aufgeführt wurden. Schon 1921 war das württembergische Städtchen Donaueschingen, das in dem Fürsten Fürstenberg einen freigebigen Mäzen hatte, mit einem Fest der modernen Musik vorangegangen, das dem jungen Hindemith und Krenek Resonanz verschaffte. Die Donaueschinger Musikfeste, die zeitweilig nach Baden-Baden verlegt wurden und nach dem zweiten Weltkrieg an ihrer ursprünglichen Stätte wieder auferstanden, waren eine vielbeachtete Arena neuer Musik. Zugleich bildeten sich die Interpreten, die dieser Musik Resonanz verschafften; Dirigenten wie O t t o Klemperer (geboren 1885), H e r m a n n Scherchen (1891) u n d Hans Rosbaud (1895) wirkten als überzeugte, unermüdliche V o r k ä m p f e r der neuen Musik. Im Eintreten f ü r das Neue f a n d die Musikkritik, die längst durch die W o r t f ü h r e r der großen Zeitungen zu einer Macht der Öffentlichkeit geworden war, eine bedeutende, den journalistischen Elan mächtig steigernde A u f gabe. Sie rief damit wieder die Verteidiger des Alten auf
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den Plan, u n d das öffentliche, zuweilen politisch verschärfte Streitgespräch der Fortschrittler u n d der Konservativen war das unerschöpfliche Thema, das das musikalische Tagesschrifttum des J a h r h u n d e r t s beherrschte. Die Musiker, die nicht als Radikalisten aus dem Bereich der geformten, geordneten Musik ausbrachen, fanden in der klaren, kühlen Tonsprache des neuen Klassizismus das Medium, das dem Bedürfnis nach Aktualität u n d Wirklichkeitsnähe genügen k o n n t e und das u n t e r der Devise „Sachlichkeit" bald zum Instrument einer ernüchterten, in den Alltag der realen Welt hinabsteigenden Kunst wurde. N a t u r g e m ä ß war es in Frankreich, wo der romantischen Emphase bewußt u n d entschieden der Kampf angesagt und, unter Berufung auf Erik Satie, die neue Kunst zum P r o g r a m m gemacht wurde. Im Jahre 1920 veröffentlichten sechs junge Musiker in Paris eine Erklärung, in der sie „Gleichgewicht von Gefühl und Vern u n f t " , Besinnung auf die klassische französische Tradition, Verzicht auf C h r o m a t i k , A b w e n d u n g von Schönberg als dem Vollender der R o m a n t i k , Wiedereinsetzung der diatonischen H a r m o n i k u n d der Tonalität als des Grundprinzips der musikalischen Architektur f o r d e r t e n : die „Groupe des Six", eine der einflußreichsten stilbildenden Künstlerverbindungen der Epoche, war geschaffen; Darius Milhaud, A r t h u r Honegger, Francis Poulenc, Georges Auric, Germaine Tailleferre und Louis Durey, an dessen Stelle bald der Literat Jean Cocteau trat, waren die Mitglieder. Mochte die Gruppe, die in ihren Mitgliedern sehr verschiedenartige künstlerische N a t u r e n zusammenfaßte u n d sich n u r durch eine einzige Gemeinschaftsarbeit, eine Ballettmusik nach einem Szenarium Cocteaus, im Jahre 1921 praktisch manifestierte, bald wieder auseinanderfallen und verschwinden: durch die Klarheit ihrer programmatischen Formulierung hat sie musikgeschichtliche Bedeutung gewonnen. Ihre Mitglieder entwickelten sich weiter nach persönlichem Gesetz und in
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Richtungen, die zum Teil weit von den Grundsätzen des Programms hinwegführten. Die stärkste und vielseitigste schöpferische Potenz des Kreises verkörperte sich in Darius Milhaud, dessen riesiges, aus unbedenklicher Naivität strömendes Schaffen zu den repräsentativen Leistungen der französischen Musik gehört. Milhaud wurde am 4. September 1892 in Aixen-Provence geboren, studierte in Paris bei Widor und d'Indy, ging 1917 als Begleiter des Dichters u n d Diplomaten Paul, Claudel nach Brasilien, wo er entscheidende Eindrücke südamerikanischer Folklore erhielt. Später lebte er meist in Paris, die Jahre des zweiten Weltkriegs verbrachte er in Amerika. Das helle Licht der Provence ist der G r u n d k l a n g der Musik Milhauds, der von sich gesagt h a t : „Heimatland und Heimatstadt sind wahrlich keine leeren W o r t e f ü r mich, u n d W o r t e wie lateinisch' und .mediterran' wecken in mir einen tiefen Widerhall." Sein Schaffen ist universal und u m f a ß t ein halbes Tausend verschiedenartiger Werke, Kammermusik, Symphonien, Bühnenwerke. Er bedient sich aller Formen u n d G a t t u n gen mit gleicher Unbefangenheit u n d Leichtigkeit; er hat gelegentlich den Katalog eines Blumenzüchters u n d einen Prospekt landwirtschaftlicher Maschinen als Inspirationsquelle benutzt und hat einmal zwei Streichquartette geschrieben, die man sowohl nacheinander wie zu gleicher Zeit als O k t e t t spielen kann. Sein Stil gründet sich auf die lyrisch-gesangliche Melodie, sein starker Sinn f ü r Kolorit liebt polytonale W i r k u n g e n ; das Musizieren in verschiedenen T o n a r t e n ist der Schlüssel seiner H a r m o nik. Hochbedeutendes hat Milhaud auf dramatischem Gebiet geleistet. Seine O p e r „Columbus" nach einer Dichtung Paul Claudels, die 1931 in Berlin u r a u f g e f ü h r t wurde, ist ein historisch-religiöses Mysterium. Es behandelt die Entdeckung Amerikas durch Columbus, den Beauftragten Gottes, die Niederlage der heidnischen, mexikanischen Götzen u n d den Sieg des katholischen Glaubens; die Musik ist farbige, phantastische Illustration
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u n d berauschende E r h ö h u n g des Theaters zu hymnischer Feier. In „Maximilian" u n d „Bolivar" hat Milhaud amerikanische Stoffe bearbeitet. Seine Musik zur „Orestie" des Aischylos in der Ü b e r t r a g u n g Claudels imponiert durch Stilstrenge u n d Dramatisierung des R h y t h m u s . Andererseits hat er in dem veristischen Einakter „Der arme Matrose" und in den „Opéras minutes" musikdramatische K u r z f o r m e n geschaffen, die in äußerstem Gegensatz zu den monumentalen historischen Konzeptionen stehen. Arthur Honegger, der gleichaltrige, 1892 in Le H a v r e geborene Schweizer, ist Milhaud als künstlerischer Charakter in jedem Sinne entgegengesetzt; er ist das Mitglied der G r u p p e der Sechs, dessen Schaffen am wenigsten mit dem P r o g r a m m harmoniert. Auch er ist in Paris gebildet, die Lehrer Milhauds waren auch die seinen. Aber er blieb stets der deutschen Musikkultur verbunden, verehrte Bach als Vorbild k o n s t r u k t i v e n Denkens u n d öffnete sich romantischen Einflüssen. Seine schwerblütige alemannische N a t u r u n d der philosophische Ernst seines Geistes verleugneten sich niemals und warfen auf seine späteren Lebensjahre tragische Schatten. Schon seine ersten Werke legten die auseinanderstrebenden Linien seines Schaffens fest. Auf das geistliche O r a t o r i u m „König David", das 1921 seinen Ruf begründete, folgte 1923 „Pacific 231", ein Stück symphonischer Programmusik, das die F a h r t einer Schnellzuglokomotive m i t einem Realismus schildert, der in die N ä h e der Geräuschmusik zu f ü h r e n scheint u n d doch musikalisch-fugenhaft gebunden ist. Das kurze Stüde, dem Stoff nach avantgardistische Musik des Maschinenzeitalters, der F o r m nach k a u m über die Strauss'sche Symphonische Dichtung hinausgehend, wurde Vorbild vieler Film- und Funkmusiken. Honegger verfolgte diese Linie weiter bis zur Sportsymphonie „Skating R i n k " (Rollschuhbahn). Die mystische Seite seines Wesens aber entwickelte sich in der Berührung mit dem Dichter Paul Claudel. 1935 entstand nach Bearbei-
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tungen des „ J u d i t h " - u n d „Antigone"-Stoffes u n d dem O r a t o r i u m „Weltenschrei" das szenische O r a t o r i u m „Johanna auf dem Scheiterhaufen", ein Spiel u m die gotisch-schwärmerische Gestalt der unglücklichen Jeanne d'Arc, eine farbig-dekorative Musik von echter ekstatischer Kraft. Von Honeggers symphonischem Schaffen hat die „Symphonie liturgique", in der sich religiöses Erleben in romantischer Ausdrucksform mitteilt, den stärksten Widerhall gefunden. A r t h u r Honegger starb am 27. N o vember 1955, resigniert u n d dem fröhlichen Aktivismus seiner Frühzeit längst entwachsen. Keinem der Sechs glückte die Realisierung des Programms so vollkommen, wie dem 1899 in Paris geborenen Francis Poulenc. Der kühle Esprit, die zur Schau getragene G e f ü h l l o s i g k e i t seiner elegant-verspielten Klavierstückchen bedeuteten in der Zeit des hochentwickelten Expressionismus Revolution, sie nahmen dem sich zum Klassizisten wandelnden Strawinsky gleichsam das W o r t aus dem Munde. Der Snobismus der „Rhapsodie nègre", deren Gesangspart in der unablässigen Wiederholung des Wortes „Honolulu" auf vier ostinaten Noten bestand, vertrat das Ideal einer mondänen, spielenden Musik, einer Kunst des Salons, die die Themen der Zeit mit leichter H a n d anrührte, ohne sie erschöpfen zu wollen. Der gallische Geist ist durch diesen echtbürtigen Pariser wieder in der Musik zur Geltung gebracht w o r d e n ; als Meister eines verspielten Infantilismus ist der junge Poulenc zu einer musikgeschichtlichen Figur geworden. Die H a n d schrift der Frühwerke, klare Tonalität, geläufige Motorik, prägnanter U m r i ß der Formen, kennzeichnet auch den späteren Poulenc, aber die Inhalte seines Schaffens wandeln sich. In dem „Concert champêtre" für Cembalo und Orchester von 1928 wird er zum Traditionalisten, der an Couperin a n k n ü p f t , in dem Konzert f ü r zwei Klaviere u n d Orchester ist er u m größere klassische F o r m bemüht. A m Ende hat Poulenc auch die Wendung zum ReligiösMystischen, die das Schicksal der gesamten französischen
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Musik um 1940 war, noch mitgemacht. Zu seinen Spätwerken gehören ein Stabat mater und die Oper „Gespräche der Karmeliterinnen", die 1957 in Mailand aufgeführt wurde; sie gründet sich auf Georges Bernanos' Erzählung von dem Martyrium glaubenstreuer Nonnen, die singend das Schafott der Revolution besteigen. Georges Auric (geboren 1899) und Germaine Tailleferre (geboren 1892) brachten es nicht zu selbständiger Bedeutung. Außerhalb des Kreises der Sechs, aber auf ähnlichen Wegen wirkten der 1890 in Paris geborene Jaques Ibert, der Opern, Ballette und Instrumentalmusik schrieb, der 1896 geborene Jean Rivier, der als Symphoniker bekannt wurde, und der 1912 in Le Mans geborene Jean Franqaix, ein Schüler Nadia Boulangers, der das Handwerkszeug des klassizistischen Stiles schon fertig übernahm und durch die Glätte und Eleganz seiner Kompositionen auffiel. Seine Kammermusik, seine Konzerte und Opern („Le diable boiteux") sind gefällig mit leichter Hand gesetzt, seine Klavierstücke „Portraits des jeunes filles" sind als Zeitdokument, als charmante, leicht parodistische Huldigung an moderne Frauentypen berühmt geworden; auch dieser der Vertiefung sonst abgeneigte Musiker hat in dem Oratorium „Die Apokalypse des heiligen Johannes" die religiöse Musik in sein Schaffen einbezogen. Der Komponist und Organist Marcel Dupre (geboren 1886) wirkte wie der Kontrapunktist Daniel Lesur (geboren 1908) als Lehrer. Als Komponisten geistlicher Musik traten Jehan Alain (1911 bis 1940) und Henry Dutilleux (geboren 1916) hervor. In Italien wurde der 1883 in Turin geborene Alfredo Casella zum Wortführer des Neoklassizismus. Der französischen Musik verdankte er, der bei Gabriel Faure studierte und bis 1915 in Paris als Pianist, Dirigent und Lehrer tätig war, starke Anregungen; mit zunehmender Reife wurde er, ein hochgebildeter, mit der .historischen Vergangenheit vertrauter, auch als Schriftsteller und Organisator tätiger Musiker, zum bewußten Verfechter
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eines italienischen Nationalstiles, der sich entschieden von der romantisch-veristischen Tradition absetzte und seine Vorbilder im Barock, bei Scarlatti und Vivaldi suchte. Casella hat die Symphonie, die Suite, Serenade und die Konzertform gepflegt; Titel wie „Scarlattiana" und „Paganiniana" zeugen von der Vergangenheitsbeziehung seiner Kunst. Sein Stil ist, vor allem in seiner gegen 1925 einsetzenden Reifezeit, Strawinsky verpflichtet; freie, gelockerte Tonalität, Eleganz der Form, rhythmische, durch den Elan alter italienischer Tanzformen genährte Beweglichkeit, Sinn für blendende und virtuose Wirkungen sind für ihn charakteristisch. Seine Gozzi-Oper „La Donna Serpente" knüpft an die Buffotradition an, das Ballett „La Giara" zitiert sizilianische Volksmusik. Wesentlich ist aber, daß Casella, wie seine ganze Generation, das unbedingte Vorrecht der Oper in Italien gebrochen und die Erneuerung der Musik aus den lange verschütteten Quellen der alten instrumentalen Kultur versucht hat. Damit glich sich die italienische Musik der allgemeinen europäischen Entwicklung an, sie büßte an Naivität ein, gewann aber an Geist und an formaler Varietät. Casella starb 1947 in Rom, wo er jahrzehntelang in repräsentativer Funktion gewirkt hatte. Von den Jüngeren hat vor allem der 1904 in Zagarolo geborene Goffredo Petrassi Casellas Stilprinzipien weiter verfolgt; seine neobarocken Instrumentalkonzerte, seine an die polyphone Kultur der Renaissance anknüpfenden Chorwerke, seine Opern und Ballette sind charakteristische Erscheinungen der neuen italienischen Musik. Näher an der romantischen Tradition blieben Georgio Federico Ghedini (geboren 1892), Komponist von Opern und Instrumentalwerken, und der bedeutende, ernste, auf historische Stilformen und archaische Tonsysteme zurückgreifende Ildebrando Pizzetti, der, 1880 in Parma geboren, als Lehrer in Florenz, Mailand und Rom wirkte und unbeeinflußt von Zeitmoden in ruhiger Entwicklung einen charaktervollen Personalstil ausbildete. Er teilte seine
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Schaffenskraft zwischen Instrumentalwerken von noblem, ruhig-gemessenem Klang und Opern, die biblische und historische Stoffe bevorzugen; „Fedra" von 1915, nach einem Drama des Dichters Gabriele d'Annunzio, „Fra Gherardo" von 1928 waren die erfolgreichsten, noch 1957 fand der Siebenundsiebzigjährige mit einer Vertonung von T. S. Eliots Drama „Mord in der Kathedrale" Beachtung. Die bedeutendste, umfassendste Erscheinung in dieser Generation italienischer Komponisten ist der 1882 geborene Venetianer Francesco Malipiero. Als Schüler Enrico Bossis war er der alten Tradition der Sakralmusik verbunden; seine enge Beziehung zur Vergangenheit bezeugte er auch durch die Bearbeitung der Gesamtausgaben der Werke Monteverdis und Vivaldis. Sein Schaffen ist Wiederbelebung der Phantastik und Bildkraft des musikalischen Barock, aber diese Wiederbelebung wird durch moderne, oft radikal moderne Mittel bewirkt. Er liebt Werktitel, die in die Vergangenheit zurückweisen; die Streichquartette „Rispetti e Strambotti" und „Cantari alla Madrigalesca" sind mit Renaissance-Erinnerungen gespeist, die erste seiner sieben, mit programmatischen Uberschriften versehenen Symphonien behandelt, wie ein Werk Vivaldis, die vier Jahreszeiten. Aber sein musikalischer Stil verwendet die Einflüsse des Impressionismus, mit dem Malipiero als Dreißigjähriger in Paris in Berührung kam, und bildet sie im Sinne eines starken, für die italienische Musik ungewöhnlichen Ausdruckswillens, mit der Tendenz zum Phantastischen, Grotesken und Nächtlich-Unheimlichen weiter; man kann Malipiero geradezu als den Vertreter eines italienischen Expressionismus bezeichnen. Diese Wesensseite entfaltete sich vor allem in der dramatischen Musik. Malipieros reiches Bühnenschaffen ist von d'Annunzio, Shakespeare, Calderon, Goldoni, von der Commedia dell' Arte inspiriert; „I.'Orfeide", „San Francesco d'Assisi", „II Mistero di Venezia", „Antonio e Cleopatra", „Giulio Cesare", „La
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vita é sogno", „I Capricci di Callot" sind die bekanntesten Titel. Alle seine O p e r n verleugnen mit Entschiedenheit den Verismus als die Kunst v o n gestern u n d sind t r o t z ihrer Vergangenheitsbeziehung erfüllt von der geistigen Problematik der Zeit; so k o m m t es, daß Malipiero von den Meistern seiner Generation Jüngeren wie Luigi Dallapiccola und Mario Peragallo, die sich zur Nadifolge Schönbergs bekannten, innerlich am nächsten steht. Als Lehrer wirkte Malipiero, der auch auf dem Gebiete der geistlichen Musik Bedeutendes geleistet hat, in Parma, Padua und in seiner Heimatstadt Venedig, deren phantastischen, träumerisch-mysteriösen Geist er in der Musik unseres Jahrhunderts verkörpert. DIE MUSIK DES SOWJETISCHEN RUSSLAND Die Musikentwicklung im europäischen Osten läuft, so sehr sie sich durch stärkere Ursprünglichkeit, durch die Fülle neu andringender, unverbrauchter Kräfte, die sich in den Werken vor allem der russischen und ungarischen Komponisten verkörpern, von der westlichen Kultur unterscheidet, doch in wesentlichen Zügen mit dieser parallel. Was im Westen unter der Flagge des Neoklassizismus segelte, wurde im Osten, den örtlichen Bedingungen entsprechend modifiziert, unter der staatlich ¡autorisierten Formel des Realismus zusammengefaßt. Beiden Richtungen war gemeinsam das Bekenntnis zur mehr oder weniger erweiterten Tonalität sowie der Gebrauch überlieferter, einfach-übersichtlicher Formen, die von den Neoklassizisten ironisch verspielt, von den Realisten mit vollem lyrischen Ernst erfüllt wurden; beide Richtungen wirkten im Verhältnis zum Radikalismus der Schönbergschule regressiv. In den Ländern des sowjetischen Einflußbereichs verstand man unter Realismus eine wirklichkeitsnahe, lebensgläubige Kunst von optimistischer Grundhaltung, die aus volkstümlichen Quellen gespeist wurde und zur Allgemeinverständlichkeit verpflichtet war; Experimente und Komplizierungen wurden als „Formalismus", als Kenn-
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zeichen bürgerlicher Luxuskunst verpönt. Aus diesen Prinzipien erwuchs im musikalischen Bereich eine traditionell bestimmte, durch folkloristische Elemente charakterisierte Volks- und Massenkunst, die den individualistischen Schöpfungen des Westens ergänzend und mäßigend zur Seite trat. Serge Prokofieff, der ältere Hauptmeister der sowjetrussischen Musik, hat sich erst auf Umwegen in den östlichen Kulturkreis, dem er durch Geburt angehörte, auch geistig hineingefunden. Seine Entwicklung entspricht anfänglich ganz der des um neun Jahre älteren Igor Strawinsky. Auch Prokofieff, der am 23. April 1891 im ukrainischen Gouvernement Jekaterinoslaw als Sohn eines Gutsverwalters geboren wurde, wuchs im vorrevolutionären Petersburg auf, studierte unter anderem bei Rimskij-Korssakoff, begegnete auf seiner ersten Auslandsreise in London Diaghilew und wurde von ihm entscheidend beeinflußt. Im Jahre 1916 verursachte er mit seiner „Skythischen Suite" in Petersburg einen Konzertskandal, der dem Pariser Sturm um Strawinskys „Sacre du Printemps" nur wenig nachstand. 1918 verließ er Rußland und wurde, in Japan Amerika, Deutschland und Frankreich lebend, zum Kosmopoliten. Die Werke dieser Zeit haben ihn in der Welt bekannt gemacht. Der junge Prokofieff entzückte durch geistige Grazie, durch Ironie und Sarkasmus, er war ein unproblematischer, unbelasteter Genosse des anspruchsvolleren, radikaleren Strawinsky. Seine erste Symphonie, als „Symphonie classique" etikettiert, darf geradezu als Programmwerk des Neoklassizismus gelten: ein heiteres, zündend rhythmisiertes, fein instrumentiertes Werkchen in traditioneller Viersätzigkeit, das wie eine Haydn-Parodie wirkt. Von seinen Opern hatte vor allem die heitere Gozzi-Vertonung „Die Liebe zu den drei Orangen", 1921 in Chicago uraufgeführt, nachhaltigen Erfolg; ein Frühwerk, die Dostojewski-Oper „Der Spieler", verschwand von der Bühne, „Der feurige Engel", 1925 vollendet, wurde erst spät aufgeführt. Dem Klavier hat er, der selbst
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ein Pianist von brillanter, geschmeidiger Technik und eigenwilligem, wilden Temperament war, einen wesentlichen Teil seiner Schaffenskraft gewidmet. Die kleinen Formen der „Sarkasmen" und der „Visions fugitives", in denen sich das Erlebnis der russischen Revolution spiegelt, enthalten eine Fülle von Phantasieblitzen und scharfumrissenen Stimmungsbildern. Von den acht Klaviersonaten hat die einsätzige dritte ihren Platz in den Konzertsälen, von den fünf Klavierkonzerten gehört das dritte in C-Dur, das schon 1917 entstand, zu den meistgespielten, virtuos wirkungsvollsten Werken der modernen Musik. Die entscheidende Wendung in seiner Entwicklung geschah im Jahre 1934: Prokofieff kehrte aus der Fremde nach Rußland zurück. Die Motivierung dieses Schrittes, die er gesprächsweise einem Freunde gegenüber gegeben hat, ist ein ergreifendes Bekenntnis: „Die Luft der Fremde bekommt meiner Inspiration nicht, weil ich Russe bin. Meine Landsleute und ich tragen unser Land mit uns herum. Natürlich nicht das ganze, sondern nur ein klein wenig, gerade so viel, daß es zuerst ein klein wenig schmerzt, dann immer mehr, bis wir zuletzt daran zerbrechen. Ich muß zurück. Ich muß mich wieder in die Atmosphäre meines Heimatbodens einleben. Ich muß wieder wirkliche Winter sehen und den Frühling, der ausbricht von einem Augenblick zum andern. Ich muß die russische Sprache in meinem Ohr widerhallen hören, ich muß mit den Leuten reden, die von meinem eigenen Fleisch und Blut sind, damit sie mir etwas zurückgeben, was mir in der Fremde fehlt: ihre Lieder, meine Lieder." Der Musiker, der diese Worte sprach, wurde zu einem ausdrucksmächtigen Verkünder des Russischen in der Musik. Er nahm den Widerruf seiner früheren Überzeugungen auf sich; in einer Erklärung aus dem Jahre 1948 bekannte er, sich der Atonalität schuldig gemacht zu haben, und versprach: „Ich werde nach einer klaren musikalischen Sprache suchen, die meinem Volke verständlich und lieb ist." Für den Stil seiner späteren Lebenszeit ist die f ü n f t e Symphonie, sein Opus
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100 aus dem Jahre 1945, charakteristisch, ein Werk von ungeheueren Dimensionen, voll schwerblütiger Melodik und satter, üppiger Harmonie, von dunkler Klangfülle, charakterisiert durch tiefe Streichinstrumente, Fagotte, Posaunen und die o f t solistisch hervortretende, in abgründige Regionen hinabtauchende Kontrabaßtuba, dabei von lauter, drastischer Fröhlichkeit im optimistisch ausschwingen • den Finale. Bedeutsam sind ferner die satirische Orchestersuite „Lieutenant Kije", die Ballette „Romeo und Julia" und „Cinderella", das symphonische Kindermärchen für Sprecher und Orchester „Peter und der W o l f " und die Tolstoi-Oper „Krieg und Frieden", die während des zweiten Weltkriegs entstand. Als Serge ProkofiefF am 8. März 1953, einundsechzigjährig, in Moskau starb, hinterließ er ein Gesamtwerk von 131 Opuszahlen, das Opern und Ballette, sieben Symphonien, Instrumentalkonzerte und vielerlei Kammermusik umfaßt. Der Stilbruch, der sich aus der Rückkehr aus der westlichen in die östliche Kunstsphäre ergab, hat seine Produktivität nicht entscheidend beeinflußt; so verschieden die Werke seiner beiden Lebenshälften sich geben, in allen lebt die gleiche Naivität einer musikalischen Elementarbegabung, die weniger von geistigen Entscheidungen als von naturhaften Gesetzen und Bindungen bestimmt ist. Überwiegen in der Frühzeit die phantastischen, skurrilen Züge, die ihn o f t als Satiriker erscheinen lassen, so wächst er später zu einer ernsten, o f t dunklen Größe, die urtümliche K r a f t mit lyrischem Pathos verbindet und sich in uferloser Weite der Formen und im Aufwand gewaltiger Klangmassen bezeugt. An der Ausbildung des offiziellen, realistisch-folkloristischen sowjetischen Musikstils, der die kurze Periode des Avantgardismus im ersten Jahrzehnt nach der Revolution ablöste, sind vor allem Nikolai Mjaskowski (geboren 1881), Komponist von fünfundzwanzig Symphonien und Lehrer am Moskauer Konservatorium, und Reinhold Gliere (geboren 1876) beteiligt, der in seinem Ballett „Roter Mohn" die Revolution verherrlichte. Neben Yuri Schaf orin (ge14 Musik d. 20. Jhdt.
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boren 1889), der auf spätromantischem Boden verharrte, Wissarion Schebalin (geboren 1902), der vier Symphonien, K a n t a t e n u n d Kammermusik schrieb, Iwan Dscherschinski (geboren 1909), der Michael Scholochows R o m a n „Der stille D o n " zur Oper verarbeitete, sind vor allem Dimitri Kabalewski (geboren 1904), Autor von drei Symphonien, und Ar am Khatschaturian (geboren 1903), der in seinen Symphonien, Instrumentalkonzerten und Balletten südrussische und armenische Volksmelodik verwendet, erwähnenswert. Die weitaus bedeutendste Erscheinung unter den Jüngeren ist Dimitri Scbostakowitsch, der heute f ü r die Welt die Musik des sowjetischen R u ß l a n d repräsentiert. Er wurde am 25. September 1906 in Petersburg geboren, studierte, durch ungewöhnliche, f r ü h entwickelte Begabung auffallend, bei Maximilian Steinberg u n d Alexander Glasunow und schrieb mit neunzehn Jahren seine erste, äußerst erfolgreiche Symphonie, der bisher zehn weitere gefolgt sind. In jungen J a h r e n stand er unter dem Einfluß der westeuropäischen Moderne. Sein Schaffen ist bis zur Mitte der dreißiger J a h r e ein Experimentieren, in dem Verschiedenartiges nebeneinandersteht. Die dritte Symphonie, die in einen Schlußchor mündet, ist zur Feier des 1. Mai geschrieben, die Ballette „Das goldene Zeitalter", „Der Bolzen", „Der klare Strom" behandeln politische Themen. In der Oper „Lady Macbeth von Minsk", die 1934 mit großem Erfolg in Moskau u r a u f g e f ü h r t w u r d e u n d als erster Abend einer Tetralogie gedacht war, behandelt er, auf einem R o m a n Leskows fußend, die bürgerliche Dekadenz in einer Kleinstadt des bürgerlichen R u ß l a n d : die H e l d i n K a t a r i n a Ismailowa ermordert ihren schwachsinnigen M a n n und ihren lüsternen, ihr nachstellenden Schwiegervater, um sich hemmungslos ihrem Geliebten, dem Knecht Sergej, hinzugeben. Die Verbrechen werden entdeckt, das P a a r wird nach Sibirien v e r b a n n t ; als Sergej sie mit einer Prostituierten betrügt, ertränkt K a t a r i n a die Rivalin und sich selbst. Dieses düstere, anklägerische Sittenbild ist mit einer psycho-
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logisierenden, affektgeladenen Musik untermalt, die den Kontrast von zügelloser Lust und, Zerknirschung zu krassen Wirkungen übersteigert. Daraufhin erfolgte im Jahre 1936 der erste offizielle Angriff auf den Komponisten, dem Formalismus, Vorliebe, für Dissonanzen und Sympathie mit westlicher Dekadenz, vorgeworfen wurden. Schostakowitsch ließ seine vierte, schon fertige Symphonie unaufgeführt und bekannte sich mit der fünften, die das Thema der Festigung einer Persönlichkeit behandelt, 1937 zur künstlerischen Doktrin der Partei. Die kritischen Anklagen, die das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei 1948 gegen ihn, Prokofieff und andere Komponisten erhob, haben seinen Stil nicht mehr wesentlich verändert. Seine späteren Symphonien — sie bilden neben Kammermusik, Opern, Balletten, Kantaten das Schwergewicht seines Gesamtwerkes — sind alle der klassischen Form verpflichtet; die Verwandtschaft mit Gustav Mahler ist o f t hervorgehoben worden, sie ist aber nur äußerlicher Art; mit dem metaphysischen Idealismus des österreichischen Symphonikers hat die wirklichkeitsgebundene Kunst des Russen nichts zu tun. Seine siebente und achte Symphonie, von Kriegsereignissen inspiriert, behandeln patriotische Themen. Die neunte ist ein heiteres Intermezzo, die zehnte, 1953 vollendet, ist gleich der fünften ein exemplarisches Werk von großen Dimensionen. Unbekümmert um die Krisen und Revolutionen der westlichen Musikwelt pflegt der Komponist auch hier noch die überlieferte Form. Auch f ü r ihn gilt der Verlust der Melodie, der individuellen thematischen Gestalt, der eines der Probleme der musikalischen Moderne ist. Seine Themen sind gesichtslos, konturlos, allgemein und unpräzisiert. Dennoch ergibt sich aus ihnen die symphonische Spannung. Diese Zehnte scheint ein Programm in sich zu bergen. Der erste Satz wirkt wie Nachhall oder Ahnung beängstigender Katastrophen. Der zweite ist Konzentration brutaler K r a f t , Bläserchöre singen die einfachen, kunstlosen Melodien der Masse. Der dritte Satz, düster, verhalten und grotesk, erhält durch ein geheimnisvolles, 14*
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hartnäckig wiederholtes und endlich fern verklingendes Hornsignal romantische Züge, der vierte scheint den Sphärentanz der Mozartschen Es-Dur-Symphonie auf die schwere Erde hinabzuziehen. Das Kolorit schwelgt in extretnen Tönungen. Bässe, Kontrafagott und Kontrabaßtuba malen in tiefem, düsterem Schwarz, von dem sich die grellen Lichter der Piccoloflöten umso schärfer abheben; im Sturm der Pauken und Trommeln, der schmetternden Blechbläser-Steigerungen behalten doch auch die zarten Klarinetten und Oboen ihre lyrische, ausdrucksvolle Stimme. Das W e r k ist ein typisches Beispiel einer Kunst, über deren Qualität zu streiten sein m a g ; ihre V i t a l i t ä t ist unbezweifelbar. Sie ist Dokumentation eines neuen Lebensgefühls, eines entindividualisierten, in die Gemeinschaft aufgehenden Menschentyps, sie ist eine Realität, die Auseinandersetzung fordert. BELA BARTÓK
Wenn Béla Bartók, das Genie der ungarischen Musik, gesondert zu behandeln ist, so ist es darum, weil er in unerhört folgerechter, kompromißloser Entwicklung über alle lokalen, nationalen Beziehungen hinauswuchs, weil er seinen Gesinnungsgenossen und Mitarbeiter bei der Erforschung der ungarischen Volksmusik, Zoltän Kodäly, weit hinter sich ließ und, Schönberg und S t r a w i n s k y fast gleichgeordnet, zu einem Anreger und Wegweiser von Weltgeltung wurde, dessen W e r k zu den absoluten Werten der Musik unseres Jahrhunderts gehört. W i e der Russe Strawinsky, so brachte auch der Ungar Bartók die Substanz einer starken, unverbrauchten Volksmusik mit; am Anfang seines Schaffens steht die Entdeckung und wissenschaftliche Aufzeichnung der ungarischen Bauernlieder und -tänze mit ihrer pentatonischen Melodik, ihrem einfachen Strophenbau und ihren hartnäckig festgehaltenen Rhythmen, ihre Befreiung von der zigeunerischen Übermalung und ihre Einteilung in die drei Gruppen der archaischen, aus Asien stammenden, der germanisch und slowakisch beein-
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flußten und der neueren, der Kunstmusik nahestehenden Melodien. Nicht nur die Erschließung dieser Musiksphäre ist Bartóks Leistung; noch erstaunlicher ist, daß er nicht in ihr stecken blieb, daß er kein Meister ungarischer Folklore wurde, sondern sie in die zu höchster Komplizierung entfaltete europäische Musik einzuschmelzen wußte. Seine Entwicklung verläuft ohne Bruch. Lange blieb er seiner Heimat verbunden; erst achtundfünfzigjährig, 1939, durch den Kriegsausbruch überrascht, ließ er sich in Amerika nieder. Sein Stil bildete sich stetig und zwanglos aus der Fülle der verschiedenartigen Elemente, die sich seiner überlegenen künstlerischen Intelligenz darboten. Am 25. März 1881 wurde Béla Bartók in Nagyszentmiklos, inmitten des reichen, fruchtbaren ungarischen Bauernlandes, als Sohn des Leiters einer Landwirtschaftsschule geboren. Von seiner Mutter, einer Pianistin, früh im Klavierspiel unterwiesen, studierte er in Preßburg, wo er Freundschaft mit dem wenig älteren Ernst von Dohnänyi schloß, und in Budapest, wo er Kompositionsschüler Hans Koeßlers wurde. Franz Liszt und Richard Strauss, der Modernist der Jahrhundertwende, waren seine frühesten Vorbilder; als er auf einer Parisreise im Jahre 1905 die französische Musik kennenlernte, wurden sie von Debussy überschattet, dessen leittonlose, quinten- und quartenreiche, statische Harmonik in seltsamer Affinität zur ungarischen Volksmusik steht, deren Studium ihn nun auf lange Zeit hin intensiv beschäftigte. Damit sind die Elemente seiner Kunst gegeben; in der Synthese des Heimatlichen und de^ Europäisch-Mundanen, des Archaisch-Primitiven und des Raffiniert-Modernen, beruht seine einzigartige Leistung. D a ß im Lauf seiner Entwicklung noch andere Einflüsse dazukamen, daß Bartók mit Schönberg, Strawinsky, Hindemith in geistigem Kontakt stand und die Neuerungen der atonalen und der polytonalen Musik zur Kenntnis nahm, ist selbstverständlich; wie denn überhaupt das Bildungselement, das in seiner Musik steckt, nicht zu unterschätzen ist. Auch seine rege Konzerttätigkeit als Pianist — seit
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1907 leitete er zugleich eine Klavier-Meisterklasse arr Budapester Konservatorium — veranlaßte ihn, sich als Interpret mit der Gesamtheit der überlieferten und zeitgenössischen Musik auseinanderzusetzen. Bartók ist in erster Linie Instrumentalkomponist; am Anfang seiner Meisterschaft, nach der Periode der stilbildenden Frühwerke, zu denen die noch Strauss-hörige Kossuth-Symphonie, zwei folkloristisch inspirierte Orchestersuiten, die „Zwei Porträts" für Orchester, das erste Streichquartett und Klavierstücke, darunter das elementarmotorische „Allegro barbaro", eines der revolutionären Programmwerke der neuen Musik, gehören, stehen jedoch einige Bühnenwerke von erstaunlicher dramatischer Wirkungskraft, die es sonderbar erscheinen lassen, daß Bartók später den Weg des Theaterkomponisten nicht weiter gegangen ist; sein feuriges, leidenschaftliches Temperament, sein Sinn für starke, grelle Wirkungen und Kontraste schienen ihn zum Dramatiker zu prädestinieren. Im Jahre 1911, als der Streit um den radikalen Modernisten Bartók schon entflammt war, war die einaktige Oper „Herzog Blaubarts Burg" vollendet, die von einem Preisgericht zur Prämiierung der besten ungarischen Oper als unaufführbar abgelehnt wurde und erst 1918 in Budapest ihr U r a u f f ü h rung erlebte. Der Textdichter Béla Balazs scheint sich an Maeterlincks für Dukas entworfenes Libretto „Ariane et Barbe-Bleu" angelehnt zu haben; das Stück, eine einzige Szene, ist ein dunkles symbolhaftes Geschehen, dem die Musik Allgemeinbedeutung gibt. Blaubart führt seine vierte Frau, die junge, schöne Judith, in seine düstere, unheimliche Burg ein. Sieben eiserne Türen starren ihr entgegen; Judith öffnet nacheinander die Türen, um die Geheimnisse der Burg, die Geheimnisse des männlichen Herzens zu ergründen. Auf die Folterkammer und die Waffenkammer folgt die Schatzkammer, es folgt die Aussicht in den Blumengarten und in das weite, fruchtbare Land. Die Musik malt die Bilder, die sich dem Auge der Frau bieten; Foltern und Waffen werden durch harte, schneidende Motiv-
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bildungen symbolisiert, Gold und Steine leuchten und funkeln, Garten und sonnenbeschienenes Land sind Impressionen, mit den Mitteln Debussys geformt: H a r f e n , Streicherglissandi, bukolischer Gesang der Hörner, majestätische, ruhende Bläserakkorde. Hinter der sechsten T ü r liegt ein Tränensee, eine musikalische Vision blasser, sanft wogender Klänge. Blaubart warnt Judith, die siebente T ü r zu öffnen. Als sie es dennoch tut, treten Blaubarts frühere Frauen, reichgeschmückt und strahlend schön, aus der Kammer. Blaubart schmückt Judith mit Mantel, Krone und Geschmeide. Sie verschwindet mit den anderen Frauen in der Kammer der Erinnerung, er ist allein: „Nacht bleibt es nun ewig, immer." Schöner noch als die subtilen Tonmalereien ist der Einsamkeitsklang der Partitur, der Strom dunkler Lyrik, der das Melos der Streichinstrumente und den durchweg deklamatorischen Gesang der beiden Stimmen, Bariton und Sopran, durchfließt; selten ist so zwingende Ausdruckskraft mit so verhaltenen Mitteln erzielt worden. Zoltän Kodäly, der verstehende Freund, hat das Werk richtig charakterisiert: „,Herzog Blaubarts Burg' bedeutet f ü r uns dasselbe wie der ,Pelleas' für Frankreich." Die übrigen Bühnenwerke Bartóks sind Ballette. 1916 vollendete er, nach einem Szenarium von Béla Baläzs, das groteske Märchenspiel „Der holzgeschnitzte Prinz", in dem die rhythmischen und die karikaturistischen K r ä f t e seiner Musik hervortreten. 1919 folgte „Der wunderbare Mandarin". Der Text Melchior Lengyels ist eine der ausschweifendsten und abseitigsten Phantasien, die der Expressionismus hervorgebracht hat. Die Szene ist die Kammer einer Straßendirne. Ein Fremder, ein Mandarin, der sich mit wilder Liebesgier auf das Mädchen stürzen will, wird von ihren Spießgesellen dreimal ermordet: er wird erstickt, mit einem Schwert durchbohrt und erhängt. Aber seine Begierde ist stärker als der T o d : dreimal erwacht er wieder zum Leben, und erst, als das Mädchen sein Verlangen erfüllt hat, sinkt er tot zu Boden. Die Musik gehört zu dem Krassesten und Aggressivsten, das Bartók geschrieben
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hat. Sie ist eine Orgie hämmernder, vielfach synkopierter Rhythmen und greller, zu quälender Eindringlichkeit geschärfter Dissonanzen, sie dokumentiert wie kaum ein anderes Werk den Radikalismus, den Bartók mit Schönberg und dem jungen Strawinsky gemein hat. Sie ist keineswegs nur theatralische Kulisse, sondern so sehr Musik, daß der Komponist große Teile der Partitur zu einer Orchestersuite zusammenstellen konnte. Das Instrumentalwerk Bartóks ist ein Ganzes, das im Zeitraum fast eines halben Jahrhunderts gewachsen ist; so konsequent die Entwicklung des Künstlers verläuft, so deutlich sich die Werke der verschiedenen Perioden voneinander abheben, so zwingend ist andererseits der Eindruck der Einheit, die alles verschmilzt und verbindet. Die Begriffe Persönlichkeit und Stil sind in unserem Jahrhundert selten so ernst und eindringlich wie von Béla Bartók vertreten und bestätigt worden. Die zwanziger Jahre sind Bartóks wilde, radikale Zeit. In den dreißiger Jahren ist die Meisterschaft erreicht, die Kompositionen der vierziger Jahre, der amerikanischen Zeit, sind Früchte einer Spätreife, der der Ausgleich der Gegensätze und Spannungen gelingt. Auch Bartóks Ziel war, wie das Strawinskys, Klassizität. Aber er erreichte sie nicht, wie der Russe, durch parodierende Nachbildung von Stilen und Modellen, sondern auf einfachere, gläubigere "Weise, durch langsames, stetiges Hineinwachsen in die große Tradition. Die vielfältigen Elemente, aus denen seine Kunst schöpfte, konnten nur sich langsam zur Eintracht binden. Die modale H a r monik der Volksmusik mußte mit der Chromatik des Expressionismus und mit der Diatonik des Neoklassizismus abgestimmt werden, die metrische Primitivität der Bauerntänze mußte zur Weite symphonischer Formen entwickelt werden. Der revolutionäre Elan des Anfangs mäßigt sich zu einer Abklärung, die an Brahms denken läßt; die überkommenen Werte der abendländischen Musik, Tonalität, Sonatenform, werden immer bereitwilliger konserviert. Für das Klavier hat Bartók, dessen kompositorische
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Phantasie stets mit der pianistischen verschwistert w a r , eine lange Reihe v o n W e r k e n , meist in der F o r m kleiner, o f t mit programmatischen Überschriften versehener Stücke geschrieben. A n größeren Formen heben sich die Sonatine v o n 1915, die Suite v o n 1916, die bedeutende Sonate von 1926 ab. D e r „Mikrokosmos", im J a h r z e h n t zwischen 1926 und 1937 entstanden, ist ein Schulwerk, das 156 K l a v i e r stücke v o n verschiedenen Schwierigkeitsgraden u m f a ß t ; Bartók h a t diesen „ G r a d u s ad P a r n a s s u m " f ü r den U n t e r richt seines Sohnes Peter geschrieben u n d d a m i t ein p ä d agogisches Meisterstück, eine E i n f ü h r u n g in die kompositorische u n d klavieristische Technik der neuen Musik geschaffen. Z u seinen geglücktesten Kompositionen zählt die Sonate f ü r zwei Klaviere und Schlagzeug v o n 1937, die auch in erweiterter Fassung als K o n z e r t f ü r Orchester vorliegt. Ebenso fesselnd wie die Klangidee, die den K l a n g der Schlaginstrumente, P a u k e n , T r o m m e l n , Becken, X y l o phon, gleichsam aus dem K l a v i e r t o n als Steigerung herauswachsen läßt, ist die S a t z f o r m , die, den a u s f ü h r e n d e n Instrumenten entsprechend, aus scharfprofilierter K o n t r a p u n k t i k u n d starken rhythmischen Impulsen entwickelt ist. Die drei K l a v i e r k o n z e r t e v o n 1926, 1931 u n d 1945 entsprechen den verschiedenen Lebensstadien: die f r ü h e r e n gärend, voll dynamischer Spannungen und exzentrischer Klangvisionen, unheimlich vor allem der Mittelsatz des ersten Konzerts, ein Zwiegespräch von Klavier und Schlagzeug, v o n bravourösem Effekt, das späte, Bartóks letztes W e r k ü b e r h a u p t , schlicht, ohne virtuosen P r u n k , um ein ergreifendes „Adagio religioso" konzipiert, in dem das K l a vier eine entrückte C h o r a l m e l o d i e intoniert und mit zarten Arabesken k o n t r a p u n k t i e r e n d umspielt. Auch der Geige h a t Bartók Charakteristisches gegeben: zwei Sonaten f ü r Violine u n d Klavier v o n 1921 und 1923, die erste phantastisch frei und experimentell, die zweite rhapsodisch ausdrucksvoll, zur Zweisätzigkeit k o n z e n t r i e r t ; die Sonate f ü r Violine allein v o n 1944, ein Meisterwerk der Spätzeit, für- den Bachspieler Yehudi Menuhin geschrie-
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ben; eine phantastisch inspirierte, die Ausdrucksfähigkeit des Instrumentes zu den äußersten Grenzen steigernde Komposition, die die alten Formtypen Chaconne, Fuge, Melodia und R o n d o mit erregend neuartiger M o t i v i k und Durchführungskunst erfüllt; zwei Rhapsodien für Violine und Orchester aus dem J a h r e 1928 und das Violinkonzert von 1937, ein W e r k der Fülle, das sich mit den von Beethoven und Brahms geschaffenen Vorbildern messen darf. Der erste Satz entwickelt sich aus einem lyrischen, von H a r f e n a k k o r d e n gestützten Gesangsthema der Violine über eine dramatische Durchführung zur virtuosen K a d e n z des Solisten, der zweite ist eine pastorale Idylle, der dritte, thematisch dem ersten nah verwandt, steigert sich zum tänzerischen Wirbel ungarischer Rhythmen. Schlichter, verhaltener in seiner klanglichen W i r k u n g , dem C h a r a k t e r des Instrumentes entsprechend, aber ebenfalls voll edler lyrischer Melodie ist das K o n z e r t für Bratsche und Orchester, das B a r t o k während seiner letzten K r a n k heit für den Bratschisten W i l l i a m Primrose skizzierte und das von seinem Schüler T i b o r Serly ausgeführt und vollendet wurde. Auch ein geigerisches Schulwerk hat B a r t o k hinterlassen: die vierundvierzig Duos für zwei Violinen, die, ähnlich wie der „Mikrokosmos", als Elementarlehre seines Instrumentalstils gelten dürfen. In den sechs Streichquartetten — die Entstehungsjahre sind 1908, 1917, 1927, 1928, 1934, 1 9 3 9 — zeichnet sich der W e g des Künstlers ab. Schon das erste scheint, wie manche der späteren, in bewußter Beziehung auf Beethovens letzte Quartette geschrieben zu sein. Das zweite, in der Nachbarschaft des „Holzgeschnitzten P r i n z e n " entstanden, zeichnet sich durch rhythmische Lebendigkeit und sublimierte Folklore aus, das dritte und das vierte bezeichnen das Stadium der Meisterschaft, in dem die Synthese von Vielfalt und Konzentration, von Einfall und Arbeit erreicht und das Einzelne dem architektonischen Gedanken untergeordnet ist. Das fünfte, in seiner breit ausgeführten Fünfsätzigkeit wohl das reichste und inhaltvollste der
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G r u p p e , weist in der C h o r a l w e i s e des A d a g i o - S a t z e s und in den ungleichmäßigen, zwischen Z w e i - und D r e i a c h t e l gruppen wechselnden T a k t e n des „Scherzo alla b u l g a r e s e " , besonders fesselnde thematische Gestalten auf. D a s sechste, das letzte v o n B a r t o k in seiner H e i m a t k o m p o n i e r t e W e r k , k e h r t nach den o f t ins Orchestrale greifenden K l a n g e x z e s sen der früheren Q u a r t e t t e zur E i n f a c h h e i t zurück. H i e r bindet der K o m p o n i s t die vier S ä t z e durch ein eigenartiges M i t t e l zur E i n h e i t : jedem S a t z geht als P r ä l u d i u m dasselbe T h e m a , der G r u n d g e d a n k e des G a n z e n , voraus, zuerst einstimmig, dann zwei-, drei- u n d vierstimmig gespielt. D i e „ K o n t r a s t e " für K l a v i e r , Geige und K l a r i n e t t e sind ein Gelegenheitswerk, 1 9 3 8 für eine amerikanische K o n z e r t r e i s e mit dem Geiger Szigeti und dem J a z z k l a r i nettisten B e n n y G o o d m a n .geschrieben. A u f dem Gebiete der Orchestermusik h a t B a r t o k nach der Periode der F r ü h w e r k e , zu denen außer den genannten „ D e u x P o r t r a i t s " die „ D e u x I m a g e s " v o n 1 9 1 0 und die vier Orchesterstücke v o n 1 9 1 2 gehören, mit der T a n z s u i t e v o n 1 9 2 3 ein folkloristisch gefärbtes, durch rhythmische und melodische H ä r t e frappierendes Glanzstück geliefert. Erst nach m e h r als einem J a h r z e h n t , 1 9 3 6 , in der Z e i t der R e i f e , h a t er wieder eine K o m p o s i t i o n für Orchester v o l l endet: die Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta, w o h l sein gelungenstes u n d schönstes W e r k überhaupt. Nirgends sonst h a t B a r t o k s M u s i k so reinen, unirdischen, ätherischen K l a n g , nirgends geht es ihm u m so erlesene, leise, geradezu mystische W i r k u n g e n . D i e S a i t e n instrumente umfassen außer dem Streichorchester K l a v i e r und H a r f e , im Schlagzeug dominieren X y l o p h o n u n d P a u ken, die in G l e i t t ö n e n angeschlagen werden. D e r k l a n g lichen V e r f e i n e r u n g gibt aber die strenge thematische F a k tur das Gegengewicht. D e r erste S a t z ist eine Fuge über ein chromatisches T h e m a , deren E i n s ä t z e in der O r d n u n g des Q u i n t e n z i r k e l s von der G r u n d t o n a r t a bis zur entferntesten T o n a r t es und zurück nach a f ü h r e n ; die stetige V e r d i c h tung ergibt eine Steigerung v o n ruhiger G e w a l t , die ebenso
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allmählich bis zum Verklingen abebbt. Von ähnlich geheimnisvoller W i r k u n g , ins Dämonische verdunkelt, ist das Adagio, dessen Stimmung durch einen hartnäckig pochenden Ton des Xylophons und durch unheimliche PaukenGlissandi gekennzeichnet ist; die bewegten Sätze haben rhythmisch beschwingten Tanzcharakter. Die N a h r h a f t i g keit und die elementare, mit urtümlichen Visionen spielende Klanglichkeit der Bartökschen Musik bezeugen sich hier in Verbindung mit einem Formwillen, der den T o n satz fast mit der Strenge der Zwölftöner determiniert. Das Divertimento für Streichorchester, 1939 geschrieben, ist Musik volkstümlichen, tänzerischen Charakters, die der Bartökschen Quartettkunst nahesteht. Das letzte Orchesterwerk, das „Konzert für Orchester" von 1943, ist das populärste W e r k Bartöks geworden. Der Stil des Meisters hat sich so weit geklärt, daß er dem Hörer keine Probleme mehr zumutet; die Tradition bestimmt H a r m o n i k und Form und w i r k t als Beschwörung des klassisch-symphonischen Geistes. Das fünfsätzige W e r k gleicht einer Symphonie mit zwei Scherzosätzen; die breit ausgeführten Rahmenteile schließen drei Charakterstücke ein: „Giuoco delle Coppie" (Scherzo der Paare), ein lustiges Spielstück mit paarweis in verschiedenen Intervallen gekoppelten Bläserstimmen; „Elegia", eine Impression aus schwermütiger Melodie und irisierenden, Dur und Moll mischendem Akkordklang, und „Intermezzo interrotto", ein heiterer, von einer banalen Schlagermelodie unterbrochener Satz, der noch einmal den Sarkasmus Bartöks zu Worte kommen läßt; im Finale mischen sich Klänge des amerikanischen J a z z mit Themen der ungarischen Heimat. Bartöks Leben verlief trotz seiner lebhaften Reisetätigkeit als Liedsammler und Pianist doch lange Zeit gleichmäßig und ruhig. Seinen ausgeprägten Freiheitssinn äußerte er unverhohlen. Als ihm die innere Freiheit Ungarns durch die Horthy-Regierung gefährdet schien, protestierte er durch ein symbolisches Chorwerk, die C a n t a t a profana „Die Zauberhirsche". Als der deutsdie Nationalsozialismus
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die moderne Kunst diffamierte, forderte er, daß auch seine Werke mit denen Schönbergs und Strawinskys verdammt würden. Der Ausbruch des zweiten Weltkriegs überraschte ihn in Amerika; er wählte das Exil und versuchte, durch gemeinsames Konzertieren mit seiner Frau sich eine Existenz zu schaiTen. Aber der Erfolg blieb aus; Unterricht und Kompositionsaufträge des Dirigenten Kussewitzky und des Geigers Menuhin fristeten sein Leben. Bis zuletzt bewährte er, von zarter Natur und Konstitution, zurückhaltend, schweigsam, von asketischer Lebensführung, dabei von innerem Feuer glühend, die Integrität seines künstlerischen Charakters. Er starb, schon jahrelang leidend, am 28. September 1945 in New York an Anämie, bis zum letzten Tage an seinem letzten Werk, dem dritten Klavierkonzert arbeitend, dessen letzte siebzehn Takte sein Schüler Tibor Serly ergänzen mußte. Alle jüngeren ungarischen Komponisten standen vor der Aufgabe, sich mit der überragenden Erscheinung Bartöks auseinanderzusetzen und ihre Selbständigkeit ihr gegenüber Lajtha zu wahren. Das Schaffen des 1892 geborenen Laszl6 berührt sich in vielen Punkten mit dem Bartöks: Einflüsse transsylvanischer Volksmusik und französisch-impressionistischer Schulung, Folklorismus, der zur Synthese mit westeuropäischem Formgeist drängt, Paul Kadosa (geboren 1903), als Pianist und Organisator tätig, Komponist von Symphonien, Kantaten und Kammermusik, Ferenc Farkas (geboren 1905), Dirigent und Pädagoge, blieben von lokaler Bedeutung. Weiter reicht der Wirkungsradius des 1905 in Budapest geborenen Mdtyas Seiber, der als Schiffsmusiker die Welt bereiste, am Konservatorium in Frankfurt am Main eine Jazz-Klasse leitete, seit 1935 als Kompositionslehrer in London lebte und 1960 durch einen Autounfall in der Nähe von Johannesburg ums Leben kam. Seine Streichquartette, Konzertwerke, sein Oratorium „Ulysses" nach James Joyce vertreten einen von englischen Einflüssen gefärbten Stil der Internationalität, der sich zuweilen technischer Methoden der Zwölf tonschule bedient.
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Als bedeutendste und selbständigste Begabung erscheint Sandor Veress, der 1907 in Koloszvar geboren wurde, in Budapest studierte, sich früh vom Einfluß seiner Lehrer Bartök und Kodäly freimachte und, zumeist in der Schweiz lebend, eine Musik schuf, die sich vom Folklorismus abwandte und über eine neoklassizistische Periode in eigener, Fugentechnik und expressive Steigerungskunst einbeziehender Form gelangte. Sein umfangreiches Schaffen enthält Klaviermusik (darunter ein Konzert und Fantasien f ü r zwei Klaviere und Streichorchester unter dem Titel „Erinnerung an Paul Klee"), Kammermusik, zwei Symphonien, Orchestersuiten, zwei Ballette, das Chorwerk „Sancti Augustini Psalmus contra Partem Donati". Der 1910 in Zagreb geborene, in der Schweiz lebende Istvan Aratö experimentierte in seiner „Abstrakten Ballettmusik" und „Synthetischen Ballettmusik" mit Intervallbeziehungen und kontrapunktischen Kombinationen. DER D U R C H B R U C H DER N E U E N MUSIK IN DEUTSCHLAND
In Deutschland, wo die Spannung der beharrenden und der fortschrittlichen K r ä f t e durch das Nebeneinanderwirken des hochgefeierten, bis gegen die Jahrhundertmitte schaffenden Meisters Richard Strauss und seines Antipoden Arnold Schönberg am schärfsten ausgeprägt war, vollzog sich der Übergang zur neuen Musik allmählich und bedachtsam; die Evolution der Technik und des Stils zeichnet sich im Schaffen einer Reihe von bedeutenden Musikern ab, die, in den achtziger Jahren geboren, das krisenhafte erste Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts als entscheidendes, ihre Persönlichkeit formendes Jugenderlebnis durchmachten. Die bedeutendste und selbständigste Begabung dieser Gruppe war der 1887 in Worms geborene Rheinländer Rudi Stephan, der, von Bernhard Sekles und Rudolf Louis ausgebildet, in München lebte, durch einige wenige Instrumentalwerke von neuartigem Klang Aufsehen erregte und im Jahre 1915, achtundzwanzigjährig, bei Tarnopol in
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R u ß l a n d fiel. Sein f r ü h e r T o d verdient nicht nur menschliches Mitleid, er schließt auch geistige T r a g i k ein; er schnitt eine Entwicklung ab, die zu einem deutschen I m pressionismus h ä t t e f ü h r e n können u n d die d a m i t die musikalische P r o d u k t i o n des J a h r h u n d e r t s vielleicht in ganz andere Bahnen gelenkt hätte. Stephans I n s t r u m e n t a l w e r k e , die „Musik f ü r sieben Saiteninstrumente" v o n 1912, die „Musik f ü r Orchester" v o n 1913 und die nachgelassene „Musik f ü r Geige u n d Orchester" stehen in der deutschen Musik der Zeit allein. Sie sind der emotionellen D i k t i o n der spätromantischen K u n s t ebenso f e r n wie der spannungsgeladenen D y n a m i k des Expressionismus. Sie realisieren — das sagen schon die Titel, die jede poetische oder formalistische D e t e r m i n a t i o n vermeiden — den G e d a n ken einer „Musik an sich", sie kultivieren den statischen, in sich r u h e n d e n K l a n g u n d das Ideal einer objektivierten Schönheit, sie nehmen vieles vorweg, was in der konzert a n t e n Musik der späteren J a h r z e h n t e wieder auftauchte, aber sie sind diesen b e w u ß t e n , historisierenden Bestrebungen durch reine N a i v i t ä t und durch die N a t u r h a f t i g k e i t ihres gleichsam vegetativen Klanggeschehens überlegen. Die O p e r „ D i e ersten Menschen", ein N a c h l a ß w e r k , v o m T e x t dichter O t t o Borngräber als „erotisches M y s t e r i u m " bezeichnet, steht in der Geisteswelt der J a h r h u n d e r t w e n d e , die mit der Formel „Jugendstil" bezeichnet w i r d : ein Grift in den biblischen U r m y t h o s der Menschheit, eine D e u t u n g des ersten Brudermordes als Eifersuchtstat, v e r a n l a ß t durch das Begehren des wilden Kain nach E v a , der m ü t terlichen Geliebten; ein symbolisch bedeutungsschweres, b ü h n e n f r e m d e s W e r k , wertvoll v o r allem durch musikalisch großartige Opferszenen, die schon auf die moderne Idee des kultischen T h e a t e r s vorausdeuten. D e m J a h r g a n g 1887 gehören weitere drei Musiker an, denen bei aller Verschiedenheit der künstlerischen I n d i v i dualität die gemäßigt fortschrittliche H a l t u n g gemeinsam ist. D e r O s t p r e u ß e Heinz Tiessen, der als Dirigent, Musikkritiker und Lehrer in Berlin w i r k t e und als Leiter von
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Arbeiterchören den Gedanken wirklichkeitsnaher, gesellschaftsgebundener Kunst vertrat, machte sich aus der Abhängigkeit von Richard Strauss frei und schuf sich eine persönlich-charakteristische, durch Herbheit und Knappheit der Formulierung ausgezeichnete Tonsprache, deren Harmonik bis in die Atonalität vorstieß. Seine Symphonie „Stirb und werde" (1914), sein Vorspiel zu einem Revolutionsdrama, die Orchesterstücke zu „Hamlet" und das Tanzdrama „Salambo" gehören zur wesentlichen Musik der Zeit. Eigentümlich ist sein starkes Naturgefühl, das, Ausnahme in einer der Faszination der Technik erliegenden Zeit, Anregungen bei den gefiederten Sängern der Wälder suchte; er hat dem Gesang der Amseln lange, gründliche Studien gewidmet und ihre melodischen Rufe im „Amsel-Septett" von 1915 und in manchen anderen Werken verarbeitet. Der Berliner Max Trapp, durch das Erlebnis Bachs und den jüngeren Paul Hindemith beeinflußt, wandte sich in seinen sechs Symphonien entschieden von der klassisch-romantischen Form ab und suchte den barocken Musizierstil mit den Mitteln des modernen, farbenreichen Orchesters zu erneuern. Der 1887 aus Wien gebürtige, in Mannheim und Berlin wirkende, dann nach Amerika auswandernde Ernst Toch schuf ein vielseitiges, stilistisch freizügiges, Oper, Orchester- und Kammermusik umfassendes Oeuvre, in dem die heiteren und brillanten Züge überwiegen. In seiner Nähe ist der um zehn Jahre jüngere Wiener Erich Wolf gang Korngold (1897 bis 1945) zu nennen, der, ein Virtuose schillernden Orchesterkolorits, mit den Opern „Der Ring des Polykrates", „Violanta" und „Die tote Stadt" (1920) frühe, aber nicht nachhaltige Erfolge errang. In der Reinheit und Unbedingtheit seines. Wollens dem frühvollendeten Rudi Stephan verwandt, aber durch einen mystischen Sendungsglauben von ihm unterschieden und in eine esoterische Sphäre gehoben ist der 1886 im badischen Städtchen Tiengen als Sohn eines altkatholischen Pfarrers geborene Heinrich Kaminski, der, vorübergehend als Leh-
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rer in Berlin und als Dirigent in Bielefeld tätig, ein zurückgezogenes, kontemplatives Leben in Ried bei Benediktbeuren führte, wo er 1946 starb. Von Bach und Bruckner, aber auch von frühen gotischen und barocken Meistern beeinflußt, entwickelte er einen leicht archaisierenden, tonal und diatonisch bestimmten Stil, der vor allem geistlichen Themen gerecht wurde. Sein Magnificat für Sopran, Solobratsche, Chor und Orchester, seine Motetten, Psalm- und Passionskompositionen sind, ebenso wie seine Kammerund Orgelmusik, Schöpfungen von unangezweifeltem, dauerndem Wert, während seinen Bühnenwerken, der 1929 in Dresden aufgeführten Oper „Jürg Jenatsch" und dem zeitsymbolischen, als Protest gegen die Diktatur der Gewalt entstandenen „Spiel vom König Aphelios" nachhaltige Wirkung versagt blieb. In manchen Zügen verwandt, aber naiver u n d mehr um volkstümliche Wirkung bemüht ist der fränkische Meister Armin Knab (1881 bis 1951), der mit stilistisch schlichten, durch Ausdruckswahrheit fesselnden Klavierliedern nach bedeutenden Zeitdichtern wie Dehmel, George, Mombert begann und, auf Vorbilder des Frühbarock und der Renaissance zurückgreifend, eine herbe, klar liniierte Kunst des a-cappellaChorgesangs und der instrumental begleiteten Kantate entwickelte, durch die er in die Bewegung der Sing- und Spielgemeinschaften der zwanziger und dreißiger Jahre hineinwuchs; sein Chorzyklus „Zeitkranz" nach Guido Gezelle, seine Kantate „Mariä Geburt" sind Kabinettstücke volkstümlicher Kunst, in denen die strenge oder spielfrohe Handwerksgesinnung alter Zeiten wiederauflebt. Geist und Lebensstimmung der Übergangszeit verkörpern sich am deutlichsten im Werk des Musikdramatikers Franz Schreker, der in den Jahren um 1920, von einer Welle des Erfolges emporgetragen, geradezu zum Rivalen des Weltmeisters Richard Strauss aufstieg und dann rasch zweifellos unverdienter Vergessenheit anheimfiel; sein kometengleich aufstrahlender und verblassender Ruhm gehört zum Bilde einer erregten, entfesselten, sich an Sensationen 15 M u s i k d. 20. J h d t .
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berauschenden Zeit, deren Begeisterung unversehens in Ermüdung und Skepsis umschlagen konnte. In Monaco am 23. März 1878 geboren, in Wien von dem konservativen Robert Fuchs gebildet, aber dem Kreise Arnold Schönbergs eng verbunden (er leitete die Uraufführung der Gurre-Lieder), gehört Schreker dem südöstlichen Kulturkreis an, der immer aus der Mischung verschiedenartiger nationaler und stilistischer Elemente produktive K r a f t gesogen hat. Das „heroische" Jahrzehnt der neuen Musik trug ihn über sich selbst hinaus; alles, was in dieser Krisenzeit durcheinanderwogte, Naturalismus und Phantastik, Nüchternheit und Rausch, ätherischer, unverbraucht-neuartiger Debussy-Klang und expressionistische Gefühlserhitzung, floß in seinem Schaffen zusammen und gab ihm unwiderstehliche Intensität der Wirkung. Drei Opern begründeten Schrekers Ruhm. „Der ferne Klang", 1909 nach langer Arbeitszeit vollendet und 1912 in Frankfurt am Main uraufgeführt, ist Nachhall der Zeit, in der Gerhart Hauptmanns Alltagsdramen das naturalistische Theater begründeten, in der der melodisch versüßte Verismus von Puccinis „Bohème" das Heroentheater der Romantik ablöste. Ein junger Musiker verläßt seine Jugendgeliebte, um seinem Künstlertraum, dem „fernen Klang" nachzujagen; er findet sie als Kokotte in Glanz und Luxus wieder und stößt sie verächtlich von sich; sie, zur Straßendirne gesunken, singt ihn in den T o d hinüber, als nach der Niederlage seines Hauptwerkes seine Lebenskraft gebrochen ist. Das ist eine Kolportagehandlung, die durch die Musik in eine magische Späre gehoben wird; der ferne Klang, dem der Künstler sein Leben lang nachirrt und den er erst im Tode beseeligt zu besitzen glaubt, geistert als glitzerndes, rauschendes Arpeggio durch das ganze Stück, die Klangvision ist der Kern des Dramas. „Die Gezeichneten" von 1918 illustrieren einen Renaissancestoff mit irisierenden Farben und hymnischer Orchestermelodie. „Der Schatzgräber" (1920), das Hauptwerk, ist eine dramatische Ballade aus dem deutschen Mittelalter, tief und verworren, voll ver-
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gangenheitssüchtiger Träumerei und Fabelei und zugleich voll moderner Seelen- und Nervenreize, die Geschichte eines fahrenden Sängers und eines schönen, verbrecherischen. von der Gier nach Gold und Edelsteinen getriebenen Mädchens, einer romantisierten Lulugestalt. Hier vor allem leuchten die zarten, gläsernen Orchesterfarben, die der Impressionismus vorbereitet hatte. Es kommt nicht zu fester thematischer Gestalt, der vibrierende Klangreiz ist alles. Dennoch hat die Musik Kraft zu symphonischer Entwicklung; der dritte Akt, eine ekstatische Liebesszene, ist eine wort- und aktionslose Symphonie, in der das Orchester in mächtiger Steigerung die Führung an sich reißt. Der Erfolg der drei Opern, den die späteren Werke nicht annähernd erreichten, verschaffte dem Komponisten den Ruf zum Leiter der Berliner Musikhochschule. Als hervorragender Lehrer bekleidete er diese Stellung bis zum Jahre 1933; er starb in Berlin am 21. M ä r z 1934, kurze Zeit nachdem ihm der politische Umschwung das Weiterarbeiten unmöglich gemacht hatte. PAUL HINDEMITH Den entscheidenden Schritt, der ein neues Stilgebiet der Musik erschloß, tat ein Musiker, der, aller expressionistischen Gefühlsspannung abhold, ganz aufgehend in den Fragen des Handwerks und des Materials, mit vollkommener, Überlieferung und Gewohnheit verachtender Unbefangenheit in die Entwicklung eingriff und sich durch die Ursprünglichkeit und U r k r a f t seiner Begabung und Was Produktion Beachtung erzwang: Paul Hindemith. Igor Strawinsky auf der Ebene der europäischen Musik vollbrachte, die Verwirklichung des neoklassizistischen Stilideals, das erfüllte Paul Hindemith innerhalb der deutschen Musik, und es entspricht der Besonderheit des deutschen Musikgefühls, daß dabei das Leitwort „Neoklassizismus" sich unversehens in die Formel „Neobarock" verwandelte. W i e das klassische Ideal, die Norm der romanischen Kulturen, dem deutschen Kunstgefühl eigentlich 15*
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fremd ist, wie die Klassik, die sich in einigen Werken Haydns, Mozarts und Beethovens repräsentiert, als ein Moment des Übergangs zwischen den weitgedehnten, Epochen des Barock und der Romantik betrachtet werden darf, so mußte auch die Auflehnung gegen die Romantik im Schaffen eines so starken, ursprünglichen Musikers ins Barocke umschlagen, weil in dieser Sphäre die Vorbilder und die unerschöpften Kraftreserven zu finden waren, die die Produktion leiten und stützen konnten. Was sich im Schaffen Max Regers angebahnt hatte, das wurde nun von Hindemith aufgegriffen und, entsprechend der neugewonnenen größeren Freiheit der Musik, mit größerer Konsequenz weitergeführt: das Prinzip der linearen Polyphonie bestimmte den Satz, die prägnanten, geschlossenen Formen wurden bevorzugt, Fuge und Passacaglia traten in ihre alten Rechte ein, an die Stelle der Ausdruckskunst trat das unbelastete, sich im Spiel mit dem tönenden Material genügende Konzertieren. Was anfangs mit revolutionärem Elan, reichlich durchsetzt mit aggressiven und parodistischen Elementen auf den Plan trat, läuterte sich bald zu einem allgemeinverbindlichen System des musikalischen Denkens, das der Komponist als „Unterweisung im Tonsatz" fixierte und als Lehrer einer großen Schülerschar mitteilte. Paul Hindemith, der am 16. November 1895 in H a n a u als Kind einer aus Schlesien stammenden Familie geboren wurde, studierte in Darmstadt und Frankfurt am Main bei Arnold Mendelssohn und Bernhard Sekles, zwei Musikern, die sich auf verschiedene Weise vom romantischen Spätstil distanziert hatten, und wirkte von seinem zwanzigsten Jahre an als Konzertmeister des Frankfurter Opernorchesters. Danach reiste er als Bratscher des AmarQuartetts, fremde und eigene Werke virtuos und mit unwiderstehlichem musikantischem Elan interpretierend, souveräner Beherrscher jeder Art von musikalischer Praxis, echtes Kind seiner wirklichkeitsgläubigen, die reale Leistung wertenden Epoche. Seine Frühwerke verarbeiten die Einflüsse der zeitgenössischen Partituren, mit denen ihn der
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Operndienst bekannt machte, und lassen dahinter die Vorbilder Brahms und Reger erkennen. Mit dem SonatenOpus 11 (Sechs Sonaten f ü r Violine, Viola, Violoncello und Klavier) und dem zweiten Streichquartett Opus 16, das auf den Donaueschinger Musiktagen 1922 den Erfolg des Komponisten begründete, steht der junge Hindemith fertig da. Eine unbändige K r a f t , die sich ehrfurchtslos über alle überlieferten Bräuche hinwegsetzt, ist der Motor des Musizierens. Sie zerstört die Ordnung des alten Dur-MollSystems und setzt an ihre Stelle die Weite einer ausgewogenen, auf einen Grundton bezogenen Chromatik. Sie ergießt sich ganz in die melodische Linie, die zu kraftvoller Selbständigkeit erstarkt und in polyphoner Verkettung das Satzbild bestimmt. Damit ist alles RomantischrRausdihafte, aller Klangzauber der Harmonie und des Kolorits ausgeschaltet; herbe, sich in holzschnittartiger Linienführung bezeugende Klarheit ist das Kennzeichen dieser Musik. D a ß sich das Kraftgefühl des Komponisten mit Ubermut und herausfordernder, angriffslustiger Radikalität verband, ist nicht verwunderlich. In seinen frühen Bühnenwerken, den Einaktern „Mörder, H o f f n u n g der Frauen" und „Sancta Susanna", deren Texte Oskar Kokoschka und August Stramm geschrieben hatten, suchte er das Gewagte, Ärgerniserregende, und schreckt in der Szene, in der die Nonne dem Gekreuzigten das Lendentuch abreißt, vor dem Blasphemischen nicht zurück. Das dritte, wie die vorigen aus dem Jahre 1921 stammende Stück, „Das NuschNuschi" nach einem Text von Franz Blei, ist ein freches Spiel mit erotischen Pikanterien, tänzerisch rhythmisiert und in feste ariose Formen gefaßt; als Schlußstück fungiert eine vorgebliche „Choralfuge mit allem Komfort, die ihre Existenz einem unglücklichen Zufall verdankt: sie fiel dem Komponisten ein" — eine Verspottung von Schulgelehrsamkeit und pathetischem Ernst, die aus der enthemmten, libertinistischen Lebensstimmung jener Nachkriegsjahre zu verstehen ist. Ein ähnlicher T o n klingt in der „Kammermusik für kleines Orchester" aus Opus 24, deren Finale
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einen p o p u l ä r e n F o x t r o t t verarbeitet, und in der Suite f ü r Klavier „1922", in der sich der K o m p o n i s t mit dem J a z z auseinandersetzt u n d dem Spieler empfiehlt, das K l a vier als eine A r t interessanten Schlagzeugs zu behandeln. Das parodistische Element spielt noch in den bedeutsamen K a m m e r m u s i k e n mit Soloinstrumenten des O p u s 36 eine Rolle, deren vierte, das Bratschenkonzert, mit einer Parodie des bayerischen Avanciermarsches schließt. I m übrigen aber festigt sich der Stil zusehends zur Sachlichkeit; in den langsamen Sätzen klingt der T o n einer zarten, unsentimentalen Lyrik auf, der f ü r den späteren H i n d e m i t h charakteristisch bleibt. D a s vierte Streichquartett O p u s 32, das erste Streichtrio O p u s 34, u n d das brillante, in weite Klangdimensionen ausgreifende K o n z e r t e f ü r Orchester O p u s 38 kennzeichnen diese Entwicklung. Schön vorher aber h a t t e der respektlose, sich mit frechen Zynismen brüstende R e v o l u t i o n ä r eine ganz andere Wesensseite enthüllt, die in seiner späteren Entwicklung immer entschiedener hervortreten sollte: „ D a s Marien,leben", O p u s 27, ein Liederzyklus f ü r Sopran und Klavier nach Gedichten v o n Rainer M a r i a Rilke, ist ein Stück neuartiger religiöser Lyrik, das durch seine Reinheit u n d stilistische Strenge der Musik der folgenden J a h r z e h n t e zum Beispiel geworden ist. In f ü n f z e h n Gesängen w i r d das Leben Marias v o n der Geburt bis zum T o d e erzählt. Die zarte Stimmungshaftigkeit der Rilkeschen Poesie w i r d nicht im K l a n g nachgeformt, sondern durch einen in sich geschlossenen, in herbem, k r ä f t i g e m Linienzuge e n t w o r f e n e n musikalischen Satz k o n t r a p u n k t i e r t , u n d doch ist die Beziehung v o n W o r t u n d T o n eng und innig; die Komposition gleicht einer Folge alter Zeichnungen oder Stiche, deren klarer, schlichter Strich eine tiefe, gebändigte G e f ü h l s f ü l l e in sich f a ß t . W i e d e r sind alte Formen, Passacaglia u n d V a r i a tion, verwendet. Bei aller O b j e k t i v i e r u n g gibt es keinen M o m e n t der Ausdruckslosigkeit. D a s W u n d e r b a r e geht voll in die Musik ein, in den Gesängen der Passion lockert sich das Melos zu freier, schmerzlicher D e k l a m a t i o n . Der
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K o m p o n i s t hat das F r ü h w e r k einer Überarbeitung unterzogen, deren Ergebnis er 1947 als einschneidend veränderte N e u f a s s u n g veröffentlicht h a t ; H a r m o n i k und S t i m m f ü h rung sind geglättet, die T o n a r t e n s y m b o l i k ist durchgearbeitet, die S a n g b a r k e i t ist erhöht, das zentrale Stück, die Geburt J e s u ist g a n z neu komponiert. Der A u s f ü h r e n d e hat zwischen dem herben, kantigen Original und der gemilderten, logischer gefügten Bearbeitung zu wählen. Mit dem „ C a r d i l l a c " , einer O p e r nach H o f f m a n n s Erzählung „ D a s Fräulein v o n S c u d e r i " , deren T e x t v o n Ferdinand L i o n stammte, meldete sich auch der Bühnenkomponist H i n d e m i t h wieder zum W o r t ; die U r a u f f ü h r u n g f a n d 1927 in der Dresdener S t a a t s o p e r unter der Leitung F r i t z Büschs statt. Es folgten der Sketch „ H i n und zurück", ein musikalischer S p a ß , eine M o r i t a t , die v o n der K a t a strophe aus wie ein umgekehrter Film wieder zurückläuft, und die Zeitoper „ N e u e s v o m T a g e " nach einem T e x t v o n Marcellus Schiffer, die 1929 in Berlin durch O t t o Klernperer u r a u f g e f ü h r t wurde. Zeichnet sich in diesen Werken das Bestreben des K o m p o n i s t e n ab, der Forderung des T a g e s zu genügen, den A l l t a g und seine banale Wirklichkeit auf die Opernbühne zu stellen, wie es ähnlich seine komponierenden Altersgenossen Ernst K r e n e k und K u r t Weill mit sensationellen und umstrittenen Werken versucht hatte, so bedeutet das O r a t o r i u m „ D a s U n a u f h ö r liche" nach Dichtungen G o t t f r i e d Benns, 1931 in Berlin a u f g e f ü h r t , wieder einen Schritt zur Vertiefung. D a s Unaufhörliche ist das Lebendige,, das sich im Vergänglichen bezeugt. Vergänglich sind die F o r m e n der N a t u r , die Meere und Berge, die K u l t u r e n der V ö l k e r , die Wissenschaften und Künste, selbst die Götter. Fortschritt und Technik, die Leistungen der mythenlosen weißen Rasse, werden v o r diesem H i n t e r g r u n d zur Farce. Der Mensch steht f r a g e n d vor dem rätselhaften, übermächtigen A l l ; „ D a s Ringende geht in die Schöpfung ein" ist die einzige A n t w o r t , die ihm gegönnt wird. P a u l H i n d e m i t h , d a m a l s fünfunddreißigjährig, hat die K r a f t vollentwickelter, aber
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noch elastischer, auf die Schauer des Ewig-Ungewissen reagierender Meisterschaft auf die Dichtung verwandt. Der freche, parodistische T o n der Frühzeit klingt nur noch in den skeptischen, Fortschritt und Zivilisation verhöhnenden Episoden nach. Viel größeren Raum nimmt die Lyrik der Liedsätze ein, in denen die Poesie der Vergänglichkeit, die Wehmut des Abschiednehmens, der sanfte Rausch der Liebe schwingen. Bestimmend f ü r den Stil des Ganzen sind die Chöre: Monumentalbauten, aus freizügigen oder fugenhaft gebundenen Stimmen gefügt, von natürlicher Sangbarkeit der weitgeschwungenen Thematik, die o f t von Trompeten gestützt und zu festen Konstruktionen verhärtet wird. Die neugewonnene, erweiterte Tonalität bewährt in diesen Sätzen ihre konstruktive K r a f t , die weitausholende harmonische Entwicklungen unter ein starkes, übergeordnetes Gesetz zwingt. Die Oper „Mathis der Maler", die in den Jahren 1932 bis 1934 entstand und 1937 in Zürich uraufgeführt wurde, ist ein weiteres Mal auf dem Wege der Vertiefung; der Dramatiker hat sich von der Aktualität des Tages den großen Gestalten und Fragen der Geschichte und der Religion zugewandt. Zugleich trat eine andere Idee in das Schaffen des Komponisten ein: Hindemith fand Kontakt mit der Jugendmusikbewegung. Außerhalb des kommerziellen Konzertbetriebs war, in der Nachfolge des „Wandervogels", eine volkstümliche musikalische Kultur erwachsen, die in Singund Spielkreisen von Laien geübt wurde und die als Stilideal das alte Volkslied des sechzehnten Jahrhunderts pflegte. Man strebte in einer Zeit der überzüchteten Zivilisation zurück zu den Ursprüngen volkstümlichen Musizierens; man wollte den Abstand zwischen dem aktiven, ausübenden Berufsmusiker und dem passiv genießenden Hörer überbrücken, der Laie sollte tätig an der Ausführung der Musik beteiligt sein, die ihn erfreute, Spieler, Sänger und Hörer sollten eins sein, wie sie es in Urzeiten gewesen waren. Die Bewegung, deren Anreger der Musikpädagoge Fritz Jöde war, fand starke Resonanz, was für
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ihre Notwendigkeit zeugte. Einen Komponisten, der wie Hindemith der musikalischen Praxis und dem H a n d w e r k verbunden war, mußte es reizen, auf der Elementarstufe des Laienmusizierens seine Prinzipien zu bewähren und für eine Gemeinschaft von Spielern und Hörern zu schreiben, die von dem genuß- und sensationssüchtigen Publikum der Opernhäuser und Konzertsäle grundverschieden war. Die Spielmusiken, Lieder f ü r Singkreise, das Schulwerk des Instrumental-Zusammenspiels, die unter dem Titel des „Plöner Musiktags" zusammengefaßten Kompositionen (Turmmusik, Kantate, Tafelmusik) sind charakterisiert durch äußere Vereinfachung des Kompositionsstils; auch das Lehrstück nach Bert Brecht, die Kinderoper „Wir bauen eine Stadt" und „Der Schwanendreher", ein Volksliedkonzert f ü r Bratsche und Kammerorchester, stehen in der Nachbarschaft dieser lapidaren, schmucklos-wesenhaften Stücke. Daneben wird der große konzertierende Stil weiter fortgebildet; er repräsentiert sich in den Konzertmusiken der Jahre 1930 und 1931, unter denen die Konzertrnusik für Bratsche und Kammerorchester hervorragt, und in dem Wilhelm Furtwängler und dem Berliner Philharmonischen Orchester gewidmeten „Philharmonischen Konzert", einem phantasievollen, meisterlich gearbeiteten Variationswerk, das den Solisten und den Instrumentalgruppen des Orchesters dankbare Aufgaben stellt. Im Jahre 1927 war Hindemith als Lehrer an die Berliner Musikhochschule berufen worden. D a ß die Kulturpolitiker von 1933 ihm nicht wohlgesinnt waren, ist nur als verspätete Reaktion auf seine respektlosen, parodiefrohen Frühwerke zu verstehen, von denen er sich längst losgesagt hatte. Das Eintreten Wilhelm Furtwänglers, der noch 1934 die Symphonie „Mathis der Maler", eine Zusammenstellung von Orchesterstücken aus der Oper, in Berlin uraufführte, konnte ihn nicht halten; 1936 emigrierte er nach Ankara, dann nach Amerika, w o er in Boston und N e w Häven unterrichtete. Auch nach dem Kriege hat Hindemith seinen Wohnsitz in Amerika beibehalten, hat
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aber daneben als Lehrer in Zürich und als Gastdirig'ent in vielen europäischen Musikstädten eine lebhafte Tätigkeit entfaltet. Zu den Kompositionen seiner späteren Zeit zählen die Tanzlegende „Nobilissima Visione", das Sonatenwerk, das zwanzig Sonaten für verschiedene Instrumente, darunter f ü r so ungewöhnliche wie Trompete, Posaune und H a r f e umfaßt, die Variationen „Die vier Temperamente" f ü r Streichorchester und Klavier, die Sonate für zwei Klaviere, die Symphonie in Es, die Symphonischen Metamorphosen von Themen Carl Maria von Webers, die Symphonia Serena, das fünfte und sechste Streichquartett, das Requiem „Als Flieder jüngst mir im Garten blüht", der „Ludus tonalis" f ü r Klavier, eine Sammlung von zwölf Fugen auf den verschiedenen Tonstufen und von überleitenden Zwischenspielen, ein Schulwerk nach der Art des „Wohltemperierten Klaviers", in dem Hindemith sein Kompositionssystem mit doktrinärer Klarheit demonstriert. Wie alle bedeutenden Komponisten dieses Jahrhunderts ging auch Paul Hindemith den Weg aus schöpferischer Freiheit in die Ordnung selbstgewählter Gesetzlichkeit. Den Augenblick der Freiheit erlebte er am Anfang seiner Laufbahn: die Jahre gegen 1920, die Stunde der Atonalität. So zügellos er sich aber gebärdete, niemals hat er eigentlich atonale Musik geschrieben; von Anfang an zielte seine schöpferische Bemühung dahin, die Fülle des freigewordenen Tonmaterials durch feste Beziehung auf ein tonales Zentrum zu binden. Seine Berliner Lehrtätigkeit zwang ihn, seine Technik zum System auszuarbeiten. Das Ergebnis dieses Prozesses ist die „Unterweisung im Tonsatz", die 1937 veröffentlicht wurde und den Revolutionär als Wortführer der tonalen Restauration entpuppte. Damit wurde Hindemith zum wichtigsten Gegenspieler Arnold Schönbergs und der Zwölfton-Methode; die Musikentwicklung spaltete sich in zwei unvereinbar auseinanderstrebende Richtungen, Parteien und Lager standen sich feindlich gegenüber, die alte Einheit der Handwerksmethodik war zerstört. Die Tonsatzlehre Paul Hindemiths grün-
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det sich nicht, wie die Zwölfton-Methodik, auf die temperierte Stimmung, sondern auf die Naturtonreihe. Sie nimmt die zwölf Halbtöne nicht als absolute, gleiche Werte, sondern ordnet sie nach dem Grad ihrer Verwandtschaft zum Grundton. Quint und Quart sind die nächstverwandten Töne, es folgen Sext, Terz, Sekunde, Septime, am fernsten ist die übermäßige Quart, der Tritonus. Damit ist die klassische Dur- und Moll-Tonalität überwunden. Nicht die diatonische, sondern die chromatische Tonleiter ist die Grundlage; sie ist aber nicht die abstrakte Tonreihe der Zwölftönetechnik, sondern eine lebendige Gemeinschaft von Tonindividualitäten, aus denen sich vielfältige harmonische Beziehungen ergeben. Der harmonische Raum ist gegenüber der klassischen Tonalität erweitert. Der Dreiklang ist auch hier noch Zentrum, Anfang und Ende des Geschehens; Hindemith nennt ihn „eine N a t u r erscheinung, einfach und überwältigend wie der Regen, das Eis, der W i n d " . Hindemith ordnet alle möglichen Zusammenklänge nach Wert und Spannung, Eigenschaften, die in umgekehrtem Verhältnis zueinander stehen. Der harmonische Ablauf einer Komposition wird von zwei H a u p t kräften bestimmt: von dem harmonischen Gefälle, der Beziehung der absoluten Akkordwerte, und vom Stufengang, der Reihenfolge und dem relativen Verhältnis der Akkordgrundtöne größerer musikalischer Zusammenhänge. Das System ist ein Gedankengebäude von bezwingender Schönheit' in seiner Spannung von Ratio und Mystik berührt es sich ebenso mit der Denkweise der modernen Physik wie mit der mittelalterlichen, theologisch bestimmten Philosophie. „Ein einziger Ton ist die Wurzel der zu ihm gehörenden Tonleitern, die chromatisch geordnete Zwölftonreihe, geboren aus den Spannungen, die durch Gegeneinanderstellen schwingender Einheiten in den Größenverhältnissen der einfachen Zahlen von eins bis sechs entstehen — klingt das nicht wie ein leiser T o n aus der Musica mundana der Alten, aus jenen Sphärenharmonien, die über den beiden irdischen Arten der Musik — der
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Música humana und derjenigen, „quae quibusdam constituía est instrumentis" — als dritte thronen? Die so vollkommen sind, daß die unzureichenden Sinnesorgane der Menschen sie nicht vernehmen, ja, die zu ihrer Auswirkung nicht einmal des Klanges bedürfen, da die Zahlenrelationen als Urgrund und Sinn aller Bewegung und alles Klingens dem denkenden Geiste mehr sind als das Äußere der Musik, der Klang, durch den sie profaniert und in die menschliche Sphäre des Erfühlbaren versetzt werden." Der Musikdramatiker Paul Hindemith erfordert eine besondere Betrachtung. Wie bei Mozart verhält es sich auch bei Hindemith so, daß ein absoluter, alle Formen und Praktiken der Instrumentalkunst beherrschender Musiker zugleich von der Leidenschaft f ü r die dramatische, darstellende und ausdrückende Musik besessen ist und auf dem Gebiete der Oper Leistungen vollbringt, die seine reinmusikalischen Werke zum mindesten aufwiegen. Schon der „Cardillac", das erste große, vollgültige Bühnenwerk, ist als Formtypus von beispielhafter Bedeutung. Das Zeitideal der konzertanten, auf naturalistische Illusion und dramatische Spannung verzichtenden Musizieroper ist hier vollkommen verwirklicht. Ernst Theodor Amadeus H o f f manns Erzählung von dem Goldschmied Cardillac, der die Käufer seiner Geschmeide ermordet, weil er ihnen den Besitz seiner Werke neidet, ist vom Textdichter auf die psychologische Essenz reduziert worden: der werkbesessene, der gleißenden Magie des Goldes verfallene Künstler steht im Gegensatz zu Gesetz und Recht der menschlichen Gemeinschaft, die durch den Chor des Volkes repräsentiert wird. Das Schauerstück von dem unheimlichen, wie ein nächtlicher Raubvogel auf seine Opfer stürzenden Mörder wird zur oratorienhaften, lyrischen Auseinandersetzung zwischen dem frevelnden Individuum und der strafenden, übermächtigen Menge. Arien von barockem Typus, die die Singstimme in klar liniierte Orchesterpolyphonie einbauen, charakterisieren die Hauptfiguren, den dämonischen Goldschmied und seine Tochter; Duette fassen die dramatischen
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Begegnungen in feste Form, Aktionen werden zu konzerthaft untermalten Tanzszenen stilisiert. Das größte Gewicht liegt auf den Chorszenen: der Aufstand des geängstigten Volkes, dem ein Herold des Königs die Fahndung nach dem unbekannten Mörder verkündet, im ersten Akt und im dritten die gewaltige, als Wechselgesang zwischen Cardillac und dem Chor sich über zweiundzwanzig Variationen steigernde Passacaglia, die zur Katastrophe, der Ermordung Cardillacs, hinleitet. Hindemith hat die Oper später einer Umarbeitung unterzogen, die durch äußerliche szenische und musikalische Zutaten die klaren Umrisse der ersten Fassung verwischt. Wenn im Falle des „Marienlebens" die frühe und die spätere Fassung nebeneinander bestehen können, so muß man hier unbedingt der frühen den Vorzug geben. In „Neues vom Tage" wird das Prinzip der Musizieroper, dem komischen Sujet entsprechend, ins Buffoneske übertragen. Der Text persifliert die Oberflächlichkeit der Zeit, Ehescheidung, Managertum, Sensationslust sind die Themen. Die Musik ist durchsichtig, kühl und graziös, sie spielt mit Jazzklängen und verleugnet doch nicht ihren polyphonen Geist; die Heldin singt, in der Badewanne sitzend, eine Arie zum Lob der Warmwasserversorgung, ein Chor tippender Schreibmaschinenmädchen, von Klavieren, Xylophon und Glockenspiel begleitet, stilisiert den monotonen Arbeitsrhythmus der Zeit: Opera buffa als Zeitsatire, heiteres Spiel vor ernstem Hintergrund. Vernimmt man diesen ernsten Unterton der musikalischen Komödie, (so kann der Schritt zu „Mathis dem Maler" nicht gar so groß erscheinen. Hier vollzieht sich die notwendige Reaktion auf den Gegenwarts- und Fortschrittsglauben der zwanziger Jahre. Es melden sich Mächte und Erinnerungen, die verdrängt und verschüttet waren, Historie, Mythos und Religion werden wieder lebendig. Schönberg schrieb damals „Moses und Aron". Hindemith rief das späte Mittelalter auf und maß sich an der Gestalt des Malers Mathis Nithart, die rätselhaft und vieldeutig,
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hin- und hergetrieben von den Glaubenskämpfen einer revolutionären Zeit, zwischen gotischer Anonymität und barocker Individualität, zwischen mystischer Schwärmerei und leidenschaftlichem, qualvollem Wirklichkeitserlebnis steht. Keineswegs wollte Hindemith, der sich seinen Stoff selbst wählte und seinen Text selbst schrieb, eine historische Oper geben. Der Stoff ist Gleichnis, die Formulierung Bekenntnis. Was den Autor bewegte, war die Frage: Darf der Künstler, ungerührt von der N o t der Zeit, seinem weltfernen Schaffen leben? Oder soll er seine schöpferische Aufgabe verleugnen und tätig einen besseren Wirklichkeit dienen? Mathis, der Hofmaler des prachtliebenden Erzbischofs von Mainz, der sich in den Wirbel des Bauernkriegs stürzt, um den Armen und Unterdrückten zu helfen, der das Sinnlose seines Tuns erfahren muß und durch eine Hölle von Selbstqual und Verzweiflung, resigniert und vereinsamt, zu seiner Bestimmung, seiner Begabung zurückfindet, ist eine moderne, exemplarische Figur. Für diese Gestalt und ihren düsteren, wildbewegten geschichtlichen Hintergrund erweist sich das Schema der Musizieroper als zu eng. In dieses Schema passen die langen, mit motorisch pulsender Polyphonie untermalten Strecken der Partitur, die Chöre der Bauern und Bürger, die Kriegsmärsche der Söldner, die melodisch ausladenden Ensembles der Solostimmen, die immer wieder als lyrische Ruhepunkte die Handlung unterbrechen. Aber immer wieder bricht die Musik mit dramatischer Vehemenz aus den Schranken der Form aus. Ihre Kernstücke sind die Teile, die die Visionen des Malers Mathis Nithart, die Bilder des Isenheimer Altars Klang werden lassen, das lichte, von ekstatischer Erregung vibrierende Engelkonzert und die dämonisdie Kantate der Versuchung: ein musikalischer Wettstreit von Himmel und Hölle, der vom gregorianischen Lobgesang gekrönt wird. Daß danach die Schlußszene, der Abschied des Mathis von der Welt, noch eine .Steigerung bedeutet, spricht für den Dramatiker Hindemith, der durch das stockende Adagio, durch die Pause, das Ausklingen in das
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Nichts mehr erreicht als mancher Opernkomponist durch ein rauschendes Finale. Noch einmal hat der Dramatiker Paul Hindemith, wieder als sein eigener Textdichter, in die Geschichte gegriffen: mit der Oper „Die Harmonie der Welt", die zwei Jahrzehnte nach dem „Mathis" entstand und im Jahre 1957 in München uraufgeführt wurde. Der Held ist Johannes Kepler, der Astronom, Philosoph und Mystiker, in dem das rationale Denken der Renaissance sich mit der Phantastik des Barock vermischte. „Es sind die Himmelsbewegungen nichts anderes als ein fortwährender Zusammenklang rationaler, nicht tönender Art." Dieser Satz aus der „Harmonia mundi" bezeichnet den Punkt, in dem der Astronom Kepler und der Musiker Hindemith sich begegnen. Hindemiths Tonsatzlehre vergleicht die musikalische Harmonie der kosmischen Ordnung, sie nimmt die tönende, irdische Musik als Spiegelung der übersinnlichen „Musica mundana", die im Bewegungsrhythmus der Gestirne geistig faßlich wird. Auch dieses Werk ist Bekenntnis, Beitrag zur künstlerischen Diskussion der Zelt. Daneben ist es Chronik, episch-historisches Musiktheater. Die Kontroversen des jungen Protestantismus, der von dunklen Überresten mittelalterlichen Aberglaubens durchsetzt ist, die Stürme und Wechselfälle des dreißigjährigen Krieges sind der Hintergrund; das Prag Rudolfs des Zweiten, des wirren, wahngetriebenen Träumers auf dem Kaiserthron, die süddeutschen Städte, in denen Kepler wirkte, sind der Schauplatz. Wallenstein, der ehrsüchtige, Sternengläubige General, der Dämon und Antreiber des großen Krieges, wird zum Gegenspieler des Gelehrten. Fürstenmacht, Theologengezänk und Hexenwahn sind die Triebkräfte des Geschehens. Durch eine trübe, aufgewühlte Welt geht Kepler, der Denker, der, fasziniert von den ungeheueren Perspektiven des neuen kopernikanischen Weltbildes, die Fülle des erschlossenen Universums unter das Gesetz des menschlichen Geistes zwingen will: eine der Faustgestalten dieser revolutionierenden Epoche, Der musikalische Stil ist von dem
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des „Mathis" nicht wesentlich verschieden. Audi hier gibt es weite Strecken von konzertant-polyphonem Charakter, in volltönenden Ensemblesätzen bezeugt sich der kontrapunktische Geist der Musik. Aber das lyrische und das pittoreske Element treten stärker hervor, die Form ist durch rezitativische Partien gelockert. Das dämonische Scherzo des Hexengerichts, das Keplers Mutter bedroht, die rauschende Festpolonaise im Palast Wallensteins sind farbige musikalische Dekoration. Am Ende wird die Historie überhöht durch eine großartige barocke Allegorie: Die Szene wird zum Himmelsgewölbe, Sonne, Planeten und Sternenchöre singen den Hymnus der Weltenharmonie; das Rauschen kosmischer Stürme, das Schreiten und Kreisen astraler Rhythmen festigt sich zur Klangarchitektur eines aus Fuge und Passacaglia gefügten Chorfinales, das irdische Drama klingt aus in ein mystisches Oratorium. D A S MUSIKTHEATER V O N WEILL BIS ORFF
Zugleich mit Paul Hindemith traten zwei jüngere, dem Jahrgang 1900 angehörende Musiker in die Öffentlichkeit, die ähnliche Ziele verfolgten und dem Jahrzehnt nach 1920 wichtige Impulse gaben. Ernst Krenek, am 23. August 1900 in Wien geboren, tschechischer Abkunft, kam als Zwanzigjähriger mit seinem Lehrer Franz Schreker nach Berlin und erregte Aufsehen durch unförmige atonale Symphonien, in denen expressionistisches Pathos und harte, gewaltsame Motorik zusammenklangen. Drei Opernversuche, „Zwingburg", „Orpheus und Eurydike" nach einem Text des Malers Oskar Kokoschka und die Komödie „Der Sprung über den Schatten" hatten keinen nachhaltigen Erfolg. Im Jahre 1927 überraschte Krenek, der inzwischen an der Kasseler Oper als Assistent des Intendanten Paul Bekker Fühlung mit der Theaterpraxis genommen hatte, das Leipziger Publikum mit der Oper „Jonny spielt auf", die sofort einen Siegeszug über die deutschen und ausländischen Bühnen antrat und den Namen ihres Autors so populär machte, daß er späterhin, zum Nachteil seines
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künstlerischen Rufes„ mit diesem einen, recht unbedenklich konzipierten Werk identifiziert wurde. Was den Erfolg dieser Oper begründete, war der Griff in die Gegenwart, die Unvoreingenommenheit, mit der Menschen, Situationen und Fragen der Zeit auf die Bühne gestellt wurden. Der Neger Jonny, der Jazzgeiger, der dem Komponisten M a x die Gdiebte abspenstig macht und dem Virtuosen Daniello die Violine stiehlt, mit der er am Ende, auf einem rotierenden Globus stehend, zum T a n z aufspielt, verkörpert nicht nur den Jazztaumel der zwanziger Jahre, sondern darüberhinaus die sieghafte, unbelastete N a i v i t ä t der neuen Welt, die das Erbe des alten Europa antritt. Der kolportagehaften Handlung, die Hotelhalle, Straße und Bahnhofsperron als Schauplätze benutzt, entspricht die dramatisch schlagkräftige, von Jazzelementen und schwelgerischen Lyrismen durchsetzte Musik, die sich leicht und rasch Gehör verschaffte, aber keiner nachhaltigen Wirkung fähig war. Es folgten drei kleinere Opern, ebenfalls Zeitstücke und Zeitsatiren, und die große, an die Schaustücke Meyerbeers und Verdis angelehnte Oper „ D a s Leben des Orest", die den Atridenmythos in eine moderne, den J a z z einbeziehende Tonsprache faßte. Nach einer kurzen romantisierenden Schaffensperiode bekehrte sich Krenek, endgültig an der Ergiebigkeit des überlieferten tonalen Materials verzweifelnd, zur Zwölftönemethode der Schönberg-Nachfolge. Die Worte, mit denen er selbst von diesem Entschluß berichtet, zeugen von dem Ernst seiner Entscheidung: „Nach langem Uberlegen und gründlicher Gewissenserforschung beschloß ich, mich der Zwölftontechnik zu verschreiben. Ich wußte, daß die Entscheidung von größter Bedeutung für meine Zukunft als Komponist wie als Mensch sein würde. Ich durchlebte wohl viele Augenblicke, in denen ich den ernstesten Zweifeln in bezug auf die Daseinsberechtigung der Zwölftontechnik ausgesetzt war. Ich habe diese Anfechtungen stets überwunden, teils indem ich mich überzeugte, daß keine andere Schreibweise mich mehr befriedigen würde. Ferner empfand ich es als ein 16 Musik d. 20. Jhdt.
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Anliegen der moralischen Integrität, das begonnene Abenteuer durchzuhalten". Das erste Werk in der neuen T o n sprache, 1933 vollendet, erst 1938 in Prag aufgeführt, war die Oper „Karl V.", die als repräsentatives- H a u p t w e r k Kreneks gelten darf. Der Komponist, hier wie immer sein eigener Textdichter, wollte an einer großen Figur der österreichischen Geschichte den Konflikt von Willensfreiheit und Zwang übermächtiger Gewalten demonstrieren; die Oper hat die Form einer Beichte, die der sterbende Kaiser seinem Beichtvater ablegt, und wird so zur geistlichen Rechtfertigung eines weltlichen Lebens. Im Jahre 1938 emigrierte Krenek, der bis dahin in Wien gelebt hatte, nach Amerika, wo er in Minnesota und Los Angeles als Lehrer wirkte. Von seinen späteren Bühnenwerken ist die Oper „Pallas Athene weint" zu nennen, die 1958 in Hamburg aufgeführt wurde. Ihr Stoff ist der Abschluß des peloponnesischen Krieges, der Untergang des freien, demokratischen Athen durch die Kriegsmacht Spartas; das Problem der Freiheit, das Grundthema des Krenekschen Schaffens, wird in einer neuen, tragischen Variante behandelt. Auch auf instrumentalem Gebiete bewährt sich die Vielseitigkeit des Komponisten. Krenek hat, rasch und mühelos produzierend, über hundertzwanzig Werke geschaffen, darunter sieben Streichquartette, Sonaten für verschiedene Instrumente, Klavierstücke (bedeutsam die zwölftönigen „Miniaturen") Konzerte, Lieder und Kantaten. Bei alledem wirkt seine Musik nicht durch absolute Qualität, sondern als Zeitdokument, als Zeugnis einer proteisch wandlungsfähigen Persönlichkeit, die alle K r ä f t e der Epoche in sich aufsog und verarbeitete, aber sich nicht zum festumrissenen künstlerischen Charakter vollendete. Einfacher, eindeutig als Begabung und Persönlichkeit und darum in seinem Schaffen von nachhaltigerer Wirkung ist Kreneks Altersgenosse Kurt Weill, der, am 2. März 1900 in Dessau als Sohn eines Kantors geboren, in Berlin von Ferruccio Busoni entscheidende Anregungen empfing. Seine Früh werke lassen den Einfluß des Lehrers erkennen:
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es sind Orchesteropern, die expressionistische und buffonesk-spielerische Züge in ein kompliziertes, harmonisch und rhythmisch reizvolles Satzbild verschweißen. V o n A n f a n g an hat Weill, ein Künstler von ausgeprägtem Bühnensinn, literarisch wertvolle und inhaltlich interessante T e x t e komponiert. Für die Oper „Der Protagonist", die 1926 in Dresden aufgeführt wurde, hat Georg Kaiser das Libretto geschrieben. Sie spielt in England zur Zeit Shakespeares; der H e l d ist ein Schauspieler, der Spiel und Wirklichkeit nicht unterscheidet und im Rausch der tragischen Begeisterung seine Schwester ersticht. Der Einakter „ R o y a l P a l a c e " , nach I w a n Göll, ist ein mondänes Intermezzo. I n der Oper „Der Zar läßt sich photographieren", die 1928 in Leipzig uraufgeführt wurde, erklingen moderne T a n z r h y t h m e n . Der lustige T e x t , wieder von Georg Kaiser, behandelt das Abenteuer eines märchenhaften Zaren, der sich in Paris im Atelier Angele photographieren lassen will, dabei unversehens vor das Projektil einer Verschwörerin gerät und, ahnungslos mit ihr tändelnd, ein Spiel um sein Leben spielt; das Hauptstück des Werkes, der „ T a n g o Angele", der die gefahrvolle Liebesszene begleitet, wird nicht vom Orchester, sondern von einer Schallplatte gespielt, die medianische Musik dringt in die Oper ein. Entscheidend wurde für Weill die Begegnung mit dem Dichter Bertolt Brecht; in der Zusammenarbeit der Beiden, die 1 9 2 7 mit dem Songspiel „ M a h a g o n n y " begann, bildeten sich Idee und Ästhetik einer O p e r n f o r m heraus, die als „Neues Musiktheater" zu größter Bedeutung gelangten und als eigentümlicher und charakteristischer Beitrag des zwanzigsten Jahrhunderts zur Entwicklung der Oper gelten dürfen. Brecht, der Dichter der sozialen Revolution, des Aufstandes gegen die bürgerliche Gesellschaft, brach mit allen Traditionen des naturalistischen und psychologischen Theaters und stellte Spiele auf die Szene, die mit einfachen, typenhaften Gestalten, in lakonischer Sprache, durch stilisiert-zeremonielle Aktionen doktrinäre Thesen demonstrierten; das Lehrstück, das dem Zuschauer Erkennt16*
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nisse vermitteln will, das epische Theater, das zu Betrachtung und Nachdenken anregt, waren die Formen dieser aktivistischen Kunst, die ihre Thesen als schlagende Epigramme über die Rampe sandte und aus Zynismus und Empörung den Klang einer neuen Lyrik heraufrief. Die Musik hatte hier als stilisierendes, erhöhendes Moment ihre Funktion. Weill, der einmal gesagt hatte, er suche keinen neuen Stil, sondern ein neues Publikum, fand hier die Möglichkeit breiter, volkstümlicher Wirkung, die der Vereinsamung der als zeitfremd und veraltet geltenden Oper ein Ende setzen konnte. Seine Form wurde der Song, die liedhafte, aus dem Wort entwickelte, von Tanzrhythmen getragene Melodie; damit war ein Element wiedergewonnen, das seit der Klassik immer mehr aus der Oper und überhaupt aus dem Musik verdrängt worden war, das nun von den Hörern mit begeisterter Zustimmung akzeptiert wurde. Der Melodiker Weill mußte notwendig in engem tonalem Rahmen verharren; die Mittel der neuen Harmonik verwandte er nur als Reizklänge, wie er den rhythmischen Elan des Jazz als Stimulans benutzte. In seinem Orchester spielen die Holzbläser als Melodieträger eine bedeutende Rolle, die Streicher treten zurück, Blechbläser und Schlagzeug geben das starre rhythmische Gerüst; ein neuer, unverwechselbarer Klang, eindringlich wie das Melos, dem er Farbe gibt. So ergab sich ein musikalischer Stil, der, erstmalig in dieser Epoche der Komplizierung, volkstümliche Einfachheit mit unanfechtbarer Qualität verband. Die „Dreigroschenoper", eine Neubearbeitung der alten, die Oper Händeis parodierenden „Bettleroper" des John Gay, begründete mit einem Schlage den Ruhm der Autorengemeinschaft Brecht-Weill; das seltsame Stück, ein Schauspiel mit Musikeinlagen, das 1928 in Berlin aufgeführt wurde, überbot den Tageserfolg des Krenekschen „Jonny" durch Dauer und Nachhaltigkeit. Auf der Bühne standen Bettler und Dirnen, Verbrecher und Polizisten, von Schauspielern, nicht von Opernsängern dargestellt. Ihre frechen Lieder handelten von den Genüssen des Lebens,
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vom Mangel der Armen, vom Aufstand der Unterdrückten und Ausgestoßenen. Die gehämmerten, gehärteten Verse des Dichters wurden durch die lapidare, aufpeitschende Melodik des Musikers in ihrer Wirkung potenziert. „Verfolgt das Elend nicht zu sehr", „ D a s Recht des Menschen ist, auf dieser Erde, da er doch nur kurz lebt, glücklich zu sein", „Erst kommt das Fressen, dann kommt die M o r a l " : das waren die Thesen, die dem Hörer mit brutaler Offenheit zugeschleudert wurden: hier war etwas, das gesagt und gehört werden mußte, die Kunst hatte einen A u f t r a g von elementarer menschlicher Bedeutung. Die Oper „Aufstieg und Fall der Stadt M a h a g o n n y " , aus dem Songspiel entwickelt und 1930 unter heftigen Protesten politischer Gegner in Leipzig uraufgeführt, übertrug den Songstil in die Form der großen, durchkomponierten Oper; das Werk war eine leidenschaftliche Anklage gegen eine leere, dem Gelde hörige Welt, in der es „nichts gibt, woran man sich halten kann". Auf die Schuloper „Der J a s a g e r " , Weills Beitrag zur Laienmusik, folgte 1932 in Berlin die Oper „ D i e Bürgschaft", deren T e x t der Bühnenmaler C a s p a r Neher in Brechts Manier geschrieben hatte, eine szenische Ballade von der Freundschaft zweier Männer aus dem Lande U r b , die sich in der N o t und Verderbnis der industrialisierten Städte in H a ß und brutalen Egoismus verwandelt, ein düsteres, warnendes Zeitstück von biblischer Einfachheit und Größe. Die Musik zu Georg Kaisers „Silbersee" war Weills letzte Arbeit in Deutschland. 1933 floh er nach Paris, wo er, wieder in Zusammenarbeit mit Brecht, das Ballett „ D i e sieben T o d s ü n d e n " komponierte, und siedelte nach N e w York über, wo er zum Amerikaner wurde; er starb am 3. April 1950 in N e w York. Seine amerikanische Schaffensperiode ist ganz dem volkstümlichen Broadwaytheater gewidmet. „Knick er bocker H o l i d a y " , „Street scene", „ D o w n in the Valley", „ T h e ladv in the d a r k " , „Lost in the stars" sind die wichtigsten Titel einer musikdramatischen Kunst, die, den veränderten Bedingungen angepaßt, das gleiche Ziel verfolgt wie die for-
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mal anspruchsvolleren Werke der deutschen Schaffenszeil: lebenswichtige, allgemeinverbindliche Stoffe und Themen in allgemeinverständlicher Form zu behandeln, durch das ursprüngliche, elementare Wirkungsmittel der Musik, die gesungene Melodie, die Erlebnisse und Nöte der Zeit und der menschlichen Gesellschaft auszusprechen. Aus dem Kreise Busonis kamen zwei Musiker, deren kultivierte, nicht um volkstümliche Wirkung bemühte Kunst mit zum Bilde der Zeit gehört: Philipp Jarnad), geboren 1892, spanischer Abkunft, in Zürich, Berlin, Köln und Hamburg als Lehrer wirkend, schrieb formvollendete Kammer- und Orchestermusik; der Deutsch-Russe Wladimir Vogel, geboren 1896, in der Schweiz ansässig, stand der Schönberg-Schule nah; seine Instrumental- und Chormusik fesselt durch eigenwillige Faktur, die Oratorien „Tyl Claes" (nach de Costers Ulenspiegel-Roman) und „Wagadus Untergang" sind seine Hauptwerke. Der Pianist Artur Schnabel (1882—1951) war Komponist von atonaler Kammermusik und Symphonik, der Pianist Eduard Erdmann (1896—1958) trat mit Symphonien von Ausdruckskraft und künstlerischem Ernst hervor. Auf der Opernbühne kam der Schreker-Schüler Karol Rathaus (1895—1954) mit dem Auswandererdrama „Fremde Erde "zu Worte. Der Wiener Egon Wellesz, der, 1885 geboren, als Musikwissenschaftler in seiner Heimatstadt und seit 1938 an der Universität O x f o r d wirkte und sich vor allem der Erforschung der byzantinischen Musik widmete, gehörte als Komponist der Schönberg-Schule an und hinterließ mit seinen in asketischer, hochstilisierter Tonsprache gehaltenen Opern „Alkestis" (1929) und „Die Bacchantinnen" (1930) starke Eindrücke. Die Idee des Musiktheaters wirkte weiter. Sie löste sich von der sozialen Tendenz los, aus der sie hervorgegangen war, und wurde zu einer künstlerischen Doktrin, die gegen das romantische Musikdrama Wagnerschen Stiles, den übermächtigen Schatten einer großen Vergangenheit, als zeiteigene und zeitgemäße Form der Oper ausgespielt wurde;
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das epische Theater, das berichtende und deutende Spiel, das dem Zuschauer Bilder und Vorgänge vor die Augen stellte, um ihn zum denkenden, urteilenden Betrachter zu machen, wurde dem illusionistischen, affektgeladenen Operntyp der Romantik entgegengestellt. Mit der Objektivierung des dramatischen Geschehens näherte man sich wieder der Stilisierung des Barock theaters; die musikbedingten Formen der Oper, Arien und mehrstimmiges, konzertantes Ensemble, kamen wieder zur Geltung, das Streben nach Begrenzung und Festigung, das der Bewegung des Klassizismus innewohnte, wurde hier gefördert und gerechtfertigt. Die unmittelbare Nachfolge Kurt Weills trat der Siebenbiirger Rudolf Wagner-Regeny an (geboren 1905), dessen Opern „Der Günstling" (1935), „Die Bürger von Calais" (1939), „Johanna Balk" (1941) den Songstil und die Bilderbogentechnik des „Mahagonny" unverändert übernahmen. Den politischen Auftrag Brechts vollstreckte Paul Dessau (geboren 1894), ein fruchtbarer und vielseitiger, auf den Gebieten der Instrumentalmusik und des Oratoriums, der Bühnen- und Filmmusik tätiger Komponist, der mit der 1951 in Berlin aufgeführten Vertonung des Brechtschen Spiels „Das Verhör des Lukullus" ein Beispiel politisch-ideologischen, dabei künstlerisch ernstzunehmenden Theaters gab. Eine zeitlose, poetisch-phantastische Richtung verfolgte der im Jahre 1900 geborene, in seiner Heimatstadt Stuttgart als Hochschulleiter wirkende Hermann Reulter, der mit Liedern und Oratorien, Klavierund Orchesterwerken einen volkstümlich einprägsamen, aus barocken und spätromantischen Elementen entwickelten Stil vertrat; seine Bühnenwerke „Saul" (1928), „Der verlorene Sohn" (1929), „Doktor Johannes Faust" (1936), „Odysseus" (1942), „Don Juan und Faust" (1950) bilden ein geschlossenes dramatisches Oeuvre, das bedeutende, mythische Stoffe in klarer, kraftvoller musikalischer Zeichnung auf die moderne Szene stellt. Als Begabungen geringeren Formats sind Ottmar Gerster (geboren 1897) mit
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„Enoch Arden" und der „Hexe von Passau" und Leo Justinas Kau ff mann ( 1 9 0 1 — 1 9 4 3 ) mit den romantisierenden Opern „Die Geschichte vom schönen Annerl" und „Das Perlenhemd" zu nennen. Der Schweizer Heinrich Sutermeister (geboren 1910) näherte sich mit den Opern „Romeo und J u l i a " (1939), „Die Zauberinsel" (nach Shakespeares „Sturm") (1942), „Raskolnikow" (1948) der schönen Illusionsoper und dem psychologisierenden Musikdrama. Erst spät, mit mehr als vierzig Jahren, ist der 1890 in Genf geborene Schweizer Frank Martin der internationalen Öffentlichkeit bekannt geworden. Sein OpernOratorium „Le vin herbé" (Der Zaubertrank) von 1938 ist eine Variante des alten Tristan-Stoffes, eine kammermusikalische Partitur von asketischem, verhaltenem Klang. Dieser T o n ist auch für die Kammermusik und die geistlichen W e r k e Martins charakteristisch; immer ist es ein gezügeltes, besonnenes Musizieren, hinter dem das Erlebnis Schönbergs steht, in dem aber der Klang der Romantik noch vernehmlich nachschwingt. Aus der späteren Zeit Martins, der in Köln als Lehrer wirkte, sind vor allem die Shakespeare-Oper „Der Sturm" und das 1960 in Salzburg aufgeführte „Mysterium von der Geburt des H e r r n " , ein bedeutsamer Versuch modernen kultischen Theaters, zu nennen. In ganz anderer Richtung verlief das Schaffen Boris Blachers, der, von baltischer Herkunft, 1903 in Newchwang in China geboren wurde und jung nach Berlin kam, wo er 1953 'die Leitung der Musikhochschule übernahm. Blacher nimmt in der deutschen Musik seiner Zeit eine Sonderstellung ein. Seine Musik ist von Geist und Grazie geprägt, er ist der Meister des Leichten, elegant Formulierten, W i t z , Ironie und funkelnde Brillanz sind Kennzeichen seines Stils, expressive T ö n e fehlen ganz, dennoch ist seine Musik fähig, auch ernsten Inhalten gerecht zu werden. Der spielerische Zug seiner Musik mag auf Eindrücke chinesischer Kunst zurückgehen, die er in seiner Jugend aufgenommen hat. Formsinn und Lust am Experimentieren ließen ihn an
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den technischen und stilistischen Bestrebungen der Zeit teilnehmen; er hat sich der Zwölftontechnik bedient und hat ihre Methodik auf das Gebiet der Metrik übertragen: sein Prinzip der variablen Metren ordnet wechselnde Taktarten nach dem Gesetz der Reihe. Für den Instrumentalkomponisten sind bezeichnend die rhythmisch lebendige, prägnant geformte „Konzertante Musik" und die effektvollen Paganini-Variationen für Orchester sowie die zwei durch kühle, klare Ornamentik charakterisierten Klavierkonzerte. Die Reihe der Bühnenwerke begann 1941 mit der „Fürstin T a r a k a n o w a " . 1947 folgte die Kammeroper „Die Flut", die, aus der existentialistischen Lebensstimmung der Nachkriegszeit hervorgegangen, in der Form des Lehrstücks das Verhalten der Menschen in der Gefahr, bei steigender Flut, behandelt; hier ist ein Stil der lapidaren Einfachheit entwickelt, der Mensdilich-Lebendiges gleichsam skelettiert, auf trockene Formeln reduziert zeigt. „Die Nachtschwalbe" und „Romeo und Julia" setzten die Reihe fort, die satirische Oper „Preußisches Märchen", der die Geschichte des Hauptmanns von Köpenick zu Grunde lag, war ein Meisterwerk an musikalischem Witz und tänzerischer Leichtigkeit der Erfindung. Seine nahe Beziehung zum T a n z bewies Blacher mit den bedeutenden Balletten „Lysistrata", „Hamlet" und „Der Mohr von Venedig". Mit der „Rosamunde Floris" (nach einem Drama Georg Kaisers) wandte er sich 1960 der ernsten Oper, der Darstellung des Psychologisch-Besonderen, Tragisch-Abwegigen zu. Dazwischen liegt ein seltsames Werk, das die Idee des typisierenden, das Individuelle verallgemeinernden Musiktheaters zur äußersten Konsequenz führt und ganz auf einen konkreten Stoff verzichtet: eine Oper ohne Worte und Handlung, „Abstrakte Oper N r . 1" betitelt. Den nur aus klingenden Lauten, aus aneindergereihten Vokalen und Silben bestehenden „Text" schrieb Werner Egk; das Szenarium nennt menschliche Grundsituationen, Angst, Liebe, Gespräch (das AneinandervorbeiReden, die mangelnde Kommunikation), Katastrophe, die
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als musikalische Szenen entwicklungslos nebeneinandergestellt werden. Auch die Musik wird vollends zur Abstraktion, sie arbeitet mit Rhythmen, scharfen, schneidenden Akkordklängen, gesichtslosen Themenrudimenten; aber gerade aus der Anonymität der Vorgänge, Gestalten und Ausdrucksmittel ergibt sich eine packende Gegenwärtigkeit; die Ängste einer von Katastrophen bedrohten Zeit werden in abstrakten Formeln, verschlüsselt und doch unmittelbar verständlich, dem Zuschauer zum Bewußtsein gebracht. Blachers Schüler Gottfried von Einem, 1918 in Bern geboren, österreichischer Nationalität, führte sich 1942 mit einem Ballett „Prinzessin T u r a n d o t " ein, hatte 1947 mit einer Revolutionsoper nach Büchners „Dantons T o d " Erfolg und lieferte mit einer Dramatisierung und Vertonung von Franz Kafkas Roman „Der Prozeß" einen interessanten Beitrag zum Zeittheater. Die Entwicklung des Musiktheaters fand ihre Vollendung im Schaffen zweier bayerischer Komponisten, die mit schöpferischer Unbefangenheit, keiner kompositionstechnischen Schule und Konvention verpflichtet, die K r a f t zu einer Originalität aufbrachten, die sich erfrischend von dem handwerksgewandten Epigonentum klassizistischer oder barocker Orientierung abhob; beide als Musiker begrenzt und angefochten, aber besessen von der Leidenschaft für das Theater und befähigt, die Magie des Spiels und der Szene in ihrer vollen, wirkungsmächtigsten Ursprünglichkeit zu entfesseln. Werner Egk, der am 17. Mai 1901 in Auchsesheim geboren wurde und, abgesehen von vorübergehender Tätigkeit in Berlin als Dirigent der Staatsoper und später als Leiter der Musikhochschule, in Locham bei München lebte, verschmolz als Musiker Weilische Einflüsse mit bajuwarischer Urtümlichkeit und ausgeprägtem Sinn für französisch-impressionistische Klangkultur. Das Kolorit ist das wesentliche Element seiner Musik. Nicht nur die Instrumentation, auch die Harmonik wirkt als Farbe, der Klang, der interessante, reizkräftige Akkord bestimmt die Dynamik des Geschehens; Egk steht den poly-
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phonen Stilbestrebungen seiner Zeit völlig fern, er überträgt das intuitive, aus dem Einfall entwickelte Musizieren der Romantik in die knappen, präzisierten Formen der Gegenwart. Als Dramatiker ist Egk der Meister des Dämonischen und auch in diesem Sinne eine romantische Erscheinung. Es bezeugt sich als Groteske, als Sympathie mit dem Verderbten, als hintergründige Banalität, es steigert sich zum Satanischen. Egks Werk steht, geistlich gesprochen, der Hölle näher als dem Himmel. Seiner Musik fehlt das erlösende Element, sie ist triebhaft gebunden, irdischer Lust und Tragik verhaftet. In der Ehrlichkeit und Unbedingtheit, mit der sie sich auf diesen Bereich beschränkt, liegt das .Geheimnis ihrer Wirkung; sie gibt ihren Hörern den Mythos des Bösen mit einer dämonischen Naivität, die der Kunstfertigkeit barockisierender Bildungsmusiker weit überlegen ist. Werner Egk begann mit dem Puppenspiel; Kaspar, der Hanswurst des Kinder- und Volkstheaters, ist sein erster Held: „Die Zaubergeige", eine unbedenklich musizierte, mit deftigen Walzerrhythmen und unverblümten Gefühlstönen spielende Märdienoper nach Pocci, war 1935 sein erster Bühnenerfolg. Von hier war der Sprung zum „Peer Gynt" (1938) nicht so weit, wie er scheinen will. Der Held, Träumer, N a r r , Tatmensch, fernensüchtiger Eroberer in einer Person, ist eine moderne tragische Gestalt, sein Drama ein Mythos des zwischen Illusion und brutalem Realismus schwankenden neunzehnten Jahrhunderts; das Marionettenspiel weitet sich zum Welttheater. Bezeichnend ist, daß die realistischen, trivialen Episoden, die Szene der betrügerischen Kaufleute und der T a n z in der Hafenschenke, sich als Song und Chanson vordrängen, daß die reinen und zarten Töne, die um die Gestalt Solveigs sind, zurücktreten; von packender Originalität sind die Szenen der Trolle, die nicht als elbische Märchenwesen, sondern als verkommene, zerlumpte Gestalten, als Verkörperung des Gemeinen und Niedrigen erscheinen; hier ist Egk die Dämonisierung des Banalen gelungen. „Columbus", die
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folgende Oper (1941), geht auf ein frühes Funkoratorium zurück; der Untertitel „Bericht und Bildnis" bezeichnet den epischen Charakter des Spiels, das von zwei Sprechern, die wie Anwälte für und wider den Helden Partei nehmen, dialektisch kommentiert wird. Wieder ist der Held ein Abenteurer, eine Mischung von N a r r und Genie, von Begnadung und Schwäche: Columbus, als Phantast verlacht, triumphiert über die Weisen der Welt, Gelehrte und Priester, und entdeckt den neuen Erdteil, aber er überliefert ihn der Goldgier, dem Laster und dem Verfall, und endet schuldig und verachtet im Kerker. Ein Lehrstück und zugleich ein historischer Bilderbogen, bunt koloriert mit lasziven Soldaten- und Matrosenszenen, mit Indianertänzen und festlichem, trompetenschmetterndem Tedeum; eine prägnante, schlagkräftige Partitur, die ganz der theatralischen Wirkung dient. In zwei Tanzdramen hat Egk den beiden überragenden Mythengestalten der Neuzeit neue Gestalt gegeben. „Joan von Zarissa"(1940) ist eine Umformung des Don-Juan-Stoffes; die Fabel wird in das Burgund des späten Mittelalters verlegt, das Raffinement der dekadenten gotischen Kultur wird zur Kulisse der T r a gödie der Sinnlichkeit. „Abraxas" (1947), das Gegenstück, behandelt die Faustsage in Anlehnung an die Heinesche Fassung: Faust erliegt der Teufelsbuhlin Archisposa und verfällt mit der unschuldigen Margarete der Hölle. Hier vor allem übt der satanische Klang der Egkschen Musik seine unheimliche Faszination; die Höllenszene, ein Pandämonium pervertierter Lust, steht an Grauen nicht hinter den düstersten Erdichtungen der Roman.tik zurück. Die späteren Opern Werner Egks, „Circe" (1949), „Irische Legende" (1953) und eine derbkomische Vertonung des Gogolschen „Revisor", hatten nicht mehr die gleiche Frische der Erfindung. Unter den Konzertwerken sind das Oratorium „Furchtlosigkeit und Wohlwollen", die auf Rameau fußende Orchestersuite „Allegria", die Orchestervariationen über ein karibisches Thema und die „Versuchung des heiligen Antonius", ein Zyklus nach Texten und Melodien
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des französischen Rokoko für Altstimme und Streichquartett oder Streichorchester, ein höchst charmantes, witziges Zeugnis des Egkschen Satanismus, zu nennen. Vollends dem Theater verbunden ist Carl O r f f , ein Künstler, der in keine der gegebenen Kategorien der Opernkomponisten einzuordnen ist und der dennoch zum weithin anerkannten Repräsentanten des musikalischen Zeittheaters wurde, einer der beunruhigenden und geheimnisvollen Rätselsteller der modernen Kunst, eine vieldeutige Gestalt, die alle Schattierungen vom Schalk bis zum Tragiker umfaßt. Am 10. Juli 1895 in München geboren, ist Carl Orff einige Monate älter als Paul Hindemith. Aber während Hindemith schon gegen 1920 mit Werken von revolutionärer Schlagkraft die Aufmerksamkeit auf sich lenkte, hatte Orff erst 1937 mit der Liederpartitur der „Carmina Burana" den entscheidenden Erfolg, der den in den Grenzgebieten von Komposition, Philologie und Pädagogik experimentierenden Sonderling zum Musiker des Tages machte. Vieles mußte vorausgehen, damit es zu diesem Durchbruch der Produktivität kommen konnte. Nach Studien bei Kaminski arbeitete Orff auf derp Gebiete tänzerischer Musikerziehung, wobei er den Grund zu der Aktivierung der rhythmischen U r k r ä f t e legte, die das wesentliche Element seines Kompositionsstiles wurden. Der Ansatzpunkt des Dramatikers liegt am Ursprung der Oper: Orff begann als Bearbeiter Monteverdis, des frühesten musikdramatischen Genies auf der Grenze von Renaissance und Barock; das Orpheus-Drama, die Klage der Ariadne, das Urbild der Opernarie, die Buffokomödie „Tanz der Spröden" hat er in freier Erneuerung auf die Bühne gestellt, und damit auf Vorbilder hingewiesen, die jenseits aller überlieferten Konventionen lagen. Das Streben nach den Ursprüngen, das Zurückdringen in immer fernere Vergangenheit darf als Prinzip des Orffschen Schaffens betrachtet werden. Es führte ihn ins Mittelalter, zu den Vagantenliedern der Benediktbeurener Handschrift, übermütigen, frechen Reimen in kernigem Mittelhochdeutsch
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und gravitätischem Mönchslatein, aus denen er eine naivmelodische, von gewaltigen Rhythmen pulsende Kantate der Lebensfreude schuf: die „Carmina Burana" haben seinen Ruhm begründet und um die Welt getragen. Orffs Stil ist hier zu überwältigender Schlagkraft ausgeprägt. Einfache, periodisierte Melodien im Dur- und Mollraum, zuweilen an archaische Typen, Pentatonik oder Gregorianik, anklingend, über langgehaltenen, orgelpunktartigen Grundtönen und Harmonien, vorwärtsgetrieben von ostinaten Rhythmen, deren pochende Hartnäckigkeit orgiastische Steigerungen ergibt: ein magischer Primitivismus, dessen "Wirkung durch die Instrumentation potenziert wird. Ein hart und scharf rhythmisierendes Orchester, in dem die Schlaginstrumente, Pauken und Gongs, Xylophone, Glocken und Steinspiele dominieren, formt ein Klangbild, das nichts mehr mit der Streicherkultur der klassischen Tradition zu tun hat. Orff hat dem Werk später zwei weitere Stücke hinzugefügt: „Catulli Carmina", Chöre und Sologesänge nach lateinischen Texten Catulls, von Tanzszenen begleitet, sind ein subtiles, leidenschaftliches Tongedicht von der Lust und dem Fluch des Eros. „Trionfo di Afrodite" verbindet Dichtungen von Catull, der Sappho und Euripides zu einer szenisch-chorischen Zeremonie, die den Festspielen der Renaissance nachgebildet ist. Das Ganze, unter dem Namen „Trionfi" zusammengefaßt und 1954 in der Scala zu Mailand uraufgeführt, ist ein grandioses, aus Musik, T a n z und szenischer Pracht gemischtes Fest des modernen Theaters, Repräsentation des Lebens und seiner Schönheit, zu hymnischem Rausch gesteigert. Die andere Linie des Orffschen Schaffens führt in die Welt des Märchens. Auch da geht es nicht um die kindliche Idylle. Es geht um die Regeneration des Theaters vom Ursprung her, um die schlichten Gestalten und die geheimnisvolle Symbolik der Volksdichtung. „Der Mond", 1940 uraufgeführt, ist als „kleines Welttheater" bezeichnet; die Bühne ist in Erde, Unterwelt und Himmel geteilt, die
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Gestirne spielen mit, ein Erzähler, bei einer kleinen Lampe an einem Tische sitzend, singt und sagt v o n alten Zeiten: episches T h e a t e r , zur kosmischen K o m ö d i e geweitet. Die Geschichte v o n den vier Bauernburschen, die den M o n d stehlen u n d ihn, als sie sterben, sich viertelsweise mit ins G r a b legen lassen, h a t ein gutes Teil Grauen, T o d e s p h a n t a s t i k u n d chthonisches D u n k e l in sich, und das ist es, was Orff gereizt hat. W e n n die T o t e n in der U n t e r w e l t , vom bleichen Licht des Mondes geweckt, aus den Särgen aufstehen, w e n n sie trinken u n d w ü r f e l n , einander betrügen und prügeln und es treiben, wie sie es vorher im Leben getrieben haben, so spürt der Zuschauer das W a l t e n eines abgründigen H u m o r s von Gogolscher Tiefe, der über die irdische Wirklichkeit ins Jenseits hinübergreift. Die Musik a h m t die melodische N a i v i t ä t des Volksliedes nach, sie p a r o d i e r t derbe, h o l p e r n d e Bauerntänze mit schmetternden T r o m p e t e n , mit Zither- und Leierkastengedudel. Aber sie w ü r z t das Einfache mit rhythmischen Capricen u n d geistvollen V a r i a n t e n , sie mischt dem Volksliedklang eine Dosis v o n Ironie bei, die die Treuherzigkeit des Märchens satirisch in Frage stellt. Das w i r d noch deutlicher in dem Spiel „Die Kluge", das 1943 vollendet w u r d e . D a s M ä r chen v o m König und der klugen Bauerntochter w i r d k o n t r a p u n k t i e r t v o n den Rüpelszenen dreier Strolche, die den zynischen W i t z der Dreigroschenoper ins B a j u w a risdie transponieren. Spielt hier schon das gesprochene W o r t neben dem gesungenen eine Rolle, so ist „Die Bernauerin" (1947), die H i s t o r i e v o n der schönen Baderstochter, die ihre Liebe zu dem jungen H e r z o g Albrecht mit dem T o d e b ü ß t , ein Schauspiel mit C h ö r e n ; b e r ü h m t ist die dämonische Hexenszene, die mit wüsten Schreien u n d peitschenden R h y t h m e n die H i n r i c h t u n g der unglücklichen H e l d i n begleitet. D a s „Spiel v o n der A u f e r s t e h u n g unseres H e r r n Jesu Christi" u n d das Weihnachtsspiel behandeln religiöse Stoffe in der Manier des volkstümlichen Barocktheaters. Der W e g zu den U r s p r ü n g e n mußte, zu Ende gegangen,
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zur antiken Tragödie, zum Anfang des abendländischen Theaters führen; so zeugen „Antigonae" (1949) und „ödipus der T y r a n n " (1959) von der Konsequenz, die das Schaffen Carl Orffs regiert. Wenn Orff Sophokleische Tragödien als Texte wählte, so war das weder ein Tribut an die klassizistische Zeitmode noch eine philologische Bemühung um theaterhistorische Werte. Es war der Versuch, das Urbild der Tragödie, das erhabene Gleichnis von Schuld und Schicksal des Menschen, mit zeitlos-primitiven, keiner musikalischen Mode verpflichteten Mitteln zu rekonstruieren. Orff verzichtet — im Gegensatz zu Strawinsky, der den Ödipus-Stoff dem Gesetz der Musik anpaßte — auf die modernen Konventionen der Melodie und der Harmonik, auf Arie und Formenbau, er gab ein unendliches Rezitativ und eine rhythmisch gebändigte, monoton-feierliche Fülle chorischer Lyrik, begleitet von Bläsern und Kontrabässen, Klavieren, H a r f e n und fremdartigaltertümlichen Schlaginstrumenten. Er ließ das dichterische Wort in der sprachgewaltigen Übersetzung Hölderlins wirken und entfesselte den dionysischen Rausch elementarer Klänge, wie sie einst Orchestra und Szene des griechischen Theaters überflutet haben mögen. Man hat gefragt, ob Partituren dieser Art noch als Musik gelten dürfen. Gewiß stehen sie modernen Musiziergewohnheiten denkbar fern. Sie verwenden den Klang als Naturereignis, als elementaren Rohstoff, den Rhythmus als magisches Stimulans. Sie zwingen den Hörer zurück in einen Urzustand des Hörens und Erlebens, sie tragen damit bei zur Regeneration der musikalischen Mittel, die eine hochgezüchtete Kompositionstechnik überfeinert und verbraucht hatte. In seiner musikalisch-dramatischen Totalität, in seiner zwiefältigen Bedingtheit durch bajuwarische Ursprünglichkeit und humanistischen Gelehrtengeist steht das Werk Carl Orffs einsam, aber voll erstaunlicher Lebenskraft in der Zeit, den versunkenen Traditionen des abendländischen Theaters ebenso wie der künstlerischen Aktivität der Gegenwart verbunden.
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TRADITIONALISMUS, KIRCHENMUSIK U N D NEUE MYSTIK Als Reaktion auf den stürmischen Avantgardismus, auf den Gegenwarts- u n d Fortschrittsglauben der zwanziger Jahre meldete sich im vierten J a h r z e h n t des Jahrhunderts überall die Besinnung auf Vergangenes, Zeitloses und Beständiges, an die Stelle aktueller Tageskunst traten das neuerwachte Interesse f ü r die Historie u n d die Pflege der Traditionen. W a s sich in Hindemiths „Mathis", in Milhauds „Columbus", in Schönbergs „Moses u n d A r o n " ankündigte, w u r d e bald allgemein; die Epoche der vordergründigen Weltlichkeit ging zu Ende, Religion und Mystik wurden wieder zu T h e m e n der Kunst. H i e r ist auf die Leistung der zu einer umfangreichen Disziplin entwickelten Musikwissenschaft einzugehen, deren naturgemäß rückwärtsgewandte, historisierende T e n d e n z immer stärkeren Einfluß auf das praktische Musikleben gewann. Die E r schließung der musikalischen Vergangenheit, die im neunzehnten J a h r h u n d e r t mit der Wiederentdeckung Bachs begonnen hatte, w a r inzwischen beträchtlich fortgeschritten. Immer fernere Regionen dieser Vergangenheit waren denn Dunkel der Vergessenheit entrissen worden, Barock, Renaissance, Gotik bis zurück zur Geburt der abendländischen Kunstmusik in der Mehrstimmigkeit der Meister von N o t r e D a m e waren erforscht und bis in die Einzelheiten ihrer stilistischen Strömungen durchleuchtet. Der Blick des gebildeten Musikers, der f r ü h e r bis zu Bach als zu einer fast schon mythischen Größe der Vorzeit gedrungen w a r , überschaute nun mühelos viel weitere R ä u m e ; vergangene J a h r hunderte mit ihren Meistern, Schulen, Formen und Bräuchen traten deutlich wie Gegenwärtiges in das allgemeine Bewußtsein, der Begriff der T r a d i t i o n erhielt einen neuen, vertieften u n d verpflichtenden Sinn. Der Franzose A n d r é Pirro (1869 bis 1943) trug ebenso wie der Organist, T h e o loge u n d A r z t Albert Schweitzer (geboren 1875) zur E n t wicklung des Bachbildes bei. Über M o z a r t arbeiteten H e r 17 M u s i k d. 20. J h d t .
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mann Abert (1871 bis 1927), der Engländer E d w a r d Dent (1876) und Alfred Einstein (1880 bis 1952). Romain Rolland (1868 bis 1944) widmete sich der französischen Musikgeschichte, bevor er als Romandichter berühmt wurde. In Deutschland wirkten Adolf Sandberger (1864 bis 1943), Arnold Schering (1877 bis 1941), der vielseitige, als Schützbiograph hervortretende H a n s Joachim Moser (geboren 1889), Johannes Wolf (1869 bis 1947), der Entschlüßler alter Notenschriften, Ernst Bücken (1884 bis 1949), Friedrich Blume (geboren 1893), Rudolf Gerber (1899). Erich von Hornbostel (1877 bis 1935) bearbeitete das Gebiet der Musik-Ethnologie, Curt Sachs (1881 bis 1958) das der Instrumentenkunde. Ernst Kurth (1886 bis 1946) war Schöpfer der Musikpsychologie und Deuter der romantischen Harmonik, H a n s Mersmann (1891) pflegte Ästhetik und Phänomenologie der Musik, Theodor W . Adorno (1903) erregte Aufsehen mit musiksoziologischen, philosophischen und zeitkritischen Schriften. Auf dem Gebiete der Musikerziehung, die sich intensiver öffentlicher Fürsorge erfreute und in Deutschland zur Zeit der "Weimarer Republik in dem Busonischüler Leo Kestenberg (1882) einen weitblickenden Organisator gefunden hatte, wirkten Georg Schünemann (1884 bis 1945), Eberhard Preußner (1899) und Fritz Jöde (1887), der als Komponist und Sammler von Liedern, als pädagogischer Schriftsteller, Veranstalter von „offenen Singstunden" und Musizierkursen zum Anreger der Volks- und Jugendmusikbewegung wurde; nach dem zweiten Weltkrieg erhielt diese Bewegung in der von dem Belgier Marcel Cuvelier gegründeten „Fédération des Jeunesses musicales" internationale Weite und Resonanz. In Deutschland begegnete sich die Rückkehr zum Traditionalismus zeitlich mit der Machtergreifung des Nationalsozialismus, der einen großen Teil der erfolgreichen Künstler aus dem Lande vertrieb und ihre Schaffensziele diffamierte. Eine neue Musikergeneration trat nach 1933 auf den Plan, die zum Teil in das Getriebe der staatlichen Kultur-
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politik eingespannt wurde. Die Jugendmusikbewegung wurde nationalisiert, die Pflege des alten und neuen Volksliedes erhielt politischen Akzent. In den Sing- und Spielformen, die die Laienmusik ausgebildet hatte, erwuchs eine der politischen Propaganda dienende Zweckkunst, die mit der Konstituierung des „Dritten Reiches" aufblühte und mit seinem Untergang spurlos verschwand. Auch außerhalb der politischen Kunstsphäre machte sich der Stilwechsel in der Vereinfachung der kompositorischen Mittel, in der entschiedenen Rückkehr zur Tonalität und im Anknüpfen an ältere, historisch sanktionierte Vorbilder bemerkbar. In zwei starken Begabungen, die sich in den dreißiger Jahren entfalteten, prägte sich der Stil der Zeit vor allem aus. Der Franke Karl Höller, der 1907 in Bamberg als Sohn des dortigen Domorganisten geboren wurde, in München bei Joseph H a a s studierte und nach langer pädagogischer Tätigkeit als Nachfolger seines Lehrers zum Präsidenten der Münchner Akademie aufrückte, ist der Reger-Nachfolge zuzuordnen. Sein umfangreiches Schaffen, bestehend aus Kammer- und Orchestermusik, Orgel- und Chorwerken ist charakterisiert durch süddeutsche Musizierfreude, durch lebhaftes harmonisches Kolorit und kontrapunktische Solidität; von alten Vorbildern wie Frescobaldi und Sweelinck stößt es vor zu gemäßigter, mit herbkräftigen Klangbildungen spielender Modernität. Der Norddeutsche Harald Genzmer, 1909 in Blumental bei Bremen geboren, in Berlin und Freiburg lebend, blieb als Meister neubarocker Polyphonie seinem Lehrer Paul Hindemith verpflichtet; aus seinem überwiegend instrumentalen Schaffen hebt sich ein Konzert für Trautonium, ein elektronisches Saiteninstrument, und Orchester als Kuriosum ab. Günter Raphael, (1903 bis 1960) in Berlin geboren, durch seinen Lehrer Arnold Mendelssohn früh auf geistliche Musik hingewiesen, ließ in seinen Symphonien, Konzerten und Kammermusikwerken noch romantische Einflüsse spüren; stilistisch nahe steht ihm der 1902 in Potsdam geborene, in Berlin wirkende 17*
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Hans Chemin-Petit. Der Baltendeutsche Gerhart von Westerman (geboren 1894) schrieb Orchesterwerke und dramatische Musik. Max Butting, 1888 in Berlin geboren, kehrte in seiner Instrumentalmusik nach fortschrittlichen Versuchen zu traditionellen Formen zurück. In der Nachfolge •Hindemiths bildeten sich der Frankfurter Kurt Hessenberg (geboren 1909), der Rheinländer Paul Hoff er (1895 bis 1949), der als Hochschulleiter in Detmold und Hamburg wirkende Wilhelm Maler (geboren 1902 in Heidelberg), der Berliner Siegfried Borris (geboren 1906) einen eigenen Stil. Der Münchner Karl Marx (geboren 1897), der Rheinländer Emst Lothar von Knorr (geboren 1896), der T h ü ringer Walter Rein (1893 bis 1959) schrieben Lieder und Chorkantaten, der in München und Salzburg lebende Cesar Bresgen (geboren 1913) hatte darüberhinaus mit Märchenopern Erfolg. Als charaktervolle Einzelerscheinungen sind der Berliner Hermann Simon (1896 bis 1948), Komponist eines Opernmysteriums „Reinhold Lenz", geistlicher Gesänge und weltlicher Lieder, der aus Dessau stammende, überwiegend OrcRestermusik komponierende Heinz Schubert (1908 bis 1945), der Schlesier Edmund von Borck (1906 bis 1944), der mit Symphonik und einer GrabbeOper „Napoleon" hervortrat, der 1904 in Hannover geborene Reinhard Schwarz-Schilling zu nennen, der mit stilistisch kultivierten Instrumental- und Vokalwerken die Linie seines Lehrers Kaminski fortsetzte. Die Schweizer Conrad Beck (geboren 1901) und Robert Oboussier (1900 bis 1957) vertraten einen westlich inspirierten, zu radikalen Formulierungen vorstoßenden Klassizismus. Als Exponent einer jüngeren Generation gehört der 1917 im fränkischen Kronach geborene, in Berlin dozierende und komponierende Max Baumann dem barock-historisierenden Stilkreise an; seine Instrumentalwerke streben aus neubarocker Bindung zu persönlicher Form, seine geistlichen, von gregorianischen Elementen durchsetzten Vokalwerke sind von schlichter kirchlicher Würde; eine'Chorpassion nach Matthäus fesselt durch Einführung eines Sprechers f ü r die
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Worte Christi und durch die dramatisierende Verwendung von Schlaginstrumenten. Der eigentlich wichtige künstlerische Ertrag jener Jahre ergab sich aus der Gegenwirkung gegen die geistige Diktatur der politischen Mächte auf dem Gebiete der Kirchenmusik. Die Musik, die rigoros in den Dienst weltlicher Zwecke und Ziele gestellt wurde, wich aus in Bereiche, die ihrer metaphysischen Dimension Raum gaben; ihre ursprüngliche Eigenschaft erstarkte im Widerstand gegen die Profanierung, die ihr zugemutet wurde. Die Kräfte, die sich hier regten, wurden von der Kirche aufgefangen und geleitet; vor allem war es die evangelische Kirche, die auf Anregung der Theologen Oskar Söhngen und Christhard Mahrenholz eine neue Kultur der liturgischen Musik und des Orgelspiels heraufführte. Die Wiedergeburt des musikalischen Barock, die als Historismus und ästhetische Zeitmode begonnen hatte, erhielt nun ihre geistliche Legitimation. Der kultische Geist der alten, vorromantischen Musik wurde wieder erweckt; der Auftrag der religiösen Verkündigung wurde an den Anfang des Schaffens gestellt. Der Choral, das Bekenntnislied der Lutherzeit, war Essenz und Cantus firmus des musikalischen Satzes. Damit war die Bindung an das Wort, die Basis des evangelischen Glaubens, verbürgt; so reich die polyphone Umkleidung der Kernweise sein mochte, jede Stimme durfte als wortgezeugt, als organisch notwendiges Mittel der Verkündigung gelten. Mit der Wiederherstellung der urspünglichen kultischen Bestimmung, mit der Ausschaltung des Individualistisch-Ausdruckshaften wurden die Formkräfte der Musik gestärkt; als Bestandteil der Liturgie hatte sie rituelle Strenge und Würde. Dabei stand sie jedem konventionellen Formalismus fern. Kultische Musik, meinte Söhngen, werde niemals ausgefahrene Wege gehen können; sie sei der geborene Feind des Selbstverständlichen und Naheliegenden, das Fremdartige, das Stupende in Rhythmik, Harmonik und Melodik sei die musikalische Kategorie des Heiligen. Damit waren die Experimente und Wagnisse der
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modernen Musik in die Kirche eingeführt. Die zeitgenössische Musik wurde als lebendiges Medium des Bekenntnisses über die der Vergangenheit gestellt, weil die christliche Einsicht in die Endlichkeit und Todesverfallenheit alles Geschaffenen die Vergötzung endlicher Dinge als unsterblicher Werte verbiete. Der Befehl „Singet dem H e r r n ein neues Lied" wurde wörtlich verstanden und ausgeführt. Die neue Kunst brachte die alten Instrumente kirchlichen Musizierens, den Chor der Menschenstimmen und die Orgel, wieder zu Ehren. Die Orgelbewegung, die von dem Orgelbauer und Dichter Hans H e n n y Jahnn durch die stil- und materialgerechte Restaurierung der alten H a m burger Jacobi-Orgel angeregt wurde, wandte sich von der klanggewaltigen, orchestralen Orgel der Reger-Zeit ab und ging auf Vorbilder des siebzehnten Jahrhunderts, vor allem auf die ökonomisch und klar disponierten Werke Arp Schnitgers zurück. Man verzichtete auf moderne technische Hilfsmittel, führte die alte Schleiflade und die mechanische T r a k t u r wieder ein und suchte einen durchsichtigen, mehr stimmigen als akkordischen, durch scharf hervortretende Soloregister charakterisierten Werkklang zu erzielen, wie er der ruhigen Objektivität des polyphonen Musikstils entsprach. Als Vorläufer der kirchenmusikalischen Bewegung ist der in Ratibor gebürtige, vor allem in Darmstadt wirkende Arnold Mendelssohn, der Sohn eines Vetters von Felix Mendelssohn, zu nennen (1855—1933), der die alte Form der Motette pflegte und als Lehrer weitreichenden Einfluß übte. Auch der Neumärker Martin Grabert (1868—1951), der sich vor allem der Kantate widmete, und der 1886 in Graz geborene Hermann Grabner, ein vielseitiger, auch in weltlichen Musikformen versierter Komponist, sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Die Vollendung dessen, was sich hier anbahnte, blieb der nächstjüngeren Generation vorbehalten. Der geniale W o r t f ü h r e r der neuen Kirchenmusik war Hugo Distler, der, am 24. Juni 1908 in Nürnberg geboren, in rascher Laufbahn über das Amt des
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Jacobi-Kantors in Lübeck zum Berliner Domchordirigenten aufstieg und, ehe er noch diese Tätigkeit ausüben konnte, auf tragische Weise endete: dem Grauen einer unmenschlichen Zeit nicht mehr gewachsen, beging er am 1. N o vember 1942 Selbstmord. Sein vorzeitiger T o d hat eine schöpferische Entwicklung abgeschnitten, die zweifellos noch unschätzbaren Ertrag gebracht hätte; was er nach vierunddreißig Lebensjahren hinterlassen hat, gehört zu den kostbaren, eigenartigen Werten der Epoche. Gerade im Schaffen H u g o Distlers ist die Distanzierung des Künstlers von den Mächten der Zeit zu spüren. Diese Kunst lebt in der heiligen Stille der Kirchen, sie schlingt sich wie tönendes Rankenwerk um den ehrwürdigen, ernsten Choral, sie ist erfüllt und befeuert vom Geist eines alten, weltüberhöhenden Glaubens. So ausgiebig sich Distler des barocken Formerbes bedient: als Klangschöpfer steht er in der Gegenwart. In höherem Grade Harmoniker als die meisten Musiker dieses Stilkreises, entnahm er dem Impressionismus den zarten, reinen Reiz seiner Quarten- und Quintenklänge; undoktrinär, von schweifender Intuition geleitet ist seine Polyphonie, deren Freiheit durch die tonale Energie des Cantus-firmus-Chorals in Schranken gehalten wird. Der lichte, schimmernde Klang, der den Chorsatz in gleichsam orchestralem Kolorit erglühen läßt, gibt dieser Musik einen visionären Zug; es gibt nichts Schweres, Dunkles, nichts Materielles, es herrscht eine hohe, seraphische Heiterkeit, die noch den Schmerz und die Grausamkeit der Passions- und Todesdarstellungen mildernd durchklingt. Die Chorkomposition nimmt im Schaffen H u g o Distlers den größten Raum ein. Am Anfang steht die „Deutsche Choralmesse", eine Folge fünf motettischer Sätze f ü r sechsstimmigen Chor, denen Choralweisen des sechzehnten Jahrhunderts zugrunde liegen. Der „Jahrkreis" enthält leichte Choralsätze f ü r die Feste und Zeiten des Kirchenjahrs. Die „Geistliche Chormusik", die die mystische Auferstehungsvision „Wachet auf, r u f t uns die Stimme" und den Bilderreigen des „Lübecker Totentanzes" enthält, ist ein
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Gipfel neuer Motettenkunst. Dazu kommen zwei epische Chorwerke: die Choralpassion nach den vier Evangelien, deren archaische Schlichtheit an die ernste Größe des Meisters Heinrich Schütz gemahnt, und das liebliche Gegenstück, die idyllische, von Variationen über das Lied „Es ist ein Ros entsprungen" durchzogene Weihnachtsgeschichte. Zwei weltliche Chorzyklen stehen am Ende: das „Neue Chorliederbuch" mit Bauern-, Liebesliedern und Kalendersprüchen und das Mörike-Liederbuch, das mit seinen achtundvierzig Sätzen nach Gedichten des schwäbischen Lyrikers die Phantastik und Poesie des alten Madrigals erneuert. Orgelwerke und andere, meist an barocken Formen orientierte Instrumentalkompositionen runden das Oeuvre ab. Von einer geplanten Jonannespassion wurden nur die Rahmenchöre vollendet, ein großes oratorisches Werk sollte die Auseinanderstzung mit den Mächten der Zeit bringen. Die Dichtung, von Distler selbst entworfen, verfolgt das Schicksal der Menschheit von mythischer Urzeit über die Epoche des erwachenden Geistes und die entseelende Herrschaft der dämonisierten Technik bis zur erlösenden Wiederkehr der alten Götter. Monteverdi, Schützens weltlicher Antipode, stand als Anreger hinter der musikalischen Konzeption. Das unausgeführte Werk gehört zum Gesamtbild des Distlerschen Schaffens, weil es andeutet, was hier außerhalb des kirchlichen Raumes noch hätte entstehen können. Erdhafter, von lutherischer Glaubenskraft erfüllt ist die Kunst Ernst Peppings, der am 12. September 1901 in Duisburg geboren wurde und als Lehrer an der Spandauer Kirchenmusikschule und an der Musikhochschule in Berlin wirkte. Audi bei Pepping steht das chorische Schaffen im Vordergrunde. Sein Stil k n ü p f t unmittelbar an die polyphone Kultur der Renaissance an: ein herber, diatonischer, linear bestimmter Satzstil, der die Stimmen zu spröden Akkordklängen gegeneinandertreibt; eine K r a f t des polyphonen Denkens, die sich nicht in kontrapunktischen Kunstfertigkeiten, sondern in der freien, starken Führung
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der melodischen Linien bezeugt; ein archaischer, protestantisch nüchterner und doch feierlicher Gesamtklang, der sich aus dem eigenwilligen, modische Formeln vermeidenden Gebrauch der Harmonie ergibt. Peppings geistliches Chorwerk umfaßt Motetten, Messen, Choralsuiten, bedeutsame epische Evangelienmotetten. Das „Spandauer Chorbuch" ist eine umfangreiche Sammlung liturgischer Gebrauchsmusik. Die „Motetten nach Liedern der böhmischen Brüder" von 1953 fesseln durch die K r a f t der Einfühlung, mit der die alten, vorreformatorischen Glaubensgesänge erweckt und in eine homogene Mehrstimmigkeit eingeschmolzen werden. Das H a u p t w e r k ist der „Passionsbericht des Matthäus" f ü r Chor a cappella von 1951, eine moderne Chorpassion, die die besten alten Vorbilder an stilistischer Qualität erreicht, sie aber an Ausdruckskraft und Reichtum der musikalischen Mittel weit übertrifft. Wie in alten Passionskompositionen wird der Bericht von freien Chorsätzen umrahmt, die als doppelchörige Motetten gearbeitet sind; in der Mitte, nach der Gefangennahme Christi, steht ein Intermedium über die Worte der Emmauserzählung „Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden", ein erregtes, aufgewühltes Stück, das die Verlassenheit und den Trost („Siehe, ich bin bei euch") mit mystischer Eindringlichkeit zum Erlebnis macht. Auch das Abendmahl und das Gebet in Gethsemane sind motettisch ausgeweitet; dem Bericht der Kreuzigung ist ein kunstvoller fugierter Satz über den Text „Crucifixus etiam pro nobis" als Klanghintergrund untergelegt. So ergibt sich ein starkes lyrisches Element, das dem epischen, mit leidenschaftlichen und grotesken Zügen durchsetzten Bericht die Waage hält; durch ihren künstlerischen und geistlichen Bedeutungsgehalt zählt die Passion zu den Meisterwerken der Epoche. Das Gegenstück, die Weihnachtsgeschichte nach Lukas, ist mit den gleichen stilistischen Mitteln gearbeitet. Als drittes großes Werk ist ein Tedeum für Chor, Solostimmen und Orchester zu nennen, eine klangprächtige, mit dem Geist chorischer Polyphonie gesättigte Komposition, die den
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Glanz der Brucknerschen Vertonung mit den Mitteln der Gegenwart erneuert. Unter den weltlichen Chorwerken Peppings stehen die Weinheber-Zyklen „Das J a h r " und „Der Wagen" obenan. Auch auf dem Gebiete des Klavierliedes, das der nachromantischen Musik zum Problem geworden war, hat der Komponist Wesentliches geschaffen. Das „Paul-Gerhardt-Liederbuch" von 1947 überwindet das aphoristische Moment, das dem Liede innewohnt, durch die Ausweitung zum Zyklus. Die Texte des protestantischen Lyrikers werden, aus der Erstarrung zur Choralweise gelöst, als thematisch gebundene Gesangsstimme in einen musikalisch autonomen, meist polyphonen Klaviersatz eingefügt, die Objektivierung des Lyrischen ist vollzogen. Stilistisch ähnlich, aber freier gearbeitet und ausdruckshafter in der Diktion ist das „Haus- und Trostbuch", das Dichtungen Goethes, Bergengruens, Friedrich Georg Jüngers und anderer zusammenfaßt. Peppings Orgelschaffen ist überwiegend choralgebunden. Seine Kunst der Choralbearbeitung, die sich in Partiten, im Großen und Kleinen Orgelbuch bezeugt, stellt den Cantus firmus in gedrängte, von linearen Spannungen erfüllte Sätze, deren kraftvoller Figuration oft etwas Ekstatisches innewohnt; zwei Orgelkonzerte, drei B-A-C-H-Fugen sind aus der Tradition des Instruments geschaffen. Der Radius des Gesamtwerkes reicht über das Streichquartett bis zur Symphonie. Ernst Pepping hat drei Symphonien geschrieben. Die erste, heitere in C-Dur, erneuert den Haydnschen Typus. Die zweite, in f-Moll, ist ihr dunkleres, ernsteres Gegenstück. Die dritte, formal reichste und bedeutendste, schließt sich um eine Passacaglia als Mittelsatz zusammen, die in vierundzwanzig Variationen die vierundzwanzig Tagesstunden, das Aufsteigen bis zum Mittag und das Absinken in die Nacht, darstellen will; eine Anlehnung an barocke Programmusik, die ein gerundetes, durch Phantasie und Lebensgehalt fesselndes Musikstück hervorgebracht hat. Überhaupt darf Ernst Peppings Beitrag zur modernen Symphonie nicht unterschätzt werden; gerade mit diesen
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Werken erweist sich der Komponist als universaler Musiker, der nicht an den Raum der Kirche gebunden ist. Der dritte, am meisten vergangenheitsgebundene, durch Kunstfertigkeit und Kunstgelehrsamkeit ausgezeichnete Meister dieser Gruppe ist der Österreicher Johann Nepomuk David, der am 30. November 1895 in Eferding geboren wurde und nach anfänglicher Organistentätigkeit in Wels als Lehrer in Leipzig, Salzburg und Stuttgart wirkte. Davids Musik ist charakterisiert durch ein phantastisches, mystisches Element, eine dunkle, untergründige Bewegtheit, die Erbteil seiner Heimat, der oberösterreichischen Landschaft, ist. Demgegenüber steht eine Kraft des konstruktiven Denkens, die das Emotionale bändigt und in eine feste, starre Form zwingt. Der strenge kontrapunktische Geist der alten Meister ist in Johann Nepomuk David wieder erwacht. Die Dynamik seiner Musik kommt aus der Verschränkung der Linien, aus der Beziehung und Reibung der Stimmen, ihr Glanz ist die Virtuosität, mit der die kontrapunktischen Künste gehandhabt werden; die Gediegenheit des Handwerklichen ist ihre Qualität. Die Orgelmusik, vertreten durch das in anderthalb Jahrzehnten gewachsene Choralwerk und viele Einzelstücke, steht im Zentrum seines Oeuvres. Das Hauptwerk des chorischen Schaffens, das sonst überwiegend die Form der Motette pflegt, ist die Vertonung des Ezzoliedes, eines mittelalterlichen, von einem Bamberger Domherrn und Kreuzfahrer gedichteten Christushymnus, als Chororatorium mit Ol ehester. Da ist im dichtverschlungenen polyphonen Satz, in der Steigerung der Möglichkeiten von Passacaglia und Fuge, in der Anschaulichkeit der drastischen, das Dämonische und Teuflische umfassenden Tonsymbolik ein religiöses Werk entstanden, das die mystische, aus elementaren Quellen gespeiste Frömmigkeit des Mittelalters unmittelbar und zwingend nacherleben läßt. Als Symphoniker steht David bei aller Verschiedenheit der technischen Mittel seinem Landsmann Anton Bruckner nah; aus der kontrapunktischen, barock inspirierten Faktur seiner sieben Sym-
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phonien klingt der Ton, der als Träger transzendenter Geheimnisse in der Musik des spätromantischen Meisters ergreift. Weiterhin ist der 1904 in Schleswig geborene Kurt Thomas zu nennen, der von seinen Lehrern Grabner, Straube und Arnold Mendelssohn entscheidende Anregungen empfing und nach einer Laufbahn als Pädagoge und Chorleiter zum Leipziger Thomaskantor aufstieg. Mit zwei Frühwerken, der a-cappella-Messe Opus 1 und der motettischen Markuspassion Opus 6, hat er die ersten vollendeten Vorbilder des neuen kirchlichen Stils gegeben. Aus Dithmarschen stammt Hans Friedrich Micbeelsen (geboren 1902), der vor allem in Hamburg tätig war und mit choralgebundener Orgelmusik, Konzerten und liturgischer Chormusik die norddeutsche Schule der Kirchenmusik erneuerte. Ihm nahe steht der 1905 geborene Lübecker Marienorganist Walter Kraft. Siegfried Reda, 1916 in Bochum geboren, widmete sich ausschließlich der geistlichen Musik; seine Orgel- und Chorwerke prägen in der Nachfolgn Peppings einen eigenartigen, klaren und strengen Stil. Helmut Bräutigam (1914—1942) und der Schweizer Willy Burkhard (geboren 1900) komponierten Motetten und Kantaten; eine einfachere, volkstümliche Variante liturgischer Musik vertrat der 1906 in Stuttgart geborene Helmut Bornefeld. Die jüngere, schon auf fertigen Ergebnissen aufbauende Generation repräsentierte der Saarländer Johannes Drießler (geboren 1921), der ein reiches, auf Kammermusik und Oper übergreifendes Schaffen entfaltete und mit seinem Oratorium „Dein Reich komme" ein Beispiel religiös-symbolistischer, klangasketischer Musik gab. Der Konservatismus der katholischen Kirche kam naturgemäß der Entfaltung einer neuen, zeitverbundenen Produktion weniger entgegen. Hier bestand die Reform vor allem in der Besinnung auf den Gregorianischen Choral, der vom Papst Pius X. im Jahre 1903 als N o r m des Musizierens bestätigt wurde. Die mehr restaurierende Arbeit des 1868 gegründeten Allgemeinen Deutschen Cäcilien-
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Vereins wurde von Joseph Haas, Heinrich Lemacher und Hermann Schroeder in die Gegenwart hinübergeleitet. Als schöpferische Potenzen sind zwei Komponisten zu nennen. Der 1901 in Paderborn geborene Hans Humpert, der 1943 im Kriege fiel, hinterließ ein beachtliches, an den Stil der evangelischen Kirchenmusik angelehntes Werk, aus dem ein Tedeum, ein Orgelkonzert, choralgebundene Orgelwerke und Chorpsalmen hervorragen. Zu größerer Bedeutung gelangte der am 17. April 1904 in "Westfalen geborene Joseph Ahrens, der, ein virtuoser Orgelspieler, als Domorganist an St. Hedwig in Berlin und ebendort' als Lehrer an der Musikhochschule tätig war. Als Komponist hat Ahrens, dessen Phantasie vor allem von der Orgel inspiriert wurde, eine stetig fortschreitende Entwicklung durchgemacht. Seine frühen Kompositionen, Toccaten, Fugen, Partiten, sind von großer, o f t monumentaler Form, mit virtuosem kontrapunktischem Können und starkem Wirkungssinn gesetzt. In den Werken der Reifezeit, unter denen das Choralwerk „Das Heilige Jahr" zu nennen ist, wird die Bindung an die Gregorianik stilbestimmend, der Satz wird schlichter, schmuckloser, ausschließlich von der thematischen Logik bestimmt. Entscheidend wurde für ihn die Auseinandersetzung mit der Zwölftönetechnik, deren Frucht die „Cantiones Gregorianae" von 1957 sind, ein dreiteiliger Zyklus von Orgelstücken, die um feste liturgische Themen — Messe, Geburt, Passion und Auferstehung Christi, Gebet und Hymnus — gruppiert sind. Der Gregorianische Choral gibt auch hier das thematische Gerüst, in der Vielseitigkeit der Verarbeitung liegt der Reiz des Werkes. Tonale Partien wechseln mit Episoden zwölftöniger, schwereloser Faktur, Archaisches steht neben Modernem, Bildhaftes neben Abstraktem, die Spannweite reicht von der Hirtenidylle des „Puer natus" bis zur gewaltigen Klangvision des „Dies irae"; hier ist ein neuer, durch die Musiklandschaft der Gegenwart führender Weg kirchlichen Musizierens eingeschlagen, auf dem Ahrens mit seinem nächsten Werk, einem dreiteiligen, Sing- und Sprechstimme
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beteiligenden, unter den Überschriften „Domus Dei, Regnum Dei, Civitas Dei" zusammengefaßten Zyklus weiter fortgeschritten ist. J E U N E F R A N C E — OLIVIER MESSIAEN
Auch in Frankreich meldete sich der Widerspruch gegen den rationalen Kunstgeist der Groupe des Six und der Klassizisten; die mystischen Wesenkräfte, die ebenso ursprünglich zum Charakter der Nation gehören wie Rationalismus und diesseitsgläubige Humanität, die zuletzt in César Franck und der Schola Cantorum allgemeingültigen musikalischen Ausdruck gefunden hatten, drängten wieder nach oben und verlangten nach künstlerischer Gestalt. Das Programm der „Jeune France", einer im Jahre 1936 sich zusammenschließenden Gruppe junger Komponisten, suchte diese Tendenzen zu formulieren. Man will die großen Komponisten der Vergangenheit fortsetzen, womit auch die Romantik wieder als Vorbild einbezogen wird. Aufrichtigkeit und Großzügigkeit, Rückkehr zum Menschlichen werden von der neuen Kunst gefordert — wobei in Betracht zu ziehen ist, daß dieses Menschliche hier in einem neuen Sinne verstanden wird: der Mensch ist nicht mehr, wie in der klassischen und klassizistischen Kunst, das Maß aller Dinge, die selbstsichere, in sich ruhende Individualtät; er ist, gemäß den Erfahrungen und Erkenntnissen des zwanzigsten Jahrhunderts, eine getriebene, Ubermächten ausgelieferte Existenz, die des Haltes im Metaphysischen bedarf: Religiosität ist ein unerläßliches Element dieser Kunst, die höhere, transzendente N a t u r der Musik wird mit einer in dieser Epoche beispiellosen Radikalität bestätigt. Von den vier Musikern, die sich unter dem Protektorat namhafter Literaten wie Paul Valéry und François Mauriac zur Verwirklichung dieses Programms zusammentaten, haben nur zwei geschichtliche Bedeutung. Daniel Lesur, ' geboren 1908, kam von der Orgel und aus dem Kreise der Schola Cantorum. Yves Baudrier, geboren 1906,
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ist Schöpfer naturnaher, heimatverbundener Symphonik. André Jolivet, 1905 in Paris geboren, Schüler- von Edgar Varese, ist ihnen als Begabung und geistige Potenz weit überlegen. Sein Ziel war, die ursprüngliche magische Fähigkeit der Musik wiederherzustellen; Werktitel wie „Incantations", „Danses rituelles", „Cosmogonie" zeugen von dieser Absicht. Kompositionen, die im Weltkrieg entstanden, erwiesen ihn als Vertreter einer „art engagé", die den Leiden der Wirklichkeit Widerhall gibt. Olivier Messiaen ist der Musiker, der den Bestrebungen der Gruppe durch die K r a f t seiner eigenwilligen Begabung und die Konsequenz seines geistigen Wollens weltweite Bedeutung verschaffte. Dieser seltsame, zwischen Musik und Literatur, zwischen Handwerklichkeit und Phantastik, zwischen Religiosität und Sinnlichkeit seinen Weg suchende Künstler, zweifellos eine der faszinierendsten und zugleich verwirrendsten Erscheinungen des Jahrhunderts, ist halb flämischer, halb provençalischer Abkunft. Als Sohn der Dichterin Cécile Sauvage am 10. Dezember 1908 in Avignon geboren, studierte er am Pariser Konservatorium und wirkte als Organist an St. Trinité, daneben als Kompositionslehrer an der Schola Cantorum und am Konservatorium; der zweite Weltkrieg brachte ihn vorübergehend in deutsche Kriegsgefangenschaft. Sein kompositorisches Schaffen geht von der Orgel aus; die Zyklen „La nativité du Seigneur" von 1935, „Les corps glorieux" von 1936, das „Libre d'orgue" von 1951 sind die wichtigsten Werke. Dazu kommen: fünf zwölfstimmige „Réchants" für a-capella-Chor, „Vingt régards sur l'enfant Jésus" für Klavier, „La vision de l'Amen" für zwei Klaviere und das „Quatuor pour la fin du temps" für Violine, Klarinette, Violoncello und Klavier, das 1941 in deutscher Kriegsgefangenschaft entstand und in einem schlesischen Gefangenenlager uraufgeführt wurde; endlich die Orchesterwerke, eine Symphonie von 1946, eine H y m n e von 1947, die mit indischen Rhythmen operierenden „Trois T ä l a " von 1949, die im Auftrag Serge Kussewitzkys ge-
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schriebene, 1950 in Boston uraufgeführte TurangalilaSymphonie und das 1955 veröffentlichte Konzertwerk „Réveil des oiseaux", eine Partitur f ü r Klavier und Orchester, die ausschließlich aus den Rufen achtunddreißig verschiedener Vogelarten komponiert ist. Die Tonsprache dieses Mystikers hat ihre klare und feste Grammatik. Ihre Elemente sind im Melodischen „Modi von begrenzter Transpositionsfähigkeit", Skalen, deren Tonfolge so angeordnet ist, daß sie sich nicht auf zwölf Stufen wiederholen lassen. Ihre Kombination mit Dur und Moll ergibt die schillernde und fließende Harmonik der Messiaenschen Musik. Dem entsprechen im Metrischen die „nicht umkehrbaren Rhythmen", rhythmische Komplexe, die um einen Zentralpunkt so geordnet sind, daß die Werte der ersten H ä l f t e in umgekehrter Reihenfolge in der zweiten H ä l f t e wiederkehren, und die „hinzugefügten Werte", überzählige, kurze, das regelmäßige T a k t schema aufhebende Taktzeiten, die dem Metrum etwas Unbestimmbares geben. Diese Tonsprache will durch den „Reiz des Unmöglichen" wirken, dem der Hörer unterliegt, ohne ihn erklären zu können; das mystische Element ist schon in der technischen Form dieser Musik beschlossen. Dabei ist Messiaens Musik keineswegs rein spirituell, körperlos oder erdfern. Das Primitive hat in ihr Raum und Funktion. Es erscheint als Rohstoff in vielerlei Gestalt: als exotisches, vor allem indisches Klanggut, dem der Zauber des Fremden, Urtümlichen anhaftet, als Naturklang der Vogelstimmen, deren Erforschung Messiaen ein strenges ornithologisches Studium gewidmet hat, als elektronischer Klang, der unheimlich und geschmeidig der musikalischen Ordnung entgleitet. Das alles ist Materie, aus der durch geistige Gärung etwas ganz anderes hervorgeht, die künstlerische Essenz, die über dem Klangmaterial schwebt wie eine Luftspiegelung über der Erde. Die Kunst Messiaens ist Spiegelbild des christlich-mystischen Weltbildes. Dieses Weltbild umfaßt die N a t u r mit allen ihren elementaren und organischen Kräften, den Bereich des Menschen mit
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Geist und Seele, Phantasie und Glauben; die Welt als Ganzes ist der Leib des Christus, und um dieser Eigenschaft willen ist sie in allen ihren Sphären geheiligt. Die Überschrift einer der Kleinen Liturgien, „Gott gegenwärtig in allen Dingen", könnte über dem gesamten Werk Messiaens stehen. Aus der Immanenz des Göttlichen gewinnt diese Musik ihre überirdische Schönheit. Messiaen selbst, in dem das mütterliche Dichter-Erbteil lebendig ist, beschreibt sie mit phantastischen Metaphern, er spricht von „zackigen Sternen, blau-orangenen Lavabächen, türkisfarbenen Planeten, violetten und granatfarbenen Gebüschen, regenbogenartigen Klangmischungen"; er malt eine paradiesische Landschaft in mystischer Region. Messiaens Werke sind in zwei Gruppen zu teilen, in geistliche und weltliche. Für die geistlichen, überwiegend der Orgel und dem Klavier zugeteilten, ist das „Libre d'orgue" charakteristisch; es besteht aus sieben Stücken, von denen ein Teil hinduistische Rhythmen verwendet. Das erste Stück ist eine einstimmige, den gesamten Tonraum der Manuale und des Pedals umgreifende Linie, die dreimal variiert wird: zweimal durch mosaikartiges Zerlegen und Wiederzusammensetzen ihrer Teile von den Enden zur Mitte und von der Mitte zu den Enden hin, das dritte Mal in Krebsform. Das zweite und das f ü n f t e Stück stehen in der klassischen Form des Orgeltrios, das dritte und vierte, „Die H ä n d e des Abgrunds" und „Vogelstimmen", sind unheimlich-wilde und lieblich-pastorale Tonmalereien; das letzte Stück ordnet Vogelrufe als musikalische Themen in den Ablauf rhythmischer Gesetzmäßigkeiten. Die stilistische Vielschichtigkeit der Messiaenschen Musik, die das Erbe des Barock und der Romantik mit Naturklängen und modernen, zahlbestimmten Formmethoden verschmilzt, ist hier in engem Räume demonstriert. Die weltlichen Kompositionen sind als Korrelat der geistlichen und in der Beziehung auf diese zu verstehen; es sind dieselben Mittel, es ist dieselbe Glut der Exaltation, aber sie hat nun nicht mystisch-transzendente, sondern erotisch-sinnenhafte Be18 M u s i k d. 20. J h d t .
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deutung. Hier ist die Turangalila-Symphonie das H a u p t werk. Das indische W o r t „Turangalila" hat drei Bedeutungen: es ist ein Mädchenname, ein Liebeslied und ein Rhythmus. Die Symphonie ist eine Liebesfeier, eine -„Poème de l'Extase" aus Skriabinschem Geist, in der Form einer zehnsätzigen Suite; Überschriften wie „Chant d'amour", „Joie du sang des étoiles", „Jardin du sommeil d'amour" bezeichnen die exaltierte, sinnenheiße Atmosphäre. Themenbildungen und Formenbau entsprechen dem Brauch der klassischen Symphonie, die Harmonik arbeitet mit tonalen und polytonalen Wirkungen, sie scheint die Linie Milhauds fortzusetzen. Was den Eindruck des unerhört Neuen hervorruft, sind die asiatischen Rhythmen und Klänge, die dem europäischen Grundstoff beigemischt sind wie ein Sauerteig, der das Ganze in wilde Gärung versetzt. Ein Orchester von Schlaginstrumenten, Glockenspielen, chinesischen Becken, vielerlei Pauken bestimmt nicht nur das rhythmische, sondern auch das klangliche und sogar das melodische Bild; /die unerschöpflich wechselnden polyrhythmischen Kombinationen, die in das einfache T a k t schema eingelassen sind, sind das motorische Element der Komposition. Zwei Soloinstrumente sind dem gewaltigen Instrumentarium eingefügt und gegenübergestellt: die elektronischen Ondes Martenot, die das melodische Prinzip verkörpern, und das Klavier, das dem Orchester mit solistischen Episoden und Kadenzen die Waage hält und in den fremdartigen Klangrausch ein Element der Abstraktion, des Konzertierens hineinträgt. Das Werk ist legitime Schöpfung einer Zeit, in der das Primitive, das Anfängliche, Exotisch-Urtümliche wieder bestimmende Bedeutung gewann, ein späteres Gegenstück zu Strawinskys „Sacre du Printemps", dem ersten gewaltsamen Einbruch dieses asiatisch-heidnischen Elements in die westliche Kultursphäre. Mag die Verschmelzung der verschiedenartigen Elemente nicht immer gelungen sein, mag die Erfindung zuweilen das Banale streifen, diese Musik überzeugt durch die K r a f t der Lebensbejahung, die in der modernen Kunst nicht eben
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häufig ist. Diese Kunst ist vielleicht wahllos, skrupellos, unausgegoren, aber sie ist gewiß inspiriert, vital und phantastisch, sie wirkt nicht durch die Schönheit der O r d nung und des Kalküls, sondern durch die Macht des O r giastischen, Chaotisch-Üppigen, durch das Pathos der Verschwendung; sie überfliegt die Sphäre der „Ratio", an die die Kunst der Epoche zum großen Teil gefesselt ist, durch einen grandiosen Willen zur Utopie, den ihre Gegner als Scharlatanerie belächeln, ihre Anhänger als Glauben und Erleuchtung verehren. DIE MUSIK DER ANGELSÄCHSISCHEN UND LATEINAMERIKANISCHEN LÄNDER Die Musikentwicklung der angelsächsischen Länder verlief nach eigenem, durch Geschichte, Volkscharakter und geographische Distanzierung bedingtem Gesetz; im Gesamtbilde der modernen Musik erfordert sie gesonderte Betrachtung. Die englische Musik, die trotz mancher f r a n zösisch-impressionistischer Einflüsse ihre insulare Selbständigkeit bewahrte, hatte auch in der jüngeren, auf Edward Elgar, Frederik Delius und Ralph Vaughan Williams folgenden Generation eine Reihe charakteristischer Bestrebungen zu verzeichnen. Durch die Aktualität seines Schaffens stellte sich der 1905 geborene Michael Tippett in den Vordergrund; sein Oratorium „Ein Kind unserer Zeit", das die Schrecken der Judenverfolgungen behandelt, ist ein Bekenntniswerk von zeitgeschichtlicher Bedeutung. William Walton, geboren 1902, Komponist von Kammermusik, Symphonien und Instrumentalkonzerten, vertritt eine romantisch-expressionistische Stillinie. Ihm nahe steht der 1905 geborene Alan Rawsthorne. Edmund Rubbra, Jahrgang 1901, und der von seiner Lehrerin Nadia BouIanger klassizistisch beeinflußte Lennox Berkeley, Jahrgang 1903, hielten sich in den zeitgegebenen Konventionen des Musizierens.' In Benjamin Britten erwuchs eine Begabung von außergewöhnlichem Rang, die das eigentümlich nationale Ele18»
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ment so rein und stark repräsentierte, wie es seit H e n r y Purcell nicht mehr geschehen war, und die internationale Geltung der englischen Musik neu begründete. Britten wurde am 22. November 1913 in Lowestoft in Suffolk geboren, hatte schon während seiner Schulzeit geregelten Kompositionsunterricht, ging f r ü h in die Praxis, der Filmund Rundfunkmusik und erwarb sich, wenig über zwanzig Jahre alt, im In- und Ausland Beachtung und Anerkennung. Die Jahre des zweiten Weltkriegs verbrachte er in Amerika, nach dem Kriege begründete er die English Opera Group, eine kleine, aus ausgezeichneten Sängern und Instrumentalsolisten bestehende reisende Operntruppe, die sich vor allem der Aufführung seiner Werke widmete. Das Oeuvre des fruchtbaren, mit leichter H a n d schaffenden Komponisten enthält Orchesterwerke (Sinfonia da Requiem, Variationen über ein Thema von Bridge), Streichquartette, Konzerte f ü r Klavier und Violine, Chor- und Sologesangswerke, darunter die Frühlingssymphonie, den Rimbaud-Zyklus „Les Illuminations" und die „Serenade", einen Zyklus von Gesängen nach altenglischen Dichtungen f ü r Tenor, H o r n und Streichorchester. Schon in den Instrumentalwerken prägt sich die flüssige, elegante Handschrift Benjamin Brittens aus. Naive, gleichwohl von raffiniertem Geschmack geleitete K r a f t der Erfindung befähigt ihn, den überlieferten, scheinbar verbrauchten Mitteln der tonalen Musik neue, frische Wirkungen abzugewinnen. Der Klang ist vom Impressionismus beeinflußt, die Struktur ist von sicherem, fast spielerischem Formgefühl, von klarem harmonischem und kontrapunktischem Denken bestimmt; ein glänzender Instrumentator, weiß Britten durch koloristische Effekte zu fesseln und versteht es meisterhaft, wenige Instrumente zu farbigen, kammermusikalisch durchsichtigen Sätzen zu kombinieren. Ein starkes Traditionsgefühl bindet ihn an die Vergangenheit; es bezeugt sich in Neubearbeitungen von Pepuschs Bettleroper und Purcells „Dido und Äneas". In einer Epoche der Komplizierung, der widerstreitenden Methoden
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und Doktrinen ist Benjamin Brittens Werk ein Glücksfall unbelasteter, leicht ansprechender Schönheit; bezeichnend für den Komponisten ist seine Vorliebe und Fähigkeit, Musik für Kinder zu schreiben, der das Variationswerk „Ein Führer durch das Orchester für junge Leute", eine lustige Parade der Orchesterinstrumente, sowie die Kinderopern „Wir machen eine Oper" und „Der kleine Schornsteinfeger" zu danken sind. Das Schwergewicht von Benjamin Brittens Schaffen liegt auf dem Gebiete der Oper. Es begann 1945 mit „Peter Grimes", einer Fischer-Ballade, die durch die Landschaft und die Menschen seiner Heimat angeregt war. Das Stück, einer 1810 erschienenen Erzählung George Crabbes nachgeschrieben, ist die Tragödie eines Fischerjungen, der durch die H ä r t e seines Brotherrn Peter Grimes in den T o d getrieben wird, und zugleich die Tragödie dieses Peter Grimes, des armen Fischers, der durch seine Schuld aus der Gemeinschaft der Menschen ausgestoßen wird und in seinem Boot auf das Meer hinausfährt, um mit ihm zu versinken. Die Atmosphäre des Küstendorfes, die Engherzigkeit der Bewohner, die nüchterne Banalität von Schenke und Gerichtsverhandlung sind mit hartem Naturalismus geschildert, Hintergrund ist, von der Musik als wogender, verschleierter Grundklang eingefangen, das rauschende, von Wolken und Nebeln überschattete Meer. Die formale Selbständigkeit der Musik ist gewahrt; sie bindet sich zu geschlossenen Ensembles, zur Passacaglia, in sechs Orchesterzwischenspielen schwingt sie symphonisch aus. Dennoch überwiegt der spontane dramatische Eindruck. Man hat die Oper wegen ihres starken naturhaften Elements den englischen „Freischütz" genannt: was der Wald der deutschen Musik, bedeutet das Meer der englischen. Tatsächlich ist das Werk ein Durchbruch, N a t u r - und Lebensgefühl eines Volkes gewinnen plötzlich vollkommene musikalische Gestalt. Es folgte 1946 „Der Raub der Lucretia", die Tragödie der entehrten Frau, ein musikalisches Kammerspiel von klassisch strenger Form, kommentiert von zwei Sprechern,
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die der antiken Fabel christliche Deutung geben. „Albert Herring", 1948 vollendet, ist das Satyrspiel zur Tragödie. Die Handlung, die auf eine Novelle Maupassants zurückgeht, spielt in einer englischen Kleinstadt. Ein braver Junge, dem die Damen des Städtchens gerade den alljährlich zu verteilenden Tugendpreis verliehen haben, empört sich gegen die bigotte Verlogenheit der Kleinbürger, brennt durch und wird durch diese Befreiung zum Manne. Die Partitur ist eine reizvolle, in ironischen Lichtern schillernde Kammermusik, die vom Kinderlied bis zum grotesken Trauermarsch, der Klage um den verloren geglaubten Albert Herring, alle Nuancen der Komik ausspielt. Mit „Billy Budd" und „Gloriana", einem zur Krönung der Königin Elisabeth geschriebenen Auftragswerk, begab sich Britten mit weniger Glück auf das Gebiet der großen, repräsentativen Oper. Mit der tragischen Kinderoper "The T u r n of the Screw", die 1954 uraufgeführt wurde, war der Komponist wieder auf seinem eigensten Felde. Den Stoff hat die Erzählung „Sündige Engel" von H e n r y James geliefert. Zwei Kinder, Waisen, die in einem englischen Landhaus aufwachsen, stehen auf geheimnisvolle Weise unter dem Einfluß schlechter Erzieher, die ihre früheste Jugend vergiftet haben und die, inzwischen verstorben, als Gespenster im Hause umgehen. Eine Erzieherin kämpft vergeblich um die Seelen der Kinder. Die Schraube der Qual wird bis zum Äußersten angezogen. Das Mädchen entflieht, der Knabe versucht mit höchster Willensanstrengung sich vom Bann des bösen Dämons, der ihn verfolgt, zu befreien, aber die T a t geht über seine K r a f t , in den Armen der Erzieherin bricht er tot zusammen. Das düstere Stück, das die vorgebliche Unschuld der Kinderseele mit den Mitteln der Tiefenpsychologie durchleuchtet, wird getragen von einer ungemein suggestiven Musik, der formstrengsten und ausdrucksstärksten, die Britten geschrieben hat. Dem Werk liegt ein zwölftöniges Thema zugrunde; es wird, nicht nach Schönbergscher Methodik, sondern in tonal gebundener Technik, in fünfzehn Variationen abgewandelt,
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von denen jede einer Szene entspricht. Quart und Terz als Symbole des Bösen und des Guten sind die Leit-Intervalle. Wieder sind die Zwischenspiele, die die Szenen verbinden, Raum musikalischer Verdichtung. Lied und Fuge sind als geschlossene Formen eingeführt, aber über den Eindruck des Konstruktiven siegt die atmosphärische K r a f t der Musik, die das Unheimliche, Gespenstische, den Eingriff übermächtiger Dämonie in die kindliche Lebenssphäre auf beängstigende Weise spüren läßt. Mit der Vertonung des Shakespearschen „Sommernachtstraums" von 1960 hat Britten sich einer heiter-phantastischen, der englischen T r a d i tion verbundenen Opernform zugewandt. Von den jüngeren englischen Komponisten erlangten vor allem der 1920 geborene Peter Racine Fricker mit Symphonien und Konzerten sowie der um fünf Jahre ältere Webernschüler Humphrey Searle, ein konsequenter, persönlich profilierter Anhänger der Zwölfton-Methode, 1 Bedeutung. . i ; Die Musik Nord-Amerikas hat länger als zwei Jahrhunderte ihr eigenes, von Europa kaum bemerktes Leben geführt und ihre eigene Entwicklung durchlaufen. Ihre Elemente sind die geistlichen H y m n e n der englischen Puritaner und der Herrnhuter Missionare, die Lieder der Negersklaven, die mit spanischen Einflüssen durchsetzte Musik des karibischen Inselmeeres und die Gesänge der indianischen Ureinwohner. Die musikalische Kultur, die aus der Vermischung und Verschmelzung dieser verschiedenartigen Elemente erwuchs, hat immer wieder europäische Einflüsse aufgenommen und aufgesogen. Je reicher und glänzender das Musikleben der großen Städte aufblühte, je stärker es europäische Virtuosen und Komponisten anzog, umso enger schloß sich der Kontakt zwischen den Kontinenten, umso mehr wurde auch die eigene Musik Amerikas dem Europäer zum deutlichen Begriff. Das zwanzigste Jahrhundert, das die Entfernungen zwischen den Ländern und Kulturen durch die Technik überbrückte,
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vollendete den Prozeß der Annäherung; nach dem zweiten Weltkriege hatte amerikanische Musik in europäischen Konzertsälen ihren festen Platz gefunden. Ein Überblick über die amerikanische Musik dieses Jahrhunderts kann nicht die Leistung eines großen Kontinents bis in ihre Einzelheiten erfassen; er muß sich darauf beschränken, charakteristische, über die Grenzen Amerikas hinaus bedeutsame Erscheinungen herauszugreifen und das Gesamtbild im Umriß anzudeuten. In formschöpferischer Beziehung ist die amerikanische Kunstmusik, sieht man von Einzelerscheinungen wie dem vom europäischen Avantgardismus inspirierten George Antheil ab, in ihrem Verhältnis zur europäischen wesentlich rezeptiv geblieben. Was diese historisch junge Musik neben den älteren abendländischen Kulturen bedeutet, ist nur abzuschätzen, wenn man den Maßstab der Qualität fallen läßt und das Recht der Vitalität gelten läßt. Charles Ives, der Experimentator und Pfadfinder an der Schwelle der amerikanischen Moderne, hat das Stichwort der Betrachtung gegeben. Sein künstlerisches Bekenntnis, das die Substanz über den Stil, den lebendigen Inhalt über die geprägte Form stellt, ist für die gesamte amerikanische Musik verpflichtend. Die Betrachtung der neuen amerikanischen Musik hat mit Charles Edward Ives zu beginnen, dem eigenbrödlerischen Außenseiter, der ein halbes Jahrhundert lang abseits der Öffentlichkeit, von seinen Zeitgenossen kaum bemerkt, komponierte und doch das charakteristisch amerikanische Wesen, Erfindergeist, Konventionslosigkeit und lebensnahen Realismus besser repräsentierte als die anerkannten Meister im Vordergrund der Zeit. Charles Ives wurde am 20. Oktober 1874 in Danbury in Connecticut geboren, studierte an der Yale-Universität, ergriff den Beruf eines Versicherungskaufmanns, um sich die Unabhängigkeit von den Anforderungen des musikalischen Marktes zu bewahren, und widmete ein langes Leben lang die Abende, Nächte und Feiertage seiner Leidenschaft der Komposition.
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Alle seine bedeutenden Werke wurden erst Jahrzehnte nach ihrem Entstehen öffentlich aufgeführt; erst in den vierziger Jahren wurde die Bedeutung des Siebzigjährigen erkannt. Er starb, spät geehrt und zum Mitglied des National Institute of Arts and Letters gewählt, am 19. Mai 1954, fast achtzig Jahre alt. Seine Musik ist einerseits tief in der amerikanischen, insbesondere neuenglischen Lebenswelt und Uberlieferung verwurzelt, sie verwendet Elemente der Volks- und Unterhaltungsmusik, geistliche Hymnen, sie reflektiert Naturstimmungen und heimatliche Landschaftsbilder. Andererseits, in der technischen Faktur, stößt sie zuweilen mit beispielloser Kühnheit in die Z u k u n f t vor, und darin liegt die Bedeutung des Komponisten für die Moderne. Ives hat schon um die Jahrhundertwende, lange vor allen Revolutionären der europäischen Musik, mit polytonalen und atonalen Wirkungen experimentiert, und dieses freiheitliche, die Konventionen sprengende Element ist immer in seiner Musik lebendig geblieben. Er hat, außer Liedern, Kammermusikwerken verschiedenartiger Besetzung und orchestralen Tondichtungen vier Symphonien geschrieben, die in den Jahren zwischen 1900 und 1916 entstanden; eine f ü n f t e Symphonie, die „Darstellung der geheimnisvollen Schöpfung der Erde und des Firmaments, der Entfaltung allen Lebens in der N a t u r und in der Menschheit zum Göttlichen" sein sollte, blieb unvollendet, das Fragment ist aber bezeichnend für den spekulativen Geist und das ins Mystische greifende Wollen des Komponisten. Ähnliche Züge trägt seine zweite Klaviersonate von 1910, die den Titel trägt „Concord, Massachusetts 1840—1860" und mit einer einleitenden Essay-Reihe des Autors veröffentlicht wurde. Das viersätzige, pianistisch höchst anspruchsvolle, an tonmalerischen Wirkungen reiche Werk ist den Dichtern von Concord, Emerson, Hawthorne, den Aleotts und Thoreau gewidmet, es ist „ein Versuch, den Geist des Transzendentalismus wiederzuspiegeln, dessen Begriff sich mit der Stadt Concord verbindet." Unter den Musikern jüngerer Generation ist
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Gershwin derjenige, der den Begriff der amerikanischen Musik in volkstümlichem Sinne für die Welt verkörpert. N u r in Amerika, im Lande einer lebensnahen, zwischen unterhaltender und ernster Musik nicht streng unterscheidender Musikkultur, war ein Künstler möglich, der sich vom Schlagerkomponisten unvermittelt zum Schöpfer ernstzunehmender Konzertmusik wandelte und gerade durch diese Doppelfunktion repräsentative Bedeutung gewann. Gershwin, der am 26. September 1898 in Brooklyn in New York geboren wurde, hatte früh mit Schlagern und mit einer Reihe von Operetten Erfolg. Im Auftrag des Dirigenten und Konzertunternehmers Paul Whiteman schrieb er 1924 die „Rhapsody in Blue", die durch alle Konzertsäle der Welt ging: ein Konzertstück für Klavier und Orchester, von Liszt und Tschaikowsky beeinflußt und von Jazzelemeten durchsetzt. Es folgten das Klavierkonzert in F, die Tondichtung „Ein Amerikaner in Paris", die Cubanische Ouvertüre. Sein letztes großes Werk, 1935 in Boston uraufgeführt, ist die Oper "Porgy and Bess". Die einfache, rührende Handlung spielt im Negerviertel von Charleston: Porgy, ein verkrüppelter Bettler, verteidige seine Geliebte Bess gegen den brutalen Raufbold Crown und verliert sie am Ende an den eleganten Verführer Sportin'-Life. Die K r a f t des Kolorits, mit dem die enge, von N o t und Verbrechen, Leidenschaft und übermütiger Freude erfüllte Welt der Neger geschildert wird, ist die Stärke des Werkes. Die Partitur vollendet die Synthese von Schlager- und ernster Opernmusik. Der Schlager wird zur schlichten, heiteren oder gefühlshaften Melodie geläutert; die Oper enthält eine Fülle volkstümlicher Lieder, die dem Negergesang nachgebildet sind, der musikalische Formenbau ist stark genug, die Bezeichnung „Oper" zu rechtfertigen; mit „Porgy and Bess" ist der Typus der amerikanischen volkstümlichen Oper geschaffen. Der Komponist, dem kein Geringerer als Arnold Schönberg freundschaftliche Anerkennung zuteilwerden ließ, konnte den eingeschlagenen Weg nicht weiter verfolgen; er starb plötz-
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lieh, achtunddreißigjährig, nach einer Gehirnoperation am 11. Juli 1937. Vertreter einer bewußt amerikanischen Kompositionsweise ist Aaron Copland, geboren 1900, der bei N a d i a Boulanger in Paris studierte und in Symphonien, Ballettmusiken, Klavier- und Kammermusik einen klassizistisch orientierten, von jüdischer und mexikanischer Folklore durchsetzten, bewußt nach volkstümlicher Einfachheit strebenden Stil entwickelte. Roy Harris, geboren 1898, gleichfalls Schüler N a d i a Boulangers, ist in seinen sechs Symphonien — die vierte heißt „Volksliedsymphonie", die sechste ist „den bewaffneten Streitkräften der N a t i o n " gewidmet — ebenso um eine nationale Tonsprache bemüht. John Aldon Carpenter (1876 bis 1951) experimentierte mit Jazzelementen. Der in Genf geborene Ernest Bloch (1880 bis 1959), der sein Leben zwischen der Schweiz und Amerika teilte und einerseits mit den "Trois Poèmes Juifs" für Orchester von 1913, der Rhapsodie „Schelomo" für Violoncello und Orchester und der Symphonie „Israel" von 1916 ein Hauptvertreter des musikalischen Zionismus war, hat andererseits mit der epischen Rhapsodie „Amerika" das entschiedenste Bekenntniswerk des Amerikanismus geschaffen. Das Werk schildert in seinem ersten Teil mit entsprechenden historischen Melodien die indianische Urzeit und die Landung der Mayflower, im zweiten den Bürgerkrieg von 1861, im dritten die Gegenwart, das Maschinenzeitalter und den modernen Menschen; es gipfelt in einer Hymne, die vom Publikum mitgesungen werden soll. Im Vorwort der Partitur stehen die Worte: „Die Ideale Amerikas sind unvergänglich. Sie werden einmal das Credo der ganzen Menschheit sein". Mehr kosmopolitisch eingestellt sind Charles Tomlinson Griffes (1884 bis 1920), Arthur Shepherd (geboren 1880), Roger Sessions (geboren 1896), der in Symphonien, Klaviersonaten und dramatischen Werken (darunter eine Bühnenmusik zu Andrejews Schauspiel "The Black Maskers" und eine Komposition des Brechtschen „Verhör des
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Lucullus") Musik von eigenwilliger technischer Struktur und hohem künstlerischen Ernst schuf, der in Paris von der Groupe des Six und Erik Satie beeinflußte, auch als Schriftsteller und Kritiker tätige Virgil Thomson (geboren 1896), der Symphoniker William Schuman (geboren 1910), der auch durch ein für die Tänzerin Martha Graham geschriebenes „Judith"-Ballett berühmt wurde, der ebenfalls mit symphonischer und tänzerischer Musik hervorgetretene Paul Creston (geboren 1906), der mit geistlichen, aus gregorianischen Elementen entwickelten Kompositionen erfolgreiche Norman Dello Joio (geboren 1913), der zwischen ernster und unterhaltender Musik wechselnde, als Dirigent des N e w Yorker Philharmonischen Orchesters hochberühmte Leonard Bernstein (geboren 1918). Auf dem Beden der romantischen Tradition verharrten Howard Hansen (geboren 1896), Bernard Rogers (1893), David Diamond (1915), Robert Palmer (1915), Samuel Barber (1910), der mit wohlklingenden Symphonien, Essays für Orchester und einem „Adagio f ü r Streicher" zum im Ausland meistaufgeführten amerikanischen Komponisten avancierte, und Walter Piston (1894), der, auch als Lehrer und Theoretiker ausgezeichnet, in vier Symphonien und anderen Instrumentalwerken durch kompositorische Brillanz und neoklassische Formkultur fesselte. Unter den Avantgardisten ist neben Edgar Varese und George Antheil, die an anderem Orte behandelt wurden, vor allem John Cage (1912) zu nennen, der mit Kompositionen für Schlagzeug und präpariertes, das heißt durch eingefügte Klammern und Schrauben gedämpftes Klavier Aufsehen und Ärgernis erregte, ein radikaler Utopist, der außerhalb aller musikalischen Konventionen steht. Die amerikanische Oper ist trotz vieler mit Überzeugung und bestem Willen unternommener Versuche eine ungelöste Frage; es ist seltsam, daß das große Land, das zum Unterhalt hervorragender Symphonie-Orchester und zur Pflege der Konzertmusik reiche Mittel aufbringt, außer der Metropolitan Opera in N e w York kaum eine Musikbühne von hohem Rang besitzt. Howard Hanson, Bernard Rogers,
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Louis Gruenberg, Douglas Moore, Virgil Thomson, Marc Blitzstein, Leonard Bernstein, William Schuman haben sich um eine nationale Oper bemüht; nachhaltigen, über Amerika hinausreichenden Erfolg hat, außer Gershwin mit dem einmaligen Glücksfall „Porgy and Bess", nur der 1911 in Mailand geborene, als Siebzehnjähriger nach Amerika eingewanderte Gian-Carlo Menotti gehabt, der aus seiner Heimat die Puccini-Tradition mitbrachte und in einer Reihe von Bühnenwerken einen neo-veristischen, durch sinnfällige Melodik und schlagkräftige Dramatik packenden Stil pflegte; „Amelia geht zum Ball", „Das Medium", „Der Konsul", „Amahl und die nächtlichen Besucher", „Die Heilige der Bleecker Street" sind die Titel eines dramatischen Oeuvres, das durch zeit- und lebensnahe Thematik fesselt, den Maßstäben ernster, aus modernem Musikgefühl geborener Kunst aber nicht genügen kann. Der eigentlich produktive Beitrag Amerikas zum musikalischen Theater dürfte auf dem Gebiet der Operette und der musikalischen Komödie liegen, die auf den Unterhaltungsbühnen des Broadway gepflegt werden. Irving Berlin, Jerome Kern, Vincent Youmans, Cole Porter, Richard Rodgers — zusammen mit dem Textdichter Oscar Hammerstein, Autor des erfolgreichen „Oklahoma" — sind einige Komponisten dieser schnellebigen Tageskunst, deren geschichtlich wichtiger Ertrag, ähnlich wie der der künstlerisch ehrgeizigen, experimentierfreudigen College-Bühnen, erst in späterer Zeit zu werten sein wird. Die süd- und mittelamerikanischen Musikkulturen sind in viel höherem Maße als die Musik Nordamerikas, in der etwas von der Menschheits- und Freiheitsidee des großen demokratischen Staatswesens lebt, von folkloristischen Elementen bestimmt; spanische, italienische und französische Einflüsse mischen sich mit heimischen Substanzen, das indianische Erbteil tritt deutlicher als im Norden hervor; das Ergebnis ist eine Kunst von starker, leidenschaftlicher Vitalität und glühendem Kolorit, die immer den elementaren Quellen, dem Tanz und dem sangbaren
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Melos, nahe bleibt. In Brasilien wirkte Heitor Villa-Lobos (1887 bis 1959), die stärkste und eigenartigste Musikerpersönlichkeit Südamerikas überhaupt, nicht nur als Komponist, sondern auch als Organisator und Initiator einer großzügigen Volksmusikpflege bedeutsam. Autodidakt, in langen Wanderungen durch das Land die heimische Volksmusik erforschend, anderseits besessen von dem Ideal Bachscher Kontrapunktik, die ihm als „universelle folkloristische Quelle" galt, schuf er ein ungeheueres, etwa einundeinhalbes Tausend Einzelwerke umfassendes Oeuvre, zu dem fünf Opern, sieben Symphonien, ebensoviele symphonische Dichtungen, viele Chorwerke gehören; charakteristisch sind vor allem die Orchestersuiten „Bachianas", die unmittelbar die Synthese von Folklore und Bach anstreben. In Argentinien legte der vielseitige, fruchtbare Komponist und Schriftsteller Alberto Williams (1862 bis 1952) den Grund einer nationalen Musikkultur; als Gegenwartsmusiker sind der bis an die Grenze der Atonalität vordringende J.J. Castro (geboren 1895) und der durch satztechnische Disziplin überzeugende Alberto Ginastera (geboren 1916) zu nennen. Der Begründer der neuen mexikanischen Musik ist Manuel Ponce (1886 bis 1948), der, romantisch-impressionistisch orientiert, als Lehrer eine Schule von Komponisten bildete. Die Moderne vertreten Silvestre Revueltas (1899 bis 1940), Meister einer stilisierten, zu starker Ausdruckskraft gesteigerten Folklore, und Carlos Chdvez (geboren 1899), Organisator des mexikanischen Musiklebens; seine Kunst ist teils von indianischen Quellen gespeist, teils verherrlicht sie Technik und Maschinen, teils vertritt sie, wie in der „Sinfonia Proletaria", soziale Ideen. Zwei indianische Komponisten älterer Generation sind von Interesse: Carlos Huizar (geboren 1888), ein reiner Folklorist, und Juan Carillo (geboren 1875), ein spekulativer Musiker, der den Halbton in kleinere Intervalle unterteilte und ein Tonsystem auibaute, das an Subtilität weit über die Versuche europäischer Vierteltöner hinausgeht.
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DER JAZZ H i e r endlich ist die B e t r a c h t u n g einer M u s i k g a t t u n g einz u f ü g e n , die längst w e i t über A m e r i k a hinaus G e l t u n g g e w o n n e n h a t u n d z u einer i n t e r n a t i o n a l e n , die g a n z e W e l t u m f a s s e n d e n V o l k s m u s i k g e w o r d e n ist: des Jazz. W a s J a z z ist, ist schwer zu definieren. D e n N e g e r n , die i h n e r f a n d e n , ist er die M u s i k ü b e r h a u p t . Kritische Betrachter g r e n z e n i h n scharf gegen b e n a c h b a r t e Gebiete a b u n d teilen i h n ein in M a n i e r e n u n d Stile. U n s t r e i t i g ist er eine Erscheinung v o n bespielloser V i t a l i t ä t , eine K r a f t , die w i e ein N a t u r e r e i g n i s a u f b r a c h u n d die W e l t ü b e r schwemmte, eine schöpferische P o t e n z , die sich u n e r m ü d l i c h in i m m e r f o r t wechselnden G e s t a l t e n v e r w a n d e l t e u n d ern e u e r t e u n d über ein halbes J a h r h u n d e r t l a n g die m u s i k a lische W e l t durch ihre r a p i d e E n t w i c k l u n g in A t e m hielt. W o r a u f die f a s z i n i e r e n d e W i r k u n g des J a z z b e r u h t , ist ein R ä t s e l . M a n h a t sie in d e m W i d e r s p r u c h b e g r ü n d e t sehen w o l l e n , d e r zwischen d e m s t a r r e n , f e s t g e h a l t e n e n R h y t h m u s , dem „Beat", und der freien, improvisierten und synkopierten Melodie besteht und der der Zwiespältigkeit des m o d e r n e n Lebensgefühls, der S p a n n u n g v o n Z w a n g u n d Freiheit entspricht. A n der S p o n t a n e i t ä t dieser W i r k u n g ist so w e n i g z u z w e i f e l n wie a n d e r U r s p r ü n g l i c h k e i t u n d E c h t h e i t dieser i m p r o v i s a t o r i s c h e n , augenblicksgebund e n e n Musizierweise. U n b e k ü m m e r t neben der K u n s t m u s i k h e r l a u f e n d , selten u n d lose z u ihr in B e z i e h u n g t r e t e n d , sie a b e r a n B r e i t e n w i r k u n g w e i t ü b e r t r e f f e n d , ist d e r J a z z z u m i n d e s t in soziologischem Sinne das interessanteste u n d b e d e u t e n d s t e musikalische P h ä n o m e n des J a h r h u n d e r t s . D e r J a z z e n t s t a n d gegen die J a h r h u n d e r t w e n d e in d e n H a f e n v i e r t e l n v o n N e w O r l e a n s , in d e n e n alle Rassen u n d V ö l k e r der W e l t sich mischten, d i e N e g e r aber das bestimm e n d e E l e m e n t w a r e n . R a g t i m e u n d Blues w a r e n die V o r l ä u f e r ; jener eine r h y t h m u s b e s t i m m t e , marschartige M u s i zierweise, in der d e r N e g e r m u s i k e r Scott J o p l i n sich h e r v o r t a t , dieser der schwermütige, l a n g g e z o g e n e G e s a n g des P l a n t a g e n a r b e i t e r s in d e n E b e n e n der g r o ß e n Flüsse. D a z u
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kamen als Vorbilder die geistlichen, meist chorisch gesungenen Lieder der Neger, die Spirituals, die auch das Instrumentarium vorschrieben: Trompete, Posaune und Schlagzeug, die kultischen Instrumente der Gottesdienste, Prozessionen und Begräbnisse, wurden die Wortführer des Jazz. Der klassische New-Orleans-Jazz, die U r f o r m der Gattung, ist gekennzeichnet durch die Dreistimmigkeit von Trompete, Posaune und Klarinette, der Baß und Schlaginstrumente einen gleichmäßigen, zweischlägigen Rhythmus unterlegen; die Nachahmung dieser originalen Form durch weiße Musiker wird Dixieland-Jazz genannt. Der schwarze Cornetbläser Buddy Bolden, der gegen 1900 öffentlich auftrat und nach kurzen Jahren des Erfolgs im Wahnsinn endete, ist der legendäre, tongewaltige Vorspieler dieser Frühzeit, dem einundeinhalbes Jahrzehnt später der Posaunist und Bandenleiter Kid O r y und der Cornettist King Oliver folgten. Mit den zwanziger Jahren begann eine neue Epoche des Jazz, die überwiegend vom Blues bestimmt war; der klassische Blues des New-Orleans-Stils ist von der weißen Variante des Chicago-Stils begleitet. Bessie Smith, die gefeierte Bluessängerin, deren mächtige, rauhe und dunkle Stimme die schwermütigen Melodien mit Leben und Ausdruck erfüllte, ist die charakteristische Gestalt dieser Periode. Zugleich trat ein Musiker in den Vordergrund, der geradezu zur Inkarnation des Jazz wurde: Louis Armstrong, der virtuose, durch den Glanz seiner hochgetriebenen Spitzentöne blendende Trompeter, der vitale, lachend optimistische, durch seinen grunzenden Baß faszinierende Schlagersänger, der jahrzehntelang, unangefochten vom Wechsel der Moden und Stile, seinen Rang als erster Mann seines Metiers behauptete. Und neben ihm, dem Solisten, wirkte der phantasievolle Organisator des Jazzorchesters, Duke Ellington. Gegen 1930 setzte eine neue Periode ein, die mit dem Schlagwort „Swing" bezeichnet wird. An die Stelle des zweischlägigen Rhythmus trat der vierschlägige, wodurch die Spanung zwischen Beat und synkopiertem Melos verschärft wurde. Benny Goodman, der „King of
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Swing", Count Basie und Lionel H a m p t o n waren es, die als Orchesterleiter diese Spielweise populär machten. Nach einem Jahrzehnt der Komplizierung und nervösen Exaltation, die mit der Formel „Be-bop" bezeichnet wird, kam um 1950 die Reaktion. Während man bisher den Jazz als „heiße" Musik geschätzt hatte, verlangte man ihn nun gemäßigt, gekühlt; „Cool-Jazz" wurde Programmwort. Das improvisatorische, spontane Element, das schon durch die Ausbildung der großen Orchester, der Big-Bands, zurückgedrängt worden war, verlor nun vollends an Bedeutung. Jazz fügte sich in feste Formen, experimentierte im Zeichen Bachs mit Invention und Fuge, er wurde Konzertmusik, auf dem Podium einem ehrfürchtig lauschenden Publikum dargeboten. O b mit dieser Phase, die mit dem Namen des Musikers und Lehrers Lennie Tristano verbunden ist, die Annäherung des wilden, ungebändigten Jazz an die musikalische Tradition und Zivilisation, das Erlösdien seiner ursprünglichen Vitalität bezeichnet ist, ob ihm noch die Möglichkeit einer neuen Entwicklung offensteht, muß abgewartet werden. KONSEQUENZEN: DIE SERIELLE UND DIE ELEKTRONISCHE MUSIK Die Idee, die Arnold Schönberg mit der Enfindung seiner „Methode, mit zwölf Tönen zu komponieren" in die musikalische Entwicklung geworfen hatte, brauchte lange Zeit, zu keimen, zu wachsen und in weitem Kreise Früchte zu tragen. Anfangs nur von seinen nächsten Schülern übernommen, wurde sie Jahrzehnte hindurch mehr konserviert als weitergebildet. Umso erstaunlicher war es, daß sie nach dem zweiten Weltkrieg, in einem Augenblick der Leere und Stagnation, als die bisher gültigen Werte zerbrochen und versunken waren, plötzlich eine unvorhergesehene Auferstehung erlebte. Die junge Komponistengeneration, die Willens war, nach dem niederdrückenden, vernichtenden Erlebnis der kriegerischen Katastrophen etwas ganz Neues anzufangen, spürte, daß in der Musik 19 M u s i k d. 20. J h d t .
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Schönbergs und seiner Schüler unausgeschöpfte Möglichkeiten einer zukünftigen Kunst ruhten, die die klassizistischen und barock-historisierenden, an der Tonalität festhaltenden Schulen nicht mehr zu bieten vermochten. Die Methodik der Zwölftönetechnik, von Lehrern wie dem in Paris wirkenden René Leibowitz ausgebaut, in Darmstadt in regelmäßigen, international besuchten Unterrichtskursen systematisch gepflegt, erwies sich als schulbildende, vorwärtstragende K r a f t , die eine neue Welt der Musik erschloß: eine Welt, die vom Gesetz der Zahl beherrscht war, eine Kunst, die gänzlich rational organisiert war; der T r a u m des integralen, in allen seinen Teilen von derselben Notwendigkeit bestimmten Kunstwerks fand seine Erfüllung. Das Gesetz der Reihe, das für Schönberg ursprünglich melodiebildenden Sinn gehabt hatte, wurde nun als konstruktives Prinzip verstanden. Die Formmittel der Methode, Umkehrung, Krebsgang, Kanon, Variation, wurden nicht als Wege zur künstlerischen Freiheit, sondern als bindende, fixierende Elemente verwendet; die Methode wurde zu Doktrin, zum Codex einer neuen, strengen Ordnung, der man sich willig fügte. Die Entwicklung erhielt ihre volle Konsequenz, als man Anton von Webern als den eigentlich radikalen Propheten der neuen Musik entdeckte und ihn als Vorbild über Schönberg stellte. Weberns Werk bedeutete die Loslösung von der klassischen Kultur des Themas und der thematischen Arbeit, die vollendete Objektivierung des Lyrischen, die Neuwertung und Neuordnung des tönenden Materials. Der einzelne T o n wurde wieder als Urelement des Musizierens begriffen — der Begriff der „punktuellen Musik" will diese Bedeutung des Einzeltones, des Punktes innerhalb des linearen Ablaufs, hervorheben —, das Intervall, die einfachste, abstrakte Beziehung zwischen verschiedenen Tönen, wurde zum Meßwert, die Vorstellung des Tonraumes, der die musikalische Struktur aufnimmt, löste das Zeitgefühl der thematischen, horizontal bestimmten Musik ab. Nicht nur die Folge der Tonhöhen
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wurde durch das Gesetz der Reihe bestimmt, das Prinzip der seriellen Integration erfaßte auch Tondauer, Dynamik und Klangfarbe. Der Gang einer Komposition war mit mathematischer Sicherheit durch das „vordisponierte" Material determiniert. Das Interesse für das Tonmaterial griff über den natürlichen Klang hinaus in den abenteuerlichen, chaotischen Bereich' der Klänge und Geräusche, die die Technik der elektrischen Tonerzeugung anbot. Hier war man von den Bedingungen des Naturklangs vollends unabhängig. Im Sinuston, dem von allen Obertönen gereinigten, elektrisch erzeugten Elementarton, hatte man einen fügsamen W e r k stoff geschaffen, den man durch alle Kunstgriffe der elektroakustischen Technik, durch Frequenz- und Schwingungsamplitudenveränderung, durch Nachhall-, Dehnungs- und Umkehrungseffekte beliebig innerhalb der durch das menschliche Ohr gesetzten Grenzen modulieren konnte. Intervalle und Zeitmaße wurden zu variablen, gleitenden Größen, eine Sphäre w a h r h a f t unerhörter Klangphänomene tat sich auf; alles das, was die Ordnung der natürlichen Musik ausgeschlossen hatte, heulende Gleittöne, dröhnende Schläge, unbestimmbare Geräusche, extreme dynamische Kontraste, phantastische Klanggemische, Überlagerungen und Verkettungen, alles das wurden nun legitime musikalische Werte und Vorgänge; die Dämonie des schweifenden, ungebärdigen technischen Klanges sollte durch die Ratio der seriellen Methodik gebändigt werden. Mit der Erschließung dieses der Instrumentalmusik unerreichbaren Klangraumes änderte sich die Praxis des Komponierens. Die Komposition wurde nicht mehr schriftlich notiert und dem Interpreten zur mehr oder weniger freien Auslegung überlassen. Komposition und Interpretation waren eines. Der Komponist arbeitete am Tongenerator und vertraute seine Eingebungen unmittelbar dem Tonband an. Kompositorische Erfindung, technische Herstellung und Konservierung fielen zusammen; der Lautsprecher als indifferente Vermittlungsstation zwischen Werk und Hörer schloß den 19*
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menschlichen Interpreten aus. Der Mensch trat einen beträchtlichen Teil seiner Funktionen an die technische Apparatur ab; die Technisierung der Musik, die schon durdi Schallplatte und Rundfunk erfolgt war, griff nun an den Kern der künstlerischen Produktion, sie bestimmte schon den Akt der Komposition. Der Begriff der elektronischen Musik, die von Hans Meyer-Eppler und Herbert Eimert theoretisch fundiert und in den Rundfunkstudios von Köln, Mailand und Paris systematisch gepflegt wurde, war eng begrenzt. Er umfaßte nur Klangvorgänge, die von natürlichen Instrumenten nicht hervorgebracht werden können, die von den nach Höhe und Dauer fixierten Tönen der herkömmlichen Musik grundsätzlich verschieden sind. Elektrische Instrumente wie die Elektronenorgel und das Trautonium Oskar Salas, die den Klang natürlicher Instrumente nachahmen, gehören nicht in den Bereich der elektronischen Musik. Ebensowenig sind ihr die Versuche zuzuzählen, den elektronischen Klang als stimmungerzeugendes Geräusch und tonmalerische Kulisse für außermusikalische Vorgänge zu verwenden, wie es der Franzose Pierre Schaeffer mit seiner Schöpfung der „Musique concrète" getan hat; er kombinierte elektronischen und natürlichen Klang, Geräusch, Sprache und Gesang auf dem Tonband zu surrealistischen Kompositionen von unheimlicher Faszination und hatte mit seiner Tondichtung „Orphée" beträchtlichen künstlerischen Erfolg. So problematisch die Ergebnisse dieser verschiedenartigen Bemühungen blieben, so berechtigt die Vorwürfe der Materialvergötzung, der Dehumanisierung der Musik waren, die man gegen die serielle Schule erhob: die Entwicklung der seriellen Musik, die im wesentlichen in das Jahrzehnt zwischen 1950 und 1960 fällt, ist doch eine der bedeutsamen musikalischen Leistungen des Jahrhunderts. Sie hat Regionen des Klanges erschlossen, die vorher nicht zu ahnen waren, sie hat das Tonmaterial von Grund auf regeneriert, sie hat eine neue, anfängliche Art des Musikhörens gelehrt,
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die sich von allen historischen und nationalen Konventionen befreite. Was mit ganz anderen Mitteln in den bildenden Künsten erstrebt wurde, das Zurückgreifen auf ursprüngliche, von keiner Erfahrung belastete Werte, das fand hier seine Entsprechung; der gegenstandlosen Malerei darf die athematische Musik der Webern-Nachfolge an die Seite gestellt werden. Auch das muß betont werden: die ZwölftonMusik hat den von der Romantik ausgebildeten nationalen Schulen eine neue Internationalität der Musik entgegengesetzt, wie sie seit der Klassik nicht mehr möglich gewesen war. Die Komposition setzte auf einer Ebene an, auf der naturhafte Unterschiede keine Bedeutung hatten; Reihenprinzip und Folklore schlössen einander aus. Über die Zerrissenheit der nationalen Kulturen erhob sich die Idee einer Weltmusik, die die Komponisten aller Nationen und Rassen unter dem gleichen, allgemeingültigen Gesetz zusammenführte. Die Notwendigkeit dieser Entwicklung steht außer Zweifel. Der Weg, den Schönberg und Webern gezeigt hatten, mußte zu Ende gegangen werden. Die durchkalkulierten, auf abstrakte Formeln reduzierten Tonspiele, die in den Studios der experimentierenden Komponisten entstanden, haben ihren Wert als Skizzen und Entwürfe einer neuen, mathematisch regulierten, von den unberechenbaren Einflüssen des menschlichen Affekts befreiten musikalischen Welt, deren Idee und Ahnung zu den charakteristischen Eingebungen der Epoche gehören. Unter den Komponisten, die sich der Zwölftönemethode bedienten, sind zuerst die älteren zu nennen, die ihr Handwerkszeug noch unmittelbar aus den H ä n d e n Arnold Schönbergs und seiner Schüler empfangen hatten. Hans Eisler, 1898 in Leipzig geboren, gehört zum Kreise der politischen Aktivisten, die sich zu Wortführern der kommunistischen Idee machten. Er studierte in Wien, lebte in Rußland und Amerika und wurde nach dem zweiten Weltkrieg in Berlin einer der führenden Musiker der Deutschen Demokratischen Republik; in seinem Schaffen suchte er den plakativen Stil Weills mit der satztechnischen Kom-
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plizierung der Schönbergschule zu verschmelzen. Winfried Zillig, der 1905 in Würzburg geboren wurde, arbeitete an den Rundfunksendern in Frankfurt am Main und Hamburg. Er schrieb eine Reihe literarisch und musikalisch anspruchsvoller Opern, „Rosse", und „Die Windsbraut" nach Billinger, „Das Opfer" nach Reinhard Goering, „Troilus und Cressida" nach Shakespeare und „Die Verlobung in St. Domingo" nach Kleist und bemühte sich in seinen Instrumentalwerken um Popularisierung des dodekaphonischen Stils. Hans Erich Apostel, 1901 in Karlsruhe geboren, in Wien als Lehrer wirkend, schrieb interessante, phantasievolle Kammer- und Orchestermusik; der Wiener Hans Jelinek, ebenfalls dem Jahrgang 1901 angehörend, komponierte Symphonien und Gesangswerke und trat mit seinem „Zwölftonwerk" als Theoretiker und Pädagoge hervor; der Darmstädter Hermann Heiß, 1897 geboren, Schüler Joseph Matthias Hauers, schrieb vielerlei Musik intimen Charakters und zeigte in einer „Sinfonia atematica" radikale Tendenzen. Als Einzelerscheinung ist der Grieche Nikos Skalkottas (1904 bis 1949) zu nennen, dessen Schaffen erst nach seinem Tode weitere Resonanz fand. N u r mittelbar ist der 1905 geborene Münchner Karl Amadeus Hartmann der Schönbergschule verbunden. Sein starkes, ursprüngliches Musikertemperament, dem die Kunst Ausdruck bewegender Erlebnisse bedeutete, wehrte sich gegen den Zwang einer Doktrin. Seine sieben Symphonien, in ihrer Gesamtheit einer der stärksten Werte der deutschen Gegenwartsmusik, sind in der Freiheit und U n befangenheit der Formbehandlung, in der K r a f t ihrer koloristischen Wirkungen und in der lebensnahen Ausdrucksfülle den freilich an Format überlegenen Symphonien Schostakowitschs zu vergleichen. Die erste Symphonie, als Fragment bezeichnet, ist eine Liedsymphonie nach Worten Walt Whitmans, die zweite eine freie, aus der Ruhe aufsteigende und in die Ruhe zurücksinkende Phantasie. Auch die dritte, die eine kraftstrotzende Fuge enthält, endet mit einem Adagiosatz. Die vierte verwendet nur Streichinstru-
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mente, die fünfte, als „konzertant" bezeichnet, quillt über von musikantischer Vitalität, ausgleichendes Gegenstück zu den ernsten und düsteren, vom Zeitgeschehen inspirierten Erlebnismusiken, zu denen auch die in den ersten Kriegstagen des Jahres 1939 entstandene „Musik der Trauer" für Streichorchester zählt. Eine Kammeroper „Des Simplicius Simplicissimus Jugend" fesselt durch pittoreske und expressive Züge, ein Genrebild aus der wilden Welt des dreißigjährigen Krieges. Der Schweizer Rolf Liebermann, 1910 in Zürich geboren, wie Hartmann ein Schüler Hermann Scherchens, später Opernintendant in Hamburg, ist einer der zahlreichen Komponisten, für die die Zwölftönemusik nur einen Durchgang bedeutete. Frühwerke, wie das „Furioso" für Orchester und die Chorkantate „Streitlied zwischen Leben und T o d " ließen ausgeprägten Sinn für dramatische Wirkung erkennen. Mit der Oper „Leonore 40/45", deren Libretto, von Heinrich Strobel verfaßt, eine Episode aus dem im Kriege von den Deutschen besetzten Paris behandelte, bemühte er sich um das musikalische Zeitstück, „Penelope" paraphrasierte das moderne Thema des aus dem Kriege heimkehrenden Mannes. Mit der MoliereVertonung „Die Schule der Frauen" wandte er sich der heiteren, unterhaltenden Oper zu und kehrte zugleich zu einer leichtflüssig-gefälligen tonalen Sprache zurück. In entgegengesetzter Richtung verlief der Weg Wolfgang Fortners, eines repräsentativen Meisters der deutschen Moderne. Im Jahre 1907 in Leipzig geboren, Schüler Hermann Grabners, in Heidelberg als Lehrer tätig, komponierte er geistliche und weltliche Musik — Marianische Antiphonen, Sweelincksuite für Orchester, deutsche Liedmesse, Kantate „Nuptiae Catulli" — im neubarocken Zeitstil. Nach dem katastrophalen Jahr 1945 erhielt seine Musik einen anderen, vom Zeiterlebnis aufgewühlten Klang; das virtuose Konzert für Violine und Kammerorchester und die als Bekenntnis und Dokument bedeutende Symphonie von 1947 stehen an der Schwelle der neuen Schaffensperiode. In der Auseinandersetzung mit dem
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Werk Schönbergs entwickelte Fortner seinen neuen, dodekaphonisch bestimmten Kompositionsstil. Das Ballett „Die weiße Rose", die Fantasie über die Tonfolge B-A-C-H für zwei Klaviere, Soloinstrumente und Orchester, die Kantaten „Isaaks Opferung" und „The Creation" (Die Schöpfungsgeschichte in der Darstellung des Negerdichters James Weldon Johnson), vor allem die Vertonung von Garcia Lorcas „Bluthochzeit" sind Zeugnisse eines von starken Gefühlsspannungen erfüllten, formal gebändigten Expressionismus, der als charakteristisch deutsche Stimme im internalen Konzert der neuen Musik, als bewußte, verantwortungsvolle Zusammenfassung und Weiterbildung dessen, was die Generation der großen Neuerer geschaffen hat, von geschichtlicher Bedeutung ist. In Italien spielte Luigi Dallapiccola, 1904 in Pisino in Istrien geboren, als Lehrer in Florenz wirkend, eine entsprechende Rolle. Auch Dallapiccola hat sich die Zwölftönemusik erst allmählich, übrigens ganz selbständig und ohne den Einfluß eines Lehrers, angeeignet; eine Aufführung des „Pierrot Lunaire" im Jahre 1924 im Palazzo Pitti zu Florenz, an der auch Puccini teilgenommen haben soll, war der entscheidende Eindruck, der tief und dauernd in ihm nachwirkte. Schon in der einaktigen Oper „Volo di Notte" (Nachtflug) von 1939 und in den chorischen „Gesängen aus dem Gefängnis" von 1941 erscheinen zwölftönige Melodiebildungen. Als Italiener war Dallapiccola vor allem an der melodischen Zeugungskraft des Zwölftonprinzips interessiert; sein Sinn für natürlichen Wohlklang und sein leidenschaftlicher Ausdruckswille bewahrten ihn vor der Uberschätzung der konstruktiven Möglichkeiten der Technik. Die Oper „Der Gefangene" von 1946, konsequent dodekaphonisch gearbeitet, ist das Meisterwerk eines neuen Expressionismus, das dem „Wozzeck" Alban Bergs an die Seite gestellt werden darf. In historischer Verkleidung wird ein Zeitthema behandelt: der Held der Oper, der Gefangene der Inquisition, ist Stellvertreter der Unzähligen, die Unterdrückung, Gewalt und Tod gelitten
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haben. Man spiegelt ihm die H o f f n u n g auf Freiheit vor, bevor man ihn zum Scheiterhaufen f ü h r t ; die seelische Folter gehört zum künstlerischen Arsenal einer Zeit, die sich auf das Foltern verstand. Die Musik ist von unwiderstehlicher dramatischer Gewalt, farbig, differenziert in der Schilderung psychologischer Vorgänge, voll von Leidenschaft und ethischem Ernst. Ihre stürmische Expressivität wird durch geschlossene Formen, Ballade, Lied und Ricercar, in Schranken gehalten; auch darin liegt eine Parallele zum „Wozzeck". Auf den tragischen Hymnus der unterdrückten, gemarterten Freiheit folgte 1950 als religiöses Gegenstück das szenische Oratorium „Hiob", das Bekenntnis der Ohnmacht des Menschen vor Gott. Die Musik ist durchsichtiger, asketischer im Klang, ganz auf melodische Linearität gestellt. Gott und Satan erscheinen als sprechende und singende Chöre, Hiobs Klage ist ausdrucksgeladene, ariose Melodie, ein Erzähler gibt den Zusammenhang der Handlung; die alte Form der „Sacra Rappresentazione" ist mit modernen Mitteln erneuert. Auch der 1910 in Rom geborene Mario Peragallo trat der Schönberg-Nachfolge bei; seine instrumentalen und dramatischen Werke sind wirkungsvolle, mit ausgeprägtem Klangsinn konzipierte Musik, deren Ausdruckskraft freilich nicht an Dallapiccola heranreicht. Aus der Gruppe der Jüngeren, die sich der Zwölftontechnik als einer schon Tradition gewordenen Schule verschrieben, ragen einige charakteristische künstlerische Individualitäten hervor. Luigi Nono, 1926 in Venedig geboren, ist den Weg der nachwebernschen Radikalisten mitgegangen und hat sich doch seinen starken, ursprünglichen Ausdruckswillen erhalten. Seine Musik, herb und konzessionslos im Klang, ist von starken ethischen Impulsen erfüllt; das dreiteilige Epitaph auf Garcia Lorca, das Ballett „Der rote Mantel", „La Victoire de Guernica" nach Paul Eluard zählen zu seinen wichtigeren Werken. Seine Oper „Intolleranza 1960", die 1961 in Venedig aufgeführt wurde, ist der Versuch einer Zeitoper, die an der Figur eines
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Emigranten die tragische Heimat- und Schutzlosigkeit des Menschen in der unduldsamen Gegenwart demonstriert. Giselher Klebe, 1925 in Mannheim geboren, ist eine ausgesprochene Formbegabung. Er begann mit einem Orchesterstück von bestrickender Originalität, „Metamorphose über das Bild ,Die Zwitschermaschine' von Paul Klee", schrieb Symphonien und feinlinige, konzentrierte Kammermusikwerke und wandte sich dann der Oper zu; „Die Räuber" nach Schiller, „Die tödlichen Wünsche" nach Balzac und „Alkmene" nach Kleists „Amphitryon" sind Versuche, die serielle Musik zur Sprache dramatischer Leidenschaft zu machen. Der Kölner Bernd Alois Zimmermann, geboren 1918, steht mit seiner von dynamischen Spannungen erfüllten Instrumentalmusik in der N ä h e des Expressionismus. Der Darmstädter Hans Ulrich Engelmann (1921), der Österreicher Friedrich Cerha (1926) und der Schweizer Armin Schibier (1920) erarbeiteten sich individuelle VariHenk anten der allgemeinen Technik. Der Holländer Badings (1907), Autor eines umfangreichen Oeuvres konventioneller Musik, wandte sich der Komposition mit elektronischen Mitteln zu. Der Schwede Karl-Birger Blomdahl (1916) erregte Sensation mit einer 1959 aufgeführten Oper „Aniara", die den Untergang eines Weltraumschiffes und damit symbolisch den Untergang der durch Diktatur, Krieg und Vergnügungssucht verdorbenen Menschheit schilderte. Besondere Pflege fand die Zwölftonmusik überraschender Weise in Polen, das sich seine geistige Selbständigkeit innerhalb des sowjetischen Kulturbereichs zu bewahren suchte. Für die junge polnische Musikergeneration, die nach dem zweiten Weltkrieg zu Worte kam, war das Erlebnis Weberns von entscheidender Bedeutung. Charakteristisch für die Bemühung, serielle Kompositionsmethodik mit überlieferten Formen zu verschmelzen, ist das Schaffen des 1913 in Warschau geborenen Witold Lutoslawski; seine Trauermusik für Streichorchester, dem Andenken Bartoks gewidmet, 1958 vollendet, ist ein Stück von einfacher, ausdrucksvoller Schönheit, die aus der Versöhnung gegensätz-
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licher Prinzipien hervorgeht. Die Japaner Yorutsuné Matsudaira (1907), Makoto Moroi (1930), Mmao Sbivata (1916) bestätigen mit pittoresken Kammermusikwerken die internationale Geltung des dodekaphonischen Prinzips, wie denn überhaupt Japan schnell zu einem Zentrum des musikalischen Avantgardismus wurde. Als radikale Experimentatoren in den Studios der elektronischen Musik wirkten die Italiener Bruno Maderna (1924) und Luciano Berio (1925), der Belgier Henri Pousseur (1929), sowie der Kölner Karlheinz Stockhausen (1928), ein spekulativer, zwischen Rationalismus und Utopie schwankender Musiker, der mit der Mischung elektronischen und instrumentalen Klanges operierte und die Elementarbegriffe der Zeit, des Raumes und der Form neu zu ermessen suchte; sein elektronischer, aus denaturierten Worten komponierter „Gesang der Jünglinge", seine „Zeitmaße" für Bläser, seine Zyklen und Refrains für Schlaginstrumente, seine Raummusiken f ü r drei und vier Orchester sind Experimente jenseits der Grenzen aller traditionellen Musik. Zwei große Begabungen sind am Ende zu nennen, die durch die Sphäre der seriellen Methodik hindurchgingen und über sie hinauswuchsen: der Deutsche H a n s Werner Henze, der aus dem Bereich der mathematisch determinierten Musik einen Ausweg in die Freiheit der Poesie und des Gefühls suchte, und der Franzose Pierre Boulez, der durch die Konsequenz des methodischen Denkens eine andere, unbetretene Region der schöpferischen Freiheit erschloß. Hans Werner Henze, die stärkste produktive K r a f t der deutschen Musik nach Richard Strauss und Paul Hindemith, ist Westfale. Er wurde 1926 in Gütersloh geboren, studierte nach kurzem Kriegsdienst bei Wolfgang Fortner in Heidelberg und erwarb sich das H a n d w e r k des klassizistischen Kompositionsstils, dem seine Frühwerke angehören. Klangvorstellungen, die ihm vorschwebten und gestaltet werden wollten, führten ihn dazu, mit Zwölftonreihen zu arbeiten. In Rene Leibowitz fand er den Lehrer, der ihm Sicherheit gab, ohne ihn in den Bann eines
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Systems zu zwingen. Audi die serielle Methodik blieb ihm immer nur Mittel, Empfindungen und poetische Vorstellungen im Klang widerzuspiegeln; niemals ist ihm die musikalische Form Endzweck des Schaffens. Seine Kammermusik ist o f t von dichterischen Eindrücken angeregt. „Apollo und Hyazinthus", Improvisationen für Alt, Cembalo und Soloinstrumente, 1949 vollendet, sind eine Meditation über die Vergänglichkeit; die „Kammermusik 1958" ist eine Folge von Gesängen für eine Tenorstimme nach W o r ten Hölderlins, getragen von einem zarten, aus melodischen Linien gewobenen Klanggrund, den Streicher, Bläser und die serenadenhaft begleitende Gitarre unter die Stimme hinbreiten. Das Violoncellokonzert ist eine musikalische Transposition von Shelleys „Ode an den Westwind", die drei vor 1950 entstandenen Symphonien sind nicht frei von programmatischen Elementen; selten, wie in der bedeutenden, in eine virtuose Fuge auslaufenden Klaviersonate von 1958 gibt sich Henze als absoluter Musiker. Diesen Ausdrucksmusiker mußte es zur Bühne drängen. Über das Ballett, dem er mit verschiedenen Arbeiten — „Jack Pudding", „Maratona di Danza", „Undine" — huldigte, fand er zur Oper. Das lyrische Drama „Boulevard Solitude", 1951 aufgeführt, ist eine moderne Version des „Manon Lescaut"-Stoffes. Die Musik vereinigt Zartheit und Stimmungskraft mit einer Schärfe der dramatischen Charakterisierung, die für einen fünfundzwanzigjährigen Komponisten erstaunlich ist; 1956 folgte in Berlin die Uraufführung von „König Hirsch", einem großartigen Versuch der Wiederbelebung der romantisch-phantastischen Oper. Carlo Gozzi hat dem Komponisten, der inzwischen nach Ischia übergesiedelt und fast zum Italiener geworden war, den Stoff geliefert, Heinz von Cramer schrieb das literarisch anspruchsvolle Textbuch. Ein junger König, der von einem Usurpator vertrieben worden ist, flüchtet vor den Menschen zu den Tieren des Waldes und wird in einen weißen Hirsch verwandelt. Aber die N a t u r gibt ihm keinen Frieden; geläutert, weise geworden, kehrt er
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zu den Menschen und zu seiner Aufgabe zurück. Henze hat zu dem poetisch-symbolistischen, von närrischen Clownszenen durchsetzten Opernbuch eine Musik von starkem Kolorit und vehementer Ausdruckskraft geschrieben. Die Atmosphäre des Waldes wird geheimnisvoll webender Klang, überlieferte Formen wie Arie, Romanze, Duett tauchen verwandelt, dem neuen Melodiebegriff angepaßt wieder auf, der Schlußakt, die Rückkehr des Königs zu dem Volk, das ihm huldigt, ist eine feierliche Chorkantate. Läßt diese Märchenoper das Vorbild der „Zauberflöte" durchscheinen, so k n ü p f t das folgende Werk, der 1960 in H a m b u r g aufgeführte „Prinz von Homburg", in musikdramaturgischer Beziehung an die historische Oper der Italiener, vor allem Donizettis und Verdis an. Henze hat das Schauspiel Kleists fast unverändert als Opernbuch durchkomponiert. Was ihn an der Dichtung reizte, war neben der musikträchtigen Sprache vor allem die Figur des prinzlichen Somnambulen, der weniger als Kriegsheld denn als träumender Schwärmer aufgefaßt wird. Die Szenen des Nachtwandlers, Impressionen von weichem, seidigem Klang, rahmen das D r a m a ein und bestimmen die Tönung der Musik. Die kriegerischen Vorgänge, Befehlsausgabe und Schlacht, sind in feste musikalische Formen gebunden, Arien, kunstvolle Ensembles, orchestrale Zwischenspiele geben der Musik Raum, die, weniger harmonisch-koloristisch, mehr linear-kontrapunktisch bestimmt als im „König Hirsch", das Zwölftonprinzip nur noch frei als Anregung und Stütze verwendet; ein neuer Ausdrucksstil jenseits des doktrinären Zwanges ist gewonnen. Pierre Boulez darf in bezug auf Weg und Ziel seines Schaffens als Gegenspieler Hans Werner Henzes gelten. Im Jahre 1925 in Montbrison im Departement Loire geboren, von der Mathematik und den technischen Wissenschaften zur Musik kommend, Schüler von René Leibowitz und Olivier Messiaen, Verehrer Debussys und Weberns, Joyces und Maliarmes, wurde er zum konsequentesten und produktivsten Vertreter der athematisch-strukturellen
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Musik. Seine drei Klaviersonaten zeugen von seiner Bemühung um die neue, fließende, asymmetrische und aperiodische Form. In seinen orchestralen Kompositionen lebt sich eine eigenwillige, nach Unerhörtem strebende Klangphantasie aus. 1955 erklang „Le Marteau sans Maitre", Musik für eine Altstimme und sechs Instrumente nach Texten aus einer Gedichtsammlung; des Surrealisten René Char, die der Komposition den Namen gegeben hat. Die Folge kurzer, prägnanter, innerlich verbundener Sätze erinnert an Schönbergs „Pierrot Lunaire"; Gesangstücke und Zwischenspiele, „Kommentare" genannt, ergeben die zyklische, lyrische Form. Altflöte, Xylorimba, Vibraphon, Gitarre, Bratsche, Trommeln, Glocken und Gongs produzieren einen phantastisch glitzernden und funkelnden, schwirrenden und dumpf dröhnenden Klang, in den das Echo asiatischer Musik eingefangen ist, der aber in seinem harmonischen Raffinement, in seinem vibrierenden rhythmischen Pointiiiismus, in der gewagten Mischung natürlicher und elektronischer Tonqualitäten von ausgesprochen europäischer Modernität ist. 1960 folgte das Orchesterwerk „Pli selon Pli", dessen Untertitel „Portrait de Mallarmé" die Beziehung zu dem von Boulez verehrten Dichter andeutet. Drei „Improvisitationen" f ü r Sopranstimme und Instrumente werden eingeschlossen von einer Introduktion für Klavier allein und einem orchestralen Schlußsatz „Tombeau". Auf lange Strecken dominieren Schlaginstrumente, Xylophon, Vibraphon, Gongs, Glocken, vielerlei Trommeln; sie mischen sich mit H a r f e , Celesta, Klavier, später mit Bläsern, zuletzt mit Streichern. Das Satzbild des „Marteau sans Maitre" ist zu größerer Dimension geweitet. Es ist ein Musizieren in elementarer Sphäre, das gegensätzliche Klangschichten kontrapunktiert, das das Ohr durch polyrhythmische und polykoloristische Reize fesselt, das sich vom zarten Filigran bis zur rauschenden Orgie steigert. Die Singstimme ist als schwebende Arabeske eingefügt, im abschließenden „Tombeau" hat das Orchester mit schweren Biäserklängen allein das Wort. Es scheint, daß hier mit
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der Beziehung auf Debussy und Messiaen die Tradition der großen französischen Musik weitergeführt wird. Der Theoretiker Boulez hat sich bemüht, die "Welt, die sich hier, schon jenseits des Rationalismus der seriellen Methodik, öffnet, durch formale Logik zu ordnen; es geht ihm darum, das umfassende Gesetz zu finden, das klingende Universum der neuen Musik strukturell zu beherrschen. Die Wege zeichnen sich ab, die aus der Enge des Schuldenkens hinausführen: dort der Glaube an das menschliche Gefühl, hier die K r a f t der logisch gebändigten Phantasie. Beides bedeutet H o f f n u n g und Z u k u n f t f ü r die Musik des Jahrhunderts.
304 NAMENREGISTER Abert, Hermann 258 Absil, J e a n 129 Adam, Adolphe 93 Adorno, Theodor W. 195, 258 Ahle, Johann Rudolf 169 Ahna, Pauline de 22, 46 Ahrens, Joseph 269 Aisdiylos 201 Alain, J e h a n 203 Alarcon, Pedro 117 Albéniz, Isaac 115 Albert, Eugen d' 15, 26, 56 f., 119 Aleott, Amos Bronson 281 Aleott, Lousia May 281 Alessandrescu, Alfred 118 Alfano, Franco 98, 99 Alfvén, Hugo 130 Alpaerts, Flor 128 Altenberg, Peter 167 Amadeus-Quartett 15 Amar-Quartett 228 Andersen, Hans Christian 130, 180 Andrejew, Leonid 283 Annunzio, Gabriele d' 98, 108, 205 Ansermet, Ernest 13, 182 Ansorge, Conrad 15 Antheil, George 197, 280, 284 Apostel, Hans Eridi 294 Arato, Istvón 222 Arensky, Anton St. 125 Aristophanes 53 Armstrong, Louis 288 Arrau, Ciaudio 15 Atterberg, Kurt Magnus 130 Aubert, Louis 110 Auden, W y s t a n Hugh 184 Aue, Hartmann von 65 Auric, Georges 199, 203 Bach, Johann Sebastian 75, 76 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 159, 169, 178, 190, 194, 201, 225, 257, 286, 289 Badings, Henk 129, 298 Bahr-Mildenburg, Anna 69 Bakst, Léon 180 Balózs, Béla 214, 215 Balzac, Honoré de 298 Bantock, Granville 127 Barber, Samuel 284 Bardac, Emma 103 Bartók, Béla 119, 120, 121, 132, 133, 212-221, 222, 298 Basie, Count 289 Baudelaire, Charles 103, 169
77 107, 224,
127,
Baudrier, Yves 270 Baumann, Max 260 Bax, Arnold 127 Bazzini, Antonio 93 Beardsley, Aubrey 37 Beck, Conrad 260 Beediam, Sir Thomas 13 Beethoven, Ludwig v a n 19, 33, 48, 58, 61, 62, 70, 75, 79, 80, 82, 126, 135, 137, 143, 149, 152, 159, 194, 218,
228
Bekker, Paul 240 Benatzky, Ralph 62 Benn, Gottfried 231 Bennet, William Sterndale 127 Benois, Alexandre 180 Bentzon, Jörgen 130 Berg, Alban 140, 145, 157, 165-172, 296 Berg, Carl Natanael 130 Bergengruen, W e r n e r 266 Berger, Erna 16 Bergson, Henri 7 Berio, Luciano 299 Bériot, Charles 15 Berkeley, Lennox 275 Berlin, Irving 285 Berlioz, Hector 27, 29, 101, 110 Bernanos, Georges 203 Bernstein, Leonard 284, 285 Bertrand, Aloise 113 Bethge, Hans 175 Billinger, Richard 294 Bilse, Benjamin 13 Bittner, Julius 55 Bizet, Georges 179 Blacher, Boris 248 ff. Blech, Leo 14, 23, 56 Blei, Franz 229 Blitzstein, Marc 285 Bloch, Ernest 283 Blomdahl, Karl-Birger 298 Blume, Friedrich 258 Böcklin, Arnold 81 Boito, Arrigo 88 f. Bolden, Buddy 288 Bonturi, Elvira 93 Borde, Edmund von 260 Bornefeld, Helmut 268 Borngräber, Otto 223 Borris, Siegfried 260 Bossi, Marco Enrico 99, 205 Boucher, François 104 Boulanger, Nadia 203, 275, 282
Namenregister Boulez, Pierre 299, 301 ff. Bour, Ernest 14 Bourguignon, Francis de 129 Eiäutigam, Helmut 268 Brahms, J o h a n n e s 54, 64, 79, 80, 81, 82, 84, 124, 127, 128, 129, 141, 143, 145, 159, 161, 167, 216, 218, 229 Brailowski, Alexander 124 Brandts-Buys, Jan 129 Braunfels, Walter 53 Brecht, Bertolt 233, 243, 244, 245, 247, 283 Brentano, Clemens von 35 Bresgen, Cesar 260 Breughel, Pieter 128 Bridge, Frank 276 Britten, Benjamin 275 ff. Brod, Max 122 Brudi, Max 63, 99, 128, 129 Bruckner, Anton 23, 51, 53, 54, 68, 70, 153, 225, 266, 267 Büchner, Georg 165, 169, 250 Bücken, Emst 258 Bülow, Hans von 13, 21, 22, 77 Bulgakow 180 Burkhard, Willy 268 Busch, Adolf 15 Busdiguartett 15 Busoni, Ferruccio 15, 19, 63, 64, 83-87, 134, 147, 158, 177, 178, 242, 246 Butting, Max 260 Byron, George Noel Gordon Lord 149, 160 Cage, John 284 Calderon de la Barca, Pedro 205 Callas, Maria 17 Caplet, André 110 Carillo, J u a n 286 Carpenter, John Aldon 283 Caruso, Enrico 16, 91 Casella, A l f r e d o 203 f. Castro, J. J. 286 Catullus, Caius Valerius 254 Celibidache, Sergiu 14 Cerha, Friedrich 298 Cervantes, Miguel d^ 32 Chabrier, Emmanuel 103 Char, René 302 Charpentier, Gustave 109 Chausson, Ernest 103, 105 Chàvez, Carlos 286 Chemin-Petit, Hans 260 Cherkassky, Shura 15 20 M u s i k d. 20. J h d t .
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Chopin Frédéric 102, 106, 107, 108, 125 Claudel, Paul 200, 201 Cluytens, André 14 Cocteau, J e a n 111, 182, 193, 199 Coleridge-Taylor, Samuel 127 Copland, Aaron 283 Cortot, Alfred 15 Coster, Charles de 246 Couperin, François 101, 106, 202 Courvoisier, Walter 53 Crabbe, George 277 Cramer, Heinz von 300 Creston, Paul 284 Cuvelier, Marcel 258 Dahn, Felix 35 Dallapiccola, Luigi 206, 296 f. Dante Alighieri 97 David, Johann Nepomuk 267 Debussy, Claude 19, 23, 88, 91, 99109, 110, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 128, 129, 136, 180, 182, 213, 215, 226, 301, 303 Dehmel, Richard 34, 35, 151, 225 Delage, Maurice 110 Delannoy, Marcel 110 Delius, Frederick 127, 275 Dent, Edward 198, 258 Dessau, Paul 247 Devreese, Godfroid 129 Diaghilew, Serge 108, 113, 117, 179, 180, 183, 185, 207 Diamond, David 284 Diepenbrock, Alfons 129 Distler, Hugo 262 f. Dohnónyi, Ernst von 119, 213 Donizetti, Gaetano 47, 301 Dopper, Cornélius 129 Dostojewski, Feodor Mikajlowitsdì 122, 126, 207 Dragoin, Sabin 118 DrieBler, Johannes 268 Dscherschinski, Iwan 210 Dubois, Théodore 112 Dùlberg, Ewald 183 Dukas, Paul 103, 110, 116, 214 Dupont, Gabriel 110 Dupré, Marcel 203 Durand, Emile 102 Durey, Louis 199 Dutilleux, Henry 203 Dvorók, Anton 121 Egk, W e r n e r 249, 250 ff.
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Namenregister
Eichendorff, J o s e p h F r e i h e r r v o n 35, 55, 56, 67, 81 Eimert, H e r b e r t 292 Einem, G o t t f r i e d v o n 250 E i n s t e i n , A l f r e d 258 Eisler, H a n s 293 E l g a r , E d w a r d 275 Eliot, T h o m a s S t e a r n s 9, 205 E l l i n g t o n , D u k e 288 E l u a r d , P a u l 297 E m e r s o n , R a l p h W a l d o 281 E n e s c u , G e o r g e s 118 E n g e l m a n n , H a n s Ulrich 298 E n s o r , J a m e s 128 E r d m a n n , E d u a r d 246 Erkel, F r a n z 119 Espió, O s c a r 118 E u r í p i d e s 254 Fall, Leo 62 F a l l a , M a n u e l d e 115 ff. F a r k a s , F e r e n c 221 Faulkner, William 9 F a u r é , G a b r i e l 103, 109, 112, 118, 203 F e r r a s , C h r i s t i a n 15 Fibich, Z d e n k o 121 F i s d i e r , E d w i n 15 F i s c h e r - D i e s k a u , Dietrich 16 F i t e l b e r g , G r e g o r 124 F l a u b e r t , G u s t a v e 37, 89 F ö r s t e r . J o s e p h B o h u s l a v 121 F o k i n , Michail 180 F o n t a n a , F e r d i n a n d o 93 F o r t n e r , W o l f g a n q 295 f., 299 F r a n ç a i s , J e a n 203 Franck, C é s a r 129, 270 F r e s c o b a l d i , G i r o l a m o 259 Freud, Sigmund 8 Fricker, P e t e r R a c i n e 279 F r i c s a y , F e r e n c 14 F r i e d m a n , I g n a z 124 Fuchs, R o b e r t 226 F ü r s t e n b e r g , F ü r s t Egon zu 198 F u r t w ä n g l e r , W i l h e l m 13, 14, 54, 148, 233 G a l l i - C u r c i , A m e l i t a 16 G a r c i a Lorca, F e d e r i c o 296, 297 G a y , J o h n 244 G é d a l g e , A n d r é 118 G e n z m e r , H a r a l d 259 G e o r g e , S t e f a n 9, 145, 152, 175, 225 G e r b e r , Rudolf 258 G e r s h w i n , G e o r g e 282, 285 G e r s t e r , O t t m a r 247 G e z e l l e , G u i d o 225
G h e d i n i , G e o r g i o F e d e r i c o 204 G i a c o s a , G i u s e p p e 94 G i e s e k i n g , W a l t e r 15 Gide, A n d r é 9, 183, 189 Gigli, B e n i a m i n o 16 G i l b e r t , J e a n (Max W i n t e r f e l d t ) 62 Gilm, H e r m a n n v o n 34 G i l s o n , P a u l 128 G i n a s t e r a , A l b e r t o 286 G i o r d a n o , U m b e r t o 98 Giratiti A l b e r t 157 Glasunow, Alexander Konstantinowitsch 124, 210 G l i è r e , R e i n h o l d 209 G l i n k a , Michael I w a n o w i t s c h 179, 182 Gluck, C h r i s t o p h W i l l i b a l d 44, 50, 150 G o d o w s k y , L e o p o l d 15 G ò h l e r , G e o r g 56 G o e r i n g , R e i n h a r d 294 G o e t h e , J o h a n n W o l f g a n g v o n 35, 55, 73, 85, 88, 110, 266 G o g o l , N i c o l a i 252, 255 G o l d o n i , C a r l o 57, 205 Göll, I w a n 243 G o o d m a n , B e n n y 219, 288 G o t o v a c , J o a n J a c o v 118 G o u n o d , C h a r l e s 179 Gozzi, C a r l o Graf 85, 97, 204, 207, 300 G r a b b e , C h r i s t i a n Dietrich 260 G r a b e r t , M a r t i n 262 G r a b n e r , H e r m a n n 262, 268, 295 G r a e n e r , P a u l 56 G r a h a m , M a r t h a 284 G r a i n g e r , P e r c y 127 G r a n a d o s , E n r i q u e 115 G r e g o r , J o s e p h 25, 48 G r e t s d i a n i n o w , A l e x a n d e r Tichonow i t s d i 124 G r i e g , E d v a r d 131 Griffes, C h a r l e s T o m l i n s o n 283 G r o p i u s , W a l t e r 166 G r u e n b e r g , Louis 285 Gui, V i t t o r i o 14 G u i i o u d , E r n e s t 103 H a a s , J o s e p h 53 f., 259, 269 H a b a , A l o i s 197 H a n d e l , G e o r g Friedrich 244 H a l f f t e r , E r n e s t o 118 H a l v o r s e n , J o h a n 131 H a m m e r s t e i n , O s c a r 285 H a m p t o n , Lionel 289 H a n s e n , H o w a r d 284
Namenregister Hanslick, E d u a r d 145 H a r r i s , Roy 283 H a r t l e b e n , O t t o E r i d i 157 H a r t m a n n , Karl A m a d e u s 294 f. H a u e r , J o s e p h M a t t h i a s 197, 294 H a u p t m a n n , G e r h a r t 9, 89, 92, 99, 123, 226 H a u s e g g e r , S i e g m u n d v o n 53 H a w t h o r n e , N a t h a n i e l 281 H a y d n , J o s e p h 61, 73, 80, 190, 194, 207, 228, 266 H e b b e l , F r i e d r i d i 167 Heidegger, Martin 8 H e i f e t z , J a s c h a 15 H e i n e , Heinrich 252 Heiß, H e r m a n n 294 Hemingway, Ernest 9 H e n c k e l l , K a r l 35 H e n z e , H a n s W e r n e r 299 ff. H e r m a n , W o o d y 184 H e i o d o t 46 H e s s e , H e r m a n n 35, 55 H e s s e n b e r g , K u r t 200 Hoyin, G e o i g 141 175 Hiller, J o h a n n A d a m 80, 81 H i n d e m i t h , P a u l 158, 162, 198, 213, 224, 227-240, 253, 257, 259, 260, 299 Höffer, P a u l 260 H ö l d e r l i n , F r i e d r i c h 35, 198, 256, 300 H ö l l e r , K a r l 259 H o f m a n n , J o s e p h 15 H o f m a n n s t h a l , H u g o v o n 9, 24, 25, 39, 41, 42, 43, 44, 46, 47, 48, 49, 165 Hoffmann, Ernst Theodor A m a d e u s 63, 67, 84, 231, 236 H o g a r t h , W i l l i a m 184, 191 H o l s t , G u s t a v 127 H o n e g g e r , A r t h u r 199, 201 f. H o o f , Jef v a n 128 H o r n b o s t e l , Erich v o n 258 H o r o w i t z , W l a d i m i r 15, 124 H u b e r m a n , B r o n i s l a v 15, 124 H u i z a r , C a r l o s 286 H u m p e r d i n c k , E n g e l b e r t 51 H u m p e r t , H a n s 269 Husserl, Edmund 8 I b e r t , J a q u e s 203 I b s e n , H e n r i k 165 Illica, Luigi 94 I n d y , V i n c e n t d' 23, 111, 200 I n g h e l b r e d i t , D é s i r é - E m i l e 109 I r e l a n d , J o h n 127 20*
307
I v e s , C h a r l e s 280 f. I v o g ü n , M a r i a 16 J a c o b s e n , J e n s P e t e r 151 J ä m e f e l t , A i n o 134 J ä r n e f e l t , A r m a s 133 J a h n n , H a n s H e n n y 262 J a m e s , H e n r y 278 J a n â c e k , L e o s 121 ff., 127 J a r n a c h , P h i l i p p 83, 86, 246 Jaspers, Karl 8 J e l i n e k , H a n s 294 J e n k o , D a v o r i n 118 J e s s e l , Leon 62 J o c h u m , E u g e n 14 J o d i u m , G e o r g - L u d w i g 14 J ö d e , Fritz 232, 258 J o h n s o n , J a m e s W e l d o n 296 J o i o , N o r m a n Dello 284 J o l i v e t , A n d r é 271 J o n e s , H i l d e g a r d 176 J o n e s , S i d n e y 63 J o n g , M a r i n u s de 129 J o n g e n , J o s e p h 129 J o n g e n , Léon 129 J o n s o n , Ben 25, 47 J o p l i n , Scott 287 J o y c e , J a m e s 221, 301 J ü n g e r , F r i e d r i c h G e o r g 266 J u i l l a r d - Q u a r t e t t 15 J u o n , P a u l 56 K a b a l e w s k i , Dimitri 210 K a d o s a , P a u l 221 K a f k a , F r a n z 250 K a i s e r , G e o r g 243, 245, 249 K a j a n u s , R o b e r t 133 K a l l m a n , C h e s t e r 184 K a l l s t e n i u s , E d w i n 131 K a i m a n , Emerich 62 K a l o m i r i s , M a n u e l 118 K a m i n s k i , Heinrich 224 f., 253, 260 K a n d j n s k y , W a s s i l i 10 K a r a j a n , H e r b e r t v o n 13, 14 K a r s a w i n a , T a m a r a 180 K a u f f m a n n , Leo J u s t i n u s 248 K a u n , H u g o 56 Keller, G o t t f r i e d 55 K e p l e r , J o h a n n e s 239 K e r n , J e r o m e 285 Kerr, A l f r e d 35 K e ß l e r , H a r r y Graf 24 K e s t e n b e r g , Leo 258 K h a t s c h a t u r i a n , A r a m 210 Kienzl, W i l h e l m 54 Kierkegaard, Sören 8
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Namenregister
Kilpinen, Yrjö 133 Kirchner, Ernst Ludwig 141 Klebe, Giselher 298 Kleiber, Eridi 165 Kleist, Heinrich von 55, 65, 294, 298, 301 Klemperer, Otto 183, 198, 231 Klenau, Paul August von 129 Klopstock, Friedrich Gottlieb 72 Klose, Friedrich 52 Knab, Armin 225 Knappertsbusch, Hans 14 Knorr, Ernst Lothar von 260 Koch, Erland von 131 Koch, Friedrich E. 56 Koczalski, Raoul von 124 Kodàly, Zoltän, 118, 119, 120, 127, 212, 215, 222 Ködcertquartett 15 Koeßler, Hans 119, 213 Kokoschka, Oskar 141, 229, 240 Kolisch, Gertrud 147 Kolisch, Rudolf 147 Kollo, Walter 62 Komgold, Erich Wolfgang 224 Kraft, Walter 268 Krasner, Louis 166 Krauß, Clemens 25 Kreisler, Fritz 15 Krenek, Ernst 198, 231, 240 ff., 244 Kubin, Alfred 165 Künneke, Eduard 63 Kurth, Ernst 258 Kussewitzky, Natalia 184 Kussewitzky, Serge Alexandrowitsdi 13, 221, 271
Leskow, Nicolai 210 Lesur, Daniel 203, 270 Levi, Hermann 21 Liebermann, Rolf 295 Liliencron, Detlev Freiherr von 34 Lincke, Paul 62 Lindberg, Oskar Frederick 130 Lindner, Adalbert 76 Lion, Ferdinand 231 Liszt, Franz 15, 21, 23, 27, 29, 52, 56, 83, 84, 103, 106, 112, 125, 129, 213, 282 Litaipe 74 Lortzing, Albert 57 Louis, Rudolf 52, 222 Lutoslawski, Witold 298
Maazel, Lorin 14 Maderna, Bruno 299 Maeterlinck, Maurice 104, 110, 214 Mahler, Alma 166 Mahler, Gustav 13, 19, 20, 23, 63, 68-75, 101, 136, 145, 155, 165, 168, 211 Mahrenholz, Christhard 261 Maler, Wilhelm 260 Malipiero, Francesco 205 f. Mallarmé, Stéphane 103, 104, 301 Mann, Thomas 9, 131, 150 Marmontel, Antoine François 102 Marschner, Heinrich 63 Marteau, Henri 15 Martin, Frank 248 Martinu, Bohuslav 121 Marx, Joseph 55 Marx, Karl Heinrich 4 Marx, Karl 260 Mascagni, Pietro 89, 90 Lachmann, Hedwig 37 Massenet, Jules 94, 118, 131 Ladmirault, Paul 110 Matsudaira, Yorutsuné 299 Lajtha, Lószló 221 Maupassant, Guy de 278 Lalo, Edouard 103 Mauriac, François 270 Lamond, Frederick 15 Mede, Natascha von 102 Larsson, Lars 131 Medtner, Nicolai 124 Lasso, Orlando di 103 Meiningen, Herzog Georg von 77 Launis, Armas 133 Melartin, Erkki 133 Lavignac, Albert 102 Le Corbusier (Charles E. Jeanneret) Mendelssohn, Arnold 288, 259, 262, 268 10 Mendelssohn-Bartholdy, Felix 20, Le Flem, Paul 110 51, 56, 262 Léhar, Franz 60 ff. Mengelberg, Willem 13 Leibowitz, René 290, 299, 301 Menotti, Gian-Carlo 285 Leifs, J o n 131 Menuhin, Yehudi 15, 217, 221 Lemacher, Heinrich 269 Merikanto, Oskar 133 Lenau, Nikolaus 30 Mersmann, Hans 258 Lengyels, Melchior 215 Messager, André 109 Leoncavallo, Ruggiero 89, 90 f.
Namenregister Messiaen, Olivier 270, 271-275, 301, 303 Meyer-Eppler, Hans 292 Meyerbeer, Giacomo 23, 58, 241 Micheelsen, Hans Friedrich 268 Mihalovici, Marcel 118 Milhaud, Darius 162, 199, 200 f., 257, 274 Mjaskowski, Nikolai J a k o w l e w i t s d i 209 Mörike, Eduard 55, 264 Mörtl, Wilhelmine 173 Molière (Jean Baptiste Poquelin) 43, 225 Mombert, Alfred 167, 225 Mompou, Frederico 118 Monte, Toti dal 16 Monteux, Pierre 14, 181 Monteverdi, Claudio 42, 43, 88, 178, 190, 192, 205, 253, 264 Moore, Douglas 285 Morgenstern, Christian 34 Moroi, Makoto 299 Mortelmans, Lodewijk 128 Moser, Hans Joachim 258 Motti, Felix 14 Mozart, Wolfgang Amadeus 20, 22, 28, 30, 35, 45, '50, 61, 69, 79, 80, 81, 83, 84, 212, 228, 236, 257 Muck, Karl 14, 22 Münch, Charles 14 Murger, Henri 94 Musset, Alfred de 93 Mussorgski, Modest Petrowitsch
309
Ostrowsky, Alexander 122 Otescu, Nona 118
Paderewski, Ignaz 123 Palestrina (Giovanni Pierluigi) 103 Palmer, Robert 284 Palmgren, Selim 133 Pappenheim, Marie 156 Pedrell, Felipe 115 Péladan, Sar 103, 111 Pepping, Ernst 264 ff., 268 Pepusdi, Johann Christoph 276 Peragallo, Mario 206, 297 Pergolesi, Giambattista 182, 183 Peri, J a c o p o 42, 48 Peterson-Berger, Olof Wilhelm 130 Petrassi, Goffredo 204 Petri, Egon 83 Pfitzner, Hans 19, 20, 23, 53, 63-68, 86, 147 Picasso, Pablo 111, 117, 193 Pierné, Gabriel 109 f., 180 Pijper, Willem 129 Pirro, André 257 Piston, Walter 284 Pizetti, Ildebrando 204 f. Pocci, Franz Graf von 251 Ponce, Manuel 286 Ponchielli, Amilcare 88, 90, 93 Poot, Marcel 129 Porter, Cole 285 Poulenc, Francis 199, 202 f. Pousseur, Henri 299 Preußner, Eberhard 258 Prévost d'Exilés, Antoine-Français, Nahowski, Helene 165 Abbé 94 Nedbal, Oskar 121 Primrose, William 218 Neher, Caspar 245 Prokofieff, Serge Sergejewitsch 126, Nicolai, Otto 13 207 ff. Nielsen, Carl 129 Puccini, Giacomo 16, 62, 87, 91-98, Niemann, W a l t e r 56 285, 296 Nietzsche, Friedrich 7, 29, 32, 36, Purcell, Henry 276 70, 126 Nijinsky, Vaslav 109, 180, 181 Raasted, Niels Otto 130 Nikisch, Arthur 13, 14 Rachmaninow, Nolde, Emil 141 Sergej Wassiljewitsch 124 Nono, Luigi 297 f. Rameau, J e a n Philippe 99, 102, Novak, Vitezlav 121 105, 106, 108, 252 Nystroem, Gösta 131 Rangström, Ture 130 Raphael, Günther 259 Oboussier, Robert 260 Rathaus, Karol 246 Offenbach, J a q u e s 59 Ravel, Maurice 112 ff., 115, 116, Oistrach, David 15 117, 128 Oliver, King 288 Rawsthorne. Alan 275 Orff, Carl 253 ff. Reda, Siegfried 268 Ory, Kid 288
310
Namenregister
Reger, Max 19, 53, 55, 63, 76-83, 101, 136, 137, 143, 159, 228, 229, 259, 262 Rein, W a l t e r 260 Renoir, Pierre Auguste 112 Respighi, Ottorino 99 Reutter, Hermann 247 Revueltas, Silvestre 286 Reznicek, Emil Nikolaus von 23, 55 Riemann, Hugo 76 Riisager, Knud Aage 130 Rilke, Rainer Maria 9, 129, 175, 230 Rimbaud, Jean-Arthur 276 Rimskij-Korssakoff, Nikolai Andrejewitsch 99, 124, 179, 180, 187, 207 Ritter, Alexander 21 Rivier, J e a n 203 Rodgers, Richard 285 Roerich, Nikolaus 181 Rogers, Bernard 284 Rolland, Romain 258 Roller, Alfred 69 Ropartz, Guy 110 Rosbaud, Hans 198 Rosé, Arnold 145 Rosequartett 15 Rosenberg, Hilding Constantin 131 Rosetti, Dante Gabriel 103 Rossini, Gioacchino 194 Roussel, Albert 111 f., 121 Rubbra, Edmund 275 Rubinstein, Ida 108, 113, 183 Rüdcert, Friedrich 26, 35 Russolo, Luigi 196
Schiffer, Marcellus 231 Schiller, Friedrich von 26, 298 Schillings, Max von 23, 52, 54, 129 Schjelderup, Gerhard 131 Schlusnus, Heinrich 16 Schmidt, Franz 55 Schmidt-Rottluff, Karl 141 Schmitt, Florent 110 Schnabel, Artur 15, 246 Sdinitger, Arp 262 Schoedc, Othmar 55 f. Schönberg, Arnold 19, 20, 101, 130, 140, 141, 142, 143, 144-164, 165, 168, 169, 172, 173, 174, 175, 177, 185, 198, 199, 206, 212, 213, 216, 221, 222, 226, 234, 237, 241, 246, 248, 257, 278, 282, 289, 290, 293, 294, 296, 297, 302 Scholochow, Michael Alexandrowitsdi 210 Schopenhauer, Arthur 7, 29 Schostakowitsch, Dimitri 210 ff., 294 Schreker, Franz 225 ff., 240, 246 Schroeder, Hermann 269 Schubert, Franz 28, 44, 61, 70, 137 Schubert, Heinz 260 Schuch, Ernst von 24 Schüler, Johannes 165 Schünemann, Georg 258 Schütz, Heinrich 48, 264 Schuman, William 284, 285 Schumann, Georg 56, 147 Schumann, Robert 51, 64, 68, 106, 154, 161, 169 Schuricht, Carl 14 Schwarz-Schilling, Reinhard 260 Schweitzer, Albert 257 Sabata, Victor de 14 Scott, Cyrill 128 Sachs, Curt 258 Searle, Humphrey 279 Sala, Oskar 292 Seiber, Mätyas 221 Salazar, Adolfo HC Sekles, Bernhard 222, 228 Sandberger, Adolf 258 Serly, Tibor 218, 221 Sappho 254 Sessions, Rogers 283 Shakespeare, William 30, 57, 185, Sardou, Victorien 95 Sartre, J e a n Paul 8 205, 243, 248, 279, 294 Satie, Erik 103, 111, 177, 199, 284 Shaw, George Bernhard 9 Sauer, Emil von 15 Shelley, Percy Bysshe 300 Sauvage, Cécile 271 Shepherd, Arthur 283 Scarlatti, Domenico 204 Shivata, Minao 298 Shoemaker, Maurits 129 Schaeffer, Pierre 292 Sibelius, J e a n 132, 133-136 Schaljapin, Feodor 16 Schaporin, Yuri 209 Simmel, Georg 7 Schebalin, Wissarion 210 Simon, Hermann 260 Sdierchen, Hermann 148, 198, 295 Sinding, Christian 131 Sisley, Alfred 112 Schering, Arnold 258 Sjögren, Emil 130 Schibier, Armin 298
Namenregister
311
Skalkottas, Nikos 294 Tippett, Michael 275 Sköld, Yngve Karl 131 Toch, Ernst 224 Skrjabin, Alexander Nikolajewitsch Tolstoi, Leo Nikolajewitsch Graf 19, 125 f., 127 209 Smetana, Friedrich 121 Toscanini, Arturo 14, 94, 98 Smith, Bessie 288 Tovey, Donald Francis 127 Söhngen, Oskar 261 Trakl, Georg 141, 175 Sonzogno 90 Trapp, Max 224 Sophokles 39, 41, 183, 256 Tristano, Lennie 289 Stajanowic, S. 118 Tschaikowsky, Peter Iljitsdi 102, Steinberg, Maximilian 210 124, 179, 183, 282 Stenhammer, Vilhelm 130 Turina, Joaquin 118 Stephan, Rudi 222 f., 224 Sternheim, Carl 119 Uhland, Ludwig 26 Stodc, Friedrich A. 13 Stockhausen, Karlheinz 299 Valéry, Paul, 9, 270 Stokowski, Leopold 13 Varèse, Edgar 196, 271, 284 Stolzer-Slavenski, Josip 118 Veghquartett 15 Stramm, August 175, 229 Verdaguer, Jacinto 117 Straube, Karl 268 Verdi, Guiseppe 16, 62, 87, 88, 91, Straus, Oscar 62 97, 103, 192, 241, 301 Strauss, Franz 21 Veress, Sandór, 222 Strauss, Richard 19-51, 55, 70, 91, Verlaine, Paul 103 92, 99, 101, 110, 124, 129, 130, Vieuxtemps, Henri 15 133, 136, 138, 140, 145, 149, 150, Villa-Löbos, Heitor 286 192, 194, 201, 213, 214, 222, 224, Vivaldi, Antonio 204, 205 225, 299 Vogel, Wladimir 83, 246 Strauß, Johann 59 Strawinsky, Katharina Gabrielle Wagenaar, Johan 129 186 Wagner, Richard 12, 21, 22, 27, 29, Strawinsky, Feodor 179 36, 38, 39, 51, 52, 58, 64, 65 Strawinsky, Igor 108, 109, 121, 126, 69, 77, 88, 91, 95, 98, 99, 103, 104, 105, 128, 130, 131, 136, 137, 149, 158, 177-195, 202, 204, 207, 140, 141, 145, 152, 172, 194, 246 212, 213, 216, 221, 227, 256, 274 Wagner, Siegfried 51 Strawinsky, Swiatoslaw 183 Wagner, Wieland 12 Strindberg, August 53, 131 Wagner, Wolfgang 12 Strobel, Heinrich 295 Wagner-Regeny, Rudolf 247 Sudlon, Eugen 123 Walter, Bruno 14 Sudeikin, Serge 184 Suk, Joseph 121 Waltershausen, Hermann Wolfgang Sutermeister, Heini ich 248 Sartorius Freiherr von 53 Svendsen, Johann 131 Walton, William 275 Sweelindc, Jan Pieterszoon 259 Weber, Carl Maria von 63, 194, 234 Szigeti, Joseph 219 Webern, Anton von 140, 145, 165, Szymanowski, Karol 124 167, 168, 169, 172-177, 279, 290, 293, 298, 301 Wedekind, Frank 92, 171 Tailleferre, Germaine 199, 203 Wegelius. Martin 133, 134 Tanejew, Sergej Iwanowitsdl 125 Weill, Kurt 83, 231, 240, 242 ff., Teleman, Georg Philipp 79 247, 250, 293 Tennyson, Alfred 26 Weingartner, Felix von 23 Texier, Rosalie 103 Weinheber, Josef 35, 266 Thomas, Kurt 268 Weismann, Julius 53 Thomson, Virgil 284, 285 Wellesz, Egon 145, 246 Thoreau, Henry David 281 Werckmeister, Andreas 143 Thuine, Ludwig 52, 53, 77, 129 Werfet, Franz 141 Tiessen, Heinz 223 f.
312
Namenregister
Westerman, Gerhart von 260 Wetz, Richard 53 Whiteman, Paul 282 Whitman, W a l t 128, 294 Widor, Charles-Marie 200 Wilde, Oscar 24, 37 Williams, Alberto 286 Williams, Ralph V a u g h a n 128, 275 Wittgenstein, Paul 114 Wolf, Hugo 34, 117 Wolf, J o h a n n e s 258 Wolfe, Thomas 9 Wolf-Ferrari, Ermanno 57 f.
Wolzogen, Ernst von 36 Youmans, Vincent 63, 285 Ysaye, Eugène 15 Zandonai, Riccardo 98 f. Zemlinsky, Alexander von 145 Zemlinsky, Mathilde von 145 Zilcher, Hermann 53 Zillig, Winfried 294 Zimmermann, Bernd Alois 298 Zola, Emile 89 Zweers, Bernard 129 Zweig, Stefan 25, 47
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Stand Sommer 1961
WALTER DE GRUYTER & CO., BERLIN W 30
Inhaltsübersicht Biologie Botanik Chemie Deutsche Sprache und Literatur Elektrotechnik Englisch Erd- und Länderkunde Geologie Germanisch Gcschichte Griechisch Hebräisch Hoch- und Tiefbau Indogermanisch Kristallographie Kunst Land- und Forstwirtschaft Lateinisch Maschinenbau Mathematik Mineralogie Musik Pädagogik Philosophie Physik Psychologie . . . . Publizistik Religion . . . Romanisch Russisch Sanskrit Soziologie Statistik Technik Technologie Volkswirtschaft Vermessungswesen Wasserbau Zoologie
Seite 13 13 12 6 15 7 8 15 7 5 8 8 13 7 15 5 14 8 16 10 15 4 3 3 12 3 9 4 7 8 8 3 9 15 13 9 18 17 14
Geisteswissenschaften Philosophie Einführung in die Philosophie von H. Leisegang f . 4. Auflage. 145 Seiten. 1960. (281) Hauptprobleme der Philosophie von G. Simmel f . 7., unveränderte Auflage. 177 Seiten. 1950. (500) Geschichte der Philosophie I : D i e g r i e c h i s c h e P h i l o s o p h i e von W. Capelle. 1. Teil. Von Thaies bis Leukippos. 2., erweiterte Auflage. 135 Seiten. 1953. (857) I I : D i e g r i e c h i s c h e P h i l o s o p h i e von W. Capelle. 2. T e i l . Von der Sophistik bis zum Tode Piatons. 2., stark erweiterte Auflage. 144 Seiten. 1953. (858) I I I : D i e g r i e c h i s c h e P h i l o s o p h i e von W. Capelle. 3. T e i l . Vom Tode Piatons bis zur Alten Stoa. 2.» stark erweiterte Auflage. 132 Seiten. 1954. (859) IV: D i e g r i e c h i s c h e P h i l o s o p h i e von W. Capelle. 4. T e i l . Von der Alten Stoa bis zum Eklektizismus i m 1. J h . v . Chr. 2., stark erweiterte Auflage. 132 Seiten. 1954. (863) V : D i e P h i l o s o p h i e d e s M i t t e l a l t e r s von J . Koch. In Vorbereitung. (826) V I : V o n d e r R e n a i s s a n c e b i s K a n t von K . Schilling. 234 Selten. 1954. (394/394 a) V I I : I m m a n u e l K a n t von G. Lehmann. In Vorbereitung. (536) 1. T e i l . \ 111: D i e P h i l o s o p h i e d e s 19. J a h r h u n d e r t s von G. Lehmann. 151 Seiten. 1953. (571) I X : D i e P h i l o s o p h i e d e s 19. J a h r h u n d e r t s von G. Lehmann. 2. T e i l . 168 Seiten. 1953. (709) X : D i e P h i l o s o p h i e i m e r s t e n D r i t t e l d e s 20. J a h r h u n d e r t s 1. Teil von G. Lehmann. 128 Seiten. 1957. (845) X I : D i e P h i l o s o p h i e i m e r s t e n D r i t t e l d e s 20. J a h r h u n d e r t s 2. Teil von G.Lehmann. 114 Seiten. 1960. (850) Die geistige Situation der Zeit (1931) von K. Jaspers. 5., unveränderter Abdruck der im Sommer 1932 bearbeiteten 5. Auflage. 211 Seiten. 1960. (1000) Erkenntnistheorie von G. Kropp. I. Teil: A l l g e m e i n e G r u n d l e g u n g . 143 Seiten. 1950. (807) Formale Logik von P. Lorenzen. 165 Seiten. 1958. (1176/1176 a) Philosophisches Wörterbuch von M. Apel f . 5., völlig neubearbeitete Auflage von P. Ludz. 315 Seiten. 1958. (1031/1031 a) Philosophische Anthropologie. Menschliche Selbstdeutung in Geschichte » n d Gegenwart von M. Landmann. 266 Seiten. I9S5. (156/156 a)
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Religion Jesus von AI. Dibelius f . 3. Auflage, mit einem Nachtrag von W. G. Kümmel. 140 Seiten. 1960. (1130) Paulus von M. Dibelius f . Nach dem Tode des Verfassers herausgegeben und zu Ende geführt von W. G. Kümmel. 2., durchgesehene Auflage. 155 Seiten. 1956. (1160) Luther von F. Lau. 151 Seiten. 1959. (1187) Melanchthon von R. Slupperich. 139 Seiten. 1960. (1190) Einführung in die Konfessionskunde der orthodoxen Kirchen von K. Onasch. 1961. In Vorbereitung. (1197/1197a) Geschichte des christlichen Gottesdienstes von W. Nagel. 1961. In Vorbereitung. (1202) Geschichte Israels. Von den Anfängen bis zur Zerstörung des Tempels (70 n. Chr.) von E. L. Ehrlich. 158 Seiten, 1 Tafel. 1958. (231/231 a) Römische Religionsgeschicbte von F. Allheim. 2 Bände. 2., umgearbeitete Auflage. 1: G r u n d l a g e n und G r u n d b e g r i f f e . 116 Seiten. 1956. (1035) II: Der g e s c h i c h t l i c h e A b l a u f . 164 Seiten. 1956. (1052)
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Geschichte Einführung in die Geschichtswissenschaft von P. Kirn. 3., durchgesehene Auflage. 128 Seiten. 1959. (270) Zeitrechnung der römischen Kaiserzeit« des Mittelalters und der Neuzeit für die J a h r e 1—2000 n. Chr. von H. Lietsmann f . 3. Auflage, durchgesehen von K. Aland. 130 Seiten. 1956. (1085) Kultur der Urzeit von F. Fehn. 3 B ä n d e . 4. Auflage der K u l t u r der Urzeit B d . 1—3 von M. Hoernes. I : D i e v o r m e t a l l i s c h e n K u l t u r e n . (Die Steinzeiten Europas. Gleichartige Kulturen in anderen Erdteilen.) 172 Seiten, 48 Abbildungen. 1950. (561) I I : D i e ä l t e r e n M e t a l l k u l t u r en. (Der Beginn der Metallbenutzung. Kupferund Bronzezeit in E u r o p a , im Orient und in Amerika.) 160 Seiten, 67 Abbildungen. 1950. (565) I I I : D i e j ü n g e r e n M e t a l l k u l t u r e n . (Das Eisen als Kulturmetall, HallstaltLatene-Kultur in E u r o p a . D a s erste Auftreten des Eisens in den anderen Weltteilen.) 149 Seiten, 60 Abbildungen. 1950. (566) Vorgeschichte Europas von F. Behn. Völlig neue Bearbeitung der 7. Auflage der „Urgeschichte der Menschheit'* von M. Hoernes. 125 Seiten, 47 Abbildungeo. 1949.(42) Der Eintritt der Germanen in die Geschichte von J . Haller f . 3. Auflage, durchgesehen von H. Dannenbauer. 120 Seiten, 6 Kartenskizzen. 1957. (1117) Von den Karolingern zu den Staufern. Die altdeutsche Kaiserzeit (900—1250) von J . Halter f . 4., durchgesehene Auflage von H. Dannenbauer. 142 Seiten, 4 K a r t e n . 1958. (1065) Von den Staufern zu den Habsburgern, Auflösung des Reichs und Emporkommen der Landesstaaten (1250—1519) von J . Haller f . 2., durchgesehene Auflage von H. Darinenbauer. 118 Seiten, 6 Kartenskizzen. 1960. (1077) Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, der Gegenreformation und des dreißigjährigen Krieges von F. Härtung. 129 Seiten. 1951. (1105) Deutsche Geschichte von 1648 - 1 7 4 0 . Politischer und geistiger Wiederaufbau von W. Treue. 120 Seiten. 1956. (35) Deutsche Geschichte von 1713 —1806. Von der Schaffung des europäischen Gleichgewichts bis zu Napoleons Herrschaft von W. Treue. 168 Seiten. 1957. (39) Deutsche Geschichte von 1806 —1890. Vom Ende des alten bis zur Höhe des neuen Reiches von W. Treue. 128 Seiten. 1961. (893)
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GEISTESWISSENSCHAFTEN Deutsche Geschichte von 1890 bis zur Gegenwart von W. Treue. I n Vorbereitung. (894) Quellenkunde der Deutschen Geschichte im Mittelalter (bis zur Mitte des 15. Jahr* hunderts) von K. Jacob f . 3 Bände. I : E i n l e i t u n g . A l l g e m e i n e r T e i l . D i e Z e i t d e r K a r o l i n g e r . 6. Auflage, bearbeitet von H. Hohenleutner. 127 Seiten. 1959. (279) I I : D i e K a i s e r z e i t (911—1250). 5.» neubearbeitete Auflage von H. Hohenleutner. 127 Seiten. 1961. (280) I I I : D a s S p ä t m i t t e l a l t e r (vom Interregnum bis 1500). Herausgegeben von F. Weden. 152 Seiten. 1952. (284) Geschichte Englaads von H. Preller. 2 Bände. I : b i s 1 8 1 5 . 3., stark umgearbeitete Auflage. 135 Seiten, 7 Stammtafeln, 2 Karten. 1952. (375) I I : V o n 1 8 1 5 b i s 1910. 2., völlig umgearbeitete Auflage. 118Seiten, 1 Stammtafel, 7 Karten. 1954. (1088) Römische Geschichte von F. Altheim. 4 Bände. 2., verbesserte Auflage. I : B i s z u r S c h l a c h t b e i P y d n a (168 v. Chr.). 124 Seiten. 1956. (19) I I : B i s z u r S c h l a c h t b e i A c t i u m (31 v. Chr.). 129 Seiten. 1956. (677) I I I : B i s z u r S c h l a c h t a n d e r Mil v i s e h e n B r ü c k e (312 n. Chr.). 148 Seiten. 1958. (679) I V : B i s z u r S c h l a c h t a m Y a r m u k (636 n. Chr.). In Vorbereitung. (684) Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika von O. Graf zu Stolberg• kernige' rode. 192 Seiten, 10 Karten. 1956. (1051/1051 a)
Deutsche Sprache und Literatur Geschichte der Deutschen Sprache von H. Sperber. 3. Auflage, besorgt von W. Fleischhauer. 128 Seiten. 1958. (915) Deutsches Rechtschreibungswörterbuch von M . Gottschald f . 2,, verbesserte Auflage. 219 Seiten. 1953. (200/200a) Deutsche Wortkunde. Kulturgeschichte des deutschen Wortschatzes von A. Schirmer. 4. Auflage von W. Mitzka. 123 Seiten. 1960. (929) Deutsche Sprachlehre von W. Hofstaetter. 10. Auflage. Völlige Umarbeitung der 8. Auflage. 150 Seiten. 1960. (20) Stimmkunde für Beruf, Kunst und Heilzwecke von H. Biehle. 111 Seiten. 1955. (60) Redetechnik. Einführung in die Rhetorik von H. Biehle. 2., erweiterte Auflage. 151 Seiten. 1961. (61) Sprechen und Sprachpflege (Die Kunst des Sprechens) von H. Feist. 2., verbesserte Auflage. 99 Seiten, 25 Abbildungen. 1952. (1122) Deutsches Dichten und Denken von der germanischen bis zur Blaufischen Zeit von H.Naumann f . (Deutsche Literaturgeschichte vom 5.—13. Jahrhundert.) 2., verbesserte Auflage. 166 Seiten. 1952. (1121) Deutsches Dichten und Denken vom Mittelalter zur Neuzeit von G. Müller (1270 bia 1700). 2., durchgesehene Auflage. 159 Seiten. 1949. (1086) Deutsches Dichten und Denken von der Aufklärung bis zum Realismus (Deutsche Literaturgeschichte von 1700—1890) von K. Vielor f . 3., durchgesehene Auflage. 159 Seiten. 1958. (1096)
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GEISTESWISSENSCHAFTEN Der Nibelunge Nöl in Auswahl mit kurzem Wörterbuch voa K. Langosch. 10., durchgesehene Auflage. 164 Seiten. 1956. (1) Kudrun und Dietrich-Epen in Auswahl mit Wörterbuch von O. L. Jiriczek. 6• Auflage, bearbeitet von R. Wisniewski. 173 Seiten. 1957. (10) Wolfram von Eschenbach. Parzival. Eine Auswahl mit Anmerkungen und Wörter» buch von H. Jantzen. 2. Auflage, bearbeitet von H. Kolb. 128 Seiten. 1957. (921) Hartmann von Aue. Der arme Heinrich nebst einer Auswahl aus der „Klage* , dem „Gregorius" und den Liedern (mit einem Wörterverzeichnis) herausgegeben von F. Maurer. 96 Seiten. 1958. (18) Gottfried von Strassburg in Auswahl herausgegeben von F. Maurer. 142 Seiten. 1959. (22) Die deutschen Personennamen von M. Gotischald f . 2., verbesserte Auflage. 151 Seiten. 1955. (422) Althochdeutsches Elementarbuch. Grammatik und Texte. 3. Auflage von W. Beiz. In Vorbereitung. ( U l i ) Mittelhochdeutsche Grammatik von H. de Boor und R. Wisniewski. 2., verbesserte und ergänzte Auflage. 142 Seiten. 1960. (11C3)
Indogermanisch, Germanisch Indogermanische Sprachwissenschaft von H. Krähe. 2 Bände. 3., neu bearbeitete Auflage. I: E i n l e i t u n g u n d L a u t l e h r e . 106 Seiten. 1958. (59) I I : F o r m e n l e h r e . 124 Seiten. 1959. (64) Gotisches Elementarbuch. Grammatik, Texte mit Übersetzung und Erläuterungen. Mit einer Einleitung von H. Hempel. 3. Auflage. 1961. In Vorbereitung. (79/ 79a) Germanische Sprachwissenschaft von ¡J. Krähe. 2 Bände. 4., überarbeitete Auflage. I : E i n l e i t u n g u n d L a u t l e h r e . 147 Seiten. 1960. (238) I I : F o r m e n l e h r e . 149 Seiten. 1961. (780) Altnordisches Elementarbuch. Schrift, Sprache, Texte mit Übersetzung und Wörterbuch von F. Ranke. 2., durchgesehene Auflage. 146 Seiten. 1949. (1115)
Englisch, Romanisch Altenglisches Elementarbuch von M . Lehnert. Einführung, Grammatik, Texte mit Übersetzung und Wörterbuch. 4., verbesserte Auflage. 178 Seiten. 1959. (1125) Historische neuenglische Laut- und Formenlehre von E. Ekwall. 3., durchgesehene Auflage. 150 Seiten. 1956. (735) Englische Phonetik von H. Mutschmann f . 117 Seiten. 1956. (601) Englische Literaturgeschichte von F. Schubel. 4 Bände. I : D i e a l t - u n d m i t t e l e n g l i s c h e P e r i o d e . 163 Seiten. 1954. (1114) I I : V o n d e r R e n a i s s a n c e b i s z u r A u f k l ä r u n g . 160 Seiten. 1956. (1116) I I I : R o m a n t i k u n d V i k t o r i a n i s m u s . 160 Seiten. 1960. (1124) Beowulf von M . Lehnert. Eine Auswahl mit Einführung, teilweiser Übersetzung, Anmerkungen und etymologischem Wörterbuch. 3., verbesserte Auflage. 135 Seiten. 1959. (1135)
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GEISTESWISSENSCHAFTEN Shakespeare v o n P. Meißner f . 2. A u f l a g e , neubearbeitet von M. Lehnert. 136 Seiten. 1954. (1142) Italienische Literaturgeschichte von K. Voßler f . 5. A u f l a g e , neubearbeitet von A. Noyer-Weidner. In Vorbereitung. (125) R o m a n i s c h e Sprachwissenschaft von H. Lausberg. 4 B ä n d e . I : E i n l e i t u n g u n d V o k a l i s m u s . 160 Seiten. 1956. (128/128a) I I : K o n s o n a n t i s m u s . 95 Seiten. 1956. (250) I I I : F o r m e n l e h r e . In Vorbereitung. (1199) I V : W o r t l e h r e . I n Vorbereitung. (1200)
Griechisch, Lateinisch
Griechische Sprachwissenschaft von W. Brandenstein. 2 Bände. I : E i n l e i t u n g , L a u t s y s t e m , E t y m o l o g i e . 160 Seiten. 1954. (117) I I : W o r t b i l d u n g u n d F o r m e n l e h r e . 192 Seiten. 1959. ( 1 1 8 / 1 1 8 a ) Geschichte der griechischen Sprache* 2 B ä n d e . I : B i s z u m A u s g a n g d e r k l a s s i s c h e n Z e i t von O. Hoffmannf. 3. A u f l a g e , bearbeitet von A. Debrunner f . 156 Seiten. 1953. ( I I I ) II: Grundfragen und Grundzüge des nachklassischen Griechisch v o n A. Debrunner f . 144 Seiten. 1954. (114) Geschichte der griechischen Liteiatnr von W. Nestle. 2 B ä n d e . I : 3. A u f l a g e , bearbeitet von W. Liebich. 144 Seiten. 1961. (70) 3., völlig neuG r a m m a t i k der neugriechischen Volkssprache von J . Kalitsunakis. bcarbeitete und erweiterte A u f l a g e . 1961. In Vorbereitung. (756/756 a ) Neugriechisch-deutsches Gesprächsbuch von J . Kalitsunakis. 2. A u f l a g e , bearbeitet von A. Steinmetz. 99 Seiten. 1960. (587) Geschichte der lateinischen Sprache v o n F. Stolz. 4. A u f l a g e v o n A. Debrunner. In Vorbereitung. (492) Geschichte der römischen Literatur von L . Bieler. 2 B ä n d e . I : Die L i t e r a t u r der R e p u b l i k . 160 Seiten. 1961. (52) I I : Die L i t e r a t u r der K a i s e r z e i t . 133 Seiten. 1961. (866)
Hebräisch, Sanskrit, Russisch
Hebräische G r a m m a t i k von G. Beer f . 2 B ä n d e . 2., völlig neu bearbeitete A u f l a g e von R. Meyer. I : S c h r i f t - , L a u t - u n d F o r m e n l e h r e I . 3. A u f l a g e . 157 Seiten. I n Vorbereitung (763/763 a ) I I : F o r m e n l e h r e I I . S y n t a x und Flexionstakellen. 195 Seiten. 1955. (764/ 764 a ) Hebräisches Textbuch zu G. Beer-R. Meyer, Hebräische G r a m m a t i k von Ä . Meyer. 170 Seiten. 1960. (769/769a) S a n s k r i t - G r a m m a t i k von M. Mayrhofer. 89 Seiten. 1953. (1158) Russische G r a m m a t i k von E. Berneker f . 6., verbesserte A u f l a g e v o n M. Vasmer. 155 Seiten. 1961. (66) Slavische Sprachwissenschaft von H. Bräuer. 2 B ä n d e . I : Einleitung, L a u t l e h r e . 221 Seiten. 1961. (1191/1191a)
Grd- und Länderkunde
A f r i k a v o n F . Jaeger. E i n geographischer Überblick. 2 B ä n d e . 2., u m g e a r b e i t e t e Auflage. I : D e r L e b e n s r a u m . 179 Seiten, 18 Abbildungen. 1954. (910) I I : M e n s c h u n d K u l t u r . 155 Seiten, 6 Abbildungen. 1954. (911) Australien und Ozeanien v o n ff. J . Krug. 176 Seiten, 46 Skizzen. 1953. (319)
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GEISTESWISSENSCHAFTEN
Volkswirtschaft, Statistik, Publizistik Allgemeine Betriebswirtschaftslehre v o n K. Mellerowicz. 4 Bände. 10.» erweiterte und veränderte Auflage. ( B d . I, 11. A u f l a g e ) I : 224 Seiten. 1961. (1008/1008a) I I : 188 Seiten. 1959. (1153/1153a) I I I : 260 S e i t e n . 1959. ( 1 1 5 4 / U 5 4 a ) I V : 209 Seiten. 1959. (1186/1186a) Diese 4 B ä n d e sind a u c h in Ganzleinen gebunden zum P r e i s e v o n je DM 6,30 lieferbar. Geschichte der Volkswirtschaftslehre v o n S. Wendt. 182 S e i t e n . 1961. (1194) Allgemeine Volkswirtschaftslehre v o n A. Paulsen. 4 B ä n d e . I: G r u n d l e g u n g , W i r t s c h a f t s k r e i s l a u f . 3., d u r c h g e s e h e n e und e r g ä n z t e A u f l a g e . 148 S e i t e n . 1959. (1169) I I : H a u s h a l t e , U n t e r n e h m u n g e n , M a r k t f o r m e n . 3., n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e . 166 S e i t e n , 32 A b b i l d u n g e n . 1960. (1170) I I I : P r o d u k t i o n s f a k t o r e n . 2., n e u b e a r b e i t e t e u n d e r g ä n z t e A u f l a g e . 200 S e i t e n . 1961. (1171) I V : G e s a m t b e s c h ä f t i g u n g , K o n j u n k t u r e n , W a c h s t u m . 2. A u f l a g e . 172 S e i t e n . 1961. (1172) Allgemeine Voikswirtschaftspolitik v o n H. Ohm. 2 B ä n d e . I : S y s t e m a t i s c h - t h e o r e t i s c h e G r u n d l e g u n g . I n V o r b e r e i t u n g . (1195) F i n a n z w i s s e n s c h a f t v o n H. Kol ms. 4 B ä n d e . I : G r u n d l e g u n g , ö f f e n t l i c h e A u s g a b e n . 160 Seiten. 1959. (148) II: E r w e r b s e i n k ü n f t e , G e b ü h r e n und B e i t r ä g e ; A l l g e m e i n e S t e u e r l e h r e . 148 Seiten. 1960. (391) I I I : B e s o n d e r e S t e u e r l e h r e . I n V o r b e r e i t u n g . (776) I V : Ö f f e n t l i c h e r K r e d i t . H a u s b a i t s w e s e n . F i n a n z a u s g l e i c h . I n Vorb e r e i t u n g . (782) Finanzmathematik v o n M. Nicolas. 192 Seiten, 11 T a f e l n , 8 T a b e l l e n u n d 72 Beispiele. 1 9 5 9 . ( 1 1 8 3 / 1 1 8 3 a ) Industrie- und Betriebssoziologie v o n R. Dahrendorf. 2. A u f l a g e . 120 Seiten. I n V o r b e r e i t u n g . (103) Wirtschaftssoziologie von F. Fürstenberg. 122 Seiten. 1961. (1193) Psychologie des Berufs- und Wirtschaftslebens von W. Moede f . 190 Seiten, 48 Abb i l d u n g e n . 1958. (851/851 a) Allgemeine Methodenlehre der Statistik v o n J. Pfanzagl. 2 B ä n d e . I : E l e m e n t a r e M e t h o d e n u n t e r b e s o n d e r e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der A n w e n d u n gen i n d e n W i r t s c h a f t s - u n d S o z i a l w i s s e n s c h a f t c n . 205 Seiten, 35 A b b i l d u n g e n . 1960. ( 7 4 6 / 7 4 6 a ) I I : H ö h e r e M e t h o d e n u n t e r b e s o n d e r e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der A n w e n d u n g e n i n N a t u r w i s s e n s c h a f t , Medizin u n d T e c h n i k . 295 Seiten. 1961. (747/747 a) Z e i t u n g s l e h r e v o n E. Dovi/at. 2 B ä n d e . 3., n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e . I : . T h e o r e t i s c h e u n d r e c h t l i c h e G r u n d l a g e n — N a c h r i c h t u n d Mein u n g — S p r a c h e u n d F o r m . 148 S e i t e n . 1955. (1039) II: R e d a k t i o n — D i e S p a r t e n ¡ V e r l a g u n d V e r t r i e b , W i r t s c h a f t u n d T e c h n i k , S i c h e r u n g d e r ö f f e n t l i c h e n A u f g a b e . 158 S e i t e n . 1955. (1040)
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Naturwissenschaften Mathematik Geschichte der Mathematik von J . E. Hofmann. 3 Bände. I : Von den A n f ä n g e n bis zum A u f t r e t e n von F e r m a t u n d Desc a r t e s . 200 Seiten. 1953. (226) II: Von F e r m a t und D e s c a r t e s bis zur E r f i n d u n g des C a l c u l u s u n d b i s z u m A u s b a u d e r n e u e n M e t h o d e n . 109 Seiten. 1957. (875) III: Von den A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n u m den C a l c u l u s bis zur f r a n z ö s i s c h e n R e v o l u t i o n . 107 Seiten. 1957. (882) Mathematische Formelsammlung von F. 0. Ringleb, 7., erweiterte Auflage. 320 Seiten, 40 Figuren. 1960. (51/51 a ) Vierstellige Tafeln und Gegentafeln für logarithmisches und trigonometrisches Rechnen in zwei Farben zusammengestellt von H. Schubert und R. Haussner. 3., neubcarbeitete A u f l a g e von J. Erlebach. 158 Seiten. 1960. (81) Fünfstellige Logarithmen von A. Adler. Mit mehreren graphischen Rechentafeln u n d h ä u f i g vorkommenden Zahlenwerten. 3. Auflage. 127 Seiten, 1 Tafel. 1959. (423) Arithmetik von P. B. Fischer f . 3. A u f l a g e von H. Rohrbach. 152 Seiten, 19 Abbildungen. 1958. (47) Höhere Algebra von H. Hasse. 2 Bände. 4., durchgesehene Auflage. I : L i n e a r e G l e i c h u n g e n . 152 Seiten. 1957. (931) I I : G l e i c h u n g e n h ö h e r e n G r a d e s . 158 Seiten, 5 Figuren. 1958. (932) Aufgabensammlung zur höheren Algebra von H. Hasse und W. Klobe. 3., verbesserte und vermehrte Auflage. 181 Seiten. 1961. (1082) Elementare und klassische Algebra vom modernen Standpunkt von W. Krull. 2 Bände. I : 2., erweiterte Auflage. 136 Seiten. 1952. (930) I I : 132 Seiten. 1959. (933) Algebraische Kurven und Flächen von W. Burau. 28 Figuren. 1961. In Vorbereitung. (435) Einführung In die Zahlentheorie von A. Scholz f . Überarbeitet und herausgegeben von ki. Schoeneberg. 3. Auflage. 128 S t i l e n . 1961. (1131) Formale Logik von P. Lorenzen. 165 Seiten. 1958. (1176/1176a) Topologie von W. Franz. 2 Bände. I : Allgemeine Topologie. 144 Seiten, 9 Figuren. 1960. (1181) Elemente der Funktionentheorie von K. Knopp f . 5. Auflage. 144 Seiten, 23 Fig. 1959. (1109) Funktionentheorie von K. Knopp f . 2 Bände. I: G r u n d l a g e n der a l l g e m e i n e n T h e o r i e der a n a l y t i s c h e n F u n k t i o n e n . 10., neubearbeitete Auflage. 144 Seiten, 8 Figuren. 1961. (668/668a) II: A n w e n d u n g e n und W e i t e r f ü h r u n g der a l l g e m e i n e n Theorie. 8.¡9. Auflage. 130 Seiten, 7 Figuren. 1955. (703) Aufgabensammlung zur Funktionentheorie von K. Knopp f . 2 B ä n d e . I : A u f g a b e n z u r e l e m e n t a r e n F u n k t i o n e n t h e o r i e . 6 . Auflage. 135 Seitcn. In Vorbereitung. (877) I I : A u f g a b e n z u r h ö h e r e n F u n k t i o n e n t h e o r i e . 5. A u f l a g e . 151 Seiten. 1959.(878)
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NATURWISSENSCHAFTEN Differential- and Integralrechnung v o n M. Barner. (Früher Witting). 4 B i n d e . I : G r e n z w e r t b e g r i f f , D i f f e r e n t i a l r e c h n u n g . 176 S e i t e n . 1961. ( 8 6 / 8 6 a ) Gewöhnliche Differentialgleichungen v o n G. Hoheisei. 6., neubearbeitete u n d erw e i t e r t e A u f l a g e . 128 S e i t e n . 1960. (920) Partielle Differentialgleichungen v o n G. Hoheisei. 4., d u r c h g e s e h e n e A u f l a g e . 128 Seiten. 1960. (1003) Aufgabensammlung EU den gewöhnlichen und partiellen Differentialgleichungen v o n G. Hoheisei. 4., d u r c h g e s e h e n e u n d v e r b e s s e r t e A u f l a g e . 124 S e i t e n . 1958. (1059) Integralgleichungen v o n G. Hoheisei. 2., d u r c h g e s e h e n e A u f l a g e . 1961. I n V o r bereitung. (1099) Mengenlehre v o n E. Kamke. 3., n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e . 194 Seiten, 6 F i g u r e n . I n V o r b e r e i t u n g . (999/999 a) Gruppentheorie v o n L. Baumgartner. 3., n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e . 110 Seiten, 3 T a f e l n . 1958. (837) Ebene und sphärische T r i g o n o m e t r i e v o n G. Hessenberg f . 5. A u f l a g e , d u r c h g e s e h e n v o n H. Kneser. 172 S e i t e n , 60 F i g u r e n . 1957. (99) Darstellende Geometrie v o n W. Haaek. 3 B ä n d e . I: Die w i c h t i g s t e n D a r s t e l l u n g s m e t h o d e n . G r u n d - u n d Aufriß e b e n f l ä c h i g e r K ö r p e r . 3., d u r c h g e s e h e n e u n d e r g ä n z t e A u f l a g e . 113Seit e n , 120 A b b i l d u n g e n . 1960. (142) II: K ö r p e r m i t k r u m m e n B e g r e n z u n g s f l ä c h e n . K o t i e r t e P r o j e k t i o n e n . 2., d u r c h g e s e h e n e u n d e r g ä n z t e A u f l a g e . 129 S e i t e n , 86 Abbildungen. 1959.(143) I I I : A x o n o m e t r i e u n d P e r s p e k t i v e . 2. A u f l a g e . 127 Seiten, 100 A b b i l d u n gen. I n V o r b e r e i t u n g . (144) Analytische G e o m e t r i e v o n J f . P. Grotemeyer. 2. A u f l a g e . 202 Seiten, 73 A b b i l d u n gen. 1961. ( 6 5 / 6 5 a ) Nichteuklidische Geometrie» H y p e r b o l i s c h e G e o m e t r i e d e r E b e n e v o n jR. Baldus f . D u r c h g e s e h e n u n d h e r a u s g e g e b e n v o n F. Löbell. 3., v e r b e s s e r t e A u f l a g e . 140 S e i t e n , 70 F i g u r e n . 1953. (970) Differentialgeometrie v o n K. Strubecker ( f r ü h e r Rothe). 3 B ä n d e . I : K u r v e n t h e o r i e d e r E b e n e u n d d e s R a u m e s . 150 Seiten, 18 F i g u r e n . 1955. ( 1 1 1 3 / 1 1 1 3 a ) I I : T h e o r i e d e r F l ä c h e n m e t r i k . 195 S e i t e n , 14 F i g u r e n . 1958. ( U 7 9 / 1 1 7 9 a ) I I I : T h e o r i e d e r F l ä c h e n k r ü m m u n g . 254 S e i t e n , 38 F i g u r e n . 1959. (1180/1180a) Variationsrechnung v o n L. Koschmieder. 2 B ä n d e . 2., n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e . 1 : D a s f r e i e u n d g e b u n d e n e E x t r e m e i n f a c h e r G r u n d i n t e g r a l e . 128 Seiten. 2 3 F i g u r e n . 1961. (1074) E i n f ü h r u n g in die konforme Abbildung v o n L. Bieberbach. 5., e r w e i t e r t e A u f l a g e . 180 S e i t e n , 42 F i g u r e n . 1956. (768/768 a) Vektoren und Matrisen v o n S. Valentiner. 2. Auflage. (9., e r w e i t e r t e A u f l a g e der „ V e k t o r a n a l y s i s " ) . M i t A n h a n g : A u f g a b e n zur V e k t o r r e c h n u n g von H. König. 202 S e i t e n , 35 F i g u r e n . 1960. (354/354 a) Tersicherungsmathematik v o n F. Böhm. 2 B ä n d e . I : E l e m e n t e d e r V e r s i c h e r u n g s r e c h n u n g . 3., v e r m e h r t e u n d v e r b e s serte A u f l a g e . D u r c h g e s e h e n e r N e u d r u c k . 151 Seiten. 1953. (180) I I : L e b e n s v e r s i c h e r u n g s m a t h e m a t i k . E i n f ü h r u n g in die t e c h n i s c h e n G r u n d l a g e n d e r Sozialversicherung. 2., v e r b e s s e r t e u n d v e r m e h r t e A u f l a g e . 205 S e i t e n . 1953. (917/917 a)
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NATURWISSENSCHAFTEN Finanzmatbematik von M. Nicolas. 192 Seiten, 11 Tafeln, 8 Tabellen und 72 Beispiele. 1959. (1183/1183a)
Physik Einführung in die theoretische Physik von W. Döring. 5 Bände. I : M e c h a n i k . 2., verbesserte Auflage. 123 Seiten, 25 Abbildungen. 1960. (76) I I : D a s e l e k t r o m a g n e t i s c h e F e l d . 2., verbesserte Auflage. 1961. In Vorbereitung. (77) I I I : O p t i k . 117 Seiten, 32 Abbildungen. 1956. (78) I V : T h e r m o d y n a m i k . 107 Seiten, 9 Abbildungen. 1956. (374) V : S t a t i s t i s c h e M e c h a n i k . 114 Seiten, 12 Abbildungen. 1957. (1017) Mechanik deformierbarer Körper von M. Päsler. 199 Seiten, 48 Abbildungen. 1960. (1189/1189 a) Atomphysik von K. Bechert und CA. Gerthsen f . 7 Bände. I : A l l g e m e i n e G r u n d l a g e n . 1. T e i l . 4., durchgesehene Auflage von A. Flammersfeld. 124 Seiten, 35 Abbildungen. 1959. (1009) I I : A l l g e m e i n e G r u n d l a g e n . 2. Teil. 4. Auflage. 1961. I n Vorher. (1033) I I I : T h e o r i e d e s A t o m b a u s . 1. T e i l . 4., umgearbeitete Auflage. 148 Seiten, 16 Abbildungen. 1961. In Vorbereitung (1123/1123 a) I V : T h e o r i e d e s A t o m b a u s . 2. T e i l . 3., umgearbeitete Auflage. 170 Seilen, 14 Abbildungen. 1954. (1165/1165 a) Differentialgleichungen der Physik von F. Sauter. 3., durchgesehene und ergänzte Auflage. 148 Seiten, 16 Figuren. 1958. (1070) Physikalische Formelsammlung von G. Mahler f . Neubearbeitet von K. Mahler. 10., durchgesehene Auflage. 153 Seiten, 69 Figuren. 1959. (136) Physikalische Aufgabensammlung von G. Mahler f . Neu bearbeitet von K. Mahler. Mit den Ergebnissen. 11. Auflage. 127 Seiten. 1961. (243)
Chemie Geschichte der Chemie in kurzgefaßter Darstellung von G. Lockemann. 2 Bände. I : V o m A l t e r t u m b i s z u r E n t d e c k u n g d e s S a u e r s t o f f s . 142 Seiten, 8 Bildnisse. 1950. (264) II: V o n d e r E n t d e c k u n g d e s S a u e r s t o f f s b i s z u r G e g e n w a r t . 151 Seiten, 16 Bildnisse. 1955. (265/265a) Anorganische Chemie von W. Klemm. 11. Auflage. 185 Seiten, 18 Abbildungen. 1960.(37) Organische Chemie von W. Sehlenk. 8., erweiterte Auflage. 272 Seiten, 16 Abbildungen. 1960. (38/38 a) Physikalische Methoden der Organischen Chemie von G. Kresze. 1961. In Vorbercitung. (44/44a) Allgemeine und physikalische Chemie von W. Schulze. 2 Bände. I : 5., durchgesehene Auflage. 139 Seiten, 10 Figuren. 1960. (71) I I : 5., verbesserte Auflage. 178 Seiten, 37 Figuren. 1961. (698/698a) Versuche zur allgemeinen und physikalischem Chemie von E. Dehn. 1961. In Vorbereitung. (1201) Molekülbau. Theoretische Grundlagen und Methoden der Strukturermittlung von W. Schulze. 123 Seiten, 43 Figuren. 1958. (786) Physikalisch-chemische Rechenaufgaben von E. Asmus. 3., verbesserte Auflage. 96 Seiten. 1958. (445) Maßanalyse. Theorie und Praxis der klassischen und der elektrochemischen Titrier« verfahren von G. Jander und K. F. Jahr. 9.j durchgesehene Auflage. 313 Seiten, 49 Figuren. 1961. (221/221a)
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NATURWISSENSCHAFTEN Qualitative Analyse von H. Hofmann u. G. Jander. 308 Seiten, 5 Abbildungen. 1960. (247/247 a) Thermochemie von W. A. Roth f . 2., verbesserte Auflage. 109 Seiten, 16 Figuren. 1952. (1057) Stöchiometrische Aufgabensammlung von W. Bahr dt f und R. Scheer. Mit den Ergebnissen. 7.» durchgesehene Auflage. 119 Seiten. 1960. (452) Elektrochemie und ihre physikalisch-chemischen Grundlagen von A. Dossier. 2 Bände. Iis 178 Seiten, 17 Abbildungen. 1950. (253)
Technologie Die Chemie der Kunststoffe von K. Hamann, unter Mitarbeit von W. Funke und H. D. Hermann. 143 Seiten. 1960. (1173) Warenkunde von K. Hassak und E. Beutel f . 2 Bände. I : A n o r g a n i s c h e W a r e n sowie K o h l e u n d Erdöl. 8. Auflage. Neubearbeitet von A. Kutzelnigg. 119 Seiten, 18 Figuren. 1958. (222) II: O r g a n i s c h e W a r e n . 8. Auflage. Vollständig neubearbeitet von A. Kutzelnigg. 157 Seiten, 32 Figuren. 1959. (223) Die Fette und öle von Th. Klug. 6. Auflage. 143 Seiten. 1961. (335) Die Seifenfabrikation von K. Braun f . 3., neubearbeitete und verbesserte Auflage von Th. Klug. 116 Seiten, 18 Abbildungen. 1953. (336) Textilindustrie von A. Blümcke. I: S p i n n e r e i u n d Z w i r n e r e i . III Seiten, 43 Abbildungen. 1954. (184)
Biologie Einführung in die allgemeine Biologie und ihre philosophischen Grund- und Grenzfragen von M . Hartmann. 132 Seiten, 2 Abbildungen. 1956. (96) Hormone von G. Koller. 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage. 187 Seiten, 60 Abbildungen, 19 Tabellen. 1949. (1141) Fortpflanzung im Tier- und Pflanzenreich von J. Hämmerling. 2., ergänzte Auflage. 135 Seiten, 101 Abbildungen. 1951. (1138) Geschlecht und Geschlechtsbestimmung im Tier- und Pflanzenreich von M. Hartmann. 2., verbesserte Auflage. 116 Seiten, 61 Abbildungen, 7 Tabellen. 1951. (1127) Symbiose der Tiere mit pflanzlichen Mikroorganismen von P. Buchner. 2., verbesserte und vermehrte Auflage. 130 Seiten, 121 Abbildungen. 1949. (1128) Grundriß der Allgemeinen Mikrobiologie von W. u. A. Schwartz. 2 Bände. 2., verbesserte und ergänzte Auflage. I: 147 Seiten, 25 Abbildungen. 1960. (1155) I I : 142 Seiten, 29 Abbildungen. 1961. (1157)
Botanik Entwicklungsgeschichte des Pflanzenreiches von H. Heil. 2. Auflage. 138 Seiten, 94 Abbildungen, 1 Tabelle. 1950. (1137) Morphologie der Pflanzen von L. Geitler. 3., umgearbeitete Auflage. 126 Seiten, 114 Abbildungen. 1953. (141)
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N ATUR WISSENSCHAFTEN Pflanzeiigeographie von L. Dielt f . 5., völlig neubearbeitete A u f l a g e von F. Maitick. 195 Seiten, 2 K a r t e n . 1958. (389/389a) Die Laubhölzer. Kurzgefaßte Beschreibung der in Mitteleuropa gedeihenden Laubbäume und Sträucher von F. W. Neger f und E. Münch f . 3., durchgesehene Auflage, herausgegeben von B. Huber. 143 Seiten, 63 Figuren, 7 Tabellen. 1950. (718) Die Nadelhölzer (Koniferen) und übrigen Gymnospermen von F. It . Neger f und E. Münch f . 4. Auflage, durchgesehen und ergänzt von B. Htiber. 140 Seiten. 75 Figuren, 4 Tabellen, 3 Karten. 1952. (355) Pflanzenzüchtung von H. Kuckuck. 2 Bände. I : C r u n d z ü g e d e r P f l a n z e n z ü c h t u n g . 3.« völlig umgearbeitete und erweiterte Auflage. 132 Seiten, 22 Abbildungen. 1952. (1134) I I : S p e z i e l l e g a r t e n b a u l i c h e P f l a n z e n z ü c h t u n g (Züchtung von Gemüse, Obst und Blumen). 178 Seiten, 27 Abbildungen. 1957. (1178/1178a)
Zoologie Entwicklungsphysiologie der Tiere von F. Seidel. 2 B ä n d e . I : Ei u n d F u r c h u n g . 126 Seiten, 29 A b b i l d u n g e n . 1953. (1162) I I : K ö r p e r g r u n d g e s t a l t u n d O r g a n b i l d u n g . 159 Seiten, 42 Abbildungen. 1953.(1163) Das Tierreich I: Einzeller, P r o t o z o e n von E. Reichenoir. 115 Seiten, 59 Abbildungen. 1956. (444) II: S c h w ä m m e u n d H o h l t i e r e von H. J . Hannemann. 95 Seiten, 80 Abbildungen. 1956. (442) III: W ü r m e r . P l a t t - , Hohl-, Schnurwürmer, Kamptozoen, Ringelwürmer, Protracheaten, Bärtierehen, Zungenwürmer von S. Jaeckel. 114 Seiten, 36 Abbildungen. 1955. (439) IV, 1: K r e b s e von H. E. Gruner und K. Deckert. 114 Seiten, 43 Abbildungen. 1956. (443) IV, 2 : S p i n n e n t i e r e (Trilobitomorphen, Fühlerlose) u n d T a u s e n d f ü ß l e r von A. Kaestner. 96 Seiten, 55 Abbildungen. 1955. (1161) IV, 3 : I n s e k t e n von H. vonLengerken. 128 Seiten, 58 Abbildungen. 1953. (594) V: W e i c h t i e r e . Urmollusken, Schnecken, Muscheln und Kopffüßer von S. Jaeckel. 92 Seiten, 34 Abbildungen. 1954. (440) VI: S t a c h e l h ä u t e r . Tentakulaten, Binnenatmer und Pfeilwürmer von S. Jaeckel. 100 Seiten, 46 Abbildungen. 1955. (441) V I I , 1: M a n t e l t i e r e , Schädellose, R u n d m ä u l e r von Th. Haltenorth. In Vorbereitung. (448) VII, 2 : F i s c h e von D. Lüdemann. 130 Seiten, 65 Abbildungen. 1955. (356) VII, 3 : L u r c h e (Chordatiere) von K. Herter. 143 Seiten, 129 Abbildungen. 1955. (847) V I I , 4 : K r i e c h t i e r e (Chordatiere) von K. Herter. 200 Seiten, 142 Abbildungen. 1960. (447/447a) V I I , 5 : V ö g e l (Chordatiere) von H.-A. Freye. 156 Seiten, 69 F i g u r e n . 1960. (869) V I I , 6 : S ä u g e t i e r e (Chordatiere) von Th. Haltenorth. In Vorbereitung. (282)
Land- und Forstwirtschaft Landwirtschaftliche Tierzucht. Die Züchtung und Haltung der landwirtschaftlichen Nutztiere von H. Vogel. 139 Seiten, 11 Abbildungen. 1952. (228)
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NATURWISSENSCHAFTEN Kolturtechnische Bodenverbesserungen von 0. Fauser. 2 B ä n d e . 5.« verbesserte und vermehrte Auflage. I : A l i g e m e i n e s , E n t w ä s s e r u n g . 127 Seiten, 49 Abbildungen. 1959. (691) I I : B e w ä s s e r u n g , Ö d l a n d k u l t u r , F l u r b e r e i n i g u n g . 159 S e i t e n , 71 Abbildungen. 1961. (692) Agrikulturchemie von K. Scharrer. 2 B ä n d e . I : P f l a n z e n er n ä h r u n g . 143 Seiten. 1953. (329) I I : F u t t e r m i t t e l k u n d e . 192 Seiten. 1956. (330/330a)
Geologie, Mineralogie, Kristallographie Geologie von F. Lotse. 2., verbesserte A u f l a g e . 178 Seiten, 80 Abbildungen. 1951. (13) Mineral- und Erzlagerstättenkunde von H. Huttenlocher f . 2 B ä n d e . I : 2. A u f l a g e . 128 Seiten, 34 Abbildungen. In Vorbereitung. (1014) I I : 136 Seiten, 48 Abbildungen. 1954. (101S/1015a) Allgemeine Mineralogie. 10., erweiterte A u f l a g e der „ M i n e r a l o g i e " von R. Brauni -r, bearbeitet von K. F. Chudoba. 120 Seiten, 120 Figuren, 1 T a f e l , 3 Tabellen. 1958. (29) Spezielle Mineralogie. 10., erweiterte A u f l a g e der „Mineralogie 1 1 von R.Brauns f, bearbeitet von K. F. Chudoba. 170 Seiten, 125 Figuren, 4 Tabellen. 1959. (31/31a) Petrographie (Gesteinskunde) von W. Bruhns f . Neubearbeitet von P. Ramdohr. 5., erweiterte A u f l a g e . 141 Seiten, 10 Figuren. 1960. (173) Kristallographie von W. Bruhns f . 5. A u f l a g e , neubearbeitet von -P. Ramdohr. 109 Seiten, 164 Abbildungen. 1958. (210) Einführung in die Kristalloptik von E. BuchwaldA.,verbesserte A u f l a g e . 138 Seiten, 121 Figuren. 1952. (619) Lötrohrprobierkunde. Mineraldiagnose m i t Lötrohr- und Tüpfelreaktion. Von M. Henglein. 4., verbesserte A u f l a g e . 91 Seiten, 11 Figuren. 1961. (483)
Technik Graphische Darstellung in Wissenschaft und Technik von M. Pirani. 3., erweiterte A u f l a g e bearbeitet von J . Fischer unter B e n u t z u n g der v o n I. Runge besorgten 2. A u f l a g e . 216 Seiten, 104 Abbildungen. 1957. (728/728 a) Technische Tabellen und Formeln von W. Müller. 5., verbesserte und erweiterte A u f l a g e von E. Schulze. 1961. In Vorbereitung. (579) Grundlagen der Straßenverkehrstechnik von E. Engel. 1961. In Vorbereitung. (1198)
Elektrotechnik
Grundlagen der allgemeinen Elektrotechnik von O. Mohr. 2., durchgesehene A u f l a g e . 260 Seiten, 136 Bilder, 14 T a f e l n . 1961. (196/196a) Die Gleichstrommaschine v o n K. Humburg. 2 B a n d e . 2., durchgesehene A u f l a g e . I : 102 Seiten, 59 Abbildungen. 1956. (257) I I : 101 Seiten, 38 Abbildungen. 1956. (881) Die Synchronmaschine von W. Putz. 109 Seiten, 78 Abbildungen. 1961. (1146) Induktionsmaschinen von F. Unger. 2., erweiterte A u f l a g e . 142 Seiten, 49 Abbildungen. 1954. (1140)
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TECHNIK Die komplexe Berechnung von Wechselstromschaitungen von H. 2. A u f l a g e . 180 Seiten, 120 Abbildungen. 1957. (1156/1156a) Theoretische Grundlagen zur Berechnung der Schaltgeräte von F. 3. A u f l a g e . 144 Seiten, 92 Abbildungen. 1950. (711)
H.
Meinke. Kesselring.
Einführung in die Technik selbsttätiger Regelungen von W. zur Megede. 2., durchgesehene A u f l a g e . 180 Seiten, 86 Abbildungen. 1961. (714/714a) Elektromotorische Antriebe (Grundlagen für die Berechnung) von A. Schwaiger. 3., neubearbeitete A u f l a g e . 96 Seiten, 34 Abbildungen. 1952. (827) Überspannungen und Überspannungsschulz von G. Frühauf. druck. 122 Seiten, 98 Abbildungen. 1950. (1132)
Durchgesehener Neu-
Maschinenbau Metallkunde von H. Borchers. 2 B ä n d e . I : A u f b a u d e r M e t a l l e u n d L e g i e r u n g e n . 5. A u f l a g e . 120 Seiten, 90 Abbildungen, 2 Tabellen. I n Vorbereitung. (432) II: E i g e n s c h a f t e n , G r u n d z ü g e der F o r m - und Z u s t a n d s g e b u n g . 3. und 4. A u f l a g e . 179 Seiten, 107 Abbildungen, 10 Tabellen. 1959. (433/433 a) Die Werkstoffe de« Maschinenbaues v o n A. Thum f und C. M. v. Meysenhug. 2 Bände. I : E i n f ü h r u n g i n d i e W e r k s t o f f p r ü f u n g . 2., neubearbeitete Auflage. 100 Seiten, 7 Tabellen, 56 Abbildungen. 1956. (476) I I : D i e K o n s t r u k t i o n s w e r k s t o f f e . 132 Seiten, 40 Abbildungen. 1959. (936) Dynamik v o n W. Müller. 2 B ä n d e . 2., verbesserte A u f l a g e . I : D y n a m i k d e s E i n z e l k ö r p e r s . 128 Seiten, 48 Figuren. 1952. (902) I I : S y s t e m e v o n s t a r r e n K ö r p e r n . 102 Seiten, 41 Figuren. 1952. (903) Technische Schwingungslehre v o n L. Zipperer. 2 B ä n d e . 2., neubearbeitete Auflage. I : A l l g e m e i n e S c h w i n g u n g s g l e i c h u n g e n , e i n f a c h e S c h w i n g e r . 120 Seiten, 101 Abbildungen. 1953. (953) I I : T o r s i o n s s c h w i n g u n g e n i n M a s c h i n e n a n l a g e n . 102 Seiten, 59 Abbildungen. 1955. (961/961 a ) Werkzeugmaschinen für Metallbearbeitung von K. P. Matthes. 2 B ä n d e . I : 100 Seiten, 27 Abbildungen, 11 Zahlentafeln, 1 T a f e l a n h a n g . 1954. (561) II: F e r t i g u n g s t e c h n i s c h e G r u n d l a g e n der neuzeitlichen Metallb e a r b e i t u n g . 101 Seiten, 30 Abbildungen, 5 Tafeln. 1955. (562) Transformatoren v o n W. Schäfer. 3., überarbeitete und ergänzte A u f l a g e . 130 Seiten, 73 Abbildungen. 1957. (952) D a s Maschinenzeichnen mit Einführung in das Konstruieren von W. Tochtermann. 2 B ä n d e . 4. A u f l a g e . I : D a s M a s c h i n e n z e i c h n e n . 156 Seiten, 75 Tafeln. 1950. (589) I I : A u s g e f ü h r t e K o n s t r u k t i o n s b e i s p i e l e . 130 Seiten, 58 T a f e l n . 1950. (590) Die Maschinen clemente von E. A. vom Ende. 4., verbesserte A u f l a g e . 166 Seiten. 175 Figuren, 9 T a f e l n . I n Vorbereitung. (3/3 a)
16
TECHNIK Die Maschinen der Eisenhüttenwerke von L. Engel. 1S6 Seiten, 95 Abbildungen. 1957. (583/583 a) Walzwerke von H. Sedlaczek f unter Mitarbeit von F. Fischer und M. Buch. 232 Seiten, 157 Abbildungen. 1958. (580/580 a) Getriebelehre von P. Grodzinski f . 2 Bände. I : G e o m e t r i s c h e G r u n d l a g e n . 3., neubearbeitete Auflage von G. Lechner. 164 Seiten, 131 Figuren. 1960. (1061) Gießereitechnik von H. Jungbluth. 2 Bände. I : E i s e n g i e ß e r e i . 126 Seiten, 44 Abbildungen. 1951. (1159) Die Dampfturbinen* Ihre Wirkungsweise, Berechnung und Konstruktion von C. Zielemann. 3 Bände. 3., verbesserte Auflage. I : T h e o r i e der D a m p f t u r b i n e n . 139 Seiten, 48 Abbildungen. 1955. (274) I I : Die B e r e c h n u n g der D a m p f t u r b i n e n und die K o n s t r u k t i o n der E i n z e l t e i l e . 132 Seiten, 111 Abbildungen. 1956. (715) I I I : Die R e g e l u n g der D a m p f t u r b i n e n , die B a u a r t e n , T u r b i n e n für S o n d e r z w e c k e , K o n d e n s a t i o n s a n l a g e n . 126 Seiten, 90 Abbildungen. 1956. (716) Verbrennungsmotoren von W. Endres. 3 Bände. I : Ü b e r b l i c k . M o t o r - B r e n n s t o f f e . V e r b r e n n u n g im M o t o r allgem e i n , im Otto« und D i e s e l - M o t o r . 153 Seiten, 57 Abbildungen. 1958. (1076/1076a) I I : Die h e u t i g e n T y p e n der V e r b r e n n u n g s k r a f t m a s c h i n e . In Vorbereitung. (1184) I I I : Die E i n z e l t e i l e des V e r b r e n n u n g s m o t o r s . In Vorbereitung. (1185) Autogenes Schweißen und Schneiden von H. Niese. 5. Auflage, neubearbeitet von A. Küchler. 136 Seiten, 71 Figuren. 1953. (499) Die elektrischen Schweißverfahren von H. Niese. 2. Auflage, neubearbeitet von H. Dienst. 136 Seiten, 58 Abbildungen. 1955. (1020) Die Hebezeuge. Entwurf von Winden und Kranen von G. Tafel. 2., verbesserte Auflage. 176 Seiten, 230 Figuren. 1954. (414/414a)
Wasserbau Wasserkraftanlagen von A. Ludin unter Mitarbeit von W. Borkenstein. 2 Bände. I : P l a n u n g , G r u n d l a g e n und Grundzüge. 124 Seiten, 60 Abbildungen. 1955. (665) I I : A n o r d n u n g und A u s b i l d u n g der H a u p t b auwerke. 184 Seiten, 91 Abbildungen. 1958. (666/666a) Verkehrswasserbaii von H. Dehnert, 3 Bände. I : E n t w u r f s g r u n d l a g e n , F l u ß r e g e l u n g e n . 103 Seiten, 52 Abbildungen. 1950.(585) I I : F l u ß k a n a l i s i e r u n g und S c h i f f a h r t s k a n ä l e . 94 Seiten, 60 Abbildungen. 1950.(597) I I I : S c h l e u s e n und H e b e w e r k e . 98 Seiten, 70 Abbildungen. 1950. (1152) Wehr- und Stauanlagen von H. Dehnert. 134 Seiten, 90 Abbildungen. 1952. (965) Talsperren von F. Tölke. 122 Seiten, 70 Abbildungen. 1953. (1044)
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TECHNIK
Hoch« und Tiefbau D i e w i c h t i g s t e n B a u s t o f f e des H o c h - u n d T i e f b a u s v o n 0. Graf f . 4 . , v e r b e s s e r t e A u f l a g e . 131 S e i t e n , 63 A b b i l d u n g e n . 1953. (984) B a u s t o f f v e r a r b e i t u n g u n d B a u s t e l l e n p r ü f u n g des B e t o n s v o n A. Kleinlogel. 2., n e u b e a r b e i t e t e u n d e r w e i t e r t e A u f l a g e . 126 S e i t e n , 35 A b b i l d u n g e n . 1951. (978) Festigkeitslehre. 2 B ä n d e . I: E l a s t i z i t ä t , P l a s t i z i t ä t und F e s t i g k e i t der B a u s t o f f e und Baut e i l e v o n W. Gehler f u n d W. Herberg. D u r c h g e s e h e n e r u n d erweiterter N e u d r u c k . 159 S e i t e n , 118 A b b i l d u n g e n . 1952. (1144) I I : F o r m ä n d e r u n g , P l a t t e n , S t a b i l i t ä t u n d B r u c h h y p o t h e s e n von TT. Herberg u n d N. Dimitrov. 187 S e i t e n , 94 A b b i l d u n g e n . 1955. ( 1 1 4 5 / 1 1 4 5 a ) G r u n d l a g e n d e s S t a h l b e t o n b a u s v o n A. Troche. 2., n e u b e a r b e i t e t e u n d erweiterte A u f l a g e . 208 S e i t e n , 7 5 A b b i l d u n g e n , 17 B e m e s s u n g s t a f e l n , 20 R e c h e n b e i spiele. 1953. (1078) S t a t i k der B a u k o n s t r u k t i o n e n v o n A. Teichmann. 3 Bände. I : G r u n d l a g e n . 101 S e i t e n , 51 A b b i l d u n g e n , 8 F o r m e l t a f e l n . 1956. (119) I I : S t a t i s c h b e s t i m m t e S t a b w e r k e . 107 S e i t e n , 52 A b b i l d u n g e n , 7 T a f e l n . 1957. (120) I I I : S t a t i s c h u n b e s t i m m t e S y s t e m e . 112Seiten,34 Abbildungen,7FormeJt a f e l n . 1958. (122) F e n s t e r , T ü r e n , T o r e a u s H o l z u n d M e t a l l . E i n e A n l e i t u n g zu ihrer g u t e n Gestaltung, wirtschaftlichen Bemessung und handwerksgerechten Konstruktion v o n W. Wickop f . 4 . , ü b e r a r b e i t e t e u n d e r g ä n z t e A u f l a g e . 155 S e i t e n , 95 A b b i l d u n g e n . 1955. (1092) H e i z u n g u n d L ü f t u n g v o n W. Körting. 2 B ä n d e . 9 . , n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e . I: D a s Wesen und die B e r e c h n u n g der Heizungs- und L ü f t u n g s « a n l a g e n . 1 9 6 1 . I n V o r b e r e i t u n g . (342) I I : D i e A u s f ü h r u n g d e r H e i z u n g s - u n d L ü f t u n g s a n l a g e n . 1961. I n V o r b e r e i t u n g . (343) Industrielle K r a f t * u n d W & r m e w i r t s c h a f t v o n F. A. F. Schmidt 167 S e i t e n , 73 A b b i l d u n g e n . 1957. ( 3 1 8 / 3 1 8 a )
u n d A.
Beckers.
Vermessungswesen V e r m e s s u n g s k u n d e v o n P. Werkmeister. 3 Bände. I : S t ü c k V e r m e s s u n g u n d N i v e l l i e r e n . 11., v ö l l i g n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e 143 S e i t e n , 117 F i g u r e n . I n V o r b e r e i t u n g . (468) v o n W. Grossmann. I I : H o r i z o n t a l a u f n a h m e n u n d e b e n e R e c h n u n g e n . 8., völlig neub e a r b e i t e t e A u f l a g e von W. Grossmann. 133 S e i t e n , 97 F i g u r e n . 1959. (469) III: T r i g o n o m e t r i s c h e und b a r o m e t r i s c h e H ö h e n m e s s u n g . T a c h y m e t r i e u n d A b s t e c k u n g e n . 7., v ö l l i g n e u b e a r b e i t e t e A u f l a g e v o n W. Grossmann. 136 S e i t e n , 97 F i g u r e n . 1960. ( 8 6 2 ) P b o t o g r a m m e t r i e v o n G. Lehmann.
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189 S e i t e n , 132 A b b i l d u n g e n . 1 9 5 9 . ( 1 1 8 8 / 1 1 8 8 a ^
Sammlung Göschen / Bandnummernfolge X L a n g o s c h , D e r N i b e l u n g e Nòt 3/3 a v . E n d e , M a s c h i n e n e l e m e n t e 10 J i r i c z e k - W i s n i e w s k i , K u d r u n - u n d Dietrich-Epen 13 L o t z e , Geologie 18 Maurer» H a r t m a n n v o n A u e . D e r arme Heinrich 19 A l t h e i m , R ö m i s c h e Geschichte I 20 H o f s t a e t t e r , D t . S p r a c h l e h r e 22 M a u r e r , G o t t f r i e d v o n S t r a s s b u r g 29 B r a u n s - C h u d o b a , Allg. Mineralog. 31/31 a B r a u n s - C h u d o b a , Spez. Mineralogie 35 T r e u e , D t . Geschichte von 1648 bis 1740 37 K l e m m , A n o r g a n i s c h e Chemie 38/38 a S c h l e n k , O r g a n i s c h e Chemie 39 T r e u e , D t . Geschichte v o n 1713 bis 1806 42 B e h n - H o e r n e s , Vorgesch. E u r o p a s 44/44a K r e s z e , P h y s i k a l i s c h e Method e n der organischen Chemie 47 F i s c h e r - R o h r b a c h , A r i t h m e t i k 5 I / 5 1 a R i n g l e b , M a t h e m . Formelsig. 52 Bieler, R o m . L i t e r a t u r g e s c h . I 59 K r ä h e , I n d o g . Sprachwiss. I 60 Biehle, S t i m m k u n d e 61 Biehle, R e d e t e c h n i k 64 K r ä h e , I n d o g . S p r a c h w i s s . I I 65/65 a G r o t e m e y e r , A n a l y t . G e o m e t . 66 B c r n c k e r - V a s m e r , Russische Grammatik 70 Nestle-Liebich, Gesch. d. griech. Literatur I 71 Schulze, Allgemeine u n d physikalische C h e m i e I 76 D ö r i n g , E i n f . i. d. t h . P h y s i k I 77 D ö r i n g , E i n f . i. d . t h . P h y s i k I I 78 D ö r i n g , E i n f . i. d. t h . P h y s i k I I I 79/79a H e m p e l , Got. E l e m e n t a r b u c h 80 W e i g e r t , S t i l k u n d e I 81 S c h u b e r t - H a u s s n e r - E r l e b a c h , Vierstell. L o g a r i t h m e n t a f e l n 86/86a B a m e r , D i f f e r e n t i a l - u . I n tegralrechn. I 96 H a r t m a n n , E i n f . i n die a l l g e m . Biologie 99 H e s s e n b e r g - K n e s e r , E b e n e u n d sphär. Trigonometrie 101 v. Wiese, Soziologie 103 D a h r e n d o r f , I n d u s t r i e - u n d Betriebssoziologie
104/104a H o f s t ä t t e r , Sozialpsycholog. 111 H o f f m a n n - D e b r u n n e r , Gesch. der griechischen S p r a c h e I 114 D e b r u n n e r , Gesch. der griechisch. Sprache II 117 B r a n d e n s t e i n , Griechische S p r a c h wissenschaft I 118/118a B r a n d e n s t e i n , Griechische Sprachwissenschaft I I 119 T e i c h m a n n , S t a t i k d e r B a u k o n struktionen I 120 T e i c h m a n n , S t a t i k d e r B a u k o n struktionen II 122 T e i c h m a n n , S t a t i k der B a u k o n struktionen III 125 V o s s l e r - N o y e r - W e i d n e r , I t a l . Literaturgeschichte 128/128a L a u s b e r g , R o m a n i s c h e Sprachwissenschaft I 136 M a h l e r , P h y s i k a l . Formelsig. 141 Geitler, Morphologie d e r P f l a n z e n 142 H a a c k , D a r s t e l l e n d e G e o m e t r i e I 143 H a a c k , D a r s t e l l e n d e G e o m e t r i e I I 144 H a a c k , D a r s t e l l e n d e G e o m e t r i e Ii l 145 W e i m e r , Gesch. der P ä d a g o g i k 148 K o l m s , F i n a n z w i s s e n s c h a f t I 156/156a L a n d m a n n , P h i l o s o p h i s c h e Anthropologie 170 O e h l m a n n , Musik des 19. J h s . 171/171 a O e h l m a n n , Musik des 20. J h s . 173 B r u h n s - R a m d o h r , P e t r o g r a p h i e 180 B ö h m , V e r s i c h e r u n g s m a t h e m . I 184 B l ü m c k e , T e x t i l i n d u s t r i e I 196/196a M o h r , G r u n d l a g e n der Elektrotechnik 200/200 a G o t t s c h a l d , D t . R e c h t schreibungswörterbuch 210 B r u h n s - R a m d o h r , K r i s t a l l o g r . 220/220 a Moser, Allg. Musiklehre 221/221 a J a n d e r - J a h r , M a ß a n a l y s e 222 H a s s a k - B e u t e l - K u t z e l n i g g , Warenkunde I 223 H a s s a k - B e u t e l - K u t z e l n i g g , Warenkunde II 226 H o f m a n n , Gesch. d . M a t h e m . 1 228 Vogel, L a n d w . T i e r z u c h t 231/231 a E h r l i c h , Geschichte Israels 238 K r ä h e , G e r m a n . S p r a c h w i s s . I 243 Mahler, P h y s i k a l . A u f g a b e n s l g . 247/247 a H o f m a n n - J a n der, Q u a l i t a tive Analyse
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BANDNUMMERNFOLGE 250 L a u s b e r g , R o m a n i s c h e Sprach* Wissenschaft I I 253 Dassler, E l e k t r o c h e m i e I I 257 H u m b u r g , G l e i c h s t r o m m a s c h i n e I 264 L o c k e m a n n , Gesch. d. Chemie I 265/265 a L o c k e m a n n , Geschichte der Chemie II 270 K i r n , E i n f ü h r u n g i n d i e Geschichtswissenschaft 274 Z i e t e m a n n , D a m p f t u r b i n e n I 279 J a c o b - H o h e n l e u t n e r , Q u e l l e n k d e . d e r deutschen Geschichte I 280 J a c o b - H o h e n l e u t n e r , Quellenkde. der d e u t s c h e n Geschichte I I 2 8 1 L e i s e g a n g , E i n f ü h r u n g i n die Philosophie 282 H a l t e n o r t h , S ä u g e t i e r e 284 J a c o b - W e d e n , Q u e l l e n k u n d e d e r d e u t s c h e n Geschichte I I I 318/318 a S c h m i d t - B e c k e r s , I n d u s t r i elle K r a f t - u. W ä r m e w i r t s c h a f t 319 K r u g , A u s t r a l i e n u n d Ozeanien 329 S c h a r r e r , A g r i k u l t u r c h e m i e I 330/330 a S c h a r r e r , A g r i k u l t u r c h e m . II 335 K l u g , F e t t e u n d Öle 336 B r a u n - K l u g , S e i f e n f a b r i k a t i o n 342 K ö r t i n g , H e i z u n g u n d L ü f t u n g I 343 K ö r t i n g , Heizung u n d L ü f t u n g I I 344 Moser, M u s i k ä s t h e t i k 354/354 a V a l e n t i n e r - K ö n i g , V e k t o r e n und Matrizen 355 N e g e r - M ü n c h - H u b e r , Nadelhölzer 356 L ü d e m a n n , Fische 374 Döring, E i n f ü h r u n g i n die theor e t . P h y s i k IV 375 P r e l l e r , Geschichte E n g l a n d s I 389/389 a D i e l s - M a t t i c k , P f l a n z e n geographie 391 K o l m s , F i n a n z w i s s e n s c h a f t I I 394/394 a S c h i l l i n g , Von der R e n a i s s a n c e bis K a n t 414/414 a T a f e l , Hebezeuge 422 G o t t s c h a l d , Dt. P e r s o n c n n a m e n 423 Adler, F ü n f s t e l l i g e L o g a r i t h m e n 432 Borchers, M e t a l l k u n d e I 433/433 a Borchers, M e t a l l k u n d e II 435 B u r a u , Algebr. K u r v e n u. F l ä c h e n 439 J a e c k e l , W ü r m e r 440 J a e c k e l , W e i c h t i e r e 441 J a e c k e l , S t a c h e l h ä u t e r 442 H a n n e m a n n , S c h w ä m m e u n d Hohltiere
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443 G r u n é r - D e c k e r t , K r e b s e 444 R e i c h e n o w , Einzeller 445 Asmu9, P h y s i k a l . - c h e m . Rechenaufgaben 447/447 a H e r t e r , K r i e c h t i e r e 448 H a l t e n o r t h , M a n t e l t i e r e 452 B a h r d t - S c h e e r , Stöchiometrischc Aufgabensammlung 468 W e r k m e i s t e r - G r o s s m a n n , Vermessungskunde I 469 W e r k m e i s t e r - G r o s s m a n n , Vermessungskunde II 476 T h u m - M e y s e n b u g , Die Werkstoffe des M a s c h i n e n b a u e s I 483 H e n g l e i n , L ö t r o h r p r o b i e r k u n d e 492 S t o l z - D e b r u n n e r , Geschichte der latein. Sprache 499 N i e s e - K ü c h l e r , A u t o g e n e s Schweißen 500 S i m m e l , H a u p t p r o b l e m e d e r Philosophie 536 L e h m a n n , K a n t 538 R u m p f , A r c h ä o l o g i e I 539 R u m p f , A r c h ä o l o g i e I I 561 M a t t h e s , W e r k z e u g m a s c h i n e n 1 562 M a t t h e s , W e r k z e u g m a s c h i n e n I I 564 B e h n - H o e r n e s , K u l t u r der Urzeit I 565 B e h n - H o e r n e s , K u l t u r d . Urzeit I I 566 B e h n - H o e r n e s , K u l t u r d . U r z e i t I I I 571 L e h m a n n , Philosophie d. 19. J h . I 576/576 a Moser, Gesangskunst 579 Müller-Schulze, T e c h n . Tabellen 580/580 a S e d l a c z e k - F i s c h c r - R u c h , Walzwerke 583/583 a E n g e l , M a s c h i n e n d e r Eisen* hüttenwerke 585 D e h n e r t , V e r k e h r s w a s s e r b a u I 587 K a l i t s u n a k i s - S t e i n m c t z , Neugriech.-dt. Gesprächsbuch 589 T o c h t e r m a n n , M a s c h i n e n zcichnen I 590 T o c h t e r m a n n , Masch.-Zeichnen I I 594 v . L e n g e r k e n , Insekten 597 D e h n e r t , V e r k e h r s w a s s e r b a u II 601 M u t s c h m a n n , E n g l . P h o n e t i k 619 B u c h w a l d , K r i s t a l l o p t i k 665 L u d i n - B o r k e n s t e i n , W a s s e r k r a f t anlagen I 666/666 a L u d i n - B o r k e n s t e i n , Wasser» k r a f t a n l a g e n II 668/668a K n o p p , F u n k t i o n e n t h e o r i e I 677 A l t h e i m , R o m . Geschichte I I
BANDNUMMERNFOLGE 679 Altheim, Rom. Geschichte III 684 Altheim, Rom. Geschichte IV 691 Fauser, Kulturtechn. BodenVerbesserungen I 692 Fauser, Kulturtechn. Bodenverbesserungen II 698/698 a Schulze, Allgemeine und physikalische Chemie II 703 Knopp, Funktionentheorie II 709 Lehmann, Philosophie d. 19. J h . II 711 Kesselring, Berechnung der Schaltgeräte 714/714a zur Megede, Technik selbsttätiger Regelungen 715 Zietemann, Dampfturbinen II 716 Zietemann, Dampfturbinen III 718 Neger-Münch-Huber, Laubhölzer 728/728aPirani-Fischer-Runge,Graph. Darstellg. in Wissensch. u.Technik 735 Ekwall, Historische neuengl. Laut- und Formenlehre 746/746 a Pfanzagl, Allg. Methodenlehre der Statistik I 747/747a Pfanzagl, Allg. Methodenlehre der Statistik II 756/756 a Kalitsunakis, Grammatik der Neugriechischen Volkssprache 763/763 a Beer-Meyer, Hebräische Grammatik I 764/764 a Beer-Meyer, Hebräische Grammatik II 768/768a Bieberbach, Einführung in die konforme Abbildung 769/769 a Beer-Meyer, Hebr. Textbuch 776 Kolms, Finanzwissenschaft III 780 Krähe, German. Sprachwiss. II 781 Weigert, Stilkunde II 782 Kolms, Finanzwissenschaft IV 786 Schulze, Molekülbau 807 Kropp, Erkenntnistheorie 809 Moser, Harmonielehre I 826 Koch, Philosophie des Mittelalters 827 Schwaiger, Elektromotorische Ant riebe ooi Erismann, Allg. Psychologie I 832/832 a Erismann, AUg. Psychologie II 833/833a Erismann, Allg. Psychologie III 837 Baumgartner, Gruppentheorie 845 Lehmann, Philosophie im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts 1
847 Herter, Lurche 850 Lehmann, Philosophie im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts II 851/85 l a Moede, Psychologie des Berufs- und Wirtschaftslebens 857 Capelle, Griech. Philosophie I 858 Capelle, Griech. Philosophie II 859 Capelle, Griech. Philosophie III 862 Werkmeister-Grossmann, Vermessungskunde III 863 Capelle, Gtiech. Philosophie IV 866 Bieler, Rom. Literaturgesch. II 869 Freye, Vögel 875 Hof'mann, Geschichte der Mathematik II 877 Knopp, Aufgabensammlung zur Funktionentbeorie l 878 Knopp, Aufgabensammlung zur Funktionenlheoric II 881 Humburg, Gleichstrommasch. II 882 Hofmann, Gesch. d. Mathematik III 893 Treue, Dt. Geschichte von 1807 bis 1890 894 Treue, Dt. Geschichte von 189D bis zur Gegenwart 902 Müller, Dynamik I 903 Müller, Dynamik II 910 J a e g e r , Afrika I 911 Jaeger, Afrika II 915 Sperber-Fleischhauer, Geschichte der Deutschen Sprachc 917/917 a Böhm, Versicherungsmathematik II 920 Hoheisel, Gewöhnliche Differentialgleichungen 921 Jantzen-Kolb, W. v. Eschenbach. Parzival 929 Schirmer-Mitzka. Dt. Wortkunde 930 Krull, Elementare und klassische Algebra I 931 Hasse, Höhere Algebra I 932 Hasse, Höhere Algebra II 933 Krull, Elementare und klassische Algebra II 936 Thum-Mevsenbug, Werkstoffe des Maschinenbaues II 952 Schäfer, Transformatoren 953 Zipperer, Techn. Schwingungsl. I 961/961 a Zipperer, Techn. Schwingungslehre II 965 Dehnert, Wehr- und Stauanlagen
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BANDNUMMERNFOLGE 9T0 B a l d u s - L ö b e l l , N i c h t e u k l i d i s c h e Geometrie 978 KJeinlogel, B a u s t o f f v e r a r b e i t u n g u n d B a u s teilen p r ü f u n g d. B e t o n s 984 G r a f , B a u s t o f f e des H o c h - u n d Tiefbaues 999/999 a K a m k e , M e n g e n l e h r e 1000 J a s p e r s , Geistige S i t u a t . der Zeit 1003 Hoheisel, P a r t i e l l e D i f f e r e n t i a l g l . 1008/1008 a Mellerowicz, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre I 1009 B e c h e r t - G e r t h s e n - F l a m m e r s f e l d , Atomphysik I 1014 H u t t e n l o c h e r , M i n e r a l - u n d E r z lagerstättenkunde I 1015/1015a H u t t e n l o c h e r , M i n e r a l - u . Erzlagerstättenkunde II 1017 D ö r i n g , E i n f ü h r u n g i n die t h e o ret. Physik V 1020 Niese-Dienst, E l e k t r i s c h e Schweißverfahren I031/1031a Apel-Ludz, Philosophisches W ö r t e r b u c h 1033 B e c h e r t - G e r t h s e n , A t o m p h y s . I I 1034 K r a n e f c l d t - J u n g , T h e r a p e u tische Psychologie 1035 A l t h e i m , R o m . Religionsgeschichte I 1039 D o v i f a t , Zeitungslehre I 1040 D o v i f a t , Z e i t u n g s l e h r e I I 1044 T ö l k e , T a l s p e r r e n 1045 S c h u b e r t , T e c h n i k des K l a v i e r spiels 1051/1051 a S t o l b e r g - W e r n i g e r o d e , G e s c h . d. V e r e i n . S t a a t e n von Amerika 1052 A l t h c i m , R ö m . R e h g i o n s g e s c h . I I 1057 R o t h , T h e r m o c h e m i e 1059 H o h e i s e l , A u f g a b e n s l g . z. d. gew. u . p a r t . Differentialgl. 1061 G r o d z i n s k i - L e c h n e r , Getriebel. I 1065 H a l l e r - D a n a e n b a u e r , Von d e n K a r o l i n g e r n zu d e n S t a u f e r n 1070 S a u t e r , Differentialgleichungen der P h y s i k 1074 K o s c h m i e d e r , V a r i a t i o n s rechnung I 1076/1076 a E n d r e s , V e r b r e n n u n g s motoren I 1077 H a l l e r - D a n n e n b a u e r , V o n d e n S t a u f e r n zu d e n H a b s b u r g e r n 1078 T r o c h e , S t a h l b e t o n b a u
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1082 H a s s e - K l o b e , A u f g a b e n s a m m l u n g zur h ö h e r e n A l g e b r a 1085 L i e t z m a n n - A l a n d , Z e i t r e c h n u n g 1086 Müller, D t . D i c h t e n u . D e n k e n 1088 Preller, Gesch. E n g l a n d s IJ 1092 W i c k o p , F e n s t e r , T ü r e n , T o r e 1094 H e r n r i e d , S y s t e m . M o d u l a t i o n 1096 V i ë t o r , D t . D i c h t e n u n d D e n k e n 1099 Hoheisel, I n t e g r a l g l e i c h u n g e n 1105 H ä r t u n g , D t . G e s c h i c h t e i m Zeitalter der Reformation 1108 d e Boor-Wisniewski, Mittelhochdeutsche G r a m m a t i k 1109 K n o p p , E l e m e n t e d e r F u n k tionentheorie 1111 B e t z , A l t h o c h d t . E l e m e n t a r b u c h 1113/1113a S t r u b e c k e r , Differentialgeometrie I 1114 S c h u b e l , E n g l . L i t e r a t u r g e s c h . I 1115 R a n k e , A l t n o r d . E l e m e n t a r b . 1116 S c h u b e l , E n g l . L i t e r a t u r g e s c h . i l 1117 H a l l e r - D a n n e n b a u e r , E i n t r i t t der G e r m a n e n in die Geschichte 1121 N a u m a n n , D t . D i c h t e n u. D e n k e n 1122 F e i s t , S p r e c h e n u. Sprachpflege 1123/1123a B e c h e r t - G e r t h s e n , A t o m physik III 1124 S c h u b e l , E n g l . L i t e r a t u r g e s c h . I I I 112 > L e h n e r t , Altengl. E l e m e n t a r b u c h 1127 H a r t m a n n , Geschlecht u n d Ges c h l e c h t s b e s t i m m u n g i m Tierund Pflanzenreich 1128 B u c h n e r , S y m b i o s e d e r T i e r e m i t pflanzl. Mikroorganismen 1130 D i b e l i u s - K ü m m e l , J e s u s 1131 Scholz-Schöneberg, E i n f ü h r u n g in die Z a h l e n t h e o r i e 1132 F r ü h a u f , Ü b e r s p a n n u n g e n u n d Ü berspannungsschutz 1134 K u c k u c k , P f l a n z e n z ü c h t u n g I 1135 L e h n e r t , Beowulf 1137 H e i l , E n t w i c k l u n g s g e s c h i c h t e des P f l a n z e n r e i c h e s 1138 H ä m m e r l i n g , F o r t p f l a n z u n g im Tier- und Pflanzenreich 1140 U n g e r , I n d u k t i o n s m a s c h i n e n 1141 K o l l e r , H o r m o n e 1142 M e i s s n e r - L c h n e r t , S h a k e s p e a r e 1144 G e h l e r - H e r b e r g , F e s t i g k e i t s l e h r e I 1145/1145 a H e r b e r g - D i m i t r o v , Festigkeitslehre I I 1146 P u t z , S y n c h r o n m a s c h i n e
BANDNUMMERNFOLGE 1147 v. Waltershausen, Kunst des Dirigierens 1148 Pepping» Der polyphone Satz I 1152 Dehnert, Verkehrswasserbau III 1153/1153 a Mellerowicz, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre II 1154/1154a Mellerowicz, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre III 1155 Schwartz, Mikrobiologie I 1156/1156 a Meinke, Komplexe Berechn. v. Wechselstromschalt. 1157 Schwartz, Mikrobiologie II 1158 Mayrhofer, Sanskrit-Grammatik 1159 Jungbluth, Gießereitechnik I 1160 Dibelius-Kümmel, Paulus 1161 Kaestner, Spinnentiere 1162 Seidel, Entwicklungsphysiologie der Tiere I 1163 Seidel, Entwicklungsphysiologie der Tiere II 1161/1164 a Pepping, Der polyphone Satz II ll65/1165a Bechert-Gerihscn, Atomphysik IV 1169 Paulsen, Allgemeine Volkswirtschaftslehre I 1170 Paulsen, Allgemeine Volkswirtschaftslehre II 1171 Paulsen, Allgemeine Volkswirtschaftslehre III 1172 Paulsen, Allgemeine Volkswirtschaftslehre IV 1173 Hamann-Funke-Hermann, Chemie der Kunststoffe 1176/1176a Lorenzen, Formale Logik 1178/1178 a Kuckuck, PJanzenzüchtung II
1179/1179 a Strubecker, Differentialgeometrie II 1180/1180a Strubecker, Differentialgeometrie III 1181 Franz, Topologie I 1183/1183a Nicolas, Finanzmathematik 1184 Endres, Verbrennungsmot. II 1185 Endres, Verbrennungsmot. III 1186/1186a Mellerowicz, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre IV 1187 Lau, Luther 1188/1188 a Lehmann, Photogrammetrie 1189/1189 a Päsler, Mechanik dei'ormierbarer Körper 1190 Stupperich, Melanchthon 1191/119la Brauer,Slav.Sprachwissenschaft I 1193 Fürstenberg, Wirtschaftssoziologie 1194 Wendt, Gesch. d. Volkswirtschaftslehre 1195 Ohm, AHgem. Volkswirtschaftspolitik I 1197/1197aOnasch, Einf. in die Konfessionskunde der orthod. Kirchen 1198 Engel, Grundlagen der Straßenverkehrstechnik 1199 Lausberg, Romanische Sprachwissenschaft I I I 1200 Lausberg, Romanische Sprach« Wissenschaft IV 1201 Dehn, Versxiche zur allgem. u. phys. Chemie 1202 Nagel, Gesch. des christl. Gottesdienstes
Autorenregister Adler 10 Aland 5 Altheim 4, 6 Apel 3 Asmus 12 Bahrdt 13 Baldus 11 Barner 11 Baumgartner 11 Bechert 12 Beckers 18 Beer 8
Behn 5 Berneker 8 Betz 7 Beutel 13 Bieberbach 11 Biehle 6 Bieler 8 Blümcke 13 Böhm 11 de Boor 7 Borchers 16 Borkenstein 17
Brauer 8 Brandenstein 8 Braun 13 Brauns 15 Bruhns 15 Buch 17 Buchner 13 Buchwald 15 Burau 10 Capelle 3 Chudoba 15 Dahrendorf 4, 9
Dannerihaucr 5 Dassler 13 Debrunner 8 Deckert 14 Dehn 12 Dehnert 17 Dibelius 4 Diels 14 Dienst 17 Dimitrov 18 Döring 12 Dovifat 9
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AUTORENREGISTER Ehrlich 4 Ekwall 7 E n d e , v o m 16 E n d r e s 17 E n g e l , E . 15 E n g e l , L . 17 Erismann 4 E r l e b a c h 10 F a u s e r 15 Feist 6 Fischer, F 17 Fischer, J . 15 Fischer, P . B . 10 F l a m m e r s f e l d 12 Fleischhauer 6 F r a n z 10 F r e y e 14 F r ü h a u f 16 F ü r s t e n berg 9 F u n k e 13 Gehler 18 Geitler 13 Gerthsen 12 G o l t s c h a l d 6, 7 G r a f 18 Grodzinski 17 Grossmann 18 Grotemeyer I i Gruner 14 H a a c k 11 H ä m m e r l i n g 13 Haller 5 H a l l c n o r t h 14 H a m a n n 13 H a n n e m a n n 14 H a r t m a n n 13 Härtung 5 H a s s a k 13 H a s s e 10 H a u s s n e r 10 Heil 13 Hempel 7 Henglein 15 Herberg 18 Hermann 13 Hernried 4 Hertcr 14 Hessenberg 11 Hoernes 5 Holfmann 8 H o l m a n n 10, 12 Hol'stätter 4 Ilofstaetter 6
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Iloheisel 11 Hohenleutner 6 H u b e r 14 H u m b u r g 15 Huttenlocher 15 Jacob 6 J a e c k e l 14 Jaeger 8 J a h r 12 J a n d e r 12 Jantzen 7 Jaspers 3 J'iriczek 7 Jung 3 .Jungbluth 17 K a e s t n e r 14 Kalitsunakis 8 K a m k e 11 Kesselring 16 Kirn 5 Kleiologel 18 K l e m m 12 K l o b e 10 K l u g 13 K n e s e r 11 K n o p p 10 Koch 3 K ö n i g 11 K ö r t i n g 18 Kolb 7 Koller 13 Kolms 9 Koschmieder 11 Krähe 7 Kranefeld t 3 K r e s z e 12 Kropp 3 Krug 8 K r u l l 10 K u c k u c k 14 K ü c h l e r 17 Kümmel 4 Kutzelnigg 13 L a n d mann 3 Langosch 7 Lau 4 Lausberg 8 Lechner 17 L e h m a n n , G. 3 L e h m a n n , G. 18 Lehnert 7, 8 Leisegang 3 Lengerken, von 14
Liebich 8 Lietzmann 5 L o c k e m a n n 12 Löbell 11 Lorenzen 3, 10 L o t z e 15 L u d i n 17 Ludz 3 L ü d e m a n n 14 Mahler 12 Matthes 16 Mattick 14 Maurer 7 Mayrhofer 8 Megede, zur 16 Meinke 16 Meissner 8 Mellerowicz 9 Meyer 8 Meysenbug 16 Mitzka 6 Moede 4, 9 Mohr 15 Moser 4 Müller, G. 6 Müller, W. 15, 16 Münch 14 Mutschmann 7 Nagel 4 Naumann 6 Neger 14 Nestle 8 Nicolas 9, 11 Niese 17 Noyer-Weidner 8 Oehlmann 4 Ohm 9 Onasch 4 P ä s l e r 12 Paulsen 9 Pepping 4 Pfanzagl 9 P i r a n i 15 Preller 6 P u t z 15 R a m d o h r 15 Ranke 7 Reichenow 14 R i n g l e b 10 R o h r b a c h 10 R o t h 13 Rumpf 5 R u n g e 15
S a u t e r 12 Schäfer 16 Scharrer 15 Scheer 13 Schiliing 3 Schirmer 6 Schien k 12 S c h m i d t 18 Schoeneberg 10 Scholz 10 Schubel 7 S c h u b e r t , H. 10 Schubert, K . 5 Schulze, E , 15 Schulze, W. 12 Schwaiger 16 S c h w a r t z 13 Sedlaczek 17 Seidel 14 Simmel 3 Sperber 6 Steinmetz 8 Stolberg-Werai gerode, zu 6 Stolz 8 Strubecker 11 Stupperich 4 T a f e l 17 Teichmann 18 T h u m 16 Tochtermann 16 Tölke 17 Treue 5, 6 Troche 18 Unger 15 Valentiner 11 Vasmer 8 Vietor 6 Vogel 14 Vossler 8 Waltershausen,v .5 Weden 6 Weigert 5 Weimer 3 Wendt 9 Werkmeister 18 Wickop 18 Wiese, von 4 Wisniewski 7 Witting 11 Zietemann 17 Zipperer 16