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German Pages 244 Year 2008
Schriften zum Internationalen Recht Band 175
Die Heilung von formellen Eheschließungsmängeln bei Ehen mit Auslandsberührung nach deutschem Recht Von
Anja Juliane Müller
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
ANJA JULIANE MÜLLER
Die Heilung von formellen Eheschließungsmängeln bei Ehen mit Auslandsberührung nach deutschem Recht
Schriften zum Internationalen Recht Band 175
Die Heilung von formellen Eheschließungsmängeln bei Ehen mit Auslandsberührung nach deutschem Recht
Von
Anja Juliane Müller
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Universität Potsdam hat diese Arbeit im Wintersemester 2007/2008 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 978-3-428-12867-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Herbst 2007 abgeschlossen und im Wintersemester 2007/2008 von der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam als Dissertation angenommen. Die zu den zentralen Fragestellungen der Untersuchung seither erschienene Rechtsprechung und Literatur konnte im Wesentlichen bis April 2008 berücksichtigt werden. Während des Promotionsverfahrens sind mir von vielen Menschen Unterstützung und Förderung zuteil geworden, weshalb ich ihnen dafür an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank aussprechen möchte. Vor allem gilt mein herzlicher Dank Frau Prof. Dr. Marianne Andrae, die die Arbeit betreut und ihren Entwicklungsprozess stets mit großem Interesse begleitet hat. Ihre wertvollen Hinweise, Anregungen und Kritik halfen mir, diese Abhandlung entstehen zu lassen. Ebenso herzlich danken möchte ich Herrn Prof. Dr. Helmut Weber, LL.B. für die Erstellung des Zweitgutachtens sowie für seine hilfreichen Ratschläge im Zusammenhang mit der Veröffentlichung dieser Arbeit. Von großem Wert waren für mich darüber hinaus die Gespräche mit meinem Freund und Kollegen Herrn René Fiedler. Mit seinen weiterführenden Anregungen hat er maßgeblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Danken möchte ich schließlich meiner ganzen Familie, insbesondere meinen Eltern, die mir während der gesamten Ausbildung jede denkbare Unterstützung haben zukommen lassen und auf diese Weise die Arbeit mitgetragen haben. Potsdam, im April 2008
Anja Juliane Müller
Inhaltsverzeichnis Einführung in das Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Erster Teil Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für formelle Eheschließungsmängel
25
A. Die Trauung vor dem Scheinstandesbeamten gemäß § 1310 II BGB . . . . . .
27
B. Die Heilung der nach § 1314 I i.V. m. § 1311 S. 1 BGB aufhebbaren Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
C. Die statusrechtliche Heilung gemäß § 1310 III BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die internrechtliche Bedeutung des § 1310 III BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Ehekonsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vertrauenstatbestände der Nr. 1–3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eintragung der Ehe in das Heirats- oder Familienbuch . . . . . . . . . . . b) Aufnahme eines Hinweises der Eheschließung in das Geburtenbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entgegennahme und Quittierung einer familienrechtlichen Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Zusammenleben als Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. § 1310 III BGB im internationalrechtlichen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Staatsangehörigkeit der Partner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ort der Konsensabgabe und des Zusammenlebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Substitution durch Eintragung der Ehe in ein ausländisches Register durch einen ausländischen Standesbeamten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Möglichkeit der Substitution bei der Eheschließung . . . . . . . . . . . . . b) Substitution im Rahmen der Heilung gemäß § 1310 III BGB . . . . . 4. Anwendbarkeit des § 1310 III BGB bei Maßgeblichkeit ausländischen Formstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34 36 36 37 37 39 40 41 43 44 44 47 50 50 51 55 56
8
Inhaltsverzeichnis Zweiter Teil Die Anwendung ungeschriebener Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
A. Die Notwendigkeit weiterer Heilungsinstrumentarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Meinungsspektrum in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatsächliches Bedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abschließender Geltungsanspruch des § 1310 III BGB . . . . . . . . . . . . . B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene durch Anerkennung eines ausländischen Ehefeststellungsurteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Anerkennung eines Ehefeststellungsurteils im EU-Rechtsraum . . . . . . 1. Überblick über die Anerkennungsregeln nach der EheVO II . . . . . . . . . 2. Praktische Bedeutung der Heilungsvariante innerhalb der EU . . . . . . . . 3. Einbeziehung feststellender Entscheidungen in den Geltungsbereich der EheVO II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand unter Geltung der EheVO I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Intention der EheVO I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rückschlüsse aus dem Haager Scheidungsübereinkommen vom 1. Juni 1970 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Auslegung des Wortlautes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Konträre Regelungsinhalte der erfassten Verfahrensarten . . . . . ee) Vergleich mit klageabweisenden Entscheidungen . . . . . . . . . . . . ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtslage seit dem 1. März 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Regelungsbereich des Art. 1 I lit. a EheVO II . . . . . . . . . . . . . . . bb) Neuerungen in Bezug auf den Ausschluss klageabweisender Entscheidungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Konsequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Anerkennung eines Ehefeststellungsurteils in einem förmlichen Verfahren nach Art. 7 § 1 FamRÄndG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zweckrichtung des Anerkennungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die sachlichen Anerkennungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts . . . . . . b) Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public . . . . . . . . . aa) Entscheidungen der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abgeschwächte Wirkung des anerkennungsrechtlichen ordre public-Vorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rückschlüsse aus § 328 I ZPO a. F. und seiner Neufassung . . .
58 58 58 61 61 66 66 68 68 69 71 72 73 75 76 77 78 80 80 81 81 83 84 84 85 86 87 88 89 90 92 93
Inhaltsverzeichnis (1) Verhältnis des § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. zu § 328 I Nr. 4 ZPO a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schlussfolgerung aufgrund der Streichung des § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Vereinbarkeit des ausländischen Ehefeststellungsurteils mit Art. 6 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Verfassungsbegriff der Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Voraussetzungslose Umgehung deutscher Wertvorstellungen? . . 4. Ergebnis und Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Feststellungsverfahren nach § 632 ZPO als gleichwertiger Rechtsschutz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen des Urteils mit inter partes-Wirkung und weitere Nachteile der Feststellungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Heilung auf der Ebene des deutschen Kollisionsrechts . . . . . . . . . . . . . . I. Unselbständige oder alternative Anknüpfung der Vorfrage nach der Ehewirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Lösungsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Heilung der formwidrigen Ehe durch nachträglichen Statutenwechsel . . . . 1. Heilende Wirkung des Statutenwechsels i. R. d. Art. 13 I EGBGB? . . . a) Gründe für die ausnahmslose Unwandelbarkeit des Eheschließungsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Befürwortende Stimmen zugunsten der Anerkennung einer Ausnahme von der unwandelbaren Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Sonderfall der antizipierenden Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtsdogmatischer Hintergrund für die Gewährung einer Ausnahme von der grundsätzlichen Unwandelbarkeit des Art. 13 I EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ratio legis des Art. 13 I EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Begrenzung des Eheschließungsstatuts entsprechend dem Gesetzeszweck? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kein Verstoß gegen die klare Wertentscheidung des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Heilung durch Staatsangehörigkeitswechsel i. R. d. Art. 13 III EGBGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterstützende Ansichten aus der Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der ablehnende Standpunkt im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die antizipierende Anknüpfung bei formfehlerhafter Inlandstrauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis d) Methodische Begründung und eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . aa) Verletzung der gesetzgeberischen Wertentscheidung . . . . . . . . . bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einschränkende Anwendung des Art. 13 III 1 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Parallelen zu anderweitigen Heilungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auslegung des Art. 13 III 1 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Deutung des Wortlautes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gesetzesauslegung nach dem Sinn und Zweck unter besonderer Berücksichtigung der teleologischen Reduktion . . . . . . . . . . (1) Ablehnung des besonderen ordre public-Charakters . . . . . . (2) „Eheschließung im Inland“ als ausreichender Binnenbezug (3) Stellungnahme zu dem behaupteten ordre public-Charakter des Art. 13 III 1 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtliche Zulässigkeit der ergänzenden Anwendung ungeschriebener sachrechtlicher Heilungsinstrumentarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sachrechtliche Heilungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wiederholung der Trauung nach inländischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erweiterung des Regelungsbereiches des § 1310 III BGB durch Gesetzesanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entsprechende Anwendung des § 1310 II BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gleichsetzung von Nichtehe und nichtiger Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand unter Geltung des EheG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fortleben des Heilungsansatzes nach der Eheschließungsrechtsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gleichsetzung der Nichtehe mit der aufhebbaren Ehe? . . . . . . . (1) Direkte Anwendung der Eheschließungsvorschriften . . . . . (2) Entsprechende Anwendung des § 1315 II Nr. 2 BGB . . . . bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ehe durch spätere Erklärung des Eheschließungswillens anlässlich der Anlegung eines Familienbuches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beurteilung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Heilung der Nichtehe durch Erlass eines rechtskräftigen Scheidungsurteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kritische Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick über die formelle und materielle Rechtskraft . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
7.
8. 9. 10.
bb) Erstreckung der materiellen Rechtskraft auf die Statusbeziehung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Auswirkungen der materiellen Rechtskraft auf die Ehefolgen . . b) Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 II ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Witwenrente gemäß § 1264 RVO a. F. (§ 46 SGB VI n. F.) bei hinkenden Auslandsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Argumentationsstruktur des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Resonanz im Schrifttum und ihre Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Relevanz der Judikatur für die Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unmöglichkeit der Einhaltung der gesetzlichen Eheschließungsform . . Unzumutbarkeit der Wahrung der Eheschließungsform . . . . . . . . . . . . . . Heilung durch jahrzehntelang gutgläubig gelebte Ehe . . . . . . . . . . . . . . . a) Ansichten vor der Eheschließungsrechtsreform, 1998 . . . . . . . . . . . . b) Meinungsstand nach Einführung des § 1310 III BGB . . . . . . . . . . . . aa) Ablehnender Standpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Befürwortende Auffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bewertung des Konflikts bei Bestehen einer hinkenden Auslandsehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bindungswirkung der Witwenrentenentscheidung gemäß § 31 I BVerfGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verfassungsrechtlicher Eheschutz gemäß Art. 6 I GG . . . . . . . . cc) Lösungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung des § 1310 III BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Offensichtliche Verfassungswidrigkeit der Norm? . . . . . (aa) Verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigender Eingriff in Art. 6 I GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Wortlaut und gesetzgeberischer Wille als Grenzen der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gesetzesimmanente Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verwirklichung der mit der Eheschließungsform verfolgten Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Präzisierung der Rechtsfortbildung und Ausblick für den Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einbeziehung der langjährigen absoluten Nichtehen in den Schutzbereich des Art. 6 I GG mit dem Ergebnis ihrer Heilung im Status? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis aa) Gleichbehandlung mit nichtehelichen Lebensgemeinschaften . . 218 bb) Erfüllung der Zwecke der standesamtlichen Mitwirkungspflicht unter besonderer Berücksichtigung der Beweisfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
Abschließende Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. EG a. E. AEMR a. F. AG AHKABl. AHK-Gesetz ÄndG Anm. AnwK AöR Art. Aufl. AuslG AVAG
BAG BAnz BayObLG BayObLGZ Bearb. BFH BFHE BGB BGBl. BGH BGHZ BSG BSGE BT-Drucks.
andere Ansicht Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften am Ende Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (UN GA Res. 217 [III] vom 10. 12. 1948) alte Fassung Amtsgericht Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission Gesetz der Alliierten Hohen Kommission Änderungsgesetz Anmerkung Anwaltkommentar Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Auflage Gesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet vom 09. 07. 1990 (Ausländergesetz) Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen vom 19.02.2001 (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz) Bundesarbeitsgericht Bundesanzeiger Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Bearbeiter Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. 08. 1896 Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts Drucksachen des Deutschen Bundestages
14 BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE bzgl. bzw. DA ders. (dies.) d.h. DJ DÖV DtZ DVBl. EGBGB EheG
EheschlRG EheVO I
EheVO II
EMRK ERA-Forum EStG EU EuGVÜ
EuLF Eur. L. Rev.
Abkürzungsverzeichnis Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (Bundesverfassungsgerichtsgesetz) vom 12. 03. 1951 Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich beziehungsweise Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden derselbe (dieselbe, -n) das heißt Deutsche Justiz Die öffentliche Verwaltung Deutsch-Deutsche Rechtszeitschrift Deutsches Verwaltungsblatt Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. 08. 1896 Gesetz zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und der Ehescheidung im Lande Österreich und im übrigen Reichsgebiet (EheG 1938) vom 06. 07. 1938; neu verkündet am 20. 06. 1946 als Kontrollratsgesetz Nr. 16 (EheG 1946) Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechts vom 04. 05. 1998 (Eheschließungsrechtsgesetz) Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention) vom 04. 11. 1950 Forum der Europäischen Rechtsakademie – scripta iuris europaei Einkommensteuergesetz vom 16. 10. 1934 Europäische Union Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. 09. 1968 The European Legal Forum European Law Review
Abkürzungsverzeichnis EuZPR f. (ff.) FamFG-E FamRÄndG FamRZ FF FG FGG FGPrax Fn. FPR FS FuR gem. GG grds. GS HausratsVO HKEntfÜ h. M. Hrsg. HS. HStR HVerfR i. d. F. i. E. i. e. S. (i. w. S.) InfAuslR insbes. IntFamR IPR IPRax IPR-NeuregelungsG IPRspr.
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Europäisches Zivilprozessrecht folgende (fortfolgende) Entwurf eines Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Gesetz zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften vom 11. 08. 1961 (Familienrechtsänderungsgesetz) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Forum Familien- und Erbrecht Festgabe Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. 05. 1898 Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fußnote Familie – Partnerschaft – Recht Festschrift Familie und Recht gemäß Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 05. 1949 grundsätzlich Gedächtnisschrift Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats vom 21. 10. 1944 Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25. 10. 1980 herrschende Meinung Herausgeber Hauptsatz Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland in der Fassung im Ergebnis im engeren Sinn (im weiteren Sinn) Informationsbrief Ausländerrecht insbesondere Internationales Familienrecht Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25. 07. 1986 Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts
16 i. R. v. (i. R. d.) i. S. v. (i. S. d.) i.V. m. IZPR IZVR JR JurisPK JuS JW JZ Kap. KG KindRG KonsularG KontrollratsG KRABl. LG LJV BW LMK LugÜ
LV Bbg MDR MüKo m.w. N. n. F. NJ NJW NJW-RR Nr. NVwZ OLG OVG (NRW) PStG PStV RabelsZ RGBl. RGZ
Abkürzungsverzeichnis im Rahmen von (im Rahmen des) im Sinne von (im Sinne des) in Verbindung mit Internationales Zivilprozessrecht Internationales Zivilverfahrensrecht Juristische Rundschau Juris Praxiskommentar Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kapitel Kammergericht Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16. 12. 1997 (Kindschaftsrechtsreformgesetz) Gesetz über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse vom 11. 09. 1974 (Konsulargesetz) Kontrollratsgesetz Amtsblatt des Kontrollrats Landgericht Landesjustizverwaltung Baden-Württemberg Kommentierte BGH-Rechtsprechung Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 16. 09. 1988 Verfassung des Landes Brandenburg vom 20. 08. 1992 Monatsschrift für Deutsches Recht Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungsreport Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht (Nordrhein-Westfalen) Personenstandsgesetz vom 03. 11. 1937 Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 12. 08. 1957 Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen
Abkürzungsverzeichnis Rn. Rspr. RVO RzW S. SG SGb SGB I SGB VI sog. StAZ
u. a. u. F. v. v. a. VG vgl. VVDStRL z. B. ZEuP ZfRV ZIP zit. ZPO ZSR ZZP
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Randnummer Rechtsprechung Reichsversicherungsordnung vom 19. 07. 1911 Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht Seite Sozialgericht Die Sozialgerichtsbarkeit Sozialgesetzbuch, Erstes Buch: Allgemeiner Teil vom 11. 12. 1975 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch: Gesetzliche Rentenversicherung vom 18. 12. 1989 so genannte (-n, -r, -s) Das Standesamt – Zeitschrift für Standesamtswesen, Personenstandsrecht, Ehe- und Kindschaftsrecht, Staatsangehörigkeitsrecht unter anderem ursprüngliche Fassung vom/von vor allem Verwaltungsgericht vergleiche Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer zum Beispiel Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zivilprozessordnung in der Fassung vom 12. 09. 1950 Zeitschrift für Sozialreform Zeitschrift für Zivilprozeß
Einführung in das Thema Die zunehmende Mobilität der Bürger in den letzten Jahrzehnten ist ursächlich für den enormen Anstieg grenzüberschreitender Familienbeziehungen, insbesondere von bi- und multinationalen Ehen1. Die Ehe ist in Abgrenzung zu den eheähnlichen Lebensgemeinschaften eine zentrale gesellschaftliche und rechtliche Institution. So stellt sich die Frage nach ihrer Existenz nicht nur im Familienrecht, sondern auch in vielen anderen Rechtsgebieten, beispielsweise im Erbrecht, im Sozial- und Steuerrecht sowie im Beamten- und Ausländerrecht. Als Anknüpfungspunkt rechtlicher Vergünstigungen ist der Status als Ehegatte sonach auf nahezu allen Gebieten des Rechts wesentlich2. Umso wichtiger ist daher die zutreffende Beurteilung der Ehegültigkeit. Im Einzelfall kann diese Prüfung Schwierigkeiten aufwerfen, so vor allem, wenn es sich um einen Sachverhalt mit Auslandsbezug handelt. Da eine Vereinheitlichung des Kollisionsrechts für Ehesachen in Europa bisher nicht verwirklicht ist3 und vorrangig zu beachtende völkerrechtliche Verträge i. S. v. Art. 3 II 1 EGBGB auf dem Gebiet des internationalen Eheschließungsrechts kaum Bedeutung erlangt haben4, ist das deutsche Kollisionsrecht für die Beantwortung der Statusfrage zu bemühen. Danach müssen wie im materiellen Recht die sachlichen und formellen Voraussetzungen für eine fehlerfreie Eheschließung gegeben sein. Während sich das für die sachlichen Anforderungen maßgebliche Recht nach dem Heimatrecht jedes Verlobten im Zeitpunkt der Trauung gemäß
1 In den zurückliegenden Jahren wies etwa jeder zehnte Eheschließende, der sich in Deutschland trauen ließ, eine ausländische Staatsangehörigkeit auf. So waren nach den aktuellen Ermittlungen des Statistischen Bundesamts im Jahre 2005 von insgesamt 776.902 Eheschließenden 29.606 Ausländer (3,81%) und 37.883 Ausländerinnen (4,88%), vgl. das Statistische Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 2007, S. 51. 2 Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 43; Wagenitz, FS Rolland, S. 379; Coester, StAZ 1988, 122. 3 Hierzu eingehend Wagner, StAZ 2007, 101 ff.; ders., RabelsZ 68 (2004), 119 (120 ff.); Jayme/Kohler, IPRax 2007, 493 (496); Dethloff, StAZ 2006, 253 ff. 4 Zu nennen sind insbes. das Haager Abkommen zur Regelung des Geltungsbereiches der Gesetze auf dem Gebiet der Eheschließung vom 12. 6. 1902 (RGBl. 1904, S. 221; Wiederanwendbarkeitserklärung: BGBl. 1955 II, S. 188), Art. 8 III des Niederlassungsabkommens zwischen dem deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17. 2. 1929 (RGBl. 1930 II, S. 1006), das Pariser CIEC-Übereinkommen zur Erleichterung der Eheschließung im Ausland vom 10. 9. 1964 (BGBl. 1969 II, S. 451). Zu bilateralen Konsularverträgen vgl. Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 29 ff.
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Einführung in das Thema
Art. 13 I EGBGB richtet5, können die Ehewilligen hinsichtlich der Form den Trauungsort und damit zugleich das Recht, das über die Förmlichkeiten entscheidet, frei wählen. Fällt die Entscheidung zugunsten einer Heirat im Ausland aus, so hat die Eheschließung den Formerfordernissen des Geschäftsrechts, mithin dem Heimatrecht der Beteiligten, Art. 11 I Fall 1 EGBGB i.V. m. Art. 13 I EGBGB, oder alternativ dem Recht des Eheschließungsortes, Art. 11 I Fall 2 EGBGB, zu genügen. Ziehen die Partner demgegenüber eine Eheschließung in Deutschland vor, so müssen nach der Grundsatzregel des Art. 13 III 1 EGBGB die inländischen Formvorschriften Beobachtung finden6. Verwiesen wird damit auf deutsches formelles Eheschließungsrecht, im Konkreten auf die §§ 1310– 1312 BGB. Als Träger des seit 1875 geltenden Grundsatzes der obligatorischen Zivilehe auf sachrechtlicher Ebene7 normiert § 1310 I 1 BGB an der Spitze der Eheschließungsvorschriften das Prinzip der staatlichen Mitwirkung bei der Trauung durch einen Standesbeamten8. Wenngleich der Abschluss der Ehe demnach bei einem zuständigen und mitwirkungsbereiten Standesbeamten monopolisiert ist, kommt die Ehe nach deutschem Recht nicht durch einen staatlichen Hoheitsakt, sondern durch die beiderseitige Erklärung des Eheschließungswillens der Verlobten vor der Trauungsperson zustande, vgl. § 1310 I 1 BGB9. Demzufolge begründet eine vertragliche Einigung der Partner die rechtliche Bindung10. Der Ausspruch des Standesbeamten i. S. v. § 1312 I 1 BGB und die Eintragung der Eheschließung in das Heiratsbuch gemäß § 1312 II BGB11 wirken lediglich deklaratorisch12. 5 Zur Sicherung der Eheschließungsfreiheit, Art. 6 I GG, beruft Art. 13 II EGBGB als spezielle ordre public-Klausel partiell die Anwendung deutschen Rechts unter den dort genannten Voraussetzungen, sofern ein- oder zweiseitige Ehehindernisse des nach Absatz 1 anwendbaren Rechts einer wirksamen Trauung entgegenstehen, vgl. Looschelders, Art. 13 EGBGB Rn. 17 ff. unter Berücksichtigung der sog. Spanier-Entscheidung des BVerfG (BVerfGE 31, 58). 6 Als abgeschlossener Vorgang unterliegt eine vor dem 1. 9. 1986 vollzogene Trauung dem außer Kraft gesetzten Kollisionsrecht, mithin Art. 13 sowie Art. 11 I EGBGB a. F., § 15a EheG a. F. (vgl. Art. 220 I EGBGB). Eine inhaltliche Änderung der Vorschriften ist durch das IPR-NeuregelungsG vom 25. 7. 1986 (BGBl. I, S. 1142) nicht eingetreten. 7 Vgl. § 41 des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und der Eheschließung vom 6. 2. 1875 (RGBl., S. 23): „Innerhalb des Gebietes des deutschen Reiches kann eine Ehe rechtsgültig nur vor dem Standesbeamten geschlossen werden.“ 8 Obschon unter dem Prinzip der zwingenden Zivilehe nicht allein ihre Begründung vor dem Standesbeamten zu verstehen ist, sondern es auch Ausdruck einer in Inhalt, Rechtsfolgen und Auflösung abweichenden Rechtsbeziehung gegenüber einer Kichenehe ist, beschränken Lehre und Rechtsprechung die Bedeutung des Grundsatzes überwiegend auf die Form der Eingehung der Ehe, vgl. statt aller BVerfG, NJW 1993, 3316 (3317); BGH, IPRax 2004, 438 (440 f.); Bosch, Neuere Entwicklungen im Familienrecht, S. 26; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 I Rn. 1 ff.; Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 1, 5 ff.; Müller-Freienfels, Ehe und Recht, S. 114 ff. 9 BGHZ 29, 137 (141); BGH, FamRZ 1983, 450 (451). Der formgebundene Ehekonsens ist materielles Erfordernis einer gültigen Inlandstrauung, Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-234.
Einführung in das Thema
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Der strikte Zwang zur Wahrung der Inlandsform gemäß Art. 13 III 1 EGBGB besteht indes nur dann, wenn zumindest ein Partner die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ausländischen Verlobten verbleibt nach der Ausnahmeregelung des Art. 13 III 2 EGBGB zusätzlich die Möglichkeit, vor einer von der Regierung des Staates, dem zumindest einer der Verlobten angehört, ordnungsgemäß ermächtigten Trauungsperson in der nach dieser Rechtsordnung vorgeschriebenen Form den Bund der Ehe einzugehen. In der Vergangenheit führte nun das Zusammentreffen des in Art. 13 III 1 EGBGB vorgeschriebenen Gleichlaufs von Inlandstrauung und Inlandsform mit dem sachrechtlichen Grundsatz der zwingenden standesamtlichen Mitwirkung oftmals zu formfehlerhaften Inlandseheschließungen13. Wird nämlich der Heiratswille von ausländisch-deutschen oder ausländischen Paaren in Deutschland weder vor dem zuständigen und mitwirkungsbereiten Standesbeamten, Art. 13 III 1 EGBGB i.V. m. § 1310 I 1 BGB14, noch bei beiderseitiger ausländischer Nationalität vor einer ordnungsgemäß ermächtigten Person i. S. v. Art. 13 III 2 EGBGB erklärt, liegt nach deutschem Recht eine Nichtehe, ein sog. matrimonium non existens vor, an die sich keinerlei Rechtwirkungen anschließen15. Auf die Nichtexistenz der Ehe kann sich jedermann berufen; einer behördlichen oder gerichtlichen Feststellung bedarf es nicht16. Allerdings sind die Betroffenen in der Vielzahl der bisher durch die Rechtsprechung behandelten und im Schrifttum kontrovers diskutierten Fälle gutgläubig vom Bestehen einer rechtsgültigen Verbindung ausgegangen mit der Folge, dass sie über Jahre oder meist Jahrzehnte hinweg im Rechtsverkehr als Ehegatten aufgetreten und als solche behandelt worden sind. Da sich die Formwidrigkeit der Trauung häufig erst nach der Auflösung der Ehe durch Tod oder Schei-
10 BGHZ 29, 137 (141). Die Eheschließung wird deshalb als familienrechtlicher Vertrag klassifiziert, der einer besonderen Form bedarf, AnwK/Wiedenlübbert, § 1310 BGB Rn. 3 m.w. N. 11 Ab Inkrafttreten des neuen Personenstandsgesetzes zum 1. 1. 2009 auf Grundlage des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts vom 19. 2. 2007 (BGBl. 2007 I, S. 122) gehört die Eintragung in das Heiratsbuch nicht mehr zu den Formalitäten bei der Eheschließung. § 1312 II BGB wird deshalb aufgehoben. Zu den § 1312 II BGB ersetzenden Neuregelungen siehe Staudinger/Strätz, § 1312 BGB Rn. 4, 16. 12 Palandt/Brudermüller, Vorb v § 1310 BGB Rn. 2, § 1312 BGB Rn. 2 f. 13 Hepting, IPRax 1994, 355. Aus der Rspr. siehe u. a. OVG Lüneburg, NJW 2005, 1739 (1740); OVG des Saarlandes, IPRspr. 2002 Nr. 63; BSG, IPRspr. 1989 Nr. 82; OLG Koblenz, IPRspr. 1975 Nr. 39; VG Berlin, IPRspr. 1954 Nr. 82. 14 Vor dem IPR-NeuregelungsG (Fn. 6) und dem EheschlRG vom 4. 5. 1998 (BGBl. I, S. 833) entsprachen Art. 13 III EGBGB a. F. i.V. m. § 11 I EheG a. F. den geltenden Regelungen. 15 Bosch, NJW 1998, 2004 (2009 f.); AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 105, 123. 16 BSG, IPRspr. 1989 Nr. 82; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 13 III Rn. 14.
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Einführung in das Thema
dung herausstellte und damit die Nachholung einer den deutschen Vorschriften entsprechenden Eheschließung unmöglich war17, bildeten sich in der Literatur zahlreiche Stimmen, die die strenge Rechtsfolge der Nichtexistenz der Ehe als eine unangemessene Härte für den oder die Partner empfanden18. Dies war vornehmlich dem Umstand geschuldet, dass Nichtehen vor der Eheschließungsrechtsreform 1998 – abgesehen von der Trauung vor dem sog. Scheinstandesbeamten gemäß § 11 II EheG a. F. – unheilbar waren19. Dagegen aufgezeigte Lösungswege auf kollisions- und sachrechtlicher Ebene, die der rigiden Sanktion mittels einer außergesetzlichen Heilung im Status oder durch Anerkennung einzelner Rechtsfolgen zu begegnen versuchten20, fanden bis zur Neuordnung des Eheschließungsrechts 1998 beim Gesetzgeber kein Gehör. Mit der Einführung der Heilungsregelung des § 1310 III BGB im Zuge der Rückführung der Eheschließungsvorschriften aus dem EheG 1946 in das BGB durch die Eheschließungsrechtsreform scheint sich die Problematik der formfehlerhaft begründeten Ehen auf den ersten Blick erledigt zu haben. In den Genuss der statusrechtlichen Anerkennung sollen ausweislich der Gesetzesbegründung21 neben absoluten Nichtehen auch Partner hinkender Ehen gelangen22. Der Begriff des damit berücksichtigten sog. matrimonium claudicans ist auf einen älteren Aufsatz Endemanns zurückzuführen, wonach eine Ehe hinkt, wenn ein Staat über ihre Wirksamkeit anders urteilt als ein zweiter Staat23. Meistens widersprechen sich der Eheschließungsstaat und das Heimatrecht als Personalstatut eines oder beider Ehegatten. Die Entstehungsgründe für hinkende Ehen sind vielfältig, indes ist die Mehrheit der Konflikte auf den Gegensatz von 17 Dies betraf v. a. die häufig nach dem Zweiten Weltkrieg formfehlerhaft geschlossenen Inlandstrauungen deutscher Frauen mit Angehörigen der alliierten Streitkräfte. Bei der Geltendmachung von Witwenrente aufgrund des Todes eines Partners stellte sich zur Überraschung aller Beteiligten die Nichtexistenz der Ehe heraus (siehe statt aller BSGE 27, 96; BVerfGE 62, 323). Zu nennen sind auch die seinerzeit nur konfessionellen Eheschließungen von Spaniern, Griechen und Israelis in Deutschland, hierzu Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 9 f. m.w. N. 18 So u. a. Hepting, StAZ 1996, 257 (261 f.); Coester, StAZ 1988, 122, (128); Bosch, FamRZ 1981, 769. v. Schwind, ZfRV 1973, 143 (146): „Der Grundsatz der ,Inlandsehe-Inlandsform‘ kann zur Zeitbombe werden, durch die ein Ahnungsloser noch Jahrzehnte hindurch in seiner Existenz gefährdet werden kann.“ Dem zustimmend Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 9 mit Fn. 1. 19 Neuhaus, FamRZ 1972, 59 (69); Hepting, IPRax 1994, 355. 20 Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 112. 21 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 22 Der Begriff der ,absoluten Nichtehe‘ wird in der Lehre für die Fälle verwandt, in denen die Eheschließung nach keiner Rechtsordnung Anerkennung findet. Dies dient der Abgrenzung zu der ,relativen Nichtehe‘ bzw. der ,hinkenden Ehe‘, die zumindest nach einer beteiligten Rechtsordnung gültig ist, vgl. Schwind, RabelsZ 38 (1974), 523 f.; Bosch, NJW 1998, 2004 (2009). 23 Endemann, JW 1914, 113–121.
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kirchlicher und weltlicher Eheschließungsform zurückzuführen24. Sämtlichen Rechtsbeziehungen dieser Art ist gemein, dass sie auf einer internationalen Verschiedenheit des Kollisions- und zugleich des Sachrechts zweier beteiligter Staaten beruhen, die sich im konkreten Fall auf die Wirksamkeit der Eheschließung auswirkt25. Dabei ist die hinkende Inlandsehe, bei der die Partner den Ehekonsens unter Verstoß gegen ihr Heimatrecht gemäß deutschem Eheschließungsrecht abgeben, von der hinkenden Auslandsehe abzugrenzen. Letztere ist im Inland ungültig, aus der Sicht zumindest eines der betroffenen Heimatrechte aber existent26. Speziell diese Konstellation will nun der Gesetzgeber von § 1310 III BGB erfasst wissen27, hat die alte Rechtslage doch zu zahlreichen unheilbaren hinkenden Auslandsehen von Griechen und Spaniern infolge einer religiösen, nicht dem Erfordernis der ordnungsgemäßen Ermächtigung der Person i. S. v. § 15a EheG a. F. (Art. 13 III 2 EGBGB n. F.) genügenden Inlandstrauung geführt28. Zwar wurde die Kodifizierung der Heilungsregelung im deutschen Eherecht grundsätzlich begrüßt29, die Norm alsbald aber als lückenhaft30, „als nicht den Problemfällen gerecht werdend“31 kritisiert und letztlich sogar als „nahezu wertloses Theoreticum“32 und als „Mitleid erregender Papiertiger“33 bezeichnet. Auch der BGH nahm in seiner Entscheidung vom 13. 3. 200334 Stellung zu dem Regelungsgehalt des § 1310 III BGB. Seine Ausführungen zu der Frage nach dem abschließenden Charakter der Vorschrift und der ergänzenden Anwendung der vor der Eheschließungsrechtsreform entwickelten ungeschriebenen Heilungsmöglichkeiten führten im Schrifttum zu zahlreichen Diskussionen35. 24 Jochem, FamRZ 1964, 392; Dorenberg, Hinkende Rechtsverhältnisse im internationalen Familienrecht, S. 33. 25 Kegel/Schurig/Schurig, IPR, § 2 II 3 a (139 f.); Dorenberg, Hinkende Rechtsverhältnisse im internationalen Familienrecht, S. 178. 26 Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 20; AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 102. 27 Die hinkende Inlandsehe bedarf aufgrund ihrer Gültigkeit in Deutschland keiner Heilung im Status, weshalb sie freilich nicht unter den Geltungsbereich von § 1310 III BGB fallen soll. 28 Vgl. v. a. die Sachverhalte bei BGH, IPRax 2004, 438; BGHZ 43, 213; BSGE 33, 219; 46, 104; BayObLG, StAZ 1994, 377; OLG Frankfurt, StAZ 1977, 312; LG Bonn, StAZ 1985, 135. 29 Bosch, FamRZ 1997, 138 (139); Hepting, StAZ 1996, 257 (262); ders., FamRZ 1998, 713 (725); Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 12. 30 MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 166; Hepting, FamRZ 1998, 713 (726). 31 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 545a. 32 Sturm, FS Rolland, S. 373 (378). 33 Sturm, StAZ 1999, 289 (296). 34 BGH, IPRax 2004, 438. 35 Vgl. u. a. Coester, FS Heldrich, S. 537 (543 ff.); Mäsch, IPRax 2004, 421 (423 f.); Pfeiffer, LMK 2003, 128 (129); Hohloch, JuS 2003, 921 (922 f.).
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Einführung in das Thema
Folglich herrscht in Rechtsprechung und Lehre trotz neuer Rechtslage nach wie vor Unsicherheit darüber, welche Anforderungen an eine statusrechtliche Heilung formungültiger Eheschließungen zu stellen sind. Insbesondere die Verwaltungsgerichtsbarkeit sieht sich auf dem Gebiet des Ausländerrechts häufig mit dieser Thematik konfrontiert36, denn mitunter wird die Ehe nur zum Schein nach islamischem Ritus geschlossen, damit ein beteiligter ausländischer Partner in den Genuss aufenthaltsrechtlicher Vergünstigungen gelangen kann. Die Beurteilung der Formwirksamkeit der Trauung und gegebenenfalls die Heilung der absoluten Nichtehe bzw. der hinkenden Auslandsehe können dann von ausschlaggebender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichts sein. Sonach geben die geänderte Rechtslage sowie die Entwicklung in Rechtsprechung und Literatur Anlass zu einer umfassenden Untersuchung der Heilung von formellen Eheschließungsmängeln bei Ehen mit Auslandsberührung nach deutschem Recht.
36 Siehe z. B. OVG Lüneburg, NJW 2005, 1739; OVG des Saarlandes, IPRspr. 2002 Nr. 63; OVG NRW, Entscheidung vom 24. 8. 2004 – 19 B 1823/04. Obiter dicta bei OVG Berlin-Brandenburg, InfAuslR 2007, 236 (237).
Erster Teil
Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für formelle Eheschließungsmängel Formfehler bei der Eheschließung können unterschiedliche statusrechtliche Folgen nach sich ziehen. Welche Wirkung der Verstoß im Konkreten entfaltet, richtet sich nach allgemeiner Auffassung nach dem verletzten Recht, mithin nach dem bei der Trauung maßgeblichen Formstatut1. Diese Rechtsordnung entscheidet über alle Folgen, die sich für das Eheband ergeben, insbesondere darüber, ob die Ehe infolge der formwidrigen Trauung ipso iure unwirksam, mit Wirkung ex tunc oder ex nunc aufhebbar oder ob der Fehler unbeachtlich ist. Des Weiteren obliegt es dem verletzten Formstatut über die hier zur Diskussion stehende Heilung von Formmängeln zu urteilen2. Demgemäß werden deutsche Heilungsvorschriften berufen, sofern deutsches Recht als maßgebliches Eheschließungsformstatut verletzt ist: Deutsches Formstatut herrscht zunächst bei einer in Deutschland i. S. v. Art. 13 III 1 EGBGB vollzogenen Eheschließung. Bei Inlandstrauungen von Ausländern gemäß Art. 13 III 2 EGBGB oder nach den Regelungen eines Konsularvertrages3 unterliegt die Form den Vorschriften des Entsendestaates; jenes Recht befindet zugleich über etwaige Verletzungsfolgen4. Sofern allerdings weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art. 13 III 2 EGBGB fehlen, regelt das deutsche Recht die Konsequenzen5, denn dieses stellt die Formanforderungen 1 Siehe u. a. OLG Karlsruhe, StAZ 1994, 286 (287); v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 3b (2) Rn. 165; Kegel/Schurig/Kegel, IPR, § 20 IV 3 (S. 812); Henrich, IntFamR, § 1 VII (S. 39); Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 EGBGB Rn. 202; Kropholler, IPR, § 44 III 2 (S. 340); Coester, FS Heldrich, S. 537 (538 m.w. N.). 2 Vgl. nur Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 112; v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 3b (2) Rn. 166; Kropholler, IPR, § 44 III 2 (S. 340); BayObLG, FamRZ 2000, 699 (701). Ausführlich zu den Folgen, über die das verletzte Formstatut entscheidet: Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 99 ff. m.w. N. 3 Die aktuellen bilateralen Konsularverträge (Nachweis in Fn. 4 der Einführung) sind in ihrem Anwendungsbereich enger gefasst als die Anforderungen des Art. 13 III 2 EGBGB, weshalb ihre gegenwärtige Bedeutung gering ist, Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 33, 35. 4 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 III 4 Rn. 39; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 156. 5 Beispiele aus der Rspr.: BGH, IPRax 2004, 438 (439 ff.) sowie LG Bonn, StAZ 1985, 135 im Zusammenhang mit der fehlenden ordnungsgemäßen Ermächtigung der
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
auf. Was Auslandstrauungen anbelangt, so steht in der Praxis die Beobachtung des Rechts am Vornahmeort gemäß der Sachnormverweisung6 des Art. 11 I Fall 2 EGBGB im Vordergrund. Dies hängt damit zusammen, dass die Wahrung der Heimatform (Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I EGBGB7) außerhalb des Heimatstaates funktionsgleiche, organisatorische Bedingungen verlangt, allerdings die ausländische Trauungsperson erfahrungsgemäß nach ihren eigenen Ortsregeln und nicht wie ein deutscher Standesbeamter amtieren wird8. Aufgrund dessen wird überwiegend davon ausgegangen, dass Deutschen im Ausland – abgesehen von der Möglichkeit einer konsularischen Trauung gemäß § 8 KonsularG9 – regelmäßig nur die Ortsform zur Verfügung steht10. Dieses bestimmt dann auch über die Wirkungen von Formfehlern11. Nichtsdestotrotz ist nach zutreffender Ansicht deutsches Recht bei einer Auslandstrauung von zwei Deutschen dann Sanktionsstatut, sofern sowohl das Ortsrecht (Art. 11 I Fall 2 EGBGB) als auch das gemeinsame deutsche Heimatrecht (Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I
Trauungsperson i. S. v. Art. 13 III 2 EGBGB; AG Mainz, FamRZ 2003, 600 (mangelnde beiderseitige ausländische Staatsangehörigkeit). Ausführlich zu den eigenständigen Formelementen des Art. 13 III 2 EGBGB vgl. Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 621 ff. 6 Zutreffend wird die Berufung des Ortsrechts gemäß Art. 11 I Fall 2 EGBGB überwiegend als Sachnormverweisung qualifiziert, vgl. die amtliche Begründung in BTDrucks. 10/504, S. 38; RGZ 133, 161 (163 f.); Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 98 m.w. N.; Palandt/Heldrich, Art. 11 EGBGB Rn. 1a; Ferid, IPR, Rn. 3-99,3; Erman/Hohloch, Art. 11 EGBGB Rn. 5. 7 Hier folgt die akzessorische Anknüpfung dem renvoi des Sachstatuts, siehe statt aller v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 Rn. 228; AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 128 m.w. N. 8 Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 83; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 148. 9 Bei Trauung zweier Deutscher vor einem diplomatischen Beamten oder Konsul, dem die standesamtlichen Befugnisse nach § 8 KonsularG übertragen wurden, gilt das dem Trauungsakt zugrunde gelegte deutsche Recht; die Wirkungen unzulässiger konsularischer Trauungen regelt hingegen das Ortsrecht. Eingehend Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 727 ff. 10 Hier kommt es deshalb auf die kontrovers diskutierte Frage, ob ein renvoi des IPR des Ortsrechts zugunsten der Formgültigkeit zu beachten ist, sofern die Eheschließung nach dem materiellen Ortsrecht formell fehlerhaft ist (hierzu u. a. Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 124 m.w. N.), nicht an. Eine Rückverweisung auf deutsches Recht würde ins Leere führen, denn die deutsche Eheschließungsform wird im Ausland nicht gewahrt (AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 127), darüber hinaus handelt es sich bei diesem Streitpunkt um ein wenig praxisrelevantes Problem, da das Ortsrecht die Verweisung in aller Regel annehmen wird (MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 131). Zu der Frage, ob bei einer Auslandstrauung die Möglichkeit der Substitution eines deutschen durch einen ausländischen Standesbeamten besteht, vgl. noch den Ersten Teil, C.II.3.a). 11 OLG Karlsruhe, StAZ 1994, 286; LG Hamburg, IPRspr. 1977 Nr. 51; Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 109; Looschelders, Art. 13 EGBGB Rn. 70, 73; Erman/Hohloch, Art. 13 EGBGB Rn. 57.
A. Trauung vor dem Scheinstandesbeamten gemäß § 1310 II BGB
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EGBGB) verletzt sind, Letzteres jedoch – z. B. wegen anwendbarer Heilungsregelungen – die mildere Rechtsfolge ausspricht. Grund hierfür ist die mit der alternativen Anknüpfung bezweckte Begünstigung der Formwirksamkeit des Rechtsgeschäfts12. Letztlich entscheidet deutsches Recht über die Wirkungen des Eheschließungsmangels, sofern es aufgrund einer Rück- oder Weiterverweisung des fremden Heimatrechts der Beteiligten über die förmlichen Voraussetzungen der Auslandseheschließung zu entscheiden hat (Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I EGBGB, Art. 4 I 2 EGBGB)13. Für die aufgeführten Konstellationen sieht das deutsche Recht als maßgebliches Formverletzungsstatut verschiedene Heilungsinstrumentarien vor14, die es im Folgenden zu untersuchen gilt.
A. Die Trauung vor dem Scheinstandesbeamten gemäß § 1310 II BGB Zu der von Art. 13 III 1 EGBGB vorgeschriebenen Inlandsform gehören neben dem Erfordernis eines mitwirkungsbereiten Standesbeamten die Regelung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit der Trauungsperson. Entsprechend der enormen Bedeutung der standesamtlichen Mitwirkung sind die Bestellung und die Zuständigkeit der Trauungsperson fest umrissenen Regelungen unterworfen, vgl. §§ 6, 51 ff. PStG15. Während die in § 6 II – V PStG geregelte örtliche Zuständigkeit des Standesbeamten nur den Verfahrensgang betrifft, die Norm also keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Ehe darstellt und ein Verstoß infolgedessen folgenlos bleibt16, gilt Abweichendes in Bezug auf die allgemeine Zuständigkeit der Trauungsperson für einen Amtsbezirk. Diese ist nämlich für die Funktion als Standesbeamter konstitutiv17. Ihren Niederschlag hat 12 Kropholler, IPR, § 44 III 2 (S. 340); MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 163; ders., FS Heldrich, S. 537 (538). Allgemein, d.h. ohne besondere Berücksichtigung formwidriger Auslandstrauungen Deutscher, vgl. u. a. Sturm, StAZ 2005, 1 (13); v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 III 3b (2) Rn. 167; Bamberger/Roth/Otte, Art. 13 EGBGB Rn. 52 f.; Kegel/Schurig/Kegel, IPR, § 20 IV 3 (S. 812). 13 Sturm, StAZ 1999, 289 (293); Coester, FS Heldrich, S. 537 (539). 14 Zu einem darüber hinausgehenden strittigen Fall siehe noch den Ersten Teil, C.II.4. 15 Mit Inkrafttreten des neuen Personenstandsgesetzes zum 1. 1. 2009 auf Grundlage des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts vom 19. 2. 2007 (BGBl. 2007 I, S. 122) werden zahlreiche Änderungen des Personenstandsrechts erfolgen. Zu den Schwerpunkten der Reform und den Neuregelungen im Einzelnen vgl. BT-Drucks. 16/ 1831, S. 33 ff. sowie ausführlich Bornhofen, StAZ 2007, 33 ff. 16 Palandt/Brudermüller, § 1310 BGB Rn. 2; MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 7; JurisPK-BGB/Wahlen, § 1310 BGB Rn. 13. 17 Hepting, FamRZ 1998, 713 (724); Bamberger/Roth/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 7.
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
sie in den §§ 52 f. PStG gefunden. So sind Standesbeamte gemäß § 53 I 1 PStG für jeden von der zuständigen Verwaltungsbehörde gebildeten Standesamtsbezirk (§ 52 PStG) zu bestellen. Standesbeamter i. S. d. § 1310 I 1 BGB ist daher nur derjenige, der innerhalb des Amtsbezirks, für den er bestellt ist, die Trauung vornimmt18. Außerhalb des Standesamtsbezirks ist die Trauungsperson nicht nur unzuständig, sondern sie ist kein Standesbeamter19, es sei denn, dass dem für einen anderen Bezirk bestellten Standesbeamten die Wahrnehmung der Geschäfte aufgrund eines Notfalls gemäß § 56 PStG übertragen worden sind. Ist jemand zum Standesbeamten bestellt worden, der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit oder die erforderliche Eignung i. S. v. § 53 II PStG besitzt, so stellt dies die Gültigkeit seiner Amtshandlungen nicht in Frage20. Konsequenz der im PStG aufgeführten Zuständigkeitsregeln ist, dass der Standesbeamte eine Ehe wirksam innerhalb seines Amtsbezirks schließen kann, auch wenn es an der örtlichen Zuständigkeit fehlen sollte21. Wird der Standesbeamte hingegen außerhalb seines Standesamtsbezirks tätig, führt dies trotz Abgabe des Ehekonsenses vor einer mitwirkungsbereiten Trauungsperson zur Nichtehe nach deutschem Recht22. Abhilfe schafft für derartige Sachverhalte § 1310 II BGB. Danach gilt als Standesbeamter i. S. d. § 1310 I 1 BGB auch, wer, ohne Standesbeamter zu sein, das Amt eines Standesbeamten öffentlich ausübt und die Ehe in das Heiratsbuch23 einträgt. Die Norm, die über Art. 13 III 1 EGBG auch für Inlandseheschließungen von Ausländern Anwendung finden kann, gewährt Vertrauensschutz sowohl für die genannten Fälle des standesamtlichen Vollzugs der Eheschließungen außerhalb des Amtsbezirks, als auch dann, wenn die Bestellung zum Standesbeamten noch nicht wirksam erfolgt bzw. bereits widerrufen worden ist oder die trauende Person niemals zum Standesbeamten bestellt werden sollte24. Als sog. Scheinstandesbeamter im Sinne der Regelung25 wird damit auch das Auftreten eines Bürgermeisters oder eines Leiters der Gemeindever18 Bamberger/Roth/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 5; AnwK/Wiedenlübbert, § 1310 BGB Rn. 6. 19 Bingel, StAZ 1989, 382. 20 RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 24; Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 4. 21 Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-255; Barth/Wagenitz, FamRZ 1996, 833 (839). 22 MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 9. 23 Das Erfordernis der Eintragung in das Heiratsbuch wird ab dem 1. 1. 2009 ersetzt durch die Eintragung der Ehe in das Eheregister. Hintergrund ist hierfür die Reform des Personenstandsrechts (vgl. bereits Fn. 15), deren Schwerpunkt zwecks einer Verwaltungsvereinfachung u. a. auf der Einführung elektronischer Personenstandsregister anstelle der bisherigen Personenstandsbücher liegt. 24 RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 28; JurisPK-BGB/Wahlen, § 1310 BGB Rn. 26. 25 Vgl. statt aller AnwK/Wiedenlübbert, § 1310 BGB Rn. 10; Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 9.
A. Trauung vor dem Scheinstandesbeamten gemäß § 1310 II BGB
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waltung erfasst, die nicht selten dem Vorurteil erliegen, sie dürfen generell Ehen schließen26. Durch die Fiktion des § 1310 II BGB wird klargestellt, dass die Trauung vor dem Scheinstandesbeamten bei Vorliegen der normierten Voraussetzungen dieselben Rechtswirkungen erzielt wie i. R. d. § 1310 I 1 BGB. Dies ist gerechtfertigt, da den Eheschließenden Einblicke in den Ablauf der Bestellung in der Regel verwehrt bleiben27. Allerdings kommt im Gegensatz zu § 1310 I 1 BGB die vor einem Scheinstandesbeamten geschlossene Ehe nicht schon durch den Austausch der Eheschließungserklärungen zustande, sondern entfaltet erst ab dem Augenblick der Eintragung der Ehe in das Heiratsbuch Wirksamkeit, §§ 2 I, 9, 11 PStG. Folglich hat der Eintrag – im Unterschied zu der nach § 1312 BGB lediglich deklaratorischen Beurkundung bei einer Heirat i. S. v. § 1310 I 1 BGB – konstitutive Wirkung28. Aufgrund dessen wird im Schrifttum von einer heilenden Wirkung des Heiratseintrags ausgegangen29. Auch der BGH gab in der Entscheidung vom 13. 3. 2003 bzgl. der Vorgängernorm des § 11 II EheG a. F. zu erkennen, dass er sich dieser These anschließt30. Die Mehrheit der Vertreter in der Lehre zollen dieser – zuzugeben – rein dogmatischen Frage keine erhöhte Aufmerksamkeit, bleibt es doch ohne signifikante Auswirkungen, ob man § 1310 II BGB genauso wie § 1310 I 1 BGB mit der Erfüllung der Voraussetzungen als Entstehungs- oder, abstellend auf denselben Zeitpunkt, als Heilungstatbestand begreift. Allerdings ist die letztgenannte Sichtweise infolge der Gültigkeit der Ehe erst ab dem nachträglichen Akt der Eintragung überzeugender. Jedenfalls kommt der – durch den Scheinstandesbeamten notwendigerweise selbst vorzunehmenden31 – Beurkundung gemäß § 60 I 1 PStG volle Beweiskraft zu32. 26 Siehe den viel zitierten Fall des OLG Oldenburg, StAZ 1962, 218: Agieren eines Bürgermeisters als Standesbeamter. Ob das Auftreten eines nicht ordnungsgemäß ermächtigten Geistlichen i. S. v. Art. 13 III 2 EGBGB mit dem Handeln des Scheinstandesbeamten vergleichbar ist, mithin § 1310 II BGB entsprechend anzuwenden ist, vgl. noch den Zweiten Teil, D.II.3. 27 Wagenitz/Bornhofen, S. 156, Rn. 17; Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-257 f. 28 RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 30; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 II 4 Rn. 23. 29 Hohloch, JuS 2003, 921 (922); MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 9; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 13 II Rn. 10; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 499. Zur inhaltsgleichen Vorgängernorm des § 11 II EheG 1946 bereits Neuhaus, FS Schwind, S. 223 (228); ders., FamRZ 1972, 59 (69); Mäsch, IPRax 2004, 421 (423); Thomas, Formlose Ehen, S. 95; OLG Oldenburg, StAZ 1962, 218 sowie der Fachausschuss des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2005, 366 (367). 30 „Die erst 1995 vollzogene Eintragung in ein standesamtliches Register in Griechenland ist hinsichtlich der heilenden Wirkung nicht mit dem deutschen Familienbuch gleichzusetzen [. . .].“, vgl. BGH, IPRax 2004, 438 (439). 31 RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 31 m.w. N.
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
Bedingung für eine Heilung der Nichtehe nach § 1310 II BGB ist indes die Öffentlichkeit der Amtsausübung, mithin das Auftreten der trauenden Person als bestellter und zuständiger Standesbeamter. Indiz hierfür ist die Vornahme der Amtshandlungen innerhalb der Diensträume sowie die Möglichkeit, Eintragungen in Heiratsbücher vorzunehmen33. Unerheblich soll dabei nach allgemeiner Ansicht sein, ob die Trauungsperson in gutem Glauben an Zuständigkeit und ordnungsgemäße Bestellung ist; desgleichen soll eine etwaige Kenntnis der Eheschließenden von dem Fehlen der Amtsbefugnis nicht schaden34. Dass § 1310 II BGB demnach unabhängig von der Gut- oder Bösgläubigkeit der Partner Anwendung findet, erscheint auf den ersten Blick befremdlich, schließlich ist Sinn und Zweck der Vorschrift der Vertrauensschutz. Es wird verhindert, dass den Eheschließenden das Risiko nicht ordnungsgemäßer Bestellungen von Standesbeamten i. S. v. § 53 I 1 PStG aufgebürdet wird35. Daraus könnte man vorerst schließen, dass die Fiktion der Gültigkeit einer Ehe nur deshalb greift, weil die Betroffenen gutgläubig von der Trauung vor einem zuständigen und ordnungsgemäß bestellten Standesbeamten ausgegangen und deshalb schutzbedürftig sind. Jedoch wird der Vertrauensschutz nach übereinstimmender Meinung abstrakt gewährleistet36. Es soll der Rechtssicherheit dienen, wenn die Wirksamkeit der Ehe nicht von subjektiven Momenten und damit von schwer nachweisbaren Umständen abhängt37. Aus diesem Grund knüpfte schon die Fiktion des § 11 II EheG a. F. nicht an den guten Glauben der Eheschließenden an38. Das Argument der Rechtsklarheit ist freilich von ernormer Wichtigkeit, schließlich ist die Gültigkeit der Ehe eine für viele Bereiche bedeutsame Statusfrage. Sie wirkt 32 OLG Oldenburg, StAZ 1962, 218; BSGE 46, 104 (106 f.); Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 9; JurisPK-BGB/Wahlen, § 1310 BGB Rn. 26. Es genügt, wenn der Scheinstandesbeamte die Ehe in das Heiratsbuch des Standesamtsbezirks einträgt, in der die Trauungszeremonie stattfand. Ist der Standesbeamte außerhalb seines Amtsbezirks tätig geworden, reicht es aus, wenn die Ehe in das von ihm für seinen Bezirk geführte Heiratsbuch Eingang findet, vgl. RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 31. 33 Bingel, StAZ 1989, 382; Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 41 f. 34 Palandt/Brudermüller, § 1310 BGB Rn. 3; Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 9; Bamberger/Roth/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 6 m.w. N.; JurisPK-BGB/Wahlen, § 1310 BGB Rn. 26; MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 9; RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 28 m.w. N. 35 Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 40. 36 Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-258. 37 Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 41. 38 Vgl. Neuhaus, FamRZ 1972, 59 (66). Anders noch nach § 1319 BGB u. F., wonach die Trauung vor einem Scheinstandesbeamten nur gültig war, sofern die Verlobten den Mangel der Standesamtseigenschaft nicht kannten. Anderenfalls lag eine Nichtigkeit der Ehe vor (Peter, Ausgewählte Probleme des neuen Eheschließungsrechts, S. 217 m.w. N.; Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 1).
B. Heilung der nach § 1314 I i. V. m. § 1311 S. 1 BGB aufhebbaren Ehe
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sich nicht nur auf die Rechtsstellung der Partner zueinander, sondern auch auf mögliche Vertragspartner (vgl. z. B. § 1357 I 2 HS. 1, § 1362 I 1, §§ 1365 ff. BGB) und nachfolgende Generationen aus39. Daher ist die Wirksamkeit der Heirat im Hinblick auf die hohe Bedeutung der Ehe im Rechtsverkehr nach objektiven Umständen zu beurteilen. Entscheidend ist sonach, dass sich die Trauungsperson nach außen als Standesbeamter ausgibt, die unbefugte Amtsausübung sodann ihren Niederschlag in den amtlichen Registern gefunden hat und dadurch der Rechtsschein einer vollgültigen Ehe hervorgerufen wurde. Zu Recht schadet eine Bösgläubigkeit des Paares i. R. v. § 1310 II BGB nicht. Bei Erfüllung der genannten Anforderungen erfährt die Nichtehe ab dem Zeitpunkt des Heiratseintrags (§§ 2 I, 9, 11 PStG) Heilung. Große Praxisrelevanz kommt § 1310 II BGB bisher allerdings nicht zu, sind doch die deutschen Standesbeamten zu gut ausgebildet40, als dass sie ihre allgemeine Zuständigkeit bei der Eheschließung überschreiten.
B. Die Heilung der nach § 1314 I i.V. m. § 1311 S. 1 BGB aufhebbaren Ehe Nicht sämtliche Formfehler ziehen die strenge Sanktion der rechtlichen Bedeutungslosigkeit nach sich. So wird der in § 1312 BGB normierte Ablauf der Trauungszeremonie nicht zwingend angeordnet; eine Verletzung der Sollvorschrift hat sonach keine Auswirkungen auf den Bestand der Ehe41. Gleichermaßen misst der Gesetzgeber dem Formgebot der persönlichen Abgabe des Eheschließungswillens bei gleichzeitiger Anwesenheit der Partner i. S. v. § 1311 S. 1 BGB keine so hohe Bedeutung bei wie den grundlegenden Prinzipien des § 1310 I 1 BGB42 mit der Konsequenz, dass eine Nichtbeachtung lediglich zu einer Aufhebbarkeit der Ehe führt, § 1314 I BGB43. Wegen des Aufhebungsmo39
Gemäß dem Verfassungsauftrag des Art. 6 V GG wirkt sich die Gültigkeit der Ehe zwar nicht auf das Erbrecht und den Unterhaltsanspruch etwaiger nichtehelicher Kinder aus (Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann, Art. 6 GG Rn. 60 f.), rechtliche Divergenzen im Verhältnis zu ehelichen Kindern bestehen aber u. a. im Bereich des Sorgeund Abstammungsrechts: Nur wenn im Zeitpunkt der Geburt eine gültige Ehe existiert, steht kraft Gesetzes die Vaterschaft (§ 1592 Nr. 1 BGB) und das gemeinsame Sorgerecht der Ehegatten fest (§§ 1626 f. BGB), vorausgesetzt, es fehlt an einer vorherigen Erklärung i. S. v. § 1592 Nr. 2 bzw. § 1626a I Nr. 1 BGB. 40 Sturm, StAZ 1999, 289 (296); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 502c. 41 AnwKo/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 105; Erman/Roth, § 1312 BGB Rn. 1. 42 Dies sind die Erklärung des Ehekonsenses vor einem zuständigen und mitwirkungsbereiten Standesbeamten (Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 13 I 1 Rn. 1). 43 Vor der Eheschließungsrechtsreform 1998 hat die Verletzung des Gebots der persönlichen und gleichzeitigen Anwesenheit zur Nichtigkeit der Ehe geführt (vgl. § 17 I EheG a. F.). Zum Zwecke der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Fehlerfolgen ist indes die Unterscheidung zwischen Ehenichtigkeit (sog. vernichtbare Ehe) und Ehe-
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
nopols der Gerichte gemäß § 1313 S. 1 BGB hat ohne rechtskräftiges Aufhebungsurteil jedermann von der Wirksamkeit der Ehe auszugehen; Heiratseintrag und Familienbuch begründen die Vermutung des § 60 PStG, d.h. die Beweiskraft für und gegen alle44. Um der tatsächlich gelebten Ehe trotz Vorliegens eines Aufhebungsgrundes Rechnung zu tragen, sieht das Gesetz in § 1315 BGB Ausschlussgründe für die Aufhebung der Ehe vor. Eine damit eintretende Heilung der nach § 1314 I i.V. m. § 1311 S. 1 BGB aufhebbaren Ehe ist gemäß § 1315 II Nr. 2 BGB möglich, da der Verstoß gegen die Formvorschrift nicht als so gewichtig erachtet wird, dass er der Aufrechterhaltung einer dauerhaft gelebten Ehe entgegenstehen soll45. Bedingung ist ein fünfjähriges oder bei Vorversterben eines Partners ein dreijähriges Zusammenleben als Ehegatten, ohne dass vor Ablauf der nach §§ 187 I, 188 BGB zu berechnenden Fristen ein Aufhebungsantrag gestellt wurde, vgl. § 1315 II Nr. 2 BGB. Somit ist – angelehnt an die Vorläufer der Heilungsvorschrift (§ 1324 II BGB u. F., § 21 II EheG 1938, § 17 II EheG 194646) – die Begründung einer ehelichen Lebensgemeinschaft i. S. v. § 1353 I 2 BGB erforderlich, was sich nach denselben Maßstäben wie bei einer mangelfreien Ehe bemisst47. Demgemäß muss nach außen der Eindruck einer auf Dauer angelegten ehelichen Lebensgemeinschaft in Form einer Verantwortungsgemeinschaft entstehen. Üblicherweise wird die Ehe durch gegenseitige Unterhaltsleistungen sowie häusliche Gemeinschaft gelebt, weiteres Indiz ist die gemeinsame Namensführung48. Ist dies zeitweise oder dauerhaft nicht möglich, kommt es auf den gemeinsamen, zum Ausdruck gebrachten Willen der Partner zur ehelichen Lebensführung an49, im Übrigen gelten die für das Getrenntleben von Ehegatten maßgebenden Kriterien des § 1567 I BGB. Kurzfristige Unter-
aufhebbarkeit weggefallen. Das deutsche Eheschließungsrecht kennt jetzt nur noch die Nichtehe und die aufhebbare Ehe (hierzu BT-Drucks. 13/4898, S. 17 f.; Gernhuber/ Coester-Waltjen, Familienrecht, § 12 I Rn. 2). 44 KG, FamRZ 2006, 1863 (1864); Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-275. 45 Palandt/Brudermüller, § 1315 BGB Rn. 1. 46 In Abweichung von § 1315 II Nr. 2 BGB sah die ursprüngliche Fassung (§ 1324 II BGB u. F.) ein zehnjähriges Zusammenleben der Partner als Ehegatten vor. Mit der Einführung des EheG 1938 verkürzte sich die Frist auf fünf Jahre (vgl. § 21 II EheG 1938), das EheG 1946 übernahm die Änderung in § 17 II EheG 1946, siehe Staudinger/Klippel13., § 1315 BGB Rn. 37. 47 Staudinger/Klippel13., § 1315 BGB Rn. 39. 48 OLG Celle, FamRZ 2004, 949; Palandt/Brudermüller, § 1315 BGB Rn. 16, 14. Bei fehlendem Ehenamen darf wegen § 1355 I 3 BGB nicht automatisch ein Gegenschluss gezogen werden. 49 Dementsprechend steht das Führen getrennter Haushalte einer Verantwortungsgemeinschaft nicht entgegen, sofern das Festhalten an der vermeintlich wirksamen Ehe durch regelmäßige Besuche und intensives Kümmern um den anderen Partner zum Ausdruck gebracht wird, vgl. BGH, FamRZ 2002, 316 (318); Bamberger/Roth/Lohmann, § 1315 BGB Rn. 13; Johannsen/Henrich/Henrich, § 1315 BGB Rn. 22.
B. Heilung der nach § 1314 I i. V. m. § 1311 S. 1 BGB aufhebbaren Ehe
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brechungen der ehelichen Lebensgemeinschaft sind deshalb rechtlich unbeachtlich; eine Trennung hemmt hingegen den Lauf der Frist50. Nach Ablauf der fünf- bzw. dreijährigen Frist i. S. v. § 1315 II Nr. 2 BGB, die mit der Aufnahme des ehelichen Miteinanderlebens beginnt, d.h. frühestens und im Regelfall mit der Eheschließung51, ist der Verstoß gegen § 1311 S. 1 BGB geheilt, es sei denn, dass bis dahin ein auf die Verletzung der Formvorschrift gestützter Aufhebungsantrag52 durch eine antragsberechtigte Person i. S. v. § 1316 I Nr. 1, II BGB anhängig53 ist und dem Antrag stattgegeben wird. Bei Abweisung oder Rücknahme des Antrags bleibt die Antragstellung ohne Einfluss auf die statusrechtliche Heilung der aufhebbaren Ehe54. Hervorhebung verdient schließlich noch die Tatsache, dass es wie im Rahmen der Heilungsvorschrift des § 1310 II BGB nicht auf den guten Glauben der Ehegatten an die Gültigkeit ihrer Ehe ankommt. Eine Heilung des Formfehlers ist ergo auch dann möglich, wenn die Betroffenen die Bedeutung des Formverstoßes erkannt haben55. Ist die Heilung nach § 1315 II Nr. 2 BGB eingetreten, so kommt ihr rückwirkende Kraft für die Dauer der Ehe zu56. Indes lässt der Umstand, dass das Formgebot der persönlichen und gleichzeitigen Anwesenheit vor dem Standesbeamten in der Bevölkerung inzwischen allgemein bekannt ist57 – war es doch bereits in § 1317 I 1 BGB u. F., später in § 17 I EheG (1938) und schließlich in § 13 I EheG (1946) kodifiziert58 – vermuten, dass die praktische Relevanz des
50 Bamberger/Roth/Lohmann, § 1315 BGB Rn. 16. Nehmen die Ehegatten später die häusliche Gemeinschaft wieder auf, dann werden die Zeiträume, in denen die Ehegatten miteinander gelebt haben, zusammengerechnet. 51 MüKo/Müller-Gindullis, § 1315 BGB Rn. 14. 52 Bamberger/Roth/Lohmann, § 1315 BGB Rn. 17; MüKo/Müller-Gindullis, § 1315 BGB Rn. 15; Staudinger/Klippel13., § 1315 BGB Rn. 45. A. A. Palandt/Brudermüller, § 1315 BGB Rn. 16, dem zufolge die Aufhebung nicht wegen Verstoßes gegen § 1311 S. 1 BGB beantragt sein muss. Zum Ganzen: Staudinger/Voppel, § 1315 BGB Rn. 41. 53 MüKo/Müller-Gindullis, § 1315 BGB Rn. 15. Auf Rechtshängigkeit stellt dagegen ab: Staudinger/Klippel13., § 1315 BGB Rn. 45. 54 Nach allgemeiner Ansicht wird über den Wortlaut hinaus das Vorliegen eines erfolgreichen Aufhebungsantrages verlangt, siehe Erman/Roth, § 1315 BGB Rn. 10; MüKo/Müller-Gindullis, § 1315 BGB Rn. 15; Staudinger/Voppel, § 1315 BGB Rn. 42 m.w. N. 55 Palandt/Brudermüller, § 1315 BGB Rn. 16; Staudinger/Voppel, § 1315 BGB Rn. 37. Vgl. auch das OLG Celle, FamRZ 2004, 949, wonach sich das Erfordernis des Miteinanderlebens allein nach objektiven Indizien beurteilt. 56 Hierfür spricht ein systematischer Vergleich mit § 1310 III BGB (vgl. noch den Ersten Teil, C.I.4.). So i. E. auch: Staudinger/Klippel13., § 1315 BGB Rn. 48. Hingegen für eine Heilung mit Wirkung für die Zukunft: Staudinger/Voppel, § 1315 BGB Rn. 9. 57 Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-263. 58 Ausführlich Staudinger/Strätz, § 1311 BGB Rn. 1 f.
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
§ 1315 II Nr. 2 BGB, bedingt durch die Beachtung von § 1311 S. 1 BGB, eher gering ist. Allenfalls bei Inlandseheschließungen ausländischer Verlobter ist eine Missachtung der zwingenden Formvorschrift denkbar. Doch auch hier werden die jahrzehntelange Geltung des Formgebots sowie die gute Ausbildung der Standesbeamten dazu führen, dass der Standesbeamte seine Mitwirkung an der Trauung von vornherein ablehnt, sofern der Verstoß offenkundig ist59. Demnach ist zu resümieren, dass den bei formellen Mängeln berufenen Heilungsvorschriften des § 1310 II BGB und des § 1315 II Nr. 2 BGB eher geringe Bedeutung zukommt. Es fragt sich daher, ob Abweichendes im Hinblick auf § 1310 III BGB festzustellen ist.
C. Die statusrechtliche Heilung gemäß § 1310 III BGB Das Formerfordernis, das in der Praxis stets die größten Probleme aufgeworfen hat, ist die zwingende Mitwirkung des Standesbeamten im Inland, da seine Nichterfüllung die schärfste Rechtsfolge, die Nichtexistenz der Ehe, auslöst60. Dass Nichtehen vor der Eheschließungsrechtsreform nicht immer unheilbar waren, zeigt ein Blick in die Rechtsgeschichte. Bevor das Eherecht 1938 in ein eigenes Gesetz überführt wurde, sah das BGB von 1900 für nichtstandesamtliche Inlandstrauungen eine Heilungsmöglichkeit vor: Gemäß § 1329 S. 2 i.V. m. § 1324 II BGB u. F. konnte die infolge der Eintragung der Ehe in das Heiratsregister nur noch vernichtbare Ehe bei zehnjährigem oder im Fall des Vorversterbens eines Ehegatten bei zumindest dreijährigem Zusammenleben der Partner als Ehegatten rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eheschließung geheilt werden, sofern innerhalb des Zeitraums keine Nichtigkeitsklage erhoben worden ist. Dabei trat die Heilung der formfehlerhaften Ehe unabhängig von der Gutgläubigkeit der Ehegatten ein61. Allerdings strich der nationalsozialistische Gesetzgeber des EheG 1938 die Vorschrift, eine Wiederaufnahme durch den alliierten Kontrollrat erfolgte 1946 nicht62. Somit war die Möglichkeit der Heilung vor der Eheschließungsrechtsreform nur nichtigen Ehen eröffnet, vgl. §§ 17 II, 18 II, 20 II, 21 II EheG a. F.; Nichtehen waren abgesehen von der Trauung vor dem Scheinstandesbeamten i. S. v. § 11 II EheG a. F. unheilbar63.
59 Dies ist bei offener Stellvertretung oder Botenschaft der Fall. Klassisches Beispiel ist hierfür die sog. Handschuhehe (Stellvertretung in der Erklärung des Willens). Eine umfassende rechtsvergleichende Übersicht über die Länder, die die Handschuhehe anerkennen, bietet Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 748 ff. 60 Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-475. 61 RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 45; Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-284; ders., IPRax 1994, 355 (359); Sturm, StAZ 1999, 289 (292 mit Fn. 47). 62 Hepting, FamRZ 1998, 713 (725). 63 Siehr, IPRax 1987, 19 (20); BGH, IPRax 2004, 438 (439 f.).
C. Die statusrechtliche Heilung gemäß § 1310 III BGB
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Dem daraus resultierenden, von der Praxis als unbefriedigend empfundenen Rechtszustand soll laut Gesetzesbegründung durch die Einführung des § 1310 III BGB ein Ende bereitet werden64. So gilt nach dem Gesetzeswortlaut die Ehe als wirksam geschlossen, sofern die Ehegatten ihren Eheschließungswillen bekundet haben, der Standesbeamte eine Amtshandlung i. S. v. Abs. 3 Nr. 1–3 vorgenommen hat und ein zehnjähriges bzw. bei vorzeitigem Tod eines Partners ein fünfjähriges Zusammenleben der Partner als Ehegatten zu verzeichnen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll mit § 1310 III BGB insbesondere hinkenden Ehen zu ihrer Wirksamkeit im Inland verholfen werden65. Gleichwohl ist zu konstatieren, dass der Regelungsbereich auch absolute Nichtehen erfasst, kann doch dem Wortlaut der Norm als auch der Gesetzesbegründung keine Beschränkung auf hinkende Ehen entnommen werden. Diese werden lediglich als besonderes Anliegen des Gesetzgebers aufgeführt66. In zeitlicher Hinsicht beansprucht § 1310 III BGB nicht nur für die zukünftig, sondern auch für alle vor dem 1. 7. 1998 vollzogenen nichtstandesamtlichen Trauungen Beachtung, vgl. Art. 226 III EGBGB. Nichtehen, die in den Wirren der Nachkriegszeit begründet worden sind, erlangen ausweislich der Gesetzesbegründung rückwirkend Gültigkeit67, soweit das nicht schon nach den dafür geltenden Sondergesetzen zur Heilung kriegsbedingt formwidriger Eheschließungen68 erfolgt ist. Der umfassende Wortlaut der Rückwirkungsnorm des Art. 226 III EGBGB bezieht sich neben den am 1. 7. 1998 noch bestehenden Nichtehen zudem auf jene, die vor dem Inkrafttreten des EheschlRG durch den vorzeitigen Tod eines Partners, aber nach fünf Jahren des ehelichen Zusammenlebens beendet worden sind69. Damit wird der überlebende Partner der Nichtehe rückwirkend ab dem 1. 7. 1998 zum Witwer bzw. zur Witwe mit allen rechtlichen, insbesondere erb-, renten- und versorgungsrechtlichen Folgen, sofern die
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BT-Drucks. 13/4898, S. 17. BT-Drucks. 13/4898, S. 17. Gemeint sind damit hinkende Auslandsehen. 66 Sturm, StAZ 1999, 289 (290); Wagenitz/Bornhofen, S. 206, Rn. 41. Im Ergebnis auch BayObLG, FamRZ 2000, 699 (701); AG Mainz, FamRZ 2003, 600. 67 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 68 Dazu zählen die erlassenen Regelungen der von den Alliierten eingerichteten Behörden, Verordnungen von jeweils fünf Landesgesetzgebern sowie die zu Beginn der fünfziger Jahre vom Bund eingeführten Gesetze. Bei letztgenannten handelt es sich namentlich um das AHK-Gesetz Nr. 23 über die Rechtsverhältnisse verschleppter Personen und Flüchtlinge vom 17. 3. 1950 (AHKABl. 1950, S. 140 in der Fassung des ÄndG vom 1. 3. 1951, AHKABl. 1951, S. 808), das Bundesgesetz über die Anerkennung freier Ehen rassisch und politisch Verfolgter vom 23. 6. 1950 (BGBl. I, S. 226; ergänzt durch das Gesetz vom 7. 3. 1956, BGBl. I, S. 104) und das Bundesgesetz über die Anerkennung von Nottrauungen vom 2. 12. 1950 (BGBl. I, S. 778). Nachweise bzgl. der Gesetze der anderen benannten Organe bei Ann, FamRZ 1994, 135 (136 mit Fn. 6, 7). Sämtliche Sondergesetze weisen keine aktuelle Relevanz mehr auf. 69 AG Mainz, FamRZ 2003, 600; Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 10, 80. 65
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
Voraussetzungen des § 1310 III BGB in der Vergangenheit erfüllt worden sind70. Die rechtswissenschaftliche Aufarbeitung der Heilungsvorschrift im Schrifttum konzentriert sich sowohl auf die internrechtliche als auch auf ihre internationalrechtliche Bedeutung. Allerdings herrscht nur über die Anwendung des § 1310 III BGB auf Inlandssachverhalte größtenteils Klarheit, internationalrechtlich ist die Reichweite des Heilungsinstrumentariums höchst umstritten. Es bietet sich daher an, vorerst die Anforderungen im Zusammenhang mit bloßen Inlandssachverhalten zu überschauen, um auf dieser Grundlage die Notwendigkeit der Ausdehnung des Regelungsgehaltes auf formfehlerhafte Ehen mit Auslandsbezug bewerten zu können.
I. Die internrechtliche Bedeutung des § 1310 III BGB 1. Der Ehekonsens Grundlage der statusrechtlichen Heilung ist die beiderseitige Erklärung des Eheschließungswillens, § 1310 III HS. 1 BGB. Zum einen bleiben dadurch das der Ehe zugrunde liegende Konsensprinzip71 sowie die aus Art. 6 I GG fließende Eheschließungsfreiheit unangetastet, zum anderen wird von vornherein das Erstarken einer als nichteheliche Lebensgemeinschaft geführten Verbindung zu einer Ehe vermieden72. Sonach kann über § 1310 III BGB allein der Mangel der standesamtlichen Trauung vor einem zuständigen und mitwirkungsbereiten Standesbeamten, hingegen nicht das Fehlen der beiderseitigen Eheschließungserklärungen geheilt werden73. Unter welchen Umständen allerdings die Abgabe des Ehekonsenses erfolgen muss, kann dem Wortlaut der Norm nicht entnommen werden. Die hierzu vertretenen Auffassungen gehen erheblich auseinander; sie reichen von der Notwendigkeit der konkreten Nachweisbarkeit der Erklärungen74 bis hin zu der bloßen Vermutung ihres Vorliegens bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen des § 1310 III BGB75. 70 Insgesamt können sämtliche mit der Ehe verbundenen Ansprüche geltend gemacht werden, soweit sie noch nicht verjährt sind, Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 80. 71 Siehe bereits: Einführung in das Thema (S. 20). 72 Wagenitz/Bornhofen, S. 206, Rn. 42; Sturm, StAZ 1999, 289 (290). 73 Gleiches gilt für die materiellen Eheschließungsvoraussetzungen sowie die notwendige Geschlechtsverschiedenheit der Partner, die nicht über § 1310 III BGB heilbar sind, Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 II 4 Rn. 24, 13 I 2 Rn. 3. 74 Wagenitz/Bornhofen, S. 206, Rn. 42. 75 Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 76, 78. Der Gegenbeweis soll jedoch zulässig sein.
C. Die statusrechtliche Heilung gemäß § 1310 III BGB
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Beizupflichten ist denjenigen Stimmen76, die die Abgabe des Eheschließungswillens im Privaten oder im Rahmen einer nichtöffentlichen Veranstaltung nicht genügen lassen und stattdessen das Beisein einer kirchlichen oder ausländischen Trauungsperson bzw. die Gegenwart einer Urkundsperson oder von Zeugen verlangen, die zwar nicht befugt sind, in Deutschland Eheschließungen vorzunehmen, die aber den Trauungsvorgang dokumentieren77. Hierfür streitet neben der Systematik, d.h. der Zusammenhang des § 1310 III BGB mit den vorhergehenden Absätzen der Norm, welche auf das Zugegensein eines Trauungsorgans abstellen78, auch die Gewissheit, dass eine unachtsame Einschreibung einer vermeintlich wirksamen Ehe durch den Standesbeamten in inländische Personenstandsbücher (vgl. § 1310 III Nr. 1–3 BGB) ohne einen ihm vorgelegten Nachweis der Eheschließung nicht erfolgen würde. Über einen derartigen amtlichen Vermerk werden die Betroffenen jedoch bei beliebiger bzw. formloser Erklärung des Ehekonsenses nicht verfügen. Fernerhin lassen sich durch das Verlangen nach einer förmlichen Trauungszeremonie Beweisschwierigkeiten sowie die bloße Behauptung von Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften, sie hätten ihren Ehewillen geäußert, verhindern. Etwaigen Versuchen, in den Genuss der mit der Ehe zusammenhängenden Begünstigungen zu gelangen, wird auf diese Weise entgegengewirkt. 2. Die Vertrauenstatbestände der Nr. 1–3 Weiterhin erfordert die Heilung der Nichtehe die Vornahme einer Rechtsschein ausstrahlenden Amtshandlung gemäß § 1310 III Nr. 1–3 BGB. a) Eintragung der Ehe in das Heirats- oder Familienbuch § 1310 III Nr. 1 BGB nennt als Vertrauenstatbestand zunächst die – fälschlicherweise – vorgenommene Beurkundung der Ehe in das Heirats- oder Familienbuch79 durch einen Standesbeamten. 76 Palandt/Brudermüller, § 1310 BGB Rn. 11; Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 114; Sturm, StAZ 1999, 289 (290 f.); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 502b; MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 26; i. E. auch Wagenitz/Bornhofen, S. 206, Rn. 42. A. A. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 II 4 Rn. 27–29, wonach auch ein reiner Privatakt erfasst werden könne, sofern er zusammen mit der standesamtlichen Urkundshandlung geeignet ist, den – für nötig erachteten – guten Glauben der Partner an eine gültige Trauung zu begründen. 77 Siehe z. B. BayObLG, FamRZ 2000, 699 (701): Ehekonsenserklärung vor dem griechisch-orthodoxen Geistlichen; AG Mainz, FamRZ 2003, 600: Trauung vor einem unzuständigen türkischen Konsularbeamten; Fachausschuss des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2006, 266: Eheschließung zweier Pakistani nach islamischem Ritus vor einem Mufti. 78 Sturm, StAZ 1999, 289 (290). 79 Ab dem 1. 1. 2009 erfolgt die Eintragung in das elektronische Eheregister. Zur Reform des Personenstandsrechts siehe bereits Fn. 15, 23.
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
Was die erste Alternative betrifft, so sind die § 9 PStG, § 189 I DA80 zu berücksichtigen. Danach ist die Eheschließung im Beisein der Ehegatten zu beurkunden. Soll also § 1310 III Nr. 1 Fall 1 BGB praktisch werden, muss ein zuständiger Standesbeamter unmittelbar nach der Trauungszeremonie den besagten Vermerk in das Heiratsbuch aufnehmen. Hat dieser aber bereits die Eheschließung selbst vollzogen, so ist die Ehe nicht heilungsbedürftig; sie ist stattdessen gemäß § 1310 I 1 BGB gültig. Gleiches gilt, wenn ein trauender Scheinstandesbeamter die Eheschließung einträgt, vgl. § 1310 II BGB. § 1310 III Nr. 1 Fall 1 BGB kann somit nur die Fälle regeln, bei dem die Heirat vor einem Scheinstandesbeamten i. S. v. § 1310 II BGB stattfindet, dieser jedoch die urkundliche Handlung nicht selbst vornimmt, sondern sie in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Trauung dem eheschließungsbefugten Standesbeamten überlässt81. In dieser Konstellation ist eine statusrechtliche Heilung nach § 1310 II BGB unmöglich, da die Norm die Beurkundung durch den trauenden Scheinstandesbeamten selbst verlangt82. Sturm führt als Beispiel für § 1310 III Nr. 1 Fall 1 BGB die Eheschließung vor einem Geistlichen an, dessen Kirchenbucheintrag sodann durch den die Trauungszeremonie begleitenden Standesbeamten in das Heiratsbuch übernommen wird83. In nennenswertem Umfang wird dies aber wohl kaum praktische Bedeutung erlangen. Von größerer Relevanz ist demgegenüber der unrichtige Eintrag der Ehe in das Familienbuch, § 1310 III Nr. 1 Fall 2 BGB, da gemäß § 12 I PStG ein solches Personenstandsbuch erst im Anschluss an die Eheschließung, gemäß § 19 PStV und § 229 I DA spätestens an dem auf die Eheschließung folgenden Werktag anzulegen ist. In diesem Zeitraum ist das Einschleichen von Irrtümern und Verfahrensfehlern, die schließlich zu der unrichtigen Beurkundung führen können, denkbar84. Sind indes lediglich Deutsche im Inland getraut worden – handelt es sich also um einen Inlandssachverhalt – so ist die Wahrscheinlichkeit, dass dem Standesbeamten ein Fehler unterläuft, aufgrund der klaren, seit 1875 unverändert bestehenden Rechtslage eher gering. Anderes gilt, wenn das Familienbuch 80 Das PStG erfährt durch die „Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden“ (DA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. 7. 2000 (BAnz. Nr. 154a vom 17. 8. 2000), zuletzt geändert durch die neunzehnte allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 15. 8. 2007 (vgl. StAZ 2007, 321 ff.), nähere Ausgestaltung. Der angeführte § 189 I DA lautet: „Der Standesbeamte hat die Eheschließung im Beisein der Ehegatten im Heiratsbuch zu beurkunden. Sind bei der Eheschließung Zeugen zugegen, so ist die Beurkundung auch in ihrem Beisein vorzunehmen. Die Beurkundung wird zweckmäßig schon vor der Eheschließung vorbereitet.“ 81 Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-298; Sturm, StAZ 1999, 289 (291). 82 Vgl. den Ersten Teil, A. (S. 29 mit Nachweis in Fn. 31). 83 Sturm, StAZ 1999, 289 (291). 84 Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-299; Barth/Wagenitz, FamRZ 1996, 833 (843 mit Fn. 207).
C. Die statusrechtliche Heilung gemäß § 1310 III BGB
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auf Antrag gemäß § 15a I PStG angelegt wird, denn der Regelungsgehalt der Norm bezieht sich auf Auslands- (§ 15a I 2 Nr. 1 PStG) oder Inlandstrauungen i. S. v. Art. 13 III 2 EGBGB (§ 15a I 2 Nr. 2 PStG), mithin auf Eheschließungen mit Auslandsberührung. Der Standesbeamte muss sich dann mit der Wahrung ausländischen Eheschließungsrechts auseinandersetzen, es entsteht für ihn ein größerer Prüfungsaufwand. Demnach zeigt sich schon i. R. d. § 1310 III Nr. 1 Fall 2 BGB, dass in der Praxis eher formwidrige Ehen mit Auslandsbezug für die Erfüllung des Heilungstatbestands in Betracht kommen85. b) Aufnahme eines Hinweises der Eheschließung in das Geburtenbuch Als vertrauensbildender personenstandsrechtlicher Akt wird weiterhin die Aufnahme eines Hinweises auf die Eheschließung in das Geburtenbuch86 gelegentlich der Beurkundung der Geburt eines gemeinsamen Kindes der Ehegatten normiert, § 1310 III Nr. 2 BGB. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass sich infolge der Änderungen des PStG durch das KindRG vom 16. 12. 199787 der Vordruck für den Geburtseintrag im Geburtenbuch geändert hat. Seitdem ist ein Hinweis auf den Familienstand der Eltern im Geburtenbuch ausdrücklich nicht mehr vorgesehen, der Geburtseintrag lässt die Ehelichkeit eines Kindes und damit die Eheschließung seiner Eltern nicht mehr erkennen, vgl. auch § 21 I PStG88. Ob der in § 33 I 2 PStV89 vorgeschriebene Hinweis auf die Eheschließung der Eltern „am unteren Rand des Geburtseintrags“ den Anforderungen des § 1310 III Nr. 2 BGB genügt, ist fraglich. Dagegen spricht die bis zur Kindschaftsrechtsreform vorgesehene beschränkte Bedeutung des § 33 PStV. So sollte der Hinweis auf die Trauung im Geburtenbuch lediglich den reibungslosen Informationsfluss zwischen dem Geburtenbuch- und dem Familienbuchführer sichern. Er zog keinerlei materielle Konsequenzen nach sich, insbesondere entfaltete er nicht die Beweiskraftwirkung für und gegen alle gemäß § 60 PStG90. Demgemäß war 85 Zu konkreten Beispielen vgl. noch den Ersten Teil, C.II.1. sowie den Ersten Teil, C.II.2. 86 Ab dem 1. 1. 2009 wird die Eintragung in das Geburtenbuch durch eine solche in das elektronische Geburtenregister ersetzt. Zur Reform des Personenstandsrechts siehe schon Fn. 15, 23. 87 BGBl. I, S. 2942. 88 Bornhofen, StAZ 1997, 362 (370); RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 57. 89 § 33 I PStV normiert: „Der Standesbeamte, der die Geburt eines Kindes beurkundet, dessen Eltern miteinander verheiratet sind, teilt dies dem Standesbeamten mit, der das Familienbuch für die Ehe führt. Er weist am unteren Rand des Geburtseintrags auf die Eheschließung und den Führungsort des Familienbuches der Eltern hin.“ 90 Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-302; i. E. auch der Fachausschuss des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2006, 266 (267).
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
der Eintrag an keine Form gebunden, § 67 DA91, und konnte jederzeit formlos berichtigt werden. Den Hinweis nach § 33 I 2 PStV nunmehr als Vertrauenstatbestand i. S. d. § 1310 III Nr. 2 BGB anzusehen, hieße, an ihn weitreichende, über die ursprüngliche Funktion hinausgehende eherechtliche Wirkungen anzuknüpfen. Dies ist vor allem deshalb bedenklich, weil der Inhalt des Hinweises nicht mit derselben Strenge durch den Standesbeamten geprüft wird, wie das bei Beurkundungen, die an der Beweiskraftwirkung des § 60 PStG teilnehmen, üblich ist92. Jene Zweifel verlieren jedoch an Bedeutung, wenn man bedenkt, dass nach § 258 DA zumindest eine Heiratsurkunde der Eltern vorzulegen ist, wenn Eltern unter der Angabe, verheiratet zu sein, die Geburt eines Kindes anzeigen. Folglich wird sich der Geburtenführer in der Regel eine Heiratsurkunde oder einen Auszug aus dem Familienbuch zeigen lassen93. Existieren aber bereits derartige Nachweise, so tritt die statusrechtliche Heilung der Nichtehe schon nach § 1310 III Nr. 1 BGB ein; auf § 1310 III Nr. 2 BGB kommt es ergo nicht mehr an94. Demnach ist erneut die mangelnde Praxisrelevanz der Vorschrift festzustellen. Um § 1310 III Nr. 2 BGB im Interesse der Betroffenen nicht gänzlich leer laufen zu lassen, ist der Hinweis nach § 33 I 2 PStV als ausreichende vertrauensbildende Maßnahme zu erachten95. c) Entgegennahme und Quittierung einer familienrechtlichen Erklärung Nr. 3 der in § 1310 III BGB vorgesehenen Aufzählung sieht die Heilung der formwidrigen Ehe vor, sofern der Standesbeamte eine familienrechtliche Erklärung der Ehegatten, die zu ihrer Wirksamkeit eine bestehende Ehe voraussetzt, entgegengenommen und den Betroffenen hierüber eine in Rechtsvorschriften vorgesehene Bescheinigung erteilt hat. Nach den Gesetzesmaterialien kommt hierfür insbesondere eine Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens nach § 1355 BGB, Art. 10 II EGBGB in Betracht, deren Abgabe der Standesbeamte den Ehegatten gemäß § 9a PStV bescheinigt96. Dieser Beleg schafft in den Händen der Partner einen hinreichend 91 § 67 DA schreibt vor, dass Hinweise formlos am unteren Rand eines Eintrags oder Randvermerks anzubringen sind. Siehe auch AG Mainz, FamRZ 2003, 600. 92 Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-303. 93 So bei AG Mainz, FamRZ 2003, 600. 94 Sturm, StAZ 1999, 289 (292). 95 Im Ergebnis auch AG Mainz, FamRZ 2003, 600; Bornhofen, StAZ 1997, 362 (370); RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 57; Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 65; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 II 4 Rn. 24; Hepting, FamRZ 1998, 713 (726); MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 27; Sturm, StAZ 1999, 289 (292); Palandt/Brudermüller, § 1310 BGB Rn. 12; Fachausschuss des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2006, 266 (267).
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starken Vertrauenstatbestand, da der Standesbeamte die ehenamensrechtliche Erklärung nur entgegennimmt und quittiert, wenn er den Bestand der Ehe nach sorgfältiger Überprüfung als gegeben ansieht97. Entsprechende, von § 1310 III Nr. 3 BGB erfasste Erklärungen können auch bei Bestimmung oder Änderung des Namens des gemeinsamen Kindes, §§ 1617 ff. BGB, § 30 PStG, oder bei Einbenennung des Stiefkindes, § 1618 BGB, § 31a 1 Nr. 6 PStG, abgegegeben werden98. 3. Das Zusammenleben als Ehegatten Schließlich tritt eine Heilung der Nichtehe im Status nur ein, wenn die Beteiligten mindestens zehn bzw. bei Vorversterben eines Partners fünf Jahre als Ehegatten miteinander gelebt haben, § 1310 III BGB a. E. Laut Gesetzesbegründung orientiert sich § 1310 III BGB an § 17 II EheG a. F.99. Diese Regelung sowie ihre Vorgänger (§ 1324 II BGB u. F., § 21 II EheG 1938) des nunmehr geltenden § 1315 II Nr. 2 BGB betrafen indessen nicht den Formverstoß der nichtstandesamtlichen Trauung100, weshalb sich die gesetzgeberische Anlehnung allein auf die ehemals dort geregelten Fristen des Zusammenlebens beziehen kann101. Wie i. R. d. § 1315 II Nr. 2 BGB verwendet der Gesetzgeber bei § 1310 III BGB den Terminus des Miteinanderlebens der Partner als Ehegatten. Dementsprechend bedarf es einer Lebensgemeinschaft i. S. v. § 1353 I 2 BGB, was sich nach den bereits dargelegten Maßstäben bemisst102. Darüber hinaus erachtet die amtliche Begründung den Vertrauensschutz als das tragende Prinzip des § 1310 III BGB103. Es stellt sich deshalb die Frage, ob eine Heilung der Nichtehe nur dann eintritt, wenn die Betroffenen während des Zusammenlebens gutgläubig vom Bestehen ihrer Ehe ausgegangen sind104. Der 96
BT-Drucks. 13/4898, S. 17. Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-305. 98 Palandt/Brudermüller, § 1310 BGB Rn. 12; Sturm, StAZ 1999, 289 (292); Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 II 4 Rn. 25. 99 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 100 Siehe bereits die Ausführungen unter dem Ersten Teil, B. (S. 32). 101 Sturm, FS Rolland, S. 373 (377). Genau genommen ist nur eine Übereinstimmung mit der in § 1324 II BGB u. F. vorgesehenen zehnjährigen Frist für die Heilung unter Lebenden gegeben. Mit der Einführung des EheG 1938 halbierte sie sich. Diese Dauer des Zusammenlebens findet sich noch heute in § 1315 II Nr. 2 BGB wieder. Bzgl. der Heilungszeit im Todesfall sah der Gesetzgeber von Beginn an eine dreijährige Frist vor. Indes ist sie i. R. d. § 1310 III BGB auf fünf Jahre verlängert worden. 102 Siehe den Ersten Teil, B. 103 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 104 Dafür: Wagenitz/Bornhofen, S. 207, Rn. 44 f.; Bornhofen, StAZ 1997, 362 (370); MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 28; Sturm, StAZ 1999, 289 (291 f.); 97
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Wortlaut der Vorschrift ist keineswegs eindeutig. Aus der Formulierung „als Ehegatten miteinander gelebt haben“ kann nicht ohne weiteres auf die Notwendigkeit der Gutgläubigkeit geschlossen werden, zumal § 1315 I 1 Nr. 5 BGB sowie § 1315 II Nr. 2 BGB die wortgleiche Voraussetzung enthalten und dort gerade nicht das Wissen um die Aufhebbarkeit der Ehe schadet105. Desgleichen tragen die Motive des Gesetzgebers nicht zur Aufklärung der Frage bei: Ausgeführt wird, dass im Fall der fehlerhaften Eintragung durch den Standesbeamten i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB ein „hinreichend konkreter Vertrauenstatbestand [vorliegt], der die – irrige – Auffassung der Eheschließenden, nach deutschem Recht wirksam verheiratet zu sein, generell als schutzwürdig erscheinen lässt“106. Hier lässt zwar der Ausdruck der „irrigen Auffassung“ vermuten, dass der Gesetzgeber die Gutgläubigkeit als ungeschriebene Voraussetzung des Heilungsinstrumentariums versteht, gleichzeitig sollen jedoch die Vorläuferbestimmungen des § 1324 II BGB u. F. sowie § 17 II EheG 1946 als Vorbild für das Verständnis des § 1310 III BGB dienen. Jene Vorschriften enthielten inhaltsgleiche Formulierungen bzgl. des Miteinanderlebens als Ehegatten, die Unkenntnis der Partner vom Formmangel war aber gerade nicht Bedingung für eine Heilung107. Dass die fehlerhafte Eintragung des Standesbeamten i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB im Regelfall Anlass für die Partner sein wird, auf die Wirksamkeit ihrer Ehe zu vertrauen108, zieht nicht die zwingende Schlussfolgerung nach sich, die Gutgläubigkeit zum Erfordernis des § 1310 III BGB zu erheben. Schließlich wird – wie bereits i. R. d. § 1310 II BGB dargelegt – der Vertrauensschutz abstrakt gewährleistet109. Im Sinne der Rechtssicherheit soll die Statusfrage nach der Wirksamkeit der Ehe nicht von subjektiven und damit von schwer nachweisbaren Momenten abhängen. Gründe, weshalb bei § 1310 III BGB gerade Abweichendes gegenüber § 1310 II BGB gelten sollte, sind nicht ersichtlich. Vielmehr knüpfen beide Vorschriften an eine Amtshandlung des Standesbeamten als vertrauensbildenden Akt an und eröffnen dadurch die Möglichkeit einer umfassend wirkenden Heilung der formwidrigen Ehe. Auch bei der sog. ScheinAndrae, IntFamR, § 1 Rn. 114; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 II 4 Rn. 24, 27–29; Hepting, FamRZ 1998, 713 (726). Dagegen: Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 11; AnwK/Wiedenlübbert, § 1310 BGB Rn. 14; JurisPK-BGB/Wahlen, § 1310 BGB Rn. 34; Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 71, 76; Palandt/Brudermüller, § 1310 BGB Rn. 13. 105 Zu § 1315 II Nr. 2 BGB siehe den Ersten Teil, B. mit Nachweisen in Fn. 55, bzgl. § 1315 I 1 Nr. 5 BGB vgl. Palandt/Brudermüller, § 1315 BGB Rn. 14; Staudinger/Voppel, § 1315 BGB Rn. 32. 106 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 107 Sturm, StAZ 1999, 289 (292 mit Fn. 47). 108 Vgl. BT-Drucks. 13/4898, S. 17 sowie den Fachausschuss des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2005, 366 (367). 109 Siehe die Ausführungen unter dem Ersten Teil, A. (S. 30).
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ehe, bei der die Partner im Zeitpunkt der Eheschließung übereinstimmend keine Verpflichtung gemäß § 1353 I BGB begründen wollen (vgl. § 1314 II Nr. 5 BGB), kann die tatsächlich gelebte Ehe zur Heilung führen, § 1315 I 1 Nr. 5 BGB, obschon die Beteiligten um ihre nur zum Schein eingegangene und daher um ihre aufhebbare Ehe wissen110. Dementsprechend muss eine Heilung gemäß § 1310 III BGB auch in dem – praktisch unwahrscheinlichen Fall – in Erwägung gezogen werden, in dem die Betroffenen die Unwirksamkeit ihrer Eheschließung kennen, sie gleichwohl ihren Willen zur ehelichen Lebensgemeinschaft durch ein Zusammenleben i. S. v. § 1353 I BGB zum Ausdruck bringen111. Richtigerweise soll es nicht darauf ankommen, ob die Betroffenen wissen, dass sie nicht verheiratet sind. Die Gutgläubigkeit ist daher wie i. R. d. § 1310 II BGB keine Voraussetzung für eine Heilung nach § 1310 III BGB. Allein entscheidend sind die tatsächliche Aufnahme und das Führen einer ehelichen Lebensgemeinschaft während der vorgesehenen Frist. 4. Rechtsfolge Die Amtshandlung des Standesbeamten i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB markiert den Anfangstag für die Heilungsfrist. Dies folgt aus dem Gesetzeswortlaut, der die Heilung davon abhängig macht, dass die Partner „seitdem“ zehn bzw. fünf Jahre als Ehegatten zusammengelebt haben112. Sind mit der Vollendung des Zeitraums sämtliche Anforderungen der Heilungsregelung erfüllt, gilt die Ehe gemäß § 1310 III BGB als geschlossen. Der Zeitpunkt für das Eintreten dieser Fiktion ist ausdrücklich nicht geregelt. Obgleich der Wortlaut eher für eine Heilung der Ehe mit Wirkung ex nunc spricht, wird nach allgemeiner Auffassung von einer rückwirkenden Heilung, d.h. von einer ex tunc-Wirkung ausgegangen113. Dies ist im Hinblick auf den telos der Norm, nämlich die durch
110 Vgl. auch das OLG Celle, FamRZ 2004, 949, wonach allein maßgebend ist, dass die Parteien nach objektiv zu beurteilenden Indizien als Ehegatten miteinander gelebt haben. 111 Zutreffend daher Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 11; Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 71, 76; AnwK/Wiedenlübbert, § 1310 BGB Rn. 14; JurisPK-BGB/Wahlen, § 1310 BGB Rn. 34; Palandt/Brudermüller, § 1310 BGB Rn. 13. 112 AG Mainz, FamRZ 2003, 600; Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2006, 266 (268). Palandt/Brudermüller, § 1310 BGB Rn. 13: Bei mehreren Urkundshandlungen ist die erste ausschlaggebend. 113 Siehe insbes. BayObLG, FamRZ 2000, 699 (701); AG Mainz, FamRZ 2003, 600; Fachausschuss des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2006, 266 (268); Muscheler, JZ 1997, 1142 (1143); Sturm, StAZ 1999, 289 (293); Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 11; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 164; JurisPK-BGB/Wahlen, § 1310 BGB Rn. 36. Für eine Heilung ex nunc: Peter, Ausgewählte Probleme des neuen Eheschließungsrechts, S. 242 ff.
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
den Standesbeamten anerkannte und jahrelang nach außen geführte Ehe rechtlich zu würdigen, gerechtfertigt. Aufgabe des Heilungstatbestandes ist es, rückwirkend die Erwartungen der Parteien zu bestätigen, weshalb zu diesem Zweck der zwar nicht formgerecht begründete, aber tatsächlich erwirkte und daher verdiente Ehestatus den Partnern nachträglich zuerkannt wird114. Demzufolge verwandelt sich die Nichtehe mit dem Ablauf des zehnten bzw. des fünften Jahrestages rückwirkend in eine gültige Ehe. Dabei reicht die Rückwirkung über den Tag der fehlerhaften Eintragung auf den Zeitpunkt der Konsenserklärung zurück, wenn der beiderseitige Eheschließungswille vor der standesamtlichen Beurkundung abgegeben wurde115. Dies wird der Regelfall sein116.
II. § 1310 III BGB im internationalrechtlichen Kontext Dass sich die Bedeutung des § 1310 III BGB nicht auf bloße Inlandssachverhalte beschränken kann, wird schon unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung deutlich, wonach die Möglichkeit der statusrechtlichen Heilung zugunsten der in hinkender Ehe verbundenen Ehepartner eröffnet werden soll117. Einbeziehung finden also auch Sachverhalte mit Auslandsbezug. Indes werden genaue Grenzen des Regelungsbereiches nicht aufgezeigt, weshalb die Frage, inwieweit § 1310 III BGB im internationalrechtlichen Kontext Beachtung finden soll, höchst unterschiedliche Beurteilung erfährt. 1. Die Staatsangehörigkeit der Partner Ein Teil der Diskussion entzündet sich bereits an der Staatsangehörigkeit der Partner. In der Tat existieren Stimmen im Schrifttum, die den Geltungsbereich der Norm – ohne jegliche Begründung – auf Partner mit deutschem Personalstatut eingrenzen möchten118. Diese Ansicht steht allerdings im Widerspruch zum gesetzgeberischen Willen, dem zufolge vornehmlich bei im Inland begründeten hinkenden Ehen ausländisch-deutscher oder ausländischer Partner durch § 1310 III BGB Abhilfe 114 Vgl. die generellen Ausführungen zu einem Heilungsinstrumentarium von Thomas, Formlose Ehen, S. 137. 115 Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 72; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 502b. 116 Vgl. z. B. die Sachverhalte bei AG Mainz, FamRZ 2003, 600; BayObLG, FamRZ 2000, 699 sowie StAZ 2006, 266, behandelt durch den Fachausschuss des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten. 117 Vgl. bereits die Einführung in das Thema (S. 22) mit Nachweis in Fn. 21. 118 Erman/Hohloch, Art. 13 EGBGB Rn. 45; Palandt/Heldrich64., Art. 13 EGBGB Rn. 21, abweichend davon die darauf folgenden Auflagen, vgl. Palandt/Heldrich, Art. 13 EGBGB Rn. 21, wonach § 1310 III BGB unbeschadet des Personalstatuts Anwendung finden soll, wenn deutsches Recht Formstatut ist.
C. Die statusrechtliche Heilung gemäß § 1310 III BGB
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geschaffen werden soll119. Gerade die vor einer nicht ordnungsgemäß ermächtigten Person i. S. v. Art. 13 III 2 EGBGB120 vollzogenen und deshalb unwirksamen Inlandstrauungen griechischer und spanischer Staatsangehöriger bildeten nämlich in der Vergangenheit die Mehrheit der aus deutscher Sicht formfehlerhaft geschlossenen Ehen. Wenngleich mit der Einführung der fakultativen Zivilehe, d.h. der Wahlmöglichkeit zwischen religiöser und ziviler Trauung in Spanien 1981 und Griechenland 1982 die Gefahr der Entstehung hinkender Auslandsehen in Europa deutlich abgenommen hat121 und außerdem die ganz überwiegende Mehrheit der fremden Rechtsordnungen im Fall einer Auslandseheschließung den Grundsatz „locus regit actum“ anerkennt122, sehen ungeachtet dessen einige Rechtsordnungen zwingende, vom deutschen Recht abweichende Formvorschriften für Auslandstrauungen ihrer Staatsangehörigen vor123. Bei Beachtung dieser Regelungen ist Resultat der Eheschließung die Begründung einer hinkenden Auslandsehe. Darüber hinaus genügt es nach griechischem Recht nach wie vor, dass griechisch-orthodoxe Griechen in Deutschland vor einem nicht durch die griechische Regierung individuell benannten Geistlichen heiraten124. Da dies der Rechtsprechung des BGH125 nicht gerecht wird, ist das Entstehen hinkender Auslandsehen bei Beteiligung von Partnern mit 119
BT-Drucks. 13/4898, S. 17. Bis zu einer grundlegenden Entscheidung des BGH (BGHZ 43, 213) herrschte Uneinigkeit darüber, wann eine ordnungsgemäße Ermächtigung der Trauungsperson i. S. d. Vorschrift vorlag. Der BGH stellte klar, dass es genügt, wenn diplomatische oder konsularische Vertreter und Funktionäre fremder Streitkräfte durch ausländisches Gesetz oder staatlichen Hoheitsakt des Entsendestaates zur Trauung speziell im Ausland befugt sind. Bei konfessionell bestellten Geistlichen sei eine individuelle Benennung des Geistlichen durch die jeweilige ausländische Regierung von Nöten, durch die der fremde Staat für die formwirksame Begründung der Ehe nach seiner Rechtsordnung bürge, siehe BGHZ 43, 213 (222 ff.). 121 Henrich, IntFamR, § 1 III 1 (S. 30); Hepting, StAZ 1987, 154 (157). 122 Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Anh zu Art. 11 EGBGB Rn. 1 ff. mit rechtsvergleichendem Überblick. 123 Vgl. z. B. OVG NRW, Entscheidung vom 24. 8. 2004 – 19 B 1823/04 (Trauung mit Berührung zum iranischen Recht); OVG des Saarlandes, IPRspr. 2002 Nr. 63 (Inlandseheschließung einer Deutschen mit einem Algerier nach islamischem Kodex) sowie der Sachverhalt, der dem Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten am 10. 11. 2005 (Trauung zweier Pakistani nach islamischem Ritus, abgedruckt in StAZ 2006, 266) und am 12. 11. 2004 (Unwirksamkeit der in einer Moschee in Deutschland geschlossenen und im ägyptischen Generalkonsulat beurkundeten Ehe eines Ägypters und einer Tschechin, StAZ 2005, 111) zur Beurteilung vorlag. 124 Vgl. Art. 13 I 2 ZGB von 1940 i. d. F. von 2001, wonach es für die Form der Eheschließung genügt, wenn das Heimatrecht eines der Eheschließenden gewahrt wird. Gemäß Art. 1367 ZGB wird die Ehe wahlweise durch eine kirchliche Trauung vor einem Priester der östlich-orthoxen Kirche oder einem Geistlichen einer anderen in Griechenland bekannten Konfession oder Religion geschlossen (Bergmann/Ferid/ Henrich/Kastrissios, Griechenland, S. 28, 44, 53). Damit müssen die trauenden Geistlichen nicht gesondert durch die griechische Regierung ermächtigt sein. 125 Siehe Fn. 120. 120
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übereinstimmend griechischem Heimatrecht weiterhin möglich. Dasselbe gilt freilich für vergleichbare Sachverhalte bei Maßgeblichkeit einer anderen fremden Rechtsordnung126. Würde man nun den Anwendungsbereich des § 1310 III BGB auf Deutsche einschränken, blieben die nach Art. 13 III 2 EGBGB formunwirksamen Inlandstrauungen ausländischer Partner gänzlich außen vor. Angesichts der Vielzahl der damit ausgeschlossenen Sachverhalte – sowohl aus der Vergangenheit als auch für die Zukunft – und der entgegenstehenden Intention des Gesetzgebers besteht keine Veranlassung für eine derartige Eingrenzung der Heilungsvorschrift. Die Auffassung wäre nur tragfähig, wenn es sich bei § 1310 III BGB um eine Inländerschutzklausel, wie beispielsweise Art. 17 I 2 EGBGB, Art. 38 EGBGB a. F., handeln würde127. Das ist aber nicht der Fall. § 1310 III BGB ist keine Kollisions-, sondern eine Sachnorm des deutschen materiellen Rechts, die der Härte der Sanktion der ,Nichtehe‘ unter bestimmten Voraussetzungen begegnen will128. Fernerhin ist die Anknüpfung der Eheschließungsform gemäß Art. 13 III 1 EGBGB, bei deren Verletzung § 1310 III BGB zum Zuge kommt129, unabhängig von dem Heimatrecht der Beteiligten ausgestaltet, ist es doch Sinn und Zweck des Art. 13 III 1 EGBGB, die Zivilehe bei jeder Inlandstrauung gegenüber jedermann, d.h. unbeschadet des Personalstatuts durchzusetzen130. Eine Geltung des Heilungsinstrumentariums allein zugunsten Deutscher ist auch aus diesem Grund ausgeschlossen131. § 1310 III BGB erfasst somit unterschiedslos deutsche und ausländische Partner132. Findet demnach eine nicht formgerechte Heirat ausländischer Partner in Deutschland statt, kann eine Heilung der fehlerhaften Ehe bei Verwirklichung 126 Vgl. z. B. das Recht Zyperns für die griechische Volksgruppe, nach dem zwei griechisch-orthodoxe zyprische Verlobte auch im Ausland die religiöse Eheschließungsform beachten müssen, indes die Ermächtigung orthodoxer Geistlicher durch die zyprische Regierung bisher nicht erfolgt ist (Bergmann/Ferid/Henrich/Symeonides, Zypern, S. 23). Siehe auch den dem Fachausschuss des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten am 10. 11. 2005 vorgelegten Sachverhalt (abgedruckt in StAZ 2006, 266): Inlandseheschließung von pakistanischen Staatsangehörigen vor einem nicht i. S. v. Art. 13 III 2 EGBGB ermächtigten Mufti nach islamischem Ritus. 127 MüKo/Sonnenberger, Art. 6 EGBGB Rn. 24, 26: Bei einer Europäisierung des Scheidungskollisionsrecht dürfte Art. 17 I 2 EGBGB keine Überlebenschance haben. 128 AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 107; Sturm, FS Rolland, S. 373 (377). 129 Siehe bereits die Ausführungen unter dem Ersten Teil (S. 25). 130 KG, FamRZ 1976, 353; Erman/Hohloch, Art. 13 EGBGB Rn. 42. 131 Sturm, StAZ 1999, 289 (293). 132 So auch Looschelders, Art. 13 EGBGB Rn. 80; Kropholler, IPR, § 44 II 1c (S. 338); Wagenitz/Bornhofen, S. 206, Rn. 41; Coester, FS Heldrich, S. 537 (538); MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 164 f.; MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 25; Sturm, FS Rolland, S. 373 (377); ders., StAZ 1999, 289 (293); AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 107; Bamberger/Roth/Otte, Art. 13 EGBGB Rn. 61. Auch die Judikatur lässt die Anwendung der Heilungsvorschrift nicht schon an der ausländi-
C. Die statusrechtliche Heilung gemäß § 1310 III BGB
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aller Tatbestandsmerkmale des § 1310 III BGB erfolgen. Speziell bei gegen Art. 13 III 2 EGBGB verstoßenden Trauungszeremonien ist die unrichtige Eintragung der Ehe in ein auf Antrag angelegtes Familienbuch durch den Standesbeamten denkbar, vgl. § 15a I 2 Nr. 2 PStG, § 1310 III Nr. 1 Fall 2 BGB133. 2. Ort der Konsensabgabe und des Zusammenlebens Zu klären ist weiterhin, ob die Heilungsvorschrift allein bei formfehlerhaften Inlandseheschließungen als Ortsrecht über Art. 13 III 1, 2 EGBGB Anwendung findet134 oder ob – und unter welchen Voraussetzungen – sich ihr Regelungsanspruch auch auf formwidrige Auslandstrauungen bezieht. § 1310 III BGB selbst gibt keinen Aufschluss darüber, wo es nötig ist, dass „die Ehegatten erklärt haben, die Ehe miteinander eingehen zu wollen“. Gleichermaßen schweigt die amtliche Begründung zu dieser Frage. Für die Bestimmung des zulässigen Ortes der – den Mindestanforderungen genügenden135 – Trauungszeremonie ist zu berücksichtigen, dass § 1310 III BGB Bestandteil des deutschen Sachrechts zur Eheschließungsform ist. Als solches muss die Vorschrift kollisionsrechtlich zur Anwendung berufen sein136. Da das verletzte Recht über die Heilung entscheidet137, wird § 1310 III BGB nicht nur bei Missachtung der inländischen Form relevant, sondern auch bei formfehlerhafter Erklärung des Heiratswillens zweier Deutscher im Ausland. Das Geschäftsstatut führt dann zum deutschen Recht, Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I EGBGB, mag das verletzte Ortsrecht, Art. 11 I Fall 2 EGBGB, die Ehe auch als unwirksam ohne Heilungsmöglichkeit behandeln138. Des Weiteren beansprucht die Heilungsvorschrift Beachtung bei einer Auslandsheirat von Ausländern, sofern das berufene fremde Heimatrecht einen renvoi ausspricht, Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I EGBGB, Art. 4 I 2 EGBGB139.
schen Staatsangehörigkeit der Partner scheitern, vgl. BGH, IPRax 2004, 438; AG Mainz, FamRZ 2003, 600; BayObLG, FamRZ 2000, 699. 133 So bei BayObLG, FamRZ 2000, 699 und dem in StAZ 2006, 266 abgedruckten Sachverhalt, der dem Fachausschuss des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten am 10. 11. 2005 zur Beurteilung vorlag. Gleichermaßen darauf verweisend: Bornhofen, StAZ 1997, 362 (370); Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III300. 134 Dafür Bamberger/Roth/Otte, Art. 13 EGBGB Rn. 61. 135 Erster Teil, C.I.1. 136 MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 164. 137 Siehe die Darlegungen zum Ersten Teil (S. 25). 138 Dies ist Folge des dem Art. 11 I EGBGB zugrunde liegenden Günstigkeitsprinzips, vgl. dazu die Ausführungen zum Ersten Teil (S. 27) und im Zusammenhang mit § 1310 III BGB insbes. Rauscher, IPR, S. 159 f.; Kropholler, IPR, § 44 III 2 (S. 340); Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 113 f.; Wagenitz/Bornhofen, S. 206, Rn. 41. 139 Dazu bereits die Ausführungen unter dem Ersten Teil (S. 27).
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Aus den vorgenannten Erwägungen folgt, dass die für § 1310 III BGB notwendige Erklärung des Ehekonsenses im Ausland möglich ist140. Das Heilungsinstrumentarium ist in den genannten Konstellationen141 anwendbar. Folgende Beispielsfälle sind deshalb denkbar: Deutsche mit inländischem Wohnsitz lassen sich in einem fremden Land, das die Zivilehe für obligatorisch vorschreibt142, kirchlich trauen. Sodann kann § 1310 III BGB als Heilungsvorschrift über Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I EGBGB herangezogen werden, sofern das deutsche Recht gegenüber dem gleichzeitig verletzten Ortsrecht mit § 1310 III BGB die mildere Rechtsfolge wegen des Formverstoßes anordnet143. Trägt der Standesbeamte nach der Rückkehr der Partner nach Deutschland bei Geburt eines gemeinsamen Kindes einen Hinweis gemäß § 33 I 2 PStV auf die vermeintlich wirksame Ehe in das Geburtenbuch ein, so tritt eine statusrechtliche Heilung bei Ablauf der Heilungszeit ein, § 1310 III Nr. 2 BGB. Darüber hinaus kann sich ein deutscher Standesbeamter in Anbetracht des beliebten und zum Teil ausgefallenen ,Ehetourismus‘ langwierigen Nachforschungen in Bezug auf die Wirksamkeit der Auslandseheschließung ausgesetzt sehen144, beinhaltet doch die Anwendung fremder Eheschließungsvorschriften jeweils Sachprüfungen sowie die zutreffende Auslegung und Anwendung der einschlägigen Normen. Denkbar ist, dass er dabei der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Führung der Personenstandsbücher (§ 60 I PStG145) aufgrund eines Irrtums nicht gerecht wird, indem er die formwidrige Ehe fälschlicher-
140 So i. E. auch Bornhofen, StAZ 1997, 362 (370); Wagenitz/Bornhofen, S. 206, Rn. 41; Palandt/Heldrich, Art. 13 EGBGB Rn. 21; Palandt/Brudermüller, § 1310 BGB Rn. 11; MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 25; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 165; Coester, FS Heldrich, S. 537 (539); Sturm, StAZ 1999, 289 (293 f.); Kropholler, IPR, § 44 III 2 (S. 340); Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 113 f.; Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2006, 266 (269). 141 Zu der kontrovers diskutierten Frage, ob § 1310 III BGB auch bei Maßgeblichkeit ausländischen Formstatuts herangezogen werden kann, vgl. noch den Ersten Teil, C.II.4. 142 Rechtsvergleichender Überblick bzgl. der Staaten mit obligatorischer Zivilehe bei Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 659 ff. 143 Z. B. liegt nach schweizerischem Recht eine unheilbare Nichtehe vor, sofern die Trauung gegen den auch dort herrschenden Grundsatz der obligatorischen Zivilehe verstößt (IPRG/Siehr, Art. 44 Rn. 24). Das deutsche materielle Eheschließungsrecht erweist sich daher als das günstigere Recht für die Beteiligten, da es eine Heilungsmöglichkeit für Nichtehen vorsieht. Als weiteres Beispiel ist das dem Schweizer Zivilrecht nachgebildete türkische Recht zu nennen, welches gleichermaßen keine Heilung für rechtsungültige, gegen den Grundsatz der zwingenden Zivilehe verstoßende Ehen vorsieht, vgl. OVG Rheinland-Pfalz, IPRspr. 1993 Nr. 54 sowie Rohe, StAZ 2006, 93 (96 f.). 144 Sturm, StAZ 2005, 1 ff.; ders., 1999, 289 (291). 145 BayObLG, FamRZ 2000, 699 (701).
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weise in das Familienbuch, § 15a I 2 Nr. 1 PStG, einträgt146. Damit würde der Standesbeamte den Rechtsschein der Existenz der Ehe gemäß § 1310 III Nr. 1 Fall 2 BGB setzen. Schleicht sich schließlich ein Fehler bei einer konsularischen Eheschließung Deutscher vor einem deutschen Konsularbeamten im Ausland ein und wird der Heiratseintrag vom Konsularbeamten an den Standesbeamten des Standesamts I in Berlin übermittelt, der daraufhin das Familienbuch gemäß § 12 PStG von Amts wegen anlegt (§ 8 II 1 KonsularG, § 70 III PStV)147, so ist eine Heilung gemäß § 1310 III Nr. 1 Fall 2 BGB bei zehn- bzw. fünfjährigem Zusammenleben der Partner als Ehegatten möglich. Als Illustrationsfall für die Anwendbarkeit des § 1310 III BGB infolge einer Rückverweisung durch das fremde Heimatrecht der Partner bei einer Auslandstrauung bietet sich das Kollisionsrecht der Schweiz, namentlich Art. 45 I IPRG an. Danach wird eine im Ausland gültig geschlossene Ehe in der Schweiz stets anerkannt. Anerkanntermaßen fällt unter das Gültigkeitsstatut wahlweise das Recht am Ort der Eheschließung, das Recht am Wohnsitz eines Ehegatten oder das Heimatrecht eines Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung148. Haben also beispielsweise zwei Schweizer mit Wohnsitz in Deutschland den Ehekonsens in einem Drittstaat abgegeben, so verweist Art. 45 I IPRG auf das deutsche Kollisionsrecht als Wohnsitzrecht. Wegen Art. 4 I 2 EGBGB sind die deutschen Eheschließungsvoraussetzungen – und bei Verletzung der Form – § 1310 III BGB heranzuziehen. Sämtliche Beispiele verdeutlichen, dass die eigentliche Bedeutung der Heilungsvorschrift bei solchen Sachverhalten liegt, die eine Auslandsberührung aufweisen. Dem entspricht es, dass Rechtsprechung und Schrifttum in Bezug auf den Ort des ehelichen Zusammenlebens keine strengen Anforderungen stellen und die Lebensführung auch im Ausland genügen lassen149. Angesichts des nicht entgegenstehenden Gesetzeswortlautes kann dem gefolgt werden. Demnach ist allein der Ablauf der einschlägigen Frist maßgeblich; unerheblich ist, wo die Partner ihren gemeinsamen Lebensplan umgesetzt haben.
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So der Sachverhalt bei AG Kassel, StAZ 1998, 181. Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-299. 148 IPRG/Siehr, Art. 45 Rn. 9. 149 BayObLG, FamRZ 2000, 699 (701); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 502b; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 165; MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 28; Sturm, StAZ 1999, 289 (294). 147
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3. Substitution durch Eintragung der Ehe in ein ausländisches Register durch einen ausländischen Standesbeamten Nachdem festgestellt werden konnte, dass ein im Ausland erklärter Eheschließungswille durch deutsche oder ausländische Partner sowie die Verwirklichung der Heilungsfrist im Ausland der Anwendbarkeit der Heilungsvorschrift nicht entgegenstehen, fragt es sich nunmehr, ob dasselbe auch für die standesamtlichen Vertrauenstatbestände gilt. Klärungsbedürftig ist mit anderen Worten, ob die Beurkundung der Ehe in ein ausländisches Register durch einen ausländischen Funktionsträger den Anforderungen i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB gerecht werden kann. Die Ersetzung eines Tatbestandsmerkmals einer inländischen privatrechtlichen Sachnorm durch einen Rechtsvorgang, welcher sich unter einem anderen als dem anwendbaren Recht vollzogen hat, bedeutet Substitution. Dabei ist entscheidend, ob der nach ausländischem Recht beurteilte Sachverhalt den Zweck der berufenen Formvorschrift in gleicher Weise zu erfüllen vermag, wie der entsprechend inländische. Beide Rechtsvorgänge müssen im Sinne der Norm, d.h. für den konkreten Fall, funktionsgleich (äquivalent) zueinander sein150. a) Möglichkeit der Substitution bei der Eheschließung Bei einer Eheschließung im Ausland, deren Wirksamkeit sich nach deutschem Recht beurteilt, sprechen sich die Rechtsprechung und die überwiegende Meinung des Schrifttums gegen eine Substituierbarkeit des deutschen durch einen ausländischen Standesbeamten aus151. Geltend gemacht wird, dass die §§ 1310– 1312 BGB das Handeln eines deutschen Standesbeamten voraussetzen würden, wenngleich sich dies dem Wortlaut nicht ausdrücklich entnehmen lässt. Selbst wenn das fremde Trauungsorgan – der Erwartung zuwider – nicht nach seinen eigenen Ortsregeln amtiere152, käme eine internationale Behördenvertretung aufgrund der zu genau geregelten deutschen Eheschließungsform nicht in Betracht. Unbewusste Verstöße des ausländischen Standesbeamten blieben sanktionslos153. Bisweilen wird auch auf die für Deutsche vorgesehene Möglichkeit der konsularischen Eheschließung im Ausland verwiesen, bei der der Konsul einem deutschen Standesbeamten gemäß § 8 I 2 KonsularG gleichsteht. Damit würde deutschen Paaren eine hinreichende Alternative gegenüber der ausländi150 Eichenhofer, Internationales Sozialrecht und Internationales Privatrecht, S. 247 f.; eingehend hierzu v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 V Rn. 239 ff. 151 OLG Karlsruhe, StAZ 1994, 286; Raape, IPR, § 27 III 2b (S. 252 f.); Soergel/ Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 83 m.w. N.; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 148. 152 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen unter dem Ersten Teil (S. 26). 153 Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 83; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 148.
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schen Ortsform angeboten werden154. Wer sich dennoch diesen – unter Umständen strengeren – Voraussetzungen entzieht, soll nach der Auffassung des OLG Karlsruhe nicht mit einer milderen Formfehlerregelung des deutschen Eheschließungsrechts belohnt werden155. Die Gegenposition156 beruft sich auf die ratio der §§ 1310 ff. BGB, die im Wesentlichen in der Sicherung der staatlichen Mitwirkung bei der Eheschließung bestünde. Sofern die Aufgabenerfüllung bei der Trauung und die davor zu erfüllenden Prüfungspflichten des ausländischen Beamten denen des deutschen Standesbeamten ähneln, mithin die nötige Funktionsäquivalenz gewahrt wäre, sei eine Substitution zulässig157. b) Substitution im Rahmen der Heilung gemäß § 1310 III BGB Von der Frage der Ersetzbarkeit des deutschen Standesbeamten bei der Auslandseheschließung ist die Problematik der hier zur Diskussion stehenden Substitution im Rahmen der Heilungsvorschrift des § 1310 III BGB zu trennen. Ob auch eine im Ausland zuständige Amtsperson durch einen entsprechenden Eintrag der Ehe in ein Register einen Vertrauenstatbestand im Sinne der Nr. 1–3 setzen kann, der in Deutschland einen Rechtsschein ausstrahlt, wird in der Literatur kaum eingehend diskutiert158. Da die Gleichwertigkeit der Eintragung der Ehe in ein ausländisches Personenstandsbuch durch einen ausländischen Beamten nur dann in Rede stehen kann, wenn sich die Gültigkeit der Trauung nach deutschem Recht richtet, § 1310 III BGB also infolge der Verletzung des deutschen Eheschließungsformstatuts zum Zuge kommt, ist bei Auslandstrauungen von Ausländern grundlegende Voraussetzung für eine Substitution, dass ihr Heimatrecht auf deutsches Recht zurückverweist, Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I EGBGB, Art. 4 I 2 EGBGB159. 154
Raape, IPR, § 27 III 2b (S. 253). OLG Karlsruhe, StAZ 1994, 286. 156 Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 EGBGB Rn. 195; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 719 ff.; Staudinger/Gamillscheg10./11., Art. 13 EGBGB Rn. 804; Rauscher, IPR, S. 160. 157 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 722. 158 Ohne Erörterung der Substitution und nur von einem deutschen Standesbeamten sprechen: Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 II 4 Rn. 24; RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 59; MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 27; Barth/Wagenitz, FamRZ 1996, 833 (843 f.); Wagenitz/Bornhofen, S. 206 f., Rn. 41 ff.; Looschelders, Art. 13 EGBGB Rn. 80. Zugunsten einer Substitution argumentieren ausdrücklich Sturm, StAZ 1999, 289 (294); MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 165; Coester, FS Heldrich, S. 537 (539 f.); Rauscher, IPR, S. 160. Eine Substitution i. R. v. §§ 1310 ff. BGB generell befürwortend Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 719 ff. 159 Sturm, StAZ 1999, 289 (295). 155
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
Die Substituierbarkeit – die bei ihrer Bejahung im Rahmen von § 1310 III BGB zu einem erheblich weiteren Anwendungsfeld führen würde – ergibt sich nach allgemeiner Praxis aus einer Auslegung der anzuwendenden Sachnorm160. Die somit zunächst zu bemühende Wortlautinterpretation hilft hier nicht weiter, da § 1310 III BGB im Einklang mit den § 1310 I, II BGB sowie §§ 1311 f. BGB neutral ausgestaltet ist: Auf ,deutsche‘ Personenstandsbücher sowie auf die Beurkundung durch einen ,deutschen‘ Standesbeamten stellt das Gesetz nicht ab. Dennoch heißt das nicht zwangsläufig, dass die Tatbestandsmerkmale durch einen funktionsgleichen Auslandssachverhalt substituiert werden können, schließlich orientiert sich der deutsche Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Vorschriften in aller Regel an reinen Inlandssachverhalten161. Bestätigt wird dies durch die Gesetzesbegründung, die auf eine fehlerhafte Beurkundung in ein ,deutsches‘ Heirats- oder Familienbuch durch einen ,deutschen‘ Standesbeamten Bezug nimmt162. Im Übrigen darf gemäß § 53 II PStG zum Standesbeamten nur bestellt werden, wer Deutscher ist163. Sonach können Wortlaut und Systematik der Heilungsvorschrift keinen zweifelsfreien Aufschluss geben. Entscheidungserheblich sind daher die der Norm zugrunde liegenden sachrechtlichen Interessen, mithin die ratio legis. Die Gesetzesbegründung betont, dass bei Vorliegen einer Amtshandlung i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB „die – irrige – Auffassung der Eheschließenden, nach deutschem Recht wirksam verheiratet zu sein, generell [. . .] schutzwürdig [ist]“164. Diese irrtümliche Annahme des Bestehens der Ehe nach deutschem Recht beruht ausweislich der Gesetzesmaterialien auf einer „fehlerhafte[n]“ Eintragung des Standesbeamten165. Mithin soll nach dem gesetzgeberischen Willen die fehlerhafte Beurkundung ausschlaggebend für das Gültigkeitsvertrauen der Partner sein, schließlich müssen sie „seitdem“ (vgl. § 1310 III HS. 3 BGB) zusätzlich als Ehepartner für einen bestimmten Zeitraum zusammengelebt haben. Die Fiktion des § 1310 III BGB knüpft sonach vornehmlich an die Rechtsschein ausstrahlende Amtshandlung an166. Daraus ergibt sich bereits die erste Schlussfolgerung: Ist die deutsche Nichtehe nach einer für die Beteiligten maßgeblichen Rechtsordnung wirksam – han160 Kegel/Schurig/Schurig, IPR, § 1 VIII 2e (S. 67); Kropholler, IPR, § 33 I 1 (S. 231). 161 v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 V Rn. 239. 162 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 163 Allerdings hat eine Verletzung der Vorschrift keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Bestellung und die sich daran anschließenden Amtshandlungen, vgl. den Ersten Teil, A. (S. 28). 164 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 165 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 166 Wagenitz/Bornhofen, S. 206, Rn. 41; Coester, FS Heldrich, S. 537 (546); ähnlich Barth/Wagenitz, FamRZ 1996, 833 (843 f.).
C. Die statusrechtliche Heilung gemäß § 1310 III BGB
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delt es sich also um eine hinkende Auslandsehe – und ist deren Gültigkeit aus der Sicht der ausländischen Rechtsordnung durch einen ausländischen Beamten in einem seiner Personenstandsbücher dokumentiert worden, so stellt sich die Frage der Substitution nicht. Die Beurkundung der Ehe ist nämlich gerade nicht fehlerhaft, da die Ehe vom Standpunkt des ausländischen Rechts tatsächlich besteht. Ein Rechtsscheintatbestand wird deshalb nicht gesetzt. In Ermangelung eines gleichwertigen ausländischen Rechtsvorganges, der ein inländisches Tatbestandsmerkmal im Wege der Substitution ersetzen soll, sind diese Fälle nicht über eine Substitution zu lösen. Der gelebten hinkenden, nach deutschem Recht aber nicht existierenden Auslandsehe muss anderweitig Rechnung getragen werden167. Handelt es sich hingegen um eine absolute Nichtehe, die nach keiner Rechtsordnung Anerkennung findet, und beurkundet dennoch eine ausländische Trauungsperson irrtümlicherweise die Wirksamkeit der Eheschließung, so ist die Möglichkeit der Substitution aus folgendem Grund zu verwerfen: Zu bedenken ist, dass die Erklärung des Eheschließungswillens sowie das eheliche Zusammenleben im Ausland erfolgen können. Darüber hinaus findet § 1310 III BGB sogar auf ausländische Eheschließende Anwendung168. Demgemäß wären bei Befürwortung einer Substitution Sachverhalte denkbar, bei denen die Anforderungen des Heilungsinstrumentariums – Abgabe des Ehekonsenses, Beurkundung und eheliches Zusammenleben – vollständig im Ausland verwirklicht worden sind. Da die Substitution aber nur zur Diskussion steht, soweit deutsches Recht im konkreten Fall verletztes Eheschließungsformstatut ist, bestünde der Inlandsbezug bei der Auslandstrauung durch einen ausländischen Amtswalter allenfalls in der deutschen Staatsangehörigkeit der Partner169; bei Auslandseheschließungen von Ausländern, deren Heimatrecht auf deutsches Recht zurückverweist (Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I EGBGB, Art. 4 I 2 EGBGB), könnte der Inlandsbezug dagegen schwächer ausfallen170. Nun eine Heilung nach deutschem Recht trotz hierzu gering ausgeprägter Verbindung zuzulassen, erscheint fragwürdig. Allein das schutzwürdige Vertrauen der Putativehegatten kann kein gewichtiges Argument sein171, da nach 167
Siehe hierzu noch den Zweiten Teil, D.II.10. Erster Teil, C.II.1., 2. 169 Das Geschäftsstatut führt dann zum deutschen Recht, Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I EGBGB. 170 Denkbar ist, dass ein inländischer Wohnsitz der ausländischen Partner den Binnenbezug begründet, vgl. schon die Ausführungen zum Kollisionsrecht der Schweiz, insbesondere zu Art. 45 I IPRG (Erster Teil, C.II.2., S. 49). 171 So aber die Ansicht Coesters in FS Heldrich, S. 537 (540), wonach Normzweck des § 1310 Abs. 3 BGB nicht die Wahrung eines deutschen Standesamtsmonopols ist, „sondern ein [. . .] Kompromiss zwischen dem Prinzip der obligatorischen Zivilehe mit dem [. . .] gebotenen Vertrauensschutz der Putativgatten“. Es soll demnach „der ange168
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
hier vertretener Auffassung der Vertrauensschutz abstrakt gewährleistet wird, mithin die Heilung unabhängig von der Gut- oder Bösgläubigkeit eintritt172. Vielmehr zeigen die mit der Ehe nach deutschem Recht verbundenen Rechtsvorteile, dass die standesamtliche Beurkundung als Entstehungsgrund für eine Ehe in Deutschland stattfinden muss, knüpfen doch an eine gültige Eheschließung unterschiedliche und keineswegs nur familienrechtliche Rechtsfolgen an. So sehen beispielsweise das Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht sowie das Steuerrecht Privilegien für verheiratete Partner vor173; das Sozialversicherungsrecht kommt dem Ehegatten des Versicherten sowohl mit der Familien- und Pflegeversicherung als auch mit der Witwen- oder Witwerrente (§ 46 SGB VI) entgegen. Weiterhin gewährt der Staat im Beamtenrecht durch Familienzuschlag, Beihilfe und Hinterbliebenenversorgung rechtliche Vergünstigungen174. Kommen aber ausschließlich gültig verheiratete Partner in den Genuss der – hier nur exemplarisch aufgeführten – staatlichen Leistungen, so ist es rechtspolitisch nicht wünschenswert, Beteiligten, die aus deutscher Sicht keine gültige Ehe führen und die außerdem nur geringe Beziehungen zum Inland aufweisen, dieselben Ansprüche allein aus dem Grund zuzugestehen, weil ein ausländischer Standesbeamter seinen Prüfungspflichten nicht hinreichend nachgekommen ist und deshalb einen Rechtsscheinstatbestand gesetzt hat. Coester spricht im Zusammenhang mit § 1310 III BGB zutreffend von einer „Einstandspflicht des deutschen Staates für das von seinen Staatsdienern erweckte Vertrauen“175. Demgegenüber liegt die fehlerfreie Amtsausübung ausländischer Funktionsträger außerhalb der Einflusssphäre des deutschen Staates. Ergo kann und soll er nicht für die inkorrekte Führung ausländischer Register durch ausländische Beamte einstehen. Allein das Handeln seiner eigenen Beamten ist dem deutschen Staat zuzurechnen. Demzufolge ist die fehlerhafte Eintragung der Ehe in ein inländisches Personenstandsbuch i. S. v. § 1310 III BGB durch einen deutschen Standesbeamten unabdingbar. Diese Anforderung bringt den für das Eintreten rechtlicher Privilegien notwendigen Inlandsbezug zum Ausdruck176. Eine Substituierbarkeit der
messene Schutz der Privatinteressen, nicht der deutschen Ordnungsinteressen“ im Vordergrund stehen. 172 Siehe den Ersten Teil, C.I.3. 173 Das Steuerrecht sieht z. B. ein sog. Ehegattensplitting vor (hierzu eingehend Kirchhof, FamRZ 2007, 241 (243 ff.) und zur Verfassungsmäßigkeit BVerfGE 61, 319); im Ausländerrecht hat ein mit einem Deutschen verheirateter ausländischer Ehegatte einen Anspruch auf Einbürgerung, wenn er die Anforderungen des § 9 StAG erfüllt. 174 Weitere Beispiele führt Wagenitz in FS Rolland, S. 379 an. 175 Coester, FS Heldrich, S. 537 (546), obwohl der Autor sich i. E. für eine Substitution i. R. v. § 1310 III BGB ausspricht, vgl. S. 539 f. 176 Siehe auch AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 142.
C. Die statusrechtliche Heilung gemäß § 1310 III BGB
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Urkundshandlungen des deutschen Standesbeamten scheidet nach dem Sinn und Zweck der Heilungsvorschrift aus. 4. Anwendbarkeit des § 1310 III BGB bei Maßgeblichkeit ausländischen Formstatuts Bislang wurde der Regelungsgehalt des § 1310 III BGB vor dem Hintergrund analysiert, dass deutsches Recht verletztes Eheschließungsformstatut ist177. Es existieren aber auch Stimmen im Schrifttum, die die Heilungsvorschrift selbst bei ausländischem Formstatut für einschlägig halten, sofern ein standesamtlicher Vertrauenstatbestand i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB gegeben ist178. Das Heilungsinstrumentarium hätte dann einen eigenständig definierten internationalen Anwendungsbereich. Auf den ersten Blick erscheint eine derartige Erweiterung befremdlich, schließt doch die Maßgeblichkeit fremder Ortsform und ausländischer Heimatrechte (bei fehlender Rückverweisung) die Anwendung deutschen Rechts und damit die des § 1310 III BGB grundsätzlich aus179. Überdies ist die Heilungsvorschrift keine Kollisions-, sondern eine Sachnorm des deutschen Rechts180, die somit die Berufung ausländischer Formregelungen gemäß Art. 11 I EGBGB nicht zu modifizieren vermag181. Diese Einwendungen verlieren allerdings an Überzeugungskraft, wenn man berücksichtigt, dass die vertrauensbildenden Tatbestände des § 1310 III Nr. 1–3 BGB Anknüpfungspunkt für die statusrechtliche Heilung sind182. Die durch den deutschen Standesbeamten vorgenommene, irrtümliche Beurkundung der Ehe als wirksam gibt den Betroffenen Anlass dazu, sich nach deutschem Recht für gültig verheiratet zu halten. Begreift man § 1310 III BGB als Ausdruck der „Einstandspflicht des deutschen Staates für das von seinen Staatsdienern erweckte Vertrauen“183, so muss man dieses Verständnis konsequenterweise auch auf die formfehlerhaften Auslandstrauungen mit oder unter Ausländern erstrecken184. Schließlich haben die Betroffenen weder die Fehlerhaftigkeit des Ein177 In welchen Konstellationen das der Fall ist, vgl. die Ausführungen unter dem Ersten Teil. 178 AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 142; Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 114; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 164; Coester, FS Heldrich, S. 537 (546); Wagenitz/Bornhofen, S. 206, Rn. 41. 179 Zu der allgemeinen Ansicht, dass das verletzte Recht über die Heilungsmöglichkeiten entscheidet, siehe bereits die Darlegungen zum Ersten Teil (S. 25). 180 Vgl. bereits den Ersten Teil, C.II.1. (S. 46). 181 Sturm, StAZ 1999, 289 (293). 182 Vgl. den Ersten Teil, C.II.3.b). 183 Siehe den Ersten Teil, C.II.3.b) (S. 54) mit Nachweis in Fn. 175. 184 Vgl. auch die Argumentation bei Coester, FS Heldrich, S. 537 (546).
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1. Teil: Gesetzliche Heilungsmöglichkeiten für Eheschließungsmängel
trags verursacht, noch werden sie vermutlich von den auslösenden Rechtswirkungen wissen185. Vielmehr haben sie ihr Leben wegen einer Rechtsschein ausstrahlenden Amtshandlung eines deutschen Standesbeamten darauf eingerichtet, eine nach deutschem Recht anerkannte Ehe zu führen. Die Schutzwürdigkeit ist unter diesen Voraussetzungen nicht anders als unter der Geltung deutschen Formstatuts zu beurteilen, denn die Partner haben zwar den formfehlerhaften Ehekonsens im Ausland erklärt und womöglich dort ihren gemeinsamen Lebensplan umgesetzt, jedoch steht dies der Heranziehung der Heilungsvorschrift nicht entgegen186. Auch ist ein fehlerhafter Eintrag in ein deutsches Personenstandsbuch durch einen deutschen Standesbeamten gegeben, indes stellt dieser nicht nur eine zu erfüllende Sachvoraussetzung für die Heilung dar, sondern begründet gleichzeitig den für die Anwendung des § 1310 III BGB notwendigen Inlandsbezug187. Im Gegensatz zu der bei der Substitution besprochenen Konstellation188 liegt hier die fehlerhafte Amtsausübung innerhalb der Einflusssphäre des deutschen Staates. Dieser muss sich das Handeln seiner Staatsdiener zurechnen lassen. Im Ergebnis ist der Meinung, § 1310 III BGB verfüge über einen eigenständigen internationalen Anwendungsbereich, zuzustimmen. Sofern ein deutscher Standesbeamter einen inländischen Rechtsscheintatbestand i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB gesetzt hat, kann eine Heilung sowohl bei Maßgeblichkeit inländischen als auch ausländischen Formstatuts eintreten.
III. Resümee Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass § 1310 III BGB Nichtehen – die möglicherweise nach einer fremden Rechtsordnung Anerkennung finden – heilt, sofern sie gemäß Art. 13 III 1 EGBGB bzw. bei Verstoß gegen die zusätzlichen Erfordernisse des Art. 13 III 2 EGBGB zwingend oder bei beiderseitiger deutscher Nationalität nach Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I EGBGB wahlweise deutschem Recht unterliegen. Darüber hinaus erlangt die Fiktion bei Auslandstrauungen von Ausländern kraft Weiter- oder Rückverweisung Relevanz (Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I EGBGB, Art. 4 I 2 EGBGB). Hat ein deutscher Standesbeamter eine Amtshandlung gemäß § 1310 III Nr. 1–3 BGB vorgenommen, so ist das Heilungsinstrumentarium selbst bei ausländischem Formstatut heranzuziehen; der Heilungsvorschrift kommt ergo ein eigenständig definierter internationaler Anwendungsbereich zu. 185 Fachausschuss des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2005, 366 (367). 186 Erster Teil, C.II.2. 187 AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 142. 188 Erster Teil, C.II.3.b).
C. Die statusrechtliche Heilung gemäß § 1310 III BGB
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Was den Regelungsumfang des § 1310 III BGB betrifft, so ist dieser nicht auf bloße Inlandssachverhalte beschränkt. Ehekonsens und eheliches Zusammenleben können im Ausland verwirklicht werden; die Staatsangehörigkeit der Parteien kann sowohl die deutsche als auch eine ausländische sein. Unabdingbar ist hingegen, dass ein deutscher Standesbeamter den Rechtsschein der Ehe mittels fehlerhafter Eintragung in ein deutsches Personenstandsbuch gemäß § 1310 III Nr. 1, 2 BGB oder durch Bestätigung der Entgegennahme einer familienrechtlichen Erklärung i. S. v. § 1310 III Nr. 3 BGB gesetzt hat.
Zweiter Teil
Die Anwendung ungeschriebener Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB Von entscheidender Bedeutung ist nun die Frage, ob § 1310 III BGB sämtliche vor der Eheschließungsrechtsreform entwickelte ungeschriebene Heilungsvarianten verdrängt oder ob diese als Ergänzung zu dem gesetzlichen Heilungsinstrumentarium weiterhin ihre Bedeutung behalten.
A. Die Notwendigkeit weiterer Heilungsinstrumentarien I. Das Meinungsspektrum in Literatur und Rechtsprechung Die Notwendigkeit der Heranziehung weiterer, d.h. über § 1310 III BGB hinausgehender Heilungsmöglichkeiten wird im Schrifttum und in der Rechtsprechung wesentlich an dem Regelungsumfang des § 1310 III BGB festgemacht. So erfährt die Einführung der Heilungsvorschrift für Nichtehen in der Literatur zwar grundsätzlich positiven Anklang1 – wurde der ehemals geltende Rechtszustand doch als unbillige Härte für die Partner empfunden und der Gesetzgeber viele Jahrzehnte lang zur Beseitigung dieser Lücke aufgefordert2 – dennoch geht vielen Autoren der rechtliche Fortschritt nicht weit genug3. Aufgrund folgender Kritikpunkte am Regelungsgehalt des § 1310 III BGB soll eine ergänzende Anwendung außergesetzlicher Heilungsinstrumentarien gerechtfertigt sein: Zum einen wird die gesetzgeberische Ausgestaltung, namentlich die der Heilungsfristen und der Urkundshandlungen als zu engherzig angesehen. Das zehn1 Bosch, FamRZ 1997, 138 (139); Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-290; Hepting, StAZ 1996, 257 (262); ders., FamRZ 1998, 713 (725); Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 12. 2 Nachweise bereits in Fn. 18 der Einführung in das Thema. 3 So ausdrücklich Finger, FuR 1996, 124 (125); Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-290; Hepting, StAZ 1996, 257 (262); ders., FamRZ 1998, 713 (726); Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 119; Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 12; Bosch, FamRZ 1997, 138 (139); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 502 c; v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 IV 3b (2) Rn. 183; Sturm, FS Rolland, S. 273 (378); ders., StAZ 1999, 289 (295); Coester, FS Heldrich, S. 537 (541).
A. Die Notwendigkeit weiterer Heilungsinstrumentarien
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bzw. fünfjährige Zusammenleben als Ehegatten sei für heutige Lebensverhältnisse zu lang4; die Maßgeblichkeit einer Amtshandlung ausschließlich durch den deutschen Standesbeamten wäre zudem zu streng, denn angesichts der guten Ausbildung und strikten Prüfungspflicht deutscher Standesbeamter sei es in der Praxis kaum denkbar, dass versehentlich ein derartiger Rechtsscheintatbestand gesetzt werden würde5. Umso weniger nachvollziehbar soll es sein, dass die vertrauensbildenden Maßnahmen keine Ausweitung auf andere deutsche Behörden, wie beispielsweise Einwohnermelde-, Pass-, Jugend-, Sozial- und Finanzämter fanden. Größere praktische Bedeutung könne § 1310 III BGB nach der Ansicht vieler Vertreter des Schrifttums jedenfalls nicht erlangen6. Zum anderen gibt die unterschiedliche Gewichtung der Eheschließungsmängel Anlass zur Kritik in der Lehre7. Vergleicht man nämlich die gesetzlich geregelten Tatbestände und ihre Rechtsfolgen, so lässt sich feststellen, dass materielle Mängel der Trauung lediglich zur Aufhebbarkeit, indes nicht zur Nichtexistenz der Ehe führen, obschon einige Fehler – wie die Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit oder bei vorübergehender Störung der Geistestätigkeit – als gravierend erscheinen. Der Vorwurf, die standesamtliche Form werde infolge veralteten Kulturkampfdenkens aus dem 19. Jahrhundert überbewertet8, wird überdies im Zusammenhang mit der Heilbarkeit der aufhebbaren Ehe infolge der Verletzung des Formgebots der persönlichen und gleichzeitigen Anwesenheit vor dem zuständigen Standesbeamten erhoben. Schließlich bedarf es gemäß § 1315 II Nr. 2 BGB im Unterschied zu der zehnjährigen Heilungsfrist des § 1310 III BGB lediglich eines fünfjährigen Zusammenlebens. Dies stößt auf Unverständnis in der Literatur9. Besonders schwer soll schließlich der Umstand wiegen, dass die Heilung an einen formal-verfahrensrechtlichen Vertrauenstatbestand anstatt an den materiellen Tatbestand der gutgläubig gelebten Ehe anknüpft10. Wie bei dem Ausschluss der aufhebbaren Ehe nach § 1315 BGB hätte der Gesetzgeber der tat4 Finger, FuR 1996, 124 (126); Bosch, NJW 1998, 2004 (2005); Hepting, StAZ 1996, 257 (262); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 502 c; Staudinger/ Strätz, § 1310 BGB Rn. 73. 5 Rauscher, IPR, S. 159; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 III 4 Rn. 27–29. 6 Sturm, FS Rolland, S. 273 (378); ders., StAZ 1999, 289 (296); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 502 c. 7 Hepting, StAZ 1996, 257 (262). 8 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 545a; Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III291. 9 Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 12; Finger, FuR 1996, 124 (126 mit Fn. 17); Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 73; Hepting, StAZ 1996, 257 (262). 10 Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-290 f.; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 III 4 Rn. 27–29, § 13 III Rn. 14; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 545a.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
sächlich gelebten Ehe Rechnung tragen sollen11. Indem er aber die Heilung des Statusverhältnisses von einer Maßnahme eines Standesbeamten abhängig macht, würde die langjährige, gesellschaftlich als Ehe anerkannte Verbindung rechtlich irrelevant bleiben, sofern die Partner im Vertrauen auf die Gültigkeit der Ehe – beispielsweise aufgrund einer ausländischen Trauungszeremonie – keinen Antrag auf Anlegung eines Familienbuches im Inland gestellt haben, keine Kinder bekommen und keine familienrechtlichen Erklärungen i. S. v. § 1310 III Nr. 3 BGB abgegeben haben. Die Problematik einer jahrzehntelang gutgläubig gelebten Ehe würde sich dann nach wie vor in unverminderter Schärfe stellen. Überwiegend wird deshalb von einer lückenhaften, den Problemfällen nicht gerecht werdenden Heilungsvorschrift ausgegangen12. Sturm kritisiert § 1310 III BGB sogar als „nahezu wertloses Theoreticum“13 bzw. als „Mitleid erregende[n] Papiertiger“14. Um zugunsten der ungeregelten Sachverhalte dennoch Abhilfe schaffen zu können, erachtet die Mehrheit der Vertreter im Schrifttum § 1310 III BGB als nicht abschließend. Dadurch stünde der Weg für die konkurrierende Heranziehung der unter alter Rechtslage entwickelten ungeschriebenen Heilungsansätze offen15. Diejenigen, die dieser Ansicht widersprechen, sind zwar in der Anzahl ihrer Stimmen geringer16, indes zählt hierzu auch der IX. Zivilsenat des BGH17. In seiner Entscheidung vom 13. 3. 2003 sprach er sich aufgrund der hohen Bedeutung der standesamtlichen Mitwirkung für den abschließenden Charakter der gesetzlichen Heilungsregelung aus. Seiner Auffassung zufolge würde die Befür-
11 Vgl. den Wortlaut von § 1315 I 1 Nr. 1–4 BGB, wonach bei Fortsetzung der Ehe (Bestätigung) oder bei Zusammenleben als Ehegatten gemäß § 1315 I 1 Nr. 5, II Nr. 2 BGB die Aufhebung ausgeschlossen ist und damit eine Heilung eintreten kann. 12 RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 59; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 166; Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-293 ff.; ders., FamRZ 1998, 713 (726); Staudinger/ Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 545a. 13 Sturm, FS Rolland, S. 373 (378). 14 Sturm, StAZ 1999, 289 (296). 15 Pfeiffer, LMK 2003, 128 f.; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 13 III Rn. 11–13; Henrich, IntFamR, § 1 VII (S. 41); MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 30; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 166; Coester, FS Heldrich, S. 537 (541); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 545a; Sturm, StAZ 1999, 289 (295); Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-295; Hepting, FamRZ 1998, 713 (726); RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 45, 59; Finger, FuR 1996, 124 (126); unentschieden Bamberger/Roth/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 16. 16 Looschelders, Art. 13 EGBGB Rn. 81; Mäsch, IPRax 2004, 421(423 f.); Hohloch, JuS 2003, 921 (922 f.); Wagenitz/Bornhofen, S. 207, Rn. 45, welche die frühere Gegenansicht von Barth/Wagenitz, FamRZ 1996, 833 (844) verwerfen. Erman/Roth, § 1310 BGB Rn. 11, 13 und JurisPK-BGB/Wahlen, § 1310 BGB Rn. 38 differenzieren ausdrücklich, denen zufolge § 1310 III BGB nur bzgl. der statusrechtlichen Heilung, nicht jedoch hinsichtlich der mit der Ehe verbundenen Rechtsfolgen abschließend sein soll. 17 Vgl. BGH, IPRax 2004, 438 (440 f.).
A. Die Notwendigkeit weiterer Heilungsinstrumentarien
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wortung einer außergesetzlichen Heilungsvariante, die auf die qualifizierte Mitwirkung eines Standesbeamten verzichtet, zu einer weitgehenden Auflösung des staatlichen Eheschließungsrechts führen. Erst die standesamtliche Beteiligung begründe ein schutzwürdiges Vertrauen in die Bestandskraft der Ehe, weshalb den staatlichen Interessen an der Wahrung des Grundsatzes der obligatorischen Zivilehe der Vorrang gegenüber den Interessen der vermeintlichen Ehegatten an einer statusrechtlichen Anerkennung ihrer Verbindung einzuräumen sei18.
II. Stellungnahme Während die sich auf den abschließenden Geltungsanspruch des § 1310 III BGB stützende Meinung kaum Begründungsaufwand leistet, bietet die Gegenposition – wie dargelegt – eine enorme Argumentationsvielfalt. 1. Tatsächliches Bedürfnis In der Tat können die aufgeführten Kritikpunkte Zeugnis von dem Bedürfnis nach einer inhaltlich großzügigeren Fassung der Heilungsvorschrift ablegen. Was nämlich zum Ersten die Vertrauenstatbestände des § 1310 III Nr. 1–3 BGB betrifft, so ist zu berücksichtigen, dass die deutschen Standesbeamten wegen der hohen Bedeutung des Personenstandes in besonderem Maße verpflichtet sind, die amtlichen Personenstandsbücher ordnungsgemäß zu führen, vgl. §§ 60 I 1 PStG19. Kommt es dennoch einmal zu einer Falscheintragung, bemerkt dies aber der zuständige Standesbeamte, so hat er seinen fehlerhaften Eintrag von sich aus oder auf Anordnung des Gerichts förmlich zu berichtigen, §§ 46a ff. PStG20. Geschieht das vor Ablauf der Heilungsfristen i. S. v. § 1310 III BGB, entfällt der notwendige Anknüpfungspunkt für die Heilung, vorausgesetzt, die Berichtigung wurde den Betroffenen bekannt gemacht und dadurch der Rechtsschein der Gültigkeit der Ehe zerstört21. Angesichts dieser Umstände ist zu prognostizieren, dass die statusrechtliche Heilung einer Nichtehe häufig an den Anforderungen des § 1310 III Nr. 1–3 BGB scheitern wird. 18
BGH, IPRax 2004, 438 (440 f.). BGH, FamRZ 1991, 300 (301 f.); BayObLG, FamRZ 2000, 699 (701). 20 Siehe hierzu den dem Beschluss des LG Gießen vom 20. 9. 2005 (StAZ 2006, 168) zugrunde liegenden Sachverhalt: Den Beteiligten wurde anlässlich ihrer Eheschließung durch den zuständigen Standesbeamten eine rechtlich nicht zulässige Namenswahl zugestanden, welche Eingang in das Familienbuch fand. Bei der Beurkundung der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes stellte der Standesbeamte die Unzulässigkeit der Namensführung der Beteiligten fest. Das LG hatte darüber zu entscheiden, ob die Eigenberichtigung des Standesbeamten zulässig ist oder ob die Berichtigung nur auf gerichtliche Anordnung hin, § 47 I PStG, ergehen darf. 21 Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2006, 266 (268); Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 63. 19
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Akte anderer deutscher Behörden – wie z. B. Sozial- oder Finanzämter – anzuerkennen, mit dem Ziel, dass auf diese Weise die vertrauensbildenden Tatbestände in der Praxis tatsächlich verwirklicht werden22, stellt indes keine überzeugende Lösung dar. Nicht nur, dass jene Beamte nicht in gleicher Weise ausgebildet sind wie deutsche Standesbeamte, auch unterliegen sie nicht der strikten Prüfungspflicht in Bezug auf die Wirksamkeit von Personenstandsverhältnissen, vgl. z. B. § 15b II PStG23. Daher ist es unwahrscheinlich, dass sich ein Sachbearbeiter beim Finanzamt mit der Gültigkeit einer Auslandstrauung unter Anwendung ihm fremder ausländischer Vorschriften eingehend auseinandersetzen wird. Stattdessen wird er regelmäßig auf die Vorlage einer durch den zuständigen Standesbeamten ausgestellten Heiratsurkunde oder auf einen Auszug aus dem Familienbuch zum Beweis der nach deutschem Recht gültigen Trauung bestehen, mithin einen Vertrauenstatbestand i. S. d. § 1310 III Nr. 1–3 BGB selbst gerade nicht setzen. Zum Zweiten ist die Frist von zehn Jahren augenscheinlich zu lang, wenn man die aktuelle Statistik bzgl. der Zeitdauer einer Ehe in der Bundesrepublik Deutschland betrachtet. Danach sind knapp die Hälfte aller Ehen bereits vor dem Ablauf von zehn Jahren aufgelöst24. Diese Tatsache lässt ein Leerlaufen der Heilungsvorschrift befürchten25. Die Gründe für die gegenüber § 1315 II Nr. 2 BGB vorgesehene doppelt so lange Frist bleiben unklar. Die amtliche Begründung spricht lediglich von einer „dogmatisch konsequent[en]“ Notwendigkeit „der Erfüllung zusätzlicher Voraussetzungen“26. Allein die ursprüngliche Fassung des § 1324 II BGB sah ein zehnjähriges Zusammenleben der Partner als Ehegatten vor27. Für damalige Zeiten, in der der Ehebund tatsächlich noch für das Leben geschlossen wurde, war eine derartige Frist freilich begründet, für moderne Zeiten ist sie allerdings höchst fragwürdig. Dass schließlich die fehlende Mitwirkung eines zuständigen Standesbeamten weitaus schwerer heilbar ist als der Mangel der persönlichen und gleichzeitigen Anwesenheit der Eheschließenden, ist historisch bedingt, indes bei näherer Betrachtung bedenklich. Nach der Rechtsprechung des BGH soll die persönliche Abgabe der Eheschließungserklärungen i. S. v. § 1311 S. 1 BGB die Tatsache, dass die Ehe durch den Konsens geschlossen wird, über jeden Zweifel hinaus22
So die Ansicht von Sturm und Mankowski, Nachweise in Fn. 6. Hierzu BGH, FamRZ 1991, 300 (301 f.). 24 Im Zeitraum von 2000–2005 waren davon laut Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland rund 42% der Ehen betroffen, vgl. S. 75 (Jahrgänge 2002–2003) und S. 57 (Jahrgänge 2004–2007). 25 Siehe z. B. den durch das AG Kassel am 26. 1. 1998 entschiedenen Sachverhalt (StAZ 1998, 181). Hier haben die Beteiligten nicht einmal zwei Jahre als Eheleute zusammen gelebt. 26 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 27 Siehe bereits die Ausführungen in Fn. 46, Erster Teil. 23
A. Die Notwendigkeit weiterer Heilungsinstrumentarien
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heben und den Partnern bewusst machen, dass sie unwiderrufliche, äußerst wichtige Erklärungen abgeben28. Mithin dient die Höchstpersönlichkeit des Rechtsgeschäfts dazu, die Eheschließenden auf die Bedeutung der von ihnen abzugebenden Erklärungen hinzuweisen und sie vor Übereilung zu schützen. Diese Warn- und Schutzfunktion wird aber auch durch die seit 1875 im deutschen Sachrecht normierte obligatorische Zivilehe verfolgt29. Findet nun entgegen des Formgebots des § 1311 S. 1 BGB eine Inlandseheschließung zwischen ausländischen Verlobten statt, bei der ein Partner durch einen anwesenden Stellvertreter vertreten wird – beispielsweise weil das ausländische Heimatrecht eine Stellvertretung in der Erklärung des Willens, also eine sog. Handschuhehe erlaubt30 – so ist der Formfehler bereits durch ein fünfjähriges eheliches Zusammenleben geheilt, vgl. § 1315 II Nr. 2 BGB. Wird die Ehe dagegen nicht vor einem zuständigen Standesbeamten gemäß § 1310 I 1 BGB geschlossen, sind Warn- und Schutzfunktion wie bei einer Stellvertreterehe nicht gewahrt. Dennoch stellt das deutsche Recht mit § 1310 III BGB erheblich strengere Anforderungen als i. R. d. § 1315 II Nr. 2 BGB auf. Ursächlich hierfür wird nicht nur der Umstand sein, dass die zwingende Ziviltrauung zusätzlich Beweis- und Klarstellungsfunktion durch die Offenkundigkeit der Zeremonie erfüllt31, mit ihr also vielfältigere Zwecke verfolgt werden als durch das Erfordernis der persönlichen Anwesenheit der Ehewilligen, sondern Grund wird vor allem die Fortführung der seit dem Kulturkampf bestehenden Wertungen des deutschen Rechts sein32. Ob dies berechtigt ist, ist angesichts der zum Teil identischen Formfunktionen zweifelhaft. Zwar ist dem Gesetzgeber insoweit zuzustimmen, als dass ein Teil der bislang problematischen Konstellationen, insbesondere die in der Nachkriegszeit in Deutschland begründeten hinkenden Auslandsehen bei Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes nunmehr als wirksam behandelt werden können33, jedoch 28
BGHZ 29, 137 (141). BVerfGE 29, 166 (176); 56, 363 (386); BGHZ 29, 137 (141 f.). 30 Siehe hierzu bereits Fn. 59, Erster Teil. 31 BVerfGE 29, 166 (176); BVerfG, NJW 1993, 3316 (3317); BGHZ 29, 137 (141); Wagenitz/Bornhofen, S. 152, Rn. 8: Die Öffentlichkeit der Trauungszeremonie bewirkt, dass die Eheschließung und die durch sie begründeten Rechtsverhältnisse offenkundig und jederzeit leicht und zuverlässig feststellbar sind. Auch ermöglicht sie die Prüfung der Eheschließungsvoraussetzungen durch eine kompetente staatliche Instanz. 32 Vgl. Hepting, StAZ 1996, 257 (262). 33 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. Siehe auch die Sachverhalte, bei denen das BSG vor Erlass der sog. Witwenrentenentscheidung des BVerfG (hierzu der Zweite Teil, D.II.7.) die Witwenrente nach § 1264 RVO a. F. aufgrund der Eintragung der nicht formgerechten Eheschließung in ein deutsches Standesregister ausnahmsweise zusprach, z. B. BSGE 46, 104 (106 f.). Zu der neuesten Rspr., in der § 1310 III BGB bereits zur Anwendung kommen konnte, siehe AG Mainz, FamRZ 2003, 600; BayObLG, FamRZ 2000, 699 sowie auch den Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2006, 266. 29
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
nimmt die praktische Relevanz der in den Nachkriegswirren vollzogenen religiösen Inlandstrauungen deutscher Frauen mit britischen Militärangehörigen aufgrund der Altersstruktur der Beteiligten und der bereits eingetretenen bzw. zu erwartenden Todesfälle stetig ab34. Fernerhin wird es nicht immer der Fall sein, dass zugunsten der Partner eine inländische Amtshandlung i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB – wie in der bekannten Witwenrentenentscheidung des BVerfG vom 30. 11. 198235 – vorgenommen wird, liegt es doch nicht fern, dass Beteiligte mit ausländischer Nationalität im Laufe ihres Lebens in ihren Heimatstaat ohne Verwirklichung eines derartigen formalen Vertrauenstatbestandes zurückkehren36. Beispiele aus der Rechtsprechung beweisen, dass viele Lebenssachverhalte trotz langjährig gelebter Ehe ungeregelt bleiben. So unter anderem die Entscheidung des BGH vom 13. 3. 2003, bei der Ausgangspunkt eine 1962 vollzogene religiöse Inlandstrauung zweier Griechen vor einem nicht ordnungsgemäß ermächtigten Geistlichen war. Der Ehe wurde die rechtliche Existenz abgesprochen, da das Vertrauen der Beteiligten trotz 26-jähriger Führung einer vermeintlich wirksamen Ehe in Deutschland nicht durch eine standesamtliche Maßnahme i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB Bestätigung fand37. Als tragisch kann man gleichermaßen den Sachverhalt bezeichnen, der dem Fachausschuss des Bundesverbandes der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten im April 2005 zur Beurteilung vorlag38. Hier waren ein Pole und eine Russin vor einem katholischen Geistlichen 1945 in Bayern kirchlich getraut worden. Die Heilungswirkung des § 1310 III BGB konnte in Ermangelung der Begründung eines standesamtlichen Rechtsscheins nicht eintreten, obschon die Partner seit 60 Jahren beim Einwohnermeldeamt mit dem Familienstand „verheiratet“ geführt wurden und die kirchliche Eheschließung Eingang in das Heiratsbuch des zuständigen Standesamtes fand. Da aber eine Eintragung der Ehe in das Melderegister nicht genügt und jene Abschrift im Heiratsbuch weder vom Standesbeamten noch von den Beteiligten unterschrieben war, mit34
Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 II 4 Rn. 27–29. BVerfGE 62, 323. Der Sachverhalt würde nunmehr dem § 1310 III Nr. 2 BGB unterfallen, vgl. eingehend dazu noch den Zweiten Teil, D.II.7.c). 36 Vgl. z. B. den durch das AG Pinneberg am 27. 6. 1978 entschiedenen Sachverhalt (abgedruckt in FamRZ 1978, 893): Eine Deutsche heiratete im Jahre 1947 vor dem britischen Militärpfarrer in Hamburg entsprechend den Vorschriften der Anglikanischen Kirche einen Angehörigen der britischen Streitkräfte. Mangels Wahrung der Inlandsform handelte es sich aus deutscher Sicht um eine Nichtehe. Da der Mann aus Nordirland stammte, kehrten die Partner nach der Trauung in jenen Heimatstaat zurück und lebten dort im Vertrauen auf den Bestand der Ehe 21 Jahre als Ehegatten. Eine Amtshandlung eines deutschen Standesbeamten konnte deshalb in diesem Zeitraum nicht erfolgen. 37 BGH, IPRax 2004, 438 (440 f.). 38 Abgedruckt in StAZ 2005, 366. 35
A. Die Notwendigkeit weiterer Heilungsinstrumentarien
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hin keine für § 1310 III Nr. 1 Fall 1 BGB erforderliche öffentliche Urkunde i. S. v. § 51 I DA vorlag39, musste der Fachausschuss die gelebte Ehe rechtlich als nichtexistent bewerten. Somit wird evident, dass der Gesetzgeber mit der Ausgestaltung des § 1310 III BGB zwar dem der Witwenrentenentscheidung des BVerfG zugrunde liegenden Sachverhalt Rechnung getragen hat40, indes zahlreiche Paare weiterhin nicht in den Genuss der Heilung ihrer formfehlerhaften Ehe kommen werden41. Für die Regelung der tatsächlich gelebten Ehe besteht gleichwohl eine Notwendigkeit, denn die Partner sind über einen erheblichen Zeitraum hinweg als Ehegatten aufgetreten und dementsprechend im Rechtsverkehr behandelt worden. Neben der gesellschaftlichen sowie behördlichen Anerkennung wird der Vollzug einer Trauungszeremonie im Regelfall das schutzwürdige Vertrauen der Beteiligten in die Existenz einer wirksamen Ehe begründet haben. Schließlich ist es darüber hinaus denkbar, dass die Nichtehe im konkreten Fall aus der Sicht einer ausländischen Rechtsordnung, meist dem Heimatrecht, wirksam ist. Dies hat dann möglicherweise den Rechtsschein der gültigen Rechtsbeziehung auch nach deutschem Recht hervorgerufen. Den dargelegten Sachverhalten wird § 1310 III BGB nicht gerecht, obschon ein tatsächliches Bedürfnis für ihre Berücksichtigung – im Einklang mit der überwiegenden Ansicht in der Lehre – festzustellen ist.
39 Fachausschuss des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, StAZ 2005, 366 (367). 40 Coester ist der Ansicht, dass der Gesetzgeber bei der Konzeption des § 1310 III BGB offensichtlich unter dem Eindruck der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung gestanden hätte. So hätten „die ängstlich nach Karlsruhe schielenden Gesetzesverfasser“ einen „gesicherten Boden für eine Heilung“ geschaffen, vgl. Coester, FS Heldrich, S. 537 (541). 41 Vgl. zur Illustration einige bereits vor der Eheschließungsrechtsreform entschiedenen Sachverhalte, die heute nicht nach § 1310 III BGB geheilt werden könnten: BSGE 45, 180 (keine standesamtliche Beurkundung der kirchlichen Inlandstrauung einer Deutschen mit einem Polen während ihres 22-jährigen Zusammenlebens); BSGE, 33, 219 (Eintragung einer religiösen Inlandstrauung zweier Spanier vor einem nicht ordnungsgemäß ermächtigten Geistlichen der römisch-katholischen Kirche allein in ein spanisches Zivilregister); OLG Köln, IPRax 1985, 352 (eheliche Lebensführung für mehr als 20 Jahre trotz tatsächlich bestehender Nichtehe, die nicht amtlich registriert wurde); OLG Frankfurt, StAZ 1977, 312 (lediglich Eintragung der Ehe in das Heiratsregister des Generalkonsulats); LG Bonn, IPRspr. 1992 Nr. 81 (44-jährige Führung einer Ehegemeinschaft einer Deutschen mit einem Briten trotz formwidriger Inlandstrauung); LSG Rheinland-Pfalz, FamRZ 1974, 373 (kirchliche Inlandstrauung zweier Griechen und Eintragung allein in das griechische Heiratsregister); AG Pinneberg, FamRZ 1978, 893 (formfehlerhafte Inlandseheschließung einer Deutschen mit einem Angehörigen der britischen Streitkräfte vor einem britischen Militärpfarrer und anschließendes eheliches Zusammenleben für 21 Jahre in Nordirland).
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
2. Abschließender Geltungsanspruch des § 1310 III BGB Aufgrund der Regelungsbedürftigkeit jener Nichtehen lehnt die Mehrheit des Schrifttums einen abschließenden Geltungsanspruch des § 1310 III BGB nach dem bereits Gesagten ab, so dass die vor der Eheschließungsrechtsreform entwickelten ungeschriebenen Heilungsmöglichkeiten ergänzend Anwendung finden sollen42. Diesbezüglich ist jedoch zu differenzieren: Bei § 1310 III BGB handelt es sich lediglich um eine Sachnorm des deutschen Rechts. Damit kann sie allenfalls sachrechtlichen ungeschriebenen Heilungsvarianten den Weg zur konkurrierenden Heranziehung versperren43. Hingegen bleiben Lösungsansätze auf kollisions- und internationalprozessrechtlicher Ebene von § 1310 III BGB unberührt44. Ihre ergänzende Anwendung ist daher rechtlich zulässig, weshalb sie im Folgenden auf ihre Schlüssigkeit zu überprüfen sind. Anschließend soll das Verhältnis des § 1310 III BGB zu den vor der Eheschließungsrechtsreform entwickelten sachrechtlichen Heilungsansätzen geklärt und Letztere einer eingehenden Untersuchung unterzogen werden.
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene durch Anerkennung eines ausländischen Ehefeststellungsurteils Der Härte der Nichtehensanktion bei Verletzung der deutschen Eheschließungsform könnte zunächst auf internationalprozessrechtlicher Ebene begegnet werden. Diesen Weg beschreiten namentlich Bayer, Knörzer, Wandt45 und ihnen folgend Heldrich46, indem sie vorschlagen, dass ausländische Partner einer hinkenden Auslandsehe ein Feststellungsurteil über die Gültigkeit der Ehe in dem Heimat- oder einem Drittstaat erwirken, nach dessen Recht die Ehe wirksam ist, um sodann die Heilung der aus deutscher Sicht begründeten Nichtehe durch die Anerkennung des ausländischen Ehefeststellungsurteils in einem förmlichen Delibationsverfahren gemäß Art. 7 § 1 FamRÄndG (= § 107 FamFG-E47) herbeizuführen. Damit würden sowohl formfehlerhafte Inlands- als auch Auslandstrauungen eine Heilung erfahren können48. 42
Zweiter Teil, A.I. mit Nachweisen in Fn. 15. Dazu noch eingehend die Ausführungen i. R. d. Zweiten Teils, D.I. 44 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 545a; ähnlich Coester, FS Heldrich, S. 537 (542). 45 Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (774 ff.). 46 Palandt/Heldrich, Art. 13 EGBGB Rn. 21. 47 Art. 7 § 1 FamRÄndG soll im Rahmen der geplanten sog. Großen Justizreform durch den inhaltlich weitgehend deckungsgleichen § 107 FamFG-E ersetzt werden. Näher hierzu die Ausführungen unter dem Zweiten Teil, B.II. 43
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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Zur Geltung könnte die Heilungsvariante in den Fällen kommen, in denen die Betroffenen trotz eines inländischen gewöhnlichen Aufenthalts eine starke Verbundenheit zu ihrem Heimatrecht aufweisen, weshalb sie nach dessen Eheschließungsvorschriften den Bund der Ehe eingehen. Da die ausländischen Partner aber ihre formwidrige Ehe in Deutschland leben, streben sie hier ihre Anerkennung an. Für die Heilung der hinkenden Auslandsehe bedarf es nach diesem Lösungsansatz vorerst eines positiven Feststellungsurteils durch einen fremden Staat. Berufen sich die Beteiligten nach Erlass eines solchen Ehefeststellungsurteils in Deutschland auf die Wirkungen der ausländischen Entscheidung, können die mit der Ehe zusammenhängenden Rechtsfolgen aufgrund des Territorialitätsprinzips49 nur bei Anerkennung der ausländischen Entscheidung gemäß den hier herrschenden Rechtsvorschriften geltend gemacht werden. Die Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen, die im EU-Rechtsraum mit Ausnahme Dänemarks50 ergangen sind, bestimmt sich vorrangig bei einem ab dem 1. 3. 2001 eingeleiteten Verfahren gemäß Art. 14 ff. EheVO I51 bzw. ab dem 1. 3. 2005 nach Art. 21 ff. EheVO II52. Damit verdrängen die Anerkennungsvorschriften der EheVO II (= Brüssel IIa-VO) in ihrem Anwendungsbereich sowohl das deutsche nationale Anerkennungsrecht53 als auch die die Anerkennung in Ehesachen betreffenden bilateralen Staatsverträge, welche zwischen den Mitgliedstaaten der EheVO II in Kraft sind54. Folglich ist wegen Art. 21 I EheVO II das gemäß Art. 7 § 1 FamRÄndG vorgeschriebene Delibationsverfahren für Entscheidungen in Ehesachen aus einem Mitgliedstaat der Verordnung 48
Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (774). Aus dem Territorialitätsprinzip folgt, dass Gerichtsurteile und vergleichbare Hoheitsakte unmittelbare Rechtswirkungen grds. nur in dem Staat entfalten, in dem sie erlassen worden sind, vgl. Andrae/Heidrich, FPR 2004, 292. Eine Anerkennung bewirkt indes die Erstreckung der Urteilswirkungen auf das Inland (Geimer, JuS 1965, 475). 50 Vgl. Art. 2 Nr. 3 EheVO II. 51 Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten (ABl. EG 2000, L 160/19 ff.). 52 Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. EG 2003, L 338/1 ff.). 53 Erman/Hohloch, Art. 17 EGBGB Rn. 71. 54 Vgl. Art. 59 I EheVO II (= Art. 36 I EheVO I). Aus deutscher Sicht ersetzt die EheVO II damit die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen mit Italien vom 9. 3. 1936, Belgien vom 30. 6. 1958, dem Vereinigten Königreich vom 14. 7. 1960, Griechenland vom 4. 11. 1961, den Niederlanden vom 30. 8. 1962, Österreich vom 6. 6. 1959 und Spanien vom 11. 4. 1983. Nähere Nachweise bei Jayme/Hausmann, Nr. 185 Fn. 1, 3. 49
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
nicht mehr durchzuführen55. Allein Art. 21 III EheVO II eröffnet für die interessierte Partei die Möglichkeit eines isolierten Feststellungsverfahrens betreffend die Anerkennungsfähigkeit einer solchen Entscheidung56. Es stellt sich daher zunächst die Frage, ob die hier zur Diskussion stehende Heilungsvariante im Regelungsbereich der EheVO II Wirkung entfalten kann. Im Anschluss ist die Möglichkeit der Anerkennung des ausländischen Ehefeststellungsurteils im Rahmen eines förmlichen Anerkennungsverfahrens nach Art. 7 § 1 FamRÄndG zu untersuchen, denn autonomes deutsches Recht bleibt im Verhältnis zu Nicht-Mitgliedstaaten der EheVO II sowie zu Staaten, mit denen kein bilateraler Staatsvertrag besteht, anwendbar und muss darüber hinaus auch dann bemüht werden, sofern die in Frage stehende Materie nicht unter den Anwendungsbereich der EU-Verordnung fällt57.
I. Die Anerkennung eines Ehefeststellungsurteils im EU-Rechtsraum 1. Überblick über die Anerkennungsregeln nach der EheVO II Die Verwirklichung des freien Personenverkehrs sowie die Zunahme der Auflösung von Ehen zwischen Personen, die Staatsangehörige unterschiedlicher Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind, erforderten zwecks Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse eine gemeineuropäische Regelung, die zum einen die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Ehesachen und in Verfahren über die elterliche Verantwortung vereinheitlichte und die zum anderen die Formalitäten im Hinblick auf eine rasche und unkomplizierte Anerkennung von Statusentscheidungen und deren Vollstreckung vereinfachte58. Den Weg für die allseitige Anerkennung von Eheauflösungen im EU-Rechtsraum eröffnete anfangs die EheVO I, die gemäß Art. 46 I EheVO I am 1. 3. 2001 in Kraft trat. Zahlreiche und weitreichende Änderungsvorschläge auf dem Gebiet des Sorge-
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AnwK/Andrae, Art. 21 EheVO 2003 Rn. 15 (m.w. N.). In seinem Anwendungsbereich verdrängt das fakultative Anerkennungsverfahren des Art. 21 III EheVO II das autonome Recht. Allerdings wirkt die familiengerichtliche Feststellungsentscheidung nur inter partes, was dem Bedürfnis der Partner an einer umfassenden Feststellung des Statusverhältnisses oftmals nicht genügen wird. Dem vereinfachten Feststellungsverfahren kommt deshalb keine große praktische Bedeutung zu, vgl. Staudinger/Spellenberg, Art. 21 EheGVO Rn. 89 sowie kritisch AnwK/Andrae, Art. 21 EheVO 2003 Rn. 38 f. 57 MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 178; Staudinger/Spellenberg, Art. 21 EheGVO Rn. 93. 58 Kohler, NJW 2001, 10; Spellenberg, FS Schumann, S. 423; Hausmann, EuLF 2000/01, 271 f.; vgl. auch die Erwägungsgründe 1, 4 der EheVO I (ABl. EG 2000, L 160/19). 56
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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rechts führten jedoch bereits vier Jahre später zu ihrer Aufhebung mit Beginn der Geltung der EheVO II am 1. 3. 2005, vgl. Art. 71 f. EheVO II. Hinsichtlich der Zuständigkeit von Entscheidungen in Ehesachen sowie deren Anerkennung und Vollstreckung haben sich keine bedeutenden Veränderungen ergeben59. Wird die Anerkennung einer i. S. v. Art. 2 Nr. 4 EheVO II erlassenen Entscheidung durch einen anderen EU-Mitgliedstaat begehrt, hat der Antragsteller eine Ausfertigung der Entscheidung sowie eine Bescheinigung des Entscheidungsstaates, in der die Entscheidung in standardisierter Form gemäß Anhang I der EheVO II zusammengefasst ist, beizubringen, Art. 37 I EheVO II60. Da gemäß Art. 21 I EheVO II die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in allen anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf, tritt die Anerkennung automatisch, d.h. ipso iure mit der Wirksamkeit der Entscheidung ein, sofern kein abschließend geregelter Hinderungsgrund i. S. v. Art. 22 EheVO II besteht61. Nach den Motiven des Rates der europäischen Union beruhen die Vorschriften über die Anerkennung der in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens, so dass die Ursachen für die Nichtanerkennung gemäß Art. 22 EheVO II auf das notwendige Minimum beschränkt sind62. Keinesfalls darf die internationale Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsmitgliedstaats, Art. 24 S. 1 EheVO II, oder die Entscheidung in der Sache selbst, d.h. inhaltlich in Bezug auf Rechts- und Tatfragen überprüft werden (sog. Verbot der révision au fond gemäß Art. 26 EheVO II)63. 2. Praktische Bedeutung der Heilungsvariante innerhalb der EU Der von Bayer, Knörzer, Wandt befürwortete außergesetzliche Heilungsansatz setzt zu seiner Verwirklichung voraus, dass ausländische Partner eine Nichtehe aus deutscher Sicht schließen, die nach einer fremden Rechtsordnung als wirksam beurteilt wird. Handelt es sich hierbei um einen EU-Mitgliedstaat (mit Ausnahme Dänemarks) und wurde einer durch die Betroffenen beantragten positiven Feststellungsklage stattgegeben, so müsste Deutschland als Mitglied der Europäischen Union gemäß Art. 21 I EheVO II das Ehefeststellungsurteil bei Nichtvorliegen von Hinderungsgründen i. S. v. Art. 22 EheVO II automatisch anerkennen. In Anbetracht aber dessen, dass sich die europäischen Rechts59 Andrae/Heidrich, FamRZ 2004, 1622 (1623); v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 8 Rn. 60a. 60 Siehe Fn. 59. 61 Thomas/Putzo/Hüßtege, Art. 21 EuEheVO Rn. 6; Staudinger/Spellenberg, Art. 21 EheGVO Rn. 45 f. 62 Erwägungsgrund 21 der EheVO II (ABl. EG 2003, L 338/2 f.). 63 AnwK/Andrae, Art. 26 EheVO 2003 Rn. 1 (m.w. N.).
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
ordnungen in Bezug auf die Eheschließungsanforderungen sowohl im Kollisions- als auch im Sachrecht über die Jahrzehnte hinweg einander angenähert haben64, drängt sich die Frage nach der praktischen Relevanz der Heilungsmöglichkeit im EU-Rechtsraum auf. Geht man nämlich von einer im Inland begründeten Nichtehe aus, wird sie durch eine andere europäische Rechtsordnung schon dann keine Anerkennung finden, sofern der betreffende EU-Mitgliedstaat für Auslandstrauungen seiner Staatsangehörigen (oder von Ausländern) die Einhaltung der Ortsform (sog. lex loci celebrationis) vorschreibt65. In diesen Fällen scheidet eine von der deutschen Rechtsordnung abweichende Beurteilung der im Inland vollzogenen Trauung als formwidrig von vornherein aus. Gestattet hingegen der beurteilende europäische Staat alternativ die Beachtung des Heimatrechts eines oder beider Partner für die Trauung im Ausland, wie es nach der überwiegenden Zahl der europäischen Rechtsordnungen vorgesehen ist66, und sind die Formvorschriften des Personalstatuts erfüllt, so kann grundsätzlich die richterliche Feststellung des Bestehens der Ehe in dem betreffenden EU-Mitgliedstaat ergehen. Indes ist die Ziviltrauung die in der Europäischen Union am weitesten verbreitete Eheschließungsform67, weshalb der Erlass eines divergierenden Urteils auf den ersten Blick als unwahrscheinlich erscheint. Konstellationen, in denen eine Feststellungsentscheidung eines europäischen Staates über eine aus deutscher Sicht vorliegende Nichtehe ergeht, sind dennoch denkbar. Dies ist insbesondere dann möglich, sofern das ausländische Heimatrecht seinen Staatsangehörigen (wahlweise) die religiöse Eheschließung im Ausland gestattet68. Fehlt es dann an einer ordnungsgemäßen Ermächtigung des Geistlichen i. S. v. Art. 13 III 2 EGBGB und schadet dies nach dem Recht des beurteilenden europäischen Staates nicht69, so kommt der Erlass ei64
Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 I Rn. 3 m.w. N. So z. B. nach dem Recht von Ungarn, das zusätzlich die Möglichkeit kennt, die Ehe vor der jeweiligen ausländischen Vertretung (Diplomat, Konsul) einzugehen. Auch Litauen schreibt zwingend die Einhaltung der Ortsform vor. Nachweise bei Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Anh zu Art. 11 EGBGB Rn. 88, 159 m.w. N. 66 Zur Beurteilung der Formwirksamkeit von Rechtsgeschäften nach den ausländischen IPR-Gesetzen vgl. allgemein Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 EGBGB Rn. 31, insbes. rechtsvergleichender Überblick im Anh zu Art. 11 EGBGB Rn. 1 ff. 67 Siehe Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 659 ff. 68 Die Einhaltung der kirchlichen Eheschließungsform für seine Staatsangehörigen im Ausland erlaubt z. B. das spanische Recht gemäß Art. 49 I Nr. 2 Código Civil (Bergmann/Ferid/Henrich/Daum, Spanien, S. 24, 36), das portugiesische Recht gemäß Art. 51 II, III Código Civil (Bergmann/Ferid/Henrich/Albuquerque, Portugal, S. 17) und das griechische Recht, nach dem die Formvorschriften für die kirchliche Trauung über das griechische Heimatrecht gemäß Art. 13 I 2 ZGB berufen werden, vgl. näher bereits Fn. 124, Erster Teil. 69 Beispielsweise genügt es nach griechischem Recht, dass griechisch-orthodoxe Griechen in Deutschland vor einem nicht durch die griechische Regierung individuell benannten Geistlichen heiraten (siehe hierzu schon die Darlegungen in Fn. 124, Erster 65
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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nes ausländischen Ehefeststellungsurteils aufgrund der Beobachtung der heimatlichen Formvorschriften in Betracht. An einem Praxisbezug soll es also bei der von Bayer, Knörzer, Wandt bevorzugten Heilungsvariante im EU-Rechtsraum nicht fehlen. 3. Einbeziehung feststellender Entscheidungen in den Geltungsbereich der EheVO II Bedingung für die Anerkennung ipso iure ist allerdings die Einbeziehung feststellender Entscheidungen in den sachlichen Anwendungsbereich der EheVO II. Nach Art. 1 I lit. a EheVO II gilt die Verordnung für Zivilsachen, die die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe zum Gegenstand haben. Aus deutscher Sicht betrifft dies unbestritten das Verfahren der Ehescheidung, §§ 1564 ff. BGB i.V. m. § 622 ZPO, und die Aufhebung der Ehe gemäß §§ 1313 ff. BGB i.V. m. § 631 ZPO als Ungültigkeiterklärung einer Ehe i. S. v. Art. 1 I lit. a Fall 3 EheVO II70. Eine Trennung ohne Auflösung des Ehebandes (Art. 1 I lit. a Fall 2 EheVO II) ist dem deutschen Recht im Gegensatz zu den romanischen Rechtsordnungen unbekannt. Letztere begreifen sie als scheidungsersetzende Trennung71 oder als Vorstufe zur Ehescheidung, die nach einiger Zeit gerichtlich in eine Scheidung umgewandelt werden kann72. Ob über die genannten Verfahren hinaus auch feststellende Entscheidungen, mithin Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe73 unter den sachlichen Anwendungsbereich der gemeineuropäischen Regelung fallen, erfährt unterschiedliche Beurteilung. Bereits der Text der EheVO I gab hierüber keinen Aufschluss, weshalb die Problematik schon seit ihrem Inkrafttreten Teil). Dasselbe gilt auch bei Trauungen griechisch-orthodoxer zyprischer Verlobter nach dem Recht Zyperns (vgl. Fn. 126, Erster Teil). 70 Thomas/Putzo/Hüßtege, Art. 1 EuEheVO Rn. 2; Staudinger/Spellenberg, Art. 1 EheGVO Rn. 5. Gleiches galt bereits i. R. d. inhaltsgleichen Art. 1 I lit. a EheVO I, vgl. Gruber, FamRZ 2000, 1129 (1130); Hausmann, EuLF 2000/01, 271 (273). 71 Beispielsweise existiert nach französischem Recht die sog. Trennung von Tisch und Bett („separation de corps“) neben der Scheidung, vgl. Art. 296 Code civil. Danach wird die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft aufgehoben, das Eheband besteht jedoch fort, Art. 299 Code civil (Bergmann/Ferid/Henrich/Chaussade-Klein/Henrich, Frankreich, S. 86). 72 Das italienische Recht kennt die Trennung von Tisch und Bett („separazione personale“) als Scheidungsvoraussetzung, vgl. Art. 3 II Ziffer 2b Gesetz Nr. 72 vom 6. 3. 1987; Art. 150 ff. codice civile (abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich/Wiedemann, Italien, S. 62 ff., 106). Zur internationalen Zuständigkeit der Gerichte bzgl. der Umwandlung einer Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in eine Ehescheidung siehe Art. 5 EheVO II. 73 Vgl. für derartige Statusfeststellungsklagen nach deutschem Recht § 632 ZPO.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
im Schrifttum kontrovers diskutiert wird. Die EheVO I ist in ihrem Inhalt eng an das sog. Brüssel II-Übereinkommen angelehnt74, so dass die hierzu existierenden Materialien, insbesondere der Bericht des Sachverständigenausschusses unter Federführung von Alegría Borrás75, auf den der europäische Rat in seinen Erwägungsgründen zur EheVO I76 und später zur EheVO II77 verweist, zum Verständnis der Verordnungen herangezogen werden können78. Doch auch der Bericht von Borrás schweigt über die Einbeziehung von Feststellungsklagen. a) Meinungsstand unter Geltung der EheVO I Unter Geltung der EheVO I sah eine beträchtliche Anzahl von Vertretern in der Literatur Feststellungsverfahren vom sachlichen Anwendungsbereich als erfasst an79, während andere den Regelungsbereich auf statusändernde Entscheidungen beschränken wollten mit der Folge, dass Feststellungsurteile nicht unter Art. 1 I lit. a EheVO I fallen sollten80. Zum Teil fand sich auch eine Differenzierung zwischen negativer und positiver Feststellungsklage81. Argumente derjenigen, die nur negative Feststellungsverfahren einbeziehen wollten, können hier angesichts der Tatsache, dass die gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit der Ehe mitnichten zu einer Heilung der Nichtehe führt, vernachlässigt werden82. Allein von Interesse ist, ob die EheVO I positive Fest74 Das „EU-Übereinkommen über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen“ wurde zwar am 28. 5. 1998 von den Mitgliedstaaten unterzeichnet, indes trat es mangels Ratifizierung nie in Kraft. Eingehend hierzu Wagner, IPRax 2001, 73; Gruber, FamRZ 2000, 1129 f. Die wesentliche inhaltliche Übereinstimmung der EheVO I mit dem Übereinkommen folgt auch aus dem Erwägungsgrund 6 der EheVO I (ABl. EG 2000, L 160/19). 75 ABl. EG v. 16. 7. 1998, C 221/27 ff. 76 Erwägungsgrund 6 zur EheVO I (ABl. EG 2000, L 160/19). 77 Erwägungsgrund 3 zur EheVO II (ABl. EG 2003, L 338/1). 78 Spellenberg, FS Schumann, S. 423 (425). 79 Schlosser, EuZPR, Art. 1 EuEheVO Rn. 2; Kropholler, EuZPR, Einl. Rn. 86; Rauscher/Rauscher, EuZPR1., Art. 1 Brüssel II-VO Rn. 2; Fuchs/Tölg, ZfRV 2002, 95; Schack, RabelsZ 65 (2001), 615 (620); Bergerfurth, FF 2001, 15 (16); Boele-Woelki, ZfRV 2001, 121 (122); Gruber, FamRZ 2000, 1129 (1130); Hau, FamRZ 2000, 1333, ders., FamRZ 1999, 484 (485); Pirrung, ZEuP 1999, 834 (843 f.). 80 Andrae, ERA-Forum 1/2003, 28 (32); Helms, FamRZ 2001, 257 (259); Wagner, IPRax 2001, 73 (76, Fn. 58); Hausmann, EuLF 2000/01, 271 (273 f.); Simotta, FS Geimer, S. 1115 (1147 ff.); Spellenberg, FS Geimer, S. 1257 f.; ders., FS Schumann, S. 423 (433); MüKo/Gottwald, Art. 1 EheGVO Rn. 2; Dilger, Die Regelungen zur internationalen Zuständigkeit in Ehesachen in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, Rn. 142 ff. 81 Nur negative Feststellungsverfahren seien erfasst: Rausch, FuR 2001, 151 (153); Vogel, MDR 2000, 1045 (1046); Rahm/Künkel/Breuer, VIII Rn. 139.7; Erman/Hohloch, Art. 17 EGBGB Rn. 69. 82 Im Übrigen spricht sich Simotta überzeugend gegen eine Unterscheidung zwischen positiver und negativer Feststellungsklage aus, denn durch die Formulierung des
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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stellungsklagen in ihren Geltungsbereich einschloss, so dass grundsätzlich die Pflicht zur Anerkennung des ausländischen Ehefeststellungsurteils im Verhältnis der EU-Mitgliedstaaten bestand. Daraus könnten sich gegebenenfalls Erkenntnisse in Bezug auf den sachlichen Anwendungsbereich der EheVO II ableiten lassen, schließlich enthält die neue Verordnung nur wenige Änderungen zu Eheverfahren. Auf keinen Fall darf zur Klärung der Problematik schlicht auf die Legaldefinition des § 606 I 1 ZPO verwiesen werden, die die Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe als „Ehesache“ ausweist. Vielmehr ist in Anbetracht dessen, dass es sich bei der in Rede stehenden Verordnung um einen Rechtsakt des europäischen Gesetzgebers handelt, die EheVO I aus sich heraus, d.h. autonom auszulegen. Ausschlaggebendes Kriterium hierfür ist – neben Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte – die Zielsetzung der Verordnung83. aa) Intention der EheVO I Die den Geltungsbereich der EheVO I weit auslegenden Stimmen beriefen sich auf die Intention der gemeineuropäischen Regelung, die darin bestanden haben soll, alle Entscheidungen über den Ehestatus der Partner einer umfassenden Regelung zuzuführen84. Jene Zielrichtung wäre eindeutig aus dem Zusammenspiel der Sätze 2 und 3 des Erwägungsgrundes 10 der Verordnung85 hervorgegangen, wonach sämtliche Folgeentscheidungen ausgeklammert, die eigentlichen Statusverfahren hingegen umfassend geregelt werden sollten86. Überdies wäre es im Zuge der angestrebten Vereinheitlichung nicht sinnvoll gewesen, die ohnehin nur seltenen Fragen der Feststellung der Gültig- oder Ungültigkeit der Ehe gesonderten Anerkennungsregeln zu unterwerfen87, sorge die gerichtliche Feststellung doch gleichermaßen für Gewissheit über den Status der Beteiligten88. Schließlich, so wurde betont, bestünde auch eine sachliche Nähe zwischen dem Verfahren auf Ungültigkeiterklärung einer Ehe und der Feststellungs-
Klagebegehrens könnte der Kläger über den sachlichen Anwendungsbereich der EheVO I und damit zugleich über die internationale Zuständigkeit in Ehesachen disponieren, eingehend dazu Simotta, FS Geimer, S. 1115 (1146 f.); ähnlich Rauscher/Rauscher, EuZPR1., Art. 1 Brüssel II-VO Rn. 2. 83 Kropholler, EuZPR, Einl. Rn. 80 a. E. mit Rn. 42 ff. 84 Schack, RabelsZ 65 (2001), 615 (620); Hau, FamRZ 2000, 1333; ders., FamRZ 1999, 484 (485); Gruber, FamRZ 2000, 1129 (1130). 85 ABl. EG 2000, L 160/20. 86 Bergerfurth, FF 2001, 15 (16). 87 Vogel, MDR 2000, 1045 (1046). Nach Vogel müsse man daher den Begriff der Ungültigkeiterklärung i. S. v. Art. 1 I lit. a EheVO I auf die Fälle erstrecken, in denen die Ungültigkeit nicht als Gestaltungswirkung eintritt, sondern lediglich festgestellt wird. 88 Hau, FamRZ 1999, 484 (485).
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
entscheidung, die es geboten hätte, letztgenannte in den Anwendungsbereich der EheVO I einzubeziehen89. Diese Argumentation erscheint vor allem im Hinblick auf die angeführte Intention der EheVO I bedenklich, denn es lässt sich weder den Erwägungsgründen, die bei der autonomen Auslegung des sekundären Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen sind90, noch dem Bericht von Borrás entnehmen, dass der Verordnungsgeber über die beabsichtigte Vereinheitlichung bestimmter einzelstaatlicher Vorschriften hinaus eine Regelung anstrebte, die sämtliche den Bestand der Ehe als Statussache berührende Verfahren erfassen sollte. Soweit Borrás konstatiert, dass das Übereinkommen auf Entscheidungen Anwendung findet, die „den ehelichen Status an sich betreffen“91, dient das nicht der weiten Auslegung des sachlichen Anwendungsbereiches, sondern unzweifelhaft der Abgrenzung zu den „Nebenaspekten“ wie dem Verschulden der Ehegatten, dem Familienvermögen oder der Unterhaltspflicht, die mit dem „ehelichen Status verknüpft sind“, gleichwohl aber nicht vom Geltungsbereich berücksichtigt wurden92. Dementsprechend sollte sich die Anerkennung von Entscheidungen über eine Scheidung oder die Ungültigkeiterklärung einer Ehe „nur“ auf die „Auflösung des Ehebandes“93, jedoch nicht auf die Scheidungsfolgen94 erstrecken. Da der Erwägungsgrund 10 der Verordnung inhaltlich mit den Ausführungen Borrás zum sachlichen Anwendungsbereich in Ehesachen übereinstimmte, kann auch ihm lediglich eine durch den Verordnungsgeber beabsichtigte Abgrenzung zu den ausgeschlossenen Nebenfolgen entnommen werden. Gegen die befürwortete Zielsetzung der allumfassenden Regelung des Ehegattenstatus spricht fernerhin der in dem besagten Erwägungsgrund enthaltene Verweis auf die von der EheVO I „nur“ bedachten Verfahren95. Demnach folgt aus der näheren Betrachtung des relevanten Erwägungsgrundes und der erläuternden Bemerkungen zum Brüssel II-Übereinkommen nicht, dass nach der Intention der Verordnung Klagen auf Feststellung des Bestehens der Ehe von der EheVO I umfasst werden sollten.
89 Gruber, FamRZ 2000, 1129 (1130) setzt sich für die Einbeziehung „kraft Sachzusammenhangs“ ein. 90 Boele-Woelki, ZfRV 2001, 121 (128); Thomas/Putzo/Hüßtege, EuEheVO Vorbem Art. 1 Rn. 9. 91 ABl. EG vom 16. 7. 1998, C 221/35 Nr. 22. 92 Siehe Fn. 91. 93 Vgl. Fn. 91. 94 Eine Ausnahme galt nur für Entscheidungen über die elterliche Sorge gemäß Art. 1 I lit. b EheVO I, soweit sie anlässlich eines Verfahrens in Ehesachen getroffen wurden. 95 Insoweit auch Andrae, ERA-Forum 1/2003, 28 (32).
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bb) Rückschlüsse aus dem Haager Scheidungsübereinkommen vom 1. Juni 1970 Teilweise wurde von denjenigen Vertretern in der Lehre, die feststellende Entscheidungen i. S. v. § 632 ZPO von der EheVO I als ausgeschlossen ansahen, auf das Haager Übereinkommen über die Anerkennung von Ehescheidungen und Ehetrennungen vom 1. Juni 1970 verwiesen96. Gegenstand des von Deutschland nicht ratifizierten Übereinkommens97 ist die Anerkennung von Ehescheidungen und Ehetrennungen in einem Vertragsstaat. Nach den zugrunde liegenden Materialien sind Feststellungsverfahren neben der Frage der Eheaufhebung bewusst aus dem Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgeklammert worden98. Hintergrund dieser gesetzgeberischen Entscheidung war die Tatsache, dass man die zur automatischen Unwirksamkeit führenden Ehemängel als negative Voraussetzungen einer fehlerfreien Ehe betrachtete. Als solche eingestuft, lag von vornherein keine gültige Ehe vor, deren Scheidung nach dem Haager Scheidungsübereinkommen Anerkennung finden konnte. Anstatt also derart schwerwiegende Mängel mit dem Verfahren auf Eheauflösung im Rahmen des Übereinkommens gleichzusetzen, strebte der Gesetzgeber eine Vereinheitlichung des Kollisionsrechts zur Schaffung einer allgemeingültigen Regelung bezüglich feststellender Entscheidungen an99. Im Rahmen der Vorarbeiten zur EheVO I fanden dahingehende, in ihrem Umfang vergleichbare Erwägungen nicht statt. Allerdings wurden vereinzelt entsprechende Überlegungen in diese Richtung geäußert100, was Dilger zu der Annahme veranlasst, dass sich die internationale Sichtweise hinsichtlich der angestrebten einheitlichen Regelung über Feststellungsverfahren nicht geändert hätte101. Mithin sollte die positive Feststellungsklage nach dem Willen des Verordnungsgebers gerade nicht der EheVO I unterfallen. Dieser Aspekt ist allerdings nicht als durchschlagendes Argument für die Begrenzung des Art. 1 I lit. a EheVO I auf statusändernde Entscheidungen zu bewerten. Schließlich kann das Fehlen eines bewussten Ausschlusses bei den 96 Vgl. Dilger, Die Regelungen zur internationalen Zuständigkeit in Ehesachen in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, Rn. 153. Die amtliche Schweizer Übersetzung des Übereinkommens in die deutsche Sprache findet sich u. a. bei Jayme/Hausmann6., Nr. 86. 97 Als mögliche Gründe hierfür werden das Fehlen vereinheitlichter Vorschriften über die internationale Zuständigkeit als auch der Mangel einer befriedigenden Rechtshängigkeitsregelung angeführt, Wagner, IPRax 2001, 73 (74). 98 Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (295 m.w. N.); Helms, FamRZ 2001, 257 (259 m.w. N.). 99 Helms, FamRZ 2001, 257 (259 m.w. N.). 100 Beaumont/Moir, Eur. L. Rev. 20 (1995), 268 (285 f.). 101 Dilger, Die Regelungen zur internationalen Zuständigkeit in Ehesachen in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, Rn. 153.
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Vorberatungen zur europäischen Vorordnung auch als Entscheidung für die Einbeziehung von Feststellungsurteilen – im Unterschied zum Haager Übereinkommen – gedeutet werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber von der Möglichkeit einer ausdrücklichen Klarstellung zugunsten einer engen Auslegung des Regelungsbereiches keinen Gebrauch gemacht hat, obwohl die Gelegenheit dazu bestand. Andererseits könnte aus der Außerachtlassung der Problematik – in Übereinstimmung mit der Ansicht Dilgers – auch geschlossen werden, dass sich der europäische Gesetzgeber dieser Frage weiterhin durch eine Vereinheitlichung des Kollisionsrechts annehmen wollte, eine wie bei dem Haager Scheidungsübereinkommen geführte Debatte daher entbehrlich war. Das Für und Wider der Argumente zeigt, dass sich im Ergebnis keine zweifelsfreien Schlussfolgerungen aus der Betrachtung des Haager Scheidungsübereinkommens sowie der vereinzelt im Rahmen der Vorarbeiten getätigten Äußerungen zur EheVO I gewinnen lassen. cc) Auslegung des Wortlautes Allerdings könnte der – durch die ablehnenden Stimmen in der Literatur – zur Begründung herangezogene Wortlaut des Art. 1 I lit. a, 13 I EheVO I näheren Aufschluss geben. Jener sei eindeutig auf statusändernde, d.h. gestaltende Gerichtsentscheidungen zugeschnitten gewesen, weshalb Ehefeststellungsurteile nicht von der EheVO erfasst werden sollten102. Dem Wortlautargument ist zuzustimmen, denn sowohl die Scheidung als auch die Ungültigerklärung einer Ehe im Sinne der Vorschriften führen zu einer Auflösung der Ehegemeinschaft; Rechte und Verpflichtungen, die aus einer wirksamen Ehe folgen, fallen weg. Scheidungsurteile i. S. v. § 1564 BGB sowie Eheaufhebungsurteile gemäß § 1313 BGB stellen wegen der Schaffung einer neuen materiellen Rechtslage Gestaltungsentscheidungen nach deutschem Recht dar103. Auch die in den romanischen Rechtsordnungen kodifizierte und von der Verordnung erfasste Trennung ohne Auflösung des Ehebandes (Art. 1 I lit. a Fall 2 EheVO I) ist auf eine Gestaltung der Rechtsbeziehungen der Partner gerichtet, denn es wird die Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft aufgehoben104. Dass das Eheband rechtlich fortbesteht und eine Wiederheirat weiterhin ausgeschlossen ist, zwingt wegen der eintretenden Statuslockerung105 nicht zu
102 Hausmann, EuLF 2000/01, 271 (273); Spellenberg, FS Geimer, S. 1257; Simotta, FS Geimer, S. 1115 (1147 f.); Andrae, ERA-Forum 1/2003, 28 (32). 103 Zöller/Philippi, § 632 ZPO Rn. 10 (m.w. N.). 104 Siehe bereits Fn. 71. 105 Helms, FamRZ 2001, 257 (258).
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der Annahme, es fehle an einer Statusänderung. Demnach kommt auch der Klage auf Trennung von Tisch und Bett Gestaltungswirkung zu. Im Gegensatz dazu ist die Nichtehe mit einem derart schwerwiegenden Mangel behaftet, dass ihre anfängliche Unwirksamkeit nur zur Klarstellung durch ein Urteil ausgesprochen wird. Hinsichtlich der rechtlichen Beziehungen der Beteiligten untereinander und zu Dritten bewirkt eine gerichtliche Feststellung des Nichtbestehens der Ehe aufgrund ihres lediglich deklaratorischen Charakters106 keine Veränderung. Vielmehr findet allein eine Bestätigung der bereits bestehenden materiellen Rechtslage und die Beseitigung der zwischen den Parteien bestehenden Ungewissheit durch ein Gericht statt107. Dasselbe gilt umgekehrt für den Fall der positiven Feststellung einer vormals wirksam geschlossenen Ehe. Bei feststellenden Entscheidungen fehlt es sonach im Gegensatz zu den von der EheVO I erfassten Verfahrensarten gerade an der Gestaltungswirkung108. Eine „Auflösung des Ehebandes“, wie es nach dem Erwägungsgrund 10 der Verordnung109 und dem begleitenden Bericht von Borrás für die Eröffnung des Anwendungsbereiches notwendig sein sollte110, erfolgt nicht. Bereits dieser Unterschied sprach unter Geltung der EheVO I für die Beschränkung des Art. 1 I lit. a EheVO I auf Gestaltungsklagen. dd) Konträre Regelungsinhalte der erfassten Verfahrensarten Die Berechtigung zur engen Auslegung des Art. 1 I lit. a EheVO I könnte sich fernerhin aus der scheidungsfreundlichen Tendenz (sog. favor divortii)111 der Verordnung ergeben haben. So bezweckt die Vereinheitlichung des Verfahrensrechts auf dem Gebiet der Auflösung der Ehe seit dem 1. 3. 2001 die Erleichterung von Scheidungen im EU-Rechtsraum. Gefördert wird diese Regelungsabsicht durch die Normierung vielfältiger Zuständigkeits- und Anerkennungsvorschriften112. Bildhaft kritisiert Jayme die Behandlung des Familienstatus als Ware; gefördert werde durch die europäische Verordnung die „Zirkulation, nicht die Beständigkeit“113.
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Simotta, FS Geimer, S. 1115 (1148). MüKo/Becker-Eberhard, § 256 ZPO Rn. 1 f. 108 Einhellige Ansicht, vgl. nur Zöller/Philippi, § 632 ZPO Rn. 10; MüKo/BeckerEberhard, § 256 ZPO Rn. 2. 109 ABl. EG 2000, L 160/20. 110 ABl. EG vom 16. 7. 1998, C 221/35 Nr. 22. 111 Boele-Woelki, ZfRV 2001, 121 (124, 127); Helms, FamRZ 2002, 1593 (1598). 112 Schack, RabelsZ 65 (2001), 615 (616 f., 623). 113 Jayme, IPRax 2000, 165 (168). 107
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Demgegenüber ist die positive Feststellungsklage auf die Sicherung der materiellen Rechtslage gerichtet, eine Statusänderung soll gerade nicht eintreten. Die Ehefeststellungsklage verfolgt also ein ganz anderes Rechtsschutzziel als die in Art. 1 I lit. a EheVO I ehemals positiv aufgezählten Verfahrensarten114. Aufgrund der konträren Regelungsinhalte vermag die enge Auslegung des Art. 1 I lit. a EheVO I auch deshalb zu überzeugen. ee) Vergleich mit klageabweisenden Entscheidungen Gestützt wurde diese Meinung schließlich durch einen Vergleich mit klageabweisenden Entscheidungen, die die Feststellung beinhalten, es mangele an einem Gestaltungsgrund115. Obschon sich aus dem deutschen Wortlaut der Art. 13, 15 EheVO I nicht sogleich erschloss, dass allein die einem Antrag auf Scheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigkeiterklärung der Ehe stattgebenden Entscheidungen anerkannt wurden116, folgte die Nichteinbeziehung von Antragsabweisungen aus dem Erwägungsgrund 15 S. 1 der Verordnung117. Danach sollten nach dem Willen des Rates der Europäischen Union nur Entscheidungen, die eine Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigkeiterklärung einer Ehe herbeiführen, Anerkennung finden können. Neben andere Sprachfassungen des Art. 13 EheVO I, die eine derartige Regelungsabsicht widerspiegelten118, hob auch der Bericht zum Brüssel IIÜbereinkommen ausdrücklich die sachliche Begrenzung auf sog. „positive Entscheidungen“, die „tatsächlich zu einer Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigkeiterklärung einer Ehe geführt haben“119,
114 Rahm/Künkel/Breuer, VIII Rn. 139.7; Dilger, Die Regelungen zur internationalen Zuständigkeit in Ehesachen in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, Rn. 144. 115 Auf diesen Aspekt stellen ab Simotta, FS Geimer, S. 1115 (1148 f.); Spellenberg, FS Schumann, S. 423 (432); Staudinger/Spellenberg, Art. 1 EheGVO Rn. 8. 116 Art. 13 I EheVO I normierte, dass unter dem Begriff der „Entscheidung“ jede von einem Gericht eines Mitgliedstaates erlassene Entscheidung über die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigkeiterklärung einer Ehe zu verstehen ist. Danach hätten auch klageabweisende Entscheidungen unter die EheVO I fallen können, denn die Abweisung eines Scheidungsantrags stellt eine Entscheidung über eine Ehescheidung dar, vgl. Helms, FamRZ 2001, 257 (258). Im Hinblick auf die Problematik ähnlich unklar formuliert war Art. 15 EheVO I: „Eine Entscheidung, die die Ehescheidung [. . .] betrifft.“ 117 ABl. EG 2000, L 160/20. 118 Vgl. etwa die englische Fassung des Art. 13 I EheVO I: „[. . .] ,judgment‘ means a divorce, legal separation or marriage annulment pronounced by a court of a Member State [. . .]“, die französische: „[. . .] toute décision de divorce, de séparation de corps ou d’annulation d’un mariage rendue par une juridiction d’un État membre [. . .]“ oder die italienische: „decisione di divorzio, separazione personale dei coniugi o annullamento del matrimonio emessa da un giudice di uno Stato membro [. . .].“ 119 ABl. EG vom 16. 7. 1998, C 221/48 Nr. 60.
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hervor. Zwar brachte dies mit sich, dass der die Auflösung der Ehe begehrende Ehepartner bevorzugt und ein sog. forum shopping provoziert wurde120, gleichwohl wurde der Regelungswille des europäischen Gesetzgebers im Schrifttum akzeptiert121. Da nun die Klageabweisung nicht schon bei ihrer Rechtshängigkeit feststeht, ergab sich die Besonderheit, dass der Anwendungsbereich der EheVO I zunächst eröffnet war, „negative“ Entscheidungen jedoch von der Anerkennungspflicht nach den Art. 13 ff. EheVO I ausgenommen wurden122. Hintergrund dieser „merkwürdigen Asymmetrie“123 waren gemäß dem Bericht von Borrás nicht nur die seinerzeit bestehenden erheblichen Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsordnungen in Ehesachen, sondern auch der Umstand, dass das der Sachverständigengruppe erteilte Mandat in der Ausarbeitung eines Übereinkommens lag, welches die Anerkennung von ausschließlich positiven Entscheidungen – wie beispielsweise der Scheidung – erleichtern sollte124. Tatsächlich aber bewertete man das gefundene Ergebnis als einen politischen Kompromiss, denn die skandinavischen Staaten sollen zugunsten der Eheauflösungsfreiheit ihrer Staatsangehörigen das Ziel verfolgt haben, dass eine etwaige Klageabweisung im Ausland nicht einer erneuten Antragstellung auf Scheidung der Ehe in ihrem Hoheitsgebiet entgegenstand125. Fehlt es danach klageabweisenden Entscheidungen mit ihrer Feststellung, es existiere kein Scheidungs- oder Trennungsgrund, an einer Gestaltungswirkung 120 Kritik übten deshalb insbes. Jayme, IPRax 2000, 165, 167 f.; Kohler, NJW 2000, 10 (15); Schack, RabelsZ 65 (2001), 615 (616 f.); Spellenberg, FS Schumann, S. 423 (432); Hau, FamRZ 1999, 484 (487). 121 Kropholler, EuZPR, Einl. Rn. 119; Schlosser, EuZPR, Art. 13 EuEheVO Rn. 1; Rauscher/Rauscher, EuZPR1., Art. 13 Brüssel II-VO Rn. 10 f.; MüKo/Gottwald, Art. 13 EheGVO Rn. 2; AnwK/Andrae, Art. 21 EheVO 2003 Rn. 6; Wagner, IPRax 2001, 73 (76); Boele-Woelki, ZfRV 2001, 121 (127); Helms, FamRZ 2001, 257 (258); ders., FamRZ 2002, 1593 (1598); Gruber, FamRZ 2000, 1129 (1135). Folge des Ausschlusses abweisender Entscheidungen vom Geltungsbereich der Art. 13 ff. EheVO I war die sodann entstandene Diskussion darüber, ob diese jedenfalls der Anerkennung nach autonomem IZPR unterliegen, hierzu insbes. Andrae, ERA-Forum 1/2003, 28 (32 m.w. N.); Hausmann, EuLF 2000/01, 345 (348 m.w. N.). 122 Staudinger/Spellenberg, Art. 1 EheGVO Rn. 4, Art. 21 EheGVO Rn. 20; inzident Rauscher/Rauscher, EuZPR1., Art. 1 Brüssel II-VO Rn. 2. 123 Spellenberg, FS Schumann, S. 423 (432). 124 Siehe Fn. 119. 125 Helms, FamRZ 2001, 257 (258); Kohler, NJW 2001, 10 (13); Kropholler, EuZPR, Einl. Rn. 119; Spellenberg, FS Schumann, S. 423 (432); Hau, FamRZ 1999, 484 (487). In der Konsequenz drängte sich die strittige Frage auf, ob antragsabweisende Sachurteile eine entgegenstehende Entscheidung i. S. d. Art. 15 I lit. c, d EheVO I darstellten. Ausführlich dazu Helms, FamRZ 2001, 257 (265); ders., FamRZ 2002, 1593 (1598 f.); Hausmann, EuLF 2000/01, 345 (350 m.w. N.). Auf die auch weiterhin zu Art. 22 lit. c, d EheVO II kontrovers geführte Diskussion (vgl. AnwK/Andrae, Art. 22 EheVO 2003 Rn. 13 m.w. N.) kommt es hier für die in Frage stehende Heilungsvariante nicht an.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
und konnten sie nach dem eindeutigen Regelungswillen gemäß Art. 13 ff. EheVO I keine Anerkennung finden, erschien es im Umkehrschluss nur folgerichtig, Feststellungsurteile, denen gleichermaßen keine statusändernde Wirkung zukommt, von den Anerkennungsregeln und schließlich – aufgrund der dargelegten Argumentation bzgl. Wortlaut und konträrer Regelungsinhalte126 – vom sachlichen Anwendungsbereich der EheVO I auszunehmen127. ff) Zwischenergebnis Zu Recht wurde sonach vertreten, dass sich der Regelungsbereich der Verordnung auf die in Art. 1 I lit. a EheVO I enthaltene positive Aufzählung der erfassten zivilgerichtlichen Verfahren beschränkte; Ehefeststellungsurteile zählten in Ermangelung der Gestaltung eines Eheverhältnisses nicht dazu. Weshalb der die Verordnung erlassende EU-Rat nicht ausdrücklich alle den Status der Beteiligten betreffenden Verfahren zwecks einer Zuständigkeits- und Verfahrenskonzentration in den Geltungsbereich der EheVO I einbezog, bleibt ungeklärt, lässt sich aber möglicherweise mit der damals in den EU-Mitgliedstaaten noch bestehenden erheblichen Rechtsverschiedenheit in der Regelung der Ehemängel, die zur Nichtexistenz der Ehe führen, begründen128. Eine vereinfachte Anerkennung nach den Vorschriften der EheVO I sah man eventuell als verfrüht an. Im Ergebnis bestand unter Geltung der EheVO I für Deutschland keine automatische Anerkennungspflicht bzgl. eines positiven Feststellungsurteils, das eine Nichtehe für wirksam erklärte. Eine statusrechtliche Heilung der hinkenden Auslandsehe konnte auf diesem Weg nicht eintreten. b) Rechtslage seit dem 1. März 2005 Aufgrund der Neufassung der EheVO I stellt sich die Frage, ob positive Feststellungsentscheidungen über den Ehestatus nunmehr der geltenden EheVO II unterfallen. Da offizielle Erläuterungsberichte zu europäischen Verordnungen
126
Zweiter Teil, B.I.3.a)cc), dd). Simotta, FS Geimer, S. 1115 (1149); Spellenberg, FS Schumann, S. 423 (432); Staudinger/Spellenberg, Art. 1 EheGVO Rn. 8, Art. 21 EheGVO Rn. 24. Rauscher/ Rauscher, EuZPR1., Art. 1 Brüssel II-VO Rn. 2, Art. 13 Rn. 12 differenzierte: in Anlehnung an die antragsabweisenden Scheidungsurteile seien positive Feststellungsentscheidungen von der Anerkennungspflicht nach den Art. 13 ff. EheVO I ausgenommen, allerdings sollte der sachliche Anwendungsbereich des Art. 1 I lit. a EheVO I zunächst eröffnet sein. Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Auffassung ist jedoch entbehrlich, da im Ergebnis – wie hier vertreten – die Anerkennung eines Ehefeststellungsurteils nach der EheVO I abgelehnt wurde. 128 Helms, FamRZ 2001, 257 (259 m.w. N.). 127
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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üblicherweise nicht existieren129, kann ein solcher wegen seines Fehlens keinen Aufschluss über die Zielsetzung der EheVO II geben. aa) Regelungsbereich des Art. 1 I lit. a EheVO II Ein Blick in die Vorschrift des Art. 1 I lit. a EheVO II offenbart die inhaltliche Übereinstimmung des sachlichen Anwendungsbereichs hinsichtlich der geregelten Verfahren in Ehesachen mit der abgelösten EheVO I. Nach ihrem Wortlaut gilt die geänderte Verordnung weiterhin für Zivilsachen, die die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und die Ungültigkeiterklärung einer Ehe zum Gegenstand haben. Aufmerksamkeit sollte jedoch dem Erwägungsgrund 8 der Verordnung130 geschenkt werden. Danach findet die EheVO II sachlich „nur“ auf Entscheidungen Anwendung, die „die Auflösung einer Ehe“ betreffen. Die durch den Rat der Europäischen Union gewählte Formulierung könnte damit bereits eine Lösung der diskutierten Problematik beinhalten, stellen doch die hier in Frage stehenden Ehefeststellungsurteile lediglich die Gültigkeit der unter Beachtung sämtlicher Rechtsvorschriften vollzogenen Ehe nach der lex fori des Urteilsstaates fest. Eine Auflösung des Statusverhältnisses erfolgt bekanntermaßen nicht. Dennoch verbietet es sich, voreilige Schlüsse zu ziehen, denn die Erläuterung des Verordnungsgebers kann auch dahingehend aufgefasst werden, dass allein eine Abgrenzung zu den nicht erfassten Scheidungsfolgen und anderen Nebenaspekten vorgenommen131, indes eine Entscheidung über die weite oder enge Auslegung des Geltungsbereiches nicht getroffen werden sollte132. bb) Neuerungen in Bezug auf den Ausschluss klageabweisender Entscheidungen? Möglicherweise könnte sich wiederholt ein Vergleich mit sachabweisenden Entscheidungen zu Nutze gemacht werden. Fraglich ist sonach, ob diese nach dem Regelungswillen des EU-Rates erneut von der Anerkennungspflicht ausgenommen sind. Der Begriff der anzuerkennenden „Entscheidung“ ist nunmehr in Art. 2 Nr. 4 EheVO II geregelt. Allerdings wird – wie schon gemäß Art. 13 I EheVO I – 129 130 131
Boele-Woelki, ZfRV 2001, 121 (128); Wagner, IPRax 2001, 73 (75). ABl. EG 2003, L 338/1. Vgl. AnwK/Andrae, Art. 21 EheVO 2003 Rn. 7 in einem anderen Zusammen-
hang. 132 Siehe bereits die ähnliche Argumentation bzgl. des Erwägungsgrundes 10 der EheVO I und des Berichts zum Brüssel II-Übereinkommen im Zweiten Teil, B.I.3. a)aa), wonach „nur“ die „Auflösung des Ehebandes“ betreffende Verfahren erfasst sein sollten.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
lediglich klargestellt, dass darunter jede von einem Gericht eines Mitgliedstaates erlassene Entscheidung über die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigkeiterklärung einer Ehe zu verstehen ist. Infolge des weit gefassten Wortlautes könnte man damit von der Einbeziehung klageabweisender Scheidungsanträge ausgehen133. Im Hinblick auf die Problematik auch unklar formuliert ist der den Art. 15 I EheVO I inhaltsgleich übernehmende Art. 22 EheVO II, der die Hinderungsgründe für die Nichtanerkennung einer „Entscheidung, die die Ehescheidung [. . .] betrifft“, festlegt. Demzufolge ergeben sich aus dem deutschen Wortlaut abermals keine Anhaltspunkte dafür, ob eine das Scheidungsbegehren als unbegründet abweisende Entscheidung den Anerkennungsvorschriften der EheVO II unterfällt. Unter Geltung der EheVO I folgte die sachliche Begrenzung auf „positive Entscheidungen“ vornehmlich aus dem Erwägungsgrund 15 S. 1 der Verordnung sowie aus dem Bericht zum Brüssel II-Übereinkommen134. Indes findet sich jener Erwägungsgrund in der Neufassung der gemeineuropäischen Regelung nicht mehr wieder. Auch eine vergleichbare erläuternde Bemerkung des Rates der Europäischen Union zu dem in Art. 2 Nr. 4 EheVO II legal definierten Begriff der „Entscheidung“ existiert nicht. Dieser Umstand zieht jedoch nicht unweigerlich den Schluss nach sich, klageabweisende Entscheidungen werden jetzt wegen des aufgehobenen Erwägungsgrundes und der weit gefassten Anerkennungsvorschriften von der EheVO II berücksichtigt. Zu bedenken ist nämlich, dass die überarbeitete Verordnung einen erweiterten Geltungsbereich in Sorgerechtsangelegenheiten beinhaltet135, entsprechend ist sie auch in ihrem Umfang gewachsen. Demgemäß liegt nun der Schwerpunkt der erläuternden Bemerkungen auf den kindschafts- statt auf den im Wesentlichen unverändert übernommenen eherechtlichen Vorschriften. Die fehlende Neuaufnahme des Erwägungsgrundes 15 verwundert aus diesem Grunde nicht, sondern gibt vielmehr Anlass zu der Annahme, dass von dem ursprünglichen Regelungswillen des Verordnungsgebers im Zusammenhang mit dem Ausschluss abweisender Sachurteile nicht abgewichen werden soll. Dies gilt vor allem deshalb, weil der zur Auslegung der EheVO I ergänzende Bericht von Borrás aufgrund der Ver-
133 Vgl. bereits die von Helms (Fn. 116) getroffene Feststellung, dass auch die Abweisung eines Scheidungsantrags eine Entscheidung über die Ehescheidung darstellt. 134 Siehe die Erörterungen zum Zweiten Teil, B.I.3.a)ee). 135 Gemäß Art. 1 I lit. b EheVO II werden die Zuständigkeit und Anerkennung aller Entscheidungen über die elterliche Verantwortung nunmehr unabhängig davon geregelt, ob sie aus Anlass einer Ehesache erfolgen (anders noch Art. 1 I lit. b EheVO I). Neu ist auch, dass die Folgen einer Kindesentführung durch die EheVO II erfasst werden. Insoweit kommt der EheVO II im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten Vorrang vor dem HKEntfÜ zu, vgl. Art. 60 lit. e EheVO II. Überdies sind in den Art. 40 ff. EheVO II neue Rechtsvorschriften bzgl. der Vollstreckung bestimmter Entscheidungen über das Umgangsrecht und über die Rückführung eines entführten Kindes erlassen worden.
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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weisung in Erwägungsgrund 3 der EheVO II136 weiterhin zur Auslegung des sekundären Gemeinschaftsrechts bemüht werden kann, haben sich auf dem Gebiet der Anerkennung von Ehesachen doch keine bedeutenden Neuerungen ergeben. Überdies wurde die Problematik der stattgebenden und antragsabweisenden Entscheidungen im Gesetzgebungsverfahren – soweit ersichtlich – nicht diskutiert137. Die Möglichkeit der gesetzlichen Klarstellung hat der Verordnungsgeber nicht genutzt, so dass auch künftig von der unter der EheVO I herrschenden Rechtsauffassung ausgegangen werden muss. Gestützt wird diese Auffassung erneut durch einen Verweis auf die etwas klarere englische und französische Fassung in Bezug auf den Begriff der „Entscheidung“ gemäß Art. 2 Nr. 4 EheVO II138. Im Ergebnis unterliegen klageabweisende Entscheidungen auch unter Geltung der EheVO II nicht der Anerkennungspflicht gemäß den Art. 21 ff. der Verordnung139. cc) Konsequenz Folgerichtig fallen – wie bereits unter den dargelegten Gründen zur EheVO I als sog. argumentum e contrario entwickelt140 – nur statusgestaltende, nicht jedoch feststellende Entscheidungen in den sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung gemäß Art. 1 I lit. a EheVO II141. Die Gefahr, wie Gruber sie be136
ABl. EG 2003, L 338/1. Andrae/Heidrich, FamRZ 2004, 1622 (1628). 138 Die englische Fassung des Art. 2 Nr. 4 EheVO II lautet: „the term ,judgment‘ shall mean a divorce, legal separation or marriage annulment [. . .] pronounced by a court of a Member State [. . .]“. Nach dem französischen Text des Art. 2 Nr. 4 EheVO II erfasst der Entscheidungsbegriff: „[. . .] toute décision de divorce, de séparation de corps ou d’annulation d’un mariage [. . .] rendue par une juridiction d’un État membre [. . .]“. 139 Insoweit auch Thomas/Putzo/Hüßtege, Art. 22 EuEheVO Rn. 3; Staudinger/ Spellenberg, Art. 21 EheGVO Rn. 20 ff.; Andrae/Heidrich, FamRZ 2004, 1622 (1628); Zöller/Geimer, Anh II, Art. 21 EuEheVO Rn. 7; Rauscher/Rauscher, EuZPR, Art. 2 Brüssel IIa-VO Rn. 9, Art. 21 Brüssel IIa-VO Rn. 2, 8. Kritisch äußern sich hierzu AnwK/Andrae, Art. 21 EheVO 2003 Rn. 7; Zöller/Geimer, Anh II, Art. 21 EuEheVO Rn. 8. Dilger (in: Die Regelungen zur internationalen Zuständigkeit in Ehesachen in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, Rn. 152) zieht aus der Nichteinbeziehung klageabweisender Urteile die logische Konsequenz, dass damit das Argument der Gegenansicht, der Verordnungsgeber wolle sämtliche Ehestatusverfahren erfassen, widerlegt sei. Schließlich betreffe auch die Abweisung eines Scheidungsantrags den Status als Ehegatte, gleichwohl soll er nicht Gegenstand der Art. 21 ff. EheVO II sein. 140 Siehe den Zweiten Teil, B.I.3.a)ee). 141 Im Ergebnis ebenso Zöller/Geimer, Anh II, Art. 1 EuEheVO Rn. 1, 21; Staudinger/Spellenberg, Art. 1 EheGVO Rn. 8; Andrae, IntFamR, § 2 Rn. 15; AnwK/Andrae, Art. 21 EheVO 2003 Rn. 12 (im Rahmen der Anerkennung von Entscheidungen in 137
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
schreibt, dass der Vereinheitlichungszweck der Verordnung beeinträchtigt wäre, wenn eine Scheidungs- und eine Feststellungsklage bezogen auf dieselbe Ehe gleichzeitig vor den Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten rechtshängig werden, ohne dass auf die für derartige Konfliktsfälle zugeschnittenen Art. 19, 16 EheVO II zurückgegriffen werden kann142, besteht bei der hier im Zusammenhang mit der Heilungsmöglichkeit allein interessierenden positiven Feststellungsklage ohnehin nicht. Die Partner einer hinkenden Auslandsehe bezwecken gerade die Anerkennung ihrer Ehe durch möglichst viele Rechtsordnungen; das gleichzeitige Einreichen eines Scheidungsantrags wird demgemäß nicht praktisch werden. c) Ergebnis Der Erlass eines positiven Feststellungsurteils durch einen Mitgliedstaat der EheVO II zwingt demnach nicht zur automatischen Anerkennung im Inland. Der von Bayer, Knörzer, Wandt befürwortete Heilungsansatz zugunsten von Partnern einer hinkenden Auslandsehe lässt sich damit im Regelungsbereich der EheVO II nicht verwirklichen.
II. Die Anerkennung eines Ehefeststellungsurteils in einem förmlichen Verfahren nach Art. 7 § 1 FamRÄndG Entscheidungen zu Materien, die nicht unter die EheVO II fallen, können nach nationalem Recht Anerkennung finden. So wird die Fortgeltung des förmlichen Anerkennungsverfahrens nach Art. 7 § 1 FamRÄndG außerhalb des Geltungsbereiches der EheVO II durch § 33 AVAG ausdrücklich klargestellt143. Wie mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz)144 sichbar wird, existieren derzeit im autonomen deutschen Recht konkrete Ehesachen). A. A. Thomas/Putzo/Hüßtege, Art. 1 EuEheVO Rn. 2; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 8 Rn. 61; AnwK/Gruber, Art. 1 EheVO 2003 Rn. 10 ff. Rauscher/Rauscher, EuZPR, Art. 1 Brüssel IIa-VO Rn. 7, Art. 2 Brüssel IIa-VO Rn. 11 sieht wie schon unter Geltung der EheVO I (vgl. Fn. 127) positive Feststellungsurteile von Art. 1 I lit. a EheVO II als erfasst an, nimmt sie jedoch von der Anerkennungspflicht aus. Dem sich anschließend MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 173, 176 (hingegen Coester, FS Heldrich, S. 537 (542) ohne Differenzierung, stattdessen wie die hier vertretene Meinung). 142 AnwK/Gruber, Art. 1 EheVO 2003 Rn. 10. 143 MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 178; Staudinger/Spellenberg, Art. 21 EheGVO Rn. 93. 144 Siehe BT-Drucks. 16/6308, S. 1 ff. Zu den Inhalten und Zielen der sog. Großen Justizreform vgl. Borth, FamRZ 2007, 1925 ff.; Jacoby, FamRZ 2007, 1703 ff.; Mackenroth, NJ 2005, 481 ff.; Meyer-Seitz/Kröger/Heiter, FamRZ 2005, 1430 ff.; Kuntze, FGPRax 2005, 185 ff.
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Reformbestrebungen bzgl. des geltenden Familienverfahrensrechts und somit auch bei der verfahrensrechtlichen Anerkennung. Art. 1 des Gesetzentwurfes beinhaltet das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Speziell mit diesem Gesetz soll eine einheitliche Verfahrensordnung geschaffen werden, indem insbesondere das bisherige FGG und das 6. Buch der ZPO zusammengefasst werden145. Als Beitrag zur Rechtsvereinfachung werden Regelungen zu Verfahren mit Auslandsbezug systematisch kodifiziert. Die §§ 107–110 FamFG-E regeln die Fragen der Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Entscheidungen; dabei ersetzt § 107 FamFG-E inhaltlich weitgehend deckungsgleich Art. 7 § 1 FamRÄndG146. Da die Vorbereitungen des Bundesministeriums der Justiz für die geplante sog. Große Justizreform noch nicht abgeschlossen sind, soll die hier zur Diskussion stehende Problematik noch unter aktueller Rechtslage behandelt werden. 1. Zweckrichtung des Anerkennungsverfahrens Das auf Antrag einer antragsberechtigten Person ergehende Delibationsverfahren, vgl. Art. 7 § 1 III FamRÄndG (§ 107 IV FamFG-E), dient dazu, eine abschließende, einheitliche und allgemein verbindliche Klärung über ausländische Statusentscheidungen herbeizuführen. Ohne ein solches Verfahren müsste jedes Gericht und jede Behörde über die Vorfrage der Auflösung der Ehe inzident selbst entscheiden. Dass dadurch widersprüchliche Entscheidungen in Bezug auf dieselbe Ehe ergehen könnten, liegt auf der Hand147. Angesichts der Tatsache, dass die Frage nach dem Ehegattenstatus in einer Vielzahl von rechtlichen Zusammenhängen aufgeworfen wird, kann das öffentliche Interesse an einer einheitlichen, die Gerichte und Behörden gemäß Art. 7 § 1 VIII FamRÄndG (§ 107 IX FamFG-E) bindenden Feststellung der Anerkennungs- oder Nichtanerkennungsfähigkeit nur mittels eines zwingenden Anerkennungsverfahrens befriedigt werden. Dabei soll die Monopolisierung der Anerkennung bei den zuständigen Landesjustizverwaltungen oder den OLG-Präsidenten nach Art. 7 § 1 I–II a FamRÄndG (§ 107 I–III FamFG-E), mithin bei spezialisierten Behörden, eine richtige und schnelle Entscheidungsfindung sichern148. Fernerhin vermag nur eine einheitliche Entscheidung die erga omnes145
Meyer-Seitz/Kröger/Heiter, FamRZ 2005, 1430 (1431); Kuntze, FGPRax 2005,
185. 146 BT-Drucks. 16/6308, S. 32 f. Andrae und Heidrich stehen der Reform – wenn auch nur teilweise – kritisch gegenüber und setzen sich für eine ersatzlose Streichung des Art. 7 § 1 FamRÄndG ein, vgl. Andrae/Heidrich, FPR 2006, 222 (226 f.). 147 BGHZ 82, 34 (44); 112, 127 (134); Habscheid, FamRZ 1973, 431 (432 m.w. N.). 148 BGHZ 82, 34 (44); Andrae/Heidrich, FPR 2004, 292; dies., FamRZ 2004, 1622 (1623). Hintergrund der Normierung einer zwingenden Durchführung des Delibations-
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Wirkung, die der ausländischen Entscheidung infolge der Statusgestaltung im Erlassstaat faktisch zukommt, auf das Inland zu übertragen149. 2. Gegenstand Gegenstand des Anerkennungsverfahrens sind gemäß Art. 7 § 1 I 1 FamRÄndG (§ 107 I 1 FamFG-E) ausländische Entscheidungen150 über die Nichtigerklärung, Aufhebung oder Auflösung einer Ehe, über die Trennung von Tisch und Bett oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe. Nach dem Wortlaut also ausdrücklich erfasst sind die hier allein interessierenden ausländischen Ehefeststellungsurteile. Vom Feststellungsmonopol der Landesjustizverwaltung ausgenommen sind Entscheidungen der Gerichte des gemeinsamen Heimatstaates, vgl. Art. 7 § 1 I 3151 (§ 107 I 2 FamFG-E). Nach der Auffassung von Bayer, Knörzer, Wandt soll die Heilung der aus deutscher Sicht begründeten Nichtehe durch die Anerkennung eines ausländischen Ehefeststellungsurteils ausschließlich ausländischen Staatsangehörigen zugute kommen152. Würden diese kein unterschiedliches, sondern ein übereinstimmendes Heimatrecht aufweisen, wäre danach die zwingende Durchführung eines Delibationsverfahrens bei Vorliegen einer sog. Heimatstaatsentscheidung entbehrlich. Sodann besteht aber nach überwiegender Ansicht die Möglichkeit der fakultativen Durchführung eines Anerkennungsfeststellungsverfahrens153. Erfolgt dennoch kein dahingehender freiwilliger Antrag verfahrens war die Auffassung, dass ein freiwilliges Anerkennungsverfahren oder das Ehefeststellungsverfahren nach § 632 ZPO (§ 638 ZPO a. F.) dem öffentlichen Interesse an einer einheitlichen Klärung der Personenstandsfrage nicht gerecht werden könnte. Zur Kritik an dem Feststellungsmonopol bei einer spezialisierten Behörde und der zwingenden Durchführung des Verfahrens vgl. Andrae/Heidrich, FPR 2006, 222 (223 ff.). 149 Andrae/Heidrich, FamRZ 2004, 1622 (1623). 150 Der Begriff der „Entscheidung“ ist nach allgemeiner Ansicht weit auszulegen. Anerkennungsfähig sind sämtliche Urteile und Beschlüsse staatlicher Stellen, mithin von Gerichten, Behörden und auch staatlich autorisierten Stellen (insbes. Entscheidungen geistlicher Gerichte, wenn sie gemäß der Rechtsordnung, in der sie erlassen wurden, zur Auflösung der Ehe führen), BGHZ 82, 34 (41 f. m.w. N.); 110, 267 (270 f.); Kegel/Schurig/Kegel, IPR, § 20 IV 4 b dd (S. 825). 151 Handelt es sich um Partner mit mehrfacher Staatsangehörigkeit, wird die Notwendigkeit der förmlichen Feststellung der Anerkennungsfähigkeit unterschiedlich beurteilt. Eingehend dazu Martiny, Handbuch des IZVR, Rn. 1699 f.; Zöller/Geimer, § 328 ZPO Rn. 320 m.w. N. 152 Vgl. bereits die Ausführungen im Zweiten Teil, B. (S. 66). 153 Siehe insbes. BGHZ 112, 127 (130 ff.); BayObLG, FamRZ 2002, 1637 (1638); OLG Düsseldorf, IPRax 1997, 194 (195); Henrich, IntFamR, § 4 I 4c (S. 151); Martiny, Handbuch des IZVR, Rn. 1704; Kropholler, IPR, § 46 IV 3b (S. 374); MüKo/ Gottwald, § 328 ZPO Rn. 194; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 178; Stein/Jonas/ Roth, Art. 7 § 1 FamRÄndG Rn. 169; Erman/Hohloch, Art. 17 EGBGB Rn. 73; Andrae/Heidrich, FamRZ 2004, 1622 (1626 f.); AnwK/Andrae, Art. 7 § 1 FamRÄndG
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und bedarf es in einem gerichtlichen Prozess bzw. in einem Verwaltungsverfahren zur Beantwortung der streitigen Hauptfrage der Klärung des Ehegattenstatus, entbindet Art. 7 § 1 I 3 FamRÄndG (§ 107 I 2 FamFG-E) die Gerichte und Behörden nicht von der Pflicht zur inzidenten Prüfung der materiellen Anerkennungsvoraussetzungen154. In einem solchen Verfahren würde sich aber die Rechtskraft nicht auf die inzidente Entscheidung über die Anerkennung erstrecken, da lediglich über eine Vorfrage geurteilt wird155. 3. Die sachlichen Anerkennungsvoraussetzungen Sofern kein vorrangig zu beachtendes bilaterales Abkommen über die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet des Eherechts einschlägig ist156, ergeben sich die sachlichen Anforderungen der Anerkennung – neben der Notwendigkeit der Existenz einer formell rechtskräftigen ausländischen Entscheidung157 – aus § 328 ZPO. Danach ist die Anerkennung ausgeschlossen, wenn die Erfüllung zumindest einer der in § 328 I Nr. 1–4 ZPO (§ 109 I FamRn. 21 (m.w. N.); Spellenberg, FS Schumann, S. 423 (438). Ablehnend u. a. OLG Frankfurt a. M., FamRZ 1971, 373; Schack, IZVR, Rn. 893; Geimer, IZPR, Rn. 3021; Zöller/Geimer, § 328 ZPO Rn. 318; Rauscher/Rauscher, EuZPR, Art. 21 Brüssel IIaVO Rn. 12. 154 BGHZ 112, 127 (133); Martiny, Handbuch des IZVR, Rn. 1698 (m.w. N.) Die vereinzelt vertretene Ansicht (OLG Düsseldorf, FamRZ 1975, 584 (586 m.w. N.); OLG Frankfurt a. M., FamRZ 1971, 373 f.), sog. Heimatstaatsentscheidungen seien ohne weitere Voraussetzungen ipso iure anzuerkennen, vermochte sich nicht durchzusetzen. 155 Habscheid, FamRZ 1973, 431 (432); AnwK/Andrae, Art. 7 § 1 FamRÄndG Rn. 25. Die Durchführung eines freiwilligen Feststellungsverfahrens ist deshalb aufgrund der ihr nach h. M. (vgl. statt aller BGHZ 112, 127 (132, 134 f.); Kropholler, IPR, § 46 IV 3b (S. 374); Staudinger/Spellenberg, Art. 7 § 1 FamRÄndG Rn. 70) zukommenden inter omnes-Wirkung für die Beteiligten günstiger. 156 Siehe bereits Fn. 54 mit entsprechendem Fundstellennachweis zu den bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Die Bundesrepublik Deutschland hat überdies mit der Schweiz (Abkommen vom 2. 11. 1929, RGBl. 1930 II, S. 1066) und mit Tunesien (Abkommen vom 19. 7. 1966, BGBl. 1969 II, S. 889) einen entsprechenden Staatsvertrag abgeschlossen. Ist das autonome Recht anerkennungsfreundlicher als das Abkommensrecht, steht Letzteres der Anwendung des § 328 ZPO nicht entgegen, soweit es die Heranziehung nationalen Rechts nicht ausdrücklich ausschließt (sog. Günstigkeitsprinzip), BGH, IPRax 1989, 104 (106); BGH, NJW 1987, 3083 (3084); BayObLG, FamRZ 2000, 1170; Geimer, IZPR, Rn. 2766 f. 157 So die h. M., vgl. u. a. OLG Düsseldorf, FamRZ 1975, 584 (585 m.w. N.); BayObLG, FamRZ 1990, 897 (898); Geimer, JuS 1965, 475 (476); Schack, IZVR, Rn. 821; MüKo/Gottwald, § 328 ZPO Rn. 53; Staudinger/Spellenberg, § 328 ZPO Rn. 198 f. m.w. N.; Martiny, Handbuch des IZVR, Rn. 487 ff.; AnwK/Andrae, § 328 ZPO Rn. 46. A. A. Thomas/Putzo/Hüßtege, § 328 ZPO Rn. 1. Lediglich auf die Urteilswirkungen abstellend: Zöller/Geimer, § 328 ZPO Rn. 69; Geimer, IZPR, Rn. 2856 m.w. N.; Stein/Jonas/Roth, § 328 ZPO Rn. 13. Materieller Rechtskraft bedarf es für die Anerkennung nicht, vgl. Martiny, Handbuch des IZVR, Rn. 490; MüKo/Gottwald,
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
FG-E158) abschließend aufgezählten Versagungsgründe zu bejahen ist. Auf die Verbürgung der Gegenseitigkeit gemäß § 328 I Nr. 5 ZPO (§ 109 IV FamFG-E) kommt es wegen der ausdrücklichen Bestimmung des Art. 7 § 1 I 2 FamRÄndG nicht an. a) Die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts Die Anerkennung des ausländischen Ehefeststellungsurteils ist bereits dann ausgeschlossen, wenn das ausländische Gericht des Entscheidungsstaates nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig war, vgl. § 328 I Nr. 1 ZPO (§ 109 I Nr. 1 FamFG-E). Erforderlich ist demnach dessen internationale Zuständigkeit, welche bekanntermaßen nach dem sog. Spiegelbildprinzip zu ermitteln ist159. Maßgebend ist daher, ob das ausländische Gericht für das Feststellungsurteil über den Bestand der Ehe international zuständig wäre, wenn im Ausland die deutschen Vorschriften über die internationale Zuständigkeit, mithin § 606a ZPO unter Erweiterung des § 606a II ZPO Anwendung finden würden. Hierzu führen Bayer, Knörzer, Wandt160 zutreffend aus, dass die internationale Zuständigkeit für die in Frage stehende Konstellation keine größeren Schwierigkeiten aufwirft, da das jeweilige ausländische Gericht für den Fall des Erlasses einer sog. Heimatstaatsentscheidung ohnehin wegen der übereinstimmenden ausländischen Staatsangehörigkeit der Partner aus deutscher Sicht regelmäßig international zuständig ist, vgl. § 606a I 1 Nr. 1 ZPO. Weist hingegen keine der Parteien die Staatsangehörigkeit des Urteilsstaates auf, so sind die weiteren Ziffern der Vorschrift zu prüfen.
§ 328 ZPO Rn. 53. Hingegen darf die Gerichtsbarkeit im Erststaat nicht fehlen, Kropholler, IPR, § 60 IV 1a (S. 666). 158 Auch § 328 ZPO ist von der geplanten Großen Justizreform betroffen. So finden sich die in § 328 I Nr. 1–4 ZPO und § 16a FGG normierten Ausschlussgründe zusammengefasst in § 109 I FamFG-E wieder, vgl. BT-Drucks. 16/6308, S. 32 f. 159 Vgl. statt aller OLG Celle, FamRZ 2008, 430 f.; BayObLG, FamRZ 2002, 1637 (1638 m.w. N.); Kegel/Schurig/Kegel, IPR, § 22 V 1c (S. 1062). Andrae/Heidrich, FPR 2006, 222 (223): Ein Vergleich des § 328 I Nr. 1–5 ZPO mit Art. 22 EheVO II zeigt, dass die Versagungsgründe des § 328 I Nr. 2–4 ZPO denen des Art. 22 EheVO II weitestgehend entsprechen. Da § 328 I Nr. 5 ZPO wegen Art. 7 § 1 I S. 2 FamRÄndG ohne Auswirkung bleibt, besteht der einzig markante Unterschied in der Notwendigkeit der internationalen Zuständigkeit des ausländischen Gerichts bei Nicht-EUEntscheidungen aus deutscher Sicht. Siehe im Gegensatz dazu das im EU-Rechtsraum geltende absolute Verbot der Überprüfung der internationalen Zuständigkeit des Ursprungsmitgliedstaates gemäß Art. 24 S. 1 EheVO II. 160 Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (775 mit Fn. 78).
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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b) Verstoß gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public Was die Ausschlussgründe des § 328 I Nr. 2–4 ZPO (§ 109 I Nr. 2–4 FamFG-E) betrifft, so konnten sich die Autoren mit den Nr. 2 und 3 aufgrund der 1983 noch abweichenden Rechtslage nicht befassen. Die damals geltenden § 328 I Nr. 2, 3 ZPO a. F.161 waren nicht einschlägig, weil sie ausschließlich dem Schutz Deutscher dienten162. Eine nähere Betrachtung der aktuellen Nr. 2 und 3 des § 328 I ZPO ist indes aufgrund ihres eindeutigen Regelungsgehaltes entbehrlich. Die Kernproblematik der zur Diskussion stehenden Heilungsvariante liegt somit nicht in den Ausschlussgründen des § 328 I Nr. 2, 3 ZPO, sondern in der entscheidenden Frage begründet, ob die mangelnde gerichtliche Beachtung des Art. 13 III EGBGB und damit der in § 1310 I 1 BGB, Art. 13 III 1 EGBGB kodifizierten Ziviltrauung einen Verstoß gegen den in § 328 I Nr. 4 ZPO (§ 109 I Nr. 4 FamFG-E) normierten anerkennungsrechtlichen ordre public darstellt. Maßgebend ist nach § 328 I Nr. 4 ZPO, ob die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere mit den Grundrechten unvereinbar ist. Der Vorbehalt ist durch das IPR-NeuregelungsG 1986 übereinstimmend mit Art. 6 EGBGB sprachlich neu gefasst163, durch die ausdrückliche Bezugnahme auf die Grundrechte aber sachlich nicht verändert worden164. Während es im deutschen Kollisionsrecht um das Verbot der Anwendung ausländischen Rechts durch den deutschen Richter geht, wird über den anerkennungsrechtlichen ordre public das Ergebnis einer Rechtsanwendung durch das Ausland beanstandet165. Erfasst sind zum einen der Verstoß gegen sachliches Recht (sog. materieller ordre public) 161 § 328 I Nr. 2 ZPO a. F. schloss die Anerkennung aus, „wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshilfe zugestellt ist“. Der Hinderungsgrund des § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. lag vor, „wenn in dem Urteil zum Nachteil einer deutschen Partei von den Vorschriften des Artikels 13 Abs. 1, 3 oder der Artikel 17, 18, 22 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch oder von der Vorschrift des auf den Artikel 13 Abs. 1 bezüglichen Teiles des Artikels 27 desselben Gesetzes oder im Falle des § 12 Abs. 3 des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom 4. Juli 1939 [. . .] zum Nachteil der Ehefrau eines für tot erklärten Ausländers von der Vorschrift des Artikels 13 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch abgewichen worden ist“. 162 BGHZ 34, 134 (143); BayObLG, JR 1968, 187; Frankenstein, IPR, S. 23. 163 § 328 I Nr. 4 ZPO a. F. normierte den Ausschluss der Anerkennung, „wenn die Anerkennung des Urteils gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde“. 164 Vgl. BT-Drucks. 10/504, S. 89; Gottwald, IPRax 1984, 57 (61). 165 Martiny, Handbuch des IZVR, Rn. 1014; MüKo/Gottwald, § 328 ZPO Rn. 101; BayObLG, JR 1968, 187 (188).
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
und zum anderen grundlegende Verletzungen des Verfahrensrechts (sog. verfahrensrechtlicher ordre public)166. Das materielle Recht, das hier wegen des Verstoßes gegen Art. 13 III EGBGB betroffen ist, bildet den Schwerpunkt der ordre public-Kontrolle. Hierfür sind gemessen an dem Wortlaut des § 328 I Nr. 4 ZPO strengste Anforderungen zu stellen167. Nur wenn es sich um eine Verletzung der das deutsche Recht tragenden Gedanken, seine Fundamente und Grundprinzipien, mithin um die wesentlichen Säulen des deutschen Rechts handelt, ist die Annahme eines Verstoßes gegen den ordre public begründet168. Der Zweck des § 328 I Nr. 4 ZPO liegt sonach in der Sicherung der Grundwerte und der fundamentalen Gerechtigkeitsvorstellungen der deutschen Rechtsordnung. aa) Entscheidungen der Rechtsprechung Zwar hatten sich die deutschen Gerichte bereits mehrfach mit der möglichen Verletzung des ordre public i. S. v. § 328 I Nr. 4 ZPO im Zusammenhang mit der Anerkennung ausländischer Entscheidungen auf dem Gebiet des Eherechts auseinanderzusetzen169, allerdings musste ein Urteil über die Anerkennung eines ausländischen Ehefeststellungsurteils bzgl. einer aus deutscher Sicht bestehenden Nichtehe bislang nicht gefällt werden170. Für die umgekehrte Konstellation, bei der es um ein ausländisches Feststellungsurteil geht, das eine im Inland formwirksam geschlossene Ehe zweier Ausländer infolge der Nichtbeachtung der Formvorschriften des Heimatrechts für ungültig erklärt, ließ das KG die Anerkennung in seinem Beschluss vom 20. 5. 1975171 an § 328 I Nr. 4 ZPO mit der Begründung scheitern, dass ein derartiges Urteil die zwingende Regelung des Art. 13 III EGBGB a. F. umgehen würde172. Jene Ablehnung der Anerkennung entspricht der überwiegenden Meinung im Schrifttum173, die teilweise mit der Verletzung des Art. 13 III 1 EGBGB als 166
Geimer, JuS 1965, 475 (478); Kropholler, IPR, § 60 IV 2 (S. 668). OLG Dresden, FamRZ 2006, 563 (564); Stein/Jonas/Roth, § 328 ZPO Rn. 100. 168 BGHZ 118, 312 (330 m.w. N.); 138, 331 (334 f.); OLG Dresden, FamRZ 2006, 563 (564); BayObLGZ 1993, 222 (223 f.); BayObLG, JR 1968, 187 (188). 169 Vgl. z. B. BayObLGZ 1993, 222; BayObLG, JR 1968, 187; LJV BW, FamRZ 1990, 1015. 170 AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 113. 171 KG, FamRZ 1976, 353. 172 KG, FamRZ 1976, 353 (354). 173 Raape/Sturm, IPR, Bd. I, § 19 A II 3 (S. 353); AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 114; Erman/Hohloch, Art. 13 EGBGB Rn. 46; Staudinger/Spellenberg, § 328 ZPO Rn. 492; Staudinger/Gamillscheg10./11., § 328 ZPO Rn. 365 (m.w. N.), der indes für die Anerkennung eintritt, sofern die Beteiligten keine Beziehung mehr zum Inland haben und im Vertrauen auf den Nichtbestand der Ehe eine weitere Ehe eingegangen sind (Vorbem. vor Art. 13 Rn. 228). A. A. Palandt/Heldrich, Art. 13 EGBGB Rn. 21 167
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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besondere ordre public-Klausel argumentiert174. Die Autoren Bayer, Knörzer, Wandt, die derartige negative Feststellungsurteile über hinkende Inlandsehen gleichermaßen für nicht anerkennungsfähig halten175, belassen es hingegen nicht bei dem bloßen Verweis auf die mit der Entscheidung einhergehende Missachtung von Art. 13 III EGBGB a. F.176. Ihrer Ansicht zufolge würde die Nichtigerklärung der vor dem deutschen Standesbeamten vollzogenen Ausländerehe die Grundlagen des deutschen Eherechts erschüttern, da einer rechtmäßig vorgenommenen Amtshandlung eines Standesbeamten nicht deshalb die Gültigkeit abgesprochen werden könnte, weil ausländisches Recht eigene Formvorschriften durchsetzen will177. Sturm argumentiert ähnlich, wonach es nicht zu tolerieren sei, wenn eine nach deutschem IPR gültig geschlossene Ehe durch ein fremdes Gericht „beiseite geschoben wird“, bloß weil das ausländische Recht dem deutschen Recht fremde Erfordernisse aufstelle178. Diese Begründungen können in Gänze nicht überzeugen. Vielmehr erscheint es sinnvoll, das Augenmerk auf die von Art. 6 I GG verbürgte Eheschließungsfreiheit zu lenken. Als wesentlichen Bestandteil regelt das Grundrecht die Freiheit, die Ehe mit einem selbst gewählten Partner einzugehen. Dies gilt unabhängig davon, welche Nationalität die Beteiligten aufweisen, enthält der Wortlaut des Art. 6 I GG doch keine Beschränkung auf deutsche Staatsangehörige179. Ist nun die Inlandstrauung nur nach den deutschen Formvorschriften, nicht jedoch nach dem Personalstatut der Betroffenen gültig und ersuchen die Partner aufgrund der bestehenden Bindungen zu ihrem Heimatrecht dessen Anerkennung, kann die Ablehnung unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Beschränkung des freien Zugangs zur Ehe in Deutschland führen. Davon ist auszugehen, sofern das jeweilige Heimatrecht von seinen Staatsangehörigen zwingend die Einhaltung eigener Formvorschriften auch bei einer Auslandstrauung verlangt und die Beteiligten aufgrund ihres Lebensmittelpunktes in Deutschland deshalb von der hier zur Verfügung stehenden Eheschließungsform keinen Gebrauch machen können. Die Eheschließungsfreiheit wäre dann beeinträchtigt. Folglich kann sowie Görgens, StAZ 1977, 79 (80 f.: unter Berufung auf Gamillscheg, FS OLG Celle, S. 61 (67), nach dem die Einhaltung der inländischen Form vom deutschen ordre public gerade nicht gefordert werde). 174 So bereits Frankenstein, IPR, S. 211 (m.w. N.); Erman/Hohloch, Art. 13 EGBGB Rn. 46; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 137. Ob die Kollisionsnorm tatsächlich eine spezielle ordre public-Vorschrift ist, siehe noch den Zweiten Teil, C.III. 1.b)cc)(3). 175 Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (776). 176 Ansonsten wäre damit auch gleichzeitig eine Entscheidung in Bezug auf die Anerkennung positiver ausländischer Ehefeststellungsurteile getroffen, denn eine Nichtbeachtung von Art. 13 III 1 EGBGB liegt schließlich auch dieser Konstellation zugrunde. 177 Vgl. Fn. 175. 178 Raape/Sturm, IPR, Bd. I, § 19 A II 3 (S. 353). 179 BVerfGE 31, 58 (67).
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
eine ausländische Feststellungsentscheidung, die die Wirksamkeit der Inlandsehe verneint, wegen ihrer Unvereinbarkeit mit Art. 6 I GG gemäß § 328 I Nr. 4 Fall 2 ZPO keine Anerkennung finden180. bb) Abgeschwächte Wirkung des anerkennungsrechtlichen ordre public-Vorbehalts Eine Mitwirkung des deutschen Standesbeamten, der die Rechtsgültigkeit abgesprochen werden müsste, liegt gerade der umgekehrten, hier interessierenden Konstellation des positiven Feststellungsurteils nicht zugrunde. Dies bewegt Bayer, Knörzer, Wandt zu der Nichtannahme einer Verletzung elementarer deutscher Rechtsprinzipien, so dass jene fremde Feststellungsentscheidungen der Anerkennung im Inland zugänglich sein sollen181. Demgegenüber stellen ablehnende Meinungen – genauso wie im Zusammenhang mit der Anerkennung ausländischer Ehenichtigkeitsurteile – auf die Bedeutung des Art. 13 III 1 EGBGB ab, der zum Kernbestand des deutschen IPR gehören bzw. einen speziellen ordre public-Vorbehalt normieren würde. Sonach würde dessen Nichtbeachtung die Anerkennung nach § 328 I Nr. 4 ZPO hindern182. Allein die Argumentation auf Grundlage des – streitigen183 – ordre publicCharakters des Art. 13 III 1 EGBGB zu führen, ist verfehlt. Selbst wenn man die Kollisionsnorm als eine besondere Ausformung der Generalklausel des Art. 6 EGBGB begreift, folgt daraus nicht unweigerlich der Schluss, dass eine Missachtung des Art. 13 III 1 EGBGB durch ein ausländisches Gericht stets zum Anerkennungsausschluss gemäß § 328 I Nr. 4 ZPO führt184. Im Unterschied nämlich zu dem von Art. 6 EGBGB geregelten Fall, bei dem die direkte Anwendung ausländischen Rechts durch den deutschen Richter in Frage steht, liegt i. R. d. § 328 I Nr. 4 ZPO eine richterliche Rechtsanwendung im Ausland bereits vor. Zur Wirkungserstreckung auf das Inland soll das ausländische Urteil lediglich anerkannt werden. Die Achtung vor der res iudicata gebietet es aber, dass bei der Prüfung der Vereinbarkeit mit inländischen Grundprinzipien zurückhaltend zu verfahren ist. Insofern spricht man von einer im Vergleich zu Art. 6 EGBGB abgeschwächten Wirkung des anerkennungsrechtlichen ordre 180
Überzeugend AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 114. Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (776). Im Ergebnis die Anerkennung auch befürwortend Palandt/Heldrich, Art. 13 EGBGB Rn. 21; AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 113. 182 Erman/Hohloch, Art. 13 EGBGB Rn. 46; Coester, FS Heldrich, S. 537 (542). Ablehnung der Anerkennung ohne Begründung: MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 137, 156, 167; Staudinger/Gamillscheg10./11., § 328 ZPO Rn. 288; OLG Koblenz, RzW 1969, 550. 183 Zur Stellungnahme siehe noch den Zweiten Teil, C.III.1.b)cc)(3). 184 Vgl. Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (775). 181
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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public-Vorbehalts (effet atténué de l’ordre public)185. Gleichzeitig wird dadurch das stets unerwünschte Ergebnis der Entstehung hinkender Rechtsverhältnisse eingedämmt186. Demzufolge findet sich die deutsche Rechtsordnung eher mit einem ungewöhnlichen sachlichen Ergebnis als Folge der Anwendung fremden Rechts durch ein ausländisches Gericht ab, als mit einem entsprechenden Urteil eines deutschen Richters über dasselbe ausländische Gesetz187. Daher ist die Anerkennung eines ausländischen Ehefeststellungsurteils, bei dem das international zuständige Gericht für die Beurteilung der Formwirksamkeit der Inlandstrauung ausschließlich auf die eigenen Formvorschriften abstellt, nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil ein deutsches Gericht bei einer fiktiv erhobenen positiven Feststellungsklage jene ausländische Regelungen nicht herangezogen hätte. Dass die fremde Rechtsordnung in erheblichem Maße vom deutschen formellen Eheschließungsrecht abweicht, indem es für Trauungen ihrer Staatsangehörigen auch im Ausland die Einhaltung der eigenen Formvorschriften verlangt, ist gleichermaßen kein Grund für die Nichtanerkennung des Ehefeststellungsurteils, selbst wenn es sich – wie bei Art. 13 III 1 EGBGB – um eine zwingende Norm des deutschen Rechts handelt188. Allein von der behaupteten Einordnung des Art. 13 III 1 EGBGB als spezielle ordre public-Norm auf die Versagung der Anerkennung eines ausländischen Ehefeststellungsurteils zu schließen, geht also aufgrund der abgeschwächten Wirkung der Vorbehaltsklausel nicht an. cc) Rückschlüsse aus § 328 I ZPO a. F. und seiner Neufassung § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. verbot die Benachteiligung deutscher Parteien durch die Abweichung von den dort aufgeführten Kollisionsnormen, darunter auch Art. 13 III EGBGB a.F189. Ist hingegen das nach dem deutschen IPR berufene Recht angewandt worden, so stand der Anerkennung jedenfalls nicht § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. entgegen190. Indes wurde das Erfordernis der „kollisionsrecht185 BGHZ 138, 331 (334): „Abzustellen ist nicht auf den nationalen ordre public, den die deutschen Gerichte bei eigener Anwendung ausländischen Rechts zu beachten haben, sondern auf den großzügigeren anerkennungsrechtlichen ordre public international.“ Siehe auch Geimer, IZPR, Rn. 27; Martiny, Handbuch des IZVR, Rn. 1014 m.w. N.; Raape/Sturm, IPR, Bd. I, § 13 III 5 (S. 204). 186 BayObLG, JR 1968, 187 (188). 187 OLG Dresden, FamRZ 2006, 563 (564); Kropholler, IPR, § 60 IV 2 (S. 667); Zöller/Geimer, § 328 ZPO Rn. 210. 188 KG, FamRZ 1976, 353 (bzgl. Art. 13 III EGBGB a. F.). Allgemein auch BGHZ 138, 331 (334); Görgens, StAZ 1977, 79 (80); v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rn. 169; Musielak/Stadler, § 328 ZPO Rn. 23. 189 Zum Wortlaut des § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. siehe bereits Fn. 161. 190 Frankenstein, IPR, S. 25.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
lichen Konformität“ hinsichtlich der Statusentscheidung im Zuge der Neufassung des § 328 ZPO durch das IPR-NeuregelungsG 1986 ersatzlos gestrichen191. Es stellt sich damit die Frage, ob aufgrund der Entscheidung des Gesetzgebers, den zum Schutze von deutschen Partnern kodifizierten Ausschlussgrund nicht zu übernehmen, die Schlussfolgerung zu ziehen ist, dass die Anerkennung von ausländischen Urteilen, die die deutsche Eheschließungsform missachten, nunmehr möglich sein soll. Ein dahingehender zweifelsfreier Rückschluss kann nicht ohne Betrachtung der alten Rechtslage gezogen werden. (1) Verhältnis des § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. zu § 328 I Nr. 4 ZPO a. F. Unter Geltung des § 328 ZPO a. F. wurde kontrovers diskutiert, ob es sich bei § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. um eine Konkretisierung der Generalklausel des § 328 I Nr. 4 ZPO a. F.192, mithin um einen Spezialfall des ordre public-Vorbehalts handelt. Nicht wenige Vertreter in der Literatur bejahten diese Frage193, so dass ihrer Ansicht zufolge die Konstellationen, in denen zwar die Nichtbeachtung einer in § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. aufgeführten Kollisionsnorm zu verzeichnen war, es aber an der deutschen Staatsangehörigkeit der Beteiligten mangelte194, automatisch über § 328 I Nr. 4 ZPO a. F. erfasst sein sollten. Danach hätten fremde Ehefeststellungsurteile, die die formfehlerhafte Inlandstrauung entgegen dem über Art. 13 III EGBGB a. F. berufenen deutschen Recht für gültig erklärten, wegen § 328 I Nr. 4 ZPO a. F. keine Anerkennung finden können. Diejenigen, die § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. nicht als einen besonderen Fall der ordre public-Prüfung begriffen195, sahen in dem bloßen Umstand, dass das Urteil bei Anwendung des gemäß Art. 13 III EGBGB a. F. maßgeblichen deut191 Nach der Gesetzesbegründung erfolgte die Neuaufnahme u. a. deshalb nicht, weil § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. das deutsche Kollisionsrecht bei der Anerkennung fremder Entscheidungen zu sehr in den Vordergrund gerückt hätte (BT-Drucks. 10/504, S. 88). Die Forderung der „kollisionsrechtlichen Konformität“ findet sich noch heute in verschiedenen bilateralen Anerkennungsverträgen sowie in Art. 27 Nr. 4 EuGVÜ/ LugÜ wieder. Wegen des sog. Günstigkeitsprinzips (siehe Fn. 156) ist Deutschland allerdings nicht verpflichtet, diese staatsvertraglich vereinbarten Ausschlussgründe anzuwenden, stattdessen darf es das eigene anerkennungsfreundlichere autonome Recht heranziehen, BGH, NJW 1987, 3083 (3084); Staudinger/Spellenberg, § 328 ZPO Rn. 56. 192 Zum Wortlaut der Vorschrift siehe Fn. 163. 193 So u. a. Geimer, JuS 1965, 475 (478); Melchior, Die Grundlagen des deutschen IPR, S. 353; Stein/Jonas/Schumann/Leipold19., Bem VI 1 zu § 328 ZPO. 194 § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. diente ausschließlich dem Schutz Deutscher, vgl. den Gesetzeswortlaut in Fn. 161. 195 Raape/Sturm, IPR, Bd. I, § 19 A II 4 (S. 354); Staudinger/Gamillscheg10./11., § 328 ZPO Rn. 281, 332; Roth, Der Vorbehalt des Ordre Public gegenüber fremden gerichtlichen Entscheidungen, S. 102 ff.; Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (776); Schoeller, ZfRV 1960, 105 (115 f.).
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schen Rechts hätte anders lauten müssen, keinesfalls einen zwingenden Grund zur Anrufung des § 328 I Nr. 4 ZPO a. F. Anderenfalls – so wurde betont – wäre § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. überflüssig gewesen196, denn gerade für die Fälle, in denen eine durch das deutsche IPR nicht berufene Rechtsordnung zum Nachteil der Beteiligten angewendet wurde, sollte die Regelung gemäß ihrem Wortlaut eingreifen197. Freilich hätte man die Begrenzung des § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. auf deutsche Staatsangehörige als Ausdruck des für den ordre public notwendigen Inlandsbezugs deuten können198, allerdings hätte eine Klassifizierung des § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. als Unterfall der allgemeinen ordre public-Vorschrift im Widerspruch zu der weit verbreiteten Ansicht gestanden, dass die durch § 328 I Nr. 1–3 ZPO a. F. geschützten Belange zur Disposition der Partner stünden199. Bei Eingreifen einer ordre public-Klausel wie § 328 I Nr. 4 ZPO a. F. können die Parteien aber gerade nicht über die geschützten Rechtsgüter verfügen200. Letztlich verwies man auf die Systematik von § 328 I Nr. 3 und Nr. 4 ZPO a. F. Dass der Gesetzgeber es unterließ, die in § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. geregelten Fälle in den Normtext der Generalklausel unter Einschub der Formulierung „insbesondere“ zu integrieren, hätte bestätigt, dass es sich bei § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. mitnichten um eine Konkretisierung der ordre public-Vorschrift handelte201. Wie zutreffend das letztgenannte Argument war, bezeugt die Neuregelung des § 328 I Nr. 4 ZPO. Dort fasst der Gesetzgeber die Fälle des anerkennungsrechtlichen ordre public zu einer einheitlichen Vorschrift zusammen, wobei deutlich wird, dass die Verletzung von Grundrechten einen Unterfall der Generalklausel bildet202. Dies geht nicht nur aus der verwendeten Formulierung „insbesondere“ hervor, sondern auch aus der Tatsache, dass § 328 I Nr. 4 ZPO bei der Verletzung eines Grundrechtes sprachlich nur eine „Unvereinbarkeit“, im Übrigen aber eine „offensichtliche Unvereinbarkeit“ verlangt. Eine in diesem Sinne erforderliche unbezweifelbare bzw. auf der Hand liegende Unverein196 So Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, § 54 1 (S. 538); bestätigend Raape/Sturm, IPR, Bd. I, § 19 A II 4 (S. 354); Staudinger/Gamillscheg10./11., § 328 ZPO Rn. 332. 197 BayObLG, JR 1968, 187 (m.w. N.); Frankenstein, IPR, S. 25. 198 Darauf verweist Staudinger/Gamillscheg10./11., § 328 ZPO Rn. 281 m.w. N. 199 Siehe insbes. RGZ 121, 24 (30); BGHZ 34, 134 (143); OLG Frankfurt, NJW 1964, 730; BayObLG, JR 1968, 187 f.; Frankenstein, IPR, S. 23 f.; Soergel/Kegel11., Art. 17 EGBGB Rn. 85; a. A. OLG Celle, FamRZ 1963, 365; Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, § 54 1 (S. 538 Fn. 2); Neuhaus, FamRZ 1964, 18 (23); Staudinger/Gamillscheg10./11., § 328 ZPO Rn. 320 m.w. N. 200 OLG Frankfurt, NJW 1964, 730. 201 Raape/Sturm, IPR, Bd. I, § 19 A II 4 (S. 354); Schoeller, ZfRV 1960, 115 (116) hebt die Separation der Regelungen hervor. 202 So ausdrücklich auch AnwK/Andrae, § 328 ZPO Rn. 65.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
barkeit ist bei einem Grundrechtsverstoß schon begrifflich gegeben203, so dass die abweichende Formulierung in Abgrenzung zu § 328 I Nr. 4 HS. 1 ZPO zulässig ist und erneut den Charakter als besondere Fallgruppe unterstreicht. Die Normierung einer vergleichbaren Regelung war dem Gesetzgeber durchaus auch nach alter Rechtslage möglich. Er hat sich jedoch offenbar bewusst gegen eine Hervorhebung der in § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. geregelten Fälle als lex specialis entschieden204. Sonach konnte § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. zu Recht nicht als besondere Ausgestaltung der Generalklausel des § 328 I Nr. 4 ZPO a. F. aufgefasst werden. Allein die kollisionsrechtliche Abweichung des ausländisches Urteils von Art. 13 III EGBGB a. F. war also nicht gleichzeitig von § 328 I Nr. 4 ZPO a. F. umfasst. (2) Schlussfolgerung aufgrund der Streichung des § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. Im Wege des argumentum e contrario kann aus der ersatzlosen Streichung des Vorbehalts zugunsten Art. 13 III EGBGB a. F. nun geschlossen werden, dass die Missachtung der obligatorischen Ziviltrauung durch ein ausländisches Gericht keinen automatischen ordre public-Verstoß gemäß § 328 I Nr. 4 ZPO begründet. Eine denkbare Argumentation dahingehend, dass die in § 328 I Nr. 3 a. F. ZPO ehemals geregelten Fälle jetzt von § 328 I Nr. 4 ZPO infolge der Gestaltung als Generalklausel erfasst werden, würde die Entwicklung der Anschauungen im Familienrecht verkennen. So sind in den letzten Jahrzehnten die Ansichten über den Kreis der Vorschriften, die zum Kern der inländischen Rechtsordnung gehören, vor allem im Familienrecht liberaler geworden. Resultat dessen war die Überarbeitung der nationalen Anerkennungsregeln unter Abschaffung des § 328 I Nr. 3 ZPO a. F.205. Darüber hinaus verkörpert § 328 I Nr. 4 ZPO eine Ausnahme zu dem grundsätzlichen Verbot der Überprüfung der Richtigkeit der ausländischen Sachentscheidung durch den deutschen Richter, sog. Verbot der révision au fond206, 203
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 328 ZPO Rn. 34 (m.w. N.). Raape/Sturm, IPR, Bd. I, § 19 A II 4 (S. 354 Fn. 61) verweisen auf die Beratungen während des Gesetzgebungsverfahrens. In diesen sollen Nr. 3 und Nr. 4 klar voneinander abgegrenzt worden sein: Nr. 3 betreffe Normen des deutschen IPR, Nr. 4 beziehe sich ausschließlich auf materiell-rechtliche deutsche Vorschriften. 205 Wagner, FamRZ 2006, 744 (746); MüKo/Gottwald, § 328 ZPO Rn. 102. 206 Weder das gerichtliche Verfahren noch die Richtigkeit der tatsächlichen oder rechtlichen Feststellungen im Urteil dürfen nachgeprüft werden. In der ZPO kommt das Verbot der révision au fond nur in einer Vorschrift zur Vollstreckbarkeit zum Ausdruck (§ 723 I ZPO), es gilt aber nach einhelliger Ansicht auch für die Anerkennung (siehe insbes. BayObLGZ 1993, 222 (224 f.); BayObLG 1968, 187 (188); v. Hoffmann/ Thorn, IPR, § 3 Rn. 165; Kropholler, IPR, § 60 IV 1c (S. 666); Musielak/Stadler, 204
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und muss daher wie alle Ausnahmevorschriften eng ausgelegt werden207. Die Zwecke der deutschen Kollisionsnormen pauschal unter den Schutz des § 328 I Nr. 4 ZPO zu stellen208, stünde sonach mit der gebotenen engen Auslegung – sowie auch im Hinblick auf die abgeschwächte Wirkung des anerkennungsrechtlichen ordre public209 – im Widerspruch. Mit § 328 I Nr. 4 ZPO ist gerade keine schlichte kollisionsrechtliche Kontrolle des ausländischen Urteils bezweckt, d.h. die Anerkennung darf nicht schon deswegen verweigert werden, weil das fremde Gericht der Entscheidung eine andere als die vom inländischen IPR berufene Rechtsordnung zugrunde legte210. Seit der Neufassung des § 328 I ZPO ist die fehlende Anwendung des kollisionsrechtlich „richtigen Rechts“ kein Ausschlussgrund mehr211. Im Ergebnis lässt sich deshalb feststellen, dass dem ausländischen Ehefeststellungsurteil nicht bereits deswegen die Anerkennung versagt werden muss, weil sich das international zuständige Gericht bei der Prüfung der Formgültigkeit der Inlandstrauung ausschließlich auf die eigenen zwingenden Formvorschriften – statt auf die deutschen – stützte. dd) Vereinbarkeit des ausländischen Ehefeststellungsurteils mit Art. 6 I GG Aus den vorgenannten Erwägungen folgt, dass eine konkrete Einzelfallprüfung, gemessen an den tragenden Grundprinzipien des deutschen Rechts, maßgebend ist212. Klärungsbedürftig ist somit, ob der aus einfach-gesetzlichen Vor§ 328 ZPO Rn. 23). Im Rahmen der Großen Justizreform wird der Grundsatz Eingang in das Gesetz finden, vgl. § 109 V FamFG-E: „Eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der ausländischen Entscheidung findet nicht statt.“ (BT-Drucks. 16/6308, S. 33). 207 Schmalz, Methodenlehre für das juristische Studium, Rn. 257, 398. 208 So unzutreffend Raape, IPR, § 19 A IV 2 (S. 139). 209 Auf diesen Aspekt stellen Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (775 f.) ab. 210 LG München, IPRax 1998, 117 (118); Stein/Jonas/Roth, § 328 ZPO Rn. 101; Zöller/Geimer, § 328 ZPO Rn. 239; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rn. 173; Martiny, Handbuch des IZVR, Rn. 135. Frankenstein kam bereits 1934 zu dem Ergebnis, dass es unmöglich sei, sämtliche deutsche Kollisionsnormen unter den Schutz des ordre public zu stellen, denn anderenfalls würde man von der ganzen Welt deren Berücksichtigung verlangen. Im Übrigen wäre eine gegenteilige Auslegung nicht mit der in § 328 I Nr. 3 ZPO a. F. bereits enthaltenen Aufzählung bestimmter Kollisionsnormen vereinbar gewesen (vgl. Frankenstein, IPR, S. 209 Fn. 105). Dem zustimmend Melchior, Die Grundlagen des deutschen IPR, S. 353. Roth zieht aus dem Wesen der Kollisionsnormen, das anwendbare Recht zu bestimmen, und aus ihrer daraus resultierenden technischen Natur sowie ihrer Wertneutralität ohne materiellen Gehalt die Schlussfolgerung, dass die Kollisionsnormen nicht geeignet seien, im Rahmen des ordre public-Vorbehalts berücksichtigt zu werden (vgl. Roth, Der Vorbehalt des Ordre Public gegenüber fremden gerichtlichen Entscheidungen, S. 104). 211 v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 5 I 6b Rn. 54. 212 Siehe auch bereits RGZ 121, 24 (30).
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
schriften folgende Zwang zur standesamtlichen Mitwirkung (§ 1310 I 1 BGB, Art. 13 III 1 EGBGB) von so fundamentaler Bedeutung ist, dass seine Verletzung nicht hingenommen werden kann. Die Formalisierung des Eheschlusses speziell durch den Standesbeamten könnte Ausdruck der Verfassung, insbesondere des Art. 6 I GG sein, mit der Konsequenz, dass ausländischen Ehefeststellungsurteilen bezogen auf eine hinkende Auslandsehe die Anerkennung infolge der Unvereinbarkeit mit den Grundrechten i. S. v. § 328 I Nr. 4 Fall 2 ZPO zu versagen ist. (1) Der Verfassungsbegriff der Ehe Nach ständiger, im Laufe der Zeit präzisierter Rechtsprechung des BVerfG beinhaltet Art. 6 I GG sowohl eine Institutsgarantie als auch ein klassisches Grundrecht auf Schutz vor Eingriffen des Staates in den garantierten Bereich von Ehe und Familie. Darüber hinaus stellt Art. 6 I GG eine wertentscheidende Grundsatznorm für das gesamte Ehe- und Familienrecht betreffende private und öffentliche Recht dar213. Als problematisch stellt sich die genaue Begrenzung des verfassungsrechtlichen Ehebegriffs heraus, da das Grundgesetz selbst eine Definition nicht bereithält. Nach der seit dem 10. Band beibehaltenen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist der verfassungsrechtliche Ehebegriff durch die Vereinigung eines Mannes und einer Frau zu einer grundsätzlich unauflösbaren Lebensgemeinschaft gekennzeichnet214. Diese Definition erweckt den Anschein, als sei nicht die Ehe als Rechtsverhältnis, sondern nur die tatsächlich gelebte Beziehung das von der Verfassung geschützte Objekt. Nichtsdestotrotz ist die Ehe als Rechtsinstitut auf rechtliche Voraussetzungen angewiesen, obschon Art. 6 I GG von einem materiellen Ehebegriff ausgeht215. So betont das BVerfG das Erfordernis der einfach-gesetzlichen Ausgestaltung des verfassungsrechtlichen Ehebegriffs durch Regelungen, die die Form der Eheschließung und ihre sachlichen Anforderungen betreffen216. Dies sei Folge der untrennbaren Verbindung des Grundrechts mit der Institutsgarantie, die notwendig eine rechtliche Ordnung verlange. Art. 6 I GG bedürfe daher einer „allgemeinen familienrechtlichen Regelung, welche diejenige Lebensgemeinschaft zwischen Frau und Mann, die als 213
BVerfGE 6, 55 (72); 13, 290 (298); 31, 58 (67). BVerfGE 10, 59 (66); 62, 323 (330); 105, 313 (345); BVerfG, FamRZ 1993, 164 (168). Die grundsätzliche Unauflöslichkeit der Ehe gehört trotz des gesellschaftlichen Wertewandels weiterhin zu dem von der Verfassung geschützten Ehebild, womit aber nicht die Möglichkeit einer vorzeitigen Auflösung der Ehe im Fall des Scheiterns ausgeschlossen wird, BVerfGE 53, 224 (245); Henrich, FS Lerche, S. 239 (249); v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers, Art. 6 GG Rn. 59, 62 ff. 215 Henrich, FS Lerche, S. 239 (247); Pirson, Bonner Kommentar, Art. 6 GG Rn. 11. 216 BVerfGE 31, 58 (69 f.); 105, 313 (345). 214
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Ehe den Schutz der Verfassung genießt, rechtlich definiert und abgrenzt“. Eine derartige Regelung müsse aber die wesentlichen, das Institut der Ehe bestimmenden Strukturprinzipien beachten217. Zu diesen konstituierenden Merkmalen, die der Verfügungsgewalt des Gesetzgebers entzogen sind, zählen nach weit verbreiteter Ansicht der freie Zugang zur Ehe, die grundsätzliche Unauflöslichkeit der Ehe, die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft, die Geschlechtsverschiedenheit der Partner, die Monogamie sowie die Ehebegründung durch Vertrag218. Bisweilen wird auch die staatliche Mitwirkung bei der Trauung durch den Standesbeamten dem verfassungsrechtlichen Ehebegriff zugerechnet219. Dem ist nicht zuzustimmen. Zwar lassen sich keine Erkenntnisse aus der Säkularisierung der Ehe durch Einführung der zwingenden Zivilehe in der Mitte des 19. Jahrhunderts und aus der Verfassungsgeschichte des Art. 6 I GG gewinnen, indes offenbart die Rechtsprechung des BVerfG, dass die standesamtliche Form nicht als Wesensmerkmal des verfassungsrechtlichen Ehebegriffs angesehen werden kann. Indem nämlich das BVerfG in seinem Beschluss vom 2. 2. 1993220 darauf verweist, dass der dem Gesetzgeber eingeräumte Gestaltungsspielraum, wie er die Form und die sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung ausgestalten will, durch die Forderung nach einer Eheschließung vor einem Standesbeamten in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgefüllt worden sei221, impliziert das gleichzeitig, dass das Grundgesetz selbst die standesamtliche Mitwirkung bei der Trauung nicht voraussetzt, ihre Normierung stattdessen auf eine Entscheidung des einfachen Gesetzgebers zurückzuführen ist. Jene gerichtlichen Ausführungen laufen im Übrigen mit der überwiegend in der Lehre vertretenen Ansicht der Verfassungsmäßigkeit der zwingenden Zivilehe222 konform. So herrscht heute nahezu Einigkeit darüber, dass das Erfordernis der staatlichen Mitwirkung bei einer Inlandstrauung nicht das Grundrecht auf Religionsfreiheit gemäß Art. 4 I, II GG verletzt, denn zum einen steht es jedermann frei, sich kirchlich trauen zu lassen und zum anderen obliegt es der 217
BVerfGE 31, 58 (69); 62, 323 (330); 105, 313 (345). Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 5 I 3 Rn. 11 m.w. N. zur jeweils einschlägigen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung; Friauf, NJW 1986, 2595 (2601 m.w. N.). 219 So insbes. v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), 7 (26); Sachs/Schmitt-Kammler, Art. 6 GG Rn. 9, 14; angeklungen auch in BVerfGE 29, 166 (176); 105, 313 (345). 220 Vgl. BVerfG, NJW 1993, 3316. 221 BVerfG, NJW 1993, 3316 (3317). 222 Siehe insbes. v. Bar, NJW 1983, 1929 (1932); Meyer-Teschendorf, StAZ 1982, 325 (327, 329 f.); Soergel/Heintzmann, Vor § 11 EheG Rn. 6; MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 1; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 I 2 Rn. 6; Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 5; Coester, StAZ 1996, 33 (38). A. A. Mörsdorf, FamRZ 1954, 123 (124 f.). 218
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Kirche, zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen eine Zeremonie nach kirchlichem Recht ehebegründend wirkt, vgl. auch § 1588 BGB223. CoesterWaltjen zieht daraus einen logischen Umkehrschluss, wonach ein Grundsatz, der anerkanntermaßen nicht gegen das Grundgesetz verstößt, nicht durch die Verfassung gewährleistet sein kann224. Auch an anderer Stelle der Rechtsprechung des BVerfG tritt die hier vertretene Ansicht deutlich hervor: Das Gericht gesteht dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Ehebegriffs einen erheblichen Gestaltungsspielraum zu, so „z. B. bei der Regelung der Form der Eheschließung“225. Dies lässt erneut vermuten, dass es sich bei der zivilen Trauung vor dem Standesbeamten allein um die Vorgaben des einfachen Gesetzgebers handelt. Außerdem vermag die seit dem 10. Band beibehaltene verfassungsrechtliche Ehedefinition, die – im Unterschied zu dem im Bürgerlichen Gesetzbuch zum Ausdruck kommenden formalen Ehebegriff226 – an die Form der Eingehung der Ehe keine näheren Anforderungen stellt, diese These stützen. Schlussendlich hat das BVerfG in der sog. Witwenrentenentscheidung vom 30. 11. 1982227 bereits hervorgehoben, dass der normierten Mitwirkung eines Standesbeamten als Voraussetzung für eine wirksame Eheschließung nach deutschem Recht als Ordnungselement zwar wesentliche Bedeutung zukommen würde, nicht minder wesentlich sei aber auch die Willensübereinstimmung der Verlobten, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Dementsprechend hätten Partner, die bei Abschluss einer hinkenden Auslandsehe ihre Verbindung als dauernde Gemeinschaft beabsichtigen und versprechen, die Voraussetzungen für eine Ehe erfüllt. In diesen Fällen sei der Schutz des Art. 6 I GG nach Ansicht des Gerichts jedenfalls dann nicht zu versagen, wenn es sich um den Anspruch auf Versorgung nach dem Tode eines Partners handelt228. Obgleich das BVerfG damit die hinkende Auslandsehe nicht generell dem Gewährleistungsbereich von Art. 6 I GG unterstellt, sondern nur soweit ein An223 Die Freiheit, im Inland eine kirchliche Eheschließung zu vollziehen, ist allerdings durch das sog. Verbot der kirchlichen Voraustrauung gemäß § 67 PStG eingeschränkt. 224 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 I 2 Rn. 7. 225 BVerfGE 31, 58 (70). Ähnlich BVerfGE 105, 313 (345). 226 Vgl. Henrich, FS Lerche, S. 239 (247): Die Abgrenzung von Ehe und Nichtehe erfolgt nach rein formalen Kriterien. Eine gültige Ehe wird nur dann begründet, wenn die Inlandstrauung vor dem zuständigen Trauungsorgan vollzogen wird. Hingegen sind solche Ehen, die gegen das Verbot der Doppelehe verstoßen oder die aus ehefremden Motiven geschlossen werden (sog. Scheinehen), trotz ihrer Aufhebbarkeit (vgl. § 1314 I, II Nr. 5 BGB) gleichwohl wirksam. Maßgebend ist also nicht der Inhalt, sondern die Form der Eingehung der Ehe, die die vollgültige Ehe von der Nichtehe trennt. 227 BVerfGE 62, 323. Vgl. noch die Darlegungen unter dem Zweiten Teil, D.II.7. 228 BVerfGE 62, 323 (331).
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spruch auf Witwenrente in Frage steht229, veranschaulichen die Ausführungen, dass in bestimmten Konstellationen zwar nicht auf den Ehekonsens der Partner230, so aber auf die staatliche Beteiligung bei der Trauung speziell durch den Standesbeamten verzichtet werden kann. Mit Blick auf die bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung räumt auch das OLG München in einem Berufungsurteil vom 22. 12. 1992231 der Willensübereinstimmung der Verlobten den Vorrang gegenüber den formellen Eheschließungsvoraussetzungen ein232. Somit müssen bei den Anhängern der Ansicht, die zivile Trauung sei als Ehebegründungsakt durch Art. 6 I GG festgelegt, Bedenken entstehen, wenn das Verfassungsgericht den Schutz des Art. 6 I GG auf solche „lebenslange[n] personale[n] Gemeinschaft[en]“233 erstreckt, die durch Abgabe eines Eheversprechens vor einer aus deutscher Sicht unzuständigen Trauungsperson begründet wurden und die allein Anerkennung durch das für den anderen Verlobten maßgebliche Recht finden234. Selbstverständlich ist die Eheschließung in standesamtlicher Form aufgrund ihrer Schutz-, Klarstellungs- und Beweisfunktion für die Sicherheit des Rechtsverkehrs förderlich235, zum Ordnungskern des verfassungsrechtlichen Ehebegriffs ist sie aber deswegen zwangsläufig nicht zu rechnen. Vielmehr ergibt sich aus den Darlegungen die Schlussfolgerung, dass der Verfassungsgeber 229 Zutreffend führt hierzu der 6. Senat des BFH in seiner Entscheidung vom 17. 4. 1998, vgl. BFHE 185, 475 (479), im Zusammenhang mit der Frage nach einer Zusammenveranlagung von Partnern einer hinkenden Auslandsehe gemäß §§ 26 I 1, 26b, 32a V EStG aus: „Zwar könnten einzelne Passagen dieses Urteils dann, wenn sie aus ihrem Kontext herausgelöst würden, dahin verstanden werden, daß sog. ,hinkende Ehen‘, jedenfalls wenn sie amtlich registriert sind, im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG bereits immer dann einer nach deutschem Recht gültigen Ehe gleichzustellen sind, wenn sich die jeweilige Sachnorm für die Partner begünstigend auswirkt. Eine derartige Deutung dieser Entscheidung würde aber nicht hinreichend berücksichtigen, daß das BVerfG seine Ausführungen im Ergebnis wieder eingeschränkt hat, nämlich dadurch, daß es die Einbeziehung bestimmter ,hinkender Ehen‘ in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG ,jedenfalls‘ dann nicht versagen will, wenn es sich um den Anspruch auf Versorgung nach dem Tode eines Partners handelt.“ 230 Bereits im 29. Band hat das BVerfG der Willensübereinstimmung der Partner „entscheidende Bedeutung“ beigemessen, BVerfGE 29, 166 (176). Der Ehekonsens ist unstreitig konstitutiv für den verfassungsrechtlichen Ehebegriff, vgl. Pirson, Bonner Kommentar, Art. 6 GG Rn. 14; Lecheler, HStR VI, § 133 Rn. 19. 231 OLG München, StAZ 1993, 151. 232 OLG München, StAZ 1993, 151 (152). 233 BVerfGE 62, 323 (331). 234 v. Bar äußert die Ansicht, dass das BVerfG durch seine Witwenrentenentscheidung die obligatorische Zivilehe, ohne dies deutlich auszusprechen und vielleicht auch ohne es zu wollen, in Frage gestellt hat, vgl. v. Bar, NJW 1983, 1929 (1931); ähnlich Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 28 f.; Beitzke, SGb 1983, 238 (239). 235 Siehe Pawlowski, JZ 1998, 1032 (1036); Coester, StAZ 1996, 33 (36); v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers, Art. 6 GG Rn. 39.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
keine bestimmte Form in Bezug auf die Inlandstrauung vorgibt. Sie steht mithin zur Disposition des Gesetzgebers. Dessen Entscheidung zugunsten der zwingenden Ziviltrauung als einfach-gesetzliche Ausgestaltung ist nach dem Gesagten zwar verfassungskonform, genießt aber selbst keinen Verfassungsrang236. Damit ist die derzeit vorgeschriebene Eheschließungsform nicht die einzig verfassungsrechtlich zulässige. Die Formalisierung des Eheschlusses durch den Standesbeamten wird nicht von Art. 6 I GG gefordert237. Da aber das Grundgesetz das Rechtsinstitut der Ehe in der Ausgestaltung gewährleistet, wie sie den jeweils herrschenden, in der gesetzlichen Regelung maßgebend zum Ausdruck gelangten Anschauungen entspricht238 und das einfache Recht gegenwärtig gemäß § 1310 I 1 BGB von einem formalen Ehebegriff ausgeht, erstreckt sich der Schutz der staatlichen Ordnung auf die bürgerlich-rechtliche Zivilehe239. (2) Zwischenergebnis Stellt die Eheschließung in ziviler Form kein wesentliches, das Institut der Ehe bestimmendes Strukturprinzip i. S. v. Art. 6 I GG dar, kann einem ausländischen Ehefeststellungsurteil die Anerkennung nicht deshalb versagt werden, weil die gerichtliche Missachtung der hier statuierten Form mit den Grundrechten unvereinbar ist, vgl. § 328 I Nr. 4 Fall 2 ZPO. Die gemäß § 1310 I 1 BGB, Art. 13 III 1 EGBGB verfassungsmäßige Ausgestaltung des Ehebegriffs auf einfach-gesetzlicher Ebene bringt keine fundamentalen Grundwerte der deutschen Rechtsordnung zum Ausdruck, weshalb auch eine offensichtliche Verletzung tragender Grundprinzipien im Sinne der Generalklausel des § 328 I Nr. 4 Fall 1 ZPO abgelehnt werden muss.
236 So im Ergebnis auch v. Münch/Kunig/Coester-Waltjen, Art. 6 GG Rn. 6; E. M. v. Münch, HVerfR, § 9 Rn. 9; Lecheler, HStR VI, § 133 Rn. 21; v. Mangoldt/Klein/ Starck/Robbers, Art. 6 GG Rn. 39; Pirson, Bonner Kommentar, Art. 6 GG Rn. 18; Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 6; Pawlowski, JZ 1998, 1032 (1036); Bosch/Hegnauer/Hoyer, FamRZ 1997, 1313 (1320); Friauf, NJW 1986, 2595 (2601); Oetker, ZSR 31 (1985), 76 (82); Beitzke, SGb 1983, 238 (239 mit Fn. 21); Gernhuber, FamRZ 1981, 721 (722); Neuhaus, FamRZ 1972, 59 (64); Meyer-Teschendorf, StAZ 1982, 325 (330 f.); Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 27 m.w. N.; ders., Ehe und Recht, S. 120 Fn. 2; unentschieden Kingreen, Jura 1997, 401 (402). 237 Nicht verzichtet werden kann hingegen auf die Öffentlichkeit und die Formalisierung des Eheschlusses überhaupt. Vgl. hierzu die Argumentation im Zweiten Teil, D.II.10.c)cc)(3)(a). 238 BVerfGE, 53, 224 (245). 239 Henrich, FS Lerche, S. 239 (248); Pirson, Bonner Kommentar, Art. 6 GG Rn. 11; v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers, Art. 6 GG Rn. 39.
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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ee) Voraussetzungslose Umgehung deutscher Wertvorstellungen? Der jüngst von Coester angeführten Kritik, dass die mit der Anerkennung einhergehende voraussetzungslose Ersetzung der deutschen Sicht durch die ausländische – wie hier im Ergebnis vertreten – keine angemessene Problemlösung für die Heilung hinkender Auslandsehen sei240, fehlt es aus folgenden Gründen an Überzeugungskraft: Die Wahrung deutscher Formvorschriften wird bei einer Inlandstrauung, wie dargelegt, gerade nicht vom ordre public gemäß § 328 I Nr. 4 ZPO gefordert241 mit der Folge, dass bei Vorliegen sämtlicher Anerkennungsvoraussetzungen die Anerkennungsfähigkeit bindend nach Art. 7 § 1 VIII FamRÄndG bzw. bei einer sog. Heimatstaatsentscheidung inzident in einem gerichtlichen Verfahren festzustellen ist. Deutsche Wertungen werden auf diesem Weg entgegen der Ansicht Coesters242 nicht in missbilligender Weise konterkariert, da es sich bei der gefundenen Lösung schlicht um eine zwingende Folge deutscher Grundvorstellungen sowie der besonderen Ausgestaltung inländischer Anerkennungsregeln handelt. Die an die Wirkungserstreckung geknüpften Rechtsfolgen müssen daher hingenommen werden, auch wenn das Ergebnis noch so befremdlich erscheint. Wenn der Gesetzgeber hingegen die Anerkennung in derartigen Fallgestaltungen verhindert wissen will, so könnte er durch die erneute Normierung eines dem § 328 I Nr. 3 ZPO a. F.243 ähnlichen Versagungsgrund Abhilfe schaffen244. Gerade aber die ersatzlose Aufhebung dieser Vorschrift durch das IPR-NeuregelungsG 1986 unterstreicht, dass eine Abweichung von Art. 13 III EGBGB durch ein ausländisches Urteil nicht zu einem Anerkennungsausschluss nach nationalem Recht führen soll. In Anbetracht dessen, dass die internationalprozessrechtliche Heilungsvariante nur bei der Formgültigkeit der Ehe nach einer fremden Rechtsordnung zum Tragen kommt und die weiteren sachlichen Anerkennungsvoraussetzungen zudem eine nicht zu unterschätzende Hürde im Einzelfall bedeuten können, kann von einer „voraussetzungslosen Problemlösung“ entgegen der Ansicht Coesters245 außerdem nicht die Rede sein. Die Befürchtungen des Autors relativieren sich auch unter Berücksichtigung des Praxisbezuges dieser Heilungsalternative, wird es doch den Partnern aufgrund ihrer Lebensumstände nicht stets möglich sein, im Ausland ein Feststel240
Coester, FS Heldrich, S. 537 (542). So auch Gamillscheg, FS OLG Celle, S. 61 (67). 242 Siehe bereits Fn. 240. 243 Hierzu ausführlich der Zweite Teil, B.II.3.b)cc). 244 Dieser dürfte dann freilich nicht als Inländerschutzklausel ausgestaltet sein, denn die vorliegende Heilungsvariante betrifft zumeist ausländische Partner. 245 Coester, FS Heldrich, S. 537 (542). 241
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
lungsurteil zu erwirken. Der Nachteil dieser Lösung wird sonach zutreffend in ihrer Umständlichkeit gesehen246. Ein Blick in deutsche Rechtsprechung belegt die bislang geringe praktische Bedeutung der Heilungsvariante. 4. Ergebnis und Rechtsfolgen Ausländische Feststellungsurteile, die eine formwidrige Inlandstrauung für wirksam erklären, sind in Deutschland im Rahmen des besonderen Verfahrens nach Art. 7 § 1 FamRÄndG der Anerkennung zugänglich. Der anerkennungsrechtliche ordre public gemäß § 328 I Nr. 4 ZPO steht der Feststellung der Anerkennungsfähigkeit durch die Landesjustizverwaltung nicht entgegen. Die Feststellung der Verwaltungsbehörde, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung des ausländischen Ehefeststellungsurteils gegeben sind, entfaltet Bindung gegenüber jedermann247 und wirkt auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der ausländischen Entscheidung zurück248. Letzteres ergibt sich aus dem bloß deklaratorischen Charakter der Feststellung der Anerkennung249. Was die Wirkungen des ausländischen Urteils kraft Anerkennung im Inland betrifft, so ist gemäß der herrschenden Wirkungserstreckungstheorie grundsätzlich das fremde Recht für die Bestimmung der – auf das Inland zu erstreckenden – Urteilswirkungen maßgeblich250. Indes besteht bei Feststellungsurteilen gerade die Besonderheit, dass sie keine Statuswirkung entfalten. Folglich kann eine solche Wirkung auch nicht auf das Inland erstreckt werden, sondern nur die den Urteilen zukommende Rechtskraft251. Für die hier in Rede stehenden Sachverhalte hat dies die Konsequenz, dass die Betroffenen aufgrund jener Rechtskraftwirkung 246
Hepting, IPRax 1994, 355 (357). Habscheid, FamRZ 1973, 431 (432); Staudinger/Spellenberg, Art. 7 § 1 FamRÄndG Rn. 16. 248 Einhellige Ansicht, vgl. nur BGH, FamRZ 1961, 427 (428 m.w. N.); OLG Frankfurt/M., FamRZ 1968, 87; KG, FamRZ 1969, 96 (98); AnwK/Andrae, § 328 ZPO Rn. 70. 249 Staudinger/Spellenberg, Art. 7 § 1 FamRÄndG Rn. 104. 250 Siehe insbes. Martiny, Handbuch des IZVR, Rn. 362 ff. m.w. N.; Kegel/Schurig/ Kegel, IPR, § 22 V 1a (S. 1061); Kropholler, IPR, § 60 V 1b (S. 679 f.); Hab- scheid, FamRZ 1973, 431; MüKo/Gottwald, § 328 ZPO Rn. 4; Zöller/Geimer, § 328 ZPO Rn. 20 f.; Musielak/Stadler, § 328 ZPO Rn. 33 ff.; Staudinger/Spellenberg, § 328 ZPO Rn. 121 ff.; ders., IPRax 1984, 304 (306 m.w. N.); AnwK/Andrae, § 328 ZPO Rn. 70; OLG Hamm, FamRZ 1993, 213; OLG Saarbrücken, NJW 1958, 1046; BayObLGZ 1967, 218 (222 f.). Nach der Gegenansicht (sog. Gleichstellungstheorie) sollen sich die prozessrechtlichen Wirkungen einer anzuerkennenden Entscheidung im Zweitstaat nach dessen Prozessrecht richten, vgl. u. a. Matscher, ZZP 86 (1973), 404 (408 f.); Thomas/Putzo/Hüßtege, § 328 ZPO Rn. 7; OLG Düsseldorf, IPRax 1982, 152. Eine einheitliche Linie in der Rspr. des BGH ist nicht erkennbar, siehe BGH, IPRax 1984, 320 (321); BGHZ 118, 312 (318). 251 Habscheid, FamRZ 1973, 431 (432); Staudinger/Spellenberg, Art. 7 § 1 FamRÄndG Rn. 47. 247
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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inter omnes252 ab dem Tag der formfehlerhaften Inlandstrauung auch in Deutschland als verheiratet zu behandeln sind. Zukünftig müssen Behörden und Gerichte in solchen Verfahren, in denen der Ehegattenstatus als präjudizielle Vorfrage zu klären ist, wegen der in Art. 7 § 1 VIII FamRÄndG ausdrücklich normierten Bindungswirkung von der Rechtsgültigkeit der Eheschließung ausgehen. Weist das Paar eine gemeinsame ausländische Staatsangehörigkeit auf, ergeht mithin eine sog. Heimatstaatsentscheidung i. S. v. Art. 7 § 1 3 FamRÄndG, besteht die Möglichkeit der freiwilligen Durchführung des behördlichen Anerkennungsfeststellungsverfahrens mit Wirkung für und gegen alle253.
III. Das Feststellungsverfahren nach § 632 ZPO als gleichwertiger Rechtsschutz? Machen die ausländischen Partner von der freiwilligen Durchführung des förmlichen Anerkennungsverfahrens keinen Gebrauch, so kennt das deutsche Recht außerhalb des Anwendungsbereiches des Art. 7 § 1 FamRÄndG das Ehefeststellungsverfahren gemäß § 632 ZPO254. Erheben die in hinkender Auslandsehe lebenden Beteiligten eine auf die Feststellung des Bestehens ihrer Ehe gerichtete Klage, wird wegen der Existenz einer ausländischen Ehefeststellungsentscheidung die Vorfrage über deren Anerkennung aufgeworfen255. Ihre Bejahung ist dann nach der hier vertretenen Auffassung nicht wegen einer Verletzung des anerkennungsrechtlichen ordre public-Vorbehalts gemäß § 328 I Nr. 4 ZPO ausgeschlossen. Eine rechtskräftige Entscheidung über die Anerkennung des fremden Urteils bleibt allerdings aus, schließlich ist sie nicht Streitgegenstand, sondern nur Vorfrage im Feststellungsverfahren256. Infolge dieser Nichtbindung für später befasste Gerichte oder Behörden wären die Betroffenen ge252
Vgl. schon die Nachweise in Fn. 247. Dass sich der Umfang der Bindungswirkung bei freiwilliger Durchführung des Anerkennungsverfahrens nicht von der Bindungswirkung eines Verfahrens nach Art. 7 § 1 I 1 FamRÄndG unterscheidet, entspricht der einhelligen Ansicht derjenigen, die sich für die Möglichkeit des fakultativen Anerkennungsverfahrens trotz Vorliegens einer Heimatstaatsentscheidung einsetzen, siehe statt aller AnwK/Andrae, Art. 7 § 1 FamRÄndG Rn. 40; MüKo/Gottwald, § 328 ZPO Rn. 194. 254 Dessen Bedeutung liegt vor allem bei der Beseitigung von Zweifeln über die Formwirksamkeit einer im Ausland geschlossenen Ehe, vgl. Musielak/Borth, § 632 ZPO Rn. 1. 255 Andrae/Heidrich, FamRZ 2004, 1622 (1627); Kleinrahm, StAZ 1969, 57 (60). Demgegenüber soll nach teilweise vertretener Ansicht im Rahmen eines Ehefeststellungsverfahrens die Möglichkeit bestehen, direkt auf die Feststellung der Anerkennung der fremden Entscheidung zu klagen, vgl. Geimer, IZPR, Rn. 3024; ders., NJW 1971, 2138 f.; ders., NJW 1969, 1649 (1651 mit Fn. 20); Staudinger/Spellenberg, Art. 7 § 1 FamRÄndG Rn. 71; Martiny, Handbuch des IZVR, Rn. 1611. 256 Martiny, Handbuch des IZVR, Rn. 1621. 253
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
zwungen, mit der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen in Bezug auf ihren Ehegattenstatus zu leben. 1. Die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils Die sich mit der Statusfrage befassenden Instanzen müssten nur dann von einer vollgültigen Ehe ausgehen, sofern dem Feststellungsurteil i. S. v. § 632 ZPO Rechtskraftwirkung inter omnes zukommen würde. Für jedermann wäre dann die Feststellung des Bestehens der Ehe verbindlich; die Frage nach der Anerkennung des ausländischen Ehefeststellungsurteils würde sich zukünftig nicht mehr stellen257. Bis zum Inkrafttreten des neuen Familienrechts am 1. 7. 1998 zeitigte das Ehefeststellungsurteil nach dem Wortlaut des § 638 S. 2 ZPO a. F. Rechtskraft inter omnes258. Dass davon auch nach der Textänderung der Vorschrift ausgegangen werden kann, erscheint aufgrund des Entschlusses des Gesetzgebers, die erweiterte Rechtskraftwirkung ersatzlos aufzuheben259, höchst bedenklich. Etwaige Beweggründe, die Aufklärung über jene Streichung geben könnten, gehen aus den Gesetzesmaterialien nicht hervor260. Im Schrifttum wird zur Lösung der Problematik auf den Zusammenhang mit der Widerklage gemäß § 632 II ZPO abgestellt261. Nach alter Rechtslage ging man trotz der Identität der Streitgegenstände und der damit grundsätzlich eintretenden Unzulässigkeit wegen anderweitiger Rechtshängigkeit von der Statthaftigkeit der Widerklage aus, um im Falle einer nur zwischen den Parteien wirkenden Klageabweisung dem Beklagten dennoch die Möglichkeit zu eröffnen, durch Erhebung der Widerklage ein Urteil mit Wirkung inter omnes – genauso wie nach § 638 S. 2 ZPO a. F. – zu erstreiten. Würde man nunmehr dem Feststellungsurteil lediglich inter partes-Wirkung zusprechen, wäre die weiterhin in § 632 II ZPO normierte Statthaftigkeit der Widerklage nicht verständlich262.
257
Geimer, NJW 1969, 1649 (1651) noch nach alter Rechtslage. § 638 S. 2 ZPO a. F. formulierte: „Das Urteil, durch welches das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe festgestellt wird, wirkt, wenn es zu Lebzeiten beider Parteien rechtskräftig geworden ist, für und gegen alle.“ 259 Deshalb für eine Rechtskraftwirkung inter partes: KG, FamRZ 2006, 1863 (1864 f.); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 632 ZPO Rn. 6; Gernhuber/ Coester-Waltjen, Familienrecht, § 13 III Rn. 14; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 632 ZPO Rn. 1; Musielak/Borth, § 632 ZPO Rn. 5; Zöller/Philippi, § 632 ZPO Rn. 10; Habscheid/Habscheid, FamRZ 1999, 480 (482); Staudinger/Voppel, Vorbem zu §§ 1313 ff. BGB Rn. 25 m.w. N. Dagegen weiterhin für eine Wirkung erga omnes: Andrae/Heidrich, FamRZ 2004, 1622 (1627); Palandt/Brudermüller, Einf v § 1313 BGB Rn. 7. 260 BT-Drucks. 13/4898, S. 26. 261 Siehe Habscheid/Habscheid, FamRZ 1999, 480 (482); Andrae/Heidrich, FamRZ 2004, 1622 (1627). 258
B. Die Heilung auf internationalprozessrechtlicher Ebene
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Sich aus diesem Grund weiterhin für eine Wirkung für und gegen alle zu entscheiden263, kann indes nicht überzeugen. So verdeutlicht die ausdrückliche Beibehaltung der Rechtskraft inter omnes im Rahmen der Statusfeststellungsklage in Kindschaftssachen gemäß §§ 640 II Nr. 1, 3, 640 h I 1 ZPO n. F., dass sich der Gesetzgeber bewusst gegen die Neuaufnahme der erweiterten Rechtskraft bei der Ehefeststellungsklage entschieden hat. Obschon dieser Entschluss im Hinblick auf die hohe Bedeutung der Statusfrage im Rechtsverkehr keineswegs zu begrüßen ist, muss eine dahingehende Änderung des Willens des Normgebers angenommen werden. Die daraus resultierende Unvereinbarkeit mit der Statthaftigkeit der Widerklage gemäß § 632 II ZPO wird der Gesetzgeber schlicht übersehen haben. 2. Auswirkungen des Urteils mit inter partes-Wirkung und weitere Nachteile der Feststellungsentscheidung Führen nun Feststellungsklagen nach geänderter Rechtslage lediglich zu einem inter partes-Urteil, müssen sich später befasste Behörden oder Gerichte, für deren Entscheidung es auf die präjudizielle Statusfrage der Rechtsgültigkeit der Ehe ankommt, nicht an das einstmals erlassene Ehefeststellungsurteil halten. Die dadurch mögliche Entstehung divergierender Entscheidungen entspricht zweifellos nicht den Interessen der in hinkender Auslandsehe lebenden ausländischen Partner, schließlich haben sie die Mühen des Erwirkens eines ausländischen Ehefeststellungsurteils auf sich genommen, um im Inland die endgültige und allgemein verbindliche Klärung ihres Ehegattenstatus erfolgreich herbeizuführen. Aber nicht nur vor diesem Hintergrund ist das Statusverfahren nach § 632 ZPO im Vergleich zu dem fakultativen Anerkennungsfeststellungsverfahren gemäß Art. 7 § 1 FamRÄndG mitnichten der umfassendere, effektivere Rechtsschutz verbürgende Weg. Berücksichtigt man nämlich, dass den Betroffenen an einer schnellstmöglichen und kostengünstigen Entscheidung gelegen ist, ist zu konstatieren, dass das förmliche Delibationsverfahren diesen Anforderungen am ehesten gerecht wird264. Soweit also kein Feststellungsmonopol der Landesjustizverwaltung bzw. des Präsidenten eines Oberlandesgerichtes besteht, sollten die Beteiligten mit gemeinsamer ausländischer Staatsangehörigkeit das Anerkennungsfeststellungsverfahren gemäß Art. 7 § 1 FamRÄndG mit Wirkung für und gegen alle freiwillig 262 Andrae/Heidrich, FamRZ 2004, 1622 (1627). Habscheid/Habscheid, FamRZ 1999, 480 (482) plädieren aus diesem Grund für ein „Leerlaufen“ des § 632 II ZPO in der Praxis. 263 So Andrae/Heidrich, FamRZ 2004, 1622 (1627). 264 Geimer, NJW 1967, 1398 (1399); Andrae/Heidrich, FamRZ 2004, 1622 (1627). Darüber hinaus besteht im Gegensatz zum Ehefeststellungsverfahren als Ehesache i. S. v. § 606 I 1 ZPO kein Anwaltszwang nach § 78 II ZPO.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
durchführen, um eine zeitnahe und endgültige Heilung ihrer Nichtehe herbeizuführen. Das Feststellungsverfahren nach § 632 ZPO bietet keinen gleichwertigen Rechtsschutz.
C. Die Heilung auf der Ebene des deutschen Kollisionsrechts Vor der Einführung der gesetzlichen Heilungsvorschrift des § 1310 III BGB plädierte eine Vielzahl von Vertretern in der Lehre zugunsten einer Anwendung internationalprivatrechtlicher Heilungsinstrumentarien. Der Grund hierfür mag darin gelegen haben, dass die Problematik der formunwirksamen Inlandsehe typischerweise und deshalb am häufigsten bei Sachverhalten mit Auslandsberührung auftrat, so dass kollisionsrechtliche Konstruktionen dem ersten Anschein nach besonders wirkungsvoll waren. Die folgenden Lösungsvorschläge, die überwiegend auf der Interessenlage einer hinkenden Auslandsehe aufbauen, gilt es danach zu untersuchen, ob sie tatsächlich geeignet sind, dem verfolgten Zweck hinlänglich gerecht zu werden. Als Norm des Sachrechts steht § 1310 III BGB der ergänzenden Anwendung kollisionsrechtlicher Heilungsmethoden jedenfalls nicht entgegen265.
I. Unselbständige oder alternative Anknüpfung der Vorfrage nach der Ehewirksamkeit In den von der deutschen Rechtsprechung bislang entschiedenen Fällen stand vielfach nicht die Gültigkeit der Ehe als Hauptfrage zur Debatte, sondern es ging neben erbrechtlichen, unterhaltsrechtlichen oder güterrechtlichen Ansprüchen unter anderem um die eheliche Abstammung der aus der formungültigen Ehe entstandenen Kinder, um Fragen des Ausländerrechts oder um die Behandlung der hinkenden Auslandsehe im Zusammenhang mit ihrer Eintragung in deutsche Personenstandsbücher266. In derartigen Konstellationen stellt sich die 265
Vgl. bereits den Zweiten Teil, A.II.2. BFHE 185, 475 (Entscheidung über die Zusammenveranlagung gemäß § 26b EStG im Zusammenhang mit einer hinkenden Auslandsehe); BGHZ 43, 213 (Beschluss über die eheliche Abstammung eines Kindes); OVG Lüneburg, NJW 2005, 1739 (Entscheidung über die zeitliche Beschränkung einer Aufenthaltsbefugnis und über die Androhung der Abschiebung im Zusammenhang mit einer nach islamischem Ritus geschlossenen Inlandstrauung); OVG NRW, Entscheidung vom 24. 8. 2004 – 19 B 1823/04 sowie Entscheidung vom 13. 11. 2003 – 17 B 1829/03 (jeweils zur Beschwerde gegen einen Abschiebungsbeschluss eines Ausländers, der mit einer Deutschen in einer absoluten Nichtehe lebte); OVG des Saarlandes, IPRspr. 2002 Nr. 63 (zu Fragen des Ausländerrechts); BayObLG, FamRZ 2000, 699 (Eintragung des Vaterschaftsanerkenntnisses in das Geburtenbuch sowie Beurteilung des Familiennamens des Kindes griechischer Eltern); BayObLG, StAZ 1994, 377 (Eintragung des Familien266
C. Die Heilung auf der Ebene des deutschen Kollisionsrechts
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Frage nach der Formwirksamkeit der Ehe im Gewand einer Erst- oder als Vorfrage. Nimmt bereits der Tatbestand einer deutschen Kollisionsnorm Bezug auf die Ehe als präjudizielles Rechtsverhältnis (sog. Erstfrage bzw. kollisionsrechtliche Vorfrage), wie es beispielsweise bei Art. 14 f., 17, 18 IV EGBGB der Fall ist, entspricht die selbständige Anknüpfung, d.h. die Beurteilung nach dem IPR des Forums, der absolut herrschenden Auffassung267. Ist allerdings die Gültigkeit der Ehe erst Tatbestandsvoraussetzung der vom deutschen Kollisionsrecht berufenen ausländischen Sachnorm – handelt es sich also um eine materiell-rechtliche Vorfrage – so wird ihre Anknüpfung seit der Entdeckung des Problems durch Melchior268 und Wengler269 unterschiedlich beurteilt. Durch Rechtsprechung und Schrifttum größtenteils nur als ,Vorfrage‘ – und selten mit dem Zusatz ,im engeren Sinne‘ – bezeichnet, soll sie nach der überwiegenden Meinung grundsätzlich selbstständig angeknüpft werden270. Dies würde bei Inlandstrauungen in der nicht beobachteten Form dazu führen, dass das Bestehen einer rechtsgültigen Ehe nach deutschem Recht zu verneinen wäre und die mit der
standes in das Sterbebuch im Fall einer hinkenden Auslandsehe); OLG Köln, IPRax 1994, 371 (bzgl. der Berichtigung einer Eintragung im Sterbebuch im Zusammenhang mit einer hinkenden Auslandsehe); OLG Karlsruhe, FamRZ 1983, 757 (Unterhaltsansprüche eines Kindes aus einer hinkenden Auslandsehe); OLG Stuttgart, NJW 1980, 1229 (zur elterlichen Gewalt über ein griechisches Kind nach Scheidung einer hinkenden Inlandsehe); OLG Frankfurt, StAZ 1977, 312 (zur Berichtigung des Sterbe- und des Geburtenbuchs bezogen auf eine hinkende Auslandsehe); LG Stuttgart, FamRZ 1969, 542 (Entscheidung über das Erbrecht des überlebenden Partners einer hinkenden Auslandsehe). 267 Vgl. u. a. Jochem, FamRZ 1964, 392 (393 f.); Neuhaus, Die Grundbegriffe des IPR, S. 346; ders., FamRZ 1965, 541 (543); Müller-Freienfels, JZ 1983, 230 (235); Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 81; v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 III 3 Rn. 186; Kropholler, IPR, § 32 III (S. 223 f.); Kegel/Schurig/Schurig, IPR, § 9 II 1 (S. 381). 268 Melchior, Die Grundlagen des deutschen IPR, S. 245–265. 269 Wengler, RabelsZ 8 (1934), 148 (188–251). 270 Siehe insbes. BGHZ 43, 213 (218 f.); 78, 288 (289); BGH, NJW 1981, 1900 (1901); OLG Frankfurt, StAZ 1977, 312 (314); OLG Zweibrücken, FamRZ 1974, 153 (154 m.w. N.); KG, FamRZ 1973, 313 (314); OLG Köln, StAZ 1972, 140 (141 m.w. N.); BayObLG, FamRZ 1964, 45 (47); BayObLG, FamRZ 1966, 144 (145); OLG Celle, FamRZ 1964, 209; LG Frankenthal, FamRZ 1975, 698 (699); Winkler v. Mohrenfels, IPRax 1988, 341 (342); Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (772 f.); Jochem, FamRZ 1964, 392 (394); Schurig, FS Kegel, S. 549 (591); Kegel/Schurig/Schurig, IPR, § 9 II 1 (S. 376 ff.); v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 III 5a, b Rn. 194–198; Erman/Hohloch, Einl Art. 3 EGBGB Rn. 42; Palandt/Heldrich, Einl v Art. 3 EGBGB Rn. 29; Raape, IPR, § 16 (S. 119 f.), der indes – in Abweichung von seiner früheren Ansicht zugunsten der generell selbständigen Anknüpfung (vgl. Raape, MDR 1948, 98) – zwecks Stärkung der äußeren Entscheidungsharmonie die fremden Kollisionsnormen über das Vorliegen einer Ehe bei ausländischem Erb- oder Deliktsstatut bestimmen lässt.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Ehe zusammenhängenden Rechtsfolgen durch die Partner im Inland nicht geltend gemacht werden könnten. Die Formstrenge des deutschen Rechts könnte sich hingegen dann nicht auswirken, sofern man die Vorfrage unselbstständig, mithin nach dem IPR des Hauptfragenstatuts anknüpft. Diese vor mehr als siebzig Jahren begründete Lehre hat in der in- und ausländischen Literatur nicht wenige Anhänger gefunden271. Sofern die Ehe nach der lex causae formgültig ist, könnten sich die Betroffenen auf die erstrebten Ehefolgen nach deutschem Recht berufen. Die Härten der rechtlichen Nichtexistenz trotz einer jahrzehntelang als Ehe geführten Gemeinschaft ließen sich damit vermeiden. Zum gleichen Ergebnis würde man mit der von manchen Autoren in der Literatur bevorzugten alternativen Anknüpfung gelangen, wonach mal selbständig, mal unselbständig anzuknüpfen sei. In favorem matrimonii wollen die einen auf diese Weise durchgängig272, demgegenüber die anderen von Fall zu Fall je nach dem Bedürfnis nach internem oder internationalem Entscheidungseinklang bzw. nach materieller Harmonie verfahren273. Eine sich am Ergebnis der Anknüpfung orientierende alternative Anknüpfung würde stets zur Bejahung der Formgültigkeit der Ehe gelangen. Es fragt sich nun, ob die Lehre von der Vorfragenanknüpfung, im Konkreten die unselbstständige und die alternative Anknüpfung als Heilungsinstrumentarium für eine formfehlerhafte Ehe herangezogen werden können. Speziell für die unselbständige Vorfragenanknüpfung wird dies teilweise befürwortet274.
271 Siehe u. a. Melchior, Die Grundlagen des deutschen IPR, S. 256; Wengler, NJW 1981, 2617 (2618); ders., IPRax 1984, 68 (70); ders., IPRax 1991, 105 (106 f.); Neuhaus, Die Grundbegriffe des IPR, S. 345 ff.; ders., FamRZ 1965, 541 (543 f.); Hausmann, FamRZ 1981, 833 (836); Neumayer, RabelsZ 36 (1972), 73 (79 ff.); Henrich, StAZ 1966, 219 (224); Johannsen/Henrich/Henrich, Art. 13 EGBGB Rn. 11; Wolff, Das Internationale Privatrecht Deutschlands, § 16 (S. 79–81), der die Entscheidung von der Auslegung der ausländischen materiell-rechtlichen Norm abhängig machen will, im Zweifel aber das fremde IPR bemüht. 272 Insbes. Siehr, StAZ 1971, 205 (212 f.). 273 Ferid, IPR, Rn. 4-62 ff.; Staudinger/Gamillscheg10./11., Vorbem. vor Art. 13 Rn. 223, 225; Henrich, StAZ 1966, 219 (222 ff.); Rauscher, StAZ 1987, 121 (122: bei Art. 19 I EGBGB im Interesse der Rechtsstellung von Kindern aus hinkenden Ehen). Wengler unterbreitet den Vorschlag, ausnahmsweise dann selbständig anzuknüpfen, „wenn sich das Bedürfnis nach materieller Harmonie unter den im Forumstaat zu gewinnenden Stellungnahmen als stärker erweist“, vgl. Wengler, NJW 1981, 2617 (2618); ders., IPRax 1984, 68 (70); ders., IPRax 1991, 105 (106 f.). Dies kommt einer alternativen Vorfragenanknüpfung nahe. 274 Böhmer, FS Firsching, S. 41 (48 ff.); Wengler, NJW 1981, 2617 (2618); ders., IPRax 1991, 105 (107); MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 30; Henrich, IntFamR, § 1 VII (S. 41).
C. Die Heilung auf der Ebene des deutschen Kollisionsrechts
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1. Lösungsfindung Gerade im Zusammenhang mit Art. 13 EGBGB ist die Debatte um die selbstoder unselbständige Anknüpfung besonders häufig und ausführlich geführt worden. Dieser Umstand vermag nicht zu erstaunen, ist doch hier ein Grundrecht, nämlich das der Eheschließungsfreiheit aus Art. 6 I GG betroffen. Vor diesem Hintergrund haben sich in den zurückliegenden Jahrzehnten sowohl Verfechter der selbst- als auch der unselbständigen Anknüpfung für eine differenzierende Sichtweise bei bestimmten Sachverhalten eingesetzt, die eine Abweichung von der starren Anknüpfung nach dem IPR des Forumstaates oder der lex causae bewirkt275. Zu dieser Meinungsvielfalt ist auch die Rechtsprechung des BGH zu zählen. Danach soll eine Ausnahme von der grundsätzlich bevorzugten Anknüpfung nach dem IPR der lex fori geboten sein, sofern bei wertender Betrachtungsweise dem Bedürfnis nach einem internationalen Entscheidungseinklang der Vorzug einzuräumen ist. Gelten soll dies etwa für die Vorfragenanknüpfung familienrechtlicher Vorgänge, die für einen Namenserwerb oder Namenswechsel von Bedeutung sind276. Mithin versteht auch der BGH die von ihm vertretene selbständige Anknüpfung nicht als abschließendes Rechtsdogma. Nach Ansichten im Schrifttum und in der Rechtsprechung würden indes nicht nur die Eigenheiten bestimmter Sachgebiete ein Abweichen von der Anknüpfung nach der lex fori erforderlich machen, sondern dasselbe soll auch bei fehlender oder nur schwach ausgeprägter Inlandsbeziehung gelten277. Darüber hinaus werden weitere Modifikationen zugunsten der Individualgerechtigkeit vertreten278, deren eingehende Betrachtung hier jedoch entbehrlich ist. Es ist festzuhalten, dass vielmals die konkreten Umstände des Einzelfalls, insbesondere eine Wertung der beteiligten Interessen über die selbst- oder unselbständige Anknüpfung der Gültigkeit der Eheschließung entscheiden sollen279. Demgemäß lassen sich in der Rechtsprechung der Gerichte nicht wenige Beispiele für eine ergebnisbezogene Anknüpfung mit Blick auf ein materiellrechtlich befriedigendes Ergebnis finden280. 275
Insgesamt hierzu Kropholler, IPR, § 32 IV 2a–c (S. 226 ff.). BGHZ 56, 193 (195 ff.); 73, 370 (374 ff.); 90, 129 (139 f. m.w. N.). Die unselbständige Anknüpfung im Zusammenhang mit dem Namensrecht entspricht inzwischen der h. M., vgl. statt aller BayObLGZ 2002, 299 (301 ff.); BayObLGZ 1986, 155 (161 f. m.w. N.); Ferid, IPR, Rn. 4-65, 5-41,2; Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 121. 277 Siehe u. a. OLG Hamm, FamRZ 1993, 607 (609); Kropholler, IPR, § 32 IV 2a (S. 226 f.). 278 Einen Überblick geben Kegel/Schurig/Schurig, IPR, § 9 II 2 (S. 382 ff.); ders., FS Kegel, S. 549 (591); v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 III 5e Rn. 207–213. 279 Gamillscheg, FS OLG Celle, S. 61 (64 f.); v. Bar, JZ 1984, 126 (127); MüllerFreienfels, JZ 1983, 230 (236); MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 561. 280 Unter Berufung auf einen Ausnahmefall, insbes. wegen Art. 6 I GG knüpften unselbständig an: BayObLG, IPRax 1991, 119 (120 f.); OLG Karlsruhe, FamRZ 1983, 276
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Trotz der von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Ausnahmen, die im konkreten Fall zur Bejahung des Ehegattenstatus im Rahmen der begehrten Ehefolge führen könnten, muss konstatiert werden, dass die Vorfragenlehre nicht in der Lage ist, zur Lösung der Problematik der deutschen Nichtehe beizutragen. So kann man die statusrechtliche Heilung formfehlerhafter Ehen nicht davon abhängig machen, ob zugunsten des internen Entscheidungseinklangs die selbständige Anknüpfung281 oder im Interesse der externen Entscheidungsgleichheit die Anknüpfung nach dem IPR der lex causae befürwortet wird282, denn der unüberwindbare Nachteil einer – zugunsten der Wirksamkeit der Ehe erfolgenden – unselbständigen oder alternativen Anknüpfung liegt darin, dass auf diesem Weg nur bei bestimmten Lebenssachverhalten Abhilfe geschaffen werden kann283. Gleich in mehreren Fällen führen sowohl unselbständige als auch alternative Anknüpfung nicht zu dem gewünschten Ergebnis: Zum Ersten versagt der Heilungsansatz bereits dann, wenn die Frage nach der Wirksamkeit der Eheschließung als Hauptfrage aufgeworfen wird284. Schließlich ist es denkbar, dass die Beteiligten nicht einzelne, mit der Ehe zusammenhängende Rechtsfolgen geltend machen wollen, sondern stattdessen Klarheit über die Gültigkeit ihrer Trauung erlangen möchten. Praktische Beispiele aus der Rechtsprechung lassen sich hierfür vielfach finden. Bereits in der Entscheidung des RG vom 16. 5. 1931285, welche die gesamte Heilungsdiskussion – vor allem die umstrittene Heilung durch nachträglichen Statutenwechsel286 – überhaupt 757 f.; LG Stuttgart, FamRZ 1969, 542 (544). Auch die Rspr. des BGH war nicht immer einheitlich, vgl. die unselbständige Anknüpfung u. a. in: BGHZ 41, 136 (147); BGH, NJW 1972, 1619 (1620); OLG München, IPRax 1988, 354 (356); OLG München, NJW 1963, 2233 (2234). 281 Weitere Hauptargumente für die Anknüpfung nach dem IPR des Forums sind die einheitliche Beurteilung des Ehegattenstatus unabhängig davon, in welchem Zusammenhang die Frage nach der Gültigkeit der Trauung auftritt, fernerhin die Bindungskraft positiv vorhandener Anknüpfungsnormen sowie das Fehlen überwiegender rechtspolitischer und dogmatisch-systematischer Gründe für die unselbständige Vorfragenanknüpfung. Ausführlich Schurig, FS Kegel, S. 549 (578–587); v. Bar/Mankowski/ Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 III 5a Rn. 194–198. 282 Zusätzlich wird zugunsten einer unselbständigen Anknüpfung vor allem der Gedanke ins Feld geführt, dass es konsequenterweise nur der fremden Rechtsordnung überlassen werden könne, die Voraussetzungen der entsprechenden Rechtsfolgen aufzustellen, sofern die Hauptfrage einmal einer Rechtsordnung zugewiesen ist. Überdies bestünde eine mangelnde Nähe zum Kollisionsrecht der lex fori, wenn sich eine Vorfrage im Rahmen einer fremden Sachnorm stellt, vgl. Neuhaus, Die Grundbegriffe des IPR, S. 345 f.; Hausmann, FamRZ 1981, 833 (836 mit Fn. 31). 283 Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 118 f.; Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (143); v. Bar/ Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 III 5c Rn. 203; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 538 ff.; Coester, FS Heldrich, S. 537 (542); Hepting, IPRax 1994, 355 (357). 284 Siehe auch Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (142); Hepting, IPRax 1994, 355 (357). 285 RGZ 132, 416. 286 Dazu ausführlich der Zweite Teil, C.II.
C. Die Heilung auf der Ebene des deutschen Kollisionsrechts
113
erst anregte, ging es um die Ehewirksamkeit als Hauptfrage. Nach fast 11-jährigem Zusammenleben als Ehepartner, wovon fünf Jahre unter einem Statut verbracht worden waren, das die Ehe als gültig betrachtete, erhob ein Partner Klage auf Nichtigerklärung der Ehe. Hier wäre eine unselbständige oder eine alternative Vorfragenanknüpfung von vornherein nicht möglich gewesen. Dem Urteil des VG Berlin vom 30. 7. 1954287 lag die Streitfrage nach dem Familienstand und dem Familiennamen zugrunde, mithin war auch in diesem Fall die im Lager Lichtenhorst bei Quedlinburg vor dem Erzpriester der griechisch-orthodoxen Kirche geschlossene Ehe selbst Hauptfrage. Anhand weiterer Beispiele, wie dem Beschluss des BayObLG vom 15. 12. 1965288, des OLG Köln vom 29. 6. 1981289, des KG vom 27. 1. 1986290 oder aus neuerer Zeit die Entscheidung des OLG Köln vom 10. 5. 1993291, wird deutlich, dass die Gerichte oftmals mit Sachverhalten konfrontiert werden, bei denen die Gültigkeit der Ehe die Hauptfrage bildet. Eine unselbständige bzw. alternative Anknüpfung scheidet sodann aus. Zum Zweiten kann eine Vorfragenlösung als Heilungsinstrumentarium deshalb nicht befriedigen, weil eine Anknüpfung der Vorfrage nach dem Kollisionsrecht des für die Hauptfrage maßgeblichen Rechts keinesfalls zwingend zu einem Recht führen muss, das entgegen der deutschen Sichtweise von einer Wahrung der Eheschließungsvorschriften ausgeht. Wird nämlich bei unselbständiger Anknüpfung auf deutsches Recht zurückverwiesen, Art. 4 I 2 EGBGB, oder untersteht die Hauptfrage gar deutschem Recht – mit der Folge, dass notwendigerweise vom deutschen Kollisionsrecht ausgegangen werden muss – so können die begehrten Ehefolgen nicht durchgesetzt werden292. Zum Dritten helfen sowohl unselbstständige als auch alternative Anknüpfung nicht weiter, sofern das berufene ausländische Recht zwar die Verweisung annimmt, es aber gleichermaßen die Formgültigkeit der konkreten Ehe ablehnt, da es sich um eine absolute Nichtehe handelt293. So konnte beispielsweise der BGH in einem Beschluss vom 26. 10. 1977294 die Entscheidung zwischen selbst- und unselbständiger Anknüpfung offen lassen, da nach deutschem und tunesischem Heimatrecht ein formgerechter Eheschluss verneint werden
287
VG Berlin, IPRspr. 1954 Nr. 82. BayObLGZ 1965, 450. 289 OLG Köln, StAZ 1981, 326. 290 KG, IPRax 1987, 33. 291 OLG Köln, IPRax 1994, 371. 292 Hepting, IPRax 1994, 355 (357); v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 7 III 5c Rn. 203. 293 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 539 f. 294 BGHZ 69, 387. 288
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
musste295, mithin beide in Betracht kommenden Rechte zu demselben Ergebnis gelangten. Damit also einer unselbständigen Anknüpfung überhaupt Raum zukommen kann, ist das Vorliegen einer hinkenden Auslandsehe von Nöten. Doch auch im Hinblick auf diesen Aspekt beweist ein Blick in die aktuelle Rechtsprechung, dass deutsche Gerichte zuweilen über Verbindungen, die nach keiner Rechtsordnung gültig sind, urteilen296. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Anknüpfung nach dem Kollisionsrecht der lex causae nur dann Erfolg verspricht, wenn die Ehe Vorfrage einer anderen Rechtsfolge ist und die Hauptfragenanknüpfung zu einem ausländischem Recht führt, das die Ehe als formwirksam anerkennt und diese Rechtsordnung nicht auf deutsches Recht zurückverweist. Den klassischen Anwendungsfall hierfür bilden seit jeher die von Art. 13 III EGBGB i.V. m. § 1310 I 1 BGB provozierten hinkenden Auslandsehen, mit denen sich die Rechtsprechung seit Jahrzehnten im Zusammenhang mit der Geltendmachung persönlicher Ehewirkungen, dem Ehegüterrecht, dem Abstammungs- und Erbrecht und vor allem dem Hinterbliebenenrecht beschäftigt hat297. So stellte sich im Rahmen der zahlreichen, den Sozialgerichten vorgelegten Witwenrentenfälle mit Auslandsbezug298 die besondere Problematik der Beurteilung der Eheschließung als zivilrechtliche Vorfrage eines sozialrechtlichen Versorgungsanspruches. Während sich ein bedeutender Teil des Schrifttums für eine autonome Auslegung der Witwen- bzw. Witwereigenschaft i. S. v. §§ 1264/1266 RVO a. F. (§ 46 SGB VI n. F.) einsetzte299, hat die inländische Sozialrechtsprechung das Bestehen einer rechtsgültigen Ehe im Sozialversicherungsrecht überwiegend unter Heranziehung des deutschen Eherechts bestimmt300. Dementsprechend 295
BGHZ 69, 387 (389). Vgl. insbes. OVG Lüneburg, NJW 2005, 1739; OVG NRW, Entscheidung vom 24. 8. 2004 – 19 B 1823/04 sowie Entscheidung vom 13. 11. 2003 – 17 B 1829/03; OVG des Saarlandes, IPRspr. 2002 Nr. 63. 297 Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 118. 298 Siehe u. a. BSGE 10, 1; 27, 96; 33, 219; 43, 238; 45, 180; 46, 104; 48, 3; BSG, FamRZ 1981, 767; LSG Hamburg, FamRZ 1986, 994; LSG Rheinland-Pfalz, FamRZ 1974, 373. 299 Danach käme dem familienrechtlichen Ehebegriff keine Bedeutung zu, vielmehr sei der Witwenbegriff aus dem Funktionszusammenhang des Sozialversicherungsrechts heraus auszulegen, vgl. insbes. v. Maydell, FS Bosch, S. 645 (648 ff.); Samtleben, RabelsZ 52 (1988), 466 (468–496); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 533 f. m.w. N. 300 BSGE 10, 1 (3); 27, 96 (98); 33, 219 (220 f.); 45, 180 (181 f.); BSG, NJW 1995, 3270 (3271); BSG, FamRZ 1981, 767 (768 m.w. N.): „[. . .] ist die Witweneigenschaft und damit der Anspruch auf Witwenrente nach § 1264 RVO ausschließlich nach dem familienrechtlichen Status der Witwe zu beurteilen, der sich aus der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften ergibt. In allen [. . .] Entscheidungen [. . .] wird für den Anspruch auf Witwenrente ausnahmslos darauf abgestellt, daß eine nach deutschem Recht gültige Eheschließung erfolgt ist.“ Ebenso LSG Hamburg, FamRZ 1986, 994 (995); LSG Rheinland-Pfalz, FamRZ 1974, 373 (374). 296
C. Die Heilung auf der Ebene des deutschen Kollisionsrechts
115
wurde die Rentenberechtigung mangels Beobachtung der Inlandsform zuungunsten von Witwen aus hinkenden Auslandsehen verneint301. Demgegenüber hat das BVerfG in der – den Höhepunkt zu dieser Thematik bildenden – Witwenrentenentscheidung vom 30. 11. 1982302 sowohl zu jener speziellen Vorfragenproblematik im öffentlichen Recht als auch zur allgemeinen kollisionsrechtlichen Vorfragenanknüpfung keine Stellung genommen303. Ursächlich hierfür war freilich die Tatsache, dass das einfache Recht dem BVerfG in seiner Funktion als Verfassungsgericht als Prüfungsmaßstab verwehrt bleibt und es somit auf der Grundlage von Verfassungsrecht argumentieren musste304. Aus demselben Grund ließ das BVerfG die kollisionsrechtliche Thematik bereits in dem bekannten Spanier-Entscheid305 offen. Doch selbst wenn die unselbständige Vorfragenanknüpfung in einer konkreten Fallgestaltung Erfolg verspricht, so stellt sie dennoch keine überzeugende Problemlösung für die Nichtexistenz der Ehe nach deutschem Recht dar. Schließlich kann sie allein zur Bejahung einzelner Ehefolgen, nicht jedoch zu einer Heilung der Nichtehe im Status führen306. Letzteres wird aber gerade das angestrebte Ziel der vermeintlichen Ehegatten sein, haben sie doch nicht nur den Wunsch an der Zuerkennung bestimmter Rechtsfolgen, sondern vor allem ein schützenswertes Interesse an einer einheitlichen Beurteilung ihres Ehegattenstatus’. 2. Schlussfolgerung Demzufolge stellen sowohl die unselbständige als auch die alternative Anknüpfung der Vorfrage nach der Ehewirksamkeit kein überzeugendes Heilungsinstrumentarium zugunsten deutscher Nichtehen dar.
Auch der BFH beurteilt privatrechtliche Vorfragen mit Auslandsbezug im Rahmen öffentlich-rechtlicher Normen – wie in § 26 I 1 EStG – nach Maßgabe des Zivilrechts einschließlich der Vorschriften des deutschen IPR. Eine autonome Auslegung lehnt er ausdrücklich ab, vgl. BFHE 185, 475 (476 ff.). 301 Eine Ausnahme aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes wurde nur dann gemacht, sofern die Eheschließung Eingang in das Familienbuch fand, BSGE 46, 104 (106 f.). Ähnlich der Begründungsgang für die Anerkennung der sog. hinkenden Scheidung in BSGE 43, 238, bei der das Gericht nicht an der ausschließlichen Maßgeblichkeit des Witwenstatus nach deutschem materiellen Eherecht festhielt. 302 BVerfGE 62, 323. Vgl. hierzu noch ausführlich den Zweiten Teil, D.II.7. 303 Auch das BVerwG ließ i. R. d. § 2 I 2 AuslG a. F. diese Problemkreise unentschieden, siehe BVerwG, NJW 1985, 2097. 304 Müller-Freienfels, JZ 1983, 230 (236); v. Bar, NJW 1983, 1929 (1931); Hepting, IPRax 1994, 355 (356). 305 BVerfGE 31, 58. 306 Darauf weist zutreffend MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 167; ders., FS Heldrich, S. 537 (542) hin.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
II. Heilung der formwidrigen Ehe durch nachträglichen Statutenwechsel Hat die Staatsangehörigkeit der Partner zwischen der Eheschließung und dem Augenblick ihrer Beurteilung gewechselt, so stellt sich die seit Jahrzehnten höchst umstrittene Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für die Bewertung der Ehegültigkeit. Mit dem in diesem Zusammenhang von Zitelmann entwickelten Terminus des „Statutenwechsels“307 werden in Rechtsprechung und Literatur folgende, möglicherweise einer Heilung zugängliche Fallkonstellationen verbunden: Denkbar ist zum einen, dass die Betroffenen nach einer vollzogenen Inlandstrauung, die in Anwendung des Art. 13 III 1 EGBGB formunwirksam ist, die Nationalität eines anderen Staates annehmen und dort einen neuen Lebensmittelpunkt begründen. Aus der Sicht jenes neuen Heimatstaates ist die Ehe formgültig zustande gekommen, weshalb eine Heilung der Statusbeziehung gemäß der neuen Rechtsordnung in Erwägung gezogen wird308. Darüber hinaus ist es möglich, dass die inländische Eheschließung vor einer ordnungsgemäß ermächtigten Trauungsperson i. S. v. Art. 13 III 2 EGBGB stattfindet und ein deutscher Beteiligter danach die ausländische Staatsangehörigkeit seines Partners unter Aufgabe seiner ursprünglichen Nationalität erwirbt. Das neue Heimatrecht erkennt die Ehe als formwirksam an309. In formeller Hinsicht werden aber nicht nur die Sachverhalte diskutiert, bei denen die Partner erst nach der Trauung zum Heilungsstatut in Beziehung treten, sondern Berücksichtigung finden auch die Fälle, bei denen die Beteiligten bereits im Augenblick der Eheschließung die Nationalität derjenigen heilenden Rechtsordnung besitzen, der sie sich später aufgrund einer Rückkehr wieder unterstellen. Praktisch wurde dies in der Vergangenheit vor allem bei den religiösen Inlandstrauungen von Griechen oder Spaniern. Da die Ausnahmeregelung des Art. 13 III 2 EGBGB bzw. des § 15a EheG a. F. – meist in Ermangelung der ordnungsgemäßen Ermächtigung der Trauungsperson – nicht griff310, begründeten die Betroffenen lediglich eine hinkende Auslandsehe. Letztlich wird die Frage nach einer Heilung durch Statutenwechsel auch bei den Eheschließungen aufgeworfen, die an materiellen Ehemängeln leiden. We307
Zitelmann, IPR, Bd. 1, S. 151. Vgl. insbes. die Rabbinatsehen von Juden, die unmittelbar nach der formwidrigen Trauung nach Israel ausgewandert und rückwirkend mit dem Tag ihrer Einwanderung Israelis geworden sind (LG Düsseldorf, IPRspr. 1962/63 Nr. 63; OLG München, IPRspr. 1964/65 Nr. 84; OLG Koblenz, IPRspr. 1975 Nr. 39). 309 Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 119. 310 Siehe u. a. BayObLGZ 1965, 450; LG Mannheim, IPRspr. 1952/53 Nr. 96. Durch die Einführung der fakultativen Zivilehe in Spanien 1981 und in Griechenland 1982 ist die Problematik allerdings erheblich eingedämmt worden. 308
C. Die Heilung auf der Ebene des deutschen Kollisionsrechts
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gen des späteren Staatsangehörigkeits- und Aufenthaltswechsels der Partner gilt es sodann zu beantworten, ob das unter dem alten Statut gemäß Art. 13 I EGBGB nicht wirksam entstandene Rechtsverhältnis unter dem neuen Personalstatut Gültigkeit erlangen kann311. Erhebt nun einer der Partner vor einem deutschen Gericht einen Anspruch, dessen Bestehen von der Existenz einer wirksamen Ehe abhängt – sei es ein Erbschafts-312 oder Scheidungsbegehren, ein Entschädigungsanspruch313 oder eine Ehenichtigkeitsklage314 – so bietet sich angesichts des Erstrebens eines materiell-rechtlich befriedigenden Ergebnisses eine Berücksichtigung der geänderten Staatsangehörigkeit an. Auf diese Weise könnte der unter dem alten Statut begründete Mangel eine Heilung erfahren. 1. Heilende Wirkung des Statutenwechsels i. R. d. Art. 13 I EGBGB? Obschon der Gegenstand der vorliegenden Arbeit auf die Untersuchung formunwirksamer Eheschließungen und ihre Heilungsalternativen begrenzt ist, empfiehlt es sich zunächst, die Heilung durch Statutenwechsel im Zusammenhang mit einer ungültigen Ehe aufgrund fehlender Sachvoraussetzungen zu betrachten. In diesem Bereich wird die Diskussion in der Literatur ausführlicher geführt. Die entwickelte Lösung könnte sodann der Erkenntnisgewinnung in Bezug auf formfehlerhafte Inlandstrauungen dienen. Dies liegt deshalb nahe, weil Art. 13 III 2 EGBGB genauso wie das Eheschließungsstatut gemäß Art. 13 I EGBGB auf die Wirksamkeit der Trauung nach dem Heimatrecht der Beteiligten abstellt. Es fragt sich sonach, ob bei Art. 13 I EGBGB die Möglichkeit der Validierung der fehlerhaften Ehe durch einen späteren Statutenwechsel besteht315. 311
Vgl. insbes. RGZ 132, 416 (Das RG urteilte über die wegen Religionsverschiedenheit materiell nichtige Ehe zwischen einer jüdischen Russin und einem evangelischen Österreicher, die im Ausland geheiratet und später die italienische Staatsangehörigkeit erworben haben.) sowie KG, IPRax 1987, 33 (In dem entschiedenen Fall ging es um den Mangel der Doppelehe nach deutschem Recht bei einer Ehe zwischen einem Niederländer und einer Deutschen, welche später die niederländische Staatsangehörigkeit erwarb.). 312 So bei LG Stuttgart, FamRZ 1969, 542. 313 Darum ging es häufig bei den in Fn. 308 bereits angesprochenen rituell geschlossenen Ehen jüdischer Staatsangehöriger, BGH, IPRspr. 1971 Nr. 123; OLG Koblenz, IPRspr. 1971 Nr. 37a und in derselben Sache BGH, IPRspr. 1971 Nr. 37b; OLG Koblenz, IPRspr. 1975 Nr. 39; OLG München, IPRspr. 1964/65 Nr. 84. 314 Hierzu KG, IPRax 1987, 33. 315 Da die Kollisionsnorm des Art. 13 I EGBGB nicht nur das auf die materiellen Eheschließungsvoraussetzungen anwendbare Recht regelt, sondern auch über Art. 11 I Fall 1 EGBGB (alternativ zum Ortsrecht) für die formellen Voraussetzungen einer im Ausland geschlossenen Ehe gilt, betreffen die folgenden Ausführungen zur Heilung
118
2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Statutenwechsel i. e. S. bedeutet eine Änderung der Anknüpfungstatsachen, also z. B. des Wohnsitzes oder der Belegenheit einer Sache, was bei Anwendung derselben Kollisionsnorm zu einem Wechsel der materiell maßgebenden Rechtsordnung führt (Statutenwechsel i. w. S.)316. Ein Statutenwechsel ist grundsätzlich nur bei wandelbaren Anknüpfungen denkbar, also bei solchen, die hinsichtlich des Beurteilungszeitpunktes zeitlich nicht fixiert sind, vgl. beispielsweise Art. 14 I EGBGB. Ist hingegen das jeweilige Anknüpfungsmoment veränderbar, aber durch eine gesetzgeberische Entscheidung an einen bestimmten Zeitpunkt gekoppelt, wirkt sich die Änderung der Anknüpfungstatsache – sofern sie nach dem maßgeblichen Augenblick eingetreten ist – kollisionsrechtlich nicht aus. Man spricht dann von einer unwandelbaren Anknüpfung317. Ein Beispiel hierfür stellt Art. 15 I EGBGB dar, der ausdrücklich den Anknüpfungspunkt für das Güterrechtsstatut unwandelbar auf den Zeitpunkt der Eheschließung festlegt. Fraglich ist daher, ob es sich bei dem Eheschließungsstatut nach Art. 13 I EGBGB um eine wandelbare oder unwandelbare Anknüpfung handelt. Art. 13 I EGBGB normiert: „Die Voraussetzungen der Eheschließung unterliegen für jeden Verlobten dem Recht des Staates, dem er angehört.“ Somit ist Anknüpfungsmoment die Staatsangehörigkeit. Daneben ergibt sich aus der Formulierung „für jeden Verlobten“ der ausschlaggebende Anknüpfungszeitpunkt: Maßgeblich ist das Heimatrecht der Partner im Augenblick (unmittelbar vor) der Eheschließung318. Das Eheschließungsstatut erfasst dabei sowohl die unmittelbar bevorstehende Trauung als auch die Beurteilung einer bereits vollzogenen. Letzteres folgt bereits aus den Gesetzesmaterialien zu Art. 13 I EGBGB a. F.319. Regelt nun aber die Kollisionsnorm auch die spätere Betrachtung der Ehewirksamkeit, bedeutet das gleichzeitig, dass es im Falle eines Wechsels der
durch Statutenwechsel i. R. d. Art. 13 I EGBGB auch diese Konstellationen, MüKo/ Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 685. 316 Siehr, IPR, § 50 II 1a (S. 444); ders., GS Ehrenzweig, S. 129 (132); Kropholler, IPR, § 27 I 3 (S. 188). Ein Statutenwechsel kann noch weitere Ursachen haben (vgl. z. B. den Statutenwechsel aufgrund der Änderung der zuständigen Instanz bzw. des maßgebenden Kollisions- oder Sachrechts). Bei der fraglichen Berücksichtigung des Staatsangehörigkeitswechsels im Internationalen Eheschließungsrecht geht es jedoch um den „klassischen“ Fall des Statutenwechsels im Sinne eines „conflit mobile“. Darauf beschränkt sich die vorliegende Untersuchung. 317 Lüderitz, IPR, Rn. 121 f.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 5 Rn. 100; Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 17. 318 Einhellige Ansicht, siehe nur BT-Drucks. 10/504, S. 52; BGH, FamRZ 1997, 542 (543); AG Hannover, FamRZ 2002, 1116; OLG Koblenz, IPRspr. 1988 Nr. 62; KG, IPRax 1987, 33; v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 III 2a (4) Rn. 133; Kegel/Schurig/Kegel, IPR, § 20 IV 1c (S. 807); Looschelders, Art. 13 EGBGB Rn. 7; MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 676; Coester, FS Heldrich, S. 537 (541). 319 Eingehend: Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 46 f.
C. Die Heilung auf der Ebene des deutschen Kollisionsrechts
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Nationalität nach erfolgter Heirat bei dem durch Art. 13 I EGBGB festgelegten Anknüpfungszeitpunkt bleibt. Die Anknüpfung ist damit unwandelbar320. Von diesem Prinzip der Unwandelbarkeit des Eheschließungsstatuts wird jedenfalls dann einstimmig ausgegangen, wenn die Ehe nach dem ursprünglich maßgebenden Recht gültig ist und nur nach dem neuen Personalstatut fehlerhaft wäre. Dementsprechend lautet einer der auf Rechtssicherheit abzielenden Sätze des deutschen IPR: „Matrimonium semel validum, semper validum“321. Für das intertemporale deutsche Recht findet dieser Grundsatz seinen Niederschlag in Art. 220 I, 226 I EGBGB322. Seine Umkehrung („Matrimonium semel invalidum, semper invalidum.“) ist demgegenüber höchst umstritten und wird nunmehr seit Jahrzehnten eingehend diskutiert. a) Gründe für die ausnahmslose Unwandelbarkeit des Eheschließungsstatuts Teilweise wird der Grundsatz der Unwandelbarkeit des Eheschließungsstatuts absolut verstanden323. Hauptargument für diese Auffassung bildet der Gesetzeswortlaut, dem keine Anhaltspunkte für die Zulassung einer Ausnahme zu entnehmen seien324. Nicht nur, dass die Kollisionsnorm bei Annahme der Heilung durch Statutenwechsel entgegen dem Grundsatz der Bindung an positive gesetzliche Normen verdrängt werden würde325, auch sei eine derartige Heilungsvariante aus Gründen der Rechtssicherheit nicht haltbar. Schließlich handele es sich bei der Eheschließung um einen abgeschlossenen Tatbestand, so dass eine spätere Veränderung tatsächlicher Umstände keinen Einfluss auf die Beurteilung
320 H.M., siehe insbes. BGHZ 27, 375 (380); BGH, FamRZ 1997, 542 (543); OLG Koblenz, IPRspr. 1988 Nr. 62; KG, IPRax 1987, 33 (34); Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 120; Johannsen/Henrich/Henrich, Art. 13 EGBGB Rn. 15; Erman/Hohloch, Art. 13 EGBGB Rn. 35; Palandt/Heldrich, Art. 13 EGBGB Rn. 4. Als ältere Gegenauffassungen (dazu noch der Zweite Teil, C.II.1.b), S. 121) seien genannt: Staudinger/Gamillscheg10./11., Art. 13 EGBGB Rn. 90 (eingeschränkt durch den sog. favor matrimonii); OLG Koblenz, IPRspr. 1971 Nr. 37a (obiter); Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (773). 321 Böhmer, FS Firsching, S. 41 (42); Ferid, IPR, Rn. 8-77; Bamberger/Roth/Otte, Art. 13 EGBGB Rn. 41. 322 MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 16. 323 Ferid, IPR, Rn. 8-77; Kegel/Schurig/Kegel, IPR, § 20 IV 1c (S. 807 f.); Soergel/Kegel11., Art. 13 EGBGB Rn. 41; Johannsen/Henrich/Henrich, Art. 13 EGBGB Rn. 15; Henrich, IntFamR, § 1 VII (S. 40 f.), der zwischen formell und materiell ungültiger Ehe nicht trennt; ders., FamRZ 1987, 950 („nicht unbedenklich“); Soergel/ Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 34. 324 Johannsen/Henrich/Henrich, Art. 13 EGBGB Rn. 15; Henrich, IntFamR, § 1 VII (S. 40 f.); Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 34. 325 Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 34.
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der Wirksamkeit der Ehe hättte326. Da zudem die Frage nach der Gültigkeit der Ehe eine für viele Rechtsbereiche bedeutsame Statusfrage ist, verlange sie Klarheit und Eindeutigkeit. Die Wahrung jener Erfordernisse sei allerdings schon mit Blick auf die Nachweisbarkeit einer rechtsgültigen Trauung gefährdet, müssten dann doch ausländische Zusatzerklärungen der validierenden Rechtsordnung berücksichtigt werden327. Weiterhin wird auf die besondere Konstellation des zeitlich aufeinander folgenden mehrfachen Statutenwechsels hingewiesen328. Problematisch wäre dort die Behandlung einer dem Wechsel zum heilenden Statut nachfolgenden weiteren Änderung des Statuts, sofern das neue Heimatrecht die Heilung nicht anerkennt. Zur Entscheidung stünde dann, ob in diesen Fällen die Interessen an einer kontinuierlichen Beurteilung der Wirksamkeit der Statusbeziehung vorgingen oder ob bei derartigen Sachverhalten dem äußeren Entscheidungseinklang mit der diese Beziehung negierenden Rechtsordnung der Vorzug zu geben wäre329. Im Ergebnis würden die dargelegten Kritikpunkte die Unzulässigkeit einer Heilung durch Statutenwechsel i. R. d. Art. 13 I EGBGB belegen. b) Befürwortende Stimmen zugunsten der Anerkennung einer Ausnahme von der unwandelbaren Anknüpfung Die Rechtsprechung hat die Möglichkeit der Heilung durch Statutenwechsel i. R. d. Art. 13 I EGBGB selten für den konkreten Fall bejaht330, stattdessen häufig nur angedeutet331. Bereits 1931 formulierte das RG allgemein, dass in Ehesachen das Heimatrecht entscheide und der deutsche Richter keine Veranlassung hätte, eine Ehe für nichtig zu erklären, die im Heimatstaat der Ehegatten als gültig behandelt wird332. Obwohl das Gericht seine Ausführungen nicht 326
Henrich, IntFamR, § 1 VII (S. 40 f.). Böhmer, FS Firsching, S. 41 (46 f.). 328 Siehe insbes. Böhmer, FS Firsching, S. 41 (47). Auch Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (178 ff.), der aber i. E. ein Befürworter der Heilung durch Statutenwechsel ist. 329 Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (178 ff.). 330 So ausdrücklich KG, IPRax 1987, 33 (34) mit kritischer Anmerkung von Siehr, IPRax 1987, 19 (21), da die Heilung in diesem Fall die Versagung der deutschen Witwenrente nach sich zog, mithin die statusrechtliche Anerkennung keine Härten vermied, sondern eher schuf. Siehe auch OLG München, StAZ 1993, 151 (152 als Hilfsbegründung), indes trennt das Gericht nicht klar zwischen der Heilung durch Statutenwechsel bei materiell oder formell ungültiger Ehe. 331 KG, IPRspr. 1970 Nr. 57. Meist erfolgte dies i. R. d. Art. 11 I Fall 1 i.V. m. Art. 13 I EGBGB obiter dicta, so bei BGHZ 27, 375 (380, 382); LG Stuttgart, IPRspr. 1966/67 Nr. 75; OLG Koblenz, IPRspr. 1971 Nr. 37a; LG Koblenz, IPRspr. 1978 Nr. 44. 332 RGZ 132, 416 (419). 327
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ausdrücklich auf eine Heilung durch nachträglichen Statutenwechsel stützte, erzielte es doch ein entsprechendes Ergebnis333. Im Schrifttum will ein Großteil der Autoren das Recht der neuen Staatsangehörigkeit auf die spätere Prüfung der Gültigkeit der Ehe anwenden, wobei die Begründungen hierfür und vor allem die Anforderungen an eine heilende Wirkung differieren. Das breite Meinungsspektrum soll hier nur kursorisch überblickt werden. Während eine Minderheit von der Wandelbarkeit des Eheschließungsstatuts ausgeht334 und aus dem in Art. 13 I EGBGB normierten Grundsatz, dass die Wirksamkeit der Ehe in Übereinstimmung mit den Heimatrechten der Verlobten beurteilt werden soll, den Umkehrschluss zieht, dass die Dauerrechtsbeziehung „Ehe“ bei einem Staatsangehörigkeitswechsel dem neuen Heimatrecht unterstellt werden müsse335, begründet eine ältere Ansicht in der Lehre die Annahme der Heilung durch nachträglichen Statutenwechsel damit, dass eine vernichtbare Ehe – im Gegensatz zu einer Nichtehe oder einer voll wirksamen Ehe – einen nicht abgeschlossenen Tatbestand darstelle, der deshalb im Fall des Erwerbs einer neuen Nationalität von dem neuen Statut erfasst werde336. Wieder andere stützen die Ansicht der Validierung der Ehe durch Statutenwechsel auf das bereits dargelegte „Veranlassungsargument“ des RG, wonach also das deutsche Recht keinen Anlass hätte, eine Ehe zu vernichten, die in dem Geltungsbereich einer anderen Rechtsordnung gelebt und nach dem sie für wirksam erachtet wird337. Im Gegensatz dazu urteilen einige aus reinen Billigkeitserwägungen heraus338 oder berufen sich auf die Wahrung des internationa333 Obschon folgende Aussage für eine Ablehnung der Doktrin sprach: „Der Revision ist darin beizutreten, daß die mit Rücksicht auf das österreichische Recht materiell ungültig geschlossene Ehe nicht dadurch hätte gültig werden können, daß die Eheleute in der Folge die italienische Staatsangehörigkeit erworben haben und daß nach der italienischen Ordnung [. . .] die Ehe der Parteien als gültig angesehen werden muß.“ 334 Die Vertreter werden als ältere Auffassungen bereits in Fn. 320 aufgeführt. 335 Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (773). 336 Frankenstein, IPR, S. 188. 337 Wolff, Das Internationale Privatrecht Deutschlands, § 40 III (S. 196); Raape, IPR, § 27 II 2 (S. 243 f.); wohl auch Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 120. Als zusätzliches Argument bei Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 91; v. Bar/Mankowski/ Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 IV 3b (2) Rn. 185; v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 III 2a (4) Rn. 137; Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (773); Coester, FS Heldrich, S. 537 (541). Aus der Rspr.: KG, IPRax 1987, 33 (34); OLG Koblenz, IPRspr. 1971 Nr. 37a. 338 Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (133): „Unangemessen ist es, in einer solchen auf die Begründung einer Statusbeziehung gerichteten Handlung lediglich einen abgeschlossenen Sachverhalt zu sehen, der von einem Statutenwechsel unberührt bleibt.“ Auch v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 IV 3b (2) Rn. 185: „Es handelt sich hier um ein Billigkeitsrecht, das im Gewande des IPR dem strengen Sachrecht die Spitze abzubrechen versucht.“
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len Entscheidungseinklangs339. Nicht zuletzt wird freilich der Grundsatz des Vertrauensschutzes bemüht340. Mancherorts lässt sich auch keine fundierte Begründung finden341. In neuerer Zeit wird speziell unter dem Blickwinkel des Art. 6 I GG argumentiert. So würde es mit dem Schutzgedanken des Art. 6 I GG unvereinbar sein, wenn man auf Mängel bestünde, die aufgrund des Eintretens rechtserheblicher Tatsachen längst überholt wären342. Zwar rechtfertige ein bloßer Staatsangehörigkeitswechsel und die Anerkennung der Ehe nach dem neuen Heimatrecht – wie es zum Teil in der älteren Lehre vorgegeben wurde343 – für sich genommen keine Heilung, träten jedoch die folgenden Umstände hinzu, müsse eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unwandelbarkeit des Eheschließungsstatuts zugelassen werden: Danach sei für die statusrechtliche Heilung einer materiell ungültigen Ehe zunächst ein vollständiger, durch die eheliche Lebensführung dokumentierter Bruch zwischen der Person und ihrem bei Eingehung der Ehe verletzten Personalstatut erforderlich344. Jene völlige Loslösung vom alten Heimatrecht manifestiere sich in der Aufgabe des ursprünglichen Lebensmittelpunktes, wobei zur Änderung des gewöhnlichen Aufenthaltes ein Verlust der zum Zeitpunkt der Trauung bestehenden Staatsangehörigkeit hinzutreten müsse345. Auf diese Weise verlöre die invalidierende Rechtsordnung jeglichen Kontakt zu der Ehe mit der 339
So Rahm/Künkel/Breuer, VIII Rn. 186. Kropholler, IPR, § 44 I 2 (S. 332), § 27 II 3c (S. 192 f.); v. Bar/Mankowski/ Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 IV 3b (2) Rn. 185; Bamberger/Roth/Otte, Art. 13 EGBGB Rn. 60. 341 Insbesondere Palandt/Heldrich, Art. 13 EGBGB Rn. 4; Erman/Hohloch, Art. 13 EGBGB Rn. 35; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 5 Rn. 108, § 8 Rn. 12. 342 Sturm, FS Jahr, S. 497 (505). Zustimmend MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 18; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 91; Siehr, IPRax 2007, 30 (34); wohl auch Bamberger/Roth/Otte, Art. 13 EGBGB Rn. 57. 343 Siehe insbes. Raape, IPR, § 27 II 2 (S. 243 f.); Nussbaum, Deutsches Internationales Privatrecht, § 22 I d (S. 135); Beitzke, JZ 1959, 123 (125); Frankenstein, IPR, S. 187 f. 344 Looschelders, Art. 13 EGBGB Rn. 8; Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 120; Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (144 f.); ders., IPRax 2007, 30 (34) im Zusammenhang mit der Befürwortung einer Ausnahmeregelung im Rahmen des zukünftigen Europäischen Internationalen Familienrechts; ders., IPRax 1987, 19 (21); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 95; v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 IV 3b (2) Rn. 185; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 19; Bungert, StAZ 1993, 140 (145). Aus der Rspr. auch KG, IPRax 1987, 33 (34 m.w. N.). Der BGH lässt einen einseitigen Statutenwechsel generell nicht genügen, da evtl. in die Rechtsstellung des anderen Partners eingegriffen werde, vgl. BGHZ 27, 375 (380); zustimmend Beitzke, JZ 1959, 123 (125). 345 Bei Mehrstaatern sei es notwendig, dass die nach Art. 5 I EGBGB effektive Staatsangehörigkeit aufgegeben wird. Sollte es sich allerdings im konkreten Fall um Staatenlose oder Flüchtlinge handeln, so würde ein Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes oder des Wohnsitzes genügen, MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 19. 340
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Folge, dass die Anwendung ihrer Normen nicht mehr gerechtfertigt sei346. Hingegen wäre der Voraussetzung des vollständigen Bruchs mit dem alten Heimatrecht durch einen Partner dann nicht Genüge getan, wenn es sich um die für beide Betroffenen gemäß Art. 13 I EGBGB maßgebende Rechtsordnung handelt, die verletzt ist. Dann, so betonen die Anhänger der Lehre, müssten die an eine heilende Wirkung des Statutenwechsels zu stellenden Anforderungen in Bezug auf beide Personen erfüllt sein347. Weiterhin sei Bedingung, dass das nach dem Statutenwechsel entscheidende Recht die Ehe als gültig betrachtet348 und es sich hierbei um ein „gelebtes“ Statut handelt. Letzteres sei zu bejahen, wenn beide Partner unter dem Heilungsstatut tatsächlich als Eheleute zusammenleben, indem sie dort ihren neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründen349. Das soll auch dann gelten, wenn das ursprüngliche Personalstatut nur eines Verlobten verletzt war350. Für eine Heilung werden demnach sowohl der Erwerb einer neuen Nationalität als auch eines neuen Lebensmittelpunktes unter dem validierenden Statut verlangt351. Sollten jene Anforderungen im Konkreten erfüllt sein, würde dem Statutenwechsel rückwirkend auf den Zeitpunkt der Trauung heilende Wirkung zukommen352. Nur für den Fall, dass schützenswerte Rechtspositionen Dritter im Zu346
Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (144). Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 95; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 19. 348 Ein evtl. zwischenzeitig neu gewonnenes, mittlerweile aber wieder aufgegebenes Personalstatut soll außer Betracht bleiben; für die Bewertung der Ehegültigkeit komme es deshalb allein auf die Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung an, MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 20; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 98. Siehr erklärt in GS Ehrenzweig, S. 129 (143, 149) nicht das neue Personalstatut, sondern das Ehewirkungsstatut nach Art. 14 I EGBGB zum Heilungsstatut. Indes zieht er in späteren Veröffentlichungen – ohne Bezugnahme auf seine abweichende frühere Ansicht – das neue Heimatrecht der Verlobten, vgl. IPRax 1987, 19 (21), oder das Recht ihres geänderten gewöhnlichen Aufenthalts, IPRax 2007, 30 (34), als Heilungsstatut heran. 349 Erman/Hohloch, Art. 13 EGBGB Rn. 35; v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 IV 3b (2) Rn. 185; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 19; Bungert, StAZ 1993, 140 (145). Siehr versteht das Zusammenleben „unter“ dem Heilungsstatut – im Gegensatz zu den übrigen Vertretern dieser Meinung – nicht als territoriale Lokalisierung, sondern als zeitliche Fixierung, Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (150 mit Fn. 87). 350 MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 19. 351 Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (145); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 95; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 19; OLG München, StAZ 1993, 151 (152), allerdings trennt das Gericht nicht klar zwischen der Heilung durch Statutenwechsel bei materiell oder formell ungültiger Ehe. An dem gemeinsamen Erwerb einer neuen Staatsangehörigkeit scheiterte die Heilung z. B. in LG Stuttgart, IPRspr. 1966/67 Nr. 75. 352 MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 20; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 98. Andrae befürwortet eine Heilung ex nunc, also ab dem Augenblick des Statutenwechsels, vgl. AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 13. 347
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sammenhang mit der Ungültigkeit der Ehe unter dem alten Personalstatut entstanden sind, sollen die Interessen der Betroffenen an einer rechtlichen Eingliederung in ihr neues Statut keinen Vorrang gegenüber den mit der unwandelbaren Anknüpfung des Art. 13 I EGBGB verfolgten Interessen an Statussicherheit und -beständigkeit genießen353. Zum Teil wird auch eine Lösung über die unselbständige Anknüpfung der Vorfrage anstelle der Heilung durch Statutenwechsel bevorzugt, soweit sich dies im Einzelfall anbietet354. Diesbezüglich ist jedoch zu bedenken, dass die Lehre von der Heilung durch nachträglichen Statutenwechsel freilich den Vorteil hat, dass sie eine generelle Klärung des Ehebestandes – und nicht nur bzgl. einzelner Ehewirkungen – herbeiführt355. c) Der Sonderfall der antizipierenden Anknüpfung Eine auch von Gegnern der Heilung durch Statutenwechsel i. R. d. Art. 13 I EGBGB anerkannte Ausnahme zu der von ihnen vertretenen Unwandelbarkeit des Eheschließungsstatuts stellt die sog. antizipierende Anknüpfung an das zukünftige, noch zu erwerbende Heimatrecht dar356. Erstmals von Kegel vorgeschlagen357 würde hier das Problem des Statutenwechsels gar nicht erst zur Entstehung gelangen, da die Beurteilung der Wirksamkeit der Eheschließung von Anfang an der Rechtsordnung unterliegen soll, die das Bestehen ein- oder zweiseitiger Ehehindernisse verneint. Dieser Weg soll zu hinreichend genau voraussehbaren Ergebnissen führen und Unklarheiten bei einer später eintretenden Änderung vermeiden. Eine antizipierende Anknüpfung könne allerdings nur unter engen Voraussetzungen bemüht werden, nämlich dann, wenn die Interessen an 353 Als Beispiel hierfür wird auf die Rechte eines Partners aus einer konkurrierenden früheren Ehebeziehung hingewiesen, vgl. Siehr, IPRax 1987, 19 (21); AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 13; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 20; MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 685. 354 AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 13; Kropholler, IPR, § 27 II 3c (S. 193); Böhmer, FS Firsching, S. 41 (48 ff.); Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (141), aber als „letzte Notlösung“. 355 So auch MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 20. Die unselbständige Vorfragenanknüpfung bewirkt keine Heilung der Nichtehe im Status, vgl. schon den Zweiten Teil, C.I.1. (S. 115). 356 Als Vertreter der antizipierenden Anknüpfung, die eine Heilung durch Statutenwechsel ablehnen, sind insbes. Soergel/Kegel11., Art. 13 EGBGB Rn. 41 m.w. N.; Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 35; Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht, S. 203; Böhmer, FS Firsching, S. 41 (48); Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 150 ff. zu nennen. Von der Seite der Befürworter einer Heilung durch Statutenwechsel, die auch eine vorweggenommene Anknüpfung zulassen wollen, vgl. v. a. Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 93; Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (140 f.); MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 685; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 20. 357 Soergel/Kegel11., Art. 13 EGBGB Rn. 41 m.w. N.
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der grundsätzlich maßgeblichen Anknüpfung des Art. 13 I EGBGB so geschwunden sind, dass keine Berechtigung mehr zu ihrer Anwendung bestünde und darüber hinaus das Ordnungsinteresse des Rechtsverkehrs an kontinuierlicher Rechtsanwendung nicht schützenswert wäre358. Das sei der Fall, wenn sich die Partner bei Eingehung der Ehe mit dem Land der erstrebten Staatsangehörigkeit bereits derart verbunden fühlen, dass „die Brücke nach rückwärts abgebrochen“ ist. Sodann wirke nach Kegel die künftige Anknüpfung vorweg, weshalb antizipierend an das Recht der neuen Staatsangehörigkeit anknüpft werden soll359. Diese der Heilungskonstruktion durch Statutenwechsel ähnliche Heilungsvariante soll nicht nur auf die vergangenen Fälle ungültiger Heiraten späterer Israelis in einem Lager während der Reise nach Israel Berücksichtigung finden360, sondern müsse nach den befürwortenden Stimmen in der Literatur auch bei vergleichbaren Interessenlagen zur Geltung kommen. Wesentlich sei dabei, ob im Zeitpunkt der Trauung der gemeinsame Wechsel zu einem neuen Personalstatut unmittelbar bevorstand und das Paar infolge des Umstandes, dass es sich an das neue Recht gebunden fühlte, schon alle Verbindungen zum früheren Statut abgebrochen und die Heirat dem angestrebten Heimatrecht angepasst hat361. Im Konkreten soll dies neben den Eheschließungen, bei denen sich die Betroffenen auf der Durchreise in den zukünftigen Heimatstaat befanden und
358 Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 35; ders., FS Kegel, S. 549 (594 f.); Soergel/Kegel11., Art. 13 EGBGB Rn. 41. Diesen Ansprüchen soll nach der Meinung Kegels der so zahlreich zitierte kanadische Fall „Schwebel v. Ungar“, vgl. D.L.R. (2d) 467 (Ont. H.C. 1963), 42 D.L.R. (2d) 622 (Ont. H.C. 1983) = Rev. crit. 54 (1965), S. 321, zitiert nach Siehr, IPRax 2007, 30 (32 mit Fn. 24), gerecht werden. 359 Soergel/Kegel11., Art. 13 EGBGB Rn. 41 m.w. N. 360 Vgl. die zugrunde liegenden Sachverhalte bei OLG Koblenz, IPRspr. 1988 Nr. 62; LG Stuttgart, FamRZ 1969, 542; LG Stuttgart, FamRZ 1968, 197. Darauf Bezug nehmend auch Soergel/Kegel11., Art. 13 EGBGB Rn. 41; Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 35; Böhmer, FS Firsching, S. 41 (48); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 93. 361 Hinsichtlich der damit geforderten rechtlichen Gestaltung der Trauung gemäß dem künftigen Heimatrecht – vgl. Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 35; MüKo/ Schwimann2., Art. 13 EGBGB Rn. 16; ähnlich auch Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (140 f.) – ist anzumerken, dass die Parteien hierauf nur in bestimmtem Umfang Einfluss nehmen können, nämlich vorrangig dann, wenn es um die Form der Eheschließung geht. Deshalb verwundert es nicht, dass sich die von den Autoren angegebenen Beispiele im Bereich der Form bewegen, oft aber auch i. R. v. Art. 11 I Fall 1 EGBGB. Damit kommt Art. 13 I EGBGB zur Anwendung. Vgl. hierzu auch das Urteil des OLG Koblenz vom 7. 7. 1988, abgedruckt in IPRspr. 1988 Nr. 62, dem ein Entschädigungsrechtsstreit zugrunde lag. Im Konkreten handelte es sich um eine formwidrige Trauung einer jüdischen Ungarin und eines Tschechoslowaken, die bereits im Zeitpunkt der Eheschließung beabsichtigten, ein gemeinsames Leben in der Tschechoslowakei zu führen. Da das Gericht die Voraussetzungen für eine antizipierende Anknüpfung als erfüllt ansah, knüpfte es an das tschechoslowakische Recht an, nach dem die Ehe rechtsgültig war. Somit trat eine Heilung der formungültigen Auslandsehe ein.
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dort angekommen, freiwillig die entsprechende Nationalität annahmen, auch diejenigen Trauungen betreffen, bei denen ein Partner durch die Eheschließung automatisch die Staatsangehörigkeit des anderen erwarb362. Des Weiteren soll nach zum Teil vertretener Ansicht sogar der Sachverhalt einbezogen werden, bei dem die Beteiligten im Augenblick der Heirat ihren Lebensmittelpunkt bereits im künftigen Heimatstaat hatten und es im Rahmen des schon laufenden Einbürgerungsverfahrens nur noch des anschließenden Wechsels der Nationalität bedurfte363. Dass auch Gegner der Heilung durch Statutenwechsel ein Abweichen vom Grundsatz der Unwandelbarkeit des Eheschließungsstatuts aufgrund der antizipierenden Anknüpfung an das zukünftige Heimatrecht als gerechtfertigt ansehen, soll folgendem signifikanten Unterschied geschuldet sein: Während bei der Heilungskonstruktion durch Statutenwechsel der Wechsel der Nationalität und des Lebensmittelpunktes nicht unmittelbar bevorsteht, die Beteiligten mithin im Zeitpunkt der Heirat ihren späteren Lebenswandel oftmals noch nicht vorhersehen, ist die Auswanderung bei den Sachverhalten, die die vorweggenommene Anknüpfung erfassen will, im Moment der Eheschließung bereits geplant. Aus diesem Grund soll die Einschätzung der Ehegültigkeit im Fall einer antizipierenden Anknüpfung von Anfang an dem neuen Heimatrecht obliegen, während sie bei der Heilung durch nachträglichen Statutenwechsel später erst rückwirkend nach dem erworbenen Heimatrecht neu beurteilt wird. Damit käme es allerdings zur Ignorierung des kollisionsrechtlichen Interesses an Anwendung des bisher maßgeblichen Rechts364. d) Rechtsdogmatischer Hintergrund für die Gewährung einer Ausnahme von der grundsätzlichen Unwandelbarkeit des Art. 13 I EGBGB Sucht man nach einer tragfähigen methodischen Begründung für das ausnahmsweise geforderte Abweichen von der grundsätzlichen Unwandelbarkeit des Eheschließungsstatuts im Fall der Heilung der Ehe durch nachträglichen Statutenwechsel oder des Sonderfalls der antizipierenden Anknüpfung, so stößt man in der Literatur auf am Sinn und Zweck des Art. 13 I EGBGB orientierte Erwägungen. Vornehmlich zu der Heilungskonstruktion durch nachträglichen Statutenwechsel wird ausgeführt, dass bestimmte Ausnahmekonstellationen existieren würden, bei denen der mit der unwandelbaren Anknüpfung verfolgte Gesetzeszweck gegenstandslos geworden sei365. 362 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 93; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 20 mit Fn. 64. 363 MüKo/Schwimann2., Art. 13 EGBGB Rn. 16; Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 150, 156. 364 Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (141); Böhmer, FS Firsching, S. 41 (48); Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 150 f.
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Die Annahme, dass die kollisionsrechtliche Verweisung auf das Statut, welches das Recht nicht mit der gewünschten Wirkung entstehen lässt, für besondere Fallgestaltungen nicht passgerecht und deshalb korrekturbedürftig sei, stellt sich rechtsdogmatisch als teleologische Reduktion der Kollisionsnorm dar366. Obschon nur vereinzelt, lässt sich derselbe Ausgangspunkt auch für die vorweggenommene Anknüpfung an das angestrebte Heimatrecht finden367. Jene Figur der teleologischen Reduktion will den Anwendungsbereich einer Norm entgegen ihrem Wortlaut, aber auf den durch ihren Zweck geforderten Umfang begrenzen, wenn die immanente Teleologie des Gesetzes es erfordert. Dieses Mittel der Rechtsfortbildung stellt das Gegenstück zur Analogie dar, da bei der teleologischen Reduktion der strittige Fall zwar unter den Wortlaut der Norm fällt, vom Gesetzeszweck jedoch nicht erfasst werden soll368. Voraussetzung ist, dass die ratio legis eindeutig ermittelt ist und sie ohne Korrektur in einem Teil der Fälle verfehlt werden würde oder ein schwerwiegender Wertungswiderspruch bzw. eine offenbare Ungerechtigkeit nicht zu vermeiden wären369. Allerdings darf eine teleologische Reduktion nicht zu einem Verstoß gegen die erklärte gesetzgeberische Wertung führen370. In Anwendung dieser Maßstäbe ist also vorerst die ratio legis des Art. 13 I EGBGB herauszuarbeiten, um anschließend hinterfragen zu können, ob die unter dem Stichwort der Heilung durch Statutenwechsel und der antizipierenden Anknüpfung diskutierten Sachverhalte vom Regelungsbereich des Eheschließungsstatuts entsprechend dem Gesetzeszweck herauszunehmen sind. aa) Ratio legis des Art. 13 I EGBGB Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass sich die Anwendung des Heimatrechts eines jeden Verlobten gemäß Art. 13 I EGBGB aus den allgemei365 Kropholler, IPR, § 27 II 3c (S. 193); Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (773); MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 18; MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 684. 366 So ausdrücklich auch Kropholler, IPR, § 27 II 3c (S. 193); MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 684, 686; Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (773). 367 MüKo/Schwimann2., Art. 13 EGBGB Rn. 16; Münzer, Handeln unter falschem Recht, S. 98. 368 Schmalz, Methodenlehre für das juristische Studium, Rn. 402; Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, C.III. (S. 69). 369 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 4 V 1b Rn. 81; Larenz/Canaris, Methodenlehre, Kapitel 5, 2c (S. 210 ff.). 370 Brandenburg, Die teleologische Reduktion, S. 71 unter Verweis auf BVerfGE 35, 263 (280), wonach eine contra legem-Auslegung zu bejahen ist, wenn „einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz ein geradezu entgegengesetzter, das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlender oder verfälschender Sinn gegeben würde und [es sich daher] um einen verfassungsrechtlich unhaltbaren Eingriff in die Kompetenz des Gesetzgebers [handeln würde]“.
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nen, die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit in personen-, erb- und familienrechtlichen Angelegenheiten tragenden Erwägungen rechtfertigt371. Die damit angesprochene Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers zugunsten des Staatsangehörigkeitsprinzips anstelle des Aufenthaltsprinzips im deutschen Kollisionsrecht beruht auf folgenden Erwägungen: Im Rahmen der genannten Rechtsgebiete werden überwiegend Grundfragen der persönlichen Existenz eines Menschen geregelt. Nach der gesetzgeberischen Einschätzung müsse daher die Wahl der Anknüpfung auf eine Rechtsordnung fallen, mit der die Betroffenen persönlich am engsten verbunden sind. Dieses Parteiinteresse würde durch die Maßgeblichkeit der Staatsangehörigkeit am besten verwirklicht werden, da der gewöhnliche Aufenthalt nicht notwendig das Entstehen persönlicher Beziehungen zu dem Recht des Lebensmittelpunktes nach sich zieht372. Des Weiteren sei die jeweilige Nationalität gegenüber dem gewöhnlichen Aufenthalt im Zweifelsfall leichter nachzuweisen und ein etwaiger Wechsel könnte in zeitlicher Hinsicht genau bestimmt werden. Infolgedessen handele es sich bei dem Staatsangehörigkeitsprinzip gemäß der Wertung des Gesetzgebers um eine stabilere und weniger der Manipulation unterworfene Anknüpfung373. Dies ist freilich vor allem im Internationalen Familienrecht von entscheidender Bedeutung, schließlich geht es dort um die Begründung oder Änderung von Dauerrechtsverhältnissen374. Fernerhin würde die Staatsangehörigkeit nach der Ansicht des Normgebers im Regelfall geringeren Veränderungen unterliegen, was eine größere Kontinuität der Anknüpfung sichert375. Insgesamt werden somit Ordnungsinteressen an einem leicht und eindeutig feststellbaren sowie beständigen Anknüpfungspunkt erkennbar376. Da außerdem das Staatsangehörigkeitsprinzip in den Rechtsordnungen der Welt stark verbreitet ist, wird laut Gesetzesbegründung mit diesen Staaten eine Entscheidungsharmonie herbeigeführt377. Es ist auch dieser zwischen dem deutschen Recht und dem ausländischen Heimatrecht der Betroffenen bestehende internationale Entscheidungseinklang, der speziell im Zusammenhang mit Art. 13 I EGBGB durch den Gesetzgeber als Regelungszweck gesondert aufgeführt wird. Überdies sollen Stabilitätsinteressen sowie die angestrebte Vermeidung hinkender Ehen die Anknüpfung an die
371
BT-Drucks. 10/504, S. 52. BT-Drucks. 10/504, S. 30 f. 373 BT-Drucks. 10/504, S. 31; vgl. auch Rahm/Künkel/Breuer, VIII Rn. 186 m.w. N. 374 v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 5 Rn. 14. 375 BT-Drucks. 10/504, S. 31; siehe auch v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 5 Rn. 13. 376 Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 79; Palandt/Heldrich, Einl v Art. 3 EGBGB Rn. 19. 377 BT-Drucks. 10/504, S. 31. 372
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Heimatrechte der Verlobten rechtfertigen378. Im Konkreten sind damit hinkende Inlandsehen gemeint, denn der Gesetzgeber verweist in diesem Kontext auf die weite Verbreitung des Staatsangehörigkeitsprinzips in den kontinentaleuropäischen Herkunftsländern der im Inland befindlichen Ausländer und der dadurch gewonnenen äußeren Entscheidungsharmonie379. bb) Begrenzung des Eheschließungsstatuts entsprechend dem Gesetzeszweck? Fraglich ist nun, ob auch im Fall des Erwerbs einer neuen Nationalität unter gleichzeitigem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts die Anwendung des Eheschließungsstatuts aufgrund dieser dem Art. 13 I EGBGB zugrunde liegenden Interessen – also Partei-, Ordnungs- und Stabilitätsinteressen sowie der bezweckte internationale Entscheidungseinklang – gerechtfertigt ist. Fällt das Ergebnis dieser Überlegung negativ aus, so ist von der Heranziehung des Art. 13 I EGBGB abzusehen und die so entstandene Lücke durch eine vom Gesetzeszweck geforderte Einschränkung mittels einer Ersatzlösung zu füllen380. Was zunächst das Ordnungsinteresse an einem leicht und eindeutig feststellbaren Anknüpfungspunkt betrifft, so stünde eine Berücksichtigung der erst später angenommenen Nationalität diesem Zweck nicht entgegen, bliebe doch weiterhin die Staatsangehörigkeit das festzustellende Anknüpfungsmoment, so dass es keinen Unterschied machen kann, ob sich die Prüfung auf die Nationalität unmittelbar vor der Eheschließung oder auf eine später angenommene bezieht. Gleichermaßen spricht auch das gesetzgeberische Interesse an einem stabilen Anknüpfungspunkt nicht gegen die Gestattung einer Ausnahme von dem Unwandelbarkeitsgrundsatz, denn wenn der Normgeber das Staatsangehörigkeitsprinzip im Personen-, Familien- und Erbrecht dem Aufenthaltsprinzip vorzieht – um der Tatsache des Eintritts der in diesem Bereich geringer eintretenden Veränderungen Rechnung zu tragen – dann impliziert das nicht gleichzeitig, dass er Änderungen generell nicht akzeptiert. Vielmehr wird im Sinne der Rechtssicherheit bezweckt, dass Änderungen soweit wie möglich reduziert werden381. Erfahrungsgemäß ist dies bei der Nationalität weitaus eher der Fall als bei dem Lebensmittelpunkt einer Person. Mit der Anknüpfung der materiellen Eheschließungsvoraussetzungen an die Staatsangehörigkeit der Verlobten wird – wie bereits dargelegt – auch das Parteiinteresse typisiert. Dieses Interesse an der Maßgeblichkeit des Rechts, mit 378
BT-Drucks. 10/504, S. 52. Vgl. Fn. 378. 380 Larenz/Canaris, Methodenlehre, Kapitel 5, 2c, e (S. 210 ff., 220). 381 Überzeugend Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 95. 379
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dem die Beteiligten sich persönlich am engsten verbunden fühlen, wird regelmäßig nicht das ehemalige, sondern das aufgrund der hierzu entwickelten Nähebeziehung jeweils aktuelle Heimatrecht betreffen. Jene Verbundenheit drückt sich neben der freiwilligen Annahme der entsprechenden Staatsangehörigkeit auch durch den dort gewählten Lebensmittelpunkt aus. Überdies wird die Heimatverbundenheit bei den Sachverhalten, die der antizipierenden Anknüpfung zugrunde liegen, durch die Orientierung der Trauung an den Vorschriften ihrer künftigen Rechtsumwelt deutlich. Bei einer späteren Prüfung der Ehegültigkeit wird es deshalb den Partnern daran gelegen sein, dass das zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Heimatrecht – und nicht das bei der Eheschließung noch geltende Personalstatut – bestimmend ist. Würde man nichtsdestotrotz an das nur noch formal bestehende ursprüngliche Heimatrecht anknüpfen, würde dies dem im Internationalen Familienrecht im Interesse der Parteien verfolgten Prinzip der Anknüpfung an die engste Verbindung zuwider laufen. Mithin würde genau das Gegenteil von dem eintreten, was der Normzweck des Art. 13 I EGBGB erreichen will. Der Umstand, dass im Fall des automatischen Staatsangehörigkeitserwerbs das neue Personalstatut nicht zwingend das Recht der engsten Verbindung kennzeichnet382, ist hier vernachlässigenswert, da die Zahl der Staaten, bei denen eine Frau kraft Gesetzes aufgrund der Heirat mit einem Angehörigen dessen Nationalität erwirbt, erheblich gesunken ist383. Ohnehin beziehen sich die im Schrifttum und in der Rechtsprechung behandelten Fälle meist auf die freiwillige Annahme einer neuen Staatsangehörigkeit. Stabilitäts- bzw. Kontinuitätsinteressen der Partner, d.h. das Interesse an der Fortgeltung einer einmal aufgestellten Norm und der damit gleichbleibenden Behandlung des Rechtsverhältnisses nach derselben Rechtsordnung384, würden nicht berührt sein, wenn man eine Ausnahme von dem Unwandelbarkeitsgrundsatz des Eheschließungsstatuts gestattet. Dass nämlich die Betroffenen möglicherweise auf die Rechtslage vertrauen, die bei Anwendung des ursprünglichen Heimatrechts besteht, ist zwar grundsätzlich denkbar385, doch kann dies nicht 382 In den Fällen des Staatsangehörigkeitserwerbs aufgrund einer Eheschließung fehlt es daher – zumindest zunächst – an dem Parteiinteresse derjenigen Person, die die Nationalität lediglich kraft Gesetzes erwarb, vgl. Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 97 ff. 383 Einen automatischen Staatsangehörigkeitserwerb durch Heirat schreiben z. B. noch der Iran (§ 976 Nr. 6 des ZGB, vgl. Bergmann/Ferid/Henrich/Enayat, Iran, S. 13) und die Elfenbeinküste (Art. 12 des Gesetzes Nr. 61-415 vom 14. 12. 1961, abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Henrich/Hecker, Elfenbeinküste, S. 3) vor. 384 Dethloff, StAZ 2006, 253 (255); v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 5 Rn. 13; Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 104; Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht, S. 199, 202: Die Kontinuität ist Voraussetzung für die Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit der Beurteilung von Rechtsverhältnissen und damit der Rechtssicherheit überhaupt.
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für die hier zur Diskussion stehenden Fallkonstellationen angenommen werden, denn die Partner werden wohl kaum ein Interesse an stabiler Bewertung der Ehe als fehlerhaft haben, sofern sie weiterhin wie Ehepartner zusammenleben. Vielmehr werden sie an den rechtlichen Vergünstigungen, die mit der Ehe zusammenhängen, Teil haben wollen. Ein Erstarken zur vollgültigen Ehe unter dem neuen Heimatrecht würde somit nicht ihren Interessen widersprechen. Im Übrigen ist es gerade typisch, dass das neue Statut zum Lebensmittelpunkt der Ehegemeinschaft geworden ist386. Folglich vertrauen die Beteiligten auf die Wirksamkeit ihrer Verbindung trotz tatsächlich ungültiger Ehe nach dem ursprünglichen Personalstatut. Demgegenüber wird ein Stabilitätsinteresse der Betroffenen nur dann gegeben sein, wenn sie inzwischen jeweils mit anderen Partnern – möglicherweise schon in einer Zweitehe – zusammenleben387. Diese Veränderung könnte dann jedoch über das – zu der Heilung durch Statutenwechsel entwickelte – einschränkende Kriterium des „Schutzes von Rechtspositionen Dritter“388 Berücksichtigung finden mit der Folge, dass keine Ausnahme von dem Unwandelbarkeitsgrundsatz des Eheschließungsstatuts zuzulassen ist. Insgesamt bestehen daher keine Interessen der Partner an einer Kontinuität der Anknüpfung gemäß Art. 13 I EGBGB. Letztlich dürfte der internationale Entscheidungseinklang zwischen dem deutschen Recht und dem ausländischen Heimatrecht nicht gestört sein. Besitzen die Partner zunächst die deutsche, später jedoch eine ausländische Nationalität, mit der Konsequenz, dass sie aus der Sicht des jeweils fremden Staates gültig verheiratet sind, so wird bei Beachtung des Statutenwechsels eine äußere Entscheidungsharmonie mit dieser Rechtsordnung erzielt. Die Annahme einer Heilung würde das Vorliegen einer hinkenden Auslandsehe vermeiden, der externe Entscheidungseinklang wäre nicht gestört. Handelt es sich hingegen um Nichtdeutsche, die eine materiell ungültige Ehe nach ihrem Heimatrecht gemäß Art. 13 I EGBGB geschlossen haben, und treten die ausländischen Partner danach durch Staatsangehörigkeits- und Aufenthaltswechsel zu einer neuen Rechtsordnung in Beziehung, kann eine Entscheidungsharmonie typischerweise nur mit einem der betroffenen Rechte erzielt werden. Mit dem gegenwärtigen Heimatstaat einen Entscheidungseinklang zu bewirken, erscheint mit Blick auf die Aktualität 385 Dafür: Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 104 ff., die die Einbürgerung von Ausländern in Deutschland, darüber hinaus eine solche von Deutschen im Ausland sowie die Einbürgerung von Ausländern in einem Drittstaat eingehend betrachtet. 386 Vgl. bereits die Ausführungen unter dem Zweiten Teil, C.II.1.b) (S. 123), wonach Voraussetzung für die Heilung durch Statutenwechsel das Vorliegen eines „gelebten Statuts“ ist. 387 Siehe Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 107. 388 Vgl. hierzu schon den Zweiten Teil, C.II.1.b) (S. 123 f.).
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wichtiger389. Auch ließen sich auf diesem Weg das Entstehen hinkender Inlandsehen vermeiden, welches ausweislich der Gesetzesbegründung gerade ein Anliegen des Gesetzgebers ist390. Demzufolge stünde die angestrebte internationale Entscheidungsharmonie der Berücksichtigung einer nach der Trauung erworbenen Staatsangehörigkeit nicht entgegen. Im Ergebnis ist sonach festzustellen, dass die ratio legis des Art. 13 I EGBGB es nicht verbietet, die hier zur Diskussion stehenden Sachverhalte gesondert zu behandeln. Vielmehr wäre ein Festhalten an der Unwandelbarkeit des Eheschließungsstatuts zwecklos391, da die mit dem Eheschließungsstatut verfolgten Interessen unter den genannten Umständen aufgrund ein sog. Interessenschwundes392 nicht tangiert und damit nicht verletzt sind. cc) Kein Verstoß gegen die klare Wertentscheidung des Gesetzgebers Indes dürfte von der Anwendung der Kollisionsnorm unter Entwicklung einer Ersatzlösung ausnahmsweise nur dann abgesehen werden, wenn die teleologische Reduktion nicht zu einem Verstoß gegen die erklärte gesetzgeberische Wertung führt393. Das wäre zu bejahen, sofern eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, einen Statutenwechsel nur zuzulassen, soweit er normiert ist, erkennbar wäre. Eine spezielle Regelung für die Problematik des Wechsels eines Anknüpfungspunktes hält beispielsweise Art. 26 V 1 EGBGB bereit. Aus den Gesetzesmaterialien zum IPR-NeuregelungsG geht ausdrücklich hervor, dass sich die Regelung des Statutenwechsels „der Feinabstimmung“ des IPR entziehen würde, denn eine diese Thematik betreffende Vorschrift ginge über bloße Leerformeln nicht hinaus394. Der Gesetzgeber empfand eine allgemeine Festlegung nicht für erstrebenswert, da inzwischen auch die Rechtsprechung im Anschluss an die Lehre zu individualisierenden Ergebnissen tendiert. Aus diesem Grund hätte der besagte Entwurf von einer Regelung der mit einem Wechsel der Anknüpfungspunkte verbundenen Problematik im Gegensatz zu § 7 des österreichischen IPR-Gesetzes abgesehen395. Wenngleich damit nicht ausdrücklich der Staatsangehörigkeitswechsel nach vollzogener Eheschließung angesprochen ist, so kann aus den allgemeinen For389 So auch Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 94 f. 390 Siehe bereits den Zweiten Teil, C.II.1.d)aa) (S. 128 f. mit Nachweis in Fn. 378). 391 Zutreffend Münzer, Handeln unter falschem Recht, S. 91. 392 Schurig, Kollisionsnorm und Sachrecht, S. 202. 393 Siehe bereits die Ausführungen unter dem Zweiten Teil, C.II.1.d) (S. 127). 394 BT-Drucks. 10/504, S. 32. 395 BT-Drucks. 10/504, S. 32.
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mulierungen dennoch geschlossen werden, dass im Falle des Statutenwechsels der Weg für die Entwicklung einer den Bedürfnissen angepassten Lösung durch den Gesetzgeber nicht versperrt, sondern vielmehr eröffnet ist. Eine teleologische Reduktion des Art. 13 I EGBGB führt sonach nicht zu einer Verletzung der erklärten gesetzgeberischen Wertung. dd) Fazit Die i. R. d. Art. 13 I EGBGB zur Begründung der Heilung durch Statutenwechsel und der antizipierenden Anknüpfung verschiedentlich ins Feld geführte notwendige Rechtsfortbildung mit Hilfe einer teleologischen Reduktion vermag zu überzeugen. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen liegen nach den vorangegangenen Erwägungen vor. Demzufolge kann die materiell fehlerhafte Ehe unter den dargelegten Anforderungen gemäß dem neu erworbenen Heimatrecht geheilt werden. 2. Heilung durch Staatsangehörigkeitswechsel i. R. d. Art. 13 III EGBGB? Im Folgenden soll untersucht werden, ob eine Heilung der formfehlerhaften Ehe durch nachträglichen Statutenwechsel auch i. R. d. Art. 13 III EGBGB eine vertretbare Lösung darstellt oder ob gegenüber der im Bereich des Art. 13 I EGBGB schlüssigen Argumentation wesentliche Divergenzen auszumachen sind. Für die Beurteilung der formellen Ehegültigkeit ist – wie bei den sachlichen Eheschließungsvoraussetzungen – grundsätzlich der Zeitpunkt der Trauung entscheidend. Somit handelt es sich bei dem Eheschließungsformstatut um eine unwandelbare Anknüpfung396. Gleichermaßen herrscht Konsens darüber, dass eine einmal formgerecht geschlossene Ehe nicht durch einen Statutenwechsel invalidiert werden kann397. „Matrimonium semel validum, semper validum“398. Ob dennoch ein Abweichen von Art. 13 III 1 bzw. S. 2 EGBGB geboten ist, wenn nach der Heirat im Leben der Betroffenen eine Veränderung tatsächlicher Umstände durch den Wechsel der Nationalität und/oder ihres gewöhnlichen Aufenthalts eingetreten ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich bewertet.
396 Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 94; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 514. 397 Vgl. statt aller MüKo/Schwimann2., Art. 13 EGBGB Rn. 93; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 515. 398 Böhmer, FS Firsching, S. 41 (42).
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a) Unterstützende Ansichten aus der Lehre Diejenigen aus dem Schrifttum, die sich im Bereich des Art. 13 I EGBGB für eine Heilung der fehlerhaften Ehe aufgrund eines Statutenwechsels einsetzen, möchten jene Doktrin – mit Ausnahme nur weniger Autoren399 – auch auf den formungültigen Eheschließungsakt anwenden400. Was im Einzelnen die Anforderungen betrifft, so sind keine signifikanten Unterschiede auszumachen. Zugunsten des favor matrimonii soll nachträglich die Heilung der nach deutschem Recht vorliegenden Nichtehe eintreten, sofern die Partner mit ihrem bei Eingehung der Ehe geltenden Personalstatut einen vollständigen Bruch vollzogen haben und sie nach dem Staatsangehörigkeitswechsel unter dem heilenden Statut tatsächlich zusammenleben401. Neben den nach Art. 13 III 1 EGBGB formwidrigen Ehen sollen davon auch jene inländische Eheschließungen profitieren, die vor einer ausländischen ermächtigten Person i. S. v. Art. 13 III 2 EGBGB vollzogen wurden, indes der deutsche Beteiligte nach der Trauung die ausländische Staatsangehörigkeit unter gleichzeitiger Aufgabe seiner eigenen Nationalität erwarb402. Darüber hinausgehend wollen manche Stimmen in der Literatur auch die Konstellationen von der heilenden Wirkung erfasst wissen, bei denen die Betroffenen bereits im Augenblick der Eheschließung die Nationalität des heilenden Staates besaßen, sie später aber – wie es bei den zahlreichen, vor einem nicht ordnungsgemäß ermächtigten Geistlichen geschlossenen Ehen orthodoxer Griechen oder katholischer Spanier der Fall war – in ihren Heimatstaat zurückgekehrt sind403.
399 Obschon eine Heilung durch Statutenwechsel i. R. d. Art. 13 I EGBGB bejahend, bei formungültiger Inlandstrauung dennoch ablehnend: Looschelders, Art. 13 EGBGB Rn. 81; Bamberger/Roth/Otte, Art. 13 EGBGB Rn. 61; Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (773 f.). 400 v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 III 3b (3) Rn. 168 f.; Staudinger/Gamillscheg10./11., Art. 13 EGBGB Rn. 591; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 518; v. Bar/ Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 IV 3b (2) Rn. 183 ff.; Palandt/Heldrich, Art. 13 EGBGB Rn. 25; Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 120; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 167; Coester, FS Heldrich, S. 537 (541); MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 685; Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 49 (indes nur als „ultima ratio“); Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (158 f., 164); ders., IPRax 2007, 30 (34); ders., IPRax 1987, 19 (21), aber unter Entwicklung einer diese Thematik betreffenden Ausnahmeregelung. 401 v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 III 3b (3) Rn. 169; v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 IV 3b (2) Rn. 185; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 518; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 167, 19 f.; Coester, FS Heldrich, S. 537 (541); Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (158, 164); ders., IPRax 2007, 30, (34). Jedoch wird erneut keine heilende Wirkung des Statutenwechsels im Fall des Entgegenstehens schützenswerter Rechtspositionen Dritter angenommen, vgl. MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 167, 20. 402 Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 119.
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Zur Begründung werden oft dieselben Gesichtspunkte wie i. R. d. Art. 13 I EGBGB angeführt: Der deutsche Richter hätte unter den dargelegten Umständen keine Veranlassung, eine derartige Verbindung als ungültig anzusehen404; Art. 6 I GG stelle das Gebot auf, durch Tatsachenveränderung überholte Mängel bei der Bewertung der Ehewirksamkeit nicht weiter zu berücksichtigen405; der Grundsatz des Vertrauensschutzes406 oder reine Billigkeitserwägungen407 würden die Heilung rechtfertigen; das Interesse der deutschen Rechtsordnung an der Wahrung der vorgeschriebenen Inlandsform verflüchtige sich in jenen besonderen Ausnahmefällen408. Vielfach wird auch ein rechtspolitisch verfehlter bzw. fragwürdiger Charakter des Art. 13 III EGBGB in den Vordergrund gestellt409. b) Der ablehnende Standpunkt im Schrifttum Ablehnende Stimmen in der Lehre410 argumentieren vorrangig auf Grundlage des Art. 13 III 1 EGBGB (bzw. Art. 13 III EGBGB a. F.) und dessen tatbestandlicher Ausgestaltung. Anknüpfungsmoment ist dort allein und ausschließlich die Eheschließung im Inland, mithin der Trauungsort. Prinzipiell sind sonach die Staatsangehörigkeit und der gewöhnliche Aufenthalt ohne Bedeutung für das nach Art. 13 III 1 EGBGB berufene deutsche Recht411. Daraus wird die Konsequenz gezogen, dass die Annahme einer neuen Nationalität unter gleich403 Siehe bereits die Ausführungen im Zweiten Teil, C.II. sowie Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (158 f.); MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 685; Sturm, FS Jahr, S. 497 (505). 404 v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 III 3b (3) Rn. 168 f.; v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 IV 3b (2) Rn. 185; Coester, FS Heldrich, S. 537 (541); vgl. auch OLG Koblenz, IPRspr. 1975 Nr. 39. 405 Sturm, FS Jahr, S. 497 (505); MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 167, 18; Siehr, IPRax 2007, 30 (34). 406 v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 IV 3b (2) Rn. 185; Kropholler, IPR, § 44 III 4 (S. 341), § 27 II 3c (S. 192 f.: aber eine Heilung über § 1310 III BGB hinausgehend auf den Ausnahmefall beschränkt). 407 Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (133, 158); v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 IV 3b (2) Rn. 185. 408 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 518. 409 Staudinger/Gamillscheg10./11., Art. 13 EGBGB Rn. 591; Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (158 f.); Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 44 f.; MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 685 („sehr globale Regelung“). 410 Looschelders, Art. 13 EGBGB Rn. 81; Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (773 f.); Soergel/Kegel11., Art. 13 EGBGB Rn. 69; Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 94; Steding, Der rechtliche Schutz nichtstandesamtlich geschlossener Ehen, S. 54 f.; Henrich, IntFamR, § 1 VII (S. 40 f.), der zwischen formell und materiell ungültiger Ehe nicht trennt; Böhmer, FS Firsching, S. 41 (46 ff.); Bamberger/Roth/Otte, Art. 13 EGBGB Rn. 61. 411 MüKo/Schwimann2., Art. 13 EGBGB Rn. 95. Aus der Rspr. LG Bonn, IPRspr. 1992 Nr. 81.
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zeitiger Begründung eines neuen Lebensmittelpunktes von vornherein keinen Einfluss auf den Anknüpfungspunkt des Eheschließungsformstatuts hätte. Schließlich könne von einem Statutenwechsel i. e. S. doch nur dann ausgegangen werden, sofern sich die Anknüpfungstatsache ändere und deshalb bei Anwendung derselben Kollisionsnorm eine andere Rechtsordnung maßgebend werden würde412. Nicht nur, dass es sich bei der Eheschließung um einen einmaligen, abgeschlossenen Vorgang handele413, auch – und das sei entscheidend – wäre das Anknüpfungsmoment des Art. 13 III 1 EGBGB, der Trauungsort im Inland, keiner Veränderung zugänglich414. Würde man dennoch bei einem Wechsel der Staatsangehörigkeit das neue gemeinsame Heimatrecht über die Formgültigkeit der Ehe entscheiden lassen, würde die Annahme der Heilung durch Statutenwechsel nicht auf einer Änderung der Anknüpfungstatsache, sondern auf einer Modifikation der Kollisionsnorm beruhen, da wie i. R. d. Art. 13 I EGBGB auf die Staatsangehörigkeit abgestellt wird415. Dies sei dogmatisch nicht haltbar. Erneut wird auch auf die besondere Konstellation des zeitlich aufeinander folgenden mehrfachen Statutenwechsels hingewiesen416. Ziehen nämlich die Beteiligten nach der formunwirksamen Inlandstrauung mit dem sog. animus non revertendi in den Geltungsbereich des heilenden Statuts und siedeln dann jedoch unter Annahme einer neuen Nationalität in einen Drittstaat über, der die Eheschließung als gegen die Regel „locus regit actum“ nicht anerkennt, müsste entschieden werden, ob nach einer Heilung durch Statutenwechsel – würde man sie denn befürworten – der Grundsatz „semel validum, semper validum“ anzuwenden ist oder ob es einer Differenzierung bedarf417. Rechtsunklarheit entstünde zudem in den Fällen, in denen die Betroffenen nach der Statutenänderung entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nach Deutschland, dem Ort der formwidrigen Eheschließung, zurückkehren. Sodann würde sich die Frage stellen, ob die Ehe weiterhin, d.h. nun auch im Inland als wirksam zu behandeln 412
Vgl. bereits die Ausführungen unter dem Zweiten Teil, C.II.1. (S. 118). Lüderitz, IPR, Rn. 120; Henrich, IntFamR, § 1 VII (S. 40 f.); Steding, Der rechtliche Schutz nichtstandesamtlich geschlossener Ehen, S. 55; Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (773). Aus dem älteren Schrifttum bereits Zitelmann, IPR, Bd. 1, S. 157. 414 Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (774); MüKo/Schwimann2., Art. 13 EGBGB Rn. 95 (indes für die Möglichkeit von Einzelkorrekturen); LG Bonn, IPRspr. 1992 Nr. 81. Auch Staudinger/Gamillscheg10./11., Art. 13 EGBGB Rn. 591, der aber aufgrund des seiner Ansicht nach verfehlten Charakters der Kollisionsnorm eine Heilung befürwortet. 415 Steding, Der rechtliche Schutz nichtstandesamtlich geschlossener Ehen, S. 55; Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (774). Ähnlich Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 94. 416 Siehe bereits die Ausführungen zur Heilung durch Statutenwechsel i. R. d. Art. 13 I EGBGB, Zweiter Teil, C.II.1.a) (S. 120). 417 Böhmer, FS Firsching, S. 41 (47). 413
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ist. Insgesamt würde deshalb die Bejahung der heilenden Wirkung des Statutenwechsels mehr Rechtsunsicherheit als Rechtsklarheit schaffen418. Letztlich wird auf die nur unregelmäßige Verwendbarkeit der Lösung419 sowie auf die Unbestimmtheit der von den Heilungsbefürwortern aufgestellten Kriterien verwiesen. So könne nicht immer mit Gewissheit bestimmt werden, wann ein „vollständiger Bruch“ mit der inländischen Rechtsordnung gegeben ist, schließlich sei eine Rückkehr der Beteiligten nach Deutschland nicht zweifelsfrei auszuschließen420. Ein anschauliches Beispiel hierfür bietet die der sog. Witwenrentenentscheidung des BVerfG421 zugrunde liegende formunwirksame Inlandstrauung einer Deutschen mit einem Briten vor dem englischen Militärgeistlichen: Die Beschwerdeführerin erwarb die englische Staatsangehörigkeit, nachdem sie mit ihrem vermeintlichen Ehemann nach England übergesiedelt ist. Dort begründete sie aus englischer Sicht ihr gesetzliches Domizil als Ehefrau422 und zusammen mit ihrem Partner einen neuen Lebensmittelpunkt. Durch ihren Wohnsitz- und Staatsangehörigkeitswechsel tat die Beschwerdeführerin zugleich offen kund, dass sie sich – wie ihr „Ehemann“ – nunmehr ganz dem englischen Recht unterstellte. Für diese Rechtsordnung waren sie gültig verheiratet. Indessen sind die Betroffenen bereits zwei Jahre nach ihrer Übersiedlung wieder nach Deutschland zurückgekehrt, weshalb höchst fraglich ist, ob die für die Heilung durch nachträglichen Statutenwechsel notwendige Voraussetzung des „dauernden vollständigen Bruchs mit dem deutschen Eheschließungsstatut“ 418
Böhmer, FS Firsching, S. 41 (46 f.). Dies gibt Andrae (in: IntFamR, § 1 Rn. 119 sowie AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 111), die der Heilungsalternative dennoch nicht gänzlich ablehnend gegenübersteht, zu bedenken. Hepting führt als Beispiel die Fälle an, in denen einer der Ehegatten auch deutscher Doppelstaater ist. Art. 5 I 2 EGBGB verhindere dann, dass dem Statutenwechsel kollisionsrechtlich Relevanz zukommt, Hepting, IPRax 1994, 355 (356). 420 Steding, Der rechtliche Schutz nichtstandesamtlich geschlossener Ehen, S. 56. 421 BVerfGE 62, 323. Ausführliche Erörterungen noch unter dem Zweiten Teil, D.II.7. 422 Bis zum 1. 1. 1974 erwarb eine Ehefrau nach englischem Recht mit der Heirat automatisch das Domizil ihres Mannes. Dieses „domicile of dependency“ blieb bestehen, solange die Ehe währte. Erst ab dem 1. 1. 1974 – als Tag des Inkrafttretens des englischen Domicile and Matrimonial Proceedings Act, 1973 – kann die Ehefrau nach sec. 1 I dieses Act ihr eigenes, vom Domizil des Mannes unabhängiges Domizil begründen. Für den dem Witwenrentenbeschluss zugrunde liegenden Sachverhalt lässt sich daher schlussfolgern, dass die Beschwerdeführerin bis 1974 ein vom Domizil ihres vermeintlichen Ehemannes abgeleitetes „domicile of dependency“ inne hatte. Als gebürtiger Engländer hatte dieser sein „domicile of origin“ in England. Im Hinblick darauf, dass er seinen aktiven Militärdienst in der englischen Armee lediglich für einen begrenzten Zeitraum in Deutschland verrichtete, ist davon auszugehen, dass der Mann über keinen „animus non revertendi“ verfügte, weshalb ein Domizilwechsel aus englischer Sicht abgelehnt werden muss. Sonach lag das Domizil der Beschwerdeführerin gleichermaßen in England, vgl. Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 45, 87 f. 419
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
tatsächlich zu bejahen ist423. Trotz erheblicher literarischer Vorarbeiten zog das BVerfG das kollisionsrechtliche Heilungsinstrumentarium nicht in seine Erwägungen ein, obschon sich die Heilung des deutschen Eheschließungsmangels durch einen nachträglichen Statuenwechsel zum englischen Recht auf den ersten Blick anbot424. Eine die Streitigkeiten beendende Klarstellung durch das oberste deutsche Gericht blieb mithin aus; die fachgerichtliche Rechtsprechung urteilte weiterhin uneinheitlich425. c) Die antizipierende Anknüpfung bei formfehlerhafter Inlandstrauung Auch bei einer formfehlerhaften Inlandstrauung wird eine antizipierende Anknüpfung an das zukünftige Heimatrecht der Partner vorgeschlagen426. Da sich die Anforderungen im Einzelnen nicht unterscheiden, kann auf die Ausführungen zu Art. 13 I EGBGB verwiesen werden427. d) Methodische Begründung und eigene Stellungnahme Was zunächst die Grundsatznorm des Art. 13 III 1 EGBGB anbelangt, so ist die Annahme einer Heilung der formwidrigen Ehe durch Statutenwechsel oder mittels antizipierender Anknüpfung bereits deswegen wenig überzeugend, weil 423 Müller-Freienfels, der die Heilung durch Statutenwechsel anhand der vorliegenden Fallgestaltung kontrovers diskutiert, lässt die Frage offen, vgl. Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 47 ff. Unentschieden auch Beitzke, SGb 1983, 238; v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 III 3b (3) Rn. 169. 424 Aus welchem Grund sich das BVerfG nicht zu den ungeschriebenen Heilungsvarianten auf einfachgesetzlicher Ebene äußerte, siehe noch den Zweiten Teil, D.II.7.b). 425 Eine Heilung durch Statutenwechsel bei formfehlerhafter Inlandstrauung ablehnend: BSGE 45, 180 (183); LG Bonn, IPRspr. 1992 Nr. 81. Befürwortend: OLG Koblenz, IPRspr. 1975 Nr. 39 sowie LG Stuttgart, FamRZ 1968, 197, indes scheiterte die Heilung jeweils an einem beiderseitigen Staatsangehörigkeitswechsel der Partner; OLG München, IPRspr. 1964/65 Nr. 84; LG Düsseldorf, IPRspr. 1962/63 Nr. 63. Der BGH stellte in einer Entscheidung vom 8. 11. 1977 (abgedruckt in IPRspr. 1977 Nr. 53) fest, dass die spätere Anerkennung der formungültigen Ehe durch ein ausländisches Gericht unbeachtlich sei, wenn die Ehegatten bis zum Verlassen des Vertreibungsgebietes keine Ehe in der Form der Rechtsordnung geschlossen haben, auf die das deutsche IPR verweist. Dass der BGH damit eine grundsätzliche Stellungnahme gegen die Möglichkeit der Heilung eines Formfehlers durch Statutenwechsel aussprechen wollte, ist zweifelhaft, da auf die Staatsangehörigkeit des verstorbenen Mannes nicht eingegangen wurde. 426 Soergel/Kegel11., Art. 13 EGBGB Rn. 69; Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 85, 94; Böhmer, FS Firsching, S. 41 (48); Siehr, GS Ehrenzweig, S. 129 (140 f.); OLG Koblenz, IPRspr. 1988 Nr. 62 generell befürwortend ohne Unterscheidung zwischen einer antizipierenden Anknüpfung i. R. d. Art. 13 III oder bei Art. 13 I EGBGB. 427 Vgl. den Zweiten Teil, C.II.1.c).
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– wie zutreffend von den Gegnern der Ansicht geltend gemacht wird428 – Art. 13 III 1 EGBGB nur auf die inländische Eheschließung, d.h. ohne Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit oder des Lebensmittelpunktes der Beteiligten, also auf das Recht des Trauungsortes abstellt. Sonach kann von einem Wechsel des Anknüpfungspunktes genau genommen nicht die Rede sein. Erst recht gilt dies für die Fälle, in denen ein Staatsangehörigkeitswechsel gar nicht stattfindet und die ausländischen Partner nach der formfehlerhaften Inlandstrauung lediglich in ihren Heimatstaat zurückkehren429. Allein diese Argumentation würde jedoch nicht gleichzeitig eine Entscheidung in Bezug auf die teilweise auch i. R. v. Art. 13 III 2 EGBGB befürwortete Heilung durch Statutenwechsel herbeiführen. Vielmehr erscheint hier die Anwendung des Heilungsinstrumentariums nicht von vornherein ausgeschlossen zu sein, knüpft doch Art. 13 III 2 EGBGB für die Bestimmung der – formellen – Ehegültigkeit wie Art. 13 I EGBGB an das Heimatrecht der Verlobten an. Ein Wechsel des Anknüpfungsmomentes durch Erwerb einer neuen Staatsangehörigkeit ist angesichts dessen grundsätzlich möglich. Insgesamt bedarf es daher einer Auseinandersetzung mit der methodischen Begründung, die im Schrifttum für die Heilung durch Statutenwechsel und der antizipierenden Anknüpfung im Bereich der Form angeführt wird. Diesbezüglich lässt sich erneut feststellen, dass die Rechtsfigur der teleologischen Reduktion als dogmatische Grundlage für die außergesetzliche Heilung des Formfehlers dient. So soll es offenkundig sein, dass der mit Art. 13 III 1 EGBGB verfolgte Zweck des Gesetzgebers, die Ziviltrauung in Deutschland zu monopolisieren, in den Fällen des Statutenwechsels verfehlt wäre. Ein Beharren auf der Anwendung der Kollisionsnorm würde zum reinen Formalismus werden. Aus diesem Grund sei eine einschränkende Auslegung des Eheschließungsformstatuts geboten mit der Folge, dass in jenen Konstellationen die Anknüpfung des Art. 13 I EGBGB zu bemühen sei430. Bei der antizipierenden Anknüpfung wird die Vorwegnahme des angestrebten Heimatrechts ähnlich begründet, indem vorgeschlagen wird, statt an das inländische Formstatut, Art. 13 III EGBGB, an das künftige Personalstatut mittels einer teleologischen Reduktion der Art. 11 I i.V. m. Art. 13 I EGBGB anzuknüpfen431. 428
Siehe den Zweiten Teil, C.II.2.b). Dennoch wollen manche auch diese Lebenssachverhalte von der Lehre der Heilung durch Statutenwechsel erfasst wissen, vgl. bereits den Zweiten Teil, C.II.2.a) mit Nachweisen in Fn. 403. 430 Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 42 f.; Steding, Der rechtliche Schutz nichtstandesamtlich geschlossener Ehen, S. 55; MüKo/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 684 f. 431 Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 176 f.; Münzer, Handeln unter falschem Recht, S. 99. 429
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
aa) Verletzung der gesetzgeberischen Wertentscheidung Ob die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion auch i. R. d. Art. 13 III EGBGB für die genannten Fallgestaltungen zu bejahen sind, ist fragwürdig, ist doch die Reduzierung des Anwendungsbereiches einer Norm gemäß ihrem Sinn und Zweck nur dann möglich, soweit nicht gegen die erklärte gesetzgeberische Wertentscheidung verstoßen wird432. In der Tat könnte man zunächst der Auffassung sein, dass eine individualisierende Lösung wegen der den Gesetzesmaterialien zum IPR-NeuregelungsG zu entnehmenden generellen Aussage – die Regelung des Statutenwechsels würde sich „der Feinabstimmung“ des IPR entziehen433 – auch im Bereich des Eheschließungsformstatuts möglich sei. Schließlich beschränkt sich die Einschätzung des Gesetzgebers nicht auf die materiell ungültige Ehe, sondern bezieht infolge ihrer fehlenden Differenzierung zwangsläufig auch formfehlerhafte Inlandstrauungen mit ein. Dennoch besteht ein signifikanter Unterschied zwischen der Heilung im Bereich des Art. 13 I EGBGB und einer solchen im Rahmen des dritten Absatzes der Norm: So stellt die ausschließliche Maßgeblichkeit der deutschen Formvorschriften für im Inland vorgenommene Trauungen eine Ausnahme von der grundsätzlich in Formfragen bestehenden Alternativität von lex causae und lex loci actus gemäß Art. 11 I EGBGB dar. Laut Gesetzesbegründung zu der 1986 neu gefassten Kollisionsnorm des Art. 13 III EGBGB wird der Gefahr der Entstehung hinkender Ehen hinreichend durch den in Satz 2 aufgenommenen § 15a I EheG a. F. begegnet434. Auf diese Weise soll die obligatorische Zivilehe nicht nur auf sach-, sondern auch auf kollisionsrechtlicher Ebene gesichert werden. Ausdrücklich – und das ist entscheidend – verweist der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang darauf, dass „Ausnahmen über § 15a EheG [a. F.] hinaus bei Eheschließung[en] im Inland nicht zuzulassen“ sind435. Diesem Anliegen würde man nicht gerecht werden, wenn das neu erworbene Personalstatut der Partner über die Formwirksamkeit der Eheschließung entscheiden dürfte und deshalb z. B. auch eine religiöse Inlandstrauung, die entgegen deutscher Rechtsvorschriften vollzogen wurde, Anerkennung finden könnte. Einer derartigen, gesetzlich gerade nicht vorgesehenen Ausnahme steht die mit dem Eheschließungsformstatut verfolgte und im Wortlaut eindeutig zum Ausdruck kommende436 Wertentscheidung des Gesetzgebers – im Gegensatz zu der
432 Zu den Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion vgl. den Zweiten Teil, C.II.1.d). 433 Siehe den Zweiten Teil, C.II.1.d)cc) sowie insbes. BT-Drucks. 10/504, S. 32. 434 BT-Drucks. 10/504, S. 53. 435 BT-Drucks. 10/504, S. 53.
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Interessenlage bei Art. 13 I EGBGB – entgegen437. Um das Ordnungsinteresse an Klarheit und Eindeutigkeit von Statusfragen zu wahren, kann die Fassung des Art. 13 III 1 EGBGB nur so verstanden werden, dass die Regelung auch bei einem Staatsangehörigkeits- und Lebensmittelpunktwechsel oder einer Rückkehr der Partner in das Heimatland für die Beurteilung der Formgültigkeit der Inlandstrauung entscheidend sein soll. Speziell gegen die Annahme einer Heilung durch Statutenwechsel i. R. d. Art. 13 III 2 EGBGB bei ursprünglich deutscher Beteiligung438 spricht der historische Hintergrund der Regelung. In seiner ursprünglichen Fassung sollte der 1947 durch den Kontrollrat eingeführte § 15a EheG a. F.439 allein den Staatsangehörigen der Besatzungsmächte nach dem Zweiten Weltkrieg die Eheschließung im Inland in ihrer Heimatform ermöglichen. Aufgrund der darüber hinausgehenden allgemeinen und zeitlich uneingeschränkten Geltung der Vorschrift für ausländische Verlobte sowie der Zunahme konsularischer und konfessioneller Trauungen, bedingt durch die steigende Zahl ausländischer Gastarbeiter in Deutschland, fand § 15a EheG a. F. zunehmend Eingang in die Rechtsprechung der Gerichte und wurde als eng begrenzte Ausnahme zu der inländisch zwingenden Ziviltrauung im Rahmen der IPR-Reform 1986 inhaltsgleich in das EGBGB übernommen440. In Fortführung des § 15a EheG a. F. steht die Heirat nach der Heimatform auch heute nur Ausländern und Staatenlosen zur Verfügung; weist einer der Verlobten die deutsche Staatsangehörigkeit auf, scheidet die Anwendung des Art. 13 III 2 EGBGB gemäß dem eindeutigen Gesetzeswortlaut aus441. Nun eine Heilung durch Statutenwechsel bei einer Eheschließung eines ausländischen mit einem – zu diesem Zeitpunkt noch – deutschen Beteiligten vor einer ordnungsgemäß ermächtigten Trauuungsperson zuzulassen, wenn Letzterer nach der Eheschließung die ausländische Staatsangehörigkeit annimmt442, hieße, den seit der Einführung der Vorschrift verfolgten Gesetzeszweck zu umgehen. 436 Schließlich kann nach Art. 13 III 1 EGBGB eine Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden. 437 So auch Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 177 ff., die allerdings nur bei der Heilung durch Statutenwechsel, nicht jedoch im Rahmen der antizipierenden Anknüpfung eine teleologische Reduktion ablehnt, vgl. S. 174 ff. Dem kann nicht gefolgt werden. Schließlich betreffen beide Heilungsvarianten Art. 13 III EGBGB, so dass ihnen gleichermaßen die klare Wertentscheidung des Gesetzgebers entgegensteht. 438 Zu der konkreten Fallgestaltung, die von der Heilung erfasst sein soll, vgl. den Zweiten Teil, C.II.2.a) mit Nachweis in Fn. 402. 439 Erlassen durch das KontrollratsG Nr. 52 vom 21. 4. 1947 (KRABl. 1947, S. 273). 440 Erman/Hohloch, Art. 13 EGBGB Rn. 48; Hepting, StAZ 1987, 154. 441 Siehe statt aller Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-514 f.; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 140. 442 Vgl. den Zweiten Teil, C.II.2.a) mit Nachweis in Fn. 402.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Im Übrigen ist die Praxisrelevanz dieses Heilungsvorschlags zu bezweifeln, denn in der Regel wird sich die Ermächtigung des ausländisches Staates auf die Trauung eigener Staatsangehöriger beschränken443, mithin mangels Territorialund Personalhoheit gerade nicht Eheschließungen von eigenen Staatsangehörigen mit Deutschen (oder Ausländern aus Drittstaaten) umfassen. Konsequenz dessen dürfte dann aber sein, dass die fremde Trauungsperson die Eheschließung des deutsch-ausländischen Paares von vornherein verweigert. Würde es nichtsdestotrotz zu einer Trauung kommen, wäre sie nicht nur nach deutschem Recht, sondern auch nach dem Recht des ermächtigenden Staates formunwirksam444. Im Ergebnis läge eine absolute Nichtehe vor, so dass eine Heilung unter dem validierenden Statut unmöglich wäre. Selbst wenn die Trauungsermächtigung nicht auf einen bestimmten Personenkreis begrenzt sein sollte, kann eine Heilung durch Statutenwechsel i. R. d. Art. 13 III 2 EGBGB nicht überzeugen. Schließlich ist die Norm nach der bereits dargelegten Wertung des Gesetzgebers als Ausnahmevorschrift zu der Grundsatzregelung des Art. 13 III 1 EGBGB zu verstehen445. Als solche muss sie anerkanntermaßen eng ausgelegt werden446. Die Befürwortung einer Heilung durch Statutenwechsel würde dazu im Widerspruch stehen. bb) Ergebnis Sonach hindert die klare Wertentscheidung des Gesetzgebers, die i. R. d. Art. 13 I EGBGB erfolgte Argumentation auf den Bereich der Form zu übertragen. Für die Annahme einer Heilung durch nachträglichen Statutenwechsel oder mittels antizipierender Anknüpfung i. R. d. Art. 13 III EGBGB fehlt es an einer zwingenden Voraussetzung für die Vornahme einer teleologischen Reduktion. Dass Art. 13 III 1 EGBGB gemäß der Behauptung in der Lehre womöglich „rechtspolitisch verfehlt ist“, da dem besagten Ordnungsinteresse des Rechtsverkehrs gegenüber der individuellen Gerechtigkeit zu stark Rechnung getragen werde447, kann darüber nicht hinweghelfen. Der Härte der rechtlichen Bedeutungslosigkeit der Verbindung nach deutschem Recht trotz jahrzehntelang gelebter Ehegemeinschaft muss auf anderem Weg begegnet werden.
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Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 625 f. m.w. N. Mit einem solchen Sachverhalt sah sich das AG Mainz in seiner Entscheidung vom 2. 7. 2002 konfrontiert (AG Mainz, FamRZ 2003, 600). Die Eheschließung vor dem türkischen Generalkonsulat in Berlin war unwirksam, da dem Mann kurz zuvor die Einbürgerungsurkunde übergeben worden ist. Mit dieser Aushändigung erwarb er die deutsche Staatsangehörigkeit, so dass der Konsularbeamte des türkischen Konsulats für die Trauung unzuständig war. 445 BT-Drucks. 10/504, S. 53. 446 Schmalz, Methodenlehre für das juristische Studium, Rn. 257, 398. 447 Zu den Vertretern dieser Auffassung siehe bereits Fn. 409. 444
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III. Einschränkende Anwendung des Art. 13 III 1 EGBGB Einen von den bisher erörterten Heilungsvarianten abweichenden Weg zur Lösung des Konflikts beschritt Henrich448 vor der Eheschließungsrechtsreform. Ausgangspunkt für seine Argumentation war die Klassifizierung des Art. 13 III EGBGB a. F. als spezielle ordre public-Vorschrift, mithin als besondere Ausformung des in Art. 30 EGBGB a. F. (Art. 6 EGBGB n. F.) normierten ordre public. Für die Feststellung der Verletzung der Generalklausel verlangte die einhellige Meinung bereits unter Geltung des Art. 30 EGBGB a. F. – neben dem Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes bei Anwendung des ausländischen Gesetzes – das Vorliegen einer hinreichend starken örtlichen Beziehung des Sachverhalts zur deutschen Rechtsordnung im Urteilszeitpunkt449. Dieser Inlandsbezug sollte nach Henrich auch bei speziellen ordre public-Vorschriften erforderlich sein, stellten sie doch eine Konkretisierung des Art. 30 EGBGB a. F. dar450. Ist nun die Frage nach der Gültigkeit der Ehe in Gestalt einer materiell-rechtlichen Vorfrage aufgeworfen worden, so war nach der Auffassung des Autors der notwendige Binnenbezug schwächer ausgeprägt als bei einer Hauptfrage. Ist der Umstand hinzugekommen, dass es sich um eine Trauung zweier Ausländer handelte, die die Ehe im Inland gemäß ihrem Heimatrecht, aber unter Missachtung der deutschen Eheschließungsform geschlossen haben, und sind die Partner alsbald nach der Begründung der hinkenden Auslandsehe in das die Ehe anerkennende Ausland zurückgekehrt, hätte man, so Henrich, den erforderlichen Inlandsbezug verneinen müssen451. In diesen Fällen sollte eine einschränkende Anwendung des Art. 13 III EGBGB a. F. insoweit geboten sein, als dass sich die Existenz der Ehe nicht nach dem über die Kollisionsnorm anwendbaren deutschen Eheschließungsrecht richtete, sondern gemäß dem Heimatrecht der Partner bzw. dem auf die Hauptfrage anwendbaren Recht452. Die vorgeschlagene Restriktion des Geltungsbereiches hätte entgegen Art. 13 III EGBGB a. F. die Formwirksamkeit der Ehe nach ausländischem Recht zur Folge gehabt. Der Binnenbezug sollte nach Henrich nur dann gegeben sein, 448
Henrich, FamRZ 1958, 122 (123); ders., StAZ 1966, 219 (223 f.). BGHZ 28, 375 (385); 31, 168 (172 f.); Raape, IPR, § 13 IV (S. 93). 450 Henrich, FamRZ 1958, 122 (123). 451 Auch eine spätere Rückkehr der Partner oder eines aus der Ehe stammenden Kindes soll die fehlende Inlandsbeziehung nicht wieder begründen können. 452 Henrich, FamRZ 1958, 122 (123); ders., StAZ 1966, 219 (223 f.). Befürwortend: LG Stuttgart, FamRZ 1969, 542 (543 f.); Dorenberg, Hinkende Rechtsverhältnisse im internationalen Familienrecht, S. 81; Münzer, Handeln unter falschem Recht, S. 92 m.w. N.; Ollick, Das kollisionsrechliche Vorfragenproblem und die Bedeutung des ordre public, S. 147 ff. (nur soweit sich die Ehegültigkeit als Vorfrage stellt). Offen gelassen von OLG Celle, FamRZ 1964, 209 (210). 449
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wenn die Betroffenen Deutschland nie verlassen haben. Sodann hätte eine Wahrung deutscher Formvorschriften verlangt werden können453. Auch nach der IPR-Reform 1986 und der Neuregelung des Eheschließungsrechts 1998 geht der Begründer dieser Heilungskonstruktion weiterhin von der Zulässigkeit seines Lösungswegs aus. So soll sich die Wirksamkeit der Eheschließung statt nach Art. 13 III EGBGB n. F. gemäß Art. 13 I EGBGB n. F. beurteilen, wenn sich die Beteiligten nur vorübergehend in der Bundesrepublik aufhalten und nach der Trauung das Inland alsbald wieder verlassen454. Als Begründung hierfür führt Henrich erneut den behaupteten ordre public-Charakter des Art. 13 III 1 EGBGB n. F. sowie den damit notwendigen, aber in diesen Ausnahmefällen fehlenden Inlandsbezug an, diesmal jedoch ohne Differenzierung zwischen materiell-rechtlicher Vor- und Hauptfrage. 1. Kritische Würdigung Obgleich diese Heilungskonstruktion in Rechtsprechung und Literatur wenig Beachtung gefunden hat455, soll eine Auseinandersetzung mit den dargelegten Argumenten nicht außen vor bleiben. a) Parallelen zu anderweitigen Heilungsvarianten Die zur Diskussion stehende Heilungsalternative lässt Ähnlichkeiten zu der im Bereich der Form abgelehnten Heilung durch nachträglichen Statutenwechsel und der antizipierenden Anknüpfung an das zukünftige Heimatrecht456 erkennen. Allen Theorien liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Beurteilung der Wirksamkeit der Ehe nach deutschem formellem Eheschließungsrecht aufgrund der von vornherein fehlenden457 bzw. abgebrochenen Beziehung458 der Partner zur deutschen Rechtsordnung nicht interessengerecht sei. Wegen der rechtlichen und tatsächlichen Eingliederung in ihr ausländisches Heimatrecht soll dieses über die Existenz der Ehe entscheiden. Da danach die Eheschließungsvoraussetzungen vorliegen, würde man bei Befürwortung der Heilungskonstruktionen zu einer Anerkennung der Ehe gelangen. 453
Henrich, FamRZ 1958, 122 (123). Johannsen/Henrich/Henrich, Art. 13 EGBGB Rn. 15. 455 Siehe allein die Nachweise in Fn. 452. 456 Vgl. den Zweiten Teil, C.II.2. 457 So bei der antizipierten Anknüpfung, vgl. den Zweiten Teil, C.II.2.c) mit Verweis auf C.II.1.c), und der von Henrich vorgeschlagenen einschränkenden Geltung der Inlandsform. 458 Der vollständige Bruch mit der alten Rechtsordnung ist Voraussetzung für die teilweise befürwortete Heilung durch nachträglichen Statutenwechsel, vgl. den Zweiten Teil, C.II.2.a). 454
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Ein wesentlicher Unterschied besteht indes darin, dass die Partner im Rahmen der vorgeschlagenen einschränkenden Anwendung des Art. 13 III 1 EGBGB kein neues Personalstatut erwerben. Bereits im Zeitpunkt der Trauung besitzen sie eine fremde Staatsangehörigkeit, nach deren Rechtsordnung die Ehe gültig ist. Das betrifft insbesondere die so zahlreich in der Vergangenheit vollzogenen religiösen Inlandstrauungen von Griechen oder Spaniern, die nach der Begründung einer hinkenden Auslandsehe in ihren Heimatstaat zurückgekehrt sind459. Überdies ist nach der Auffassung Henrichs ein Abbruch sämtlicher Beziehungen zum Inland bereits im Zeitpunkt der Eheschließung – wie es nach der Lehre von der antizipierenden Anknüpfung nötig ist460 – nicht erforderlich. Ausreichend soll ein „alsbaldiges Verlassen“ des deutschen Aufenthaltsstaates nach der Trauung sein, so dass die ursprünglich bei Eheschließung vorliegende Inlandsbezogenheit dann erst entfallen würde461. Im Ergebnis unterscheidet sich also die von Henrich befürwortete Restriktion des Art. 13 III 1 EGBGB von der antizipierten Anknüpfung und der zum Teil vertretenen Heilung durch nachträglichen Statutenwechsel trotz des gemeinsamen Ausgangspunktes. b) Auslegung des Art. 13 III 1 EGBGB Es stellt sich allerdings die Frage, ob eine einschränkende Geltung der Inlandsform bei den beschriebenen Konstellationen möglich ist. Aufschluss hierüber soll eine Gesetzesauslegung462 geben. aa) Deutung des Wortlautes Heranzuziehen ist zunächst die grammatikalische Auslegung, die den Inhalt einer Vorschrift aus ihrer sprachlichen Fassung gewinnen will463. Art. 13 III 1 EGBGB normiert ausdrücklich, dass eine Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden kann. Dem Wortlaut nach werden somit alle Inlandstrauungen mit Ausnahme der Eheschließungen ausländischer Verlobter, vgl. Satz 2, der deutschen Eheschließungsform unterworfen. Unzweifelhaft folgt daraus, dass die im Sachrecht kodifizierte obligatorische
459 Manche Vertreter im Schrifttum wollen auch diese Fälle von der Heilung durch Statutenwechsel erfasst wissen (Zweiter Teil, C.II.2.a) mit Nachweisen in Fn. 403), obschon ein Wechsel des Anknüpfungsmomentes hier nicht stattfindet. Vgl. deshalb die ablehnende Begründung i. R. d. Zweiten Teils, C.II.2.d). 460 Siehe den Zweiten Teil, C.II.2.c) mit Verweis auf C.II.1.c). 461 Henrich, StAZ 1966, 219 (223). 462 Grundlegend hierzu Larenz/Canaris, Methodenlehre, Kapitel 4, 2. (S. 141 ff.). 463 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 4 II 2 Rn. 35.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Zivilehe auch bei Trauungen mit Auslandsbezug auf kollisionsrechtlicher Ebene durchgesetzt werden soll. Gänzlich unberücksichtigt bleibt, ob die Partner nach der Eheschließung dauerhaft ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland begründen. Damit steht der Wortlaut des Art. 13 III 1 EGBGB einer Restriktion entgegen464. bb) Historische Auslegung Auch die historische Auslegung spricht nicht für die Ansicht Henrichs. Gemäß Art. 13 III EGBGB a. F. bestimmte sich die Form einer im Inland zu vollziehenden Ehe ausschließlich nach den deutschen Gesetzen. Eine Ausnahmeregelung enthielt das EGBGB a. F. zunächst nicht. Erst 1947 wurde mit § 15a EheG a. F. (Art. 13 III 2 EGBGB n. F.)465 eine solche eingeführt. Weitere Ausnahmevorschriften erließ der historische Gesetzgeber nicht, so dass daraus zu schließen ist, dass nur unter den eng begrenzten Voraussetzungen des § 15a EheG a. F. von der Grundsatznorm des Art. 13 III EGBGB a. F. abgewichen werden konnte. Bestätigt wird diese Annahme durch die – bereits angeführte – Gesetzesbegründung zum IPR-NeuregelungsG466. Die standesamtliche Eheschließungsform sollte aus Ordnungsinteressen gegenüber jedermann gelten, unerheblich davon, ob die Partner eine Beziehung zur deutschen Rechtsordnung aufwiesen. cc) Gesetzesauslegung nach dem Sinn und Zweck unter besonderer Berücksichtigung der teleologischen Reduktion Henrich stützt seine Argumentation im Wesentlichen auf den Charakter des Art. 13 III 1 EGBGB als speziellen ordre public-Vorbehalt, dessen Anwendung unterbleiben soll, sofern der dafür spezifische Inlandsbezug fehlt. Zutreffend wird im Schrifttum erläutert, dass es sich hierbei um eine am Sinn und Zweck der Kollisionsnorm orientierte Auslegung handelt, die aufgrund der befürworteten Einschränkung des Geltungsbereiches entgegen dem Wortlaut, aber in Übereinstimmung mit dem telos zu einer Reduktion des Art. 13 III 1 EGBGB führt467. Zur Entscheidung steht also die Frage, ob diejenigen Sachverhalte, bei denen ausländische Partner einer in Deutschland geschlossenen hinkenden Auslands464
So auch Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (771). Zum Regelungszweck der Vorschrift vgl. bereits den Zweiten Teil, C.II.2.d)aa). 466 BT-Drucks. 10/504, S. 53: Danach würde es der Beibehaltung der obligatorischen Zivilehe im innerstaatlichen Recht entsprechen, Ausnahmen über § 15a EheG bei Inlandseheschließungen nicht zuzulassen, siehe bereits den Zweiten Teil, C.II.2.d)aa). 467 Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (771). 465
C. Die Heilung auf der Ebene des deutschen Kollisionsrechts
147
ehe das Inland alsbald nach der Trauung verlassen haben, vom Anwendungsbereich des Eheschließungsformstatuts herauszunehmen sind, obgleich sie vom Wortlaut erfasst werden. Zur Lösung bieten sich vorliegend zwei grundsätzlich voneinander verschiedene Wege an. (1) Ablehnung des besonderen ordre public-Charakters Die erste Lösungsvariante knüpft an den Ausgangspunkt der von Henrich vertretenen Ansicht an, nämlich an die von ihm vorgenommene und überwiegend vertretene468 Klassifizierung des Art. 13 III 1 EGBGB als besondere Vorbehaltsklausel. Bereits diese Sichtweise ist nicht frei von jeglichen Zweifeln. So ist für spezielle ordre public-Klauseln kennzeichnend, dass sie der innerstaatlichen Rechtsordnung gegenüber dem an sich berufenen fremden Recht im Wege einer Anwendungsbeschränkung zur Durchsetzung verhelfen, vgl. beispielsweise Art. 13 II, 17 III 2, 18 II EGBGB469. Art. 13 III 1 EGBGB missachtet jedoch nicht das über eine kollisionsrechtliche Anknüpfung regulär berufene ausländische Recht, sondern erklärt von vornherein deutsches Sachrecht für maßgebend. Daraus resultierend wird die Auslegung des Art. 13 III 1 EGBGB als besonderer Vorbehalt von manchen Autoren in der Lehre begrifflich abgelehnt und stattdessen von einer einseitigen Kollisionsnorm zugunsten der lex fori ausgegangen470. Allein die Tatsache, dass Art. 13 III 1 EGBGB die Sicherung des staatlichen Eheschließungsmonopols bezwecke, mithin der Gewährleistung eines inländischen Prinzips diene, würde dieser Ansicht zufolge nicht für die Annahme eines speziellen ordre public-Vorbehalts genügen471. 468 Ferid, IPR, Rn. 3-29,2; Bamberger/Roth/Otte, Art. 13 EGBGB Rn. 46; Kropholler, IPR, § 36 VIII (S. 259); Kegel/Schurig/Schurig, IPR, § 16 II (S. 522); Erman/ Hohloch, Art. 6 EGBGB Rn. 8 f.; Palandt/Heldrich, Art. 6 EGBGB Rn. 10. Bereits zu Art. 13 III EGBGB a. F.: BayObLG, FamRZ 1964, 45 (47); OLG Celle, FamRZ 1964, 209 (210); LG Stuttgart, FamRZ 1969, 542 (543 f.); Raape, MDR 1948, 98 (99); Raape/Sturm, IPR, Bd. I, § 13 III 3 (S. 204); Frankenstein, IPR, S. 211; Neuhaus, Die Grundbegriffe des IPR, S. 237; Wolff, Das Internationale Privatrecht Deutschlands, § 14 VIII (S. 69); Jasper, MDR 1983, 543 (544); Beitzke, SGb 1983, 238 (239); Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (771 m.w. N.). 469 Hierüber besteht noch Einigkeit, vgl. Ferid, IPR, Rn. 3-28 ff.; Staudinger/Blumenwitz, Art. 6 EGBGB Rn. 39 f.; Erman/Hohloch, Art. 6 EGBGB Rn. 8. 470 Staudinger/Blumenwitz, Art. 6 EGBGB Rn. 22, 39; MüKo/Sonnenberger, Art. 6 EGBGB Rn. 24; a. A. v. Bar/Mankowski/v. Bar, IPR, Bd. 1, § 1 II 2 Rn. 17. Die Unterscheidung zwischen einseitiger Kollisions- und besonderer ordre public-Norm hat im Verhältnis zu Art. 6 EGBGB Auswirkungen. Während der Generalklausel zumindest ein subsidiärer Anwendungsbereich neben den speziellen ordre public-Vorschriften verbleibt, sofern die jeweilige gesetzliche Konkretisierung tatbestandlich nicht erfüllt ist, kann Art. 6 EGBGB bei der Berufung deutschen Sachrechts durch eine einseitige Kollisionsnorm nicht zusätzlich ins Feld geführt werden, siehe Staudinger/Blumenwitz, Art. 6 EGBGB Rn. 22, 41 f. 471 MüKo/Sonnenberger, Art. 6 EGBGB Rn. 24; Oetker, ZSR 31 (1985), 76 (84 f.); Gamillscheg, FS OLG Celle, S. 61 (67); Staudinger/Gamillscheg10./11., Art. 13
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Konsequenz nach dieser Auffassung wäre, dass die von Henrich befürwortete Restriktion des Art. 13 III 1 EGBGB bereits in Ermangelung des ordre publicCharakters ausscheiden müsste. (2) „Eheschließung im Inland“ als ausreichender Binnenbezug Der zweite Lösungsweg geht von einer näheren Betrachtung des erforderlichen Binnenbezuges aus, unterstellt, dass es sich bei Art. 13 III 1 EGBGB um eine besondere Kollisionsnorm des ordre public handelt. Sodann müsste der notwendige Binnenbezug unter Berücksichtigung der ratio legis des Art. 13 III EGBGB herausgearbeitet werden. Grundsätzlich gilt, dass sich eine generalisierende Aussage über das Vorliegen eines hinreichend starken Binnenbezuges nicht treffen lässt. Stattdessen muss die Inlandsbeziehung individuell für den Einzelfall ermittelt werden472. Bei den speziellen Vorbehaltsklauseln besteht allerdings die Besonderheit, dass die Frage der Verletzung des ordre public im Rahmen der von ihnen geregelten Materien spezifiziert ist und damit die der Generalklausel vorgeworfene Unbestimmtheit vermieden wird473. Sonnenberger betont demgemäß, dass durch die Normierung des Art. 13 III EGBGB a. F. der relative Wertungsmaßstab des Art. 30 EGBGB a. F. absolut gesetzt sei, so dass eine in auslandsrechtlicher Form in Deutschland geschlossene Ehe ohne Anschauung des Einzelfalls immer anstößig wäre474. Sofern man also Art. 13 III 1 EGBGB als eine Konkretisierung des allgemeinen ordre public begreift, müsste man konsequent fortführen, dass sich die notwendige Inlandsberührung aus der Kollisionsnorm selbst ergibt475.
EGBGB Rn. 657; Schnorr v. Carolsfeld, FG Grüner, S. 519 (525); Görgens, StAZ 1977, 79 (80 f.). 472 Als relevante Inlandsbeziehungen kommen persönliche und sachliche Umstände wie der Wohnsitz bzw. der gewöhnliche Aufenthalt der Beteiligten in der Bundesrepublik, die deutsche Staatsangehörigkeit sowie ggf. der inländische Abschlussort des Rechtsgeschäfts in Betracht, Kegel/Schurig/Schurig, § 16 II (S. 521); Erman/Hohloch, Art. 6 EGBGB Rn. 16 f. 473 Ferid, IPR, Rn. 3-31. 474 Sonnenberger, StAZ 1964, 289 (292). 475 Vgl. auch Ferid, IPR, Rn. 3-31, der konstatiert, dass bei den speziellen Vorbehaltsklauseln dem Richter die Prüfung abgenommen wird, ob eine hinreichende Inlandsbeziehung besteht. Ähnlich MüKo/Sonnenberger, Art. 6 EGBGB Rn. 83: „Was eine hinreichend starke Inlandsbeziehung ist, kann – außerhalb der gesetzlich geregelten besonderen Vorbehaltsklauseln – nicht absolut [. . .] festgestellt werden.“ Im Ergebnis auch Raape, IPR, § 13 IV (S. 94): „Für die heikle Frage, ob die Anwendung des ausländischen Rechtssatzes anstößig ist, lassen die speziellen Vorbehaltsklauseln keinen Raum [. . .]. Hier braucht der Richter sich nicht groß zu bemühen.“
C. Die Heilung auf der Ebene des deutschen Kollisionsrechts
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Erforderlich ist demnach die Betrachtung der Ausgestaltung des Art. 13 III 1 EGBGB. Der einfache Gesetzgeber knüpft an den Vollzug einer Inlandstrauung lediglich die Rechtsfolge der Beachtung deutscher Formvorschriften. Weitere Anforderungen werden durch Art. 13 III 1 EGBGB nicht gestellt. Daraus ist zu schlussfolgern, dass allein das Tatbestandsmerkmal der Eheschließung im Inland den Binnenbezug – soweit man diesen aufgrund der Auslegung als ordre publicVorschrift fordert – präzisiert476. Verlegen demzufolge die Partner einer in Deutschland geschlossenen hinkenden Auslandsehe ihren Wohnsitz alsbald nach der Trauung in das Ausland, bleibt dieser Umstand für die Beurteilung der Wirksamkeit der Ehe folgenlos, da der Inlandsbezug im maßgeblichen Zeitpunkt der Trauung aufgrund der Heirat in der Bundesrepublik bestand. Dass ausschließlich die Eheschließung im Inland den Binnenbezug kennzeichnet, ist allein dem Sinn und Zweck des Art. 13 III 1 EGBGB, der zwingenden Ziviltrauung aufgrund ihrer enormen Bedeutung auch auf kollisionsrechtlicher Ebene zur Durchsetzung zu verhelfen477, geschuldet. Demgemäß finden im Inland – mit Ausnahme der Fallgestaltung des Art. 13 III 2 EGBGB – nur solche Eheschließungen Anerkennung, die vor einem zuständigen und mitwirkungsbereiten Standesbeamten geschlossen worden sind. Folglich verkennen jene kritische Stimmen, die Art. 13 III 1 EGBGB mit Henrich als besondere Ausgestaltung der allgemeinen ordre public-Klausel auffassen, jedoch die Unbestimmtheit oder die beschränkte Reichweite der Heilungsmöglichkeit rügen478, dass das Tatbestandsmerkmal der Eheschließung im Inland den Binnenbezug impliziert und die einschränkende Anwendung des Art. 13 III 1 EGBGB schon aus diesem Grund ausscheidet. Festzuhalten ist demnach, dass es der telos der Kollisionsnorm nicht fordert, die von Henrich beschriebenen Fälle in Ermangelung eines Inlandsbezuges aus dem Anwendungsbereich des Art. 13 III 1 EGBGB herauszunehmen, selbst wenn man die Regelung als besondere Vorbehaltsklausel begreift. Die Ansicht des Autors überschreitet mithin die Grenzen der teleologischen Reduktion.
476 So auch Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (771); Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 171 f. 477 Hierzu bereits der Zweite Teil, C.II.2.d)aa) sowie Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 168 ff.; Ferid, IPR, Rn. 8-46. 478 Weyers, FamRZ 1964, 169 (170) hält es für fraglich, ob das von Henrich geforderte Tatbestandsmerkmal der „genügenden Inlandsbeziehung“ brauchbar ist, denn das Statusrecht müsse auf klare, feststehende und jederzeit beweisbare Voraussetzungen zurückgreifen können. Dorenberg (in: Hinkende Rechtsverhältnisse im internationalen Familienrecht, S. 81) kritisiert u. a., dass die Heilungskonstruktion Henrichs keine Abhilfe schafft, wenn ein Deutscher an der aus inländischer Sicht formunwirksamen Ehe beteiligt ist.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
(3) Stellungnahme zu dem behaupteten ordre public-Charakter des Art. 13 III 1 EGBGB Aus den Darlegungen folgt, dass eine Restriktion des Art. 13 III 1 EGBGB unabhängig von der zunächst vermuteten entscheidungserheblichen Frage nach dem ordre public-Charakter des Art. 13 III 1 EGBGB nicht befürwortet werden kann. Eine Stellungnahme zu der oftmals ohne nähere Begründung vorgenommenen Klassifizierung des Art. 13 III 1 EGBGB als besondere Vorbehaltsklausel soll ungeachtet dessen nicht außen vor bleiben. Wie bereits zu dem anerkennungsrechtlichen ordre public i. S. v. § 328 I Nr. 4 ZPO ausgeführt, zählen zur öffentlichen Ordnung zum einen die wesentlichen Grundsätze des deutschen Rechts und zum anderen die Grundrechte479. Gerade Letztere bringen die Grundwerte der deutschen Rechtsordnung besonders gut zum Ausdruck480. Die Beurteilung, ob Art. 13 III 1 EGBGB eine spezielle Ausgestaltung der Generalklausel gemäß Art. 6 EGBGB darstellt, hängt mithin davon ab, ob die Normierung der obligatorischen Ziviltrauung auf kollisionsrechtlicher Ebene der Wahrung fundamentaler Wertentscheidungen dient. So könnte Art. 13 III 1 EGBGB Ausdruck der verfassungsrechtlich gewährleisteten Eheschließungsfreiheit gemäß Art. 6 I GG sein. Von ausschlaggebender Bedeutung ist deshalb die Reichweite des garantierten Schutzbereiches des Grundrechts, denn nur in diesen Grenzen kann Art. 13 III 1 EGBGB tragende Strukturprinzipien normieren481. Die Betrachtung des Schutzbereiches des Art. 6 I GG hat bereits ergeben, dass die Eheschließung durch den Standesbeamten auf einfach-gesetzlicher Ebene zwar verfassungskonform, sie jedoch nicht durch die Verfassung geboten ist482. Begreift man die Trauung unter standesamtlicher Mitwirkung ergo nicht als die einzig verfassungsrechtlich zulässige Eheschließungsform, so muss dieser Umstand aber auch für die Frage nach dem behaupteten ordre public-Charakter des Art. 13 III 1 EGBGB konsequent Berücksichtigung finden. Fordert nämlich Art. 6 I GG gerade nicht die Formalisierung des Eheschlusses durch den Standesbeamten, kann es sich bei Art. 13 III 1 EGBGB auch nicht um eine einfach-gesetzliche Ausgestaltung eines deutschen Verfassungsprinzips handeln483. Zudem spricht gegen die Qualifizierung des Art. 13 III 1 EGBGB als spezielle ordre public-Klausel die durch das BVerfG in Bezug auf § 1310 I 1 BGB bzw. § 15 I EheG 1938, § 11 I EheG 1946 vorgenommene Klassifizierung als 479 480 481 482 483
Zweiter Teil, B.II.3.b). Staudinger/Spellenberg, § 328 ZPO Rn. 456. Oetker, ZSR 31 (1985), 76 (84). Siehe die Erörterungen zum Zweiten Teil, B.II.3.b)dd)(1). So zutreffend Oetker, ZSR 31 (1985), 76 (84 f.).
C. Die Heilung auf der Ebene des deutschen Kollisionsrechts
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„wesentliche Ordnungsvorschrift“484. Diese Einordnung ist von entscheidender Bedeutung, denn derartige Ordnungsvorschriften kennzeichnet nicht die Durchsetzung fundamentaler Wertentscheidungen und tragender Strukturprinzipien der deutschen Rechtsordnung. Vielmehr dienen sie der Erfüllung bestimmter Ordnungsfunktionen. So soll nach allgemeiner Auffassung der Mitwirkung des Standesbeamten gemäß § 1310 I 1 BGB Schutz-, Klarstellungs- und Beweisfunktion zukommen485. Aus der Aussage des BVerfG lässt sich nun ein Umkehrschluss ziehen: Handelt es sich bei der den Grundsatz der obligatorischen Zivilehe kodifizierenden Norm im einfachen Recht lediglich um eine „wesentliche Ordnungsvorschrift“ und bezweckt der Gesetzgeber mit Art. 13 III 1 EGBGB allein die Durchsetzung der Ziviltrauung auf kollisionsrechtlicher Ebene486, so muss Art. 13 III 1 EGBGB gleichermaßen nur als „wesentliche Ordnungsvorschrift“ bewertet werden487. Demzufolge bringt Art. 13 III 1 EGBGB keine deutschen Grundwerte zum Ausdruck. Die Kollisionsnorm kann sonach nicht als besondere Ausgestaltung des ordre public-Vorbehalts gemäß Art. 6 EGBGB angesehen werden. Es handelt sich lediglich um eine einseitige Kollisionsnorm zugunsten der lex fori, der Grenzen durch Satz 2 des Art. 13 III EGBGB gesetzt werden. Die von Henrich favorisierte Restriktion der Kollisionsnorm bei fehlendem, für ordre public-Klauseln aber unverzichtbarem Inlandsbezug kann somit auch aus diesem Grund nicht greifen. 2. Ergebnis Eheschließungen von ausländischen Partnern, die Deutschland nach der Trauung alsbald verlassen, aus dem Anwendungsbereich des Art. 13 III 1 EGBGB herauszunehmen, entspricht nicht dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Danach sollen vielmehr alle Inlandstrauungen erfasst werden. Eine Heilung hinkender Auslandsehen gemäß dem von Henrich skizzierten Lösungsweg ist abzulehnen.
IV. Zusammenfassung Die Untersuchung der kollisionsrechtlichen Heilungsansätze zugunsten formwidrig geschlossener Ehen hat ergeben, dass sie im Einzelnen sachlich nicht zu überzeugen vermögen. Insbesondere kann die Lehre von der heilenden Wirkung 484 BVerfGE 29, 166 (178). Jener Beschluss des Ersten Senats vom 7. 10. 1970 betraf noch den § 15 I EheG 1938. 485 Vgl. bereits den Zweiten Teil, A.II.1. 486 Nachweise in Fn. 477. 487 Im Ergebnis auch OLG Karlsruhe, FamRZ 1983, 757 (758); a. A. BayObLG, IPRax 1991, 119 (121).
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
des Statutenwechsels im Bereich der sachlichen Eheschließungsmängel nicht auf die Form übertragen werden. Das Auffinden anderer Lösungswege ist daher unerlässlich.
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene Formfehlerhafte Ehen, insbesondere hinkende Auslandsehen sind nach der Auffassung Henrichs immer ein Indiz für eine unduldsame Haltung des materiellen Rechts. Sonach soll die Problematik der aus deutscher Sicht bestehenden Nichtehe ihren Standort nicht im Kollisions-, sondern im Sachrecht haben. Dementsprechend bestünde die Notwendigkeit, eine interessengerechte Lösung auf sachrechtlicher Ebene zu suchen488. Gestützt wird diese Ansicht durch folgende Überlegung: Obschon der Interessenkonflikt in Auslandsfällen quantitativ häufiger vorkommt als bei reinen Inlandssachverhalten, bedeutet dies nicht automatisch, dass die Ursache des Problems im IPR liegt. Vielmehr ordnet das deutsche materielle Recht bereits seit 1875 die standesamtliche Trauung mit fehlender Heilungsmöglichkeit der Nichtehe ab dem Inkrafttreten des EheG 1938 an489, Art. 13 III EGBGB setzt die zwingende Form lediglich auf kollisionsrechtlicher Ebene um490. Zutreffend teilt daher auch Hepting die Meinung Henrichs, würde eine Beschränkung auf internationalprivatrechtliche Heilungsinstrumentarien doch auch dazu führen, dass sämtliche Inlandssachverhalte ungelöst blieben491.
I. Rechtliche Zulässigkeit der ergänzenden Anwendung ungeschriebener sachrechtlicher Heilungsinstrumentarien Problematisch ist jedoch, dass es sich bei der gesetzlichen Heilungsregelung des § 1310 III BGB um eine Sachnorm des deutschen Rechts handelt, die damit den Weg zur ergänzenden Anwendung ungeschriebener Heilungsvarianten auf sachrechtlicher Ebene versperren könnte492. Allein die enge Fassung des § 1310 III BGB und das ermittelte tatsächliche Bedürfnis nach einer umfassenderen Regelung493 begründen keine hinreichende Rechtfertigung für die konkurrierende Heranziehung außergesetzlicher sachrechtlicher Heilungsvarianten. Viel488 489 490 491 492 493
Henrich, IntFamR, § 1 VII (S. 41). Zum geschichtlichen Aufriss vgl. den Ersten Teil, C. Nachweise in Fn. 477. Hepting, IPRax 1994, 355 (358). Vgl. bereits den Zweiten Teil, A.II.2. Siehe den Zweiten Teil, A.II.1.
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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mehr muss sich aus dem Gesetzeswortlaut und den zugrunde liegenden Materialien ergeben, dass der Heilungsvorschrift kein abschließender Geltungsanspruch zukommt und die Bemühung ungeschriebener Heilungsansätze deshalb rechtlich zulässig ist. Dies gilt es im Folgenden zu untersuchen. Nach dem Wortlaut des § 1310 III BGB gilt eine Ehe „auch dann als geschlossen“, wenn die kumulativ aufgezählten Anforderungen erfüllt sind. Die Formulierung „auch“ nimmt Bezug auf die Absätze 1 und 2, die bereits normieren, unter welchen Voraussetzungen von einer rechtsgültigen Ehe auszugehen ist. Folglich soll Absatz 3 eine Ergänzung zu den vorhergehenden Absätzen des § 1310 BGB darstellen. Indes beschränkt sich die Verwendung des Wortes „auch“ nicht auf diese Aussage. Sie begründet vielmehr die Annahme, dass die Heilungsregelung gerade keinen abschließenden Charakter haben soll. Hätte nämlich der Gesetzgeber durch die Einführung der Vorschrift gleichzeitig die weitere Rechtsentwicklung bzgl. der Heilung der Nichtehe beenden wollen, so hätte er dies durch eine anderweitige Konzeption – wie „die Ehe gilt nur dann als geschlossen“ oder „die nichtstandesamtliche Eheschließung kann allein bzw. ausschließlich durch die folgenden Anforderungen eine Heilung erfahren“ – zum Ausdruck bringen können. Das hätte eine zweifelsfreie Auslegung zugunsten der abschließenden Geltung von § 1310 III BGB zugelassen. Tatsächlich ist der Gesetzeswortlaut aber offen formuliert. Gestützt wird diese These durch die Gesetzesbegründung. Danach hat der Gesetzgeber die Problematik der im Inland begründeten Nichtehen, insbesondere die Fälle hinkender Ehen gesehen. Sodann wird ausgeführt, dass „der Entwurf [hier] Abhilfe schaffen [will], indem er grundsätzlich die Möglichkeit einer statusrechtlichen Heilung eröffnet“494. Es sollte also nur „grundsätzlich“ die Gelegenheit der rückwirkenden Anerkennung geboten und nicht etwa eine endgültige, sämtliche ungeschriebene Heilungsvarianten verdrängende Lösung eingeführt werden. Die Auslegung der Materialien ergibt mitnichten, dass die Normierung vom Gesetzgeber „als abschließend gedacht“ war, wie Wagenitz/Bornhofen495 und dem zustimmend der BGH496 behaupten. Noch deutlicher wird dies, wenn man die Gesetzesmaterialien zu den §§ 1313 ff. BGB zu Rate zieht. Ausdrücklich wird dort hervorgehoben, dass die Regelung des § 1313 BGB den abschließenden Charakter der Eheaufhebungsgründe betont497. Im Konkreten wird damit § 1313 S. 3 BGB gemeint sein, wonach sich die Voraussetzungen, unter denen die Aufhebung begehrt werden kann, aus den folgenden Vorschriften ergeben. Nach dem Gesetzeswortlaut berechtigen demnach ausschließlich die in § 1314 BGB aufgezählten Aufhebungsgründe zu einer Aufhebung der 494 495 496 497
BT-Drucks. 13/4898, S. 17. Wagenitz/Bornhofen, S. 207, Rn. 45. BGH, IPRax 2004, 438 (441). BT-Drucks. 13/4898, S. 18.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Ehe. Hätte nun der Gesetzgeber mit der Einführung von § 1310 III BGB ein abschließendes Heilungsinstrumentarium schaffen wollen, so hätte er dies mühelos wie im Zusammenhang mit der Aufhebung der Ehe gemäß den §§ 1313 ff. BGB in den zugrunde liegenden Materialien festhalten können. Das hat er allerdings nicht getan. Somit folgt aus der Auslegung des Wortlauts des § 1310 III BGB und der Gesetzesbegründung, dass der Normgeber lediglich einen Teilbeitrag zu der Problematik der Heilung von nichtstandesamtlichen Trauungen leisten wollte498. Er hat den Weg zur ergänzenden Anwendung außergesetzlicher Lösungswege auf sachrechtlicher Ebene durch die Einführung des § 1310 III BGB nicht versperrt. Überdies kann die Vorschrift auch aus Gründen des verfassungsrechtlichen Eheschutzes gemäß Art. 6 I GG – was noch zu beweisen ist499 – nicht als abschließend verstanden werden. Demzufolge ist die gebotene Heranziehung sachrechtlicher ungeschriebener Heilungsvarianten rechtlich zulässig.
II. Sachrechtliche Heilungsansätze 1. Wiederholung der Trauung nach inländischem Recht Als sicherste Maßnahme zur Beseitigung des Formfehlers kommt die Wiederholung der Eheschließung in Deutschland in Betracht. Das Verbot der Doppelehe gemäß § 1306 BGB steht dem nicht entgegen, schließlich stellt die ursprüngliche Lebensbeziehung der Partner ein rechtliches nullum dar. Selbst wenn es sich bei der Verbindung tatsächlich um eine rechtsgültige Ehe handeln sollte, mithin die Beteiligten zu Unrecht von der Nichtexistenz der Ehe ausgehen, schadet die Wiederholung der Eheschließungszeremonie nicht, denn § 1306 BGB verbietet nur die Eheschließung mit einem Dritten, nicht jedoch mit demselben Partner500. Allerdings hat diese Alternative zwei entscheidende Nachteile. Zum einen wirkt die erneute Trauung nicht auf den von den Partnern ursprünglich beabsichtigten Zeitpunkt zurück, d.h. die Rechtsbeziehung entsteht – im Unterschied zu der rückwirkenden Kraft des § 1310 III BGB501 – erst ex nunc502. Zum anderen setzt die wiederholte Erklärung des Eheschließungswillens die Kenntnis der Betroffenen von der Unwirksamkeit der ursprünglich geschlossenen Ehe voraus. Dieses Wissen fehlt jedoch in den meisten Fällen, denn die Partner ver498
Im Ergebnis auch Coester, FS Heldrich, S. 537 (541). Hierzu noch den Zweiten Teil, D.II.10.c)cc)(1)(a)(aa). 500 Palandt/Brudermüller, § 1310 BGB Rn. 14. 501 Erster Teil, C.I.4. 502 AnwK/Wiedenlübbert, § 1310 BGB Rn. 16; Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 62. 499
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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trauen gerade auf die Gültigkeit ihrer Verbindung. Die erneute Abgabe des Eheversprechens vor einer zuständigen Trauungsperson wird somit kaum praktisch werden. 2. Erweiterung des Regelungsbereiches des § 1310 III BGB durch Gesetzesanalogie Angesichts der engen Fassung des § 1310 III BGB ist eine sog. Gesetzesanalogie503 als gesetzesnäheste Rechtsfortbildung auf diejenigen formfehlerhaften Ehen in Erwägung zu ziehen, bei denen das jahrelange Vertrauen der Partner in die Wirksamkeit der Eheschließung keine Bestätigung durch einen standesamtlichen Vertrauenstatbestand i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB fand, hat doch die bisherige Untersuchung ergeben, dass gerade diese Lebenssachverhalte von der gesetzlichen Heilung ausgeschlossen werden, obschon ein tatsächliches Bedürfnis für ihre Einbeziehung besteht504. Problematisch ist indessen das Vorliegen einer für die Analogie notwendigen Planwidrigkeit der Regelungslücke. Für ihre Ablehnung genügt nicht schon der schlichte Hinweis darauf, dass das Gesetz nur die Heilung bei standesamtlicher Beteiligung vorsieht und somit allein diesen Fall erfassen wollte. Gerade weil die Sachverhalte des jahrzehntelangen ehelichen Zusammenlebens ohne nachträgliche Amtshandlung eines Standesbeamten dort nicht geregelt sind, stellt sich überhaupt erst die Frage nach einer analogen Anwendung505. Für die Annahme einer unbeabsichtigten Regelungslücke wäre deshalb darzulegen, dass der Gesetzgeber das Problem entweder gar nicht gesehen oder für nicht regelungsbedürftig gehalten hat. Ergibt sich hingegen die Absicht, dass er die zur Diskussion stehenden Sachverhalte ausdrücklich nicht erfassen wollte, ist die Planwidrigkeit der Gesetzeslücke zu verneinen506. Fraglich ist demnach, ob es sich bei der Fassung des § 1310 III BGB um eine bewusste gesetzgeberische Begrenzung auf die geregelten Fälle, insbesondere auf die dort kodifizierten standesamtlichen Maßnahmen handelt. Davon ist auszugehen, sofern der Nachweis geführt werden kann, dass die Gesetzesverfasser die zahlreichen variationsfähigen Sachverhalte aus der vergangenen Rechtspraxis kannten, sie nichtsdestotrotz nur einen Teil davon berücksichtigen wollten.
503 Die sog. Rechtsanalogie, bei der ein aus mehreren Bestimmungen abgeleiteter Grundgedanke auf andere Fälle erstreckt wird, vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre, Kapitel 5, 2b (S. 204), ist hier nicht einschlägig. Demgegenüber bietet sich eine Anwendung der gesetzlichen Heilungsvorschrift auf ähnliche Sachverhalte, mithin eine sog. Gesetzesanalogie an. 504 Siehe den Zweiten Teil, A.II.1. 505 Allgemein Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, C.II.1. (S. 66). 506 Schmalz, Methodenlehre für das juristische Studium, Rn. 385 ff.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Für eine bewusste Einschränkung spricht schon der in der amtlichen Begründung vorgenommene historische Rückblick. So führt der Normgeber aus, dass der aus der Streichung der Heilungsmöglichkeit des § 1324 II BGB 1900 resultierende Rechtszustand vielfach als unbefriedigend empfunden worden ist. „Insbesondere“ die hinkenden Ehen, die von ausländisch-deutschen oder ausländischen Paaren im Inland weder vor dem deutschen Standesbeamten noch vor einer ordnungsgemäß ermächtigten Person i. S. v. Art. 13 III 2 EGBGB geschlossen worden sind, hätten sich unter alter Rechtslage als problematisch erwiesen507. Dass danach speziell die in hinkender Ehe lebenden Partner in den Genuss der Heilung kommen sollen und laut amtlicher Begründung nur die in § 1310 III Nr. 1–3 BGB vorgesehenen standesamtlichen Maßnahmen „ein[en] hinreichend konkrete[n] Vertrauenstatbestand“ für eine Heilung im Status begründen würden508, lässt vermuten, dass der Gesetzgeber um die Vielzahl der darüber noch hinausgehenden Sachverhalte wusste, er dennoch den Anwendungsbereich auf die normierten Tatbestände beschränken wollte. Schon die detaillierte Regelung der erforderlichen Eintragungen in das Heirats-, Familienoder Geburtenbuch bzw. die Bestätigung einer familienrechtlichen Erklärung erweckt den Eindruck einer bewussten gesetzgeberischen Eingrenzung. Obschon deutlich wird, dass sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des § 1310 III BGB an dem der Witwenrentenentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt orientierte509, kann gleichwohl eine die Planwidrigkeit der Regelungslücke begründende einseitige Fixierung auf ausschließlich eine Fallgestaltung510 nicht angenommen werden. Schließlich wird in Anlehnung an die Witwenrentenentscheidung nicht nur die standesamtliche Beurkundung der Ehe im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes bedacht, sondern es werden mit § 1310 III Nr. 1, 3 BGB weitere Tatbestände einer Regelung unterworfen. Zudem ist mit der Festlegung auf ein zehnjähriges eheliches Zusammenleben eine erhebliche Abweichung von der richtungsweisenden Entscheidung des BVerfG gegeben511. Sonach kann weder eine einseitige Schwerpunktsetzung noch eine mangelnde gesetzgeberische Übersicht über die zahlreichen variationsfähigen Lebenssachverhalte festgestellt werden. Die deutliche Fassung der Heilungsvorschrift offenbart folglich, dass die in der Norm angeordnete Rechtsfolge nur unter den tatbestandlichen Voraussetzungen eintreten soll, also keineswegs auf textlich nicht erfasste weitere Fälle 507
BT-Drucks. 13/4898, S. 17. BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 509 BVerfG 62, 323. Der Sachverhalt würde nunmehr dem § 1310 III Nr. 2 BGB unterfallen, vgl. dazu noch den Zweiten Teil, D.II.7.c). 510 Allgemein hierzu Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, C.I.3. (S. 60). 511 In der Witwenrentenentscheidung handelte es sich um eine 28 Jahre lang gelebte Ehegemeinschaft (zum Sachverhalt siehe den Zweiten Teil, D.II.7.). 508
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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auszudehnen ist. Die enge Konzeption der Heilungsanordnung stellt mithin kein gesetzgeberisches Versehen dar512. Eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung im Wege des Analogieschlusses verbietet sich mangels Planwidrigkeit der Regelungslücke. 3. Entsprechende Anwendung des § 1310 II BGB Unter Geltung des EheG 1946 hat die inhaltsgleiche Vorgängernorm des § 1310 II BGB eine Rolle als Analogiebasis gespielt. Angestoßen wurde dieser Gedanke durch das LSG Stuttgart, das in einer Entscheidung vom 27. 9. 1976513 eine vor einer nicht ordnungsgemäß ermächtigten Trauungsperson i. S. v. § 15a I EheG a. F. geschlossene Ehe zweier Griechen durch die Eintragung der Ehe in das Heiratsregister beim Standesamt in entsprechender Anwendung des § 11 II EheG a. F. als geheilt ansah. Möglicherweise war dieser Lösungsweg ergebnisorientiert, konnte das Gericht doch zu damaliger Rechtslage nur auf der Grundlage einer geheilten Ehe der Klägerin die begehrte Witwenrente gemäß § 1264 RVO a. F. (§ 46 SGB VI n. F.) zusprechen514. Das BSG lehnte hingegen als nachfolgende Instanz in der Streitsache die entsprechende Anwendung von § 11 II EheG a. F. ab515. Agiert ein ausländischer Geistlicher als Trauungsperson, kommt die direkte Heranziehung des § 1310 II BGB freilich nicht in Betracht. Scheinstandesbeamter ist schließlich nur der außerhalb seines Amtsbezirks auftretende Standesbeamte oder derjenige, dessen Bestellung noch nicht erfolgt bzw. bereits widerrufen worden ist516. Zwar erfasst § 1310 II BGB auch trauende Personen, die – wie beispielsweise der Bürgermeister – niemals zum Standesbeamten bestellt werden sollten517, jedoch fehlt es beim Handeln eines fremden Archimandriten zweifelsohne an der Öffentlichkeit der Amtsausübung518. Eine deshalb nur in Betracht kommende Analogie des § 1310 II BGB scheitert entgegen der – in der Entscheidung vom 13. 3. 2003 geäußerten – Ansicht 512 Im Ergebnis auch Mäsch, IPRax 2004, 421 (423 f.); Hohloch, JuS 2003, 921 (922 f.). 513 LSG Stuttgart, FamRZ 1977, 259. 514 Erst die sog. Witwenrentenentscheidung des BVerfG vom 30. 11. 1982 schuf Klarheit über den Witwenrentenanspruch bei hinkender Auslandsehe, vgl. dazu den Zweiten Teil, D.II.7. 515 BSGE 46, 104 (106). Zur Begründung vgl. noch Fn. 524. 516 Siehe die Ausführungen zum Ersten Teil, A. (S. 28). 517 Vgl. den Ersten Teil, A. (S. 28). 518 Hierfür erforderlich ist das Auftreten der trauenden Person als bestellter und zuständiger Standesbeamter, wobei Indiz die Vornahme der Amtshandlungen innerhalb der Diensträume sowie die Möglichkeit ist, Eintragungen in deutsche Heiratsbücher vorzunehmen, vgl. den Ersten Teil, A. (S. 30).
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
des IX. Zivilsenats des BGH nicht daran, dass die Eheschließenden den fremden Geistlichen in den zahlreich praktisch gewordenen Fällen regelmäßig nicht für einen Standesbeamten hielten519, denn etwaige Kenntnis der Beteiligten von dem Fehlen der Amtsbefugnis schadet i. R. v. § 1310 II BGB nicht520. Vielmehr sind die für die Analogie erforderlichen Anforderungen nicht erfüllt521. So ist im Zusammenhang mit dem Merkmal der planwidrigen Regelungslücke der Ausnahmecharakter des Art. 13 III 2 EGBGB im deutschen Recht zu berücksichtigen. In seiner ursprünglichen Fassung sollte § 15a EheG a. F. in erster Linie den Staatsangehörigen der Besatzungsmächte nach dem Zweiten Weltkrieg die Inlandseheschließung in ihrer Heimatform ermöglichen. Wegen der stetigen Zunahme konsularischer und konfessioneller Trauungen, bedingt durch die steigende Zahl ausländischer Gastarbeiter in Deutschland, fand § 15a EheG a. F. zunehmend Eingang in die Rechtsprechung der Gerichte522. Im Jahre 1965 hat der BGH zu dem bis dahin umstrittenen Begriff der ordnungsgemäßen Ermächtigung der Trauungsperson Stellung genommen. Danach bedarf es bei konfessionell bestellten Geistlichen einer individuellen Benennung durch die ausländische Regierung, womit der Staat gegenüber der Bundesrepublik für die formwirksame Begründung der Ehe nach seiner Rechtsordnung bürge523. Der Ausnahmecharakter des Art. 13 III 2 EGBGB sowie jene gefestigte Rechtsprechung des BGH würden umgangen werden, wenn man die Eheschließung ausländischer Partner vor einem Geistlichen ohne Trauungsermächtigung in entsprechender Anwendung des § 1310 II BGB (§ 11 II EheG a. F.) als wirksam anerkennen würde524. Zudem beweist die jeweils inhaltsgleiche Übernahme der § 11 II EheG 1946, § 1310 II BGB als Nachfolgenormen von § 15 II EheG 1938525, dass die Fassung des § 1310 II BGB kein gesetzgeberisches Versehen ist, es mithin an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Fernerhin ist auch die für die Analogie notwendige vergleichbare Sachverhaltslage zu verneinen. Die spätere Eintragung der religiösen Eheschließung zweier Griechen durch den zuständigen Standesbeamten – wie es bei der Entscheidung des LSG Stuttgart der Fall war526 – ist mit der Beurkundung der Ehe durch einen Scheinstandesbeamten in das Heiratsbuch gemäß § 1310 II BGB 519
BGH, IPRax 2004, 434 (439). Siehe den Ersten Teil, A. 521 Allgemein zu den Voraussetzungen einer Analogie vgl. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 4 V 1a Rn. 80. 522 Vgl. hierzu bereits den Zweiten Teil, C.II.2.d)aa). 523 BGHZ 43, 213 (225). Siehe schon die Erörterungen in Fn. 120, Erster Teil. 524 Auch das BSG verweist als Begründung für die Ablehnung der Analogie auf die „in sich abgeschlossene Ausnahmeregelung für nichtdeutsche Staatsangehörige“, BSGE 46, 104 (106). 525 Wagenitz/Bornhofen, S. 155, Rn. 17; Hepting, IPRax 1994, 355 (359). 526 LSG Stuttgart, FamRZ 1977, 259. 520
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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nicht vergleichbar527. Die Vorschrift verlangt nämlich den Eintrag durch den trauenden Scheinstandesbeamten selbst528. Würde dieser stattdessen das Heiratsbuch dem eheschließungsbefugten Standesbeamten zur Unterschrift vorlegen, würde Letzterer durch Leistung der Unterschrift eine Falschbeurkundung begehen. Im Ergebnis läge eine Nichtehe vor529. Eine analoge Anwendung des § 1310 II BGB ist sonach nicht möglich530. 4. Gleichsetzung von Nichtehe und nichtiger Ehe a) Meinungsstand unter Geltung des EheG Als Kompromiss zwischen Wahrung des Prinzips der zwingenden Ziviltrauung und der zum Teil geforderten Streichung des Art. 13 III EGBGB a. F. bezeichnete Henrich seinen vor der Eheschließungsrechtsreform im Anschluss an eine Entscheidung des LG Kleve531 unterbreiteten Vorschlag, eine Inlandstrauung, die weder vor einem Standesbeamten noch vor einer ermächtigten Person i. S. v. § 15a EheG a. F. geschlossen wurde, als nichtige Ehe mit entsprechender Heilungsmöglichkeit nach § 17 II EheG a. F. zu behandeln532. Die Nichtehe einer noch nach altem Recht normierten nichtigen Ehe (§§ 16 ff. EheG a. F.) gleichzustellen, hätte nach der Ansicht Henrichs befriedigende Ergebnisse zur Folge: Partner, die an ihre eheliche Verbindung ernsthaft glaubten, würden nicht mehr als unverheiratet angesehen werden, abstammende Kinder wären ehelich. Überdies würde der Wertungswiderspruch beseitigt werden, der darin bestünde, dass bigamische Ehen im Unterschied zu kirchlich geschlossenen Ehen aufgrund der – damals – in § 20 I EheG a. F. lediglich angeordneten Vernichtbarkeit zunächst Rechtswirkungen entfalten, obgleich die vor einem Geistlichen oder einem nicht ermächtigten Konsul vollzogenen Ehen schützenswerter 527 BSGE 46, 104 (106). Erst recht liegt kein vergleichbarer Sachverhalt vor, wenn die religiöse Trauung lediglich in einem ausländischen Register vermerkt wurde, vgl. BGH, IPRax 2004, 438 (439). 528 Siehe bereits den Ersten Teil, A. (S. 29) mit Nachweis in Fn. 31. 529 Nied, StAZ 1983, 283 (284); Hepting/Gaaz/Hepting, Rn. III-259 m.w. N. 530 Knapp ablehnend auch Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 500. 531 LG Kleve, FamRZ 1964, 365. 532 Henrich, RabelsZ 37 (1973), 230 (242 f.). Befürwortend auch v. Bar, NJW 1983, 1929 (1931); SG Düsseldorf vom 30. 5. 1978 – S 13 J 201/75 als Vorinstanz zu BSG vom 14. 5. 1981 – 4 RJ 105/78, abgedruckt in FamRZ 1981, 767 (768); Staudinger/ Strätz12., § 11 EheG Rn. 40. Eine Erstreckung des Anwendungsbereiches des § 17 II EheG a. F. auf Nichtehen wurde zum Teil auch von denjenigen Autoren im Schrifttum in Betracht gezogen, die eine Heilung durch jahrzehntelanges gutgläubiges Zusammenleben als Ehegatten (dazu noch eingehend der Zweite Teil, D.II.10.) forderten, vgl. Coester, StAZ 1988, 122 (128 f.); Hepting, IPRax 1994, 355 (360); Thomas, Formlose Ehen, S. 135–141; Steding, Der rechtliche Schutz nichtstandesamtlich geschlossener Ehen, S. 113 f.
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seien533. Nach Henrich sollte nur dann von einer Nichtehe ausgegangen werden, sofern keinerlei Eheschließungszeremonie stattgefunden hat, es ergo an einem Rechtsschein der Ehe fehlte534. Trotz der durch diesen Lösungsansatz ermöglichten Vermeidung von Härtefällen bei langjährig gelebter Ehegemeinschaft vermochte sich die vorgeschlagene Gleichstellung von Nichtehe und nichtiger Ehe unter Geltung des EheG in Rechtsprechung und Literatur nicht durchzusetzen. Der Ansicht Henrichs wurden vorrangig der Wortlaut und die Systematik der Eheschließungsvorschriften entgegengehalten535. So hätte man gemäß § 16 EheG a. F. von einer Nichtigkeit der Ehe nur bei Vorliegen der in den §§ 17 ff. EheG a. F. abschließend kodifizierten Nichtigkeitsgründe ausgehen können. § 17 II EheG a. F. regelte aber nur die Heilung einer gegen das Erfordernis der persönlichen und gleichzeitigen Anwesenheit verstoßenden formnichtigen Ehe, vgl. § 17 I i.V. m. § 13 I EheG a. F. und gerade nicht die Missachtung der zwingenden Zivilehe i. S. v. § 11 EheG a.F536. Einer analogen Anwendung des § 17 II EheG a. F. auf nichtstandesamtliche Trauungen hätte die eindeutige Entscheidung des Gesetzgebers – die Verletzung von § 11 EheG a. F. begründe keinen Nichtigkeitsgrund – entgegengestanden. § 17 II EheG a. F. soll außerdem auf der Voraussetzung aufgebaut haben, dass die Eheschließenden zumindest vor dem befugten Standesbeamten handelten. Trauungen, die gerade unter Ausschluss des Standesbeamten oder vor einer nicht ordnungsgemäß ermächtigten Person i. S. v. § 15a EheG a. F. stattfanden, seien damit nicht vergleichbar gewesen, weshalb es sowohl an der planwidrigen Regelungslücke als auch an der vergleichbaren Interessenlage gefehlt hätte537. b) Fortleben des Heilungsansatzes nach der Eheschließungsrechtsreform Nach der Neuordnung des Eheschließungsrechts ist die kontrovers diskutierte Heilungsalternative obsolet geworden, denn unter der gesetzgeberischen Zielset533 Henrich, RabelsZ 37 (1973), 230 (241 f.). Diesem Argument – trotz Ablehnung der Heilungsmöglichkeit – zustimmend: Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (771). 534 Henrich, RabelsZ 37 (1973), 230 (240, 242). 535 BGH, IPRax 2004, 438 (439 f.); OLG Köln, IPRax 1994, 371 (372); LG Bonn, IPRspr. 1992 Nr. 81; Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 15 f. m.w. N.; Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (771 f.); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 530; Neuhaus, FS Schwind, S. 223 (233 f.) kritisiert die Lösung generell als „zu summarisch“ erscheinend. 536 BGH, IPRax 2004, 438 (439 f.); OLG Köln, IPRax 1994, 371 (372); LG Bonn, IPRspr. 1992 Nr. 81; BSGE 45, 180 (182); BSG, FamRZ 1981, 767 (768); LSG Rheinland-Pfalz, FamRZ 1974, 373 (374); AG Pinneberg, FamRZ 1978, 893; Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770 (771). 537 BGH, IPRax 2004, 438 (440).
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zung, die Folgen rechtsfehlerhafter Eheschließungen zu vereinheitlichen538, wurde das Institut der Ehenichtigkeit gemäß den §§ 16 ff. EheG a. F. durch das EheschlRG vom 4. 5. 1998 abgeschafft539. Die die Vernichtbarkeit begründenden Tatbestände sind in den Katalog der Aufhebungsgründe überführt worden, vgl. § 1314 BGB. Eine Heilung durch Korrektur der Rechtsfolge „Nichtehe“ in „nichtige Ehe“ ist sonach nicht mehr möglich. aa) Gleichsetzung der Nichtehe mit der aufhebbaren Ehe? (1) Direkte Anwendung der Eheschließungsvorschriften Den Lösungsweg Henrichs unter veränderter Rechtslage fortführend wäre allein eine Gleichsetzung der Nichtehe mit der aufhebbaren Ehe denkbar. Ob dies bei direkter Anwendung der Eheschließungsvorschriften möglich ist, erscheint jedoch problematisch. So normieren § 1313 S. 3 i.V. m. § 1314 BGB die Fälle, in denen eine zunächst wirksame, aber aufhebbare Ehe vorliegt. Der Formfehler der mangelnden Eheschließung vor einem mitwirkungsbereiten Standesbeamten i. S. v. § 1310 I 1 BGB wird nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 1314 BGB nicht erfasst. Darüber hinaus sieht § 1315 BGB keine Heilungsmöglichkeit für derartige Nichtehen vor; § 1315 II Nr. 2 BGB kann nur bei einem Verstoß gegen § 1311 BGB zur Anwendung gelangen. Allein § 1310 III BGB regelt die Heilung nichtstandesamtlicher Trauungen. Angesichts der insoweit eindeutigen Normen540 scheidet eine Gleichstellung von Nichtehe und aufhebbarer Ehe bei direkter Heranziehung der Vorschriften aus. (2) Entsprechende Anwendung des § 1315 II Nr. 2 BGB Für die Heilung einer Nichtehe kommt somit allenfalls eine analoge Anwendung des § 1315 II Nr. 2 BGB, der inhaltlich dem § 17 II EheG a. F. entspricht541, in Betracht. Selbst wenn man die dafür notwendige vergleichbare Interessenlage darin sieht, dass sowohl ein Verstoß gegen die persönliche und gleichzeitige Anwesenheit i. S. v. § 1311 S. 1 BGB als auch eine Missachtung der standesamtlichen Mitwirkung bei der Eheschließung, § 1310 I 1 BGB, jeweils zu einer formfehlerhaften Ehen führt542, so ist jedenfalls das Vorliegen 538
BT-Drucks. 13/4898, S. 13 f. Dazu kritisch Bosch, FamRZ 1997, 138 (141); ders., NJW 1998, 2004 (2010– 2012). 540 Vgl. auch RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 53; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 530. 541 Siehe die Erörterungen zum Ersten Teil, B. (S. 32). 542 Unter alter Rechtslage hat der BGH die Vergleichbarkeit zwischen der nichtstandesamtlichen Trauung und dem Fall, dass § 17 II EheG a. F. infolge eines Verstoßes gegen die persönliche und gleichzeitige Anwesenheit i. S. v. § 13 I EheG a. F. zur An539
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einer planwidrigen Regelungslücke höchst fragwürdig. Schließlich ist zu bedenken, dass der Gesetzgeber mit § 1310 III BGB eine über das bis 1998 geltende Recht hinausgehende Heilungsmöglichkeit für Nichtehen geschaffen hat. Obschon sich § 1310 III BGB ausweislich der Gesetzesbegründung an der Heilungsvorschrift des § 17 II EheG a. F. orientiert543, sieht der Gesetzgeber für einen Verstoß gegen die obligatorische Zivilehe strengere Heilungsanforderungen vor als bei der Verletzung der Formvorschrift des § 1311 S. 1 BGB544. Ursache für jene Divergenz ist die Tatsache, dass die Abgabe des Ehekonsenses vor einem mitwirkungsbereiten und zuständigen Standesbeamten im Unterschied zu dem Erfordernis der persönlichen und gleichzeitigen Anwesenheit der Partner seit 1875 essentielle Gültigkeitsvoraussetzung einer inländischen Eheschließung ist545. In Fortführung dieser gesetzgeberischen Wertentscheidung beeinträchtigt die Verletzung des § 1311 S. 1 BGB die Wirksamkeit der Ehe zunächst nicht, während eine Missachtung des § 1310 I 1 BGB dazu führt, dass eine Ehe von Beginn an nicht zur Entstehung gelangen kann. Demzufolge wirkt sich die hohe Bedeutung der zwingenden standesamtlichen Beteiligung auf die Rechtsfolgen der Verletzung und auf die gesetzlichen Heilungsanforderungen aus. Dieses gesetzgeberische Gesamtkonzept würde umgangen werden, wenn für die Heilung von Nichtehen neben § 1310 III BGB auch der für die Heilung einer aufhebbaren Ehe konzipierte § 1315 II Nr. 2 BGB entsprechende Anwendung finden könnte. In Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke scheidet eine Analogie des § 1315 II Nr. 2 BGB deswegen aus546. bb) Ergebnis Die von Henrich entwickelte Heilungsmöglichkeit hat sich nach der Eheschließungsrechtsreform erledigt. Ein Blick in die aktuellen Aussagen des Autors offenbart, dass auch er selbst nicht mehr von dem Fortbestehen seiner Lösung ausgeht547. wendung gelangt, abgelehnt (vgl. soeben den Zweiten Teil, D.II.4.a), mit Nachweis in Fn. 537). 543 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 544 Kritisch hierzu bereits im Zweiten Teil, A.II.1. und allgemein zu den Anforderungen des § 1315 II Nr. 2 BGB vgl. den Ersten Teil, B. 545 Siehe schon die Einführung in das Thema (S. 20). 546 So i. E. auch Coester, FS Heldrich, S. 537 (542 f.); MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 168. 547 Henrich, IntFamR, § 1 VII (S. 41): „Für Deutschland hat man unter der Geltung des Ehegesetzes eine Analogie zu § 17 Abs. 2 EheG vorgeschlagen. Seit dem Inkrafttreten des Eheschließungsrechtsreformgesetzes läßt § 1310 Abs. 3 BGB sogar ausdrücklich auch die Heilung einer Nichtehe zu. Wenn unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen [. . .] eine Nichtehe sogar zu einer wirksamen Ehe werden kann, ist nicht
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5. Ehe durch spätere Erklärung des Eheschließungswillens anlässlich der Anlegung eines Familienbuches Eine weitere Möglichkeit zur Heilung nichtstandesamtlicher Trauungen zeigt der BGH in einer älteren Entscheidung aus dem Jahre 1978 auf548. Dieser lag eine Nichtehe aufgrund unwirksamer Ferntrauung nach der Personenstandsverordnung der Wehrmacht vom 17. 10. 1942549 zugrunde. Obwohl die vermeintliche Ehefrau im Rahmen der Ferntrauung den notwendigen Eheschließungswillen nicht vor dem Standesbeamten und der vermeintliche Ehemann diesen nicht vor seiner militärischen Dienststelle bekundete550, gingen die Partner in der Folgezeit von der Rechtsgültigkeit ihrer Ehe aus. Gutgläubig gaben sie sich Behörden und Dritten gegenüber als verheiratet aus. Vierzehn Jahre später beantragte die Frau bei dem Standesamt ihres damaligen Wohnortes die Anlegung eines Familienbuches. Sie gab als Tag der Eheschließung das Datum der unwirksamen Ferntrauung an und bezeichnete sich im Antragsformular als Ehefrau. Dem stimmte der vermeintliche Ehegatte gegenüber einem anderen, aber zuständigen Standesbeamten zu. Der BGH hatte nun darüber zu befinden, ob dem Begehren des klagenden Mannes auf Feststellung des Nichtbestehens der Ehe mit der Beklagten stattzugeben ist. Das Gericht wertete den Verweis auf die Ferntrauung durch die Beteiligten als Erklärung des Eheschließungswillens vor dem zuständigen Standesbeamten. Unter Berufung auf die allgemeinen Auslegungsgrundsätze konstatierte es, dass durch die Bestätigung der vermeintlich wirksamen Ehe anlässlich des Antrags auf Anlegung eines Familienbuches eine Ehe zustande gekommen sei. Der Umstand des fehlenden Eheschließungszeremoniells gemäß § 14 EheG a. F. (§ 1312 BGB n. F.) stünde nach Ansicht des BGH der Gültigkeit der Ehe nicht entgegen, schließlich handele es sich lediglich um eine Sollvorschrift551. Da die einzusehen, warum vor einer solchen Eintragung, aber bei tatsächlich gelebter Ehe, nicht von einer existierenden [. . .] Ehe sollte ausgegangen werden können.“ Anstatt auf die Fortgeltung der unter Geltung des EheG entwickelten Heilungsvariante einzugehen, setzt sich Henrich nunmehr augenscheinlich für eine ungeschriebene Heilung aufgrund jahrzehntelangen Ehelebens ein (hierzu noch der Zweite Teil, D.II.10.). 548 BGH, FamRZ 1983, 450. 549 RGBl. I, S. 597. Die Verordnung weist infolge Zeitablaufs keine aktuelle Relevanz mehr auf. 550 Ob die Eheschließungserklärungen entweder gar nicht oder jedenfalls nicht vor den für die Ferntrauung zuständigen Trauungspersonen abgegeben worden sind, konnte nicht zweifelsfrei bewiesen werden, vgl. BGH, FamRZ 1983, 450 (451). Bei fehlendem Ehekonsens würde die Verbindung nicht an einem formellen, sondern an einem materiellen Eheschließungsmangel leiden (siehe schon Fn. 9, Einführung). Da die Lehre (Hepting, IPRax 1994, 355 (356, 360); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 502) die hier zur Diskussion stehende Entscheidung nichtsdestotrotz im Rahmen der Heilung formungültiger Eheschließungen behandelt, soll die Besprechung des Urteils nicht außen vor bleiben. 551 BGH, FamRZ 1983, 450 (452).
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Trauungsperson fernerhin die Erklärungen der Partner nicht rechtlich zutreffend werten muss, würde die irrtümliche Annahme der Standesbeamten, es ginge allein um einen Antrag auf Anlegung eines Familienbuches, nicht schaden552. Letztlich begründe der Mangel der gleichzeitigen Anwesenheit der Partner vor der Trauungsperson gemäß § 13 I EheG a. F. (§ 1311 I S. 1 BGB n. F.) – wie es hier aufgrund der Antragstellung allein durch einen Partner der Fall war – zwar zunächst eine nichtige Ehe i. S. v. § 17 I EheG a. F., diese sei allerdings durch die langjährige Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft nach § 17 II EheG a. F. geheilt worden553. a) Beurteilung der Entscheidung Besonderheit des Urteils ist, dass nach der Auffassung des BGH die Ehe nicht durch die Ferntrauung, sondern durch eine erneute – obschon formwidrige, aber heilbare – Erklärung des Ehewillens anlässlich der Beantragung der Anlegung eines Familienbuches gegenüber dem Standesbeamten begründet wurde. Zu untersuchen ist, ob dies rechtlich zutreffend ist. Sollte dies der Fall sein, gilt es zu hinterfragen, ob sich die Ausführungen im Hinblick auf eine ungeschriebene Heilungsvariante verallgemeinern lassen. Rechtlich nicht zu beanstanden sind zunächst die Erörterungen in Bezug auf die Entbehrlichkeit eines Eheschließungsverfahrens nach § 14 EheG a. F. (§ 1312 BGB n. F.) sowie die Annahme einer Heilungsmöglichkeit der vernichtbaren Ehe unter Geltung des EheG 1946 gemäß § 17 II EheG a. F. Weiterhin hat der BGH richtig herausgearbeitet, dass es nicht auf das Verständnis des Standesbeamten hinsichtlich der rechtlichen Einschätzung der durch die Beteiligten abgegebenen Erklärungen ankommt. Vielmehr ist der Ehekonsens allein gegenüber dem anderen Partner abzugeben, mithin ist für ihn die Erklärung bestimmt, so dass ausschließlich dessen Empfängerhorizont für die Auslegung maßgebend ist554. Demgegenüber kommt dem Standesbeamten lediglich die Funktion eines Zeugen für die Abgabe der Eheschließungserklärungen zu555. Daraus folgt für die zur Diskussion stehende Entscheidung, dass allein die Sicht des Klägers als Erklärungsempfänger für die Deutung des Antrags der Beklagten ausschlaggebend ist. Fraglich ist somit, wie der Kläger die Bezugnahme der Beklagten auf die Ferntrauung bei Beantragung der Anlegung eines Familienbuches verstehen durfte. Da die Eheschließungserklärungen empfangsbedürftige Willenserklärungen darstellen, sind die für Willenserklärungen ent-
552 553 554 555
Vgl. Fn. 551. BGH, FamRZ 1983, 450 (451). OLG Karlsruhe, StAZ 1994, 286 (287). RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 38.
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wickelten Auslegungsgrundsätze nach §§ 133, 157 BGB heranzuziehen556. Die Orientierung des § 133 BGB am „wirklichen Willen“ des Erklärenden wird bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen durch die Berücksichtigung des Verkehrsinteresses nach § 157 BGB mittels einer sog. objektiv-normativen Auslegung ergänzt557. Der Erklärende muss sich somit an dem festhalten lassen, was der Empfänger vernünftigerweise verstehen konnte558. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Auslegung der von den Parteien gewählte Wortlaut und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille maßgeblich559. Vorliegend beantragte die Beklagte unter ausdrücklichem Verweis auf eine vor vierzehn Jahren durchgeführte Ferntrauung die Anlegung eines Familienbuches. Sowohl Tag als auch Ort der Ferntrauung wurden gegenüber dem Standesbeamten genau angegeben, die Antragstellerin bezeichnete sich überdies als Ehefrau. Der zustimmende Kläger als Erklärungsempfänger konnte die Äußerungen nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte folglich nur dahingehend verstehen, dass die Beklagte bereits von dem Vorliegen einer wirksamen Eheschließung unter Geltung der Personenstandsverordnung der Wehrmacht ausging. Der dem Antrag zu entnehmende objektive Erklärungswert ergibt nach dem Horizont des Empfängers gerade nicht, dass mehr als die Anlegung eines Familienbuches bezweckt war. Dies folgt auch aus der Berücksichtigung der außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände, die in die Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB einzubeziehen sind560. Die Beklagte nahm nämlich nach der vollzogenen Ferntrauung den Namen des Klägers an, den auch das aus dieser Verbindung stammende Kind erhielt. Des Weiteren traten die Partner nach der für wirksam gehaltenen Ferntrauung im Rechtsverkehr als Ehegatten auf und wurden durch Behörden und Dritte dementsprechend behandelt. Zweifel an der Gültigkeit der Ehe bestanden sonach nicht. Zu schlussfolgern ist also, dass nach dem Verständnis des Klägers die Beklagte keinen auf Begründung einer Ehe gerichteten Trauungswillen anlässlich der Anlegung eines Familienbuches äußerte561. Die Erklärung über das Bestehen einer Ehe wird nur in Anerkennung eines bestehenden Rechtsverhältnisses, nicht aber mit der Absicht ihrer Begründung abgegeben. Der Annahme des 556 Der BGH verweist lediglich auf die Heranziehung der allgemeinen Auslegungsgrundsätze, vgl. BGH, FamRZ 1983, 450 (451), setzt sich aber mit den verschiedenen Auslegungsmethoden gemäß §§ 133, 157 BGB nicht näher auseinander. 557 JurisPK-BGB/Reichold, § 133 BGB Rn. 1, 7. 558 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, § 24 Rn. 323. 559 BGHZ 121, 13 (16); BGH, NJW 1998, 900 (901); BGH, NJW 1995, 1212 (1213). 560 BGH, NJW-RR 2000, 1002 (1003 m.w. N.). 561 Nach der Meinung Heptings unterstellt der BGH den Eheschließungswillen fiktiv, denn eine „vernünftige Auslegung“ würde gerade zu einem gegenteiligen Ergebnis führen, Hepting, IPRax 1994, 355 (356).
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
BGH, die Ehe sei durch den Verweis auf die Ferntrauung, mithin durch „Bestätigung“562 zustande gekommen, stehen der Wortlaut und der objektiv erklärte Parteiwille entgegen. Der objektive Erklärungswert ist im Rahmen der Auslegung nur dann nachrangig, wenn Erklärender und Erklärungsempfänger dasselbe meinen oder der Erklärungsempfänger zumindest erkannt hat, was der Erklärende in Wirklichkeit wollte. Ohne Rücksicht auf einen abweichenden Wortlaut gilt dann das von den Vertragsschließenden übereinstimmend Gewollte, sog. falsa demonstratio non nocet563. Nach dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt bestätigte der Kläger die Angaben der Beklagten gegenüber dem Standesbeamten. Dem Verweis auf eine bereits erfolgte Trauung durch die vermeintliche Ehegattin widersprach er nicht. Er ging damit wie die Beklagte von der Existenz einer wirksamen Ehe aus, so dass auch aus seiner Sicht ausschließlich die Anlegung eines Familienbuches bezweckt war. Ein übereinstimmender, vom Wortlaut abweichender Wille ist daher nicht zu erkennen. Die Ausführungen des BGH können sonach auch nicht durch die Annahme einer falsa demonstratio non nocet gestützt werden. Eine Auslegung der Erklärungen der Parteien ergibt demnach, dass der BGH zu Unrecht von dem Zustandekommen einer formfehlerhaften, aber heilbaren Ehe durch die Beantragung der Anlegung eines Familienbuches ausgegangen ist. Der Verweis der Partner auf eine bereits vollzogene Trauung kann nach §§ 133, 157 BGB nicht als Abgabe des Ehekonsenses vor dem zuständigen Standesbeamten aufgefasst werden. Eine Statusänderung konnte entgegen der Ansicht des Gerichts nicht eintreten. Die unwirksame Ferntrauung der Betroffenen wäre heute auch nicht über § 1310 III BGB zu heilen, denn die dafür erforderlichen Eheschließungserklärungen (vgl. § 1310 III HS. 1 BGB) wurden nicht nachweisbar geäußert564. In Anbetracht dessen hält Steding der Entscheidung zutreffend entgegen, dass das Gericht sein Augenmerk zu einseitig auf den später erfolgten Verwaltungsvorgang legte, nur weil sich dieser vor dem Standesamt abspielte565. Da in diesem Rahmen der ehebegründende Konsens gemäß §§ 133, 157 BGB zweifelsfrei nicht abgegeben wurde, konnte die standesamtliche Mitwirkung bei der Anlegung des Familienbuches von vornherein nicht die ihr zukommenden Schutzzwecke, d.h. Warn-, Klarstellungs- und Beweisfunktion erfüllen. Überzeugend
562 Hepting, IPRax 1994, 355 (360) bezeichnet die Rspr. als „Ehe durch Bestätigung“. 563 BGH, NJW 2002, 1038 (1039 m.w. N.); BGH, NJW 1998, 746 (747); BGH, NJW-RR 1993, 373. 564 Vgl. bereits Fn. 550. 565 Steding, Der rechtliche Schutz nichtstandesamtlich geschlossener Ehen, S. 65.
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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erachtet daher Steding die durch den BGH getroffene Gesamtwürdigung des Falles für bedenklich566. b) Fazit Der Gesetzgeber verlangt für das Zustandekommen und die Heilung einer formwidrigen Ehe die Abgabe des Ehekonsenses (vgl. § 1310 I 1, III HS. 1 BGB), ist dieser doch wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen der Ehe und der nichtehelichen Lebensgemeinschaft567. Im Zweifel ist die Existenz eines beiderseitigen Eheschließungswillens durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Der BGH deutete die Erklärungen der Partner anlässlich der Beantragung der Anlegung eines Familienbuches falsch und verkannte infolgedessen, dass der negativen Feststellungsklage des Klägers, gerichtet auf die Feststellung des Nichtbestehens der Ehe mit der Beklagten, hätte stattgegeben werden müssen. Verallgemeinerungsfähige Grundsätze zugunsten einer außergesetzlichen Heilungsvariante lassen sich aufgrund der fehlerhaften Auslegung des Gerichts aus der – ohnehin vereinzelt gebliebenen – Entscheidung nicht ableiten568. 6. Heilung der Nichtehe durch Erlass eines rechtskräftigen Scheidungsurteils Für die deutsche Gerichtsbarkeit bringen Eheschließungen mit Auslandsberührung im Zusammenhang mit der Frage nach ihrer Formwirksamkeit einen erhöhten Prüfungsumfang mit sich. Neben der Feststellung, ob die Auslandstrauung i. S. v. Art. 11 I EGBGB den Anforderungen der oder den beteiligten ausländischen Rechtsordnung(en) genügt, kann auch die Untersuchung der Gültigkeit der Inlandstrauung ausländischer Partner gemäß Art. 13 III 2 EGBGB Schwierigkeiten bereiten, muss die Eheschließung doch der Form des ermächtigenden Staates genügen, dem zumindest einer der ausländischen Verlobten angehört. Soll nun eine Ehe durch ein deutsches Urteil gemäß § 1564 S. 1 BGB geschieden werden, muss sich das Familiengericht569, bei dem das Verfahren auf 566
Steding, Der rechtliche Schutz nichtstandesamtlich geschlossener Ehen, S. 65 f. Erster Teil, C.I.1. 568 Hepting, IPRax 1994, 355 (360) begründet die fehlende Verallgemeinerungsfähigkeit damit, dass die Heilung einer Nichtehe anderenfalls von einem Antrag auf Anlegung eines Familienbuches und damit von Zufälligkeiten abhängen würde. 569 Für das Scheidungsverfahren als Ehesache, vgl. § 606 I 1 ZPO, sind im ersten Rechtszug sachlich die Familiengerichte (§§ 23a Nr. 4, 23b I 1, 2 Nr. 1 GVG) als gesonderte Abteilungen des Amtsgerichts für Familiensachen zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts folgt aus § 606 ZPO. 567
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Scheidung gemäß § 622 I ZPO durch Einreichen einer Antragsschrift anhängig gemacht wurde, mit der kollisionsrechtlichen Vorfrage der Gültigkeit der Ehe auseinandersetzen, vgl. Art. 17 I 1 EGBGB. Die dabei dem zuständigen Familiengericht von Amts wegen zukommende Ermittlungspflicht gemäß § 616 ZPO schließt bei Trauungen mit Auslandsbezug die Prüfung ausländischer Eheschließungsvoraussetzungen mit ein. Der scheidungswillige Partner wird durch die Vorlage einer Heiratsurkunde (§ 9 PStG) oder eines Auszugs aus dem Heiratsoder Familienbuch (§§ 11 ff. PStG) der ihn treffenden Feststellungslast gerecht570. Kommt der deutsche Richter nach seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass die ihm zur Scheidung unterbreitete Ehe aus deutscher Sicht tatsächlich eine Nichtehe ist, greift Art. 17 I 1 EGBGB nicht ein. Wird der Scheidungsantrag durch den Antragsteller nicht zurückgenommen, muss ihn der Richter als unbegründet abweisen571. Aussicht auf Erfolg hätte aber eine negative Feststellungsklage gemäß § 632 ZPO, gerichtet auf die Feststellung des Nichtbestehens der Ehe572. Nimmt hingegen das Familiengericht infolge einer fehlerhaften Prüfung der Eheschließungsanforderungen statt einer Nichtehe irrtümlich die Existenz einer gültigen Ehe an und ergeht ein Scheidungsurteil, so hinterfragt Schwind, ob die Rechtskraftwirkung des Statusurteils zu einer rückwirkenden Entstehung der Ehe führt573. Würde man dies bejahen, wäre die formfehlerhafte Ehe für den Zeitraum zwischen dem vermeintlichen Trauungsdatum und der Rechtskraft des Scheidungsurteils geheilt. Auch das LG Bonn hatte sich in seinem Beschluss vom 18. 1. 1985 mit dieser Problematik zu befassen574. Das Gericht sah sich mit einer Inlandseheschließung zweier Griechen vor einem griechischen Archimandriten konfrontiert, die wegen der fehlenden ordnungsgemäßen Benennung der Trauungsperson i. S. d. § 15a EheG a. F. (Art. 13 III 2 EGBGB n. F.) für den deutschen Rechtskreis eine Nichtehe darstellte. Zur Entscheidung stand, ob das aus dieser Verbindung stammende Kind durch den Erlass eines rechtskräftigen Scheidungsurteils rückwirkend den Status eines ehelichen Kindes erhalten hätte. Während das LG Bonn konstatierte, dass die Grundsätze formeller und materieller Rechtskraft keine Auswirkungen auf den familienrechtlichen Status haben könnten, mithin weder das Bestehen einer rechtsgültigen Ehe noch die Ehelichkeit des Kindes 570
AnwK/Bisping, § 1564 BGB Rn. 10; Zöller/Philippi, § 616 ZPO Rn. 2. MüKo/Winkler von Mohrenfels, Art. 17 EGBGB Rn. 80. 572 Zu der streitigen Frage, ob das Ehefeststellungsurteil gemäß § 632 ZPO Rechtskraftwirkung inter partes oder erga omnes entfaltet, siehe bereits die Ausführungen zum Zweiten Teil, B.III.1. 573 Schwind, RabelsZ 38 (1974), 523 (528). 574 LG Bonn, StAZ 1985, 135. 571
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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rückwirkend feststünden575, lehnte Schwind die statusrechtliche Heilung nur vage ab576, folgerte aber aus der Rechtskraft- und Tatbestandswirkung des Scheidungsurteils das Eintreten sämtlicher Rechte und Pflichten, die „eben aus einem Scheidungsurteil für die geschiedenen Ehegatten abzuleiten sind“577. Nach der Auffassung des Autors würden rückwirkend wechselseitige Unterhaltsansprüche sowie Namensführungsrechte für die Dauer der Nichtehe begründet werden; überdies würden die betreffenden Kinder nachträglich ehelich werden578. a) Kritische Bewertung Sowohl das LG Bonn als auch Schwind verneinen damit eine statusrechtliche Heilung der Nichtehe aus verfahrensrechtlichen Gründen. Selbst wenn das rechtlich zutreffend sein sollte, bestehen Bedenken in Bezug auf die Schlüssigkeit der Argumentation, denn Schwind verwirft die nachträgliche Anerkennung lediglich, weil anderenfalls „rückwirkend durch die Scheidung ein Nichtigkeitsgrund der Doppelehe geschaffen werden könnte“579. Das LG Bonn begnügt sich demgegenüber mit einem Verweis auf die Grundsätze formeller und materieller Rechtskraft580. Fernerhin erscheint problematisch, dass Schwind zwar nicht von der Heilung der Nichtehe in der Substanz ausgeht, jedoch das Entstehen von Ehewirkungen für diesen Zeitraum annimmt. Argumentationsgrundlage ist auch hier die Rechtskraftwirkung des Scheidungsurteils. Die Untersuchung der Wirkungen und Grenzen der Rechtskraft ist daher unerlässlich, um die verfahrensrechtliche Möglichkeit einer Heilung im Status oder in den Rechtsfolgen beurteilen zu können. aa) Überblick über die formelle und materielle Rechtskraft Zu unterscheiden ist zunächst die formelle Rechtskraft i. S. v. § 705 ZPO von der materiellen Rechtskraft nach § 322 ZPO. Unterliegt ein Urteil keinem befristeten Rechtsmittel mehr, so erwächst es nach der gesetzlichen Definition des § 705 S. 1 ZPO in formelle Rechtskraft. Sie ist Voraussetzung dafür, dass die Entscheidung für die Parteien eine inhaltliche Bindungswirkung entfaltet. Materielle Rechtskraft bedeutet mithin, dass der Inhalt des Urteils für die Beteiligten und ein neu angerufenes Gericht maßgeblich ist, soweit es in einem weiteren 575 576 577 578 579 580
Siehe Fn. 574. Schwind, RabelsZ 38 (1974), 523 (528). Schwind, RabelsZ 38 (1974), 523 (528 f.). Schwind, RabelsZ 38 (1974), 523 (529). Vgl. Fn. 573. Nachweis in Fn. 574.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Verfahren um den gleichen prozessualen Anspruch geht581. Dadurch wird die erneute Verhandlung und die möglicherweise abweichende Entscheidung über denselben Streitgegenstand zugunsten der Sicherung des Rechtsfriedens verhindert582. Die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, die materielle Rechtskraft auf die Entscheidung über den prozessualen Anspruch zu beschränken, vgl. § 322 I ZPO, verdeutlicht, dass Gegenstand der materiellen Rechtskraft allein die gerichtliche Entscheidung über den Streitgegenstand ist583. Diese ist in erster Linie dem Urteilstenor zu entnehmen, welcher das Ergebnis des Subsumtionsschlusses enthält584. Daraus folgt, dass einzelne Urteilselemente, tatsächliche Feststellungen sowie die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen nicht an der materiellen Rechtskraft teilnehmen585. bb) Erstreckung der materiellen Rechtskraft auf die Statusbeziehung? Es ist also zur Klärung der Frage, ob die Nichtehe von der materiellen Rechtskraft des Scheidungsurteils erfasst wird und dadurch rückwirkend eine Heilung erfährt, allein auf den Tenor des Scheidungsurteils abzustellen, da dieser die in materielle Rechtskraft erwachsende gerichtliche Entscheidung über den Streitgegenstand enthält. In der Praxis beinhaltet die Urteilsformel eines Scheidungsurteils den Ausspruch der Scheidung der Ehe zwischen Antragsteller und Antragsgegner. Dass demnach die Ehe im Entscheidungstenor aufgeführt wird, könnte auf den ersten Blick darauf schließen lassen, dass die materielle Rechtskraftwirkung auch die in Wirklichkeit vorliegende Nichtehe erfasst. Zu berücksichtigen ist jedoch die Klassifizierung des Scheidungsurteils als Gestaltungsurteil, bei dem nach heute ganz einhelliger Ansicht die Gestaltungswirkung von der materiellen Rechtskraft zu trennen ist. Während die Gestaltungswirkung des Urteils zur Folge hat, dass die Ehe bei Eintritt der formellen Rechtskraft mit sofortiger Wirkung ex nunc aufgelöst ist (vgl. auch § 1564 S. 2 BGB), beinhaltet die materielle Rechtskraft allein die Feststellung, dass dem Kläger ein Recht auf Umgestaltung der Rechtslage entsprechend der gerichtlichen Entscheidung zusteht586. Demzufolge hat die materielle Rechtskraft bei 581
Musielak/Musielak, § 322 ZPO Rn. 1; Thomas/Putzo/Reichold, § 322 ZPO
Rn. 1. 582
Lüke, JuS 2000, 1042. Dies entspricht ständiger Rspr., vgl. statt aller BGH, NJW 2003, 3058 (3059); BGH, ZIP 1999, 404 (405 m.w. N.); BAG, NJW 2002, 1593 (1595). 584 Batschari/Durst, NJW 1995, 1650 m.w. N.; Lüke, JuS 2000, 1042 (1044); MüKo/Gottwald, § 322 ZPO Rn. 86 f. m.w. N. 585 BGH, NJW 2003, 3058 (3059); BGH, ZIP 1999, 404 (405); BGH, NJW 1995, 2993; BAG, NJW 2002, 1593 (1595). 583
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Erlass eines Scheidungsurteils lediglich die Feststellung zum Inhalt, dass sich die Parteien zwar nicht mehr auf die mit der Ehe verbundenen Wirkungen berufen können, sie nunmehr aber zur Geltendmachung materieller Scheidungsfolgen berechtigt sind587. Ein größerer Umfang kommt der materiellen Rechtskraft bezogen auf ein Scheidungsurteil nicht zu. Zu schlussfolgern ist somit, dass im Fall einer versehentlichen Scheidung einer Nichtehe diese gerade nicht von der materiellen Rechtskraft des Scheidungsurteils erfasst wird. Vielmehr handelt es sich bei der Feststellung einer gültigen Ehe lediglich um eine Vorfrage588, genauer gesagt um ein dem Scheidungsprozess zugrunde liegendes sog. vorgreifliches bzw. präjudizielles Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen es abhängt, wie der Rechtsstreit entschieden werden muss. Da vorgreifliche Rechtsverhältnisse allerdings nicht unmittelbarer Gegenstand des Urteils sind, erwachsen sie nach ständiger Rechtsprechung und der überwiegenden Ansicht im Schrifttum nicht in materielle Rechtskraft589. Die zum Teil vorgeschlagene Erweiterung der Bindungswirkung von Urteilen auf präjudizielle Rechtsverhältnisse im Rahmen von „Sinn- und Ausgleichszusammenhängen“590 kann hier keine Berücksichtigung finden, denn die Lehre wurde für Fallgestaltungen entwickelt, bei denen ein Gericht eines Zweitprozesses über eine bereits entschiedene Vorfrage des Erstprozesses erneut zu verhandeln hat591. Eine solche Konstellation liegt bei dem Erlass eines Scheidungsurteils in Bezug auf eine Nichtehe nicht vor. Folglich entfaltet die gerichtliche Entscheidung über das Bestehen der Ehe als vorgreifliches Rechtsverhältnis keine Bindungswirkung. Schwind verweist sonach zutreffend darauf, dass die Bezeichnung der zu scheidenden Ehe im Urteil nur ihrer Individualisierung dient592. Weitergehende Zwecke erfüllt sie 586 Musielak/Musielak, § 322 ZPO Rn. 63; MüKo/Gottwald, § 322 ZPO Rn. 188 m.w. N.; Zöller/Vollkommer, § 322 Rn. 4 m.w. N.; Lüke, JuS 2000, 1042 (1045 f. m.w. N.). 587 Wesentliche Scheidungsfolgen sind der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, §§ 1569 ff. BGB, der nach §§ 1587 ff. BGB zu erfolgende Versorgungsausgleich sowie die rechtsgestaltende Regelung der Rechtsverhältnisse an der Wohnung und am Hausrat gemäß §§ 1 ff. HausratsVO, vgl. AnwK/Bisping, § 1564 BGB Rn. 14. 588 BGH, IPRax 2004, 438 (441); a. A. Schwind, RabelsZ 38 (1974), 523 (530). 589 BGH, NJW 2003, 3058 (3059); BGH, ZIP 1999, 404 (405); BGH, NJW 1995, 2993; Grunsky, LMK 2003, 197 (198); Lüke, JuS 2000, 1042 (1045); Habscheid/Habscheid, FamRZ 1999, 480 (481); Batschari/Durst, NJW 1995, 1650 (1652); Thomas/ Putzo/Reichold, § 322 ZPO Rn. 19, 28 m.w. N.; Musielak/Musielak, § 322 ZPO Rn. 17; Zöller/Vollkommer, Vor § 322 ZPO Rn. 28, 34 m.w. N. 590 Siehe insbes. Zeuner, Die objektiven Grenzen der Rechtskraft im Rahmen rechtlicher Sinnzusammenhänge, S. 72 ff., 115 f.; Foerste, ZZP 108 (1995), 167 (170 ff.). 591 Vgl. Zöller/Vollkommer, Vor § 322 ZPO Rn. 28. 592 Schwind, RabelsZ 38 (1974), 523 (528). Zustimmend Henrich, FamRZ 1987, 950; ders., IPRax 1985, 353; Staudinger/Mankowski, Art. 17 EGBGB Rn. 78.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
nicht. Die Nichtehe wird daher im Ergebnis nicht durch ein Scheidungsurteil rückwirkend in das Leben gerufen593. Eine statusrechtliche Heilung scheidet aber nicht aus dem von Schwind angeführten Grund der Verhinderung der Doppelehe aus, sondern ausschließlich wegen der fehlenden materiellen Rechtskrafterstreckung. cc) Auswirkungen der materiellen Rechtskraft auf die Ehefolgen Für die Dauer der Nichtehe können nachträglich auch keine Ehewirkungen entstehen, denn was für den Ausschluss der Heilung aufgrund der mangelnden Rechtskrafterstreckung auf das präjudizielle Rechtsverhältnis gilt, muss auch für die Rechtsfolgen einer formwidrigen Ehe Berücksichtigung finden. So begründet die gerichtliche Behandlung der Ehe als Vorfrage im Scheidungsverfahren entgegen der Ansicht Schwinds594 keine wechselseitigen Unterhaltsverpflichtungen zwischen den Partnern für den Zeitraum der vermeintlich bestehenden Ehe. Gleiches gilt für die von Schwind erwähnten Namensführungsrechte und die Frage der Ehelichkeit der Kinder. Demzufolge ergeben sich aus der Rechtskraftwirkung des Scheidungsurteils rückwirkend keine Rechte und Pflichten, die mit einer gültigen Ehe bis zu ihrer Auflösung zusammenhängen595. b) Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 II ZPO Anders wäre die Rechtslage jedoch zu beurteilen, wenn im Scheidungsprozess eine Zwischenfeststellungsklage nach § 256 II ZPO erhoben werden könnte, um über die Vorfrage nach der Gültigkeit der Ehe eine rechtskraftfähige Entscheidung mit Wirkung inter partes596 herbeizuführen. Eine Zwischenfeststellungsklage ist allerdings wegen § 610 II ZPO in Ehesachen – wie dem des Scheidungsverfahrens, vgl. § 606 I 1 ZPO – ausgeschlossen597. Ohnehin würden die Parteien im Regelfall von diesem prozessualen Instrument keinen Gebrauch 593 Bestätigend BGH, IPRax 2004, 438 (441, 442); LG Bonn, StAZ 1985, 135; Henrich, IPRax 1985, 353; ders., FamRZ 1987, 950; Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1564 BGB Rn. 23; Bamberger/Roth/Neumann, § 1564 BGB Rn. 7; Staudinger/Mankowski, Art. 17 EGBGB Rn. 78; Staudinger/Rauscher, § 1564 BGB Rn. 10; Staudinger/Voppel, Vorbem zu §§ 1313 ff. BGB Rn. 23; MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 24. 594 Schwind, RabelsZ 38 (1974), 523 (528). 595 So im Ergebnis auch BGH, IPRax 2004, 438 (442); LG Bonn, StAZ 1985, 135; Henrich, IPRax 1985, 353; v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 VI 1b (3) Rn. 260 Fn. 768; Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1564 BGB Rn. 23; RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 3; Bamberger/Roth/Neumann, § 1564 BGB Rn. 7; Staudinger/Rauscher, § 1564 BGB Rn. 10. 596 Habscheid/Habscheid, FamRZ 1999, 480 (481). 597 Zöller/Greger, § 256 ZPO Rn. 28; Musielak/Foerste, § 256 ZPO Rn. 39; Musielak/Borth, § 610 ZPO Rn. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 256 ZPO Rn. 110.
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machen, denn genauso wie das Gericht gehen sie im Rahmen des Scheidungsverfahrens von der Existenz einer wirksamen Ehe aus. c) Ergebnis Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die materielle Rechtskraft eines Scheidungsurteils nicht rückwirkend zur statusrechtlichen Heilung einer Nichtehe führt. 7. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Witwenrente gemäß § 1264 RVO a. F. (§ 46 SGB VI n. F.) bei hinkenden Auslandsehen Nach dem Erlass des sog. Spanier-Beschlusses vom 4. 5. 1971598 als wichtigen Meilenstein in der Entwicklung des deutschen Internationalen Eherechts im 20. Jahrhundert hatte das BVerfG am 30. 11. 1982599 erneut Gelegenheit, eine im Internationalen Privatrecht als gefestigt anzusehende Rechtsprechung auf den Prüfstand der Verfassung zu stellen. Anlass war ein Urteil des BSG600, das sich mit folgendem Sachverhalt konfrontiert sah: Die Beschwerdeführerin mit ursprünglich deutscher Staatsangehörigkeit schloss 1947 in einer von englischen Besatzungstruppen belegten Kaserne in Hilden mit einem britischen Soldaten die Ehe vor einem nach englischem Recht dazu legitimierten Geistlichen. Eine standesamtliche Trauung gemäß den deutschen Eheschließungsvorschriften fand nicht statt. Das Paar zog sodann nach England, wo die Beschwerdeführerin die englische Staatsangehörigkeit erwarb. Schon im Jahre 1949 kehrten sie nach Deutschland zurück und lebten hier 25 Jahre zusammen. Während dieser Zeit hegten weder sie selbst noch die deutschen Behörden Zweifel an der Rechtswirksamkeit der Ehe. Bei der Geburt ihrer Tochter stellte der zuständige deutsche Standesbeamte 1952 eine Urkunde aus, in der die Beschwerdeführerin als Ehefrau bezeichnet und auf der die Eheschließung in Hilden vermerkt wurde. Der Partner der Beschwerdeführerin war als ziviler Arbeitnehmer der britischen Rheinarmee in der deutschen Arbeiterrentenversicherung pflichtversichert. Als er 1975 starb, bewilligte der Träger der englischen Rentenversicherung der Beschwerdeführerin eine Witwenrente. Demgegenüber lehnte die zuständige Landesversicherungsanstalt in der Bundesrepublik die Bewilligung einer Hinterbliebenenrente mit der Begründung, die Beschwerdeführerin sei nach deutschem Recht mit dem Versicherten nicht wirksam verheiratet, ab.
Das mit der Klage zunächst befasste SG verurteilte die Landesversicherungsanstalt unter Aufhebung ihres Bescheides zur Gewährung von Witwenrente an die Beschwerdeführerin. Dabei ging das Gericht davon aus, dass der Mangel 598 599 600
BVerfGE 31, 58. BVerfGE 62, 323. BSG, FamRZ 1981, 767.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
der Beobachtung der deutschen Eheschließungsvorschriften in analoger Anwendung des § 17 II EheG a. F. geheilt sei601. Das BSG hob diese Entscheidung auf. Es konstatierte das Fehlen der formellen Eheschließungsanforderungen nach deutschem Recht, Art. 13 III EGBGB a. F. i.V. m. § 11 EheG a. F., und verwarf – zu Recht602 – die vom SG befürwortete entsprechende Anwendung des § 17 II EheG a. F. auf Nichtehen603. In Übereinstimmung mit seiner bisherigen, indes vielfach gescholtenen604 Rechtsprechung versagte das BSG dem Überlebenden aus einer Ehe, welche zwar nach ausländischem, nicht aber nach deutschem Recht wirksam war, die begehrte Hinterbliebenenversorgung605. Schließlich sei die Witwen- bzw. Witwereigenschaft i. S. v. §§ 1264, 1266 RVO a. F. (§ 46 SGB VI n. F.) „ausschließlich nach dem familienrechtlichen Status der Witwe zu beurteilen, der sich aus der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften ergibt“606. Auf die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde hatte das BVerfG darüber zu befinden, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar sei, der Witwe eines Versicherten die Witwenrente aus der deutschen Arbeiterrentenversicherung zu verweigern, weil eine hinkende Auslandsehe vorlag. Das Gericht sah die Verfassungsbeschwerde als begründet an und verwarf insoweit die ständige Judikatur 601
SG Düsseldorf, FamRZ 1981, 767 (768). Siehe bereits die Ausführungen unter dem Zweiten Teil, D.II.4.a). 603 BSG, FamRZ 1981, 767 (768). 604 So insbes. Bosch, der die Rspr. des BSG seit Jahrzehnten kritisch begleitet hat (siehe nur FamRZ 1981, 769); Wengler, NJW 1981, 2617 f.; Schmidt-Räntsch, IPRax 1983, 112 f.; v. Maydell, FS Bosch, S. 645 (646 ff.). 605 Vgl. aus der ständigen Rechtsprechungspraxis u. a. BSGE 10, 1 (3 f.); 27, 96 (97 ff.); 33, 219 (220 ff.); 45, 180 (181 ff.). Eine Ausnahme aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes wurde nur dann gemacht, sofern die Eheschließung Eingang in das Familienbuch fand, vgl. BSGE 46, 104 (106 f.); ähnlich der Begründungsgang für die Anerkennung der sog. hinkenden Scheidung in BSGE 43, 238. Bei dem hier erörterten Witwenrentenfall lag kein Eintrag der Ehe in ein deutsches Familienbuch vor, weshalb der Anspruch auf Hinterbliebenenrente im Ergebnis versagt wurde. 606 BSG, FamRZ 1981, 767 (768). Zu dieser von der sozialgerichtlichen Rspr. vorgenommenen selbständigen Anknüpfung der zivilrechtlichen Vorfrage im Rahmen einer Norm des öffentlichen Rechts siehe schon die Darlegungen unter dem Zweiten Teil, C.I.1. Der ständigen Rspr. des BSG stellte sich das LSG Rheinland-Pfalz in einem Urteil vom 8. 5. 1974 (abgedruckt in FamRZ 1974, 373) entgegen. Danach setze der Anspruch auf Witwenrente wegen Sinn und Zweck des Gesetzes nicht das Bestehen einer gültigen Ehe im Sinne des formal-strengen Statusrechts voraus. In entsprechender Anwendung der §§ 590, 592 RVO a. F. sprach das Gericht der Witwe aus einer hinkenden Auslandsehe die Witwenrente nach dem Tod des Ehemannes durch einen Arbeitsunfall zu, da beide Ehegatten bei Eingehung der Ehe gutgläubig waren, ihre Ehe nach dem griechischen Heimatrecht gültig war, beide bis zum Tod des einen Partners als Eheleute zusammengelebt haben und der vermeintliche Ehegatte seine nach dem Gesetz des Heimatstaates bestehende Unterhaltspflicht erfüllt hatte. 602
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
175
des obersten Bundesgerichts. „Art. 6 Abs. 1 GG“, so der Leitsatz des Beschlusses, „gebietet eine Auslegung des § 1264 RVO dahin, daß Witwen im Sinne dieser Vorschrift auch Hinterbliebene aus ,hinkenden Ehen‘ sind“607. a) Argumentationsstruktur des Gerichts Ausgangspunkt der Entscheidung ist die Feststellung, dass sich der Schutz des Grundrechts nicht allein auf die nach deutschem Recht begründeten Ehen erstrecke, schließlich hätte das BVerfG Art. 6 I GG wiederholt als Schutznorm für verheiratete Ausländer bemüht, ohne der Frage nachzugehen, ob deren Ehe gemäß dem deutschen oder dem Recht ihrer Heimatländer geschlossen wurde608. Auch eine derart begründete hinkende Auslandsehe würde grundsätzlich dem Gewährleistungsbereich des Art. 6 I GG unterliegen. Als Begründung führt das Gericht an, dass der in § 13 EheG a. F. vorgesehenen Mitwirkung des Standesbeamten zwar als Ordnungselement wesentliche Bedeutung zukäme, nicht minder wesentlich sei indes die Willensübereinstimmung der Verlobten, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. Demgemäß hätten Partner, die bei Abschluss einer hinkenden Ehe ihre Verbindung als dauernde Gemeinschaft beabsichtigt und sich versprochen haben, die Voraussetzungen für eine Ehe erfüllt. Somit könne einer Verbindung der Schutz des Art. 6 I GG jedenfalls dann nicht versagt werden, wenn ihre lebenslange personale Gemeinschaft durch die für den anderen Verlobten maßgebliche Rechtsordnung anerkannt wird und es sich um den Anspruch auf Versorgung nach dem Tode eines Partners handelt609. b) Resonanz im Schrifttum und ihre Würdigung Die aufgrund der Bindungswirkung gemäß § 31 I BVerfGG von den Gerichten zu beachtende610 und in der Lehre sogar als „epochemachend“ herausge607 BVerfGE 62, 323. Dasselbe gilt für den Witwer in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 1266 RVO a. F., vgl. Behn, NJW 1984, 1014 (1018). 608 BVerfGE 35, 382 (407 f.); 51, 386 (396). 609 BVerfGE 62, 323 (331). Interessant ist, dass das LSG Rheinland-Pfalz bereits 1974 i. R. d. §§ 590, 592 RVO a. F. zu demselben Ergebnis – wenn auch nicht auf Art. 6 I GG gestützt – kam. Zu dem Inhalt des Urteils siehe bereits Fn. 606. 610 Vgl. LSG Hamburg, FamRZ 1986, 994 (995); SG Hamburg, IPRax 2007, 47. Keinen Anspruch auf Witwer- bzw. Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei eheähnlicher Lebensgemeinschaft: BSGE 53, 137 (138); BayLSG, Entscheidung vom 19. 7. 2006 – L 16 R 293/06; LSG Baden-Württemberg, Entscheidung vom 17. 11. 1998 – L 9 RJ 2230/98; Hessisches LSG, FamRZ 1983, 62. Nicht die Witwenrente nach §§ 1264, 1266 RVO a. F.; § 46 SGB VI n. F. betreffend, dennoch die Rspr. des BVerfG in die Betrachtungen einbeziehend: BFHE 185, 475 (478 ff.) bzgl. der Ablehnung des Anspruchs auf Zusammenveranlagung gemäß §§ 26 I 1, 26b, 32a V EStG zuungunsten von Partnern einer hinkenden Auslandsehe; OVG NRW, Entscheidung vom 24. 8. 2004 – 19 B 1823/04 sowie Entscheidung vom 13. 11. 2003 – 17 B
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
stellte611 Entscheidung wurde im Ergebnis begrüßt612, in der Begründung aber durch die Literatur oftmals kritisiert. „Das BVerfG hat“, so schreibt von Bar, „im Ergebnis der Gerechtigkeit zum Siege verholfen, dies aber mit einer Rätsel aufgebenden Begründung“613. Wengler will den Witwenrentenbeschluss „mit einem flotten Husarenstreich vergleichen, allerdings bei einem Ritt im dichten Nebel“614. Jene Metapher ist im Hinblick darauf, dass viele Fragen im Zusammenhang mit der hinkenden, im Inland als Nichtehe zu behandelnden Ehe unbeantwortet blieben, berechtigt. So traf das BVerfG weder eine Aussage darüber, ob sich der Schutz des Art. 6 I GG auch auf hinkende Auslandsehen, die an einem anderen Fehler als einem Formmangel leiden, bezieht615, noch erschließt sich aus der Witwenrentenentscheidung, wie mit der absoluten Nichtehe zu verfahren ist616. Da das BVerfG außerdem – in Abgrenzung zu der nicht dem Gewährleistungsbereich des Art. 6 I GG unterfallenden eheähnlichen Lebensgemeinschaft617 – eine nachweisbare Trauung bei einer hinkenden Auslandsehe verlangt618, bleibt zum einen zweifelhaft, ob Art. 6 I GG auch hinkende, durch einen formlosen Konsens begründete Auslandsehen erfasst; zum anderen lässt das Gericht den Rechtsanwender im Hinblick auf die Anforderungen an die Nachweisbarkeit im Unklaren619. Letztlich wirft der viel zitierte Satz, einer „lebenslange[n] personale[n] Gemeinschaft [. . .] kann [. . .] der Schutz des Art. 6 I GG jedenfalls dann nicht versagt werden kann, wenn es sich um den Anspruch auf Versorgung nach dem
1829/03 (jeweils zur Beschwerde gegen einen Abschiebungsbeschluss eines Ausländers, der mit einer Deutschen in einer absoluten Nichtehe lebte); OVG des Saarlandes, IPRspr. 2002 Nr. 63 (zu Fragen des Ausländerrechts); OVG Lüneburg, NJW 2005, 1739 (Entscheidung über die zeitliche Beschränkung einer Aufenthaltsbefugnis sowie über die Androhung der Abschiebung im Zusammenhang mit einer nach islamischem Ritus geschlossenen Inlandstrauung); OLG Karlsruhe, FamRZ 1983, 757 (758) bzgl. des Unterhaltsanspruchs eines Kindes aus einer hinkenden Auslandsehe; SG Hamburg, IPRspr. 1983 Nr. 51 (Ablehnung der Gewährung von Krankenhilfe, da die Ehe zweier Tunesier nicht einmal hinkend wirksam war). 611 Bosch, FamRZ 1983, 452. 612 Oetker, ZSR 31 (1985), 76 (83); Samtleben, RabelsZ 52 (1988), 466 (493 f.); Wengler, IPRax 1984, 68 (70); Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 13; ders., JZ 1983, 230; v. Bar, NJW 1983, 1929 (1930); Bosch, FamRZ 1983, 253; Schmeiduch, FamRZ 1983, 668; MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 30. 613 v. Bar, NJW 1983, 1929 (1931). 614 Wengler, IPRax 1984, 68. 615 Wengler, IPRax 1984, 68 (69). 616 v. Bar, NJW 1983, 1929 (1931). 617 Hierzu noch der Zweite Teil, D.II.10.d)aa). 618 BVerfGE 62, 323 (332). 619 Behn, NJW 1984, 1014 (1015); ähnlich Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 22 f.
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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Tode eines Partners handelt“620, die Frage auf, ob zu jener notwendigen Willensüberstimmung auch tatsächlich eine „lebenslange personale Gemeinschaft“ unter dem Gesichtspunkt der Unterhaltsersatzfunktion der Hinterbliebenenrente hinzukommen muss oder ob die Aussage lediglich durch den konkreten Lebenssachverhalt bedingt war621. Über diese offen gebliebenen Punkte hinaus richtete sich der Tadel im Schrifttum vor allem gegen die allein aus der Verfassung abgeleitete Lösungsfindung des BVerfG. Eingewendet wurde, dass ein auf das Grundgesetz gestütztes Ergebnis Ungenauigkeiten provoziere und die allgemeine Formulierung verfassungsrechtlicher Grundsätze, insbesondere der viel zu undifferenzierte Leitsatz des Urteils die Gefahr mit sich bringe, dass die Anforderungen unklar blieben622. Statt pauschaler Verweisungen auf vormals ergangene Entscheidungen – so wird vorgetragen – wäre eine Stellungnahme des obersten Verfassungsgerichts zu den Schwierigkeiten des einfachen Rechts aus internationalprivatrechtlicher und sozialrechtlicher Sicht, speziell zu den im Schrifttum entwickelten ungeschriebenen Heilungsvarianten wünschenswert gewesen623. Diese Kritik erscheint auf den ersten Blick schlüssig, drängte sich doch für den der Witwenrentenentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt auf den ersten Blick die Heilung des deutschen Eheschließungsmangels durch einen nachträglichen Statutenwechsel zum englischen Recht auf. Allein die dafür notwendige Voraussetzung des „dauernden vollständigen Bruchs mit dem deutschen Eheschließungsstatut“ war zweifelhaft, schließlich sind die Betroffenen bereits zwei Jahre später nach ihrer Übersiedlung wieder nach Deutschland zurückgekehrt624. Gleichwohl konnte eine eingehende Untersuchung dieser Grenzsituation nicht vom BVerfG verlangt werden. Dem Gericht ist nämlich in seiner Funktion als Verfassungsgericht die Anwendung einfachen Rechts versperrt; als Argumentationsgrundlage steht regelmäßig allein das Verfassungsrecht zur Verfügung625. Dementsprechend können die fehlende Auseinandersetzung mit den zahlreich vorgeschlagenen Heilungsinstrumentarien des einfachen Rechts sowie die Lösungsfindung des BVerfG auf Grundlage von Art. 6 I GG nicht bemängelt werden. Ob auf der Ebene des Verfassungsrechts der Witwenrentenanspruch zugunsten der Witwe einer hinkenden Auslandsehe besser dem Grundsatz des Vertrau620
BVerfGE 62, 323 (331). Behn, NJW 1984, 1014 (1018). 622 Beitzke, SGb 1983, 238 (239); Hepting, IPRax 1994, 355; Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 100; ders., JZ 1983, 230 (237). 623 Behn, NJW 1984, 1014; Sturm, FS Lorenz, S. 423 (427). 624 Siehe hierzu bereits die Ausführungen unter dem Zweiten Teil, C.II.2.b). 625 Beitzke, SGb 1983, 238; Hepting, IPRax 1994, 355 (356); v. Bar, NJW 1983, 1929 (1931); Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 31, 97 f.; ders., JZ 1983, 230 (236). 621
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
ensschutzes, hergeleitet aus dem in Art. 20 III GG niedergelegten Rechtsstaatsprinzip626, sowie dem Gleichheitssatz des Art. 3 I GG zu entnehmen ist627, kann hier – neben der Betrachtung weiterer kritischer Anmerkungen628 – außen vor bleiben, denn der springende Punkt ist ein ganz anderer: Der vom obersten deutschen Gericht gewählte Weg führt nicht zu dem im Inland anerkannten Ehestatus selbst. Wird die deutsche Eheschließungsform missachtet, so wirkt sich die fehlende internationale Rechtsbeständigkeit hinkender Auslandsehen weiterhin auf die Rechtsbeziehungen der Ehegatten untereinander und zu ihrer Umwelt aus629, denn die Abhilfe des BVerfG erfolgte allein auf der sachrechtlichen Ebene des deutschen Sozialversicherungsrechts, indem ein eigenständiger sozialrechtlicher Ehebegriff unter Berücksichtigung von Art. 6 I GG kreiert wurde630. Damit ist das Verfassungsgericht in der Behandlung der hinkenden Auslandsehe von dem durch § 34 SGB I vorgezeigten Weg der Konfliktbewältigung ab-
626 Dafür: MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 30; MüKo/Sonnenberger, Art. 6 EGBGB Rn. 54. Dies entspricht schon vor Erlass der Witwenrentenentscheidung der Ansicht von Schmidt-Räntsch, vgl. IPRax 1983, 112 (113). 627 So Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 93 f., 98 ff.; ders., JZ 1983, 230 (232 ff.), der neben dem Grundsatz des Vertrauensschutzes zusätzlich Art. 3 I GG bemüht. 628 U. a. erfuhr die Bedingung des Vorliegens einer hinkenden Auslandsehe Kritik. So würde es zu willkürlichen Zufallsergebnissen führen, wenn die Erstreckung des verfassungsrechtlichen Schutzes von der Anerkennung der Ehe nach einem ausländischen Recht abhängt. Nach Müller-Freienfels bedeute dies einen „ungewisse[n] Sprung ins Dunkle“, vgl. Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 21 f.; zustimmend Hepting, IPRax 1994, 355 (356). Wengler rügt v. a., dass die Entscheidung in Bezug auf die Vorfragenanknüpfung der Ehe zu Spekulationen einlädt. So wäre es wünschenswert gewesen, dass das BVerfG Hinweise dahingehend gegeben hätte, ob in anderen Zusammenhängen, z. B. im Erbrecht, die alternative Zuweisung der Vorfrage zu einem fremden Recht geboten ist. Überdies hätte das BVerfG bei der Erstreckung des verfassungsrechtlichen Schutzes auf eine hinkende Auslandsehe herausstellen sollen, dass allein die „permanente Effektivität des konkreten Eheverhältnisses“ sowie „die schuldlos irrtümliche Annahme“ der Rechtsgültigkeit der Ehe gemäß deutschem Recht die Gewährung der Witwenrente rechtfertigt, Wengler, IPRax 1984, 68 (69 f.); ders., IPRax 1991, 105 (106 mit Fn. 3). Hervorhebenswert erscheint noch die Rüge, dass das Urteil Ausführungen zu einer Rückwirkung des verfassungsrechtlichen Schutzes gemäß Art. 6 I GG vermissen lasse, schließlich wurde die betreffende hinkende Auslandsehe zwei Jahre vor Inkrafttreten des Grundgesetzes geschlossen, vgl. Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familienund IPR, S. 22. 629 Freilich unter der Bedingung des Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 1310 III BGB. 630 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 533 f.; zustimmend BGH, IPRax 2004, 438 (441). Ähnlich Eichenhofer, Internationales Sozialrecht und Internationales Privatrecht, S. 146 f.; ders., FamRZ 2005, 1869 (1876); v. Bar/Mankowski/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 4 II 2b (2) Rn. 47; Palandt/Heldrich, Art. 13 EGBGB Rn. 21; Kegel/ Schurig/Schurig, IPR, § 9 II 2d (S. 384).
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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gewichen. Jene erst nach der Witwenrentenentscheidung 1986 eingeführte Vorschrift bestimmt für den Fall, dass Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch ein familienrechtliches Rechtsverhältnis voraussetzen, nur eine solche Rechtsbeziehung – die gemäß Internationalem Privatrecht dem Recht eines anderen Staates unterliegt und nach diesem besteht – genügt, wenn sie dem Rechtsverhältnis im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches entspricht. Diesen Ansprüchen wird die hinkende Auslandsehe gerade nicht gerecht, da das nationale Recht die Trauung für unwirksam erachtet. Demgegenüber rechtfertigt § 34 SGB I die Gewährung von Witwenrente an den ausländischen Ehegatten eines in Deutschland Versicherten, sofern die Trauung beispielsweise nur kirchlich, indes unter Beobachtung der Ortsform gemäß Art. 11 I Fall 2 EGBGB vollzogen worden ist631. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass sich durch die Witwenrentenrechtsprechung des BVerfG nur die Problematik hinkender Auslandsehen im Bereich des Sozialversicherungsrechts erledigt hat632, offen blieb dagegen die jahrzehntelang geführte Diskussion um etwaige Heilungsmöglichkeiten der Nichtehe im Status633. c) Relevanz der Judikatur für die Zukunft Beachtung gebührt allerdings noch der Tatsache, dass jener Sachverhalt, der der Witwenrentenentscheidung zugrunde lag, die Anforderungen des nunmehr eingeführten § 1310 III Nr. 2 BGB erfüllt634. So gaben die Partner nicht nur den für die statusrechtliche Anerkennung der Ehe erforderlichen Ehekonsens vor dem englischen Militärgeistlichen ab, vgl. § 1310 III HS. 1 BGB, auch stellte der zuständige deutsche Standesbeamte im Zusammenhang mit der Geburt der gemeinsamen Tochter eine Urkunde aus, auf der er die Eheschließung in Hilden vermerkte, vgl. § 1310 III Nr. 2 BGB. Letztlich lebten die Beteiligten ihre irrtümlich nach deutschem Recht für wirksam erachtete Ehe 28 Jahre lang, was für eine statusrechtliche Heilung nach § 1310 III BGB vollauf genügt. Somit werden nunmehr ähnlich gelagerte Lebenssachverhalte, bei denen es um die Geltendmachung von Witwenrente gemäß § 46 SGB VI durch einen 631 Eichenhofer, Internationales Sozialrecht und Internationales Privatrecht, S. 146; ders., FamRZ 2005, 1869 (1876). Die eigentliche Bedeutung des § 34 SGB I liegt in der Behandlung polygamer Ehen im Rahmen der deutschen Sozialversicherung. Danach hat das inländische Sozialrecht eine nach dem Personalstatut der Partner begründete Mehrehe in Deutschland anzuerkennen. Das Gesetz ordnet für diesen Fall ausdrücklich die Aufteilung der Witwen- und Witwerrenten im Anteilsverhältnis nach der jeweiligen Ehedauer an, § 91 S. 3 SGB VI i.V. m. § 34 II SGB I. 632 Samtleben, RabelsZ 52 (1988), 466 (494); Bayer/Knörzer/Wandt, FamRZ 1983, 770. 633 Diesen Umstand rügend v. Bar, NJW 1983, 1929 (1932). 634 Dies fand bereits im Zweiten Teil, A.II.1. Erwähnung.
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Partner einer hinkend geschlossenen, aber jahrelang gelebten und durch den Standesbeamten bestätigten Ehe (§ 1310 III Nr. 1–3 BGB) geht, von der gesetzlichen Heilungsvorschrift erfasst. Dies hat den entscheidenden Vorteil der angestrebten Heilung im Status mit Ausstrahlung auf alle Folgewirkungen und nicht – wie es bei dem Witwenrentenbeschluss der Fall war – die Beschränkung des Schutzes auf eine einzelne Rechtsfolge zur Konsequenz635. Der zeitliche Anwendungsbereich des § 1310 III BGB steht der Erfassung der formfehlerhaften Nachkriegsehen nicht entgegen, gilt die gesetzliche Heilungsvorschrift gemäß Art. 226 III EGBGB doch bereits für alle vor dem 1. 7. 1998 begründeten „Ehen“636. Liegen im Einzelfall die Anforderungen des § 1310 III BGB nicht vor und können ungeschriebene Heilungsvarianten nicht bemüht werden – sei es, weil sie mangels überzeugender Begründung von vornherein abgelehnt werden müssen oder sei es, weil die Bedingungen im Konkreten nicht erfüllt sind – so bleibt die Rechtsprechung des BVerfG zur Hinterbliebenenrente i. R. d. § 46 SGB VI weiterhin aktuell637. 8. Unmöglichkeit der Einhaltung der gesetzlichen Eheschließungsform Am Ende des Zweiten Weltkrieges und in den Wirren der Nachkriegszeit schlossen zahlreiche Deutsche die Ehe unter Nichtbeachtung der ehegesetzlichen Formvorschriften, §§ 15 EheG 1938, 11 EheG 1946. Grund hierfür war ein Ausfall der Verwaltung im Bereich des stark formalisierten Ehe- und Personenstandsrechts. Vor allem die Bevölkerung der deutschen Ostgebiete hatte unter dem nahezu völligen Zusammenbruch staatlicher Strukturen zu leiden. Wandten sich heiratswillige Deutsche infolge der mangelnden Verfügbarkeit eines Standesbeamten an einen anderen Träger staatlicher Gewalt oder an einen Geistlichen, kam sowohl in den Westzonen und der späteren Bundesrepublik als auch in der Sowjetischen Besatzungszone und der nachmaligen DDR lediglich 635 Siehe hierzu OLG Karlsruhe, FamRZ 1983, 757 (758); BayObLG, StAZ 1994, 377 (379); RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 50; Soergel/Schurig, Art. 13 EGBGB Rn. 100. 636 Erster Teil, C. 637 AnwK/Andrae, Art. 13 EGBGB Rn. 109. Die Rückwirkung der Witwenrentenentscheidung auf frühere Rentenbescheide behandelt in seiner Anmerkung Schmeiduch, FamRZ 1983, 668. Ob die Rspr. des BVerfG für parallele Fragen, z. B. in der gesetzlichen Unfallversicherung, im Entschädigungsrecht oder spiegelbildlich für eine hinkende Wiederheirat (mit der Folge des Wegfalls des Witwenrentenanspruchs, vgl. BSG, IPRspr. 1989 Nr. 82) Anwendung findet, kann im Rahmen dieser Arbeit außen vor bleiben, da sich hieraus keine neuen Aspekte im Hinblick auf das Auffinden von Heilungsinstrumentarien zugunsten formfehlerhaft begründeter Nichtehen ergeben. Zu dieser Problematik: Behn, NJW 1984, 1014 (1018 f.); Voit, „Heilung durch Statutenwechsel“ im internationalen Eheschließungsrecht, S. 207 ff. m.w. N.
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eine Nichtehe zustande638. Um diese formfehlerhaften Ehen und insbesondere die daraus hervorgegangenen Kinder nachträglich zu legitimieren, trafen erst die von den Alliierten eingerichteten Behörden, wenig später der Landesgesetzgeber und schließlich 1950 der Bundesgesetzgeber Sondervorschriften, die rückwirkend eine Legalisierung bewirken sollten639. Allerdings vermochten jene Gesetze den besonderen Verhältnissen der Nachkriegszeit nicht gänzlich Rechnung zu tragen. So fand ein Gros der Fälle deshalb keine Berücksichtigung, weil sie von vornherein nicht in den sachlichen, räumlich-personellen und/oder zeitlichen Anwendungsbereich der Nachkriegsgesetze fielen oder die relativ kurz bemessene Antragsfrist von einem Jahr durch einen Partner oder ein gemeinsames Kind, vor allem in Bezug auf die Bundesgesetze, versäumt wurde. Fernerhin kamen den Gesetzen nur im alten Bundesgebiet Geltung zu, nicht jedoch in der DDR640. Aufgrund dessen konnte eine Vielzahl formwidriger Trauungen, die in ähnlichen politischen Ausnahmesituationen vollzogen worden sind, rückwirkend keine Anerkennung finden. Bekanntestes Beispiel hierfür sind die im Sommer 1940 in Bessarabien und der Nordbukowina geschlossenen Ehen volksdeutscher Umsiedler vor einem Geistlichen. Diese vordem zu Rumänien gehörenden Gebiete sind durch einen Notenwechsel vom 26./28. 6. 1940 an die Sowjetunion abgetreten worden. Während der Beseitigung des rumänischen Staatsapparates und der Machtübernahme durch die Sowjetunion existierten keine Standesämter, die die von beiden Rechtsordnungen vorgeschriebene zivile Eheschließung vornehmen konnten. In Vorbereitung auf die zu erwartende Umsiedlung und um eine gemeinsame Rückwanderung sicherzustellen, heirateten deutsche Aussiedler während des Interregnums in der einzig möglichen kirchlichen Eheschließungsform641. Wie schon das RG, welches in einer Entscheidung vom 4. 11. 1942642 eine am 27. 8. 1940 vor dem evangelischen Pfarramt in Czernowitz (Nordbukowina) von deutschen Rückwanderern begründete Ehe für unwirksam erklärte, so sprach auch das LG Zweibrücken643 einer am 8. 9. 1940 in Czernowitz vollzogenen kirchlichen Trauung zweier Deutscher die Rechtsgültigkeit ab, da weder das deutsche Heimatrecht noch die Ortsform gewahrt wurde.
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Vgl. zu den Notehen aus der Zeit des Kriegsendes Ann, FamRZ 1994, 135 ff. Nachweise bereits in Fn. 68, Erster Teil. 640 Ann, FamRZ 1994, 135 (136 f., 139); Neuhaus, FamRZ 1972, 59 (68). 641 Eingehend hierzu Baade, StAZ 1957, 104 ff. 642 RG, DJ 1942, 785. 643 Beschluss vom 13. 7. 1955, abgedruckt in StAZ 1956, 34. Ein vergleichbarer Fall lag auch dem OLG Gera vor, welches als Berufungsinstanz am 8. 11. 1949 entschied, dass es für die Feststellung der Formunwirksamkeit der in Breslau geschlossenen kirchlichen Ehe zweier Deutscher nicht darauf ankäme, ob zur fraglichen Zeit eine gültige Trauung möglich gewesen sei oder nicht (OLG Gera, IPRspr. 1945–1949, Nr. 16). 639
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Neuhaus kritisierte den letztgenannten Beschluss, indem er zu bedenken gab, „dass überall wo Menschen sind, es die Möglichkeit einer rechtsgültigen Eheschließung geben muss, so dass bei faktischer allgemeiner Unmöglichkeit, die gesetzlich vorgeschriebenen Förmlichkeiten einzuhalten, eine rechtsgültige Eheschließung eben in anderer Form oder äußerstenfalls ohne eine bestimmte Form möglich sein muss“644. Eine freie richterliche Rechtsfindung645 solle in diesen Fällen eine sachgerechte Lösung herbeiführen. Jene mehrfach zitierte Aussage fiel in der Rechtsprechung auf fruchtbaren Boden. Namentlich das OLG Stuttgart befasste sich ausführlich in einem Urteil vom 5. 11. 1962646 mit der Formgültigkeit einer in der Nordbukowina nach der Besetzung durch russische Truppen lediglich kirchlich geschlossenen Ehe. Der Anregung Neuhaus’ beipflichtend dürfe nach Auffassung des Gerichts das besondere Interesse der Parteien an einer Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse vor ihrer Umsiedlung nicht ignoriert werden. Standen keine staatlichen Behörden zur Verfügung, die die Ziviltrauung hätten vollziehen können, und war auch eine Änderung des Rechtszustandes nicht absehbar, so könne dieser sog. Notklerikalehe die Anerkennung nicht verweigert werden. Das OLG Stuttgart zog zur Erklärung Art. 16 I AEMR, Art. 12 EMRK sowie 6 I GG heran. Diese Normen kodifizieren alle das Recht auf freie Eheschließung, woraus man gewissermaßen ein naturrechtliches Prinzip mit dem Inhalt gewinnen könne, dass ein Recht auf Eheschließung in der tatsächlich möglichen Form bestünde647. Dem schloss sich wenig später das OLG München im Rahmen eines ähnlichen Streitfalls an648. Aber nicht nur die benannten Oberlandesgerichte trugen richtungsweisend zur Meinungsbildung bei. Auch das BVerfG umschrieb in einem Beschluss vom 7. 10. 1970649 im Zusammenhang mit einer missglückten Ferntrauung vage, dass außergewöhnliche Umstände es gebieten könnten, eine Eheschließung in erleichterter Form zuzulassen, sofern sich die formalen Anforderungen wegen eines außerordentlichen und längere Zeit andauernden Notstandes nicht erfüllen ließen650. Vor diesem Hintergrund besteht heute in Lehre und Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass nichtstandesamtliche Eheschließungen trotz Missachtung von Orts- und Heimatform rückwirkend auf den Zeitpunkt der Erklärung des Ehe644
Neuhaus, StAZ 1956, 195 (196). Vgl. Fn. 644. 646 OLG Stuttgart, FamRZ 1963, 39. 647 OLG Stuttgart, FamRZ 1963, 39 (41). 648 OLG München, FamRZ 1968, 599 (600): Formungültige Trauung zweier Volksdeutscher in der Nordbukowina. 649 BVerfGE 29, 166. 650 BVerfGE 29, 166 (177). 645
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konsenses Rechtsgültigkeit erlangen, wenn außergewöhnliche Umstände die Wahrung der gesetzlichen Eheschließungsform für eine größere Menschengruppe praktisch unmöglich machten651. Ähnliche Ansätze zu derselben Problematik lassen sich auch in fremden Rechtsordnungen finden. So griffen die englischen Gerichte bei formwidrigen Trauungen während der Kriegszeit mehrfach auf das flexible Institut der sog. common law-Ehe zurück, nach der eine gültige Ehe formlos durch Erklärung des Eheschließungswillens und anschließendes Zusammenleben als Ehepartner begründet werden kann652. Bzgl. formungültiger Trauungen von Juden im ehemaligen Kongresspolen konstatierte das Oberste Gericht Polens in einem Urteil vom 17. 3. 1950653 sogar, dass die unter dem Druck der Okkupation herrschende Unmöglichkeit, die Ehe vor einem Rabbiner einzugehen, nicht zum Nachteil der jüdischen Bevölkerung gereicht werden könnte. Vielmehr sei die „Befolgung von Rechtsbestimmungen, die in der Regel auf eine normal funktionierende Rechtsordnung abgestimmt sind, [. . .] nur bis zu dem Punkt verbindlich, bis zu welchem ihre weitere Beachtung zu keiner Verletzung oder Beschränkung der Grundmenschenrechte führt, zu denen das Recht auf Eheschließung gehört“654. Im Ergebnis sprach sich auch das Oberste Gericht Polens für eine Anerkennung der Ehe als vollgültig aus. Der deutschen Rechtsprechung und der allgemeinen Ansicht in der Lehre ist zuzustimmen. Art. 12 EMRK normiert das Recht auf Eheschließung nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln. Sollten nationale Regelungen nicht befolgt werden können und ist eine Änderung der Rechtslage nicht in Aussicht, muss die Trauung in anderer Form Anerkennung finden können, sofern die mit dem Erfordernis der standesamtlichen Mitwirkung verfolgten Zwecke nahezu gleichwertig erfüllt worden sind. Dabei handelt es sich freilich um eine Frage der Einzelfallbewertung. Bei den in der Bukowina geschlossenen Ehen war jedenfalls die mit der obligatorischen Ziviltrauung 651 Siehe u. a. LG Stuttgart, IPRspr. 1966/67 Nr. 75; BVerwG, StAZ 1986, 139 (143 f.); implizite Anerkennung durch BGH, FamRZ 1963, 352 (353 f.); Böhmer, FS Firsching, S. 41 (47); v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 III 3b (3) Rn. 170; MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 169; RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 47; Neuhaus, Die Grundbegriffe des IPR, S. 393 f.; ders., FS Schwind, S. 223 (235); Thomas, Formlose Ehen, S. 132 f.; Staudinger/Strätz, § 1310 BGB Rn. 58; Staudinger/Mankowski Art. 13 EGBGB Rn. 522 ff. Winkler von Mohrenfels konstatiert, dass es nicht des Rückgriffs auf ein naturrechtlich begründetes Recht zur Eheschließung bedürfe, sondern lediglich der Auslegung der Gesetze, siehe Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 EGBGB Rn. 207. 652 Nachweise zu dieser Rspr. bei Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Anh zu Art. 11 EGBGB Rn. 48. 653 Nowe Prawo 1951 Heft 4, S. 57, zitiert nach Thomas, Formlose Ehen, S. 133 mit Fn. 564 m.w. N. 654 Vgl. Fn. 653.
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beabsichtigte Schutz-, Klarstellungs- und Beweisfunktion gewahrt655. Obgleich die Mehrheit der 1940 in Bessarabien und der Nordbukowina betroffenen Ehewilligen bereits verstorben sein wird, behält der ungeschriebene Heilungsansatz unter den engen Bedingungen für vergleichbare politische Ausnahmesituationen weiterhin Gültigkeit. Notwendig ist ergo eine Unmöglichkeit der Eheschließung gemäß der vorgeschriebenen Form aufgrund einer besonderen politischen Lage für eine größere Menschengruppe. 9. Unzumutbarkeit der Wahrung der Eheschließungsform In engem Zusammenhang mit der Unmöglichkeit der Beobachtung der gesetzlichen Eheschließungsform infolge von Kriegswirren bzw. einer Zeit politischer Instabilität stehen diejenigen Sachverhalte, bei denen faktisch eine wirksame Form zur Verfügung stand, ihre Beobachtung durch die Ehewilligen indes unzumutbar war. Zu denken ist vornehmlich an die Trauungen deutscher Frauen mit britischen Soldaten in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, die in der damaligen britischen Besatzungszone Deutschlands und im besetzten Österreich durch einen britischen Offizier oder Militärgeistlichen vollzogen worden sind. Vielfach hatten deutsche Gerichte insbesondere in den siebziger bis neunziger Jahren darüber zu befinden, ob jenen nichtstandesamtlichen Eheschließungen Rechtsgültigkeit zugesprochen werden könnte656. Höhepunkt der hierzu existierenden Rechtsprechung bildete die Witwenrentenentscheidung des BVerfG657. Mankowski will für derartige Konstellationen die besonderen historischen Gegebenheiten berücksichtigt wissen658. So dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass sich Angehörige besetzter Staaten verständlicherweise nach dem Recht des Besatzungsregimes richteten. Entsprach die Inlandstrauung deutscher Frauen mit britischen Soldaten in der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht dem deutschen, augenscheinlich aber dem britischen Foreign Marriages Act 1947, so könne man sich nicht auf den Standpunkt stellen, dass die Beteiligten auf die Einhaltung des deutschen Eheschließungsrechts als maßgebliches Ortsrecht hätten bestehen müssen. Dies sei den Deutschen der ehedem besetzten Gebiete psychologisch unmöglich, mithin unzumutbar gewesen. Jenen hinkenden Auslandsehen sämtliche Rechtswirkungen nach dem deutschen Recht abzusprechen, würde die Realität der Besatzungszeit missachten. Deshalb sei nach der Auffassung Mankowskis die Bukowina-Rechtsprechung dahingehend auszuweiten, dass eine Nichtehe auch dann als wirksame Ehe angesehen wird, wenn den Be655
Staudinger/Winkler von Mohrenfels, Art. 11 EGBGB Rn. 207. Vgl. insbes. BSGE 10, 1; 27, 96; BSG, FamRZ 1968, 375; BSG, IPRax 1983, 126; OLG Köln, IPRax 1994, 371; LG Kleve, FamRZ 1964, 365; AG Pinneberg, FamRZ 1978, 893. 657 Siehe hierzu bereits eingehend den Zweiten Teil, D.II.7. 658 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 525 ff. 656
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troffenen die Einhaltung der vorgeschriebenen Form infolge von Kriegswirren oder politischen Umsturzes „unmöglich im Sinne von unzumutbar war“659. Ob die Forderung nach einer derartigen Gleichstellung mit den Eheschließungen, bei denen die Wahrung der vorgeschriebenen Form tatsächlich unmöglich war, berechtigt ist, erscheint fraglich. Was zunächst die militärische Besetzung eines Gebietes angeht, so ist festzustellen, dass sie keine Änderungen hinsichtlich des in der Besatzungszone geltenden Privatrechts herbeiführt. Erst wenn der Okkupant für das besetzte Gebiet gesetzliche Neuregelungen trifft, werden Rechtsanwendungsprobleme für das IPR aufgeworfen660. In Bezug auf die in der damaligen britischen Besatzungszone Deutschlands vollzogenen nichtstandesamtlichen Trauungen prägte das britische Besatzungsrecht die Rechtwirklichkeit zwar mit, allerdings verdrängte es nicht die Geltung deutschen Rechts als vorgeschriebene Eheschließungsform661. Demzufolge standen inländische Standesämter, vor denen die Heiratswilligen den Bund für das Leben gemäß den deutschen Vorschriften eingehen konnten, im Unterschied zu den Trauungen in der Nordbukowina zur Verfügung. Problematisch an den Erwägungen Mankowskis erscheint das Erfordernis der „Unzumutbarkeit auf das Bestehen der Eheschließung nach dem Ortsrecht“. Die im Einzelnen erforderliche Bestimmung, ob es den Betroffenen „psychologisch unmöglich“ war, die inländischen Eheschließungsvorschriften einzuhalten, lässt das Auftreten von Beweisschwierigkeiten befürchten. Bestätigt wird diese Vermutung durch ein Urteil des BVerwG vom 21. 5. 1985662, dem eine Trauung von zwei Verlobten 1939 im Sudetenland zugrunde lag. Obgleich das Gericht ausdrücklich die Heilung der nichtstandesamtlichen Eheschließung unter der Voraussetzung, dass den Ehepartnern die Eingehung der Ehe nicht in zumutbarer Weise möglich war, in Aussicht stellte663, scheiterte sie letztlich an einer hinreichenden Beweisführung. Über die damaligen Verhältnisse im Sudetenland hätte ein Sachverständigengutachten oder eine Auskunft einer sachkundigen Stelle wie der Sudetendeutschen Landsmannschaft eingeholt werden sollen. In Ermangelung aber dessen verwarf das BVerwG den in Rede stehenden Heilungsansatz für die konkrete Nichtehe664. 659 Siehe Fn. 658. Vgl. auch Schwind, der in Bezug auf Eheschließungen österreichischer Bräute mit Engländern die Feststellung traf, dass Erstgenannte „vor die psychologische Unmöglichkeit gestellt [waren], ihren Gatten nach der Trauung vor dem Militärkaplan nun noch zu einer zweiten Trauung vor dem österreichischen Standesbeamten zu veranlassen. Daß dies wohl kaum geschah, darf niemanden wundern“, Schwind, ZfRV 1973, 143 (146). 660 v. Bar/Mankowski/v. Bar, IPR, Bd. 1, § 3 I 1f (2) Rn. 29. 661 Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 14. 662 BVerwG, StAZ 1986, 139. 663 BVerwG, StAZ 1986, 139 (143 f.). 664 BVerwG, StAZ 1986, 139 (144).
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Sonach muss die Unzumutbarkeit der Eheschließung nach dem Recht des besetzten Landes zweifelsfrei belegt werden. Ob dem tatsächlich in der Mehrheit der Fälle entsprochen werden kann, erscheint indessen zweifelhaft. Die betroffenen hinkenden Auslandsehen könnten allerdings bei jahrzehntelang gelebter Ehe über einen anderen Weg Rechtsgültigkeit erlangen, so dass eine erweiternde Auslegung der anerkannten Bukowina-Rechtsprechung nicht mehr von Nöten wäre. Es sind nämlich gerade die in der Nachkriegszeit vor einem britischen Militärpfarrer vollzogenen formwidrigen Inlandstrauungen von deutschen Frauen mit Angehörigen der britischen Streitkräfte, mit denen sich die Rechtsprechung in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Art. 6 I GG auseinandersetzte665. In diesen Fällen kommt in erster Linie eine Heilung wegen jahrzehntelangen gutgläubigen Zusammenlebens als Ehegatten, hergeleitet aus dem Grundrecht der Eheschließungsfreiheit, in Betracht. 10. Heilung durch jahrzehntelang gutgläubig gelebte Ehe a) Ansichten vor der Eheschließungsrechtsreform, 1998 Kernproblem der vor der Eheschließungsrechtsreform 1998 herrschenden Rechtslage war, dass das einfache deutsche Recht keine Heilungsvorschrift für nichtstandesamtliche Trauungen vorsah. Wie sehr die Rechtspraxis an diesem Rechtszustand litt, zeigt allein schon die hohe Zahl der bereits dargestellten dogmatischen Ausweichreaktionen der Rechtsprechung und des Schrifttums. Dennoch verschlossen sich die Bundesgerichte vor einer Heilung der Nichtehe trotz tatsächlicher Fortführung der Ehegemeinschaft durch die Partner666. Nur für den Ausnahmefall, dass die formwidrige Eheschließung in ein deutsches Standesregister durch den hierfür zuständigen Standesbeamten eingetragen worden ist, ging das BSG aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit von einer gültigen Ehe aus667. Im Übrigen aber wich die Rechtsprechung von der vormals geltenden Rechtslage nahezu einstimmig nicht ab, 665 Siehe insbes. BSGE 10, 1; 27, 96; BSG, FamRZ 1981, 767; OLG Köln, IPRax 1994, 371; LG Bonn, IPRspr. 1992 Nr. 81; AG Pinneberg, FamRZ 1978, 893. 666 BSGE 10, 1 (2); 45, 180 (183); BSG, FamRZ 1981, 767 (768). BGH, FamRZ 1983, 450 (451 f.): nicht das jahrelange Zusammenleben sollte heilungsbegründend sein, sondern die durch Auslegung ermittelte spätere Erklärung des Eheschließungswillens anlässlich der Anlegung eines Familienbuches (vgl. eingehend den Zweiten Teil, D.II.5.). Eine Heilung bei jahrzehntelanger ehelicher Gemeinschaft indes in Betracht ziehend: BVerwG, StAZ 1986, 139 (144). Bzgl. der ablehnenden Haltung von Gerichten unterer Instanzen vgl. v. a. OLG Köln, IPRax 1985, 352 f.; OLG Nürnberg, FamRZ 1970, 246 (247 f.); OLG Hamm, FamRZ 1973, 456 (457 f.); LG Bonn, IPRspr. 1992 Nr. 81; LG Stuttgart, IPRspr. 1966/67 Nr. 75; AG Karlsruhe, IPRspr. 1975 Nr. 39 A; AG Pinneberg, FamRZ 1978, 893 (m.w. N.). 667 BSGE 46, 104 (106 f.).
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schließlich sollte die in § 11 I EheG a. F. zwingend vorgesehene Mitwirkung des Standesbeamten durch eine außergesetzliche Heilung nicht umgangen werden668. Demgegenüber wollte eine Vielzahl der Stimmen im Schrifttum die einschneidenden familienrechtlichen sowie empfindlichen Folgen finanzieller Natur, die sich im Einzelfall daraus ergeben konnten, dass ein Paar in gutem Glauben an den Bestand der Ehe über Jahrzehnte hinweg ohne Nachholung einer formwirksamen Trauung zusammenlebte, der Rechtsmangel sich indes erst nach dem Tod eines Partners herausstellte, nicht hinnehmen669. Da sich der Nutzen einer förmlichen Eheschließung in gleichem Maße verflüchtigen würde, wie sich die Verbindung der Partner praktisch bewährt habe670, sollte die Sanierung des Formfehlers auch ohne gesetzliche Normierung eintreten können, sofern der gute Glaube daran, dass der Ehewille in ehebegründender Form geäußert wurde, in Verbindung mit einem objektiven Nachweis der Abgabe des Ehekonsenses vorlag und die Betroffenen zumindest jahrzehntelang eine eheliche Gemeinschaft geführt haben671. Die danach nötige Einigung hätte sich äußerlich durch eine vermeintlich wirksame Trauungszeremonie manifestieren müssen, während die gesellschaftlich-öffentliche Anerkennung sowie die subjektive Einstellung der Betroffenen kennzeichnend für die Ehegemeinschaft sein sollten672. Hingegen wurde die Gültigkeit der Ehe nach ausländischem Recht nicht als unverzichtbare Voraussetzung für das Eintreten der heilenden Wirkung erachtet, wenngleich dies ursächlich für den guten Glauben sein konnte673. Damit war sich die Lehre über die Anforderungen an eine außergesetzliche Heilungsalternative größtenteils einig, indessen offenbarte sich ein bemerkenswerter dogmatischer Einfallsreichtum, was ihre Begründung betraf. Einige Autoren zogen auf Art. 6 I GG gestützte allgemeine Billigkeitserwägungen
668 BSGE 45, 180 (183); LG Bonn, IPRspr. 1992 Nr. 81: „Korrekturen dieser Rechtslage sind [. . .] Sache des Gesetzgebers.“ Vgl. auch BVerfGE 29, 166 (178): „Die für den Einzelnen darin liegende Härte ist keine ausreichende Grundlage, von der wegen der Bedeutung der Ehe wesentlichen Ordnungsvorschrift abzusehen.“ 669 Schwind, RabelsZ 37 (1973), 217 (222 ff.); Neuhaus, FS Schwind, S. 223 (236); v. Bar, IPR, Bd. 2, § 2 III 3b (3) Rn. 171; ders., NJW 1983, 1929 (1932); Hepting, IPRax 1994, 355 (360); Thomas, Formlose Ehen, S. 136 ff.; Coester, StAZ 1988, 122 (128 f.); Wengler, IPRax 1984, 68 (72); andeutungsweise auch Böhmer, FS Firsching, S. 41 (47); Beitzke, SGb 1983, 238 (hält das Vertrauen der Parteien in die Gültigkeit ihrer Ehe als schützenswert). 670 Vgl. die mehrfach zitierte Aussage von Thomas, Formlose Ehen, S. 138. 671 Schwind, RabelsZ 37 (1973), 217 (222 ff.); Coester, StAZ 1988, 122 (128 f.); Hepting, IPRax 1994, 355 (360); Neuhaus, FS Schwind, S. 223 (236), der aber auf das Erfordernis der Gutgläubigkeit der Partner verzichtet. 672 Coester, StAZ 1988, 122 (128 f.). 673 Hepting, IPRax 1994, 355 (360); Coester, StAZ 1988, 122 (128 f. mit Fn. 92); Neuhaus, FS Schwind, S. 223 (236).
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heran674, andere beriefen sich auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit675 oder auf eine teleologische Reduktion des § 11 I EheG a. F. im Wege einer verfassungskonformen Auslegung676. Im Ergebnis argumentierte das Schrifttum jedenfalls so überzeugend, dass sich dem auch vereinzelt Gerichte anschlossen, sei es, dass es um die sachrechtliche Heilung mit Statusfolge ging, sei es, dass über einzelne Rechtsfolgen einer Ehe zu entscheiden war677. In der Begründung wurde vor allem das OLG Hamburg in seiner Entscheidung vom 21. 2. 1980 konkret678. Danach sei die Mitwirkung des Standesbeamten bei der Trauung nicht Selbstzweck, sondern diene der Garantiefunktion des Art. 6 I GG, indem sie die Beteiligten vor Übereilung schützt, die Eheschließung klarstellt sowie zu Beweiszwecken bekannt macht. Bei einem über 30-jährigen Vollzug der Verbindung als Ehe sowie der behördlichen und gerichtlichen Anerkennung sollen diese Ziele auf vielfältige Art und Weise anderweitig erreicht worden sein. Dementsprechend hätte sich das Bedürfnis nach standesamtlicher Mitwirkung verflüchtigt. Ein nichtsdestotrotz erfolgendes Beharren auf die Einhaltung der Form würde die Zwecke des § 11 I EheG a. F. gerade in ihr Gegenteil verkehren, nämlich die jahrzehntelang eindeutigen Verhältnisse in Frage stellen und damit Rechtsunsicherheit schaffen679. b) Meinungsstand nach Einführung des § 1310 III BGB Ob der Ehekonsens und das partnerschaftliche Vertrauen in den Bestand der Ehe – noch dazu, wenn dieser Zustand schon Jahrzehnte andauerte – den Formmangel heilen kann, ist die entscheidende Frage, die es unter der aktuellen Rechtslage zu beantworten gilt.
674 Schwind, RabelsZ 37 (1973), 217 (226); Neuhaus, FS Schwind, S. 223 (236); Coester, StAZ 1988, 122 (128). 675 v. Bar, NJW 1983, 1929 (1932). 676 Hepting, IPRax 1994, 355 (360). 677 AG Kassel, StAZ 1980, 155 (Befürwortung der statusrechtlichen Heilung wegen Art. 6 I GG); AG Kassel, StAZ 1998, 181 (Heilung scheiterte an langjähriger Ehegemeinschaft); OLG Karlsruhe, FamRZ 1983, 757 (zum Unterhaltsanspruch eines nichtehelichen Kindes unter Berücksichtigung von Art. 6 I GG); OLG Köln, IPRax 1994, 371 (bzgl. der Eintragung des Familienstandes des Verstorbenen in das Sterbebuch im Zusammenhang mit Art. 6 I GG), hierzu kritisch KG, FGPrax 1996, 59 und BayObLG, StAZ 1994, 377 (erforderlich sei der erklärende Zusatz, dass es sich um eine hinkende Auslandsehe handele); LSG Rheinland-Pfalz, FamRZ 1974, 373 (Anerkennung der Witwenrente bei Arbeitsunfall trotz hinkender Auslandsehe); VG Berlin, IPRspr. 1954 Nr. 82 (die Änderung des Familiennamens unter Berücksichtigung von Art. 6 I GG betreffend). 678 OLG Hamburg, FamRZ 1981, 356. Dem gleichermaßen folgend OLG Köln, IPRax 1994, 371 (372). 679 OLG Hamburg, FamRZ 1981, 356 (358 f.).
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aa) Ablehnender Standpunkt In dem bereits mehrfach zitierten Urteil des BGH vom 13. 3. 2003680 setzt sich der IX. Zivilsenat mit jener viel diskutierten Problematik auseinander. Da das Gericht § 1310 III BGB als abschließende Norm versteht681, verneint es in der Konsequenz die Möglichkeit der ergänzenden Anwendung ungeschriebener Heilungsmöglichkeiten. Die Annahme der Heilung formwidriger Ehen durch bloßes gutgläubiges Zusammenleben der Partner würde zu einer weitgehenden Auflösung des staatlichen Eheschließungsrechts führen und damit gegen den wesentlichen Grundsatz der zwingenden Zivilehe verstoßen. Schließlich hätte das EheschlRG vom 4. 5. 1998 – so betont der BGH – die Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten der Formalisierung des Eheschlusses speziell durch den Standesbeamten erneut bestätigt. Die Fassung der gesetzlichen Heilungsvorschrift würde beweisen, dass allein der langjährigen gemeinschaftlichen Lebensweise keine heilende Wirkung zukommt, von Nöten sei zusätzlich die qualifizierte Mitwirkung eines Standesbeamten682. Überdies ließe sich nach der Auffassung des IX. Zivilsenats auch aus Art. 6 I GG keine allgemeine Heilung der Nichtehe ableiten. Zum einen stünde dem Gesetzgeber in den Grenzen der Verfassungsmäßigkeit der Norm ein weiter Gestaltungsspielraum zu, zum anderen sei der bekannten Witwenrentenentscheidung des BVerfG keine bindende Auslegung des Ehebegriffs in familienrechtlichen Normen zu entnehmen. Lediglich über die Wirkung hinkender Auslandsehen im Sozialrecht sei verbindlich entschieden worden. Art. 6 I GG würde es nicht gebieten, jene Grundsätze auf die zivilrechtlichen Beziehungen der Ehegatten untereinander zu übertragen. Somit würde § 1310 III BGB einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten; die gesetzgeberische Wertentscheidung zugunsten der Beteiligung einer deutschen Stelle im Rahmen der statusrechtlichen Heilung sei mithin nicht zu beanstanden683. Im Ergebnis versagte der BGH der in Deutschland nur vor dem griechisch-orthodoxen Geistlichen geschlossenen hinkenden Auslandsehe zweier Griechen die Wirksamkeit, obschon die Betroffenen 26 Jahre lang in gutem Glauben an die Erfüllung der Eheschließungsform gemeinsam gelebt hatten. Dem IX. Zivilsenat des BGH zustimmend wird partiell auch in der Literatur den Interessen des Staates an der Durchsetzung der obligatorischen Zivilehe der Vorrang gegenüber den Interessen der Partner an einer Heilung ihrer formwidrigen Ehe durch bloßen Zeitablauf eingeräumt684. 680
BGH, IPRax 2004, 438. Vgl. den Zweiten Teil, A.I. (S. 60). 682 BGH, IPRax 2004, 438 (440). 683 BGH, IPRax 2004, 438 (440 f.). 684 Hohloch, JuS 2003, 921 (922 f.); Palandt/Heldrich, Art. 13 EGBGB Rn. 21; Wagenitz/Bornhofen, S. 207 Rn. 45, a. A. noch Barth/Wagenitz, FamRZ 1996, 833 (844). 681
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bb) Befürwortende Auffassungen Das aus den vorstehenden Erwägungen gewonnene Ergebnis des BGH stößt auf erheblichen Widerspruch im Schrifttum. So würde der kategorische Ausschluss jeglicher ungeschriebener Heilungsmöglichkeiten das Gewicht zu einseitig auf die „formaljuristische“ Ebene lenken, die Wertungsebene bliebe demgegenüber ausgeblendet mit der Folge, dass für eine hinkende Ehe lediglich „hinkende Gerechtigkeit“ produziert werden würde685. Mit Blick auf andere ausländische Rechtsordnungen, die bei einer Trauung vor einer unzuständigen Person zumindest die Rechtsfolgen der Ehe eintreten lassen oder die – anstelle der Nichtexistenz – nur deren Nichtigkeit (im Sinne von Vernichtbarkeit) für die Zukunft anordnen686, müsse auch in Deutschland bei jahrzehntelang gelebter Ehe dem alten Grundsatz „consensus facit nuptias“ – wie Bosch es schon seit jeher postuliert687 – Priorität gegenüber der Eheschließungsform zugestanden werden688. Der faktischen Ehe wird also trotz Einführung einer gesetzlichen Heilungsregelung weiterhin heilende Wirkung zugesprochen. Begründet wird dies im Wesentlichen mit der zu engen Fassung des § 1310 III BGB689, die aufgrund der Anknüpfung an einen formalen Vertrauenstatbestand statt an den materiellen Tatbestand der gutgläubig gelebten Ehe mit dem durch Art. 6 I GG gewährleisteten Schutz unvereinbar sei690. Da die Betroffenen auf den rechtlichen Bestand ihrer Ehe vertraut hätten, folge die Annahme einer außergesetzlichen Heilung zusätzlich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes, hergeleitet aus dem 685
Coester, FS Heldrich, S. 537 (544). In Frankreich werden die Vorschriften über die sog. Putativehe (mariage putatif, Art. 201 f. Code civil) nicht nur auf für nichtig erklärte Ehen, sondern auch auf nichtstandesamtliche Eheschließungen angewendet. Gemäß Art. 201 I, II Code civil hat die vernichtbare Ehe zugunsten gutgläubiger Eheleute die Wirkungen einer Ehe. Nach der französischen Rechtsprechung bleiben auch nach der Feststellung der Ehenichtigkeit gewisse Ehewirkungen erhalten. Hierzu Siehr, IPRax 2007, 30 (31 f.). In den USA kann eine formungültige Ehe dadurch geheilt werden, dass die Partner in einem Staat, der die formlose common law-Ehe anerkennt, einen neuen Wohnsitz begründen, vgl. Siehr, IPRax 2007, 30 (33 m.w. N.). Ebenso wird in England im Falle gutgläubig formunwirksamer Eheschließung keine Nichtigkeit angenommen. Nur ein bewusster und gewollter Verstoß beider Verlobter gegen die zwingenden Formvorschriften hat die absolute Nichtigkeit („void“) der Ehe zur Folge (Pfeiffer, LMK 2003, 128 m.w. N.; Bergmann/Ferid/Henrich/Henrich, Großbritannien, S. 58). 687 Vgl. u. a. Bosch, FamRZ 1980, 849 (850); ders., FamRZ 1981, 769; ders., FamRZ 1983, 253. 688 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 542; im Ergebnis auch Henrich, IntFamR, § 1 VII (S. 41) und Staudinger/Voppel, Vorbem zu §§ 1313 ff. BGB Rn. 22 (aber auf den Ausnahmefall begrenzt). 689 Siehe eingehend bereits den Zweiten Teil, A.I. 690 Hepting, FamRZ 1998, 713 (726); ders., StAZ 1996, 257 (262); Sturm, FS Rolland, S. 373 (378); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 542, 544, 545a; wohl auch RGRK/Lohmann, § 1310 BGB Rn. 59. 686
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Rechtsstaatsprinzip (vgl. Art. 20 III GG)691. Auch unter Berücksichtigung der Funktionen der standesamtlichen Mitwirkung692 soll eine Anerkennung der Heilungswirkung nicht abgelehnt werden können, schließlich seien Warn- und Publizitätsfunktion durch ein langjähriges, im Umgang mit staatlichen Stellen praktiziertes eheliches Zusammenleben erfüllt worden693. Dies hätte der BGH verkannt, als er die 26-jährige Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Partner für rechtlich irrelevant erklärte. Schließlich wird geltend gemacht, dass der Ausschluss sämtlicher familienrechtlicher Rechtsfolgen bei jahrzehntelanger ehelicher Gemeinschaft unzumutbar sei und zu erheblichen bereicherungsrechtlichen Abwicklungsschwierigkeiten führen würde694. Außerdem stünden die Aussagen des BGH im Widerspruch zu der Witwenrentenentscheidung des BVerfG, denn die dort entwickelten Grundsätze seien verallgemeinerungsfähig695. In Verbindung mit Art. 6 I GG, dessen Schutzbereich neben den sozialrechtlichen Folgewirkungen auch die familienrechtlichen Rechtsfolgen erfassen soll, würde sich die Schlussfolgerung ergeben, dass der gelebten und öffentlich anerkannten „Ehe“, basierend auf einer nichtstandesamtlichen Trauung, eine heilende Wirkung696 oder zumindest die Anerkennung einzelner Rechtswirkungen697 nicht verwehrt werden dürfte. c) Bewertung des Konflikts bei Bestehen einer hinkenden Auslandsehe Es fragt sich demnach, ob eine im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Eheschließung begründete und über lange Zeit hinweg gelebte Beziehung über § 1310 III BGB hinaus zu heilen ist. Die folgende Untersuchung soll sich vorerst auf die Interessenlage bei Existenz einer hinkenden Auslandsehe konzentrieren, ist dies doch die typische Konstellation, mit der sich die Rechtspre691
Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 544. Hierzu die Erörterungen im Zweiten Teil, A.II.1. 693 Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 115; Pfeiffer, LMK 2003, 128; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 544. Aus der Rspr. vgl. auch AG Hannover, FamRZ 2002, 1116 (1118). 694 Pfeiffer, LMK 2003, 128 (129). 695 Borgmann, FamRZ 2003, 844 (846); Mäsch, IPRax 2004, 421 (424); CoesterWaltjen, FS Henrich, S. 91 (98); MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 169; Pfeiffer, LMK 2003, 128 (129). 696 Andrae, IntFamR, § 1 Rn. 116; Pfeiffer, LMK 2003, 128 (129); Coester, FS Heldrich, S. 537 (544 f.); Coester-Waltjen, FS Henrich, S. 91 (98), allerdings auf hinkende Auslandsehen begrenzt. 697 MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 169 (hilfsweise); Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 11 II 4 Rn. 27–29. Auf hinkende Auslandsehen beschränkt: Mäsch, IPRax 2004, 421 (424); MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 30. 692
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chung in der Vergangenheit so zahlreich konfrontiert sah. Anschließend ist zu bewerten, ob sich die Erkenntnisse auf absolute Nichtehen übertragen lassen. aa) Bindungswirkung der Witwenrentenentscheidung gemäß § 31 I BVerfGG Sowohl der bekannten Witwenrentenentscheidung des BVerfG als auch dem jüngeren, hier zur Diskussion stehenden Urteil des IX. Zivilsenat des BGH lag jeweils eine über jahrzehntelang gutgläubig gelebte Verbindung zugrunde, die sich später als hinkende Auslandsehe entpuppte. Allerdings legte das BVerfG den Schwerpunkt der Argumentation – im Unterschied zu den Ausführungen des BGH – nicht auf die zwingende Trauung in ziviler Form. Vielmehr hob es hervor, dass der Mitwirkung eines Standesbeamten nach deutschem Recht zwar wesentliche Bedeutung zukommen würde, nicht minder wesentlich sei jedoch die konsensuale Willensübereinstimmung der Verlobten. Partner, die bei Abschluss einer hinkenden Ehe die Begründung einer dauernden Gemeinschaft beabsichtigen und versprechen, hätten insoweit die Voraussetzungen für eine Ehe erfüllt, zumal die Gemeinschaft durch das Heimatrecht eines Partners Anerkennung finden würde698. Damit stellte das BVerfG auf den ernsthaft erklärten Eheschließungswillen sowie auf die gelebte, nach einer fremden Rechtsordnung wirksame Ehe ab. Im Gegensatz dazu sprach der IX. Zivilsenat des BGH der standesamtlichen Beteiligung bei einer Inlandstrauung „entscheidende Bedeutung“699 zu. Dadurch verzeichnete er die Aussage des obersten Verfassungsgerichts700. Der gutgläubig gelebten Ehe, die nach dem griechischen Heimatrecht der Partner gültig war, maß der Senat für seine Urteilsfindung keinerlei Bedeutung zu. Zum Ersten drängt sich deshalb die Frage auf, ob das Urteil des BGH gegen die in Art. 20 III GG statuierte Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht verstößt, da das Gericht möglicherweise die einer bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung zukommende Bindungswirkung gemäß § 31 I BVerfGG missachtete. Die Bindungswirkung einer bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung richtet sich gemäß dem Wortlaut des § 31 I BVerfGG ausschließlich an die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie an alle Gerichte und Behörden. Sonach wird auch der BGH in die Pflicht genommen. Gegenstand der bindenden Wirkung i. S. v. § 31 I BVerfGG ist zumindest die Urteilsformel701, die 698
BVerfGE 62, 323 (331). BGH, IPRax 2004, 438 (441). 700 Kritisch in diesem Sinne Coester, FS Heldrich, S. 537 (544 f.). 701 Ausführlich zum Bindungsgegenstand Benda/Klein/Klein, Verfassungsprozeßrecht, § 38 VI 1 Rn. 1318 ff.; Ziekow, Jura 1995, 522 (526 f.). 699
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bei der Witwenrentenentscheidung dahin lautet, Art. 6 I GG würde eine Auslegung des § 1264 RVO mit dem Inhalt gebieten, dass Witwen im Sinne dieser Vorschrift auch Hinterbliebene aus hinkenden Ehen sind702. Diesen verbindlichen Tenor konnte der IX. Zivilsenat des BGH freilich nicht verkennen, ging es doch in seiner Entscheidung vom 13. 3. 2003 nicht um den streitigen Anspruch auf Witwenrente, sondern um die mögliche Geltendmachung von Ehescheidungsfolgen, eingekleidet in einen Haftungsprozess gegen einen Rechtsanwalt. Die jeweilige Rechtslage gestaltete sich demnach unterschiedlich. Anders fiele gegebenenfalls die Bewertung aus, sofern man über die Urteilsformel hinaus auch die für die Entscheidung tragenden Gründe von der Bindungswirkung des § 31 I BVerfGG als erfasst ansähe. Angesichts des in dieser Hinsicht undeutlichen Gesetzeswortlauts ist das Ausmaß der Bindungswirkung reichlich umstritten703. Ohne sich aber sogleich mit den Argumenten für und wider auseinandersetzen zu wollen, bietet sich vorab die Ermittlung der für die Witwenrentenentscheidung tatsächlich tragenden Gründe an. Auf dieser Grundlage kann sodann untersucht werden, ob der BGH diese tatsächlich verkannte. Eine allgemein gültige Definition für den Begriff der „tragenden Gründe“ existiert nicht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass hierunter all diejenigen Gründe fallen, die als notwendige argumentative Stützen dem in der Urteilsformel zum Ausdruck kommenden Ergebnis dienen (sog. ratio decidendi)704, so kann sich ihr Auffinden dennoch als schwierig erweisen. Zur Klärung allein auf die Leitsätze abzustellen, wird abgelehnt, jedoch sind ihnen erste Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, welche Ausführungen dem BVerfG besonders wichtig erschienen705. Im Übrigen ist der konkrete Einzelfall maßgebend706. Sich danach richtend glaubt man, auf den ersten Blick zweifelsfrei feststellen zu können, dass die bereits aufgezeigten verfassungsgerichtlichen Ausführungen zu der „nicht minder wesentlich[en] Willensübereinstimmung der Verlobten“ sowie der Absicht, eine „dauernde Gemeinschaft“ begründen zu wollen707, notwendige Stützen für die verfassungskonforme Auslegung des § 1264 RVO a. F. sind708. Wird in diesem Zusammenhang noch der Aussage des BVerfG, eine so zustande gekommene hinkende Ehe unterläge dem Schutz des Art. 6 I GG709, 702
BVerfGE 62, 323. Umfassend zu der Thematik Spanner, AöR Bd. 91 (1966), 503 (526 ff.); Ziekow, Jura 1995, 522 (526 f.); Benda/Klein/Klein, Verfassungsprozeßrecht, § 38 VI 2 Rn. 1323 ff. 704 Benda/Klein/Klein, Verfassungsprozeßrecht, § 38 VI 2 Rn. 1325 m.w. N. 705 Umbach/Clemens/Dollinger/Heusch, § 31 BVerfGG Rn. 61 m.w. N. 706 Ziekow, Jura 1995, 522 (527 f.). 707 Nachweis in Fn. 698. 708 Siehe auch Müller-Freienfels, Sozialversicherungs-, Familien- und IPR, S. 28 mit Fn. 43. 709 BVerfGE 62, 323 (331). 703
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Beachtung geschenkt, könnte der Eindruck entstehen, dass der BGH in seiner Entscheidung jene ausschlaggebende Argumentation missachtete, als er der im Inland nur vor dem griechisch-orthodoxen Geistlichen geschlossenen, aber 26 Jahre gelebten hinkenden Auslandsehe zweier Griechen die Heilung versagte. Indes sollte die durch das BVerfG hervorgehobene Bedeutung des Ehekonsenses und des lebenslangen Zusammenlebens als Ehepartner nicht aus ihrem Kontext herausgelöst werden. Anderenfalls könnte nicht hinreichend Berücksichtigung finden, dass das Verfassungsgericht seine Ausführungen bereits in dem folgenden Satz wieder einschränkte, indem es die Einbeziehung hinkender Auslandsehen in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG „jedenfalls“ dann nicht versagen will, „wenn es sich um den Anspruch auf Versorgung nach dem Tode eines Partners handelt“710. Damit soll die hinkende Auslandsehe nicht generell dem Gewährleistungsbereich von Art. 6 I GG unterfallen, sondern nur soweit ein Anspruch auf Witwenrente in Frage steht711. Diese für die Urteilsformel tragenden Gründe hat der IX. Zivilsenat des BGH nicht umgangen, denn Streitgegenstand war nach den Darlegungen ein ganz anderer. Die Pflicht, sich zukünftig von den Feststellungen des BVerfG leiten zu lassen, tritt aber nur für gleichgelagerte Fälle ein712. Das wäre hier nur dann zu bejahen, wenn auch im Rahmen des Urteils des BGH die Geltendmachung der Witwen- oder Witwerrente gemäß § 46 SGB VI durch den überlebenden Partner einer hinkenden Auslandsehe zur Entscheidung gestanden hätte. Dem ist aber nicht so. Selbst also für den Fall, dass den für die Entscheidung tragenden Gründen eine Bindungswirkung gemäß § 31 I BVerfGG zukommt, lässt sich im Ergebnis schlussfolgern, dass eine derartige Sichtweise713 keine Auswirkungen auf die Urteilsfindung des BGH hätte haben können. Eine Verletzung des Art. 20 III GG ist mangels Nichtbeachtung einer aus der Witwenrentenentscheidung abgeleiteten Bindung nicht auszumachen. bb) Verfassungsrechtlicher Eheschutz gemäß Art. 6 I GG Denkbar ist allerdings eine Verkennung des verfassungsrechtlichen Eheschutzes gemäß Art. 6 I GG durch den BGH, welcher in der Lehre die vorherrschende Argumentationsgrundlage für eine ungeschriebene Heilung infolge langjährigen Zusammenlebens als Ehegatten bildet714. Für die Bewertung des 710
BVerfGE 62, 323 (331). Siehe schon den Zweiten Teil, B.II.3.b)dd)(1) (S. 100 f. mit Fn. 229). 712 Benda/Klein/Klein, Verfassungsprozeßrecht, § 38 VI 2 Rn. 1329 f.; Spanner, AöR Bd. 91 (1966), 503 (529). 713 Dies würde der ständigen Rspr. des BVerfG entsprechen, vgl. nur BVerfGE 1, 14 (37); 40, 88 (93 f.). 714 Siehe den Zweiten Teil, D.II.10.b)(bb). 711
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Konflikts bei Vorliegen einer hinkenden Auslandsehe ist daher die Bestimmung des Gewährleistungsbereiches des Grundrechts unerlässlich. Der herausragende Schutz der Ehe als fester Bestandteil des deutschen Verfassungsrechts wird auf unterschiedliche Weise verwirklicht. So enthält Art. 6 GG nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG für Ehe und Familie eine Institutsgarantie sowie ein klassisches Grundrecht im Sinne eines Schutz- und Abwehrrechtes. Darüber hinaus bildet Art. 6 GG eine wertentscheidende Grundsatznorm für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts715. Während das Grundrecht als Abwehrrecht die Eheleute – sei es Deutsche oder Ausländer716 – vor staatlichen Beeinträchtigungen bewahrt717 und als Instituts- bzw. Einrichtungsgarantie den Bestand der Ehe und damit den Kern der das Eherecht bildenden Vorschriften vor einer Aufhebung oder wesentlichen Umgestaltung sichert718, erschöpft sich das Grundrecht in seiner Kennzeichnung als verbindliche Wertentscheidung nicht darin, der Privatsphäre der Ehegemeinschaft einen eigengearteten Schutz zu geben. Vielmehr begründet Art. 6 I GG als wertentscheidende Grundsatznorm einen Verfassungsauftrag, nämlich die Pflicht des Staates, die Ehe durch geeignete materielle und immaterielle Maßnahmen zu fördern, den vorrangig der Gesetzgeber zu erfüllen hat, aber auch die Exekutive und Judikative bindet, Art. 20 III GG719. Jenes verfassungsrechtliche Förderungsgebot ist leistungsrechtlich strukturiert, betrifft also Ansprüche auf Schaffung noch nicht existierender staatlicher Vorkehrungen. Bestimmte begünstigende Regelungen werden dem Gesetzgeber aber nicht vorgegeben, schließlich kommt ihm ein weitreichender Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung privat- und öffentlich-rechtlicher Normen zu720. Der Gesetzgebungsauftrag und die Garantie des Art. 6 I GG verschaffen der Gesetzgebung den notwendigen Spielraum, die Ehe als Einrichtung der gesellschaftlichen Ordnung zu erhalten und weiterzubilden, ohne den intendierten Schutz aufzuheben oder in Frage zu stellen721. Allerdings sind vor der Kodifizierung einer Neuregelung die zugrunde liegenden Tatsachen ordnungsgemäß aufzuklären, vertretbare Einschätzungen vorzunehmen und die Belange des Gemeinwohls angemessen abzuwägen. Sodann darf der Gesetzgeber bei der kon715
BVerfGE 6, 55 (72); 13, 290 (298); 31, 58 (67). Gemäß seiner Wortfassung beschränkt sich der Schutz des Art. 6 I GG nicht auf deutsche Partner, vgl. BVerfGE 31, 58 (67); OLG Nürnberg, NJW-RR 1998, 2 (5). 717 BVerfGE 6, 386 (388); 107, 27 (53). 718 BVerfGE 6, 55 (72); 105, 313 (344 f.); v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), 7 (25 f.). 719 BVerfGE 6, 55 (76); 87, 1 (35); 103, 242 (257 f.); Steiger, VVDStRL 45 (1987), 55 (84 ff.); Dietlein, DtZ 1993, 136 (138). 720 BVerfG, NJW 1993, 3316 (3317); Kirchhof, FamRZ 2007, 241 (242). 721 Friauf, NJW 1986, 2595 (2601); Zuleeg, NVwZ 1986, 800 (801). 716
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kreten Ausgestaltung einer Vorschrift nicht hinter das von der Verfassung vorgegebene Schutz- und Förderniveau zurückfallen. Demzufolge spricht Art. 6 I GG ein Verbot aus, die Unterstützung der Ehe zu unterlassen und dadurch das verfassungsrechtliche Untermaß zu unterschreiten722. Dieser Pflicht folgend wird die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft heute unter anderem im Steuer- und Sozialrecht, im Erbrecht sowie im Ausländerrecht zur Gewährleistung der ehelichen und familiären Lebensgemeinschaft privilegiert. Besonders berücksichtigt werden auch die vermögensrechtlichen Beziehungen der Partner im Fall der Scheidung, umfasst der Ordnungsauftrag des Gesetzgebers doch auch die Regelung der Scheidungsfolgen, wie z. B. Unterhalt und Versorgung sowie die Aufteilung des gemeinsamen Vermögens723. Zu beachten ist jedoch, dass die wirtschaftliche Förderung – abgesehen von der Witwenrente – bislang nur solchen Partnern zugute kommt, die in einer Ehe i. S. d. Art. 6 I GG leben, denn der Gesetzgeber darf die materiellrechtlichen eherechtlichen Regelungen auf eine den wesentlichen Strukturprinzipien entsprechende Ehe beschränken724. Es ist nur die durch die Verfassung geschützte Ehe, die er durch Bereitstellung eines institutionellen Rahmens schützen und durch steuerrechtliche und sonstige Entlastungen fördern muss725. Kern des danach maßgeblichen verfassungsrechtlichen Ehebegriffs ist das auf Dauer angelegte Zusammenleben von Mann und Frau in einer grundsätzlich unauflösbaren Lebensgemeinschaft, die freiwillig durch den gegenseitigen Ehekonsens begründet wird726. Das der Ehe zugrunde liegende Leitbild hat sich indes im Laufe des letzten Jahrhunderts in der sozialen Wirklichkeit grundlegend verändert. Faktoren dieses Prozesses sind neben der Begründung neuer Lebensgewohnheiten die Änderung von sozialen Werturteilen und Leitvorstellungen727. Da sich das Verfassungsrecht vor dem Wandel von moralischen und sozialethischen Anschauungen nicht verschließen kann, beeinflussen etwaige gesellschaftliche Veränderungen die Schutzbedürfnisse und damit die Rechtsfolgen einer Verfassungsnorm, nach einer verbreiteten Auffassung fernerhin den Gegenstand und die Schutzwirkung des Grundrechts728. Dementsprechend hat auch die Gesetzgebung in den letzten Jahrzehnten – in der Regel nach Voran722
Kirchhof, FamRZ 2007, 241 (242); Pauly, NJW 1997, 1955. Hierzu insgesamt Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann, Art. 6 GG Rn. 14; Maunz/ Dürig/Badura, Art. 6 GG Rn. 67 m.w. N., Rn. 72. 724 Coester-Waltjen, FS Henrich, S. 91 (95). 725 Dreier/Gröschner, Art. 6 GG Rn. 50. 726 BVerfGE 10, 59 (66); 62, 323 (330); 105, 313 (345). Nach hier vertretener Meinung zählt die zwingende Mitwirkung des Standesbeamten nicht zu den wesentlichen Strukturelementen des verfassungsrechtlichen Ehebegriffs, vgl. bereits den Zweiten Teil, B.II.3.b)dd)(1). 727 Ausführlich hierzu Lecheler, DVBl. 1986, 905 (908 f.); Zulegg, NVwZ 1986, 800 (801 f.); Henrich, FS Lerche, S. 239 ff.; Friauf, NJW 1986, 2595 ff.; Zippelius, DÖV 1986, 805. 723
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gehen des BVerfG – den Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse und Wertvorstellungen aufgenommen729. In Bezug auf eine formunwirksame, nach ausländischem Heimatrecht aber anerkannte Ehe hat das BVerfG festgestellt, dass einer solchen „Verbindung der Schutz des Art. 6 I GG jedenfalls dann nicht versagt werden [kann], wenn es sich um den Anspruch auf Versorgung nach dem Tode eines Partners handelt“730. Dadurch erfuhr die hinkende Auslandsehe in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht eine Fortbildung im Verfassungsrecht. Festzuhalten ist demnach, dass die Rechtsprechung des BVerfG dem sich wandelnden Eheverständnis unterworfen ist. In den Worten des Gerichts wird die Institution der Ehe nicht abstrakt, sondern in der Ausgestaltung gewährleistet, die den jeweils herrschenden, in der gesetzlichen Regelung maßgebend zum Ausdruck gelangten Anschauungen entspricht731. Dies dient zugleich der Sicherung der wesentlichen Strukturelemente des verfassungsrechtlichen Ehebegriffs732. Aus den Darlegungen ergeben sich nun folgende Erkenntnisse: Die Lebensund Wirtschaftsgemeinschaft der Ehe soll umfassend, d.h. in sozialer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht gefördert werden. Gewährleistet wird das vor allem durch die Regelung familienrechtlicher Schutzmechanismen, die sogar über die Beendigung einer Ehe hinaus – beispielsweise in Form von Witwen- bzw. Witwerrente, nachehelichen Unterhalt und der Durchführung des Versorgungsausgleichs – nachwirken können733. Die hinkende Auslandsehe hat das BVerfG zwar nicht vollumfänglich unter den Schutz des Art. 6 I GG gestellt, aber zumindest soweit es um die Anerkennung von Witwenrente bei Vorversterben eines Partners geht. Genießen also die in hinkender Auslandsehe verbundenen Beteiligten bereits in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht den verfassungsrechtlichen Schutz und soll die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft in ihrer Gesamtheit unterstützt werden, so kann nur der Umkehrschluss gezogen werden, dass der Gewährleistungsbereich des Art. 6 I GG nicht 728 Maunz/Dürig/Badura, Art. 6 GG Rn. 36 m.w. N.; Friauf, NJW 1986, 2595 (2599); Zulegg, NVwZ 1986, 800 (801); Zippelius, DÖV 1986, 805 (806 f.); v. Münch/Kunig/Coester-Waltjen, Art. 6 GG Rn. 4. 729 Die Reformgesetze bezweckten vor allem die Verwirklichung der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3 II, 117 I GG), siehe insbes. die vielfältigen Änderungen im Namensrecht, die Einführung des Versorgungsausgleichs zur Ergänzung der güterrechtlichen Zugewinngemeinschaft und der Unterhaltsvorschriften, die Neuregelung der elterlichen Sorge sowie die Ablösung des Verschuldensprinzips im Ehescheidungsrecht durch das sog. Zerrüttungsprinzip, Maunz/Dürig/Badura, Art. 6 GG Rn. 51 ff. m.w. N. 730 BVerfGE 62, 323 (331). Eingehend dazu bereits der Zweite Teil, D.II.7. 731 Ständige Rspr. des BVerfG, vgl. BVerfGE 15, 328 (332); 53, 224 (245); 105, 313 (345). 732 BVerfGE 6, 55 (72); 105, 313 (345). 733 BVerfGE 66, 84 (93).
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nur sozialrechtliche Ansprüche umfasst, sondern auch familienrechtliche Ausgleichsansprüche zwischen den Partnern einer hinkenden Auslandsehe734. Schließlich gewährleistet erst die Anerkennung familienrechtlicher Folgewirkungen die Erfüllung des durch die Grundsatznorm des Art. 6 I GG vorgegebenen Schutz- und Fördergebots, da sie im Verhältnis zu den sozialrechtlichen Rechtsfolgen in ihrer Anzahl höher und in ihrer Ausgestaltung vielfältiger sind. Dass also der grundgesetzlich garantierte Schutz der Ehe – wie es der IX. Zivilsenat des BGH in seiner Entscheidung vom 13. 3. 2003 behauptet – nicht die Anerkennung von hinkenden Auslandsehen für die Zwecke des Versorgungsausgleichs und des nachehelichen Unterhalts fordert735, kann nicht angenommen werden. Vielmehr lässt sich die Auslegung des BVerfG zur Hinterbliebenenrente im Zusammenhang mit einer hinkenden Auslandsehe für eine entsprechende Auslegung familienrechtlicher Normen nutzbar machen: Was für den Schutzbereich der staatlichen Sozialversicherung gilt, ist entgegen der Ansicht des BGH736 auf die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche zwischen den Partnern einer hinkenden Auslandsehe zu übertragen. Insoweit kann den gegenüber der Rechtsprechung des BGH kritisch gegenüberstehenden Stimmen im Schrifttum737 gefolgt werden. Ob sich allerdings aus Art. 6 I GG mit seinem weiten Schutzbereich zwingend die statusrechtliche Heilung hinkender Auslandsehen ergibt, mithin ein aus dem Verfassungsrecht abgeleiteter Heilungsansatz von Nöten ist, soll in einem weiteren Schritt untersucht werden. Möglicherweise könnte dem aus Art. 6 I GG für hinkende Auslandsehen folgenden Schutzbedürfnis anderweitig Rechnung getragen werden. cc) Lösungsmodelle Ein Rückgriff auf allgemeine Rechtsgrundsätze und Verfassungsprinzipien, d.h. über die immanente Teleologie des Gesetzes hinaus, stellt wegen der relativen Vagheit des verfassungsmäßig Gebotenen und der Unsicherheiten bei der Bestimmung der konkreten Anforderungen lediglich eine subsidiäre Rechtsfindungsmethode dar. Voraussetzung für eine derartige gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung ist deshalb, dass die Problematik weder im Wege einfacher Gesetzesauslegung noch durch eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung in einer Weise gelöst werden kann, die den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs genügt738. Dementsprechend sind der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung zunächst die Gesetzesauslegung und die gesetzesimmanente Rechtsfortbildung 734 735 736 737
Vgl. auch Mäsch, IPRax 2004, 421 (424); Pfeiffer, LMK 2003, 128 (129). BGH, IPRax 2004, 438 (440 f.). BGH, IPRax 2004, 438 (441). Siehe die Nachweise in Fn. 695–697.
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vorzuziehen. Eine ungeschriebene Heilung hinkender Auslandsehen, hergeleitet aus dem Verfassungsrecht, ist sonach zweitrangiges methodisches Hilfsmittel. Für das Verhältnis der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung gegenüber der Auslegung gilt wiederum, dass Letztere Vorrang genießt. Analogie, teleologische Reduktion und andere Wege der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung sind demnach nur zulässig, sofern eine Entscheidung nicht durch Auslegung einer Rechtsnorm herbeigeführt werden kann739. (1) Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung des § 1310 III BGB Unter den rechtsethischen Prinzipien, an denen sich die Auslegung zu orientieren hat, kommt den in Verfassungsrang erhobenen Wertentscheidungen gesteigerte Bedeutung zu740. Dementsprechend sucht eine Unterart der teleologisch-systematischen Auslegung die Übereinstimmung der auszulegenden Norm mit formal höherrangigem Recht. Eines der wichtigsten Beispiele neben der europarechtskonformen Interpretation inländischen Rechts ist die verfassungskonforme Auslegung von einfachen Gesetzen741. Diese ist nicht etwa dem BVerfG vorbehalten, vielmehr ist jedes Gericht und jeder Rechtsanwender in den verschiedensten Verfahren zu ihr befugt und – aus Art. 1 III, 20 III, 28 I, 97 I GG folgend – sogar verpflichtet. Freilich spielt diese Form der Gesetzesauslegung insbesondere in der Rechtsprechung des obersten Verfassungsgerichts in Verfahren über Verfassungsbeschwerden und in Normenkontrollverfahren eine große Rolle742. Auch im Rahmen der Witwenrentenentscheidung wurde einfaches Gesetzesrecht durch das BVerfG im Lichte der übergeordneten Verfassung ausgelegt. Das Gericht kam zu der Entscheidung, dass Art. 6 I GG eine verfassungskonforme Auslegung dahin gebietet, dass Witwen i. S. v. § 1264 RVO a. F. auch Hinterbliebene aus sog. hinkenden Ehen sind743. Eine für die verfassungskonforme Auslegung vorausgesetzte Diskrepanz zwischen einer rangniederen und einer ranghöheren Norm744 lässt sich ebenfalls im Verhältnis von § 1310 III BGB und dem aus Art. 6 I GG für hinkende Auslandsehen folgenden Schutzbedürfnis feststellen. Während nämlich hinkende 738 Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, C.IV.1. (S. 71); Larenz/ Canaris, Methodenlehre, Kapitel 5, 4d (S. 245). 739 Schmalz, Methodenlehre für das juristische Studium, Rn. 377, 402. 740 Larenz/Canaris, Methodenlehre, Kapitel 4, 2e (S. 159). 741 Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, B.IV.6. (S. 40). 742 Schmalz, Methodenlehre für das juristische Studium, Rn. 363; Spanner, AöR Bd. 91 (1966), 503 (507, 510, 535). 743 BVerfGE 62, 323 (333). 744 Michel, JuS 1961, 274 (275); Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, B.IV.6. (S. 40).
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Auslandsehen sowohl in sozialversicherungsrechtlicher als auch in familienrechtlicher Hinsicht von dem verfassungsrechtlichen Eheschutz erfasst werden745, erfolgt eine statusrechtliche Heilung auf einfach-gesetzlicher Ebene und damit das Eintreten sämtlicher Eherechtsfolgen nur dann, wenn ein standesamtlicher Vertrauenstatbestand i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB gesetzt worden ist. Fraglich ist deswegen, ob der Normwiderspruch gemäß dem Vorschlag von Coester durch eine verfassungskonforme Auslegung der gesetzlichen Heilungsvorschrift aufgelöst werden kann. Seiner Ansicht zufolge würde eine verfassungskonforme Auslegung ergeben, dass die Regelung die zivilrechtliche Heilung solcher Ehen nicht ausschließt, die zwar nicht ihren Tatbestand, wohl aber den Ehebegriff des Art. 6 I GG erfüllen746. (a) Offensichtliche Verfassungswidrigkeit der Norm? Was die Anforderungen an eine verfassungskonforme Auslegung betrifft, so müsste sie zunächst dazu dienen, die Verfassungswidrigkeit einer Norm zu vermeiden, darf ein Verdikt über die Unvereinbarkeit einer Vorschrift mit dem Grundgesetz doch nicht ergehen, solange sie noch – orientiert am Wortlaut und an ihrem zugrunde liegenden Zweck – im Einklang mit der Verfassung ausgelegt werden kann. Hinter dem Prinzip der verfassungskonformen Auslegung steht nach der Rechtsprechung des BVerfG die widerlegbare Vermutung, dass ein Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist747. Mithin fehlt jeder Anlass zur verfassungskonformen Auslegung, wenn an der Verfassungsmäßigkeit des § 1310 III BGB keine Zweifel bestehen. Hier wäre eine Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz nur dann zu bejahen, sofern die fehlende Berücksichtigung solcher hinkender Auslandsehen, bei denen das jahrzehntelange Vertrauen der Partner in die Gültigkeit der Ehe gerade keine Bestätigung nach § 1310 III Nr. 1–3 BGB fand, einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 6 I GG darstellen würde, der verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen ist. (aa) Verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigender Eingriff in Art. 6 I GG Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG sind als Eingriffe alle staatlichen Maßnahmen zu qualifizieren, die die Ehe sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich schädigen, stören oder sonst be745
Soeben festgestellt, vgl. den Zweiten Teil, D.II.10.c)bb). Coester, FS Heldrich, S. 537 (545). 747 BVerfGE 2, 266 (282); 54, 251 (274 f.); Benda/Klein/Klein, Verfassungsprozeßrecht, § 37 III 6 Rn. 1284, 1286. 746
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einträchtigen748. Trotz dieser allgemein anerkannten Definition ist die Feststellung eines Eingriffes problematisch, da sich Art. 6 I GG in seiner Funktion als wertentscheidende Grundsatznorm und leitbildprägende Verfassungsbestimmung der dogmatischen Prüfung von Eingriff und Schranke entzieht749. Hintergrund dafür ist, dass das Schutzgebot der Verfassung die Institution der Ehe nicht abstrakt, sondern in der Ausgestaltung gewährleistet, wie sie den herrschenden, in der gesetzlichen Regelung maßgebend zum Ausdruck gelangten Anschauungen entspricht750. Insoweit fordert Art. 6 I GG gesetzliche Regelungen über die Form der Eheschließung und ihre sachlichen Voraussetzungen, die diejenige Lebensgemeinschaft zwischen Frau und Mann, die als Ehe den Schutz der Verfassung genießt, rechtlich definieren und abgrenzen751. Demzufolge wird der Gesetzgeber verpflichtet, das Rechtsinstitut der Ehe in einer seiner Natur und Funktion entsprechenden Weise auszugestalten; man spricht von einem sog. normgeprägten Schutzbereich752. Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass nicht jede die Ehe betreffende Regelung einen Eingriff darstellt, schließlich kann der das Grundrecht erst ausgestaltende Gesetzgeber mit der Ausformung des Schutzbereiches nicht gleichzeitig in diesen eingreifen753. Die Schwierigkeit besteht mithin darin, die definierenden bzw. ausgestaltenden Normen des einfachen Rechts von den hoheitlichen Akten abzugrenzen, die sich nicht am verfassungsrechtlichen Ehebegriff orientieren und daher in einen Eingriff umschlagen. Einer Richtlinie zufolge zählen grundsätzlich die Normen des Ehe- und Familienrechts zu den Definitionen, hingegen die Vorschriften anderer Rechtsgebiete zu den eingreifenden Regelungen, wenn sie im Einzelfall auf die Ehe freiheitsbeschränkend wirken754. Da die Heilungsvorschrift des § 1310 III BGB dem Eherecht zuzuordnen ist, würde dies vorerst für eine ausgestaltende Regelung sprechen. Ein zuverlässiges Ergebnis lässt sich mittels des Grundsatzes jedoch nicht gewinnen, denn das BVerfG hat z. B. im Arbeitslosenhilferecht, d.h. außerhalb des Ehe- und Familienrechts, Bestimmungen als ausgestaltende und damit nicht eingreifende Normen anerkannt755. Zur zweifelsfreien Abgrenzung bemüht das oberste Verfassungsgericht deshalb den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit756, vor allem aber untersucht es, ob rechtfer748
BVerfGE 6, 55 (76); 55, 114 (126 f.); 81, 1 (6). v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers, Art. 6 GG Rn. 29. 750 Vgl. bereits den Zweiten Teil, D.II.10.c)bb) mit Nachweisen in Fn. 731. 751 BVerfGE 31, 58 (69); 105, 313 (345). 752 Pieroth/Schlink, Rn. 209 f.; v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), 7 (48). 753 Kingreen, Jura 1997, 401 (403). 754 Pieroth/Schlink, Rn. 647. 755 BVerfGE 87, 234 (256). Siehe auch BVerfGE 6, 55 (84), wonach eine Bestimmung, die die Umgehung der Steuerpflicht durch eine vorgeschobene zivilrechtliche Verteilung der Einkünfte zwischen Ehegatten verhindern soll, nicht gegen Art. 6 I GG verstößt. 756 Siehe z. B. BVerfGE 24, 104 (112); 31, 58 (70). 749
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tigende, in der Natur der Ehe liegende Gründe für eine ausgestaltende Regelung existieren757. Auf dieser Grundlage erblickte es beispielsweise in den Vorschriften des Ehescheidungsrechts758 sowie in § 1357 I BGB759 zulässige definierende Regelungen. Somit ist nach rechtfertigenden Gründen dafür zu suchen, dass § 1310 III BGB die statusrechtliche Heilung von einer Amtshandlung eines deutschen Standesbeamten abhängig macht und auf diese Weise die rückwirkende Anerkennung für eine Vielzahl von hinkenden Auslandsehen ausschließt. Sofern mindestens ein Rechtfertigungsgrund auszumachen ist, müsste konsequenterweise der etwaige Eingriffscharakter der gesetzlichen Heilungsvorschrift abgelehnt und die für die verfassungskonforme Auslegung notwendigen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der auszulegenden Vorschrift verneint werden. Hier könnte neben vertrauensschützenden Gesichtspunkten die in § 1310 III BGB vorgesehene Beschränkung auf bestimmte Heilungsanforderungen ihre Rechtfertigung in dem seit 1875 im deutschen Eherecht kodifizierten Prinzip der obligatorischen Zivilehe finden. Wird die Ehe im Inland nicht vor einem zuständigen und mitwirkungsbereiten Standesbeamten geschlossen, bedarf es zur Fiktion ihrer Gültigkeit insbesondere einer Rechtsschein ausstrahlenden Amtshandlung des Standesbeamten gemäß § 1310 III Nr. 1–3 BGB. Nach der Gesetzesbegründung lässt ein solcher Vertrauenstatbestand die Auffassung der Eheschließenden, nach deutschem Recht wirksam verheiratet zu sein, generell als schutzwürdig erscheinen760. Demzufolge soll – wie im Fall einer formwirksamen Trauung nach § 1310 I 1 BGB – das Handeln des Trauungsorgans die Überzeugung stützen, der Eheschließung haften keine Mängel an. Damit knüpft die Fassung der Heilungsvorschrift nicht nur an das partnerschaftliche Vertrauen an761, sondern sie nimmt erneut den Grundsatz auf, dass eine wirksame Ehe in Deutschland – abgesehen von Art. 13 III 2 EGBGB – nur unter standesamtlicher Mitwirkung zustande kommt762. Obschon die Formalisierung des Eheschlusses durch den Standesbeamten richtigerweise nicht zu dem unantastbaren Ordnungskern des verfassungsrechtlichen Ehebegriffs i. S. v. Art. 6 I GG zu rechnen763 und somit seine Wahrung im Rahmen der statusrechlichen Heilung nicht zu begrüßen ist, kann die Ausgestal-
757 Vgl. insbes. BVerfGE 81, 1 (6 ff.); 87, 234 (256). Aus der Lehre Jarass/Pieroth/ Pieroth, Art. 6 GG Rn. 14; Pieroth/Schlink, Rn. 649; Kingreen, Jura 1997, 401 (403). 758 BVerfGE 53, 224 (245 ff.). 759 BVerfGE 81, 1 (6 ff.). 760 BT-Drucks. 13/4898, S. 17. 761 Hierzu bereits im Ersten Teil, C.I.3. 762 JurisPK-BGB/Wahlen, § 1310 BGB Rn. 7; MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 4. 763 Zweiter Teil, B.II.3.b)dd)(1).
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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tung der Heilungsvorschrift unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht beanstandet werden. Zu berücksichtigen ist nämlich der Gestaltungsspielraum der Legislative. So steht dem Gesetzgeber die Verfügungsbefugnis über die Rahmenbedingungen der ehelichen Freiheitsentfaltung zu. Er kann die rechtliche Ordnung von Ehe und Familie definieren, fortentwickeln und sie darüber hinaus gemäß seiner Einschätzungsprärogative an einen von ihm konstatierten sozialen Wandel anpassen764. Von diesem „erheblichen Gestaltungsspielraum“765 eingeschlossen ist auch die Verfolgung rechtspolitischer Ziele sowie die Gewichtung der einander entgegenstehenden Belange und die Bestimmung ihrer Schutzbedürftigkeit766. Damit kann die Legislative nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise sie den ihr aufgetragenen besonderen Schutz der Ehe verwirklichen will767. Unabdingbar ist allerdings die Beobachtung der Grenzen der Ausgestaltung durch eine die Ehe betreffende Norm. Diese ergeben sich daraus, dass auch gegenüber dem definierenden bürgerlichen Recht die Höherrangigkeit der Verfassung gewahrt bleiben muss. Die Ausgestaltung hat sich aus diesem Grund an den wesentlichen, das Institut der Ehe bestimmenden Strukturprinzipien zu orientieren, anderenfalls verstößt der Gesetzgeber gegen die durch Art. 6 I GG verbürgende Institutsgarantie768. Zu diesem für den Gesetzgeber verbindlichen Kernbereich des verfassungsrechtlichen Eheverständnisses zählen nach weit verbreiteter Ansicht der freie Zugang zur Ehe, die grundsätzliche Unauflöslichkeit der Ehe, die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft, die Geschlechtsverschiedenheit der Partner, die Monogamie sowie die Ehebegründung durch Vertrag769. Jene konstituierenden Merkmale werden durch § 1310 III BGB nicht verletzt, weshalb der Gesetzgeber außerhalb dieses Ordnungskerns in der Ausformung einer gesetzlichen Heilungsregelung im Zuge der Eheschließungsrechtsreform 1998 frei war und ihm Raum für gesetzgeberische Zweckerwägungen blieb. Mit Blick auf den weiten Schutzbereich des Art. 6 I GG770 war der Gesetzgeber allein an einer Fassung der Norm als abschließend gehindert. So wäre ein Konflikt mit Art. 6 I GG vorprogrammiert, wenn § 1310 III BGB für sich einen
764
Friauf, NJW 1986, 2595 (2601). BVerfGE 53, 224 (245); 105, 313 (345). 766 BVerfGE 97, 169 (176); Maunz/Dürig/Badura, Art. 6 GG Rn. 33. 767 BVerfGE 21, 1 (6); 48, 346 (366); 55, 114 (127). 768 BVerfGE 105, 313 (345); v. Campenhausen, VVDStRL 45 (1987), 7 (48); Pauly, NJW 1997, 1955; Coester-Waltjen, FS Henrich, S. 91 (95); Sachs/Schmitt-Kammler, Art. 6 GG Rn. 27. 769 Siehe schon den Zweiten Teil, B.II.3.b)dd)(1). 770 Vgl. den Zweiten Teil, D.II.10.c)bb). 765
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
abschließenden Geltungsanspruch erheben würde771. Da die Vorschrift aber keine abschließende Heilungsregelung darstellt772, bestehen keine Anhaltspunkte für ihre Verfassungswidrigkeit. (bb) Ergebnis Obwohl also insgesamt das Festhalten an der standesamtlichen Beteiligung gemäß § 1310 III Nr. 1–3 BGB nicht zu überzeugen vermag, muss die Entscheidung des Gesetzgebers, die statusrechtliche Heilung – mit Blick auf den Vertrauensschutz und die zwingende Zivilehe als rechtfertigende Gründe – auf bestimmte Fälle zu beschränken, akzeptiert werden. Folglich handelt es sich bei § 1310 III BGB um eine den verfassungsrechtlichen Maßstäben gerecht werdende Ausgestaltung der Ehe; ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 6 I GG ist abzulehnen. Aus denselben Gründen ist auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG auszumachen, denn sowohl die Wahrung der standesamtlichen Mitwirkung als auch der Vertrauensschutz stellen zulässige, sachgerechte Differenzierungskriterien für die Heilung einer Nichtehe dar773. Zur Prüfung, ob der Gesetzgeber im konkreten Fall die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, ist das BVerfG nicht berechtigt, denn außerhalb des Verbots einer ungerechtfertigten Verschiedenbehandlung durch eine willkürliche Vorschrift lässt der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit774. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 1310 III BGB können im Ergebnis nicht festgestellt werden. Eine verfassungskonforme Auslegung, die den Bestand der streitigen Regelung ganz oder weitgehend zu sichern versucht775, muss bereits deshalb ausscheiden.
771
Zutreffend Coester, FS Heldrich, S. 537 (541). Zweiter Teil, D.I. 773 Nach ständiger Rspr. des BVerfG ist der Gleichheitssatz verletzt, wenn ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht besteht, kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muss, BVerfGE 1, 14 (52); 68, 237 (250); 71, 39 (53). 774 BVerfGE 38, 154 (166); 68, 237 (250); 71, 39 (53); BVerfG, NJW 1993, 3316 (3317). 775 BVerfGE 2, 266 (282); 51, 304 (323); Umbach/Clemens/Dollinger/Dollinger, § 80 BVerfGG Rn. 55. 772
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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(b) Wortlaut und gesetzgeberischer Wille als Grenzen der Auslegung Darüber hinaus scheitert die von Coester favorisierte verfassungskonforme Auslegung des § 1310 III BGB an einer weiteren Anforderung, denn wie jede Gesetzesauslegung darf auch sie sich nicht über die Grenzen hinwegsetzen, die sich aus dem Wortlaut der Vorschrift ergeben können. In diesem Zusammenhang hat das BVerfG mehrfach betont, dass die untergeordnete Norm einen entsprechenden Auslegungsspielraum bieten muss, so dass die gefundene Lösung innerhalb ihrer „lex-lata-Grenze“ liegt. Keinesfalls dürfe die Verfassungsmäßigkeit einer Norm durch eine mit dem Grundgesetz zu vereinbarende, aber gegen den Wortlaut des Gesetzes erfolgende Auslegung erreicht werden776. Der typische Fall einer verfassungskonformen Auslegung ist demgemäß gegeben, wenn ein nachkonstitutionelles Gesetz unter Berücksichtigung der allgemeinen Auslegungsmittel mehrere Deutungen zulässt, von der die eine verfassungsgemäß, die andere verfassungswidrig wäre777. Hinsichtlich des lange Zeit umstrittenen Witwenbegriffs i. S. v. § 1264 RVO a. F. war eine verfassungskonforme Auslegung durch das BVerfG im Rahmen der Witwenrentenentscheidung möglich, da weder die Norm selbst noch das nunmehr in das SGB VI überführte Gesetz vorgab, ob die Vorfrage nach dem Ehestatus sozialrechtlich autonom oder gemäß dem deutschen Eherecht auszulegen ist778. § 34 SGB I existierte zu damals herrschender Rechtslage noch nicht779, so dass mehrere Auslegungsvarianten des Witwenbegriffs möglich waren. Im Gegensatz dazu lässt der Wortlaut des § 1310 III BGB keine Interpretation entgegen seiner sprachlichen Fassung zu. Mitnichten bestehen nämlich Anhaltspunkte dafür, dass für die statusrechtliche Heilung auf das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB verzichtet werden kann. Vielmehr unterstreicht der Gesetzgeber in der amtlichen Begründung die für ihn ernorme Bedeutung der standesamtlichen Urkundshandlungen780. Insoweit ist 776 BVerfGE 8, 28 (34 f.); 18, 97 (111); 54, 277 (299); 63, 131 (147 f.); 71, 81 (105); Larenz/Canaris, Methodenlehre, Kapitel 4, 2e (S. 161); Spanner, AöR Bd. 91 (1966), 503 (511). 777 BVerfGE, 64, 229 (242); Umbach/Clemens/Dollinger/Dollinger, § 80 BVerfGG Rn. 55; Michel, JuS 1961, 274 (277). 778 Siehe den Zweiten Teil, C.I.1. 779 Hierzu bereits der Zweite Teil, D.II.7.b). 780 BT-Drucks. 13/4898, S. 17: „§ 1310 Abs. 3 BGB-E orientiert sich dabei am geltenden [. . .] § 17 Abs. 2 EheG. Im Vergleich zur dort geregelten Heilung einer (form)nichtigen Ehe macht § 1310 Abs. 3 BGB-E allerdings – dogmatisch konsequent – die Heilung einer Nichtehe von der Erfüllung zusätzlicher Voraussetzungen abhängig. [. . .] Hat der deutsche Standesbeamte eine solche – fehlerhafte – Eintragung vorgenommen, liegt ein hinreichend konkreter Vertrauenstatbestand vor, der die – irrige – Auffassung der Eheschließenden, nach deutschem Recht wirksam verheiratet zu sein, generell als schutzwürdig erscheinen läßt.“
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der Gesetzeswortlaut eindeutig. Dass dieser damit im Widerspruch zu dem aus Art. 6 I GG für hinkende Auslandsehen folgenden Schutzbedürfnis steht, darf dennoch nicht zu einer – dem verfassungsrechtlichen Eheschutz entsprechenden – Umdeutung des Gesetzeswortlauts führen, denn eine dahingehende Auslegung würde die Grenzen der Wortlautinterpretation verkennen. Ausnahmsweise aber schließt ein eindeutiger Wortlaut eine verfassungskonforme Auslegung dann nicht aus, wenn der Gesetzeszweck unklar oder mehrdeutig ist, gleichzeitig eine Auslegung gegen den Wortlaut unter Beachtung der allgemeinen Auslegungsregeln möglich ist und der Wille des Gesetzgebers dem nicht zuwider läuft781. Im Rahmen von § 1310 III BGB ist der Zweck hingegen zweifelsfrei erkennbar: Wirkte ein zuständiger Standesbeamter bei der Inlandseheschließung nicht mit, so soll seine Beteiligung zumindest zwingende Voraussetzung für eine statusrechtliche Heilung der formfehlerhaften Ehe sein. Dadurch soll neben dem Vertrauensschutz vor allem das Prinzip der obligatorischen Zivilehe gewahrt bleiben782. Tritt – wie hier – der gesetzgeberische Wille klar und ohne jegliche Zweifel zu Tage, so gilt es diesen bei der Auslegung unbedingt zu beachten. Der Sinngehalt eines Gesetzes muss aufrechterhalten und darf nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung verfälscht werden783. Da nach der Rechtsprechung des BVerfG einer nach Wortlaut und ratio eindeutigen Vorschrift im Wege der Auslegung nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, ihr normativer Gehalt nicht grundlegend neu bestimmt, das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden darf784, muss im Ergebnis die Unmöglichkeit der verfassungskonformen Auslegung des § 1310 III BGB konstatiert werden. Der gesetzlichen Heilungsregelung kann nicht eine der Verfassung entsprechende Auslegung gegeben werden. (2) Gesetzesimmanente Rechtsfortbildung Kann die Problematik nach den vorangegangenen Erwägungen nicht im Wege der Auslegung gelöst werden, ist die gesetzesimmanente Rechtsfortbildung, d.h. die Rechtsergänzung über die Wortlautgrenze hinaus, aber noch im Rahmen der Teleologie des Gesetzes zu bemühen. Als Mittel hierfür stehen vor allem die Rechts- und Gesetzesanalogie, der Rückgang auf ein dem Gesetz immanentes
781
Michel, JuS 1961, 274 (279). Siehe bereits dazu den Zweiten Teil, D.II.10.c)cc)(1)(a)(aa). 783 In BVerfGE 19, 248 (253) hob das BVerfG deutlich hervor, dass eine verfassungskonforme Auslegung nicht gegen den aus der Entstehungsgeschichte zu erschließenden Willen des Gesetzgebers verstoßen darf. Vgl. auch BVerfGE 18, 97 (111); 54, 277 (299); 71, 81 (105); Spanner, AöR Bd. 91 (1966), 503 (511 ff.); Umbach/Clemens/Dollinger/Dollinger, § 80 BVerfGG Rn. 55. 784 BVerfGE 8, 28 (34); 54, 277 (299); 95, 64 (93); 99, 129 (143). 782
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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Prinzip, die teleologische Reduktion und Extension sowie die teleologisch begründete Gesetzeskorrektur zur Verfügung785. Eine Gesetzesanalogie des § 1310 III BGB auf die Fälle hinkender Auslandsehen, bei denen die langjährige gemeinschaftliche Lebensweise der Partner keine standesamtliche Bestätigung fand, kommt – nach dem bereits Gesagten786 – mangels Planwidrigkeit einer für die Analogie notwendigen Regelungslücke nicht in Betracht. In der engen Fassung der Heilungsvorschrift liegt kein gesetzgeberisches Versehen. Als weiteres Hilfsmittel scheidet fernerhin die teleologische Reduktion aus, wird hier doch eine erweiternde Korrektur und nicht eine an der ratio legis orientierte Einschränkung des gesetzlichen Heilungsinstrumentariums angestrebt. Dennoch: Auch die Möglichkeit einer teleologischen Extension, die wie die Analogie den Regelungsbereich einer Norm auszudehnen versucht787, muss verneint werden. Ihr können nämlich nur solche Fälle an die Seite gestellt werden, bei denen der in sich widerspruchsvolle Wortlaut einer Bestimmung gemäß ihrem Sinn und Zweck von der Rechtsprechung berichtigt wird788. Hier will aber der Gesetzgeber durch § 1310 III BGB sowohl dem schutzwürdigen Vertrauen der Beteiligten als auch der Ehe als staatliches Rechtsinstitut Rechnung tragen789. Eine Anerkennung partnerschaftlicher Verbindungen, die keine standesamtliche Beurkundung i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB vorweisen können, würde von dem dahingehenden gesetzgeberischen Willen erkennbar abweichen und der Zwecksetzung der Norm deutlich zuwider laufen. Die ratio legis des § 1310 III BGB fordert deshalb keine Erstreckung des Regelungsgehaltes auf weitere Sachverhalte. Demzufolge sind die Voraussetzungen einer teleologischen Extension nicht erfüllt. Andere methodische Hilfsmittel der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung sind zur Lösung der vorliegenden Problematik nicht einschlägig, schließlich haben sie alle ihren Grund in einer durch die Teleologie des Gesetzes gerechtfertigten Gesetzeskorrektur. Vorliegend spiegelt jedoch der Wortlaut des § 1310 III BGB den verfolgten Zweck klar und eindeutig wider, weshalb es keiner an der ratio legis orientierten Korrektur bedarf.
785
Larenz/Canaris, Methodenlehre, Kapitel 5, 1. (S. 187), 4d (S. 245). Zweiter Teil, D.II.2. 787 Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rn. 497; Larenz/Canaris, Methodenlehre, Kapitel 5, 2d (S. 218). 788 Larenz/Canaris, Methodenlehre, Kapitel 5, 2d (S. 219 f.). 789 Siehe bereits dazu den Zweiten Teil, D.II.10.c)cc)(1)(a)(aa). 786
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(3) Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung Da das für Partner hinkender Auslandsehen aus Art. 6 I GG folgende Schutzbedürfnis nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 1310 III BGB oder mittels gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung verwirklicht werden kann, ist letztlich eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung in Erwägung zu ziehen. Diese ist bei der Rechtsfindung angesichts der Entscheidungs- und Wertungsprärogative des Gesetzgebers subsidiär, anderenfalls könnte das positive Gesetzesrecht seine befriedigende und die sichere Erkennbarkeit der Rechtslage fördernde Funktion nicht ausreichend erfüllen. Hinzu kommt die demokratische Legitimation der Gesetzgebungsinstanzen790. Eine voreilige, den Zweck einer Norm übersteigende Rechtsfortbildung würde den Sinn der Funktions- und Gewaltenteilung zwischen Gesetzgebung und Rechtsanwendung weithin beseitigen791. Angesichts dessen liegt die methodische Besonderheit der ergänzenden Rechtsfortbildung in der Notwendigkeit des Nachweises, dass ein bestimmter Sachverhalt trotzdem einer rechtlichen Beurteilung bedarf792. Das Bedürfnis seiner Berücksichtigung ergibt sich nicht mehr aus dem Gesetzeszweck selbst, sondern aus einem darüber hinausgreifenden Rechtsgedanken. Die Rechtsfortbildung muss dabei im Einklang mit den allgemeinen Prinzipien der Rechtsordnung und der verfassungsmäßigen Wertordnung bleiben; erst durch diese Übereinstimmung findet sie ihre Rechtfertigung. Rechtspolitische Zweckmäßigkeitserwägungen genügen nicht; dies wird durch die Bindung der Rechtsprechung „an Gesetz und Recht“ i. S. v. Art. 20 III GG gefordert793. Als leitende Prinzipien sind beispielsweise im Verfassungsrecht Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechtsschutz anerkannt, im Strafrecht unter anderem die Maxime „nulla poena sine lege“, im Prozessrecht die Grundsätze der Rechtskraft oder freien Beweiswürdigung, im Sachenrecht z. B. das Publizitätsprinzip und die absolute Wirkung der subjektiven Rechte, im Schuldrecht der Leitgedanke der Privatautonomie und schließlich als universale Rechtsprinzipien insbesondere die Grundsätze der Gerechtigkeit, der Rechtssicherheit und der Zweckmäßigkeit794.
790 791 792 793 794
Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, Larenz/Canaris, Kapitel 5, 4. (S. 232), 4d (S. 246 f.). Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre,
C.IV.1. (S. 71). D.II.1. (S. 87). C.I.1. (S. 56). C.IV.2. (S. 72 f.).
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(a) Verwirklichung der mit der Eheschließungsform verfolgten Zwecke Es wird somit die entscheidende Frage aufgeworfen, ob ein besonderer – sich in allgemeinen Rechtsprinzipien widerspiegelnder – Grund existiert, der das gesetzgeberische Ermessen im Fall einer jahrzehntelang gelebten hinkenden Auslandsehe derart überwiegt, dass ausnahmsweise eine aus diesem Prinzip abgeleitete Heilung über § 1310 III BGB hinaus geboten ist. Ansätze für eine Gleichstellung der bürgerlich-rechtlichen Ehe mit einer nicht nach Art. 13 III 1 EGBGB i.V. m. § 1310 I 1 BGB bzw. Art. 13 III 2 EGBGB begründeten ehelichen Lebensgemeinschaft sind in der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG im Schutzbereich des Art. 6 I GG nur entwickelt worden, wo die Form der Eheschließung anderenfalls zum Selbstzweck degradiert worden wäre. So hob das oberste Verfassungsgericht schon in dem bekannten Spanier-Entscheid vom 4. 5. 1971 hervor, dass der Staat gerade im innersten Bereich der Lebensgestaltung wie der Ehe die Verwirklichung der gemeinsamen Lebensentscheidung nicht scheitern lassen dürfe. Deswegen „muss die Rechtsanwendung die Leitidee des Grundgesetzes im Auge behalten, dass der Mensch im Mittelpunkt der Verfassung steht und die gesetzlichen Regeln nicht Selbstzweck sind“795. Diesen Gedanken griff das BVerfG ausdrücklich in einem Beschluss vom 2. 2. 1993 auf, indem es eine nach „Sinti-Art“ geschlossene und 26 Jahre gelebte Ehe nicht in den Schutzbereich von Art. 6 I GG fallen ließ, da nach der Auffassung des Gerichts in diesem Fall keine Anhaltspunkte für eine solche Reduzierung der Formvorschriften zum Selbstzweck bestanden hätten796. Im Grunde genommen ähnlich ging das BVerfG in der Witwenrentenentscheidung vor, wenngleich jene spezielle Formulierung keinen Niederschlag in den entsprechenden Erwägungen fand. Dennoch erklärte es, dass auf die Erfüllung der damals in §§ 11, 13 EheG a. F. geregelten standesamtlichen Mitwirkung verzichtet werden könne, wenn die Partner bei Abschluss der hinkenden Ehe ihre Verbindung als dauernde Gemeinschaft beabsichtigt und sich gegenseitig versprochen hätten. Sei zudem – wie das BVerfG hervorhob – die Anerkennung der lebenslangen personalen Gemeinschaft durch die für den anderen Verlobten maßgebliche Rechtsordnung sicher gestellt, würde es sich verbieten, auf die Beobachtung der inländischen Form zu beharren797. Mithin liegt auch dieser Argumentation der Gedanke zugrunde, dass das grundsätzlich erforderliche Gebot standesamtlicher Mitwirkung nicht Selbstzweck ist. Dem haben sich vereinzelt auch oberste Gerichte in ihrer Rechtsprechung angeschlossen798. 795
BVerfGE 31, 58 (85). BVerfG, NJW 1993, 3316 (3317). 797 BVerfGE 62, 323 (331). 798 Ausdrücklich OLG Hamburg, NJW 1981, 356 (358 f.); im Ergebnis auch OLG Köln, IPRax 1994, 371 (372 f.). 796
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Die Aussagen des BVerfG lassen sich nun in eine allgemeinere Form umsetzen: Schutzbedürftig ist auch die nach einer ausländischen Rechtsordnung wirksame Ehe, wenn sie bis zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt tatsächlich gelebt wurde und wenn sich feststellen lässt, dass den hinter den deutschen Strukturprinzipien stehenden Anliegen anderweitig Rechnung getragen worden ist799. In diesen Fällen darf sich die Missachtung der inländischen Eheschließungsform gemäß Art. 13 III 1 EGBGB i.V. m. § 1310 I 1 BGB bzw. Art. 13 III 2 EGBGB nicht auswirken. Das gebietet die Schutzfunktion des Art. 6 I GG auch dann, wenn die Anforderungen der gerade für diese Konstellationen geschaffenen Heilungsregelung des § 1310 III BGB nicht erfüllt sind. Unverzichtbar ist indes, dass im konkreten Fall die Zwecke der staatlichen Mitwirkung – wenn auch auf andere Weise – erreicht worden sind und die Wahrung der Form hierdurch überholt worden ist. In einem letzten Schritt gilt es daher, die mit der standesamtlichen Mitwirkung verfolgten Zwecke auf ihre Verwirklichung bei den hier zur Diskussion stehenden Sachverhalten zu untersuchen. Wie bereits dargelegt, bezweckt das Handeln des Standesbeamten – als das wesentliche Ordnungselement neben dem nicht minder wesentlichen Ehekonsens der Partner800 – die Erfüllung von Warn- und Schutzfunktion (Übereilungsschutz) sowie zusätzlich Beweis- und Klarstellungsfunktion durch die Offenkundigkeit der Eheschließung801. Was vorerst den Übereilungsschutz betrifft, mithin das Ziel, den Ehewilligen bewusst zu machen, dass sie unwiderrufliche, äußerst wichtige Erklärungen abgeben und dass sie dementsprechend den weitreichenden, über ihre persönlichen Beziehungen hinauswirkenden Entschluss, die Ehe einzugehen, erst nach ernsthafter und reiflicher Überlegung fassen sollen802, so ist dieses Anliegen mühelos durch ein jahrzehntelanges Führen einer Ehegemeinschaft verwirklicht803. Die in hinkender Auslandsehe verbundenen Partner konnten über einen langen Zeitraum hinweg beweisen, dass sie die aus dem ehelichen Rechtsverhältnis folgenden Rechte und Pflichten übernehmen und vor etwaigen Belastungen nicht kapitulieren. Auf die Tragweite ihrer Eheschließung muss man sie mit Hilfe von Formvorschriften nicht mehr hinweisen. Einer Erfüllung der vor diesen Nachteilen warnenden Schutzfunktion bedarf es deswegen nicht mehr. Fraglich ist, ob das von der Klarstellungs- und Beweisfunktion in gleichem Maße behauptet werden kann. Grundsätzlich werden diese Ziele durch die standesamtliche Eintragung der Eheschließung in das Heirats- oder Familienbuch 799
So zutreffend Coester-Waltjen, FS Henrich, S. 91 (98). BVerfGE 29, 166 (176); 62, 323 (331); BVerfG, NJW 1993, 3316 (3317). 801 Siehe bereits den Zweiten Teil, A.II.1. 802 BGHZ 29, 137 (141); OLG Hamburg, NJW 1981, 356 (358). 803 OLG Hamburg, NJW 1981, 356 (358); OLG Köln, IPRax 1994, 371 (372); Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 544. 800
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gemäß den §§ 9 ff. PStG gewährleistet, da dadurch das Bestehen der Ehe klargestellt und gleichzeitig zu Beweiszwecken bekannt gemacht wird804. Handelt es sich um eine jahrzehntelang gelebte hinkende Auslandsehe, so werden die Partner in der Öffentlichkeit, d.h. im gesellschaftlichen Leben, im Rechtsverkehr sowie im Umgang mit Behörden und eventuell auch Gerichten, als Ehegatten aufgetreten sein. Da der Formfehler bis zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt weder den Beteiligten selbst, noch Dritten oder staatlichen Stellen bekannt war, sind sie dementsprechend behandelt worden. Damit haben die Partner für sich und die Gesellschaft in eindeutigen und klaren Verhältnissen gelebt; die fehlende Beanstandung des Formverstoßes durch staatliche Institutionen trug dazu bei, dass sich die Betroffenen in einer wirksamen Ehe wähnten. Klarstellungs- bzw. Publizitätsfunktion der Eheschließungsform sind durch das jahrelange, fortgesetzte Auftreten als Ehegatten mithin erfüllt worden805. Hingegen erscheint problematisch, ob entsprechende Erwägungen auch für den im Interesse der Rechtssicherheit liegenden Formzweck der Beweiserleichterung gelten, hat doch die Eheschließung gerade keinen Eingang in ein deutsches Heirats-, Familien- oder Geburtenbuch gefunden806. Bei der hinkenden Auslandsehe ist allerdings die Besonderheit der Formgültigkeit nach einer fremden Rechtsordnung zu berücksichtigen. Freilich weichen die ausländischen Rechtsordnungen in Bezug auf die Anforderungen an die Formwirksamkeit einer Eheschließung voneinander ab, denn sie sehen nicht alle die zwingende Ziviltrauung vor, sondern erachten stattdessen die religiöse Ehe für notwendig oder kennen die Möglichkeit der Wahl zwischen religiöser und ziviler Form807. Weitgehend Einigkeit herrscht aber darüber, dass es zur Eingehung der Ehe überhaupt eines unter Mitwirkung einer öffentlichen Institution (Behörde, Notar, religiöse Amtsperson) vollzogenen förmlichen Aktes bedarf808. Selbst in denjenigen Ländern der islamischen Welt, die noch eine zwingende religiöse Eheschließung vorschreiben, sind Registrierungspflichten im Vordringen begriffen809. Somit ist der formgerechte Abschluss einer Ehe nach ausländischem Recht aufgrund des öffentlichen Beurkundungs- und Registerwesens regelmäßig nachweisbar. Unterstrichen wird dies durch die Überlegung des BVerfG hinsichtlich der Abgrenzung hinkender Auslandsehen zu den nicht von Art. 6 I GG erfassten eheähnlichen Lebensgemeinschaften. So führt es in seiner Witwenren804
OLG Hamburg, NJW 1981, 356 (358). Thomas, Formlose Ehen, S. 137; OLG Köln, IPRax 1994, 371 (372); OLG Hamburg, NJW 1981, 356 (358). 806 Anderenfalls bestünde die Möglichkeit der statusrechtlichen Heilung nach § 1310 III BGB. 807 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 657 ff. mit rechtsvergleichendem Überblick. 808 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 658. 809 Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 664. 805
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tenentscheidung aus, dass sich die hinkende Auslandsehe von der eheähnlichen Lebensgemeinschaft gerade dadurch unterscheide, dass eine nach ausländischem Recht wirksame und damit auch nachweisbare Eheschließung vorliegt810. Dass die formfehlerhaft begründete Ehe zu Beweiszwecken allein nach ausländischem Recht, indessen in Ermangelung ihrer Eintragung in ein deutsches Personenstandsbuch nicht nach deutschem Recht bekannt gemacht worden ist, kann nicht als gravierend angesehen werden. Schließlich hat das BVerfG wiederholt konstatiert, dass die Ehe „ein öffentliches Rechtsverhältnis in dem Sinne [ist], dass die Tatsache der Eheschließung für die Allgemeinheit erkennbar ist, die Eheschließung selbst unter amtlicher Mitwirkung erfolgt und der Bestand der Ehe amtlich registriert wird“811. Demnach kommt der Öffentlichkeit des Eheschlusses Verfassungsrang zu, weil nur die Ehe als öffentlich feststellbares Rechtsverhältnis Anknüpfungspunkt für die zahlreichen, mit ihr verbundenen Rechtsfolgen sein kann und damit die von der Verfassung gesicherte Funktion im sozialen Leben ausüben kann812. Solange also die Öffentlichkeit der Trauungszeremonie, die durch eine Formalisierung der Eheschließung mit anschließender Beurkundung gekennzeichnet ist, von der ausländischen Rechtsordnung gewahrt wird, steht eine diesen Vorschriften entsprechend geschlossene Ehe unter dem verfassungsrechtlichen Eheschutz813. Diesen Anforderungen wird jedenfalls nicht eine formlose Eheschließung, insbesondere eine nach dem Heimatrecht der Partner anerkannte sog. common law – Ehe gerecht. Vielmehr werden klare und eindeutige Rechtsverhältnisse nach dem Gesagten nur durch einen öffentlichen und damit nachweisbaren Eheschließungsakt als Ordnungselement geschaffen. Bestätigt wird dies auch durch den ablehnenden Beschluss des BVerfG vom 2. 2. 1993814. Das Gericht nahm die Verfassungsbeschwerde einer nach „Sinti-Art“ verheirateten Beschwerdeführerin mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung an, denn die Zielsetzungen der standesamtlichen Mitwirkung seien dort nicht erfüllt gewesen. Die Gefahr, dass „die Form der Eheschließung [. . .] zum Selbstzweck degradiert“ wird, hätte deshalb nicht bestanden815. Obschon das BVerfG seine Auffassung nicht rechtfertigte, wird die Ablehnung der Gleichstellung einer nach „Sinti-Art“ geschlossenen Ehe mit der bürgerlich-rechtlichen Ehe verständlich, wenn man bedenkt, dass die Ehe bei der in Deutschland lebenden 810
BVerfGE 62, 323 (332). BVerfGE 62, 323 (330); BVerfG, NJW 1993, 3316 (3317). Siehe u. a. auch OVG NRW, Entscheidung vom 24. 8. 2004 – 19 B 1823/04. 812 Überzeugend: Pirson, Bonner Kommentar, Art. 6 GG Rn. 18; i. E. auch MeyerTeschendorf, StAZ 1982, 325 (330 f.); Friauf, NJW 1986, 2595 (2601); Oetker, ZSR 31 (1985), 76 (82); v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers, Art. 6 GG Rn. 39. 813 Oetker, ZSR 31 (1985), 76 (82). 814 BVerfG, NJW 1993, 3316. 815 BVerfG, NJW 1993, 3316 (3317). 811
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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Volksgruppe der Sinti überwiegend dadurch eingegangen wird, dass das Paar die elterliche Wohnung verlässt, miteinander weggeht und nach der Rückkehr erklärt, als Eheleute zusammenleben zu wollen816. Hier fehlt es an einem formalöffentlichen und damit nachweisbaren Trauungsakt. Um ergo die anderweitige Verwirklichung der standesamtlichen Formzwecke bejahen zu können, ist eine Formalisierung der öffentlichen Trauung notwendig, sei es, dass die Eheschließung in der Form eines fremden Heimatrechtes, bestätigt durch eine Registrierung, vollzogen worden ist, sei es, dass eine kirchliche Eheschließung mit anschließender amtlicher Beurkundung erfolgt ist817. Der Beweisfunktion ist damit Genüge getan. Soweit die standesamtliche Mitwirkung letztlich der Prüfung des Vorliegens der Eheschließungsvoraussetzungen, insbesondere der Vermeidung etwaiger sachlicher Ehehindernisse durch eine kompetente, staatliche Instanz dient818, kann nach zutreffender Ansicht Thomas’ eine nachträgliche, d.h. zum Beurteilungszeitpunkt stattfindende Kontrolle als ausreichend erachtet werden. In diesen besonders gelagerten Konstellationen tritt das formale Interesse an der Ermöglichung einer bestandskräftigen Eheordnung hinter das Interesse am Schutz der bereits vorgefundenen Ordnung zurück819. Der Gedanke findet vor allem deshalb Zustimmung, weil ein Verstoß gegen die §§ 1303 ff. BGB gemäß § 1314 I BGB ohnehin nur zu einer aufhebbaren, also zunächst wirksamen Ehe führt. (b) Schlussfolgerung Die Auseinandersetzung mit den durch die standesamtliche Beteiligung verfolgten Formzwecken hat demnach die Feststellung zum Ergebnis, dass diese auch bei einer jahrzehntelang gutgläubig gelebten hinkenden Auslandsehe – wenn auch auf andere Weise – erfüllt worden sind, vorausgesetzt, der Bindungswille der Partner hat sich eindeutig nach außen manifestiert und ist aufgrund eines formalisierten Trauungsaktes objektiv nachweisbar. Ein Beharren auf die Formwidrigkeit der Ehe nach deutschem Recht würde eine inhaltslose Förmelei bedeuten und die standesamtliche Mitwirkung – gemäß der Rechtsprechung des BVerfG – zum Selbstzweck degradieren. Eine andere Beurteilung würde nach zutreffender Ansicht des OLG Hamburg dazu führen, dass eine organisch als 816 Dies geht aus den Gründen der Beschwerdeführerin für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde hervor, siehe BVerfG, Beschluss vom 2. 2. 1993 – 2 BvR 1491/91, Rn. 4 (zitiert nach juris; die Gründe sind in NJW 1993, 3316 nicht abgedruckt). 817 Vgl. v. Münch/Kunig/Coester-Waltjen, Art. 6 GG Rn. 6; OVG Lüneburg, NJW 2005, 1739 (1740) in Bezug auf eine formalisierte Eheschließung nach dem Heimatrecht des ausländischen Partners. 818 Wagenitz/Bornhofen, S. 152, Rn. 8. 819 Thomas, Formlose Ehen, S. 138.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
Ehe gewachsene Verbindung, die seit Jahrzehnten praktisch den Schutz des Art. 6 I GG genossen hat, ohne rechtfertigenden Grund schutzlos gestellt werden würde. In der Konsequenz könnten den Beteiligten nicht nur unzumutbare Nachteile in wirtschaftlicher Hinsicht entstehen – dies vor allem dann, wenn ein Partner im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Trauung die Vorsorge für die Alterssicherung unterlassen hat – sondern es würden die für den Rechtsverkehr bis dahin klaren und eindeutigen Verhältnisse in ihr Gegenteil verkehrt werden820. Infolgedessen kommt dem Gebot der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz in diesen Ausnahmekonstellationen besondere Bedeutung zu. In Verbindung mit dem aus Art. 6 I GG für hinkende Auslandsehen folgenden Schutzbedürfnis und der Rechtsprechung des BVerfG zu den Zwecken der Eheschließungsformvorschriften lässt sich die Befürwortung einer statusrechtlichen Heilung im Wege einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung rechtfertigen. Die Einschätzungs- und Wertungsprärogative des einfachen Gesetzgebers, der die Vorschrift des § 1310 III BGB für die Heilung hinkender Auslandsehen als ausreichend erachtet, muss zurücktreten, sofern Partner einer hinkenden Auslandsehe im Vertrauen auf die Gültigkeit ihrer Eheschließung eine eheliche Lebensgemeinschaft mit der Akzeptanz aller Rechte und Pflichten geführt haben. (c) Präzisierung der Rechtsfortbildung und Ausblick für den Gesetzgeber Angesichts der relativen Vagheit allgemeiner Rechtsgrundsätze ist das Auffinden von geeigneten Maßstäben für die Fortbildung eines Gesetzes Hauptproblem bei der Rechtsergänzung. Da die aus der Gesamtrechtsordnung abgeleiteten Prinzipien lediglich generelle Wertungstendenzen in Bezug auf umfassende Sachverhalte ausdrücken, fordern sie nicht eine volle Befolgung, sondern enthalten Optimierungsgebote, die unter Beachtung kollidierender Interessen, d.h. solcher des Staates oder anderer Beteiligter, zu befolgen sind821. Für die hier notwendige rechtsübersteigende Rechtsfortbildung bedeutet das, dass die gesetzgeberischen Interessen an weitestgehender Wahrung des Grundsatzes der obligatorischen Zivilehe mit dem schutzwürdigen Vertrauen der Partner in den Bestand ihrer Ehe in einen gerechten, mittels Abwägung vorzunehmenden Ausgleich zu bringen sind. Dabei ist – neben dem Erfordernis der Konzeption einer den vorhandenen Normen und Rechtsprinzipien gerecht werdenden Lösung – zu beachten, dass ein lediglich den Einzelfall regelnder Vorschlag gegen den Gleichheitssatz verstoßen würde822. Folglich bedarf es auch
820 821 822
OLG Hamburg, FamRZ 1981, 356 (357 f.). Bydlinski, Grundzüge der juristischen Methodenlehre, C.IV.2. (S. 72). Schmalz, Methodenlehre für das juristische Studium, Rn. 416, 419, 424.
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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bei der gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung eines abstrakt-generellen Heilungsinstrumentariums, das auf den Einzelfall angewendet werden kann. Dementsprechend muss versucht werden, eine der Heilungsvorschrift des § 1310 III BGB ähnliche sowie eine den betroffenen Rechtsprinzipien Rechnung tragende Lösung zu finden. Ausgangspunkt sollte dafür die Überlegung sein, dass die – so oftmals nicht verwirklichten – standesamtlichen Maßnahmen des § 1310 III Nr. 1–3 BGB Vertrauenstatbestände sind. Das schutzwürdige Vertrauen der vermeintlichen Ehegatten kann im Rahmen einer hinkenden Auslandsehe aber auch aus der Formwirksamkeit der Verbindung nach einer für die Beteiligten maßgeblichen Rechtsordnung resultieren. Lässt sich zudem die Abgabe des Eheschließungswillens zuverlässig nachweisen, weil dieser im Rahmen einer formal-öffentlichen, nach ausländischem Recht wirksamen Trauungszeremonie abgegeben worden ist und haben die Partner seitdem für den in § 1310 III BGB vorgesehenen Zeitraum von zehn Jahren eine eheliche Lebensgemeinschaft geführt und sind dementsprechend im Rechtsverkehr aufgetreten, so sind Schutz-, Klarstellungs- und Beweisfunktion der Eheschließungsform erfüllt. Die Verbindung muss sodann ex tunc, mithin rückwirkend auf den Zeitpunkt der Abgabe des Ehekonsenses823, statusrechtliche Heilung erfahren. Soweit Pfeiffer und Mäsch eine deutlich längere Frist des ehelichen Zusammenlebens vorschlagen, um nach ihrer Aussage den Wertungsgehalt des § 1310 III BGB zu respektieren824, ist ihnen darin nicht beizupflichten. Zum einen würde eine zeitliche Verlängerung im Hinblick auf die kurze Durchschnittsdauer einer heutigen Ehe aufgrund früher Scheidungsrate825 zu einer zu starken Einschränkung des Anwendungsbereiches des ungeschriebenen Heilungsinstrumentariums führen, zum anderen wird die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers bereits dadurch geachtet, dass nach hier vertretener Auffassung bei Existenz einer hinkenden Auslandsehe lediglich von dem Erfordernis der Erfüllung eines Vertrauenstatbestandes nach § 1310 III Nr. 1–3 BGB abgewichen wird, im Übrigen aber die Anforderungen der Heilungsvorschrift inhaltsgleich gelten sollen. Ein zehnjähriges bzw. fünfjähriges eheliches Zusammenleben genügt daher. Auf weite Sicht sollte eine derartige, aus allgemeinen Rechtsprinzipien hergeleitete außergesetzliche Heilung zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit Eingang in das geschriebene Eherecht finden. Im Rahmen einer zu empfehlenden
823 § 1310 III BGB ordnet eine rückwirkende Heilung auf den Zeitpunkt der Abgabe des Ehekonsenses an, siehe dazu ausführlich den Ersten Teil, C.I.4. 824 Siehe Mäsch, IPRax 2004, 421 (424) mit der Forderung nach einer mindestens 20-jährigen ehelichen Lebensführung; Pfeiffer, LMK 2003, 128 (129) ohne Festlegung auf eine genaue Mindestdauer; ähnlich auch Staudinger/Voppel, Vorbem zu §§ 1313 ff. BGB Rn. 22. Dagegen tritt Hepting für eine kürzere Heilungsfrist als von zehn Jahren ein, vgl. Hepting, StAZ 1996, 257 (262). 825 Vgl. die Statistik im Rahmen des Zweiten Teils, A.II.1. (S. 62).
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
schnellstmöglichen Gesetzesänderung könnte § 1310 III BGB eine Ergänzung durch einen wie folgt lautenden Satz 2 finden: „Sollte ein Vertrauenstatbestand i. S. d. Nr. 1–3 nicht vorliegen, so gilt die Ehe auch dann als geschlossen, wenn das maßgebende Heimatrecht zumindest eines der Beteiligten die Ehe für wirksam erachtet, im Übrigen aber die Voraussetzungen des Abs. 3 S. 1 erfüllt sind.“
Für hinkende Auslandsehen bestünde dadurch zusätzlich – also über die Heilung nach § 1310 III 1 BGB n. F. hinaus – die Möglichkeit, die Anforderungen des zweiten Satzes zu verwirklichen. Im Zuge der Erweiterung des Gesetzeswortlauts würde sich außerdem ein klarstellender Zusatz des Gesetzgebers zu der Frage anbieten, ob nur die gutgläubig gelebten Beziehungen oder selbst die Konstellationen erfasst werden, bei denen die Partner um die Formwidrigkeit ihrer Ehe nach deutschem Recht wussten. Obschon letztgenannte Fälle wohl Seltenheitswert besitzen werden, würde auf diesem Weg Rechtsklarheit geschaffen werden. Im Hinblick darauf, dass der Vertrauensschutz aus Gründen der Rechtssicherheit abstrakt gewährleistet wird826, würde nach hier vertretener Auffassung allein die Gültigkeit der Ehe nach einer fremden Rechtsordnung genügen; ein guter Glaube der Beteiligten ist mithin nicht zwingend. Entscheidend sind die tatsächliche Aufnahme und das Führen einer nach dem Heimatrecht anerkannten ehelichen Lebensgemeinschaft während der vorgesehenen Frist. Bis zu einer dahingehenden Neufassung des § 1310 III BGB sind hinkende Auslandsehen unter den dargelegten Voraussetzungen statusrechtlich zu heilen. d) Einbeziehung der langjährigen absoluten Nichtehen in den Schutzbereich des Art. 6 I GG mit dem Ergebnis ihrer Heilung im Status? Schließlich gilt es zu klären, ob absolute Nichtehen, also formwidrig geschlossene Ehen, die nach keiner Rechtsordnung Anerkennung finden, gleichermaßen auf Grundlage von Art. 6 I GG zu heilen sind, wenn die Partner irrtümlicherweise von dem Bestehen ihrer Ehe ausgegangen und über Jahrzehnte hinweg im Rechtsverkehr als Ehepaar aufgetreten sind. In der Literatur wird überwiegend – wie schon vor der Eheschließungsrechtsreform – von ihrer Heilungsbedürftigkeit ausgegangen827. So soll die Wirksamkeit der Ehe nach ausländischem Recht keine notwendige Voraussetzung für das schutzwürdige Vertrauen darstellen; sie sei lediglich dazu geeignet, zur Gutgläu826
Eingehend hierzu schon der Erste Teil, C.I.3. Pfeiffer, LMK 2003, 128 (129); MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 169; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 542; Hepting, StAZ 1996, 257 (262). 827
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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bigkeit der Parteien beizutragen828. Diejenigen, die daran zweifeln829 oder die das Kriterium der Anerkennung nach einer für die Beteiligten maßgeblichen Rechtsordnung ausdrücklich für eine Heilung verlangen830, führen nur selten eine Begründung für ihre Auffassung an831. Das BVerfG musste in der Witwenrentenentscheidung über die Erstreckung des verfassungsrechtlichen Eheschutzes auf absolute Nichtehen nicht urteilen, sah es sich doch allein mit einer hinkenden Auslandsehe konfrontiert. Ob der Schutz des Art. 6 I GG auch dann eingreifen würde, wenn die streitige Ehe nach der ausländischen Rechtsordnung in einer Weise geschlossen worden ist, die dem ordre public der deutschen Rechtsordnung widerspricht, hatte es in Ermangelung dafür bestehender Anhaltspunkte nicht zu entscheiden832. Einzig der 2. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG lag mit der nach „Sinti-Art“ vollzogenen Trauung und 26 Jahre gelebten Ehe eine absolute Nichtehe vor833. Wegen fehlender Erfolgsaussicht wurde jedoch die Verfassungsbeschwerde der vermeintlichen Ehefrau nicht zur Entscheidung angenommen, weshalb der Begründungsaufwand hinsichtlich der Ablehnung einer Verletzung der Beschwerdeführerin aus Art. 6 I GG gering ausfiel. Fernerhin bezog sich die Argumentation erkennbar nur auf die konkrete, nach „Sinti-Art“ geschlossene Ehe, wonach dem BVerfG zufolge die Eigentümlichkeiten dieser Art des Trauungsvollzugs eine Gleichstellung mit der bürgerlich-rechtlichen Ehe verbieten würden834. Allgemeinerungsfähige Ansätze sind der Entscheidung folglich nicht zu entnehmen. Wegen fehlender bundesverfassungsgerichtlicher Klärung der Problematik stellt sich sonach die Frage, ob der umfassende Gewährleistungsbereich des Art. 6 I GG auch die statusrechtliche Heilung der zwar gelebten, gleichwohl aber nach keiner Rechtsordnung existierenden Ehe verlangt.
828
MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 169; Pfeiffer, LMK 2003, 128 (129). v. Münch/Kunig/Coester-Waltjen, Art. 6 GG Rn. 6, sicherer hingegen schon unter Rn. 36. 830 Coester-Waltjen, FS Henrich, S. 91 (98). So auch Mäsch, IPRax 2004, 421 (424) und MüKo/Müller-Gindullis, § 1310 BGB Rn. 30, jedoch beschränkt auf die Anerkennung einzelner Rechtsfolgen. 831 Vgl. lediglich Coester-Waltjen, FS Henrich, S. 91 (98), wonach durch das Erfordernis der Wirksamkeit nach einem ausländischen Recht die Heilung angemessen begrenzt werden könnte. 832 BVerfGE 62, 323 (331). 833 BVerfG, NJW 1993, 3316. Siehe auch schon die Darlegungen im Zweiten Teil, D.II.10.c)cc)(3)(a). 834 BVerfG, NJW 1993, 3316 (3317). 829
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
aa) Gleichbehandlung mit nichtehelichen Lebensgemeinschaften In Anbetracht dessen, dass absolute Nichtehen im Unterschied zu den hinkenden Auslandsehen nach keiner Rechtsordnung als formgültige Ehen gelten, könnten sie rechtlich wie nichteheliche Lebensgemeinschaften zu behandeln sein835. Nach der Rechtsprechung des BVerfG stellen sich eheähnliche Gemeinschaften als eine Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau dar, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensbeziehung gleicher Art zulässt und die sich durch innere Bindungen auszeichnet. Die Lebensgemeinschaft geht mithin über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinaus836. Unabhängig vom Ausmaß ihrer gesellschaftlichen Akzeptanz sind nichteheliche Lebensgemeinschaften aufgrund des Verzichts auf eine wirksame Eheschließung nicht vom Gewährleistungsbereich des Art. 6 I GG, sondern lediglich von dem des Art. 2 I GG erfasst837. Dies ist die klare Entscheidung des Verfassungsgesetzgebers bei der Schaffung des Grundgesetzes und wurde durch die Gemeinsame Verfassungskommission im Rahmen der Verfassungsreform des Grundgesetzes 1994 als übereinstimmende Auffassung geteilt838. Daraus folgt allerdings nicht gleichzeitig die Pflicht, nichtehelichen Gemeinschaften jegliche rechtliche Anerkennung zu versagen und mit allen Mitteln darauf hinzuwirken, dass ihnen die zu ihrer Führung erforderlichen finanziellen und sonstigen Mittel entzogen werden839. Vielmehr ist eine partielle Gleichstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit ehelichen Rechtsverhältnissen, z. B. durch eine analoge Anwendung eherechtlicher Bestimmungen, zulässig840. Insgesamt ergibt sich aber aus der Funktion des Grundrechts als wertentscheidende Grundsatznorm und aus der Gewährleistung des „besonderen“ Schutzes der Ehe gemäß Art. 6 I GG das Gebot, nichteheliche Lebensgemeinschaften gegenüber gültigen Ehen weder zu deren Lasten zu begünstigen, noch sie in jeder Hinsicht völlig gleichzustellen841. Die gemäß Art. 26 II LV Bbg842 835 Vgl. auch den Lösungsansatz bei OVG NRW, Entscheidung vom 24. 8. 2004 – 19 B 1823/04. 836 BVerfGE 87, 234 (264). 837 BVerfGE 82, 6 (16); 87, 234 (267); Sachs/Schmitt-Kammler, Art. 6 GG Rn. 43; Maunz/Dürig/Badura, Art. 6 GG Rn. 55. 838 Zur Diskussion in der Gemeinsamen Verfassungskommission vgl. BT-Drucks. 12/6000, S. 54 ff.; OVG Lüneburg, NJW 2005, 1739 (1740); v. Münch/Kunig/CoesterWaltjen, Art. 6 GG Rn. 7. 839 BVerfGE 9, 20 (34 f.); 82, 6 (15); BVerwGE 15, 306 (316). 840 Beispiele u. a. bei v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers, Art. 6 GG Rn. 44, 48. 841 BVerfGE 9, 20 (35); Dreier/Gröschner, Art. 6 GG Rn. 42 m.w. N. 842 Art. 26 II LV Bbg lautet: „Die Schutzbedürftigkeit anderer auf Dauer angelegter Lebensgemeinschaften wird anerkannt.“ Erfasst werden damit verschieden- und gleich-
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normierte Schutzbedürftigkeit von auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaften würde sich deshalb in Widerspruch zu der Garantie des Art. 6 I GG setzen, verstünde man die Regelung als einen landesrechtlichen Verfassungsauftrag, eheähnliche Lebensbeziehungen mit der verfassungsrechtlich geschützten Ehe gleichzustellen. Indes setzte sich im Ergebnis der kontrovers geführten Verfassungsberatungen zur brandenburgischen Landesverfassung die Auffassung durch, dass Art. 26 II LV Bbg lediglich ein besonderes Schutzgebot vor Diskriminierung zugunsten von Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften beinhalte843. Sonach wurde eine grundgesetzlich verbotene Gleichstellung von Ehe und Familie mit anderen Lebensgemeinschaften nicht angestrebt; ein Verstoß gegen die ausschließliche Privilegierung der Ehe gemäß Art. 6 I GG ist nicht auszumachen844. Jedenfalls sind die Vermeidung einer Formalisierung der Beziehung und die damit bewusst gewählte Unverbindlichkeit, d.h. die Absicht, die vielfältigen, mit der Ehe zusammenhängenden Rechte und Pflichten nicht übernehmen zu wollen, der Grund dafür, weshalb Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft auf den Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 I GG angewiesen sind845. Die Verpflichtungen der Ehe dürfen ihnen nicht aufgedrängt werden, da sie nicht gewollt sind846. Demgegenüber sind die Beteiligten bei den hier zur Diskussion stehenden absoluten Nichtehen gerade von dem Bestand einer rechtsgültigen Ehe ausgegangen. Ein Rechtsbindungswille liegt zweifellos vor; Ausdruck findet er in dem Vollzug der – formunwirksamen – Trauungszeremonie sowie in der sich anschließenden ehelichen Lebensführung. Während dieses Zeitraums haben die Partner die Ehepflichten freiwillig übernommen. Demzufolge bestehen signifikante Unterschiede zwischen den gutgläubig gelebten, aber absoluten Nichtehen und den nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Eine Gleichbehandlung, wie sie sich mangels gültiger Eheschließung auf den ersten Blick anbot, ist daher nicht angezeigt.
geschlechtliche Partnerschaften. Zu ähnlichen Bestimmungen in anderen Landesverfassungen siehe Maunz/Dürig/Badura, Art. 6 GG Rn. 57. 843 Vgl. Lieber/Iwers/Ernst, Art. 26 LV Bbg Punkt 3 (S. 126). 844 Franke/Kneifel-Haverkamp, FG OLG Brandenburg, S. 97 (118); v. Münch, NJW 1999, 260 (261); Lieber/Iwers/Ernst, Art. 26 LV Bbg Punkt 3 (S. 127); a. A. Dietlein, DtZ 1993, 136 (140 f.); kritisch Vogelgesang, DÖV 1991, 1045 (1050). 845 BVerfGE 82, 6 (16); 87, 234 (267); Rüthers, NJW 1992, 879; Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann, Art. 6 GG Rn. 24; Dreier/Gröschner, Art. 6 GG Rn. 42. 846 v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers, Art. 6 GG Rn. 44.
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
bb) Erfüllung der Zwecke der standesamtlichen Mitwirkungspflicht unter besonderer Berücksichtigung der Beweisfunktion Der Wille der Partner zur rechtlichen Bindung könnte stattdessen gerade für eine Einbeziehung dieser Ausnahmefälle in den Schutzbereich von Art. 6 I GG sprechen. Im Gegensatz zu den eheähnlichen Lebensgemeinschaften haben die Betroffenen den ernsthaften Wunsch, wie Partner einer bürgerlich-rechtlichen Ehe behandelt zu werden. Des Weiteren lässt sich für eine Erfassung der absoluten Nichtehe von Art. 6 I GG die vom BVerfG in der Witwenrentenentscheidung entwickelte Erweiterung des Ehebegriffs anführen, wonach die hinkende Auslandsehe aufgrund gelebter personaler Gemeinschaft und Willensüberstimmung der Verlobten dem Schutz des Art. 6 GG zu unterstellen sei847. Hierbei handelt es sich um ein auch auf die gelebten Nichtehen übertragbares Argument, schließt sich doch an die formwidrige Trauung regelmäßig ein gutgläubiges Zusammenleben und jahreslanges Auftreten in der Öffentlichkeit als Ehegatten an. Die der standesamtlichen Mitwirkung zukommende Schutz- und Bekanntgabefunktion ist deshalb auch bei jenen absoluten Nichtehen bedenkenlos erfüllt. Indessen darf bei Existenz einer hinkenden Auslandsehe nicht die vom BVerfG betonte Anerkennung der Beziehung nach dem Heimatrecht eines Verlobten außer Acht gelassen werden. Dieses Erfordernis ermöglicht nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung die Abgrenzung zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften, denn die Wirksamkeit der Ehe nach einer ausländischen Rechtsordnung würde den zuverlässigen Nachweis einer Eheschließung garantieren können848. Ob dagegen die Beweisbarkeit der formwidrigen Trauung bei absoluten Nichtehen immer möglich ist, ist zweifelhaft, da ihre fehlende Registrierung – die gerade Beweiszwecken dient – oftmals der Grund für das Nichtbestehen der Ehe auch nach ausländischem Recht sein wird. Dies zeigt insbesondere die jüngere Rechtsprechung849. So musste die Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Klärung des streitigen Aufenthaltsrechts eines ausländischen Staatsbürgers vielfach über die Gültigkeit einer im Inland nach islamischem Kodex geschlossenen Ehe zwischen einer Deutschen und jenem Ausländer urteilen. Dem jeweiligen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis bzw. auf Beendigung der Abschiebungsmaßnahmen war mangels Wirksamkeit der Eheschließung nach deutschem und dem maßgeblichen Heimatrecht des Antragstellers von vornherein kein Erfolg beschieden. Beispielsweise fehlte es in dem Beschluss des OVG Lüneburg vom 1. 2. 2005 an einer staatlichen Anerkennung 847
BVerfGE 62, 323 (331). BVerfGE 62, 323 (332). 849 OVG Lüneburg, NJW 2005, 1739; OVG NRW, Entscheidung vom 24. 8. 2004 – 19 B 1823/04 sowie vom 13. 11. 2003 – 17 B 1829/03; OVG Lüneburg, InfAuslR 2001, 387; OVG des Saarlandes, IPRspr. 2002 Nr. 63. 848
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der Eheschließung durch den syrischen Staat, denn auch nach syrischem Eherecht bedarf eine rechtsgültige Trauung der Anerkennung durch einen Richter oder durch einen von ihm ermächtigten Rechtspfleger850. Die gleichfalls nach islamischem Kodex vollzogene Eheschließung, mit der sich das OVG des Saarlandes am 18. 1. 2002 beschäftigte, war ebenso wegen fehlender Registrierungserfordernisse nach dem algerischen Heimatrecht des Antragstellers formwidrig. Weder wurde vor einem Notar oder einem gesetzlich für zuständig erklärten Beamten eine Urkunde über die Eheschließung errichtet, noch konnte der Nachweis der Trauung durch Aushändigung eines Auszugs aus dem Zivilstandsregister geführt werden851. Schließlich war auch die in dem Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 24. 8. 2004 vorliegende Formunwirksamkeit der – nach islamischem Ritus durch den Imam einer Moschee vollzogenen – Inlandstrauung der Grund dafür, weshalb dem Antrag des iranischen Staatsbürgers auf einstweilige Untersagung der Abschiebung nicht stattgegeben wurde. Trotz ernsthaften Bindungswillens der Partner lehnte das Gericht die Erstreckung des besonderen Schutzes des Art. 6 I GG auf die nach deutschem und iranischem Heimatrecht ungültige Ehe ab852. Demnach erweist sich bei absoluten Nichtehen die Verwirklichung der Beweisfunktion als problematisch. Eingewendet werden könnte, dass die Eheschließung nach islamischem Ritus mittels einer Bescheinigung durch die betroffene Moschee nachweisbar wäre. Dass allerdings ein solches Vorgehen immer realisierbar ist, ist nicht gesichert. Selbst wenn dem im Einzelfall nicht so ist und der entsprechende Nachweis erbracht werden könnte, fragt es sich, wie mit anderen, nicht nach islamischem Ritus begründeten absoluten Nichtehen zu verfahren ist. So wird die Schwierigkeit, die eheliche Verbindung zweier Menschen nach außen beweiskräftig festzustellen, beispielsweise bei der dem Karlsruher Urteil zugrunde liegenden Eheschließung nach „Sinti-Art“853 deutlich. Vor allem was den Zeitpunkt der Eheschließung anging, ließen sich dort keine genauen Angaben machen. Demzufolge wird die Beweisbarkeit des Eheschließungsakts von Fall zu Fall, mithin unterschiedlich zu beurteilen sein. Damit steht aber auch gleichzeitig fest, dass die Anliegen, die hinter den deutschen Formprinzipien stehen, nicht generell durch die langjährig gelebten absoluten Nichtehen verwirklicht werden. Bei nicht hinreichend gesicherter Nachweisbarkeit dennoch das matrimonium non existens statusrechtlich zu heilen, könnte eine Missbrauchsgefahr hervorrufen, beispielsweise durch Partner, die in den Genuss aufenthaltsrechtlicher Ver850
OVG Lüneburg, NJW 2005, 1739 (1740). OVG des Saarlandes, IPRspr. 2002 Nr. 63. 852 OVG NRW, Entscheidung vom 24. 8. 2004 – 19 B 1823/04. 853 Siehe BVerfG, NJW 1993, 3316 sowie die Darlegungen im Zweiten Teil, D.II.10.c)cc)(3)(a), D.II.10.d). 851
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2. Teil: Anwendung von Heilungsvarianten neben § 1310 III BGB
günstigungen gelangen wollen. Nicht grundlos müssen Verwaltungsgerichte so häufig auf dem Gebiet des Ausländerrechts über Sachverhalte entscheiden, bei denen die Formwirksamkeit der Eheschließung von ausschlaggebender Bedeutung für das Urteil ist. Die ungenügende Beweisbarkeit des Eheschließungsakts durch die jahrzehntelange behördliche Anerkennung im Inland zu überspielen, vermag gleichermaßen nicht zu überzeugen. Hintergrund dafür ist, dass nur der Standesbeamte zuverlässig das Vorliegen der Eheschließungsvoraussetzungen prüft. Beamte anderer Behörden sind nicht in gleicher Weise ausgebildet wie der deutsche Standesbeamte und unterliegen nicht der strikten Prüfungspflicht in Bezug auf die Wirksamkeit von Personenstandsverhältnissen, vgl. z. B. § 15b II PStG854. Aufgrund dessen lassen sich Behörden wie das Finanzamt (bei der neuen steuerlichen Eingruppierung der frisch vermählten Ehepartner) oder das Einwohnermeldeamt (im Rahmen der Änderung des Familiennamens auf Personalpapieren) regelmäßig die Heiratsurkunde oder einen Auszug aus dem Familienbuch zum Beweis der nach deutschem Recht gültigen Trauung vorlegen. Sollte gleichwohl einmal eine andere Behörde die Partner trotz tatsächlicher Nichtehe irrtümlicherweise als ehelich behandeln, so schafft dies kein berechtigtes schutzwürdiges Vertrauen, liegt das Prüfungsmonopol der Eheschließungsvoraussetzungen doch bei dem zuständigen Standesbeamten. Letztlich ist die Möglichkeit, nur diejenigen Lebensbeziehungen in den Gewährleistungsbereich des Art. 6 I GG einzubeziehen, deren formunwirksame Eheschließung nachweisbar ist, andere hingegen von dem „besonderen Schutz“ des Grundrechts auszuschließen, aus Gründen der erstrebten Rechtssicherheit zu verwerfen, denn dies würde in der zukünftigen Rechtsanwendung eine richterliche Einzelfallbewertung erfordern, die kein Garant für eine zuverlässige, stetige Rechtsprechungspraxis wäre. cc) Fazit Damit genügt eine bei absoluten Nichtehen nur „weitgehende“ Verwirklichung der Formzwecke855 nicht für die Annahme einer statusrechtlichen Heilung. Die Rechtsordnungen der Welt verlangen eine staatliche Anerkennung der Ehe durch eine amtliche Beurkundung, da von der Güligkeit einer Ehe zahlreiche, den Staat belastende Rechtsfolgen abhängen. Aus diesem Grund schützt Art. 6 I GG nur ein Verhältnis, das rechtlich geordnet ist, mithin ein Rechtsinstitut und keine faktische Beziehung856. Anerkannte Ausnahme dazu ist allein 854
Vgl. BGH, FamRZ 1991, 300 (301 f.) und den Zweiten Teil, A.II.1. So MüKo/Coester, Art. 13 EGBGB Rn. 169; Staudinger/Mankowski, Art. 13 EGBGB Rn. 544. 856 Henrich, FS Lerche, S. 239 (247). 855
D. Die Heilung auf deutscher sachrechtlicher Ebene
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die hinkende Auslandsehe, ansonsten bleibt es nach hier vertretener Ansicht bei der Regel: Den Schutz des Art. 6 I GG kann nur eine Ehe genießen, die in der gehörigen Form geschlossen worden ist. Dagegen ist aus den vorgenannten Erwägungen heraus die jahrzehntelang gelebte, aber absolute Nichtehe nicht vom Gewährleistungsbereich des Art. 6 I GG umfasst. Eine aus dem Verfassungsrecht abgeleitete ungeschriebene Heilung ist somit abzulehnen. Diese Lebensbeziehungen müssen die Anforderungen der gesetzlichen Heilungsvorschrift des § 1310 III BGB bzw. nach einer – zu empfehlenden857 – Gesetzesänderung die Voraussetzungen des § 1310 III 1 BGB n. F. erfüllen.
857
Siehe den Zweiten Teil, D.II.10.c)cc)(3)(c).
Abschließende Zusammenfassung Die Untersuchung der Heilung formeller Eheschließungsmängel bei Ehen mit Auslandsberührung hat die seit der Eheschließungsrechtsreform 1998 geänderte Rechtslage sowie die hierzu in Rechtsprechung und Lehre bestehende Meinungsvielfalt aufzeigen können. Während der Anwendungsbereich von § 1310 II BGB und § 1315 II Nr. 2 BGB eindeutig, die praktische Relevanz der Heilungsvorschriften allerdings gering ist, ließ sich Gegenteiliges bzgl. des neu eingeführten § 1310 III BGB feststellen. Das Bemühen des Gesetzgebers, mit dieser Norm eine befriedigende Heilungsmöglichkeit für die in der Vergangenheit so zahlreich im Inland vollzogenen nichtstandesamtlichen bzw. gegen Art. 13 III 2 EGBGB verstoßenden Trauungen zu schaffen, ist nur teilweise gelungen. So ist der Ausschluss einer Vielzahl regelungsbedürftiger Sachverhalte zu kritisieren, wenngleich eine Auseinandersetzung mit dem Regelungsumfang ergeben hat, dass § 1310 III BGB nicht auf bloße Inlandssachverhalte beschränkt ist, sondern Ehekonsens und eheliches Zusammenleben im Ausland verwirklicht werden können, die Staatsangehörigkeit der Partner nicht zwingend die deutsche sein muss und das Heilungsinstrumentarium unter der Voraussetzung, dass eine standesamtliche Maßnahme i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB vorliegt, selbst bei Geltung ausländischen Formstatuts herangezogen werden kann. Vor allem die jahrzehntelang gutgläubig geführten Beziehungen ausländisch-deutscher oder ausländischer Paare, die sich aufgrund des Vollzugs einer Trauungszeremonie sowie der sich daran anschließenden behördlichen und gesellschaftlichen Anerkennung in einer gültigen Ehe wähnen, kommen in Ermangelung der Verwirklichung eines standesamtlichen Vertrauenstatbestandes nicht in den Genuss einer Heilung nach § 1310 III BGB. Jenen Fällen kann ggf. mittels Anwendung ungeschriebener Heilungsvarianten abgeholfen werden, denn § 1310 III BGB ist nicht als abschließende, sämtliche Lösungssansätze verdrängende Norm zu verstehen. Als Sachnorm des deutschen Rechts vermag sie Heilungsmöglichkeiten auf kollisions- und internationalprozessrechtlicher Ebene nicht zu verdrängen; ihre sprachliche Fassung sowie die zugrunde liegenden Materialien stehen der konkurrierenden Heranziehung sachrechtlicher außergesetzlicher Heilungsalternativen nicht entgegen. Trotz eingehender Betrachtung überzeugten kollisionsrechtliche Heilungsmethoden im Einzelnen nicht, insbesondere kann die Heilung durch nachträglichen Statutenwechsel oder mittels antizipierender Anknüpfung an das zukünftige
Abschließende Zusammenfassung
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Heimatrecht nur bei sachlichen Eheschließungsmängeln, nicht jedoch im Bereich der Eheschließungsform befürwortet werden. Hingegen ist die Anerkennung einer ausländischen Ehefeststellungsentscheidung bezogen auf eine hinkende Auslandsehe als Heilungsinstrument auf internationalprozessrechtlicher Ebene möglich. Zwar zwingt der Erlass eines positiven Feststellungsurteils durch einen Mitgliedstaat der EheVO II wegen fehlender Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereiches der gemeineuropäischen Regelung nicht zu einer automatischen Anerkennung gemäß Art. 21 I EheVO II, sollten aber die Betroffenen etwaige Mühen, ein Ehefeststellungsurteil im Ausland zu erwirken, auf sich nehmen, so steht seiner Anerkennung im Inland im Rahmen eines förmlichen Anerkennungsverfahrens gemäß Art. 7 § 1 FamRÄndG zumindest nicht die ordre public-Vorschrift des § 328 I Nr. 4 ZPO entgegen. Hintergrund hierfür ist die Tatsache, dass die Formalisierung des Eheschlusses speziell durch den Standesbeamten (vgl. § 1310 I 1 BGB, Art. 13 III 1 EGBGB) nicht zum Kernbereich des verfassungsrechtlichen Ehebegriffs, Art. 6 I GG, gehört. Partner mit gemeinsamer ausländischer Staatsangehörigkeit sollten von der Möglichkeit der freiwilligen Durchführung eines förmlichen Anerkennungsverfahrens mit Wirkung für und gegen alle Gebrauch machen, denn das Feststellungsverfahren nach § 632 ZPO bietet aufgrund seiner Wirkung inter partes keinen gleichwertigen Rechtsschutz. Auf sachrechtlicher Ebene ist der jahrzehntelang gutgläubig gelebten hinkenden Auslandsehe durch eine Neufassung der gesetzlichen Heilungsvorschrift Rechnung zu tragen. Zu empfehlen ist eine Ergänzung des § 1310 III BGB durch einen zweiten Satz, der die Heilung von der Wirksamkeit der Ehe nach dem Heimatrecht zumindest eines Partners abhängig macht und in dieser besonderen Konstellation auf die Erfüllung einer standesamtlichen Handlung i. S. v. § 1310 III Nr. 1–3 BGB verzichtet. Bis zu einer dahingehenden Gesetzesänderung kommt dem aus Art. 6 I GG für hinkende Auslandsehen folgenden Schutzbedürfnis sowie der Rechtsprechung des BVerfG zu den Zwecken der Eheschließungsformvorschriften in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz besondere Bedeutung zu, da auf dieser Grundlage die hinkende Auslandsehe im Wege einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung rückwirkend statusrechtlich zu heilen ist, sofern die Abgabe des Ehekonsenses aufgrund eines förmlichen, nach ausländischem Recht wirksamen Trauungszeremoniells zuverlässig nachweisbar ist und die Partner seitdem für den in § 1310 III BGB vorgesehenen Zeitraum als Ehegatten zusammengelebt haben und im Rechtsverkehr dementsprechend aufgetreten sind. Die bei absoluten Nichtehen nur weitgehende Verwirklichung der mit der Eheschließungsform verfolgten Zwecke rechtfertigt es nicht, sie in den Schutzbereich des Art. 6 I GG einzubeziehen. Eine wie bei hinkenden Auslandsehen
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Abschließende Zusammenfassung
mögliche ungeschriebene Heilung mittels einer gesetzesübersteigenden Rechtsfortbildung kommt deshalb nicht in Betracht. Nichtstandesamtliche Trauungen, die nach keiner Rechtsordnung Anerkennung finden, sind nur über den bislang gesetzlich vorgesehenen Fall des § 1310 III BGB heilbar. Unbenommen können allerdings absolute Nichtehen trotz Missachtung von Orts- und Heimatform bei der Eheschließung rückwirkend auf den Zeitpunkt der Abgabe des Ehekonsenses Rechtsgültigkeit erlangen, wenn außergewöhnliche Umstände die Wahrung der gesetzlichen Eheschließungsform für eine größere Menschengruppe praktisch unmöglich machten.
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Sachwortverzeichnis Abschließende Geltung des § 1310 III BGB 23, 60 f., 66, 153 f., 189, 203 f., 224 Alliierter Kontrollrat 34, 141 Alternative Vorfragenanknüpfung siehe Heilung Anerkennung – ausländisches Ehefeststellungsurteil siehe Heilung – ausländisches Ehenichtigkeitsurteil 90 ff. Anerkennungsrechtlicher ordre public 89 f. – abgeschwächte Wirkung 92 f., 97 – enge Auslegung 97 Antizipierende Anknüpfung siehe Heilung Art. 13 I EGBGB – ratio legis 127 ff. Art. 13 III 1 EGBGB – einschränkende Anwendung siehe Heilung – historische Auslegung 146 – ordre public-Charakter 90 ff., 143 f., 146 ff. – ratio legis 46, 140, 149 – Wortlautauslegung 145 f. Art. 13 III 2 EGBGB – Ausnahmecharakter 21, 141, 146, 158 – enge Auslegung 142 – ratio legis 141 Aufenthaltsprinzip 128 f. Aufhebbare Ehe 31 ff., 59 – Aufhebungsantrag 32 f. – Ausschlussgründe 32 – gerichtliches Aufhebungsmonopol 31 f.
Bindungswirkung bundesverfassungsgerichtlicher Entscheidungen 175, 192 ff. Common law-Ehe 183, 190, 212 Ehe durch spätere Erklärung des Eheschließungswillens siehe Heilung Ehefeststellungsklage, § 632 ZPO 105 ff. Ehekonsens – Erklärungsempfänger 164 – Nachweisbarkeit 36 f. – Ort der Abgabe 47 ff. – rechtliche Bindung 20, 62 Eheliches Zusammenleben 32 f., 41 ff., 49, 215 Eheschließung nach islamischem Ritus 24, 220 f. EheVO I – Anerkennungsregeln 67 – autonome Auslegung 73 f. – favor divortii 77 – Feststellungsklagen 72 ff. – Intention 73 f. – klageabweisende Entscheidungen 78 ff. – sachlicher Anwendungsbereich 71 f., 80 EheVO II – Anerkennungsregeln 67 ff. – Feststellungsklagen 71 f., 80 ff. – klageabweisende Entscheidungen 81 ff. – sachlicher Anwendungsbereich 71, 81, 83 Entscheidungseinklang – internationaler 110 ff., 120 ff., 128 f., 131 – interner 110, 112
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Sachwortverzeichnis
Fakultative Zivilehe 45, 116, 211 Familienbuch 32, 37 ff., 40, 47, 49, 52, 60, 62, 163 ff., 168, 210, 222 Familienrechtliche Erklärung 40 f., 57, 60, 156 Förmliches Anerkennungsverfahren nach Art. 7 § 1 FamRÄndG – fakultative Durchführung 86, 105, 107 f. – Gegenstand 86 – Heimatstaatsentscheidung 86, 88, 103, 105 – sachliche Anerkennungsvoraussetzungen 87 ff. – Zweckrichtung 85 f. Geburtenbuch 39 f., 48, 156, 211 Gesetzesanalogie 127, 199, 206 – § 1310 II BGB 157 ff. – § 1310 III BGB 155 ff., 207 – § 1315 II Nr. 2 BGB 161 f. Gesetzesimmanente Rechtsfortbildung 157, 198, 206 f. Gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung 208, 214 f., 225 f. Gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum 99 f., 189, 195, 203 Gleichheitssatz des Art. 3 I GG 178, 204, 214 Gleichlauf von Inlandstrauung und Inlandsform 21 Gleichsetzung von Nichtehe und nichtiger Ehe siehe Heilung Grundrecht der Religionsfreiheit 99 Grundsatz der obligatorischen Zivilehe 20, 46, 48, 61, 63, 99, 140, 145 f., 151, 162, 189, 202, 204, 206, 214 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 188, 201 Grundsatz des Vertrauensschutzes 122, 135, 186, 190, 202, 204, 206, 214, 225 Gutgläubig gelebte Ehe siehe Heilung Gutgläubigkeit der Partner 30 f., 33 f., 41 ff., 54, 59 f., 163, 186 ff.
Haager Scheidungsübereinkommen vom 01.06.1970 75 f. Handschuhehe 34, 63 Heilung – § 1310 II BGB 27 ff. – § 1310 III BGB 34 ff. – § 1315 II Nr. 2 BGB 31 ff. – Anerkennung eines ausländischen Ehefeststellungsurteils 66 ff. – antizipierende Anknüpfung 124 ff., 138 – einschränkende Anwendung des Art. 13 III 1 EGBGB 143 ff. – Gleichsetzung von Nichtehe und nichtiger Ehe 159 ff. – gutgläubig gelebte Ehe 186 ff. – irrtümliche Scheidung einer Nichtehe 167 ff. – nachträglicher Statutenwechsel 116 ff. – spätere Erklärung des Eheschließungswillens 163 ff. – Unmöglichkeit der Wahrung der Form 180 ff. – unselbständige oder alternative Vorfragenanknüpfung 108 ff. – Unzumutbarkeit der Einhaltung der Form 184 ff. Heiratsbuch 20, 28 f., 37 f., 52, 64, 156, 210 f., 158 f. Irrtümliche Scheidung einer Nichtehe siehe Heilung Konsularische Trauung 26, 49 f. Kontinuitätsinteresse 130 f. Kulturkampf 59, 63 Nachträglicher Statutenwechsel siehe Heilung Nichteheliche Lebensgemeinschaft 19, 36 f., 167, 218 ff. Nichtige bzw. vernichtbare Ehe 34, 159 ff., 164, 190 Notklerikalehe 182
Sachwortverzeichnis Öffentlichkeit des Eheschlusses 212 f. Ordnungsinteresse 125, 128 f., 141 f., 146 Parteiinteresse 128 f. Personalhoheit 142 Scheinehe 24, 42 f. Scheinstandesbeamte 22, 27 ff., 34, 38, 157 ff. Selbständige Vorfragenanknüpfung 109 ff. Sondergesetze der Nachkriegszeit 35, 181 Sozialrechtlicher Ehebegriff 178 Spiegelbildprinzip 88 Staatsangehörigkeitsprinzip 128 f. Stabilitätsinteresse 130 f. Standesbeamte – Bestellung 27 f. – Mitwirkungsbereitschaft 20 f., 27 f., 36, 149, 161 f., 202 – Zuständigkeit 20, 27 f. Substitution – bei der Eheschließung 50 f. – i. R.v. § 1310 III BGB 51 ff. Teleologische Reduktion 127, 132 f., 139 f., 142, 146, 149, 188, 199, 207 Territorialhoheit 142 Trennung von Tisch und Bett 71, 77, 86
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Ungeschriebene Heilungsvarianten – im IZPR 66 ff. – im Kollisionsrecht 108 ff. – im Sachrecht 154 ff. – Notwendigkeit ihrer Anwendung 58 ff. Unmöglichkeit der Wahrung der Form siehe Heilung Unselbständige Vorfragenanknüpfung siehe Heilung Unwandelbare Anknüpfung – Art. 13 I EGBGB 118 ff. – Art. 13 III EGBGB 133 Unzumutbarkeit der Einhaltung der Form siehe Heilung Verbot der Doppelehe 154 Verbot der révision au fond 69, 96 Verfassungskonforme Auslegung 193, 199 f., 204 ff., 208 Verfassungsmäßigkeit des § 1310 III BGB 200 ff. Verfassungsrechtlicher Eheschutz 91, 194 ff. Wirkungserstreckungstheorie 104 Witwenrentenentscheidung des BVerfG 64 f., 100, 115, 137, 156, 173 ff., 184, 189, 191 ff., 199, 205, 209, 217, 220 Zwischenfeststellungsklage, § 256 II ZPO 172 f.