194 35 11MB
German Pages 152 Year 1999
Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte Band 100
Uwe Japp
Die Komödie der Romantik Typologie und Überblick
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1999
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Japp, Uwe:
Die Komödie der Romantik : Typologie und Überblick / Uwe Japp. - Tübingen : Niemeyer, 1999 (Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte ; Bd. 100) ISBN 3-484-32100-8 © Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1999 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Industriebuchbinderei Hugo Nadele, Nehren
»Nichts ist seltner, als eine schöne Komödie.« Friedrich Schlegel
Für Α.
Inhalt
Vorwort I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. EX. X.
Forschung Korpus Theorie Tieck Brentano Arnim Eichendorff Platen Theater Ausbück
XI 1 9 17 27 47 61 73 89 99 119
Bibliographie
123
Namenregister
133
Werkregister
137
Vorwort
Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist, wie es der Titel sagt, die Komödie der Romantik, aber nicht in jedem Sinne, sondern in dem einer Typologie und dem eines Uberblicks. Die vorgestellte Typologie exponiert zwei unterschiedliche Ausprägungen der romantischen Komödie, die der Mehrzahl der überhaupt in Frage kommenden Texte zugeordnet werden können, allerdings nicht allen, weshalb sich noch die Berücksichtigung einer dritten Kategorie als notwendig erweist. Die Bewährung der Typologie hat im Rahmen des Überblicks zu erfolgen, der auch deshalb so heißt, weil er nicht eine Folge exhaustiver Einzelinterpretationen zu geben beabsichtigt, vielmehr als eine Form diachronischer Reflexion konzipiert ist. Das dabei — nach vorausgehender Explikation - sich herausstellende Korpus romantischer Lustspiele wird durch die Automamen Tieck, Brentano, Arnim, Eichendorff und (mit einer gewissen Reserve) Platen bezeichnet. Gerade weil die Komödie der Romantik (wie das Drama der Romantik überhaupt) von Anfang an mit dem Vorwurf konfrontiert war, die Erfordernisse der Bühne ignoriert zu haben, sind auch die theatergeschichtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, was hier geschieht, ohne dadurch den Vorrang der literaturgeschichtlichen Interessen zu beeinträchtigen. Die vorliegende Untersuchung behandelt eine bestimmte Gattung (bzw. ein Genre oder Subgenre) in einer bestimmten Epoche. Deshalb fällt der Ausblick, der die Vergangenheit der Komödie mit der Gegenwart ihrer Wirkung zu verbinden hätte, verhältnismäßig knapp aus. Nicht jede Schrift, die sich unter einem bestimmten Aspekt einem zeitlich begrenzten Abschnitt einer Gattung widmet, ist verpflichtet, eine Fundamentaldefinition der in Rede stehenden Gattung zu liefern. Auch wird in den folgenden Kapiteln gerade diese Frage immer wieder einmal, am Beispiel und in abstracto, thematisch werden. Um gleichwohl eine vorläufige Orientierung anzudeuten, kann daran erinnert werden, daß XI
Komödien, im Gegensatz zum Emst der Tragödie, »durchaus scherzhaft«' sind bzw. wirken. Den Gegensatz zwischen Tragödie und Komödie ziehen die meisten Komödientheorien zur Explikation ihres Gegenstandes heran. Eine gewisse Abwechslung herrscht im Hinblick auf die Benennung des >ScherzhaftenKomödie< anzusehen sei,2 ist also ohne Einschränkungen (jedenfalls für unsere Zwecke) nicht zu akzeptieren. Wie gesehen sind mehrere Begriffs-Kandidaten möglich. Aus der Perspektive der Romantik und der Romantikforschung rückt der Witz' — bzw. das Witzige — in den Vordergrund, ohne dadurch die anderen Begriffe zu marginalisieren. Freilich ist der Wit2 hier in einem weiteren Sinne zu verstehen.' In der oben angeführten Definition August Wilhelm Schlegels fehlte der Bezug auf die genetische Zugehörigkeit der Komödie zum Drama, darüber hinaus, was aber bei der romantischen Komödie gerade ein Problem darstellt, zum Theater. Das Gesagte kann folglich so ergänzt werden, daß es heißt, Komödien seien >witzige Werke unter szenischen Bedingungen. Der Witz ist es, der von Fall zu Fall das zur Komödie gehörige Lachen veranlaßt/ Natürlich ist dabei nicht (oder nicht nur) an die
2
4
XII
August Wilhelm Schlegel, Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst, in: ders., Vorlesungen über Ästhetik 1 [1798-1803], hg. mit einem Kommentar u. einem Nachwort von Ernst Behler, Paderbom/München/Wien/Zürich 1989, S. 179781, hier S. 768: »Die Tragödie ist der höchste Ernst der Poesie, die Komödie durchaus scherzhaft.« Ulrich Profitlich, »Vorbemerkung«, in: ders. (Hg.), Komödientheorie. Texte und Kommentare. Vom Barock bis %ur Gegenwart, Reinbek bei Hamburg 1998, S. 11-18, hierS. 13f. Etwa so, wie es Friedrich Schlegel im Hinblick auf Shakespeares Stücke unternommen hat: »Komisches] πάθος ist der eigentliche Witz, le mot pour rire.« Friedrich Schlegel, Literarische Notizen 1797-1801. Literary Notebooks, hg., eingeleitet und kommentiert von Hans Eichner, Frankfurt/M./Berlin/Wien 1980, S. 125 (Nr. 1145). Siehe auch ebd., S. 96 (Nr. 791): »In der Kom[ödie] alle Arten des p[oetischen] Witzes verschmolzen, in der Sat[ire] unverschmolzen bei einander.« - Allgemein siehe Gerhard Kluge, Spiel und Wit\ im romantischen Lustspiel Zur Struktur der Komödiendichtung der deutschen Romantik, Diss. Köln 1963. Vgl. Volker Klotz, Bürgerlichts Lachtheater. Komödie, Posse, Schwank, Operette, Mün-
plötzliche Verwandlung einet gespannten Erwartung in nichts zu denken/ Vielmehr ist der Effekt des Witzigen hier so zu verstehen, daß mit ihm zugleich der Grund des von der komischen Handlung bewirkten >spielerischen< Welt- und Textverhältnisses benannt ist. Daß die Komödie den Zuschauer bzw. den Menschen bessere, wie Lessing meinte,' ist eine Auffassimg, die den Romantikern eher fremd ist, da es ihnen auf die Selbstermächtigung der Komödie ankommt. Aus dieser Perspektive hat Friedrich Schlegel das »Ideal des reinen Komischen« 7 avisiert, ohne zu vergessen, wie schwierig es ist, diesem Ideal in der Praxis zu entsprechen. Tatsächlich ist es nicht nur schwierig, im Lustspiel von den Widrigkeiten der Welt ganz abzusehen,' um so einen Zustand »reiner« Heiterkeit zu erzeugen, es liegt auch nicht immer in der Logik der Werke, da die intenti/) opens
mehrfach gerade darauf hinausgeht, dem Schönen das >Bittere
Typus< in Rechnung zu stellen ist, dessen Aufgabe darin besteht, jene Stücke unter seinem Rubrum zu versammeln, die sich einer distinkten Zuordnung entziehen. Da hier die Rede von einem >Typus< wegen der Unterschreitung des zu for12
13
Die konträre Sicht der Dinge entfaltet Jürgen Brummack, »Komödie und Satire der Romantik«, in: Europäische 'Romantik I, hg. v. Karl Robert Mandelkow, Wiesbaden 1982, S. 273-290, der gerade den Gegensatz zwischen Komödie und Satire in der Romantik zum Ausgangspunkt seiner Darstellung macht. — Siehe auch Kluge, Spiel und Witç im romantischen Lustspiel Ähnlich dann im oben zitierten Aufsatz (»Das Lustspiel der deutschen Romantik«, S. 186): »Das romantische Lustspiel ist nicht kritisches, typisiertes dichterisches Abbild einer fehlerhaften Wirklichkeit, sondern Postulat, Erfindung einer problemlosen, harmonischen, vom Menschen im Spiel zu bewältigenden Wirklichkeit, Postulat eines heiteren Lebens, in dem alle Verwirrungen gelöst werden können.« Freilich bedarf auch diese Perspektive der Korrektur, da von hierher ζ. B. Tiecks frühe Komödien, die zweifellos auch über satirische Impulse verfugen, nicht zu beurteilen wären. Prang erkennt nur die Satire, während Kluge dazu tendiert, nur das Spiel zu sehen. Die Lösung des Problems liegt noch auf anderem Gebiet, dem Brummack im übrigen sehr nahe kommt. Es geht indes nicht nur um eine abwägende Zuweisung beider Elemente, sondern auch um ihre strukturelle (Um-)Deutung. Siehe Horst Steinmetz, Das deutsche Drama von Gottsched bis Lessing. Ein historischer Überblick, Stuttgart 1987, S. 49ff. u. S. 62ff.; ders., Die Komödie der Aufklärung, Stuttgart 19783 (1966), S. 26ff. u. S. 48ff. 5
dernden Niveaus eindeutiger Merkmale nicht recht passen will, könnte man auch von einer xlritten Welt< sprechen, wie das Goethe und Schiller in anderem Zusammenhang getan haben. Goethe und Schiller meinten »[d]ie Welt der Phantasien, Ahnungen, Erscheinungen, Zufálle und Schicksale«, die vom Dramatiker und vom Epiker, wenngleich auf unterschiedliche Weise, im Anschluß an die physische und die sittliche Welt zur Anschauung zu bringen sei.14 Hier ist hingegen lediglich an einen diskursiven Ort zu denken, der die Möglichkeit gibt, diejenigen Komödien zusammenzufassen, die in einem bestimmten Sinne auch zur Romantik gehören, obwohl sie von der oben genannten Typologie nicht erfaßt werden. Es ist deshalb im folgenden, bescheidener, nicht von einer dritten Welt, sondern nur von einer dritten Kategorie die Rede. Die stärkere Theorie-Variante bestünde zweifellos darin, eine dritte Kategorie der romantischen Komödie gar nicht zuzulassen, da die zuvor genannten zwei Wege gerade festlegen, was unter einer typisch «omantische™ Komödie zu verstehen ist, Abweichungen folglich durch Nichtzugehörigkeit ausgezeichnet sind. Das ist zwar plausibel, fuhrt aber dazu, die Typologie über den Überblick zu stellen, obwohl der Überblick offenbar weiter reicht als die Typologie. Zwar soll gezeigt werden, daß die genannte Typologie die Spezifik der romantischen Komödie bezeichnet, gleichwohl ist anzuerkennen, daß das Phänomen der Romantik und der romantischen Komödie so komplexer Natur ist, daß auch andere Zuweisungen Sinn machen. Die schwächere Theorie-Variante berücksichtigt also, daß bestimmte Komödien mit Gründen der Romantik zugerechnet werden, obwohl sie weder zum parabatischen noch zum illudierenden Typus gehören. Die Gründe liegen dann auf anderen Gebieten, die nicht unbedingt komödienspezifisch sind, aber ebenfalls den (zugegebenermaßen nicht immer konsistenten) Gebrauch des Romantikbegriffs konstituieren, zum Beispiel den des Phantastischen, des Sinnlosen, des Mittelalterlichen usw. Um nun den typologischen Zugriff überhaupt plausibel erscheinen zu lassen, ist zunächst einmal zu klären, welches Textkorpus
14
6
Siehe Goethes Werkt. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden, hg. v. Erich Trunz, Bd. 12, München 19819, S. 249-251, hier S. 250 (»Über epische und dramatische Dichtung von Goethe und Schiller«).
hier in Betracht kommt. Anders gesagt, es ist zu fragen, an welche Stücke und Autoren wir denken, wenn wir von der Komödie der Romantik sprechen.15
Zur Bestimmung des Begriffsgebrauchs im allgemeinen und den zu beobachtenden Konventionen in der Forschung vgl. neuerdings Ulrich Profitlich, » b e schichte der Komödie«. Zu Problemen der Gattungsgeschichte«, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 116, 1997, S. 172-208. — Zur spezielleren Frage nach einer möglichen Distinktion zwischen Komödie und Lustspiel, die in der Forschung immer wieder einmal ventiliert wird, siehe etwa Hans Joachim Schrimpf, »Komödie und Lustspiel. Zur terminologischen Problematik einer geschichtlich orientierten Gattungstypologie«, in: Zeitschrift für dtutsche Philologie 97, 1978, S. 152-182. Zwar erschiene es verlockend - auch aus der Perspektive der Komödie der Romantik-, mit Otto Rommel (»Komik und Lustspieltheorie«, in: Deutsche Vierteljahrsschrift, für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 21, 1943, S. 252-286, hier S. 270f.) die >Komödie< für satirische und das >Lustspiel< für spielerische dramatische Formen zu reservieren, aber weder gibt es eine terminologische Tradition, auf die man sich hierbei beziehen könnte, noch besteht Aussicht, die Forschergemeinschaft zu dieser Sprachregelung zu überreden. Vorläufig scheint deshalb Schrimpfs ausgleichende Empfehlung weitgehende Zustimmung auf sich zu ziehen: »[...] wir tun am besten, wenn wir Komödie und Lustspiel als gleichberechtigte und austauschbare Namen für das komische Drama verwenden [...].« Ebd., S. 181. (Gänzliche Unentschlossenheit in dieser Angelegenheit demonstriert Martini, »Überlegungen zur Poetik des Lustspiels«, der jeweils die Formulierung »das Lustspiel und die Komödie« gebraucht.) 7
II. Korpus
»Was machen die Dichter selber?« Rattengift, in: Christian Dietrich Grabbe, Schen^ Satire, Ironie und tiefere Bedeutung (II/2)
Kann man das Korpus der romantischen Komödie benennen, ohne zuvor zu wissen, wodurch sich eine romantische Komödie auszeichnet? Dies wird kaum möglich sein. Allerdings wirft auch das Vorhaben einer zutreffenden Charakteristik ohne Kenntnis der in Frage kommenden Stücke emstzunehmende Probleme auf. Um diesen zirkulären Verhältnissen zu entgehen, konsultieren wir die Forschung, um so einen ungefähren Uberblick zu gewinnen. Der Überblick ist zunächst hypothetisch und also eventuell zu korrigieren. Ob es dazu kommt, wird sich bei den anschließenden Schritten, den Einzelbetrachtungen, herausstellen. Aus der Zahl der einschlägigen Arbeiten sollen hier fünf berücksichtigt werden. Danach ergibt sich das folgende Bild. Prang nennt: Tieck, Brentano, Arnim, Eichendorff, Körner und Rückert; Kluge: Tieck, Brentano, Arnim, Eichendorff; Brummack: Tieck, Brentano, Arnim, Eichendorff, Grabbe, Büchner, Hebbel; Catholy: Tieck, Brentano, Eichendorff; Fetzer: Tieck, Brentano und - mit einer gewissen Reserve - Eichendorff.1 Es wird folglich ein minimaler, ein maximaler und ein mittlerer Kanon vorgeschlagen, wobei sich in der Mitte ein ungefährer Konsens abzeichnet. Daß ausgerechnet Prang, der doch ansonsten gar keine nennenswerten romantischen Lustspiele kennt, die auch andernorts begegnende Liste um Kömer und Rückert vermehrt, verwundert, kann aber in unserem Zusammenhang vernachlässigt werden, da beide Autoren sich von den Innovationen der romantischen Poetik ganz femgehalten haben. Allenfalls ließe sich eine gewisse Vergleichbarkeit im Hinblick auf Rückert 1
Prang, Geschichte des "Lustspiels, S. 207f£; Kluge, »Das Lustspiel der deutschen Romantik«, S. 181-203; Brummack, »Komödie und Satire der Romantik«, S. 273290; Eckehard Catholy, Das deutsche Lustspiel. Von der Aufklärung bis ¡¡ur Romantik, Stuttgart 1982, S. 183-285; John Fetzer, »Das Drama der Romantik«, in: Romantik-Handbuch, hg. v. Helmut Schanze, Stuttgart 1994, S. 289-310.
9
und seine Napoleon-Komödie feststellen, da Rückert die Maßnahme ergriffen hat, ein teilweise deutlich phantastisches Personal (Engel, Drache und Storch) auf die Bühne zu bringen. Rückert hat allerdings sein Stück nicht zu Unrecht als »Politische Komödie« bezeichnet.2 Tatsächlich kommt sein allegorisch chiffriertes Anliegen (wenn ζ. B. der >Geist der Zeit< die Bühne betritt) der Entfaltung eines heiteren Spiels einigermaßen beschwerlich in die Quere. Immerhin hat Rückerts Stück den Vorzug, den Konventionalismus der trivialen Lustspielproduktion der Zeit zu vermeiden. Gerade dies läßt sich von Theodor Körner, der das einaktige Lustspiel in Alexandrinern zu seiner Spezialität gemacht hat, nicht sagen. Stücke wie Die Braut, Der grüne Domino oder Der Vetter aus Bremen sind derartig konventionell und moralisch durchsichtig, daß sie auf jeden Fall eher an Ifûand und Kotzebue erinnern als an Tieck oder Brentano. Ein Kennzeichen der romantischen Komödie besteht ja gerade darin, daß sie die Differenz zur zeitgenössischen Trivialliteratur vertieft und gelegentlich auch kommentiert. Die am häufigsten verspotteten Autoren in den romantischen Komödien (soweit sie sich mit solchem Spott befassen) sind deshalb Iffland und Kotzebue sowie, mit einer gewissen Verzögerung, die sog. Schicksalsdramatiker. Körners Lustspiele, die durchaus ihre Meriten haben, qualifizieren sich aus den genannten Gründen gerade nicht als >romantische< Komödien.3 Tatsächlich gibt Prang, der übrigens Körner ebensowenig gelten läßt wie Rückert, kein anderes Kriterium an als das einer gänzlich inhaltsleeren Zeitgenossenschaft. Vor diesem Hintergrund läßt sich allerdings das Korpus der romantischen Komödie leicht vermehren. Noch ausschweifender als Prang ist in dieser Hinsicht Brummack, insofern zum sich abzeichnenden Kanon noch Grabbe, Büchner und Hebbel hinzugerechnet werden. Problematisch ist hieran, daß niemand — auch kein Literaturhistoriker — ohne weiteres auf die Idee kommt, diese Autoren der Romantik zuzuordnen. Eine partielle Berechtigung kann dieser Annäherung indes deshalb zugesprochen werden, weil jeder dieser Autoren mindestens einmal an die Tradition des romantischen Lustspiels anknüpft oder anzuknüpfen scheint (Grabbe mit Seher^
3
10
Siehe Napoleon. Politische Komödie in drei Stücken von Freimund Ritmar [d. i. Friedrich Rückert], Erstes Stück. Napoleon und der Drache, Stuttgardt u. Tübingen 1815; Zweites Stück. Napoleon und seine Fortuna, Stuttgardt u. Tübingen 1818. Siehe Theodor Körner's sämmtliche Werke, hg. v. Karl Streckfuß, Vierte rechtmäßige Gesammt-Ausgabe in vier Bänden, 3. Bd., Berlin 1853.
Satire, Ironie und tiefere Bedeutung, Büchner mit Leonce und Lena, Hebbel mit Der Diamant). Allerdings handelt es sich eben jeweils nur um Anknüpfungen, während das Gesamtwerk in andere Richtungen weist. Zudem sind auch die einzelnen Titel nur mehr oder weniger deutlich mit der (in der Hauptsache durch Tieck und Brentano vertretenen) Romantik in Verbindung zu bringen. Bei Hebbel beschränkt sich die Vergleichbarkeit sogar großenteils auf den Prolog, in dem sich witzigerweise der Autor mit der Muse und der Aftermuse unterredet. Im Gegensatz zu dem von Tieck aufgestellten Vorbild tritt aber der Autor im Fortgang des Hebbelschen Lustspiels nicht mehr auf. Aufs Ganze gesehen scheint es deshalb gerechtfertigt, die genannten Autoren nicht dem Korpus der romantischen Komödie, sondern lediglich ihrer Wirkungsgeschichte zuzuordnen. Da es sich bei der hier verhandelten Frage nicht um substantielle Entitäten handelt, sondern um diskursive Konstruktionen, ist mit Abweichungen in beiden Richtungen zu rechnen, die ihrerseits zu erwägen sind. So unterbietet Catholy den bisher erreichten Stand, insofern er Achim von Arnim aus der Liste herausfallen läßt. Zu Unrecht, wie wir sagen würden. Zwar konfrontiert gerade Arnims Lustspielproduktion mit Schwierigkeiten der Zuordnung, andererseits gehört Arnim auf eindeutigere Weise zur romantischen >SchuleRomantische< den Nachteil, als Denomination fur alles Mögliche in Betracht zu kommen.6 Man kann dabei an den experimentellen Intellektualismus oder den magischen Idealismus denken, an das Mittelalter, das Christliche oder die Ironie. Entsprechend undeutlich oder willkürlich sind gelegentlich die Vorstellungen über die romantische Komödie. Der hier zu unterbreitende Vorschlag läuft darauf hinaus, die Komödien >romantisch< zu nennen, die eine parabatische oder illudierende Struktur ausprägen. Der Vorschlag hat den Vorteil, daß er ein strukturelles Kriterium an die Hand gibt, mit dessen Hilfe die Unterscheidung zwischen romantischen Komödien und anderen Komödien der Zeit getroffen werden kann. Ebenfalls erlaubt er die Sichtung der Geschichte des Lustspiels in Hinblick auf Vorläufer und Nachwirkungen. Zwar verdankt sich der Vorschlag auch Impulsen der Theorie, letztlich ist er aber das Resultat der Geschichte und ihrer theoriegeleiteten Betrachtung.
Schon hier kann angemerkt werden, daß eine zweite oder dritte Orientierung nicht nur die in Frage kommenden Werke, sondern auch die den Uberblick komplizierenden Besonderheiten vermehrt. So ist einerseits auf ein fragmentarisches (parabatisches) Lustspiel hinzuweisen, dessen Verfasser keine Einschlägigkeit für das Drama zu beanspruchen schien (siehe E.T.A. Hoffmann, Prinzessin Blandina. Ein romantisches Spiel in drei Aufyügen, in: ders., Fantasie- und Nachtstücke, hg. v. Walter Müller-Seidel, München 1976 [nach dem Text der Erstdrucke, unter Hinzuziehung der Ausgaben von Carl Georg von Maassen und Georg Ellinger], S. 713-747). Andererseits ist ein ausgeführtes (illudierendes) Lustspiel zu erwähnen, dessen Autor von der Geschichtsschreibung der Komödie bislang noch nicht wahrgenommen wurde (siehe Friedrich de la Motte Fouqué, Liebe und Streit, in: Dramatische Spiele von Pellegrin, hg. v. August Wilhelm Schlegel, Berlin 1804, S. 3-47; dazu Claudia Stockinger, Das dramatische Werk. Friedrich de la Motte Fouqués. Ein Beitrag %ur Geschichte des romantischen Dramas, Diss. Karlsruhe 1999, S. 43ff.). Eine Notwendigkeit, die Geschichte oder das Korpus der romantischen Komödie umzuschreiben, ergibt sich m. E. in beiden Fällen nicht. Immerhin ist unter exhaustiven Prämissen eine Erweiterung zu akzeptieren. Vgl. dazu den nach wie vor einschlägigen Aufsatz von Arthur Henkel, »Was ist eigentlich romantisch?«, in: Festschrift fitr 'Richard Alenyn, hg. v. Herbert Singer u. Benno v. Wiese, Köln/Graz 1967, S. 292-308. Neuerdings: Gerhard Schulz, Romantik. Geschichte und B e g r i f f , München 1996 (Beck'sche Reihe 2053).
12
Aus dem Gesagten ergibt sich das folgende Schema: Die Komödie der Romantik: Typologe I parabatisch
illudierend
Wie schon erwähnt, gibt es eine Reihe von Komödien, die den Rahmen der genannten Typologie sprengen, obwohl sie überwiegend von denselben Autoren stammen, die das Korpus der romantischen Komödie im engeren Sinne konstituieren. Es ist hier vornehmlich an Tieck zu denken, dessen stilistische Versatilität fast selbstverständlich dazu fuhrt, eine Vielzahl von Formen berücksichtigen zu müssen. Aber auch Achim von Arnim ist hier als eine Komplizierung der Theorie zu beachten. Da es nun m. E. in dem hinzukommenden Korpus keine vergleichbar allgemeinen und wirkungsmächtigen Strukturen gibt, scheint es angemessen, auf individualisierende Bezeichnungen vorderhand zu verzichten, um vielmehr den Sammeltitel einer xiritten Kategorie< als dénominateur généra! einer ansonsten sich entziehenden Vielfalt einzusetzen. Daraus ergibt sich die folgende erweiterte Typologie: Die Komödie der Romantik: Typologie II parabatisch
illudierend
>dritte Kategorie
dritten Kategorie< einzuzeichnen, ohne damit zu behaupten, daß nicht noch andere Namen und Rubriken gefunden werden könnten:
Die Komödie der Romantik: Typologie III parabatisch
perturbierend
illudierend
universalisierend
historisierend
mikrologisch
Zu den perturbierenden, alle Normen mutwillig über den Haufen werfenden Stücken gehören Tiecks Rotkäppchen, Blaubart und Däumchen. Die universalisierende Form ist, wie schon gesagt, mit Prin% Zerbino und Kaiser Octavianus vertreten, wobei wir von anderen Fortsetzungen dieses Typus hier absehen. Zu den historisierenden (oder konservierenden) Lustspielen ist etwa Der Stralauer Fisching von Achim von Arnim zu rechnen. Mikrologische Lustspiele (Schatten- und Puppenspiele) haben Arnim und Eichendorff verfaßt, wie noch genauer zu sehen sein wird. Wollte man weiter ins einzelne gehen, so ließen sich vielleicht noch assimilierende,
14
amalgamierende, kontaminierende, tianszendierende und revozierende Stücke anfuhren. Es scheint aber doch so zu sein, als sei hiermit eine Grenze der Typologie erreicht.7
Die an dieser Stelle vielleicht ebenfalls sich ergebende Frage, ob nicht eventuell auch Heinrich von Kleist mit dem Ampbittyon und dem Zerbrochnen Krug dem Korpus der romantischen Komödie zuzuordnen sei, habe ich an anderer Stelle erörtert. Siehe Uwe Japp, »Kleist und die Komödie seiner Zeit«, in: KleistJahrbuch 1996, S. 108-120. Der dort gegebene abschlägige Bescheid macht geltend, daß Kleist sich von den eigentlichen (parabatischen und illudierenden) Innovationen der romantischen Komödie ferngehalten habe. Auch die hier vorgestellte Typologie gibt m. E. keinen Anlaß zu einer Revision dieser Einschätzung. Die Literaturgeschichtsschreibung verfährt in der Regel so, daß sie Kleist jenseits oder diesseits der Romantik positioniert und damit seinen Sonderstatus bestätigt. Eine Ausnahme macht in dieser Sache Karl Holl, der in seiner Geschichte des deutschen Lustspiels Kleist dem Romantik-Kapitel inkorporiert hat. Allerdings gelangt auch er zu einem einigermaßen desillusionierenden Fazit: »Wohl gehört er [Kleist] also in Wesentlichem der Romantik an, aber seine Stellung in dem romantischen Kreis ist eine exzentrische.« Karl Holl, Geschichte des deutschen Lustspiels, Leipzig 1923, S. 228. In neueren Tagen hat auch Bernhard Greiner Kleists Lustspiele einem >Romantikschönen< Komödie ein erstes Mal bereits auf theoretischem Gebiet hervor, bevor dieser Sachverhalt dann mit geschichtlichen Gründen vertieft wird. Die Darstellung der Freiheit im allgemeinen wird durch das »Hinwegnehmen aller Schranken« bewerkstelligt.5 Das erscheint ein wenig mechanistisch; auch ahnt man nichts Gutes, da Schrankenlosigkeit selten nur schöne Freude oder schöne Fröhlichkeit zum Resultat zu haben pflegt, auch auf dem Gebiet der Kunst. Uber die Person, die weder inneren noch äußeren Schranken unterworfen ist und deshalb die vollkommene innere und äußere Freiheit darstelle, heißt es: »Dadurch daß sie im frohen Genüsse ihrer selbst nur aus reiner Willkür und Laune handelt, absichtlich ohne Grund oder wider Gründe, wird die innere Freiheit sichtbar; die äußre in dem Mutwillen, mit dem sie äußre Schranken verletzt, während das Gesetz großmütig seinem Rechte ent4
5
18
Schlegels Abhandlung beginnt mit dem beeindruckenden, universell anmutenden, aber bestimmter zu verstehenden Satz: »Nichts ist seltner, als eine schöne Komödie.« Ebd., S. 19. Wie im folgenden sogleich deutlicher wird, ist >schön< nicht das Attribut der Komödie schlechthin. Vielmehr wird hierdurch jener Bereich des heiteren Spiels bezeichnet, der von den satirischen bzw. bitteren Ausprägungen zu unterscheiden ist. Der entsprechende Gegensatz findet sich auch bei Rommel, wenn er »die Komik der Unzulänglichkeit und die Komik des übermütigen, bzw. heiter-überlegenen Spiels« als die beiden hauptsächlichen »Formen der Komik« (und der Komödie) herausstellt (Rommel, »Komik und Lustspieltheorie«, S. 261 f.; S. 270f.). Tatsächlich begegnet der Gegensatz im Zusammenhang der Komiktheorie allenthalben (ζ. B. auch bei András Horn, Das Komische im Spiegel der Literatur. Versuch einer systematischen Einführung, Würzburg 1988, S. 17 u. ö.), weshalb er auch — mit einer wichtigen Einschränkung — auf die Gegenüberstellung von parabatischen und illudierenden Lustspielen Anwendung finden kann. Zugleich gilt allerdings, daß auch die >bitteren< Stücke in einem bestimmten nämlich sehr allgemeinen — Sinne den Anspruch erheben, >schön< zu sein. Diese Zweideutigkeit ist es, die Schlegels Satz geeignet erscheinen läßt, als Motto zu fungieren. Friedrich Schlegel, »Vom ästhetischen Werte der griechischen Komödie«, S. 23.
sagt.«6 Im Grunde verträgt sich die Konzeption der >schönen< Komödie nur mit der inneren Freiheit, während die äußere Freiheit die polemischen Zwecke der Satire befördert, die Schlegel gerne fernhalten möchte, ohne dies letztlich zu vermögen. Schon daß die äußere Freiheit auf die Großmütigkeit des Gesetzes angewiesen ist, beleuchtet die prekäre Situation, in der die Komödie sich hier befindet. Wenn Schlegel (wie im folgenden noch deutlicher werden wird) die satirische Richtung der Komödie ablehnt, um vielmehr das Ideal der >schönen< Komödie zu etablieren, so reflektiert sich darin eine — in die altphilologische Lektüre versteckte - Verwerfung der Komödie der Aufklärung, deren didaktischer Zweckmäßigkeit die heitere Laune eines freien Spiels entgegengesetzt wird. Tatsächlich entspricht die Komödie der Aufklärung in vielem dem Zerrbild, das Schlegel im Zusammenhang seiner Aristophanes-Deutung von einer nicht-schönen Komödie entwirft. Sie ist vor allem (sofern sie nicht der komplementären Rührung nachgibt) satirisch, indem sie irgendwelche Fehler, Laster oder Grillen dem Mechanismus des Verlachens überantwortet, um dadurch eine allgemeine Distanzierung von solchen Fehlem zu bewirken. Dieser Mechanismus ist freilich keine Erfindung der Aufklärung, sondern findet sich mit entsprechenden Variationen bereits bei Plautus und Molière, eben weil hierin der augenscheinliche Konventionalismus der abendländischen Komödie begründet ist. Nun ist richtig, daß die romantische Komödie in offenem Widerspruch gegen die Aufklärungskomödie ihre Eigenart ausgebildet und bemerkbar gemacht hat. Und insofern könnte man sagen, daß Friedrich Schlegel bereits 1794 - also drei Jahre vor Erscheinen des Gestiefelten Katers - die theoretische Grundlegung dieser historischen Differenz geleistet habe. Das mag in Teilen so sein. Es trifft aber nicht zu, daß Schlegels Konzeption der >schönen< Komödie, wie er sie Aristophanes abgelesen hat, in der Gestalt der romantischen Komödie eine Entsprechung oder gar Wiederholung fände. Vielmehr ist eben einzusehen, daß auch die romantische Komödie über satirische Potentiale verfugt, wenngleich diese in andere Richtungen gehen mögen, als Gottsched dies für gut und richtig befunden hätte. Daß die Komödie der Romantik nicht der Verbindung mit der Satire würde entgehen können, ist indes schon aus Schlegels Aufsatz zu ersehen, der
6
Ebd.
19
sowohl den Höhepunkt der >schönen< Komödie als auch deren Verfall schildert. Beides findet sich im Werk des Aristophanes, indem dies einerseits als »Rausch der Fröhlichkeit«,7 andererseits als persönliche Satire begegnet.8 Schlegel zählt eine ganze Reihe von Fehlern auf, die Aristophanes begangen habe: ζ. B. den, daß er der Rohigkeit zur Darstellung verholfen habe, oder den, daß er in der Satire zu persönlich geworden sei, worunter bekanntlich besonders Euripides und Sokrates zu leiden hatten. Der erstgenannte Fehler betrifft die Schönheit, der zweitgenannte die Reinheit der Kunst. Ein weiterer Fehler wird im Zusammenhang mit der dramatischen Form ventiliert. Schlegel will aber nicht recht einsehen, daß es ein Fehler sei. Die Rede ist von der Parabase, die Schlegel gewöhnlich als Parekbase bezeichnet: »Der letzte Tadel ist nicht ohne Grund: nicht bloß in dem politischen Intermezzo, der Parekbase, wo der Chor mit dem Volke redete, sondern auch außerdem kommen in häufigen Anspielungen der Dichter und das Publikum zum Vorschein. Der Anlaß liegt in den politischen Verhältnissen der Komödie, aber eine Art von Rechtfertigung scheint mir auch in der Natur der komischen Begeisterung zu liegen. Diese Verletzung ist nicht Ungeschicklichkeit, sondern besonnener Mutwille, überschäumende Lebensfülle, und tut oft gar keine üble Wirkung, erhöht sie vielmehr, denn vernichten kann sie die Täu-
7 8
20
Ebd., S. 21. »Die Satire des Aristophanes ist sehr oft nicht poetisch sondern persönlich [...].« Ebd., S. 29. - Über das tatsächliche Ausmaß der Satire bei den Autoren der Alten Komödie, also insbesondere Aristophanes, heißt es bei Brauneck (im Anschluß an Geizer und Reinhardt): »Die früheste Form der literarischen Komödie ist politische Satire im umfassendsten Sinne. Die führenden Staatsmänner der Polis, bekannte Geschäftemacher und korrupte Beamte, die tragischen Dichter, die Philosophen, die Heroen und sogar die olympischen Götter - sie alle waren dem Spott der Komödie ausgesetzt. Dabei waren die Dichter schier hemmungslos in der Wahl ihrer Mittel. Schonungslose Bloßstellung und härteste Karikatur, gröbste Polemik und sarkastischer Witz, Parodie und Travestie bestimmten den Ton auf der Komödienbühne. Das dionysische Verlachen prangerte erbarmungslos an, wollte verletzen, kompromittieren, riß alle Schranken nieder und brachte den Gegner um Einfluß und Ansehen in der Polis.« Manfred Brauneck, Die Welt als Bühne. Geschichte des europäischen Theaters, Bd. 1, Stuttgart/Weimar 1993, S. 162. Siehe auch Th. Geizer, »Tradition und Neuschöpfung in der Dramaturgie des Aristophanes«, in: Aristophanes und die Alte Komödie, hg. v. Hans-Joachim Newiger, Darmstadt 1975, S. 283-316; K. Reinhardt, »Aristophanes und Athen«, in: Aristophanes und die Alte Komödie, S. 55-74; ferner Kenneth James Dover, Aristophanic comedy, London 1972. Allgemein: Bernhard Zimmermann, Die griechische Komödie, Düsseldorf/Zürich 1998.
schung doch nicht.«9 Was Schlegel hier am Beispiel der aristophanischen Komödie bespricht, ist zugleich (oder späterhin) ein auffalliges Merkmal der Komödie der Romantik. Zwar zeigen nicht alle romantischen Komödien dieses Merkmal; aber viele tun es. Und genau diese werden wir dem parabatischen Typus zurechnen. Der parabatische Typus dominiert in der Literatursatire, wie sie Tieck ab 1797 in rascher Folge hervorgebracht hat. Von Literatursatire ist hier deshalb die Rede, weil fortwährend Kotzebue, Boettiger und andere Autoren zum Gegenstand des Spotts gemacht werden, also auch hier die Satire persönlich wird, weiterhin, weil die Literatur- und Theaterverhältnisse als solche in den Vordergrund einer komisierenden Darstellung rücken. Diese Perspektive ist vorwiegend auf den Inhalt fixiert, weshalb hier von Fall zu Fall auch von Märchenkomödien gesprochen werden kann. Von der dramatischen Form ist hiermit aber noch nichts gesagt. Sie tritt vornehmlich als ein permanentes Aus-der-Rolle-Fallen in den Blick. Bei Tieck verhält es sich gewöhnlich so, daß der Schauspieler, der eine Rolle agiert, aus der Rolle fällt, um als Schauspieler zu sprechen, oder so, daß der Schauspieler, der den Neptun spielt, zugleich der Direktor des Theaters, in dem das Stück gespielt wird, ist und in der Folge nicht nur als der Gott des Meeres sich vernehmen läßt, sondern gelegentlich, wenn etwa die Handlung des Stücks nicht voranrückt oder das Publikum unruhig wird, sich als Prinzipal einschaltet usw. Weitere Eigentümlichkeiten der parabatischen Dramaturgie sind im Auftritt des Autors, des Maschinisten, des Souffleurs und natürlich des Publikums zu sehen. Im Grunde handelt es sich darum, daß zwei differente Wirklichkeitsebenen, die von einer dritten überwölbt und eingefaßt werden, vermittels eines Kippmechanismus in Beziehung gebracht werden. Die erste Ebene ist das Spiel, die zweite das Schauspiel, die dritte die Komödie. Indem nun der Schauspieler aus der Rolle fällt, wechselt er aus dem Spiel ins Schauspiel, bleibt aber in der Komödie. Mit anderen Worten, es findet wohl eine Art Desillusionierung oder Illusionsstörung statt, aber nicht so, daß die Illusion aufgehoben oder zerstört würde, vielmehr so, daß die Illusion gesteigert wird. So meint es ja auch Schlegel, wenn er von der »Parekbase« sagt, sie erhöhe die Wirkung, da sie die Täuschung
Schlegel, »Vom ästhetischen Werte der griechischen Komödie«, S. 30. 21
nicht vernichten könne.10 Bei Aristophanes war die Parabase ein bestimmtes dramatisches Institut, gebunden an den Chor und seine Funktionen. In der Komödie der Romantik wird die Parabase aus ihrer Bindung an den Chor befreit und tritt als struktureller Ermöglichungsgrund allfälliger Komik in Erscheinung. Eine ihrerseits komisierende Würdigung des antiken Vorbildes kann man darin sehen, daß die romantische Komödie gelegentlich chorische Elemente (ζ. B. in der Rolle des Publikums) dem turbulenten Geschehen anverwandelt. Die Turbulenz des Geschehens ergibt sich aus dem beständigen Ebenenwechsel und dem damit verbundenen Hin und Her, das zugleich für die charakteristische Geschwindigkeit dieser Stücke verantwortlich zu machen ist. Ein gewisser Halt in der Turbulenz liegt darin, daß man sich nicht in einer wahllosen Vielfalt von Ebenen verliert, sondern jeweils erneut mit dem Effekt der (dramatischen) Selbstbezüglichkeit konfrontiert wird. Soweit zunächst zum parabatischen Typus der romantischen Komödie. Die Notwendigkeit, hier einen zweiten Typus darzustellen, ergibt sich daraus, daß im oben avisierten Korpus manche Lustspiele vorkommen, die wohl verschiedene Beziehungen zum parabatischen Typus unterhalten, andererseits eklatant von diesem abweichen, mit dem Zusatz, daß manche Autoren sowohl dem einen als auch dem anderen Typus zum Ausdruck verholfen haben. Es ist hier vornehmlich an Brentanos Ponce de Leon, an Eichendorffs Freier und an mehrere Komödien Achim von Arnims zu denken. In diesen Stücken kommt es nicht zu einem beständigen Aus-der-Rolle-Fallen, folglich findet auch kein andauernder EbenenWechsel statt, und schließlich gibt es keine vergleichbar auffällige selbstbezügliche Thematisierung der Komödie in der Komödie. Vielmehr hält sich die Handlung in einer - freilich fiktiven - Wirklichkeit auf. Wenn diese Stücke gleichwohl einen ähnlich turbulenten Eindruck machen (insbesondere im Vergleich mit den >langsameren< und durchschaubareren Aufklärungskomödien), so liegt dies daran, daß ihre wesentlichen Elemente die Täuschung und das Spiel sind, weshalb wir hier kurz (im doppelten Sinne des lat. illudo) von illudierenden Lustspielen sprechen können. Die Täuschung läuft auf die verwirrenden und bindenden Wirkungen der Intrige hinaus. Man kann deshalb hier den Typus der Intri10
22
Mit ähnlichen Konsequenzen hat Schlegel auch die Ironie als eine »permanente Parekbase« bezeichnet. Vgl. dazu Uwe Japp, Theorie der Ironie, Frankfurt/M. 1983, S. 186f. P a s Abendland - Neue Folge, Bd. 15).
genkomödie als das strukturbildende Muster ansehen. Das Spiel ist in mehr oder weniger direkter Anknüpfung an die commedia dell'arte und in einem mehr oder weniger wörtlichen Sinne Masken-Spiel." Das Spiel der Masken befördert den Einblick in die Diversität der Person und ihrer Identität. Von hierher ergibt sich eine Verbindung zur Charakterkomödie. Tatsächlich ist es so, daß sich im illudierenden Typus der romantischen Komödie die Formen der Intrigen- und der Charakterkomödie berühren; vorausgesetzt, es lasse sich zwischen diesen Formen jederzeit systematisch unterscheiden, was z. B. Brentano nach eigener Auskunft nicht konnte.12 Die Intrigen der Aufklärungskomödien haben in der Regel die Endarvung eines Fehlers und - wenn möglich - die Verbesserung des betreffenden Menschen zur Absicht. Davon ist in der romantischen Komödie nur wenig zu merken. Charakteristischerweise spielt auch das aufklärungsspezifische Verlachen allenfalls eine Nebenrolle. Wie denn das konträr-komplementäre Weinen der comédie larmoyante überhaupt keine Rolle spielt. Wenn es nicht jeweils aufs Heiraten hinausliefe,13 könnte man annehmen, daß das Spiel auf gar nichts hinauslaufe, daß es sich selbst genüge. Auf dieser Bahn kommt das illudierende Lustspiel der Romantik offenbar der >schönen< Komödie, wie sie Schlegel von Aristophanes hergeleitet, aber in seinem Werk nur vorübergehend verwirklicht gefunden hat, sehr nahe. In der Tat fehlt in den hier einschlägigen StükVgl. dazu am Beispiel Hanna H. Marks, »>Maskenrecht, Menschenrecht!< Die Demaskierung der Spielmetapher in Brentanos >Ponce de LeonLustspiel< ist eine antiromantische Veranstaltung, mit dem Ziel, die frühromantischen Ideen durch die Konfrontation mit einer biederen Moral ad absurdum zu fuhren. Im Stück funktioniert das so, daß die Reden des negativen Protagonisten, der bis ins Äußerliche hinein Friedrich Schlegel gleicht, fast ausschließlich aus Zitaten aus dem Athenäum und der huande bestehen.6 Man versteht sogleich, daß die Braut und das vakante Oberforstmeisteramt einem anderen zuteil werden müssen. Demgemäß triumphiert am Schluß ein Kotzebuesches Familiengemälde, während der Vertreter der »heutige [n] Bildung« ins Tollhaus verwiesen wird. Gegen diese etwas simple Attacke mobilisierte August Wilhelm Schlegel seinen gelehrten Witz, der aber insgesamt mehr die Gelehrsamkeit und weniger den Witz zum Vorschein brachte, obwohl dies gelegentlich auch anders gesehen wird.7 Schlegels Ehrenpforte fallt aber auch deshalb aus dem hier avisierten Zusammenhang heraus, weil die dramatische Form in diesem mit den verschiedensten Formen spielenden Text nur eine Nebenrolle spielt. Von Brentano her gesehen, ist die Ehrenpforte ohnehin auf einem Nebenschauplatz angesiedelt, da es keine direkten Bezugnahmen gibt, sondern nur eine gemeinsame Veranlassung und eine übereinstimmende Aversion. Hinzu kommt, daß Brentano nicht beim Hyperboreischen Esel
von Kotzebue bey seiner gehoffien Rückkehr ins Vaterland. Mit Musik. Gedruckt Anfange des neuen Jahrhunderts, Braunschweig 1800. Die ganze Kontroverse ist seit einiger Zeit in dem folgenden Band dokumentiert: Die ästhetische Prügeiey. Streitschriften der antiromantischen Bewegung, hg. von Rainer Schmitz, Göttingen 1992. Gewöhnlich wird behauptet, die Friedrich Schlegel-Karikatur in Kotzebues Hyperboreischem Esel spreche »durchaus« (so der Kommentar in: Clemens Brentano, Werke, 4. Bd., hg. v. Wolfgang Frühwald u. Friedhelm Kemp, München 19782, S. 905) mit den Worten der Gebrüder Schlegel. Das trifft genau genommen nicht zu, da Kotzebue sich die Erleichterung verschafft hat, verschiedene Passagen nach eigener Erfindung einzuschieben. Vgl. z. B. das Gespräch zwischen Karl und dem Baron, in dem Karl dem Baron mitteilt, er (der Baron) existiere »gar nicht«: Kotzebue, Der hyperboreische Esel, S. 33. So behauptet z. B. Marianne Thalmann in ihrer auch ansonsten eher eigenwilligen Arbeit: Provokation und Demonstration in dir Komödie der 'Romantik. Mit Grafiken den Literaturkomödien von Tieck, Brentano, Schlegel, Grabbe und %um Amphittyon-Stoff, Berlin 1974, daß Brentanos Satire von vornherein im Schatten, »den A.W. Schlegels Ehrenpforte vorauswarf« (ebd., S. 70), gestanden habe. Dagegen spricht etwa Roger Paulin — m. E. zu Recht — von der »erschütternd unkomischen Satire Ehrenpforte und Triumphbogen«. Siehe Roger Paulin, Ludwig Tieck. Eine literarische Biographie, München 1988, S. 115. Freilich findet Paulin auch keine freundlicheren Worte für Brentanos Gustav Wasa. 48
stehengeblieben ist, sondern sich noch ein weiteres Werk Kotzebues, parodierend und travestierend, anverwandelt hat: eben den Kotzebueschen Gustav Wasa, dessen Titel Brentano gleich mitübernommen hat.8 Insgesamt kann gesagt werden, daß Brentanos Gustav Wasa eine zweifach gestaffelte Hypotext-Struktur aufweist, da einerseits auf den Spuren des Hypertonischen Esels die Schlegelschen Fragmente und die Lucttide aufgerufen werden, andererseits über den Kotzebueschen Gustav Wasa hinaus, gewissermaßen sich von diesem abstoßend, Tieck, Schiller, Jean Paul und zahllose andere Autoren und Texte in den Text hereingezogen werden. So in etwa ist es um die intertextuellen Verhältnisse des Brentanoschen Stücks bestellt. Man muß allerdings befürchten, daß auf diese Weise der Anschein struktureller Klarheit mit einem Stück in Zusammenhang gebracht wird, das sich auf der Ebene seiner horizontalen Extension mit allen nur denkbaren Mitteln darum bemüht, das dramentheoretische (und -praktische) Postulat der Kohärenz zu verabschieden. Überwiegend handelt es sich bei diesen Mitteln um Anwendungen des parabatischen Prinzips. Das beginnt mit dem Anfang, den Brentano als eine Fortsetzung des Hyperboreischen Esels ausgibt. Die Illusion bewährt sich auch eine Weile, insbesondere weil man beschließt, in die Komödie zu gehen, wo aus Anlaß des Vermählungsfestes ein Stück (Gustav Wasa) aufgeführt werden soll. Das Stück habe der Herr von Kotzebue (»unser aller Vater«) bei dieser Gelegenheit sehr schnell erfunden.9 Genau genommen hat aber das Personal des Kotzebueschen drastischen Dramas nur anderthalb Seiten lang Gelegenheit, in halbwegs geschlossener Formation zu agieren, da
9
Siehe August von Kotzebue, Gustav Wasa. Ein Schauspiel in fünf Aufsogen, 1801, in: Theater August v. Kotzebue, 13. Bd., Leipzig u. Wien 1841, S. 3-184. Die kunstferne Intention Kotzebues erhellt bereits aus dem Vorbeiicht. Hier heißt es: »Meine Absicht war, zu bewirken: daß jeder Leser oder Zuschauer, wenn er auch vorher in seinem Leben nichts von Bayard oder Gustav Wasa gehört hätte, nach Endigung des Stücks völlig mit den wahren Hauptbegebenheiten des Helden bekannt sein solle. Geschieht dies, so habe ich meinen Zweck erreicht.« (Ebd., S. 6.) Es handelt sich folglich um eine Art Geschichtsunterricht für unvorbereitete Leser. Die betonte Nüchternheit der Vorrede muß allerdings im Schauspiel selbst einem dermaßen hochgeschraubten Pathos weichen, daß Brentanos Spott gerade hieran einen seiner wirksamsten Anknüpfungspunkte finden konnte. Clemens Brentano, Gustav Wasa, in: Sämtliche Werke und Briefe. Historisch-Kritische Ausgabe, hg. v. Joachim Behrens, Wolfgang Frühwald, Detlev Lüders, Bd. 12, Dramen I, hg. v. Hartwig Schultz, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1982, S. 1-180, hier S. 4. 49
der Schauplatz sich zunächst in eine Bibliothek verwandelt, dann in einen öffentlichen Garten, dann in eine Mooshütte, femer in ein Gasthaus, schließlich in ein Schauspielhaus. Insgesamt vergeht bis zum Beginn der in Aussicht gestellten IFeja-Handlung ungefähr die Hälfte des Stücks. In dieser Hälfte ist der parabatische Mechanismus gewissermaßen zu sich selbst gekommen. Man könnte auch von einer gänzlichen Verselbständigung sprechen. Eine irgendwie feststellbare Handlung ist jedenfalls nicht länger zu bemerken, so daß der für Tieck charakteristische Kippmechanismus in eine gleichsam rotierende Bewegung auszuarten scheint. Der Bezug auf Tieck wird übrigens mehrfach ausdrücklich hergestellt, so in der Garten-Szene, in der an den Garten der Poesie aus dem Zerbino erinnert wird.10 Ohne einen anderen Zusammenhang als den des Wortspiels wird bei dieser Gelegenheit gleich noch die Figur des Rektors Excerpino eingeführt, die aber gerade mit Tieck keine Ähnlichkeit hat, vielmehr als eine Fortschreibung des von Tieck (im Gestiefelten Kater) verspotteten Bötticher bzw. Böttiger anzusehen ist. Damit ist der engere Bezirk der Literatursatire betreten, der ansonsten natürlich in der Bibliotheksszene, in der die sich lebhaft unterredenden Bücher dem Topos der Bücherschlacht angenähert werden, ausführliche Berücksichtigung findet. Tatsächlich ist der literatursatiiische Impuls ein durchgehender Effekt des Brentanoschen Stücks: insbesondere dort, wo der Herr von Kotzebue auftritt oder kommentiert wird." Im Gegenzug werden dann mit Tieck und Schlegel (von dem die hucinde genannt wird) die Vertreter der Romantik aufgeboten. Merkwürdigerweise läßt Brentano auch »zwey Jünger der Transzendentalität, die noch nicht hinüber gekommen sind«, auftreten, um diese in einem Stil sprechen zu lassen, der nicht von ungefähr an den Galimathias erinnert, den Kotzebue seiner Schlegel-Karikatur in den Mund gelegt hatte.12 Es scheint unnötig, hierin eine kritische Reserve des Autors zur anderen Seite hin erblicken zu wollen. Vielmehr liegt es nahe, Brentano den Mutwillen zuzutrauen, auch in diesem Genre brillieren zu wollen. Ohnehin wird aus dem Werk keine tendenziöse Parteischrift, weil über dem durchscheinenden Gegensatz ein gelegentlich gänzlich unsach-
10 11
12
50
Ebd., S. 38. Siehe z. B. ebd., S. 60, 107,146, 180. - S. 174 findet sich noch eine leicht verklausulierte Anspielung auf den Namen des satirisierten Dichters, indem »EINER« daran erinnert, daß die Römer die Tür des Schauspielhauses »vomitoria« nannten. Siehe ebd., S. 125.
liches Tohuwabohu aus Stimmen, Meinungen, Personen, Orten, Handlungen und Gegenständen errichtet wird. Mit einem Wort, Brentanos Stück tendiert zur Verselbständigung der Teile und der Form. Das macht sich dadurch bemerkbar, daß einzelne Szenen zusammenhanglos aufeinander folgen, indem (wie bei Tieck) eine Symphonie eingeschoben wird oder (ebenfalls wie bei Tieck) der ansonsten durchgehaltene Dialog sich in den Lyrismus gereimter Kurzverse auflöst. Als eine bemerkenswerte Manifestation der Emanzipation des Unsinns wird man den Auftritt jenes Mädchens in der Bibliotheks-Szene werten dürfen, das in die ebenso turbulente wie gelehrte Diskussion über literarische Grundsatzfragen, an der sich unter anderen Seneca, Ovid, Properz, Cicero, Julian Apostata und Kotzebues Stücke beteiligen, hineinruft: »Heda! herbei! ich heirathe euch alle.«" Eine gewisse Stabilisierung des Geschehens stellt sich ein, indem das Schauspielhaus zum vorherrschenden Schauplatz avanciert. Zugleich ergibt sich natürlich hierdurch wiederum die größte Annäherung an das Tiecksche Vorbild. Dies bewährt sich dann auch im zweiten Teil, in dem die eigentliche B^aw-Handlung exekutiert wird, mit dem entscheidenden Unterschied, daß die wie auch immer in sich diversifizierte Handlung nicht oder nur unwillig an ein Ende gefuhrt wird. Obwohl Brentano sich anfangs relativ eng an den Kotzebueschen Text anlehnt und auf diese Weise mit Gustav Wasa von Lübeck bis nach Schweden kommt, bricht er den Fortgang dann einigermaßen willkürlich ab, so daß die eigentlichen Hauptbegebenheiten des Befreiungskampfes der Schweden gegen die Dänen gar nicht zur Sprache kommen. Gemessen am Aufbau des funfaktigen Kotzebueschen Schauspiels ist Brentano nur bis ungefähr an das Ende des zweiten Aktes gelangt. Als Begründung wird in Brentanos Stück — im Gespräch mehrerer Zuschauer mit dem Verfasser — um sich greifende Langeweile und allgemein werdende Müdigkeit genannt.14 Die verbleibenden Dialoge sind dann einem parabatischen Crescendo gewidmet, an dem außer den genannten Personen noch ein Ich, ein Theatergeist und ein mathematischer Punkt teilnehmen. Was die parabatische Struktur der aufgeführten IFaw-Handlung angeht, so besteht sie zunächst darin, daß ebenfalls auf der Bühne anwesende Zuschauer sich be13 14
Ebd., S. 12. Die entsprechende Regieanweisung zieht daraus die Konsequenz: »Es schläft alles ein.« Ebd., S. 160. 51
ständig kommentierend in das Geschehen einschalten und so den bekannten Kippmechanismus in Gang setzen. Ein weiterer parabatischer Effekt kann darin gesehen werden, daß bei Brentano ein - Kotzebue nicht, wohl aber Tieck - bekannter Kater in die Handlung eingreift und diese begleitet, bis er vorläufig in einer Baßgeige verschwindet, um dann auf Reisen zu gehen. Aufs Ganze gesehen kann man sagen, daß Brentano das parabatische Prinzip bis ins Extrem gesteigert hat, obwohl er gelegentlich einen etwas langen, manchmal sogar gänzlich verselbständigten Anlauf nimmt. Die Nähe zu Tieck dokumentiert sich insbesondere im zweiten Teil, in dem streckenweise von einer an Tieck orientierten Kontrafaktur des Kotzebueschen Schauspiels gesprochen werden kann. Die Differenz zu Tieck tritt hingegen stärker im ersten Teil mit der von Kotzebue ganz absehenden Verselbständigung der Teile und der Form hervor. Ebenfalls ist hier die verhinderte bzw. abgebrochene Durchführung zu erwähnen, während Tieck ja selbst seine turbulentesten Komödien mit einer durchinstrumentierten Abrundung versehen hat.15 Eine weitere Eigenart Brentanos besteht darin, auch Dinge (Bücher, Waldhörner, Lampen, Spinnräder etc.) reden zu lassen, während Tieck sich weitgehend auf Menschen und Tiere beschränkt hat. Auch in dieser Sache, der Torpedierung des Wahrscheinlichkeitsprinzips, hat es sich Brentano offenbar zugetraut, der Tieck des Tiecks zu sein. Brentanos Gustav Wasa ist aus den genannten Gründen nicht nur eines der unregelmäßigsten Dramen der Weltliteratur, sondern zugleich ein Höhepunkt einer jeden parabatischen Lustspielproduktion. Ganz am Schluß scheint selbst Brentano einlenken zu wollen, indem er das Personal des Hyperboreischen Esels noch einmal auftreten läßt; es wird ihm aber keine Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben.16 Brentanos Gustav Wasa ist zuerst in einem Band mit dem Titel Satiren und poetische Spiele erschienen. In einer »Selbstanzeige des Gustav Wasa« hat der Verfasser die satirische Richtung seines Werkes noch gesondert 15
16
52
Die hier zugrunde liegende Subvertierung der Idee des Werkganzen (der Einheit) markiert vermutlich die weitestgehende Entfernung des jungen Brentano von einer >regelmäßigen< Poetik. - Die Herausgeber der Werkt betonen hingegen Charaktermerkmale. In Abgrenzung von der »reifere[n] Begabung« A.W. Schlegels heißt es über Brentano: »Brentano aber hält nicht still: Er schüttelt Kotzebue ab, noch ehe er ihn recht aufgeladen hat. Er muß den Kotzebue des Kotzebue hinmalen, um ihn dem Gelächter preiszugeben.« Brentano, Wtrke, 4. Bd., S. 908. »(Es zieht ein Leichenbegängniß vorüber mit Fackeln, alle Personen aus Pagina 58 des Hyperboreischen Esels gehn mit)«. Brentano, Gustav IVasa, S. 179.
hervorgehoben, unter anderem mit der Suggestion, daß es in Zeiten, in denen allerorten die Klage über die Vernachlässigung dieser Gattung zu hören sei, besonders erfreulich sein müsse, »einen Dichter zu finden, der keineswegs in einem passiven Verhältniß mit der Satire steht.«17 Die vielleicht noch allzu zurückhaltende Ankündigung wird im folgenden zum hyperbolischen Versprechen, indem der Verfasser mitteilt, daß in seiner Schrift »endlich einmal wieder die Geißel der Satire von einem kraftvollen Arme geschwungen« werde.18 Tatsächlich wird der Kotzebueschen Dramenproduktion eine herbe — und nicht immer vornehme — Abfuhr erteilt. In der Hauptsache sind es die routinierte Epigonalität und die erstaunliche Trivialität der in Rede stehenden Stücke, die den Spott auf sich ziehen. Verschärfend kam hinzu, daß Kotzebue, was die Bühnenwirksamkeit anging, fraglos Erfolg hatte, mehr jedenfalls als die Satiriker auf seinen Fersen. Gerade deshalb ist in den nicht nur witzigen Repliken so viel vom Publikum die Rede. Es muß seine Unsicherheit in Geschmacksfragen auf der Bühne noch einmal vorführen — und durchleiden. Am Schluß des Brentanoschen Wasa wird den Zuschauern mit großer Eindringlichkeit klargemacht, daß in einem Schauspielhaus, in dem ein Stück von Kotzebue aufgeführt wird, nicht gut sein ist. Nicht nur der allgemein werdenden Müdigkeit, von der schon die Rede war, ist hier zu gedenken, vielmehr kommen sogar synästhetische Effekte mit ins Spiel, die allerdings wenig angenehmer zu sein versprechen." Der zunehmende »Dampf« auf der Bühne, der (wie man hört) von ein paar hundert verbrennenden Seelen aus Kotzebues Bayart herrühren soll, vertreibt endlich das Publikum aus dem Schauspielhaus und führt so den Schluß des Brentanoschen (und in der Fiktion auch Kotzebueschen) Gustav Wasa herbei. Merkwürdigerweise ist aber im Text von Gustav Wasa gar nicht mehr die Rede (weder als Rolle noch als Titel), vielmehr ist unversehens ein anderes historisches Schauspiel aus Kotzebues Feder - eben der zuvor erwähnte und ungefähr gleichzeitig mit dem Wasa erschienene Bayart — in den Vordergrund des Interesses gerückt. Die letzten (von einem »Ich«) gesprochenen Worte des Brentanoschen Stücks sind deshalb auch
17 18
Clemens Brentano, »Selbständige des Gustav Wasa«, in: Sämtliche Werke und Briefe, Bd. 12, Dramen I, S. 923. Ebd. »(Man hört hinter der Szene wimmern und stöhnen, ein erstickender Bratendampf zieht übers Theater.)« Brentano, Gustav Wasa, S. 178. 53
auf den Titelhelden dieses Schauspiels (und nicht etwa, was immerhin auch denkbar wäre, auf den Verfasser) zu beziehen.20 Der erstaunliche Gegenstandswechsel macht nun ein letztes Mal darauf aufmerksam, wie >locker< die Textur der Brentanoschen Satire konzipiert und durchgeführt ist. Wenn der Satire in der Regel sogar ein didaktischer Impuls zugetraut wird, so wird dieser von Brentano mindestens ebenso regelmäßig zugunsten einer Verselbständigung des Unsinns und vor allem immer wieder einer Exponierung des parabatischen Prinzips, das - gemäß dem Tieckschen Vorbild — zeigt, wie die Bühne mit sich selbst Scherz treiben kann, aufgegeben.21 Wenn man den Gustav Wasa mit Ponce de Leon vergleicht, so ist es, als hätte Brentano kurz innegehalten, um dann die Gegenrichtung einzuschlagen. Der parabatische Mechanismus wurde konsequent vermieden. Es gibt keine Unterbrechungen, Desillusionierungen, Kippmechanismen, es treten keine Autoren und Schauspieler (als Schauspieler) auf. Und es werden im Stück keine Bemerkungen über das Stück gemacht. Anstelle abrupter Sprünge gibt es hier feingesponnene Verwicklungen, die freilich im Laufe der Handlung dermaßen subtile Muster und doppelfädige Verweisungen ausbilden, daß der Uberblick momentweise verloren gehen kann. Brentano läßt aber nichts liegen, hebt vielmehr noch die verstreutesten Texturen wieder auf und bringt so mit einem phantastischen dénouement alles zum guten Ende. Sogar das Schema der Fünfaktigkeit hat Brentano respektiert und durchgeführt, womit offenbar eine gewisse Regelmäßigkeit und vielleicht sogar ein verhaltener Klassizismus in das Lustspiel hereinkommt. Es verwundert deshalb nicht, wenn man vermutet hat, Brentano habe sich in diesem Falle taktisch verhalten, indem er die Erwartungen der Weimarer Kunstrichter antizipiert und in vorauseilender Übereinkunft seinem Werk anverwandelt habe.22 Man sollte solche Spekulationen nicht überschätzen, schließlich weist auch Shakespeares As you ¡ike it (in der von Brentano benutzten Übersetzung) eine fünfaktige Struktur auf, obwohl natürlich gerade Shakespeare kein Garant für regelmäßige Dramen im strengen Sinne ist. Wichtig ist, daß 20 21
22
54
»O Kotzebue, Kotzebue, Gott sei der armen Seele gnädig!« Ebd., S. 180. Zum Beispiel: Theatergeist »Wohl dem Hause! Heil der Pause!« Ebd., S. 119. Leute: »He, Dichter heraus! Verfasser heraus! Schriftsteller heraus!« Ebd., S. 166. Hier meint man gleichsam das Tiecksche »Maschinist hierher!« zu hören, aber charakteristischerweise verdreifacht. Vgl. Holl, Geschichte des deutschen Lustspiels, S. 221 f.
Brentano mit Ponce de Leon den anderen Typus der romantischen Komödie, den wir den illudierenden nennen, ausgeprägt hat. Definitionsgemäß stehen damit die Intrige und das Spiel im Vordergrund. Intrigen gibt es im Ponce mehrere, sogar nach Graden der Bedeutsamkeit gestaffelt, insofern Sarmiento die alles einfädelnde und auflösende Hauptintrige zugeschrieben werden muß, während Ponce und Aquilar sowie Porporino und Valeria noch verschiedene Nebenintrigen betreiben. In allen Fällen geht es dabei nicht ohne umständliche Verkleidungen, Verwechslungen und Verwandlungen ab. Bei der Intrige ist allgemein vorauszusetzen, daß der Intrigant (oder die Intrigantin) die anderen Akteure auf dem Wege der Insinuation und Täuschung zur Erreichung seiner Zwecke in eine bestimmte Richtung lenkt, wobei letztere das Manöver nicht von Anfang an durchschauen. Auf der Seite des Intriganten ist also das Bewußtsein und der Uberblick, während die Intrigierten, zumindest zeitweise, im Dunkeln tappen. Gelegentlich ist dies sogar wörtlich zu verstehen, wie etwa in Calderóne La dama duende, einer comedia, in der die gemeinte Struktur, wie die Romantiker sehr wohl wußten, paradigmatisch ausgeprägt ist.23 Um die (ebenfalls mögliche) tragische Konsequenz der Intrige abzuwenden, bedarf es in der Komödie, wie sich von selbst versteht, einer gegenläufigen Aufhellung, die sich, wenn auch die allgemein werdende Transparenz bis zum Schluß aufgespart werden sollte, in der vergleichsweisen Artifizialität des Geschehens (und in der Typenhaftigkeit der Charaktere, wenn wir uns dieser paradoxen Formulierung bedienen dürfen) bekundet. Die Intrige wird deshalb nicht mit der letzten Konsequenz des Kampfes, sondern mit der Leichtigkeit des Spiels betrieben, wobei es sogar gelingen kann, den Kampf in Spiel zu verwandeln. Die Intrige ist ein bewährtes und deshalb traditionsreiches Instrument der Komödie. Häufig erscheint sie allerdings in restringierter Gestalt, gleichsam monokausal und linear auf ein Ziel gerichtet. Davon ist die virtuosere Form der Intrige abzuheben, die sich dadurch auszeichnet, daß eine Intrige eine andere oder mehrere Gegenintrigen hervorruft, so daß ein gewisser Pluralismus der Täuschungen und Vertauschungen in das Werk hereinkommt. Man versteht, daß damit die Intrige dem Spiel auf solche Weise angenähert wird, daß sie selbst spielerische Züge zeigt. Gerade 23
Vgl. Werner Brüggemann, Spanisches Theater und deutsche Romantik, Bd. 1, Münster 1964. Ferner Douglas Hilt, »The Reception of the Spanish Theatre in European Romanticism«, in: Gillespie, Romantic Drama, S. 17-34, hier S. 21 ff. 55
diese Verbindung von Intrige und Spiel kennzeichnet die Struktur des Ponce de Leon. Die Funktion des Spiels in Brentanos Lustspiel wird auf mindestens zweifache Weise -wirksam.24 Einmal dadurch, daß das Personal des Stücks durchgehend damit beschäftigt ist, sich und anderen etwas - insbesondere Rollen, aber auch ganze Handlungen - vorzuspielen, so auf dem Maskenball in Sevilla und so auf dem Gut Sarmientos. Andererseits tendiert eben Brentanos zweites Lustspiel überhaupt zum Spielerischen, indem es sich von satirischen, politischen oder moralischen Referenzen femhält, um vielmehr die Möglichkeit freier Heiterkeit auf der Bühne zu statuieren. Die Frage ist freilich, ob und inwieweit dies gelingt. Goethe und Schiller wollten offenbar das Gelingen nicht bestätigen, obwohl die von Schiller verfaßte Preisaufgabe, auf die hin Brentano sein Stück geschrieben und eingesandt hat, dem gemeinten Sachverhalt durchaus nahekam. Wenn Schiller »die reine Komödie, das lustige Lustspiel« auf den deutschen Bühnen vermißte,25 dann ging seine Argumentation, zumindest ex negativo, in eine ganz ähnliche Richtung, wie sie Brentano von der Seite der Praxis her avisiert hat. Brentano hat es ja durchaus vermocht, die sittlichen Rührungen und pathetischen Aufgipfelungen der sentimentalischen Komödie zu vermeiden, um vielmehr jener »moralische [n] Gleichgültigkeit« zuzuarbeiten, die Schiller als Ideal vorschwebte.26 Wenn es gleichwohl nicht zu einer Annäherung der Standpunkte kam, so lag dies vermutlich erstens an den von Brentano ins Extrem getriebenen Wortspielen, zweitens an der die Handlung depotenzierenden Selbstermächtigung der Sprache überhaupt.27 Goethes knappes Antwortschreiben mo24 25
26 27
56
Die Bedeutung des Spiels für Brentanos Ponce de Leon betont insbesondere Kluge, Spiel und Wit^ im romantischen Lustspiel, S. 25. Friedrich Schiller, »Dramatische Preisaufgabe«, in: Schillers Werke. Nationalausgabe, hg. v. Julius Petersen u. Hermann Schneider, Bd. 22, Vermischte Schriften, hg. v. Hermann Meyer, Weimar 1958, S. 326-327, hier S. 326. Ebd. Ein besonders instruktives Beispiel für das inflationär gebrauchte Wortspiel gibt Porporino in der Szene 1/13, da er hier sogar mit dem Tod seinen Scherz treibt, allerdings doppelt 'maskiert', einmal als Grazioso oder Harlekin, sodann durch einen »spöttisch-klägliche[n] Ton«: »Oh, Ach, Oh! wie ist das menschliche Geschlecht mit Uebeln behaftet, wie mancherley sind die Plagen, die über den Menschen verhängt sind, mit verhängtem Zügel reitet man dem Tode entgegen; - ja, Alles ist Verhängniß einer höheren Hand, denn erhängt sich einer, so muß seine Hand den Strick höher hängen als seinen Kopf; ja, es ist ein verhenkertes Leben, und selbst die Gerechtigkeit verhänkt sich, wenn sie einen Unschuldigen aufhängen läßt. So tröstet euch mit diesem allgemeinen Elend über euer Kopfweh.«
nierte ja in der Hauptsache die Untauglichkeit der eingeschickten Lustspiele für das Theater,28 weshalb es naheliegt, eine konstatierte Asymmetrie zwischen Handlung und Sprache als den eigentlichen Ablehnungsgrund anzunehmen. Vom Wasa her gesehen, erkennen wir darin die erneute Neigung Brentanos, einer spezifischen Verselbständigung der Form Raum zu geben (während er die Teile nunmehr besser unter Kontrolle hat). Schiller hatte in seinem Auslobungstext noch eine andere Forderung anhängig gemacht, derzufolge das einzusendende Lustspiel ein Intrigenlustspiel zu sein habe - und kein Charakterlustspiel. Die entsprechende Unterscheidung besagt, daß im Intrigenstück die Charaktere nur wegen der Begebenheiten da seien, während es sich im Charakterstück umgekehrt verhalte. Die Unterscheidung leuchtet unmittelbar ein, schwierig ist die Durchführung. Brentano selbst ergriff deshalb die geschickte Maßnahme, gegenüber Goethe sogleich einzugestehen, daß er gar nicht bestimmt wisse, was ein Intrigenstück sei.29 Obwohl die Frage auch in der neueren Forschung nicht unstrittig ist, scheint doch Brentanos Lustspiel so beschaffen zu sein, daß eine Zuordnung zum Charakterstück kaum vertreten werden kann. Denkt man dabei, wie es Schiller nahelegt, an Moliere, so leuchtet ein, daß Brentano einem Vergleich mit den handlungsdominanten Figuren dieses Autors nicht entgegenkommt. Allenfalls könnte man sagen, daß sich Ponce aufgrund seiner melancholischen Disposition zum Charakter qualifiziere.30 Dagegen spricht allerdings sowohl seine Teilhabe am allgemeinen Maskentreiben als auch die eklatante Vorhersehbarkeit seines Tuns. Er gleicht in dieser Hinsicht schon ein wenig dem Automaten, in den er bei Büchner verwandelt wird. Schließ-
28
29 30
Clemens Brentano, Ponce dt Leo/t, S. 390. - Als Beispiel für die zum Lyrismus tendierende Sprachermächtigung kann Ponces Rede über den Schlaf, die Ehre und die Liebe gelten. Ebd., S. 426f. (II/3). Goethe an Brentano, 16. Okt. 1802, in: Goethes Briefe, hg. v. Karl Robert Mandelkow, Bd. 2, Hamburg 1964, S. 438. - Zu Goethes Reaktion sowie zur Interpretation seiner Einschätzung des Ponce überhaupt siehe auch Gerhard Schulz, Dit deutsche Literatur ^wischen Französischer Revolution und Restauration. Erster Teil. Das Zeitalter der Französischen Revolution 1789-1806, München 1983 (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart, begr. v. Helmut de Boor u. Richard Newald, Bd. 7/1), S. 547. Brentano an Goethe, Sept. 1801. Briefe an Goethe, hg. v. Karl Robert Mandelkow, Bd. 1, Hamburg 1965, S. 367. Sarmiento über Ponce: »Er ist der beste von allen; er ist doch melancholisch.« Brentano, Ponce de Leon, S. 441 (11/10). 57
lieh ist es nicht sein Charakter, der ihn mit Isidora zusammenbringt, sondern die Intrige. Indes ist es vermutlich besser, an diesem Punkt einzulenken, da eine resdose Unterscheidung zwischen Intrige und Charakter in der Lustspielpraxis kaum gelingen mag.31 Ohnehin ist die Kategorie der Intrige oder des Intrigenstücks allein zu mechanisch, um die Eigenart des Brentanoschen Lustspiels zu ermessen. Es ist hier die Bedeutung des Spiels - im Sinne des illudierenden Lustspiels — hinzuzuziehen und gegenwärtig zu halten. Dann erst ergibt sich die Richtung, die Brentano mit seinem zweiten Lustspiel eingeschlagen hat. In diese Richtung weist auch ein Hinweis, den Brentano in der »Vorerinnerung« zum Ponce gegeben hat. Hier heißt es: »Ich strebte damahls, das Komische und Edlere hauptsächlich in dem Muthwill unabhängiger, fröhlicher Menschen zu vereinigen, und um diesen Muthwill als Element in ihnen vorauszusetzen, habe ich ihre Sprache durchaus frey und mit sich selbst in jeder Hinsicht spielend gehalten.«32 Wenn Brentano fortfahrt, er habe dabei kein Muster als die Fröhlichkeit seines Herzens gehabt, so trifft dies nicht ganz zu, denn zumindest sind in diesem Zusammenhang Gozzi und Shakespeare zu erwähnen, auf die Brentano seinerzeit Goethe in seinem Begleitschreiben eigens aufmerksam gemacht hatte. Ohnehin wird niemand für möglich halten, daß jemand den traditionsreichen Figurenapparat der commedia dell'arte, den Brentano in seinem Stück ja zweifellos benutzt, allein in seinem Herzen zu finden vermöge.33 Was hingegen die eigentliche Deutung seiner Intentionen angeht, so kommt Brentano damit— Mutwille unabhängiger, fröhlicher Menschen, die Sprache frei und spielend gehalten - der Figuration des illudierenden Lustspiels auffallend nahe. Nähert er sich damit möglicherweise auch der Konzeption der Schlegelschen »schöne[n] Komödie«? Die For-
31
32 33
58
Ähnlich Marks, »>Maskenrecht, Menschenrechtk Die Demaskierung der Spielmetapher in Brentanos >Ponce de LeonFaß ohne Reifen< ähneln mögen.4 Allein die ersten beiden Teile der Schaubühne enthalten elf Dramen, von denen mindestens sechs ins komische Fach gehören; sieben, wenn man Die Appelmänner, die zumindest im Wirtshausbereich über lustspielhafte Partien verfugen, hinzurechnet.5 Weiterhin ist der Stralauer Fisch^ug zu erwähnen, der aus historischen und lokalen Gründen eine gewisse Berühmtheit erlangt hat,6 obwohl er zur Geschichte des Lustspiels wenig Neues beiträgt. Arnim hatte eine Vorliebe für Misch- und Kleinformen wie die Posse, das Schattenspiel, das Hanswurstspiel usw. Zu diesem Teil seines dramatisch-komischen Œuvres gehören Jann's erster Dienst, Das Loch, oder das wiedergefundene Paradies, Herr Hanrei und Maria vom langen Markte, Der wunderthätige Stein — und, wie gesagt, mit Einschränkungen bzw. überhaupt nur zu Teilen Die Appelmänner. Als eigentliche Lustspiele, die auch Arnim so genannt hat, bleiben: Der Stralauer Fisching, die Mißverständnisse und Die Capitulation von Oggersheim. Eine andere Anordnung der Amimschen Lustspiele ergibt sich aus der Perspektive des Phantastischen, das gewissermaßen ein Erkennungszeichen der Amimschen Dramaturgie ist. Das Phantastische exzelliert in den Appelmännern, aber auch im Schattenspiel Das Loch. Die Mißverständnisse markieren hingegen das andere Extrem einer realistisch-konventionellen Handlungsfuhrung. Tatsächlich erinnern Arnims Mißverständnisse in manchen Zügen an Tiecks ähnlich gelagerte Theegesellschafi. Die Capitulation von Oggersheim hält hier in etwa die Mitte, insofern sie eine historische Begebenheit darzustellen vorgibt, diese aber durchaus mit phantastischen Elementen tingiert.7 Da Die Capitulation von Oggersheim außerdem das Lustspiel Arnims ist, das
4 5
6
62
S. 615-620, hier S. 620. - Siehe auch Ulshöfer, Die Theorie des Dramas in der deutschen 'Romantik, S. 146. Siehe Burwick, Achim von Arnims Verhältnis %ur Bühne und seine Dramen, S. 1. Siehe Achim von Arnim, Die Appelmänner. (Ein Puppenspiel), in: ders., Sämmtliche Werke, Bd. IV (6,7), Schaubühne I ». II, Hildesheim/Zürich/New York 1982, S. 139-224, hier S. 167ff. und S. 222ff. Vgl. Holl, Geschichte des deutschen Lustspiels, S. 253. Vgl. dazu Gerhard Falkner, Die Dramen Achim von Arnims. Ein Beitrag %ur Dramaturgie dtr Romantik, Zürich 1962 (Zürcher Beiträge zur deutschen Literatur und Geistesgeschichte, Bd. 20), S. 203ff.
(eine gewisse Reserve Arnims in Sachen Typologie immer vorausgesetzt) dem illudierenden Typus mit größtmöglicher Deutlichkeit zustrebt, soll es hier näher betrachtet werden. Arnim hat Die Capitulation von Oggersheim im Untertitel als ein »Heroisches Lustspiel in drei Aufzügen« ausgewiesen. Natürlich ist damit sogleich eine Unregelmäßigkeit bzw. ein Regelverstoß annonciert, denn nach den Maßgaben der normativen Gattungspoetik haben Heroen und heroische Handlungen im Lustspiel nichts zu suchen. Es sei denn, es handle sich um falsche Helden, wie den miles gloriosus, die dann mit einer gewissen Regelmäßigkeit den Spott auf sich ziehen. Arnim hat es noch anders gemeint. Sein Protagonist, der Schafhirte Hans Warsch, ist tatsächlich eine Art Held, da es ihm gelingt, die von den verängstigten Bürgern verlassene Stadt vor der Einnahme durch die anrückenden Spanier zu schützen. Der politische Bezug auf die Befreiungskriege, den Arnim zur selben Zeit auch in anderen Stücken thematisch gemacht hat, scheint unmittelbar durch und macht es sogar möglich, dem durchgängig heiteren und gelegentlich auch albernen Geschehen eine realistische Nutzanwendung zu entnehmen. 8 Die politische Dimension bleibt zwar, wenn man sie einmal wahrgenommen hat, während die Handlung voranschreitet, gegenwärtig, sie steht aber nicht im Vordergrund, der vielmehr von den Verwicklungen und Lösungen des komischen Spiels eingenommen wird. Da Warsch außer von seiner Frau Simonette und seinem Sohn Lorenz keine Unterstützung hat, greift er zu der List, hinter dem geschlossenen Stadttor die Fiktion einer verteidigungsbereiten Truppe zu inszenieren. Damit läuft natürlich zunächst alles auf Täuschung, Verstellung und Verkleidung (und viel Lärm) hinaus. Die Täuschung kann allerdings, da sie auf zu kurzen Beinen steht, nur zwei Aufzüge lang durchgehalten werden. Dann kommt es doch zum Einmarsch der Spanier, dem aber durch die pünktliche Einmengung einer aberwitzig gewordenen poetischen Gerechtigkeit der Stachel genommen wird. (In einer Übergangs- oder Schwellenszene sehen wir allerdings zuvor noch Hans Warsch als Wöchnerin verkleidet im Kindbett, mit einem Schaf, das einen Säugling vorstellen soll, im Arm.) Die eigentliche Lösung wird in
Darauf, daß Die Vertreibung der Spanier am Wesel im Jahr 1629 als ernstes Gegenstück zur Capitulation von Oggersheim anzusehen sei, verweist Lothar Ehrlich, Ljidung Achim von Arnim als Dramatiker. Ein Beitrag Geschichte des romantischen Dramas, Diss. Halle 1970, S. 178f. 63
Form einer komisierten Anagnorisis-Szene herbeigeführt, ähnlich wie in Brentanos Ponce de Leon übrigens, in dem sich Sarmiento schließlich als Porporinos Vater zu erkennen gab. In Arnims >heroischem Lustspiel· stellt sich heraus, daß Don Pedro von Corduba, der Anführer der spanischen Streitkräfte, Hans Warschs Schwiegervater ist.9 Gleichsam zur Verstärkung der familiären Sphäre, in die nun alles verschoben wird, bringt eine einmündende Nebenhandlung an den Tag, daß Don Pedros zwischenzeitlich verschollener Sohn mit Hans Warschs Schwester Einigkeit erzielt hat, den Bund fürs Leben zu schließen — jenen Bund also, den Don Pedro formaliter versäumt hat. Einer friedlichen Einigung steht nun jedenfalls nichts mehr entgegen. Und so kommt es zu der ebenso überraschenden wie grotesken Lösung, daß Don Pedro von Corduba, da Hans Warsch partout bei seinen Schafen bleiben will, beschließt, ebenfalls Schäfer zu werden.10 So in etwa entrollt sich der Handlungsfaden des Stücks, wenn man davon absieht, daß Arnim noch verschiedene mehr oder weniger umfangreiche Nebenhandlungen und Motive angeschlossen hat, so mit dem betrügerischen Advokaten und dem schläfrigen Bürgermeister, so mit dem biederen Franz und der ökonomischen Sybille usw. Um dem Stück gerecht zu werden, ist aber gerade auf diese Dinge zu achten, wie auch auf die formalen und stilkritischen Eigenheiten, die dem Stück noch eine andere Dimension hinzugewinnen. Wollte man das Stück aus dieser Perspektive vorläufig charakterisieren, so könnte man sagen, es handle sich um ein >gemischtes< Stück, ausgezeichnet durch überbordenden Groteskhumor mit parodistischen und phantastischen Tendenzen, aufruhend auf einer durchgeführten Intrigenhandlung mit satirischen (Verlach-) Elementen. Als Beispiel für den Groteskhumor kann die schon angeführte Übergangs- oder Schwellenszene III/1 dienen." Auch die Szene mit den beiden Bürgermeistern in den Waagschalen der großen Stadtwaage würde sich anbieten. Oder der Auftritt des mit Honig gefe-
10 11
64
Warsch: »Ach, Herr, nun merk ich erst den Pfiff, ich seh so was von Euch im Bilde. Am Ende sind wir gar Verwandte, — da steckt nur Euren Degen ein.« Achim von Arnim, Die Capitulation von Oggersheim, in: Sämmtliche Werke, Bd. IV (6,7), Schaubühne I u. II, Hüdesheim/Zürich/New York 1982, S. 225-348, hier S. 337. Pedro: »So werd ich Schäfer auch mit Dir [...]« Ebd., S. 343. Vgl. auch Burwick, Achim von Arnims Verhältnis ^ur Bühne und seine Dramen, S. 158.
derten Predigers von Lambsheim. Oder Warschs Rasur ohne den Barbier. Ein parodistischer Ton kommt in das Stück mit der Schäferthematik hinein. Ahnlich wie in Tiecks Verkehrter Welt wird die anakreontische Schäferpoesie durch Kontrastierung oder Umkehrung ins Reale bzw. Vulgäre verspottet. Arnim spitzt diesen Zusammenhang zu, indem die verliebten Schäfer und Schäferinnen sich im Zuge ihrer Liebeshändel ausgerechnet über die sachgemäße Zubereitung von Schafskäse streiten.12 Eine abgründigere parodistische Tingierung könnte Arnims >heroischem Lustspiel< abgelesen werden, wenn für möglich gehalten würde, daß die Parodie sich auch auf das heroische Trauerspiel bezöge. Dann müßte freilich zugleich angenommen werden, daß Arnim sich selbst parodiert habe, da er ja das Thema der Befreiungskriege sowohl im komischen als auch im tragischen Genre behandelt hat. Der Text eröffnet diese Perspektive, gibt aber keine expliziten Hinweise. Explizit oder manifest ereignet sich das Phantastische in Arnims Stück. Allerdings nur an einer einzigen Stelle, dort nämlich, wo es Mathilde gelingt, das Feuer des brennenden Hammelstalls kraft ihrer Jungfräulichkeit auszublasen.13 Einen zusätzlichen antimimetischen Aspekt erhält das Stück durch die gereimte Prosa14 und die allenthalben eingestreuten Lieder.15 Die durchgeführte Intrige sodann ist auf solche Weise mit Maskierungen und Ausflügen ins rein Spielerische versehen, daß der illudierende Mechanismus sich erkennbar abzeichnet, wenn er auch nicht eindeutige Kontur annimmt. Von der »schönen Komödie« in Schlegels Sinn ist Arnims Lustspiel ohnehin durch die politischen Implikationen distanziert. Weiterhin wird der von Schlegel avisierte Äther der Heiterkeit durch die real- und literatursatinschen Effekte, die Arnim seinem Stück inkorporiert hat, gestört. In der erstgenannten Hinsicht ist etwa wiederum an den betrügerischen Advokaten zu denken, überhaupt an den Egoismus und die Feigheit der Einwohner von Oggersheim. Was hingegen die literatursatirische Rich12
13 14
15
Arnim, Oit Capitulation von Oggershtim, S. 276. — Die Interessen der Einwohner von Oggersheim sind auf solche Weise mit ihren Schafen verbunden, daß Don Pedro sich zu der Bemerkung veranlaßt sieht: »Ist's doch, als ob Ihr hier die Schafe wie heilige Thiere verehrt [...].« Ebd., S. 320. Ebd., S. 313. Sybille: »Bleib doch bei mir, sei doch kein dummes Thier, verschlag Dir nicht Dein Glück, geh nicht zu ihr zurück [...]« usw. Ebd., S. 301 (II/4). - Pedro: »Ich schwelgte in dem Uberfluß mit innigem Verdruß, sie gab mir ihre Noth nicht kund, sie schien verschwunden von dem Erdenrund.« Ebd., S. 337 (III/4). Siehe ebd., S. 248f., 255, 269f., 278f., 308,314,316f., 324Í, 327f., 347f.
65
tung des Stücks anbelangt, so ist denkbar und m. E. auch sehr wahrscheinlich, daß die gänzlich überstrapazierte Familienhandlung in Arnims Stück (inklusive Anagnorisis und Hochzeit) als Ganze - bzw. als Systemreferenz — auf das stereotype Kotzebue-Ifflandische Familiengemälde (mit wiedergefundenen Vätem und Töchtern), das ja auch in Tiecks Lustspielen eine ständige Zielscheibe des Spotts abgibt, gerichtet ist. Wie es bei Systemreferenzen, im Gegensatz zu Einzeltextreferenzen, zu gehen pflegt, ist die Beibringung von Belegen schwierig. Immerhin gibt es in der Capitulation von Oggersheim eine Stelle, die es nahelegt, den genannten Zusammenhang herzustellen. Im Zuge der Verhandlungen hält Warsch die folgende Ansprache an den vor dem Tor postierten Don Pedro: »Ich grüße den Herrn Bruder vor dem Thore, es scheint derselbe ziehe gelindere Saiten auf. Allzu scharf macht schartig. Ich übergebe nur auf Gnade und Ungnade, wenn das Schnupftuch in der Tasche brennt.«16 Die redensartliche Wendung nun in Warschs Peroration ist zugleich Titel und Zitat. Als Titel verweist sie auf Ifflands gleichnamiges Schauspiel aus dem Jahr 1794. Als Zitat wird ein Bezug zum Epilog des Gestiefelten Katers hergestellt, in dem der König (offenbar nicht in seiner eigentlichen Rolle) hinter dem Vorhang hervortritt und für den nächsten Tag die Wiederholung der Vorstellung ankündigt. Auf das allgemein werdende Pochen hin tritt er nochmals vor und sagt: »Morgen — Allzu scharf macht schartig.«17 Dies ist es, wie der begeisterte Applaus zeigt, was das Publikum hören wollte. Zugegebenermaßen ist der eingestreute literatursatirische Effekt bei Arnim nicht so deutlich wie in der parabatischen Urszene der Tieckschen Komödie. Aber das gilt eben für Arnim überhaupt: daß seine Lustspiele die Zuordnung erschweren und in einer Art zurückgenommener Schwebe verharren. Aus typologischer Sicht ist immerhin festzuhalten, daß Arnim mit der Capitulation von Oggersheim dem illudierenden Typus erkennbar zugearbeitet hat. Arnim hat sich aber auch, wenngleich zurückhaltend, auf parabatischem Gebiet bewegt, insbesondere im Schattenspiel Das Lach, das schon aus genetischen Gründen diesem die Selbstbezüglichkeit des Lustspiels exponierenden Typus nahesteht. In Arnims ganz auf die Engfuhrung gesellschaftlicher Dinge mit phantastischen Effekten abgestellten
16 17
66
Ebd., S. 292. [TieckJ Der gestiefelte
Kater, S. 140.
Stück, dessen pointierte Schlußgebung den Kaiser mit seinem Kanzler in ihrer eigenen Regierungsmaschine verschwinden läßt, begegnet das parabatische Prin2ip nur an wenigen Stellen. Zu den herausragenden dürfte aber jene Stelle gehören, an der der Ritter vorschlägt, den »zerstückten Rath« zu verzehren, worauf die Kaiserin antwortet: »Nein, das ist gegen alles Gefühl, / Menschenfleisch ekelt selbst im Schattenspiel.«18 Gemäß der phantastischen Tendenz des Stücks wird der Rat später wieder zusammengesetzt, allerdings nicht ganz richtig. Mit dem Rat verbindet sich, insofern er seinem Rang nach der Kanzler des Rhabarberlandes ist, die satirische Tendenz des Stücks, die dem Staat, den Gesetzen und der anmaßenden Willkür des >Regierens< gilt. Der Rat ist aber zugleich von Hause aus und als Person (sofern von einer solchen zu sprechen ist) der »Kasper« des Personen- bzw. Schattenverzeichnisses, womit also das Stück, das in erster Linie als Schattenspiel ausgewiesen ist, daneben oder darüber hinaus an die Posse und — nomen est omen — an das Kasperletheater angrenzt:" Da es in Arnims Stück zudem sprechende Tiere in großer Zahl und sogar einen >leibhaftigen< Teufel gibt, kommen auch Elemente des Märchens und der Märchenkomödie in die dramatische Konfiguration herein, die schließlich aus Gründen der Extension und der Zugehörigkeit auch noch dem mikrologischen Typus zuzuordnen ist. Verglichen mit der Capitulation von Oggersheim sind die phantastischen und antimimetischen Anteile in Das Loch deutlich vermehrt, eine strukturelle Übereinstimmung besteht indes darin, daß Arnim auch hier die Heiterkeit des Spiels mit dem spezifischen Gewicht einer politischen Thematik verbunden hat.20 In der Hauptsache ist hierbei natürlich an die Regierungsmaschine zu denken, deren metaphorische Zurüstung als ein direkter Gegensatz zu den Interessen der Menschen und der Mensch18
20
Siehe A c h i m y . A r n i m , Das Loch oder das wiedergefundene Paradies. Eiη Schattenspiel, in: Sämmtliche Werke, Bd. IV (6,7), Schaubühne I u. II, H i l d e s h e i m / Z ü r i c h / N e w
York 1982, S. 1-51, hier S. 27. Vgl. auch S. 51. Die Zugehörigkeit zum Schattenspiel bestätigt Georg Jacob, Geschichte des Schattentheaters, Berlin 1907, S. 130f., mit einem Hinweis auf Achim von Arnim, »der 1813 das Inclusa-Motiv in einem Schattenspiel >Das Loch oder das wiedergefundene Paradies< behandelte.« Siehe Dorothea Streller, Arnim und das Drama, Diss. Göttingen 1956. - Siehe auch das Nachwort des Herausgebers in: Ludwig Achim von Arnim, Das Loch odtr Das witdergefundene Paradies. Ein Schattenspiel. — J o s e p h v o n Eichendorff, Das Incognito odtr Die mehreren Könige oder Alt und Neu. Ein Puppenspiel, hg. v. G e r h a r d
Kluge, Berlin 1968 (Komedia. Deutsche Lustspiele vom Barock bis zur Gegenwart, hg. v. Helmut Amtzen u. Karl Pestalozzi, Bd. 13), S. 69-105.
67
lichkeit beeindruckt. Dies gilt nicht nur allgemein, sondern auch speziell, insofern der Kaiser es über der Beschäftigung mit seiner Maschine bislang versäumt hat, die Ehe zu vollziehen, weshalb die Kaiserin darauf besteht, mit ihrem Gemahl »nicht vermählt« zu sein.21 Die allgemeine Richtung der satirischen Tendenz zeigt sich hingegen, wenn der Kaiser und sein Kanzler beschließen, die quietschenden Räder der Regierungsmaschine mit dem Fett der Untertanen zu schmieren.22 Da weiterhin verabredet wird, die Verarmten unter die Fahnen zu stecken, um sie dort »fiir's Vaterland billig bluten« zu lassen, wird sogar die deutlichere Sprache der Fürstenkritik vernehmbar. Die im folgenden ergriffene Maßnahme versteigt sich hingegen in Regionen des Absurden, ohne dabei den Kontakt zur Real-Politik ganz aufzugeben. Das mit einem Würfelwurf herbeigeführte Gesetz zur Besteuerung des Lichtputzens ist zwar an sich nicht recht ernstzunehmen, die damit einhergehende Kritik an der Willkür der Gesetzgebung stimmt jedoch nachdenklich, insbesondere, wenn man die zügige Vermehrung der Überwachungsorgane mitberücksichtigt.23 Tatsächlich ist die politische Dimension des Arnimschen Schattenspiels nicht ephemer, sondern radikal, da die Handlung letztlich auf die Vernichtung der Regierungsmaschine und der mit ihrer Hilfe ausgeheckten »unnütz[en] Gesetz^]«24 hinausläuft. Freilich läßt sich die gegen den willkürlichen Staat ausgespielte politische Organisationsform nicht mit Sicherheit aus dem Text herauslesen, da sich an das satirisch vermittelte Regime des Kaisers die mit zahlreichen Wundern ausgestattete Utopie einer >Menschheit ohne Menschen< anschließt. Daran, daß das Schiff des Ritters und der Kaiserin von Engeln »gegen den Wind«25 an Land gezogen wird, erkennt man Arnims ganz eigenartige >vertrauensvolle< Paradiesvorstellung, die der entsprechenden Konzeption Kleists diametral entgegengesetzt ist. Bei Kleist ist bekanntlich das Paradies verriegelt, und man müßte »die Reise um die Welt« machen, um zu sehen, »ob es viel-
21 22
24 25
68
Arnim, Das Loch, in: Sämmtlichi Werkt, Bd. IV (6,7), S. 15. Ebd., S . l l . Kaiser: »Und über den Aufseher setzen wir zwei, / Damit er thut seine Pflicht dabei.« Ebd., S. 12. - Da der Kanzler (bzw. Kasper) hinzufügt, die zu besetzenden Stellen werde er mit seinen »guten Gesellen« anfüllen, kommt offenbar auch noch Korruption ins Spiel. Ebd., S. 50. Ebd., S. 48.
leicht von hinten irgendwo wieder offen ist.«26 Bei Arnim hingegen braucht sich der Ritter nur auf sein Schiff zu begeben, um binnen kürzester Frist von »höhere [r] Hand« an die Küste zurückgeführt zu werden, die sich inzwischen in das »wiedergefundene Paradies« verwandelt hat. Was sich hierin geltend macht, ist die für Arnim charakteristische Sicherheit des Vertrauens. Bei Kleist fehlt diese Sicherheit, und gerade deshalb erscheint er, auch dramen- und lustspielgeschichtlich gesehen, als der modernere Autor.27 Allerdings ist auch das für Arnim zentrale Vertrauen nicht ohne skeptische Tingierung, wie daran zu sehen ist, daß das Paradies, um Paradies sein zu können, erst von den Menschen verlassen sein muß.28 Damit es in Arnims Stück zum Übergang von der politischen Satire zur utopischen Paradiesvorstellung kommen kann, ist — und hiermit nähern wir uns wieder den typologischen Implikationen des romantischen Lustspiels — eine Intrige vonnöten.29 Die politische Handlungslinie terminiert in der Vernichtung der Regierungsmaschine (in der zuvor Kaiser, Kanzler und Menschheit [mit Ausnahme des Ritters und der Kaiserin] verschwunden sind). Die utopische Handlungslinie, die auf die Wiedergewinnung des Paradieses hinausläuft, hat die Zusammenführung des Ritters und der Kaiserin zur Voraussetzung. Es gibt hier eine Vorgeschichte, die der Ritter mit den Worten »Die Edle opferte sich ihrem Landeswohl, / Und der Rhabarberkaiser sie der Liebe stohl [sie!]«30 zum Ausdruck bringt. Da der Ritter Gleiches mit Gleichem zu vergelten beabsichtigt, bricht er — mit Unterstützung des Kanzlers, der freilich nicht weiß, was er tut — das titelgebende Loch in die Mauer des Palasts, um in der Folge den Kaiser dadurch zu intrigieren, daß die Kaiserin auf für ihn unerklärliche Weise an zwei Orten zugleich zu sein scheint. Das Intrigierende der Situation ist in der Lustspielgeschichte freilich nicht neu, wenn man bedenkt, daß die negative Präsenz des >Loches< durch die vertrautere Einrichtung einer Tapetentür ersetzt werden kann, wie es ζ. B. in Cal26 27 28
29 30
Heinrich von Kleist, »Über das Marionettentheater«, in: ders., Sämtliche Wirke und Briefe, hg. v. Helmut Sembner, Bd. 2, München 1977«, S. 338-345, hier S. 342. Vgl. Burwick, Achim von Arnims Verhältnis %ur Bühne und seine Dramen, S. 215. In der mehr als merkwürdigen Schlußgebung des Schattenspiels sind es die Tiere, die, indem sie vom Ritter und der Kaiserin zu Menschen erzogen werden wollen, sich als die besseren Menschen empfehlen. Zur zweiteiligen Struktur des Arnimschen Schattenspiels siehe Ehrlich, Ludwig Achim von Arnim ab Dramatiker, S. 218f. Arnim, Das Loch, in: Sämmtliche Werke, Bd. IV (6,7), S. 13. 69
deróns La dama duende der Fall ist.31 In Arnims Schattenspiel ermöglicht das Loch (das im »Prolog des Schattendichters« als »körperlicher Schatten« bezeichnet wird32) der Kaiserin schließlich die Flucht und damit nach kurzer Seefahrt - die Rückkehr in das inzwischen am selben Ort etablierte bzw. »neugefundene Paradies«.33 Zwar wird die Heiterkeit des Spiels durch die Bitterkeit der Satire deutlich beeinträchtigt, immerhin nähert sich das Schattenspiel auf dem Wege einer folgenreichen Intrigenhandlung dem illudierenden Typus der romantischen Komödie — oder signalisiert zumindest, daß auch hier eine Verbindung besteht. Insgesamt bewahrt das Schattenspiel aber doch eine gewisse Eigenständigkeit, die einerseits in der extremen Typisierung der Figuren, die ihrem Schattendasein nur eine periphere Lebendigkeit abzugewinnen wissen, begründet ist, andererseits in der eigenartigen Sprachgebung, die zwischen einem naiven Pathos und einer überdrehten Zuständigkeit oszilliert.34 Welche typologischen Affinitäten das Amimsche Schattenspiel auch immer durchwalten (es sind mehrere), abgeschlossen wird es mit einem parabatischen Effekt. Die Tiere des Paradieses, die sich soeben noch mit dem Ritter unterredet haben, verstehen sich am Ende zu einer Adresse an das Publikum. Thiere: »Wie hat sich doch alles zur Freude gewendet, / Ihr Hörer, jetzt klatschet, das Spiel ist geendet.«35 Damit verweist das Stück — typologisch gesehen — auf den Anfang zurück, an dem der Dichter in seinerseits parabatischer Manier sich und sein Stück angekündigt hatte. Angesichts der Vielfalt der Arnimschen Lustspielproduktion verwundert es nicht, daß Arnim auch Stücke verfaßt hat, die sich der hier verfolgten Typologie nicht oder nur sehr aus der Feme assoziieren las-
32 33 34
35
70
Siehe Pedro Calderón de la Barca, Die Dame Kobold, in: Schauspiele, übers, v. Johann Diederich Gries, Bd. 5, Berlin 1822. - Zur Calderón-Rezeption der Romantiker siehe auch: Henry W. Sullivan, Calderón in the German lands and the Low Countries: his reception and influence, 1654-1980, Cambridge 1983, S. 169ff. u. S. 244ff; zu La dama duende·. S. 56-58, 385-387, 473-477 u. ö. Arnim, Das Loch, in: Sämmtüche Werke, Bd. IV (6,7), S. 6. Ebd. Siehe bzw. höre z. B. die folgende Einlassung der Kaiserin: »Erfahrung macht uns Weiber klug, / Doch klüger macht uns der Betrug.« Ebd., S. 33. Oder die fanatisierte Bemerkung des Kaspers (der glaubt, eine Kaiserin ohne Kopf sehen zu dürfen und der in der Folge selber den Kopf verliert): »Ich muß sie sehen, ich breche das Loch, / Es koste mein Leben, ich thue es doch.« Ebd., S. 20. (Kasper. (Im Topf) »Kopf! Kopf! Kopf!« Ebd., S. 21.) Ebd., S. 51.
sen. Arnim gehört damit zu jenen Autoren, die auch den zuvor erwähnten dritten Typus kultiviert haben: jenen Typus, der die Stücke vereint, die sich einer distinkten Zuordnung entziehen.
71
VII. Eichendorff
»Papier, Papier, Papier !«
Chor der Beamten, in: Joseph von Eichendorff, Krieg den Philistern (1. Abenteuer)
Joseph von Eichendorff ist in typologischer Hinsicht ein dankbarerer Gegenstand als Achim von Arnim, insofern die Eichendorffsche Lustspielproduktion auf deutliche Weise die Zweiteilung wiederholt, die im Ubergang von Tieck zu Brentano und dann im Œuvre Brentanos selbst zu beobachten war, während sie bei Arnim nur in Anklängen registriert werden konnte. Anders gesagt: Krieg den Philistern und Meierbeth's Glück und Ende reinkamieren den parabatischen Typus, während Die Freier als eine Wiederbelebung oder Erneuerung des illudierenden Lustspiels anzusehen sind. Selbst Das Incognito, das ansonsten, formal gesehen, Beziehungen zu Arnims Schattenspiel unterhält, schließt enger an die Figuration der romantischen Komödie in ihrer parabatischen Ausprägung an, als dies von Arnims Stück gesagt werden kann.1 Die Besonderheit Eichendorffs im Zusammenhang der romantischen Komödie ist, wenn man so sagen darf, seine Spätzeitlichkeit. Dies ist einerseits eine Frage der Chronologie, die an sich wenig Verwunderliches hat, andererseits macht sich der Sachverhalt als konkrete intertextuelle Bezüglichkeit bemerkbar: so nämlich, daß Tiecks Vorläuferschaft nicht nur strukturell ins Auge fällt, sondern von Eichendorff selbst — im Komödientext — namhaft gemacht wird. Tieck, um nur diesen zu nennen, wird von Eichendorff in der Philister-Komödie, im Meierbeth-Text und im Incognito genannt, wenn auch nicht immer in zustimmender Absicht. Auch dies ist eine Folge der angeln Eichendorffs Stück ist die parabatische Frequenz allein wegen der zahlreichen Zitate und Anspielungen (z. B. auf Tieck) wesentlich höher. Hinzu kommt die handlungsbestimmende >Querelle< zwischen Aufklärern und Romantikern. Der Schluß ist dann ganz in der gewohnten >tieckisierenden< Manier gehalten. Columbine, nachdem der Narr sie geküßt hat »Aber sei doch nicht so dumm, / Es sieht's ja das ganze Publikum I« Joseph von Eichendorff, Das Incognito, oder die mehreren Könige. Puppenspiel\ in: Werke in sechs Bänden, Bd. 4, hg. v. Hartwig Schulz, Frankfurt/M. 1988, S. 575-603, hier S. 602. Es folgt noch eine Publikumsanrede des Narren. 73
sprochenen Spätzeitlichkeit. Sie vetanlaßt Eichendorff, rückblickend über die Romantiker und das Romantische zu räsonnieren, also nicht nur über einzelne Autoren, sondern über die zur Schule verdichtete Bewegung. 2 D a ß Kotzebue und Iffland zu Gegenständen des Spotts werden, verbindet Eichendorff mit den Romantikem der ersten Stunde, daß aber auch diese aufgerufen werden, erweist Eichendorffs Zugehörigkeit zur Romantik der zweiten oder einer noch späteren Stunde. 3 Indes halten sich die unterlaufenden kritischen Töne noch in Grenzen. Zum Furor wird die Kritik erst (bzw. schon vorher) bei Platen. Eichendorff zeichnet sich hingegen dadurch aus, daß er v o n der Witzigkeit der technischen Mittel seiner Vorläufer durchaus überzeugt ist. W e n n ihm diese gleichw o h l gelegentlich in die Quere kommen, so liegt dies auch an der Streu-
3
74
Dieselbe Perspektive begegnet in Eichendorffs Schriften zur Literatur, die freilich so vielgestaltig nicht sind, wie es auf den ersten Blick scheinen mag, da der Autor die einmal gefundene Darstellung mehrfach überarbeitet, erweitert oder sonstwie modifiziert zum Druck befördert hat. Die spätzeitliche Perspektive, die darin besteht, daß Eichendorff auf eine vergangene Epoche zurückblickt - obwohl er dieser Epoche selbst noch angehört, tritt bereits im ersten Satz der Schrift Zar Geschichte der neuem romantischen Poesie in Deutschland aus dem Jahr 1846 mit wünschenswerter Deutlichkeit (gleichsam als Knalleffekt) hervor: »Noch ist kein Menschenalter vergangen, seit die moderne Romantik, wie eine prächtige Rakete, funkelnd zum Himmel emporstieg und, nach kurzer, wunderbarer Beleuchtung der nächtlichen Gegend, oben in tausend bunte Sterne spurlos zerplatzte.« Joseph von Eichendorff, Werke, Bd. III, Schriften %ur Literatur, bearb. v. Marlies Korfsmeyer, München 1976, S. 9-50, hier S. 9. Siehe auch die ausfuhrlichere Fassung in der Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands von 1857, in: Werke, Bd. III, S. 529-925, hier S. 749ff. Eichendorff spricht von der »neueren« oder »modernen« Romantik, wenn er an Tieck, Brentano, Arnim, Fouqué, die Brüder Schlegel u. a. denkt. Genauer gehören für ihn noch Adam Müller, Steffens, Görres, Werner, Schenkendorf, Uhland, Kerner, Kleist, Platen, Hoffmann, Immermann, Rückert und Chamisso in diesen Zusammenhang. Eichendorff konzipiert offenbar einen eher >weiten< Kanon bzw. ein entsprechendes Text-Korpus, mit der einen Ausnahme, daß er sich und sein Werk — im Gegensatz zur späteren Geschichtsschreibung - nicht aufzunehmen bereit ist. Als die »eigentlichen romantischen Dichter« erscheinen ihm »unstreitig Achim von Arnim und Ludwig Tieck«. Siehe Zur Geschichte der neuern romantischen Poesie, S. 34. Die Kenntnisnahme der historischen oder älteren Romantik fällt hingegen auch für ihn mit der Wiederbelebung des Mittelalters, der Entdeckung Calderóns, der Übersetzung Shakespeares, der Aufmerksamkeit für Ariost, Tasso, Dante u. a. zusammen. — Was die Ablehnung Kotzebues anbelangt, der ja im dramentheoretischen Diskurs der Zeit als eine Art beharrende negative Größe vorkommt, so stimmte Eichendorff hierin mit den >neueren< Romantikern deutlich überein, wie etwa die folgende Bemerkung aus der Geschichte der neuem romantischen Poesie zu zeigen vermag: »Das Charakteristische der Kotzebueliteratur ist eben die konventionelle Charakterlosigkeit, eine Blasiertheit, die alles, was sie nicht begreift oder was sie geniert, vornehm verlacht.« Ebd., S. 15.
breite seiner Attacken. Eichendorff neigt zur Diffusion. In seinen Lustspielen kann dies daran bemerkt werden, daß neben literatursatirischen auch gesellschaftskritische Impulse -wirksam werden. In der PhilisterSatire ist hierbei etwa an die durchgehende Kritik an der Deutschtümelei, am Patriotismus und natürlich an die komische Zurechtweisung des Philisters zu denken; wobei freilich Eichendorff in letzterer Hinsicht ein romantisches Thema par excellence aufgegriffen hat.4 Die Literatursatire im engeren Sinne ist ihrerseits nicht auf einen Gegenstand fokussiert, sondern eröffnet ein weites Spektrum. Außer den schon genannten Autoren (Kotzebue, Iffland und Tieck) werden ζ. B. in Krieg den Philistern u. a. noch die folgenden Namen aufgerufen oder angesprochen: Schiller, Goethe, Fouqué, Loeben, Fichte, Shakespeare, Werner, Müllner, Jean Paul, Horaz, Rahel Varnhagen, Nicolai, Biester, Pustkuchen, Spieß, Gries (der Calderónübersetzer), Boileau, Grécourt, Menzel, Oken usw. In Meierbeth 's Glück und Ende verhält es sich, obwohl hier mit dem im Titel genannten Shakespeare-Übersetzer (oder Verwässerer) Meier eine speziellere Problemstellung hereinkommt, ganz ähnlich. Angesichts einer solchen überaus gemischten Autoren-Versammlung ist aber genauer zu fragen, wogegen oder gegen wen sich der satirische Ausfall eigentlich richtet. Hierzu ist zu sagen, daß überhaupt nicht in allen Fällen eine verurteilende Intention vorauszusetzen ist. Es kommt vielmehr darauf an, in Eichendorffs Iiteraturkomödien zwischen Anspielung, Anlehnung und Ablehnung zu unterscheiden. Damit eröffnet sich auch in diesen Stücken ein Freiraum des Übergangs von der Satire zum Spiel. Obwohl die panoramatische Verweisungsfreudigkeit in Eichendorffs Krieg den Philistern in manchem an die ähnlich ausgreifende Verfahrensweise Brentanos im Gustav Wasa erinnert, ist Eichendorff dem anarchischeren Vorläufer doch nicht (oder nur ein Stück Weges) gefolgt, insbesondere wenn hierbei an die Destruktion der Einheit und die verweigerte Schlußgebung gedacht wird. Eichendorff hat sich in dieser Hinsicht eher an Tieck angeschlossen, wie auch die paratextuellen Bestimmungen, die Siehe den Brentanoschen Grundtext Clemens Brentano, »Der Philister vor, in und nach der Geschichte«, in: ders., Werke, hg. v. Friedhelm Kemp, 2. Bd., München 1963, S. 959-1016. Den Bogen zu Eichendorff schlägt Wolfgang Frühwald, »Der Philister als Dilettant. Zu den satirischen Texten Joseph von Eichendorffs«,
in: Aurora 36,1976, S. 7-26.
75
er seinen Stücken beigegeben hat, zeigen. Krieg den Philistern wird als »Dramatisches Märchen« ausgewiesen, womit offenbar die Beziehung zum Gestiefelten Kater (»ein Kindermärchen«) und zum Däumchen (»Ein Märchen«) hergestellt ist Meierbeth's Glück und Ende hat Eichendorff im Untertitel als »Tragödie mit Gesang und Tanz« bezeichnet, etwas umständlicher als Tieck, der seinem Lustspiel vom Leben und Tod des kleinen Rotkäppchens schlicht und einfach den Beinamen »Eine Tragödie« gegeben hat. Es handelt sich bei solchen Übereinstimmungen nicht unbedingt um veritable Abhängigkeiten, vielmehr ist es ebenfalls möglich, von Affinitäten und Querverweisen innerhalb eines sich verdichtenden Zusammenhangs zu sprechen. Was die Durchführung und Finalisierung des Philister-Stücks anbelangt, so ist hier ebenfalls eine eher an Tieck gemahnende Konsequenz zu konstatieren. Nachdem die kriegführenden Parteien der Philister und der Poetischen verschiedentlich aufeinandergetroffen sind, wird die Entscheidung nicht durch den Sieg einer dieser Parteien, sondern durch das Hinzutreten eines inkomparablen Dritten herbeigeführt. Der relativ spät in die Handlung eingreifende Riese Grobianus nämlich haut zunächst auf Philister und Poeten (bzw. Poetische, da ja nicht alle Poetische auch Poeten sind) gleichermaßen ein, bis er auch noch versehentlich den Pulverturm zum Einsturz bringt, unter dem dann beide Heere begraben werden. Die anschließende Abrundung wird wiederum in mittlerweile bewährter parabatischer Form durchgeführt. Aus dem Gespräch zwischen dem Verfasser und dem Publikum seien hier nur die exemplarischen Worte des um sich schauenden Verfassers zitiert: »Da liegen alle meine Personen verstümmelt umher, ich und der Narr sind allein übrig geblieben! Wie wird mir denn auf einmal so unheimlich zu Mute? — «* Dasselbe mörderische Aufräumen hat Eichendorff am Schluß von Meierbeth 's Glück und Ende in Szene gesetzt, mit dem Unterschied, daß hier kein Pulverturm sich finalisierend auswirkt, vielmehr alle Beteiligten in einer durch das anhängige Scott-Thema motivierten Begeisterung zum Degen greifen, um entweder sich selbst oder ihr Gegenüber zu durchbohren.6 Das letzte Wort hat wieder der Narr, der in einer über 5 6
76
Joseph von Eichendorff, Krieg den Philistern. Dramatisches Märchen infönf Abenteuern, in: Werke in sechs Bänden, Bd. 4, S. 27-128, hier S. 128. Canneglio: »Ich kann die Gesinnung nur nobel nennen, / Laßt Einer in des Andern Degen uns rennen ¡«Joseph von Eichendorff, Meierbeth's Glück und Ende. Tragödie mit Gesang und Ταη·Λj, in: Werke in sechs Bänden, Bd. 4, S. 187-233, hier S. 231.
August Wilhelm Schlegel vermittelten Anspielung auf Shakespeare in diesem Falle Rüpel heißt. Ahnlich geht es auch in den Stücken zu. Das parabatische Prinzip wird dabei regelmäßig in den Einmischungen des Publikums, den Reden des Verfassers und den Äußerungen des Narren bemerkbar. So bereits im ersten Abenteuer, wenn das Publikum gegen den Narren protestiert, worauf der Narr durchblicken läßt, er kenne den Verfasser persönlich, was den Verfasser (hinter der Szene) zu dem Ausruf veranlaßt, er möge doch um Gottes willen nicht alles ausplaudern usw.7 Der parabatische Diskurs konzentriert sich im folgenden, überwuchert von zahllosen Anspielungen auf die Literatur der Zeit, auf den Fortgang der Handlung. Publikum: »Weiß Gott, das Stück wechselt ganz hin und her, / Zur Ordnung da droben !«8 Narr: »das ganze Stück gerät ins Stocken.«' Erster Soldat: »Woran nur liegt es, daß das Stück nicht rückt ?«10 Ein Zuschauer: »Das ist scharmant, nun schläft das Stück gar ein !«" Und so bis zum schon erwähnten Schluß. Bei konsequenter Anwendimg des Verfahrens kann eine gewisse Redundanz offenbar nicht ausbleiben. Selbst die aus Tiecks Zerbino bekannte Idee des Zurückdrehens des Stückes hat Eichendorff noch einmal aufleben lassen, allerdings nicht in Krieg den Philistern, sondern in Meierbetb 's Glück und Ende. Hier ruft der Titelheld dem (das Fatum signalisierenden) Zigeuner zu: »Rückwärts durch alle Szenen jag' ich Dich hinaus !« Darauf der Zigeuner: »Seid doch nur gescheit ! Da wickelt sich ja das ganze Stück wieder mit ab, und wir müssen Alles noch einmal durchmachen.« Darauf Meierbeth: »Ach was, immer durch !«12 Inkonsequenter- oder konsequenterweise wird aber das angekündigte Procedere nicht durchgehalten. Vielmehr kommt es auch hier zur gründlichen Abrundung. Eine Besonderheit von Meierbeth 's Glück und Ende besteht darin, daß der Spott zu großen Teilen den Schicksalsdramen von Zacharias Werner, Müllner, Grillparzer u. a. gilt.13 Das Stück camoufliert sich deshalb selbst als eine Art Schicksalsdrama, mit den entsprechenden
7 8 9 10 11 12 13
Eichendorff, Krieg den Philistern, S. 37f. Ebd., S. 61. Ebd., S. 90f. Ebd., S. 115. Ebd., S. 116. Eichendorff, Meierbeth 's Glück und Ende, S. 222. Darauf bezieht sich der Schlußgesang des Löwen: »Mir ist Alles Eins, mir ist Alles Eins, / Ob wir'n Schicksal haben oder kein's.« Ebd., S. 232. 77
Requisiten und fatalen Daten. Nun gehörte das Schicksalsdiama zur Zeit der Entstehung des parabatischen Lustspiels noch keineswegs zu den allbekannten Gegenständen des literarischen Interesses. Es kommt folglich in den frühen Stücken Tiecks und Brentanos nicht vor. Dagegen hat es sich Eichendorff zur Aufgabe gemacht, auch diese merkwürdige Erscheinung der neueren Dramengeschichte der vorgegebenen dramatischkomischen Form anzuverwandeln. Es bestätigt sich darin einerseits die spätzeitliche Situation Eichendorffs. Andererseits kommt darin zum Ausdruck, was man die Rekursivität des parabatischen Prinzips nennen kann. Eichendorff hat seine Philister-Komödie als ein »Dramatisches Märchen« bezeichnet, obwohl genau genommen viel Märchenhaftes in dem Stück nicht vorkommt. Man könnte an den in einen vornehmen Fremden verkleideten Teufel aus dem ersten Abenteuer denken, der sich dort für die Frauen der Philister interessiert, obwohl hierin ebensogut eine literarische Reminiszenz gesehen werden kann. Schon eher scheint der Riese Grobianus in den paratextuell signalisierten Zusammenhang zu gehören, aber in einem noch genaueren Sinne ist auf seine Zugehörigkeit zur Sage zu verweisen, wie er ja auch — im Stück — im dort so genannten »Sagenwald« lebt (bzw. schläft). Die Bezeichnung »Dramatisches Märchen« ist folglich zunächst als Hinweis auf die von der romantischen Poetik geradezu kanonisierte Gattungsmischung zu verstehen, sodann aber auch als intendierte Erwartungsenttäuschung, dergestalt, daß das angekündigte Märchen in dem Stück gerade nicht wiedererkannt werden kann. Eine Märchenkomödie ist das »Dramatische Märchen« offenbar nicht. Man hat das Stück deshalb ganz in den Bereich der Satire verweisen wollen, obwohl eine solche Zuordnimg auf der Hand liegende Schwierigkeiten verursacht.14 Daß Eichendorffs Stück über satirische Implikationen in reichem Ausmaße verfugt, ist nicht zu bestreiten. Schwierig ist, wie schon gesagt, die genaue Zuweisung bzw. Sortierung. Das zentrale Problem besteht kurz gesagt darin, daß Eichendorff die Satire von der lehrhaften Tendenz fernhält und auf diese Weise die Frage nach dem Ziel des Spottes und dem Standpunkt des Spottenden dringlich werden läßt. Auf der Ebene des Stückes ist die Differenz zwischen
14
78
Vgl. Franz Xaver Ries, Zeitkritik bei Joseph von Eichendorff, Berlin 1997 (Schriften zur Literaturwissenschaft, Bd. 11), S. 127ff.
Satire und Didaxe daran zu bemerken, daß nicht nur die Philister verspottet werden, sondern auch die Poetischen in den Einzugsbereich der Komisierung geraten. Dadurch entsteht jener Sog der Ordosigkeit, der durch die parabatischen Turbulenzen noch einmal gesteigert wird. Daß Eichendorff dem Philister — als der Inkarnation eines bornierten Rationalismus und einer phantasielosen Ökonomie — auch außerhalb der Komödie ablehnend gegenüberstand, geht aus seinen theoretischen Schriften eindeutig hervor.15 Indes ist es gerade charakteristisch, daß Eichendorff diese Eindeutigkeit nicht umstandslos in den Text seines Lustspiels übernommen hat, vielmehr hier die Aura des Lächerlichen Philister und Poetische gleichermaßen betrifft. So nehmen offenbar nicht alle Poetischen an dem Zug gegen die Philister gänzlich freiwillig teil. Jedenfalls macht ihnen der Zwang, in Versen zu sprechen, erheblich zu schaffen, wie etwa aus der Rede des sich unterbrechenden Godofred hervorgeht (»- ach, hol' der Teufel die Verse, / Das ist ja eine wahre Pferdearbeit, wenn man's nicht gewohnt ist!«16). Hier resultiert also die Komik aus der drastischen Unterbietung des ästhetischen Anspruchs. Umgekehrt ergibt sich der entsprechende Effekt aus der Überbietung des erwarteten Maßes, wobei freilich auch der jeweilige Kontext sich relativierend bzw. widersprechend auswirkt.17 Insgesamt hat Eichendorff in Krieg den Philistern eine vielstimmigere Komik der Unangemessenheit installiert, die sich immer wieder zum Rumor oder zur »Konfusion«18 zusammenballt. Die parabatische Struktur mit ihren Unterbrechungen und Ebenenwechseln radikalisiert den auch ansonsten wirksamen Mechanismus, der sich auf einfachere Weise in dem häufigen a /wrfe-Sprechen bekundet, komplexer in den hochgradig >gemischten< Gesprächskonstellationen, die gelegent-
15 16 17
18
Siehe ζ. B. Joseph von Eichendorff, Z»r Geschichte des Dramas, in: Werke, Bd. III, S. 379-527, hier S. 504. Eichendorff, Krie¿ den Philistern, S. 30. Ringulf vtütf den Säbel·. »Kaum zwing' ich noch die kriegerische Rage, / Philister 'raus! He! Blut, Mord, Brand, Courage!« Ebd., S. 31 — Kurz daraufkommt es zum Protest des Volkes der Poetischen, das sich in seiner gänzlichen Philistrosität offenbart: »Wir wollen nicht glücklich sein, und nicht gebildet sein, und auch nicht mehr in Versen sprechen! He, Schnaps her, Fleisch, Freiheit, trallallerallera!« Ebd., S. 35. Ebd., S. 123 (5. Abenteuer). 79
lieh auf beunruhigende Weise der Verselbständigung zustreben." Solchermaßen schwindet nicht das Satirische überhaupt, wird aber in seiner Funktionalität zurückgenommen, um vielmehr in jene Richtung zu streben, in der Eichendorff das »eigentliche Wesen des Lustspieles« sich realisieren sah.20 Wenn dieses Wesen in einer mehr oder weniger bedingungslosen »Lustigkeit« bestehen sollte, so ist dies bereits an sich bemerkenswert, mehr noch aber, wenn man bedenkt, daß Eichendorff dazu neigte, die Kunst einer heteronomen Bestimmung zu unterwerfen.21 Die Komik der Unangemessenheit, die Eichendorff in Krieg den Philistern auf verschiedenen Ebenen (von oben nach unten, von unten nach oben) durchexerziert hat, wird in Meierbeth 's Glück und Ende durch transformierende Verfahren ersetzt — bzw. ergänzt, da es richtig ist, daß beide Stücke sich auf beiden Gebieten bewähren. Allerdings wird die Komik der Transformation in Meierbeth's Glück und Ende dominant, was daran erkannt werden kann, daß die >zitierten< Hypotexte deutlicher hervortreten. Zwar erscheint es einigermaßen problematisch, aus dem Stück eine kohärente Handlung herauslesen zu wollen, gleichwohl gibt es eine erkennbare Bezugnahme durchaus, worauf bereits der Titel, wenngleich 19
20
21
80
So etwa im 4. Abenteuer, in dem sich am Rande des Sagenwaldes ein Hirt, ein Jäger, Landleute, ein Kritikus, ein Minnesänger, der Narr u. a. unterreden. Der Narr bringt die Situation auf den Punkt »Den Autor seh' ich fem die Hände ringen, / Hussa, daß wir das Stück zu Ende bringen.« Ebd., S. 102. «Das eigentliche Wesen des Lustspiels ist wie schon der Klang des Namens andeutet, eben nichts anderes, als die Lustigkeit, die momentane Befreiung von allen kleinlichen spießbürgerlichen Rücksichten und Banden des Alltagslebens, indem wir dieselben ignorieren oder humoristisch auf den Kopf stellen; gleich der Luft ein Gemeingut aller gesunden Seelen, das aber, eben wegen seiner luftigen Beweglichkeit, durch die geringste Pedanterie verscheucht oder erdrückt wird.« Eichendorff, Zur Geschickte des Dramas, S. 521. Daß die letzten Antworten nicht von der Kunst, sondern von der Religion zu erwarten sind, kann man schon in Ahnung und Gegenwart lesen. Die theoretischen Schriften sprechen diesen Standpunkt noch unumwundener aus, indem sie ihn zugleich auf die Kunst anwenden, der somit ein religiöses (i.e. katholisches) Telos eingeschrieben wird. Deutlichster Ausdruck dieser heteronomen Ästhetik ist die Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands (1857), die verabredungsgemäß eine Literaturgeschichte aus katholischer Perspektive sein sollte (und ist). Die Geschichte der Romantik wird hier als Verfallsgeschichte erzählt: Die Romantik sei anfanglich ihrem Inhalt nach »wesentlich katholisch« gewesen, sie habe aber durch die Inthronisierung des Subjekts und der Ironie diesen Inhalt verdreht und schließlich zum Spielball ästhetischer Interessen gemacht (Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands, S. 910). Von diesen Dingen ist indes in den Lustspielen nur wenig zu bemerken. Eichendorff war eben zugleich durch die Einsicht ausgezeichnet, daß man nicht »beständig den Autor aus seinem doktrinären Souffleurkasten heraushör[en]« können solle {Zur Geschichte des Dramas, S. 519).
auf Umwegen, verweist. Grillpaizers Ahnjrau aus dem Jahr 1817 (und nicht Ottokars Glück und Ende von 1825) geistert durch Eichendorffs Lustspiel, das seinen satirischen Impetus gegen das Schicksalsdrama überhaupt richtet. Das Schicksalsdrama bedeutet gewissermaßen einen Zugewinn fur das satirische Lustspiel, da es inzwischen als ein Mangel an Originalität erscheinen mußte, sich fortwährend über die Trivialität Kotzebues zu mokieren. Umgekehrt tritt hiermit erneut und deutlicher die Eichendorffsche Spätzeitlichkeit (innerhalb der romantischen Epoche) vor Augen, da von einer solchen Gegnerschaft in den früheren Lustspielen Tiecks und Brentanos noch nicht die Rede sein konnte. Die Romantik ist sich selbst historisch geworden; ein Sachverhalt, der in Meierbeth 's Glück und Ende gleich am Anfang anklingt, wenn dort eine saloppe Berlinerin im schottischen Hochland einen galanten Herrn mit der Frage konfrontiert, ob er »auch aufs Romantische« reise.22 Das schottische Hochland evoziert den Handlungsrahmen der Romane Walter Scotts, von denen im folgenden - zitierend, anspielend und verstellend - ausführlich die Rede ist. Was daran Eichendorffs Spott herausfordert, ist nicht (jedenfalls nicht nur) der Inhalt oder der Stil einzelner Romane des Verfassers des Waverley, sondern das Mechanische und in der Folge auch Modische einer solchen romanesken Exploitation der eigenen Nationalgeschichte. Ein vergleichbares Phänomen war für Eichendorff auf dem Gebiet des Dramas mit Fouqué und seiner ausgreifenden Wiederbelebung des Mittelalters gegeben. Aufs Ganze gesehen konzentriert sich hierin auch Eichendorffs Kritik am Schicksalsdrama, das ja aufgrund seiner Fixierung auf verhängnisvolle Orte und Stunden noch mehr zum Mechanischen (und daher Vorhersagbaren) tendiert. Eichendorff hat diesen Mechanismus in Meierbeth's Glück und Ende sehr plastisch herausgearbeitet.23 Die einzelnen Verweise auf Scott und Grillparzer sind durchaus transparent, jedoch läßt die Eindeutigkeit der Verfahrensweise zu wünschen übrig. Zudem ist zu berücksichtigen, daß sich zwischen die deutlicher konturierten Bezugnahmen auf Scott und Grillparzer noch eine diffuse Schicht punktueller Anspie22 23
Eichendorff, Meitrbith 's Glück und Ende, S. 189. Zigeuner »Bravo, bravo! grade die rechte Stimmung! - Ja, da hilft Alles nichts, mein Lieber, es ist nun einmal heut der vier und zwanzigste Februar, oder auch der neun und zwanzigste! Er läßt seine Taschenuhr repetieren. El, der Tausend, schon drei Viertel auf Zwölf! Noch eine Viertelstunde, dann muß sich das Entsetzliche begeben, dann -«. Ebd., S. 225. 81
hingen auf alles und jeden schiebt, so daß der — aufs Ganze gesehen mithin dreiteilige - Text gelegentlich einem Schleier gleicht, von dem man nicht weiß, was sich hinter ihm verbirgt. Eine Fesdegung auf die Parodie greift hier jedenfalls zu kurz.24 Von der Parodie gilt, daß sie das Thema modifiziert und den Stil beläßt.25 Dies ließe sich von Meierbeth's Glück und Ende sagen, abgesehen davon, daß es hier nicht nur ein Thema und einen Stil gibt, vielmehr die Pluralität der Verhältnisse die Schwierigkeit der Deutung ausmacht. Umgekehrt heißt es von der Travestie, sie modifiziere den Stil und belasse das Thema. Auch dies scheint auf Meierbeth's Glück, und Ende zuzutreffen, wenngleich dieselben Einwände vorzubringen sind wie im Falle der Parodie. Das Problem ist dahingehend aufzulösen, daß Meierbeth's Glück und Ende überhaupt nicht als ein distinktes Subgenre der Transformation aufzufassen ist, sondern als eine Kombination oder >Mischung< verschiedener transformationeller Verfahrensweisen. Anders gesagt: Meierbeth's Glück und Ende ist weder eine Parodie noch eine Travestie, sondern ein satirisches Lustspiel mit parodierenden und travestierenden Implikationen. Eine weitere Differenzierung, die hier vorzubringen ist, besteht darin, daß den verschiedenen Hypotexten unterschiedliche Funktionen im Hinblick auf den Gesamttext zukommen. Die - an sich verstreuten - Bezugnahmen auf Scotts Romane werden nicht handlungsrelevant, da sie lediglich als Gesprächsinhalte und räumliches Dekor im Stück vorkommen. Die Auseinandersetzung mit Grillparzers Ahnfrau hingegen erzwingt den Vergleich zwischen Meierbeth und Selma einerseits, Jaromir und Bertha andererseits. Meierbeth's Glück und Ende gleicht also in dieser Hinsicht dem Gestiefelten Kater, insofern beide Stücke auf einem anderen Text >aufruhenkurzschlüssige< Arbeit von Cornelia Nolte, Symbol und historische Wahrheit. Eichendorffs satirische und dramatische Schriften im Zusammenhang mit dem socalen und kulturellen heben seiner Zeit, Paderborn/München/ Wien/Zürich 1986, S. 28ff. Genette, Palimpseste, S. 36. Eichendorff, Zur Geschichte der neuern romantischen Poesie in Deutschland, S. 38; entsprechend: Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands, S. 803.
Eichendorff hat mit Die Freier ein illudierendes Lustspiel geschaffen, wie es im Buche steht. Die Intrigen überschneiden sich auf solche Weise, daß es schwerfällt, Haupt- und Nebenintrigen zu unterscheiden. Der Präsident furchtet in seinem die Handlung einleitenden Brief sehr zu Recht, daß es »wieder große Konfusion« geben werde.27 Es gibt eben in Eichendorffs Stück keinen Sarmiento, der als Jpiritas rector der Intrige die Verknüpfungen und Lösungen des Spiels leiten könnte. Hofrat Heder, der zu solchem Amt ausgeschickt wird, verirrt sich allzu bald in einem Labyrinth von Täuschungen. Und der Jäger Victor, der seinerseits Ambitionen verrät, die Fäden zu ziehen, eignet sich genau besehen nur zur Beförderung des Durcheinanders, während sich die heitere Schlußgebung auf andere Weise Bahn brechen muß. Sein Feldgeschrei, das er gegenüber dem Gärtner anstimmt, lautet denn auch: »Maskerade, Konfusion, Komödie!«28 Tatsächlich ist Eichendorffs Stück so gearbeitet, daß in den ersten beiden Aufzügen die Verwicklung mit allen Mitteln vorangetrieben wird, bis es im dritten Aufzug nach einer letzten Akzeleration des Tempos zum großen dénouement kommt. Wenn dann gefragt wird: »Bedeutet's Hochzeit? - « kann die Antwort nur noch »Ja!« lauten.29 Die gebrauchten Mittel bestehen in der Hauptsache aus den Intrigen und Gegenintrigen sowie dem inflationären Rollenspiel. Um hier annähernde Klarheit zu gewinnen, kann zwischen der Initialintrige des Präsidenten, den Individualintrigen Leonhards und Adeles sowie den Partialintrigen Victors unterschieden werden. Da der Präsident wünscht, daß sein Neffe Graf Leonhard die Gräfin Adele heiraten möge, er indes weiß, daß Leonhard bereits, allerdings als verkleideter Sänger, auf dem Weg zum Waldschloß der Gräfin ist, schickt er den Hofrat Heder, der sich als Flötenspieler tarnt, hinterher, um dort nach dem Rechten zu sehen. Der Plan schlägt indes fehl, da Reder von seiner Bahn abweicht und beginnt, seinerseits auf Freiersfüßen zu wandeln. Zur Verstärkung der anrückenden Freier und Pseudofreier werden noch ein Schauspieler und ein Musikant ins Rennen geschickt, begleitet von einem Weinschenk, dessen kalauernde Sprachverdrehung als eine Art unfreiwilliges (gleichwohl na-
27 28 29
Joseph von Eichendorff, Die Frtier. Lustspiel in drei Aufoügen, in: lWerke in sechs Bänden, Bd. 4, S. 511-573, hier S. 515. Ebd., S. 529. Ebd., S. 572.
83
türlich pointiertes) Wortspiel daherkommt.30 Obwohl die drei einmal sogar eine Entfuhrung anzetteln, verdichten sich ihre chaotischen Aktionen nicht zu einer eigenständigen Intrige, vielmehr werden sie gelegentlich auf dem Wege der Implikation zu Opfern anderer Intrigen, besonders solchen, die der Jäger Victor einleitet. Ansonsten nehmen sie auf ebenso geschäftige wie hintergründige Weise die Aufgabe wahr, den allgemeinen Rumor zu verstärken. Hingegen kommt es, während das Heer der Freier anrückt, auf dem Schloß der Gräfin zu einer veritablen Gegenintrige, dergestalt, daß die Gräfin und ihre Zofe die Rollen tauschen, um so die sich verstellenden Besucher ihrerseits in die Irre zu fuhren.31 Da dies gelingt, entwickelt sich die Handlung schon bald wie jene »lustige Rakete«, die Adele bereits im ersten Aufzug aufsteigen sieht.32 Auch ist von dem anfänglich - im Brief des Präsidenten - in die Handlung eingeführten Problem, demzufolge Adele die Männer verachte, wie Leonhard die Frauen, binnen kürzester Zeit nichts mehr zu bemerken. Eichendorff hat allerdings die Motivation der Handlung nicht nur dem Leichtsinn überantworten wollen. Vielmehr hat er eine begründende Vorgeschichte eingeschaltet, an die die nachdenklich gewordene Gräfin ihre stets heitere Zofe auf dem Balkon des Schlosses erinnert. Demzufolge standen beide einst auf den Ruinen des Heidelberger Schlosses und sahen im Abendschein auf einem vorbeiziehenden Schiff einen hochragenden fröhlichen Gesellen, der mit seinem Windlicht zum Schloß emporgrüßte. Eben diese Inkarnation romantischer Ungebundenheit erkennt die Gräfin in dem nunmehr (als Sänger Florestin) auftretenden Leonard mit entzücktem Erschrecken (»Das ist
30 31
32
84
Siehe 2. B. ebd., S. 518: »Bon schnür, Bestiö's!« Ferner S. 519: »Paraßol d'honneur!« Oder S. 521: »Kaldauen, Katakomben und Sonaten«. Mit dem Motiv des doppelten Rollentauschs bzw. der Zweifachverstellung hat sich Eichendorff bekanntlich an Marivaux und seine Komödie Le Jeu de l'amour et du hazard angelehnt. Die soziale Probe, auf die es bei Marivaux ankommt und die den Freier sogar zwingt, seiner Geliebten als vermeintlicher Kammerzofe einen Heiratsantrag zu machen, wird bei Eichendorff nicht eklatant, da vielmehr die Unmöglichkeit einer Verbindung solange akzeptiert wird, wie die wechselseitige Verstellung währt. - Vgl. hierzu Otto Demuth, Das romantische Lustspiel in seinen Begehungen %ur dichterischen Entwicklung Eichendoiffs, Prag 1912 (Prager Deutsche Studien, Bd. 20), S. 51ff. Zu den Freiem siehe ebd., S. 54-67. Der Bezug zu Marivaux, dessen Stück Eichendorff in einer Berliner Aufführung gesehn hatte, wird von Demuth angeführt, aber abgeschwächt; hingegen wird die Bedeutung Shakespeares, insbesondere mit Was ihr wollt, exponiert. Eichendorff, Die Freier, S. 532 (1/4).
Er!«) sogleich wieder. In der Folge fordern dann die einmal in Gang gekommenen Intrigen und Rollenspiele an sich ihr Recht. Wie man sieht, funktionieren die Intrigen in Eichendorffs Stück so, daß sich die Personen verstellen, daß sie Rollen spielen. Die Intrige und das Spiel, die beiden Elemente des illudierenden Lustspiels, sind solchermaßen aufeinander verwiesen, daß eine Art Wechselkontakt oder Wechselbegeisterung entsteht. In der Engführung dieser Teile sind Eichendorffs Freier vielleicht sogar Brentanos Ponce de Leon überlegen, mit dem sie ansonsten die Affinität zur schönen Komödie gemeinsam haben. Wie bei Brentano gibt es allerdings auch bei Eichendorff einen störenden Rest, der den vollständigen Triumph der interesselosen Heiterkeit verhindert. Bei Eichendorff ist dieses Hindernis an den Hofrat Fleder geknüpft, der nicht nur Beamter, sondern auch Philister ist.33 Somit ragt also eine leicht schartige Spitze der früheren Philister-Satire in das illudierende Lustspiel hinein. Es ist aber nur eine Spitze, da auch bei Eichendorff der Unterschied zwischen parabatischen und illudierenden Lustspielen so deutlich wird, wie es sich eine Theorie nur wünschen mag. Obwohl zwischen Arnims Schattenspiel Das Loch und Eichendorffs Puppenspiel Das Incognito dreißig Jahre liegen, stimmen die Stücke in mehreren Punkten auffällig überein. Tatsächlich sind die Ubereinstimmungen derartig eklatant, daß eine Beeinflussung Eichendorffs durch Arnim nicht auszuschließen ist.34 Zum Beispiel kommt in beiden Stücken eine Regierungsmaschine vor, die das unzulängliche Funktionieren des Staatsapparates anschaulich machen soll. Ebenfalls ist bemerkenswert, daß in beiden Stücken an der jeweiligen Spitze der Regierung ein Monarch (bei Arnim ein Kaiser, bei Eichendorff ein König) und ein Narr auf sich aufmerksam machen. Während allerdings der Kaiser bei Arnim am Schluß seine Herrschaft verliert, entkleidet sich Eichendorffs König gleich anfangs der Insignien seiner Macht, um sie nach dem Interregnum des Inkognito aufgrund mehrfacher Mißverständnisse zurückerstattet zu 33 34
Siehe etwa Fleders Monolog am Schluß der ersten Szene, ebd., S. 516 (1/1). Vgl. den Kommentar in: Joseph von Eichendorff, Das Incognito, in: Werke in sechs Bänden, Bd. 4, S. 1057f. (Hinweis auf eine ungedruckte Arbeit von Brigitte Schillbach, an die sich der Kommentar der Werke vielfach anlehnt). - Offenbar hat auch Kluge in der bereits angeführten Doppeledition (Ludwig Achim von Arnim, Das Loch / Joseph von Eichendorff, Das Incanito, hg. v. Gerhard Kluge, Berlin 1968) die Zusammengehörigkeit dieser Stücke vor Augen gehabt, obwohl er in den beigegebenen Materialien hierauf nicht eingeht. 85
bekommen. Um das Schema der Vertauschungen komplett zu machen, drapiert sich der Narr unterdes als Herrscher.35 Zwar scheint die Schlußgebung des Eichendorffschen Stücks auf die Kontinuität der Monarchie hinauszulaufen, indes ist hierbei die Bedeutung der Mißverständnisse (insbesondere auf der Seite der Fortschrittlichen) zu berücksichtigen, so daß genau genommen am Ende die Unaufgelöstheit des Verkehrten (in potiticis) beharrt. Hierin liegt folglich ein deutlicher Unterschied zu Arnims Schattenspiel, das, wie erinnerlich, in der Schlußgebung der Utopie des wiedergefundenen Paradieses zustrebte. Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß Eichendorffs Puppenspiel die Einheit der Handlung auf solche Weise einer sich selbst genügenden Vielstimmigkeit überantwortet hat, daß gelegentlich sogar die Erinnerung an Brentanos Gustav Wasa wach wird. Zwar lastet auch auf Arnims Schattenspiel die häufiger kritisierte Zweiteiligkeit als eine Limitierung der Kohärenz, indes bleibt doch die politische Bedeutung einigermaßen deutlich vernehmbar; vor allem deshalb, weil die Situation des Spiels im Modus einer — das Personal und den Raum betreffenden — insularen Begrenztheit vorgestellt wird. Hingegen ergibt sich der Wechsel der Schauplätze bei Eichendorff schon aus dem Motiv des unerkannt reisenden Regenten, dem noch die parallele Bahn des Narren zuzuordnen ist. Allerdings macht Eichendorff aus dem titelgebenden Inkognito erstaunlich wenig, indem die allegorisch zugerüsteten dramatis personae sich zum Teil ganz unabhängig von dem königlichen Handlungsverlauf über die Ordnung der Dinge und den Lauf der Zeit unterreden. (Gerade hierin liegt dann die Ähnlichkeit zu den entsprechenden Partien in Brentanos Gustav Wasa.) Eine handlungsrelevante Konzentration ergibt sich in der Vielstimmigkeit des Räsonnements— an dem neben den schon mehr oder weniger mortifizierten Vertretern der Aufklärung und den Parteigängern der Romantik auch eine Monatsschrift (»Die Blaue«) teilnimmt — aus dem Gegensatz zwischen dem Alten und dem Neuen, der sich temporär zu kriegerischen Auseinandersetzungen zuspitzt, die dann wiederum auf die ähnlich strukturierten Mißhelligkeiten in Krieg den Philistern zurückverweisen. Zu einer befriedigenden Lösung kommt es in Eichendorffs Stück (abgesehen von
35
86
Narr: »Hier liegt noch Krön', Szepter, das freut mich nicht wenig, / Macht er den Narrn, so mach ich den König.« Eichendorff, Das Incognito, in: Werke in sechs Bänden, Bd. 4, S. 575-603, hier S. 578.
der Verheiratung des Narren mit Columbine) deshalb nicht, weil weder das Alte noch das Neue zu überzeugen vermag. Das Alte ist nicht das (in Eichendorffs Sinn) gute Alte, das jederzeit einleuchtet, sondern lediglich die trivialisierte Ostentation einer ihrerseits bereits überholten und abgestorbenen Aufklärung, die alles nach dem Aspekt seiner Nützlichkeit beurteilt und folglich die Welt in einen Gemüsegarten transformieren möchte.36 Umgekehrt vermag das Neue in Eichendorffs Puppenspiel deshalb nicht zu befriedigen, weil es erstens zu einer Beförderung des Guten nicht taugt (wie die aus den Gleisen gesprungene Lokomotive zeigt), und weil es zweitens gar nicht wirklich neu ist, sondern als eine verkleidete Wiederholung des schlechten Alten daherkommt. Eichendorff hat also im Inkognito eine zum Puppenspiel herabgestimmte Querelle des Anciens et des Modemes< inszeniert, mit dem desillusionierenden Fazit, daß weder den einen noch den anderen zu folgen sei. Was dabei die genetische Zuordnung betrifft, so ist diese ebensowenig zwingend wie im Falle des Arnimschen Schattenspiels. Jedenfalls geben die dramaturgischen Verhältnisse beider Stücke keine Hinweise, denen zufolge die Handlung (sofern es eine gibt) zwingend von Schatten oder Puppen exekutiert werden müßte. Vielmehr verhält es sich strukturell gesehen so, daß beide Autoren an die Form der frühromantischen Literatursatire angeknüpft haben, um allerdings diese Form stärker in eine politische Richtung umzudirigieren. Bei Arnim werden die literarischen Bezüge vom politischen Gehalt beinahe gänzlich verdeckt, während bei Eichendorff neben den auch hier dominanten politischen Attacken die literarischen Verhältnisse ein andauerndes Interesse bewahren, wie zum Beispiel die verschiedenen Anspielungen auf Tieck37 oder die Romantik im ganzen38 zu zeigen vermögen. Insgesamt ist einzusehen, daß sich beide Stücke, die sich aus unserer Perspektive als parabatisch
36 37
38
Nicolai: »Ja, Alles Ein Welt-Gemüsegarten!« Ebd., S. 586. Siehe etwa ebd., S. 587 (»Hab' in meiner jungen Zeit / In der Waldeinsamkeit / Das Waldhorn geblasen«) und S. 595 (»Pensionsanstalt, wie liegst du so weit«). — Der Hypotext, auf den Eichendorff parodierend verweist, ist das berühmte Gedicht aus der Novelle Waldeinsamkeit. »Waldeinsamkeit / Die mich erfreut, / So morgen wie heut / In ewiger Zeit. / O wie mich freut / Waldeinsamkeit!« Ludwig Tieck, Schriften in ipölf Bänden, Bd. 12, Schriften 1836-1852, S. 859. Eichendorff, Das Incognito, Werke in sechs Bänden, Bd. 4, S. 583, 584, 587, 588 (Willibald: »Doch habe ich zu Hause Kinder und Frau / Und die Romantik ging jetzo flau« [wie die Satire auf die Romantik gelegentlich auch]) u. ö.
87
angereicherte Versionen des mikrologischen Lustspiels qualifizieren, nicht umstandslos als Literatursatiren bezeichnen lassen. Gerade hierauf scheint die Zuhilfenahme der einigermaßen entlegenen Gattungstitel zu verweisen.
88
VIH. Platen
»Leicht fertig sind Romantiker [...]« Chor, in: August von Platen, Der romantische ödipus (I. Akt)
August von Platen gehört genau genommen nur mit Vorbehalt in den hier thematisierten Zusammenhang, obwohl er das parabatische Lustspiel zu einer seltenen - man könnte auch sagen: seltsamen - Blüte gebracht hat. Das Problem ist indes nicht die historische Zuordnung, sondern das Verhältnis des Autors zur Romantik.1 Platen hat in der Zeit von 1824 bis 1829 insgesamt sechs Lustspiele veröffentlicht, die einer voranstophanischen und einer aristophanischen Epoche zugeordnet werden können. Der voraristophanischen Epoche gehören an: Der gläserne Pantoffel, Berengar, Der Schat^ des Rhampsinit und Der Turm mit sieben Pforten. Als aristophanische Lustspiele sind Die verhängnisvolle Gabel und Der romantische Ödipus anzusehen. Von den voraristophanischen Lustspielen hat Der gläserne Pantoffel noch die größte Affinität zu unserem Thema. Platen ist hier noch offener und kann deshalb an Autoren anschließen, die er später eher mit der Gegenpartei assoziieren wird. Die Gestalt des Pernullo erinnert jedenfalls nicht von ungefähr an Shakespeares Narren und Gozzis buffoni.2 Auch der Untertitel (»Eine heroische Comödie«) ruft vertraut klingende Muster auf, wobei hier genauer an Achim von Arnim zu denken ist. Der Sache nach hat Platen im Gläsernen Pantoffel das Tiecksche Verfahren der Märchendramatisierung adaptiert. Die Idee, heterogene Texte — z. B. Märchen und Sagen — zu kontaminieren, findet sich zwar ebenfalls schon bei Tieck, nicht allerdings in der bestimmten Form der Zusammenlegung zweier Märchen- hier Aschenbrödel und Domröschen - in einer Komödie. Man kann folglich hierin Platens Eigentum erblicken. Vom parabatischen Mutwillen der Tieckschen Stücke ist frei1
2
Siehe hierzu Jürgen Link, Artistische Form und ästhetischer Sinn in Platens Lyrik, Diss. München 1971 (Bochumer Arbeiten zur Sprach- u. Literaturwissenschaft, Bd. 5), S. 124ff. (»Exkurs: Platen und die Romantik«). Zur »komische[n] Figur« vgl. Hinck, Das deutsche 'Lustspiel des 17. und 18. Jahrhunderts und die Italienische Komödie, S. 80-86.
89
lieh nichts zu bemerken, wenn man einmal von den auch nicht immer lustigen Einlassungen Pemullos absieht. Tatsächlich geht Platens Intention, trotz gelegentlicher Anlehnung, in eine ganz andere Richtung. Während nämlich Tieck das Nichtzusammengehörende zusammenbringt, um aus der offenkundigen Asymmetrie den Witz hervorgehen zu lassen, investiert Platen einen nicht unerheblichen intellektuellen und metrischen Aufwand, um dem Disparaten den Anschein poetisch legitimierter Plausibilität zu verleihen.3 Im Grunde macht sich schon hier Platens bleibende Verbindung zu einem organisch verstandenen Klassizismus bemerkbar. In Berengar hat Platen eine schwankhafte Erzählung dramatisiert, die von Boccaccio stammen könnte, tatsächlich aber den Fabliaux et Contes Le Grand d'Aussys entnommen ist.4 Die drastische Handlung um einen feigen Bräutigam und eine gewitzte (wenngleich nicht unbedingt vornehme) Braut hat Platen ohne Umstände in Szenen gebracht. Die eigentliche Pointe hat er weggelassen bzw. soweit gemildert, daß sie nicht mehr zu erkennen ist. Offenbar hat der Gedanke an das Publikum in die Konzeption des Stückes hineingespielt. Wir sehen Platen hier von seiner konventionellen Seite. Obwohl das Stück problemlos an einer beliebigen Landesbühne hätte aufgeführt werden können, ist ihm diese Ehre zu Platens Lebzeiten nicht widerfahren. Problematischer verhält es sich mit dem Schatty des Rhampsinit, da Platen hier anscheinend den Effekten des »Piquanten und Frappanten«, die Friedrich Schlegel der »modernen Poesie« ablesen wollte,5 zugearbeitet hat. Zumindest dürfte ein Lustspielheld, der bei Bedarf seinem Bruder den Kopf und auch eine Hand abschneidet, nachdenklich stimmen, insbesondere dann, wenn ihm zum Lohn für seine Findigkeit auch noch die Prinzessin zuteil wird. Daß Platen die bei 3
4
5
90
In diesem Sinne auch die Schlußchöre des Gläsemen Pantoffels·. »Es werde dem stillen, / Dem gläubigen Willen / Sogar des Unmöglichen schöner Gewinn !« August von Platen, Oer gläserne Pantoffel, in: August Graf von Platens sämtliche Werke in ¡p/ölf Bänden. Historisch-kritische Ausgabe, hg. v. Max Koch und Erich Petzet, 9. Bd., Dramen. Erster Teil, hg. v. Max Koch, Leipzig o.J. [1910], S. 101-164, hier S. 163, V.1758ff. Le Grand d'Aussy, Be'renger, in: ders., Fabliaux et Contes, 4 Bde., Paris 1783, 3. Bd., Nr. 27; abgedruckt in: August Graf von Platens sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe, hg. v. Max Koch u. Erich Petzet, 9. Bd., Dramen. Erster Teil, hg. v. Max Koch, Leipzig o.J. [1910], S. 193-196. Friedrich Schlegel, Die Griechen und Römer, in: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, hg. v. Ernst Behler u.a., 1. Abt., 1. Bd., Paderborn/München/Wien/Zürich 1979, S. 203-367, hier S. 228.
Herodot gefundene Fabel fur authentisch hielt,6 mindert kaum das Spektakuläre der Situation. Allerdings betrifft die Exaltation des Interessanten, wie wiederum Schlegel sagen würde, lediglich die Seite des Inhalts, während das Stück formal unauffällig bleibt, also für die Kennzeichnung der romantischen Komödie keinen weitergehenden Aufschluß bietet. Dasselbe ließe sich über das dritte >voraristophanische< Lustspiel Platens, den Turm mit neben Pforten, bemerken, wenn hier nicht eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Arnims Schattenspiel ins Auge fiele. Anstelle eines Loches in einer Wand gibt es hier einen Tunnel, der es der Protagonistin erlaubt, ihren Bewacher (sieben Pforten zum Trotz) über ihre Identität zu täuschen, um so unter dessen verdutzten Augen mit ihrem Geliebten (dem Bauherrn des Tunnels) davonzusegeln. Die merkwürdige Koinziden2 besagt aber nicht, daß Platen sich auf Arnims Stück bezogen habe, wie nicht einmal angenommen werden kann, ob es ihm bekannt gewesen sei. Auch eine Manifestation der vielfältigen Wirkungen Calderóne ist nicht ohne weiteres anzunehmen. Vielmehr verhält es sich so, daß Arnim und Platen dieselbe Quelle genutzt haben, nämlich das Buch von den sieben weisen Meistern, in dem die für beide Lustspiele vorbildliche Version des an sich noch älteren (und verzweigteren) Motivs erzählt wird.7 Arnim begegnete seiner Quelle in der Form eines transkribierten Bibliotheksfundes, während Platen erneut die Fabliaux et Contes nutzen konnte. Über diesen— vielleicht ebenfalls charakteristischen— Unterschied hinweg könnte man eine gemeinsame Affinität zu >volkstümlichen< Überlieferungen diagnostizieren. Eine genauere Vergleichung der Resultate zeigt jedoch die gänzliche Entgegengesetztheit der jeweils zugrundeliegenden Dramaturgie. Während Arnim auf parabatisch tingierten Wegen eine in den Bereich des Phantastischen verortete Kritik der Politik inszeniert, bescheidet sich Platen mit der konventionellen Darbietung pseudorealistischer Exotik, einer Haremsbefreiung als Kammerspiel. Paradoxerweise fällt eine strukturelle Ähnlichkeit zwischen Platens Lustspielen und der Komödie der Romantik erst dann (vom Gläsernen Pantof-
6 7
Vgl. August von Platen, Der britjwtchscl 1804-1829, hg. v. Paul Bomstein, 4 Bde., München 1914-31, Bd. 4, S. 66 (Nr. 51, Platen an Sigismund Ruhl). Siehe die »Einleitung des Herausgebers«, in: August Graf von Platins sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabt, 9. Bd., S. 7-50, hier S. 349-354. - Zu Arnim siehe: Ludwig Achim von Arnim Das Loch / Joseph von Eichendorff, Das Incognito, S. 72f.
91
fei einmal abgesehen) in die Augen, wenn Platens Kritik der Romantik sich zur Polemik gesteigert hat, also in seiner aristophanischen Phase. Zwischen 1824 und 1826 hat Platen die Komödien des Aristophanes erst näher kennengelernt, dann regelrecht studiert.8 Die Lektüre war so beeindruckend, daß Platen sich in der Folge Aristophanes zum Vorbild nahm und sich selbst gelegentlich als Aristophaniden bezeichnete.9 Die Forschung hat daraus die Konsequenz gezogen, Platens hieran anschließende Lustspiele — also Die Verhängnisvolle Gabel und Der Romantische Odipus — durchweg als aristophanische Lustspiele zu rubrÌ2Ìeren. Darüber hinaus hat man sich bemüht, in Platen den Initiator einer entsprechenden literarischen Bewegung zu erkennen.10 Von diesen Weiterungen sehen wir hier ab und fragen vielmehr nach der aristophanischen Substanz der Platenschen Stücke. Diese besteht vor allem - wenn nicht überhaupt — in der Hereinnahme der Parabase. Freilich ist dabei nicht an jenen parabatischen Mechanismus zu denken, der über Schlegels Abstraktionen und Tiecks Innovationen in die romantische Komödie hineinkam, sondern an jene Einrichtung der antiken Komödie, derzufolge sich der Chor oder der Choreut — bei unterbrochener Handlung — an das Publikum wandte, um es von den Absichten und Meinungen des Autors in Kenntnis zu setzen. Genauso verfahrt Platen in der Verhängnisvollen Gabel, einem Lustspiel, das, wie schon der Titel ahnen läßt, sich die übertreibende Verspottung des Schicksalsdramas zur Aufgabe gemacht hat. Wie nicht zu übersehen, wird hierdurch die Vergleichung mit Meierbeth's Glück und Ende nahegelegt, die aber alsbald an eine Grenze kommt, weil Eichendorff der Tendenz zur Turbulenz folgt, während Platen eine lehrhafte Vertiefung anstrebt, jedenfalls in den Parabasen. Die Rekursivität des parabatischen Prinzips geht hier merkwürdige Wege. Zwar hat die absurde 8
9
92
Platens Quellen waren vermutlich: Hans Christian Gemelli, Das Theater ç» Athen, Altenburg/Leipzig 1818, u. K.F.L. Kannegießer, Die alte komische Bühne in Athen, Breslau 1817. Siehe dazu Peter Bumm, August Graf von Platen. Eine Biographie, Paderborn/München/Wien/Zürich 1990, S. 390ff. Ζ. B. am Schluß der Verhängnisvollen Gabel. August von Platen, Die verhängnisvolle Gabel, in: August Graf von Platens sämtliche Werke in ^jräjf Bänden, 10. Bd., Dramen. Zweiter Teil, hg. v. Max Koch, Leipzig o.J. [1910], S. 7-85, hier S. 84, V.1330. Siehe Horst Denkler, »Aufbruch der Aristophaniden. Die aristophanische Komödie als Modell für das politische Lustspiel im deutschen Vormärz«, in: Der Dichter und seine Zeit — Politik im Spiegel der Literatur, hg. v. Wolfgang Paulsen, Heidelberg 1970, S. 134-157. - Vgl. auch die »Einleitung« in: August von Platen, Die verhängnisvolle Gabel. Der romantische Oedipus. Neudruck der Erstausgaben, hg. v. Irmgard und Horst Denkler, Stuttgart 1979, S. 3-33.
Handlung, die sich um den fatalen Gegenstand rankt, durchaus komische Aspekte, im Gegensatz dazu wird aber das parabatische Moment zur formalen Didaxe verflacht. Im Stück funktioniert dies so, daß am jeweiligen Aktschluß ein Akteur an die Rampe tritt, um, nunmehr in der Rolle des Chores, seine erläuternden Bemerkungen vorzubringen. Dies geht so weit, daß schließlich auch das Prinzip der Parabase erläutert wird. Mit den Worten: »Wißt ihr etwa, liebe Christen, was man Parabase heißt, / Und was hier der Dichter seiner Akte jedem angeschweißt? / Sollt' es Keiner wissen, jetzo kann es lernen jeder Tor: / Dies ist eine Parabase, was ich eben trage vor.«11 So realisiert sich also die belehrende Absicht in Platens Stück. Platens Interesse an der Komödie ist allerdings zu Teilen nur indirekter Natur, da sein bestimmendes Anliegen der Tragödie gilt.12 Weil aber Platen sich veranlaßt sah, vorläufig nicht mit geeigneten Exempeln auf diesem Gebiet hervorzutreten, hat er die Maßnahme ergriffen, die in seinen Augen falschen bzw. irrenden Beispiele der Lächerlichkeit preiszugeben. Zur Durchführung dieses Vorhabens schien sich das aristophanische Vorbild mit seiner zweiteiligen Struktur anzubieten. Platen folgt dieser Struktur genau, indem er in den Handlungsteilen dem korrigierenden Instrument der parodistischen Übertreibung das Wort erteilt, während er in den Parabasen den Zeitgenossen nochmals ohne Umschweife, allenfalls gemildert durch den Wohlklang der Verse, mitteilt, was sie hätten besser machen sollen.13 Zwar hat Platen keine besseren Tragödien 11
12
15
Platen, Die verhängnisvolle Gabel, in: August Graf von Platens sämtliche Werke in ¡p>ölf Bänden, 10. Bd., S. 21, V.136ff. Ferner heißt es über die Parabase: »Scheint sie euch geschwätzig, laßt sie; denn es ist ein alter Brauch: / Gerne plaudern ja die Basen, und die Parabasen auch.« Ebd., V.200f. Platens Distanz zur Komödie bekundet sich ζ. B. im »Prolog« zu den Neuen Propheten, wenn es dort heißt: »Den leichten Soccus, mir fremd vor allen, / [...].« August von Platen, Die neuen Propheten. Ein Nachspiel. 1817, in: Gesammelte Werke des Grafen August von Platen. In fünf Bänden, Bd. 3, Stuttgart u. Tübingen 1853, S. 1-15, hier S. 3. (Der »Prolog« fehlt in der historisch-kritischen Ausgabe von Koch/ Petzet.) — Das Eingeständnis, nicht mit Tragödien hervorgetreten zu sein, obwohl erst diese seinen Ruhm begründet hätten, findet sich im »Prolog« zu den AbasHden: »Ich habe mehr gedacht als ausgeführet, / Und hätt' ich alle jene Trauerspiele, / Zu denen ich den Plan gemacht, geschrieben, / Ich wäre nicht so unberühmt gebliebenl« August von Platen, Die Abassidtn. Ein Gedicht in neun Gesängen. 1829, in: Gesammelte Werke des Grafen August von Platen. In fünf Bänden, Bd. 4, Stuttgart u. Tübingen 1853, S. 261-382, hier S. 265. Wie direkt Platen sich hier einmischt, geht aus den letzten Worten des Choreuten zur letzten Parabase der Verhängnisvollen Gabel hervor: »Sein Abschiedswort tut euch durch mich der Komödienschreiber zu wissen, / Der oftmals schon, im 93
geschrieben, vielmehr sich auf etwas halbherzige Weise als Aristophanide drapiert, er hat aber mehrfach durchblicken lassen, daß er der bessere Metriker sei.14 Hierin ist gewissermaßen der positive Beitrag eines ansonsten durch negative Maßnahmen charakterisierten Unternehmens zu sehen. Die eigentliche Merkwürdigkeit der Platenschen »aristophanischem Lustspiele besteht indes darin, daß Platen mit seiner Aktualisierung der Parabase in Wirklichkeit deren Antikisierung betrieben hat. Indem Platen auf Aristophanes — so wie er ihn verstanden hat — zurückgegangen ist, ist er zugleich hinter die Romantiker zurückgegangen, die aus der Parabase, wie gesehen, etwas ganz anderes gemacht haben, obwohl sie zweifellos nicht so oft von der Parabase gesprochen haben. Anders gesagt, während die romantischen Lustspielautoren ein parabatisches Prinzip ausbilden, ohne sich deshalb jeweils ausdrücklich auf Aristophanes zu beziehen, wird bei Platen der Aristophanes-Bezug in den Vordergrund gerückt, mit dem Nachteil, daß aus einem Prinzip ein Schema wird. Der Eindruck, demzufolge Platen durch die Aktivierung der Parabase mit romantischen Mitteln gegen die Romantiker polemisiert habe, verliert also bei genauerer Betrachtung seine Berechtigung. Um aber Platens antithetisches Verhältnis zu den Romantikem einer angemessenen Würdigung zuzuführen, ist abschließend noch ein Blick auf den Romantischen Ödipus zu werfen.15
14
15
94
Laufe des Stücks, vortrat aus seinen Kulissen: [...].« Platen, Die verhängnisvolle Gabtl, in: August Graf von Platins sämtliche Werke in ¡ y ö l f Bänden, Bd. 10, S. 81, V. 1283f. Zur Sache heißt es: »D'rum hat der Poet euch Deutschland selbst, euch deutsche Gebrechen geschildert, / Doch hat er den Spott durch freundlichen Scherz, durch hüpfende Verse gemildert.« Ebd., S. 84, V. 1321f. Sogar die fiktiven Gestalten beschweren sich bei Platen gelegentlich über die metrischen Verstöße ihrer Zeitgenossen, so Mopsus in der Verhängnisvollen Gabel. »Setzen ja die Jambenschmierer, deren Vers den Vers zerstört, / Den Spondäus oft an Stellen, wo er gar nicht hingehört I« Platen, Die verhängnisvolle Gabel\ in: -August Graf von Platens sämtliche Werke in ^wölf Bänden, Bd. 10, S. 35, V. 455f. Ahnlich in der Parabase des zweiten Akts, wenn es über die Schicksalsdramatiker heißt: »Gern hätt' ich Manches wörtlich euch aus ihnen nachgewiesen, / Doch ihre Verse sind zu schlecht, sie passen nicht zu diesen.« Ebd., S. 40, V. 523f. Das Thema wird im Romantischen ödipus fortgeführt. Siehe hierzu auch Erich Petzet, Platens Verhältnis ?ur Romantik in seiner italienischen Zeil, München 1911 (Sitzungsberichte der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-philologische und historische Klasse, Jg. 1911, 11. Abhandlung), S. 3-36, hier S. 15ff. Ferner die eher durch Einseitigkeit und Forciertheit des Urteils als durch Ergiebigkeit bemerkenswerte Studie von Wilfried Heuß, Platens dramatisches Werk, Breslau 1935 (Sprache und Kultur der germanischen und romanischen Völker. 13. Germanistische Reihe, Bd. XVII), S. 5Iff.
Auch im Romantischen Ödipus geht es zu großen Teilen noch um die komisierende Zurückweisung des Schicksalsdramas. Hinzugekommen ist die spezielle Aversion gegen Immermann, der Platen nun als der Romantiker — und gelegentlich als der Hyperromantiker - schlechthin gilt. Platens Textbasis ist anläßlich einer derart radikalen Verwerfung einigermaßen schmal zu nennen, da ihm in der Hauptsache nur Immermanns Trauerspiel Cardenia und Cetinde vor Augen steht, während er bei ausgreifenderen Attacken bereits um die Zusendung passender Belegstellen aus Immermanns Stücken, deren genaue Titel er offenbar nicht kennt, nachsuchen muß.16 Entsprechend undeutlich ist das Bild, das Platen von dem typischen Romantiker entwirft. Gemeint sind eigentlich alle Dramatiker der näheren Gegenwart, die einer generalisierten Shakespeare-Nachfolge zuzuordnen sind, während als positives Gegenbild der Rückgriff auf Sophokles (und Homer!) aufgeboten wird. So in etwa meint es der Chor, wenn er dem Publikum auf dessen Anfrage nach der Kohärenz der Erfindung im Trauerspiel hin mitteilt: »Dann aber weißt du nicht, / Was als Erfindung rühmen uns Romantiker: / Histörchen, Abenteuer, plattes Volksgewäsch, / Statt folgerechten Gegenstands Entwickelung.«17 Diesen Gegensatz hat Platen zum Sujet seiner Komödie gemacht, indem er dort einen »Nimmermann« genannten Romantiker auftreten läßt, der den Òdipus des Sophokles als eine »Pfuscherei«18 verwirft und nunmehr sich anheischig macht, das Stück neu zu schreiben bzw. es ins Romantische zu übersetzen. Das erwartungsgemäß groteske Resultat dieser Bemühung wird in den Akten zwei bis vier vorgeführt, während der erste und der fünfte Akt der kommentierenden Einrahmung durch Gespräche zwischen dem romantischen Dichterheros, dem persönlich anwesenden Publikum19 und dem exilierten Verstand vorbehalten bleiben. Wie man sieht, ist der Aufbau des Stückes im Vergleich mit der Verhängnisvollen Gabel um einiges komplexer. Auch wird der parabatische Schematismus nicht mit derselben Rigorosität durchgeführt.
16 17 18 19
Siehe August von Platen, Oer romantische ödipus, in: August von Platens sämtliche Werke in qvölf Bänden, Bd. 10, S. 89-172, hier S. 160, Anm. zu V. 1503. Ebd,. S. 163, V. 1536ff. Ebd., S. 98, V. 121. Publikum: »Ich bin ja selbst das sogenannte Publikum !« Ebd., S. 95, V. 66. 95
Eine vom Chorführer gesprochene Parabase im engeren Sinne gibt es nur am Schluß des ersten und fünften Akts. Am Schluß des dritten Akts übernimmt, gemäß der Binnenstruktur des Stücks im Stück, die Sphinx diese Rolle. Die Akte zwei und vier enden ohne eine eigentliche Parabase. Vermutlich hat Platen solche Komplizierungen und Unregelmäßigkeiten als mimetische Entsprechungen zu dem pönalisierten Gegenstand seines Stückes angesehen. Denn insgesamt hält sich auch hier die belehrende Tendenz durch. Das Telos der Belehrung ist die Einschärfung der überlegenen — auf Natur begründeten — Gestalt des regelmäßigen Kunstwerks, wie es der poetologische Klassizismus Platens gegen eine von ihm formierte Romantik wiederholt ausgesprochen hat. So auch in einer vereinzelten Parabase aus dem Nachlaß, mit der Platen noch einmal, allerdings erfolglos, an die schon mehrere Jahre zurückliegende Komödienproduktion Anschluß zu gewinnen suchte. Hier heißt es, ausdrücklich gegen das »romantische Wesen« und die »gar zu moderne Manier« sich verwahrend: »Wohl sind ja Homer und die Griechen beliebt, nicht weil sie die Griechen gewesen, / Nein, weil der Natur stets treu sie verharrt, weil falsche Manier sie verabscheut, / Drum leuchten sie uns als Muster voran, als göttliche Regel der Schönheit.«20 Daß Platen zur Artikulation dieser antiromantischen Position sich ausgerechnet auf die von Aristophanes hergeleitete Parabase gestützt hat, bleibt eine Merkwürdigkeit in der Geschichte des Lustspiels, auch wenn man bedenkt, wie unterschiedlich der Gebrauch ist, den Platen und die Romantiker von der Parabase gemacht haben.21 20
96
August von Platen, »Parabase«, in: August von Platens sämtticht Werke in ap/ölf Bänden, Bd. 10, S. 173-176, hier S. 174, V. 23ff. Die These, daß Platen in der Form des — über Aristophanes vermittelten — romantischen Lustspiels die Romantik kritisiert habe, vertritt ζ. B. Wilhelm Süß, Aristophanes und die Nachwelt, Leipzig 1911, S. 145: »Die romantische Kunstform der aristophanischen Komödie hat sich hier gegen die Epigonen der romantischen Bewegung selbst gekehrt.« Die Formulierung gerät freilich durch die Einschränkung auf die »Epigonen« einerseits und die forcierte Hinlenkung auf das >Selbst< (der romantischen Bewegung) andererseits an den Rand des Widerspruchs. Süß beharrt zwar darauf, Platen »aus der Technik des romantischen Dramas« beurteilen zu sollen, kommt aber bald dahin, Platens Selbsternennung zum »Aristophanide[n]« mit mehr als einem Fragezeichen zu versehen. Der genauere Vergleich zwischen den Platenschen und den romantischen Parabasen zeigt indes, daß auch hier eine Vermehrung der Fragezeichen angebracht ist. — Süß zögert übrigens nicht, Tieck an die Spitze der deutschen AristophanesNachfolger zu stellen: »Es ist daher auch kein Zufall, sondern innerste Notwendigkeit, daß gerade Tieck als der eigentliche Begründer des >aristophanischen
Leichtfertigkeit< der Romantiker korrespondiert auf seiner Seite eine metrisch kodifizierte Gravität, die sich insbesondere, wie späterhin bei guter Gelegenheit Grabbe bemerken sollte, in den Parabasen ausprägt. Dem Romantischen Ödipus hat Platen noch eine »Nachschrift an den Romantiker« (mit metrischem Schema) hinterhergeschickt, in der er seiner Aversion abermals - und nicht zum Vorteil seiner Verse - die Zügel hat schießen lassen. Auf die Frage, was der angesprochene Romantiker ihm, dem Verfasser, sei, heißt es: »Ein Überbleibsel der Zeit, die hoffentlich nun vorbei, / Jahrzehntelangen Gequieks romantischer, letzter Schrei«22 Möglicherweise ist dies die Stimme der Sorgfalt; die Stimme der Leichtigkeit ist es nicht
22
Lustspiels in Deutschland gelten muß.« Ebd., S. 128. Die angeführten Belege haben allerdings insgesamt den Nachteil, aus späteren Schriften (ζ. B. dem Phantasm) zu stammen, so daß ein positiver Nachweis eines direkten aristophanischen Einflusses auf den jungen Tieck hiermit nicht gegeben ist. Der Autor zieht sich denn auch in dieser Sache auf die folgende, stark einschränkende Formulierung zurück: »Nur in dieser Beschränkung wird man von einem Einfluß des Aristophanes auf die eigene Dramatik Tiecks reden dürfen, insofern er nichts dagegen einzuwenden hätte, wenn man einige Züge als aristophanische Eigentümlichkeiten anspräche.« Ebd., S. 129. Platen, Der romantische Oedipus, S. 171, V. 1681f. 97
IX. Theater
»Ach so! Sie sind es, weiter nichts. Nun das soll mich weiter / nicht Stohren; ich weiß, was auf dem Theater Effekt macht.« Autor, in: Clemens Brentano, Gustav Wasa (II. Aufzug)
Die romantische Komödie hat insgesamt wenig Glück mit dem Theater gehabt. Selbst ein so wirkungsmächtiges Stück wie der Gestiefelte Kater ist kaum einmal auf die Bühne gelangt.1 Ahnliches gilt für die Verkehrte Welt? Im Hinblick auf den Ρηηζ Zerbino und den Kaiser Octavianus ist offenbar schon die bloße Extension als eine Beeinträchtigung der theatralischen Möglichkeiten angesehen worden, während sich der Ritter Blaubart den Ruf erworben hat, als »schlichter und bühnengerechter«3 gelten zu dürfen, obwohl von einem dauerhaften Erfolg ebenfalls keine Rede sein kann. Brentanos Gustav Wasa kommt hier anscheinend von vornherein nicht in Betracht, aber auch Ponce de Leon mußte erst umgeschrieben werden, um auf die Bühne zu gelangen. Arnims unerwiderte Liebe ist prägnant in dem Wort vom Theater, »das nirgend vorhanden ist«, zusammengefaßt.4 Bei Eichendorff ist dieselbe Zweiteilung wie schon bei Brentano zu beobachten, insofern auf dem Theater die parabatischen Stücke keine Rolle spielen, während Die Freier, die zu Lebzeiten des Autors nur ein einziges Mal aufgeführt worden sind, sich erst eine - mehrmalige - redaktionelle Angleichung an die Bühne gefallen lassen mußten, um sich eine Zeitlang auf derselben zu halten. Platen mußte aufgrund 1
2
3 4
Vgl. Bernhard Greiner, Die Komödie. Eine theatralische Sendung: Grundlagen und Interpretationen, S. 267. Immerhin ist das Stück dreimal aufgeführt worden, wie auch Greiner bemerkt. Gleichwohl gelangt er zu dem Fazit: »Noch immer verweigert der Theaterbetrieb die >Ankunft< des Stücks.« Näheres dazu sogleich. Siehe Alfred Behrmann, »Wiederherstellung der Komödie aus dem Theater. Zu Tiecks >historischem Schauspiele Die verkehrte Welt», in: Euphorion 79, 1985, S. 139-181. Über die Verkehrte Welt, die als »die heiterste, witzigste, schönste Komödie« bezeichnet wird, heißt es: »[...] auf dem Theater hat sie nie gelebt [...]«. Ebd., S. 139. Roger Paulin, Ludwig Tieck, Stuttgart 1987, S. 38. Arnim an Goethe, 12. 7. 1813. Siehe Goethe und die Romantik, 2. Theil, S. 157. 99
seiner didaktischen Interessen besonders an der Auffuhrung seiner Komödien gelegen sein, er teilte aber in dieser Hinsicht das Schicksal der von ihm verfolgten Romantiker, was freilich hier, angesichts der oben dargelegten Differenz, nur am Rande zu erwähnen ist. Insgesamt stellt sich der Eindruck einer eklatanten Bühnenfeme und vielleicht sogar einer gewissen Bühnenuntauglichkeit ein. Tatsächlich ist genau dies der Komödie der Romantik von Anfang an nachgesagt worden, zugespitzt zu dem Argument, es handle sich nicht um Theaterstücke, sondern um Lesedramen.5 Natürlich ist hierzu zu fragen, welches Theater denn als Maß der Dinge gelten soll. Gerade diese Frage hat Tieck ja in seinen frühen Lustspielen gestellt. Es ist deshalb gewissermaßen eine Ironie der Theatergeschichte, daß die Aufführbarkeit der Tieckschen Stücke bis heute mit Argumenten jenes Publikums, das Tieck in seinen Stücken hat auftreten lassen, bezweifelt wird. In der Hauptsache sind es drei Fragen, die hier zu klären sind. Erstens die Frage, ob die Romantiker ihre Komödien intentional als Lesedramen konzipiert haben. Zweitens die Frage, welche Gründe überhaupt für die behauptete Bühnenfeme bzw. Bühnenuntauglichkeit sprechen sollen. Drittens die Frage, an welche Form des Theaters — als Institution — zu denken ist. Die erste Frage erheischt ein Sowohl-als-auch. Zwar entfernen sich manche Stücke mehr als andere von jenen »Bohlen«, die Goethe einmal Kleist gegenüber als jederzeit zuständigen Ort eines bühnengerechten Dramas bezeichnet hat,6 gleichwohl wäre es falsch, den romantischen Lustspielautoren das Interesse an der Bühne generell abzusprechen. Vielmehr hat etwa Tieck sich den Gestiefelten Kater durchaus auf der Bühne vorgestellt. Im »Vorbericht« zum ersten Band der Schriften, dem hier mehrfach zu folgen ist, obwohl er einem späteren Zeitraum entstammt,
6
Siehe etwa Karl Holl, Geschichte des deutschen Lustspiels, S. 214, der zu dem vergleichsweise milden Urteil kommt, daß »die romantische Dramatik keinen festen Halt auf der Bühne gewinnen« könne. - Ähnlich Alan Menhennet, Τhe Romantic Movement, Totowa, New Jersey 1981, S. 120: »The relatively unsuitable nature of dramatic form to the german romantic genius is demonstrated by the example of comedy, just as it was in the case of serious drama.« - Aus theatergeschichtlicher Sicht (vor Erscheinen des dritten Bandes der Geschichte des europäischen Theaters von Brauneck): Heinz Kindermann, Theatergeschichte Europas, VI. Bd., Ramantik, Salzburg 1964', S. 51 ff. Kindermann urteilt insgesamt positiver (oder neutraler), findet allerdings ebenfalls sein Ziel in der Bilanzierung der Erfolglosigkeit. Goethe an Kleist, 1. Feb. 1808. Goethes Briefe, hg. v. Karl Robert Mandelkow, Bd. 3, Hamburg 1965, S. 64.
100
heißt es dazu: »Übrigens dachte ich bei diesem Schwank durchaus an die Bühne, und in einem kleinen Theater, wo man das Parterre aufgäbe um es zur Scene zu ziehen, müßte der Scherz, leicht gespielt, die Wirkung, die er beabsichtigt, hervorbringen.«7 Man sieht also, daß die Theatertauglichkeit des Stücks als gegeben angenommen wird, wie auch das Interesse des Autors an einer Auffuhrung prinzipiell vorhanden ist. Die vorgeschlagenen Modifikationen betreffen dann schon die Ausrüstung und Nutzung des jeweiligen Theaters. Die Forderung, daß es sich um ein kleines Theater handeln solle, ergibt sich aus der tatsächlichen Proportion verschiedener Schauspielhäuser der Zeit, insbesondere, wenn sie zugleich fiir den Spielbetrieb der Oper eingerichtet waren. Schon im Zuschauerraum des Theaters in Bad Lauchstädt hätte sich die über den Souffleurkasten hinausgehende Publikumshandlung verloren,8 erst recht hätte sich das Parkett des Wiener Burgtheaters, das bekanntlich auf einem ehemaligen Tennisfeld errichtet worden ist, als überdimensioniert erwiesen.' Daß das Stück »leicht gespielt« werden müsse, um die beabsichtigte Wirkung hervorzubringen, verweist indes nicht auf die Einrichtung des Theaters, sondern — zwar damit zusammenhängend, aber doch separat zu beurteilen — auf die Kompetenz der Regie und die Intuition bzw. die Einsicht der Schauspieler. Das Fehlen der Leichtigkeit würde gerade dahin fuhren, den »Spaß [nicht] als Spaß zu nehmen«, worin Tieck ein allgemeines Manko der Deutschen — im Hinblick auf das Theater — erblickte.10 Das angeführte Beispiel zeigt zugleich, daß die Rede von der sogenannten Theaterferne der romantischen Komödie nicht einfach durch den Rekurs auf »das Theater« zu begründen ist, vielmehr im einzelnen zu fragen ist, auf welche Dimension des Theaters das geltend gemachte Argument zu beziehen ist: auf das Theater als Institution, die bauliche und mechanische Implikationen hat, auf die Theaterleitung, die ein Politikum sein kann, und auf die Schauspieler, die, insofern sie als Künsder gelten, das Problem des Talents und damit das der Qualität aufwerfen. Strukturell gesehen kommen noch zwei Instanzen hinzu, da ebenfalls die Rolle des Publikums und der Einfluß der Autoren zu be-
8 9 10
Ludwig Tieck, »Vorbericht«, in: Ludwig Tieck's Schriften, Bd. 1, S. XX. Siehe Manfred Brauneck, Die Welt als Bühne. Geschichte des europäischen Theaters, Bd. 2, Stuttgart/Weimar 1996, S. 743. Siehe Roger Parker (Hg.), illustrierte Geschichte der Oper, Stuttgart/Weimar 1998 (orig. 1994), S. 117. Tieck, »Vorbericht«, S. XXI.
101
denken ist. Tieck spricht in seinen Reflexionen über das Theater von all diesen Dingen, ohne ihren jeweiligen diskursiven Ort zu markieren. Von Fall zu Fall kommt es zu einer Vermischung der Ebenen, so, wenn Tieck an die Entstehung des Gestiefelten Katers erinnert, da hierbei Iffland als Theaterleiter, als Schauspieler, als Autor, als Publikumsmagnet und als Gegenstand eines Buches vorkommt, während die Verhältnisse von Parterre und Szene unbeachtet bleiben. Nun hat Tieck die Aufführung des Gestiefelten Katers nicht nur für möglich und wünschenswert gehalten, er hat eine Aufführung auch selbst erlebt, allerdings nicht in eigener Regie. Es handelt sich um die berühmte Aufführung im Theater des Neuen Palais in Potsdam11, die auf Anregung oder Aufforderung Friedrich Wilhelms IV. (des >Romantikers auf dem Thronölf Bänden, Bd. 12, hg. von Uwe Schweikert, Schriften 1836-1852, Frankfurt/M. 1986, S. 1027-1037, hier S. 1032. Ebd.
102
zollt, ist, abgesehen von der offenbat unbefriedigenden Präsenz des Popanz', so allgemeiner Natur, daß es keine weitergehenden Schlüsse zuläßt. Gerade dies stimmt bedenklich. Glaubt man zunächst, daß die Kommentierung der Rezeption an das Lob der Darstellung anzuschließen sei, so erlischt diese Erwartung sogleich. Das Urteil, demzufolge das gegenwärtige Publikum dem Publikum im Stück gleiche, kann ja angesichts der stupenden Geschmacklosigkeit der Schlosser, Leutner, Müller, Bötticher usw. nur als ein gänzlich vernichtendes angesehen werden. Nimmt man hinzu, daß dem Publikum attestiert wird, es habe sich so gezeigt, »wie es mehr oder minder immer ist«, so erhält die Negativität des (Einzel-) Urteils eine ins Weite gehende pessimistische Grundierung. Der Gipfel der Unangemessenheit besteht freilich darin, daß dem »anschauende [n] Publikum« die Pointe der Schlußgebung entgangen ist — obwohl ja, von anderen Instanzen der Aufmerksamkeit abgesehen, der Text des Stücks im Moment seiner Auffuhrung bereits seit sechsundvierzig Jahren vorlag. Es gibt offenbar ein Publikum, auf das die Rede vom Lesedrama keine Anwendung finden kann, weil es nicht liest, sondern sieht, ohne zu verstehen. Tiecks Schlußbemerkung, derzufolge der Erfolg der Auffuhrung so war, »daß der Autor damit zufrieden sein konnte«,14 ist deshalb nur in einem ironischen Sinn zu verstehen — oder als Ausdruck einer bedeutenden Resignation. Nach den etwas ausführlicheren Betrachtungen zu den theaterbezüglichen Bewandtnissen des Gestiefelten Katers können nun die anderen in Betracht kommenden Stücke Tiecks (es geht immer noch um die Frage, ob von einer intentionalen Lesedramatik im Zusammenhang der Komödie der Romantik die Rede sein kann oder nicht) kursorisch abgehandelt werden. Mit Bezug auf die Verkehrte Welt hat Tieck ebenfalls die Bühnentauglichkeit für gegeben gehalten. Allerdings hatte er keine Gelegenheit, einer Realisierung beizuwohnen. Der einschlägige Hinweis im »Vorbericht« lautet: »Auch bei diesem Schauspiel hatte ich die Bühne und ihre Einrichtung im Auge behalten, und mir, wenn man einige poetische Freiheiten zuließe, die Aufführung als möglich gedacht.«15 Man wüßte gern, an welche Freiheiten Tieck hierbei gedacht hat. War wiederum die 14
15
Ebd., S. 1033. - Zu den beiden folgenden Aufführungen, von denen schon andeutungsweise die Rede war (1921 an der Berliner Volksbühne und 1964 am Hamburger Schauspielhaus), siehe Greiner, Die Komödie, S. 267. Tieck, »Vorbericht«, S. XXV. 103
Preisgabe des Parterres gemeint? Oder sollten umgekehrt sogar Eingriffe in den Text zugelassen werden? Das Fehlen weiterer Auskünfte und das vorläufige Ausbleiben einer Auffuhrung verhindern das Zustandekommen größerer Deutlichkeit in dieser Sache. Die Formulierung zeigt aber, daß Tieck nicht mit unüberwindlichen Schwierigkeiten gerechnet hat.16 In Tiecks Erinnerungen rückt der Blaubart an den Anfang der Märchenkomödien. Sein Kommentar betont dabei nicht den genetischen Affront, der in der episch-szenischen Mischung des »dramatisierte[n] Märchen[s]« liegt, sondern verweist auf die Verpflichtung des Theaters, dem er hier offenbar eine eigentümliche Folgerichtigkeit zuschreibt, während er sonst auch dazu neigt, das Erstarren irgendwelcher Regeln zu kritisieren: »Da ich mich früh mit dem Theater und den meisten dramatischen Dichtern bekannt gemacht hatte, so war meine Absicht, dieses Mährchen auch ganz bühnengerecht und für den Theater-Effekt einzurichten. Ich bin auch der Meinung, daß es, gut gespielt, seine Wirkung nicht verfehlen würde.«17 Um auf der Höhe der theatralischen Möglichkeiten zu sein, genügt es folglich, sich mit dem Vorhandenen vertraut zu machen. Dies ist eine affirmative Sichtweise, der Tieck andernorts deutlich widersprechen wird. Konsequenterweise kommt es hier nicht zu einer Kritik des Theaters. Vielmehr wird allein die Leistung der Schauspieler, die bekanntlich
16
17
Tatsächlich dauerte es vom »Vorbeiicht« aus gesehen noch 147 Jahre, bis die erste Auffuhrung der Verkehrten Welt an einem öffentlichen Theater zustande kam (am 22. 12. 1975 am Berliner Schiller-Theater). Dazu Behrmann, »Wiederherstellung der Komödie aus dem Theater«, S. 169. — Pestalozzi verweist in seiner Ausgabe der Verkehrten Welt noch auf die Aufführung der Spielgruppe eines Berliner Gymnasiums, »welche ihre gelungene Wiedererweckung (am 1. 2. 1963) mit Recht als Uraufführung bezeichnen konnte.« Karl Pestalozzi, »Materialien«, in: Ludwig Tieck, Oie verkehrte Welt, hg. v. Karl Pestalozzi, S. 141. Man sieht und lernt hierbei, daß der Theaterhistoriker %ur Not auch Schülerauffiihrungen anfuhrt. Tieck, »Vorbericht«, S. Vf. Zur Entstehung des Stücks heißt es: »Es wurde im Jahre 1796 geschrieben und eröffnete eine Sammmlung von Gedichten, die ich unter dem Titel: V o l k s m ä h r c h e n herausgab.« Ebd., S. V. Die Volksmährchen erschienen 1797 bei Nicolai in Berlin (vgl. Paulin, Ludwig Tieck, S. 31), nicht 1799 (wie in Franks Ausgabe des Phantasus irrtümlich angegeben, Schriflen in %wolf Bänden, Bd. 6, S. 1346). — Im Zusammenhang der Bearbeitung des Stücks für den Phantasus (1812-1816) betont Tieck wiederum (eigentlich merkwürdig in einer Form, die sich am epischen Vorbild des Oecamerone orientiert) die auf das Theater zielende Intention: »Bei der Herausgabe des Phantasus habe ich mich bemüht, dies wunderliche Drama noch mehr abzurunden, und die theatralische Wirkung zu verstarken.« Ebd., S. VI. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Titel von Ritter Blaubart in Der Blaubart abgeändert.
104
eklatanten Schwankungen unterworfen bzw. von vornherein unbefriedigend sein kann, als Bedingung des Gelingens genannt. Auch im folgenden, wenn Tieck von mehreren geplanten, aber nicht realisierten Auffuhrungen spricht, steht die Frage der richtigen Besetzung im Vordergrund. Letztlich scheint Tiecks Vertrauen in die Kunstfertigkeit der Akteure seiner Zeit nicht allzu groß gewesen zu sein, da ihn, wie er zu verstehen gibt, die Furcht vor einer unzulänglichen Aufführung davon abgehalten habe, »die Sache selbst zu betreiben und zu fördern«.18 Der Nachweis, daß das Wagnis überhaupt zu vertreten sei, wurde zu Tiecks Lebzeiten in Düsseldorf und Berlin beigebracht. Dabei scheint Immermanns Düsseldorfer Inszenierung den Autor, wenngleich aus der Feme, als Erfolg beeindruckt zu haben,19 während die Berliner Aufführung, die über die Premiere hinaus keine Fortsetzung fand, den Autor veranlaßte, sein Mißfallen in starken Worten zu bekunden. Insgesamt bemängelt Tieck eine sinnwidrige Verharmlosung des Gehalts, die er in der Hauptsache auf die irrigen Ansichten und Gewohnheiten der Schauspieler zurückfuhrt. Die Frage der Aufführbarkeit ist dadurch aber nicht tangiert. Vielmehr wird der Zukunft zugetraut, was die eigene Zeit nicht zu realisieren vermochte: »Wenn unser Theater sich einmal wieder bessert, ist es vielleicht eine Aufgabe wahrer Talente, ihn [den Blaubari\ darzustellen; doch muß freilich der jetzige politische Schwindel dann vorübergegangen sein.«20 Tieck spricht gelegentlich, wie gesehen, in einem unproblematischen Ton vom Theater seiner Zeit. Die Probe aufs Exempel bringt dann die Defizite an den Tag und motiviert so die häufiger zu hörende Rede vom Verfall der Bühne und ihrer Einrichtungen.
18 19
20
Ebd., S. VII. Die Erstaufführung fand am 3. 5. 1835 statt. Siehe dazu Tiecks ausführlichen Brief an Immermann vom 10. 5. 1835 (Tieck, Schriften in TTVÖIJ Bändtn, Bd. 6, Phantasm, S. 1349ff.). Besonderen Dank wußte Tieck Immermann dafür, daß dieser seine Schauspieler dazu veranlaßt habe, »sich einmal so ganz vom Hergebrachten« zu entfernen. Die herausragende Schwierigkeit des Stücks sah er im »Phantastischen und Seltsam-Humoristischen« sowie in der »Mischung von Ernst und Scherz«, wodurch der Schauspieler gezwungen sei, die »Linien und Zirkel« des Gewohnten zu überspringen. Obwohl der Blauhart, auch nach Tiecks Aussage, mehr Rücksicht auf die Bühne nimmt als andere Stücke des Autors, bleibt doch das Unkonventionelle zu gewärtigen. Tieck, »Bemerkungen über einige Schauspiele und deren Darstellung auf der Berliner Hofbühne«, S. 1035. Die Aufführung fand am 1. 2. 1845 statt.
105
In den Zusammenhang des unproblematischen Sprechens vom Theater gehört auch Tiecks Bemerkung, daß es ihm gegönnt worden sei, »von frühester Kindheit ein gutes Theater zu sehn« und sich so »an treffliche Darstellung, Natur und Wahrheit« zu gewöhnen.21 Die Betonung liegt hier auf dem Sehen, da in der Folge die Gefahren eines indirekteren — philosophischen oder wissenschaftlichen bzw. schulmäßigen - Zugangs zum Kunstwerk kritisch erörtert werden. In diese horizontale Betrachtung wird alsbald, wie zu erwarten, der vertikale Gesichtspunkt einer historischen Entwicklung, um nicht von einer Ruptur oder einem saltus zu sprechen, eingeführt. Nach und nach habe sich nämlich die Vorliebe für kleinliche Gemälde des häuslichen Familienlebens auf den Theatern bemerkbar gemacht und schließlich durchgesetzt. Kurz gesagt, Iffland und Kotzebue betraten die Szene, »wurden immer mehr beliebt und beherrschten bald das Theater.«22 In dieser Situation entstand, als Gegenwehr und Antidot, der Gestiefelte Kater, gefolgt von der Verkehrten Welt. Wenn diese Stücke nicht nur eine falsche Praxis bloßstellen, sondern zugleich eine bessere Praxis auf der Bühne etablieren sollten, so hat Tieck dieses Ansinnen nicht für alle in diesen Kontext gehörenden oder hineinragenden Stücke geltend gemacht. Gründe der Unterschreitung oder der Überschreitung des theatralischen Maßes konnten dagegen sprechen. So erwähnt Tieck zwar im Hinblick auf »den poetischen Scherz >RothkäppchenDäumlingDäumling< ist um dieselb e Zeit gedichtet worden; die beiden Theile des F o r t u n a t , die schon 1800 entworfen waren, später. In diesen Schauspielen vom Fortunat habe ich mir wieder das Theater und dessen Wirkungen ganz gegenwärtig erhalten, und wäre unsre Bühne freier, die bei aller Ungezogenheit oft vielen Vonirtheilen fröhnt, und eher frech, als heiter seyn darf, so würden mit Abkürzungen diese beiden phantastischen Dramen ihre Wirkungen gewiß nicht verfehlen.« Ebd., S. XLIIIf. Die angeführte Zweideutigkeit bemerkt auch Frank in seinem Kommentar zum Phantasm, in: Schriften, Bd. 6, S. 1462. Siehe auch die gänzlich negative Einschätzung bei Fritz Güttinger, Die romantische Komödie und das deutsche Lustspiel, Leipzig 1939 (Wege zur Dichtung, Bd. X X X I V ) , S. 232ff.
107
Im Falle Brentanos läßt sich eine deutliche Zweiteilung feststellen, insofern im Hinblick auf seinen Gustav Wasa von einer auch nur entfernten Bühnentauglichkeit nicht die Rede ist, während die Hervorbringung des Ponce de Leo» von ausdrücklichen Gedanken an eine Aufführung — und sogar an ein bestimmtes Theater - begleitet war.26 Brentano hat die Auffuhrung des Ponce mit ähnlichem Eifer betrieben wie die Drucklegung. Nachdem aus Weimar die Bestätigung mangelnden Interesses eingegangen war, kam es zum Kontakt mit Wien, der sich zunächst erfreulicher gestaltete, insgesamt aber ein womöglich noch deprimierenderes Debakel herbeiführte. Die Premiere des Stücks, das den neuen Titel Valeria oder Vaterlist erhalten hatte, fand am 18. Februar 1814 in Wien statt. Zu einer Wiederholung kam es, ähnlich wie im Falle der Berliner BlaubartAuffuhrung, nicht. Wie immer stellt sich die Frage, ob die Veranlassung des Scheiterns auf der Seite des Stücks oder der Aufführung zu suchen sei. Brentano hat sich mit Vehemenz für letzteres ausgesprochen, wobei er hat durchblicken lassen, daß sowohl die Regie als auch die Schauspieler (diese besonders) zum sich anbahnenden Fiasko beigetragen haben. Der Auftrag der Regisseure des Hoftheaters ging zunächst nur dahin, den fünften Akt zu überarbeiten. Anschließend wurden eingreifendere Änderungen verlangt, so daß der Autor binnen vier Tagen sein »unglückliche^] Schauspiel« dreimal umzuschreiben hatte. Die anschließend stattfindende Leseprobe belehrte den Dichter, daß von einer sinnvollen, das Ganze des Stücks einbeziehenden Dramaturgie nicht die Rede sein konnte; vielmehr wurden einzelne Rollen verlesen, Gespräche gefuhrt, Kommen und Gehen usw. Dazu der Dichter: »Als ich diese Leseprobe verließ, wüste ich bereits das Geschick meines Stücks.«27 Ein Vergleich der Fassungen läßt erkennen, daß die Bearbeitung das Spezifische des Brentanoschen Lustspiels, das Spielerische und Mutwillige, zugunsten einer strafferen Handlungsführung preisgibt. Dies war zumindest die Idee. Durch die zahlreichen Eingriffe und rabiaten Kürzungen kommt es aber vielmehr zu ungeschickten Anschlüssen und trivialen Verdeutlichungen.28
26
27
28
108
Siehe Dichter über ihre Dichtungen, Clemens Brentano, hg. v. Werner Vordtriede in Zusammenarbeit mit Gabriele Bartenschlager, München 1970, S. 87 (Schwebens< wird nun nicht, wie zu erwarten, das Ideal eines religiösen Dramas aufgeboten, vielmehr gefällt es Eichendorff, sich als Propagandist eines theatralischen Pragmatismus zu profilieren: »Aber das Drama, da es vom augenblicklichen Eindrucke lebt,
33
34
35
Auf dem Hintergrund solcher Vergleiche hat Johannes Schreyer die Unterscheidung zwischen Ohrenkunst und Augenkunst durchgeführt. Über die Ohrenkunst, der die gesamte Frühromantik mit Tieck als Hauptvertreter zugerechnet wird, heißt es: »Die Dramaturgie der Frühromantik bedeutet ein Bekenntnis zur Ohrenkunst Das geht aus ihrer Einstellung zur zeitgenössischen Bühne hervor. Die Aufmerksamkeit des Zuschauers sollte nicht vom Wort abgelenkt werden. Zu dem Zwecke sagte man der herkömmlichen Bühnenausstattung den Kampf an und ließ nur die notwendigsten szenischen Mittel zu.« Johannes Schreyer, Die psychologische Motivierung in Arnims Dramen, Halle 1929 (Hermaea, Bd. XXVI), S. 104. Dagegen soll von Arnim und seinen Dramen gelten: »In dem Streit um die beste Darstellungsform läßt er sich [...] von seinem volksmäßigen Empfinden leiten und stellt sich auf die Seite der Augenkunst.« Ebd., S. 105. Daß die angeführte Gegenüberstellung zur Ubertreibung und damit zur Verzeichnung der Sache tendiert, kann an der folgenden Stelle bemerkt werden: »Infolge ihres Abscheus gegen die Befriedigung des Auges wandte sich schließlich die Frühromantik überhaupt vom Theater ab. Tieck schuf nur noch Wortkunst.« Ebd., S. 104. Zur ebenso legendären wie privaten Aufführung des Arnimschen Schattenspiels (im Hause Guaita) siehe Gerhard Kluge, »Materialien«, in: Ludwig Achim von Arnim, Das Loch / Joseph von Eichendorff, Das Incognito, Berlin 1968, S. 71ff. Joseph von Eichendorff, Zur Geschichte des Dramas, S. 504f.
111
verlangt, wie die Theatermalerei, in sich fertige, sichere, lieber derbe als ungewisse Züge, und es ist dem Publikum billigerweise nicht zuzumuten, sich fur sein Geld in solchen Labyrinthen müdezulaufen.«36 Der generelle Vorwurf wird noch einmal dahingehend zusammengefaßt, daß die Romantiker an der »reale [n] Bühne« vorbeigegangen seien, daß sie »mit absichtlichem Trotz und Hochmut die Bühne« ignoriert hätten, »anstatt sie zu sich hinaufzubilden.«37 Die Grundlage der gesamten Argumentation ist offenbar die Vorstellung einer jederzeit realisierbaren Bühnenkonzeption, wie sie ganz ähnlich Goethe gegen Arnim (und Kleist) ins Feld gefuhrt hat. Es ist hier nicht die Triftigkeit einer solchen Konzeption zu erörtern, da diese doch immer nur auf die Dominanz und Transparenz der Handlung hinausläuft, vielmehr ist zu fragen, inwieweit Eichendorffs eigene Dramen den von ihm aufgestellten Kriterien entsprechen. Offenbar tun sie dies, wenn wir den Radius der Frage, unserem Thema gemäß, auf die Lustspiele einschränken, nur in sehr eingeschränktem Maße, da die satirischen Stücke von vornherein jenen Labyrinthen gleichen, in denen ein auf das Fertige und Sichere fixiertes Publikum Gefahr läuft, sich müdezulaufen. Und auch Die Freier, die der exponierten Bühnenkonzeption deutlich eher entsprechen, sind dem Vorwurf der Bühnenferne nicht entgangen, obwohl sie ihn im Laufe der Zeit eindrücklich widerlegt haben.38 Tatsächlich wurde von der zeitgenössischen Kritik gegen Die Freier eine gewisse Undurchschaubarkeit der Intrige und das Ubermaß auf dem 36
Ebd., S. 505.
Γ» Ebd
Der Rezensent des Gesellschafters stellte am 16.4.1834 mit Bezug auf Oie Freier fest: »Auch das Lustspiel, worauf ich hier unsere Leser aufmerksam machen möchte, wird sich schwerlich einer Bühnen-Auffuhrung erfreuen.« Siehe den »Kommentar« der Werke in sechs Bänden, Bd. 4, Dramen, S. 977. Ahnlich abschlägig die Meinung des Kritikers des Literatur-Blattes vom 19. 12. 1834, der zu bedenken gibt: »[...] es konnte des Dichters Absicht wohl nicht sein, unsere Schauspieler auf der Bühne daran ihre Kräfte versuchen zu sehen.« Ebd., S. 978. - Dagegen vertritt Hans Heckel, der auch die erste Auffuhrung des Theaters der Ressource zur Einigkeit in Graudenz im Jahr 1849 erwähnt, die These, daß Eichendorff mit den Freiern »ein Lustspiel geschaffen habe, das den Forderungen jenes Preisausschreibens [das Schiller und Goethe formuliert hatten] in vorbildlicher Weise genügte und so auch das von seinen anfänglichen Auswüchsen gereinigte Ideal des romantischen Lustspiels erfüllte, freilich erst zu einer Zeit, als längst Wunschbilder ganz anderer Art den deutschen Dichtem vorschwebten.« Hans Heckel, »Eichendorff als Dramatiker«, in: Aurora. Ein romantischer Almanach, Bd. 6, Oppeln 1936, S. 67-75, hier S. 71 f. Über die satirischen Stücke heißt es: »Die Satiren sind weder mit der Absicht möglichst hoher künstlerischer Vollendung, noch zum Zwecke einer erfolgreichen Aufführung geschrieben worden [...]«. Ebd., S. 73.
112
Gebiet der Wortspiele vorgebracht. Aber natürlich ist dies relativ zu sehen, da im Vergleich zu den satirischen Stücken allenfalls noch von einem Uberhang zu sprechen ist. Typologisch gesehen verhält es sich jedenfalls so, daß auch bei Eichendorff- wie bei Brentano — der Unterschied zwischen satirischen Stücken und illudierendem Lustspiel in bühnenpraktischer Hinsicht wichtig wird.35 Insgesamt ist zu sagen, daß die hier interessierenden Autoren die Bühne gelegentlich — von Fall zu Fall — aus den Augen verloren haben, daß aber keiner dieser Autoren von Anfang an und ausschließlich hat Lesedramen hervorbringen wollen. Soviel zur ersten Frage. Die zweite Frage kann durch den Hinweis auf den Unterschied zwischen parabatischen und illudierenden Lustspielen beantwortet werden, insofern sich der Eindruck aufdrängt, die illudierenden Stücke seien >bühnengerechterStörende< im Hinblick auf eine szenische Realisierung herauszustellen. Geht man davon aus, daß die szenische Realisierung eines Textsubstrats die Darstellung einer dialogisch strukturierten Handlung (bzw. einer Handlungssequenz)40 auf einer Bühne zum Ziel hat, so leuchtet ein, daß die romantische Komödie in ihren beiden Ausprägungen dieses Hauptanliegen des Dramas subvertiert. Im Falle des parabatischen Lustspiels geschieht dies durch die beständigen Unterbrechungen und den inflationären Ebenenwechsel. Das illudierende Lustspiel erscheint hier kohärenter, bewirkt aber letztlich denselben — oder doch einen sehr ähnlichen — Effekt durch die spiralartige Komplizierung der Intrigen und durch das Sinn und Bedeutung aushöhlende Feuerwerk der Wortspiele. Das romantische Lustspiel radikalisiert solchermaßen eine Eigenart aller Komödien, indem es in der Form des Dramas die Ordnung des Dramas in Frage stellt.41 Die romantische Komödie stört allerdings das Ordnungsgebot des Dramas nicht (jedenfalls nicht allein) durch die Exaltation des theatralischen Geschehens, son39 40
41
Zur Aufführungsgeschichte der Freier siehe den »Kommentar« der Wirkt in sechs Bänden, Bd. 4, S. 979. Zur Differenz zwischen Handlung und Handlungssequenz siehe Manfred Pfister, Das Drama. Theorie und Analyse, München 19948 (Information und Synthese, Bd. 3), S. 268ff. Siehe Greiner, Die Komödie, S. 29f. 113
dem - im Gegenteil - durch die Forcierung des literarischen Moments. Überspitzt gesagt: Nicht die Körper der Schauspieler kollidieren mit der Gesetzlichkeit des Dramas, sondern die Bücher in der Bibliothek, insofern wir dabei an die entsprechende Szene in Brentanos Gustav Wasa denken, 42 suspendieren den Gang einer möglichen Handlung. A u f ähnliche Weise erscheint die eminente Ausdehnung des Prinz Zerbino als Infragestellung einer linearen Norm der Auffuhrung. Und auch die zahlreichen Wortspiele lassen sich so als literarische Unterminierung der Idee der Handlung verstehen. Ansonsten ist all dies offenbar auch eine Frage des Maßes und der Konvention. Wenn man unter dem Gesichtspunkt der Aufführbarkeit einzelne Komödien zu turbulent oder chaotisch findet, dann macht sich darin via negationis das Ideal einer kompakten und eingängigen Handlung bemerkbar. Paradoxerweise verbindet sich unter diesem Zeichen ein kleines Korpus >großer< Komödien mit einer Vielzahl trivialer Hervorbringungen, die allesamt den Vorzug der Aufführbarkeit haben. 43 Notwendig ist ein solches Urteil jedoch nicht. Letztlich ließe sich auch Brentanos Gustav Wasa aufführen. Der strukturelle Gegensatz der sich hierbei auftut, ist der zwischen Literarizität und Theatralität. Die Vermutung, der wir hierbei immer erneut begegnen, besteht darin, daß die Romantiker aufgrund ihrer Hingabe an das W o r t die Forderungen der Bühne verfehlt haben, eine A r t Schuldzuweisung also.44 Daß es sich nicht um eine bloße Verfehlung 42
43
44
Brentano, Gustav Wasa, S. 7: »Allgemeine Stille. Hie und da liegen Bücher an Ketten und knurren. Einige alte Foliobände schnarchen in Lehnstühlen. Iffland's Familienstücke besuchen sich freundschaftlich, und theilen sich allerlei gute, bürgerliche Gespräche mit. Kotzebue's Stücke machen einen großen Lerm auf ihrem Gestelle, und scheinen einen Kindtaufsschmaus zu feiern. Lessing's, Leisewitz's, Klinger's und Schiller's Tragödien machen sehr unwillige Gesichter. Wallensteins Lager lacht derb aus der allgemeinen deutschen Zeitung. Shakespeare und die Griechen verziehen keine Miene.« Tatsächlich hebt etwa Paulin, nachdem er konstatiert hat, daß der Erfolg Ifflands und Kotzebues die jungen Romantiker über die Maßen verärgert (»galled«) habe, deren größere Bühnennähe hervor: »There is indeed little lasting worth to defend in the plays of both Iffland and Kotzebue, but they did have an unerring sense of popular taste and of stage technique.« Roger Paulin, »The Drama«, in: The romantic Period in Germany, hg. v. Siegbert Prawer, New York 1970, S. 173-203, hier S. 174. Es fragt sich, von welcher Bühne die Rede ist. Dazu nochmals Paulin: »Regrettably few of their plays give evidence of the author's ability to select and order material, to reject that which is dramatically irrelevant, and keep their works within the limits of an evening's performance. Because at best a mere couple of their plays are ever performed today, their drama rely on reader's imagination to rise from the printed page. In some cases, this is
114
handeln kann, geht schon daraus hervor, daß allenthalben deutlich artikulierte Intentionen im Spiel sind. Die Ebene individueller Schuldzuweisungen ist deshalb durchaus zu vernachlässigen. Wenn wir hingegen die strukturellen Verhältnisse zu bedenken suchen, so ist dies, wie schon angedeutet, vor allem eine Frage des Maßes. Was dabei die Seite der Literarizität angeht, so wäre es gänzlich verfehlt, deren die romantische Komödie charakterisierende Funktion zu leugnen. Es ist nur im Gegenzug zu konstatieren, daß diese litterale Tendenz, die den Buchstaben und nicht den Körper favorisiert, nicht eine prinzipielle Grenze der Spielbarkeit bezeichnet. Von Fall zu Fall mögen sich Bedenken und Zweifel einstellen, es ist hiervon aber weder das Korpus der romantischen Komödie im ganzen betroffen noch (mit Notwendigkeit) das Ganze des jeweiligen Lustspiels. So tendiert bekanntlich der Kaiser Octavianus zur Exuberanz litteraler Figuren, er bewahrt aber gleichwohl eine geradezu kompakte, um nicht zu sagen holzschnittartige Handlungsstruktur. Umgekehrt mag hier und da die Theatralität dieser oder jener Komödie zur Debatte stehen, vorab bleibt aber zu fragen, welche Ausprägung des Theaters und welche Bühnenform dabei vorausgesetzt werden, womit wir zur dritten und letzten Frage unserer theaterbezüglichen Ausführungen überleiten. Tatsächlich ist ein argumentationslogischer Widerspruch nicht zu übersehen, wenn einerseits beklagt wird, daß die Romantiker die theatralischen Realitäten ignoriert hätten, um andererseits zu bemerken, daß eines ihrer dringlichsten Anliegen die Veränderung des Theaters ihrer Tage gewesen sei.45 Wie ist es möglich, ein Theater, das man verändern möchte, zu verfehlen? Man sieht, wie hierbei die Kriterien ins Gleiten kommen. Eine vergleichsweise Stabilität des Urteils ergibt sich, wenn man zeidose Anforderungen der Bühne und des Geschmacks postuliert. Gegen beide Annahmen ist von romantischer Seite Protest eingelegt worden. Der prominentere Teil ist zweifellos die Geschmackskritik, da sie sowohl in den Stücken als auch in diversen theoretischen Texten zu finden war. Die Kritik des Geschmacks richtete sich gegen diejenigen,
45
the result of unjustified neglect and the unreliability of popular theatre taste; in the case of others, the works smack of bookishness and ignorance of theatrical realities.« Paulin, »The Drama«, S. 183. Siehe abermals Paulin, »The Drama«, S. 183. Neben dem an derselben Stelle erhobenen Ignoranz-Vorwurf heißt es über Tieck, Werner, Brentano, Arnim und Eichendorff: »that all wanted to change, if not transform, the theatre of their day [...].« 115
die die erfolgreichen Stücke schrieben, die Autoren, gegen diejenigen, die in die Auffuhrungen hineinliefen, das Publikum, und gegen diejenigen, die die Stücke aussuchten und auf die Bühne brachten, die Theaterdirektoren und Regisseure. Insbesondere in der letztgenannten Hinsicht verband sich das Geschmacksurteil mit politischen Argumenten. So ist es zu verstehen, daß Tieck einmal gegen »illiberale Theaterverhältnisse«46 zu Felde zieht. Ahnliche Klagen kennen wir von Brentano, Arnim und Eichendorff. Auf einem spezielleren Gebiet verbindet sich das Geschmacksurteil, das ja im wesentlichen eine Kritik des Repertoires ist, mit der Beurteilung der Bühnenverhältnisse. Zur Zeit der Romantik hat sich allenthalben die moderne Guckkastenbühne mit ihrer typischen Trennung zwischen Bühne und Zuschauerraum etabliert.47 Diese Trennung wird durch den Orchestergraben und, sofern vorhanden, den Vorhang verstärkt. Es entsteht die berühmte imaginäre >vierte Wandspielerischen< Szenarien andererseits.
Vgl. hierzu nochmals Paulin, Ludwig Tieck, Stuttgart 1987, S. 36, bei dem es über die frühen Komödien Tiecks heißt: »Unmittelbaren Einfluß übten diese Stücke auf die jüngeren Romantiker aus, auf die Lustspiele Brentanos, Arnims und Eichendorffs, später auf Grabbe und Mörike; in neuerer Zeit reicht ihre Nachwirkung bis hin zu Pirandello und Tankred Dorst« — Siehe auch den Kommentar des Herausgebers in: Tieck, Phantasm, in: Schriften in ^yölf Bänden, Bd. 6, S. 13811385. Ferner Gerald Gillespie, »The Past is Prologue: The Romantic Heritage in Dramatic Literature«, in: ders. (Hg.), Romantic Drama, S. 429-464. 121
Bibliographie 1. Primärliteratur Α. Komödien Arnim, Achim von, Die Appelmänner. (Ein Puppenspiel), in: deis., Sämmtliche Werke, Bd. IV (6,7), Schaubühne I u. II, Hildesheim/Zürich/New York 1982, S. 139-224. Arnim, Achim von, Die Capitulation von Oggersheim, in: Sämmtliche Werke, Bd. IV (6,7), Schaubühne I u. II, Hildesheim/Zürich/New York 1982, S. 225-348. Arnim, Achim von, Das Lech oder das wiedetgefundene Paradies. Ein Schattenspiel, in: Sämmtliche Werke, Bd. IV (6,7), Schaubühne I u. II, Hildesheim/Zürich/New York 1982, S. 1-51. Arnim, Achim von, Das L/xh oder Das aiiedergefundene Paradies. Ein Schattenspiel - Joseph von Eichendorff, Das Incanito oder Die mehreren Könige oder AU und Neu. Ein Puppenspiei, hg. v. Gerhard Kluge, Berlin 1968 (Komedia. Deutsche Lustspiele vom Barock bis zur Gegenwart, hg. v. Helmut Arntzen u. Karl Pestalozzi, Bd. 13), S. 69-105. Brentano, Clemens, Gustav Wasa, in: Sämtliche Werke und Briefe. Historisch-Kritische Ausgabe, hg. v. Joachim Behrens, Wolfgang Frühwald, Dedev Lüders, Bd. 12, Dramen I, hg. v. Hartwig Schultz, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1982, S. 1-180. Brentano, Clemens, Ponce de Leon, in: Sämtliche Werke und Briefe, Bd. 12, Dramen I, hg. v. Hartwig Schultz, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1982, S. 345-632. [Brentano, Clemens,] Satiren und poetische Spiele von Maria. Erstes Bändchen. Gustav Wasa, Leipzig 1800. Büchner, Georg, Leonce und Lena, in: Sämtliche Werke, hg. v. Henri Poschmann, Bd. 1, Dichtungen, Frankfurt/M. 1992, S. 91-129. Calderón, Pedro de la Barca, Die Dame Kobold, in: Schauspiele, übers, v. Johann Diederich Gries, Bd. 5, Berlin 1822. Eichendorff, Joseph von, Die Freier. Lustspiel in dniAufcügm, in: Werke in sechs Bänden, hg. v. Wolfgang Frühwald, Brigitte Schillbach und Hartwig Schulz, Bd. 4, hg. v. Hartwig Schulz, Frankfurt/M. 1988, S. 511-573. Eichendorff, Joseph von, Das Incognito, oder die mehreren Könige. Puppenspiel, in: Werke in sechs Bänden, hg. v. Wolfgang Frühwald, Brigitte Schillbach und Hartwig Schulz, Bd. 4, hg. v. Hartwig Schulz, Frankfurt/M. 1988, S. 575-603. Eichendorff, Joseph von, Krieg den Philistern. Dramatisches Märchen in fünf Abenteuern, in: Werke in sechs Bänden, hg. v. Wolfgang Frühwald, Brigitte Schillbach und Hartwig Schulz, Bd. 4, hg. v. Hartwig Schulz, Frankfurt/M. 1988, S. 27-128. Eichendorff, Joseph von, Meierbeth's Glück und Ende. Tragödie mit Gesang und Tanz m: Werke in sechs Bänden, hg. v. Wolfgang Frühwald, Brigitte Schillbach und Hartwig Schulz, Bd. 4, hg. v. Hartwig Schulz, Frankfurt/M. 1988, S. 187-233. Eichendorff, Joseph von, Das Incognito oder Die mehreren Könige oder AU und Neu. Ein PuppenspieL - Arnim, Achim von, Das Loch oder Das niedergfundene Paradies. Ein Schattenspiel, hg. v. Gerhard Kluge, Berlin 1968 (Komedia. Deutsche Lustspiele vom Barock bis zur Gegenwart, hg. v. Helmut Arntzen u. Kail Pestalozzi, Bd. 13), S. 35-67. Fouqué, Friedrich de la Motte, Liebe und Streit, in: Dramatische Spiele von Pellegrin, hg. v. August Wilhelm Schlegel, Berlin 1804, S. 3-47.
123
Grabbe, Christian Dietrich, Aschenbrödel. Dramatisches Mährchen, in: ders., Werke, hg. v. Roy C. Cowen, Bd. 2, Drunten II, Gedichte, Prosa, München/Wien 1977, S. 163-217. Grabbe, Christian Dietrich, Schern Satin, Ironie und tiefere Bedeutung, in: Werke, hg. v. Roy D. Cowen, Bd. 1, Dramen I, München/Wien 1975, S. 233-302. Hoffmann, E.T.A., Prinzessin Blandina. Ein romantisches Spiel in drei Auflagen, in: ders., Fantasie- und Nachtstücke, hg. v. Walter Müller-Seidel, München 1976 [nach dem Text der Erstdrucke, unter Hinzuziehung der Ausgaben von Carl Georg von Maassen und Georg Ellinger], S. 713-747. Körner, Theodor, Die Braut, in: Theodor Körmr's sämmtüche Werke, hg. v. Karl Streckfuß, Vierte nchtmäfig Gesammt-AmgAe in vier Bänden, Bd. 3, Berlin 1853, S. 153-180. Körner, Theodor, Der grüne Domino, in: Theodor Körmr's sämmtüche Werke, hg. v. Karl Streckfuß, Vierte rechtmäßge Gesammt-Ausgahe in vier Bänden, Bd. 3, Berlin 1853, S. 180-210. Kömer, Theodor, Der Vetter aus Bremen, in: Theodor Körner's sämmtüche Werke, hg. v. Karl Streckfüß, Vierte rechtmäßige Gesammt-Ausgahe in vier Bänden, Bd. 3, Berlin 1853, S. 249279. Kotzebue, August von, Der hfperboreische Esel oder die heutige Bildung. Ein drastisches Drama, undphilosophisches Lustspiel für Jüngünge, in Einem Akt, Leipzig 1799. Platen, August von, Der gläserne Pantoffel, in: August Graf von Platens sämtliche Werke in ^wölf Bänden. Historisch-kritische Ausgabe, hg. v. Max Koch und Erich Petzet, 9. Bd., Dramen. Erster Teil, hg. v. M.Koch, Leipzig o. J. [1910], S. 101-164. Platen, August von, Die verhängnisvolle Gabel, in: August Graf von Platens sämtüche Werke in %wölf Bänden. Historisch-kritische Ausgabe, hg. v. Max Koch und Erich Petzet, 10. Bd., Dramen. Zweiter Teil, hg. v. Max Koch, Leipzig o. J. [1910], S. 7-85. Platen, August von, Die verhängnisvolle Gabel. Der romantische Oedipus. Neudruck der Erstausgaben, hg. v. Irmgard und Horst Denkler, Stuttgart 1979. Platen, August von, Der romantische Oedipus, in: August von Platens sämtüche Werke in %wö!f Bänden, Historisch-kritische Ausgabe, hg. v. Max Koch und Erich Petzet, 10. Bd., Dramen. Zweiter Teil, hg. v. Max Koch, Leipzig o. J. [1910], S. 89-172. [Rückert, Friedrich,] Napoleon. Poütische Komödie in drei Stücken von Freimund Reimar, Erstes Stück. Napoleon und der Drache, Stuttgardt und Tübingen 1815; Zweites Stück. Napoleon und seine Fortuna, Stuttgardt und Tübingen 1818. Schlegel, August Wilhelm, Ehrenpforte und Triumphbogen für den Theaterpräsidenten von Kot^ebue bey seiner gehofften Rückkehr ins Vaterland Mit Münk. Gedruckt %u Anfange des neuen Jahrhunderts, Braunschweig 1800. Shakespeare, William, Was ihr wollt, in: ders., Sämtüche Dramen, Bd. I, Komödien, München 19917, S. 913-986 (übersetzt von August Wilhelm von Schlegel). Tieck, Ludwig, Die Theegesellschaft. Lustspiel in Einem Auf^uge, in: Ludwig Tieck's Schriften, 12. Bd., Berlin 1829, S. 355-420. [Tieck, Ludwig,] Der gestiefelte Kater, ein Kindermärchen in drey Akten mit Zwischenspielen, einem Prologe undEpiloge von Peter Leberecht, Bergamo [recte: Berlin] 1797. Tieck, Ludwig, Der gestiefelte Kater. Kindermärchen in drei Akten mit Zwischenspielen, einem Prologe und Epiloge, hg. v. Helmut Kreuzer, Stuttgart 1980 (zuerst 1964). Tieck, Ludwig, Prinz Zerbino oder die Reise nach dem guten Geschmack Gewissermaßen eine Fortsetzung des ^stiefelten Katers. Ein deutsches Lustspiel in sechs Aufcügn, in: Ludaig Tieck's Schriften, 10. Bd., Berlin 1828. Tieck, Ludwig, Die verkehrte Welt. Ein historisches Schauspiel in fünf Aufzeigen, hg. v. Karl Pestalozzi, Berlin 1964.
124
Tieck, Ludwig, Der Blaubart. Ein Märchen in fünf Akten, in: Schriften in spiöjf Bänden, Bd. 6, Piantana, hg. v. Manfred Frank, Frankfurt/M. 1985, S. 394-483. Tieck, Ludwig, Ritter Blaubart. Ein Ammenmärchen in vier Akten, in: Dramen der Frühromantik, hg. v. Paul Kluckhohn, Leipzig 1936, S. 17-85 (Deutsche Literatur. Reihe Romantik, Bd. 8). Tieck, Ludwig, Liben und Taten des kleinen Themas, genannt Däumchen. Ein Märchen in drei Akten, in: Schriften in %wö(f Bänden, Bd. 6, Phantasus, hg. v. Manfred Frank, Frankfurt/M. 1985, S. 704-775. Tieck, Ludwig, Leben und Tod des kleinen Rotkäppchens. Eine Tragödie, in: Schriften in i p ö f f Bänden, Bd. 6, Phantasus, hg. v. Manfred Frank, Frankfurt/M. 1985, S. 362-384. Tieck, Ludwig, Kaiser Octavianus. Ein Lustspiel in %vei Theilen, in: Ludwig Tieck's Schriften, 1. Bd., Berlin 1828.
B. Sonstiges Arnim, Achim von, »Theater«, in: ders., Werke in sechs Bänden, hg. v. Roswitha Burwick, Jürgen Knaack, Paul Michael Lützeler, Renate Moering, Ulfert Ricklefs u. Hermann F. Weiss, Bd. 6, Schriften, hg. v. R. Burwick, J. Knaack u. H. F. Weiss, Frankfurt/M. 1992, S. 325-326. Arnim, Achim von und Brentano, Clemens, Freundschaftsbriefe I. 1801 bis 1806, vollständige kritische Edition von Hartwig Schultz, Frankfurt/M. 1998. Brentano, Clemens, »An den Herausgeber des Dramaturgischen Beobachters« [Zur Auffuhrung der Valeria], in: ders., Sämtliche Werke und Briefe, Bd. 12, Dramen I, S. 930-939. Brentano, Clemens, Werke, 4. Bd., hg. v. Wolfgang Frühwald u. Friedhelm Kemp, München 19782. Brentano, Clemens, Sämtliche Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe, veranstaltet vom Freien deutschen Hochstift, hg. v. Joachim Behrens, Konrad Feilchenfeldt, Wolfgang Frühwald, Christoph Pereis, Hartwig Schultz, Bd. 29, Briefe I, Stuttgart/Berlin/ Köln/Mainz 1988. Brentano, Clemens, »Der Philister vor, in und nach der Geschichte«, in: ders., Werke, Ζ Bd., hg. v. Fiiedhelm Kemp, München 1963, S. 959-1016. Brentano, Clemens, »Selbständige des Gustav Wasa«, in: Sämtliche Werke und Briefe, Bd. 12, Dramen I, S. 923. Dichter über ihn Dichtungen, Clemens Brentano, hg. v. Werner Vordtriede in Zusammenarbeit mit Gabriele Bartenschlager, München 1970. Eichendorff, Joseph von, Zur Geschichte der neuem romantischen Poesie in Deutschland, in: Werke, Bd. III, Schriften ?ur Literatur, bearb. v. Marlies Korfsmeyer, München 1976, S. 9-50. Eichendorff, Joseph von, Zur Geschichte des Dramas, in: Werke, Bd. III, Schriften %ur Literatur, bearb. v. Marlies Korfsmeyer, München 1976, S. 379-527. Eichendorff, Joseph von, Geschichte der poetischen Literatur Deutschlands, in: Werke, Bd. III, Schriften %ur Literatur, bearb. v. Marlies Korfsmeyer, München 1976, S. 529-925. Goethes Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, IV. Abtheilung, Bd. 24, Goethes Briefe Sept. 181) - 24. Juli 1814, Weimar 1901. Goethes Briefe, hg. v. Karl Robert Mandelkow, Bd. 2, Hamburg 1964. Goethes Briefe, hg. v. Karl Robert Mandelkow, Bd. 3, Hamburg 1965.
125
Briefe an Goethe, Hg. v. Karl Robert Mandelkow, Bd. 1, Hamburg 1965. Goethe und die Romantik. Briefe mit Erläuterungen, 2. Theil, hg. v. Carl Schüddekopf u. Oskar Walzet, Weimar 1899 (Schriften der Goethe-Gesellschaft, Bd. 14). Goethe, Johann Wolfgang von, »Über epische und dramatische Dichtung«, in: Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden, hg. v. Erich Trunz, Bd. 12, München 1981®, S. 249-251. Kant, Immanuel, Kritik der Urteilskraft, in: Werke, hg. von Wilhelm Weischedel, Bd. 5, Wiesbaden 1957. Kleist, Heinrich von, »Über das Marionettentheater«, in: ders., Sämtliche Werke und Briefe, hg. v. Helmut Sembner, Bd 2, München 19776, S. 338-345. Kotzebue, August von, Gustav Wasa. Ein Schauspiel in fünf Aufrufen, 1801, in: Theater August V. Kotzebue, Bd. 13, Leipzig u. Wien 1841, S. 3-184. Le Grand d'Aussy, Bérenger, in: ders., Fabliaux et Contes, 4 Bde., Paris 1783, Bd. 3, Nr. 27; abgedruckt in: August Graf von Platens sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe, hg. v. Max Koch u. Erich Petzet, 9. Bd., Dramen. Erster Teil, hg. v. Max Koch, Leipzig o. J. [1910], S. 193-196. Lessing, Gotthold Ephraim, Hamburgische Dramaturgie, in: Werke, hg. v. Herbert G. Göpfert, Bd. 4, Dramaturgische Schriften, bearbeitet v. Karl Eibl, München 1973, S. 229-720. Platen, August von, Die Abassiden. Ein Gedicht in neun Gesängen. 1829, in: Gesammelte Werke des Grafen August von Platen. In fünf Bänden, Bd. 4, Stuttgart u. Tübingen 1853, S. 261382. Platen, August von, Der Briefwechsel 1804-1829, hg. v. Paul Bornstein, 4 Bde., München 1914-31. Platen, August von, Die neuen Propheten. Ein Nachspiel. 1817, in: Gesammelte Werke des Grafen August von Platen. In fünf Bänden, Bd. 3, Stuttgart u. Tübingen 1853, S. 1-15. Platen, August von, »Parabase«, in: August von Platens sämtliche Werke in %wölf Bänden. Historisch-kritische Ausgabe, hg. v. Max Koch und Erich Petzet, 10. Bd., Dramen. Zweiter Teil, hg. v. Max Koch, Leipzig o. J. [1910], S. 173-176. Plutarch, »Aristophanes und Menandros«, in: Menander, Die Komödien und Fragmente, hg. v. Günther Goldschmidt, Zürich 1949, S. 157-160. Schiller, Friedrich, »Dramatische Preisaufgabe«, in: Schillers Werke. Nationalausgabe, hg. v. Julius Petersen u. Hermann Schneider, Bd. 22, Vermischte Schriften, hg. v. Hermann Meyer, Weimar 1958, S. 326-327. Schlegel, August Wilhelm, Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst, in: ders., Vorlesungen über Ästhetik I [1798-1803], hg. mit einem Kommentar u. einem Nachwort von Emst Behler, Paderborn/München/Wien/Zürich 1989, S. 179-781. Schlegel, August Wilhelm, Über dramatische Kunst und Literatur [1808], in: Kritische Schriften und Briefe, hg. v. Edgar Lohner, Bd. 5 u. 6, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1966 u. 1967. Schlegel, Friedrich, »Gespräch über die Poesie«, in: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, hg. v. Emst Behler u. a., 1. Abt., 2. Bd., hg. v. Hans Eichner, München/Paderborn/ Wien 1967, S. 284-351. Schlegel, Friedrich, Die Griechen und Römer, in: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, hg. v. Ernst Behler u.a., 1. Abt., 1. Bd., Paderbom/München/Wien/Zürich 1979, S. 203-367. Schlegel, Friedrich, Literarische Notizen 1797—1801. Literary Notebooks, hg., eingeleitet und kommentiert von Hans Eichner, Frankfurt/M./Berlin/Wien 1980. Schlegel, Friedrich, »Vom ästhetischen Werte der griechischen Komödie« [1794], Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, hg. v. Emst Behler u. a., 1. Abt., 1. Bd., Studien des klassischen Altertums, hg. v. Emst Behler, Paderbom/München/Wien/Zürich 1979, S. 19-33.
126
Schleiermacher, Friedrich Daniel Emst, Kritischt Gesamtausgabe, hg. v. Hermann Fischer u. a., 5. Abt., Bd. 4, Briefwechsel 1800, hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond, Berlin/New York 1994. Schmitt, Rainer (Hg.), Dit ästhetische Prügeky. Streitschriften der antiromantischen Bewegung, Göttingen 1992. Schopenhauer, Arthur, Die Welt als Wilk und Vorstellung II, in: Sämtliche Werke, hg. v. Wolfgang Frhr. von Löhneysen, Bd. 2, Stuttgart/Frankfurt/M. 1976. Tieck, Ludwig, »Vorbericht«, in: Ludwig Tieck's Schriften, Bd. 1, Berlin 1828, S. V-XLIV. Tieck, Ludwig, »Briefe über Shakespeare«, in: Kritische Schriften, Bd. 1, Leipzig 1848, S. 133184. Tieck, Ludwig, »Das altengjische Theater«, in: Kritische Schriften, Bd. 1, Leipzig 1848, S. 215-322. Tieck, Ludwig, »Bemerkungen über einige Schauspiele und deren Darstellung auf der Berliner Hofbühne«, in: Schriften in !(wölf Bänden, hg. v. Manfred Frank u. a., Bd. 12, Schriften 1836-1852, hg. von Uwe Schweikert, Frankfurt/M. 1986, S. 1027-1037. Tieck, Ludwig, »Waldeinsamkeit«, in: Schriften in %wölf Bänden, hg. v. Manfred Frank u. a., Bd. 12, Schriften 1836-1852, hg. von Uwe Schweikert, Frankfurt/M. 1986, S. 857-935. Tieck, Ludwig, Phantasus, in: Schriften in zwölf Bänden, hg. v. Manfred Frank u. a., Bd. 6, hg. v. Manfred Frank, Frankfurt/M. 1985. Wieland, Christoph Martin, Oheren. Ein romantisches Heldengedicht in zwölf Gesängen, in: C. M. Wielands Sämmtlkhe Werke, Bde. 22 u. 23, Leipzig 1796.
2. Sekundärliteratur Arntzen, Helmut, Die ernste Komödie. Das deutsche Lustspiel von Lessing bis Kleist, München 1968. Behrmann, Alfred, »Wiederherstellung der Komödie aus dem Theater. Zu Tiecks >historischem Schauspiek Die verkehrte Welkt, in: Euphorion 79, 1985, S. 139-181. Benay, Jeanne, »Le théâtre de Ludwig Tieck. Tradition et Révolution«, in: Revue d'Allemagne 12,1980, S. 547-566. Brauneck, Manfred, Die Welt als Bühne. Geschichte des europäischen Theaters, Bd. 1, Stuttgart/Weimar 1993. Brauneck, Manfred, Die Welt als Bühne. Geschichte des europäischen Theaters, Bd. 2, Stuttgart/Weimar 1996. Ulrich Broich/Manfred Pfister (Hg.), Intertextualilät. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien, Tübingen 1985. Brüggemann, Werner, Spanisches Theater und deutsche Rûmantik, Bd. 1, Münster 1964. Brummack, Jürgen, »Komödie und Satire der Romantik«, in: Europäische Romantik I, hg. v. Karl Robert Mandelkow, Wiesbaden 1982, S. 273-290. Bumm, Peter, August Graf von Platen. Eine Biographie, Paderborn/München/Wien/Zürich 1990. Burwick, Roswitha W., Achim von Arnims Verhältnis %ur Bühne und seine Dramen, Diss. Univ. of California, Los Angeles 1972 Catholy, Eckehard, Das deutsche Lustspiel Von der Aufklärung bis ç»r Romantik, Stuttgart 1982 Daniel, Ute, Hoflheater. Zur Geschichte des Theaters und der Höfe im 18. und 19. Jahrhundert, Stuttgart 1995.
127
Dannenberg, Matthias, Schönheit des Lehens. Eine Studie ?um >Wirden< der Kritikkon^eption Friedrich Schlegels, Würzburg 1993. Demuth, Otto, Das romantische Lustspiel in seinen Begehungen dichterischen Entwicklung Eichendorffs, Prag 1912 (Prager Deutsche Studien, Bd. 20). Denkler, Horst, »Aufbruch der Aristophaniden. Die aristophanische Komödie als Modell für das politische Lustspiel im deutschen Vormärz«, in: Der Dichter und seine Zeit - Politik im Spiegel der Literatur, hg. v. Wolfgang Paulsen, Heidelberg 1970, S. 134-157. Denkler, Horst »Einleitung«, in: August von Platen, Die verhängnisvolle Gabel Der romantische Ödipus. Neudruck der Erstausgaben, hg. v. Irmgard und Horst Denkler, Stuttgart 1979, S. 3-33. Dover, Kenneth James, Aristophanic comedy, London 1972. Ehrlich, Lothar, Ludwig Achim von Arnim als Dramatiker. Ein Beitrag ^ur Geschichte des romantischen Dramas, Diss. Halle 1970. Endres, Johannes, »Novalis und das Lustspiel. Ein vergessener Beitrag zur Geschichte der Gattung«, in: Aurora 58,1998, S. 19-33. Falkner, Gerhard, Die Dramen Achim von Arnims. Ein Beitrag %ur Dramaturgie der Romantik, Zürich 1962 (Zürcher Beiträge zur deutschen Literatur und Geistesgeschichte, Bd. 20). Fetzer, John, »Das Drama der Romantik«, in: Romantik-Handbuch, hg. v. Helmut Schanze, Stuttgart 1994, S. 289-310. Frank, Manfred, Das Problem >ZeiU in der deutschen Romantik. Zeitbewußtsein und Bewußtsein von Zeitlichkeit in der frühromantischen Philosophie und in Tiecks Dichtung, München 1972. Freund, Winfried, »Einleitung. >Eine Komödie? Was ist das für ein Ding?... die Zeit selbst ist thöricht geworden ...