Der Ausgleich der Parteiinteressen bei Konkurrenzklauseln nach deutschem und englischem Recht [1 ed.] 9783428535507, 9783428135509

Wettbewerbsvereinbarungen mit Know-how-Trägern sind wirkungsvolle Maßnahmen zur Steuerung zukünftiger Konkurrenzsituatio

142 61 3MB

German Pages 262 Year 2014

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Der Ausgleich der Parteiinteressen bei Konkurrenzklauseln nach deutschem und englischem Recht [1 ed.]
 9783428535507, 9783428135509

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 261

Der Ausgleich der Parteiinteressen bei Konkurrenzklauseln nach deutschem und englischem Recht

Von

Marco Niehaus

Duncker & Humblot · Berlin

MARCO NIEHAUS

Der Ausgleich der Parteiinteressen bei Konkurrenzklauseln nach deutschem und englischem Recht

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 261

Der Ausgleich der Parteiinteressen bei Konkurrenzklauseln nach deutschem und englischem Recht

Von

Marco Niehaus

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Wintersemester 2010/2011 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D30 Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-13550-9 (Print) ISBN 978-3-428-53550-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-83550-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Vereinbarung von Konkurrenzklauseln zur Steuerung zukünftiger Wettbewerbssituationen birgt für die beteiligten Vertragsparteien erhebliches Konfliktpotential. Das Recht versucht die teilweise gegenläufigen Parteiinteressen durch verschiedene Ausgleichsfaktoren zu kanalisieren und abzumildern. Während der Interessenausgleich in Deutschland maßgeblich durch das Prinzip der bezahlten Karenz geprägt wird, sucht man das Wirksamkeitserfordernis einer monetären Kompensation für die Einhaltung der vereinbarten Wettbewerbsbeschränkungen im englischen Recht vergebens. Eine erstaunliche konzeptionelle Differenzierung, die ihren Ursprung in einer historisch unterschiedlich beeinflussten Wirtschaftspolitik hat und angesichts globaler Märkte sowie der herausragenden Bedeutung der individuellen Wettbewerbsfähigkeit im Wirtschaftsleben beider Länder Anlass zu einer rechtsvergleichenden Analyse des Interessenausgleichs gibt. Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2010/2011 von der Juristischen Fakultät der Goethe-Universität Frankfurt am Main als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung der Arbeit eingearbeitet werden konnte noch die für den Gegenstand der Untersuchung richtungsweisende und lang erwartete Grundsatzentscheidung Ashcourt Rowan Financial Planning Ltd v Hall aus 2013. Mein aufrichtiger Dank gilt an dieser Stelle meinem verehrten Doktorvater und Lehrer, Herrn Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Manfred Weiss, der die Arbeit betreut und mich während meines gesamten Studiums auf vielfältige Weise gefördert hat. Bei ihm bedanke ich mich insbesondere für zahlreiche Hinweise und Impulse während der Erstellung der Arbeit. Herrn Prof. Dr. Bernd Waas danke ich sehr herzlich für die außergewöhnlich schnelle Erstellung des Zweitgutachtens und weitere wertvolle Hinweise. Ein besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mich während meiner gesamten Studienzeit stets wohlwollend unterstützt haben. Frankfurt am Main, im Herbst 2013

Marco Niehaus

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Erstes Kapitel Vorbemerkungen – Entstehung und Auswirkungen des Interessenkonflikts der Vertragsparteien

30

A. Das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 B. Kollision der Wirtschaftsinteressen der Arbeitsvertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 C. Auswirkungen des Interessenkonflikts auf das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien. 35

Zweites Kapitel Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

37

A. Rechtsquellen und historische Entwicklung nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums . . . . . . . . . . . . . . . 53 C. Der Regelungsgegenstand der §§ 74 ff. HGB – Gesetzliche Rahmenbedingungen für nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 E. Entschädigungsunabhängige Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 F. Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen . . . . . . . . 105 G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers als maßgeblicher Ausgleichsfaktor der Parteiinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 H. Ausblick – Nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen als Bestandteil eines künftigen Arbeitsgesetzbuches? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

8

Inhaltsübersicht Drittes Kapitel Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

155

A. Rechtsquellen und historische Entwicklung nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums . . . . . . . . . . . . . . . 169 C. Restraint of trade doctrine – Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 D. Die Gegenleistung des Arbeitgebers für die Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung durch den Arbeitnehmer – doctrine of consideration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 E. Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen . . . . . . . . 231 F. Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 G. Freistellungsvereinbarungen, sog. garden leave-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 II. Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Erstes Kapitel Vorbemerkungen – Entstehung und Auswirkungen des Interessenkonflikts der Vertragsparteien

30

A. Das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I. Abgrenzung Arbeitnehmer – Selbstständiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 II. Fürsorgeprinzip und Leistungsaustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 B. Kollision der Wirtschaftsinteressen der Arbeitsvertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 I. Ökonomische Interessen des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 II. Konfliktpotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 III. Kollision der Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 C. Auswirkungen des Interessenkonflikts auf das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien. 35 I. Gefahr von Berufsverboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II. Schutzbedürfnis von Arbeitnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

Zweites Kapitel Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

37

A. Rechtsquellen und historische Entwicklung nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 I. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Zunft- und Gildeordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2. Einführung der Gewerbefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3. Vertraglicher Regelungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4. Wirtschaftliche Regulierungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

10

Inhaltsverzeichnis II. Einschränkung der freien Vereinbarkeit nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen durch die Reichsgerichtsrechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1. Kabinettsorder von 1813 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Entscheidung des Reichsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 III. Gesetzliche Normierung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote im Handelsgesetzbuch, §§ 74 ff. HGB a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1. §§ 74 ff. HGB a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Reichweite der Kodifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3. Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 a) Durchsetzungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Fehlende Karenzentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 c) Bindungsinteresse des Dienstherren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 IV. HGB-Novelle vom 10. 06. 1914: Normierung des Grundsatzes der bezahlten Karenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Reformansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2. Gesetzlicher Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3. Sonstige Neuregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 4. Technische Angestellte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 V. Weimarer Reichsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 VI. Grundgesetz vom 23. 05. 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

VII. Handelsrechtsreform von 1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 VIII. Einigungsvertrag 1990 und Folgeentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 IX. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 1. Regelungslücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums . . . . . . . . . . . . . . . 53 I. Gesetzliches Wettbewerbsverbot vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . 53 II. Wegfall des Verbotes zur Wettbewerbsenthaltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 III. Verschärfung der Konkurrenzsituation durch ausscheidende Arbeitnehmer . . . . . 55 1. Schlüsselkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2. Auswirkungen für den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 IV. Vereinbarung vertraglicher Wettbewerbsverbote zur Absicherung des Unternehmens-Know-hows . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 V. Unternehmensbezogene und tätigkeitsbezogene Wettbewerbsverbote . . . . . . . . . . 58 VI. Beschäftigungsanspruch/Recht auf Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 VII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

Inhaltsverzeichnis

11

C. Der Regelungsgegenstand der §§ 74 ff. HGB – Gesetzliche Rahmenbedingungen für nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 I. Ausdehnung des Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 II. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 III. Maßgeblicher Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 IV. Folgen für die Vertragspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 V. Abgrenzung Wettbewerbsverbot – Geheimhaltungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 I. Persönlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 1. Minderjährige und Auszubildende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Freie Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3. Organmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Nachvertragliche Treuepflicht und Erfordernis einer Wettbewerbsabrede . . 70 b) Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 aa) Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 bb) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 c) Konsequenzen für die Vertragspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 II. Zeitlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 1. Vereinbarung bei Abschluss des Arbeitsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Vereinbarung bei laufendem Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3. Vereinbarung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Rechtsprechung des BAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4. Vereinbarung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 5. Geltung im Ruhestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 III. Sachlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 1. Verschwiegenheitsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 a) Nachwirkende Treuepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 b) Vereinbarung nachvertraglicher Verschwiegenheitsklauseln . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (1) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (2) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 bb) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 2. Mandantenschutzklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 3. Bedingte Wettbewerbsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 a) Wirksamkeitsschranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

12

Inhaltsverzeichnis b) Unverbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 c) Wahlrecht des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

E. Entschädigungsunabhängige Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 I. Berechtigtes geschäftliches Interesse, § 74 a Abs. 1 S. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Beweisprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 II. Keine unbillige Erschwerung des Fortkommens, § 74 a Abs. 1 S. 2 HGB . . . . . . 98 III. Zeitliche Höchstgrenze von zwei Jahren, § 74 a Abs. 1 S. 3 HGB . . . . . . . . . . . . 99 IV. Örtliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 V. Gegenständliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 VI. Formvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Schriftform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Vereinbarung im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Nebenabreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 c) Regelungsbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Aushändigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Folgen bei Nichtbeachtung von Formerfordernissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 VII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 F. Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen . . . . . . . . 105 I. Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 II. Ausgleichsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 III. Verzicht des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Anderweitiger Verdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 IV. Außerordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 V. Einseitiges Lösungsrecht des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers als maßgeblicher Ausgleichsfaktor der Parteiinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 I. Der Grundsatz der bezahlten Karenz, § 74 Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Bedeutung im Gesamtkontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 2. Vertragliche Gegenleistung für die Wettbewerbsenthaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3. Schutzzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 4. Umsetzungsschwierigkeiten der Vertragspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 5. Umkehrung der Verhandlungspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

Inhaltsverzeichnis

13

II. Rechtsfolgen bei fehlender bzw. unzureichender Karenzentschädigungszusage des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Nichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Unverbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a) Laufende Zahlung von Teilbeträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Abweichung von gesetzlichen Vorschriften zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 c) Teilweise unverbindliches Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 III. Anforderungen an den Wortlaut der Entschädigungszusage . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Eindeutigkeit der Entschädigungszusage im Vertragswerk im Sinne von § 74 Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Verweisung auf den Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Singularverweisungen auf §§ 74, 74 c HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4. Globalverweisungen auf §§ 74 ff. HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Ansicht der Literatur und Teile der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 aa) Übervorteilungsgefahr des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Parteiwille zur Vereinbarung eines wirksamen Wettbewerbsverbotes . . 125 cc) Rechtsprechungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 dd) Entlastung der Vertragsdokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 ee) Kein Widerspruch zum Standpunkt des BAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 IV. Schuldner der Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 1. Dritte Personen als Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2. Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3. Besonderheiten bei Konzernstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 4. Betriebsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 V. Berechnungsgrundsätze zur Höhe der Entschädigungsleistung als Gradmesser des Interessenausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Zuletzt bezogene vertragsmäßige Leistungen, § 74 Abs. 2 HGB . . . . . . . . . . . . 130 a) Geldleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 aa) Festbezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 bb) Variable Vergütungsbestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (1) 13. Monatsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (2) Weihnachts- und Urlaubsgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (3) Mitarbeiterbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 (4) Andere variable Vergütungsbestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Sachleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 aa) Dienstwagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 bb) Dienstwohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Teilzeitarbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

14

Inhaltsverzeichnis 3. Anrechnung anderweitigen Erwerbs auf die Höhe der Karenzentschädigung . . 140 a) Arbeitslosengeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 aa) Frühere Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 bb) Streichung von §§ 128 a AFG, 148 SGB III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 cc) Anrechnungsgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 b) Selbstständige Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 c) Rentenansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 d) Übergangsgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 VI. Fälligkeit der Karenzentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

VII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 1. Grundsatzbedeutung der Karenzentschädigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4. Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 5. Anrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 6. Auswirkungen auf den Interessenkonflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 H. Ausblick – Nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen als Bestandteil eines künftigen Arbeitsgesetzbuches? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 I. Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 II. Bedingtes Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 III. Karenzentschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 IV. Sonstige Regelungsgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 V. Fazit und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

Drittes Kapitel Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

155

A. Rechtsquellen und historische Entwicklung nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 I. Gewährleistung unbeschränkter Berufsfreiheit – Dyer’s Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Zusammenfassung des Sachverhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Zusammenfassung des Votums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 II. Das Wohl des Commonwealth – Colgate v Bacheler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Zusammenfassung des Sachverhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 2. Zusammenfassung des Votums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 4. Interessenkonflikt der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

Inhaltsverzeichnis

15

III. Generelle und partielle Wettbewerbsverbote – Rogers v Parrey . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Unterscheidung zwischen generellen und partiellen Wettbewerbsverboten . . . . 161 2. Folgeentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3. Auswirkungen auf die Vertragspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 IV. Das öffentliche Interesse als Teil der Abwägungsentscheidung – Mitchel v Reynolds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Zusammenfassung des Sachverhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2. Zusammenfassung des Votums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 a) Wirtschaftspolitische Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) Angemessenheitsprüfung und consideration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 c) Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 V. Folgeentwicklungen in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 VI. Fazit und Vergleich mit der deutschen Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums . . . . . . . . . . . . . . . 169 I. Wegfall des Verbotes zur Wettbewerbsenthaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 1. Implied duty of good faith and fidelity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 2. Implied duty of confidentiality . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Drei-Stufen-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 aa) Faccenda Chicken Ltd v Fowler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (1) Zusammenfassung des Sachverhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (2) Zusammenfassung des erstinstanzlichen Votums . . . . . . . . . . . . . . . 173 (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 bb) Vertrauliche Informationen – Geschäftsgeheimnisse . . . . . . . . . . . . . . . 174 (1) Stufenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (2) Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (3) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (aa) Unterscheidungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 cc) Fälle von Offensichtlichkeit, brain test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Schutzfähigkeit vertraulicher Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 aa) Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 bb) Eingriff in die Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 cc) Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 c) Unterscheidung zwischen objektivem und subjektivem Wissen . . . . . . . . . . 182 aa) SBJ Stephenson Ltd. v Mandy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 II. Fazit und Vergleich mit der deutschen Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Unternehmensgeheimnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

16

Inhaltsverzeichnis 2. Zweckmäßigkeit einer Wettbewerbsklausel bei Geschäftsgeheimnissen . . . . . . 186 a) Abgrenzungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 b) Warnfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 c) Absicherung von Konkurrenztätigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

C. Restraint of trade doctrine – Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Argumentationsbasis und Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Vertragliche Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 2. Auswirkungen für den Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Unwirksamkeit als grundsätzliche Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 4. Ausnahmen nach der restraint of trade doctrine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 5. Leitentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 a) Konkurrenzverbote zu Lasten des Verkäufers eines Unternehmens – die Entscheidung Nordenfelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 aa) Zusammenfassung des Sachverhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 bb) Zusammenfassung des Votums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 dd) Funktion des öffentlichen Interesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 ee) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 b) Konkurrenzverbote zu Lasten des ausscheidenden Arbeitnehmers – die Entscheidung Herbert Morris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 aa) Zusammenfassung des Sachverhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 bb) Zusammenfassung des Votums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 II. Die Wirksamkeitsschranken der restraint of trade doctrine im Lichte des Interessenausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 1. Angemessenheit zwischen den Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 a) Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 b) Unterschiedliche Verhandlungsstärken der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . 201 2. Berechtigtes Interesse des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 b) Mangelnde Schutzfähigkeit bestimmter Marktchancen . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 3. Zulässige Höchstdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 a) Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Esso Petroleum Co. Ltd v Harper’s Garage Ltd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 c) Rechtsprechungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 4. Zulässige geografische Ausdehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 a) Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

Inhaltsverzeichnis

17

b) Rechtsprechungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 c) Einzelfallabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 5. Beachtung des öffentlichen Interesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 6. Konkretisierung des Prüfungsverfahrens durch die aktuelle Rechtsprechung . . 211 a) Vier-Stufen-Prüfung – Die Entscheidung TFR Derivatives Ltd v Simon Morgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 b) Bestätigung der Vier-Stufen-Prüfung – Die Entscheidung Ashcourt Rowan Financial Planning Ltd v Hall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 III. Korrekturfunktion des blue pencil test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 IV. Fazit und Vergleich mit der deutschen Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Einzelfallbezogenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 2. Berechtigtes Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 3. Angemessenheitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 4. Höchstdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 5. Geografische Ausdehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 D. Die Gegenleistung des Arbeitgebers für die Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung durch den Arbeitnehmer – doctrine of consideration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 I. Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 1. Wechselseitiges Bereitstellen von consideration als grundlegendes Prinzip des Vertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Konkrete Tauglichkeitserfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 3. Das Vorliegen von consideration als Teil der Angemessenheitsprüfung der restraint of trade doctrine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 II. Konkreter Ausgleich des Arbeitnehmers für die versprochene Wettbewerbsenthaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Abschluss vor Beginn des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 2. Abschluss während des laufenden Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 3. Abschluss bei oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . 226 4. Fazit und Vergleich mit der deutschen Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 a) Fehlende Angemessenheit der Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b) Ausgleich durch umfassende Wirksamkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 c) Stellungsnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 E. Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen . . . . . . . . 231 I. Repudiary breach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 II. Wrongful dismissal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 1. General Billposting v Atkinson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 2. Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 3. Monetäre Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

18

Inhaltsverzeichnis 4. Rechtmäßigkeit der Beendigung als Teil der allgemeinen Angemessenheitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

F. Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 G. Freistellungsvereinbarungen, sog. garden leave-Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 I. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 II. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 1. Recht auf Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 a) Collier v Sunday Referee Publishing Co. Ltd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 b) Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 c) Provident Financial Group plc v Hayward . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 d) William Hill Organisation Ltd v Tucker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 e) Weigerung des Arbeitgebers auf Bereitstellung einer geeigneten Beschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 2. Umgehung eines unzulässigen Wettbewerbsverbotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 III. Verhältnis zu restrictive covenants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259

Abkürzungsverzeichnis a.A. aaO. Abs. AcP ADAC AE a.F. AFG AG AiB AktG All ER Alt. Anm. AnwBl AOG AP ArbG AR-Blattei ArbRB AuR Az. BABl. BAG BB BBiG Bd. BErzGG BFH BGB BGBl BGH BGHZ BLR BR-Drucks. BusLR BVerfG bzgl. bzw. DAV DB ders.

andere Auffassung am angegebenen Ort Absatz Archiv für die civilistische Praxis Allgemeiner Deutscher Automobilclub Arbeitsrechtliche Entscheidungen alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz Aktiengesellschaft Arbeitsrecht im Betrieb Aktiengesetz All England Law Reports Alternative Anmerkung(en) Anwaltsblatt Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit Arbeitsrechtliche Praxis Arbeitsgericht Arbeitsrecht-Blattei Der Arbeitsrechts-Berater Arbeit und Recht Aktenzeichen Bundesarbeitsblatt Bundesarbeitsgericht Betriebsberater Berufsbildungsgesetz Band Bundeserziehungsgeldgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Business Law Review Bundesratsdrucksachen Business Law Reports Bundesverfassungsgericht bezüglich beziehungsweise Deutscher Anwaltsverein Der Betrieb derselbe

20 DGB d. h. dies. DStR EmpLB EntLR Entsch. ErfKomm evtl. EWHC EzA f. / ff. FA GewO GG GmbH GmbHG GmbHR GRUR GRUR Int. GWB Hen V HGB HLR IBLJ ICR i. d. F. ILJ insb. InsO IRLR i.S.d. i.S.v. i.V.m. JBL JuS JZ Kap. KO LAG LQR LSG MDR MedR MGLJ MLR MünchKomm m.w.N.

Abkürzungsverzeichnis Deutscher Gewerkschaftsbund das heißt dieselben Deutsches Steuerrecht Employment Law Bulletin Entertainment Law Review Entscheidung Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht eventuell Hight Court of Justice Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht folgende / fortfolgende Finanzarchiv Gewerbeordnung Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Heinrich V. Handelsgesetzbuch Harvard Law Review International Business Law Journal Industrial Cases Reports in der Fassung Industrial Law Journal insbesondere Insolvenzordnung Industrial Relations Law Reports im Sinne des im Sinne von in Verbindung mit Journal of Business Law Juristische Schulung Juristenzeitung Kapitel Kostenordnung Landesarbeitsgericht Law Quarterly Review The Law Society’s Gazette Monatsschrift für deutsches Recht Medizinrecht McGill Law Journal Modern Law Review Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen

Abkürzungsverzeichnis n.F. NJOZ NJW NLJ Nr. NZA NZG o.g. OLG Para QB RabelsZ RdA Rdn. RGBl. RGZ RIW RPC RR S. SAE SGB SJ s. o. sog. TzBfG u. a. u.ä. UK usw. UWG v v. vgl. Vol. Vor WLR WM YB z. B. ZfA ZGR ZHR Ziff. ZIP zit. ZPO zust.

neue Fassung Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift New Law Journal Nummer Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht oben genannt Oberlandesgericht Paragraph Queen’s Bench Division Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht der Arbeit Randnummer Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Reports of Patent, Design and Trademark Cases Rechtsprechungsreport Seite Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Sozialgesetzbuch Solicitors Journal siehe oben sogenannte(r) Teilzeit- und Befristungsgesetz unter anderem und ähnliche United Kingdom und so weiter Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb versus vom vergleiche Volume Vorbemerkung(en) Weekly Law Reports Wertpapiermitteilungen Year Book zum Beispiel Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zivilprozessordnung zustimmend

21

Einleitung Der Schutz von Know-how1 gilt als Schaltstelle des Interessenkonflikts der Arbeitsvertragsparteien bei der Absicherung der individuellen Wettbewerbsfähigkeit.2 Auch wenn das Arbeitsverhältnis, in kapitalistischen Gesellschaftsstrukturen ein Austausch- und nicht etwa ein personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis3, in erster Linie der Sicherung der individuellen Freiheit des Arbeitnehmers durch Begründung eines Rechtsanspruches dient4, wird die Beziehung der Arbeitsvertragsparteien zueinander maßgeblich durch eine Vielzahl gegenseitiger Kooperationspflichten geprägt.5 Der uneingeschränkten Kooperationsfähigkeit untereinander stehen jedoch unterschiedliche Wirtschaftsinteressen entgegen. Besonders deutlich wird dies auf Seiten des Arbeitsgebers: Einerseits will er seinen Mitarbeiterstamm möglichst ökonomisch für die eigenen Wirtschaftsinteressen einsetzen. Gleichzeitig wird er aber darauf bedacht sein, zukünftige Konkurrenzsituationen mit ausscheidenden Arbeitnehmern zu verhindern oder zumindest auf ein zuträgliches Maß einzudämmen, um seine eigene Marktposition nicht zu gefährden.6 Vor allem die Qualifikation eines Arbeitnehmers, seine Stellung in der Hierarchie des Unternehmens und nicht zuletzt der Zugang zu unternehmensspezifischem Know-how sind für den Arbeitgeber wettbewerbsrelevant, da sich der Marktwert eines Arbeitnehmers maßgeblich nach der Summe der von ihm im Laufe seines Berufslebens erlangten berufsspezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten richtet. Der Umfang des theoretischen Wissens und dessen wirtschaftliche Verwertbarkeit stellen hierbei die entscheidenden Werthaltigkeitsfaktoren dar, so dass aus Sicht des Arbeitgebers mit dem Anstieg der Qualifikation und des Umfangs der Ausbildung des Arbeitnehmers nicht nur dessen Gefährdungspotential im Hinblick auf eine zukünftige Wettbewerbstätigkeit steigt, sondern regelmäßig auch seine ökonomische Bedeutung und Ertragsstärke im bestehenden Arbeitsverhältnis. 1 Hier als Oberbegriff für Unternehmens- und Geschäftsgeheimnisse, spezielle Branchenkenntnisse wie Herstellungsverfahren, Kundenkontakte, Zugang zu Kundenkarteien, Einkaufs- und Absatzquellen, Absatzmärkte sowie zugrunde liegende Marktanalysen und sonstiges unternehmensspezifisches Sonderwissen verwendet, hierzu Röhsler/Borrmann, S. 19. 2 Röhsler/Borrmann, S. 19; Buchner, Rdn. A1; Grüll/Janert, S. 13. 3 Dorndorf, S. 196, hierzu ausführlich in Kapitel 2, Abschnitt A. 4 Dorndorf, S. 196, mit dem wichtigen Hinweis, dass Bestrebungen zur materiellen Realisierung dieses Anspruchs in einem Sozialstaat nicht in einem Verschwinden des Anspruchs selbst münden dürfen. 5 Buchner, Rdn. A 1. 6 Löwe, S. 27.

24

Einleitung

Trennt man den marktwirtschaftlichen Wert eines Arbeitnehmers in einer wettbewerbsorientierten Wirtschaftsordnung von der ihm durch das Prinzip der Arbeitsteilung zugeteilten gesamtgesellschaftlichen Funktion, so hat abwanderndes Know-how durch ausscheidende Arbeitnehmer für den ehemaligen Arbeitgeber in erster Linie eine Gefährdung des Erhalts der eigenen Wettbewerbsfähigkeit zur Folge.7 Die fortschreitende Entwicklung globaler Märkte trägt darüber hinaus dazu bei, dass sich die Gefahr des Verlustes beruflichen Know-hows nur noch selten in rein nationalen Dimensionen bewegt. Dies führt nicht selten zu erheblichen Beeinträchtigungen der Marktchancen des Arbeitgebers. Zudem verschwindet als Folge der Globalisierung zusehends das klassische Unternehmensprofil, an dem sich auch das tradierte Arbeitsrecht orientiert.8 Arbeitnehmer sind angesichts globaler Arbeitsmärkte jedoch darauf angewiesen, ihren Beruf einschließlich der bisher erlangten Berufserfahrung möglichst uneingeschränkt ausüben zu können. Dies gilt insbesondere für den unmittelbar auf ein beendetes Arbeitsverhältnis folgenden Zeitraum, in dem sich ausgeschiedene Arbeitnehmer um einen neuen Arbeitsplatz bewerben und ihre weiteren beruflichen Perspektiven zumeist in direktem Zusammenhang mit dem Umfang ihrer bisherigen Berufserfahrung stehen.

I. Problemstellung Effektiv lassen sich die auseinanderstrebenden Interessen der Arbeitsvertragsparteien hinsichtlich des beim Arbeitgeber erworbenen Know-hows nur durch vertragliche Sonderabreden kanalisieren. Dadurch führen neu entstehende Konkurrenzsituationen durch ausgeschiedene Arbeitnehmer bei entsprechender vertraglicher Absicherung zu Vertragsverletzungen, die von Seiten des ehemaligen Arbeitgebers zunächst mit einstweiligen Verfügungen oder später mit Schadensersatzansprüchen sanktioniert werden können.9 Entsprechende Konkurrenzklauseln10 zählen vielfach zu den Kernbestandteilen von Dienst- bzw. Arbeitsverträgen. Daher muss Zielsetzung des solchen Vereinbarungen zugrundeliegenden Rechts die Abwägung der Einzelinteressen und die Erzielung eines im Gesamtkontext der Vertragsbeziehung angemessenen Interessen-

7

Löwe, S. 27; Mahnhold, S. 197. Weiss, Festschrift Richardi, S. 1093. 9 Edenfeld, ZfA 2004, 463, 475. Sofern die Parteien, wie im Regelfall üblich, zusätzlich eine Vertragsstrafe für den Fall eines Verstoßes gegen die Konkurrenzklausel vereinbart haben, wird diese bei Verstoß gegen die Vereinbarung fällig, Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 230. 10 Im Folgenden auch Wettbewerbs- oder Konkurrenzklauseln, nachvertragliche Wettbewerbsverbote, Konkurrenzverbote sowie Wettbewerbsabreden. Der Begriff „Wettbewerbsabreden“ bezieht sich im Rahmen dieser Untersuchung lediglich auf Abreden für den nachvertraglichen Zeitraum. 8

Einleitung

25

ausgleichs unter den Parteien sein.11 Wie bereits angedeutet haben sowohl neu entstandene Konkurrenzsituationen als auch Beschränkungen der individuellen beruflichen Entfaltungsfreiheit, auch durch die Auswirkungen der Globalisierung, mitunter existentielle Folgen für die Beteiligten.12 Im Zuge der europäischen Integration und der Gewährleistung von Arbeitnehmerfreizügigkeit hat sich die nachvertragliche Wettbewerbssituation daher zu einem bedeutenden Bestandteil der arbeitsvertraglichen Rechtsprechung und Literatur in Europa entwickelt. Dies gilt im Besonderen für die rechtliche Bewertung entsprechender Vertragsklauseln und den Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem und englischem Recht. Systembedingt13 – aber auch aufgrund wirtschaftspolitischer Grundsatzentscheidungen – unterscheiden sich die Anforderungen an wirksame Konkurrenzklauseln in Deutschland und England an entscheidenden Stellen. Auffälligstes Unterscheidungsmerkmal ist die im Vergleich zum deutschen Recht fehlende Verpflichtung des englischen Arbeitgebers, im Gegenzug für die Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers eine monetäre Gegenleistung für die Dauer des Wettbewerbsverbotes (sog. „Karenzentschädigung“) erbringen zu müssen. Zwar fließt dem vom Wettbewerbsverbot Betroffenen auch nach englischem Vertragsrecht rechtstechnisch eine Gegenleistung für sein Versprechen zu (sog. „consideration“). Diese ist jedoch im Zusammenhang mit Konkurrenzklauseln ganz überwiegend nicht monetärer Natur, sondern wird in vielen Fällen obligatorisch bereits in der Bereitstellung des Arbeitsplatzes gesehen. Das englische Recht unterscheidet sich damit fundamental von dem Prinzip der monetären und als vertragsmäßiges Entgelt für die Wettbewerbsenthaltung zu gewährenden Gegenleistung nach deutschem Recht. Da sowohl die Rechtsliteratur wie auch die Rechtsprechung in Deutschland und England als primäres Ziel des zugrundeliegenden Rechts die Erhaltung bzw. Gewährleistung eines angemessenen Interessenausgleiches zwischen den Vertragsparteien ausgeben, ist angesichts der erheblichen praktischen Bedeutung der unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen an Konkurrenzklauseln fraglich, auf welchem Weg dieser Ausgleich jeweils erzielt wird und wie sich das Resultat nach englischem Recht von der maßgeblich durch den Grundsatz der monetären Gegenleistung geprägten deutschen Rechtslage unterscheidet. Bereits bei flüchtiger Betrachtung der Vielzahl der in beiden Rechtsordnungen zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ergangenen Gerichtsentscheidungen gelangt man zur Schlussfolgerung, dass dieser Interessenausgleich offenbar nur selten unmittelbar durch die entsprechende vertragliche Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes erzielt wird, sondern vielmehr nach Vereinbarung einer entsprechenden Klausel durch eine spätere Anrufung der Gerichte ersucht werden muss. 11

Buchner, Rdn. A 1; Röhsler/Borrmann, S. 20; Sahavi, S. 3; Maxwell (1988), BLR 189. Neufeld, RIW 2002, 686. 13 Die Bundesrepublik Deutschland als „klassische“ Jurisdiktion mit zivilrechtlicher Kodifikation („civil law“) im Gegensatz zum in weiten Teilen auf Präzedenzfällen aufbauenden Rechtssystem im Vereinigten Königreich („common law“). 12

26

Einleitung

Allein die Masse an Entscheidungen neueren Datums belegt eindrucksvoll die in hohem Maße bestehende Rechtsunsicherheit in Deutschland und England, sei es hinsichtlich der einzelnen Wirksamkeitsvoraussetzungen von Konkurrenzklauseln oder aber in Bezug auf den oftmals wechselnden politischen Strömungen unterliegenden Grundsatz des angemessenen Interessenausgleichs. Zuweilen sind bereits kleine Sachverhaltsnuancen des Einzelfalls geeignet, um aus Sicht des befassten Gerichts Anlass zu einer völlig anderen Beurteilung der Art und des Umfangs des Interessenausgleichs zu geben. Die Konturierung der verschiedenen Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen erfolgt damit sowohl in Deutschland als auch in England durch die angerufenen Gerichte, wenngleich in Deutschland mit den §§ 74 ff. HGB, von denen die Parteien nicht abweichen können, einschlägiges, allerdings in vielerlei Hinsicht lückenhaftes Gesetzesrecht vorliegt. In Ermangelung entsprechenden Gesetzesrechts besteht das englische Recht zu Konkurrenzklauseln hingegen ausschließlich aus der Essenz verschiedener Leitentscheidungen und eines sich hieraus historisch herausgebildeten Kanons an Wirksamkeitsvoraussetzungen, der unter der sog. „restraint of trade doctrine“ zusammengefasst wird.14 Rechtsunsicherheiten und etwaige Unterschiede in beiden Jurisdiktionen werden in der Vertragspraxis vor allem dann bedeutsam, wenn deutsche oder englische Unternehmen – möglicherweise unter Einsatz erfahrener Schlüsselkräfte – die Eröffnung eines Auslandsbüros beabsichtigen und dabei im Rahmen der Vertragsgestaltung feststellen, dass die Wirksamkeitsanforderungen des englischen Rechts an Konkurrenzklauseln völlig andere sind als nach deutschem Recht.15 Zu denken ist dabei etwa an das Beispiel zweier leitender Angestellter einer englischen Gesellschaft, die für die Entwicklung des Deutschlandgeschäfts einen der beiden Angestellten nach Deutschland versetzt. Vereinbart wird, dass der zugrunde liegende Arbeits- bzw. Dienstvertrag des in Deutschland tätigen Angestellten mitsamt der enthaltenden Konkurrenzklausel nunmehr deutschem Recht unterliegen soll. Die Wettbewerbsabreden der Betroffenen werden sich hinsichtlich der zulässigen Dauer und der Frage nach der Entschädigung des deutschem Recht unterliegenden Angestellten während der Karenzzeit ggf. erheblich unterscheiden, sollte sich die Gesellschaft rein an den nationalen Wirksamkeitsvoraussetzungen orientiert haben. Maßgebliche Bedeutung haben die unterschiedlichen Grundsätze des Interessenausgleichs bei Konkurrenzklauseln nach deutschem und englischem Recht zudem bei grenzüberschreitenden Fusions- bzw. Übernahmeverhandlungen sowie bei der Gründung selbstständiger Tochtergesellschaften.16

14

Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 19, S. 24. Neufeld, RIW 2002, 686; zu den besonderen Fragestellungen bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten in Konzernen insbesondere Growe, S. 17 ff. 16 Neufeld, RIW 2002, 686. 15

Einleitung

27

Den Erfordernissen der Angemessenheit wird ein entsprechender Interessenausgleich vordergründig erst dann gerecht, wenn den zwingenden Interessen sowohl des Arbeitgebers (an der Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers) als auch des Arbeitnehmers (auf Ausgleich der ihm aus der Einhaltung des Wettbewerbsverbotes entstehenden Nachteile) jeweils in ausreichendem Umfang Rechnung getragen werden.17 Abschluss dieses Abwägungsprozesses bildet im Idealfall ein aus Wertungsgesichtspunkten „gerechter“ (weil angemessener) Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien.

II. Untersuchungsgegenstand Der gerechte Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien soll im Rahmen dieser Untersuchung als Idealzustand aufgezeigt und mit der tatsächlichen Rechtslage in Deutschland und England verglichen werden. Dabei liegt das Hauptaugenmerk der Untersuchung weniger auf einer abschließenden Darstellung sämtlicher Wirksamkeitsvoraussetzungen von Konkurrenzklauseln in Deutschland und England.18 Vielmehr liegt der Schwerpunkt der Untersuchung auf der Identifizierung und Bewertung der unterschiedlichen, landesspezifischen Ansätze zur Herstellung eines gerechten Interessensausgleichs auf Basis der bei Konkurrenzklauseln besonders praxisrelevanten Rechtsfragen und Konfliktpunkte. Dem folgend sollen vor allem diejenigen Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen im Vordergrund stehen, die für den Ausgleich der Parteiinteressen in beiden Ländern eine herausragende praktische Rolle spielen. Zudem liegt der Fokus der Darstellung auf dem Interessenkonflikt der Arbeitsvertragsparteien, wenngleich zu Erläuterungszwecken bisweilen auch auf sonstige Wettbewerbsabreden, etwa zwischen den Parteien eines Unternehmenskaufvertrages und deren Besonderheiten, eingegangen wird. Die Vertragspraxis sieht sich bei der Vereinbarung von Konkurrenzklauseln einer Vielzahl unterschiedlicher rechtstheoretischer Ansätze und Rechtspositionen ausgesetzt, auch weil die Materie bisher nicht (wie etwa im Bereich des Rechts der Handelsvertreter19) durch Gemeinschaftsrecht geregelt wird. Insgesamt hat das 17 BVerfG AP Nr. 13 zu Art. 12 GG; Berscheid u. a./Engelbrecht/Schimke, Kapitel 34, Rdn. 64. 18 Eine umfassende und praxisorientierte Darstellung der einzelnen Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote nach deutschem Recht findet sich bei Bauer/ Diller, § 4 Rdn. 29 ff. Die englische Rechtslage wird u. a. in Halsbury’s Laws of England, Volume 47, S. 13 ff. näher beschrieben. Auch Sahavi und Growe geben in ihren Untersuchungen – mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung – einen Überblick über Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote nach deutschem und englischem Recht. 19 Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. 12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbstständigen Handelsvertreter, ABI. Nr. L 382/ 17.

28

Einleitung

Gemeinschaftsrecht bislang eher zu einer weiteren Verunsicherung der allgemeinen Rechtslage beigetragen, als diese zu konsolidieren.20 Auch die Kodifizierung eines europaweit einheitlichen Arbeitsvertragsrechts einschließlich besonderer Regelungen zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ist derzeit nicht in Sicht.21 Besonders deutlich werden die unterschiedlichen Ansätze zur Schaffung eines Interessenausgleichs beider Länder aber wie bereits aufgezeigt mit Blick auf den Ausgleich des Arbeitnehmers für die Einschränkungen des Wettbewerbsverbotes. Während in Deutschland von Seiten des Arbeitgebers eine Karenzentschädigung zu zahlen ist, besteht in England grundsätzlich keine Verpflichtung zur Zahlung eines Geldbetrages zwecks Ausgleichs der durch das Wettbewerbsverbot entstehenden Nachteile. Dieser Unterschied ist mit Blick auf den Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien bedeutsamster Indikator für die unterschiedliche wirtschaftspolitische Abwägung der Parteiinteressen in beiden Ländern. Das Fehlen einer näheren Untersuchung der Entstehung und der Auswirkungen dieses zugleich sehr praxisrelevanten Konfliktpunktes überrascht.22 Daher liegt in der Identifizierung und Gegenüberstellung der landesspezifischen Voraussetzungen des vom Arbeitgeber zu leistenden Ausgleichs für die Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers ein Schwerpunkt dieser Arbeit.

III. Gang der Untersuchung Um die unterschiedlichen Ansätze beider Rechtsordnungen zur Lösung des Interessenkonflikts aufzuzeigen, ist die Einbettung des eigentlichen Untersuchungsgegenstands in den historischen Gesamtkontext unerlässlich. Daher erfolgt nach einer kurzen Darstellung der Entstehung des Interessenkonflikts (Kapitel 1) sowohl im Rahmen der Darstellung des deutschen (Kapitel 2) als auch des englischen Lösungsansatzes (Kapitel 3) eine Skizzierung der historischen Entwicklung des nationalen Rechts in Bezug auf Konkurrenzklauseln (Kapitel 2 u. 3, Abschnitte A.). Kern der Untersuchung bildet nach der Darstellung des besonderen Konfliktpotentials des nachvertraglichen Zeitraums (Kapitel 2 u. 3, Abschnitte B.) die Darstellung der für die Lösung des Interessenkonflikts maßgeblichen und praktisch relevanten Wirksamkeitsvoraussetzungen (Kapitel 2, Abschnitte C. – E./Kapitel 3, Abschnitte C. und F.), insbesondere in Bezug auf das Erfordernis einer Gegenleistung seitens des Arbeitgebers für die Einhaltung der Wettbewerbsabrede durch den Arbeitnehmer (Kapitel 2, Abschnitt G./Kapitel 3, Abschnitt D.). Zudem werden die 20 Hierzu etwa Bauer/Diller, § 8 Rdn. 368; Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 228; Reufels, ArbRB 2000, 313. 21 Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 228. 22 Soweit ersichtlich thematisieren bisher nur die Arbeiten von Sahavi, Growe und Brendel diesen Unterschied näher, wenngleich aufgrund anderer Schwerpunktsetzung in der Darstellung nur fragmentarisch und ohne intensivere Erörterung der Hintergründe des unterschiedlichen Interessenausgleichs, Sahavi, S. 74 – 76; Growe, S. 234 f., 275; Brendel, S. 176.

Einleitung

29

Unterschiede und Gemeinsamkeiten beider Rechtsordnungen zu praktisch relevanten Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt (Kapitel 2, Abschnitt F./Kapitel 3, Abschnitt E.). Gesondert beleuchtet werden im Rahmen der Darstellung des deutschen Rechts auch die Einbettung des Rechts der nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes in ein derzeit wieder diskutiertes Arbeitsgesetzbuch (Kapitel 2, Abschnitt H.) sowie die in England aufgrund der Besonderheiten des englischen Rechts im Zusammenhang mit nachvertraglichen Wettbewerbsverboten besonders häufig diskutierten Fragen des Interessenausgleichs bei Freistellungsvereinbarungen (Kapitel 3, Abschnitt G.).

Erstes Kapitel

Vorbemerkungen – Entstehung und Auswirkungen des Interessenkonflikts der Vertragsparteien A. Das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander Das Zusammenwirken der Arbeitsvertragsparteien im Wirtschaftsprozess wird von teilweise gleichlaufenden, in nicht unerheblichem Maße jedoch von divergierenden Leitmotiven geprägt. So wirkt sich intensives Profitdenken des Arbeitgebers – um nur das offensichtlichste Beispiel zu nennen – über kurz oder lang zu Lasten der auf den Erhalt des Arbeitsplatzes als Sicherung der individuellen Lebensgrundlage angewiesenen Belegschaft aus. Zumeist handelt es sich dabei um Einsparungen beim Personalbestand, die der Erhaltung oder dem Ausbau des Jahresüberschusses dienen bzw. als notwendige Maßnahmen zur Begegnung eines erlittenen oder drohenden Jahresfehlbetrages deklariert werden. Es stellt sich damit die Frage, welche Steuerungselemente des Wirtschaftslebens das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander prägen und wie sich diese auf den Interessenkonflikt zwischen den Arbeitsvertragsparteien auswirken.

I. Abgrenzung Arbeitnehmer – Selbstständiger Aussagekräftig ist in diesem Zusammenhang bereits die Abgrenzung des Arbeitnehmers vom Selbstständigen im Wege der Umkehrung des § 84 Abs. 1 S. 2 HGB, der weit über das bloße Merkmal „fremdbestimmt“ hinausgeht.1 Das zunächst durch die Reichsgerichtsrechtsprechung geprägte Abgrenzungskriterium der wirtschaftlichen Abhängigkeit2 des Arbeitnehmers im Vergleich zum Selbstständigen wurde im Zuge der Kodifizierung des Arbeitsgerichtsgesetzes von 1926 durch das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit ersetzt.3 Bestätigt durch das Bundesarbeitsgericht, das früh die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers als das maßgebliche Unterscheidungskriterium zur Selbstständigkeit hervorhob4, stellt danach die nicht nur wirtschaftliche, sondern auch personelle Verflechtung 1 2 3 4

Wank, S. 4. Bis in die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts etwa RAG ARS, S. 143. RAG ARS 8, S. 451, 452; Wank, S. 12, 13; Beuthien/Wehler, RdA 1978, 2, 3. BAG AP Nr. 1 zu § 611 BGB; Wank, S. 13.

A. Das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander

31

des Arbeitnehmers mit der Sphäre des Arbeitgebers das maßgebliche Unterscheidungskriterium dar. Heute erhält die persönliche Abhängigkeit aus Sicht des BAG überwiegend durch das Merkmal der „Weisungsgebundenheit“ seine Ausprägung.5

II. Fürsorgeprinzip und Leistungsaustausch Es stellt sich damit eine Anschlussfrage: Enthält das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander eine Fürsorgekomponente, die auch im Rahmen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote zu berücksichtigen ist oder werden dort lediglich Leistungen ausgetauscht? Insbesondere Dorndorf ist der Bejahung einer Fürsorgepflicht des Arbeitgebers mit dem Argument entgegengetreten, ein personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis sei auch bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten mit Blick auf die Veränderungen einer entwickelten, kapitalistischen Gesellschaft abzulehnen, da das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander in entwickelten Industriegesellschaften über das reine Austauschen von Leistungen nicht hinausgehe.6 Demzufolge stellt das Einhalten eines Wettbewerbsverbotes lediglich eine Leistung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber dar, um im Gegenzug und als Gegenleistung die vereinbarte Karenzentschädigung zu erhalten. Wenngleich auch Dorndorf Unbehagen bei der Vorstellung hat, die Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers „als eine die Gegenleistung rechtfertigende Leistung“ begreifen zu müssen7, ist die grundsätzliche Ablehnung einer Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zugunsten des vom Wettbewerbsverbot betroffenen Arbeitnehmers vorzugswürdig. Denn es hat nur bedingt etwas mit Fürsorge zu tun, wenn sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Karenzentschädigung bereit erklärt, die für ihn offensichtlich weniger Nachteile (Zahlung eines Geldbetrages) als Vorteile (Vermeidung von Konkurrenz) mit sich bringt. Er bezahlt den Arbeitnehmer während der Karenzzeit daher nicht aus Fürsorgegesichtspunkten, sondern tauscht lediglich seine (monetäre) Leistung gegen die Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers im Rahmen eines für ihn immer noch vorteilhaften Geschäfts.8 Auf ähnlichem Wege gelangt man auch bei Betrachtung des englischen Rechts zu der Ablehnung einer Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Wie bereits angedeutet fehlt es dem englischen Recht an einer Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung einer Karenzentschädigung. Sagt er sie dennoch zu, spricht dies umso mehr für einen Austausch von Leistungen, da der leistende Arbeitgeber offensichtlich mit der 5

BAG AP Nr. 1 zu § 611 BGB; Wank, S. 13, mit dem Hinweis, dass bereits die Reichsgerichtsrechtsprechung in diese Richtung tendierte, RAG ARS 20, S. 302. 6 Dorndorf, S. 196; a.A. im Ergebnis wohl Beuthien, Festschrift BAG, S. 1; Beuthien/ Wehler, RdA 1978, 2, 4; Fleck, Festschrift Higer/Stumpf 197, 202; hierzu auch Wank, S. 31. 7 Dorndorf, S. 200. 8 Dorndorf, S. 199.

32

1. Kap.: Vorbemerkungen

Zurverfügungstellung des Arbeitsplatzes allein nicht die Nachteile der Wettbewerbsenthaltung für den Arbeitnehmer aufzuwiegen vermag und einen zusätzlichen Mehrwert für die Leistung des Arbeitnehmers in Form der Wettbewerbsenthaltung bereitstellen muss. Eine besondere Fürsorgeleistung des Arbeitgebers für die Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers ist darüber hinaus nicht anzuerkennen und angesichts der fehlenden rechtlichen Verpflichtung noch deutlicher als nach deutschem Recht abzulehnen. Damit ist das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander mit Blick auf die Belastungen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes für beide Parteien als reines Austauschverhältnis mit national unterschiedlichen Austauschkriterien zu begreifen, das keine gesonderte Fürsorgeverpflichtung des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers enthält.

B. Kollision der Wirtschaftsinteressen der Arbeitsvertragsparteien Unabhängig von der Frage eines gesonderten Schutzauftrages des Arbeitgebers gegenüber seinem Personal liegt das wirtschaftliche Hauptaugenmerk des Arbeitgebers neben der Steigerung des Unternehmensertrages grundsätzlich auf der Erhaltung und dem Ausbau seiner Marktposition. Dabei kann es zunächst nur im Interesse des Arbeitgebers liegen, den Arbeitnehmer aus präventiven Gründen allenfalls in zwingend notwendigem Umfang mit zentralem Unternehmens-Know-how vertraut zu machen, da er die Gefahr einer zukünftigen Konkurrenz durch den Arbeitnehmer stets im Blick haben wird.9 Vor diesem Hintergrund wäre es für den Arbeitgeber sinnvoll, den Arbeitnehmer weitestgehend an der späteren Verwendung unternehmensspezifischen Know-hows zu hindern, indem er ihm einerseits nur bestimmte Informationen zukommen lässt, ihn andererseits aber vor allem umfassend vertraglich an der zukünftigen wettbewerblichen Nutzung dieser Informationen hindert. Idealerweise wird er sich eine zukünftige Wettbewerbsenthaltung vertraglich zu einem Zeitpunkt zusichern lassen, zu dem die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers besonders schwach ist. Dies wird regelmäßig noch vor Aufnahme der Arbeitstätigkeit beim Arbeitgeber bzw. in der Anfangsphase der Beschäftigung der Fall sein. Der Arbeitgeber kann die Zusage des Arbeitsplatzes also schlicht von der Unterzeichnung einer nachvertraglichen Konkurrenzvereinbarung abhängig machen.

I. Ökonomische Interessen des Arbeitgebers Aus ökonomischer Sicht stößt dieses Vorgehen jedoch schnell an Grenzen. Natürlich steht einer umfassenden und dauerhaften Verwehrung zukünftiger Konkur9

Buchner, A 1.

B. Kollision der Wirtschaftsinteressen der Arbeitsvertragsparteien

33

renztätigkeiten durch ehemalige Arbeitnehmer sowohl in Deutschland als auch in England das im Hinblick auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote entwickelte Recht entgegen.10 Von erheblicher Bedeutung und oftmals unterschätzt ist jedoch das ökonomische Interesse des Arbeitgebers zum Zeitpunkt der Entscheidung, ob er den Arbeitnehmer mit bestimmtem Know-how ausstattet oder nicht.11 Aus betriebswirtschaftlicher Sicht steht es einem Ausbau der Produktivität und der daraus folgenden Zielsetzung der Maximierung des Unternehmensüberschusses entgegen, die unternehmensinternen Wirtschaftsprozesse durch die Beschränkung des Informations- und Know-how-Flusses auszubremsen.12 Denn nur das sinnvolle und aufeinander abgestimmte Zusammenspiel aller Kräfte im Unternehmen gewährleistet ökonomisches Wirtschaften und das Entstehen von Synergien. Dabei spielt die individuelle Qualifikation und der bestmögliche Einsatz des Einzelnen eine zentrale Rolle; sei es der Arbeiter, der eine bestimmte Maschine bedienen muss oder der leitende Angestellte, der auf den unmittelbaren und unbeschränkten Informationsfluss des Arbeitgebers angewiesen ist, um sowohl seine eigene Tätigkeit danach auszurichten, als auch entsprechende Anweisungen an die unternehmenshierarchisch unter ihm angesiedelten Beschäftigten geben zu können. Auf sämtlichen Hierarchiestufen spielt das Bereitstellen von Know-how daher eine entscheidende Rolle. Generell steigt die Gefahr für den Arbeitgeber, Know-how später an die Konkurrenz zu verlieren, aber mit der Bedeutung des Arbeitnehmers im Unternehmen. Dies folgt unmittelbar aus dem Umstand, dass sich mit zunehmender Verantwortung im Unternehmen grundsätzlich auch der Grad der Einbindung in zentrales Know-how und strategische Entscheidungen erhöht. Der Verlust eines Arbeitnehmers wirkt sich daher grundsätzlich wirtschaftlich umso gravierender aus, je höher dieser in der Unternehmenshierarchie angesiedelt ist und je ausgeprägter sein Zugang zu Geschäftsgeheimnissen, Unternehmens-Knowhow und Kundenkontakten war.

II. Konfliktpotential Hieraus entsteht in der Praxis ein erhebliches Konfliktpotential.13 Regelmäßig kann der Arbeitgeber auf die Delegierung bestimmter Aufgaben an Arbeitnehmer nicht verzichten, ohne gleichzeitig erhebliche Synergieverluste in Kauf nehmen zu müssen. Um daher ökonomisch wirtschaften zu können, muss er einen Teil seiner Arbeitnehmer mit besonderem Know-how ausstatten und diesen unter Umständen auch Zugang zu Kundendaten sowie Geschäftsgeheimnissen gewähren. Nur auf diese Weise hat er die Möglichkeit, sein Unternehmen im Wege der Einbindung einer 10 11 12 13

Hierzu sogleich in den Kapiteln 2 und 3. Grüll/Janert, S. 13. Buchner, S. 1. Röhsler/Borrmann, S. 19.

34

1. Kap.: Vorbemerkungen

Vielzahl aufeinander abgestimmter Arbeitskräfte auf Dauer wirtschaftlich zu führen.14 Zugleich ist der Arbeitgeber aber jedoch darauf angewiesen, die ihm durch den Einsatz hoch qualifizierter Mitarbeiter entstehenden Wettbewerbsvorteile nicht unmittelbar durch Abwanderungen zur Konkurrenz zu verlieren. Er muss also dafür Sorge tragen, dass er die Gefahr des Verlustes von Know-how durch personelle Fluktuation effektiv begrenzt. Hingegen wird es dem Arbeitnehmer vielfach darauf ankommen, im Unternehmen möglichst viel Sonderwissen zur Festigung oder Erhöhung des eigenen Marktwertes zu erlangen. Der Arbeitgeber befindet sich demnach in einem mehrfachen Konflikt gegeneinander laufender Interessen: Zum einen muss er seine Wirtschaftsinteressen mit denen seiner Arbeitnehmern abstimmen. So wird er regelmäßig auf die fortlaufende Aus- und Weiterbildung seines Personals angewiesen sein, um sich bestmöglich am Markt positionieren zu können.15 Dem steht die drohende Gefahr entgegen, im Wege der erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen und der Einräumung von Zugang zu Know-how und Kunden potentielle Konkurrenten heranzuziehen, die sich früher oder später für die Konkurrenz oder den Schritt in die Selbstständigkeit entscheiden.

III. Kollision der Interessen Die Kollision der Interessen des Arbeitgebers mit denen des Arbeitnehmers beginnt bereits in der Bewerbungsphase des Arbeitnehmers mit der grundsätzlichen Überlegenheit des Arbeitgebers aufgrund seiner stärkeren Verhandlungsmacht und setzt sich im Arbeitsverhältnis fort.16 Wenngleich der Arbeitgeber die gesetzlichen und ggf. tarifvertraglich abgesicherten Arbeitnehmerinteressen im laufenden Arbeitsverhältnis durch seine organisatorische Überlegenheit nicht umgehen kann, so ist auch der ihm verbleibende Gestaltungsspielraum nicht etwa im Zusammenhang mit einem Schutzauftrag zu bewerten17, sondern vielmehr im Lichte unterschiedlicher Verhandlungsstärken. Es ist damit Aufgabe des Rechts, das strukturelle Ungleichgewicht auszugleichen. Wie zu zeigen sein wird ist dieses Steuerelement in Deutschland und England bereits aus wirtschaftspolitischen Erwägungen unterschiedlich stark ausgeprägt.

14

Buchner, S. 1. Buchner, S. 1. 16 Denkbar und (branchenabhängig) durchaus häufig anzutreffen ist der umgekehrte Fall, in dem ein gut ausgebildeter Arbeitnehmer die Wahl zwischen mehreren Arbeitsplätzen hat und die potentiellen Arbeitgeber in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander um den Arbeitnehmer stehen. 17 Wank, S. 48; Zöllner, AcP 176 (1976) 221, 245; Gamillscheg, AcP 176 (1976), 197, 205. 15

C. Auswirkungen des Interessenkonflikts auf Arbeitsvertragsparteien

35

C. Auswirkungen des Interessenkonflikts auf das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien I. Gefahr von Berufsverboten Die zuvor beschriebenen Interessengegensätze der Vertragsparteien münden zumeist in der Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote. Nicht hoch genug kann hierbei das Risiko eines faktischen Berufsverbotes des Arbeitnehmers bewertet werden. Von Wettbewerbsabreden betroffene Arbeitnehmer würden regelmäßig ihrer Existenzgrundlage beraubt, gäbe das Recht als externes Steuerelement des Interessenkonflikts dem Arbeitgeberinteresse an dieser Stelle allzu sehr nach, so sehr seine wirtschaftlichen Interessen auch berechtigt erscheinen mögen.18 Entscheidend ist daher, wie die Einzelinteressen der Vertragsparteien im Rahmen entsprechender Konkurrenzvereinbarungen gegeneinander abzuwägen sind. Anders ausgedrückt: Wie weit dürfen die nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkungen im Einzelnen reichen, ohne den Arbeitnehmer unangemessen zu benachteiligen?

II. Schutzbedürfnis von Arbeitnehmern Zur Beantwortung dieser Frage muss zunächst geklärt werden, ob es sich bei den einzelnen Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote jeweils um rechtspolitische Grundsatzentscheidungen für bzw. gegen den Schutz der Arbeitnehmerseite handelt. Vor allem von Seiten der Arbeitgebervertreter wird argumentiert, ein Wettbewerbsverbot treffe regelmäßig „keinen Armen“ und dürfe deshalb auch verhältnismäßig weitreichende Einschränkungen der beruflichen Entfaltungsfreiheit enthalten. Hintergrund für diese bereits in eine Gerechtigkeitsdiskussion hineinreichende Aussage ist der Umstand, dass vor allem leitende Angestellte und Schlüsselkräfte, die regelmäßig auch überdurchschnittliche Gehälter beziehen, Vertragspartei von Wettbewerbsvereinbarungen sind. Es ließe sich folglich anführen, dass eine etwaige spätere Karenzzeit durch entsprechend hohe Bezüge während des laufenden Arbeitsverhältnisses ausgeglichen wird und ein weitergehender Entschädigungsanspruch während der Karenzzeit unangemessen ist.

III. Stellungnahme Entsprechende Schlussfolgerungen sind jedoch im Hinblick auf den Interessenausgleich und dessen grundsätzliche Bedeutung für die Stellung der Arbeitsvertragsparteien als unzulässige Verkürzung der Arbeitnehmerrechte abzulehnen. Die 18

Buchner, S. 1.

36

1. Kap.: Vorbemerkungen

Häufigkeit von Wettbewerbsabreden hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten als Reaktion auf die Entstehung globaler Märkte und Marktzutrittschancen deutlich zugenommen. So finden sich nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen regelmäßig nicht nur in den Verträgen von Geschäftsführern, Vorstandsmitgliedern oder sonstigen Führungskräften, sondern etwa auch bei vielen Tarifangestellten, Vertriebsmitarbeitern, außertariflichen oder aber auch freien Mitarbeitern.19 Nicht selten wird eine Wettbewerbsvereinbarung gar präventiv vereinbart, um einer möglichen späteren Konkurrenzsituation durch den Arbeitnehmer zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Basis zu entziehen.20

19

Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227. Beispielhaft sei hier nur auf die Vertragspraxis in der nationalen wie internationalen ITBranche verwiesen. Ähnliche Bedingungen finden sich in den umgangssprachlich als „kreative Berufe“ bezeichneten Wirtschaftsfeldern wie beispielsweise der Werbeindustrie und zunehmend auch auf dem Personalberatungssektor. 20

Zweites Kapitel

Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht A. Rechtsquellen und historische Entwicklung nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in Deutschland I. Vorbemerkungen Die Möglichkeit zur vertraglichen Wettbewerbsbeschränkung findet sich vornehmlich in Rechtssystemen, in denen von staatlicher Seite die Grundsätze der Berufs- und Wettbewerbsfreiheit als individuelle Freiheitsrechte gewährleistet werden.1 1. Zunft- und Gildeordnung Ein Interesse an der Absicherung des eigenen Unternehmens vor Wettbewerb durch ehemalige Angestellte besteht in Deutschland auf Arbeitgeberseite erst seit Einführung des dem römischen Recht2 fremden Gebots der allgemeinen Gewerbefreiheit im Jahr 1810.3 Zuvor hatten etablierte Gewerbetreibende durch die Erwirkung von Aufnahmesperren in die durch die Zunft- und Gildeordnung umfassend regulierten Berufsfelder die Möglichkeit, sich effektiv vor unliebsamer Konkurrenz zu schützen, so dass ein generelles Bedürfnis nach weitergehender Absicherung des eigenen Produktionsertrages vor Konkurrenztätigkeiten durch ehemalige Gesellen oder Lehrlinge grundsätzlich nicht bestand.4 Der so geschaffene Numerus Clausus5 sicherte den Vollmeistern standesgemäß verbürgte Einkünfte und bot ausreichenden Schutz vor unliebsamer Konkurrenz durch die zu dieser Zeit zudem in Haushalt und Familie des jeweiligen Meisters eingegliederten Arbeitskräfte.6

1 2 3 4 5 6

Schwedes, S. 15. Einzelheiten zum römischen Recht in diesem Zusammenhang etwa bei Brendel, S. 9 f. Gewerbesteueredikt vom 02. 11. 1810, S. 79; Schwedes, S. 16 m.w.N. Sahavi, S. 10; Schwedes, S. 17; Brendel, S. 10. Schwedes, S. 17. Schwedes, S. 17, 18.

38

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

2. Einführung der Gewerbefreiheit Mit Einführung der Gewerbefreiheit änderte sich dies spürbar. Im Zuge der französischen Revolution in Deutschland aufkommende allgemeine Reformtendenzen und die sukzessive Abschaffung des Zunftwesens führten insbesondere in den an Frankreich angrenzenden linksrheinischen Staaten7 zu ersten freigewerblichen Entwicklungen. Insbesondere ehemalige Gesellen mit technischem Fachwissen nutzen die Gelegenheit zur beruflichen Selbstständigkeit. Vielfach schlossen sich mehrere Gesellen einer bestimmten Berufsrichtung zusammen und gründeten in unmittelbarem örtlichem und sachlichem Zusammenhang zu ihren ehemaligen Arbeitgebern Konkurrenzunternehmen. Die hiervon ausgehenden Chancen wurden von den zuvor durch Zunft- und Gildezwang hinreichend abgesicherten Vollmeistern vielfach unterschätzt, so dass ab Mitte des 19. Jahrhunderts in bestimmten Berufszweigen mitunter erhebliche regionale Wettbewerbssituationen entstanden.8 In Preußen setzte sich die Liberalisierung der bestehenden Gewerbeordnung ebenfalls schrittweise durch, wenngleich das Preußische Allgemeine Landrecht vom 05. 02. 1794 das Zunft- und Gildewesen noch unter staatlicher Aufsicht bestehen ließ.9 Die Kriegsniederlage Preußens gegen Frankreich im Jahr 1806 tat dann allerdings ihr Übriges zur endgültigen Auflösung der bisherigen Zunft- und Gildeordnung. Durch Edikt vom 09. 10. 1807 wurde die ehemals bestehende ständische Ordnung abgeschafft und jedem Edelmann, Bürger oder Bauern das Recht auf freie Gewerbewahl und -ausübung eingeräumt.10 Am 02. 11. 1810 erfolgte die offizielle Verkündung der Gewerbefreiheit – bezeichnenderweise in zeitlichem Zusammenhang mit der Einführung der allgemeinen Gewerbesteuer.11 3. Vertraglicher Regelungsbedarf Alsbald erkannten die durch die Entwicklungen der Gewerbeordnung in ihrer Marktposition erheblich geschwächten Meister12, dass wirksame Maßnahmen zur Unterbindung der durch die Gewerbefreiheit entstandenen Konkurrenzgefahr durch ehemalige Angestellte im vorvertraglichen Bereich zu treffen waren. Noch bevor sich der jeweilige Geselle umfangreiches Fachwissen aneignen konnte, wurde er folglich seitens des jeweiligen Dienstherren vertraglich mit umfangreichen Kon7

Rheinland, Pfalz, Baden, hierzu Schwedes, S. 20. Ihrerseits abhängig von den regionalen Besonderheiten. Ein anschauliches Beispiel liefert in diesem Zusammenhang die Entwicklung der Lederindustrie der Stadt Offenbach Mitte des 19. Jahrhunderts. 9 §§ 179 ff., 479 ff. Preußisches Allgemeines Landrecht vom 05. 02. 1794; Schwedes, S. 20. 10 Schwedes, S. 20. 11 Edikt über die Einführung einer allgemeinen Gewerbesteuer vom 28. 10. 1810, verkündet am 02. 11. 1810, G.S. 1810, 79; Schwedes, S. 21. 12 Schwedes, S. 21. 8

A. Rechtsquellen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in Deutschland

39

kurrenzverboten für die Zeit nach Ausscheiden aus dem Unternehmen belegt.13 War der Betroffene auf den Arbeitsplatz angewiesen, hatte der Dienstherr insbesondere bei der Vereinbarung der Konkurrenzklausel die weitaus stärkere Verhandlungsposition, mit weitreichenden Konsequenzen für die berufliche Zukunft des Arbeitssuchenden und einer nachhaltigen Störung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung.14 Der vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot Betroffene konnte sich regelmäßig kaum wirkungsvoll gegen die Aufnahme einer entsprechenden Wettbewerbsklausel zu Wehr setzen, wenn von Seiten des jeweiligen Dienstherren die Beschäftigung vom Abschluss einer solchen Wettbewerbsabrede abhängig gemacht wurde. Vertraglich festgelegte Unbilligkeiten zum Nachteil des Handlungsgehilfen, insbesondere umfassende nachvertragliche Konkurrenzverbote, waren für kaufmännische Angestellte – auch mangels entgegenstehender Rechtsprechung – damit an der Tagesordnung.15 Mangels entsprechender gesetzlicher Vorschriften zur Regulierung nachvertraglicher Konkurrenzverbote galt auch hinsichtlich der Vereinbarung solcher vertraglichen Wettbewerbsabreden weitgehend schrankenlos der Grundsatz der Vertragsfreiheit.16 Es blieb damit grundsätzlich den Dienstherren überlassen, ob sich diese durch vertragliche Vereinbarungen entsprechender Konkurrenzklauseln auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor etwaiger Konkurrenztätigkeit durch Gesellen, Lehrlinge oder sonstigen Handlungsgehilfen schützen wollten. Zu beobachten waren jedoch Tendenzen, wonach vielfach bereits rein vorsorglich ein umfangreiches Wettbewerbsverbot vereinbart wurde, um erst gar nicht die Gefahr einer Konkurrenzsituation entstehen zu lassen. 4. Wirtschaftliche Regulierungsfaktoren Dessen ungeachtet stand den Dienstherren ein weiterer, etwaige Konkurrenzsituationen durch Handlungsgehilfen selbstständig regulierender Faktor zur Seite: Die vielfach zur Errichtung eines eigenen Handwerksbetriebes oder kaufmännischen Unternehmens erforderlichen finanziellen Mittel konnten Handlungsgehilfen trotz des größer gewordenen Konkurrenzdrucks für etablierte Betriebe nur selten aus eigener Kraft aufbringen. Zumeist lag deren Entlohnung weit unter den zur Errichtung eines eigenen Betriebes erforderlichen Geldmitteln, so dass Handlungsgehilfen allenfalls durch Zusammenschluss mehrerer, durch Erbschaft, vielfach aber auch durch Heirat, den Weg in die Selbstständigkeit einschlagen konnten.

13 14 15 16

Schwedes, S. 21; Löwe, S. 41. Löwe, S. 41. Schwedes, S. 21; Löwe, S. 41. Löwe, S. 41.

40

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Für den weitaus größeren Teil der seinerzeit abhängig Beschäftigten verschloss sich der Weg zum eigenen Betrieb oder Unternehmen, die oftmals von Generation zu Generation als Familienbetrieb weitergeführt wurden, bereits aus wirtschaftlichen Gründen. Demgegenüber war die Zahl der von Wettbewerbsverboten Betroffenen weitaus größer als erforderlich, so dass trotz eines mitunter gestiegenen Konkurrenzdrucks durch ehemalige Beschäftigte insgesamt eine erhebliche und nicht selten existentielle Gefahr von umfangreichen Wettbewerbsklauseln zulasten der Beschäftigten ausging.

II. Einschränkung der freien Vereinbarkeit nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen durch die Reichsgerichtsrechtsprechung 1. Kabinettsorder von 1813 Im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch von 1861 sowie in der Gewerbeordnung von 1889 befanden sich noch keine Regelungen zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten.17 Lediglich eine Kabinettsorder von 181318 erklärte Vereinbarungen, nach denen sich Gesellen und Lehrlinge nach Beendigung der Diensttätigkeit beim Dienstherren sämtlicher Konkurrenztätigkeiten zum Dienstherren enthalten mussten, für unwirksam, da entsprechende Vereinbarungen gegen die „Bestimmung eines allgemeinen Landesgesetzes“ verstießen.19 Deren kritische Grundaussage zur freien Vereinbarkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote wurde durch den dritten Senat des Preußischen Obertribunals zunächst gestützt, später jedoch wieder revidiert.20 Der Grundsatz der Vertragsfreiheit21 blieb damit zunächst weitgehend unangetastet. 2. Entscheidung des Reichsgerichts Eine erneute – allerdings recht vage – Beschränkung der freien Vereinbarkeit nachvertraglicher Konkurrenzverbote fand sich zudem in einer Feststellung aus der Reichsgerichtsrechtsprechung, nach der die persönliche Freiheit und Erwerbsfähigkeit des Einzelnen nicht übermäßig beschränkt werden dürfe und nur ein begründetes Interesse des Dienstherren schützenswert sei22, woraus zu Recht gefolgert 17

Bauer/Diller, § 1, Rdn. 1. Stoepel, Preußisch-Deutscher Gesetzes Codex, S. 72 f.; Schwedes, S. 21. 19 Stoepel, Preußisch-Deutscher Gesetzes Codex, S. 72 f.; Schwedes, S. 21. 20 Urteil vom 15. 05. 1876, Preußisches Obertribunal 77, 231, 245 ff.; 80, 1, 7 ff.; hierzu Sahavi, S. 10. 21 Bauer/Diller, § 1, Rdn. 1. 22 RGZ 20, 108; 31, 97. 18

A. Rechtsquellen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in Deutschland

41

wurde, dass vertragliche Abreden über Einschränkungen einer nachvertraglichen Wettbewerbstätigkeit zumindest nicht grenzenlos zulässig sind. Nach Ansicht des Reichsgerichts enthielt dieser allgemeine Grundsatz lediglich das dehnbare Prinzip, wonach im Einzelfall zu beurteilen sei, ob sich die Vereinbarungen der Parteien nach der konkreten Sachlage innerhalb gesetzlicher Grenzen gehalten haben.23 Eine absolute Schranke ergebe sich jedoch daraus, dass durch solche Verträge die Erwerbsfreiheit nur beschränkt, nicht jedoch für immer gänzlich oder in einzelne Richtungen ausgeschlossen werden dürfe. Daraus folge wiederum die Unzulässigkeit vertragsmäßiger Konkurrenzverbote ohne jede Beschränkung und Begrenzung nach Zeit und Ort.24 Die Beurteilung des Reichsgerichts zur Vereinbarkeit nachvertraglicher Konkurrenzklauseln lässt sich im Wesentlichen in Form zweier Grundaussagen zusammenfassen: • Jeder Mensch hat ein nicht entziehbares Recht, seinen Lebensberuf nach Art und Branche selbst zu bestimmen. • Niemandem darf ein Gewerbebetrieb überall und dauernd für berufliche Zwecke verschlossen bleiben. 3. Bewertung Durch Postulierung dieser Grundsätze belegte das Reichsgericht Konkurrenzklauseln zwar erstmals mit gewissen Mindestanforderungen. Dennoch vermochte dieser erste Schritt nicht die Schieflage der Verhandlungspositionen der Vertragsparteien zu beseitigen, da es dem Dienstherren nach wie vor offen blieb, seine für ihn tätigen Arbeitskräfte mit empfindlichen Konkurrenzverboten und ohne angemessene Entschädigung zu belegen, wenngleich die Unzulässigkeit eines völlig schrankenlosen Konkurrenzverbots nunmehr durch das Reichsgericht anerkannt wurde. Ein wesentlicher Schritt zur Auflösung faktischer Berufsverbote wurde dadurch dennoch bereits vollzogen.

III. Gesetzliche Normierung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote im Handelsgesetzbuch, §§ 74 ff. HGB a.F. 1. §§ 74 ff. HGB a.F. Durch Verabschiedung des Handelsgesetzbuches am 10. 05. 189725 wurden nachvertragliche Wettbewerbsverbote in Gestalt der §§ 74 ff. HGB a.F. erstmals auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Die Regelungen beschränkten sich zunächst darauf, inhaltliche und zeitliche Grenzen für nachvertragliche Wettbewerbsverbote festzulegen und erstreckten sich zudem lediglich auf kaufmännische Angestellte. 23 24 25

RGZ 31, 97, 99. RGZ 31, 97, 99. RGBl., S. 438.

42

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Im Einzelnen: • Nach § 74 Abs. 1 HGB a.F. waren Konkurrenzverbote für Handlungsgehilfen nur dann bindend, wenn die hierdurch bewirkten Beschränkungen nach Zeit, Ort und Gegenstand nicht geeignet waren, das Fortkommen des Angestellten unbillig zu erschweren. • § 74 Abs. 2 HGB a.F. sah für vertragliche Wettbewerbsverbote eine zulässige Höchstgrenze von maximal drei Jahren vor. • Generell nichtig waren gem. § 74 Abs. 3 HGB a.F. Wettbewerbsverbote zu Lasten Minderjähriger.26 • Nicht vorgesehen war hingegen die Zahlung einer Entschädigung als Ausgleich für die beruflichen Einschränkungen durch entsprechende Wettbewerbsabreden.

2. Reichweite der Kodifikation Parallel zur Normierung der §§ 74, 75 HGB a.F. trat durch Art. 9 Ziff. 2 EGHGB vom 10. 05. 1897 die dem § 74 HGB a.F. inhaltsgleiche und für technische Angestellte geltende Vorschrift des § 133 f GewO in Kraft.27 Trotz einer ersten gesetzlichen Fixierung eines Zulässigkeitsrahmens für nachvertragliche Konkurrenzklauseln beschränkte sich die Verbesserung der Verhandlungsposition also auf kaufmännische Angestellte und bezog sonstige Arbeitnehmer nicht mit ein. Für gewerbliche Arbeitnehmer, auch als BGB-Angestellte bezeichnet, blieb daher der bisher bestehende, maßgeblich durch den Grundsatz der Vertragsfreiheit geprägte Zustand bestehen, wie Schwedes28 zutreffend herausstellt. Darüber hinaus bestand aber auch für kaufmännische Angestellte keinerlei Anspruch auf eine Entschädigung für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem jeweiligen Unternehmen. Die Schutzmechanismen der §§ 74 ff. HGB a.F. erstreckten sich somit zunächst lediglich auf die Entstehensseite und ließen die Folgenseite, nämlich die Beschränkung des beruflichen Fortkommens der mit einem Wettbewerbsverbot belasteten Person, außer Betracht. 3. Folgen Obgleich die von den §§ 74 ff. HGB a.F. ausgehende Schutzwirkung gegen übervorteilende Wettbewerbsklauseln zulasten kaufmännischer Angestellter einen 26

§ 75 HGB a.F. enthielt in Abs. 1 eine § 75 Abs. 1 und 2 HGB n.F. entsprechende Regelung. § 75 Abs. 2 HGB a.F. entsprach § 75 c Abs. 2 HGB n.F., § 75 Abs. 3 HGB a.F. entsprach § 75 d HGB n.F. 27 Bauer/Diller, § 1, Rdn. 2; Sahavi, S. 12; Schwedes, S. 25. 28 Schwedes, S. 25 f.

A. Rechtsquellen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in Deutschland

43

ersten Meilenstein in der Gesamtentwicklung eines wirkungsvollen Ausgleichs der Parteiinteressen markiert, blieb es dennoch bei der grundsätzlichen Ungleichverteilung der Wirkungsweisen solcher Konkurrenzklauseln für die betroffenen Vertragsparteien. Dem vom Konkurrenzverbot betroffenen kaufmännischen Angestellten konnte trotz zeitlicher Kanalisierung nach § 74 Abs. 2 HGB a.F. für lange Zeit der Schritt in die Selbstständigkeit verwehrt bleiben. a) Durchsetzungsprobleme Gleiches galt für eine Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen. Dieses Ungleichgewicht konnte auch der unbestimmte Rechtsbegriff des Verbots einer unbilligen Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Betroffenen nach § 74 Abs. 1 HGB a.F. nicht beseitigen. Nur selten konnte ein kaufmännischer Angestellter eine solche Unbilligkeit des Konkurrenzverbotes nachweisen, zumal es in diesem Zusammenhang an griffigen Abgrenzungskriterien zwischen Billig- und Unbilligkeit des Wettbewerbsverbotes anhand entsprechender Rechtsprechungsbeispiele o. ä. mangelte. b) Fehlende Karenzentschädigung Besonders eklatant und existentiell wirkte sich aber die entschädigungslose Vereinbarkeit solcher Konkurrenzvereinbarungen aus. Dem kaufmännischen Angestellten war es einerseits in beträchtlichem Umfang verwehrt, seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeit zukünftig gewinnbringend einzusetzen. Andererseits erhielt er für die drakonische Einschränkung seiner beruflichen Entfaltungsfreiheit nach Beendigung der Tätigkeit beim Prinzipal keinen finanziellen Ausgleich, was regelmäßig entweder eine ernsthafte Gefährdung seiner Lebensgrundlage oder aber die Notwendigkeit eines Orts- oder Berufswechsels nach sich zog. c) Bindungsinteresse des Dienstherren Ein erstaunlicherweise oftmals übersehenes Leitmotiv des Prinzipals für derartig umfassende Wettbewerbsabreden mit seinen Angestellten war neben der Vermeidung zukünftiger Konkurrenz auch die Bindung wertvoller, gut ausgebildeter Arbeitskraft an das eigene Unternehmen. Für den Dienstherren war es – regelmäßig in noch höherem Maße als heute – von erheblicher Bedeutung, einen bestimmten Mitarbeiterstamm (sei es auch nur ein einzelner, gut ausgebildeter Geselle) zur Erfüllung seiner Aufträge zur Verfügung zu haben und nicht ständig neue Arbeitskräfte mühsam und kostenintensiv ausbilden zu müssen. Geeignete und einschlägig qualifizierte Arbeitskraft stand im Gegensatz zum heutigen, weitaus flexibleren und vielfach globalen Arbeitsmarkt in weitaus geringerem Umfang zur Verfügung, so dass auch die Existenz des Unternehmens mitunter von der dauerhaften lokalen Verfügbarkeit zuvor speziell ausgebildeter Arbeitskräfte abhing. Verstärkt wurde dieser Bedarf durch die im Vergleich zur heutigen Wirtschaftswelt weniger tech-

44

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

nisierten bzw. automatisierten Produktionsabläufe, so dass der Prinzipal ein vitales Interesse an der dauerhaften Erhaltung einer zuvor umfangreich und kostenintensiv ausgebildeten Arbeitskraft hatte. Trotz dieser nachvollziehbaren Beweggründe für Wettbewerbsvereinbarungen war die Ungleichverteilung zwischen den Interessen des Prinzipals und seiner Handlungsgehilfen in Bezug auf die Vereinbarung gesetzlich zulässiger Konkurrenzklauseln offensichtlich, so dass die Kodifizierung der §§ 74 ff. HGB a.F. insgesamt trotz der Einschränkung zulässiger Wettbewerbsklauseln und der Anerkennung der in diesem Zusammenhang bestehenden schwächeren Handlungsposition der kaufmännischen Angestellten allenfalls als Zwischenschritt in Richtung eines angemessenen Interessenausgleichs zu bewerten ist.

IV. HGB-Novelle vom 10. 06. 1914: Normierung des Grundsatzes der bezahlten Karenz Der Schutz kaufmännischer Angestellter vor übervorteilenden Wettbewerbsverboten wurde erst durch die gesetzliche Neuregelung der §§ 74, 75 HGB aus dem Jahre 191429 erheblich ausgedehnt. Nach dem oben skizzierten unzulänglichen Beitrag der Fassung des HGB vom 01. 01. 1900, den Prinzipalen durch §§ 74 ff. HGB a.F. ein gesetzlich fixiertes Recht zur Vereinbarung nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu verschaffen und zugleich die Belastungsintensität auf ein für den betroffenen kaufmännischen Angestellte akzeptables Maß zu beschränken, ist dem damaligen Gesetzgeber mit der Novelle des HGB vom 14. Juni 191430 und der damit einhergehenden Neuregelung der §§ 74, 75 HGB ein bedeutender Schritt in Richtung paritätischer Ausgleich der widerstreitenden Parteiinteressen gelungen. 1. Reformansätze Vorausgegangen waren unterschiedliche Bestrebungen31 zur Abänderung der bestehenden Gewerbeordnung, u. a. mit dem Zweck, die rechtliche Differenzierung zwischen technischen Angestellten und Handlungsgehilfen zu harmonisieren.32 Auch der Verband der Deutschen Gewerbe- und Kaufmannsgerichte forderte auf seinem Verbandstag in Jena im Jahr 1908 eine dahingehende Rechtsangleichung.33 Entscheidender Reformanlass war jedoch die Tatsache, dass sich eine missbräuchliche Nutzung der §§ 74, 75 HGB a.F. zulasten der kaufmännischen Angestellten 29

Gesetz zur Änderung der §§ 74, 75, 76 Abs. 1 HGB vom 10. 06. 1914, RGBl. I, S. 209 ff. Gesetz zur Änderung der §§ 74, 75, 76 Abs. 1 vom 10. 7. 1914, RGBl. I, S. 209 ff.; § 75 e Abs. 2 Satz 2 HGB beruht auf der Einführung des § 850 f Abs. 1 Nr. 2 ZPO durch das Gesetz vom 24. 10. 1934, RGBl. I, S. 1070, 1072; § 75 HGB wurde durch § 69 Abs. 5 AOG vom 20. 1. 1934, RGBl. I, S. 45, 56 geändert. 31 Regierungsentwurf, Reichsdrucksache 1907, Nr. 552. 32 Schwedes, S. 26. 33 Schwedes, S. 27. 30

A. Rechtsquellen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in Deutschland

45

nicht verhindern ließ. Dies war insbesondere der fehlenden gesetzlichen Pflicht zur Entschädigung des vom Wettbewerbsverbot betroffenen kaufmännischen Angestellten geschuldet, so dass schließlich durch Erlass34 des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe vom 16. 06. 1910 eine entsprechende Entschädigungspflicht des Prinzipals während der Karenzzeit perpetuiert wurde.35 Tragender Gedanke36 und zugleich entscheidender Ertrag der Novelle sollte daraufhin die entsprechende gesetzliche Fixierung des Grundsatzes einer bezahlten Karenz werden: Ein Wettbewerbsverbot sollte nur dann verbindlich sein, wenn sich der Prinzipal zugleich verpflichtete, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der vom kaufmännischen Angestellten zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht. Ihre gesetzliche Gestalt fand dieser Grundsatz schließlich in § 74 Abs. 2 HGB, wonach die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots von der Zusage einer mindestens 50 % der letzten Bezüge betragenden Karenzentschädigung abhängig gemacht wurde.37 2. Gesetzlicher Interessenausgleich Die Einführung des § 74 Abs. 2 HGB a.F. war das Ergebnis einer Abwägung zwischen den Interessen des Prinzipals einerseits, die in seinem Betrieb durch Angestellte erlangten Kenntnisse und geschäftlichen Beziehungen nicht unmittelbar nach Beendigung des Vertragsverhältnisses an einen (neuen) Konkurrenten zu verlieren sowie den berechtigten Interessen des Gehilfen andererseits, nach Beendigung seines Angestelltenverhältnisses seine Arbeitskraft möglichst frei nutzen zu können.38 Der Grundsatz der bezahlten Karenz galt allerdings zunächst nur zugunsten von Gehilfen, deren Jahresverdienst 8000 Reichsmark, bemessen nach dem Reichsindex, nicht überstieg und zudem allein zugunsten der in den Grenzen des damaligen Europas Beschäftigten.39 Grund dieser Beschränkung war schon damals die Befürchtung, der deutsche Kaufmann könne es ansonsten vorziehen, außerhalb Europas ausländische Gehilfen zu beschäftigen. Eine mit Blick auf den heutigen Arbeitsmarkt geradezu propheti-

34 Ministerialblatt der Handels- und Gewerbeverwaltung vom 04. 07. 1910, 258 ff.; hierzu Schwedes, S. 27. 35 Schwedes, S. 27. 36 Heymann/Henssler, Vor § 74, Rdn. 2. 37 Art. 1 des Gesetzes zur Änderung der §§ 74, 75 und 76 Abs. 1 HGB vom 10. 06. 1914; MünchKomm/v. Hoyningen-Huene, § 74, Rdn. 4. 38 BGHZ 91, 1, 4; BAG AP GG Art. 12 Nr. 20, mit zust. Anm. Hefermehl = BABl. 1960, 455 mit Anm. Wlotzke = AR-Blattei, Wettbewerbsverbot, Entsch. 11 mit zust. Anm. Gros = SAE 1960, 182. 39 Dazu § 1 – 3 der Verordnung vom 23. 10. 1923, RGBl. I, S. 900.

46

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

sche Zielsetzung, die im Laufe der Jahre – allerdings aus einer Vielzahl von Gründen40 – in keiner Weise an wirtschaftspolitischem Zündstoff eingebüßt hat. 3. Sonstige Neuregelungen Weitere Änderungen: • Der Anwendungsbereich der §§ 74 ff. HGB a.F. erstreckte sich gem. § 74 Abs. 1 HGB a.F. nunmehr explizit auf alle Vereinbarungen zwischen Prinzipal und kaufmännischem Angestellten, die geeignet sind, den Gehilfen nach der Beendigung des Angestelltenverhältnisses in der gewerblichen Betätigung zu beschränken, womit erstmals eine Legaldefinition des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots kodifiziert wurde. • § 74 Abs. 1 HGB a.F. stellte nunmehr klar, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot stets schriftlich zu erfolgen hat und dem kaufmännischen Angestellten eine Urkunde über das Verbot auszuhändigen ist.41 • Gem. § 74 a Abs. 1 HGB a.F. betrug die für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zulässige Höchstdauer nunmehr lediglich zwei statt bisher drei Jahre. Mit der Novellierung des HGB wurden zudem die §§ 74 ff. HGB um die Vorschriften der §§ 74 a bis 74 c, 75 a bis 75 f HGB ergänzt. Die Bestimmung des § 75 e HGB über die Behandlung der Karenzentschädigung im Konkurs- sowie Zwangsvollstreckungsrecht wurde durch Gesetz vom 17. 07. 197442 aufgehoben.43 4. Technische Angestellte Eine den Neuerungen der §§ 74 ff. HGB entsprechende Anpassung des für nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit technischen Angestellte geltenden § 133 f GewO wurde, obgleich zunächst beabsichtigt, nicht vorgenommen. Für diese war die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots damit weiterhin unabhängig von der Zusage und späteren Zahlung einer Karenzentschädigung.44 Obgleich im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens eine einheitliche Behandlung aller Angestellten hinsichtlich der Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote er40 Insbesondere das Phänomen, dass deutsche Arbeitskraft aufgrund hoher Lohnnebenkosten im Vergleich zu ausländischer nach wie vor verhältnismäßig teuer ist. 41 § 74 a Abs. 2 HGB a.F. mit Verordnung vom 23. 10. 1923, RGBl. I, S. 900. 42 BGBl. 1974 I, S. 1481. 43 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehende Ansprüche auf Karenzentschädigung stellen sonstige Massenverbindlichkeiten i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO dar, später §§ 59 Abs. 1 Nr. 3 b und 61 Abs. 1 Nr. 1 b KO, §§ 141 a bis n AFG; hierzu Ebenroth/Boecken, § 74, Rdn. 2. 44 Drucks. Reichstag 1912/1913 Nr. 575.

A. Rechtsquellen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in Deutschland

47

wogen wurde, konnte sich dieser Ansatz letztlich nicht durchsetzen. Die angesichts der Bedeutung dieser Entscheidung für Angehörige technischer Berufe wenig überzeugende Begründung für die Ablehnung einer entsprechenden Angleichung des § 133 f GewO an die Entwicklungen der §§ 74 ff. HGB fußte im Wesentlichen auf der Vorstellung, die Rahmenbedingungen für nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei technischen Angestellten seien im Ganzen nicht mit denen von kaufmännischen Angestellten zu vergleichen, so dass kein Anpassungsbedarf – insbesondere hinsichtlich einer Karenzentschädigungspflicht – bestehe. Man beschränkte sich stattdessen auf das Inaussichtstellen einer Anpassung der Norm zu einem späteren Zeitpunkt, sofern hierfür trotz der Unterschiede zwischen technischen und kaufmännischen Angestellten Bedarf bestehen sollte.45 Wenig überzeugend war auch die Argumentation, eine weitgehende Gleichstellung stünde der Durchführung der Reform insgesamt im Wege.46 Einer weitergehenden Begründung dieses durchaus beachtenswerten Versäumnisses blieben die Verantwortlichen indes schuldig, so dass es insgesamt verwundert, dass trotz massiver Kritik an der uneinheitlichen Rechtslage für die von Wettbewerbsverboten betroffenen Angestellten keine Harmonisierung erzielt wurde. Die §§ 74 bis 75 f HGB bilden bis heute das gesetzliche Grundgerüst des Rechts der nachvertraglichen Wettbewerbsverbote. Die Normen wurden seit ihrer Kodifizierung nur teilweise verändert, wenige von ihnen gestrichen.47 Das ursprünglich nur für kaufmännische Angestellte geschaffene Recht der §§ 74 ff. HGB gilt seit der Grundsatzentscheidung des BAG vom 13. 09. 196948 mittlerweile für sämtliche Arbeitnehmer entsprechend.49 Die Ausdehnung des Schutzbereichs auf alle Arbeitnehmer wird in der Gesamtbetrachtung der Historie des Rechts zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten zutreffend als einer der entscheidenden Beiträge zum Ausgleich der divergierenden Interessen der Vertragsparteien und der Beseitigung des Ungleichgewichts zwischen den individuellen Verhandlungspositionen bewertet.

V. Weimarer Reichsverfassung Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot und seine Folgen für den Interessenausgleich der Arbeitsvertragsparteien waren nicht Gegenstand besonderer Reformbemühungen anlässlich der Formulierung der Ziele sowie der späteren Kodifizierung der Weimarer Reichsverfassung. Beklagt wurde jedoch bereits zu dieser Zeit die Zersplitterung der arbeitsvertraglichen Normen, so dass eine Vereinheitlichung des Arbeitsrechts in Form eines allgemeinen Arbeitsvertragsgesetzes erwogen 45 46 47 48 49

Ausführlich hierzu Sahavi, S. 13; Schwedes, S. 27. Schwedes, S. 28. Hierzu ausführlicher in Abschnitt C sowie in Abschnitt VII. BAG DB 1970, 63. Hierzu unter Abschnitt D. I.

48

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

wurde.50 Diesen Reformbemühungen entsprang auch der erneute Vorschlag, die Grundsätze des vertraglichen Wettbewerbsverbotes auf alle Gruppen von Angestellten zu übertragen.51 Bezeichnenderweise mündeten entsprechende Entwürfe jedoch nicht in eine Gesetzesvorlage, da dem Arbeitsrechtsausschuss keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Überarbeitung und Konkretisierung der Entwürfe zur Verfügung standen.52

VI. Grundgesetz vom 23. 05. 1949 Das seit dem 23. 05. 1949 geltende Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland hat an der grundsätzlichen Zulässigkeit der Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote i.S.d. § 74 HGB nichts geändert, obgleich ein etwaiger Verstoß solcher Vereinbarungen gegen Art. 12 Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG immer wieder zur Diskussion stand.53 Indem sich der Arbeitnehmer durch die Wettbewerbsabrede verpflichtet, dem Arbeitgeber für eine bestimmte Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Konkurrenz zu machen, stehen ihm nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr alle Arbeitsplätze offen, die der Markt ihm aufgrund seiner Qualifikation oder aus sonstigen Gründen theoretisch eröffnet. Dadurch wird er zunächst in seiner Freiheit auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 Abs. 1 GG eingeschränkt. Im Gegenzug wäre jedoch das Verbot einer solchen Wettbewerbsabrede aufgrund der Beeinträchtigung des Grundrechts auf Berufsfreiheit des Arbeitnehmers ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Arbeitgebers, welcher dem Eigentumsbegriff des Art. 14 Abs. 1 GG unterstellt ist.54 Allerdings steht es dem Einzelnen im Rahmen der ihm ebenfalls durch das Grundgesetz zuerkannten Vertragsfreiheit nach Maßgabe der positiven Rechtsordnung frei, über sein Grundrecht auf Berufsfreiheit nach seinen Vorstellungen zu disponieren.55 Es ist daher eine Interessenabwägung vorzunehmen, die die Zielsetzung zu verfolgen hat, in möglichst geringem Umfang die Rechte beider Interessenlager zu verletzen.56 Demzufolge wird sich der verfassungsrechtlich bedenkliche Bereich nachvertraglicher Wettbewerbsverbote vornehmlich auf solche Vereinba50

Brendel, S. 22. Schwedes, S. 29 52 Hinweis bei Schwedes, S. 30 mit weiterer Nennung. 53 Die Vereinbarkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote mit dem Grundgesetz ist in der Literatur und Rechtsprechung hinreichend geklärt, so dass hier nur auf die wesentlichen Grundsätze eingegangen werden soll. Zu den Einzelproblemen beispielsweise Hillgruber, AcP 191 (1991) 69, 71; Heymann/Henssler, Vor § 74, Rdn. 3. 54 BVerwGE 62, 224, 226; BGHZ 23, 157, 162. 55 BAG AP Nr. 7/20 zu Art. 12 GG. 56 Kallenbach, S. 6. 51

A. Rechtsquellen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in Deutschland

49

rungen beschränken, bei denen eine der Vertragsparteien besonders unangemessen übervorteilt wird. So hat das BAG insbesondere Wettbewerbsvereinbarungen ohne Gewährung einer angemessenen Karenzentschädigung im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG für unwirksam erklärt.57 Sofern sie sich in den gesetzlich vorgesehenen Schranken bewegen, verstoßen vertragliche Wettbewerbsverbote daher nicht gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG.58 Dem ungeachtet sind zwischenzeitlich einzelne Regelungen der §§ 74 ff. HGB für verfassungswidrig erklärt worden.59 Gestrichen wurde zudem die durch § 75 e HGB geregelte, besondere Behandlung des Entschädigungsanspruchs im Fall von Konkurs- und Zwangsvollstreckung.60 Den §§ 74 ff. HGB unterfallende Wettbewerbsabreden für Handlungsgehilfen und Arbeitnehmer sind streng von Wettbewerbsabreden für Handelsvertreter nach § 90 a Abs. 1 S. 1 HGB zu unterscheiden. Diese Sonderregelung wurde erst im Jahr 1953 mit Gesetz vom 06. 08. 195361 in das Handelsgesetzbuch aufgenommen.62

VII. Handelsrechtsreform von 1998 Die Reform des Handelsrechts aus dem Jahr 1998 hat eine Überarbeitung der §§ 74 ff. HGB bewusst ausgespart, obgleich der Gesetzgeber die Vorschriften durchweg für reformbedürftig hielt.63 Grund dieser Ausklammerung der Vorschriften über das nachvertragliche Wettbewerbsverbot war die Überlegung, dass eine sinnvolle Überarbeitung der Vorschriften nur im Rahmen einer Neu-Kodifikation des Arbeitsvertragsrechts zu erreichen sei.64 Eine solche Gesamtkodifikation des Arbeitsrechts ist – wie oben bereits angedeutet – trotz zahlreicher Versuche in der Vergangenheit bis heute nicht gelungen und mittlerweile eine Art „Dauerbrenner“ in den verschiedenen jährlichen Rückschauen auf die arbeitsrechtlichen Entwicklungen. 57

BAG AP Nr. 4/15 zu § 133 f GewO. Klargestellt durch BAG AP Nr. 20 zu Art. 12 GG. Gleiches gilt für Verstöße von Wettbewerbsabreden gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), BAG AP Nr. 21 zu § 611; Bundeskartellamt AP 1 zu § 1 GWB; Zöllner, AcP 176 (1976), 221, 236; Achterberg, JZ 1975, 713; Schwabe, JZ 1976, 439. 59 Hierzu ausführlicher unter Abschnitt VII. 60 Gesetz vom 17.071974 (BGBl. I 1481); später §§ 59 Abs. 1 Nr. 3 b, 61 Abs. 1 Nr. 1 b KO; §§ 141 a – n AFG. 61 BGBl. I, S. 771. 62 Auch der nicht Gesetz gewordene Arbeitsgesetzbuch-Entwurf von September 1977 spricht in § 80 c Abs. 1 von einer Wettbewerbsabrede, wenngleich als Beschränkung der gewerblichen, nicht der beruflichen Tätigkeit, Reinfeld, § 1, S. 7. 63 Bauer/Diller, § 1, Rdn. 4. 64 BR-Drucks. 340/97, S. 45. 58

50

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

VIII. Einigungsvertrag 1990 und Folgeentwicklungen Durch Unterzeichnung des Einigungsvertrags mit der ehemaligen DDR am 31. 08. 1990 und der darauf folgenden Wiedervereinigung Deutschlands erhielt der gesamtdeutsche Gesetzgeber den Auftrag zur einheitlichen Normierung des Arbeitsvertragsrechts, Art. 30 Abs. 1 Nr. 1 des Einigungsvertrages.65 Die §§ 74 ff. HGB gelten damit nunmehr auch in den „neuen“ Bundesländern. Verschiedene, vom BAG für verfassungswidrig erklärte Regelungen der §§ 74 ff. HGB sind hiervon jedoch ausgenommen. Dies sind die in §§ 74 a Abs. 2 S. 1 HGB und § 75 b S. 1 HGB festgesetzten Verdienstgrenzen66 sowie § 75 Abs. 3 HGB67 und § 75 b S. 2 HGB68. § 133 f GewO ist in den neuen Bundesländern erst gar nicht in Kraft getreten, da er nach der oben unter IV. bereits angesprochenen Entscheidung des BAG, den Anwendungsbereich der §§ 74 ff. HGB auf alle Arbeitnehmer auszudehnen, gegenstandslos wurde.69 Der Gesetzgeber hat im Zuge der partiellen Novellierung der Gewerbeordnung im Jahre 2003 die Chance zur entsprechenden Bereinigung des Gesetzestextes genutzt und § 103 f GewO durch § 110 GewO ersetzt. Hiernach können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung beschränken (Wettbewerbsverbot). Die §§ 74 bis 75 f des Handelsgesetzbuches sind entsprechend anzuwenden. Darüber hinaus haben die §§ 74 ff. HGB seit 1914 keine Anpassung an die veränderten Wirtschaftsbedingungen oder sonstige Veränderung erfahren, eine angesichts der Fülle von Gesetzesneuerungen des letzten Jahrhunderts und der ungebrochenen Flut an Entscheidungen der Gerichte zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten bemerkenswerte Bestandskraft.

IX. Fazit Der Interessenkonflikt zwischen den Vertragsparteien hat sich von einer ausgesprochen Dominanz der Arbeitgeberinteressen zu einem durch das zugrundeliegende Recht gewährleisteten Interessenausgleich mit umfangreicher Berücksichtigung der Arbeitnehmerinteressen entwickelt. Zu Zeiten der Zunft- und Gildeordnung noch durch einen faktischen Numerus Clausus mit umfangreichen Zutrittsschranken zulasten der Arbeitnehmerseite beinahe ausgeschlossen, erhielt der Konkurrenzgedanke durch die Einführung der Gewerbefreiheit erste Konturen, wenngleich der weitgehend schrankenlos gewährte Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht selten unter Ausnutzung der Verhandlungsstärke des Arbeitgebers zu einem intensiven Gebrauch 65 66 67 68 69

Sahavi, S. 14. BAG AP Nr. 10 und 14 zu § 75 b HGB. BAG AP Nr. 6 zu § 75 HGB. BAG AP Nr. 15 zu § 75 b HGB. Bauer/Diller, § 2, Rdn. 9.

A. Rechtsquellen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in Deutschland

51

weitreichender und insbesondere entschädigungsloser Wettbewerbsvereinbarungen zu Lasten der Handlungsgehilfen führte. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts formulierte die Schutzbedürftigkeit des von einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot Betroffenen erstmals in Form konkreter Grundsatzfeststellungen, die insbesondere die Freiheit der Berufswahl und der nicht dauerhaft beschränkbaren Berufsausübung anerkannten. Mit der Verabschiedung des Handelsgesetzbuchs erhielt das zugrunde liegende Recht in großen Teilen die Konturen, die es noch heute hat. Allerdings erst gute 15 Jahre später wurde auch das Erfordernis eines monetären Ausgleichs des Handlungsgehilfen für die im Wege des Wettbewerbsverbotes auferlegten Nachteile erkannt und umgesetzt. 1. Regelungslücken Die Entwicklung der rechtlichen Ausgestaltung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote von der Zunft- und Gildeordnung über die Einführung der Gewerbefreiheit, die Schaffung eines Handelsgesetzbuches, bis schließlich zur Ausgestaltung der § 74 ff. HGB in der heutigen Form mitsamt der Ausdehnung des Anwendungsbereiches der Normen auf Arbeitnehmer hat eine erstaunliche Entwicklung genommen und die Arbeitnehmerposition nach und nach in erheblichem Maße gestärkt. Andererseits ist es nicht zuletzt der Vielzahl an ergebnislos gebliebenen Reformbestrebungen geschuldet, dass bis heute der Rechtsprechung die Rolle der Feinjustierung des Rechts der vertraglichen Wettbewerbsverbote – insbesondere im Hinblick auf die Veränderungen der Märkte, der Folgen der Globalisierung des Arbeitsmarktes sowie des technischen Fortschrittes – zukommt.70 Insbesondere die Rechtsprechung des BAG zur Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB auf alle Arbeitnehmer ist, wenngleich konsequent und aus Sicht des Interessenausgleichs zwischen den Vertragsparteien eine notwendige Stärkung der Arbeitnehmerposition71, zumindest bemerkenswert. Es verwundert, dass eine entsprechende gesetzliche Konsolidierung aus unterschiedlichsten Gründen im Laufe der Jahrzehnte nicht vollzogen wurde, die Vertragspraxis aber gerade unter dem Gesichtspunkt des gerechten Interessenausgleiches nach einer einheitlichen Anwendung verlangt. Dieses Versäumnis mag der historisch bedingten gesetzlichen Regelung des vertraglichen Wettbewerbsverbotes im Handelsgesetzbuch sowie den unterschiedlichen Reformbestrebung zur Vereinheitlichung des deutschen Arbeitsrechts in einem einheitlichen Arbeitsvertragsgesetzbuch geschuldet sein. Es stellt sich zudem die Frage, ob die Forderung nach einer gesetzlichen Klarstellung des Anwendungsbereiches der §§ 74 ff. HGB auf Arbeitnehmer angesichts der ständigen Rechtsprechung des BAG einen überflüssigen Formalismus darstellt. 70 71

So im Ergebnis auch Schwedes, S. 31. Gumpert, BB 1970, 178.

52

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

2. Bewertung Ein Verweis auf übermäßige gesetzliche Pedanterie dürfte sich in diesem Zusammenhang gleichwohl verbieten, da eine ausdrückliche gesetzliche Einbeziehung der Arbeitnehmer in den Schutzbereich des vertraglichen Wettbewerbsverbotes neben einer entsprechenden Signalwirkung auch der informativen Klarstellung der Beteiligten dient – ein nicht zu vernachlässigender Mehrwert zugunsten des juristischen Laien in Bezug auf Rechtssicherheit und Transparenz seiner ihm durch das Gesetz zuerkannten Rechte. Reformschritte, bezogen auf das Recht der nachvertraglichen Wettbewerbsverbote, die sich in einer entsprechenden Änderung des als zumindest unübersichtlich72 zu bezeichnenden Gesetzesrechts niederschlügen, sind zeitnah wohl nicht zu erwarten. 3. Ausblick Die Bemühungen zur Vereinheitlichung des Arbeitsvertragsrechts in Form einer Kodifizierung desselben reichen bisher nicht über das Planungsstadium hinaus.73 Waas spricht insoweit von „einer Geschichte der verpassten Möglichkeiten und gebrochenen Versprechen“.74 Zumindest sind entsprechende Bestrebungen aber noch aktuell und wurden zwischenzeitlich nicht etwa aufgegeben, sondern vielmehr in jüngerer Zukunft nunmehr in Form von Diskussionsentwürfen konkretisiert.75 In diesem Kontext wäre das Recht der nachvertraglichen Wettbewerbsverbote, so jedenfalls nach heutiger Sichtweise, in jedem Fall Regelungsgegenstand.76 So bleibt es damit vorerst dabei, dass die lückenhafte und unübersichtliche Gesetzeslage durch die mittlerweile beachtliche Kasuistik der Rechtsprechung bestimmt wird.77

72

Bauer/Diller, § 2, Rdn. 8. Etwa Buchner, Rdn. C35; Gamillscheg, RdA 1975, 13; Hofmann, NJW 1969, 1985. 74 Waas, RdA 2007, 76, 78. 75 Weiss, Festschrift Bauer, 1091. 76 Diskussionsentwurf der Bertelsmann-Stiftung unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Henssler und Prof. Dr. Ulrich Preis, einzusehen und in regelmäßigen Abständen aktualisiert unter der Internetadresse: www.bertelsmann-stiftung.de. Auch der DGB hat sich für die Einführung eines Arbeitsvertragsgesetzes ausgesprochen, Weiss, Festschrift Bauer, 1091. 77 Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 228. 73

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

53

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums I. Gesetzliches Wettbewerbsverbot vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses Kernbestandteil der allgemeinen Treuepflicht als zentraler Teil78 der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitnehmers ist das Gebot, während des Arbeitsverhältnisses solche Verhaltensweisen zu unterlassen, die geeignet sein könnten, den Arbeitgeber in seiner Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen und damit zu schädigen.79 Der Treuegrundsatz umfasst insbesondere die Pflicht des Arbeitnehmers zur Konkurrenzenthaltung gegenüber dem Arbeitgeber und findet sich auch, wenngleich abdingbar80, als allgemeiner Rechtsgedanke in den Gesetzesmaterialien: Nach §§ 60 f. HGB ist es Handlungsgehilfen während des laufenden Arbeitsverhältnisses untersagt, ohne Einwilligung ihres Arbeitgebers Wettbewerbshandlungen zu unternehmen (gesetzliches Wettbewerbsverbot). § 59 S. 1 HGB definiert den Handlungsgehilfen als einen in einem Handelsgewerbe zur Leistung kaufmännischer Dienste gegen Entgelt Angestellten. Das expressis verbis auf kaufmännische Angestellte beschränkte gesetzliche Wettbewerbsverbot ist aufgrund des enthaltenen, allgemeinen Rechtsgedankens nach übereinstimmender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, ebenso wie die Vorschriften zum vertraglichen Wettbewerbsverbot nach §§ 74 ff. HGB, inhaltsgleich auf Arbeitnehmer anwendbar.81

II. Wegfall des Verbotes zur Wettbewerbsenthaltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Die drohende Konkurrenztätigkeit eines ausscheidenden, gut qualifizierten Arbeitnehmers birgt für den früheren Arbeitgeber eine Vielzahl wirtschaftlicher Risiken.82 Sie ist demgegenüber aber auch evidentes Erfordernis zur Verwirklichung der verfassungsrechtlich garantierten, freien beruflichen Entfaltungsmöglichkeit des Arbeitnehmers gemäß Art. 12 Abs. 1 GG. Auch das Interesse der Öffentlichkeit an einem funktionsfähigem Markt, auf dem Produkte und Dienstleistungen zu marktgerechten Preisen angeboten werden, spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle, da eine unverzerrte, wettbewerbsorientierte Marktsituation insoweit voraussetzt, dass

78 79 80 81 82

Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 1. Grüll/Janert, S. 13, Buchner, A 21; ders., ZfA 1979, 335, 339. Bauer/Günther, DStR 2008, 2422, 2424. BAG AP Nr. 13 zu § 242 BGB; EzA Nr. 2 zu § 60 HGB, S. 10; Mahnhold, S. 197. Zur Kennzeichnung des unerlaubten Wettbewerbs auch Gaul BB 1984, 346 ff.

54

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

besonders qualifizierte Arbeitnehmer nicht durch rigide Wettbewerbsverbote an der Verwertung ihrer Fähigkeiten gehindert werden.83 Die Enthaltungspflicht im Hinblick auf etwaige Wettbewerbstätigkeiten entfällt für den Arbeitnehmer nach §§ 60, 61 HGB grundsätzlich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses.84 Damit ist es dem Arbeitnehmer fortan selbst überlassen, sein bisher erworbenes, berufliches Fachwissen frei und gewinnbringend im Rahmen der gesetzlichen Grenzen85 für sich einzusetzen und insbesondere seinem bisherigen Arbeitgeber durch selbstständige oder unselbstständige Tätigkeiten beruflich Konkurrenz zu machen.86 Eine Einschränkung dieses Grundsatzes könnte sich in Abwesenheit spezifischer vertraglicher Reglementierungen lediglich aus der jedem Schuldverhältnis immanenten Pflicht ergeben, den von den Parteien bezweckten Vertragszweck und den Leistungserfolg nicht durch ein Verhalten zu gefährden, das außerhalb der Hauptleistungspflichten liegt.87 Selbst wenn die Hauptleistungspflichten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlöschen, wirken solche vertraglichen Nebenpflichten nach §§ 242, 241 Abs. 2 BGB auch über den Beendigungszeitpunkt hinaus.88 Dennoch wird der Arbeitgeber auch nicht in Ausnahmefällen eine Enthaltungspflicht des Arbeitnehmers in Bezug auf Wettbewerbstätigkeiten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Funktionsfähigkeit des Schuldverhältnisses und eine nachwirkende Treuepflicht des Arbeitnehmers stützen können.89 Dem steht die gesetzgeberische Wertung der §§ 74 ff. HGB entgegen, die ein karenzentschädigungsloses (faktisches) Wettbewerbsverbot durch nachwirkende Treuepflichten gerade nicht zulässt.90 Selbst die nachvertragliche Verwendung von UnternehmensKnow-how und das Eindringen in den Kundenstamm des Arbeitgebers sind grundsätzlich nicht durch eine etwaige nachwirkende Treuepflicht beschränkt.91

83

Schwedes, S. 13. Während eines etwaigen Kündigungsschutzverfahrens ist sie jedoch zu beachten, Salaman/Fuhlrott, BB 2011, 1018. Kritisch mit Blick auf die erschwerte Einkommenssituation des Arbeitsnehmers im Kündigungsschutzverfahren in diesem Zusammenhang hingegen Leuchten, NZA 2011, 391, 394. 85 Die Grenzen werden insbesondere durch §§ 1, 17 UWG sowie §§ 823 I, 826 BGB gezogen, Röhsler/Borrmann, S. 19; hierzu auch Reuter, NJW 2008, 3538, 3539. 86 BAG v. 15. 6. 1993 AP BGB § 611 Konkurrenzklausel Nr. 40 = NZA 1994, 502; 19. 5. 1998 AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 11 = NJW 1999, 2062; zu den Zusammenhängen etwa Schaub, RdA 1971, 268 ff. 87 Buchner, Rdn. A 15; ders., ZFA 1979, 335, 339. 88 Bauer/Diller, § 3, Rdn. 38. 89 Buchner, Rdn. A 17. 90 Bauer/Diller, § 3, Rdn. 38. 91 BAG AP Nr. 4 zu § 242 BGB; DB 1999, 289; Bauer/Diller, § 3, Rdn. 38; zum Einbrechen in fremde Vertragsbeziehungen auch Piper GRUR 1990, 643 ff. 84

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

55

III. Verschärfung der Konkurrenzsituation durch ausscheidende Arbeitnehmer Für den Arbeitgeber folgt aus dem verfassungsrechtlich garantierten Konkurrenzrecht seiner ehemaligen Arbeitnehmer wie bereits beschrieben, dass das Gefahrenpotential für sein Unternehmen hinsichtlich einer etwaigen Konkurrenztätigkeit durch ausscheidende Arbeitnehmer signifikant mit deren Qualifikation und Position im Unternehmen wächst. Obwohl die nach wie vor hohe Zahl an Erwerbslosen in Deutschland und dem Vereinigten Königreich das Gegenteil belegen könnte, ist die Nachfrage nach gut qualifiziertem Fachpersonal auf dem Arbeitsmarkt ungebrochen, so dass auch der Einfluss abwandernder Schlüsselkräfte für Unternehmen keinesfalls an Dynamik verloren hat. Entsprechend hoch qualifizierte und spezialisierte Arbeitskräfte sind nach ihrem Ausscheiden nicht selten in der Lage, sowohl in den Kundenkreis ihres ehemaligen Arbeitgebers einzubrechen und Teile des Kundenstammes abzuwerben, als auch vorhandene Bezugsquellen oder sonstiges Know-how des Unternehmens unmittelbar zu ihren Gunsten bzw. zum Vorteil ihres neuen Arbeitgebers zu nutzen.92 1. Schlüsselkräfte Besonders eklatant wirkt sich demnach die Abwanderung von Arbeitnehmern aus, die über ein überdurchschnittlich hohes Maß an branchenspezifischem Fachwissen verfügen. Gerade dieses unter Umständen ausschließlich oder zumindest zu großen Teilen beim früheren Arbeitgeber erworbene Know-how macht den Arbeitnehmer für Konkurrenzunternehmen interessant. Daher birgt die Konkurrenztätigkeit einer hoch qualifizierten Fachkraft in erheblich stärkerem Umfang als bei durchschnittlich qualifizierten Arbeitnehmern die Gefahr, dass das betreffende Unternehmen durch die Konkurrenztätigkeit ehemaliger Arbeitnehmer wirtschaftlichen Schaden in Form von Wettbewerbsnachteilen erleidet. Der konstante Bedarf an hoch qualifizierten Arbeitskräften hat in den letzten Jahren in vielen Branchen zu einem verstärkten Einsatz von Personalberatern und Vermittlern geführt, die im Auftrag von Unternehmen gezielt versuchen, einzelne Mitarbeiter von Konkurrenzunternehmen abzuwerben. Der Arbeitgeber hat zwar unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, sich erfolgreich gegen ein solches Vorgehen zur Wehr zu setzen.93 Jedoch wäre hier stets der Nachweis eines rechtswidrigen bzw. sittenwidrigen Vorgehens zu erbringen, was bereits deshalb mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, da die jeweiligen Personalberater zumeist penibel darauf bedacht sind,

92 93

Salfeld, S. 6; Buß, S. 2. In Betracht kommen Ansprüche aus § 1 UWG sowie §§ 138, 826, 823 BGB.

56

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

sich während ihrer Abwerbeversuche im rechtlich zulässigen Rahmen zu bewegen.94 Die Gefahr der Abwanderung von Schlüsselkräften wird durch solches „HeadHunting“ daher zusätzlich erhöht.95 2. Auswirkungen für den Arbeitgeber Der Umstand, dass es für den Arbeitgeber beim unerwarteten Weggang von Mitarbeitern zu Konkurrenzunternehmen im Allgemeinen im schlimmsten Fall nicht beim Gefühl groben Undanks bleibt, sondern ihm hierdurch nicht selten erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen, war bereits mehrfach Gegenstand öffentlicher Diskussion.96 Als aussichtslos hat sich in diesem Zusammenhang das Vorgehen von Arbeitgebern erwiesen, möglichst wenig Know-how und Unternehmensinformationen in einem einzigen Mitarbeiter zu vereinen, um so die Gesamtzahl der Schlüsselkräfte mit umfangreichem Unternehmenswissen gering zu halten und hierdurch die Attraktivität der Belegschaft für Konkurrenzunternehmen zu minimieren. Der individuelle Unternehmenserfolg steht und fällt gerade in Zeiten fortschreitender Spezialisierung mit Investitionen in den etwas unglücklich – aus ökonomischer Sicht gleichwohl zutreffend – Humankapital genannten Mitarbeiterstab des jeweiligen Unternehmens, so dass das Inaussichtstellen verantwortungsvoller Positionen und das Vorantreiben der Aus- und Weiterbildung der Belegschaft den Unternehmensertrag erheblich beeinflussen.97 Mitunter wird der durch den Einsatz nachvertraglicher Wettbewerbsverbote erzielte Schutz der Arbeitgeberinteressen auch mit der Schaffung von Anreizen für Forschung und Investitionen zur Produktverbesserung gerechtfertigt.98 Auch die übrigen Arbeitnehmer eines Unternehmens profitierten vom Einsatz solcher Kon-

94

Winterstein, NJW 1989, 1463. Hierzu auch Benecke/Pils NZA-RR 2005, 561 ff.; Reufels, GRUR 2001, 214 ff. 96 Auch das Schrifttum bedient sich regelmäßig medienwirksamer Personalabgänge, um die Bedeutung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote herauszustellen. Der wohl bekannteste Fall der jüngeren Vergangenheit dürfte insoweit der Rechtsstreit General Motors gegen José Ignacio López darstellen: Der ehemalige Einkaufschef des Automobilherstellers General Motors, López, wechselte Mitte der 90er Jahre zur Volkswagen AG. Prompt klagte General Motors, weil López angeblich illegal Datenträger und Dokumente mitgenommen habe. Das eigentliche Dilemma für General Motors spielte sich allerdings „hinter den Kulissen“ ab: Auch ohne die behauptete Mitnahme der Datenträger und Dokumente hatte General Motors mehr verloren als nur einen Einkaufschef. López war bei General Motors eine Schlüsselfigur, und sein Weggang führte auch zum Verlust weiterer, hochqualifizierter Topmanager und Wissensträger, die ebenfalls zu Volkswagen wechselten. Hierzu etwa die entsprechende Schilderung der Umstände bei Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 3. Auflage, Vorwort. 97 Reinfeld, § 1, S. 1; Kallenbach, § 1, S. 1. 98 Schwedes, S. 12. 95

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

57

kurrenzklauseln, da hierdurch die Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers langfristig gestärkt bzw. erhalten werde.99

IV. Vereinbarung vertraglicher Wettbewerbsverbote zur Absicherung des Unternehmens-Know-hows Arbeitgeber haben somit grundsätzlich ein nachvollziehbares Interesse, das betriebsinterne Know-how auch nach dem Ausscheiden von Mitarbeitern umfassend zu schützen. Will sich der bisherige Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Wettbewerbshandlungen früherer Mitarbeiter wirksam absichern, bleibt ihm letztlich100 nur die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes für den Zeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, um das Abwandern von Geschäftsgeheimnissen oder ganzer Kundenstämme zur Konkurrenz jedenfalls für einen gewissen Zeitraum wirksam zu verhindern.101 Der Arbeitnehmer verpflichtet sich mit der Unterzeichnung der Vertragsdokumente somit oftmals bereits vor Beginn des Arbeitsverhältnisses, nach Beendigung desselben für einen bestimmten Zeitraum nicht in Konkurrenz zum Arbeitgeber zu treten. Bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag nach §§ 320 ff. BGB, dessen gesetzliche Grundlagen wie bereits beschrieben in den §§ 74 ff. HGB niedergelegt sind.102 Die Leistungspflicht des Arbeitnehmers liegt in der Unterlassung der Wettbewerbshandlung. Gegenleistung des Arbeitgebers ist die Zusicherung und spätere Auszahlung der Karenzentschädigung an den Arbeitnehmer.103 Die Wettbewerbsabrede ist dabei zunächst vom rechtlichen Bestand des zugrunde liegenden Arbeitsvertrages abhängig, es sei denn, der Arbeitnehmer konnte bereits vor Bekanntwerden etwa der Unwirksamkeit des 99

Schwedes, S. 12. Teilweise zusätzlich flankiert von Konventionalstrafenvereinbarungen, die allerdings nur geringen Schutz vor Wettbewerbstätigkeiten des früheren Arbeitnehmers gewähren. 101 Es bestehen allenfalls gewisse Beschränkungen durch die aufgrund des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses nachwirkende Treuepflicht. Solche Beschränkungen gelten jedoch stets nur hinsichtlich einzelner Geschäfte. Nicht möglich ist es dagegen, hieraus ein generelles, nachvertragliches Wettbewerbsverbot abzuleiten, Bauer/Diller, § 3, Rdn. 38. Der Wettbewerbstätigkeit des Arbeitnehmers sind zudem durch Gesetz gem. §§ 1 und 17 UWG sowie §§ 138, 242, 823 und 826 BGB Grenzen gesetzt. Diese bieten dem Arbeitgeber jedoch nur geringen Schutz, da sie diesen lediglich vor sittenwidrigem bzw. rechtswidrigem Verhalten des ehemaligen Arbeitnehmers schützt, was in der Praxis nur selten der Fall bzw. nachweisbar ist, Winterstein, NJW 1989, 1463; Grunsky, S. 45. Auch die nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht vermag dem Arbeitnehmer zwar gewisse Loyalitätspflichten nach seinem Ausscheiden aufzuerlegen. Diese bieten aber ebenfalls naturgemäß nur geringen Schutz gegen Wettbewerbshandlungen früherer Mitarbeiter; zu den Entwicklungen verschiedener Wirksamkeitsvoraussetzungen das Zwischenfazit von Gaul, DB 1995, 874 ff. 102 Grunsky, Festschrift Söllner, 41 ff. 103 Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 14. 100

58

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Arbeitsvertrages besondere Einblicke in Unternehmens-Know-how, Kundenkontakten, o. ä. nehmen.104

V. Unternehmensbezogene und tätigkeitsbezogene Wettbewerbsverbote Grundsätzlich ist zwischen unternehmensbezogenen und tätigkeitsbezogenen nachvertraglichen Wettbewerbsverboten zu unterscheiden. Die jeweilige Wettbewerbsklausel wird so ausgestaltet, dass für einen fixen Zeitraum die berufliche Tätigkeit entweder für ein oder mehrere Unternehmen nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis verwehrt wird oder aber eine bestimmte berufliche Tätigkeit nicht ausgeübt werden darf. Bei der Frage, ob ein Arbeitgeber ein unternehmensbezogenes oder tätigkeitsbezogenes Wettbewerbsverbot wählen sollte, um unliebsame Konkurrenz eines bestimmten Arbeitnehmers zumindest für einen gewissen Zeitraum nach dessen Austritt aus dem Unternehmen unterbinden zu können, muss er sich die Wirkungsweise des konkreten Wettbewerbsverbotes, die jeweiligen Besonderheiten seines Unternehmens sowie die konkrete Funktion des Arbeitnehmers im Unternehmen vor Augen führen: Unternehmensbezogene Wettbewerbsverbote haben bei größeren Unternehmen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Arbeits- und Produktionsbereiche stets den Vorteil, dass sie ein breites Tätigkeitsspektrum abdecken. Vermieden wird hierdurch zuvorderst die Möglichkeit des Arbeitnehmers, in einem Konkurrenzunternehmen eine andere Tätigkeit als im vorherigen Unternehmen auszuüben, die nicht vom Wettbewerbsverbot erfasst ist, jedoch aus konkurrenztechnischer Sicht gleichbedeutend mit der Betätigung im selben Tätigkeitsfeld wäre. Andererseits hat eine tätigkeitsbezogene Wettbewerbsklausel aber den Vorteil, dass keine Begrenzung auf bestimmte Unternehmen vorgenommen wird, so dass auch Unternehmen miterfasst werden, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Wettbewerbsverbotes nicht in Konkurrenz mit dem Unternehmen des Arbeitgebers stehen oder noch gar nicht existieren.105

VI. Beschäftigungsanspruch/Recht auf Arbeit Die Karenzzeit – also der Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer aufgrund des Wettbewerbsverbotes einer bestimmten Tätigkeit im Umfang der konkreten Abrede nicht nachgehen darf – ist nicht mit einer anderweitigen Arbeitspflicht des Arbeitnehmers verbunden, um so im Gegenzug die Auszahlung der Karenzentschädigung beanspruchen zu können. Spiegelbildlich kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber aber auch nicht verlangen, ihn während der Karenzzeit in irgendeiner Weise zu 104 105

Nägele, BB 1989, 1480, 1481. Bauer/Diller, § 4, Rdn. 119.

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

59

beschäftigen. Ein entsprechender Wunsch des Arbeitnehmers ist nicht vollkommen fernliegend, etwa um bei technischen Weiterentwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben, an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen zu können oder aber schlicht im gewohnten täglichen Arbeitsrhythmus zu bleiben. Abzugrenzen ist die Karenzzeit von einer etwaigen, vorgeschalteten Freistellung bzw. Suspendierung des Arbeitnehmers – etwa für die Dauer der jeweiligen Kündigungsfrist. Die Freistellung unterscheidet sich dabei vor allem im Hinblick auf die geringere Ausschlussintensität von der Suspendierung: Während der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei der Freistellung – zeitlich begrenzt bis zur Aufhebung oder Ende der Kündigungsfrist – lediglich keine Arbeitstätigkeit zuweist, verbietet er ihm bei einer Suspendierung endgültig jegliche Form von Betätigung im Unternehmen und zumeist auch das Betreten des Unternehmensgeländes selbst.106 Beide Maßnahmen dienen der effektiven Fernhaltung des ausscheidenden Arbeitnehmers von Unternehmens-Know-how, Kundenkontakten, der Belegschaft, etc. Zumeist wählt der Arbeitgeber bei Arbeitnehmerkündigungen eine Freistellung des Arbeitnehmers, nach deren Ende sich – soweit vereinbart – unmittelbar die Karenzzeit anschließt. Kollidieren könnte eine solche Koppelung von Freistellungsphase und Karenzzeit mit dem Grundsatz eines allgemeinen Beschäftigungsanspruchs bzw. eines Rechts auf Arbeit.107 Aufgrund des anerkennenswerten Bedürfnisses des Arbeitnehmers nicht nur nach einer Entlohnung für, sondern auch auf die Erbringung von Arbeitsleistungen, wird nach deutschem Recht ein allgemeiner Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers bejaht. Ausgehend von der Reichsgerichtsrechtsprechung, die für bestimmte Tätigkeiten aufgrund eines besonderen Interesses an der Ausübung des Berufes einen allgemeinen Beschäftigungsanspruch anerkannte, leitete das BAG bereits Mitte des vorigen Jahrhunderts einen Beschäftigungsanspruch aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht her.108 Das BAG hielt diese Richtungsentscheidung in nachfolgenden Urteilen aufrecht109, obwohl es in einer Entscheidung aus dem Jahr 1953 noch einmal gegenteilig votiert hatte.110 Leitargument des BAG ist das zuzubilligende Interesse des Arbeitnehmers auf Würdigung seiner Arbeitsleistung im Gegensatz zur bloßen Reduzierung seiner selbst auf den wirtschaftlichen Wert der von ihm erbrachten Arbeit.111 106

Kilian, RIW 1999, 186, 188 (dort in Fußnote 18). Terminologisch ist „Beschäftigungsanspruch“ zutreffend, da sich das „Recht auf Arbeit“ zumeist auf die Beziehung Bürger – Staat bezieht. Da beide Termini nicht einheitlich verwendet und sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung nicht durchgängig sauber voneinander abgegrenzt werden, seien an dieser Stelle beide genannt; zutreffend hierzu Kilian, RIW 1999, 186, 187 (dort in Fußnote 1). 108 BAG AP Nr. 2 zu § 611 BGB; Kilian, RIW 1999, 186, 187. 109 BAG NJW 1962, 1836. 110 BAG RdA 1953, 117; hierzu Kilian, RIW 1999, 186, 187. 111 BAG NJW 1962, 1836; Kilian, RIW 1999, 186, 187. 107

60

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

VII. Fazit Auch das Recht auf Arbeit ist unter Berücksichtigung eines gerechten Interessenausgleichs anzupassen, und zwar zunächst zugunsten der Interessen des Arbeitgebers. Arbeitgeber werden nicht selten nachvollziehbare Gründe vorbringen können, um ausscheidende Arbeitnehmer nicht weiter im Unternehmen beschäftigen zu müssen. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen ein Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigt, weshalb das BAG hier einen grundsätzlichen Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers bis zum Ende der Kündigungsfrist zwar anerkennt, der Arbeitgeber jedoch unter Vorbringung überwiegender, schutzwürdiger Eigeninteressen und unter Fortzahlung des Gehalts eine Freistellung des Arbeitnehmers durchsetzen kann.112 Folge hieraus wäre mitunter eine extrem lange Abwesenheit des betroffenen Arbeitnehmers vom Arbeitsmarkt, wenn auf eine lange Kündigungsfrist zusätzlich die volle zweijährige Karenzzeit folgte. Sowohl im Hinblick auf Art. 12 GG, als auch aus Billigkeitsgesichtspunkten und der in § 74 a Abs. 1 HGB beschriebenen, drohenden Unverbindlichkeit der Wettbewerbsabrede bei unbilliger Erschwerung des Fortkommens – auf die später noch genauer eingegangen wird – ist in diesen Fällen eine Anrechnung der Freistellungsphase auf die Karenzzeit aus Gründen des gerechten Interessenausgleichs geboten.113 Entstehen würde andernfalls eine Übergewichtung der Interessen des Arbeitgebers, wenn dieser den Arbeitnehmer durch eine Freistellung für die Dauer der Kündigungsfrist mitsamt der maximal zulässigen Karenzzeit von zwei Jahren für lange Zeit vom jeweiligen Arbeitsmarkt ausschließen könnte. Es erscheint in diesem Zusammenhang in jeder Hinsicht interessengerecht und angemessen, die berechtigten Gründe des Arbeitgebers an einer Freistellung des Arbeitnehmers einerseits anzuerkennen, andererseits auf einer zweiten Ebene eine Korrektur der Gesamtlaufzeit der Karenz bei einer vorangegangenen, längeren Kündigungsfrist vorzunehmen. Dem Interesse des Arbeitgebers an einer längeren Abwesenheit des Arbeitnehmers vom Arbeitsmarkt wird hiermit ausreichend Rechnung getragen. Der Zufall einer langjährigen Kündigungsfrist des Arbeitnehmers sollte dem Arbeitgeber angesichts seiner bereits hinreichend abgesicherten Interessen nicht zur Erlangung unangemessener Vorteile auf Kosten des Arbeitnehmers gereichen.

112 113

BAG AP Nr. 4 zu § 611 BGB, Kilian, RIW 1999, 186, 187. Bejahend Bauer/Diller, § 8, Rdn. 343.

C. Der Regelungsgegenstand der §§ 74 ff. HGB

61

C. Der Regelungsgegenstand der §§ 74 ff. HGB – Gesetzliche Rahmenbedingungen für nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen Gesetzlich sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote insbesondere114 in den §§ 74 ff. HGB normiert, wobei § 74 Abs. 1 HGB das (nach)vertragliche Wettbewerbsverbot als Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt, legaldefiniert.

I. Ausdehnung des Anwendungsbereichs Wie bei den §§ 60 f. HGB gelten die in §§ 74 ff. HGB gesetzlich fixierten Grundsätze unmittelbar lediglich für Wettbewerbshandlungen kaufmännischer Angestellter. Wie bereits im Rahmen der historischen Darstellung aufgezeigt hat die Rechtsprechung den Anwendungsbereich der §§ 74 ff. HGB auf alle Arbeitnehmer ausgedehnt.115

II. Normzweck Die Wettbewerbsverbotsvorschriften nach §§ 74 ff. HGB sollen sicherstellen, dass sich der Arbeitnehmer unter dem Druck des Arbeitgebers und seiner regelmäßig stärkeren Verhandlungsposition in seinem beruflichen Fortkommen nicht unverhältnismäßig bindet oder beschränkt. Anderseits trägt der Gesetzgeber den schutzwürdigen Interessen von Arbeitgebern Rechnung, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, jedenfalls für einen befristeten Zeitraum, keinem Wettbewerb seitens des ehemaligen Arbeitnehmers ausgesetzt zu sein.116 Da Wettbewerbsverbote 114 Weitere gesetzliche Regelungen zu nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen finden sich in § 133 f GewO; §§ 5, 19 BBiG sowie in § 148 Abs. 1 Satz 2 SGB III. 115 Ursprüngliche wandte das BAG die §§ 74 ff. HGB ausschließlich auf Handlungsgehilfen an, mit der Begründung, dass der Wortlaut der §§ 74 ff. HGB lediglich Handlungsgehilfen betreffe, BAG AP Nr. 3, 4, 15, 16 zu § 133 f GewO; AP Nr. 7, 20 zu Art. 12 GG. Seit 1969 hält das BAG die §§ 74 ff. HGB in ständiger Rechtsprechung jedoch für alle Arbeitnehmer anwendbar, BAG AP Nr. 24 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel; BAG AP Nr. 23 zu § 123 f GewO; AP Nr. 26 zu § 74 HGB; AP Nr. 7 zu Art. 12 GG. Seit dem 01. 01. 2003 ergibt sich die entsprechende Anwendbarkeit nunmehr aus § 110 GewO, wonach Arbeitgeber und Arbeitnehmer die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung beschränken können und hierauf die §§ 74 bis 75 f HGB entsprechend anzuwenden sind, BGBl. I 2002, 3412, 3415; Koch, RdA 2006, 28; zu der historischen Entwicklung vgl. auch Kapitel 2, Abschnitt A. 116 Grunsky, S. 46.

62

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

gem. §§ 60 f. HGB grundsätzlich bereits per Gesetz für die Zeit des laufenden Arbeitsverhältnisses gelten, ist die entsprechende Vertragsklausel, welche ein Wettbewerbsverbot des Arbeitnehmers nach Ablauf des Vertragsverhältnisses ausspricht, im Vertragswerk zumeist entsprechend als nachvertragliches Wettbewerbsverbot gekennzeichnet.

III. Maßgeblicher Regelungsgegenstand Wie bereits angesprochen wird Arbeitnehmern durch nachvertragliche Wettbewerbsverbote im Vertragswerk lediglich für einen gewissen Zeitraum untersagt, eine Konkurrenztätigkeit aufzunehmen oder sich an einem fremden Konkurrenzunternehmen persönlich zu beteiligen, was allerdings eine unpersönliche Kapitalbeteiligung, etwa in Form des Erwerbs von Aktien eines Konkurrenzunternehmens, nicht ausschließt. Das Wettbewerbsverbot regelt also lediglich die Pflicht des jeweiligen Arbeitnehmers zur Unterlassung von Wettbewerb in Bezug auf den vormaligen Arbeitgeber.117 In diesem allgemeinen Sinn umfasst das Verbot sowohl die eigentliche Arbeitszeit, als auch die Freizeit des Arbeitnehmers. Nachvertraglich sind solche Wettbewerbsverbote jedoch lediglich dann, wenn sie explizit das Verbot zur Konkurrenztätigkeit für die Zeit nach Beendigung der vertraglichen Beziehungen statuieren. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Geltungsbereichs des Wettbewerbsverbotes ist insoweit die rechtliche Beendigung des Vertragsverhältnisses und nicht etwa die faktische Einstellung der Arbeits- oder Diensttätigkeit.118 Aufgrund der weitreichenden Einschränkungen der beruflichen Entfaltungsfreiheit stellen nachvertragliche Wettbewerbsverbote in ihrer Wirkungsweise eine erhebliche Belastung für das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers dar119, die die Realisierung des Grundrechts auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG signifikant einschränkt.120 Aus diesem Grund hat ein vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot betroffener Arbeitnehmer bei Einhaltung des Wettbewerbsverbots einen monetären Anspruch für seine hierdurch zu erwartenden beruflichen Nachteile, die sog. Karenzentschädigung. Das Wettbewerbsverbot ist gem. § 74 Abs. 2 HGB nur dann verbindlich, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Gegenzug zur Einhaltung des Verbots eine Karenzentschädigung zubilligt, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistung erreicht.121 Auch Handelsvertreter haben bei Einhaltung der Wettbe117

Münchener Anwaltshandbuch/Reinfeld, § 32, Rdn. 1. Baumbach/Hopt/Roth, § 60, Rdn. 5; MünchKomm/v.Hoyningen-Huene, § 74, Rdn. 7. 119 Da Wettbewerbsverbote jedoch weder mit der Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses, noch mit der Leistung und dem Verhalten des Arbeitnehmers im Zusammenhang stehen, ist die Erwähnung eines Wettbewerbsverbots im Arbeitszeugnis ohne ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers unzulässig, hierzu Löw, NJW 2005, 3605, 3607. 120 Winterstein, NJW 1989, 1463. 121 Zur konkreten Rechtsfolge bei Wettbewerbsklauseln mit unzureichender Karenzentschädigungszusage ausführlich in Kapitel 2 Abschnitt G. 118

C. Der Regelungsgegenstand der §§ 74 ff. HGB

63

werbsabrede gem. § 90 a Abs. 1, S. 3 einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung. Die Untergrenze von 50 % der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistung gilt unabhängig von der Reichweite des Wettbewerbsverbots, so dass auch bei unwesentlichen Behinderungen des Arbeitnehmers in seinem beruflichen Fortkommen von Seiten des Arbeitgebers die Hälfte der zuletzt vertragsmäßig bezogenen Leistungen zu gewähren ist.122 § 74 b Abs. 1 HGB verortet die Fälligkeit der zu leistenden Entschädigungszahlung an den Schluss eines jeden Monats, für den die Entschädigung zu leisten ist. Konkrete Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Karenzentschädigung finden sich in § 74 b Abs. 2 und 3 HGB. Wie zuvor aufgezeigt handelt es sich bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten um gegenseitige Verträge nach §§ 320 ff. BGB. Solange der Arbeitnehmer daher dem Wettbewerbsverbot zuwider handelt, kann der Arbeitgeber dem Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung der Karenzentschädigung gem. § 320 BGB die Einrede des nicht erfüllten Vertrages entgegensetzen.123 Bereits vor mehr als 45 Jahren hat das BAG festgestellt, dass es sich bei Karenzentschädigungszahlungen nicht um Schadensersatzleistungen, sondern vielmehr um vertragsmäßiges Entgelt für die Wettbewerbsenthaltung des ausscheidenden Arbeitnehmers handelt.124 Der Begriff Karenzentschädigung ist demzufolge missverständlich, da es sich eben nicht um eine Ersatzleistung, sondern vielmehr um eine vertragliche Gegenleistung handelt.

IV. Folgen für die Vertragspraxis Sowohl der zulässige Umfang eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes, als auch die Höhe der vom Arbeitgeber zu leistenden Karenzentschädigung bereiten der Vertragspraxis außerordentliche Schwierigkeiten. Insgesamt sind die gesetzlichen Regelungen zum vertraglichen Wettbewerbsverbot und damit einhergehend zu Fragen der Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers lückenhaft, unpräzise und daher für die Vertragspraxis zumindest missverständlich. Die Normen zum vertraglichen Wettbewerbsverbot haben erst durch eine Vielzahl von Entscheidungen des BAG eine praxistaugliche Ausgestaltung erfahren, so dass Inhalt und Umfang der Wettbewerbsbeschränkungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien in hohem Maße durch Richterrecht geprägt sind.125 In der Literatur finden sich vielfach detaillierte Ausführungen zur rechtlichen Ausgestaltung und Wirkungsweise von Wettbewerbsklauseln. Im Vergleich hierzu tritt die Darstellung der aus Sicht der Vertragspraxis entscheidenden Fragestellungen zur Karenzentschädigungspflicht des 122 123 124 125

Bauer/Diller, § 9, Rdn. 369. Schaub/Vogelsang, § 55, Rdn. 31. BAG NJW 1968, 767. Röhsler/Borrmann, S. 5.

64

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Arbeitgebers vielfach in den Hintergrund. Oftmals scheitern nachvertragliche Wettbewerbsverbote bereits daran, dass der Wortlaut der Entschädigungszusage den Anforderungen der §§ 74 Abs. 2, 74 b HGB nicht genügt. Insbesondere aber die konkrete Berechnung der Höhe der Entschädigung bereitet traditionell erhebliche Probleme.126 Die fehlende Normierung entsprechender Berechnungsfaktoren und -grundlagen, die Vielzahl an höchstrichterlichen Entscheidungen sowie eine uneinheitliche und teilweise missverständliche Darstellung in der Literatur führen daher gerade im Bereich der Entschädigungspflicht des Arbeitgebers bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten zwangsläufig zu Unsicherheiten bei der Vertragsgestaltung.

V. Abgrenzung Wettbewerbsverbot – Geheimhaltungspflicht Neben der offensichtlichen Notwendigkeit, Unternehmens-Know-how mithilfe vertraglicher Sondervereinbarungen vor unkontrollierter Abwanderung durch ausscheidende Arbeitnehmer zu schützen, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich der Arbeitnehmer auch ohne eine solche Vereinbarung nicht schrankenlos aus dem im Unternehmen seines Ex-Arbeitgebers erworbenen Know-how bedienen darf. Es gilt zwar der Grundsatz, dass es dem Arbeitnehmer nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich frei steht, seine Kenntnisse und Fähigkeiten für sich selbst nutzbar zu machen. Dennoch können im Einzelfall trotz der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Wegfall der Haupt- und Nebenleistungspflichten über die Beendigung hinaus nachvertragliche Treuepflichten den Arbeitnehmer binden. Dies betrifft insbesondere Verschwiegenheitsgebote hinsichtlich bestimmter Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die sog. Geheimhaltungspflichten.127 Nach überwiegender Auffassung – eine gesetzliche Regelung zu Geheimhaltungspflichten des Arbeitnehmers in Bezug auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers wurde trotz diverser Gesetzesvorhaben bislang nicht erzielt – ist der Arbeitnehmer nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dennoch grundsätzlich nicht verpflichtet, über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu bewahren.128 Dies ist insoweit konsequent, als es dem Arbeitnehmer in vielen Fällen nicht ohne weiteres möglich sein wird, zwischen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, über die er Stillschweigen zu wahren hat, und sonstigen Kenntnissen trennscharf zu unterscheiden. Auch hier erfordert ein gerechter Interessenausgleich, dem Arbeitnehmer trotz der schützenswerten Interessen des Arbeitgebers keine umfangreichen Beschränkungen und Risiken aufzubürden, die ihn unter Umständen davon abhalten, nach dem Austritt aus dem Unternehmen des Arbeitgebers eine neue 126

Bauer/Diller, § 9, Rdn. 372. Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 2, Gaul, NZA 1988, 225; ders., ZIP 1988, 689; Richters/Wodke, NZA-RR 2003, 281, 282. 128 BGH BB 1955, 164; Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 3; Taeger, AuA 1992, 201; Kunz, DB 1993, 2482, 2483; bejahend hingegen BAG NZA 1988, 502; DB 1994, 887. 127

C. Der Regelungsgegenstand der §§ 74 ff. HGB

65

Arbeitsstelle anzutreten und damit seinen Lebensunterhalt zu sichern. Diesem Ergebnis entspricht auch die gesetzliche Wertung der § 17 UWG, wonach sämtliche, während des Arbeitsverhältnisses rechtmäßig erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten später auch dann vom Arbeitnehmer verwertet werden dürfen, wenn es sich hierbei um Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse handelt.129 Deshalb bedürfen Ausnahmen hiervon grundsätzlich der besonderen Begründung, da der Konflikt zweier im wesentlichen gleichwertiger Interessenlager, nämlich dem Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers einerseits und dem Interesse des Arbeitnehmers an einem möglichst freien beruflichen Fortkommen andererseits, ansonsten zu Unrecht zu Lasten des Arbeitnehmers entschieden würde.130 Da auch die Frage etwaiger Geheimhaltungspflichten des Arbeitnehmers nach Austritt aus dem Unternehmen des Arbeitgebers anhand der Kollision entgegenstehender Verfassungsrechte aus Art. 12, 14 GG nur dann zugunsten des Arbeitgebers zu lösen ist, wenn nach Abwägung anhand von Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen das Interesse des Arbeitgebers an der Geheimhaltung schützenswerter erscheint131, bedienen sich Arbeitgeber regelmäßig gesonderter nachvertraglicher Geheimhaltungspflichten. Solche Vereinbarungen sind grundsätzlich bis zur Grenze des betrieblichen Interesses des Arbeitgebers zulässig, jedoch anhand der Zulässigkeitskriterien für nachvertragliche Wettbewerbsverbote an den §§ 74 ff. HGB zu messen, wenn sie bei näherer Betrachtung wie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wirken, also dieselbe Wirkungsintensität für das Fortkommen des Arbeitnehmers aufweisen.132 Wenn eine Geheimhaltungsklausel danach den Schutzbereich der §§ 74 ff. HGB betrifft und im Ergebnis wie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wirkt, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach § 74 Abs. 2 HGB Karenzentschädigung zu zahlen. Fehlt eine solche Entschädigungszusage in der zugrunde liegenden Vereinbarung, ist diese nichtig, nicht nur unwirksam133

VI. Fazit Das deutsche Recht billigt dem Arbeitnehmer als Ausgleich für die während der Karenzzeit erlittenen finanziellen Einbußen eine monetäre Gegenleistung zu, bei der es sich wesensmäßig um ein vertragliches Entgelt für die Wettbewerbsenthaltung handelt. Es wird nicht nur eine bloße Entschädigung gewährt, sondern eine unmittelbar für die Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers zugestandene vertragliche Gegenleistung gezahlt, die unmittelbar Ausdruck der Werthaltigkeit der Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers ist. Dass es sich dabei lediglich um 50 % der 129 130 131 132 133

Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 5. BGH NZA 1994, 502; Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 5. Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 6; Gaul, NZA 1988, 225, 230. Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 10. Bauer/Diller, § 4, Rdn. 125; Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 10.

66

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

zuletzt beim Arbeitgeber bezogenen vertragsmäßigen Leistung handelt, kann hierüber nicht hinwegtäuschen, sondern ist letztlich dem Umstand geschuldet, dass dem Arbeitgeber während der Karenzzeit des Arbeitnehmers keine unmittelbare Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer angeboten wird. Daher erscheint es legitim, das im Ergebnis zu zahlende Entgelt während der Karenzzeit auf die Hälfte zu kürzen, um dem Arbeitnehmer einerseits eine Existenzsicherung zu ermöglichen oder wesentlich zu erleichtern, ihn andererseits aber auch nicht davon abzuhalten, einer nach dem Inhalt des Wettbewerbsverbotes zulässigen, anderweitig entlohnten Beschäftigung nachzugehen. Die Vereinbarung von Geheimhaltungsklauseln enthält nicht selten erheblichen Zündstoff im Hinblick auf den Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien.134 Hier besteht für den Arbeitgeber einerseits ein besonderer Anreiz, über den entschädigungslos zulässigen Inhalt einer Geheimhaltungsvereinbarung hinauszugehen, andererseits aber auch eine Hürde, die besondere Schutzbedürftigkeit tatsächlich auch geltend machen zu können.135 Es gilt, dass eine Geheimhaltungspflicht, die den qualitativen Charakter eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes erreicht, an den Voraussetzungen der §§ 74 ff. HGB zu überprüfen ist. Dazu reicht bereits eine spürbare Beeinträchtigung der beruflichen Betätigung des Arbeitnehmers.136 Eine andere Einschätzung würde das Interesse des Arbeitgebers an einem effektiven Schutz besonders sensibler Daten überspannen, wenngleich Überschneidungen zwischen dem Schutz sensibler Informationen und Einschränkungen der beruflichen Entfaltungsfreiheit in der Natur der Sache liegen. Dies ist angesichts des schutzwürdigen Interesses des Arbeitnehmers an einer beeinträchtigungsfreien beruflichen Entfaltung jedoch von Seiten des Arbeitgebers in Kauf zu nehmen, der in Zweifelsfällen auf die Berücksichtung der §§ 74 ff. HGB verwiesen ist.

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt I. Persönlicher Geltungsbereich Wie bereits aufgezeigt hat das BAG mit Entscheidung vom 13. 09. 1969137 eine Regelungslücke bei Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote mit nicht kaufmännisch Angestellten geschlossen und den Anwendungsbereich der §§ 74 ff. HGB auf alle Arbeitnehmer ausgedehnt. Die Beschränkung auf Handlungsgehilfen in §§ 74 ff. HGB besteht damit seither nur noch auf dem Gesetzespapier und hat in der Praxis keine einschränkende Bedeutung. Mit Einführung des § 110 GewO am 134

Wertheimer, BB 1999, 1600. BAG NZA 1990, 860; Bauer/Diller, § 4, Rdn. 115; Gaul, NZA 1988, 230; Kunz, DB 1993, 2482. 136 Bauer/Diller, § 4, Rdn. 124; a.A. Gaul, ZIP 1988, 693, der die Unmöglichkeit einer beruflichen Betätigung in dem entsprechenden Berufsfeld schlechthin verlangt. 137 BAG AP Nr. 24 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel. 135

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

67

01. 01. 2003 wurde die Ausweitung des Geltungsbereichs auf alle Arbeitnehmer zudem weiter gesetzlich untermauert. Der Gesetzgeber hat hierdurch der ständigen Rechtsprechung des BAG in diesem Punkt Rechnung getragen und die bislang im Zusammenhang mit nachvertraglichen Wettbewerbsverboten bestehende Rechtszersplitterung in großen Teilen beseitigt. Dies überrascht zunächst, da die Ausdehnung der §§ 74 ff. HGB auf alle Arbeitnehmer genau genommen sowohl der Gesetzessystematik, als auch dem Willen des Gesetzgebers widerspricht, der die gegenüber § 133 f GewO sehr ausführlichen Regelungen der §§ 74 ff. HGB ursprünglich ausschließlich auf kaufmännische Angestellte anwenden wollte.138 Hierfür spricht weiterhin, dass die Normen zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot gesetzessystematisch nachträglich im Kontext der §§ 59 ff. HGB eingefügt wurden und der Gesetzgeber damit von der gesetzlichen Implementierung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbot in die allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften der §§ 611 ff. BGB abgesehen hat. Auch das BAG hatte lange gezögert, alle Arbeitnehmer unter den Schutz der §§ 74 ff. HGB zu stellen und ging in seiner Rechtsprechung vor 1969 zunächst den Umweg, Wettbewerbsverbote mit technischen Angestellten über § 133 f GewO hinaus an § 138 BGB zu messen und erst zu dessen Konkretisierung sekundär die Wertungen der §§ 74 ff. HGB heranzuziehen.139 Von dieser Prüfungsreihenfolge hat es sich mit dem richtungsweisendem Urteil vom 13. 09. 1969 verabschiedet und stattdessen einer entsprechenden Anwendung der §§ 74 ff. HGB auf alle Arbeitnehmer den Vorzug gegeben – eine angesichts der Bedeutung der Materie sowohl aus Arbeitnehmer-, wie auch aus Arbeitgebersicht bedeutende Weichenstellung. Daher bilden die §§ 74 ff. HGB heute ein abschließendes Gesetzesrecht zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, das für alle Arbeitnehmer gleichermaßen gilt. Die Geltung der §§ 74 ff. HGB setzt im Übrigen nicht voraus, dass sich die Vertragsparteien des Wettbewerbsverbots bereits im Moment des Vertragsschlusses als Arbeitnehmer und Arbeitgeber gegenüberstehen. Entscheidend ist vielmehr allein, dass das Verbot für die Zeit nach der Beendigung eines zwischen den Parteien derzeit oder künftig bestehenden Arbeitsverhältnisses gelten soll und zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen den Parteien des Wettbewerbsverbotes auch ein Arbeitsver-

138 RGBl., S. 209; darüber hinaus wurden bei der Ausgestaltung der §§ 74 ff. HGB bewusst Sonderregelungen für andere Arbeitnehmergruppen, beispielsweise der Regelungsgehalt des § 133 f GewO für technische Angestellte, ausgeklammert. Genau genommen wäre es daher systemwidrig, auf technische Angestellte neben § 133 f GewO zusätzlich entsprechend die §§ 74 ff. HGB anzuwenden. Begründen lässt sich die Notwendigkeit der zusätzlichen Anwendung der §§ 74 ff. HGB jedoch mit dem völlig unzureichenden Schutz, den § 133 f GewO für technische Angestellte bietet. Die Vorschrift des § 133 f GewO ist damit gegenstandslos, da Abs. 1 und 2 des § 133 f GewO inhaltsgleich zu § 74 a Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 2 Satz 2 HGB sind. Konsequenterweise ist § 133 f GewO wie oben bereits skizziert in den neuen Bundesländern durch den Einigungsvertrag nicht in Kraft getreten und durch § 110 GewO ersetzt worden; Bauer/Diller, § 4, Rdn. 67; Schaub/Vogelsang, § 55, Rdn. 5 f. 139 BAG AP Nr. 18, 19 zu § 133 f GewO.

68

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

hältnis bestanden hat.140 Oftmals ist der spätere Abschluss des Arbeitsvertrages in der Vertragspraxis aufschiebende Bedingung der Wettbewerbsabrede. 1. Minderjährige und Auszubildende Wettbewerbsverbote beschränken den Arbeitnehmer für die Zeit nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen in seiner beruflichen Entfaltung. Die konkreten Auswirkungen dieser Beschränkung lassen sich bei Vereinbarung der Konkurrenzklausel häufig noch gar nicht übersehen. Vor diesem Hintergrund erklärt § 74 a Abs. 2 Satz 1 HGB Wettbewerbsvereinbarungen für nichtig, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit des Abschlusses minderjährig ist. Eine formfreie Genehmigung oder eine formlose Bestätigung nach Eintritt der Volljährigkeit nach § 141 BGB hat keinen Einfluss auf die Nichtigkeit des Wettbewerbsverbotes. Gleiches gilt für Fälle, in denen die Wettbewerbsvereinbarung mit Einwilligung oder unter nachträglicher Genehmigung des gesetzlichen Vertreters geschlossen wird oder die Wettbewerbsvereinbarung unter der Bedingung geschlossen wurde, dass sie erst mit der Volljährigkeit in Kraft tritt.141 Eine etwaige Einwilligung des gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen nach § 107 BGB hat auf die Nichtigkeit der Wettbewerbsabrede keinen Einfluss.142 Darüber hinaus nichtig ist auch die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes mit Arbeitnehmern, die in einem Berufsausbildungsverhältnis stehen, § 12 Abs. 1 S. 1 BBiG. Eine Ausnahmeregelung existiert für solche Fällen, in denen in den letzten sechs Monaten des Ausbildungsverhältnisses eine Übernahme des Auszubildenden nach seiner Ausbildungszeit arbeitsvertraglich beschlossen wird und der Auszubildende zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Wettbewerbsverbotes volljährig ist, § 12 Abs. 1 S. 2 BBiG. Die Einschränkungen des § 12 BBiG gelten nach § 26 BBiG auch für Volontäre, Praktikanten und sonstige Personen, die außerhalb eines Berufsausbildungsverhältnisses zum Zwecke des Erwerbs beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen eingestellt werden. 2. Freie Mitarbeiter Für freie Mitarbeiter gelten die §§ 74 ff. HGB entsprechend, sofern sie als Dienstnehmer abhängig tätig sind.143 Besonders zu beachten sind jedoch die Grenzen 140 Bauer/Diller, § 4, Rdn. 70. Die §§ 74 ff. HGB gelten damit auch für Wettbewerbsvereinbarungen, die vor Aushandlung des Arbeitsvertrages abgeschlossen wurden. 141 BAG v. 20. 04. 1964 – 5 AZR 278/63; Buchner, Rdn. C 218. 142 MünchKomm/v. Hoyningen-Huene, § 74 a, Rdn. 27. 143 Büsken, MDR 1985, 898, 899; Kunz, DB 1993, 2482, 2487; MünchKomm/v.HoyningenHuene, § 74, Rdn. 9; Grunsky, S. 55; zu Freiberuflern am Beispiel ausscheidender Ärzte aus einer Gemeinschaftspraxis Morawietz, NJOZ 2008, 3813 ff.; allgemein zur Ärztegesellschaft in diesem Zusammenhang Häußermann/Dollmann, MedR 2005, 255 ff.

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

69

des § 138 BGB, so dass Wettbewerbsverbote mit freien Mitarbeitern immer dann unwirksam sind, wenn für sie kein berechtigtes Interesse besteht.144 Zulässig sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit freien Mitarbeitern danach nur dann, wenn sie dem Schutz eines berechtigten Interesses der Gesellschaft dienen und nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des freien Mitarbeiters nicht unbillig erschweren.145 Nach Ansicht des OLG München ist der Grundsatz der bezahlten Karenz nach § 74 Abs. 2 HGB jedenfalls auf wirtschaftlich und/oder sozial abhängige freie Mitarbeiter entsprechend anzuwenden.146 Daher setzt die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes mit solchen abhängigen freien Mitarbeitern in Anlehnung an §§ 90 a, 74 ff. HGB sowohl die Zusage einer angemessenen Karenzentschädigung, als auch für den Fall einer fristlosen Kündigung die Einräumung der Lösungsrechte aus § 75 HGB voraus.147 3. Organmitglieder Wettbewerbsverbote mit Organmitgliedern sind von erheblicher praktischer Relevanz148 und überdurchschnittlich oft Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Unter Organmitglieder werden gemeinhin die Mitglieder der Vertretungsorgane von Handelsgesellschaften verstanden, also beispielsweise die Geschäftsführer einer GmbH oder die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft. Zumeist sind entsprechende Konkurrenzklauseln bereits Bestandteil der standardmäßig im Unternehmen für Organmitglieder verwendeten Formulardienstverträge, vor allem für die Geschäftsführer einer GmbH. Dies rührt daher, dass Organmitglieder regelmäßig die Schlüsselkräfte des jeweiligen Unternehmens darstellen, so dass deren Wechsel zu Konkurrenzunternehmen ein erhöhtes Gefahrenpotential birgt.149 Eine Konkurrenztätigkeit, die Organmitglieder nach ihrem Ausscheiden aufnehmen, begründet somit regelmäßig in weitaus stärkerem Maße als bei normalen Arbeitnehmern und Schlüsselkräften die Gefahr eines Wettbewerbsnachteils.150 Schwierigkeiten entstehen neben den ein144

führer. 145

So auch Gehle DB 2010, 1981 in Bezug auf das Verhältnis Gesellschaft – Geschäfts-

LG Frankfurt NJW-RR 1993, 803. OLG München BB 1997, 224. 147 Dies gilt nach Ansicht des OLG München sogar dann, wenn ein freier Mitarbeiter seine Tätigkeit unter dem Mantel einer Ein-Mann-GmbH erbringt. 148 Bauer/Diller, § 1, Rdn. 5; hierzu auch Ogorek/Wilsing, NZG 2010, 379 ff.; van Kann/ Keiluweit, BB 2010, 2050 ff.; Menke, NJW 2009, 636 ff.; Reufels/Schewiola, ArbRB 2008, 57 ff.; Gaul, GmbHR 1991, 144; Hoffmann-Becking, Festschrift Quack, 273 ff.; Bergwitz, GmbHR 2007, 523 ff.; Heidenhain, NZG 2002, 605 ff.; Sina, DStR 1991, 40 ff.; zu den Besonderheiten bei Gesellschafter-Geschäftsführern auch Mayer, DNotZ 1992, 641 ff. 149 De Angelis, S. 1; Bauer/Diller, BB 1995, 1134. 150 Thüsing, NZA 2004, 9, 10. 146

70

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

geschränkten Lösungsmöglichkeiten beider Parteien von der Wettbewerbsabrede insbesondere in finanzieller Hinsicht durch die Karenzentschädigungsverpflichtung des Unternehmens. a) Nachvertragliche Treuepflicht und Erfordernis einer Wettbewerbsabrede Nach übereinstimmender Ansicht verbietet es die nachvertragliche Treuepflicht dem ausgeschiedenen Organmitglied nicht, dem Unternehmen durch Wettbewerbstätigkeiten Konkurrenz zu machen, insbesondere deshalb, weil das jeweilige Organmitglied nicht verpflichtet ist, die künftige Geschäftstätigkeit der Gesellschaft auch nach dem Unternehmensaustritt zu fördern.151 Damit kann der zukünftigen Wettbewerbstätigkeit von Organmitgliedern regelmäßig nur durch die vertragliche Vereinbarung von Konkurrenzklauseln Einhalt geboten werden. Erforderlich ist somit, dass sich die Gesellschaft durch entsprechende Vereinbarungen mit dem jeweiligen Organmitglied rechtzeitig gegen eine etwaige Konkurrenztätigkeit des Organmitglieds absichert. b) Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB Problematisch ist in diesem Zusammenhang zunächst die Frage, ob es sich bei Organmitgliedern um Arbeitnehmer handelt und damit die §§ 74 ff. HGB anwendbar sind. Für eine fehlende Arbeitnehmereigenschaft bei Organmitgliedern spricht, dass diese im Geschäftsverkehr in einem weitaus engeren Verhältnis zum Unternehmen selbst stehen – auch im Verhältnis zu leitenden Angestellten – und ihre Gesellschaften als Arbeitgeber repräsentieren.152 Die Arbeitnehmereigenschaft von Organmitgliedern wird vom BGH daher konsequenterweise verneint.153 aa) Rechtsprechung des BGH Soweit die §§ 74 ff. HGB das Ziel verfolgen, die besonderen Unternehmensinteressen zu wahren, besteht nach Auffassung des BGH keine Veranlassung, ihre entsprechende Anwendung auf das Verhältnis der Gesellschaft zum jeweiligen Organmitglied abzulehnen. Richtungsweisend ist in diesem Zusammenhang eine Entscheidung aus dem Jahr 1984, wonach Wettbewerbsklauseln zwischen einer

151 BGH GmbHR 1977, 43; OLG Hamm GmbHR 1988, 344; Bauer/Diller, § 24, Rdn. 1031. 152 BGHZ 12, 8; 49, 31; BGH DB 1990, 676; Strelau, S. 27. 153 BGHZ 10, 191; 12, 8; 49, 31, wobei jedoch nicht von einer gefestigten Rechtsprechung auszugehen ist. Die Frage der Arbeitnehmereigenschaft von Organmitgliedern wurde in BAG AP 2 zu § 5 ArbGG, wie auch in AP 2 zu § 1 KSchG ausdrücklich offen gelassen. Die Literatur bejaht die Arbeitnehmereigenschaft von Organmitgliedern überwiegend, hierzu Bauer/Diller, § 24, Rdn. 1033.

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

71

GmbH und ihrem Geschäftsführer nicht den Erfordernissen des § 74 Abs. 2 HGB unterliegen sollen und somit nicht karenzentschädigungspflichtig sind.154 Soweit die Regelungen der §§ 74 ff. HGB jedoch lediglich dem Schutzinteresse des Organmitgliedes dienten, seien sie nicht anwendbar, da die gesetzlichen Bestimmungen insoweit ihre Rechtfertigung nur in dem besonderen Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber fänden.155 Unzulässig sei nach Ansicht des BGH jedoch der Schluss, dass Konkurrenzklauseln mit GmbH-Geschäftsführern deshalb stets ohne Entschädigungsversprechen wirksam seien und damit weitgehend schrankenlos vereinbart werden könnten. Die Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote mit Organmitgliedern unterliege bei der Überprüfung am Maßstab der guten Sitten nach § 138 BGB (i.V.m. Art. 2, 12 GG156) strengen Anforderungen und seien unter Heranziehung der in den §§ 74 ff. HGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgrundsätzen auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen.157 Über diesen Umweg finden zumindest die grundlegenden Wertungen der §§ 74 ff. HGB wieder Eingang in die Gesamtbewertung. Daher werden Wettbewerbsverbote mit Organmitgliedern nach Ansicht des BGH nur dann für zulässig erachtet, wenn sie dem Schutz eines berechtigten Interesses des Gesellschaftsunternehmens dienen und nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des Organmitglieds nicht unbillig erschweren.158 Der BGH behandelt die Zulässigkeit bestimmter Wettbewerbsklauseln mit Organmitgliedern also auf zwei unterschiedlichen Ebenen: • Auf Stufe 1 wird zunächst geprüft, ob das Wettbewerbsverbot dem Schutz eines berechtigten Interesses der Gesellschaft dient. • Sofern dies der Fall ist, wird auf Stufe 2 weitergeprüft, ob das Verbot nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und die wirtschaftliche Betätigung des Organmitglieds unbillig erschwert, wobei wiederum die Höhe der zugebilligten Karenzentschädigung entscheidend ist.159 Hat das betreffende Unternehmen an dem Wettbewerbsverbot kein berechtigtes Interesse, ist es demzufolge bereits nichtig.160

154 155 156 157 158 159 160

BGHZ 91, 1; zuvor bereits ähnlich OLG Frankfurt DB 1973, 139. BGHZ 91, 1, 5. Bauer/Diller, § 24, Rdn. 1036. BGHZ 91, 1, 5, 6. BGH WM 1974, 74. Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 6; Bauer/Diller, BB 1995, 1134, 1136. OLG Düsseldorf ZIP 1999, 311.

72

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

bb) Literatur Der zweistufige Prüfungsmaßstab des BGH zur Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB auf Organmitglieder ist im Schrifttum nicht ohne Widerspruch geblieben. Ein erheblicher Teil der Literatur hält die §§ 74 ff. HGB auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Fremdorganen insgesamt ohne Einschränkungen für anwendbar, da Fremdorgane regelmäßig wirtschaftlich und sozial abhängig seien.161 Interessanterweise wird diese Ansicht auf eine frühere Sichtweise des BGH gestützt, nach der arbeitsrechtliche Vorschriften immer dann auf Organmitglieder angewendet werden können, soweit dies das Anstellungsverhältnis erfordert und die Organstellung nicht verbietet.162 Die Sperrwirkung, die die Organstellung hinsichtlich der Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB ausübt, sei nach Austritt aus dem Unternehmen hinfällig, so dass zumindest bei wirtschaftlich und sozial abhängigen Organmitgliedern die Anwendung der §§ 74 ff. HGB geboten erscheine.163 cc) Stellungnahme Der BGH verschiebt mit seiner zweistufigen Konstruktion die Gewichtung der gesetzlichen Vorschriften in den §§ 74 ff. HGB zugunsten der Interessen der Gesellschaften. Soweit die Regelungen dem Schutzinteresse des Organmitglieds dienen, sollen sie nicht anwendbar sein. Liegen sie dagegen im Interesse der Gesellschaft, ändert sich dies. Mit Blick auf einen gerechten Interessenausgleich zwischen Unternehmen und in diesem Fall Organmitglied wäre es sinnvoll, nach der Arbeitnehmerähnlichkeit des Organmitglieds zu forschen und entsprechend zu differenzieren, sprich die §§ 74 ff. HGB auf angestellte, am Kapital nicht beteiligten Organmitglieder entsprechend der Ansicht der Literatur grundsätzlich unbeschränkt anzuwenden. Der BGH lässt sich gerade bei GmbH-Geschäftsführern offenbar nach wie vor vom Bild des Gesellschafter-Geschäftsführers leiten und berücksichtigt dabei nur hintergründig, dass die Gesellschaften in der heutigen Vertragspraxis zunehmend arbeitnehmerähnliche angestellte Geschäftsführer beschäftigen, die nicht oder nur unwesentlich am Gesellschaftskapital beteiligt sind. Sich angesichts dieser Entwicklung auf eine fehlende Schutzbedürftigkeit der Organmitglieder zu berufen, erscheint daher nicht unproblematisch.164 Daher wäre es konsequent, die §§ 74 ff. HGB zumindest bei wirtschaftlich und sozial abhängigen Organmitgliedern uneingeschränkt anzuwenden. Trotz der in diese Richtung zielenden Kritik an der Auffassung des BGH hat 161 Staub/Weber, vor § 74, Rdn. 20 – 22; Bellstedt, GmbhR 1976, 236, 238, teilweise durch die Instanzrechtsprechung gestützt, so insbesondere LG Köln AP 2 zu § 37 GmbHG; OLG Stuttgart BB 1980, 527; Diskussion u. a. bei Sina, DB 1985, 902 ff.; zuletzt auch Wilsing/ Ogorek, NZG 2010, 379, 380; Arens, DStR 2010, 115, 117; Menke, NJW 2009, 636, 637. 162 BGHZ 49, 30; Bauer/Diller, § 24, Rdn. 1038. 163 Bellstedt, GmbHR 1976, 239, 241. 164 Grüll/Janert, § 13, S. 89.

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

73

dieser in mehreren Entscheidungen verdeutlicht, dass er nicht beabsichtigt, von seiner gegenteiligen Position abzurücken.165 Da das BAG die Frage der Arbeitnehmereigenschaft von Organmitgliedern zuletzt in einer Reihe von Entscheidungen166 ausdrücklich offen gelassen hat, erscheint eine Kehrtwendung der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang nicht völlig ausgeschlossen. Soweit die §§ 74 ff. HGB bei Organmitgliedern nicht anwendbar sind, richtet sich die Wirksamkeit einer Wettbewerbsabrede nach dem Zeitpunkt des Abschlusses des Wettbewerbsverbots und nicht danach, welche Position der Verpflichtete im Augenblick seines Ausscheidens innehatte. Ein unwirksames Wettbewerbsverbot eines Arbeitnehmers wird also nicht dadurch wirksam, dass dieser nachträglich Geschäftsführer wird.167 Wird beispielsweise ein Geschäftsführer später Arbeitnehmer der jeweiligen Gesellschaft, bleibt er nach Ablegen der Geschäftsführereigenschaft zunächst an ein Wettbewerbsverbot gebunden, das den Anforderungen der §§ 74 ff. HGB nicht entspricht. Erst von dem Zeitpunkt an, zu dem das Wettbewerbsverbot für die Geschäftsführerposition nicht mehr bindend gewesen wäre, kann er den Schutz der §§ 74 ff. HGB beanspruchen. Dabei ist es unerheblich, ob er zwischenzeitlich die Gesellschaft ganz verlassen hat oder dort nach wie vor als Arbeitnehmer tätig ist.168 c) Konsequenzen für die Vertragspraxis Aus vertragspraktischer Sicht sollte vor allem die Gesellschaft vor Vereinbarung der Wettbewerbsabrede klären, ob die Klausel von Anfang an oder erst nach einer gewissen „Erprobungszeit“ des Betroffenen in Kraft treten soll und dies ggf. bereits im Dienstvertrag regeln. Letzteres Vorgehen hat für die Gesellschaft stets den Vorteil, dass sie nicht an Karenzentschädigungspflichten gebunden ist, sofern sich ein bestimmtes Organmitglied hinsichtlich einer etwaigen Konkurrenzgefahr im Laufe der Tätigkeit als weniger „gefährlich“169 herausstellt, als bei Tätigkeitsbeginn zunächst prognostiziert. Andererseits hat diese Vorgehensweise den nicht zu unterschätzenden Nachteil, dass das Organmitglied unter Umständen in der oben beschriebenen wettbewerbsrelevanten Erprobungszeit bereits entscheidendes Know-how aufbaut und beim kurzfristigen Verlassen des Unternehmens an kein Wettbewerbsverbot gebunden wäre. Es bleibt also aus Sicht des Unternehmens bei beiden Vorgehensweisen ein gewisses Restrisiko, das für jeden Einzelfall neu zu beurteilen ist. Auch dies ist ein Argument gegen die in der Praxis vielfach unisono und unkritisch verwendeten Formularverträge mit bereits enthaltener Konkurrenzklausel, die die 165

BGH GmbHR 2008, 930; DB 2008, 2987, aufgezeigt durch Bauer/Diller, § 24, Rdn. 1038. 166 Insbesondere BAG AP 2 zu § 5 ArbGG und AP 2 zu § 1 KSchG. 167 Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 6. 168 Grunsky, S. 57. 169 Im Hinblick auf die Art und den Umfang einer potentiellen späteren Konkurrenztätigkeit.

74

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

notwendige Einzelfallbezogenheit im Hinblick auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht aufweisen können.

II. Zeitlicher Geltungsbereich Neben dem persönlichen Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB ist auch die Frage, wann und wie lange die Schutzvorschriften der §§ 74 ff. HGB für Arbeitgeber zu beachten sind, von erheblicher praktischer Relevanz. Dies gilt zuvorderst für die Frage, ob die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung unter Umständen vom Zeitpunkt des Abschlusses des Konkurrenzverbots abhängig ist und sich dadurch für den Arbeitgeber eine Möglichkeit zur Vermeidung kostenintensiver Entschädigungszahlungen eröffnet. 1. Vereinbarung bei Abschluss des Arbeitsvertrages Der in der Vertragspraxis weitaus häufigste Fall ist die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages, zumeist in Form einer Konkurrenzklausel als Vertragsbestandteil, seltener mittels gesonderter Urkunde. Dies verwundert mit Blick auf die Interessenlage des Arbeitgebers wenig, da dieser im Stadium der Vertragsanbahnung regelmäßig eine besonders starke Verhandlungsposition innehat. Notwendigerweise entsteht hierdurch zugleich der für den Arbeitnehmer negative Nebeneffekt einer frühzeitigen Beeinträchtigung seiner potentiellen beruflichen Mobilität. Die mit dem Konkurrenzverbot einhergehende Erschwerung eines Arbeitsplatzwechsels des Arbeitnehmers verschlechtert damit bereits vor Aufnahme der Arbeitstätigkeit die spätere Verhandlungsposition gegenüber dem Arbeitgeber erheblich, so dass die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB dem Arbeitnehmer insbesondere in diesem Stadium einen wertvollen Schutz vor Übervorteilung bieten.170 Teilweise wird der Arbeitgeber jedoch bei Abschluss des Arbeitsvertrages noch kein Interesse an der Vereinbarung einer Konkurrenzklausel haben, da er nicht weiß, wie sich der Arbeitnehmer im Unternehmen entwickeln wird und ob er später einmal in der Lage ist, dem Arbeitgeber durch selbstständige oder unselbstständige Arbeit signifikante und damit eine Wettbewerbsabrede erfordernde Konkurrenz zu machen. Demgegenüber stellt es ein nicht geringes finanzielles Risiko für den Arbeitgeber dar, einem Arbeitnehmer später aufgrund eines vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes eine Karenzentschädigung zahlen zu müssen, obwohl ein Konkurrenzverbot gar nicht erforderlich gewesen wäre. Einziger Ausweg wäre danach die Verzichtsmöglichkeit des Arbeitgebers in den Grenzen des § 75 a HGB. Aus diesem Grund ist es zulässig, eine Konkurrenzklausel zu vereinbaren, die ein 170

Dorndorf, S. 206, 207.

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

75

nachvertragliches Wettbewerbsverbot des Arbeitnehmers erst dann in Kraft setzt, wenn das Arbeitsverhältnis über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus fortbesteht oder der Arbeitnehmer eine gewisse Position im Unternehmen erreicht hat.171 Gleiches gilt für grundsätzlich zulässige Vorverträge172 und Optionen, die den Arbeitnehmer verpflichten, gemeinsam mit dem Arbeitgeber zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu vereinbaren, etwa weil der Arbeitnehmer nunmehr in der Unternehmenshierarchie so weit aufgestiegen ist, dass er regelmäßig Zugang zu wichtigen Informationen und Abläufen hat und aus diesem Grund auch seine Attraktivität für Konkurrenzunternehmen gestiegen ist.173 Der Wirksamkeit des Vorvertrages steht es nicht entgegen, dass die inhaltliche Reichweite des späteren Wettbewerbsverbots bereits bekannt ist.174 Probleme können sich jedoch dann ergeben, wenn keine zeitliche Grenze für den Anspruch des Arbeitgebers auf Abschluss des Wettbewerbsverbots festgelegt wird. Grundsätzlich gilt daher, dass im Rahmen solcher Vorverträge, die schriftlich zu fassen sind175, nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers von den Regelungen der §§ 74 ff. HGB abgewichen werden kann.176 Ein solcher Vorvertrag wäre daher unverbindlich, wenn er lediglich dazu diente, die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung zu umgehen.177 Denkbar sind insoweit Vereinbarungen, die den Arbeitgeber ermächtigen, auch nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit dem früheren Arbeitnehmer abzuschließen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Vertragsparteien bereits mit der tatsächlichen Durchführung des Arbeitsvertrages begonnen haben. Grundsätzlich beginnt der Schutz der §§ 74 ff. HGB bereits vor dem vereinbarten Arbeitsbeginn, sofern der Arbeitnehmer bereits intensiv in seinen Aufgabenbereich eingewiesen wurde, etwa in Form einer betriebsinternen Schulungsmaßnahme.178 Ist ein Wettbewerbsverbot bereits für die Probezeit vereinbart worden, das Arbeitverhältnis aber bereits vor Beginn der Probezeit gekündigt, bedarf es zunächst der ergänzenden Auslegung dahingehend, ob das Wettbewerbsverbot aufgrund des nicht

171

LAG Baden-Württemberg – 11 Sa 45/80. Etwa BAG NZA 2011, 413. 173 Schaub/Vogelsang, § 55, Rdn. 29. Ebenfalls zulässig sind Vereinbarungen, nach denen das Inkrafttreten eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots von einer aufschiebenden Bedingung abhängig gemacht wird. Denkbar sind etwa Bedingungen, nach denen der Arbeitnehmer eine bestimmte Position im Unternehmen erreicht oder die Probezeit erfolgreich überstanden haben muss, BAG DB 1982, 2406. 174 Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 18. 175 BAG NZA 2011, 413, 426; ErfKomm/Oetker, § 74 HGB, Rdn. 13. 176 ErfKomm/Oetker, § 74 HGB, Rdn. 9. 177 BAG AP Nr. 22 zu § 133 f GewO. 178 BAG AP Nr. 54 zu § 74 HGB; Reinfeld, S. 93, 94. 172

76

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

in Vollzug gesetzten Arbeitsvertrages noch in Kraft treten soll.179 Sofern der Arbeitnehmer noch nicht im Wege intensiver Einweisung in die vertragsmäßig vorgesehene Tätigkeit eingeführt wurde, gilt das Wettbewerbsverbot nicht.180 Fraglich ist für den Arbeitgeber in dieser Situation, ob sich der Arbeitnehmer in diesem kurzen Zeitraum bereits wettbewerbsrelevante Kenntnisse aneignen konnte. Dies wirft ein grundsätzliches Licht auf die Entscheidung des Arbeitgebers, das Wettbewerbsverbot möglicherweise erst dann in Kraft treten zu lassen, wenn gesichert ist, dass sich der betroffene Arbeitnehmer tatsächlich wettbewerbsrelevante Kenntnisse angeeignet hat.181 2. Vereinbarung bei laufendem Arbeitsverhältnis Wie bereits aufgezeigt stellt sich mitunter erst während des Arbeitsverhältnisses heraus, dass ein bestimmter Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch entsprechende Konkurrenztätigkeit dem jeweiligen Unternehmen wirtschaftlich schaden könnte. Die in solchen Fällen unter Umständen aus Sicht des Unternehmens erforderlich werdende nachträgliche Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gestaltet sich aus Arbeitgebersicht schwieriger als die Vereinbarung einer Konkurrenzklausel im Arbeitsvertrag während der Vertragsanbahnung: Der Arbeitnehmer befindet sich nun in einem bestehenden Arbeitsverhältnis und muss sich auf eine möglicherweise weitreichende Beschränkung seines beruflichen Fortkommens nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne weiteres einlassen, etwa weil er weiß, dass er im Unternehmen des Arbeitgebers eine besondere Stellung einnimmt und ihm der Arbeitgeber nicht sofort kündigen wird, wenn er die Wettbewerbsvereinbarung vollständig oder in Teilen ablehnt. Dennoch ist die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers gegenüber der des Arbeitgebers regelmäßig immer noch deutlich schwächer. Daher gelingt es dem Arbeitgeber ebenso regelmäßig, auch nachträglich noch das gewünschte Wettbewerbsverbot zu vereinbaren, etwa in Form des Abhängigmachens eines weiteren Aufstieges des Arbeitnehmers innerhalb des Unternehmens von der Einwilligung in das Wettbewerbsverbot.182 In der Praxis droht bei Ablehnung des von Unternehmensseite angestrebten Wettbewerbsverbots oftmals dann tatsächlich doch die Kündigung.183 Bereits aus diesem Grund ist die Geltung der §§ 74 ff. HGB für Wettbewerbsverbote, die erst nachträglich während der Laufzeit des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden, unbestritten. 179

BAG AP Nr. 25 zu § 123 BGB; Schaub/Vogelsang, § 55, Rdn. 18. BAG NZA 1987, 813; Schaub/Vogelsang, § 55, Rdn. 18. 181 Kittner, BB 2011, 1013, 1016; LAG Hamm v. 23. 03. 2010 – 14 SaGa 68/09. 182 Münchener Anwaltshandbuch/Reinfeld, § 32, Rdn. 9. 183 Bei einer konkreten Drohung des Arbeitgebers mit einer Kündigung für den Fall, dass der Arbeitnehmer sich nicht auf die nachträgliche Wettbewerbsabrede einlässt, wäre ein unter diesen Umständen geschlossenes Wettbewerbsverbot regelmäßig bereits aufgrund rechtswidriger Drohung nach § 123 BGB anfechtbar, BAG NZA 1992, 1023; Wertheimer, BB 1996, 1714, 1716. 180

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

77

Hier lohnt auch ein kurzer Blick in das GmbH-Recht: Problematisch kann nämlich auch die nachträgliche Aufnahme einer Konkurrenzklausel in die Satzung einer GmbH sein. Zur Aufnahme einer solchen Klausel, etwa für einen der Gesellschafter der GmbH, bedarf es der Zustimmung sämtlicher beteiligter Gesellschafter, da es sich um eine § 53 Abs. 3 GmbHG unterfallende Leistungsvermehrung handelt.184 Um zu verhindern, dass ein solches Wettbewerbsverbot im Streitfall kaum durchsetzbar ist, wird eine entsprechende Klausel zumeist schon im Stadium der Gründung der Gesellschaft in die Satzung aufgenommen.185 Auch in diesem Zusammenhang darf dann die faktische Zwangswirkung einer Drohung, dass der Betroffene bei Ablehnung der nachträglichen Aufnahme eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots mit dem Verlust seiner Organstellung sowie der Kündigung seines Anstellungsvertrages rechnen muss, nicht unterschätzt werden.186 3. Vereinbarung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Unter Vereinbarungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fallen Konkurrenzklauseln, die zwar nach Ausspruch der Kündigung, jedoch vor Ablauf der Kündigungsfrist und damit noch vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden.187 Sofern die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Datum bereits feststeht, könnte der Arbeitgeber jedoch unter bestimmten Umständen von der Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB befreit sein. Dies gilt insbesondere für einvernehmliche Regelungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Wege eines Aufhebungsvertrages. Hier weiß der Arbeitnehmer, dass er mit Zustimmung zur Vertragsaufhebung seinen Arbeitsplatz verliert. Im Gegenzug erhält der Arbeitnehmer zumeist eine Abfindung, die ihn für die wirtschaftlichen Nachteile, die im Zusammenhang mit Abschluss des Aufhebungsvertrages entstehen188, zumindest teilweise entschädigt. a) Rechtsprechung des BAG Nach Ansicht des BAG richten sich Konkurrenzklauseln auch dann nach den §§ 74 ff. HGB, wenn sie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeschlossen werden, solange das Wettbewerbsverbot noch im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und seiner Abwicklung vereinbart wird und der Arbeitnehmer aus diesem Grund als sozial schutzbedürftig erscheint.189 184

Löffler, NJW 1989, 2656, 2658. Reinfeld, S. 95. 186 Reinfeld, S. 95. 187 OLG Köln v. 03. 12. 1993 – 6 U 140/93; Bauer/Diller, § 4, Rdn. 74; Heymann/Henssler, § 74, Rdn. 6; Grunsky, S. 58. 188 Beispielsweise Verlust der einzigen Einkommensquelle oder Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld. 189 BAG AP Nr. 23 und 65 zu § 74 HGB. 185

78

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

b) Literatur Dieser Auffassung hat die Literatur teilweise vehement widersprochen.190 Problematisch erscheine insbesondere die Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB in Fällen, in denen das Wettbewerbsverbot im Rahmen einer einvernehmlichen Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Form eines Aufhebungsvertrages vereinbart werde. Richtigerweise könne es nicht darauf ankommen, ob der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot nach der Beendigung des Arbeitverhältnisses oder bei der Beendigung desselben abschließe. Entscheidend sei nur, dass der Verzicht auf die Karenzentschädigung nicht während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses erklärt werde.191 Auch frühere Entscheidungen des Reichsgerichts sowie der Instanzgerichte sahen den Arbeitgeber in Fällen von vereinbarten Wettbewerbsverboten im Zusammenhang mit Aufhebungsverträgen von der Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung befreit.192 c) Stellungnahme Ein wesentlicher Schutzgedanke der §§ 74 ff. HGB besteht darin, den Arbeitnehmer in Situationen, in denen seine Verhandlungsposition gegenüber der des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Konkurrenzklauseln besonders geschwächt ist, vor übervorteilenden und einseitigen Wettbewerbsabreden zu schützen und die er nur deshalb billigt, um einen Arbeitsplatz zu erhalten oder diesen nach Erhalt für sich zu sichern. Zutreffend ist, dass der Arbeitnehmer bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages freiwillig in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingewilligt hat und die Zielrichtung der §§ 74 ff. HGB hier teilweise ins Leere läuft.193 Dies gilt jedoch lediglich für solche Aufhebungsverträge, die der Arbeitnehmer tatsächlich auch freiwillig, aus unerzwungenen Motiven, schließt. Sofern der Arbeitnehmer jedoch weiß, dass er über kurz oder lang ohnehin seinen Arbeitsplatz verliert, wird er sich angesichts einer dann zu erwartenden Abfindungszahlung oftmals für die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses entscheiden. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages erscheint dem Arbeitnehmer dann im Vergleich zu einer in Zukunft ohnehin zu erwartenden kündigungsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit, je nach Kündigungsart, zumeist geringerer oder gar keiner Abfindung als das kleinere Übel. Gerade diese Konstellation ist aber der in der Praxis häufigste Hintergrund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages, so dass die soziale Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmers gerade im Hinblick

190

Insbesondere Schlegelberger/Schröder, § 74, Rdn. 3; Wertheimer, BB 1996, 1716; Hoß, DB 1997, 1818, 1822; Bauer/Diller, § 4, Rdn. 76. 191 Bauer/Diller, § 4, Rdn. 76. 192 RGZ 67, 333; auch LAG Düsseldorf DB 1974, 1915; LAG Niedersachsen v. 11. 09. 1992 – 15 Sa 219/92. 193 Bauer/Diller, § 4, Rdn. 76.

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

79

auf zusätzliche wirtschaftliche Nachteile durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden kann. Nicht außer Betracht bleiben darf zudem, dass sich der Arbeitnehmer angesichts einer in Aussicht gestellten hohen Abfindung im Gegenzug zur Auflösung des Arbeitsvertrages möglicherweise vorschnell auf ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot einlassen könnte.194 Diese Gefahr sollte im Hinblick auf die Gesamtsituation während der Verhandlung über eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nicht außer Betracht bleiben, denn die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers verringert sich nicht schon deshalb, weil er augenscheinlich freiwillig, jedoch nicht selten aufgrund faktischer Alternativlosigkeit, in die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses einwilligt. Die Abfindungszahlung soll nur die vorzeitige Aufhebung des Arbeitsverhältnisses kompensieren. Die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes stellt aber eine zusätzliche Belastung des Arbeitnehmers dar, die es ihrerseits zusätzlich auszugleichen gilt. Um drohende Unbilligkeiten durch eine einheitliche, sämtliche Nachteile des Aufhebungsvertrages und der Wettbewerbsvereinbarung ausgleichende Gesamtabfindung zulasten des Arbeitnehmers zu vermeiden, ist die Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB im Hinblick auf die Gewährleistung eines gerechten Interessenausgleichs in diesem Zusammenhang zwingend. Unter Zugrundelegung dieser Gesichtspunkte ist eine Karenzentschädigung des Arbeitgebers nach § 74 Abs. 2 HGB daher auch dann erforderlich, wenn zum Zeitpunkt der Wettbewerbsabrede entweder bereits eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen wurde, die Parteien einen Aufhebungsvertrag geschlossen haben oder ein Prozessvergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeschlossen wurde, zu dessen Bestandteil auch das Wettbewerbsverbot gehört.195 Gerade im Rahmen von Prozessvergleichen kann der Arbeitgeber seine wirtschaftliche Machtposition noch in die Gesamtvereinbarung einbringen, womit der Arbeitnehmer auch in diesem Stadium als besonders schutzbedürftig gelten kann. 4. Vereinbarung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Nach der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind die §§ 74 ff. HGB grundsätzlich nicht mehr auf nunmehr geschlossene Wettbewerbsverbote anwendbar.196 Der Arbeitnehmer kann daher nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses auch ohne Zusage einer Karenzentschädigung wirksam zur Enthaltung von Wettbewerb verpflichtet werden.197 Erforderlich ist insoweit, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Vertragsparteien unstreitig nicht mehr vorliegt und auch in der Zukunft kein 194

Andere Auffassung etwa bei Bauer/Diller, § 4, Rdn. 76. Grunsky, S. 58, 59. 196 BAG v. 11. 03. 1968 – 3 AZR 37/67; Grunsky, S. 58; Reinfeld, S. 98. 197 Erst recht zulässig sind daher Vereinbarungen, die unter der Mindesthöhe des § 74 Abs. 2 HGB liegen; BAG AP Nr. 23 zu § 74 HGB; Reinfeld, S. 98. 195

80

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

neues Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien geschlossen wird.198 Einziger Prüfungsmaßstab für solche entschädigungslosen Wettbewerbsverbote bleiben daher die §§ 138, 242 BGB. Die Obergrenze der Dauer des Wettbewerbsverbots von zwei Jahren nach § 74 a Abs. 1 S. 3 HGB ist nach Vertragsbeendigung nicht mehr bindend, so dass längere Verbotszeiträume statthaft sind, solange sie dem Prüfungsstandard des § 138 BGB standhalten.199 So haben etwa lebenslange oder sonst die Berufschancen erheblich einschränkende Wettbewerbsverbote im Hinblick auf die Sittenwidrigkeitsschranke des § 138 BGB keinen Bestand.200 5. Geltung im Ruhestand Hiervon zu unterscheiden ist die Frage der Geltung der §§ 74 ff. HGB für Arbeitnehmer, die in den Ruhestand treten.201 Aufgrund des schwächeren Grades der Abhängigkeit des Arbeitnehmers im Vergleich zu aktiven Arbeitnehmern wird die Geltung der §§ 74 ff. HGB hier teilweise verneint.202 Dies ist unverständlich, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich durch den Eintritt des Arbeitnehmers in den Ruhestand faktisch nichts an der Wirkungsweise des Wettbewerbsverbotes ändert und auch nicht einzusehen ist, warum der Eintritt in den Ruhestand hinsichtlich der Wettbewerbsvereinbarung als solche eine andere Sachgrundlage darstellen soll als ein aktives Arbeitsverhältnis, womit eine eingeschränkte Geltung der §§ 74 ff. HGB gerechtfertigt werden könnte. Hierzu wurde vorgebracht, dass neben dem Bezug eines betrieblichen Altersruhegeldes ohnehin keine hauptberuflich ausgeübte Konkurrenztätigkeit statthaft sei, so dass die Karenzentschädigung für Betriebsrentner zwar nicht vollständig entfallen, aber zumindest geringer bemessen werden dürfe, als durch § 74 Abs. 2 HGB vorgeschrieben.203 Diese Argumentation ist in dieser Grundsätzlichkeit nicht unproblematisch. Jedoch kann eine weitere Diskussion mit Blick auf die Regelungen des BetrAVG an dieser Stelle unterbleiben204, so dass die Bemessung der Karenzentschädigungshöhe anhand der Vorgaben des § 74 Abs. 2 HGB nicht mehr in Frage steht.205 198

Bauer/Diller, § 4, Rdn. 75. Grüll/Janert, S. 19. 200 LAG München DB 1986, 2191; Reinfeld, S. 98. 201 Einzelheiten etwa bei Bohn, DB 1967, 641; Bauer/Diller, BB 1997, 990 ff.; Götz, Festschrift Schiedermair, 203 ff.; Grunsky, JuS 1970, 16 ff. 202 OLG Stuttgart BB 1980, 527. 203 OLG Stuttgart BB 1980, 527. 204 Das Recht des Arbeitgebers zum Widerruf von Versorgungsleistungen wird seit Geltung des BetrAVG nur noch in Fällen von Treuwidrigkeit für zulässig erachtet, wenn also eine etwaige Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers sich besonders schwerwiegend auf das Unternehmen auswirkt und der Widerruf daher nicht außer Verhältnis zu Art, Ausmaß und Folgen des Verhaltens steht, BGH AP 151 zu § 242; Bauer/Diller, § 21, Rdn. 974. 205 So bereits Gaul, BB 1980, 57, 60; hierzu auch Bauer/Diller, § 4, Rdn. 92. 199

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

81

Unbenommen bleibt den Vertragsparteien jedoch die individualvertragliche Vereinbarung einer Anrechnung etwaiger Betriebsrentenzahlungen auf die Karenzentschädigung.206 Gleiches gilt für die Vereinbarung eines in Bezug auf den Eintritt des Ruhestandes auflösend bedingten Wettbewerbsverbotes.207

III. Sachlicher Geltungsbereich Eine Vielzahl vertraglich vereinbarter Einschränkungen der beruflichen Entfaltungsfreiheit unterfallen nicht dem Anwendungsbereich der §§ 74 ff. HGB, so dass sie mangels entsprechender Spezialnormen grundsätzlich auch ohne Entschädigungsleistung zulässig sind, wenngleich sie in ihrer Wirkungsweise der Wettbewerbsabrede nach §§ 74 ff. HGB durchaus ähneln können. 1. Verschwiegenheitsvereinbarungen Abzugrenzen sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote wie zuvor bereits festgestellt208 von sog. Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungsvereinbarungen, deren Regelungsgegenstand in erster Linie den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie Schweigegebote hinsichtlich vertraulicher Angaben und Vorgänge im Unternehmen bezwecken.209 Entsprechende Geheimhaltungsvereinbarungen werden daher vielfach gesondert im Arbeitsvertrag niedergelegt.210 Unter Geheimnisse fallen Tatsachen, die im Zusammenhang mit einem Geschäftsbetrieb stehen, nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt und nicht offenkundig sind, nach dem Willen des Betriebsinhabers geheim gehalten werden sollen und an deren Geheimhaltung der Unternehmer ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat.211 Gerade die Notwendigkeit der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen, die häufig einen wesentlichen Kern des Unternehmensvermögens bilden, stellt den Arbeitgeber bei der Abwanderung von Arbeitnehmern regelmäßig vor erhebliche Probleme.212 War es dem Arbeitnehmer nach § 17 Abs. 1 UWG während des rechtlichen Bestands des Arbeitsverhältnisses noch versagt, unbefugt Mitteilungen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen an Dritte weiterzugeben, so fehlt eine entsprechende Norm 206

BAG AP Nr. 46 zu § 74 HGB. BAG AP Nr. 46 zu § 74 HGB; ErfKomm/Oetker, § 74, Rdn. 4. 208 Hierzu unter Kapitel 2, Abschnitt C. V. 209 Preis/Reinfeld, AuR 1989, 361, 364; Hunold, NZA-RR 2007, 617, 619; Sander, GRUR Int. 2013, 217, 222, die in ihrer Untersuchung auch das amerikanische Recht erläutert. 210 Reinfeld, S. 15. 211 BGH GRUR 1955, 424, 425; BAG BB 1982, 1792. 212 Reinfeld, S. 42. 207

82

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

für den nachvertraglichen Zeitraum.213 Insbesondere für die Verwertung redlich erworbenen Geheimwissens fehlt entsprechender gesetzlicher Schutz zugunsten des Arbeitgebers.214 a) Nachwirkende Treuepflichten Das BAG hat schon früh die Ansicht vertreten, dass etwaige Ansprüche des Arbeitgebers aufgrund der Weitergabe redlich erworbenen Betriebs- und Geschäftswissens aus einer nachvertraglichen Treuepflicht des Arbeitnehmers nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht kommen.215 Zudem ist der Schaden, der durch die Weitergabe solcher Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse entsteht, nicht selten kaum oder nur schwer zu beziffern, was eine Durchsetzung etwaiger Schadensersatzansprüche im Wege der Geltendmachung der Verletzung nachvertraglicher Treuepflichten regelmäßig erheblich erschweren wird.216 b) Vereinbarung nachvertraglicher Verschwiegenheitsklauseln So bleibt dem Arbeitgeber auch für die Frage des effektiven Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen letztlich nur die Möglichkeit einer vertraglichen Verschwiegenheitsvereinbarung, die dem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Weitergabe und Nutzung von Teilen des beim Arbeitgeber erlangten Sonderwissens untersagt.217 Aufgrund der mitunter weitreichenden Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens des Arbeitnehmers durch solche Verschwiegenheitsvereinbarungen stellt sich nunmehr die Frage, ob die in §§ 74 ff. HGB normierten Grundsätze auf entsprechende nachvertraglichen Verschwiegenheitsvereinbarungen anwendbar sind, was insbesondere im Hinblick auf etwaige Ansprüche des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Karenzentschädigung von Bedeutung wäre. Auch im Hinblick auf eine etwaige Umgehung der §§ 74 ff. HGB durch Vereinbarung einer Verschwiegenheits- anstatt einer Wettbewerbsabrede ist deren entsprechende Anwendbarkeit von entscheidender Bedeutung. Denn gerade angesichts der Belastungen des Arbeitgebers durch die Karenzentschädigungspflicht ist die Umgehungsgefahr bei solchen mitunter aus Sicht des Arbeitgebers wirkungsgleichen Abreden erheblich.

213 Neben der Unanwendbarkeit von § 17 Abs. 1 UWG scheidet insbesondere eine etwaige Strafbarkeit wegen Untreue gem. § 266 StGB mangels Begründung eines Treueverhältnisses aus, Reinfeld, S. 43. 214 Reinfeld, S. 43; Dorndorf, S. 150, 151. 215 BAG AP Nr. 1 zu § 60 HGB. 216 BAG AP Nr. 1 zu § 60 HGB. 217 Entsprechende vertragliche Abreden hat das BAG ausdrücklich für zulässig erachtet, BAG AP Nr. 1 zu § 611 BGB.

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

83

aa) Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB Unter welchen abschließenden Voraussetzungen Verschwiegenheitsklauseln dem Anwendungsbereich der §§ 74 ff. HGB unterfallen, ist bisher noch nicht hinreichend geklärt. So sind Vereinbarungen, nach denen es einem Mitarbeiter nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses mit dem Arbeitgeber entschädigungslos untersagt wurde, Namen von Kunden, mit denen er während des Arbeitsverhältnisses Kontakt hatte, für sich oder dritten Personen zu verwenden, als Verstoß gegen §§ 74 ff. HGB gewertet worden.218 Die §§ 74 ff. HGB finden auf Verschwiegenheitsvereinbarungen danach zumindest in solchen Fällen Anwendung, in denen dem Arbeitnehmer abstrakt die Verpflichtung zur Geheimhaltung sämtlicher beim Arbeitgeber erlangten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auferlegt wird.219 Sofern entsprechende Vereinbarungen keine Entschädigungszahlungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vorsehen, sind sie nach übereinstimmender Ansicht nichtig.220 Von diesem eher selten auftretenden Extremfall abgesehen, besteht bei der Frage, ab welchem Wirkungsgrad eine Verschwiegenheitsklausel dem Schutzbereich der §§ 74 ff. HGB zu unterstellen ist, aufgrund divergierender Ansichten in Rechtsprechung und Literatur erheblicher Klärungsbedarf. Dies überrascht, da bei Verschwiegenheitsklauseln im Vergleich zu Wettbewerbsverboten eine Differenzierung hinsichtlich der Eingriffsintensität grundsätzlich nicht sinnvoll erscheint.221 Gerade angesichts des in vielen Bereichen der heutigen Berufswelt immer weiter fortschreitenden Spezialisierungsanspruchs an den Arbeitnehmer entwickeln Verschwiegenheitsvereinbarungen – etwa hinsichtlich bestimmter Betriebsabläufe oder Produktionsstandards – vielfach ebenso schwerwiegende Beeinträchtigungen der beruflichen Entfaltungsfreiheit wie nachvertragliche Wettbewerbsverbote. Wenn also eine Verschwiegenheitsklausel geeignet ist, den Arbeitnehmer in seiner beruflichen Weiterentwicklung und Entfaltungsfreiheit zu beinträchtigen, muss sich der Arbeitgeber im Gegenzug an die Einhaltung der Verschwiegenheitsvereinbarung durch den Arbeitnehmer auch zur Zahlung einer Karenzentschädigung bereit erklären. Es fehlt jedoch bis heute an griffigen Abgrenzungskriterien, die eine Unterscheidung zwischen den §§ 74 ff. HGB unterfallenden Verschwiegenheitsklauseln und solchen, die auch ohne Entschädigungszusage wirksam vereinbart werden 218

BAG AP 5 zu § 611 BGB, zuvor bereits LAG Hamm BB 1986, 2087. Reinfeld, S. 43, 44; Gumpert, Anm. BAG BB 1982, 1795. 220 Reinfeld, S. 47. 221 Uneinigkeit besteht teilweise bei der Frage, ob bei unbedeutenden Eingriffen in die berufliche Entfaltungsfreiheit die §§ 74 ff. HGB Anwendung finden, sog. Bagatellfälle. Das BAG (AP Nr. 5 zu § 611 BGB) hat dies in einer Entscheidung ausdrücklich offen gelassen. Eine uneingeschränkte Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB auch bei Wettbewerbsabreden mit geringer Eingriffsintensität folgt jedoch bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des § 74 Abs. 1 HGB, der keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Intensität des Eingriffs enthält, so dass die §§ 74 ff. HGB auch Bagatellfälle umfassen (ebenso Grunsky, S. 121; Grüll/Janert, S. 39). 219

84

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

können, etwa weil sie den Arbeitnehmer in seiner Berufswahl oder -ausübung nicht oder nur marginal beeinträchtigen, ermöglichen. (1) Rechtsprechung Das BAG scheint insbesondere darauf abstellen zu wollen, in welcher Form das Betriebsgeheimnis konkret durch den Arbeitnehmer verwertet wird. So sollen Betriebsgeheimnisse im Rahmen der eigentlichen Berufstätigkeit, also insbesondere innerhalb eines konkreten Arbeitsverhältnisses, verwertet werden können, außerhalb dieses Arbeitsverhältnisses jedoch nicht.222 Ob anhand dieses Maßstabes eine hinreichend genaue Abgrenzung zwischen der Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB auf Verschwiegenheitsklauseln möglich ist, scheint jedoch in hohem Maße zweifelhaft. Keinerlei Bedenken bestehen in diesem Zusammenhang zunächst bei Verboten, die erlangten Betriebsgeheimnisse außerhalb der eigenen beruflichen Betätigung zu verwerten, da der bloße Verkauf von Betriebsgeheimnissen an Konkurrenten kein schützenswertes Interesse im Hinblick auf Art. 12 GG darstellt.223 Die zunächst nachvollziehbare Unterscheidung zwischen Innen- und Außenbereich des Arbeitsverhältnisses führt aber bereits dann zu ersten Abgrenzungsproblemen, sobald eine hinreichende Trennschärfe zwischen Innenund Außenbereich des Arbeitsverhältnisses fehlt. Die Differenzierung des BAG muss schließlich spätestens dann ins Leere laufen, wenn die Berufsausübung im eigentlichen Arbeitsverhältnisses nur noch einen geringen Teil der eigentlichen Berufsausübung ausmacht und sich der Arbeitnehmer zu einem Großteil einer Tätigkeit widmet, die außerhalb dieses ursprünglichen Tätigkeitsfeldes liegt. Im Bereich des eigentlichen Arbeitsverhältnisses wird die Verschwiegenheitsverpflichtung kaum noch spürbare Beeinträchtigungen entfalten können, außerhalb des Arbeitsverhältnisses dafür jedoch umso deutlicher, was mitunter wiederum zu einer faktischen Einschränkung der beruflichen Entfaltungsfreiheit führt. Die ursprüngliche Grenzziehung des BAG mittels Fixierung der Verwertungsmöglichkeit auf ein bestimmtes, festes Arbeitsverhältnis erscheint daher vor dem Hintergrund einer ständigen Änderungen unterliegenden Berufswelt problematisch. Sinnvoller ist es demgegenüber, eine Bewertung der Entschädigungsfrage anhand der faktischen Auswirkungen der Geheimhaltungsklausel vorzunehmen.224 Hat eine Verschwiegenheitsklausel schwerwiegende Auswirkungen auf die berufliche Weiterentwicklung des Arbeitnehmers, so kann sie bei einer zugleich fehlenden Entschädigungszusage nur unzulässig sein.

222 223 224

BAG AP Nr. 1/40 zu § 611 BGB. Bauer/Diller, § 4, Rdn. 123; Reinfeld, S. 47. Reinfeld, S. 48, 49; Bauer/Diller, § 4, Rdn. 122; Gaul, NZA 1988, 225, 230.

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

85

(2) Literatur Teilweise wird dies von Seiten der Literatur jedoch insoweit anders beurteilt, als die §§ 74 ff. HGB erst dann anwendbar sein sollen, wenn sich die Verschwiegenheitsverpflichtung wie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auswirkt.225 Eine solche Wirkungsweise entstehe dann, wenn die Verschwiegenheitsklausel entweder gegenständlich oder aber personenbezogen derart weitreichend ist, dass dem Arbeitnehmer die Möglichkeit der Ausübung einer weiterführenden beruflichen Betätigung schlechthin genommen wird.226 Die Begründung, warum die Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB an eine solche Voraussetzung geknüpft sein soll, wird lediglich pauschal mit der Tatsache begründet, dass die Vereinbarung nachvertraglicher Verschwiegenheitsverpflichtungen im Vergleich zu Wettbewerbsabreden strukturelle Unterschiede aufweise.227 Eine Pauschalisierung, die angesichts der Struktur der §§ 74 ff. HGB nicht überzeugen kann und in unzulässiger Weise eine Privilegierung der Arbeitgeberseite herbeiführt, da Arbeitgeber folglich nur bei äußerst weitreichenden Verschwiegenheitsvereinbarungen zur Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichtet würden. Insbesondere Bauer/Diller228 wenden in diesem Zusammenhang ein, dass eine solche Einschätzung des Anwendungsbereichs der Systematik der §§ 74 ff. HGB widerspreche, so dass auch vergleichsweise geringfügige Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers durch die Verschwiegenheitsvereinbarung bereits eine Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers auslösen würden. Eine völlige Unterbindung der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers durch das Wettbewerbsverbot sei daher hinsichtlich der Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB nicht zu fordern.229 (3) Stellungnahme Der Ansicht in der Literatur, wonach die §§ 74 ff. HGB auf Verschwiegenheitsvereinbarungen Anwendung finden, wenn sich die entsprechende Abrede gegenständlich wie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auswirkt, ist grundsätzlich beizupflichten. Die vollständige Unterbindung einer weiteren beruflichen Betätigung durch den betroffenen Arbeitnehmer kann dagegen nicht gefordert werden, um den Schutzbereich der §§ 74 ff. HGB zu öffnen. Es muss bereits jedwede Beeinträchtigung der beruflichen Entfaltungsfreiheit ausreichen, um die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers auszulösen. Eine andere Lösung würde dem umfassenden Schutzaspekt des § 74 Abs. 2 HGB in diesem Zusammenhang nicht gerecht werden.

225 226 227 228 229

Kunz, DB 1993, 2482, 2486; Gaul, ZIP 1988, 689, 693. Gaul, ZIP 1988, 689, 693. Gaul, ZIP 1988, 689, 693. Bauer/Diller, § 4, Rdn. 124. Bauer/Diller, § 4, Rdn. 124.

86

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Entbehrlich ist es daher, dass von Seiten der Literatur zuweilen dennoch eine spürbare Beeinträchtigung der beruflichen Betätigung des Arbeitnehmers hinsichtlich der §§ 74 ff. HGB gefordert wird, obgleich auch bei vergleichsweise geringfügigen Verschwiegenheitsvereinbarungen eine Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers angenommen wird.230 Dies ist insoweit problematisch, als hierdurch wiederum Unklarheit hinsichtlich der Eingriffsintensität der Verschwiegenheitsvereinbarung entsteht und nunmehr festzulegen wäre, ab welcher Eingriffsintensität eine solche Spürbarkeit der Beeinträchtigung tatsächlich anzunehmen ist. Hintergrund des Zusatzkriteriums „Spürbarkeit“ ist offensichtlich die Auffassung, dass der Grad der Beeinträchtigung für den Arbeitnehmer jedenfalls eine Intensität erreichen muss, die über eine völlig unerhebliche Beschränkung der beruflichen Beeinträchtigung hinausgeht, da ansonsten die nach § 74 Abs. 2 HGB bestehende Entschädigungsverpflichtung des Arbeitgebers unangemessen erscheinen könnte. Inwieweit die Forderung nach einer spürbaren Beeinträchtigung der beruflichen Betätigung des Arbeitnehmers mit dem Regelungsgehalt der §§ 74 ff. HGB vereinbar ist, der gerade keine Differenzierung hinsichtlich der Eingriffsintensität vorsieht, erläutert dieser Argumentationsansatz jedoch nicht näher. Wie bereits ausgeführt würde durch ein Spürbarkeitserfordernis erneut ein Zusatzkriterium postuliert, dessen Beweis und inhaltliche Fixierung der Praxis erhebliche Probleme bereiten würde und aufgrund unterschiedlicher Einzelfallgestaltungen der Wirkungsweisen verschiedener Verschwiegenheitsklauseln als Voraussetzung für eine Entschädigungspflicht des Arbeitgebers kaum generalisiert werden könnte. Schließlich wäre es in hohem Maße inkonsequent, Bagatellfälle im Bereich nachvertraglicher Wettbewerbsverbote den §§ 74 ff. HGB zu unterstellen231, diese bei Verschwiegenheitsklauseln jedoch vom Anwendungsbereich der §§ 74 ff. HGB auszuschließen. Die Forderung eines solchen Spürbarkeitsgrades der Verschwiegenheitsvereinbarung für den Arbeitnehmer ist indes auch entbehrlich, da dem Arbeitgeber im Vorfeld der Vereinbarung einer Verschwiegenheitsklausel ohne weiteres eine Abwägungsentscheidung dergestalt zumutbar ist, ob er den Arbeitnehmer mit einem Geheimhaltungsgebot belegt und ihn im Gegenzug nach § 74 Abs. 2 HGB entschädigt oder er auf eine Verschwiegenheitsvereinbarung, die sich in dem hier erörterten Umfang ohnehin als marginal und damit vergleichsweise unerheblich darstellen müsste, ganz verzichtet. Da es sich bei den durch das Spürbarkeitskriterium ausgeschlossenen, ganz unerheblichen Verschwiegenheitsgeboten regelmäßig um Fälle handeln wird, in denen sich der Arbeitgeber zum Schutz der Geheimnisse ohnehin keiner weitreichenden Verschwiegenheitsvereinbarung wird bedienen müssen, wird dieses Kriterium durch die vorgezogene Abwägungsent-

230

Bauer/Diller, § 4, Rdn. 124. So die herrschende Meinung, etwa Röhsler/Borrmann, S. 71; Grunsky, S. 121; Grüll/ Janert, S. 39, differenzierend Bauer/Diller, § 4, Rdn. 108, die auch hier ein Spürbarkeitskriterium einfordern. 231

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

87

scheidung des Arbeitgebers weitgehend überflüssig.232 Im Streitfall würde Parteien und Gerichten aber das Problem einer mitunter schwierigen Beweisführung und inhaltlichen Fixierung eines solchen Spürbarkeitskriteriums genommen. Auch würde hierdurch eine Inkongruenz mit dem Regelungsgehalt der §§ 74 ff. HGB vermieden. Die Forderung entsprechender Intensitätskriterien ist insbesondere im Hinblick auf die Abwägung der Interessenlagen problematisch. Der Regelungsgehalt des § 17 UWG, nach dem sämtliche redlich erlangten Kenntnisse und Fähigkeiten nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich vom Arbeitnehmer selbst dann unbeschränkt verwendet werden dürfen, wenn sie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse betreffen, ist Ausdruck einer grundsätzlichen Wertungsentscheidung des Gesetzgebers.233 So sollen vertragliche Pflichten grundsätzlich mit der Beendigung des Dauerschuldverhältnisses enden und Ausnahmen hiervon einer gesonderten Begründung bedürfen.234 Geschuldet ist dies der hier ausnahmsweise einmal als gleichwertig zu beurteilenden Interessenlage der Vertragsparteien.235 So entspricht das Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers in diesem Bereich weitgehend dem des Arbeitnehmers an der Gewährleistung der eigenen freien beruflichen Entfaltungsmöglichkeit.236 Es ist vor diesem Hintergrund nicht einzusehen, warum die Parität der Interessenlager nunmehr durch die Errichtung zusätzlicher Hürden wie beispielsweise dem Überschreiten einer gewissen Intensitätsschwelle zu Lasten der Arbeitnehmerseite, sozusagen durch die Hintertür, zusätzlich beeinflusst werden sollte. Intensitätsschwellen sind insbesondere dann sinnvoll, wenn die Belastung durch ein bestimmtes Regulativ (Karenzentschädigung) im Vergleich zum potentiellen Risiko (Verwendung von Unternehmensgeheimnissen durch den Arbeitnehmer) unverhältnismäßig hoch auszufallen droht. Hier besteht für eine solche zusätzliche Arretierung der Wirkungsweise aber kein Bedürfnis. Der Arbeitgeber wird im fraglichen Grenzbereich der spürbaren/nicht spürbaren Beeinträchtigung der beruflichen Betätigung des Arbeitnehmers ohne weiteres die Frage beantworten können, ob er den Arbeitnehmer mit einer Geheimhaltungsklausel belegt oder nicht. Dies liegt im Bereich der unternehmerischen Entscheidung und Abwägung und bedarf keiner gesonderten Schutzmaßnahme im Sinne eines Spürbarkeitserfordernisses. Es kann an dieser Stelle nicht Aufgabe des Rechts sein, die durch eine unternehmerische Entscheidung etwaig entstehende Belastung zu Ungunsten der gegenüberstehenden Vertragspartei abzufedern, wenn es hierfür, wie hier, keine be-

232 In diese Richtung wohl im Ergebnis auch die Ausführungen bei Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 10. 233 Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 5. 234 Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 5 mit Verweis auf BAG DB 1994, 887, 888. 235 Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 5. 236 Berscheid u. a./Kunz, Kapitel 33, Rdn. 5.

88

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

sondere Veranlassung gibt. Ein anderes Ergebnis würde die Parität der Interessenslagen ungerechtfertigt zum Nachteil der Arbeitnehmerseite beeinflussen. Angesichts der drohenden Umgehungsgefahr der §§ 74 ff. HGB durch entsprechend ausgestaltete Verschwiegenheitsvereinbarungen ist damit das Erreichen einer Spürbarkeitsintensität in Bezug auf die berufliche Beeinträchtigung des Arbeitnehmers durch die Vereinbarung nicht zu fordern. bb) Fazit Die Vereinbarung einer Verschwiegenheitsklausel unterliegt unabhängig von der Eingriffsintensität stets den §§ 74 ff. HGB, sofern sie geeignet ist, den Arbeitnehmer in irgendeiner Form in seiner beruflichen Weiterentwicklung und Entfaltungsfreiheit zu beeinträchtigen. Ebenso wie im Bereich nachvertraglicher Wettbewerbsverbote werden auch sog. Bagatellfälle erfasst. Sofern daher bei solchen nachvertraglichen Verschwiegenheitsvereinbarungen eine Karenzentschädigungszusage fehlt, hat dies die Nichtigkeit der Geheimhaltungsklausel zur Folge.237 Eine gegenteilige Sichtweise führte neben Verstößen gegen die Systematik der §§ 74 ff. HGB insbesondere zu erheblicher Rechtsunsicherheit in der Vertragspraxis. Diese ist schon im Hinblick auf die gängige Praxis, in die Vertragsdokumenten oftmals sowohl Wettbewerbs- als auch Verschwiegenheitsvereinbarungen aufzunehmen, zwingend zu vermeiden. Es wäre falsch, Wettbewerbs- und Verschwiegenheitsvereinbarungen mit zweierlei Maß zu messen, obwohl sich die Wirkungsweise beider Vereinbarungen auf die berufliche Weiterentwicklung und Entfaltungsfreiheit im Einzelfall mitunter nur in Nuancen unterscheidet. Entschädigungsfrei bleiben demgegenüber solche Verschwiegenheitsvereinbarungen, die nicht geeignet sind, den Arbeitnehmer in irgendeiner Form in seiner beruflichen Weiterentwicklung und Entfaltungsfreiheit zu beeinträchtigen. 2. Mandantenschutzklauseln Mandantenschutzklauseln enthalten Vereinbarungen zwischen Angehörigen freier Berufe und ihren Angestellten, nach denen es den Angestellten nach deren Ausscheiden beim Arbeitgeber verboten ist, Mandanten des früheren Arbeitgebers selbstständig oder als Angestellte in einem anderen Arbeitsverhältnis weiter zu betreuen.238 Unterschieden wird grundsätzlich zwischen allgemeinen und beschränkten Mandantenschutzklauseln. Allgemeine Mandantenschutzklauseln untersagen dem Arbeitnehmer die Weiterbetreuung der Mandanten seines früheren Arbeitgebers, entweder als Selbst237

Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 9. BAG AP Nr. 35 zu § 611; LAG Baden-Württemberg BB 1985, 1534; hierzu auch Büsken, MDR 1985, 898 ff.; Preis/Stoffels, Kapitel II W 10, Rdn. 73. 238

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

89

ständiger oder als Arbeitnehmer. Einer solchen vertraglichen Vereinbarung stehen weder Gründe der Berufsausübungsfreiheit noch solche des Wettbewerbs- oder Standesrechts entgegen.239 Die Regelungen der §§ 74 ff. HGB gelten für solche, in ihrer tatsächlichen Wirkung einem Wettbewerbsverbot gleichkommenden Mandantenschutzklauseln analog, so dass deren wirksame Vereinbarung von der Zusicherung einer Karenzentschädigung abhängt.240 Dies gilt auch nach § 110 GewO, der u. a. auf § 74 HGB verweist. Das BAG hatte zunächst einen gegenteiligen Standpunkt vertreten, diesen später jedoch zutreffend wieder aufgegeben.241 Allgemeine Mandantenschutzklauseln unterscheiden sich in ihrer Wirkung auf die Erwerbstätigkeit des jeweiligen Angestellten nur unwesentlich von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten. Entschädigungslose Mandantenschutzklauseln stellen daher aufgrund der Intensität des Eingriffs in die beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten des Angestellten eine unangemessene und nicht zu rechtfertigende Benachteiligung der Arbeitnehmerseite dar. Ein geeigneter Vertragswortlaut einer solchen Mandantenschutzklausel wäre daher beispielsweise der folgende: (1) Der Angestellte ist verpflichtet, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer von zwei Jahren keine Mandate von solchen Auftraggebern anzunehmen, die in den letzten drei Jahren vor dem Ausscheiden des Angestellten zur Klientel des Unternehmens gehörten. (2) Als Ausgleich für die Einhaltung des in Abs. 1 beschriebenen Verbots zahlt das Unternehmen dem Angestellten eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte des vom Angestellten zuletzt bezogenen Entgelts beträgt. (3) Im Übrigen gelten die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB.

Beschränkte Mandantenschutzklauseln, die dem ausgeschiedenen Angestellten lediglich die aktive Werbung von Mandanten des ehemaligen Arbeitgebers untersagen und damit oftmals lediglich Verbote wiederholen, die dem Angestellten ohnehin durch das Standesrecht242 auferlegt werden, sind dagegen als bloße Abwerbeverbote und deklaratorische Wiederholung der entsprechenden Verbote entschädigungslos zulässig.243 Dieser Grundsatz beschränkt sich jedoch lediglich auf die freien Berufe und entwickelt außerhalb dieses Bereiches keine Rechtswirkung.

239

BAG EzA § 611 Konkurrenzklausel Nr. 1. BAG AP Nr. 25/26/30 zu § 611 BGB; Staub/Weber, Vor § 74, Rdn. 24; MünchKomm/ v. Hoyningen-Huene, § 74, Rdn. 11. 241 BAG AP Nr. 21 zu § 611. 242 Entsprechende Verbote finden sich beispielsweise in den Steuerberater- und Wirtschaftsprüferrichtlinien. 243 BAG AP Nr. 25 zu § 611. 240

90

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

3. Bedingte Wettbewerbsverbote Aus verschiedenen Gründen244 vermag der Arbeitgeber bei Unterzeichnung eines Arbeitsverhältnisses oder auch während des Bestehens desselben mitunter noch nicht hinreichend einzuschätzen, ob sein Vertragspartner bei einem späteren Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis wichtiger Know-how-Träger sein wird und daher vorsichtshalber nach Ausscheiden mit einem Wettbewerbsverbot zu belegen ist. Um diesem Umstand angemessen Rechnung zu tragen darf der Arbeitgeber die Geltung von Wettbewerbsverboten von aufschiebenden Bedingungen abhängig machen, etwa von dem Zugang zu bestimmten Geschäftsgeheimnissen und -feldern, Projekten, Märkten oder der Übertragung besonders verantwortungsvoller Aufgabenbereiche auf den Arbeitnehmer.245 Gleiches gilt für die Vereinbarung von auflösenden Bedingungen, beispielsweise in Fällen, in denen dem Arbeitnehmer bestimmte Verantwortungsbereiche nachträglich wieder entzogen werden oder das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Probezeit gekündigt wird.246 a) Wirksamkeitsschranken Das unter Vorbehalt des Eintritts einer objektiven Bedingung vereinbarte Wettbewerbsverbot ist als nachvollziehbares Instrumentarium zum Schutze des Unternehmens-Know-hows grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden.247 Dies ändert sich jedoch, wenn sich der Arbeitgeber entschädigungslos die Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Wettbewerbsverbotes vorbehält, der Arbeitnehmer mithin während des Bestands des Arbeitsverhältnisses nicht erkennen kann, ob er sich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Wettbewerbes enthalten muss, er das Wettbewerbsverbot folglich nur dann einzuhalten braucht, wenn der Arbeitgeber es einseitig in Kraft setzt.248 Der Arbeitgeber knüpft die Zusage einer Karenzentschädigung hier also an die Bedingung, dass er selbst das tatsächliche Eingreifen des zuvor vereinbarten Wettbewerbsverbotes beschließt. Interessant wird eine solche einseitige Option der Karenzentschädigungsverpflichtung für den Arbeitgeber wie oben bereits aufgezeigt in Fällen, in denen sich ein Arbeitnehmer im Laufe der Tätigkeit hinsichtlich etwaiger zukünftiger Wettbewerbshandlungen als ungefährlicher herausstellt, etwa weil er nicht oder nicht in dem zunächst prognostizierten Umfang Schlüsselpositionen im Unternehmen bekleidet hat. Der Arbeitgeber würde die Wettbewerbsabrede also nachträglich zu seinen Gunsten an die tatsächlichen 244 Zumeist jedoch aufgrund der schwierigen Prognostizierbarkeit der zukünftigen individuellen Entwicklung des Arbeitnehmers im Unternehmen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und der zu erwartenden Konkurrenzgefahr. 245 Reinfeld, S. 138; Darstellung der Zusammenhänge etwa bei Bauer/Diller, BB 1995, 1134 ff.; Grunsky, Festschrift 25 Jahre BAG, 153 ff.; Stefan, BB 1980, 685 ff. 246 BAG AP Nr. 16 zu § 620 BGB; Reinfeld, S. 138. 247 Bauer/Diller, § 10, Rdn. 515. 248 BAG AP Nr. 50 zu § 74 HGB; ErfKomm/Oetker, § 74, Rdn. 12; Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 228, 229.

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

91

Gegebenheiten anpassen können und mithin gegebenenfalls unter Umgehung der Schutzvorschriften der §§ 74 ff. HGB von einer Entschädigungspflicht frei werden. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob das Wettbewerbsverbot davon abhängig gemacht wird, dass der Arbeitgeber es tatsächlich auch in Anspruch nimmt oder sich der Arbeitgeber vorbehält, auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten. Beiden Fällen ist insoweit gemeinsam, dass der Arbeitnehmer bis zur Erklärung des Arbeitgebers im Ungewissen verbleibt und ihm bei Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit gegebenenfalls Unterlassungsklage und Schadensersatzforderungen seines früheren Arbeitgebers drohen.249 Derartige Vertragsklauseln können etwa folgenden Wortlaut haben: (1) Der Arbeitgeber behält sich vor, jederzeit und ohne die Angabe von Gründen ein Wettbewerbsverbot gegenüber dem Arbeitnehmer auszusprechen. (2) Für die Dauer eines solchen Wettbewerbsverbotes zahlt der Arbeitgeber, sofern er es dem Arbeitnehmer gegenüber tatsächlich ausspricht, eine Karenzentschädigung.

b) Unverbindlichkeit Solche bedingten Wettbewerbsverbote sind für den Arbeitnehmer grundsätzlich unverbindlich.250 Die Unverbindlichkeit ergibt sich bereits aus § 75 d HGB, der den Ausgleich des Kräfteungleichgewichts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezweckt, welches bei derartigen Vereinbarungen aufgrund der Abhängigkeit des Wettbewerbsverbots vom Willen des Arbeitsgebers besonders deutlich zutage tritt.251 Hiernach kann sich der Arbeitgeber auf eine Vereinbarung, durch die von den Vorschriften der §§ 74 bis 75 c HGB zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen wird, nicht berufen. Bedingte Wettbewerbsverbote umgehen den Schutzzweck des § 74 Abs. 2 HGB, der die Pflicht des Arbeitgebers zur unbedingten Zusage einer Karenzentschädigung bei Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots statuiert und für etwaige Dispositionsbefugnisse und Entscheidungsfreiheiten des Arbeitgebers hinsichtlich der Leistungsverpflichtung keinen Raum lässt.252 Dabei wird der Arbeitnehmer durch bedingte Wettbewerbsverbote gleich zweifach beschränkt: Während des Arbeitsverhältnisses verbleibt der Arbeitnehmer aufgrund der Wettbewerbsvereinbarung mit dem Arbeitgeber im Unklaren darüber, ob er durch den Arbeitgeber im Wege der Inanspruchnahme auf Wettbewerbsunterlassung gezwungen wird, sich in den aus Arbeitgebersicht wettbewerbsfreien Raum zu bewerben.253 Zudem darf der Arbeitnehmer zu seinem Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses 249 250 251 252 253

BAG AP Nr. 27 zu § 74 HGB. BAG AP Nr. 26 zu § 74 HGB; Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 230. LAG Düsseldorf DB 2002, 150. Reinfeld, S. 138. ErfKomm/Oetker, § 74, Rdn. 12; Kasseler Handbuch/Welslau, 6.1, Rdn. 438.

92

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

nicht in Wettbewerb treten, sofern der Arbeitgeber auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes besteht. c) Wahlrecht des Arbeitnehmers Aus dieser für den Arbeitnehmer damit in mehrfacher Hinsicht nachteiligen Situation folgt zwingend, dass der Arbeitgeber die Einhaltung eines bedingten Wettbewerbsverbots vom Arbeitnehmer nicht erzwingen kann, womit grundsätzlich ein Wahlrecht des Arbeitnehmers hinsichtlich der in der Wettbewerbsabrede getroffenen Verpflichtungen, insbesondere des Karenzentschädigungsanspruchs, entsteht.254 Der Arbeitnehmer hat jedoch insoweit nur eine einmalige Wahlmöglichkeit: Beabsichtigt er die Einhaltung des Wettbewerbsverbots, gegebenenfalls auch durch konkludentes Verhalten, hat er einen Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung durch den Arbeitgeber, dies allerdings nur insoweit, als er sich auch tatsächlich an die Wettbewerbsabrede hält.255 Es bedarf zudem grundsätzlich keiner weiteren Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber hinsichtlich der Einhaltung des Wettbewerbsverbots, womit auch der Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung unabhängig von einer gesonderten Unterrichtung des Arbeitgebers bezüglich der Wettbewerbsenthaltung entsteht. Dies gilt jedoch nicht für Abreden, bei denen das Inkraftsetzen des Wettbewerbsverbotes nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einer Willensentscheidung des Arbeitgebers abhängig ist und der Arbeitgeber hinsichtlich der Inkraftsetzung des Wettbewerbsverbotes schweigt. Es bedarf in solchen Fällen vielmehr einer Erklärung des Arbeitnehmers zu Beginn des vorbehaltenen Verbotszeitraums, ob er sich trotz des Schweigens des Arbeitgebers als gebunden betrachtet.256 Ist das Wettbewerbsverbot nur teilweise unverbindlich, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Karenzentschädigung, wenn er den nach § 74 a Abs.1 HGB verbindlichen Teil der Abrede einhält. Die Einhaltung auch des unverbindlichen Teils ist dann nicht erforderlich.257 Nur in Ausnahmefällen räumt das BAG dem Arbeitnehmer das Recht ein, vorübergehend das Wettbewerbsverbot einzuhalten und die Karenzentschädigung zu verlangen, wenn die teilweise Erfüllung im Interesse des Arbeitgebers liegt und die Parteien beschließen, eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit des Verbotes abwarten zu wollen.258 Angesichts der Notwendigkeit einer gleichteiligen Berücksichtigung aller Parteiinteressen folgt aus dem Wahlrecht des Arbeitnehmers hinsichtlich der Wettbewerbsabrede schließlich, dass dem Arbeitgeber angesichts seiner umfangreichen Verpflichtungen aus der Wettbewerbsabrede das Recht zuzubilligen ist, möglichst 254 BAG AP Nr. 36 zu § 74 HGB; ErfKomm/Oetker § 74, Rdn. 12; Schaub/Vogelsang, § 55, Rdn. 26; Bauer/Diller, § 5, Rdn. 156; Kittner, BB 2011, 1013, 1015. 255 BAG AP Nr. 60 zu § 74 HGB. 256 BAG v. 13. 05. 1986 – 3 AZR 85/85. 257 BAG v. 21. 04. 2010 – 10 AZR 288/09. 258 BAG v. 13. 05. 1986 – 3 AZR 85/85; zuvor AP Nr. 36/37 zu § 74 HGB.

D. Geltungsbereich der §§ 74 ff. HGB und Regelungsgehalt

93

frühzeitig von der Entscheidung des Arbeitnehmers über die Verbindlichkeit des Wettbewerbsverbots zu erfahren. Zu Recht wendet das BAG daher den Rechtsgedanken des § 264 Abs. 2 S. 1 BGB auf Fälle dieser Art insoweit an, als der Arbeitgeber berechtigt ist, den Arbeitnehmer unter Einräumung einer angemessenen Frist zur Ausübung seines Wahlrechts aufzufordern259, wobei in Anlehnung an § 4 KSchG eine Frist von drei Wochen als angemessen gilt.260 Konsequenterweise geht das Wahlrecht nach Ablauf dieser Frist im Sinne von § 264 Abs. 2 S. 2 BGB auf den Arbeitgeber über.261

IV. Fazit Die Anwendung der §§ 74 ff. HGB auf alle Arbeitnehmer durch die ständige Rechtsprechung des BAG war notwendig, da es gerade im Hinblick auf die Interessenlagen der von Wettbewerbsabreden Betroffenen unbillig wäre, eine bestimmte Gruppe von Angestellten über Gebühr zu bevorzugen. Allein die Eigenschaft der kaufmännischen Anstellung konnte einen hinreichenden Differenzierungsgrund nicht begründen, so dass die Entscheidung des BAG im Jahr 1969 in jeder Hinsicht richtig und überfällig war. Auch die grundsätzlich Einbeziehung von „abhängig freien Mitarbeitern“ in den Schutzbereich der §§ 74 ff. HGB, die sich auch jenseits der Fälle von Scheinarbeitnehmerschaft nicht selten nur in Bezug auf den nicht existenten Kündigungsschutz signifikant von den sonstigen Arbeitnehmern eines Unternehmens unterscheiden, ist in jeder Hinsicht notwendig. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die veränderten Beschäftigungssituationen auf dem heutigen Arbeitsmarkt, wo in nicht wenigen Branchen vermehrt auf Leiharbeitnehmer und freie Mitarbeiter anstelle von fest angestellten Arbeitnehmern zurückgegriffen wird. Insgesamt erscheint es im Hinblick auf die Interessenlage der Arbeitnehmer sinnvoll, die Geltung der §§ 74 ff. HGB weitest möglich vom Zeitpunkt der Vereinbarung der Wettbewerbsabrede abzukoppeln. Dies schließt einerseits insbesondere die Fälle ein, in denen ein Arbeitgeber die Wettbewerbsabrede unmittelbar oder zeitnah mit einem Aufhebungsvertrag zu vereinbaren beabsichtigt, andererseits die Fälle der Vereinbarung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus, in denen die notwendige Verbindung zum Arbeitsverhältnis nicht mehr gegeben ist. Um Arbeitnehmern einheitlichen Schutz der beruflichen Entfaltungsfreiheit zu gewährleisten, sind auch solche Verschwiegenheitsvereinbarungen an die Voraussetzungen der §§ 74 ff. HGB geknüpft, da sich diese in ihrer Wirkungsweise oftmals nicht wesentlich von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten unterscheiden und gleichermaßen geeignet sind, Arbeitnehmer in ihrer beruflichen Entfaltungsfreiheit

259

BAG AP Nr. 53 zu § 74 HGB. Kasseler Handbuch/Welslau, 6.1, Rdn. 441; a.A. Münchener Anwaltshandbuch/Reinfeld, § 32, Rdn. 45, der bereits eine Frist von zwei Wochen als ausreichend erachtet. 261 BAG AP Nr. 53 zu § 74 HGB. 260

94

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

einzuschränken.262 Wie bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten sind auch bei Verschwiegenheitsvereinbarungen keine Spürbarkeitsbarrieren zu überwinden, um die Folgen aus §§ 74 ff. HGB zu erhalten. Es entspricht in jeder Hinsicht einem gerechten Interessenausgleich, dem Arbeitgeber die Entschädigungsverpflichtung aufzubürden, wenn er es selbst in Bagatellfällen für notwendig erachtet, seine Arbeitnehmer mit Wettbewerbsverboten oder Verschwiegenheitsverpflichtungen zu belegen. Da es dem Arbeitnehmer angesichts der Rechtsfolgen eines Wettbewerbsverbotes nicht uneingeschränkt zugemutet werden kann, auf die einseitige Inkraftsetzung eines Wettbewerbsverbotes durch den Arbeitgeber zu warten und somit für lange Zeit im Ungewissen zu verbleiben, muss im Hinblick auf den Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien zwingende Rechtsfolge solcher Abreden deren Unverbindlichkeit für den Arbeitnehmer sein. Dieser hat es nun selbst in der Hand, ob er sich trotz der Phase der Ungewissheit letztlich doch an das Wettbewerbsverbot halten will und dann auch die Karenzentschädigung für sich beanspruchen darf oder er vielmehr seine volle berufliche Entfaltungsfreiheit und die Möglichkeit zur Konkurrenztätigkeit vorzieht. Letzteres ist unmittelbare Folge eines gerechten Interessenausgleichs zwischen den Vertragsparteien und eine der zentralen Weichenstellungen im Hinblick auf die Lastenverteilung bei Wettbewerbsabreden, gerade im Hinblick auf Verlässlichkeit und Planungssicherheit für die zukünftige Existenzsicherung.

E. Entschädigungsunabhängige Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen Unter Zugrundelegung des Wortlautes des § 74 Abs. 1 HGB stellt jede Vereinbarung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, die den jeweiligen Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in seiner beruflichen Tätigkeit beschränkt, ein Wettbewerbsverbot dar. Aufgrund der getroffenen Wettbewerbsabrede schuldet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Wettbewerbsenthaltung im vertraglich festgelegten Umfang. Der Arbeitgeber ist im Gegenzug gemäß § 74 Abs. 2 HGB zur Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichtet. Aufgrund der erheblichen Eingriffsintensität unterliegen Konkurrenzklauseln trotz der Karenzentschädigungsverpflichtung des Arbeitgebers weiteren gesetzlichen Beschränkungen, deren Nichteinhaltung jedoch unterschiedliche Rechtsfolgen hat.263 Um Wettbewerbsverbote als Selbstzweck oder in Form bezahlter Berufsverbote zu vermeiden, ist für die Vereinbarkeit von Konkurrenzklauseln ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers erforderlich. Zudem darf das Fortkommen 262 263

Bauer/Diller, DB 1995, 426 ff. zu indirekten Wettbewerbsverboten. Überblick etwa bei Plett, DB 1986, 2282 ff.; Fröhlich/Heine, ArbRB 2010, 190 ff.

E. Entschädigungsunabhängige Wirksamkeitsvoraussetzungen

95

des Arbeitnehmers nicht unverhältnismäßig stark beschränkt werden. Niedergelegt sind diese Erfordernisse als rechtshindernde Einwendungen in § 74 a Abs. 1 HGB. Danach ist ein Wettbewerbsverbot unverbindlich, wenn es nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Prinzipals dient. Es ist ferner unverbindlich, soweit es unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Gehilfen enthält.

I. Berechtigtes geschäftliches Interesse, § 74 a Abs. 1 S. 1 HGB Hinsichtlich des nach § 74 a Abs. 1 S. 1 HGB erforderlichen berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers soll nach Ansicht des BAG bereits die Besorgnis ausreichend sein, dass aufgrund der besonderen Kenntnisse des Arbeitnehmers, die dieser an seinem Arbeitsplatz erworben hat, die Gefahr der Weitergabe betrieblicher Geheimnisse oder des Einbruchs in den Kunden- bzw. Lieferantenkreis durch diesen besteht.264 Erforderlich ist also zumindest ein konkreter und finaler Bezug zwischen der bisherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers im Unternehmen und dem Gegenstand der Wettbewerbsabrede265, obgleich das Merkmal der Besorgnis des Arbeitgebers Anlass zu Zweifeln an der Weite der vom BAG getroffenen Einschätzung gibt. Denn die Besorgnis um die Abwanderung besonderer unternehmensspezifischer Kenntnisse und Geheimnisse und deren Weitergabe wird der Arbeitgeber beim Weggang eines Arbeitnehmers zumeist ohne weiteres nachweisen können. Basierend auf dieser sehr weiten Auslegung des berechtigten geschäftlichen Interesses steht dem Arbeitgeber eine Vielzahl an Möglichkeiten offen, sich eine fachliche Spitzenkraft zu erhalten oder diese zumindest per Wettbewerbsverbot für die Konkurrenz zu blockieren.266 Dieser Problematik war sich das BAG aber offensichtlich bewusst und hat einer solchen Zielsetzung mit Entscheidung vom 01. 08. 1995267 eine deutliche Absage erteilt. Das berechtigte geschäftliche Interesse nach § 74 a Abs. 1 S. 1 HGB ist danach so zu verstehen, dass die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers gerade durch eine Verwertung der vom Arbeitnehmer im Unternehmen gesammelten Kenntnisse und Fähigkeiten konkret gefährdet sein müssen, so dass eine bloße Sorge darüber gerade nicht ausreicht. Dieses Interesse muss darüber hinaus im Zeitpunkt 264

BAG NJW 1988, 1686. Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 229; Westhoff, RdA 1976, 353. Unzulässig wären daher solche Wettbewerbsverbote, die sich auf Handelszweige erstrecken, die überhaupt nicht im Geschäft des Arbeitgebers betrieben werden. 266 So sind u. a. folgende Motive des Arbeitgebers für unzulässig erachtet worden: Erschwerung des Arbeitsplatzwechsels des Arbeitnehmers, BAG AP Nr. 21 zu § 133 f GewO; Vermeidung der Stärkung von Konkurrenzunternehmen, BAG AP Nr. 5 zu § 74 a HGB und Ausschluss von Kontakten zu künftigen Kundenstämmen, BAG AP Nr. 15 zu § 133 f GewO. 267 BAG DB 1996, 481. 265

96

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

der Geltendmachung der Rechte aus dem Wettbewerbsverbot noch bestehen.268 Für den Fall, dass ein solches berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers nicht besteht, ist die Wettbewerbsklausel unverbindlich, womit der Arbeitnehmer die Wahl hat, ob er entschädigungslos eine Wettbewerbstätigkeit aufnehmen oder sich im Gegenzug zur Beanspruchung einer Karenzentschädigung an die Wettbewerbsvereinbarung halten möchte.269 Dabei gilt es zu beachten, dass ein etwaig zu weit gefasstes Wettbewerbsverbot im Sinne einer geltungserhaltenden Reduktion nicht insgesamt, sondern lediglich insoweit unwirksam ist, als es über das berechtigte geschäftliche Interesse des Arbeitgebers hinausreicht.270 1. Darlegungs- und Beweislast Die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvorliegen eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers an der Aufrechterhaltung und Durchsetzung des Wettbewerbsverbots trifft nach überwiegender Ansicht den Arbeitnehmer.271 Zu folgen ist dies aus dem Charakter des § 74 a HGB als Schutzvorschrift zugunsten des Arbeitnehmers. Dass diese Beweisführungspflicht den Arbeitnehmer regelmäßig vor erhebliche Schwierigkeiten stellen wird, ist offensichtlich. 2. Beweisprobleme Dorndorf verweist in diesem Zusammenhang zutreffend auf den für Arbeitnehmer nur schwer zu erbringenden Nachweis, dass der tatsächliche Hintergrund des Wettbewerbsverbots die Vermeidung einer Abwanderung des Arbeitnehmers zur Konkurrenz ist und nicht etwa der Schutz von Betriebsgeheimnissen, o. ä.272 Erforderlich sei daher eine Beweiserleichterung des Arbeitnehmers in der Form, dass der bloße Nachweis von Tatsachen ausreichend sei, aus denen folgt, dass die in Rede stehende, zukünftige berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht den Gefährdungsgrad für die Betriebsgeheimnisse des Arbeitgebers erreicht, welcher zur Rechtfertigung eines Wettbewerbsverbots als hinreichend, aber auch als erforderlich zu erachten sei.273 Teilweise wird dem Arbeitnehmer auch zugebilligt, dass er le-

268

BAG BB 1996, 496; Staub/Weber, § 74 a, Rdn. 6. Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 25; Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 230. Sollte das berechtigte geschäftliche Interesse des Arbeitgebers nachträglich entfallen, so tritt eine Unverbindlichkeit ex nunc ein. 270 Schaub/Vogelsang, § 55, Rdn. 62. 271 Bauer/Diller, § 8, Rdn. 331; Staub/Weber, § 74 a, Rdn. 2; Schlegelberger/Schröder, § 74 a, Rdn. 3; Buchner, Rdn. C 259; Grüll/Janert, S. 45; Kasseler Handbuch/Welslau, Kap. 6.1, Rdn. 468; a.A. soweit ersichtlich lediglich Tschöpe/Hiekel Teil 2 F, Rdn. 25. 272 Dorndorf, S. 260, 261; hierzu auch Bauer/Diller, § 8, Rdn. 331. 273 Dorndorf, S. 261. 269

E. Entschädigungsunabhängige Wirksamkeitsvoraussetzungen

97

diglich den ersten Anschein eines fehlenden berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers zu beweisen habe.274 3. Stellungnahme Beiden Ansätzen ist im Sinne einer Beweiserleichterung für die Arbeitnehmerseite uneingeschränkt beizupflichten, obgleich es angesichts derartiger Beweisschwierigkeiten generell sinnvoll erscheint, dem Arbeitgeber die Pflicht zur substantiierten Darlegung eines berechtigten geschäftlichen Interesses am Wettbewerbsverbot aufzubürden. Es ist nur schwer einzusehen, warum gerade der Arbeitnehmer beurteilen können soll, ob der Arbeitgeber bei der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots ein berechtigtes geschäftliches Interesse verfolgt. Zum Beweis eines solchen Interesses bedarf es bereits vertiefter Einblicke in die Unternehmensstruktur, die zumindest nicht jeder Arbeitnehmer, der mit einem entsprechenden Wettbewerbsverbot belegt wird, ohne weiteres wird erbringen können. Da es sich wie oben bereits angesprochen bei den Merkmalen des § 74 a Abs. 1 HGB jedoch um rechtshindernde Einwendungen zugunsten des Arbeitnehmers handelt, die ihm zugleich die Behauptungs- und Beweislast für den Mangel des berechtigten geschäftlichen Interesses aufbürden, steht einer Beweispflicht des Arbeitgebers und damit zugleich einer gegebenenfalls flexiblen Handhabung275 einzelner Beweisfragen wie der soeben dargestellten die gesetzliche Beweislastverteilung entgegen. Dem Arbeitnehmer verbleiben jedoch die oben angesprochenen Beweiserleichterungen in Form des Tatsachennachweises und Bezug auf den fehlenden Gefährdungsgrad und des Beweises eines ersten Anscheins für das Fehlen eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers für ein bestimmtes Wettbewerbsverbot, was in den überwiegenden Fällen bereits zu einer deutlichen Erleichterung der Beweisführungspflicht des Arbeitnehmers führen dürfte. Aus vertragspraktischer Sicht des Arbeitgebers sollte der sorgfältigen und einzelfallbezogenen Evaluation der voraussichtlich zu erwartenden Entwicklung des Arbeitnehmers im Unternehmen höchste Priorität eingeräumt werden. Hierzu gehört auch die möglichst detaillierte Erfassung der einzelnen Tätigkeiten, die dem Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Unternehmen verboten sein sollen. Eine solche Einzelbenennung der verbotenen Tätigkeiten ist schon deshalb geboten, weil die Rechtsprechung den Zusammenhang zwischen bisheriger Tätigkeit und der untersagten Wettbewerbshandlung prüft.

274

Bauer/Diller, § 8, Rdn. 331. Zu denken ist in erster Linie an eine Verteilung bzw. Umkehr der Beweislast in Fällen, in denen es den Arbeitnehmer vor erhebliche Schwierigkeiten stellt, entsprechende Beweise zu führen. In diese Richtung zielt wohl auch die o.g. Ansicht von Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 25, wonach der Arbeitgeber das berechtigte geschäftliche Interesse substantiiert nachzuweisen hat. Dieser Ansicht, obgleich im Ergebnis überzeugend, steht jedoch die aktuelle Gesetzeslage entgegen. 275

98

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

II. Keine unbillige Erschwerung des Fortkommens, § 74 a Abs. 1 S. 2 HGB Über das berechtigte geschäftliche Interesse des Arbeitgebers am Wettbewerbsverbot hinaus muss sich die durch das Wettbewerbsverbot drohende Belastung des Arbeitnehmers im Zeitpunkt der beabsichtigten Aufnahme der Konkurrenztätigkeit innerhalb eines Bereiches bewegen, der die Grenzen zu einer unbilligen Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers gem. § 74 a Abs. 1 S. 2 HGB nicht überschreitet.276 Herauszuarbeiten ist also das Maß der den Arbeitnehmer im Fall des Ausscheidens aus dem jeweiligen Unternehmen durch die Wettbewerbsabrede insgesamt treffenden Belastungen. Diese können vielfältiger Art sein und richten sich etwa nach dem Alter des Arbeitnehmers oder seiner bisherigen Stellung im Unternehmen. Die hieraus resultierende Interessenabwägung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite erstreckt sich auf örtliche, zeitliche und gegenständliche Wirkungsweise des Wettbewerbsverbots und hängt in hohem Maße von einer Einzelfallabwägung ab, was zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Wettbewerbsabreden führen kann.277 Führt die Wettbewerbsvereinbarung nach Ort, Zeit oder Gegenstand zu einer unbilligen Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers, ist die entsprechende Klausel unverbindlich, mit der Folge, dass der Arbeitnehmer ein entsprechendes Wahlrecht hinsichtlich der Geltung des Klauselinhaltes hat.278 Entschärft wird diese Problematik allerdings von dem Grundsatz, dass mit steigender Karenzentschädigung auch die Zumutbarkeitsschwelle beim Arbeitnehmer erhöht werden soll.279 Unabhängig von den persönlichen Verhältnissen der am Verbot beteiligten Personen280, welche ansonsten im Vordergrund der Abwägungsentscheidung stünden, kann der Arbeitgeber seinen Interessen durch entsprechende Anpassung der Karenzentschädigungsleistung demnach Vorrang vor denen des Arbeitnehmers einräumen, diese also quasi „aufkaufen“. Demnach kann eine über der Grenze des § 74 Abs. 2 HGB liegende Karenzentschädigungsleistung eine Wettbewerbsabrede also in den Bereich der Wirksamkeit überführen, die bei Zahlung der gesetzlich vorgesehenen Mindesthöhe eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Arbeitgebers darstellen würde.281 Obgleich das dem Arbeitgeber hiermit zugestandene Instrument zur signifikanten Steuerung der Interessenabwägung zu seinen Gunsten zunächst aus Wertungsgesichtspunkten problematisch erscheint, wird damit im Grunde nur die eigentliche Funktion der Karenzentschädigungszusage des Arbeitgebers in den Vordergrund 276 277 278 279 280 281

Im Wesentlichen gleich lautend insoweit § 133 f GewO. Winterstein, NJW 1989, 1463, 1464; Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 229. Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 230. BAG AP Nr. 19 zu § 133 f GewO. Richtiger Hinweis von LAG Berlin v. 17. 04. 1998 – 6 Sa 4/98. Kasseler Handbuch/Welslau, Kap. 6.1, Rdn. 472.

E. Entschädigungsunabhängige Wirksamkeitsvoraussetzungen

99

gerückt. Der Arbeitnehmer wird die Wirkung des Wettbewerbsverbots regelmäßig primär auf der monetären Ebene spüren. Der zu erwartende finanzielle Verlust wird aber gerade durch eine erhöhte Entschädigungszahlung des Arbeitgebers zumindest teilweise aufgefangen, so dass der Arbeitnehmer im Idealfall nur gewisse wirtschaftliche, aber keine existentiellen Nachteile erleidet. Obwohl der Arbeitgeber auch im Bereich der nach § 74 a Abs. 1 S. 2 HGB erforderlichen Interessenabwägung die flexiblere Verhandlungsposition hat, stellt die einseitige Gestaltungsmöglichkeit der Abwägungsentscheidung daher keine unverhältnismäßige Bevorzugung der Arbeitgeberinteressen dar. Wird das anzuerkennende Maß der Möglichkeit des beruflichen Fortkommens dennoch überschritten, erfolgt auch in diesem Zusammenhang eine Zurückstufung des Inhalts des Wettbewerbsverbots im Wege der geltungserhaltenden Reduktion.282

III. Zeitliche Höchstgrenze von zwei Jahren, § 74 a Abs. 1 S. 3 HGB Gem. § 74 a Abs. 1 S. 3 HGB kann ein Wettbewerbsverbot bis zu einer Höchstdauer von maximal zwei Jahren vereinbart werden. Eine Überschreitung der zulässigen Höchstdauer hat zur Folge, dass das Wettbewerbsverbot hinsichtlich des überschießenden Teils für den Arbeitnehmer unverbindlich wird.283 Unmittelbare Rechtsfolge einer solchen zeitlich überschießenden Wettbewerbsabrede ist also, dass das Wettbewerbsverbot auf die zulässige Höchstdauer reduziert wird und dem Arbeitnehmer lediglich ab dem Zeitpunkt des Überschreitens der Höchstdauer ein Wahlrecht bezüglich des überschießenden Teils der Wettbewerbsabrede eingeräumt wird.284 Für den sich innerhalb der Zweijahresfrist befindlichen Teil gilt bei ansonsten fehlerfreiem Wettbewerbsverbot die Verbindlichkeit der Abrede und die Pflicht des Arbeitnehmers, sich abredegemäß einer bestimmten Konkurrenztätigkeit zu enthalten. Für den Fall, dass sich das berechtigte geschäftliche Interesse des Arbeitgebers nicht über den vollen Zweijahreszeitraum erstreckt, kann der Arbeitnehmer eine entsprechende Verkürzung eines über das tatsächliche berechtige geschäftliche Interesse des Arbeitgebers hinausgehenden Gesamtzeitraums der Wettbewerbsvereinbarung verlangen.285 Die Frist von zwei Jahren beginnt mit der rechtlichen Beendigung des jeweiligen Arbeitsverhältnisses.

282 283 284 285

Münchener Anwaltshandbuch/Reinfeld, § 32, Rdn. 29. BAG AP Nr. 24 zu § 611 BGB. BAG v. 19. 05. 1983 – 2 AZR 171/81; LAG Düsseldorf v. 04. 03. 1997 – 3 Sa 1644/96. Grüll/Janert, S. 47; Schaub, RdA 1971, 272 ff.

100

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

IV. Örtliche Beschränkungen Örtliche Beschränkungen einer Wettbewerbsabrede folgen indirekt aus dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers im Sinne von § 74 a Abs. 1 S. 1 HGB: Nur dort, wo tatsächlich auch Konkurrenz droht, darf der Arbeitgeber seine berechtigten geschäftlichen Interessen durchsetzen.286 Dies kann zu einer örtlichen Beschränkung des jeweiligen Wettbewerbsverbotes führen, muss es aber nicht, etwa dann, wenn der Arbeitgeber mit seinem Unternehmensgegenstand weltweit operiert und er eine weltweit bestehende Konkurrenzsituation glaubhaft machen kann. Unter dem Gesichtspunkt eines gerechten Interessenausgleichs muss ein weltweites Wettbewerbsverbot jedoch eine Ausnahme bleiben, da ansonsten faktisch ein Berufsverbot für die Karenzzeit ausgesprochen würde. Zumeist werden sich Wettbewerbsabreden daher geografisch auf bestimmte Bereiche, etwa Stadtbezirke, Städte, Bundesländer oder sonstige Regionen beschränken müssen.287

V. Gegenständliche Beschränkungen Auch gegenständlich darf das Wettbewerbsverbot das Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unbillig erschweren. Die Voraussetzung wird oftmals übergangen, obwohl sie den wichtigen Bereich der oben bereits dargestellten Unterscheidung zwischen unternehmensbezogenen und tätigkeitsbezogenen Wettbewerbsverboten betrifft.288 Im Gegensatz zu den tätigkeitsbezogenen Wettbewerbsverboten, die bei Vorliegen der sonstigen Wirksamkeitsvoraussetzungen regelmäßig auch unter Billigkeitsgesichtspunkt in Bezug auf das Fortkommen des betroffenen Arbeitnehmers möglich sind, halten unternehmensbezogene Wettbewerbsverbote nur in Einzelfällen der Billigkeitskontrolle stand.289 Letzteres wird regelmäßig für in der Unternehmenshierarchie besonders herausragende Schlüssel- und Führungskräfte zu bejahen sein, die zumeist über ein überdurchschnittliches Unternehmens-Know-how und entsprechende Branchenkenntnisse verfügen und aufgrund der besonderen wettbewerblichen Relevanz auch unternehmensbezogene Wettbewerbsverbote rechtfertigen.290

VI. Formvoraussetzungen Den durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot erzeugten empfindlichen Beschränkungen der künftigen beruflichen Entfaltungsfreiheit des Arbeitnehmers 286

Bauer/Diller, § 8, Rdn. 331. Bauer/Diller, § 8, Rdn. 331 mit Hinweis auf die Offenlassung in BAG AP 24 zu § 133 f GewO. 288 Abschnitt B. IV. 289 Buchner, Rdn. C 265. 290 BAG v. 16. 12. 1969 AR Blattei ES 1830 Nr. 64; Buchner, Rdn. C 265. 287

E. Entschädigungsunabhängige Wirksamkeitsvoraussetzungen

101

hat der Gesetzgeber mit der Normierung besonderer Formvorschriften Rechnung getragen.291 Über den konkreten Zweck der für Wettbewerbsabreden geltenden Formvoraussetzung besteht indes Uneinigkeit, doch dürften hierzu in erste Linie Warnfunktion292, Übereilungsschutz und Rechtsklarheit293 sowie Dokumentationsfunktion294 zählen. Konkurrenzklauseln unterliegen zweier formaler Anforderungen: Sie bedürfen gem. § 74 Abs. 1 HGB der Schriftform und der Aushändigung an den vom Verbot betroffenen Arbeitnehmer durch den jeweiligen Arbeitgeber. 1. Schriftform Nach § 74 Abs. 1 HGB gilt für die das nachvertragliche Wettbewerbsverbot enthaltende Vertragsurkunde die gesetzliche Schriftform i.S.d. § 126 BGB. Die Nichteinhaltung der Schriftform hat die Nichtigkeit der entsprechenden Konkurrenzklausel zur Folge.295 Im Hinblick auf den Vertragscharakter der Wettbewerbsabrede ist eine solche Vertragsurkunde grundsätzlich von beiden Parteien zu unterzeichnen.296 § 126 Abs. 2 BGB stellt jedoch klar, dass eine Unterzeichnung beider Parteien auf derselben Urkunde nicht erforderlich ist, obwohl dies in der Vertragspraxis zur einfacheren Dokumentation der Vertragsabrede in der überwiegenden Zahl der Fälle so gehandhabt wird. Werden über den Vertrag dennoch mehrere gleich lautende Urkunden aufgenommen, so genügt es den Erfordernissen der gesetzlichen Schriftform, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.297 a) Vereinbarung im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag Häufig wird die Wettbewerbsklausel aber Teil des Arbeitsvertrages sein, so dass es nach Ausfertigung und Unterschrift desselben keiner gesonderten urkundlichen Ausstellung und Unterschrift der Konkurrenzklausel bedarf. Weil der dem Wettbewerbsverbot zugrunde liegende Arbeitsvertrag jedoch grundsätzlich formfrei geschlossen werden kann, werden die Formvorschriften des § 74 Abs. 1 HGB in diesen Fällen zuweilen nicht oder nicht hinreichend beachtet. Häufig anzutreffen sind Fälle, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein unterschriebenes Exemplar des Arbeitsvertrages per Fax zukommen lässt und ihn gleichzeitig bittet, eine unterschriebene Kopie an ihn zurückzuschicken.298

291 292 293 294 295 296 297 298

Hierzu insgesamt etwa Diller, RdA 2006, 45. Buchner, Rdn. C 160. Heymann/Henssler, § 74, Rdn. 18. Bauer/Diller, § 6, Rdn. 185. Prange/Laimer/Eisele RIW 2008, 227, 230. Bauer/Diller § 6, Rdn. 189. Grüll/Janert, S. 36; Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 228. Bauer/Diller, § 6, Rdn. 191; Kasseler Handbuch/Welslau, 6.1, Rdn. 426.

102

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Trotz des Vorliegens zweier getrennter und wechselseitig unterschriebener Vertragsexemplare erhält hier der Arbeitnehmer das vom Arbeitgeber unterzeichnete Vertragsdokument nicht im Original, sondern lediglich als Fax, so dass die erforderliche Form nicht gewahrt wurde. Die Unterschriften müssen eigenhändig vorgenommen werden, so dass mechanische und faksimilierte Unterschriften sowie die Übermittlung derselben durch Telefax oder auf elektronischem Wege nicht ausreichend ist. Auch ein bloßer Briefwechsel wäre zur Wahrung des Schriftformerfordernisses unzureichend, was sich bereits aus § 127 S. 2 BGB ergibt. Eine fehlende Unterzeichnung der Wettbewerbsklausel ist jedoch unschädlich, wenn die Konkurrenzklausel zwar auf einem gesonderten Dokument vermerkt, dieses jedoch nach den Grundsätzen der Gesamturkunde fest mit dem Arbeitsvertrag verbunden ist und der Arbeitsvertrag ausdrücklich auf die Konkurrenzklausel verweist.299 b) Nebenabreden Im Hinblick auf § 74 Abs. 1 HGB unzureichend wäre es zudem, lediglich die Hauptpflichten aus dem Wettbewerbsverbot schriftlich zu fixieren, im Gegenzug jedoch Nebenabreden in nicht unterschriebenen Anlagen festzuhalten.300 Dabei spielt es keine Rolle, ob die Nebenabreden für den Arbeitnehmer günstig oder nachteilig sind. Zudem müssen sowohl die Verpflichtung zur Wettbewerbsenthaltung als auch die Zusage einer Entschädigungszahlung schriftlich fixiert werden.301 c) Regelungsbeispiel In der Vertragspraxis zur Regelung der genauen Höhe der Karenzentschädigung häufig und zulässig sind Verweise auf den Gesetzeswortlaut des § 74 Abs. 2 HGB.302 Die entsprechende Vertragsklausel hat in diesen Fällen regelmäßig in etwa den folgenden Wortlaut: Die Höhe der zu zahlenden Entschädigung bestimmt sich nach § 74 Abs. 2 HGB. – alternativ – Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die nach dem Gesetz zu leistende Mindestentschädigung zu zahlen.

Derartige Verweise auf die Regelungen des § 74 Abs. 2 HGB sind im Hinblick auf die Formerfordernisse des § 74 Abs. 1 HGB zulässig und haben gegenüber summenmäßig konkret festgesetzten Beträgen den entscheidenden Vorteil, dass keine erneute Anpassung der Klausel an veränderte Bedingungen erforderlich ist, etwa weil aufgrund etwaiger Gehaltserhöhungen im Laufe des Arbeitsverhältnisses 299 300 301 302

BAG AP Nr. 46 zu § 74 HGB. BAG AP 35 zu § 74 HGB. Kasseler Handbuch/Welslau, 6.1, Rdn. 426. BAG AP Nr. 35 zu § 74 HGB.

E. Entschädigungsunabhängige Wirksamkeitsvoraussetzungen

103

nunmehr der ursprünglich vereinbarte Betrag nicht mehr den Vorgaben des § 74 Abs. 2 HGB entspricht.303 Jede nachträgliche Änderung der Wettbewerbsklausel bedarf erneut der Form des § 74 Abs. 1 HGB, wobei nach § 126 Abs. 3 HGB die Schriftform jeweils durch gerichtliche oder notarielle Beurkundung ersetzt werden kann. Gleichfalls denkbar und zulässig sind Fälle, in denen lediglich die Hauptpflichten aus dem Wettbewerbsverbot schriftlich fixiert werden, jedoch ansonsten auf die Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB verwiesen wird.304

2. Aushändigung Erst mit der Aushändigung der das Wettbewerbsverbot enthaltenden Urkunde an den Arbeitnehmer wird dieses auch verbindlich.305 Der Arbeitnehmer soll sich jederzeit über Rechte und Pflichten aus dem Wettbewerbsverbot informieren können.306 Aus diesem Grund muss ihm die Urkunde dauerhaft überlassen werden.307 Ausreichend ist die Übergabe entweder einer gerichtlichen oder notariellen Ausfertigung der Vertragsurkunde (§ 47 BeurkG), unzureichend hingegen eine beglaubigte Abschrift derselben.308 Die Aushändigung der Urkunde muss zudem im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertragsschluss stehen, also unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, erfolgen.309 Der Arbeitnehmer ist zur Entgegennahme der ihm zur Übergabe angebotenen Urkunde verpflichtet. Lehnt er die Annahme ab oder hintertreibt er diese arglistig310, muss er sich nach § 162 BGB so behandeln lassen, als wäre die Übergabe der Urkunde ordnungsgemäß erfolgt.311 Erfolgt keine fristgerechte Aushändigung der Vertragsurkunde, so hat dies die Unwirksamkeit der Wettbewerbsabrede zur Folge. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Arbeitnehmer die Urkunde gleichwohl trotz der Verspätung in Empfang nimmt. Grundsätzlich gilt jedoch, dass der Arbeitnehmer nicht mehr zur Entgegennahme der Urkunde verpflichtet ist, wenn der Arbeitgeber die Aushändigung der Urkunde verzögert. Sofern das Wettbewerbs303 In derartigen Fällen wäre die Wettbewerbsabrede aufgrund der Unterschreitung des mindestens die Hälfte der vertragsmäßigen Leistungen ausmachenden Betrages unverbindlich, so dass der Arbeitnehmer insoweit ein Wahlrecht hätte: Er kann sich entweder von dem Verbot lossagen, es andererseits aber auch einhalten und sich somit den Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung erhalten. 304 Bauer/Diller, § 6, Rdn. 199. 305 Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 230; Laskawy, NZA 2012, 1011, 1014. 306 Kasseler Handbuch/Welslau, 6.1, Rdn. 428. 307 LAG Nürnberg NZA 1995, 532. 308 Schaub/Vogelsang, § 55, Rdn. 39. 309 LAG Nürnberg NZA 1995, 532. 310 Etwa durch Angabe einer falschen Anschrift, LAG Hamm v. 19. 09. 2003 – 7 Sa 863/03. 311 Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 16; MünchKomm/v. Hoyningen-Huene, § 74, Rdn. 39.

104

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

verbot Bestandteil eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung ist, müssen dem Arbeitnehmer auch der entsprechende Tarifvertrag bzw. die jeweilige Betriebsvereinbarung ausgehändigt werden. Während die Verletzung der Schriftform regelmäßig zur Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots nach § 125 Abs. 1 BGB führt, liegt bei fehlender Aushändigung der Vertragsurkunde lediglich Unverbindlichkeit des Verbots vor. 3. Folgen bei Nichtbeachtung von Formerfordernissen Grundsätzlich kann ein Wettbewerbsverbot, welches gegen ein gesetzliches Formerfordernis verstößt, nicht mit der Einrede unzulässiger Rechtsausübung aufrechterhalten werden.312 Erforderlich wären insoweit besonders erschwerende Umstände, die die Einrede unzulässiger Rechtsausübung ausnahmsweise billig erscheinen ließen. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Geltendmachung der Nichtigkeit wegen eines Formmangels mit Rücksicht auf das frühere Verhalten der die Nichtigkeit geltend machenden Partei gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben verstößt.313 Das BAG lässt dies beispielsweise in Fällen zu, in denen der die Nichtigkeit geltend machende Vertragsteil die Nichtigkeit bereits bei Vertragsschluss gekannt und seinen Vertragspartner im Glauben an die Gültigkeit der Wettbewerbsklausel belassen hat.314

VII. Fazit Im Vergleich zum noch aufzuzeigenden englischen Recht vollzieht sich die Prüfung der Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nach deutschen Recht sehr schematisch anhand weniger Voraussetzungen, die allerdings unabhängig voneinander zu prüfen sind und selbstständig nebeneinander erfüllt sein müssen.315 Die Wettbewerbsabrede muss durch ein berechtigtes geschäftliches Interesse gestützt sein und darf das Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unbillig erschweren, wozu eine Abwägung in zeitlicher (maximal zwei Jahre), örtlicher (insbesondere nur dort, wo wirklich Wettbewerb droht) und gegenständlicher (zumeist tätigkeitsbezogene statt unternehmensbezogene Verbote) Hinsicht erforderlich ist. Die Prüfung ist einzelfallbezogen, allerdings insoweit recht unkonkret, als beispielsweise bei Vorliegen einer ausreichenden Karenzentschädigung im Lichte der ergangenen Rechtsprechung kaum erfolgreich vorgebracht werden kann, das Wettbewerbsverbot sei etwa zeitlich zu weitgehend. Im Hinblick auf das berechtigte geschäftliche Interesse des Arbeitgebers erfordert es der gerechte Interessenausgleich, dass der Arbeitgeber mehr als nur Sorgen in 312 313 314 315

BAG AP Nr. 2 zu § 74 HGB. BAG AP Nr. 2 zu § 74 HGB. BAG AP Nr. 2 zu § 74 HGB. Buchner, Rdn. C 261.

F. Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen

105

Bezug auf die Gefährdung seiner als schützenswert anzuerkennenden Interessen vorbringen kann. Da dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvorliegen des berechtigten geschäftlichen Interesses obliegt, er aber nur selten uneingeschränkt über die maßgeblichen Unternehmenskenntnisse verfügen wird, um dieser Beweispflicht uneingeschränkt nachkommen zu können, sind dem Arbeitnehmer aus Interessensgesichtspunkten die Vorteile des Beweises des ersten Anscheins zuzubilligen.316 Auch die beschriebenen Formalvoraussetzungen sorgen unter dem Gesichtspunkt der Beweisführung, der Verlässlichkeit sowie der (im Idealfall) zweifelsfreien Dokumentation der tatsächlich verbotenen Tätigkeiten für zusätzlichen Schutz der Arbeitnehmerseite.

F. Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen Die praxisrelevantesten und im Hinblick auf die Gesamtbewertung des Interessenausgleichs zwischen den Vertragsparteien bedeutsamsten Lösungsmöglichkeiten317 der Vertragsparteien von einem vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot sind die Folgenden: • Aufhebungsvertrag • Ausgleichsklauseln • Verzicht des Arbeitgebers • Außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers • Besondere einseitige Lösungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers

I. Aufhebungsvertrag Es trägt dem Kernbereich der allgemeinen Vertragsfreiheit Rechnung, dass sich die Vertragsparteien auch von einem einmal vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot jederzeit einvernehmlich lösen können.318 Aufgrund der weit reichenden Rechtsfolgen einer Konkurrenzabrede, insbesondere hinsichtlich der Karenzentschädigungsansprüche des Arbeitnehmers, sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote jedoch stets ausdrücklich aufzuheben. Unzureichend sind demgegenüber insoweit die in der Vertragspraxis häufig anzutreffenden Erledigungs316

Bauer/Diller, § 8, Rdn. 331. Ein umfassender Überblick über die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten findet sich bei Wertheimer, NZA 1997, 522 ff. 318 BAG AP Nr. 48 zu § 611 BGB; zur Abgrenzung vom arbeitsrechtlichen Abwicklungsvertrag auch Grunewald, NZA 1994, 441 ff. 317

106

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

klauseln, insbesondere im Rahmen von Abwicklungs- bzw. Aufhebungsverträgen.319 Nach Prüfung etwaig bestehender Wettbewerbsabreden sollte im Rahmen von Abwicklungs- bzw. Aufhebungsverträgen daher stets die Verzichtserklärung im Hinblick auf das Wettbewerbsverbot ausdrücklich als separater Regelungspunkt aufgenommen werden.320

II. Ausgleichsklauseln Einvernehmlich kann ein Wettbewerbsverbot auch durch Ausgleichsklauseln hinsichtlich etwaiger wechselseitiger Ansprüche im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs aufgehoben werden. Rechtsqualität sowie Umfang der Ausgleichsklausel ist gegebenenfalls durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu bestimmen.321 Dabei sind Ausgleichsklauseln grundsätzlich weit auszulegen und der jeweilige Parteiwille aus Sicht des Erklärungsempfängers nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte sowie unter Zugrundelegung des tatsächlichen Wortlautes der Klausel zu ermitteln. Dass von Seiten des Arbeitgebers sorgfältig auf den exakten Wortlaut der Ausgleichsklausel zu achten ist, verdeutlicht eine Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2006, in der das Gericht eine eingeschränkt formulierte Ausgleichsklausel („Erledigung hinsichtlich aller finanzieller Ansprüche“) nicht auf das Wettbewerbsverbot insgesamt sowie die aus der Abrede folgende Karenzentschädigungspflicht erstreckte.322 Anders wird dies zu beurteilen sein, wenn „sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung“ erledigt sein sollen.323

III. Verzicht des Arbeitgebers Da das Wettbewerbsverbot letztlich der Wahrung eines berechtigten und anzuerkennenden Interesses des Arbeitgebers dient, kann der Arbeitgeber durch einseitige, schriftliche und empfangsbedürftige Willenserklärung von der Wettbewerbsvereinbarung zurücktreten, wenn dieses Interesse nachträglich wegfallen sollte.324 Nach § 75 a HGB kann der Arbeitgeber vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer in Form eines einseitigen Lösungsrechts durch schriftliche Erklärung auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots verzichten, 319

Hierzu auch Kock, NJW 2009, 1022 f. Wertheimer, NZA 1997, 522, 523. 321 BAG v. 08. 03. 2006 – 10 AZR 349/05; hierzu auch die Darstellung von Buchner, SAE 2007, 1 ff. 322 BAG v. 08. 03. 2006 – 10 AZR 349/05. 323 Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 45. 324 Baumbach/Hopt/Roth, § 75 a, Rdn. 1; Grüll/Janert, S. 76; hierzu auch Mückl, FA 2008, 194, 196 mit dem Hinweis, dass diese Möglichkeit vergleichsweise wenig genutzt werde. 320

F. Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen

107

mit der Wirkung, dass er mit dem Ablauf eines Jahres ab Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei wird. Entscheidend ist jedoch, dass der Verzicht vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt wird.325 Eine Verzichtserklärung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt demgegenüber nicht die Rechtsfolgen des § 75 a HGB herbei. Hier hat der Arbeitnehmer ein Wahlrecht, ob er sich trotzdem an die Wettbewerbsabrede gebunden fühlt oder nicht. Dementsprechend hat der Arbeitgeber die volle Karenzentschädigung für die vollen zwei Jahre oder für die konkret verabredete Zeit zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer sich für die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes entscheiden sollte. Gleiches gilt für eine Verzichtserklärung unter bestimmten Bedingungen für die Zukunft, wenn sich der Arbeitnehmer also vorbehält, auf das Wettbewerbsverbot später einmal (bei oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses) unter bestimmten Bedingungen verzichten zu wollen.326 1. Rechtsfolgen An den Verzicht knüpfen sich für die Vertragsparteien also unterschiedliche Rechtsfolgen: Während der vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot entbundene Arbeitnehmer unmittelbar nach Austritt aus dem Unternehmen seines vormaligen Arbeitgebers grundsätzlich für ein beliebiges Konkurrenzunternehmen tätig werden darf und daher sofort frei wird, erlischt die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers dagegen erst ein Jahr nach Ausspruch des Verzichts bzgl. der Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers. Dies soll aus Interessensgesichtspunkten dem Arbeitgeber zum einen die Möglichkeit zur Korrektur bei Wegfall des berechtigten Interesses, zum anderen dem Arbeitnehmer, der sich auf die Wettbewerbsabrede eingestellt haben wird, die Möglichkeit zur Existenzsicherung für den Zeitraum von einem Jahr geben.327 2. Anderweitiger Verdienst Unter Umständen arbeitet der Arbeitnehmer also längst für ein Konkurrenzunternehmen, während der Arbeitgeber trotz des Verzichts auf die Wettbewerbsenthaltung noch für ein Jahr zur Karenzentschädigung verpflichtet ist.328 Hieraus ließe sich schlussfolgern, dass sich der Arbeitnehmer aus Interessensgesichtspunkten den Verdienst beim neuen Arbeitgeber auf die Karenzentschädigungszahlung durch den ehemaligen Arbeitgeber anrechnen lassen muss. Dem ist – gerade im Hinblick auf einen gerechten Interessenausgleich – aber nicht so. Der Arbeitnehmer muss sich den Verdienst beim neuen Arbeitgeber nicht auf die Höhe der ihm für ein Jahr zuste325 Verzichtserklärung etwa durch den Geschäftsführer der Gesellschaft, bei dem der betreffenden Arbeitnehmer angestellt ist, OLG München v. 14. 11. 2011 – 7 U 2881/11. 326 Baumbach/Hopt/Roth, § 75 a, Rdn. 2. 327 Bauer/Diller, § 14, Rdn. 567; Grunsky, S. 106 f. 328 Bauer/Diller, § 14, Rdn. 594.

108

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

henden Karenzentschädigung anrechnen lassen, da er sich bis zum Verzicht des Arbeitgebers darauf eingestellt hat, dass er entsprechend der Wettbewerbsabrede nach Ausscheiden aus dem Unternehmen des Arbeitgebers in seinen beruflichen Möglichkeiten beschränkt sein wird. Grüll und Janert weisen zu Recht darauf hin, dass dem Arbeitnehmer im Hinblick auf diese Abrede möglicherweise bereits attraktive Karrierechancen entgangen sind und die sich hieraus ergebenden Nachteile nach dem Verzicht nicht mehr beseitigt werden können.329 Der Arbeitnehmer hat damit bis zum Verzicht also bereits einen Teil seiner Verpflichtungen aus der Wettbewerbsabrede erbracht.330 Wenn es ihm nun trotzdem gelingt, kurzfristig eine neue Beschäftigung zu erlangen, soll ihm dieses „Geschick“ nicht nachträglich durch eine Anrechnung des Verdienstes auf die Karenzentschädigung zum Nachteil gereichen.331

IV. Außerordentliche Kündigung Ein einseitiges Lösungsrecht des Arbeitgebers existiert weiterhin für den Fall, dass er dem Arbeitnehmer aufgrund vertragswidrigen Verhaltens außerordentlich kündigt oder kündigen könnte. Ausreichend ist insoweit also auch eine ordentliche Kündigung, obgleich der Arbeitgeber aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers auch zur außerordentlichen Kündigung berechtigt wäre.332 In diesem Fall ist der Arbeitgeber jedoch verpflichtet, dem Arbeitnehmer mitzuteilen, dass ihm wegen des vertragswidrigen Verhaltens ordentlich gekündigt wurde. Zudem muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 626 Abs. 2 BGB von dem vertragswidrigen Verhalten unterrichten und ihn darauf hinweisen, dass die ordentliche Kündigung aufgrund dieses Fehlverhaltens betrieben wird. Das Lösungsrecht von der Wettbewerbsabrede ist dann von Seiten des Arbeitgebers binnen eines Monats nach Ausspruch der Kündigung mittels schriftlicher Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer auszuüben. Im Gegensatz zum Verzicht auf die Wettbewerbsenthaltung gilt bei der einseitigen Lösung des Arbeitgebers vom Wettbewerbsverbot aufgrund vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers keine Jahresfrist, so dass der Arbeitgeber unmittelbar von der Karenzentschädigungspflicht frei wird.333

329

Grüll/Janert, S. 76. Grüll/Janert, S. 76. 331 ArbG Stuttgart v. 30. 11. 1995 NZA RR 1999, 165; Bauer/Diller, § 14, Rdn. 594; Grüll/ Janert, S. 76, die zutreffend von einer Beschäftigung „aus dem Stand“ sprechen. 332 Wertheimer, NZA 1997, 522, 524. 333 Wertheimer, NZA 1997, 522, 524. 330

F. Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen

109

V. Einseitiges Lösungsrecht des Arbeitnehmers Der Arbeitnehmer hat, wie oben bereits mehrfach skizziert, vor allem dann bereits faktisch ein einseitiges Lösungsrecht vom Wettbewerbsverbot, wenn dieses aus einem bestimmten Grund unverbindlich ist, beispielsweise eine unzureichende Karenzentschädigung vereinbart wurde oder die Wettbewerbsabrede zeitlich oder örtlich die gesetzlich zulässigen Grenzen überschreitet. Das Lösungsrecht ergibt sich aus dem der Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots folgenden Wahlrecht des Arbeitnehmers hinsichtlich der Wettbewerbsabrede.334 Spiegelbildlich zum einseitigen Lösungsrecht des Arbeitgebers vom Wettbewerbsverbot steht dem Arbeitnehmer nach § 75 Abs. 1 HGB zudem ein einseitiges Lösungsrecht in Bezug auf die Wettbewerbsabrede in Form eines Wahlrechts zu, wenn er das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund wegen eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers außerordentlich kündigt oder jedenfalls aufgrund des Verhaltens des Arbeitgebers zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt wäre. Hinsichtlich einer trotz des Vorliegens eines außerordentlichen Kündigungsgrundes alternativ erklärten ordentlichen Kündigung durch den Arbeitnehmer bzw. des Abschlusses eines Auflösungs- oder Aufhebungsvertrages gelten die oben in Bezug auf das spiegelbildliche Lösungsrecht des Arbeitgebers skizzierten Grundsätze. Für den Fall, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich kündigt und die Gründe hierfür nicht in der Person des Arbeitnehmers liegen, bleibt das Wettbewerbsverbot nach § 75 Abs. 2 HGB nur dann wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei der Kündigung bereit erklärt, während der Dauer der Beschränkung die vollen zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu gewähren.335

VI. Fazit Lösungsrechte beider Vertragsparteien von der Wettbewerbsabrede sind ein wichtiger Teil des Interessenausgleichs, da die erheblichen Folgen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes für beide Parteien, insbesondere aber für den abredegemäß zukünftig beruflich eingeschränkten Arbeitnehmer, nur dann greifen, wenn dieses auch tatsächlich mit Blick auf die Arbeitgeberinteressen erforderlich ist. Das nachträgliche Entfallen eines als berechtigt anzuerkennenden Interesses des Arbeitgebers stellt in diesem Zusammenhang somit den wichtigsten Grund für ein entsprechendes Lösungsrecht dar. Einerseits soll der Arbeitnehmer nicht unnötig in seiner beruflichen Entfaltungsfreiheit beeinträchtigt werden, andererseits der Arbeitgeber aber auch nicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichtet sein, wenn dies wiederum aus Interessensgesichtspunkten nicht erforderlich ist.

334 335

Wertheimer, NZA 1997, 522, 524; Mayer, AiB 1993, 350, 353. Wertheimer, NZA 1997, 522, 524.

110

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Für den Fall, dass der Arbeitgeber während des Arbeitsverhältnisses den Verzicht auf das Wettbewerbsverbot erklärt, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der Arbeitnehmer bereits einen gewichtigen Teil seiner Verpflichtungen aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot erfüllt hat. Er hat sich nämlich gerade nicht auf eine freie berufliche Entfaltung nach Beendigung des laufenden Arbeitsverhältnisses vorbereitet und dementsprechend möglicherweise bereits konkrete Karrieremöglichkeiten oder -aussichten verstreichen lassen. Daher wäre es unbillig, wenn der Arbeitgeber nunmehr von der Karenzentschädigungspflicht frei würde. Die einjährige Zahlungspflicht des Arbeitgebers nach § 75 a HGB wird dem Arbeitnehmer daher aus zwingenden Interessensgesichtspunkten zugebilligt. Auf den ersten Blick unangemessen mag es da zunächst wirken, wenn der Arbeitnehmer neben dem Verdienst beim neuen Arbeitgeber für das entsprechende Jahr auch die volle Karenzentschädigung einzufordern berechtigt ist. Die Wirkung des im Folgenden noch genauer beschriebenen Anrechnungsgrundsatzes nach § 74 c Abs. 1 S. 1 HGB betrifft den Fall des Verzichts des Arbeitgebers während des Arbeitsverhältnisses aber gerade nicht, da hier der Arbeitnehmer aufgrund der kurzfristigen einseitigen Lösungsmöglichkeit des Arbeitgebers schutzbedürftiger erscheint, als wäre das Wettbewerbsverbot wie verabredet und erwartet in Kraft und der Arbeitnehmer dennoch in der Lage, einer entlohnten Beschäftigung nachzugehen. Insbesondere im Bereich der Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers stellen sich in Bezug auf den Ausgleich der Vertragsparteien wesentliche Interessensfragen, auf deren Beantwortung nach deutschem Recht der eigentliche Schwerpunkte der Interessensabwägung bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten liegt. Im Grunde werden erst durch die gesetzesmäßige Höhe der Karenzentschädigung die letztlich relativ leicht zu begründenden nachteiligen Auswirkungen eines Wettbewerbsverbotes zugunsten des Arbeitnehmers ausgeglichen. Damit wird auch das grundsätzliche Gesamtkonzept des deutschen Rechts in diesem Zusammenhang deutlich: Die Wettbewerbsabrede selbst kann von Seiten des Arbeitgebers bei Vorliegen eines berechtigten Interesses relativ einfach vereinbart werden. Hier stellt das deutsche Recht dem Arbeitgeber keine allzu hohen Hürden in den Weg. Insbesondere zeitlich kann es mit bis zu zwei Jahren für einen – wie im Folgenden noch aufzuzeigen sein wird – vergleichsweise langen Zeitraum vereinbart werden. Das zentrale Regulativ stellt hier also nicht die Einhaltung der bisher beschriebenen Wirksamkeitsvoraussetzungen dar, sondern eine in jeder Hinsicht den (vor allem durch die Rechtsprechung des BAG konturierten) Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 HGB entsprechende Karenzentschädigung des Arbeitgebers.

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

111

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers als maßgeblicher Ausgleichsfaktor der Parteiinteressen I. Der Grundsatz der bezahlten Karenz, § 74 Abs. 2 HGB Zu Recht wird der Grundsatz der bezahlten Karenz als das Kernstück der gesetzlichen Voraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote nach §§ 74 ff. HGB beurteilt.336 Nur durch die Zusage einer Karenzentschädigung erreicht der Arbeitgeber Rechtsverbindlichkeit eines mit dem Arbeitnehmer vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes.337 Dies folgt unmittelbar aus § 74 Abs. 2 HGB, da die Regelungen der §§ 74 ff. HGB wie bereits aufgezeigt insgesamt auf Arbeitnehmer entsprechende Anwendung finden. Danach ist das Wettbewerbsverbot nur dann verbindlich, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen (respektive Arbeitnehmer) zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistung erreicht. Wie im Rahmen der historischen Darstellung ebenfalls bereits aufgezeigt hat sich mit der Novellierung des HGB vom 10. Juni 1914 für den Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB der Begriff der bezahlten Karenz etabliert.338 Die amtliche Begründung dieser Gesetzesnovelle erläutert explizit die Verpflichtung des Prinzipals, dem Gehilfen für die Beschränkungen, die er ihm durch die Konkurrenzklausel auferlegt, während der Dauer der Abrede eine gesonderte Entschädigung zukommen zu lassen.339 1. Bedeutung im Gesamtkontext Die Bedeutung des Grundsatzes der bezahlten Karenz nach § 74 Abs. 2 HGB wird insbesondere mit dem erneuten Aufgreifen des Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen bei Vereinbarung einer Wettbewerbsabrede deutlich: Ist der Arbeitnehmer auf den Arbeitsplatz angewiesen und stellt der Arbeitgeber diesen nur für den Fall der Einwilligung in ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in Aussicht, so bleibt dem jeweiligen Arbeitnehmer oftmals nur die Einwilligung in die vom Arbeitgeber diktierten Konditionen. Die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsgerechtigkeit wirkt dieser verhandlungstechnischen Schieflage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer 336

Reinfeld, S. 121; Dorndorf, S. 192; zu den hiermit verknüpften Zusammenhängen wie etwa Entstehung und Verfall Bengelsdorf, DB 1985, 1585. 337 BAG v. 13. 09. 1969 – EzA 74 HGB Nr. 10. 338 Wertheimer, BB 1996, 1714; ders., BB 1999, 1600. 339 Amtliche Begründung der Novelle des Handelsgesetzbuches vom 10. Juni 1914, Verhandlungen des Reichstages, Band 300, Aktenstück Nr. 575, S. 726, 728.

112

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

wirksam entgegen.340 Zuweilen wird für die Wirkung der bezahlten Karenz in diesem Zusammenhang auch von einer „Ausfallgarantie“ des Arbeitgebers gesprochen: Durch die Karenzentschädigung des Arbeitgebers wird vermieden, dass das Wettbewerbsverbot zu einer Verschlechterung des Lebensstandards des Arbeitnehmers führt.341 2. Vertragliche Gegenleistung für die Wettbewerbsenthaltung Die zwingende Zusage einer Karenzentschädigung stellt die vertragliche Gegenleistung des Arbeitgebers für das Unterlassungsversprechen des Arbeitnehmers hinsichtlich der Wettbewerbsausübung im betreffenden Berufsfeld dar.342 Zudem beinhaltet die Verpflichtung zur Entschädigung des Arbeitnehmers für die Einhaltung der Wettbewerbsabrede ein wichtiges Steuerungselement: Aufgrund der Verpflichtung zur Karenzentschädigung wird der Arbeitgeber regelmäßig nur in solchen Fällen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit dem Arbeitnehmer in Erwägung ziehen, wenn dies für ihn wirtschaftlich von zentraler Bedeutung ist und der potentielle wirtschaftliche Schaden aus einer späteren Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers die Entschädigungssumme übersteigt.343 Die Entschädigungspflicht wird den Arbeitgeber also regelmäßig von solchen Wettbewerbsvereinbarungen abhalten, an denen er nicht ein schwerwiegendes, wirtschaftliches Interesse hat. Auf diesem Wege wird einem Missbrauch von Wettbewerbsvereinbarungen zulasten von Arbeitnehmern bereits im Vorfeld entsprechender Vertragsverhandlungen wirksam vorgebeugt.344 Die Karenzentschädigungszusage muss dabei so eindeutig formuliert sein, dass aus Sicht des Arbeitnehmers keine begründeten Zweifel am Bestehen des Anspruchs bleiben.345 3. Schutzzweck Vereinfacht gesprochen liegen dem Grundsatz der bezahlten Karenz also drei wesentliche Schutzgedanken zugrunde: • Fürsorgeprinzip – Schutz des Arbeitnehmers vor Übervorteilung durch die Bedingungen des Arbeitgebers im Rahmen der Wettbewerbsabrede; • Äquivalenzprinzip – Erhalt des Leistungs- und Tauschgerechtigkeitsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer; und 340

Reinfeld, S. 129; Gamillscheg, RdA 1975, 13, 19. Gamillscheg, RdA 1975, 13, 19. 342 Dorndorf, S. 194, der auf den Leistungsgedanken und das Prinzip der Tauschgerechtigkeit verweist. 343 Henssler, Anmerkung zu BAG AP Nr. 67 zu § 74 HGB. 344 Dorndorf, S. 194. 345 BAG 9 AZR 718/93; Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 30. 341

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

113

• Steuerungsprinzip – Schutz der freien Arbeitsplatzwahl durch natürliche Begrenzung der Häufigkeit von Wettbewerbsabreden mittels obligatorischer Entschädigungspflicht des Arbeitgebers.

4. Umsetzungsschwierigkeiten der Vertragspraxis Die zunächst eindeutig und unmissverständlich anmutende Verpflichtung des Arbeitgebers, der zu leistenden Entschädigungszahlung die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen des Arbeitnehmers zugrunde zu legen, bereitet der Praxis traditionell erhebliche Schwierigkeiten346, die mitunter seit Jahrzehnten gleichförmige Rechtsstreitigkeiten, insbesondere über die richtige Höhe der Entschädigungssumme, nach sich ziehen und bis zum heutigen Tag für erhebliche Unklarheiten bei den Vertragsparteien sorgen.347 Zu diesen traditionell vorzufindenden Unklarheiten sind insbesondere die folgenden Sachverhalte zu zählen: • Der Wortlaut der Vertragsklausel widerspricht der gesetzlichen Vorgabe nach § 74 Abs. 2 HGB oder ist zumindest missverständlich; • die Berechnung der Entschädigungshöhe anhand der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen wird durch variable Vergütungsbestandteile, unregelmäßige Leistungen und Sondergratifikationen beeinflusst, deren korrekte Bewertung und Berücksichtigung für die Entschädigungshöhe Schwierigkeiten bereiten; und • die Anrechenbarkeit eines anderweitigen Erwerbs des Arbeitnehmers auf die Entschädigung gem. § 74 a Abs. 1 S. 1 HGB und deren Höhe ist streitig. Besonders häufig zu beobachten ist in diesem Zusammenhang, dass sich ein Großteil der Arbeitgeber im Vorfeld einer Wettbewerbsvereinbarung offenbar erheblich über die tatsächliche Reichweite der eigenen Verpflichtungen aus der Konkurrenzklausel, also insbesondere über den genauen Umfang der Entschädigungspflicht, täuscht. Nicht selten erfolgt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses dann der mitunter verzweifelte Versuch, sich der Karenzentschädigungspflicht zu entziehen oder sich zumindest in Schadensbegrenzung zu üben und dem Arbeitgeber einen möglichst kostengünstigen Ausstieg aus der Wettbewerbsabrede anzudienen.348 5. Umkehrung der Verhandlungspositionen Hier folgt dann regelmäßig eine Umkehrung der Verhandlungspositionen der Vertragsparteien: Die ehemals stärkere Verhandlungsbasis des Arbeitgebers kehrt 346 347 348

Bauer/Diller, § 9, Rdn. 372. Grunsky, S. 62. So bereits Grunsky, S. 63.

114

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

sich in dem Moment um, in dem sich herausstellt, dass der Arbeitnehmer sich hinsichtlich etwaiger Konkurrenztätigkeiten als wirtschaftlich ungefährlicher erweist, als dies der Arbeitgeber bei Abschluss der Wettbewerbsabrede zunächst prognostiziert hatte. Will sich der Arbeitgeber nunmehr eine mitunter erhebliche und langwierige Entschädigung des Arbeitnehmers nach § 74 Abs. 2 HGB ersparen, ist er in dieser Hinsicht auf das Wohlwollen des Arbeitnehmers angewiesen. Ob dieser dem Anliegen des Arbeitgebers dann entgegenkommen wird ist jedoch fraglich, da das entsprechende Interesse des Arbeitnehmers, der sich auf die Wettbewerbsvereinbarung eingestellt hat, regelmäßig in Richtung Beibehaltung der Wettbewerbsabrede und damit des Erhalts der Entschädigungszahlen gem. § 74 Abs. 2 HGB tendiert. Zudem ist das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber unter Umständen bereits beendet oder steht kurz vor der Beendigung, womit der Arbeitnehmer nicht mehr in dem Maße einen Bruch mit dem Arbeitgeber fürchten muss, wie dies möglicherweise zu Beginn des Arbeitsverhältnisses der Fall gewesen wäre und nun möglicherweise angesichts der Gründe der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst recht auf die Einhaltung der Vertragspflichten aus der Konkurrenzklausel pocht.

II. Rechtsfolgen bei fehlender bzw. unzureichender Karenzentschädigungszusage des Arbeitgebers Sofern eine Konkurrenzklausel eine Karenzentschädigung vorsieht, die den gesetzlichen Anforderungen des § 74 Abs. 2 HGB widerspricht, muss hinsichtlich des Schicksals des Wettbewerbsverbotes zunächst zwischen unterschiedlichen Rechtsfolgen differenziert werden. In Frage kommt neben der Nichtigkeit der Wettbewerbsabrede im Ganzen auch eine Unwirksamkeit bzw. Unverbindlichkeit derselben. 1. Nichtigkeit Sofern eine Wettbewerbsabrede nichtig ist, können weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber irgendwelche Rechte aus der Vereinbarung herleiten, womit der Inhalt der Abrede für alle Beteiligten unbeachtlich ist.349 So führt insbesondere das gänzliche Fehlen einer Karenzentschädigungszusage durch den Arbeitgeber zur Nichtigkeit des Wettbewerbsverbotes. Sofern der Nichtigkeitsgrund bei Vereinbarung des Wettbewerbsverbots für beide Parteien unerkannt geblieben ist, findet eine Rückabwicklung über die Grundsätze der ungerechtfertigten Bereicherung statt.350 349

Bauer/Diller, § 5, Rdn. 151. Grunsky, S. 101. Aufgrund der zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Einzelfallermittlung des Wertes der Karenz wird man im Zweifelsfall lediglich eine Schätzung des Wertes nach den Grundsätzen der Schadensermittlung der Zivilprozessordnung gem. § 287 ZPO vornehmen können. Diese Vorgehensweise bejahen insbesondere Bauer/Diller, § 5, Rdn. 154. 350

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

115

2. Unverbindlichkeit Unverbindlichkeit einer Wettbewerbsvereinbarung bedeutet demgegenüber, dass die jeweilige Vertragsklausel zwar an einem schwerwiegenden Mangel leidet, dieser jedoch nicht derart gravierend ist, dass er die Nichtigkeit der Vereinbarung schlechthin herbeiführt. Unverbindlich ist eine Wettbewerbsvereinbarung insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber zwar eine Karenzentschädigung zusagt, diese aber hinter der gesetzlichen Mindestanforderung von mindestens 50 % der zuletzt gezahlten Bezüge gem. § 74 Abs. 2 HGB zurückbleibt.351 Der Arbeitnehmer hat nun ein Wahlrecht, ob er sich dennoch an die Wettbewerbsabrede gebunden fühlt oder ob er der vollen beruflichen Entfaltungsfreiheit den Vorzug gibt. In Bezug auf die Wettbewerbsabrede würde er im zweiten Fall dann so gestellt, als sei die Abrede nie getroffen worden. a) Laufende Zahlung von Teilbeträgen Sofern die Wettbewerbsklausel keine bestimmte Entschädigung für die Zeit der Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers, sondern lediglich die laufende Zahlung von Teilbeträgen der Karenzentschädigung während des Arbeitsverhältnisses vorsieht, ist das entsprechende Wettbewerbsverbot unverbindlich. Begründet hat dies das BAG in einer Entscheidung aus dem Jahr 1981352 u. a. mit einer fehlenden Gewährleistung der gesetzlichen Mindestkarenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB. Konkret hatten die Arbeitsvertragsparteien vereinbart, dass der Arbeitnehmer ein bestimmtes monatliches Grundgehalt zuzüglich einer separaten monatlichen Zahlung von seinerzeit 200 DM im Gegenzug für die Wettbewerbsenthaltung erhalten solle. Die Wettbewerbsklausel sah vor, dass sich der Arbeitnehmer „für mindestens drei Jahre im Umkreis von 20 km jeglicher Konkurrenztätigkeit zu enthalten“ habe. Das BAG führte zur Begründung der Unverbindlichkeit der Wettbewerbsabrede aus, dass der Arbeitnehmer bereits bei Abschluss eines Wettbewerbsverbotes beurteilen können müsse, ob ihm eine Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe zugesagt werde oder nicht. Im vorliegenden Fall lasse die Höhe des dem Arbeitnehmer als Karenzentschädigung zufließenden Teils der monatlichen Zahlungen eine solche Voraussage nicht zu, da sie von der bei Vertragsschluss völlig ungewissen Dauer des Arbeitsverhältnisses abhinge.353 Fraglich war in diesem Zusammenhang auch das Schicksal der bereits im Laufe des Arbeitsverhältnisses gezahlten Teilbeträge der Karenzentschädigung und ein etwaiger Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers in Bezug auf diese Teilzahlungen, nachdem sich der Arbeitnehmer im Rahmen der Ausübung seines Wahlrechts für die Lösung von den Verpflichtungen aus der Wettbewerbsabrede entschieden hatte. Das BAG verneinte zu Recht einen Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers, da sich der Arbeitnehmer bei unverbindlichen Wettbewerbsverboten in seinem Wahlrecht nicht dadurch ein351 352 353

Bauer/Diller, § 5, Rdn. 156. BAG v. 14. 07. 1981 – 3 AZR 414/80. BAG v. 14. 07. 1981 – 3 AZR 414/80.

116

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

schränken oder behindern lassen dürfe, dass eine unzureichende Karenzentschädigung vorschussweise gezahlt wurde. Soweit hierdurch mittelbar Druck auf den Arbeitnehmer in der Weise ausgeübt werden könne, dass dieser sich zur Vermeidung von Rückzahlungsansprüchen möglicherweise für die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes entscheide, entfalle ein Rückzahlungsanspruch entgegen der grundsätzlichen Anwendbarkeit der §§ 320 ff., 812 BGB auf Wettbewerbsabreden. Teilzahlungen, wie sie der Arbeitsvertrag hier vorsehe, verfolgten nicht den Zweck, den Lebensstandard des Arbeitnehmers in der Karenzzeit zu sichern, sondern seien lediglich ein Zwangsmittel, mit dem das Wahlrecht des Arbeitnehmers in Bezug auf die Wettbewerbsabrede unzulässig beschnitten werde.354 Wenngleich das BAG mit der Bewertung solcher Ratenzahlungen auf die Karenzentschädigung als bloße Zwangsmaßnahme des Arbeitgebers in Bezug auf ein etwaiges späteres Wahlrecht des Arbeitnehmers eine recht einseitige Begründung der Unzulässigkeit von Teilzahlungen liefert, ist der Entscheidung in vollem Umfang zuzustimmen. Dabei wird nicht verkannt, dass Arbeitgebern unter Umständen durchaus ein redliches wirtschaftliches Interesse an einer Ratenzahlung der Karenzentschädigung zuzubilligen ist. Dennoch überwiegt in diesen Fällen das Missbrauchsrisiko des Arbeitgebers und das existentielle Interesse des Arbeitnehmers an einer vollen und zweifelsfreien Bereitstellung der Karenzentschädigung. Der Schutzzweck des Gesetzes würde durch die entstehende Zwangslage des Arbeitnehmers erheblich gefährdet, der entweder bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Wahlrecht auszuüben hätte und keine Vorschusszahlungen annehmen dürfte oder sich das Wahlrecht mit erheblichen Rückzahlungsverpflichtungen quasi zu erkaufen hätte.355 b) Abweichung von gesetzlichen Vorschriften zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot Nach § 75 d S. 1 HGB kann sich ein Arbeitgeber nicht auf eine Vereinbarung berufen, in der von den Vorschriften der §§ 74 bis 75 c HGB zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen wird. Dieselbe Rechtsfolge gilt nach § 75 d S. 2 HGB für ein Abweichen von Vereinbarungen von den gesetzlichen Vorschriften über das Mindestmaß der Entschädigung durch Verrechnung oder im Wege anderer Umgehungsweisen.356 Sofern also ein solcher Fall im Zusammenhang mit einem Wettbewerbsverbot gegeben ist, kann der Arbeitgeber nicht verlangen, dass sich der Arbeitnehmer an die Wettbewerbsabsprache hält. Dies bedeutet zugleich, dass es dem Arbeitnehmer gleichwohl unbenommen bleibt, sich trotz des Verstoßes der Abrede gegen die gesetzlichen Anforderungen an die Wettbewerbsabrede gebunden zu fühlen, um sich damit den Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung zu erhalten. Der Arbeitnehmer hat somit auch in diesen Fällen ein Wahlrecht, ob er sich 354 355 356

BAG v. 14. 07. 1981 – 3 AZR 414/80. BAG v. 14. 07. 1981 – 3 AZR 414/80. Bauer/Diller, § 5, Rdn. 148.

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

117

an die Wettbewerbsabrede hält oder im Gegenzug eine Konkurrenztätigkeit aufnimmt, womit gleichzeitig der Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung entfällt. Er wird sich daher im Einzelfall überlegen müssen, welche Handlungsweise für ihn kurz- oder langfristig lukrativer ist, um auf dieser Basis eine entsprechende Wahl treffen zu können. Gleichzeitig unterstreicht das Wahlrecht des Arbeitnehmers die Bedeutung eines gesetzeskonformen Wettbewerbsverbotes für den Arbeitgeber. Die Folgen für das Unternehmen des Arbeitgebers wären mitunter fatal, stellte sich heraus, dass ein bestimmtes Wettbewerbsverbot für den Arbeitnehmer unverbindlich ist und dieser auch keine Ambitionen hat, sich an die Abrede zu halten und stattdessen lieber eine lukrative Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen aufnimmt. Während also das gänzliche Fehlen einer Karenzentschädigungszusage zur Nichtigkeit des Wettbewerbsverbotes schlechthin führt und dieses damit weder Bindungswirkung entfaltet, noch Rechte verleiht, führt die Unverbindlichkeit einer Wettbewerbsabrede im Falle einer unzureichenden Entschädigungszusage als rechtliches Minus dazu, dass sich der Arbeitgeber auf die jeweilige Vereinbarung, die den Anforderungen der §§ 74 ff. HGB zuwiderläuft, nicht berufen kann, der Arbeitnehmer aber gleichwohl eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Geltung des Wettbewerbsverbots hat.357 Die Wahlmöglichkeit des Arbeitnehmers schränkt das BAG lediglich dahingehend ein, dass es dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verweigert, seine Wahl auch noch während der Karenzzeit zu ändern. Vielmehr muss der Arbeitnehmer bei Beginn der Karenzzeit entscheiden, ob er sich auf die Unverbindlichkeit der Wettbewerbsklausel berufen oder demgegenüber die Unterlassungspflicht erfüllen und im Gegenzug die Karenzentschädigung des Arbeitgebers einfordern will.358 Demzufolge ist der Arbeitgeber berechtigt, die Wettbewerbsenthaltung im Vertragssinne und für die Gesamtdauer einzufordern, sofern sich der Arbeitnehmer für die vertragsgemäße Wettbewerbsenthaltung entscheidet, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer im Laufe der Karenzzeit seine Meinung ändert. Hintergrund dieser erzwungenen Weichenstellung durch den Arbeitnehmer ist die Schaffung von Planungssicherheit und Verbindlichkeit zugunsten des Arbeitgebers, der trotz der unzureichenden Karenzentschädigungszusage nicht völlig schutzlos der sich unter

357 Die wichtigsten Nichtigkeitsgründe: Wettbewerbsabrede mit Minderjährigen, Auszubildenden, Volontären und Praktikanten; fehlende Karenzentschädigungszusage des Arbeitgebers oder Karenzversprechen auf Ehrenwort oder unter einer ähnlichen Versicherung; Formmangel des Wettbewerbsverbots; Verpflichtung Dritter gem. § 74 a Abs. 2, S. 2 HGB. Die wichtigsten Unverbindlichkeitsgründe: Bedingte Wettbewerbsverbote; unbillige Beschränkung des Fortkommens des Arbeitnehmers; fehlendes berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers (vgl. Kapitel C II 1.); Karenzentschädigungsleistung, die hinter den Anforderungen des § 74 Abs. 2 HGB zurückbleibt. Hierzu ausführlich Bauer/Diller, § 5, Rdn. 152, 70; ErfKomm/Oetker, § 74 a, Rdn. 1 ff; Küttner/Reinecke, Kap. 460, Rdn. 11 ff.; sowie konkret zur Frage der Entschädigungspflicht des Unternehmers Küstner/Manteuffel, BB 1987, 413. 358 BAG AP Nr. 37/51/60 zu § 74 HGB; Buchner, Rdn. C 306.

118

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Umständen ändernden Interessenlage des Arbeitnehmers ausgesetzt werden soll.359 Auch dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass das BAG bemüht ist, in Zweifelsfragen bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten eine vermittelnde Lösung zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen im Sinne einer Interessengerechtigkeit herbeizuführen. Dem entspricht auch die Ansicht des BAG zur Frage, ob der Arbeitnehmer seine Entscheidung in Bezug auf das Wahlrecht dem Arbeitgeber zuzuleiten hat. Dies hat das Gericht zunächst bejaht360, später jedoch mit der Maßgabe verneint, dass sich der Arbeitnehmer bei einer Entscheidung zugunsten der Wettbewerbsenthaltung zu Beginn der Karenzzeit endgültig für das Wettbewerbsverbot entscheidet und seiner Unterlassungspflicht bzgl. der Konkurrenztätigkeit nachkommt.361 Etwas anderes gilt allerdings in solchen Fällen, in denen die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots zwischen den Arbeitsvertragsparteien strittig ist. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer die gerichtliche Entscheidung hinsichtlich der Wirksamkeit des Verbots abwarten und sein Wahlrecht erst um Anschluss hieran ausüben.362 c) Teilweise unverbindliches Wettbewerbsverbot Denkbar sind schließlich auch Fälle, in denen ein Wettbewerbsverbot nur teilweise verbindlich und ansonsten unverbindlich ist. Fälle der teilweisen Unverbindlichkeit treten etwa dann auf, wenn das Wettbewerbsverbot bestimmte Tätigkeiten als verbotene Konkurrenztätigkeiten deklariert, von denen nur Teile tatsächlich von einem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers nach § 74 a Abs. 1 HGB gedeckt sind. Wie in einer jüngeren Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2010 nochmals ausdrücklich klargestellt genügt in solchen Fällen die Einhaltung des verbindlichen Teils des Wettbewerbsverbotes durch den Arbeitnehmer, um den Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung zu begründen.363

III. Anforderungen an den Wortlaut der Entschädigungszusage 1. Eindeutigkeit der Entschädigungszusage im Vertragswerk im Sinne von § 74 Abs. 2 HGB Die Zusage der Karenzentschädigung durch den Arbeitnehmer muss so eindeutig formuliert sein, dass aus Sicht des Arbeitnehmers kein vernünftiger Zweifel über den Anspruch auf Karenzentschädigung bei Einhaltung des Wettbewerbsverbots be359 360 361 362 363

BAG AP Nr. 51 zu § 74 HGB. BAG AP Nr. 51/53 zu § 74 HGB. BAG AP Nr. 60 zu § 74 HGB, so zuvor bereits LAG Hamm DB 1981, 1243, 1244. BAG v. 24. 04. 1980; Buchner, Rdn. C 312. BAG v. 21. 04. 2010 – 10 AZR 288/09.

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

119

steht.364 Solche Zweifel können insbesondere dann entstehen, wenn der Arbeitgeber das Wettbewerbsverbot mit einer Freigabeerklärung oder sonstigen Einschränkungen verbindet. Freigabeerklärungen sind insbesondere in der Form denkbar, dass sich der Arbeitgeber in der Wettbewerbsklausel vorbehält, vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses den örtlichen und sachlichen Umfang des Wettbewerbsverbotes zu beschränken, um sich damit selbst das Recht zur partiellen Freigabe von der Entschädigungsverpflichtung einzuräumen. Im Unterschied zu den oben skizzierten (unverbindlichen) bedingten Wettbewerbsverboten weiß der Arbeitnehmer hierbei um das Bestehen einer ihn beschränkenden Wettbewerbsabrede, die jedoch lediglich zu seinen Gunsten, sprich im Wege der Zulässigerklärung einer grundsätzlich unter das Wettbewerbsverbot fallenden Tätigkeit, abänderbar ist. Ohne eine eindeutige Fixierung des Fortbestandes der Entschädigungspflicht müsste ein Arbeitnehmer in solchen Fällen zugleich aber regelmäßig davon ausgehen, dass der Arbeitgeber die Entschädigungsleistung einzustellen beabsichtigt, sobald der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber örtlich oder sachlich freigegebene Tätigkeit aufnimmt.365 Das BAG hat in mehreren Entscheidungen zu Recht deutlich darauf verwiesen, dass die §§ 74 ff. HGB gerade den Schutz des Arbeitnehmers vor solchen schwer durchschaubaren Vertragswerken bezweckt, in denen die Bedingtheit der von der Arbeitgeberentscheidung abhängigen Karenzentschädigungszusage kaum noch zu erkennen ist.366 Damit hat der Arbeitgeber generell die Pflicht, den Arbeitnehmer eindeutig und unmissverständlich über die Folgen einer vom Arbeitgeber etwaig vorgesehenen Freigabeerklärung oder sonstigen Einschränkungen des Wettbewerbsverbots aufzuklären.367 Andernfalls entsteht ein nicht interessengerecht erscheinender Schwebezustand, der den Arbeitnehmer insbesondere bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz behindert.368 Dem BAG ist in der Beurteilung, wonach sich aus der vertraglichen Entschädigungszusage für den Arbeitnehmer kein vernünftiger Zweifel über das Bestehen des Anspruchs auf Zahlung einer Karenzentschädigung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergeben darf, uneingeschränkt beizupflichten.369 Bei der Bewertung missverständlicher Wettbewerbsklauseln ist stets zu beachten, dass die Karenzent364

Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 30. Ein solcher Fall lag dem BAG in der Entscheidung vom 05. 09. 1995 – 9 AZR 718/93 zugrunde: Bestandteil der formularmäßigen Wettbewerbsvereinbarung eines Dienstherren mit einem Dienstnehmer war das Recht des Dienstherren, „vor Beendigung des Dienstverhältnisses dem Angestellten schriftlich im einzelnen mitzuteilen, in welchem Umfang (örtlich und sachlich) das Wettbewerbsverbot gelten soll“. 366 BAG AP Nr. 36, 50, 67 zu § 74 HGB. 367 Dies gilt in erhöhtem Maße für die formularmäßige Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote. 368 BAG AP Nr. 50 zu § 74 HGB. 369 Kritisch hierzu Bauer/Diller, § 9, Rdn. 435, die darauf verweisen, dass das BAG seine Maßstäbe hinsichtlich des Wortlauts der Entschädigungszusage durch die Entscheidung 9 AZR 718/93 aus 1995 erheblich verschärft habe. 365

120

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

schädigungsverpflichtung das legitime Gegengewicht des Arbeitnehmerinteresses hinsichtlich einer einverständlichen Beschränkung der eigenen beruflichen Entfaltungsfreiheit zum Vorteil des Arbeitgebers darstellt. Eine Aufweichung dieses Gleichgewichts der Interessen der Vertragsparteien ist in jedem Fall zu vermeiden, so dass insbesondere beim Wortlaut der Wettbewerbsabrede wenig Raum für missverständliche und mehrdeutige Klauseln verbleibt. Sofern dem Arbeitgeber also etwa das Recht zugestanden würde, dem Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses den örtlichen und/oder sachlichen Umfang des Wettbewerbsverbots im Einzelnen mitteilen zu können, käme dies einem Freibrief des Arbeitgebers gleich, gegebenenfalls partiell auf die Wettbewerbsunterlassung durch den Arbeitnehmer zu verzichten, die vom Arbeitnehmer beabsichtigte konkrete Tätigkeit in der Folge also zuzulassen und so nach eigenem Gutdünken den Arbeitnehmer bis zur Konkretisierung des Wettbewerbsverbotes im Ungewissen hinsichtlich etwaiger Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zu lassen.370 2. Verweisung auf den Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB Zur Sicherheit bietet es sich für Arbeitgeber bei der Vereinbarung einer Wettbewerbsklausel nach übereinstimmender Ansicht daher an, insbesondere hinsichtlich der Höhe der Karenzentschädigung auf den Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB zu verweisen oder aber den Wortlaut von § 74 Abs. 2 HGB in die Klausel zu übernehmen, ohne dass sich dies in irgendeiner Form negativ auf die Wirksamkeit der Vereinbarung auswirkt.371 Als Wortlaut einer entsprechenden Wettbewerbsklausel bietet sich daher insbesondere der folgende an: Hinsichtlich der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung wird auf § 74 Abs. 2 HGB verwiesen. – alternativ – Der Arbeitgeber verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbotes mindestens die Hälfte der von dem Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistung erreicht.

Für den Fall, dass sich der Arbeitgeber direkt oder sinngemäß auf den Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB bezieht, schuldet er dem Arbeitnehmer folglich die gesetzlich vorgesehene Mindestentschädigung in Höhe eines halben Monatsgehalt pro Jahr des Verbots.372 Der Vorteil einer solchen Vertragsklausel liegt insbesondere in der Absicherung des Vertragswerkes dahingehend, dass sich bei einer konkret bezifferten Karenzentschädigung im Nachhinein herausstellen könnte, dass diese hinter den Anforderungen des § 74 Abs. 2 HGB zurückbleibt. Insbesondere bei standardisierten Vertragswerken in größeren Unternehmen hat dies für Arbeitgeber im Hinblick auf 370

Henssler, Anmerkung BAG AP Nr. 67 zu § 74 HGB. Grunsky, S. 64. 372 BAG AP Nr. 35 zu § 74 HGB; Grunsky, S. 64, ders., NZA 1988, 713, 714; a.A. Gravenhorst, NJW 2006, 3609, 3610. 371

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

121

eine überflüssige Anpassung des Vertragswortlauts an den Einzelfall einen erheblichen organisatorischen Vorteil gegenüber einer unter Umständen jeweils neu zu beziffernden konkreten Entschädigungszusage im Einzelfall. Die korrekte Berechnung der tatsächlichen Höhe der Karenzentschädigung erspart sich der Arbeitgeber hierdurch selbstverständlich nicht. Er sichert aber zumindest das Vertragswerk als solches wirksam gegen eine etwaige Unverbindlichkeit wegen zu geringer Entschädigung des Arbeitnehmers während der Karenzzeit ab. 3. Singularverweisungen auf §§ 74, 74 c HGB Das BAG hat zudem bei singulären Verweisungen auf die §§ 74, 74 c HGB die Auffassung vertreten, dass die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung von der Verweisung umfasst sei, obgleich die Verpflichtung nicht zusätzlich im Vertragswerk geregelt wurde.373 Entsprechende Vertragsklauseln lauten etwa wie folgt: Hinsichtlich der Wettbewerbsvereinbarung gelten die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches über vertragliche Wettbewerbsverbote, §§ 74, 74 c HGB.

Diese Annahme begründet das BAG im Wesentlichen mit dem Argument, dass durch derartige Verweisungen auf die §§ 74, 74 c HGB, die zwar nicht ausschließlich, jedoch explizit die Voraussetzungen der Karenzentschädigung regeln, die Einbeziehung einer Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers regelmäßig mitenthalten sei. Reinfeld374 verweist demgegenüber auf die Möglichkeit, solche singulären Verweisungen auf die §§ 74, 74 c HGB im Vertragswerk als bloße neutrale Verweisung auf die ohnehin geltenden §§ 74 ff. HGB interpretieren zu können, womit eine Entschädigungspflicht des Arbeitsgebers entfiele und das Wettbewerbsverbot daher nicht nur gem. § 74 Abs. 2 HGB unverbindlich, sondern aufgrund des völligen Fehlens einer Karenzentschädigungszusage und der entsprechenden Sinnlosigkeit eines etwaigen Wahlrechts des Arbeitnehmers nichtig wäre. Dennoch sind in §§ 74, 74 c HGB gerade die zentralen Grundsätze zur Karenzentschädigung enthalten, insbesondere die Höhe der Entschädigung, § 74 Abs. 2 HGB sowie die Anrechnung eines etwaigen anderweitigen Erwerbs auf die Entschädigungshöhe, § 74 c HGB. Eine solche explizite Verweisung im Vertragswerk wäre schlechthin sinnlos, wenn man hierin nicht die bewusste Regelung einer Karenzentschädigungspflicht des Arbeitnehmers sehen würde.375 Eine Auslegung solcher Klauseln anhand der §§ 133, 157 Abs. 1 BGB käme insoweit also regelmäßig zu dem Schluss, dass es den Vertragsparteien gerade um die Vereinbarung einer 373 Etwa BAG AP Nr. 35 zu § 74 HGB; kritisch hierzu insbesondere Buchner AR-Blattei ES 1830 Nr. 114; Grunsky, NZA 1988, 713 ff. 374 Reinfeld, S. 136. 375 Reinfeld, S. 136; Grunsky, NZA 1988, 713, 715.

122

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Entschädigung ging, so dass zwingend von einer bewussten Karenzentschädigungsverpflichtung des Arbeitgebers auszugehen ist. Selbst wenn dies – wie gezeigt zu Unrecht – anders beurteilt würde, ergäben sich im Falle einer Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers keine Unterschiede auf der Rechtsfolgenseite: Auch wenn sich der Arbeitnehmer irrtümlich an die Wettbewerbsvereinbarung hält, spricht insoweit vieles für eine Entschädigungspflicht des Arbeitgebers mittels analoger Anwendung des für Wettbewerbsverbote mit Handelsvertretern nach § 90 a Abs. 1 S. 3 HGB geltenden Grundsatzes, nach dem der Unternehmer dem Handelsvertreter für die Dauer der Wettbewerbsbeschränkung in jedem Fall eine angemessene Entschädigung zu zahlen hat.376 Denn profitiert der Arbeitgeber trotz des nichtigen Verbots von der Unwissenheit des Arbeitnehmers hinsichtlich der Nichtigkeit, so dass er trotz der Nichtigkeit der Verabredung die angestrebte Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers erreicht, erscheint es in jeder Hinsicht interessengerecht, ihm im Gegenzug auch die Entschädigung des Arbeitnehmers aufzubürden. 4. Globalverweisungen auf §§ 74 ff. HGB Für den in der Vertragspraxis häufigen Fall, dass in der Wettbewerbsklausel keine Aussage über die Zahlung einer Karenzentschädigung getroffen, sondern lediglich per Globalverweisung allgemein auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen wird, besteht indes große Uneinigkeit hinsichtlich der Frage, ob aus einer solchen Verweisung auch die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung gefolgert werden kann. Regelmäßig lauten Wettbewerbsklauseln mit einer Globalverweisung auf die §§ 74 ff. HGB in etwa wie folgt: (1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, dem Arbeitgeber für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder durch selbstständige, noch durch unselbstständige Arbeit in dessen Geschäftsfeld Konkurrenz zu machen. (2) Hinsichtlich der einzelnen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien wird auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen.

a) Ansicht der Literatur und Teile der Rechtsprechung Insbesondere Grunsky377 verneint bei der Vereinbarung von Vertragsklauseln, in deren Rahmen lediglich generell auf die §§ 74 ff. HGB verwiesen wird, die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung.378 Eine generelle Verweisung auf die gesetzlichen Regelungen des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sage insoweit nichts über die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers aus, da sich aus den §§ 74 ff. HGB gerade keine Zahlungspflicht des Arbeitgebers ergebe 376

Buchner, Rdn. C 28; offen gelassen von Reinfeld, S. 136. Grunsky, S. 64 f.; ders., NZA 1988, 713, 715 f.; mit ähnlicher Argumentation, fußend auf den Ausführungen von Grunsky (a.a.O.): Reinfeld, S. 137; Bauer/Diller, § 9, Rdn. 437 ff. 378 Grunsky, S. 65, ders., NZA 1988, 713, 715. 377

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

123

und es im Gegenteil zu einer solchen Verpflichtung einer gesonderten Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer bedürfe.379 Außerdem fehle dem Arbeitgeber bei der Vereinbarung entsprechender Globalverweisungen auf die §§ 74 ff. HGB der Bindungswille hinsichtlich einer Karenzentschädigungspflicht, womit er zugleich in Kauf nehme, dass Unklarheiten hinsichtlich der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots entstehen könnten.380 Im Ergebnis stützt Grunsky seine Auffassung auf die Argumentation des LAG Bremen381, welches in einer Entscheidung aus dem Jahr 1966 eine Globalverweisung auf die Vorschriften des HGB im Vertragswerk nicht als ausreichend im Hinblick auf die wirksame Vereinbarung einer Karenzentschädigungspflicht ansah. Die nur allgemein gehaltene unbestimmte Bezugnahme auf die Bestimmungen des HGB am Schluss des Arbeitsvertrages („im Übrigen finden die Bestimmungen des HGB Anwendung“) könne nicht als Entschädigungsverpflichtung i.S.v. § 74 Abs.2 HGB anerkannt werden, die auf eine klare vertragliche Absprache über die bezahlte Karenz gerichtet sei.382 b) Stellungnahme Ob eine Vereinheitlichung des Aussagegehaltes in der von Grunsky eingeschlagenen Richtung zulässig ist, dass eine Verweisung auf die §§ 74 ff. HGB in Bezug auf die Karenzentschädigungsverpflichtung des Arbeitgebers die gleichen Rechtsfolgen nach sich ziehen soll wie eine ganz allgemeine Einbeziehung der Vorschriften des HGB, muss entschieden bezweifelt werden. Es macht schon auf den ersten Blick einen Unterschied, ob in einem Vertragswerk ganz allgemein das Handelsgesetzbuch als rechtliche Grundlage der Einzelvereinbarungen fungiert oder ob der Wettbewerbsabrede gezielt die maßgeblichen Vorschriften des vertraglichen Wettbewerbsverbots nach §§ 74 ff. HGB zugrunde gelegt werden. Es dürfte nur schwer zu widerlegen sein, dass die gezielte Verweisung auf die §§ 74 ff. HGB deutlich reflektierter und bewusster getroffen wird als eine allumfassende Einbeziehung sämtlicher Normen des HGB. Der Urheber und Verwender der Klausel hat sich dabei offensichtlich nähere Gedanken über den Sinn und Regelungsgehalt der Verweisung gemacht, da er ansonsten auch gleich auf die „maßgeblichen gesetzlichen Regelungen“ oder das HGB hätte verweisen können. Dem kann nur entnommen werden, dass bei entsprechender Verweisung auf die §§ 74 ff. HGB die maßgeblichen Normen zum vertraglichen Wettbewerbsverbot – und zwar sämtliche – Gegenstand der konkreten Wettbewerbsabrede sind, wozu in erster Linie die Karenzentschädigungsverpflichtung, die dem Wettbewerbsverbot erst zur Wirksamkeit verhilft, zu rechnen ist.

379 380 381 382

Grunsky, NZA 1988, 713, 715. Grunsky, NZA 1988, 713, 715. LAG Bremen DB 1966, 1440. LAG Bremen DB 1966, 1440.

124

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Demgegenüber ist die ganz allgemeine Verweisung auf die Vorschriften des HGB deutlich unbestimmter, was zwar nicht heißen soll, dass sich der Verwender nicht ebenfalls umfangreiche Gedanken zur Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers gemacht hat, jedoch in diesem Zusammenhang die Unzulässigkeit der zuvor beschriebenen Verallgemeinerung Grunskys hinreichend offenbart. aa) Übervorteilungsgefahr des Arbeitnehmers Problematisch ist eine Schlussfolgerung, nach der Globalverweisungen auf die §§ 74 ff. HGB keine Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers begründen, aber schon deshalb, weil hier bei Vertragsabreden in unzulässiger Weise zugunsten der Verpflichtungen des jeweiligen Arbeitgebers differenziert und damit ein weiteres Mal der Interessenausgleich der Vertragsparteien erheblich gestört würde. Dies wird von den Befürwortern dieser Ansicht im Übrigen auch offen ins Feld geführt: So gebe es für den Arbeitgeber durchaus Gründe, die Entschädigungspflicht nicht ausdrücklich zu vereinbaren, sondern sie in derartigen, allgemeinen Verweisungen zu verstecken.383 Bezeichnenderweise werden diese Vereinbarungen auch als „Vernebelungsklauseln“ bezeichnet.384 Der Arbeitgeber könnte solche Globalverweisungen auf die §§ 74 ff. HGB also mit der vorgefertigten Zielsetzung und in der Hoffnung zum Gegenstand der Wettbewerbsabrede machen, der Vertragspartner werde sich keine weiteren Gedanken über den genauen Sinngehalt der Verweisung machen und die in Bezug genommenen Normen insbesondere nicht nachlesen. Ziel wäre dann letztlich, dass sich der Arbeitnehmer an das Wettbewerbsverbot hält, im Gegenzug aber keine Karenzentschädigung einfordert bzw. einfordern kann.385 Auch wenn Arbeitnehmer im Rahmen der Vereinbarung von Wettbewerbsabreden in der Regel über ein hinreichendes Rechtsverständnis verfügen oder zumindest geeigneten Rechtsrat einholen dürften, kann es hier im Einzelfall durchaus zu einer unlauteren Ausnutzung der Unerfahrenheit des Arbeitnehmers kommen, der sich mitunter die Nuancen der einzelnen vertraglichen Regelungen nicht vergegenwärtigt und insoweit auf den Sachverstand und das Gutdünken des Arbeitgebers vertraut. Es erscheint daher bereits aus Gründen der Aufrechterhaltung der gleichwertigen Berücksichtigung der Interessen der Vertragsparteien angezeigt, Unklarheiten hinsichtlich der Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers von vornherein auszuschließen oder aber die Risiken hier in gleicher Weise zu verteilen und sie nicht einseitig dem Arbeitnehmer aufzuerlegen.

383

Bauer/Diller, § 9, Rdn. 439. Etwa Kasseler Handbuch/Welslau, 6.1, Rdn. 434. 385 Bauer/Diller, § 9, Rdn. 439 mit dem Hinweis, dass eine weitere Intention die Offenhaltung eines Schlupfloches ist, insbesondere für den Fall, dass der Arbeitgeber in Zukunft nicht mehr an die Einhaltung des Wettbewerbsverbots interessiert sein könnte. 384

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

125

bb) Parteiwille zur Vereinbarung eines wirksamen Wettbewerbsverbotes Es besteht im Übrigen auch keinerlei Anlass, Globalverweisungen auf die §§ 74 ff. HGB die Einbeziehung einer Karenzentschädigungspflicht abzusprechen. Zu forschen ist insoweit stets nach dem wahren und insbesondere schutzwürdigen Willen der Vertragsparteien. Diese wollen regelmäßig ein vollumfänglich wirksames Wettbewerbsverbot vereinbaren, wozu notwendigerweise auch die Entschädigungspflicht des Arbeitgebers zählt. Es besteht keinerlei Veranlassung, den Arbeitgeber hinsichtlich bestimmter Hintergedanken bei der Wahl des konkreten Vertragswortlautes zu schützen und diesbezügliche Unklarheiten über die Entschädigungspflicht in vollem Umfang dem Arbeitnehmer aufzubürden. Globalverweisungen auf die §§ 74 ff. HGB begründen daher stets auch eine Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers, womit nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei Verweisungen auf die Regelungen zum vertraglichen Wettbewerbsverbot gem. §§ 74 ff. HGB insoweit wirksam sind. cc) Rechtsprechungsbeispiele Auch das LAG Köln hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1984386 bei Vertragsklauseln, in denen lediglich auf die „einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen“ bzgl. der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien verwiesen wurde, eine Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers bejaht. Diese Sichtweise hat es zehn Jahre später in einem nicht veröffentlichten Urteil387 bestätigt. Unterstützung erhält diese Sichtweise durch eine Entscheidung des LAG Hamm aus dem Jahr 1988388, in der ebenfalls eine Globalverweisung auf die Regelungen zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot als ausreichend für eine Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers beurteilt wurde.389 Beiden Urteilen im Kern gemeinsam ist insoweit die oben bereits skizzierte Argumentation, dass die Vertragsparteien ein wirksames Wettbewerbsverbot herbeiführen wollten, wozu eben eine hinreichende Entschädigungszusage unabdingbare Voraussetzung sei. dd) Entlastung der Vertragsdokumentation Im Gegensatz zum sehr allgemein gehaltenen Wortlaut „einschlägige gesetzliche Bestimmungen“ erscheint der Verweis auf die §§ 74 ff. HGB geradezu zielgerichtet in Bezug auf die Einbindung der dort normierten Rechte und Pflichten der Ver386

LAG Köln v. 18. 04. 1984 7 Sa 1183/83, in Teilen abgedruckt in NZA 1984, 91. LAG Köln v. 15. 09. 1994. 388 LAG Hamm v. 12. 04. 1988 15 Sa 1925/87. 389 Einziger Unterschied zur Entscheidung des LAG Köln: Der maßgebliche Vertragswortlaut lautete hier: „Im Übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 74 bis 75 c HGB“. 387

126

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

tragsparteien. Grundsätzlich können Globalverweisungen in Fragen des Zwecks und der Zielsetzung stets auch nur dahingehend verstanden werden, dass sie die eigentliche Vertragsurkunde entlasten und eine Überfrachtung mit Einzelvereinbarungen zu Gunsten der Übersichtlichkeit und Klarheit vermeiden sollen. Es ist daher nicht geboten, diese Verweisungen insoweit zu spezifizieren, dass nur das gelten soll, was auch tatsächlich in den einzelnen, in Bezug genommenen Normen ausdrücklich geregelt ist. Es ist auch unerheblich, dass § 74 Abs. 2 HGB selbst nicht die Modalitäten einer Wettbewerbsabrede regelt, sondern vielmehr eine zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung, nämlich die der ausdrücklichen Zusage einer Karenzentschädigung im dort benannten Umfang, postuliert.390 Eine Globalverweisung auf die §§ 74 ff. HGB sollte daher so verstanden werden, dass sämtliche dort genannten Rechte und Pflichten gelten bzw. zu erfüllen sind. Zu den Rechten gehören das Recht auf Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers zu Gunsten des Arbeitgebers sowie das Recht des Arbeitnehmers auf eine im Sinne von § 74 Abs. 2 HGB ausreichende Entschädigungszahlung durch den Arbeitgeber. Zu den wirksamkeitsbegründenden Pflichten gehört neben der Einhaltung des Formzwanges, Aushändigung der unterzeichneten Urkunde, etc. auch die Vereinbarung einer Karenzentschädigungsverpflichtung des Arbeitgebers gem. § 74 Abs. 2 HGB. Eine Globalverweisung auf die §§ 74 ff HGB ist somit dahingehend zu verstehen, dass auf die Rechte und insbesondere Pflichten, die dort genannt sind, verwiesen wird und diese nicht nochmals explizit und im Einzelnen ausgeführt werden. ee) Kein Widerspruch zum Standpunkt des BAG Dieser Sichtweise steht auch die Entscheidung des BAG vom 05. 09. 1995391 nicht entgegen, nach der ein Wettbewerbsverbot so eindeutig formuliert sein muss, dass aus Sicht des Arbeitnehmers keine Zweifel über dessen Anspruch auf Karenzentschädigung bestehen können. Bei einer Verweisung auf die §§ 74 ff. HGB verbleiben für den Arbeitnehmer schon deshalb keine Unklarheiten über seinen Anspruch auf Karenzentschädigung, weil der Arbeitgeber sich mit Ausfertigung des Vertragsdokuments ebenso wie der Arbeitnehmer verpflichtet, sämtliche Verpflichtungen, die aus den §§ 74 ff. HGB folgen, zu erfüllen. Hierzu gehört auch die (zusätzliche) Vereinbarung einer Karenzentschädigungsverpflichtung des Arbeitgebers, so dass sich bei Wettbewerbsabreden mit Globalverweisungen auf die §§ 74 ff. HGB für den Arbeitnehmer keine vernünftigen Zweifel hinsichtlich seines Anspruches auf Karenzentschädigung aufdrängen.

390 391

Bauer/Diller, § 9, Rdn. 440. BAG AP Nr. 67 zu § 74 HGB.

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

127

c) Fazit Festzuhalten ist, dass aus Globalverweisungen wie aufgezeigt die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung im in diesen Vorschriften genannten Umfang an den Arbeitnehmer folgt und die Verwendung solcher Globalverweisungen der Wirksamkeit der Wettbewerbsabrede nicht entgegensteht.

IV. Schuldner der Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB Problematisch und von hoher Praxisrelevanz ist auch die Frage, ob im Rahmen der Wettbewerbsvereinbarung wirksam eine Vereinbarung getroffen werden kann, nach der ein Dritter zur Zahlung der Karenzentschädigung verpflichtet ist oder ob eine solche Vereinbarung dem Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB widerspricht. 1. Dritte Personen als Schuldner § 74 Abs. 2 HGB begründet zunächst eine Karenzentschädigungspflicht in der Person des Arbeitgebers. Im Vordergrund der Frage, ob eine Zahlungsverpflichtung eines Dritten wirksam vereinbart werden kann, steht in erster Linie das Interesse des Arbeitnehmers an einen solventen Schuldner. Der Arbeitnehmer wird regelmäßig kein besonderes Interesse an der konkreten Person des Schuldners der Karenzentschädigungszahlung haben. Sein Hauptaugenmerk gilt in erster Linie der tatsächlichen Erbringung der Entschädigungssumme in voller Höhe. Der Einsatz eines Dritten zur Leistung der Entschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB kann sogar für den Arbeitnehmer mit erheblichen Vorteilen verbunden sein. So gesehen spricht zunächst einmal nichts gegen die Möglichkeit einer vertraglichen Verpflichtung eines Dritten zur Entschädigung des Arbeitnehmers für die durch die Wettbewerbsabrede erlittenen Nachteile. Der Intention des § 74 Abs. 2 HGB, dessen Schutzzweck ja gerade die Absicherung des Arbeitnehmers gegen die mit dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot verbundenen Nachteile ist, widerspricht die einverständliche Vereinbarung eines Drittschuldners sicherlich nicht. 2. Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers Hiervon unberührt bleibt jedoch das Recht des Arbeitnehmers, einer solchen Einsetzung eines Dritten als Zahlungspflichtigen zu widersprechen, aus welchen Gründen auch immer. Es besteht daher keine Pflicht des Arbeitnehmers, dem Eintrittsrecht eines Dritten an die Stelle des Arbeitgebers zuzustimmen.392 Dies gilt selbst dann, wenn der Dritte erwiesenermaßen über die zur Leistung der Entschä392

Im Ergebnis Heymann/Henssler, § 74, Rdn. 29.

128

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

digungszahlung notwendigen Mittel verfügt und die entsprechende Summe etwa bereits aus seinem Vermögen ausgesondert und auf einem gesonderten Konto hinterlegt oder durch eine Bankbürgschaft gesichert hat.393 Auch aus dem Prinzip von Treu und Glauben der Vertragsparteien nach § 242 BGB lässt sich keine entsprechende Zustimmungspflicht des Arbeitnehmers herleiten, da der Gesetzeswortlaut von § 74 Abs. 2 HGB seinerseits eindeutig ist und sich der Arbeitnehmer damit selbst dann nicht auf Zahlungsverweisungen an vertragsfremde Parteien einlassen muss, wenn entsprechende Absicherungen bestehen und die Zahlungsverpflichtung daher erwiesenermaßen erfüllt werden kann. Zur Begründung eines diesbezüglichen Verweigerungsrechts kommt neben dem Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB auch das Recht einer jeden Vertragspartei in Betracht, sich im Rahmen des durch den Vertragsschluss entstandenen besonderen Vertrauensverhältnisses der Vertragsparteien in Bezug auf Rechte und Pflichten hieraus untereinander nur an die gegenüberstehende Vertragspartei wenden zu müssen, sofern sich eine anders lautende Verpflichtung nicht aus der Natur der Sache oder der Besonderheit des jeweiligen Vertragsgegenstandes ergibt. Bei Wettbewerbsabreden zwischen Arbeitsparteien ergibt sich aber weder aus der Natur der Sache noch aus der etwaigen Besonderheit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes als Vertragsgegenstand eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Einwilligung in den Übergang der Karenzentschädigungspflicht auf einen Dritten. Man wird hingegen vielmehr argumentieren können, dass es gerade eine grundlegende Verpflichtung des Arbeitgebers darstellt, den Arbeitnehmer im Gegenzug zur Enthaltung etwaiger Konkurrenztätigkeiten persönlich zu entschädigen.394 3. Besonderheiten bei Konzernstrukturen Etwas anderes gilt selbstredend in Fällen, in denen eine Zahlungsverpflichtung des Konzerns, zu dem auch der Arbeitgeber bzw. das Unternehmen gehört, vereinbart wird.395 Hier besteht von Seiten des Arbeitnehmers kein Anspruch auf Zahlung der Karenzentschädigung durch eine ganz bestimmte Konzerngesellschaft, da es sich bei der zahlenden Konzernobergesellschaft streng genommen bereits nicht mehr um einen Drittleistenden handelt. Entgegen anders lautender Stimmen396 handelt es sich daher bei der Einsetzung einer etwaigen Konzernobergesellschaft zur Erfüllung der Karenzentschädigungspflicht einer Konzerngesellschaft auch nicht um eine echte 393

Bauer/Diller, § 9, Rdn. 433; a.A. Grunsky, S. 63. Anders jedoch Grunsky, S. 63, der eine gesicherte Erfüllung der Karenzentschädigungsverpflichtung durch einen Dritten für die Wirksamkeit der Vereinbarung ausreichen lässt. So soll sich etwa die Ehefrau des Arbeitgebers wirksam zur Zahlung der Karenzentschädigung verpflichten können, indem sie den Arbeitnehmer durch eine Bankbürgschaft absichert, die die jeweilige Bank ihrem Ehemann, also dem Arbeitgeber, nicht gewährt hätte. 395 Grunsky, S. 63; Schaub/Vogelsang, § 55, Rdn. 76; Bauer/Diller, § 9, Rdn. 433; Staub/ Weber, § 74, Rdn. 38. 396 Bauer/Diller, § 9, Rdn. 433. 394

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

129

Ausnahme von dem oben genannten Grundsatz, nach dem sich der Arbeitnehmer nicht auf die vertragliche Vereinbarung der Zahlungspflicht eines Dritten einlassen muss. Da hier jedoch ohnehin die typischerweise bei Konzernen anzutreffenden arbeitsrechtlichen Besonderheiten wie beispielsweise die Frage des tatsächlichen Arbeitgebers und der konkreten Partei bzw. Gesellschaft, der gegenüber die Arbeitsleistung geschuldet wird, bestehen, stellte es eine rechtstechnische Überdehnung des Gesetzeswortlautes dar, die Vereinbarkeit der Zahlungspflicht einer Konzernobergesellschaft anstelle derjenigen Gesellschaft, mit der der Arbeitnehmer ursprünglich den Arbeitsvertrag geschlossen hat, als Ausnahme vom oben skizzierten Grundsatz zu bezeichnen.397 Es gilt daher insgesamt festzustellen, dass sich der Arbeitnehmer außerhalb von Konzernstrukturen nicht auf eine Zahlung der Karenzentschädigung durch Dritte vertraglich einzulassen braucht, so dass die Vereinbarung einer entsprechenden Verpflichtung eines Dritten von der Einwilligung des Arbeitnehmers abhängt und entsprechende Zahlungspflichten von Dritten daher nicht vom Arbeitgeber zwingend vorgegeben werden können. Die einvernehmliche Vereinbarung eines Drittschuldners der Karenzentschädigung widerspricht daher nicht dem Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB. 4. Betriebsübergang Geht das Arbeitsverhältnis im Falle eines Betriebsübergangs nach § 613 a BGB auf den übernehmenden Rechtsträger über, ist hiervon auch die Wettbewerbsabrede mit dem übertragenden Rechtsträger erfasst – auch dann, wenn der Erwerber an der Wettbewerbsabrede kein Interesse hat.398 Die Zahlungsverpflichtung geht damit auf den übernehmenden Rechtsträger über. Widerspricht der Arbeitnehmer dem Betriebsübergang, ist bei der Beurteilung der Rechte und Pflichten aus dem Wettbewerbsverbot dagegen ausschließlich auf das Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem übertragenden Rechtsträger abzustellen.399

V. Berechnungsgrundsätze zur Höhe der Entschädigungsleistung als Gradmesser des Interessenausgleichs Ihrer Rechtsnatur nach ist die Karenzentschädigungsleistung wie bereits aufgezeigt keine Schadensersatzzahlung, sondern eine vertragliche Gegenleistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer dafür, dass dieser die in der Konkurrenzklausel verankerten Einschränkungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf sich nimmt. Unzulässig ist daher insbesondere die Zahlung von Teilbeträgen für die 397 398 399

In diese Richtung argumentierend etwa Grunsky, S. 63. Gaul/Ludwig, NZA 2013, 489, 492. Gaul/Ludwig, NZA 2013, 489, 492.

130

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Übernahme des Wettbewerbsverbotes bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses.400 Dorndorf hat sowohl Funktion als auch Rechtfertigung der Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB in einer in diesem Zusammenhang seltenen Prägnanz herausgearbeitet: „Insofern die Karenzentschädigung ein Entgelt für die in der Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers liegende Leistung darstellt, dient die Regelung der Sicherung der Leistungsäquivalenz, der Austauschgerechtigkeit. Insofern die Regelung gewährleistet, dass der Arbeitnehmer während der Karenzzeit nicht ohne ausreichendes Einkommen bleibt, erscheint sie aus dem Gesichtspunkt des Bedarfsprinzips gerechtfertigt. Insoweit die Regelung der Vereinbarung gewisser sozialschädlicher Wettbewerbsverbote entgegensteuert, ist sie unter dem Aspekt ihrer Funktionalität für den Schutz vor unberechtigten Beschränkungen der freien Arbeitsplatzwahl und des wirksamen Wettbewerbs auf den Gütermärkten zu rechtfertigen.“401

Als Maßstab für die nach § 74 Abs. 2 HGB zu leistende Karenzentschädigung des Arbeitgebers gilt die letzte Vergütung des Arbeitnehmers vor dem Ausscheiden einschließlich aller Zulagen mit Entgeltcharakter, von der der Arbeitgeber mindestens 50 % für jedes Jahr des Verbots leisten muss. Es steht dem Arbeitgeber auch frei, eine höhere Entschädigungszahlung zu leisten402, was vor allem bei hoch qualifizierten Arbeitnehmern oftmals der Fall ist, die sich bei Vereinbarung des Wettbewerbsverbots bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht selten eine höhere als die gesetzliche Mindestentschädigung zusichern lassen. 1. Zuletzt bezogene vertragsmäßige Leistungen, § 74 Abs. 2 HGB Zur Feststellung der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen i.S.v. § 74 Abs. 2 HGB sind die Bruttobezüge des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, die er vor dem Ausscheiden aus dem Unternehmen als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung verdient hat.403 Maßgeblich sind dabei jene Geld- und Sachleistungen, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber als vertragsmäßige Leistung erhält.404 Dies betrifft neben dem monatlich fixen Salär insbesondere freiwillige Sozialleistungen sowie Gratifikationen, Gewinnbeteiligungen, Leistungszulagen und sonstige Sonderzahlungen, die nicht etwa deshalb bei der Berechnung der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe der Karenzentschädigung außer Betracht bleiben, weil sie unter dem Vorbehalt 400

BAG AP Nr. 38 zu § 74 HGB. Zu den wesentlichen Berechnungsgrundsätzen ausführlich Ebert, FA 1999, 346 ff. 401 Dorndorf, S. 204 f. 402 Grüll/Janert, S. 51. 403 So etwa BAG v. 22. 10. 2008 – 10 AZR 360/08; ErfK/Oettker, § 74, Rdn. 28; Buchner, Rdn. C 339. 404 Küttner/Reinecke, Kap. 460, Rdn. 31.

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

131

der Freiwilligkeit bzw. unter Ausschluss eines Rechtsanspruches stehen.405 Sie sind verpflichtender Teil der Karenzentschädigung, da ein zukünftiger Rechtsanspruch auf die entsprechende Leistung keine Voraussetzung der „Vertragsmäßigkeit“ nach § 74 Abs. 2 HGB darstellt.406 Herauszurechnen sind jedoch von vornherein solche Bezüge, die bei Fortführung des Arbeitsverhältnisses für einen Zeitraum nach Vertragsbeendigung zu zahlen gewesen wären sowie bestimmte Veränderungen in der Vergütungshöhe oder Vergütungsstruktur wie beispielsweise Gehaltserhöhungen, soweit sie die Zeit nach Vertragsende betreffen.407 Gleiches gilt für Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen, die nicht vom Wettbewerbsverbot erfasst sind. Zu denken ist hier in erster Linie an Einkünfte aus Nebentätigkeit, freier Mitarbeiterschaft, früheren Arbeitsverhältnissen beim selben Arbeitgeber oder auch paralleler Anstellungsverhältnisse, sofern diese keine wirtschaftliche Einheit mit dem vom Wettbewerbsverbot betroffenen Arbeitsverhältnis bilden. a) Geldleistungen Vereinfacht gesprochen gehören nach der Rechtsprechung des BAG zu den bei der Berechnung der Karenzentschädigung zu berücksichtigenden Bezügen grundsätzlich sämtliche Einkommensbestandteile, ohne Rücksicht darauf, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht oder nicht.408 Sofern eine Wettbewerbsvereinbarung daher vorsieht, bestimmte hiernach zwingend zu berücksichtigende Vergütungsbestandteile bei der Berechnung der Entschädigungsleistung außer Acht zu lassen, ist das zugrunde liegende Wettbewerbsverbot unverbindlich.409 Entscheidend ist insoweit, dass der Arbeitnehmer bereits bei Abschluss der Wettbewerbsvereinbarung überblicken kann, ob ihm eine Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe zugesichert wurde oder nicht.410 Der Blick zur Identifikation entschädigungsrelevanter Leistungen des Arbeitgebers richtet sich also insoweit in die Vergangenheit und nicht in die Zukunft.411 Unberücksichtigt bleiben Bezüge bzw. Veränderungen, die die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis betreffen, also beispielsweise Gehaltserhöhungen, die für den Fall der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber gezahlt worden wären.412 Altersruhegeld, gleich welcher Art, ist bei der Berechnung

405 406 407 408 409 410 411 412

Buchner, C 341; Grüll/Janert, S. 52. BAG AP Nr. 19, 34, 40 zu § 74 HGB; Buchner, C 341. BAG NZA 1990, S. 519; Grüll/Janert Kap. 6, S. 51. BAG AP Nr. 34 zu § 74 HGB; BAG v. 07. 04. 1981 – 3 AZR 540/78. BAG v. 07. 04. 1981 – 3 AZR 540/78. BAG AP Nr. 38 zu § 74 HGB. BAG AP Nr. 34 zu § 74 HGB; AP Nr. 1 zu § 74 b HGB; Grunsky, S. 69. BAG NZA 1990, 519; Grüll/Janert, S. 51.

132

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

der Karenzentschädigung ebenfalls nicht zu berücksichtigen413, sofern keine individualvertragliche Vereinbarung zur Anrechnung etwaiger Betriebsrentenzahlungen auf die Karenzentschädigung vorgesehen ist.414 Nicht erfasst werden weiterhin solche Leistungen des Arbeitgebers, die keine Vergütung für vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistungen darstellen, also bereits als Aufwendungen im Rahmen von § 670 BGB ersatzfähig sind, § 74 b Abs. 3 HGB. Klassisches Beispiel hierfür sind angefallene Spesen sowie Fahrtkosten, die dem Arbeitnehmer als Unkosten während des laufenden Arbeitsverhältnisses und anlässlich der Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten entstanden sind.415 Gleiches gilt für den Arbeitgeberanteil aus der Kranken- und Rentenversicherung, da der Arbeitnehmer für die Dauer der Wettbewerbsenthaltung aufgrund des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes hieraus nicht sozialversicherungspflichtig ist.416 Auch der Anspruch auf Abgeltung nicht genommenen Urlaubes gehört im Gegensatz zum Urlaubsgeld nicht zu den vertragsmäßigen Leistungen nach § 74 Abs. 2 HGB417, sofern dieses nicht nur für tatsächlich genommene Urlaubstage gewährt wird.418 Da Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes entschädigen und nicht etwa Vergütungen für erbrachte Arbeitsleistungen darstellen, fallen sie ebenfalls nicht unter die vertragsmäßigen Leistungen nach § 74 Abs. 2 HGB.419 aa) Festbezüge Maßgeblich für die Summe der relevanten Festbezüge, die im Rahmen der Berechnung der Karenzentschädigung zu berücksichtigen sind, ist die zuletzt vor dem Ausscheiden bezogene Vergütung. Entscheidend ist nicht etwa ein Durchschnittsbetrag der insgesamt beim Arbeitgeber bezogenen Festbezüge, sondern vielmehr die Höhe des letzten Monatsbezugs.420 Ein Wochengehalt ist auf einen fiktiven Monatsverdienst hochzurechnen, da § 74 b HGB für die Karenzentschädigung eine monatliche Zahlung vorsieht.421 Für den Fall, dass der Arbeitnehmer zu einem Zeitpunkt ausscheidet, zu dem er keine Vergütung bezieht, beispielsweise in der Zeit einer unbezahlten Freistellung anlässlich eines Studiums, einer Weiterbildung, etc., widerspräche es dem Grundsatz des gerechten Interessenausgleiches, dem Arbeitnehmer nunmehr gar keine Ka413 414 415 416 417 418 419 420 421

BAG AP Nr. 14 zu § 74 HGB. BAG AP Nr. 46 zu § 74 HGB. Buchner, Rdn. C 343; Grunsky, S. 69. BAG AP Nr. 40 zu § 74 HGB; Grunsky, S. 73; Grüll/Janert, S. 52 f. LAG Hamm v. 30. 03. 2000 – AZ 16 Sa 1684/99. Bauer/Diller, § 9, Rdn. 382. Bauer/Diller, § 9, Rdn. 382; Bengelsdorf, DB 1989, 1025. Heymann/Henssler, § 74 b, Rdn. 2; Grunsky, S. 67 f. Bauer/Diller, § 9, Rdn. 403.

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

133

renzentschädigung zuzubilligen. Maßgeblich ist daher der letzte vor dem vergütungslosen Zeitraum bezogene Verdienst.422 Tarifliche Erhöhungen des Entgelts bleiben, soweit sie den Zeitraum nach Ausscheiden des Arbeitnehmers betreffen, wie sonstige Gehaltserhöhungen für nachvertragliche Zeiträume bei der Berechnung der Karenzentschädigung außer Betracht.423 bb) Variable Vergütungsbestandteile Traditionell von erheblicher Bedeutung für den Interessenausgleich der Vertragsparteien sind variable Vergütungsbestandteile, für die § 74 b Abs. 2 HGB („wechselnde Bezüge“) nicht die Ansetzung des letzten Bezugszeitraumes vorsieht, sondern vielmehr den Durchschnittswert der letzten drei Jahre bzw. eines entsprechend kürzeren Zeitraumes, sofern der Arbeitnehmer keine vollen drei Jahre im Arbeitsverhältnis gestanden hat.424 Erforderlich ist zudem, dass die variable Vergütung arbeitsvertraglich als Entgelt für geleistete Arbeit gewährt wird.425 (1) 13. Monatsgehalt Bei der Frage, ob ein 13. Monatsgehalt Teil der Karenzentschädigung ist, gilt es zu beachten, ob der Arbeitgeber diese Sonderzahlung bedingt oder unbedingt zugesichert hat.426 Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf den unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten vorzunehmenden Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien hinsichtlich solcher Sonderzahlungen. Sofern die Zusicherung eines 13. Monatsgehaltes unter einem Widerrufsvorbehalt steht oder mit Rückzahlungsverpflichtungen bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis verbunden ist, richtet sich die Berechnung der Karenzentschädigung nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre bzw. dem Durchschnitt des jeweiligen Geltungszeitraumes, § 74 b Abs. 2 HGB. Für den Fall, dass das 13. Monatsgehalt stichtagsbezogen gezahlt wird, der Arbeitnehmer jedoch vor dem Stichtag aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und auch keinen Anspruch auf eine anteilsmäßige Gewährung des 13. Monatsgehaltes hat, bleibt das Jahr des Ausscheidens bei der Berechnung unberücksichtigt.427 Hat der Arbeitgeber die Auszahlung eines 13. Monatsgehaltes also von der Vollendung eines bestimmten Mindestzeitraums abhängig gemacht und der Arbeitnehmer bei vorzeitigem Ausscheiden keinen Anspruch auf anteilige Auszahlung, so entfällt eine entsprechende Erhöhung der Karenzentschädigungssumme mangels

422 423 424 425 426 427

Bauer/Diller, § 9, Rdn. 412. BAG NZA 1990, 519; Grüll/Janert, S. 51. Bauer/Diller, § 9, Rdn. 415; Grunsky, S. 69. Grüll/Janert, S. 52. BAG AP Nr. 1 zu § 74 b HGB. BAG AP Nr. 1 zu § 74 b HGB; Grunsky, S. 72.

134

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Vorliegens einer vertragsmäßig bezogenen Leistung im Sinne von § 74 Abs. 2 HGB.428 Bauer/Diller429 weisen zu Recht darauf hin, dass eine andere Berechnung in Fällen vorzunehmen ist, in denen das 13. Monatsgehalt unbedingt zugesichert wird und der Arbeitnehmer bei vorzeitigem Ausscheiden ohne Erreichung des Mindestzeitraums einen Anspruch auf eine Zahlung des 13. Monatsgehaltes pro rata temporis hat. In diesen Fällen soll anstelle des Durchschnittswertes der letzten drei Jahre, wie es § 74 b Abs. 2 HGB für wechselnde Bezüge vorsieht, das zu berücksichtigende monatliche Festgehalt um 1/12 erhöht werden, was im Vergleich zu der Durchschnittswertberechnung nach § 74 b Abs. 2 HGB in vielen Fällen für den Arbeitnehmer günstiger sei.430 Dies erscheint sachgerecht, da der Arbeitgeber in diesen Fällen das 13. Monatsgehalt ja unbedingt zugesagt hat und selbst bei vorzeitigem Ausscheiden eine strenge pro ratarische Berechnung stattfindet. Der Unterschied zu bedingten Zahlungszusagen ist offensichtlich und demzufolge privilegierend bei der Berechnung der Karenzentschädigung zu berücksichtigen. (2) Weihnachts- und Urlaubsgeld Ähnlich wie beim 13. Monatsgehalt verhält es sich auch mit der Hinzurechnung von Weihnachts- und Urlaubsgeld zur Karenzentschädigungssumme. Für die Berechnung der Karenzentschädigung gilt auch hier grundsätzlich § 74 b Abs. 2 HGB, wonach der Zeitraum der letzten drei Jahre als Berechnungsgrundlage des maßgeblichen Durchschnittsbezuges entscheidend ist. Entscheidungsrelevant ist erneut die Frage, ob der Arbeitgeber die Leistung von Weihnachtsgeld bedingt oder unbedingt zugesagt und ob der Arbeitnehmer bei vorzeitigem Ausscheiden einen Anspruch auf eine pro ratarische Auszahlung hat. Letzteres kommt in der Praxis jedoch äußerst selten vor. Üblich sind vielmehr Vereinbarungen, wonach der Anspruch auf Weihnachtsgeld nur dann begründet wird, wenn das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt bzw. Stichtag im Kalenderjahr, häufig ist dies der November431 des jeweiligen Kalenderjahres, weder beendet noch gekündigt ist.432 Bei Urlaubsgeld kommt die Besonderheit hinzu, dass dieses häufig nur für tatsächlich genommenen Urlaub gezahlt wird, nicht aber für abgegoltenen. Dementsprechend kann dies dazu führen, dass das anzurechnende Urlaubsgeld nach § 74 b Abs. 2 HGB insgesamt in geringerem Umfang, als dies nach dem jährlichen Durchschnitt theoretisch anzusetzen wäre, zu berücksichtigen ist, da nur das tat428

Grüll/Janert, S. 52; Buchner, Rdn. C 348. Bauer/Diller, § 9, Rdn. 418. 430 Bauer/Diller, § 9, Rdn. 418. 431 Bauer/Diller nennen als Stichtag hingegen den 01.12. des jeweiligen Kalenderjahres, § 9, Rdn. 422. 432 Bauer/Diller, § 9, Rdn. 422. 429

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

135

sächlich ausgezahlte Urlaubsgeld zur Karenzentschädigung hinzugerechnet werden kann.433 (3) Mitarbeiterbeteiligungen Eine große Rolle für die Berechnung der Karenzentschädigung spielen zudem Mitarbeiterbeteiligungen wie Aktienoptionen und Belegschaftsaktien, da ihre Relevanz für die Karenzentschädigung im Gegensatz zu Tantiemen, Boni und sonstigen Leistungszulagen, die unproblematisch Teil der Entschädigungssumme bilden, umstritten ist.434 In jüngerer Zeit werden Aktienoptionen häufig als variabler Vergütungsbestandteil im Rahmen der vertraglich geschuldeten Vergütung gewährt, um dem Arbeitnehmer einen zusätzlichen Anreiz für entsprechende Leistungen zu bieten. Für den Fall, dass die Aktien vom Arbeitnehmer zu einem günstigeren Wert als der jeweilige Marktpreis erworben werden können, was für den Arbeitnehmer ganz überwiegend den eigentlichen Wert einer Aktienoption ausmacht, zählt der jeweilige geldwerte Vorteil der Aktienoption zur Karenzentschädigung.435 Sofern der Wert der Option ohne Schwierigkeiten berechnet werden kann, weil sie bereits ausgeübt worden ist, gilt die Dreijahresregel nach § 74 b Abs. 2 HGB. Bei noch nicht erfüllter Ausübung ist der Geldwert der Option nach Maßgabe bestimmter Formularvorgaben zu schätzen.436 (4) Andere variable Vergütungsbestandteile Das BAG berücksichtigt „freiwillige, jederzeit widerrufliche außertarifliche Zulagen“ als Teil der Karenzentschädigung.437 Jubiläumszahlungen sind ähnlich wie ein 13. Monatsgehalt bzw. Weihnachtsgeld zu behandeln, insbesondere mit Blick auf die Handhabung einer bestimmten Stichtagsregelung. Auch Schicht- und Akkordzulagen sind Teil der für die Karenzentschädigung zu berücksichtigenden vertragsmäßigen Vergütung. b) Sachleistungen Die in der Praxis am häufigsten gewährten sonstigen Sachleistungen sind die Gewährung eines Dienstwagens sowie die Stellung einer Dienstwohnung.

433 434 435 436 437

Bauer/Diller, § 9, Rdn. 422. Buchner, Rdn. C 347. Bauer/Diller, § 9, Rdn. 396. Bauer/Diller, § 9, Rdn. 396. BAG AP Nr. 19 zu § 74 HGB.

136

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

aa) Dienstwagen Die bedeutendste sonstige Sachleistung im Zusammenhang mit der Berechnung der Karenzentschädigungshöhe stellt die Gewährung eines Dienstwagens dar, da zu den vertragsmäßigen Leistungen nach § 74 Abs. 2 HGB auch die Überlassung eines Dienstwagens zählt.438 Als besonderer Vergütungsbestandteil und Teil des Naturallohns kommt der Dienstwagenüberlassung, traditionell insbesondere in Deutschland, ein hoher Stellenwert zu. Dies erklärt sich aus dem offenbar ungebrochen hohen gesellschaftlichen Prestige eines Dienstwagens, dessen Bereitstellung mitunter bereits gescheitert erscheinende Arbeitsvertragsverhandlungen wieder zum Leben erweckt hat und so manchen heillos zerstritten erscheinenden Arbeitsgerichtsprozess letztlich mit einem Vergleich enden ließ. Dies wirft ein Licht auf den hohen emotionalen Stellenwert eines Dienstwagens. Für einen großen Bevölkerungsteil dokumentiert er sozialen Status sowie die gehobene Stellung des Nutzers in der Unternehmenshierarchie. Entsprechend sensibel gestaltet sich dessen Einbeziehung in die Berechnung der Höhe der Karenzentschädigung. Über die Berechnung des konkreten geldwerten Gebrauchsvorteils eines Dienstwagens, der auch zu privaten Zwecken genutzt werden darf, herrscht Uneinigkeit, auch deshalb, weil sich das BAG hierzu bisher nicht geäußert hat.439 Im Wesentlichen stehen sich verschiedene Berechnungsansätze gegenüber, die sich in tabellarischer Form zum einen bei der jährlich in der NJW abgedruckten Aufstellung zur Nutzungsausfallentschädigung von Sanden/Danner/Küppersbusch, des Weiteren in der Kostentabelle des ADAC, aber auch in den Sätzen nach dem geltenden Lohnsteuerrecht finden.440 Die Aufstellung von Sanden/Danner/Küppersbusch bezieht sich auf die Berechnung des jeweiligen Nutzungsausfalles bei Verkehrsunfällen und wird, da für die Regulierung von Unfallschäden konzipiert, zu Recht von Teilen des Schrifttums441 als zur Berechnung von Karenzentschädigungszahlungen ungeeignet beurteilt. Bei Unfällen müsse lediglich eine vergleichsweise kurze Zeitspanne bis zur Reparatur oder Neubeschaffung des Fahrzeugs abgedeckt werden, so dass sich die entsprechenden Sätze an den fiktiven Mietwagenkosten orientierten, die ggf. noch zu kürzen seien.442 Die Anlehnung an die Kosten für die Miete eines Fahrzeuges sei aufgrund der für den vergleichsweise kurzen Zeitraum berechneten Sätze damit ungeeignet für die Berechnung der Karenzentschädigung, die den geldwerten Vorteil der Dienst-

438

BAG v. 08. 11. 1994; Maurer, S. 90; hierzu auch Nägele/Schmidt, BB 1993, 1797 ff. BAG AP Nr. 2 zu § 74 b HGB. 440 Tschöpe/Hiekel, Teil 2 F, Rdn. 59. 441 Insbesondere Bauer/Diller, § 9, Rdn. 253; a.A. Dombrowski/Zettelmeyer, NZA 1995, 155, 159. 442 Bauer/Diller, § 9, Rdn. 391. 439

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

137

wagengewährung über einen langen Zeitraum zu berücksichtigen habe.443 In diese Richtung scheint auch das BAG zu argumentieren.444 Demgegenüber neigen Teile der Rechtsprechung445 und des Schrifttums446 bei der Beurteilung von Nutzungsausfallentschädigungen dazu, die steuerlichen Sachbezugswerte als Maßstab für die Berechnung des geldwerten Vorteils von Dienstwagen zugrunde zu legen.447 Danach ist der private Nutzwert eines Dienstwagens pauschal mit 1 % des inländischen Listenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung pro Kalendermonat zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen, § 8 Abs. 2 S. 2, 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG.448 Der Schluss liegt demnach nahe, diese Sätze auch auf die Berechnung der Karenzentschädigung zu übertragen.449 Der Argumentation ist zu folgen, wenngleich gewisse Korrekturen erforderlich sind, wenn die ausschließliche Nutzung des Dienstwagens zu privaten Zwecken von vornherein feststand.450 In diesem Fall erhält die Zurverfügungstellung des Dienstwagens eine erhöhte zusätzliche Vergütungseigenschaft, die sich qualitativ deutlich vom ursprünglichen Zweck eines Dienstwagens, diesen vorrangig für beruflich veranlasste Fahrten zu nutzen, entfernt. bb) Dienstwohnung Insbesondere bei Auswärtstätigkeiten des Arbeitnehmers stellt die Gewährung einer Dienstwohnung seitens des Arbeitgebers eine bedeutende Sachleistung dar.451 Im Gegensatz zum Dienstwagen gestaltet sich die Bezugsgröße einer Dienstwohnung im Hinblick auf die Hinzurechnung zur Karenzentschädigung relativ einfach, obgleich es auch hier mitunter zu Schwierigkeiten hinsichtlich des konkreten Berechnungsfaktors kommen kann. Generell gilt, dass der monatlich ersparte Mietzins der jeweiligen Wohnung als geldwerter Vorteil zur Karenzentschädigung zu addieren ist. Problematisch wird eine Hinzurechnung jedoch dann, wenn für die konkrete Wohnung kein bestimmter Mietzins festgesetzt wurde, da sich diese beispielsweise im Eigentum des Arbeitgebers befindet.

443

Bauer/Diller, § 9, Rdn. 391; Dombrowski/Zettelmeyer, NZA 1995, 155, 156. BAG DB 1994, 2239. 445 LAG Hamm v. 30. 03. 2000 – AE 2000 Nr. 437. 446 Nägele, S. 138; Küttner/Reinecke, Kap. 460, Rdn. 31. 447 BAG v. 27. 05. 1999 – 8 AZR 415/98; LAG Hamm 16 Sa 1684/99. 448 Nägele, S. 138; so auch OLG München v. 28. 07. 2010 – 7 U 2417/10. 449 So insbesondere Tschöpe/Hiekel, Teil 2F, Rdn. 59; Maurer, S. 90. 450 So mittlerweile auch Bauer/Diller, § 9, Rdn. 394. 451 Dennoch stellt die Sachleistung Dienstwohnung eher eine Ausnahme dar. Das Gegenteil ist beispielsweise in Japan zu beobachten, wo Arbeitnehmern nicht selten eine – zumindest subventionierte – Wohnung von Seiten des Arbeitgebers gestellt wird. 444

138

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

Soweit ersichtlich war die Frage, wie der geldwerte Vorteil in solchen Fällen konkret zu berechnen ist, bisher weder in Rechtsprechung noch Literatur Gegenstand einer vertieften Erörterung. Grundsätzlich muss insoweit gelten, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer durch die Stellung der Dienstwohnung Zusatzaufwendungen in Form von Mietkosten erspart. Diese bilden die Grundlage für die spätere Berechnung der Karenzentschädigung. Sofern sich diese nicht anhand eines für die konkrete Wohnung festgesetzten Mietzinses feststellen lässt, ist auf externe Berechnungsgrundlagen zurückzugreifen. Dies kann etwa anhand eines etwaig bestehenden Mietspiegels geschehen, der den durchschnittlichen Mietzins für eine vergleichbare Wohnung im Sinne von Größe, Ausstattung sowie Lage wiedergibt. Besteht ein solcher Mietspiegel nicht, so ist eine Schätzung vorzunehmen, die sich ebenfalls anhand der Größe der Wohnung, der Ausstattung, der Lage sowie sonstiger wertbildender Faktoren bemisst. Der so gewonnene Schätzwert in Form eines monatlichen Mietzinses, der auch etwaige Nebenkosten mit einzubeziehen hat, bildet dementsprechend die Grundlage für die Berechnung der Karenzentschädigung.

2. Teilzeitarbeitsverhältnisse Befand sich der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Ausscheidens in einem Stadium mit reduzierter Wochenarbeitszeit, gilt es nach Ansicht des BAG zu beachten, dass sich die Höhe der Karenzentschädigung nicht nach der vor Eintritt in das Teilzeitarbeitsverhältnis bestehenden Vollzeittätigkeit, sondern ausschließlich nach den vertragsmäßigen Leistungen im Teilzeitverhältnis richtet.452 Entsprechendes folgt zudem bereits aus dem Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB. Sofern dies Arbeitszeitreduzierungen betrifft, die lange vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Kraft getreten sind, bestehen hier zunächst auch keine grundsätzlichen Bedenken, insbesondere was einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien anbelangt. Denn die bewusste Entscheidung für eine Reduzierung der Arbeitszeit beinhaltet regelmäßig auch die Billigung eines etwaigen Nachteils bei der Berechnung einer späteren Karenzentschädigung.453 Betroffen wären von dieser Rechtsfolge aber auch diejenigen Arbeitnehmer, die möglicherweise erst kurz vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihre Wochenarbeitszeit reduziert haben, etwa solche in Elternteilzeit nach § 15 Abs. 6 des Gesetzes zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit (BErzGG). Auch hier wäre die Karenzentschädigung nun ausschließlich anhand der reduzierten Tätigkeit zu bemessen.454 Zu Recht ist hiergegen von Seiten der Literatur eingewandt worden, dass sich der Arbeitgeber damit gleichfalls den vollen Schutz vor Konkurrenz zum halben Preis erkaufen könne.455 Zu beachten gilt es in diesem Zusammenhang nämlich, dass 452 453 454 455

BAG NZA 2009, 962, 964. BAG NZA 2009, 962, 965. So etwa Grunsky, S. 68. Bauer/Diller, § 9, Rdn. 413.

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

139

die maßgebliche 50 % Regelung auf der Fiktion beruht, dass die Hälfte der bisherigen Bezüge einen Anhaltspunkt für den Wert der Karenz bildet. Dieser Wert ist bei Teilzeitbeschäftigten jedoch genauso hoch wie der bei Vollzeitbeschäftigten.456 Zudem wäre es rechtspolitisch in hohem Maße fragwürdig, wenn dem betroffenen Arbeitnehmer der gesetzliche Anspruch auf Elternteilzeit nach § 15 Abs. 6 BErzGG faktisch möglicherweise deshalb verstellt wäre, weil er anschließend bei einer etwaigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einer signifikanten Reduktion seines Karenzentschädigungsanspruches zu rechnen hätte. Um an dieser Stelle Unbilligkeiten im Hinblick auf den Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien zu vermeiden, erscheint bei einem Wechsel von Vollzeit- auf Teilzeitbeschäftigung die Heranziehung des dreijährigen Bezugszeitraums nach § 74 b Abs. 2 HGB sachgerechter. Dem Argument des BAG, nach dem § 74 b Abs. 2 HGB nicht passe, da dieser von wechselnden Bezügen spreche, es sich aber bei dem Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit lediglich um eine Entgeltreduzierung handele457, kann im Hinblick auf eine gerechte Risiko- und Lastenverteilung in dieser Grundsätzlichkeit nicht gefolgt werden. Eine Heranziehung des Dreijahreszeitraums nach § 74 b Abs. 2 HGB ist jedenfalls dann anzuerkennen, wenn der Arbeitnehmer seine Wochenarbeitszeit kurz vor seinem Ausscheiden von Vollzeit- auf Teilzeit reduziert hat. Dies wird insbesondere bei solchen Arbeitnehmern der Fall sein, die ihre Wochenarbeitszeit nach § 15 Abs. 6 BErzGG reduziert haben. Gleiches muss aber auch für den Teilzeitanspruch nach § 8 Abs. 4 TzBfG bzw. für Altersteilzeitvereinbarungen gelten, da es in diesem Zusammenhang nicht auf den Grund für die Arbeitszeitreduktion ankommen kann. Vielmehr gilt es, solche Unbilligkeiten zu vermeiden, die durch eine Reduktion unmittelbar vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die geringere Karenzentschädigung entstehen. Es muss daher aus Wertungsgesichtspunkten für den maßgeblichen Berechnungszeitraum einen Unterschied machen, ob sich der Arbeitnehmer vor dem Ausscheiden bereits seit Monaten bzw. Jahren in Teilzeit befunden hat oder ob dies erst seit kurzer Zeit, etwa aufgrund der Betreuung eines Kindes, der Fall ist. Hier stellt sich der Referenzzeitraum des § 74 b Abs. 2 HGB als deutlich sachgerechter heraus als eine pauschale Anknüpfung an den Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB. Insbesondere wird hierdurch auch die im Hinblick auf Art. 6 GG problematische Konstellation vermieden, in der sich der Arbeitgeber quasi durch die Hintertür der gesetzlich verpflichtenden Einräumung der Elternteilzeit eine maßgebliche Reduktion seiner Karenzentschädigungspflicht erschleicht. Daher ist aus Wertungsgesichtspunkten eine entsprechende Korrektur vorzunehmen, die sich danach richtet, ob das konkrete Wettbewerbsverbot den Arbeitnehmer nach § 74 a Abs. 1 S. 2 HGB benachteiligt.458 Dies wird immer dann der Fall sein, wenn das Arbeitsverhältnis kurz vor der Beendigung (hier dürften einige wenige Wochen eine 456

964. 457 458

Bauer/Diller, § 9, Rdn. 413; kritisch in diesem Zusammenhang BAG NZA 2009, 962, BAG NZA 2009, 962, 965. Bauer/Diller, § 9, Rdn. 413.

140

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

grobe Richtschnur bilden) reduziert wurde und die Karenzentschädigung in Anwendung von § 74 Abs. 2 HGB entsprechend zu kürzen wäre. In diesem Fall wäre dann wiederum auf den Dreijahreszeitraum nach § 74 b Abs. 2 HGB abzustellen. 3. Anrechnung anderweitigen Erwerbs auf die Höhe der Karenzentschädigung Nach § 74 c Abs. 1 S. 1 HGB muss sich der Handlungsgehilfe (respektive Arbeitnehmer) auf die fällige Karenzentschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde.459 Böswillig handelt ein Arbeitnehmer dann, wenn er in Kenntnis der objektiven Zustände, nämlich Arbeitsmöglichkeit, Zumutbarkeit der Arbeit und der Nachteilsfolgen für den Arbeitgeber vorsätzlich untätig bleibt.460 Der Arbeitgeber hat nach § 74 c Abs. 2 HGB einen Auskunftsanspruch über die Höhe des Erwerbs des Arbeitnehmers. Im Falle des Bezuges regelmäßiger Einkünfte, beispielsweise aus monatlichen Entgeltzahlungen, bereitet die Berechnung des anzurechnenden Teils zumeist keinerlei Schwierigkeiten.461 Anders verhält es sich, wenn dem Arbeitnehmer zusätzlich Einmalzahlungen wie beispielsweise Gratifikationen zufließen. Das BAG hält es hierbei für sachgerecht, solche einmaligen Zuwendungen auf den Zeitraum umzulegen, auf den sie sich beziehen, um sie dann anteilig in Monatsschritten auf die zu zahlende Karenzentschädigung anzurechnen.462 a) Arbeitslosengeld Nicht vom Wortlaut des § 74 c HGB erfasst ist die Frage, ob sich ein Arbeitnehmer etwaig bezogenes Arbeitslosengeld auf die Höhe der Karenzentschädigung anrechnen lassen muss.463 aa) Frühere Rechtslage Nach früherer Rechtslage konnte dies insbesondere mit der doppelten Belastung des Arbeitgebers (zum einen der Pflicht des Arbeitgebers zur Erstattung des Arbeitslosengeldes nach dem früheren § 148 Abs. 1 S. 1 SGB III, zum anderen der 459

Hierzu auch Bengelsdorf, BB 1979, 1150 ff.; Schütze, DB 1971, 918 ff. BAG AP Nr. 1 zu § 74 c HGB. 461 Als maßgeblicher Monatsverdienst ist dabei der zwölfte Teil des für die Abrechnung maßgeblichen Jahreseinkommens des Arbeitnehmers zu berechnen. 462 BAG AP Nr. 34 zu § 74 HGB; BAG v. 02. 06. 1987 – 3 AZR 626/85. 463 Bauer/Diller, § 19, Rdn. 787; Zusammenhänge bzgl. der Frage, ob bei einer Anrechnung vom Brutto oder Netto auszugehen ist, bei Diller, BB 2008, 1680. 460

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

141

Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung) begründet werden.464 Seit dem 20. 12. 1985465 bis zum Jahr 2004 war die Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Höhe der Karenzentschädigung dementsprechend auch in § 128 a Abs. 1 S. 3 AFG, später in § 148 Abs. 1 S. 2 SGB III466, verankert.467 Hiernach musste sich ein Arbeitnehmer das Arbeitslosengeld, welches der Arbeitgeber der Bundesagentur für Arbeit nach § 148 Abs. 1 S. 1 SGB III erstattet, wie Arbeitsentgelt auf die Karenzentschädigung anrechnen lassen. Dieser gesetzlichen Verankerung zugrunde lag eine Richtungsentscheidung des BAG aus dem Jahr 1985468, welche unter entsprechender Anwendung von § 74 c HGB für eine Anrechenbarkeit von Arbeitslosengeld auf die Höhe der Karenzentschädigung votierte. Ein Arbeitnehmer, der einer Wettbewerbsbeschränkung unterliege, dürfe nicht besser gestellt werden als ein vergleichbarer Arbeitnehmer in Ausübung einer ihm nicht verbotenen Tätigkeit. Arbeitslosengeld sei aufgrund seiner Lohnersatzfunktion insoweit wie sonstiges Arbeitsentgelt zu behandeln.469 Ein gerechter Interessensausgleich verlangt demnach nach einer entsprechende Anrechenbarkeit von Arbeitslosengeld auf die Höhe der Karenzentschädigung. bb) Streichung von §§ 128 a AFG, 148 SGB III Nach ersatzloser Streichung der §§ 128 a AFG, 148 SGB III zum 1. Januar 2004 durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. 12. 2003470 fiel die gesetzliche Normierung der Anrechnungsfähigkeit von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung zwar weg. Die Geltung der in dem Urteil des BAG aus dem Jahr 1985 formulierten Grundsätze lebte damit jedoch wieder auf, so dass es auch nach dem Wegfall der §§ 128 a AFG, 148 SGB III aus Gründen der Wahrung des Interessenausgleichs grundsätzlich bei der Anrechenbarkeit von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung bleibt.471 cc) Anrechnungsgrenzen Zu beachten ist jedoch, dass das Arbeitslosengeld nur insoweit anzurechnen ist, als es die in § 74 c Abs.1 S. 1 HGB festgelegten Anrechnungsgrenzen überschrei464

Zusammenhänge bei Beise, DB 1987, 1251 ff.; ders., DB 1990, 1037 ff. BGBl. I, S. 2484. 466 Bedingt durch die Implementierung des Arbeitsförderungsrechts in das SGB III. 467 Hierzu auch Bauer/Diller, § 19, Rdn. 788. 468 BAG AP Nr. 11 zu § 74 c HGB. 469 BAG AP Nr. 11 zu § 74 c HGB. 470 BGBl. I, S. 2848; zu den Hintergründen der Streichung Preis/Stoffels, Kapitel II W 10, Rdn. 63. 471 So etwa auch Bauer/Diller, § 19, Rdn. 788, 537, offen gelassen zuletzt aber durch BAG vom 14. 09. 2011, 10 AZR 198/10. 465

142

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

tet.472 Anrechnungsfrei bleiben demnach bei Zusammenrechnung von Arbeitslosengeld und Karenzentschädigung 110 % der letzten Vertragsbezüge. Sämtliche Beträge, die unter Zusammenrechnung von Arbeitslosengeld und Karenzentschädigung diesen Betrag übersteigen, sind voll anrechenbar.473 Ist der Arbeitnehmer durch das Wettbewerbsverbot gezwungen, seinen Wohnsitz zu wechseln, erhöht sich die Anrechnungsfreigrenze nach § 74 c Abs.1 S. 2 HGB auf 125 %. Von einem Zwang zum Wohnsitzwechsel kann lediglich dann gesprochen werden, wenn im bisherigen Wohnbereich oder Einzugsgebiet eine geeignete Arbeitsstelle vorhanden gewesen wäre, der jeweilige Arbeitnehmer diese jedoch aufgrund des Wettbewerbsverbotes nicht antreten konnte. Im umgekehrten Fall, also dann, wenn von vornherein kein geeigneter Arbeitsplatz im bisherigen Wohnbereich bzw. Einzugsgebiet vorhanden war, kann das Wettbewerbsverbot nicht als Ursache für den Wohnsitzwechsel herangezogen werden, womit die durch § 74 c Abs. 1 S. 2 HGB privilegierte Zwangssituation des Arbeitnehmers nicht gegeben ist.474 Zudem gilt es zu beachten, dass die erhöhte Anrechnungsfreigrenze nicht nur für die Zeit nach dem Umzug des Arbeitnehmers gilt, wenn sich der Umzug aus vom Arbeitnehmer nicht zu vertretenden Gründen zeitlich verzögert. Das BAG hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 1988475 klargestellt, dass sich dem Wortlaut des § 74 c Abs. 1 S. 2 HGB nicht entnehmen lässt, von welchem Zeitpunkt an die erhöhte Freigrenze gilt, wenn der Arbeitnehmer im Laufe der Karenzzeit durch das Wettbewerbsverbot zum Umzug gezwungen wird. Ein entsprechendes Ergebnis im Sinne eines gerechten Interessenausgleiches lasse sich nur aus dem Zweck der Anrechnungsvorschriften erschließen. Dabei solle die Anrechnung anderweitigen Erwerbseinkommens gem. § 74 c Abs. 1 HGB nach der Vorstellung des Gesetzgebers verhindern, dass durch die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes ein Anlass zur Aufgabe einer Arbeitsstelle geschaffen werde.476 Erforderlich sei jedoch die Schaffung eines Anreizes zur Aufnahme einer neuen Tätigkeit, weshalb die Karenzentschädigung bis zur Höhe der Anrechnungsfreigrenzen gleichwohl zu entrichten sei.477 Dabei sei aus den Gesetzesmaterialien ersichtlich, dass derjenige, der durch einen Umzug aufgrund einer neuen Erwerbstätigkeit höhere Anstrengungen auf sich nehme als ein nicht umzugswilliger Arbeitnehmer, im Hinblick auf die Anrechnungsgrenzen zu privilegieren sei. Der durch das 472

BAG v. 22. 05. 1990 – 3 AZR 373/88. BAG AP Nr. 17 zu § 74 c HGB; Bauer/Diller, § 19, Rdn. 793; a.A. BGH DB 1991, 1508, wo für eine volle Berücksichtigung ohne Anrechnungsgrenzen plädiert wird. Dies erscheint jedoch im Hinblick auf einen gerechten Interessenausgleich wenig überzeugend, da nicht einzusehen ist, warum gerade im Bereich des Arbeitslosengeldes von den in § 74 c HGB statuierten allgemeinen Anrechnungsgrundsätzen zulasten des Arbeitnehmers abgerückt werden soll. 474 BAG v. 10. 09. 1985 – 3 AZR 31/84. 475 BAG v. 17. 05. 1988 – 3 AZR 482/86. 476 BAG v. 17. 05. 1988 – 3 AZR 482/86. 477 BAG v. 17. 05. 1988 – 3 AZR 482/86. 473

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

143

Wettbewerbsverbot erzwungene Umzug solle kein Hinderungsgrund sein, Möglichkeiten eines anderweitigen Erwerbes zu nutzen.478 Hieraus ergebe sich demzufolge, dass ein Arbeitnehmer, der aufgrund des Wettbewerbsverbotes zur Aufnahme einer auswärtigen Tätigkeit gezwungen werde, die gleichzeitig nach sachlicher und vernünftiger Beurteilung mit einem Umzug verbunden sei, auch dann Anspruch auf Berücksichtigung der erhöhten Freigrenze in Höhe von 125 % habe, wenn sich der Umzug aus Gründen verzögere, die der Arbeitnehmer nicht zu vertreten habe.479 dd) Stellungnahme Die von Seiten des BAG hier getroffenen Grundsatzfeststellungen verdeutlichen, inwieweit ein gerichtlicher Interessenausgleich mitunter von einer Vielzahl unterschiedlicher Einflüsse von Seiten des Normzweckes sowie der Parteiinteressen abhängig und das vorhandene Gesetzesmaterial auf dieser Grundlage dementsprechend auszulegen ist. Auf der einen Seite stand hier aus Sicht des BAG das Interesse des Gesetzgebers, keinen Arbeitnehmer privilegieren zu wollen, der sich eine Karenzentschädigung vordergründig zur Finanzierung einer späteren beruflichen Auszeit zusichern lässt. Wenngleich sich eine dahingehende Interpretation durchaus als unzulässiger Eingriff in die Vertragsfreiheit der Parteien beurteilen ließe, wird die Funktion der Karenzentschädigung selbstredend dann konterkariert, wenn diese, sozusagen als Bonus, zusätzlich zu einem anderen Arbeitentgelt eingestrichen wird, da sie dann nicht mehr als Sicherungsinstrument zur Aufrechterhaltung der Lebensgrundlage fungiert. Um hierdurch jedoch keinen negativen Effekt zu erzielen und den Arbeitnehmer gleichwohl zur Aufnahme einer (möglicherweise mit einem arbeitsbedingten Umzug verbundenen) Tätigkeit zu motivieren, hat der Gesetzgeber zur interessengerechten Regulierung in Bezug auf die Gesamthöhe der Karenzentschädigung Anrechnungsfreigrenzen geschaffen. Zur weiteren Differenzierung der widerstreitenden Interessen sind diese Anrechnungsfreigrenzen unterschiedlich hoch bemessen, um einen umzugsbereiten Arbeitnehmer zusätzlich zu motivieren, diesen aber insbesondere für die Nachteile aus dem Umzug zu kompensieren. Dabei war in der zuvor skizierten Entscheidung von Seiten des BAG zu entscheiden, ob einem von vornherein umzugsbereiten Arbeitnehmer von Beginn an die privilegierende Anrechnungsfreigrenze von 125 % zuzubilligen ist, wenn sich der betreffende Umzug aus Gründen verzögert, auf die der Arbeitnehmer keinen Einfluss hat. Richtigerweise hat das BAG hier den Arbeitnehmer privilegiert und das Gesetzesmaterial dementsprechend ausgelegt.

478 479

BAG v. 17. 05. 1988 – 3 AZR 482/86. BAG v. 17. 05. 1988 – 3 AZR 482/86.

144

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

b) Selbstständige Arbeit Für den Fall der Aufnahme einer selbstständigen Arbeit während der Dauer der Karenzzeit, die ertragsmäßig jedoch hinter dem zurückbleibt, was der jeweilige Arbeitnehmer bei entsprechender Arbeitslosmeldung an Arbeitslosengeld beanspruchen könnte, ist allein in dem Zurückbleiben der Erträge hinter dem fiktiven Gesamtanspruch an Arbeitslosengeld noch keine Böswilligkeit des Arbeitnehmers i.S.v. § 74 c Abs. 1 S. 1 HGB zu sehen. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, nach § 74 c Abs. 1 HGB eine entsprechende Anrechung des entgangenen Arbeitslosengeldes auf die Karenzentschädigung zu verlangen.480 Hieraus folgt zugleich, dass der Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, die gesetzliche Arbeitslosenversicherung in Anspruch zu nehmen, obgleich die hieraus zufließenden Leistungen die aus der selbstständigen Tätigkeit erzielbaren Einkünfte deutlich übersteigen würden. Die zugrunde liegende Entscheidung des redlichen Arbeitnehmers für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle der Inanspruchnahme von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung wird voll umfassend von Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt; eine Verpflichtung zur Arbeitslosmeldung kommt demnach nicht in Betracht.481 Anders wäre zu entscheiden, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit durch den jeweiligen Arbeitnehmer einzig dem Ziel diente, den Anspruch auf Karenzentschädigung zu stützen. Gleiches soll aus Sicht des BAG für solche selbstständigen Tätigkeiten gelten, die von vornherein nicht erfolgsgeeignet in Bezug auf die Sicherung der Existenz erscheinen. Eine Abgrenzung zwischen geeigneter und ungeeigneter bzw. nur zum Schein aufgenommener Tätigkeit wird im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten. Ein Indikator, der gegen die Annahme einer Ungeeignetheit der Tätigkeit sprechen soll, sieht das BAG beispielsweise in einer steigenden Einkommensentwicklung aus der jeweiligen Tätigkeit.482 Der Inhalt der Auskunftspflicht nach § 74 c Abs. 2 HGB richtet sich im Falle selbstständiger Arbeit nach den Grundsätzen von Treu und Glauben. So kann der Arbeitgeber zwar die Vorlage von Belegen oder Einkommensteuervoranmeldungen, nicht jedoch eine nach kaufmännischen Regeln erstellte Gewinn- und Verlustrechnung verlangen. Gegebenenfalls muss sich der Arbeitgeber zunächst mit einer Plausibilitätsprüfung begnügen.483 Das BAG hält auch an dieser Stelle eine umfassende Interessenabwägung für unvermeidlich, die im Wesentlichen einerseits das Interesse des Arbeitnehmers einzubeziehen hat, durch die Karenzentschädigung in kurzen Zeitabschnitten einen Betrag zum Lebensunterhalt beziehen zu können, andererseits aber dem Interesse des Arbeitgebers Rechnung zu tragen hat, seinerseits überhöhte Vorleistungen entrichten zu müssen.484 480 481 482 483 484

BAG v. 02. 06. 1987 – 3 AZR 626/85. BAG v. 02. 06. 1987 – 3 AZR 626/85. BAG v. 02. 06. 1987 – 3 AZR 626/85. BAG v. 02. 06. 1987 – 3 AZR 626/85. BAG v. 02. 06. 1987 – 3 AZR 626/85.

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

145

Der Arbeitnehmer hat also so hinreichend konkret über seine Einkünfte Rechnung abzulegen, wie dies zur Beurteilung des Arbeitgebers über den Umfang seiner monatlichen Entschädigungspflichten erforderlich ist. Dabei ist jedoch auf die konkrete Fähigkeit des Arbeitnehmers zur Vorlage entsprechender Leistungsnachweise Rücksicht zu nehmen, die aufgrund unregelmäßiger Einkünfte und den allgemeinen Eigenarten und Schwankungen bei selbstständiger Arbeit stark variieren können. Die Dokumentationspflicht des Arbeitnehmers wird dabei mit zunehmender Dauer der Karenzzeit zunehmen.485 c) Rentenansprüche Auch die Frage, ob nach § 74 c Abs.1 S. 1 HGB etwaige Rentenansprüche des sich im Ruhestand befindlichen Arbeitnehmers anzurechnen sind, beschäftigte in der Vergangenheit die Gerichte. Das BAG hat dies für Rentenbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung von Beginn an zu Recht verneint486, da es sich hierbei nicht um Bezüge handelt, die durch die Verwertung der Arbeitskraft nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erworben wurden, sondern um Einkünftige aus in der Vergangenheit erbrachten, sozialversicherungspflichtigen Arbeitsleistungen. Gleiches gilt für Betriebsrenten.487 Anderslautende individualvertragliche Abreden sind demzufolge unwirksam.488 d) Übergangsgeld Übergangsgelder nach §§ 20, 21 SGB VI werden ebenfalls nicht durch anderweitige Verwertung der Arbeitskraft erworben, so dass sie Arbeitseinkommen nicht gleichstehen und daher vom Arbeitgeber nicht auf die von ihm geschuldete Karenzentschädigung angerechnet werden können.489 Die Gewährung von Übergangsgeldern stellt vielmehr eine Leistung der Rehabilitation des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers dar, die dem Versicherten während einer medizinischen oder berufsfördernden Maßnahme für den Fall der Arbeitsunfähigkeit490 oder Teilnahme an einer Rehabilitationsmaßnahme gewährt wird. Es bestehen erhebliche Unterschiede zum Arbeitslosengeld, da der Empfänger von Übergangsgeld dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht. Dennoch erbringt er für die Zeit der Erwerbslosigkeit die von ihm geschuldete Wettbewerbsunterlassung, so dass kein Anlass dafür besteht, den Arbeitgeber aufgrund des Zuflusses von Rehabilitations485

BAG v. 02. 06. 1987 – 3 AZR 626/85. BAG AP Nr. 14, 46 zu § 74 HGB. 487 Grunsky, S. 150. 488 Grunsky, S. 150. 489 BAG v. 07. 11. 1989 – 3 AZR 796/87. 490 Die im Übrigen die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung von Karenzentschädigung unberührt lässt, selbst wenn der Arbeitnehmer für längere Zeit nicht in der Lage sein sollte, eine Konkurrenztätigkeit aufzunehmen, LAG Köln v. 17. 03. 2011 – 6 Sa 1413/10. 486

146

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

leistungen zugunsten des Arbeitnehmers von seiner Gegenleistungspflicht zu befreien.491

VI. Fälligkeit der Karenzentschädigung Die nach § 74 Abs. 2 HGB zu zahlende Karenzentschädigung ist dem Arbeitnehmer für die Dauer der Karenzzeit in voller Höhe am Schluss eines jeden Monats zu zahlen, § 74 b Abs. 2 HGB. Die Pflicht beginnt mit dem ersten Tag des Ausscheidens des Arbeitnehmers und endet mit dem letzten Tag des vertraglichen Wettbewerbsverbotes.492 Obgleich die monatliche Zahlung der Karenzentschädigung der Tatsache geschuldet ist, dass sie dem Arbeitnehmer wie Arbeitsentgelt zur Sicherung seines Lebensunterhaltes dienen soll, würde es den Sicherungszweck über Gebühr ausdehnen, wenn man vertragliche Abreden, wonach die Entschädigungssumme als Vorauszahlung für einen längeren Zeitraum gewährt werden kann, als unzulässig unterbinden wollte. Entsprechende Abreden, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass sich der Arbeitnehmer mit der Gesamtsumme der Karenzentschädigung nach Beendigung der Karenzzeit eine eigene Existenz aufbauen will, sind demnach zulässig.493 Der gerechte Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien, hier in der Ausformung der besonderen Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers hinsichtlich der tatsächlichen Leistung der Entschädigungszahlungen sowie der Sicherung seines Lebensunterhaltes, verbietet jedoch eine nachträgliche Zahlung der Karenzentschädigung für einen längeren Zeitraum.494

VII. Fazit 1. Grundsatzbedeutung der Karenzentschädigungspflicht Überragende Bedeutung für den Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien hat nach deutschem Recht die Zahlung einer mindestens den Anforderungen des § 74 Abs. 2 HGB entsprechenden Karenzentschädigung. Wenn der Arbeitgeber bei Vorliegen eines ihm aus Interessenschutzgesichtspunkten zuzubilligenden Interesses den Arbeitnehmer mit einem mehrmonatigen, oftmals sogar volle zwei Jahre andauernden Wettbewerbsverbot belegen darf, ist die vollständige Zahlung einer Karenzentschädigung als vertragliche Gegenleistung für die Wettbewerbsenthaltung495 für den Arbeitnehmer mitunter nicht nur existentiell, sondern unabhängig 491

BAG v. 07. 11. 1989 – 3 AZR 796/87. Grüll/Janert, S. 53. 493 Grüll/Janert, S. 53; für eine monatliche Auszahlung Preis/Stoffels, Kapitel II W 10, Rdn. 61. 494 Grüll/Janert, S. 53. 495 Röhsler/Borrmann, S. 80; Grüll/Janert, S. 50. 492

G. Die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers

147

vom Sicherungsbedürfnis in Bezug auf die eigene Lebensgrundlage unmittelbare Folge des Interessenausgleichs zwischen den Parteien der Wettbewerbsabrede. Damit ist es gerade das der Karenzentschädigungspflicht zugrunde liegende Äquivalenzprinzip im Sinne der Erhaltung einer Leistungs- und Tauschgerechtigkeit zwischen den Parteien, welches das deutsche Recht in Bezug auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote entscheidend prägt.496 Die Einhaltung der Wettbewerbsabrede ist dem Gesetzgeber pauschal mindestens die Hälfe der zuletzt vom Arbeitnehmer bezogenen vertragsmäßigen Leistungen wert. Selbst wenn der Arbeitnehmer also bei Vereinbarung der Wettbewerbsabrede die schlechteste denkbare Verhandlungsposition innehaben sollte, kann er eine monetäre Gegenleistung verlangen, die es dem Arbeitgeber zumindest deutlich erschwert, präventive bzw. obligatorische Wettbewerbsabreden auszusprechen. Er wird sich im Gegenteil im Einzelfall gut überlegen müssen, ob sich eine Konkurrenzklausel tatsächlich für ihn lohnt.497 Dieses „Lohnen“ wirkt damit zugleich als Regulativ zugunsten der Interessen des Arbeitnehmers. 2. Rechtsfolgen Fehlt die Karenzentschädigung völlig, sind Wettbewerbsabreden konsequenterweise ohne Einschränkungen nichtig. Ansonsten erscheint es interessengerecht, dem Arbeitnehmer zumindest ein Wahlrecht einzuräumen, wenn die Karenzentschädigung zu gering bemessen wurde oder aber sonstige, kleinere Mängel (wie zuvor beschrieben in Bezug auf die Entschädigung) auftreten. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang aber, dass sich der Arbeitnehmer sicher sein kann, dass er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Karenzentschädigung bezieht.498 Dazu ist es zwingend erforderlich, dass die Wettbewerbsabrede eine eindeutige Regelung über die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers enthält. Der bloße Verweis auf die §§ 74 ff. HGB im Vertragswerk reicht dabei aus Gründen des Interessensschutzes des Arbeitnehmers bereits aus. 3. Schuldner Zur Verlässlichkeit in Bezug auf die Entschädigung gehört es auch, dass sich der Arbeitnehmer über den Schuldner der Karenzentschädigung im Klaren ist. Das ist ganz überwiegend der Arbeitgeber.499 Sofern der Arbeitnehmer, der in diesem Zusammenhang zu Recht die Entscheidungsgewalt innehat, in Bezug auf einen anderen Schuldner in dessen Verpflichtung zur Entschädigungsleistung einwilligt, steht dieser Entscheidung aus Interessensgesichtspunkten nichts entgegen.500 496 497 498 499 500

Röhsler/Borrmann, S. 80. Grunsky, S. 62 f. Grüll/Janert, S. 50. Grunsky, S. 63. A.A. Grunsky, S. 63, der nur auf die Solvenz des Schuldners abstellen will.

148

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

4. Berechnung Aufgrund der Vielzahl der denkbaren Vergütungskomponenten ist eine korrekte Berechnung der Karenzentschädigung nicht selten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Hier wird der Arbeitgeber nicht umhin kommen, sich detailliert mit sämtlichen vertragsmäßigen Vergütungskomponenten auseinanderzusetzen, da bereits kleinste Abweichungen vom gesetzlichen Mindestbetrag zur Unverbindlichkeit der Wettbewerbsabrede führen. Der Arbeitgeber verliert hier also unter Umständen vollständig die Handhabe über das Wettbewerbsverbot. Es erscheint nicht unbillig, dem Arbeitgeber angesichts der erheblichen Einschränkungen des Arbeitnehmers durch die Wettbewerbsabrede das Berechnungsrisiko voll aufzubürden. 5. Anrechnung Andererseits wäre es in hohem Maße unbillig, dem Arbeitnehmer vollständig seine Bezüge aus anderweitigen Arbeitsverhältnissen zu belassen, die er trotz der Wettbewerbsabrede aufnimmt oder billigerweise hätte aufnehmen können. Sinn der Karenzentschädigung kann es trotz des zugrunde liegenden Äquivalenzprinzips nicht sein, dem Arbeitnehmer hierdurch unter allen Umständen eine bezahlte Auszeit vom Berufsleben im Ganzen zu ermöglichen.501 Deutlich wird hierdurch abermals, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit zur Existenzsicherung in jeder Hinsicht gewährleisten, gleichwohl aber das der Karenzentschädigungspflicht innewohnende Missbrauchspotential, so weit möglich, eindämmen will. Hierzu zählt auch der Umstand, dass Arbeitslosengeld unter den beschriebenen Voraussetzungen und Einschränkungen auf die Gesamthöhe der Karenzentschädigung anzurechnen ist.502 6. Auswirkungen auf den Interessenkonflikt Die unbedingte Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung muss als bedeutendste Errungenschaft des deutschen Rechts im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Konkurrenzklauseln gewürdigt werden. Es ermöglicht dem Arbeitgeber, die eigenen Interessen an ein Wettbewerbsverbot auch und gerade vor existentiellen Interessen des Arbeitnehmers wie der Sicherung der Lebensgrundlage rechtfertigen zu dürfen. Dieser wird die Auswirkungen des Wettbewerbsverbotes in erster Linie auf monetärer Ebene spüren, so dass es nur nahe liegt, den maßgeblichen Ausgleich auch direkt auf der monetären Ebene vorzunehmen.503 Denn bei aller Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers darf nicht außer Acht gelassen werden, dass auch der Arbeitgeber mitunter in existentielle Nöte gerät, wenn er durch laufende Abwanderungen seines Mitarbeiterstammes auch den eigentlichen Kern seines 501 502 503

Röhsler/Borrmann, S. 81. Röhsler/Borrmann, S. 81. Röhsler/Borrmann, S. 81.

H. Ausblick

149

Unternehmenskonzeptes zu verlieren droht. Um dieses Risiko abfedern zu können, muss ihm für einen Übergangszeitraum das Recht eingeräumt werden, seine Unternehmensverhältnisse im schlimmsten Fall vollständig neu zu ordnen und ausrichten zu können, ohne in dieser Phase unmittelbar die Konkurrenz des ausgeschiedenen Arbeitnehmers fürchten zu müssen. Betrachtet man vor diesem Hintergrund sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberseite, bleibt festzuhalten, dass der gerechte Interessenausgleich nach deutschem Recht gelingt, sofern der Arbeitgeber in der Lage ist, dem Arbeitnehmer die ihm tatsächlich zustehende Karenzentschädigung in voller Höhe auszuzahlen. Die ebenfalls in hohem Maße durch die Rechtsprechung des BAG konturierten Grundsätze dieser Berechnung tragen hingegen dazu bei, dass Konkurrenzklauseln nach deutschem Recht nach wie vor an einer erheblichen Rechtsunsicherheit leiden504, so dass eine Konsolidierung des Rechts an dieser Stelle wünschenswert und in jeder Hinsicht erforderlich ist.

H. Ausblick – Nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen als Bestandteil eines künftigen Arbeitsgesetzbuches? Wie bereits dargelegt sind die Bemühungen um eine Reform des Arbeitsvertragsrechts nach wie vor aktuell.505 Eine Reform des unübersichtlichen und teilweise lückenhaften kodifizierten Rechts zum Wettbewerbsverbot wird maßgeblich davon abhängen, ob es nach zahlreichen vergeblichen Versuchen in der Vergangenheit letztlich gelingt, das Arbeitsvertragsrecht in Deutschland in ein einheitliches Arbeitsgesetzbuch zu gießen. Sollte die Vereinheitlichung des Arbeitsvertragsrechts erneut nicht zu erreichen sein, dürften auch einer zeitnahen isolierten Reform des Gesetzesrechts zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot keine hohen Erfolgschancen einzuräumen sein. Dagegen wird im Zuge einer umfassenden Vereinheitlichung des Arbeitsvertragsrechts angesichts des unbestrittenen Reformbedarfs des entsprechenden Gesetzesrechts auch das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht ausgespart werden können. Sowohl eine durch die Bertelsmann-Stiftung ins Leben gerufene Ausarbeitung eines Diskussionsentwurfs für ein solches Arbeitsgesetzbuch durch die Kölner Rechtsprofessoren Henssler und Preis506, als auch ein von Seiten des DGB in Auftrag 504

Grunsky, S. 62. Weiss, Festschrift Bauer, 1091. 506 Henssler/Preis, Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes, Stand Oktober 2007, abzurufen auf der Internetseite der Bertelsmann-Stiftung unter http://www.bertelsmann-stif tung.de/cps/rde/xbcr/SID-1C0 A8400-B313566C/bst/xcms_bst_dms_23218__2.pdf sowie NZA 2007, Beilage 1/2007, 1 ff. 505

150

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

gegebener Entwurf507 wurden ausgearbeitet und könnten in naher Zukunft die Grundlage für eine Reform der Vorschriften zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot bilden. Legt man hier einmal den bereits veröffentlichten und von vielen Seiten begrüßten508 Diskussionsentwurf der Bertelsmann-Stiftung (er datiert immerhin bereits aus dem Oktober 2007) zugrunde, unterlägen die gesetzlichen Vorschriften zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot insbesondere den folgenden Veränderungen:

I. Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen Neben der ausdrücklichen Geltung der Vorschriften zum Wettbewerbsverbot (§§ 80 ff. des Diskussionsentwurfs509) für Arbeitnehmer und Arbeitgeber würden die Wirksamkeitsvoraussetzungen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes zunächst erheblich vereinheitlicht. Nach § 81 des Diskussionsentwurfs wäre eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die den Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot) nur wirksam, wenn und soweit der Arbeitgeber ein berechtigtes geschäftliches Interesse hieran hat, die Abrede unter Berücksichtigung der Entschädigung nach Art und Umfang, räumlicher Reichweite und Dauer die künftige Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers nicht unbillig erschwert, sie auf längstens zwei Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses befristet ist und eine Entschädigungspflicht des Arbeitgebers nach § 83 des Diskussionsentwurfs510 für die Dauer des Wettbewerbsverbots vorsieht.511 Weiterhin erforderlich wäre, dass das Wettbewerbsverbot schriftlich abgefasst wird und Art und Umfang sowie räumliche Reichweite und Dauer des Wettbewerbsverbotes vorsieht.512 Man erkennt in § 81 in weiten Teilen den Wortlaut von § 74 Abs. 1 HGB sowie § 74 a Abs. 1 HGB wieder. Ersetzt wurden Prinzipal und Handlungsgehilfe durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie gewerbliche Tätigkeit durch Erwerbstätigkeit. Zudem ist die Wirksamkeit der Abrede an die Entschädigungspflicht des Arbeitgebers geknüpft und spiegelt damit in Teilen den § 74 Abs. 2 HGB wider. Bemerkenswert ist zudem, dass § 81 des Diskussionsentwurfs den Hinweis vorsieht, dass sich der Arbeitgeber nicht auf die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes berufen kann, wenn sich der Arbeitnehmer an das Wettbewerbsverbot hält. Im Hinblick auf den Interessenausgleich der Vertragsparteien gänzlich unverständlich ist in diesem Zusammenhang der vorgelegte Änderungsvorschlag des DAV 507 508 509 510 511 512

Weiss, Festschrift Bauer, 1091. Bauer/Diller, im Vorwort zur 5. Auflage; etwa DAV AE 2007, 13 ff. Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes, NZA 2007, Beilage Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes, NZA 2007, Beilage Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes, NZA 2007, Beilage Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes, NZA 2007, Beilage

1/2007, 1/2007, 1/2007, 1/2007,

1, 1, 1, 1,

20. 20. 20. 20.

H. Ausblick

151

in Bezug auf § 81 des Diskussionsentwurfs, nach dem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur dann wirksam sein soll, wenn es sich auf einen Zeitraum von mehr (!) als zwei Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erstreckt.513 Dies zu verfolgen hieße einerseits, dass ein Wettbewerbsverbot mit einer Dauer von weniger als zwei Jahres generell unwirksam, ein bislang unwirksames Wettbewerbsverbot von mehr als zwei Jahres andererseits aber unter den sonstigen Voraussetzungen, insbesondere unter Zahlung einer Entschädigung, zulässig wäre. Der DAV beabsichtigt offenbar, einem vergleichsweise kurzen Wettbewerbsverbot die Wirksamkeit abzusprechen, einem längeren Verbot dagegen entgegen der aktuellen Rechtslage zur Wirksamkeit zu verhelfen. Der Änderungsvorschlag lässt dabei beide Interessenlager der Arbeitsvertragsparteien in weiten Teilen außer Acht. So sind ohne Weiteres Szenarien denkbar, in denen ein Arbeitgeber an einer kurzen Laufzeit des Wettbewerbsverbotes gelegen ist, weil er einerseits seine Karenzentschädigungspflichten einschränken möchte, andererseits aber möglicherweise auch gar kein besonderes Interesse an einem mehrjährigen Wettbewerbsverbot hat. Dies ist etwa bei technischen Neuerungen denkbar, die im Markt ohnehin nur für eine begrenzte Zeit einen Wettbewerbsvorteil einbringen und nach einigen Monaten, vielleicht sogar nur Wochen, in ähnlicher Form bei den Produkten der Konkurrenz vorhanden sind. Illustrative Beispiele sind hier die technischen Entwicklungen bei Unterhaltungsmedien oder auf dem Mobilfunksektor. Der DAV verkennt, dass gerade der Arbeitgeber an zeitlich relativ kurz bemessenen Wettbewerbsverboten ein Interesse hat, die er nunmehr, so muss man den Vorschlag des DAV verstehen, gar nicht mehr vereinbaren könnte. Die offensichtlichen Bemühungen um die Stärkung der Arbeitgeberposition durch die Ermöglichung sehr langer Wettbewerbsverbote verfehlt also ihr Ziel, von der in dieser Form nicht akzeptablen Schwächung der Arbeitnehmerinteressen ganz zu schweigen. Denn bedeutsamer ist in diesem Zusammenhang die einem Berufsverbot gleichkommende Wirkung eines im Hinblick auf die Höchstdauer gesetzlich nicht mehr gesondert eingeschränkten Wettbewerbsverbotes. Einziges Regulativ stellte neben dem berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers das Verbot einer unbilligen Erschwerung der künftigen beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers dar. Letzteres anhand des konkreten Sachverhaltes hinreichend beurteilen zu können, wird sich ohne eine zusätzliche zeitliche Einschränkung, die hier zulasten der Arbeitnehmerinteressen aufgegeben werden soll, deutlich schwieriger gestalten. Insgesamt ist der Änderungsvorschlag des DAV in Bezug auf § 81 des Diskussionsentwurfs damit abzulehnen.

II. Bedingtes Wettbewerbsverbot Nach § 82 des Diskussionsentwurfs gilt für den Fall, dass sich der Arbeitgeber vertraglich vorbehält, dem Arbeitnehmer ein Wettbewerbsverbot aufzuerlegen, der 513

DAV AE 2007, 13, 25.

152

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

entsprechende Vorbehalt als Angebot zum Abschluss eines Wettbewerbsverbotes, welches der Arbeitnehmer bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich annehmen kann.514 Zudem soll eine Vertragsbestimmung, mit der sich der Arbeitgeber das Recht vorbehält, auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verzichten, ohne hierfür eine Karenzentschädigung zu zahlen, unwirksam sein. § 82 des Diskussionsentwurfs berücksichtigt insoweit große Teile der bisher ergangenen Rechtsprechung und Literatur zu bedingten Wettbewerbsverboten515 und stellt klar, dass ein bedingtes Verbot als Angebot an den Arbeitnehmer gerichtet ist, eine entsprechende Abrede abzuschließen. Der Vorbehalt des Arbeitgebers, sich auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entschädigungslos von einer Wettbewerbsabrede lossagen zu können, ist aus Gründen des Interessenschutzes der Arbeitnehmerseite unwirksam und bildet damit den Schutzzweck des § 75 d HGB ab.516 Der DAV will den § 82 des Diskussionsentwurfs insbesondere dahingehend ergänzt wissen, dass der Arbeitnehmer bei Wahl der Wettbewerbsenthaltung unbeschadet der Ansprüche des Arbeitgebers auf Schadensersatz zur Herausgabe des aus der Wettbewerbstätigkeit Erlangten oder zum Wertersatz verpflichtet ist.517 Eine solche Pflicht besteht nach dem Diskussionsentwurf auch in Bezug auf das Wettbewerbsverbot bei laufendem Arbeitsverhältnis nach § 80 Abs. 3 des Diskussionsentwurfs.

III. Karenzentschädigung Zentrale Norm für die Höhe und Berechnung der Karenzentschädigung bildet § 83 des Diskussionsentwurfs. Hiernach ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots monatlich eine Entschädigung zu zahlen, die mindestens die Hälfte des Entgelts erreicht, das dem Arbeitnehmer im Durchschnitt in den letzten 12 Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugestanden hat. Bei variablen Entgeltbestandteilen ist der Durchschnitt der letzten 36 Monate zu Grunde zu legen, sofern die maßgeblichen Vertragsbestimmungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses für diesen oder einen längeren Zeitraum galt. Bei kürzerer Entgeltdauer bemisst sich die Mindestentschädigung nach der Hälfte des durchschnittlichen Entgelts während des Zeitraums, für den die Bestimmung in Kraft war.518 § 83 des Diskussionsentwurfs regelt damit nicht nur die Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung, wie sie derzeit § 74 Abs. 2 HGB wiedergibt, sondern auch, 514 515 516 517 518

Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes, NZA 2007, Beilage 1/2007, 1, 20. Etwa BAG AP Nr. 26 zu § 74 HGB; Reinfeld, S. 138. Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes, NZA 2007, Beilage 1/2007, 1, 20. DAV AE 2007, 13, 25. Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes, NZA 2007, Beilage 1/2007, 1, 20.

H. Ausblick

153

wie diese zu bemessen ist. Erstaunlich ist insoweit, dass für die Berechnung nicht der Zeitpunkt unmittelbar vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers maßgeblich sein soll, sondern der Durchschnitt der letzten 12 Monate. Dies kann sich für den Arbeitnehmer positiv wie negativ auswirken, führt aber zumindest zu einer gleichmäßigeren Abbildung der tatsächlich zeitnah vor dem Ausscheiden erhaltenen Bezüge. Die Regelung in Bezug auf variable Vergütungsbestandteile entspricht weitgehend der derzeitigen Rechtslage nach § 74 b Abs. 2 HGB, wobei die Besonderheiten hinsichtlich der Differenzierung beim Zeitraum der Gewährung für Rechtssicherheit bei der Berechnung der Karenzentschädigung sorgen könnte. Auch die Anrechenbarkeit von Beträgen auf die Höhe der Karenzentschädigung wird in § 83 des Diskussionsentwurfs detailliert geregelt. Danach muss sich ein Arbeitnehmer auf die Entschädigungszahlung den Betrag anrechnen lassen, den er durch andere Tätigkeit verdient oder zu verdienen böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung zusammen mit dem Betrag, den er sich anrechnen lassen muss, das zuletzt bezogene Entgelt um mehr als ein Zehntel und für den Fall, dass der Arbeitnehmer wegen des Wettbewerbsverbotes seinen Wohnsitz verlegen muss, um mehr als ein Viertel übersteigen würde.519 Diese Regelung spiegelt den Inhalt § 74 c Abs. 1 HGB wider und trägt durch die Beibehaltung der Anrechnungsgrundsätze dem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Rechnung. Die Auskunftspflicht des Arbeitnehmers aus § 74 c Abs. 2 HGB findet sich in § 87 des Diskussionsentwurfs wieder.520

IV. Sonstige Regelungsgegenstände Die Grundsätze des Verzichts nach § 75 a HGB sind annähernd wortgleich in § 84 des Diskussionsentwurfs zu finden.521 §§ 85 und 86 des Diskussionsentwurfs enthalten Sondervorschriften zur Lossagung der Parteien vom Wettbewerbsverbot bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses, in denen vor allem nach Kündigungen aufgrund vertragswidrigen und nicht vertragswidrigen Verhaltens differenziert wird.522 § 90 des Diskussionsentwurfs sieht zudem die explizite Möglichkeit der Vereinbarung einer Vertragsstrafe bei Verstoß des Arbeitnehmers gegen das Wettbewerbsverbot vor.523

519 520 521 522 523

Diskussionsentwurf Diskussionsentwurf Diskussionsentwurf Diskussionsentwurf Diskussionsentwurf

eines eines eines eines eines

Arbeitsvertragsgesetzes, Arbeitsvertragsgesetzes, Arbeitsvertragsgesetzes, Arbeitsvertragsgesetzes, Arbeitsvertragsgesetzes,

NZA NZA NZA NZA NZA

2007, 2007, 2007, 2007, 2007,

Beilage Beilage Beilage Beilage Beilage

1/2007, 1/2007, 1/2007, 1/2007, 1/2007,

1, 1, 1, 1, 1,

20. 20. 20. 20. 20.

154

2. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach deutschem Recht

V. Fazit und Kritik Der Diskussionsentwurf der Bertelsmann-Stiftung vereinheitlicht und ergänzt in wesentlichen Bereichen das bestehende Gesetzesrecht in Bezug auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote. Soweit die Änderung des Adressatenkreises in Arbeitgeber und Arbeitnehmer noch obligatorische Aufgaben erfüllt, stellen insbesondere die angedachten Vorschriften zur Verbindlichkeit der Wettbewerbsabrede bei Einhaltung derselben durch den Arbeitnehmer, zum bedingten Wettbewerbsverbot sowie zur Berechnung der Karenzentschädigung (etwa der 12-Monats-Zeitraum) wichtige Weichen in Bezug auf den Interessenausgleich, insbesondere, was den Schutz der Interessen des Arbeitnehmers anbelangt. Dennoch ist anzumerken, dass der Diskussionsentwurf in wesentlichen Bereichen des Rechts nicht weit genug geht, um einen gerechten Interessenausgleich umfassend abzusichern. So wäre es insbesondere wünschenswert, das als berechtigt anzuerkennende geschäftliche Interesse des Arbeitgebers genauer umschrieben zu sehen. Auch die genauere Erläuterung der unbilligen Erschwerung der künftigen Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmers bleibt der Diskussionsentwurf schuldig. Sicherlich wird es erneut der Rechtsprechung vorbehalten bleiben, Nuancen der jeweiligen Wirksamkeitskriterien herauszuarbeiten und zu etablieren. Der Diskussionsentwurf liefert hier aber kaum einen Mehrwert zur mittlerweile fast 100 Jahre bestehenden Gesetzeslage, der es ja gerade an wesentlichen Leitlinien in Bezug auf diese Wirksamkeitsmerkmale mangelt. Gleiches gilt für eine etwaige Unterscheidung zwischen Wettbewerbsverboten und Geheimhaltungs- bzw. Verschwiegenheitspflichten und einer damit einhergehenden Flexibilisierung der Rechtsschutzmöglichkeiten des Arbeitgebers, etwa mit unterschiedlichen Rechtsfolgen hinsichtlich der Karenzentschädigungspflicht bei Betrachtung der tatsächlichen Wirkungsweise und Eingriffsintensität der Vereinbarung. Die bisherigen Änderungsvorschläge des DAV sind in diesem Zusammenhang nur bedingt hilfreich, schlagen sich diese derzeit doch recht einseitig, insbesondere im Bereich der Änderungen durch § 81 des Diskussionsentwurfs, auf die Seite des Arbeitgebers. In der jüngeren Zeit ist es wieder stiller um die Etablierung eines Arbeitsvertragsgesetzes geworden. Das auf den Seiten der Bertelsmann-Stiftung eingerichtete Forum Arbeitsvertragsgesetz enthält „aktuelle“ Stellungnahmen zum Diskussionsentwurf, die allerdings bereits auf Ende 2009 datieren. Es bleibt zu wünschen, dass der Faden hier erneut aufgenommen wird und die sinnvollen Diskussionsbeiträge in Kürze in ein Arbeitsvertragsgesetz münden, so dass auch das flankierende Recht zu Konkurrenzklauseln auf eine solide gesetzliche Grundlage gestellt wird.

Drittes Kapitel

Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht Das nunmehr im Hinblick auf den Ausgleich der Parteiinteressen bei Konkurrenzklauseln erläuterte englische Recht unterscheidet sich bereits quantitativ vom deutschen. Wenngleich auch in England umfangreiches Richterrecht die Möglichkeit der wirksamen Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote (restrictive covenants) prägt, kann an dieser Stelle bereits vorausgeschickt werden, dass die hierzu ergangenen Entscheidungen etwa ab Anfang des 20. Jahrhunderts weitgehend einem ähnlichen Argumentationskern folgen.1 Es wäre eine verkürzte Sichtweise, die zentralen Leitlinien in der Argumentation gleichsam als Quasi-Gesetzesrecht für Konkurrenzklauseln einstufen zu wollen. Jedoch kommen sowohl die Bindungsintensität der Leitentscheidungen, als auch die strukturelle Gleichförmigkeit der Argumentationsbasis der Wirkungsweise kodifizierten Gesetzesrechts sehr nahe. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Frage, wie der Interessenausgleich der Vertragsparteien nach englischem Recht vollzogen wird und welche Muster und Richtlinien sich aus der Vielzahl der Einzelentscheidungen für die Vertragspraxis entnehmen lassen.

A. Rechtsquellen und historische Entwicklung nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen in England Der nach deutschem Recht in Form der §§ 74 ff. HGB flankierende Rechtsrahmen zur Vereinbarung von Konkurrenzklauseln wird nach englischem Recht durch historisch entwickelte Leitsätze aus der maßgeblichen Rechtsprechung gewährleistet.2 Erste überlieferte Entscheidungen zur Wirksamkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote datieren bereits aus dem 15. Jahrhundert.3 Knappe Zusammenfassungen der stets chronologisch zu betrachtenden und daher auch entsprechend zitierten Leitentscheidungen finden sich in einer Reihe von Untersuchungen.4 Auf1

Sahavi, S. 3. Sales (1988), LQR 601. 3 Dyer’s Case (1414), YB 2 Hen V, fol 5 b, pl 26. 4 Etwa Sahavi, S. 4 ff. Auch Schwedes stellt die Entscheidungen kursorisch dar, Schwedes, S. 37 ff. 2

156

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

grund anderer Schwerpunktsetzung wird dort jedoch nicht näher auf die Entwicklung des Interessenausgleichs als solchen eingegangen. Für diese Untersuchung sollen jedoch gerade die Erwägungen der Gerichte mit Blick auf den Interessenausgleich maßgeblich sein, insbesondere, wie der Interessenausgleich im Einzelnen vollzogen wurde, welchen wirtschaftspolitischen Einflüssen er zum Zeitpunkt der Entscheidung unterworfen war und wie er sich im Laufe der Zeit bis zum heutigen Tag weiterentwickelt hat. Ebenfalls vorweggenommen sei, dass auch die historische Entwicklung des Rechts in England im Vergleich zum deutschen Recht in den Einzelheiten des Interessenausgleichs deutlich weniger Facetten aufweist. Wie bereits angedeutet hängt dies im Wesentlichen damit zusammen, dass die unterschiedlichen Gesetzesreformen in Deutschland jeweils einen mehr oder weniger gewichtigen Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Rechts beigetragen haben. Die folgende Rechtsprechung hat das Gesetzesrecht dann in den Einzelheiten nochmals erheblich aufgefächert und anhand unterschiedlicher Wertung und Gewichtung der Einzelumstände durch mitunter wechselnde Rechtsprechung nicht immer für Rechtssicherheit gesorgt. Anders dagegen in England: Nach der Etablierung einer bestimmten argumentativen Leitlinie durch ein Gerichtsurteil finden sich regelmäßig eine Vielzahl von Folgenentscheidungen, die die zuvor entwickelten Leitprinzipien entweder vollständig oder ganz überwiegend auf den konkret zu entscheidenden Fall angewendet haben.5 Dies hat zum einen eine argumentative Zersplitterung des Rechts in Einzelfragen des Interessenausgleichs verhindert, zum anderen zugleich zu einer vergleichsweise überschaubaren historischen Entwicklung des Rechts im Hinblick auf diesen Untersuchungsgegenstand geführt. Die historische Entwicklung der Argumentationslinien wurde in der Chronologie der ihnen zugrunde liegenden, maßgeblichen Gerichtsentscheidungen wie gezeigt bereits an anderer Stelle nachgezeichnet. Für die Beurteilung des Interessenausgleichs der durch eine Konkurrenzklausel berechtigten und verpflichteten Parteien ist die Darstellung, Einordnung und Bewertung der wesentlichen Sachverhaltsumstände und Entscheidungsgründe, allerdings in der hier gebotenen Kürze, gleichwohl unerlässlich.

I. Gewährleistung unbeschränkter Berufsfreiheit – Dyer’s Fall 1. Zusammenfassung des Sachverhalts Der Fall eines im Rahmen seines Lehrvertrages durch eine Konkurrenzklausel für die Zeit nach Ausscheiden aus dem Lehr- und späteren Anstellungsbetrieb gebun5

Schwedes, S. 36 für den Dyer’s Fall.

A. Rechtsquellen und historische Entwicklung in England

157

denen Färbers fand seinen Weg bereits im Jahr 1414 vor ein englisches Gericht.6 Die dort streitgegenständliche Wettbewerbsvereinbarung sah vor, dass der Beklagte, John Dyer, das beim Kläger erlernte Färberhandwerk nach Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis in den Grenzen der Heimatstadt der Parteien weder bei einem Konkurrenzunternehmen des Klägers, noch selbstständig ausüben durfte. Das Verbot galt für die Dauer von sechs Monaten. Eine Gegenleistung des Klägers für die Einhaltung der Wettbewerbsabrede durch den Beklagten sah die Konkurrenzklausel nicht vor.7 Der Dienstherr, nicht etwa John Dyer selbst, rief das Gericht zur Prüfung der Wirksamkeit der Wettbewerbsabrede an. 2. Zusammenfassung des Votums Sowohl die Vereinbarung der Wettbewerbsvereinbarung im Rahmen des Lehrvertrages, als auch die einem zeitlichen Berufsverbot zulasten des Klägers gleichkommenden Auswirkungen der Abrede, bewogen das angerufene Gericht zu einer Grundsatzbewertung entsprechender Konkurrenzklauseln. Es befand die Vereinbarung für in jeder Hinsicht unwirksam und wertete die Vereinbarung eines solchen Wettbewerbsverbotes mit einem Lehrling zudem als Straftat.8 J. Hull ließ sich als erkennender Richter gar zu der im Nachgang unzählige Male zitierten Feststellung „a ma intent vous purres avec demurre sur ley que l’obligation est voide ce que le condition est encounter common ley et per Dieu se le plaintiff fuit icy il irra al prison tanque il ust fait fine au Roy“9 hinreißen, ein Beleg für die Geringschätzung der Absicht des Klägers aus Sicht des Gerichts, einen Lehrling bereits im Stadium der Ausbildung derart weitreichend für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem eigenen Unternehmen binden zu wollen. Daher erschien es J. Hull offensichtlich nur recht und billig, derlei Absichten mit Freiheitsentzug bzw. Geldbuße zugunsten des Königs zu belegen.10 3. Stellungnahme Das Votum im Dyer’s Fall war nicht nur richtungsweisend für eine Vielzahl nachfolgender Entscheidungen11, sondern ließ hinsichtlich der grundsätzlichen Bewertung derartiger Vereinbarungen keinerlei Ermessensspielraum. Die uneingeschränkte Aufrechterhaltung der durch die Gewerbefreiheit erlangten beruflichen Entfaltungsfreiheit des Einzelnen sollte nicht gefährdet werden – dies in Zeiten, in denen andernorts (wie etwa in Deutschland) Leibeigenschaft und weitreichende 6

Dyer’s Case (1414), YB 2 Hen V, fol 5 b, pl. 26. Dyer’s Case (1414), YB 2 Hen V, fol 5 b, pl. 26. 8 Dyer’s Case (1414), YB 2 Hen V, fol 5 b, pl. 26; Sahavi, S. 4. 9 Dyer’s Case (1414), YB 2 Hen V, fol 5 b, pl. 26. 10 Sahavi, S. 4. 11 Sahavi, S. 4.

7

158

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Zugangsbarrieren das Gewerbeleben prägten. Dies ist bemerkenswert, auch weil sich die in der Folgezeit zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ergangenen Gerichtsentscheidungen streng an den Feststellungen des Dyer’s Falles orientierten. Von einer Interessenabwägung kann im Dyer’s Fall allerdings nicht gesprochen werden. Dass das Votum so einseitig zu Lasten des Arbeitgebers ausfiel ist unmittelbare Folge der neoliberalen Politik zur uneingeschränkten Aufrechterhaltung der Gewerbefreiheit im damaligen England. Auch der sich später in Form der restraint of trade doctrine herausgebildete Leitsatz, Konkurrenzklauseln zunächst per se ihre Wirksamkeit abzusprechen, hat ihre Wurzeln in dieser ersten Richtungsentscheidung. Im Laufe der Entwicklung des Rechts zu Konkurrenzklauseln und der Anpassung desselben an die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hat sich der nur geringen Spielraum zulassende Leitsatz zunächst graduell, später jedoch immer weiter in Richtung einer umfassenden Gesamtabwägung im Sinne einer Angemessenheitsprüfung gewandelt.

II. Das Wohl des Commonwealth – Colgate v Bacheler Nachdem eine Reihe nachfolgender Entscheidungen12 des 16. und des frühen 17. Jahrhunderts der Argumentation des Dyer’s Falles folgten, ohne ihrerseits neue Begründungsansätze zu liefern, die zu beurteilenden Konkurrenzklauseln aber ausnahmslos für unwirksam befanden13, lieferte erst die Entscheidung in Colgate v Bacheler14 aus dem Jahr 1602 neue Erkenntnisse und Argumentationslinien im Hinblick auf die Entwicklung des heutigen Rechts zu Konkurrenzklauseln in England. 1. Zusammenfassung des Sachverhalts Das angerufene Gericht hatte über eine Vereinbarung zu entscheiden, nach der sich der Sohn des Beklagten, Bacheler, verpflichtet hatte, weder selbstständig, noch als Angestellter das Gewerbe eines Kurzwarenhändlers in der Grafschaft Kent sowie in den Städten Canterbury und Rochester innerhalb einer nicht eindeutig überlieferten Zeitspanne auszuüben. Sofern der Verpflichtete dennoch beabsichtigte, ein derartiges Gewerbe an den benannten Orten auszuüben, hatte er dem Kläger als Ausgleich eine Summe von 20 Pfund zu zahlen.15 Der Beklagte machte geltend, dass solche Vereinbarungen rechtswidrig seien, was das Gericht bestätigte und die Klage abwies.16 12 Etwa Moore KB 15, 72 Eng. Rep. 477 (QB 1578) – ohne nähere Bezeichnung der Parteien; Blacksmith of South-Mims (1587), 74 ER 485. 13 Sahavi, S. 4; Schwedes, S. 37 f. 14 (1602), ER 1097. 15 Colgate v Bacheler (1602), ER 1097. 16 Colgate v Bacheler (1602), ER 1097.

A. Rechtsquellen und historische Entwicklung in England

159

2. Zusammenfassung des Votums In der Urteilsbegründung führten die Richter dann aus, dass entsprechende Beschränkungen eines rechtmäßigen Gewerbes unwirksam seien, da sie sich gegen das Wohlergehen des Commonwealth richteten.17 Für freie Menschen sei es integeres Recht, zu jeder Zeit an jedem Ort ein Gewerbe ausüben zu dürfen. Das Gericht fügte hinzu, es spiele insoweit keine Rolle, ob der verpflichtete Arbeitnehmer durch die Wettbewerbsvereinbarung völlig vom Betrieb eines Gewerbes als Kurzwarenhändler ausgeschlossen sei oder nur teilweise.18 Die Lebensumstände sowie die Art der freien beruflichen Planung und Zukunftsgestaltung dürften keinesfalls in derartiger Weise durch vertragliche Wettbewerbsabreden beschränkt werden.19 3. Stellungnahme Bemerkenswert ist im Hinblick auf die Urteilsbegründung vor allem die Argumentation, nach der es aus Sicht der Richter keine Rolle spielt, ob sich das Wettbewerbsverbot teilweise oder vollständig wie ein zeitlich befristetes Berufsverbot auswirkt. Das Gericht hatte also, im Gegensatz zum Dyer’s Fall, bewusst den Unterschied zwischen teilweisen und vollständigen Wettbewerbsverboten aufgegriffen, diese Differenzierung jedoch nicht zum Anlass genommen, hieraus eine entsprechende Schlussfolgerung für die unterschiedliche Wirkungsweise und Ausdehnung von Wettbewerbsverboten zu ziehen. Vielmehr bestätigt die Entscheidung die grundsätzliche Unwirksamkeit sämtlicher Wettbewerbsverbote. Schwedes merkt im Hinblick auf die Urteilsgründe im Fall Colgate v Bacheler zu Recht an, dass die Entscheidung weniger Ausdruck eines allgemeinen, wirtschaftsliberalen Zeitgeistes sei, sondern es dem Gericht vielmehr darum ging, ein deutliches Zeichen gegen derartige Konkurrenzvereinbarungen zu setzen und den Protektionismus der Handwerksmeister einzudämmen.20 Denn ähnlich wie in Deutschland war zu diesem Zeitpunkt trotz Bestehens der Gewerbefreiheit die Gefahr der Schaffung eines faktischen Numerus Clausus der an Zugangsbarrieren interessierten Handwerksmeister durch eben solche Vereinbarungen besonders hoch. Diese Gefahr erblickend hatte sich das Gericht hier unmissverständlich auf die Seite der Arbeitnehmer geschlagen und ihnen durch eine, in dieser Verallgemeinerung rückblickend sicherlich undifferenzierten, Grundsatzentscheidung hinreichende Marktzutrittschancen gesichert.21 Anhand der Entscheidung Colgate v Bacheler lässt sich zugleich ablesen, wie sehr die Rechtsprechung in England mitunter in die

17 18 19 20 21

Colgate v Bacheler (1602), ER 1097; Blake (1960), 73 HLR 625, 635. Colgate v Bacheler (1602), ER 1097. Colgate v Bacheler (1602), ER 1097; Blake (1960), 73 HLR 625, 635. Schwedes, S. 38. Schwedes, S. 38.

160

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Wirtschaftsentwicklung einzugreifen vermochte und immer noch vermag.22 Es ist sicherlich auch der rigiden Handhabung der Gerichte in dieser Zeit zu verdanken, möglichst jegliche Form von Protektionismus23 und einseitiger Wettbewerbsbeschränkung seitens etablierter Handwerksbetriebe zu unterbinden, dass Englands Handwerksbetriebe in der Lage waren, sich auf internationaler Ebene eine derart hervorgehobene Stellung in einer Vielzahl von Produktionssektoren zu erarbeiten.24 4. Interessenkonflikt der Vertragsparteien Der Interessenausgleich der Vertragsparteien in Bezug auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote spielte sich bis zu diesem Zeitpunkt gewissermaßen außerhalb der eigentlichen Vertragsvereinbarung ab. Sofern ein Wettbewerbsverbot vereinbart wurde, war es in jedem Fall unzulässig und der Arbeitnehmer entsprechend nicht an die hieraus folgenden Einschränkungen gebunden. Die Gerichte hielten es für opportun, den Interessenkonflikt von vornherein nicht innerhalb einer bestimmten Vertragskonstellation zu lösen, sondern dem Arbeitgeber aufzugeben, seine Unternehmensgeheimnisse auf anderem Wege zu schützen.25 Vielfach wäre dies nur dann wirksam zu erreichen gewesen, wenn der jeweilige Arbeitgeber auf die Entwicklung und Ausbildung bestimmter Schlüsselkräfte, die bildlich gesprochen die „rechte Hand“ des Arbeitgebers bildeten, verzichtet hätte. Das Delegieren verantwortungsvoller Aufgaben war also nicht ohne Risiko, mit den entsprechenden Nachteilen in Bezug auf eine Ökonomisierung der Produktion. Mit fortschreitender Entwicklung und Ausdifferenzierung der einzelnen Gewerbezweige führte diese Zwangslage in der Folgezeit zu erheblichen Problemen in den Betrieben, so dass sich auch die Gerichte nach und nach in Richtung Anerkennung des Bedürfnisses für nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen bewegten.

III. Generelle und partielle Wettbewerbsverbote – Rogers v Parrey Aufgrund der florierenden Wirtschaft und des sich außergewöhnlich stark ausweitenden produzierenden Gewerbes, das England einen Spitzenplatz in der Weltwirtschaft sicherte, wuchs auch das Bedürfnis der Arbeitgeber, ihre immer weiter spezialisierten Betriebe vor unmittelbarer Konkurrenz ehemaliger Mitarbeiter zu schützen. Einen ersten Wendepunkt26 in der rigiden Rechtsprechung der englischen Gerichte, nachvertragliche Wettbewerbsverbote in ihrer Gesamtheit schlechthin für 22 23 24 25 26

Sahavi, S. 3. Schwedes, S. 38. Blake (1960), 73 HLR 625, 635. Blake (1960), 73 HLR 625, 635. Sahavi, S. 4.

A. Rechtsquellen und historische Entwicklung in England

161

unwirksam zu erklären, markiert dabei die Entscheidung Rogers v Parrey27aus dem Jahr 1614. 1. Unterscheidung zwischen generellen und partiellen Wettbewerbsverboten Hier wurde von Seiten des erkennenden Gerichts erstmals zwischen generellen und partiellen Wettbewerbsabreden differenziert. In der Urteilsbegründung wurde festgestellt, dass es einen Unterschied mache, ob sich ein Arbeitnehmer durch eine Wettbewerbsvereinbarung verpflichte, das Gewerbe, in welchem er beim Arbeitgeber gearbeitet hatte, generell nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr auszuüben oder ob er lediglich verspreche, den Beruf für eine gewisse Zeit an einem bestimmten Ort nicht auszuüben.28 Ein partielles Wettbewerbsverbot, nach dem sich die Wettbewerbsbeschränkung durch Zeit und Ort beschränke, sei insoweit zulässig und binde den Arbeitnehmer entsprechend der Vereinbarung.29 2. Folgeentwicklungen Ohne wesentliche Einschränkungen oder Erweiterungen wurden die Urteilsgründe aus Rogers v Parrey später u. a. im Fall Jelliet v Broade30 angewandt. Immerhin vollzog sich hierdurch eine Verfestigung des Arguments, nach dem ein teilweises Wettbewerbsverbot in seiner rechtlichen Wirksamkeit sehr wohl von einer vollumfassenden nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkung zu trennen sei. Die Richter verlagerten den Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien damit erstmals auf die Ebene der konkreten Vereinbarung. Das zuvor beherrschende Dogma, nach dem Wettbewerbsverbote per se unzulässig waren, war damit gebrochen. Der Interessenausgleich selbst war allerdings erneut nicht der eigentliche Kern der Argumentation der Richter. Vielmehr ging es ihnen lediglich um eine grundsätzliche Feststellung einer Zumutbarkeitsschwelle auf Seiten des Arbeitnehmers. Das nicht sonderlich differenzierte Argument, eine teilweise Beschränkung der beruflichen Entfaltung nach Ort und Dauer sei hinnehmbar, bildete jedoch die Ausgangsbasis für spätere Entscheidungen, die über die grundsätzliche Feststellung einer bestimmten Zumutbarkeitsschwelle hinaus den Interessenausgleich der Parteien in den Vordergrund rückten.

27 28 29 30

(1614), 80 ER 1012. (1614), 80 ER 1012, 1013. (1614), 80 ER 1012, 1013. (1620), 74 ER 1064.

162

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

3. Auswirkungen auf die Vertragspraxis Ein weiteres Problem hinsichtlich eines angemessenen Ausgleichs der Parteiinteressen lag fortan in dem Umstand begründet, dass der Arbeitgeber aufgrund der Entwicklungen in der Rechtsprechung ohne nähere Begründungserfordernisse zumindest beschränkte Wettbewerbsverbote aussprechen konnte. Die vormals deutliche Benachteiligung der Arbeitgeberseite war damit einer unverhältnismäßigen Benachteiligung der Arbeitnehmerseite gewichen, da einer wahllosen, präventiven Vereinbarung einer partiellen Wettbewerbsbeschränkung Tür und Tor geöffnet wurde.

IV. Das öffentliche Interesse als Teil der Abwägungsentscheidung – Mitchel v Reynolds Die Differenzierung zwischen generellen und partiellen Wettbewerbsverboten und die Möglichkeit, partielle Wettbewerbsverbote ohne jegliche Begründungserfordernisse des Arbeitgebers vereinbaren zu können, wurden schließlich im Fall Mitchel v Reynolds31, einer Entscheidung aus dem Jahr 1711, aufgegriffen und anhand von Wertungsgesichtspunkten erstmals einer Angemessenheitsprüfung unterzogen. Bedeutsam ist die Entscheidung daher vor allem deshalb, weil hier der Court of Appeal im Rahmen der Urteilsbegründung erstmals den Interessenkonflikt der Vertragsparteien und eine gerechte und angemessene Abwägung der beiderseitigen Interessen in den Vordergrund stellte.32 Insbesondere das Votum von Lord Macclesfield analysierte die wesentlichen Leitlinien der oben dargestellten Entscheidungen nochmals ausführlich und bewertete die jeweiligen Argumente umfangreich im Lichte einer Interessenabwägung, um die so gewonnenen Erkenntnisse auf den Sachverhalt in Mitchel v Reynolds anzuwenden. 1. Zusammenfassung des Sachverhalts Im zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Bäckergeselle einen gepachteten Laden für Backwaren für die Dauer von fünf Jahren an den Kläger unterverpachtet und sich zugleich verpflichtet, für die Dauer der Unterverpachtung seinen Beruf als Bäcker in der Gemeinde, in der das Backwarengeschäft lag, nicht auszuüben.33

31 32 33

(1711), 24 ER 347. Schwedes, S. 39 f. Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER 347.

A. Rechtsquellen und historische Entwicklung in England

163

2. Zusammenfassung des Votums Wie bereits angedeutet setzte sich das Gericht in der Urteilsbegründung intensiv mit den zuvor zu Konkurrenzklauseln ergangenen Entscheidungen34 auseinander und leitete aus ihnen allgemeine Kriterien her, die es im Rahmen der Prüfung der Wirksamkeit der Abrede zum Maßstab der Beurteilung ansetzte. So stellte Lord Macclesfield zunächst klar, dass nach der Argumentation früherer Entscheidungen, womit er insbesondere den Dyer’s Fall sowie die Entscheidung Colgate v Bacheler ansprach, Konkurrenzklauseln grundsätzlich als unwirksam hätten beurteilt werden müssen, eine solch strikte und undifferenzierte Argumentationslinie mittlerweile aber als überholt gelte.35 Es sei daher grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn jemand aus freien Stücken und im Lichte des eigenen Vorteils seine zukünftige berufliche Freiheit für einen bestimmten Zeitraum zumindest teilweise aufgeben wolle.36 Neben den sich gegenüberstehenden Interessen der Vertragsparteien sei aber zudem das Interesse der Allgemeinheit am Bestand bzw. Nichtbestand solcher Vereinbarungen zu beachten.37 So sei bei umfangreichen Wettbewerbsabreden zwar eine erhebliche Gefahr für die Existenzgrundlage des betroffenen Arbeitnehmers gegeben. Zugleich entstünden aber auch der Allgemeinheit aus zu weitgehenden Konkurrenzverboten erhebliche Nachteile, da diese hierdurch ein „nützliches Mitglied“ des Wirtschaftslebens verliere38, der Öffentlichkeit also die Möglichkeit genommen werde, von den Angeboten eines weiteren Anbieters am jeweiligen Ort und der für sie positiven Auswirkungen der Konkurrenzsituation der Anbieter zu profitieren. Zudem widerspreche es ebenfalls öffentlichen Interessen, wenn der vom Wettbewerbsverbot Betroffene faktisch seine Existenzgrundlage verlöre, selbst wenn dies nur für kurze Zeit der Fall sein sollte.39 3. Stellungnahme Die Einbeziehung des öffentlichen Interesses an dem Bestand von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten war als allgemeines Abwägungskriterium bisher nicht Teil der Wirksamkeitsprüfung und liefert einen neuen Argumentationsansatz, der sich fortan in allen wesentlichen Entscheidungen wiederfand und bis heute wiederfindet.

34 Insbesondere die hier unter I. bis III. genannten Entscheidungen; hierzu auch Schwedes, S. 40; Sahavi, S. 6. 35 Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER 347; Schwedes, S. 40. 36 Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER 347. 37 Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER 347, 350; Schwedes, S. 40. 38 Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER 347, 350. 39 Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER 347, 350.

164

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

a) Wirtschaftspolitische Komponente Der Gesichtspunkt des etwaigen Verlustes eines wertvollen Mitgliedes des Wirtschafts- und Produktionsprozesses enthält darüber hinaus noch eine wirtschaftspolitische Komponente. Die natürlichen Steuerungssysteme von Angebot und Nachfrage sowie der freie Zugang zur Marktteilnahme sollten nicht durch künstliche Beschränkungen in Form von Wettbewerbsverboten behindert werden. Da sich Monopolbildungen regelmäßig nicht nur für potentielle Mitbewerber und Konkurrenten negativ auswirken, sondern wegen des Wegfalls von Wettbewerbseffekten wie Preiskampf und Angebotsvielfalt auch die Interessen der Öffentlichkeit beeinträchtigt werden, stellt der Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses zugleich eine frühe politische Steuerungsmaßnahme dar, den allgemeinen und freien Wettbewerb nicht zu gefährden.40 Die im Vergleich zu den vorherigen Entscheidungen sehr differenzierten Voten der Richter berücksichtigten zudem, dass das Interesse an einer reibungslosen Übertragbarkeit von Gewerbebetrieben, an der entsprechende Konkurrenzverbote entscheidenden Anteil hätten, in jedem Fall anzuerkennen ist.41 Es wäre ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die persönlichen Rechte eines Jeden, einem Gewerbetreibenden, etwa aus Gründen des bevorstehenden Ruhestandes, mittelbar die Weiterführung des Unternehmens aufzunötigen bzw. dieses zu einem niedrigeren Kaufpreis zu veräußern, weil niemand das Risiko eingehen wolle, ein Unternehmen ohne einen adäquaten Schutz der Unternehmensgeheimnisse etc. zu erwerben.42 Aus diesem Grunde sei es jedenfalls notwendig, Wettbewerbsverbote nicht bereits schlechthin für unwirksam zu erklären. Es müsse vielmehr unterschieden werden zwischen allgemeinen Wettbewerbsverboten, die lediglich dazu dienten, einen Gewerbetreibenden an der Ausübung seines Gewerbes zu hindern und sich so vor unliebsamer Konkurrenz zu schützen und solchen, die für den durch die Wettbewerbsvereinbarung Verpflichteten eine angemessene Gegenleistung bereithalten und die Vereinbarung nach Abwägung der beiderseitigen Interessen insgesamt als angemessen erscheinen lasse.43 b) Angemessenheitsprüfung und consideration Reduziert auf den Kern der Argumentation differenzierte das Gericht also zwischen generellen und partiellen Wettbewerbsverboten, die in einem weiteren Schritt anhand eines Interessenausgleiches und einer Verhältnismäßigkeitsprüfung auf ihre Wirksamkeit zu untersuchen sind. Anhaltspunkte für diese grobe Unterteilung bildet nach Ansicht des Gerichts die geografische wie auch die zeitliche Ausdehnung des 40 41 42 43

Blake (1960), 73 HLR 625, 629. Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER, 347, 350. Blake (1960), 73 HLR 625, 629; Schwedes, S. 40. Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER, 347; Schwedes, S. 40; Sahavi, S. 6.

A. Rechtsquellen und historische Entwicklung in England

165

Wettbewerbsverbotes (Schritt 1). So zeichne sich ein generelles Wettbewerbsverbot dadurch aus, dass es geografisch nicht beschränkt sei und auf unbestimmte Zeit gelte.44 Ein partielles Wettbewerbsverbot sei hingegen örtlich und/oder zeitlich begrenzt. Während generelle Wettbewerbsverbote grundsätzlich unwirksam seien, sei nun hinsichtlich der Wirksamkeit einer partiellen Wettbewerbsvereinbarung (Schritt 2) im jeweiligen Fall entscheidend, ob dem Arbeitnehmer im Gegenzug zur Wettbewerbsabrede eine angemessene Gegenleistung zufließt und die Vereinbarung im Lichte von Versprechen und Gegenleistung insgesamt als gerecht erscheine.45 Diese als consideration bezeichnete und bis heute als Wirksamkeitsvoraussetzung erhalten gebliebene besondere Gegenleistung des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers für dessen vertragsmäßige Wettbewerbsenthaltung erscheint zunächst der Karenzentschädigung nach deutschem Recht zu entsprechen oder ihr zumindest zu ähneln. Wie später noch gezeigt wird handelt es sich hierbei jedoch nur selten um eine monetäre Kompensation, sondern vielmehr um eine anderweitige vertragsmäßige Leistung des Arbeitgebers, die dem Arbeitnehmer als Ausgleich für den Abschluss der Wettbewerbsvereinbarung zufließen. Die im Fall Mitchel v Reynolds erstmals genauer konturierte Unterscheidung zwischen generellen und partiellen Wettbewerbsverboten blieb in der Folgezeit nicht ohne Kritik, die vor allem auf der Prognose fußte, dass die Abgrenzung anhand der Reichweite des jeweiligen Wettbewerbsverbotes zum Zwecke der Klärung der Angemessenheit lediglich bei vergleichsweise engen Marktbedingungen zu verhältnismäßigen Ergebnissen führe. So sei das Bedürfnis für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu Lasten eines ehemaligen Arbeitnehmers für Konkurrenztätigkeiten in ein und derselben Stadt einfacher zu begründen als ein landesweites oder gar globales Konkurrenzverbot.46 Die Entwicklung globaler Märkte sowie ein Fortschreiten des Spezialisierungsgrades vieler Wirtschaftsbereiche erforderte im Laufe der Zeit daher eine entsprechende Anpassung dieser Wirksamkeitsprüfung anhand der Reichweite des Verbotes. In der Folge rückten somit immer umfangreichere Wettbewerbsverbote in den Bereich der Zulässigkeit, da sich die Angemessenheitsprüfung zwangsläufig von der grundsätzlichen Differenzierung zwischen generellen und partiellen Wettbewerbsvereinbarungen entfernte und sich zu einer einzelfallbezogenen Bedürfnisprüfung entwickelte. c) Auswirkungen Die grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung Mitchel v Reynolds wird in der Literatur insbesondere von Blake aufgegriffen, der die differenzierte Argumentationsmethode in Form des Ausgleichs verschiedener Interessenlagen im Hinblick auf 44

Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER, 347, 350. Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER, 347, 350. 46 Rousillon v Rousillon (1880), 14 Ch. D. 351; Badische Anilin und Soda Fabrik v Schott, Segner und Co (1892), 3 Ch. 447; Sahavi, S. 7. 45

166

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

unerwünschte Effekte eines Wettbewerbsverbotes nicht nur für die beteiligten Parteien, sondern auch für die Öffentlichkeit hervorhebt.47 Blake betrachtet die Entscheidung nicht nur als das Fundament der späteren Entwicklung des test of reasonableness, sondern sieht die grundlegende Argumentationsstruktur auch in den Entscheidungen neueren Datums bestätigt. Dies gilt insbesondere für das Votum Lord Macclesfields, dessen differenzierte Herausarbeitung des Interessenkonfliktes der Vertragsparteien untereinander sowie im Hinblick auf das öffentliche Interesse wegweisend für die Herausbildung des heutigen Rechts war. Die Entscheidung stellt in ihrer grundsätzlichen Bedeutung für das heute gültige Recht zu nachvertraglichen Wettbewerbsabreden zugleich eine Zäsur in der historischen Entwicklung dar.48 So wurden in der Entscheidung Horner v Graves49 aus dem Jahr 1831, in der ein geografischer Bannbereich von 100 Meilen in Bezug auf das Verbot jeglicher Konkurrenztätigkeit eines Auszubildenden und Assistenten des Arbeitgebers als zu weitgehend beurteilt wurde, im Wesentlichen die Leitargumente der vorangegangenen Entscheidungen, insbesondere aber der aus Mitchel v Reynolds aufgegriffen. C. J. Tindal stellte in dieser Entscheidung fest, dass aus seiner Sicht die Frage der Wirksamkeit der fraglichen Klausel nur anhand eines gerechten Interessenausgleichs zwischen den Vertragsparteien untereinander sowie dem Interesse der Öffentlichkeit beurteilt werden könne und keine Seite unangemessen benachteiligt werden dürfe. Sofern danach die Belastungen aufgrund einer nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarung wertungsmäßig größer seien als die eigenen, berechtigten Interessen des Arbeitgebers, müsse die Vereinbarung als unangemessen bewertet werden, mit der Folge, dass sie aufgrund des hierdurch indizierten Verstoßes gegen das öffentliche Interesse nicht durchgesetzt werden dürfe.50

V. Folgeentwicklungen in der Rechtsprechung Die Leitlinien aus Mitchel v Reynolds finden sich gemeinsam mit den wesentlichen Erkenntnissen der anderen zuvor beschrieben Entscheidungen in der restraint of trade doctrine und dem hierin enthaltenen test of reasonableness51 wieder, anhand derer heute die Wirksamkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote beurteilt wird. Diese Zusammenfassung der Leitargumente trägt der historischen Entwicklung der Beurteilungsmaßstäbe in den ergangenen Entscheidungen Rechnung, wobei die Argumente Lord Macclesfields in Mitchel v Reynolds eine herausragende Stellung einnehmen. 47

Blake (1960), 73 HLR 625, 630. Blake (1960), 73 HLR 625, 639. 49 (1831), 131 ER 284. 50 Horner v Graves (1831), 131 ER 284. 51 Hierzu ausführlich unter dem Blickwinkel des gerechten Interessenausgleichs unter Kapitel 3, Abschnitt C. 48

A. Rechtsquellen und historische Entwicklung in England

167

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass sich diese Leitargumente erst im Anschluss an eine Reihe nachfolgender Entscheidungen nachhaltig etablieren konnten, die in wesentlichen Bereichen nicht den Argumentationslinien aus Mitchel v Reynolds folgten. In der zuvor bereits angesprochenen Entscheidung Horner v Graves zunächst noch als wesentliches Zulässigkeitsmerkmal herausgearbeitet, wurde die Notwendigkeit eines gerechten Interessenausgleichs anhand der Unterteilung zwischen generellen und partiellen Wettbewerbsabreden und das öffentliche Interesse an der freien Ausübung des Berufes und des Gewerbes vor allem in den Entscheidungen Hitchcock v Cocker52 sowie Rousillon v Rousillon53 keineswegs als notwendige Voraussetzungen für ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot beurteilt.54 Insbesondere der Austausch adäquater Gegenleistungen zwischen den Vertragsparteien bei Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes sei keine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung, soweit dem Arbeitnehmer überhaupt eine Gegenleistung im Gegenzug für die Wettbewerbsenthaltung zuerkannt würde. Wenn die Beschränkungen damit für den Arbeitnehmer insgesamt nicht größer seien als für den Schutz der Arbeitgebersphäre zwingend erforderlich, stehe es den Parteien frei, eine entsprechende Konkurrenzklausel wirksam zu vereinbaren, wie L. J. Fry in seinem Votum in Rousillon v Rousillon herausstellte.55 Dies gelte insbesondere für geografisch unbeschränkte Wettbewerbsabreden, solange sich diese im Lichte der Interessen der Arbeitgeberseite als notwendig darstellten. Es existiere demzufolge auch keine generelle Regel, wonach eine in geografischer Hinsicht unbeschränkte Wettbewerbsabrede generell unwirksam sei.56 Sahavi stellt in diesem Zusammenhang zutreffend heraus, dass der Kontinuitätsbruch in der Rechtsprechung den dominierenden liberalen Strömungen der Politik des 19. Jahrhunderts geschuldet ist.57 Der Schwerpunkt der Argumentation verlagerte sich damit zeitweise von der Aufrechterhaltung von Gewerbe- und Handelsfreiheit hin zur Gewährleistung weitestgehender Vertragsfreiheit.58 Dieser Ansatz hielt jedoch nur vergleichsweise kurz den Bedürfnissen der Praxis nach hinreichender Absicherung der Arbeitnehmerinteressen stand. Noch vor der Jahrhundertwende wurden die Leitlinien aus Mitchel v Reynolds in der richtungsweisenden Nordenfelt-Entscheidung59 wieder als maßgebliche Beurteilungskriterien aufgegriffen und das öffentliche Interesse an einer möglichst uneingeschränkten beruflichen Entfaltung eines jeden Arbeitnehmers in den Vordergrund der Wirksamkeitsprüfung gerückt. Wie noch aufgezeigt werden wird, bildet diese Ent52

(1837), 112 ER 167. (1880), 14 Ch D 351. 54 Sahavi, S. 7. 55 Hitchcock v Cocker (1837), 112 ER 167; Rousillon v Rousillon (1880), 14 Ch. D. 351; Sahavi, S. 7; Blake (1960), 73 HLR 625, 641. 56 Rousillon v Rousillon (1880), 14 Ch. D. 351. 57 Sahavi, S. 7. 58 Sahavi, S. 7. 59 Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co Ltd (1894), AC 535. 53

168

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

scheidung neben den Argumenten Lord Macclesfields in Mitchel v Reynolds den zweiten entscheidenden Argumentationsschwerpunkt der restraint of trade doctrine.60 Seit der Nordenfelt-Entscheidung ist, soweit ersichtlich und dokumentiert, kein Urteil eines höheren Gerichts61 ergangen, in dem im Zusammenhang mit der Beurteilung der Wirksamkeit nachvertraglicher Wettbewerbsabreden die Notwendigkeit eines gerechten Interessenausgleichs im Sinne des test of reasonableness sowie der Einbeziehung des öffentlichen Interesses in die Gesamtabwägung verneint worden wäre. Es bietet sich aus darstellungstechnischer Sicht nun an, mit der Entwicklung der restraint of trade doctrine an dieser Stelle die historische Entwicklung des Rechts der nachvertraglichen Wettbewerbsabreden in England abzuschließen. Das 20. Jahrhundert stand, bezogen auf den Untersuchungsgegenstand, ganz im Zeichen der restraint of trade doctrine, auf deren Leitlinien nachfolgende Entscheidungen maßgeblich aufbauten.

VI. Fazit und Vergleich mit der deutschen Rechtslage Die geschichtliche Entwicklung des heute in England maßgeblichen Rechts weist zum deutschen im Hinblick auf den Interessenausgleich wesentliche Unterschiede auf. Primär ist hier die in Deutschland bereits im Jahr 1914 erfolgte gesetzliche Regelung einer Geldentschädigung zugunsten des vom Wettbewerbsverbot Betroffenen zu nennen, während sich die Entwicklung des Rechts in England eher auf Zulässigkeitserfordernisse des Wettbewerbsverbots selbst konzentrierte. Diese Verlagerung des Interessenausgleiches auf unterschiedliche Ebenen ist aus wirtschaftspolitischer Sicht bemerkenswert: Während in Deutschland das Wettbewerbsverbot von Seiten des Gesetzgebers generalklauselartig unter den Bedingungen der §§ 74 ff. HGB als zulässig gilt62 und der eigentliche Interessenausgleich überwiegend anhand der Bemessung der monetären Gegenleistung des Arbeitgebers auf der zweiten Stufe erfolgt, bezieht die englische Rechtsprechung bereits auf der ersten Stufe sehr viel genauer die konkreten Umstände des Einzelfalles in die rechtliche Prüfung der Abrede mit ein. Entsprechend schlanker fällt die Prüfung und auch die allgemeine Bedeutung der zweiten Stufe aus, nämlich der Frage des Ausgleichs der Nachteile des vom Verbot Betroffenen. In ihren Anfängen stand die englische Rechtsprechung nachvertraglichen Wettbewerbsabreden ähnlich wie in Deutschland skeptisch gegenüber, wie die Argumentationen im Dyer’s Fall und in der Entscheidung Colgate v Bacheler zeigen. Mit der Trennung von partiellen und generellen Wettbewerbsverboten im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zeigten sich erste Differenzierungsversuche und Verhältnis60 61 62

Sahavi, S. 8. Court of Appeal bzw. House of Lords. Prange/Laimer/Eisele, RIW 2008, 227, 228.

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

169

mäßigkeitsabwägungen, die schließlich durch die Entscheidung Mitchel v Reynolds in eine umfassende Interessenabwägung unter Einbeziehung des öffentlichen Interesses mündeten. Die Herausbildung einer Art ständiger Rechtsprechung, jedenfalls bezogen auf einen wesentlichen Argumentationskern, führte zur Herausbildung eines vereinheitlichten Prüfungskonzeptes, welches sich im Laufe der Zeit zu der bis heute gültigen restraint of trade doctrine verdichtete. Auffällig ist auch die im Vergleich zum deutschen Recht deutlich frühere Herausbildung von Abgrenzungskriterien zur Beurteilung der Zulässigkeit nachvertraglicher Wettbewerbsabreden im englischen Recht, was hauptsächlich der frühen Etablierung der Gewerbefreiheit in England zugeschrieben werden kann.63 Während in Deutschland zur Zeit der Einführung der Gewerbefreiheit in England noch die Beschränkungen der Zunft- und Gildeordnung für eine „natürliche Bestandsregulierung“ ernstzunehmender Konkurrenzverhältnisse durch ehemalige Mitarbeiter sorgten, erfolgten in England bereits differenzierte Abwägungen zwischen der Reichweite der Wettbewerbsabreden und den unterschiedlichen Interessenssphären. Demgegenüber entwickelte sich das maßgebliche deutsche Recht in vergleichsweise kurzer Zeit und blieb dann in den Grundstrukturen weitgehend unverändert. Der individuelle Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien war in England damit bereits weitaus früher Teil des Wirtschaftslebens als in Deutschland und basiert im Wesentlichen auf historisch gewachsenen Erfahrungswerten hinsichtlich der Zulässigkeit nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen. Konzeptionell stellt das historisch gewachsene Recht der nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkungen in England damit eine einzelfallbezogene Interessenabwägung dar, das allerdings zu keinem Zeitpunkt eine verpflichtende Geldentschädigung des Arbeitgebers zur Sicherung der Existenzgrundlage des betroffenen Arbeitnehmers für erforderlich hielt.

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums I. Wegfall des Verbotes zur Wettbewerbsenthaltung Die restraint of trade doctrine gibt lediglich die Wirksamkeitskriterien vertraglicher Wettbewerbseinschränkungen in Form von Konkurrenzklauseln vor. Von solchen Abreden zunächst einmal abgesehen ist es dem Arbeitnehmer in Abwesenheit expliziter Vereinbarungen nicht unbeschränkt gestattet, UnternehmensKnow-how, Geschäftsgeheimnisse und ähnliche sensible Informationen frei von jeglicher Beschränkung für sich nutzbar zu machen. Die im Rahmen des common law entwickelten implied duties, besondere vertragsimmanente Treuepflichten des Arbeitnehmers, die in ähnlicher Form auch nach deutschem Recht existieren, regle63

Sahavi, S. 172.

170

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

mentieren unabhängig von etwaig bestehenden Sonderabreden zwischen den Vertragsparteien die spätere Verwendbarkeit solcher vertraulicher Informationen durch den Arbeitnehmer.64 Im Zusammenhang mit solchen implied duties ergeben sich nach englischem Recht in Bezug auf den Interessenkonflikt allerdings einige Besonderheiten. 1. Implied duty of good faith and fidelity In Bezug auf etwaige Konkurrenztätigkeiten während des laufenden Arbeitsverhältnisses ist die englische Rechtslage zunächst identisch mit dem durch das gesetzliche Wettbewerbsverbot nach §§ 60 f. HGB geprägten deutschen Recht: Dem Arbeitnehmer ist es ohne ausdrückliche Einwilligung des Arbeitgebers nicht gestattet, konkurrenzrelevante Tätigkeiten während des laufenden Arbeitsverhältnisses vorzunehmen.65 Begründet wird dies von Seiten der englischen Gerichte ähnlich wie nach deutschem Recht mit der besonderen Treuepflicht des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber.66 Der Umfang dieser Treuepflicht wird dabei von der implied duty of good faith and fidelity bestimmt. Danach muss der Arbeitnehmer die Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen und sonstigen vertraulichen Informationen des Arbeitgebers wahren.67 Da hiernach im Stadium des laufenden Arbeitsverhältnisses nicht zwischen Geschäftsgeheimnissen, besonderem UnternehmensKnow-how und sonstigen vertraulichen Informationen unterschieden wird, steht dem Arbeitgeber hierdurch ein umfangreicher Schutzmechanismus gegen den Verlust sensibler Unternehmensinformationen zur Verfügung.68 Dieser Schutzumfang ist auch im Hinblick auf einen verhältnismäßigen Ausgleich der Interessen zwischen den Vertragsparteien in jeder Hinsicht gerechtfertigt, da sich der Arbeitgeber auf die Delegierung bestimmter Tätigkeiten und notwendigerweise auch wichtiger Informationen an seine Arbeitnehmer verlassen können muss, ohne zugleich einen späteren sanktionslosen Verlust eben dieser Informationen fürchten zu müssen.69 Zu den grundlegenden Pflichten des Arbeitnehmers gehört es daher, „unmittelbare Informationen, die das Arbeitsverhältnis oder das Unternehmen des Arbeitgebers betreffen“, nicht nach außen zu tragen.70 Klassische Beispiele sind hier etwa das Anfertigen von Kopien der Kundenlisten, Betriebsabläufe oder Strategiepapiere, um diese später zum eigenen Vorteil entsprechend 64

Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1986), 1 All ER 617. Weiss u. a./Koukiadaki, S. 113; Bradgate (1986), LSG 1615, 1616; Neufeld, RIW 2002, 686, 687; Owen-Thomas (2012), 162 NLJ 521. 66 Neufeld, RIW 2002, 686, 687; Miller (1986), LQR 359. 67 Hivac Ltd v Park Royal Scientific Instruments Ltd (1946), Ch 169; Neufeld, RIW 2002, 686, 687. 68 Hivac Ltd v Park Royal Scientific Instruments Ltd (1946), Ch 169. 69 Maxwell (1988), BLR 189. 70 Robb v Green (1895), 2 QB 315; Printers & Finishers Ltd v Hollaway (1965), RPC 239; Hutchings v Coinseed Ltd (1998), IRLR 190, 191; Bradgate (1986), LSG 1615; Mehigan/ Griffiths, S. 37. 65

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

171

nutzen zu können.71 Vom Schutzumfang der implied duty of good faith and fidelity sind darüber hinaus Tätigkeiten für Wettbewerber des Arbeitgebers während des laufenden Arbeitsverhältnisses sowie sonstige Nebentätigkeiten, sofern diese einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers zuwiderlaufen, erfasst.72 Abschließend lässt sich daher feststellen, dass sämtliche Unternehmensinformationen, die nicht allgemein zugänglich sind, vertraulich und damit vor unmittelbarer als auch mittelbarer (durch eine entsprechende Tätigkeit für einen Wettbewerber des Arbeitgebers) Verwendung durch den Arbeitnehmer geschützt sind.73 2. Implied duty of confidentiality Für den nachvertraglichen Zeitraum weist das englische Recht bei Abwesenheit einer expliziten Wettbewerbsvereinbarung bzw. ergänzend74 zu einer solchen einige Besonderheiten auf, die sich ebenfalls in Form bestimmter common law-Grundsätze herausgebildet haben und die in ihrer Bedeutung für den Interessenausgleich der Vertragsparteien regelmäßig unterschätzt werden.75 Der Grundsatz der implied duty of faith and fidelity wandelt sich mit Beginn des nachvertraglichen Zeitraums gleichsam in eine Verpflichtung zur Vertraulichkeit bzgl. bestimmter Informationen um, genannt implied duty of confidentiality.76 Die unterschiedlichen Termini, insbesondere die Unterscheidung der implied duties in zwei unterschiedliche Stufen, werden nicht trennscharf bzw. einheitlich verwendet.77 Ausgangspunkt ist jedoch stets, dass die Vertraulichkeitsverpflichtungen während des Arbeitsverhältnisses lediglich in bestimmtem Umfang, also in jedem Fall nicht vollständig und inhaltsgleich, in den nachvertraglichen Zeitraum hineinreichen und den ausgeschiedenen Arbeitnehmer entsprechend binden.

71

Sahavi, S. 24; Printers & Finishers Ltd v Hollaway (1965), RPC 239. Sahavi, S. 24; Provident Financial Group plc v Haywood (1989), IRLR 84. 73 Sahavi, S. 54. 74 Sahavi, S. 22. 75 Maxwell (1988), BLR 189; Neufeld, RIW 2002, 686, 687; Einzelheiten auch bei Jefferson (1987), BusLR 23 ff. 76 Wynn-Evans (1994), BLR 177, 178; Weiss u. a./Koukiadaki, S. 114; Maier, S. 204. 77 Sahavi trennt zwischen der implied duty of good faith and fidelity (während des laufenden Arbeitsverhältnisses) und der implied duty of confidentiality (ab dem Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers). Zuweilen wird auch einheitlich von implied duty of good faith and fidelity für beide Zeiträume gesprochen, etwa Neufeld, RIW 2002, 686, 687, der insoweit begrifflich nicht differenziert. Ebenso beispielsweise Miller, der von breach of confidence und implied duties of confidentiality spricht. Im Einzelnen Sahavi, S. 24; Neufeld RIW 2002, 686, 687; Miller (1986), LQR 359. 72

172

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

a) Drei-Stufen-Modell Ähnlich dem deutschen Recht sind Einschränkungen der beruflichen Entfaltungsfreiheit des Arbeitnehmers zugunsten der Interessen des Arbeitgebers nach englischem Recht grundsätzlich nur dann rechtswirksam, wenn tatsächlich erhebliche und berechtigte Eigeninteressen des Arbeitgebers an der Fremdnutzung von spezifischem Unternehmens-Know-how entgegenstehen.78 Das englische Recht zieht hier zunächst eine Grenze zwischen einzelnen Informationskategorien und deren Wertigkeitsschwelle in Form eines dreistufigen Modells.79 Dies sind auf der untersten Erheblichkeitsschwelle solche Informationen, die auch der Öffentlichkeit ohne weiteres zugänglich sind und die keine besondere Vertraulichkeitsbindung zur Sphäre des Arbeitgebers aufweisen, zu denen aber auch erlernte Fähigkeiten des Arbeitnehmers zählen.80 Die mittlere Stufe bilden all diejenigen Informationen, die der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Berufsausübung beim Arbeitgeber erlangt hat bzw. die ihm durch den Arbeitgeber zur Ausführung seiner Arbeitstätigkeit anvertraut und übertragen wurden und die eine bestimmte Verbindung zum Unternehmen aufweisen. Auf dritter und höchster Ebene stehen schließlich solche Informationen, die dem Arbeitnehmer mit Hinweis auf die besondere Vertraulichkeit übertragen oder bekanntgemacht wurden. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Geschäftsgeheimnisse, etwa in Form von besonderen Produktionsabläufen, Kundenlisten, etc.81 In diesem Zusammenhang ist im Hinblick auf die Frage des konkreten Interessenausgleichs durch die Unterteilung in Erheblichkeitsstufen zunächst ein genauerer Blick auf die Entwicklung dieses dreistufigen Modells durch die Rechtsprechung erforderlich, da es in Abwesenheit vertraglicher Wettbewerbsverbote bzw. Geheimhaltungsverpflichtungen die Verwendung vertraulicher Informationen durch den ausgeschiedenen Arbeitnehmer entscheidend prägt und zugleich den hier vorzunehmenden Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien veranschaulicht. aa) Faccenda Chicken Ltd v Fowler Erstmals82 in der auch heute noch gültigen Deutlichkeit herausgearbeitet wurde das dreistufige Modell im Fall Faccenda Chicken Ltd v Fowler83, einer im historischen Gesamtkontext gesehen relativ späten Grundsatzentscheidung des Court of Appeal aus dem Jahr 1986 zur Frage des Schutzes sensibler Betriebsinterna durch die vertragsimmanente Treuepflicht. 78

Maxwell (1988), BLR 189; Bradgate (1986), LSG 1615; Selwyn, S. 485. Selwyn, S. 485. 80 Triebel u. a./Triebel/Jenner, § 2, Rdn. 32. 81 Hierzu sogleich; Selwyn, S. 485. 82 Angedeutet bereits in E Worsley & Co Ltd V Cooper (1939), 1 All ER 290; Cross J in Printers and Finishers Ltd v Holloway (1964), 3 All ER 731. 83 (1986), ILRL 69. 79

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

173

(1) Zusammenfassung des Sachverhalts Fowler eröffnete nach Beendigung seines bei Faccenda bestehenden Arbeitsverhältnisses ein eigenes Unternehmen mit gleichem Unternehmensgegenstand in derselben Stadt. Hierzu warb er zunächst acht seiner ehemaligen Kollegen von Faccenda ab und setzte sich mit seinem Unternehmensgegenstand in direkte Konkurrenz zu diesem.84 Brisant war zudem, dass Fowler überwiegend identische Produktionsmethoden sowie die Absatzmärkte seines früheren Arbeitgebers nutzte, dazu aber noch dessen Preise deutlich unterbot.85 Faccenda verklagte Fowler in der Folge u. a. auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Pflichten aus dem Arbeitsvertrag und argumentierte, Fowler habe in unzulässiger Weise vertrauliche Geschäftsinformationen wie Kundennamen, Adressen und spezielle Kundenspezifikationen, die er bei Faccenda gesammelt habe, für sein eigenes Unternehmen verwendet.86 Der streitgegenständliche Arbeitsvertrag zwischen Faccenda und Fowler enthielt keine Konkurrenzklausel und auch ansonsten keine besonderen Regelungen in Bezug auf eine nachvertragliche Wettbewerbsenthaltung zulasten von Fowler. (2) Zusammenfassung des erstinstanzlichen Votums J. Goulding argumentierte im Rahmen des erstinstanzlichen Votums87 zunächst sehr grundsätzlich und stellte heraus, dass zur Beurteilung einer solchen Fallkonstellation zunächst drei unterschiedliche Gruppen von Informationen zu unterscheiden seien, mit denen ein Arbeitnehmer während seines Arbeitsverhältnisses normalerweise in Kontakt komme. Er unterschied danach zunächst grob zwischen folgenden Kategorien88 : • Informationen, die insgesamt so unproblematisch von der Öffentlichkeit wahrgenommen und erlangt werden können, dass es dem Arbeitnehmer bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses frei steht, diese in unbeschränktem Umfang nach außen zu kommunizieren. Dies gilt entsprechend auch für den nachvertraglichen Zeitraum. • Vertrauliche Informationen, die der Arbeitnehmer während des laufenden Arbeitsverhältnisses nicht ohne einen Bruch seiner arbeitsvertraglichen Treuepflichten gegenüber seinem Arbeitgeber nach außen kommunizieren kann, die er 84

Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1986), ILRL 69; Bradgate (1986), LSG 1615, 1616. Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1986), ILRL 69; Bradgate (1986), LSG 1615, 1616; Miller (1986), LQR 359, 360. 86 Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1986), ILRL 69; Maxwell (1988), BLR 189. 87 Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1984), ICR 589. Auf das Votum von J. Goulding nahm der Court of Appeal in seiner späteren Faccenda-Entscheidung zwar nicht ausdrücklich Bezug. Dennoch stellen gerade seine erstinstanzlichen Grundsatzausführungen die regelmäßig zitierten Abgrenzungsleitlinien dar, die in diesem Rahmen ebenfalls eine Basis für die Erläuterung des Rechts bilden. Hierzu auch Bradgate (1986), LSG 1615, 1616. 88 Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1984), ICR 589. 85

174

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

jedoch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Abwesenheit entsprechender vertraglicher Einschränkungen in Form von Verschwiegenheits- bzw. Wettbewerbsvereinbarungen frei verwenden darf. • Besondere Geschäftsgeheimnisse, die der Arbeitnehmer weder während des laufenden Arbeitsverhältnisses noch nach Beendigung desselben nach außen kommunizieren darf, ohne seine vertragsimmanenten nachwirkenden Treuepflichten gegenüber seinem Arbeitgeber zu verletzen. (3) Stellungnahme Die Unterscheidung durch J. Goulding ist wegweisend, da sie in Abwesenheit vertraglicher Wettbewerbsabreden, die ihrerseits einer gesonderten Angemessenheitsprüfung unterliegen, auf Ebene der vertragsimmanenten Treuepflichten eine weitere Interessenabwägung anhand der Qualität und der Bedeutung der Informationen für die jeweilige Partei vornimmt. Dabei fällt der qualitative Unterschied zwischen vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen (Stufen 2 und 3) naturgemäß deutlich geringer aus als der zwischen allgemeinen und vertraulichen Informationen (Stufen 1 und 2).89 Hier haben sich im Laufe der Entwicklung wiederum unterschiedliche Termini herausgebildet, die insbesondere die 2. und 3. Stufe betreffen und mit der Unterteilung des Begriffs „Geschäftsgeheimnis“ zusammenhängen. Statt der Unterteilung zwischen vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen wird zuweilen von weiten (Stufe 2) und engen (Stufe 3) Geschäftsgeheimnissen gesprochen.90 Ganz überwiegend scheint sich jedoch die Unterscheidung zwischen vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen (ohne weitere Unterteilung) durchzusetzen, was bereits aus Gründen des Ausschlusses von Missverständnissen zwischen den unterschiedlichen Stufen sinnvoll erscheint.91 bb) Vertrauliche Informationen – Geschäftsgeheimnisse Ausgehend von der Einteilung in verschiedene Erheblichkeitsstufen stellte J. Goulding fest, dass die Beschränkungen zur Verwendung sensibler Informationen bzw. Betriebsinterna zu Zwecken des Wettbewerbes aufgrund vertragsimmanenter Treuepflichten des Arbeitnehmers naturgemäß geringer ausfallen als bei einer ausdrücklichen vertraglichen Wettbewerbsabrede.92 Bereits aufgrund dieses Um-

89 90 91 92

Maxwell (1988), BLR 189. Maxwell (1988), BLR 189; Sahavi, S. 25. Bradgate (1986), LSG 1615, 1616. Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1984), ICR 589.

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

175

standes sind die einzelnen Informationskategorien qualitativ voneinander abzugrenzen.93 (1) Stufenverhältnis Auf unterster Stufe seien „allgemeine“ Informationen anzusiedeln, auf zweiter Ebene vertrauliche Informationen und an höchster Stelle Geschäftsgeheimnisse. Mit jeder dieser Stufen seien bei einer späteren Verwendung zu Zwecken des Wettbewerbes unterschiedliche Rechtsfolgen verknüpft.94 Hieraus schlussfolgerte J. Goulding weiter, dass sowohl vertrauliche Informationen als auch Geschäftsgeheimnisse während des laufenden Arbeitsverhältnisses von den vertragsimmanenten Treuepflichten nach der implied duty of good faith and fidelity gegen eine Verwendung bzw. Weiterreichung an außenstehende Dritte geschützt seien. Allgemeine Informationen der ersten Stufe seien im Hinblick auf einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien von vornherein nicht besonders schutzwürdig und -fähig.95 Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelte der besondere Schutzumfang jedoch nur noch für auf der dritten Stufe anzusiedelnde Geschäftsgeheimnisse, die entsprechend von der vertragsimmanenten (nachvertraglichen) Treuepflicht der implied duty of confidentiality geschützt würden.96 (2) Auswirkungen Wenn sich also ein Arbeitgeber um die nachvertragliche Sicherung von Geschäftsgeheimnissen sorgt, könnte er in Konsequenz dieser Rechtsprechung insoweit beruhigt werden, als diese auch in Abwesenheit jeglicher vertraglicher Zusatzvereinbarungen wie Geheimhaltungspflichten oder Wettbewerbsvereinbarungen vollumfänglich durch die implied duty of confidentiality geschützt sind. Maxwell97 merkt in diesem Zusammenhang zu Recht an, dass auch im Hinblick auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen eine explizite vertragliche Regelung beiden Vertragsparteien in keinem Fall schade, wenngleich hierdurch zuweilen faktisch eine „Übersicherung“ der betreffenden Geschäftsgeheimnisse herbeigeführt werde. Eine entsprechende vertragliche Regelung führe dem Arbeitnehmer aber nochmals die Wichtigkeit der als Geschäftsgeheimnisse zu qualifizierenden Informationen vor Augen und diene als zusätzliche „Abschreckung“ vor einer Verbreitung derselben nach außen.98

93 94 95 96 97 98

Waas, S. 46. Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1984), ICR 589; Neufeld RIW 2002, 686, 687. Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1984), ICR 589; Maxwell (1988), BLR 189, 191. Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1984), ICR 589; Bradgate (1986), LSG 1615, 1616. (1988), BLR 189, 191. Maxwell (1988), BLR 189, 191.

176

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

(3) Bewertung Tatsächlich erscheint es sinnvoll, dass sich die Vertragsparteien in Bezug auf Geschäftsgeheimnisse nochmals gegenseitig und gesondert von vertragsimmanenten Pflichten die besondere Bedeutung solcher Informationen vor Augen führen, insbesondere im Hinblick auf eine etwaige Verwendung der Informationen von Seiten des später möglicherweise einmal ausscheidenden Arbeitnehmers zu Wettbewerbszwecken.99 Während Informationen der ersten Stufe aufgrund ihrer allgemeinen Zugänglichkeit für Dritte nach Ausscheiden des Arbeitnehmers zu keinem Zeitpunkt einem besonderen Schutzmechanismus (auch nicht durch explizite vertragliche Vereinbarung) unterworfen werden können100, verliert der Arbeitgeber für den nachvertraglichen Zeitraum nach den erstinstanzlichen Feststellungen im Fall Faccenda hiernach auch die Handhabe über vertrauliche Informationen der zweiten Stufe. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer kann solche vertraulichen Informationen also frei und ohne Beschränkungen zu eigenen Zwecken, insbesondere zu Zwecken des Wettbewerbs, nutzen, sofern keine gesonderte vertragliche Beschränkung einer solchen Verwendung entgegensteht. Aus Gründen des Interessenausgleichs erscheint die Beschränkung der implied duty of confidentiality auf Geschäftsgeheimnisse in jeder Hinsicht berechtigt, da der Arbeitnehmer ansonsten die Verfügungsgewalt über sämtliche Informationen und Kenntnisse, die über den allgemeinen Zugang auch für außenstehende Dritte hinausgehen, verlieren würde. Der Faktor Berufserfahrung wäre damit hinsichtlich der Möglichkeit der praktischen Nutzbarmachung faktisch auf Null reduziert. (aa) Unterscheidungskriterien Ebenso erfordert es der gerechte Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien, dass trennscharf zwischen vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen unterschieden wird. Denn es würde die dreistufige Teilung und das hierauf aufbauende Schutzkonzept ad absurdum führen, wenn es der jeweiligen Vertragspartei obläge, zu bestimmen, welche Informationen auf 2. und welche auf 3. Stufe anzusiedeln sind – ein ohnehin konzeptioneller Schwachpunkt des dreistufigen Modells zum Schutzumfang der implied duty of confidentiality. Diese Schwierigkeiten erblickend entwickelte J. Goulding bereits im Zusammenhang seines Votums im Fall Faccenda Richtlinien, mit denen eine Unterscheidung von vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen möglich ist. Grundsätzlich stellte er zunächst heraus, dass Geschäftsgeheimnisse qualitativ eine besondere Struktur aufweisen, die sie als besonders schutzwürdig erscheinen lassen. Insbesondere könnten Geschäftsgeheimnisse in besonders vertraulichen Produktionsabläufen und sonstigen Informationen gesehen werden, für die ein besonders 99 100

Maxwell (1988), BLR 189, 191. Maxwell (1988), BLR 189, 191.

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

177

hoher Vertraulichkeitsgrad offensichtlich gegeben ist, etwa durch besondere unternehmensinterne Schutzmechanismen, Zugangsbeschränkungen und die Offenlegung derselben gegenüber einem beschränkten Personenkreis. Auch hierzu erläuterte er Bewertungsmaßstäbe, die sich wie folgt zusammenfassen lassen101: • Die Eigenarten und Besonderheiten des konkreten Arbeitsverhältnisses betreffend: Hatte der Arbeitnehmer im Zuge seines Arbeitsverhältnisses beim Arbeitgeber regelmäßig Zugang zu Informationen, die in ihrer Gesamtbeschaffenheit geheimer oder vertraulicher Natur sind? • Die Eigenarten und Besonderheiten der in Frage stehenden Information und der Zugangsmöglichkeiten zu ihr betreffend: War die konkrete Information lediglich einem beschränkten Personenkreis in gehobener Position im Unternehmen (high level employees) zugänglich, spricht dies insgesamt eher für eine Bewertung als Geschäftsgeheimnis. • Hat der Arbeitgeber in Bezug auf die fraglichen Informationen im Vorfeld explizit den besonders sensiblen Charakter der Information hervorgehoben? • Ist die fragliche Information Teil einer Gesamtstruktur von Informationen und ist das Gesamtpaket nicht besonders vertraulich? Kann die fragliche Information von den übrigen Inhalten der Gesamtstruktur separiert werden? (bb) Stellungnahme Insgesamt kann im Wege einer Beurteilung der fraglichen Information anhand der beschriebenen Bewertungsmaßstäbe nur eine grobe Voreinschätzung zur Schutzbedürftigkeit gewährleistet werden. Diese reicht jedoch nicht aus, um verlässliche Aussagen darüber treffen zu können, ob die konkrete Information als Geschäftsgeheimnis oder als vertrauliche Information zu qualifizieren ist. Eine ähnliche Kategorisierung wurde im Fall FSS Travel and Leisure Systems Ltd v Johnson102, einer späteren Entscheidung aus dem Jahr 1997, vorgenommen. Auch hier wurde nach griffigen Kriterien gesucht, die eine deutliche Abgrenzung zwischen vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen ermöglichen. In Betracht kommen hiernach insbesondere die Art der Beschäftigung sowie der in Rede stehenden Information und die Abgrenzbarkeit der Information von sonstigen, nicht vertraulichen Informationen. Maßgeblich seien zudem die Handhabung vertraulicher Informationen im Unternehmen selbst und die Handhabung solcher Informationen gegenüber der Öffentlichkeit.103 Wenngleich diese Abgrenzungskriterien hilfreich sein können, um ein erstes Abgrenzen der unterschiedlichen Informati101

Bradgate (1986), LSG 1615, 1616; Miller (1986), LQR 359, 361. (1998), IRLR 382. 103 FSS Travel and Leisure Systems Ltd v Johnson (1998), IRLR 382; hierzu insbesondere auch Neufeld, RIW 2002, 686, 687. 102

178

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

onskategorien zu ermöglichen, verdeutlicht die Entscheidung zudem auch die Schwierigkeiten der Beweisführung bzgl. des Vorliegens einer Information der dritten Stufe. Mummery LJ führte im Rahmen seines Votums wörtlich wie folgt aus: „In my judgment, however, the particular passages […] show that Mr Johnson acquired skill, experience, know-how and general knowledge relating to the computer systems rather than a separate identifiable body of objective trade secrets to which FSS Travel were entitled. […] I appreciate the general force of these submissions but, in my view, neither the pleaded case nor the oral evidence adduced in support of it is sufficiently specific, precise or cogent to establish the entitlement of FSS Travel to identifiable trade secrets. […]. The solutions cited as ,specifics‘ are too vague and indefinite to constitute trade secrets.“104

Die in diesem Votum sehr deutlich zum Ausdruck kommenden hohen Beweisanforderungen in Bezug auf das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses verdeutlichen die Schwierigkeiten, die sich aus der Frage der Identifizierung der Informationskategorie der 3. Stufe ergeben. Wenngleich im Folgenden mit dem brain test eine weitere Abgrenzungsmethode zur Trennung von vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen beschrieben wird, ist aus der Schwierigkeit einer gerichtsfesten Abgrenzung der Stufen 2 und 3 bereits abzulesen, dass das alleinige Vertrauen auf die Beschränkungen des Arbeitnehmers durch die Grundsätze der implied duty of confidentiality möglicherweise zu erheblichen Unsicherheiten, vor allem auf Seiten des Arbeitgebers, führt. cc) Fälle von Offensichtlichkeit, brain test Die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen vertraulichen Informationen der 2. und Geschäftsgeheimnisse der 3. Stufe werden teilweise durch den sog. brain test abgefedert, der im Zuge und Verlauf einer Reihe von Gerichtsentscheidungen entwickelt wurde. Dieses Institut unterscheidet sich von den übrigen Unterscheidungsmethoden insbesondere dadurch, dass es vermehrt auch bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer vertraglichen Wettbewerbsklausel herangezogen wird. Grundsätzlich geht es auch beim brain test um die Identifizierung einer bestimmten Vertraulichkeitsqualität einer Information anhand des Erscheinungsbildes sowie der sonstigen Umstände der Geheimhaltungspflicht in Bezug auf die Information, die bereits auf dem ersten Blick dazu führt, dass die Information im Auge des gewissenhaften Betrachters im Bereich höchster Sensibilität anzusiedeln ist. So darf die Information nicht dem öffentlichen Bereich und Kenntnisstand entspringen, sondern muss einen besonders hohen Grad an Vertraulichkeit aufweisen.105 Wie von Sahavi zutreffend herausgestellt dient der brain test vor allem der Identifikation von Geschäftsgeheimnissen bei Informationen wissenschaftlicher 104 105

FSS Travel and Leisure Systems Ltd v Johnson (1998), IRLR 382. Dean, S. 115.

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

179

oder technischer Natur.106 Er stößt also aber vor allem dort an Grenzen, wo es etwa um die Kategorisierung von Kundenlisten geht, also um Informationen nicht wissenschaftlicher oder technischer Natur.107 b) Schutzfähigkeit vertraulicher Informationen Wenn durch die implied duty of confidentiality lediglich Geschäftsgeheimnisse geschützt werden und flankierend eine Konkurrenzklausel aus Gründen der zusätzlichen Absicherung sinnvoll erscheint, stellt sich sodann die Frage, ob Fakten, die in die Kategorie der vertraulichen Informationen (Stufe 2) fallen, überhaupt noch Schutz zugunsten des Arbeitgebers genießen. Denn es ließen sich eine Vielzahl von Informationskategorien anführen, die für den Arbeitgeber von erheblicher wettbewerbsrelevanter Bedeutung sind, die nach den oben beschriebenen Kategorien aber unterhalb der 3. Stufe anzusiedeln wären.108 aa) Schutzbereich Der Schutzbereich der implied duty of confidentiality erfasst wie beschrieben lediglich Geschäftsgeheimnisse der 3. Stufe, was mit Blick auf die Arbeitnehmerinteressen und unter dem Gesichtspunkt einer nachwirkenden Treuepflicht des beendeten Arbeitsverhältnisses in dieser einschränkenden Wirkung grundsätzlich auch gerechtfertigt ist. Da es andererseits aber auch interessengerecht ist, dem Arbeitgeber zumindest individualvertraglichen Schutz bestimmter vertraulicher Informationen zu gewährleisten, liegt zum Schutz solcher Informationen der Stufe 2 die Vereinbarkeit einer Konkurrenz- bzw. Geheimhaltungsklausel nahe. Die Vermeidung von Grauzonen durch eine entsprechende Vertragsgestaltung wäre für beide Parteien des Arbeitsverhältnisses eine Erleichterung, zumal solche vertraglichen Sondervereinbarungen im Sinne eines gerechten Interessenausgleichs an den Zulässigkeitskriterien der später erläuterten restraint of trade doctrine zu messen wären.109 Erstaunlicherweise wurde die Möglichkeit zur Schaffung eines entsprechenden vertraglichen Schutzes im Hinblick auf vertrauliche Informationen der Stufe 2 mithilfe eines Wettbewerbsverbotes durch den Court of Appeal als Folgeinstanz in der Entscheidung Faccenda110 verneint. Abweichend von der zuvor beschriebenen Feststellung von J. Goulding111 im Rahmen seines erstinstanzlichen Votums stellte der Court of Appeal fest, dass einfache vertrauliche Informationen weder durch die 106

Sahavi, S. 46. Sahavi, S. 46. 108 Insbesondere wird es sich hier um die sog. „nicht technischen Informationen“ handeln, zutreffend insoweit Sahavi, S. 51. 109 FSS Travel and Leisure Systems Ltd v Johnson 1998), IRLR 382. 110 Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1986), ILRL 69. 111 Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1984), ICR 589. 107

180

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

implied duty of confidentiality noch durch eine Konkurrenzvereinbarung geschützt werden können.112 bb) Eingriff in die Vertragsfreiheit Die kategorische Verneinung jeglicher Schutzwürdigkeit einfacher vertraulicher Informationen zugunsten der Arbeitgeberinteressen in dieser Form verwundert, da hiernach nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen vielfach obsolet würden bzw. als flankierender Schutz von ohnehin durch die implied duty of confidentiality wirksam geschützten Geschäftsgeheimnissen allenfalls noch ergänzende Funktion hätten. Schwerer wiegt jedoch der erhebliche Eingriff in die Vertragsfreiheit der Parteien113, da es dem Arbeitgeber hiernach selbst im Wege einer expliziten Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer verwehrt wäre, Informationen unterhalb der Schwelle von Geschäftsgeheimnissen nachvertraglich zu schützen. Arbeitgeber würden damit vielfach faktisch gezwungen, ihren Arbeitnehmern derartige Informationen aus Sicherheitsgründen vorzuenthalten. Dies hätte erhebliche Konsequenzen für den durch das Prinzip der Arbeitsteilung und dem Erfordernis der Delegierung bestimmter Aufgaben an den Mitarbeiterstamm gekennzeichneten Produktions- bzw. Wirtschaftsprozess. cc) Reaktionen Entsprechend kritisch fielen die Reaktionen auf diese Bewertung der Sach- und Rechtslage durch den Court of Appeal aus. Obgleich vereinzelt noch zustimmend114 lehnte der Großteil der Literatur die Sichtweise des Court of Appeal im Fall Faccenda entschieden ab.115 Auch die Rechtsprechung zeigte sich in der Folge kritisch.116 Tatsächlich ist die Beschneidung der Arbeitgeberrechte in dieser Form nicht interessengerecht, da der Arbeitgeber hiernach keine Möglichkeit hätte, bestimmte Betriebsinterna nach außen abzusichern, die zwar nicht die Qualität eines Geschäftsgeheimnisses erreichen, deren Veröffentlichung aber dennoch, auch bei nur teilweiser Publikmachung, mit erheblichen Nachteilen verbunden wären. Da aber das dreistufige Modell nicht darauf ausgelegt ist, die höchste Schwelle besonders weitreichend auszugestalten, um somit faktisch auf die 2. Stufe verzichten zu können117, erscheint die Schutzbedürftigkeit des Arbeitgebers an dieser Stelle als so gravierend, dass es schlechthin nicht einzusehen ist, warum dieser entsprechend sensible Informationen nicht einzelvertraglich schützen können soll. Dies hängt 112

Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1986), ILRL 69. Davies (1982), JBL 490. 114 Etwa Maxwell (1988), BLR 189, 191; Bradgate (1986), LSG 1615, 1617. 115 Coleman (1989), YCLT 79, 83; weitere Nachweise bei Sahavi, S. 51. 116 Balston v Headline Filters (1987), FSR 330; Systems Reliability Holdings v Smith (1990), IRLR 377. 117 Sahavi, S. 51. 113

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

181

nicht zuletzt mit der Unsicherheit der zweifelsfreien Bestimmung von Geschäftsgeheimnissen mithilfe der o.g. Kategorien zusammen.118 dd) Stellungnahme Unter dem Gesichtspunkt eines angemessenen Ausgleichs der unterschiedlichen Interessenssphären vermag die Entscheidung des Court of Appeal in Faccenda nicht zu überzeugen. Eine entsprechende Bewertung bedeutet an dieser Stelle auch keinen unverhältnismäßigen Konflikt mit schutzwürdigen Arbeitnehmerinteressen, da sich eine Konkurrenzklausel selbstverständlich an den Einschränkungen der restraint of trade doctrine messen lassen muss, um eine Ungleichgewichtung der Interessenlage zwischen den Vertragsparteien zu vermeiden. Hier geht es aber in erster Linie um die Ablehnung eines kategorischen Ausschlusses individualvertraglichen Schutzes für Betriebsinterna, die nach dem dreistufigen Modell und damit nach den Grundsätzen der implied duty of confidentiality nicht die Qualität von Geschäftsgeheimnissen erreichen. So war es dann auch der Court of Appeal selbst, der diesen Missstand schließlich aufgriff und im Rahmen der Entscheidung zum Fall Lansing Linde Ltd. v Kerr119 den Begriff des Geschäftsgeheimnisses in teilweiser Abkehr von der dreistufigen Konstruktion deutlich weiter auslegte als zuvor, insbesondere im Vergleich zum Fall Faccenda. Im Ergebnis löste das Gericht kurzerhand den Unterschied zwischen vertraulichen Informationen der 2. und Geschäftsgeheimnissen der 3. Stufe in weiten Teilen auf. Hiernach sollen Geschäftsgeheimnisse nicht auf den rein technisch wissenschaftlichen Sektor beschränkt sein, sondern sich darüber hinaus auf sämtliche besonders vertraulichen Informationen erstrecken, die im Falle einer Kommunikation an außen stehende Dritte, insbesondere an Wettbewerber, geeignet seien, einen signifikanten Schaden auf Seiten des Arbeitgebers hervorzurufen.120 Damit umgeht der Court of Appeal das Problem insoweit, als es die Beschränkung nachvertraglicher Wettbewerbsabreden auf den Bereich der Geschäftsgeheimnisse aufrechterhält, jedoch den Anwendungsbereich solcher Abreden durch eine Öffnung der Kategorien des dreistufigen Modells im Bereich der Geschäftsgeheimnisse erheblich erweitert. Sowohl von der Rechtsprechung als auch von der Literatur bisher nicht eindeutig geklärt ist hingegen die Frage, ob die Öffnung der Definition in Bezug auf Geschäftsgeheimnisse lediglich für den Bereich der nachvertraglichen Wettbewerbsabreden bzw. Geheimhaltungsvereinbarungen gilt oder auch im Zusammenhang mit dem Schutzumfang der implied duties zu beachten ist.121 Die Entscheidung in 118

Systems Reliability Holdings plc v Smith (1990), ILRL 377. (1991), 1 All ER 418. 120 Lansing Linde Ltd. v Kerr (1991), 1 All ER 418. 121 Sahavi jedenfalls scheint lediglich von einer Öffnung der Definition im Rahmen von vertraglichen Wettbewerbsverboten auszugehen, S. 25. 119

182

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Lansing Linde Ltd. v Kerr erging im Zusammenhang mit der Frage der Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes sowie der Feststellung, dass lediglich Informationen, die als Geschäftsgeheimnisse zu qualifizieren sind, mithilfe einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung geschützt werden können.122 Hier wäre es auf den ersten Blick konsequent, die Öffnung des Terminus „Geschäftsgeheimnis“ zwecks Einheitlichkeit insgesamt für gegeben zu erachten, womit bereits durch die implied duty of confidentiality ein Großteil der vertraulichen Informationen und Betriebsinterna geschützt würde. Eine solche Schlussfolgerung erscheint im Hinblick auf eine angemessene Berücksichtigung der Interessen beider Parteien jedoch unbillig. Würde man auch im Falle des Schutzumfanges der implied duty of confidentiality eine faktische Auflösung der Grenzen zwischen Geschäftsgeheimnissen und vertraulichen Informationen befürworten, hätte dies zur Folge, dass die nachwirkende Treuepflicht regelmäßig den Großteil des beim Arbeitgeber erlangten spezifischen Know-hows beträfe und der Arbeitnehmer somit stets umfangreich in seiner beruflichen Entfaltungsfreiheit gebunden würde. Dies kann indes nicht Ziel eines gerechten Interessenausgleichs zwischen den Vertragsparteien sein und würde zudem den Schutzzweck nachwirkender Treuepflichten erheblich überspannen. Es erscheint daher im Gegenteil in jeder Hinsicht interessengerecht, den Arbeitnehmer nicht kategorisch durch nachwirkende Treuepflichten von der Verwendung vertraulicher Informationen zur weiteren beruflichen Entwicklung zu beschränken, dem Arbeitgeber aber gleichwohl durch die Öffnung der Definition „Geschäftsgeheimnis“ in Richtung vertrauliche Informationen auf vertraglicher Ebene die Möglichkeit einzuräumen, eben solche vertraulichen Informationen gegen eine spätere Verwendung durch den ausgeschiedenen Arbeitnehmer abzusichern. Ein entsprechendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot muss sich dann an den umfangreichen Wirksamkeitsvoraussetzungen für solche Vereinbarungen (restraint of trade doctrine) messen lassen und steht daher nicht mit den Freiheitsinteressen des Arbeitnehmers in Konflikt.123 Die Auflösung der Unterscheidung zwischen vertraulichen Informationen (Stufe 2) und Geschäftsgeheimnissen (Stufe 3) gilt daher nur für die Möglichkeit zur vertraglichen Vereinbarung von Wettbewerbsverboten, nicht jedoch im Hinblick auf den Schutzhorizont der implied duty of confidentiality, wo es bei der dreistufigen Einteilung und der Beschränkung des Schutzes der implied duty of confidentiality auf Geschäftsgeheimnisse im engeren Sinne des Dreistufenmodells bleibt. c) Unterscheidung zwischen objektivem und subjektivem Wissen Schließlich tendieren die englischen Gerichte aus Gründen des Interessenausgleichs in jüngerer Zeit zunehmend dazu, im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit eines Wettbewerbsverbotes zum Schutz von Betriebsgeheimnissen und vertraulichen 122 123

Lansing Linde Ltd. v Kerr (1991), 1 All ER 418. So im Ergebnis auch Sahavi, S. 25.

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

183

Informationen zwischen speziellem (subjektivem) und generellem (objektivem) Know-how zu differenzieren.124 Die Wettbewerbsabrede kann sich zweifelsohne auf den Schutz der objektiv der Sphäre des Arbeitgebers zuzuordnenden Betriebsgeheimnisse und vertraulichen Informationen erstrecken. Jedoch darf es nicht soweit gehen, dass dem Arbeitnehmer auch die Verwendung subjektiven Wissens unmöglich gemacht wird. Das subjektive Wissen (subjective knowledge) wird daher zum Eigentum des Arbeitnehmers gezählt, das objektive Wissen (objective knowledge) soll hingegen im Eigentum des Arbeitgebers verbleiben.125 Gradmesser soll die Unterscheidung zwischen allgemeinem Berufswissen und solchen Kenntnissen und Fähigkeiten bilden, die die Art und Weise der Berufsausübung selbst betreffen (subjektives Wissen).126 aa) SBJ Stephenson Ltd. v Mandy Die genaue Unterscheidung zwischen objektivem und subjektivem Wissen war Gegenstand der Entscheidung des Court of Appeal im Fall SBJ Stephenson Ltd. v Mandy127. Ein Versicherungsmakler hatte mit seinem Arbeitgeber ein umfassendes Wettbewerbsverbot vereinbart, wonach es ihm für die Dauer von 12 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses insbesondere verboten war, Kontakt mit Kunden des Arbeitgebers in jedweder Form aufzunehmen. Aus Sicht des erkennenden Richters Bell war die Klausel insgesamt nicht bereits deshalb zu weitgehend, weil jeglicher Kontakt mit dem Kundenkreis des Arbeitgebers verboten war. Es komme vielmehr darauf an, ob sich die Schutzgüter der Wettbewerbsklausel vielmehr auf Seiten des Arbeitgebers oder auf Seiten des hier klagenden Arbeitnehmers befänden.128 Dies sei aus Sicht eines außenstehenden, objektiven Betrachters zu beurteilen. Hier habe der Arbeitgeber intensiv die Aus- und Weiterbildung seiner Belegschaft betrieben, wozu auch der Umfang und die Pflege bestehender Kundenkontakte gehörten.129 Es sei unzweifelhaft, dass eine solche Ausbildung, auch wenn sie auf Veranlassung des Arbeitgebers und unter dessen Aufsicht vollzogen werde, Teil des subjektiven Know-hows des Arbeitnehmers werde, der diese Informationen fortan quasi „in seinem Kopf trage“.130 Zu diesen Informationen seien zweifelsohne auch Namen sowie sonstige Wirtschaftsdaten des Kundenkreises des Arbeitgebers zu rechnen. Aus Sicht eines außenstehenden, objektiven Betrachters müssten sich die Details des Kundenkreises des Arbeitgebers allerdings ganz offensichtlich als Teil der Betriebsgeheimnisse des Arbeitgebers und damit des objektiven Wissens darstellen.131 Sie beträfen ganz erheblich den allgemeinen Infor124 125 126 127 128 129 130 131

Zu Recht aufgegriffen von Neufeld, RIW 2002, 686, 687. Deakin/Morris, S. 343. Deakin/Morris, S. 343. (2000), FSR 286. SBJ Stephenson Ltd. v Mandy (2000), FSR 286, 298, 299. SBJ Stephenson Ltd. v Mandy (2000), FSR 286, 298, 300. SBJ Stephenson Ltd. v Mandy (2000), FSR 286, 298, 299. SBJ Stephenson Ltd. v Mandy (2000), FSR 286, 298, 299.

184

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

mationskreis des Arbeitgebers und gingen mithin über die Art und Weise der Berufsausübung hinaus, da es um konkrete Geschäftsbeziehungen gehe und nicht um subjektive Fertigkeiten, welche im Zusammenhang mit der Pflege solcher Geschäftsbeziehungen notwendig seien.132 bb) Stellungnahme Die Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Komponente des Berufswissens erlaubt nur selten eine trennscharfe Differenzierung zwischen schützenswerten Interessen des Arbeitgebers und den subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten des Arbeitnehmers, die für die Berufsausübung als solche von entscheidender Bedeutung und daher nicht durch ein Wettbewerbsverbot beschränkbar sind. Auch die Feststellungen im Fall SBJ Stephenson fördern nicht sonderlich griffige Abgrenzungskriterien zutage. Der Ansatz, ob sich aus Sicht eines objektiven Betrachters die in das Wettbewerbsverbot einbezogenen Kenntnisse und Kontakte in den legitimen Schutzbereich des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers eingruppieren, ist jedoch sinnvoll. So steht außer Zweifel, dass beispielsweise das schlichte Kopieren von Kundenlisten durch den Arbeitnehmer in den Schutzbereich des Arbeitgebers eingreift und ein entsprechendes Wettbewerbsverbot, welches die Verwendung dieser Listen direkt oder mittelbar untersagt, wirksam ist.133 Denkbar bleibt die Möglichkeit, bereits im Arbeitsvertrag bestimmte Kategorien von Informationen festzulegen, die zum Bereich des objektiven Wissens zu rechnen sind, da sie wirtschaftlich bedeutsam und als solche besonders schützenswert sind.134 Dies wird jedoch nur bedingt praktikabel sein, da es für die Beurteilung von subjektivem bzw. objektivem Wissen auf die Sicht eines außenstehenden, objektiven Betrachters ankommt und sich der Arbeitgeber durch die einseitige (der Arbeitnehmer wird insoweit nur selten eigene Vorschläge machen bzw. machen können) Festlegung von schützenswerten Informationen der Gefahr aussetzt, dass diese nachträglich dem subjektivem Wissen des Arbeitnehmers zugerechnet werden. Damit verliert sich der Vorteil einer vertraglichen Festlegung abzusichernder Informationen durch den Arbeitgeber teilweise in bloße Prognoseerwägungen, die in vielerlei Hinsicht unkonkret bleiben müssen. Davon unabhängig erscheint es für alle Parteien sinnvoll, im Arbeitsvertrag bereits bestimmte Informationskategorien festzulegen, die dem Arbeitgeber als besonders sensibel erscheinen und die daher in den Bereich der Geschäftsgeheimnisse im Sinne der zuvor beschriebenen weiten Definition fallen.135

132 133 134 135

SBJ Stephenson Ltd. v Mandy (2000), FSR 286, 300. Deakin/Morris, S. 343. In diese Richtung argumentierend offenbar auch Neufeld RIW 2002, 686, 687. Neufeld, RIW 2002, 686, 687.

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

185

So rät Neufeld auch konsequenterweise dazu, den Kreis dieser geschützten Informationen nicht zu weit auszudehnen, um der Gefahr zu entgehen, dass die entsprechenden Vertragspassagen später durch ein Gericht als unangemessen in Bezug auf die Arbeitnehmerinteressen bewertet werden könnten.136

II. Fazit und Vergleich mit der deutschen Rechtslage Nach englischem Recht unterliegt der Arbeitnehmer durch die Grundsätze der vertraglichen Treuepflicht (implied duties) ähnlich wie nach deutschem Recht einem Geheimhaltungsgebot in Bezug auf bestimmte Unternehmensinformationen. Das deutsche Recht hält mit den §§ 60 f. HGB entsprechendes Gesetzesrecht bereit, nach dem es dem Arbeitnehmer nicht gestattet ist, während des laufenden Arbeitsverhältnisses ohne Einwilligung des Arbeitgebers einer Konkurrenztätigkeit nachzugehen. Diesen Schutzumfang gewährt nach englischem Recht in Bezug auf die Weitergabe und Verwendung bestimmter sensibler Unternehmensinformationen die implied duty of good faith and fidelity. 1. Unternehmensgeheimnisse Ganz erheblich unterscheidet sich jedoch die nach englischem Recht nachwirkende Treuepflicht hinsichtlich der Verwendung von Unternehmensgeheimnissen und einer hiermit verbundenen Wettbewerbstätigkeit von der deutschen Rechtslage. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer bei Abwesenheit besonderer Wettbewerbsabreden nach deutschem Recht nicht nur den Kundenstamm seines bisherigen Arbeitnehmers für sich nutzbar machen, sondern auch das ihm bekannt gewordene Unternehmens-Know-how einsetzen.137 Dies ist nach englischem Recht durch die Grundsätze der implied duty of confidentiality erheblich reglementiert. Der Arbeitnehmer unterliegt nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nach den Grundsätzen der nachvertraglichen Treuepflicht einem umfassenden Geheimhaltungsgebot in Bezug auf Geschäftsgeheimnisse. Aus Gründen eines gerechten Interessenausgleichs zwischen den Vertragsparteien gilt die Beschränkung der nachvertraglichen Verwendung auf Geschäftsgeheimnisse im Sinne der 3. Stufe des beschriebenen Dreistufenmodells (und nicht auch auf vertrauliche Informationen der 2. Stufe) aber lediglich im Bereich des Schutzumfanges der implied duty of confidentiality, da andernfalls die Arbeitgeberinteressen in unzulässig hohem Maße beschnitten würden. Die beschriebene Dreiteilung zwischen allgemeinen Informationen, vertraulichen Informationen und Geschäftsgeheimnissen wird im Bereich der vertraglichen Vereinbarung von Konkurrenzverboten aus Interessensschutzgründen dahingehend aufgeweicht, dass sich die Stufen 2 (ver136 137

Neufeld, RIW 2002, 686, 687. Bauer/Diller, § 3, Rdn. 38.

186

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

trauliche Informationen) und 3 (Geschäftsgeheimnisse) spätestens138 seit der Rechtsprechung des Court of Appeal in Lansing Linde Ltd. v Kerr in Bezug auf nachvertragliche Wettbewerbsvereinbarungen erheblich angenähert haben. Damit hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, einen Großteil der durch den Arbeitnehmer bei ihm erlangten Informationen und Betriebsinterna nachträglich vertraglich vor entsprechender Verwendung zu schützen. Dem Bereich der geschützten Informationen zuzuordnen sein dürften nach den in der Entscheidung Thomas Marshall v Guinle139 entwickelten Grundsätzen beispielsweise Kunden- und Lieferantendaten, Preisstrukturen, Strategieüberlegungen und -papiere sowie Absatzmärkte und Anforderungsprofile von Kunden. Die Beschränkung der Definition in Bezug auf Geschäftsgeheimnisse auf vorwiegend technisch-wissenschaftliche Abläufe und Informationen ist damit einem erheblich ausgedehnten Anwendungsbereich für den Bereich der vertraglichen Vereinbarung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten gewichen. 2. Zweckmäßigkeit einer Wettbewerbsklausel bei Geschäftsgeheimnissen Wenn nun im Folgenden ausführlich auf die Grundsätze vertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen eingegangen wird, so ist nach den zuvor erläuterten Grundsätzen abschließend nach der Zweckmäßigkeit einer solchen Klausel bei eindeutig in die Kategorie Geschäftsgeheimnisse im Sinne des Dreistufenmodells fallenden Informationen zu fragen. Denn wie gezeigt sind solche Geschäftsgeheimnisse, zu denen sicherlich ein erheblicher Teil der besonders sensiblen Betriebsinterna zu rechnen sein wird, nach englischem Recht bereits umfassend durch die nachwirkenden Treuepflichten der implied duty of confidentiality geschützt. Warum dann eine zusätzliche vertragliche Absicherung dieser Informationen? a) Abgrenzungsfunktion Zum einen kann bereits im Rahmen der entsprechenden Vertragsklausel bestimmt werden, welche Informationen nach übereinstimmender Auffassung für die Zwecke der Geheimhaltungsvereinbarung unzweifelhaft als Geschäftsgeheimnisse im Sinne des Dreistufenmodells gelten sollen. Hierdurch werden die nach wie vor bestehenden Unsicherheiten in Bezug auf eine zweifelsfreie und gerichtsfeste Identifikation von Geschäftsgeheimnissen wirksam umgangen, sofern der Arbeitgeber der Versuchung widersteht, sämtliche ihm wirtschaftlich wertvoll erscheinenden Informationen unabhängig von der Frage der Erheblichkeitskategorie vertraglich schützen zu wollen.140 138 139 140

Sahavi, S. 53. (1979), 1 CH 227. Neufeld, RIW 2002, 686, 687.

B. Das besondere Konfliktpotential des nachvertraglichen Zeitraums

187

b) Warnfunktion Entscheidend ist zudem auch die zusätzliche Warnfunktion einer solchen Vereinbarung, die beiden Parteien deutlich vor Augen führt, dass bestimmte Informationen vertraulich sind und bei etwaiger Preisgabe derselben durch den Arbeitnehmer entsprechende Sanktionen drohen.141 Auszuschließen ist zudem nicht ohne Weiteres, dass dem Arbeitnehmer seine Pflichten aus der implied duty of confidentiality möglicherweise nicht oder nur teilweise bewusst sind, so dass eine vertragliche Vereinbarung einer Geheimhaltungspflicht in jedem Fall klarstellend wirkt.142 Richtig ist auch der Hinweis von Jefferson, dass hierdurch zugleich drohende Kosten für das etwaig notwendig werdende Beschreiten von Rechtswegen bei Verstoß gegen die nachvertragliche implied duty vermieden werden können.143 c) Absicherung von Konkurrenztätigkeiten Jefferson144 stellt zudem den entscheidenden Vorteil einer solchen vertraglichen Vereinbarung heraus, der auch von Sahavi145 aufgegriffen wird: Die implied duty of confidentiality verbietet dem Arbeitnehmer lediglich, bestimmte als Geschäftsgeheimnisse zu identifizierende Informationen nach außen zu tragen, also einem neuen Adressatenkreis gegen den Willen des Arbeitgebers offenzulegen und diese für eigene oder fremde Zwecke zu nutzen.146 Nicht geschützt ist hingegen die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit bei einem Wettbewerber bzw. die Eröffnung eines eigenen Konkurrenzunternehmens.147 Die hierdurch entstehenden Gefahren beschränken sich nicht nur auf ein etwaiges Abwerben von Kundenstämmen des ehemaligen Arbeitgebers, sondern auch auf die schwer einzusehenden Verhaltensweisen des Arbeitnehmers in Bezug auf die beim Arbeitgeber erlangten Informationen.148 Die Überwachung einer (zulässigen) Konkurrenztätigkeit unter dann aber unzulässiger Verwendung von geschützten Betriebsinterna des ehemaligen Arbeitgebers dürfte sich naturgemäß schwierig gestalten. Gegen solche Wettbewerbshandlungen und die hieraus erwachsenden Nachteile und Risiken kann sich der Arbeitgeber nur mithilfe eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes schützen, welches zugleich auch Geheimhaltungspflichten und Abwerbeverbote von Kundenstämmen enthalten kann und somit einen wirksamen Gesamtschutz der Arbeitgeberinteressen gewährleistet.149 Der Arbeitgeber kann hierdurch seine Betriebsinterna wirksam schützen, ohne 141 142 143 144 145 146 147 148 149

Maxwell (1988), BLR 189, 191. Jefferson (1987), BLR 8, 23; Sahavi, S. 30. (1987), BLR 8, 23; Sahavi, S. 30. Jefferson (1987), BLR 8, 23. Sahavi, S. 30, 31. Jefferson (1987), BLR 8, 23. Jefferson (1987), BLR 8, 23; Sahavi, S. 31. Sahavi, S. 31. Bradgate (1986), LSG 1615, 1616.

188

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

zugleich beweisen zu müssen, dass der Arbeitnehmer ein Geschäftsgeheimnis entgegen seiner Verpflichtung zur Geheimhaltung verraten hat und er zuvor auf die Vertraulichkeit der Information hingewiesen wurde.150 Dem Arbeitgeber wird es im Falle eines Rechtsstreits möglicherweise auch einfacher fallen, den Verstoß gegen eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung zu beweisen, als einen Verstoß des ausgeschiedenen Arbeitnehmers gegen die nachvertragliche Treuepflicht. d) Fazit Dass der Arbeitgeber hier über die durch die Grundsätze der implied duty of confidentiality gewährten Einschränkungen des früheren Arbeitnehmers hinaus zusätzlich schutzbedürftig ist, steht nicht in Frage. Neben entsprechenden Abwerbeverboten und Geheimhaltungsklauseln sind insbesondere nachvertragliche Wettbewerbsverbote, evtl. in Kombination mit den beiden ersten Gruppen, zulässige und wirksame vertragliche Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf ausscheidende Arbeitnehmer. Ein gerechter Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien gebietet es jedoch, die entsprechenden Konkurrenzklauseln unter eine umfangreiche Zulässigkeitskontrolle zu stellen, um die Rechte des betroffenen Arbeitnehmers nicht unverhältnismäßig einzuschränken. Die insoweit von Seiten des Arbeitgebers zu beachtenden Zulässigkeitsvoraussetzungen vereinen sich in der im Folgenden dargestellten restraint of trade doctrine.

C. Restraint of trade doctrine – Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsvereinbarungen I. Argumentationsbasis und Entwicklung Aus Arbeitgebersicht sind die Beschränkungen des Arbeitnehmers nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Bezug auf eine Wettbewerbstätigkeit durch die Grundsätze der implied duty of confidentiality regelmäßig nicht geeignet, einen ausreichenden Schutz seiner Interessen zu gewährleisten.151 Der Arbeitgeber wird daher dem Bedürfnis nachkommen wollen, die Verwendung bestimmter bei ihm erlangter Informationen durch den ausgeschiedenen Arbeitnehmer oder eines Konkurrenten soweit wie möglich zu unterbinden und sich hierbei nicht auf nachwirkende Treuepflichten verlassen wollen.152 Mangels wirkungsgleicher Schutz150

Bradgate (1986), LSG 1615, 1616. Faccenda Chicken Ltd v Fowler (1986), IRLR 69; Wallace Bogan & Co v Cove (1997), IRLR 453. 152 Neufeld, RIW 2002, 686, 688. 151

C. Restraint of trade doctrine

189

einrichtungen sind vertragliche Vereinbarungen, nach denen der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für einen bestimmten Zeitraum nicht in Konkurrenz zum Arbeitgeber treten darf, daher auch nach englischem Recht für die Arbeitgeberseite von überragender Bedeutung. 1. Vertragliche Vereinbarungen Zur Sicherung seiner Interessen kann der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer die Konkurrenzklausel entweder im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages oder als hiervon unabhängige Abrede abschließen, mündlich oder schriftlich.153 Die Klausel kann entweder lediglich das Verbot zulasten des Arbeitnehmers enthalten, für einen bestimmten Zeitraum und Umfang keine Konkurrenztätigkeit auszuüben oder aber mit zusätzlichen Beschränkungen kombiniert werden, die wiederum auch einzeln vereinbart werden können. Dies sind wie bereits dargestellt insbesondere Abwerbeverbote in Bezug auf den Kunden- und/oder Mitarbeiterstamm des Arbeitgebers.154 2. Auswirkungen für den Arbeitnehmer Entsprechende Vertragsklauseln greifen erheblich in die Freiheitsrechte des Arbeitnehmers ein und erreichen nicht selten, wenngleich zeitlich beschränkt, die Auswirkungen eines Berufsverbots. Dass ein gerechter Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien in diesem Zusammenhang von existentieller Bedeutung für den Arbeitnehmer ist und das englische Recht dieses Erfordernis in Form der Entwicklung des test of reasonableness bereits früh aufgegriffen hat, wurde bereits im Rahmen der historischen Entwicklung des englischen Rechts erläutert. Die Grundsätze des test of reasonableness sind demgemäß auch beibehalten und als Bestandteil der Interessenabwägung zwischen den Vertragsparteien des Wettbewerbsverbotes in die restraint of trade doctrine integriert worden.155 3. Unwirksamkeit als grundsätzliche Rechtsfolge Eine Besonderheit des englischen Rechts stellt die grundsätzliche Rechtsfolge in Bezug auf Konkurrenzklauseln in Form eines Regel-Ausnahmeprinzips dar: Grundsätzlich sind Wettbewerbsvereinbarungen für den nachvertraglichen Zeitraum unwirksam, da sie gegen das öffentliche Interesse an der Gewährleistung freien

153

Coleman, S. 38. Neufeld, RIW 2002, 686, 688. 155 Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co Ltd (1894), AC 535, 565; Zusammenhänge auch bei Heydon (1975), 21 MGLJ, 325 ff.; Warren (1995), SJ, 1005 ff. 154

190

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Wettbewerbs verstoßen.156 Im Hinblick auf die tatsächliche Rechtswirkung eines der restraint of trade doctrine entgegenstehenden Wettbewerbsverbotes lohnt an dieser Stelle ein genauerer Blick auf die tatsächliche Rechtsfolge, da dies in der Literatur zuweilen ungenau oder zumindest uneinheitlich wiedergegeben wird: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind nach englischem Recht grundsätzlich unwirksam, aber nicht rechtswidrig.157 Die von einer unwirksamen Wettbewerbsabrede betroffene Partei kann die gegnerische Partei daher nicht etwa gerichtlich auf Schadensersatz verklagen.158 Die Unterscheidung zwischen Nichtigkeit und Unwirksamkeit, wie sie nach deutschem Recht vorgenommen wird, trifft das englische Recht in Bezug auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote in dieser Form grundsätzlich nicht.159 Eine Ausnahme hiervon besteht lediglich in den seltenen Fällen, in denen das Parlament bestimmte Abreden generell verboten hat, weil sie etwa geeignet sind, die öffentliche Ordnung oder Gesundheit zu beeinträchtigen.160 4. Ausnahmen nach der restraint of trade doctrine Wettbewerbsabreden können jedoch ausnahmsweise nach den Grundsätzen der restraint of trade doctrine, insbesondere als Ergebnis einer positiven Interessen- und Angemessenheitsabwägung nach den Grundsätzen des test of reasonableness, wirksam sein, wenn sie • im Hinblick auf die gegensätzlichen Interessenlagen insgesamt angemessen erscheinen, • in ihrer Wirkungsweise nicht weiter reichen, als es für den Schutz der berechtigten Interessen des Arbeitgebers absolut notwendig ist und • das öffentliche Interesse nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen.161 Der Ausgang der anhand dieser Kriterien vorzunehmenden Wirksamkeitsprüfung hängt entscheidend davon ab, ob der Arbeitgeber nachvollziehbare und angemessene Interessen an der Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers wird darlegen können, was hauptsächlich durch den Nachweis der besonderen Schutzbedürftigkeit vertraulicher Informationen, bestehender Kundenstämme oder auch der eigenen Ar156

S. 22. 157

Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER 347; Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 17,

Dean, S. 387. Mogul SS Co. v McGregor, Gow and Co. (1892), AC 25, HL; Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 19, S. 23. 159 Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 19, S. 23. 160 Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 16, S. 21. 161 Edwards (1988), BLR 45; General Billosting Co. Ltd. v Atkinson (1909), AC 118; Fitch v Dewes (1921), AC 158; Attwood v Lamont (1920), 3 KB 571; Herbert Morris Ltd v Saxelby (1916), 1 AC 688; Upex/Hardy, S. 444. 158

C. Restraint of trade doctrine

191

beitnehmer gelingen wird.162 Teil des gerechten Interessenausgleichs ist auch die Verteilung der Beweislast. So obliegt es dem Arbeitgeber, diejenigen Gründe darzulegen, welche der maßgeblichen Wettbewerbsvereinbarung im Hinblick auf die gegensätzlichen Interessenlager insgesamt Angemessenheit attestieren. Dagegen liegt die Beweislast, dass dem nicht so ist bzw. dass die Vereinbarung dem öffentlichen Interesse widerspricht, beim Arbeitnehmer.163 Das englische Recht unterscheidet zudem zwischen unterschiedlichen Kategorien vertraglicher Beschränkbarkeit des Wettbewerbs nach der restraint of trade doctrine, von denen für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand lediglich zwei Varianten maßgeblich sind: Einerseits kann der Verkäufer eines Unternehmens vertraglich zusichern, nicht in Konkurrenz zum Käufer des jeweiligen Unternehmens zu treten. Zudem können auch im englischen Recht die Arbeitsvertragsparteien vereinbaren, dass sich der Arbeitnehmer nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nicht in Konkurrenz zu seinem vormaligen Arbeitgeber setzt. 5. Leitentscheidungen Beide Fälle waren mehrfach Gegenstand gerichtlicher Richtungsentscheidungen des House of Lords, von denen vor allem in Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co. Ltd164 durch Lord MacNaghten sowie in Herbert Morris & Co. v Saxelby165 durch Lord Parker die entscheidenden Leitlinien wirksamer Konkurrenzklauseln skizziert wurden und die Kernbestandteile der bis heute gültigen restraint of trade doctrine bilden. Die restraint of trade doctrine gilt für das gesamte englische Vertragsrecht, nicht nur für Wettbewerbsvereinbarungen zwischen Arbeitsvertragsparteien.166 Die Grundsätze der restraint of trade doctrine werden traditionell bei Wettbewerbsabreden zwischen Arbeitsvertragsparteien besonders rigoros angewendet167, insbesondere im Vergleich zu Wettbewerbsabreden zwischen den Parteien eines Unternehmenskaufvertrages.168 Spätere Entscheidungen haben den Inhalt der restraint of trade doctrine weiter konkretisiert und an die Besonderheiten der sich verändernden Märkte und der sich hiernach ausrichtenden Arbeitsbedingungen angepasst.

162 163 164 165 166 167 168

Deakin/Morris, S. 342. Kores Manufactoring Co. Ltd v Kolok Manufactoring Co. Ltd (1959), 1 Ch 108. (1894), AC 535. (1916), AC 688. Sahavi, S. 43. Cabrelli (2004), ILJ 167, 179. Davies (1982), JBL 490, 491.

192

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

a) Konkurrenzverbote zu Lasten des Verkäufers eines Unternehmens – die Entscheidung Nordenfelt aa) Zusammenfassung des Sachverhalts Im Fall Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co. Ltd verkaufte der Waffen- und Munitionsfabrikant Nordenfelt, zugleich Inhaber verschiedener Patente in Bezug auf den von ihm betriebenen Herstellungsprozess, sein Unternehmen sowie die dazugehörigen Patente an ein Konkurrenzunternehmen und vereinbarte vertraglich mit diesem, während eines Zeitraumes von 25 Jahren weder direkt noch indirekt im Bereich der Waffen- bzw. Munitionsproduktion zu arbeiten und dem Käuferunternehmen in keiner Weise Konkurrenz zu machen. Dennoch nahm Nordenfelt wenig später eine Stellung bei einem Konkurrenzunternehmen an, woraufhin ihn das Erwerberunternehmen aus der Wettbewerbsvereinbarung in Anspruch nahm.169 bb) Zusammenfassung des Votums Obwohl das Wettbewerbsverbot aus Sicht des Court of Appeal keinerlei örtliche Beschränkungen enthielt und zudem deutlich weiter ausgestaltet war, als es der Schutz des Erwerberunternehmens vor signifikanter Konkurrenz durch den Verkäufer grundsätzlich erfordert hätte, hielt das House of Lords die Wettbewerbsabrede in der Folgeinstanz mangels entgegenstehender Belange des öffentlichen Interesses für wirksam. Lord MacNaghten stellte in seinem Votum deutlich heraus, dass derartige Wettbewerbsabreden grundsätzlich nicht durchsetzbar seien, es sei denn, eine umfangreiche Angemessenheitsprüfung lege ein gegenteiliges Ergebnis nahe.170 Für die etwaige Wirksamkeit einer bestimmten Wettbewerbsabrede sei es aus seiner Sicht zunächst unerheblich, ob es sich um ein örtlich begrenztes Wettbewerbsverbot handele oder nicht.171 Zu berücksichtigen seien vielmehr auch bei solch weiten Wettbewerbsabreden die konkreten Umstände des Einzelfalles. Dabei komme, ausgehend von dem Interesse des Einzelnen, seinen Beruf möglichst frei von jeglicher Art von Beschränkung ausüben zu können, dem Interesse der Öffentlichkeit an einer möglichst unbegrenzten beruflichen Entfaltungsfreiheit entscheidende Bedeutung zu. Sämtliche Einschränkungen derselben durch nachvertragliche Wettbewerbsbeschränkungen seien daher aufgrund Verstoßes gegen öffentliche Interessen nicht durchsetzbar.172 Im Sinne einer gerechten Interessenabwägung anhand des test of reasonableness stellte Lord MacNaghten daraufhin fest, dass im Sinne einer Einzelfallbeurteilung 169 170 171 172

Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co. Ltd. (1894), AC 535. Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co. Ltd. (1894), AC 535, 561. Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co. Ltd. (1894), AC 535, 561. Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co. Ltd. (1894), AC 535, 565.

C. Restraint of trade doctrine

193

Ausnahmen anzuerkennen seien. Ein solcher Ausnahmefall sei etwa dann gegeben, wenn die Wettbewerbsbeschränkung angemessen und nachvollziehbar sei, was zu bejahen wäre, wenn die Klausel einerseits die berechtigten Interessen des Begünstigten berücksichtige, andererseits jedoch die Belange der Öffentlichkeit und deren Interessen beachtet würden.173 Im konkreten Fall sei ein anerkennenswertes Interesse des Käufers darin zu sehen, dass dieser im Wege der Wettbewerbsbeschränkung des Verkäufers einen adäquaten Ausgleich für den eingesetzten Kaufpreis sicherzustellen beabsichtigt habe. Eine Verletzung des öffentlichen Interesses sei hier unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gegeben. Zudem sei das Wettbewerbsverbot hinsichtlich der weltweiten Ausdehnung auch deshalb nicht ungerechtfertigt, weil es (seinerzeit) weltweit nur eine beschränkte Anzahl von Produzenten in diesem Wirtschaftssektor gebe.174 cc) Stellungnahme Im Hinblick auf die Gewährleistung eines gerechten Interessenausgleichs sind die Feststellungen Lord MacNaghtens bemerkenswert. Dies gilt insbesondere für die Aussage, dass im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit der Interessen des durch die Konkurrenzklausel Berechtigten stets unterschiedliche Schutzmaßstäbe anzulegen seien. Aus seiner Sicht darf bei Wettbewerbsabreden zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht von der gleichen Verhandlungsstärke wie bei der eingangs erwähnten zweiten Fallgruppe, nämlich Konkurrenzklauseln anlässlich eines Unternehmenskaufs, ausgegangen werden. Demgemäß sind von Seiten des Arbeitgebers im Rahmen der Darstellung der Angemessenheit der Wettbewerbsabrede auch höhere Nachweise zu erbringen als von Seiten des Erwerbers eines Unternehmens, da sich bei Unternehmenskäufen Parteien mit gleicher Verhandlungsstärke gegenüber stünden.175 Wenngleich letzteres jedenfalls in dieser Grundsätzlichkeit bezweifelt werden muss, ist die Differenzierung zwischen Unternehmenskaufvertrag und Arbeitsvertrag nicht nur gerechtfertigt, sondern im Hinblick auf einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Arbeitsvertragsparteien und den hier geltenden Besonderheiten auch erforderlich. Denn es hat erhebliche Auswirkungen auf den konkreten Inhalt der Wettbewerbsabrede, wenn ein Arbeitnehmer praktisch sämtliche Bedingungen des Arbeitgebers akzeptieren muss, weil er auf den ihm angebotenen Arbeitsplatz mangels sonstiger Alternativen angewiesen ist. Die Verhandlungspositionen sind bei Unternehmenskaufverträgen bereits strukturell andere als bei Arbeitsvertragsparteien und Wettbewerbsabreden dort in der Regel weniger existenziell, wobei es sich auch bei Wettbewerbsabreden zwischen den Parteien eines Unternehmenskaufvertrages grundsätzlich verbietet, den Inhalt der Angemessenheitsprüfung entsprechend zu pauschalisieren oder generell einzuschränken. 173 174 175

Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co. Ltd. (1894), AC 535, 565. Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co. Ltd. (1894), AC 535, 574. Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co. Ltd. (1894), AC 535, 566.

194

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Die Literatur hat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass die konkreten Umstände im Fall Nordenfelt untypisch waren und die meisten Wettbewerbsabreden sowohl im Hinblick auf die Länge als auch die geografische Ausdehnung deutlich kürzer ausfallen müssten, um insgesamt noch als angemessen im Sinne des test of reasonableness gelten zu können.176 Dennoch liefert das Votum MacNaghtens auch für Wettbewerbsabreden zwischen Arbeitsvertragsparteien ein verallgemeinerungsfähiges Grundgerüst an Abwägungskriterien, die den test of reasonableness mit einem griffigen Prüfungsmaßstab füllen und auf dessen Grundlage die Feinabstimmung des Interessenausgleichs anhand der Einzelfallbesonderheiten erfolgen kann. Die Ausbalancierung der Einzelinteressen, insbesondere durch das Hinzuziehen des Interesses der Öffentlichkeit, stellt dabei den entscheidenden Ertrag der Entscheidung dar.177 Denn hiernach widerspricht es dem öffentlichen Interesse, wenn Wettbewerbsverbote einzig zur Reduzierung von Wettbewerb eingesetzt werden. Gleichwohl kann der Verkäufer eines Unternehmens und, in entsprechender Anwendung der Grundsätze, auch der Arbeitgeber ein solches Wettbewerbsverbot verhängen, wenn sich herausstellt, dass die Klausel in jeder Hinsicht angemessen ist und sie insgesamt gerade nicht dem öffentlichen Interesse widerspricht. In der Verfolgung dieser auf den ersten Blick widersprüchlichen Zielsetzung liegt dann stets der Schwerpunkt der Angemessenheitsprüfung.178 dd) Funktion des öffentlichen Interesses Die Frage, warum das Interesse der Öffentlichkeit an der Angemessenheit der Wettbewerbsabrede in die ausschließlich privatrechtlich begründete Abrede zweier Parteien einfließt, drängt sich auf. Denn das Hinzutreten einer öffentlichen Komponente stellt einen erheblichen Eingriff in die Selbstbestimmung der Vertragsparteien dar und weist somit eine nicht unerhebliche Eingriffsintensität in Bezug auf die Selbstbestimmung von Privatleuten bei der Regelung ihrer Rechte und Pflichten auf. Dennoch darf das Interesse der Öffentlichkeit hier nicht etwa im Sinne einer Beteiligung des Staates an den Rechtsverhältnissen seiner Bürger missverstanden werden. Sichergestellt werden soll lediglich zum einen, dass die Gemeinschaft insgesamt im jeweils betroffenen Wirtschaftszweig keiner Monopolisierung oder wenigstens einer erheblichen Einschränkung des Wettbewerbes ausgesetzt wird. Zum anderen hat die Beteiligung des öffentlichen Interesses eine zusätzliche regulatorische Funktion, da es dem Arbeitgeber danach nicht erlaubt ist, eine bestimmte Eingriffsintensität durch die jeweilige Wettbewerbsabrede zu überschreiten. Denn diese mag im Einzelfall für den vom Wettbewerbsverbot Betroffenen deutlich geringer ausfallen als für die Öffentlichkeit, etwa wenn anderweitige Kompensationen für die 176 177 178

Etwa Koffman/Macdonald, S. 409 ff. Koffman/Macdonald, S. 409; Selwyn, S. 492. Koffman/Macdonald, S. 409; Bowers, Kapitel 6, Rdn. 6.46.

C. Restraint of trade doctrine

195

Einschränkungen der Wettbewerbsabrede vereinbart werden. Unter Einbeziehung dieser Gesichtspunkte erscheint auch der partielle Eingriff in die Selbstbestimmtheit der Vertragsparteien durch das Hinzuziehen des öffentlichen Interesses gerechtfertigt. ee) Fazit Damit bleibt es im Lichte der Nordenfelt-Entscheidung bei der grundsätzlichen Feststellung, dass nachvertragliche Wettbewerbsverbote grundsätzlich nicht durchsetzbar sind, es sei denn, dass die Beschränkungen durch die konkrete Wettbewerbsabrede im Einzelfall unter Berücksichtigung der Parteiinteressen und des Öffentlichkeitsinteresses angemessen erscheinen. Die Grundsätze des Nordenfelt-Falles wurden durch Lord Moulton in seinem Votum zum Fall Mason v Provident Clothing & Supply Co. Ltd.179 ausdrücklich bestätigt und auf zwischen Arbeitsvertragsparteien vereinbarte Wettbewerbsabreden ausgedehnt. Moulton verwies in seinem Votum insbesondere auf die aus seiner Sicht entscheidende Frage, ob die mit dem im konkreten Fall vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot verknüpften Einschränkungen der beruflichen Entfaltungsfreiheit des Arbeitnehmers insgesamt über die Erfordernisse eines effektiven Schutzes der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers hinausgehen.180 Gegenstand war eine Wettbewerbsvereinbarung, nach der der Arbeitnehmer innerhalb der folgenden drei Jahre nach Vertragsabschluss im Umkreis von 25 Meilen vom London keine gleichartige Beschäftigung, wie er sie zuletzt beim Arbeitgeber innehatte, aufnehmen durfte. Da der bisherige Einsatzbereich und die in diesem Zusammenhang erlangten spezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten in einem eng begrenzten Arbeitsumfeld (beispielsweise enge persönliche lokale Kontakte zu Kunden) in London lag, sei es von Seiten des Arbeitgebers nachvollziehbar und angemessen, ein entsprechend beschränktes Wettbewerbsverbot zur Vermeidung von Konkurrenz in diesem speziellen Arbeitsumfeld in London zu erreichen.181 Ein darüber hinausgehendes Schutzbedürfnis des Arbeitgebers sah Lord Moulton jedoch nicht für gegeben. Aus diesem Grund sei die Wettbewerbsabrede, die (geografisch) deutlich über den redlicherweise zuzubilligenden Schutzbereich hinausgehe, unzulässig.182

179 180 181 182

(1913), AC 724 HL. Mason v Provident Clothing & Supply Co. Ltd. (1913), AC 724 HL. Mason v Provident Clothing & Supply Co. Ltd. (1913), AC 724 HL. Mason v Provident Clothing & Supply Co. Ltd. (1913), AC 724 HL.

196

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

b) Konkurrenzverbote zu Lasten des ausscheidenden Arbeitnehmers – die Entscheidung Herbert Morris aa) Zusammenfassung des Sachverhalts Weitere Konturen erhielt die restraint of trade doctrine durch die Voten im Fall Herbert Morris & Co. v Saxelby183. Hier hatten die Parteien, ein führender Hersteller für Hebewerke in England und ein bei ihm angestellter Ingenieur, eine Konkurrenzklausel vereinbart, nach der der Kläger während eines Zeitraums von sieben Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Großbritannien oder Irland weder als Selbstständiger oder Angestellter, entgeltlich oder unentgeltlich, direkt oder indirekt, im Verkauf oder in der Produktion von spezifischen Produkten, die auch in dem Unternehmen des Arbeitgebers hergestellt wurden, arbeiten durfte.184 Über die Wirksamkeit der Klausel hatte schließlich das House of Lords zu entscheiden, das die Wettbewerbsabrede für unwirksam hielt. bb) Zusammenfassung des Votums Lord Parker stellte zunächst klar, dass eine angemessene Konkurrenzklausel im Sinne eines gerechten Interessenausgleichs zunächst nicht über das Schutzniveau hinausgehen dürfe, welches die durch die Konkurrenzklausel geschützte Partei in adäquater Weise und nachvollziehbar einfordern könne. Entscheidend (und wegen der grundsätzlichen Bedeutung auch regelmäßig wörtlich zitiert185) sind seine folgenden Erwägungen, die den argumentativen Inhalt der restraint of trade doctrine maßgeblich prägen: „I cannot find any case in which a covenant against competition by a servant or apprentice has, as such, ever been upheld to the Court. Wherever such covenants have been upheld it has been on the ground, not that the servant or apprentice would, by reason of his employment or training, obtain the skill and knowledge necessary to equip him as a possible competitor in the trade, but that he might obtain such personal knowledge of and influence over the customers of his employer, or such an acquaintance with his employer’s trade secrets as would enable him, if competition were allowed, to take advantage of his employer’s trade connection or utilize information confidentially obtained.“186

Lord Parker bezog also die grundsätzlichen Feststellungen Lord MacNaghtens aus der Entscheidung Nordenfelt ausdrücklich in seine Argumentation mit ein und stellte klar, dass grundsätzlich zwei ineinandergreifende Bedingungen erfüllt sein müssen, um einer Wettbewerbsabrede für den nachvertraglichen Zeitraum Wirksamkeit attestieren zu können: Die Vereinbarung muss sowohl im Hinblick auf die gegensätzlichen Interessen der Vertragsparteien, als auch hinsichtlich des Interesses 183 184 185 186

(1916), 1 AC 688. Herbert Morris & Co. v Saxelby (1916), 1 AC 688. Deakin/Morris, S. 342. Herbert Morris & Co. v Saxelby (1916), 1 AC 688, 702.

C. Restraint of trade doctrine

197

der Öffentlichkeit insgesamt angemessen sein.187 In Bezug auf die Abwägung der Einzelinteressen müssen zunächst die einzelnen Gefahren bzw. Einschränkungen der jeweiligen Partei gegenübergestellt werden. So hat der Arbeitgeber beispielsweise zu beweisen, dass der Arbeitnehmer nicht nur Kontakte zu Kundenkreisen hatte, sondern auch dessen Fähigkeit, diese tatsächlich für eigene Zwecke nutzbar machen zu können.188 Wenn der Arbeitgeber danach insgesamt darlegen kann, dass der Arbeitnehmer während der Tätigkeit beim Arbeitgeber Zugang zu besonders sensiblen Kundendaten oder sonstigem Know-how hatte und diese Informationen ohne größere Schwierigkeiten für sich nutzen kann, wird es im Einzelfall angemessen erscheinen, dem Arbeitgeber die Möglichkeit einer vertraglichen Einschränkung eben dieser Nutzbarmachung zulasten des Arbeitnehmers zuzubilligen.189 Teil der Angemessenheitsprüfung ist zudem die Suche nach (in Bezug auf die Eingriffsintensität) weniger belastenden Maßnahmen zum Schutz des jeweiligen Interesses.190 So kann beispielsweise ein umfassendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot unzulässig sein, wenn auch ein enger gestaltetes Abwerbeverbot hätte vereinbart werden können, sofern es dem Arbeitgeber lediglich um den Schutz seines bestehenden Kundenstammes ging.191 cc) Stellungnahme Auch nach den Feststellungen im Fall Herbert Morris bleibt es bei der kategorischen Feststellung, dass nachvertragliche Wettbewerbsverbote zwischen den Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich nicht durchsetzbar sind. Eine Ausnahme von dieser generellen Rechtsfolge kommt nur dann in Betracht, wenn • das Wettbewerbsverbot ein anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers schützen soll, • es sich lediglich auf einen Zeitraum erstreckt, wie es zum Schutz dieses Arbeitgeberinteresses unbedingt notwendig ist, • es nicht gegen die Interessen der Öffentlichkeit verstößt und • die Wettbewerbsvereinbarung nicht primär dazu dient, den Arbeitgeber vor unliebsamer Konkurrenz zu bewahren.192 In Ergänzung der Entscheidung Nordenfelt ist mit Blick auf die Frage der Wirksamkeit einer Wettbewerbsvereinbarung hiernach also auch entscheidend, ob 187

Herbert Morris & Co. v Saxelby (1916), 1 AC 688, 702; Poole, S. 789 f. Bradgate (1986), LSG 1615. 189 Deakin/Morris, S. 347. 190 Davies (1982), JBL 490, 493. 191 Office Angels Ltd v Rainer Thomas (1991), IRLR 214, 221. 192 Herbert Morris & Co. v Saxelby (1916), 1 AC 688, 702; Koffman/Macdonald, S. 411; Sales (1988), LQR 600, 609. 188

198

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

der Arbeitgeber mithilfe des Wettbewerbsverbotes seine Unternehmensgeheimnisse bzw. seinen Kundenstamm schützen oder vielmehr den ausgeschiedenen Arbeitnehmer schlicht von der Ausübung unliebsamer Konkurrenz abzuhalten will. Gegen ein solches rein monetäres Interesse kann sich der Arbeitgeber nicht mithilfe eines Wettbewerbsverbotes absichern.193 Seine als berechtigt vorgetragenen Interessen muss der Arbeitgeber im Falle eines Rechtsstreites selbst beweisen, und zwar grundsätzlich für den Zeitpunkt der Vereinbarung des Wettbewerbsverbotes.194 Für den Fall, dass ein Arbeitnehmer während der Ausübung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten Zugang zu Spezialwissen oder Kundenkreisen hatte, kann ihn der Arbeitgeber dagegen unter den zuvor skizzierten Voraussetzungen mit einer Konkurrenzklausel binden. Aus Gründen der gerechten Verteilung der Vor- und Nachteile einer solchen Konkurrenzvereinbarung auf die Vertragsparteien wäre es wie gezeigt allerdings unzulässig, einen Arbeitnehmer mit einem Wettbewerbsverbot zu belegen, der zu keinem Zeitpunkt mit dem Kundenkreis des Arbeitgebers in Kontakt gekommen ist. Die Erfüllung der Voraussetzungen nach der restraint of trade docrine ist also kein Freifahrtschein, mit jedwedem Arbeitnehmer sozusagen präventiv ein entsprechendes Wettbewerbsverbot zu vereinbaren.195 Lange Zeit auf Kritik gestoßen war allerdings die Schlussfolgerung in Herbert Morris, nach der nachvertragliche Wettbewerbsverbote nur zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen oder sonstigen Informationen mit ähnlich hohem Vertraulichkeitsgrad wirksam vereinbart werden könnten. Wie im Rahmen der Darstellung der vertragsimmanenten Treuepflichten bereits ausgeführt werden diese Informationskategorien aber bereits vom Schutzumfang der implied duty of confidentiality erfasst. Zu Recht haben sich Teile der Literatur im Nachgang der Entscheidung gefragt, ob es für vertragliche Wettbewerbsverbote dann noch einen zusätzlichen Nutzen geben kann.196 Die oben im Rahmen der Darstellung der implied duty of confidentiality dargestellten Leitargumente, die für eine Berechtigung eines zusätzlichen nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes sprechen, seien hier nur kurz zusammengefasst: Durch eine Vertragsklausel können die vom Wettbewerbsverbot erfassten Informationskategorien und sogar die Informationen selbst explizit benannt und damit wesentlich effektiver geschützt werden, als dies durch den Terminus „Geschäftsgeheimnisse“ im Rahmen der implied duty of confidentiality der Fall ist. Eine explizite Nennung der relevanten Fakten lässt anders als der Schutzumfang der implied duty of confidentiality im Idealfall wenig Spielraum für Interpretationen, was beiden Vertragsparteien erhebliche Vorteile in Form von Rechtssicherheit verschafft. Bewährt hat sich vor allem eine katalogähnliche Aufzählung der Informationen, die

193 194 195 196

Herbert Morris & Co. v Saxelby (1916), 1 AC 688, 702. Herbert Morris & Co. v Saxelby (1916), 1 AC 688, 707; Sahavi, S. 44. Deakin/Morris, S. 343. Bradgate (1986), LSG 1615, 1617.

C. Restraint of trade doctrine

199

sinnvoll nach Themengebiete bzw. Vertraulichkeitsgrade unterteilt ist und daher unmissverständlich die geschützten Informationen benennt.197 Dass eine explizite Wettbewerbsklausel im Vergleich zu einer vertragsimmanenten Pflicht, über die sich der betroffene Arbeitnehmer möglicherweise nicht oder nur in Teilen im Klaren ist, eine zusätzliche Warnfunktion enthält, ist offensichtlich.198 Auch hier entspricht es dem Interesse beider Vertragsparteien, dass die Wettbewerbseinschränkungen für den nachvertraglichen Zeitraum unmissverständlich bezeichnet sind. Wie bereits beschrieben hat vor allem Jefferson richtigerweise auf die so zu vermeidende Kostenfalle für etwaiges Beschreiten des Rechtsweges wegen eines (möglicherweise sogar unbeabsichtigten) Verstoßes gegen eine implied duty hingewiesen.199 Wie zuletzt insbesondere von Sahavi200 angesprochen stellt sich schließlich das Problem zwischen dem bloßen Verrat eines Geschäftsgeheimnisses und ein etwaiges Wettbewerbsverhalten, welches allenfalls mittelbar mit dem Geschäftsgeheimnis zusammenhängt und daher vom Arbeitgeber in Abwesenheit einer vertraglichen Zusatzvereinbarung nur schwerlich zu überwachen sein wird. Die Reichweite einer Wettbewerbsvereinbarung ist daher deutlich größer als die einer vertragsimmanenten Pflicht, bestimmte Geschäftsgeheimnisse nicht zu verraten. An dieser Stelle wirken die Einschränkungen der restraint of trade doctrine in Bezug auf die Zulässigkeit der konkreten Wettbewerbsvereinbarung als Regulativ, so dass die gegensätzlichen Interessen der Vertragsparteien angemessen berücksichtigt werden.

II. Die Wirksamkeitsschranken der restraint of trade doctrine im Lichte des Interessenausgleichs Wie gezeigt orientiert sich die Wirksamkeitsprüfung nach der restraint of trade doctrine in hohem Maße an den Umständen des Einzelfalles. Die Essenz der Leitargumente aus den Entscheidungen Nordenfelt und Herbert Morris bilden hierbei die Grundlage für die Interessenabwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien. Resultat ist eine im Idealzustand umfassende und einzelfallbezogene Interessenabwägung und Angemessenheitsprüfung. Zur Beurteilung der Angemessenheit einer bestimmten Konkurrenzklausel fließen als Begrenzungsfaktoren des berechtigten Interesses des Arbeitgebers insbesondere die Gesamtdauer sowie die geografische Ausdehnung der Abrede in die Abwägungsentscheidung ein.201 Im Vergleich zum deutschen Recht sind die zuläs197 198 199 200 201

Bradgate (1986), LSG 1615, 1617. Maxwell (1988), BLR 189, 191. (1987), BLR 8, 23; Sahavi, S. 30. Sahavi, S. 30, 31. Selwyn, S. 492.

200

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

sigen Grenzen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes jedoch deutlich weniger konturiert und schematisiert. So kann im Einzelfall ein bestimmtes Arbeitgeberinteresse schützenswert und ein mehrjähriges Wettbewerbsverbot zulässig sein, das in einer anderen Konstellation möglicherweise völlig unterschiedlich zu bewerten wäre. Gleiches gilt für die Frage der maximalen geografischen Reichweite und Ausdehnung von Wettbewerbsabreden. So sehr diese intensive Einzelfallabhängigkeit der eigentlichen Wirksamkeitsprüfung einerseits die konkreten Besonderheiten des zu beurteilenden Falles einbeziehen und einer individuellen Schlussfolgerung zuführen kann, so schwierig ist andererseits die Bildung verbindlicher und daher verlässlicher Leitkriterien in Form von Zulässigkeitsschranken (insbesondere berechtigtes Arbeitgeberinteresse, Höchstdauer sowie maximale geografische Ausdehnung der Vereinbarung), also die Schaffung von Rechtssicherheit. Entsprechend spärlich fallen bisher auch die entsprechenden Aufstellungen in der Literatur aus. Dies macht es sowohl für den Arbeitgeber als auch für den betroffenen Arbeitnehmer schwer, eine Konkurrenzklausel im Vorfeld auf ihre tatsächliche Wirksamkeit hin überprüfen zu können. Es bleibt den Parteien allenfalls die Beurteilung der Klausel anhand vergleichsweise „weicher“ Kriterien wie beispielsweise die allgemeine Üblichkeit (hierzu sogleich) solcher Vereinbarungen in der jeweiligen Branche und entsprechende Erfahrungswerte in Bezug auf bestimmte Klauseln. Dass eine solche Üblichkeitsprüfung den Ausgang einer etwaigen gerichtlichen Einzelfallbeurteilung nicht vorwegnehmen kann, ist offensichtlich. Die Vertragsparteien müssen daher im Grunde die Interessenabwägung nach der restraint of trade doctrine im Vorfeld der Vereinbarung selbstständig durchlaufen, um die Zulässigkeit der konkreten Vereinbarung beurteilen zu können. Dies ist im Hinblick auf die erforderliche Rechtssicherheit für die Parteien des Arbeitsvertrages zweifelsohne ein Nachteil zum deutschen Recht, das mit den §§ 74 ff. HGB eine Kodifizierung der wesentlichen Wirksamkeitskriterien wie vor allem die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers, die zeitliche Höchstdauer, Formerfordernisse, u. ä. bereitstellt. Zwecks Darstellung der Besonderheiten des Interessenausgleiches nach englischem Recht sollen im Folgenden beispielhaft einige grobe Richtlinien in Bezug auf zulässige Wettbewerbsverbote skizziert werden, wie sie die Rechtsprechung auf Grundlage der restraint of trade doctrine auf Basis der zuvor beschriebenen Leitentscheidungen entwickelt. Strukturell sind diese Abwägungskriterien das Ergebnis einer konkreten Einzelfallabwägung anhand der restraint of trade doctrine. Sie können daher allenfalls Anhaltspunkte für ähnliche gelagerte Fälle liefern, nicht aber eine erneute konkrete Einzelfallbeurteilung ersetzen.

1. Angemessenheit zwischen den Vertragsparteien Wesentlicher Prüfungspunkt der restraint of trade doctrine und Kern des test of reasonableness ist die Frage nach der Angemessenheit der Wettbewerbsabrede

C. Restraint of trade doctrine

201

zwischen den Vertragsparteien. Dabei ist der vollständige Regelungsgehalt der Wettbewerbsabrede in einer Gesamtschau zu bewerten.202 Im Laufe der Zeit hat die Rechtsprechung zudem den Grundsatz herausgearbeitet, dass die Angemessenheit der Wettbewerbsabrede zwischen den Vertragsparteien nur im Lichte sämtlicher Elemente der restraint of trade doctrine abschließend beurteilt werden kann und diese daher neben ihrer Funktion als separate Wirksamkeitsvoraussetzungen darüber hinaus Teil der Angemessenheitsprüfung sind, die sich nach der Prüfung der Einzelbedingungen als Gesamtbetrachtung anschließt. Viele Elemente des früheren test of reasonableness wurden daher aus rechtstechnischer Sicht spezielleren Prüfungspunkten zugeordnet, so etwa der Frage, ob sowohl die Dauer als auch die geografische Ausdehnung der Abrede von einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers gedeckt sind.203 Nach Durchlauf dieser Prüfungsstationen steht dann abschließend wie beschrieben die Gesamtbewertung der Klausel anhand der identifizierten Parteiinteressen. a) Abgrenzungskriterien In die Gesamtabwägung fließen neben der konkreten Beurteilung des Abredeinhalts anhand der besonderen Parteiinteressen auch abstrakte Abwägungen wie die Üblichkeit entsprechend ausgestalteter Abreden innerhalb des Berufszweiges oder des geschäftlichen Umfeldes der Vertragsparteien ein. Weist eine Wettbewerbsabrede Besonderheiten auf, die in Bezug auf vergleichbare Wettbewerbssituationen unüblich sind, so kann dies ein Indikator für die Unangemessenheit der Abrede sein. Andererseits kann eine in jeder Hinsicht übliche Ausgestaltung einer in Frage stehenden Wettbewerbsabrede innerhalb eines bestimmten Berufsfeldes gerade aufgrund des gebräuchlichen Inhalts als angemessen zu beurteilen sein.204 Besondere Bedeutung für die Angemessenheit der Wettbewerbsabrede kommt demnach dem tatsächlichen Geschäftsfeld zu, in dem die Parteien der Abrede tätig sind. b) Unterschiedliche Verhandlungsstärken der Vertragsparteien Besonderes Augenmerk ist schließlich bei der Bewertung der Angemessenheit der Abrede zwischen den Vertragsparteien auf die Frage zu legen, ob die Vereinbarung in einer Gesamtbetrachtung als fairer Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu werten ist.205 Dies gilt allerdings nur dann, wenn tatsächlich feststellbar ist, dass die Parteien der Abrede unterschiedliche Verhandlungsstärken aufweisen.206 Dies mag bei besonders wichtigen Schlüsselkräften mit einer entsprechend geho202

Davies v Davies (1887), 36 ChD 359, 387. Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 25, S. 30. 204 Sir W C Leng & C. Ltd v Andrews (1909), 1 Ch 763, 767; Catt v Tourle (1869), 4 Ch App 654, 659; Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 28, S. 31. 205 A Schroeder Music Publishing Co. Ltd v Macauley (1974), 1 WLR 1308, 1316; Treitel, S. 512. 206 Treitel, S. 512. 203

202

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

benen Stellung im Unternehmen vereinzelt in Frage stehen. In den weitaus meisten Fällen wird jedoch nicht bestritten werden können, dass ein Arbeitnehmer bei der Vereinbarung einer Wettbewerbsabrede im Vergleich zur Position des Arbeitgebers die weitaus schwächere Verhandlungsposition innehat. Die Gesamtbewertung anhand der Frage, ob es sich mit Blick auf die unterschiedlichen Interessen der Vertragsparteien um eine faire Vereinbarung handelt oder ob der Arbeitgeber in unfairer Weise seine Verhandlungsstärke ausgenutzt hat, ist daher regelmäßig ein entscheidender Faktor bei der Bewertung der Angemessenheit der Abrede insgesamt.207 2. Berechtigtes Interesse des Arbeitgebers Der Arbeitgeber hat hinreichend glaubhaft zu machen, warum und in welcher Form er ein legitimes Interesse an der konkreten Wettbewerbsklausel hat.208 Die englischen Gerichte differenzieren wie beschrieben danach, ob die Wettbewerbsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen wurde oder ob die Parteien eines Unternehmenskaufvertrages eine solche Wettbewerbsabrede getroffen haben.209 Dies ist im Hinblick auf die unterschiedlichen Anforderungen an den gerechten Interessenausgleich konsequent, da ein Arbeitnehmer wie beschrieben aufgrund der im Vergleich zum Käufer eines Unternehmens zumeist deutlich schwächeren Verhandlungsbasis insgesamt schützenswerter erscheint.210 a) Abgrenzungskriterien Die Abgrenzung eines legitimen von einem unzureichenden Interesse des Arbeitgebers an der konkreten Wettbewerbsvereinbarung hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die insbesondere die Position des ausscheidenden Arbeitnehmers im Betrieb, die Natur und Intensität der Kundenkontakte des Arbeitnehmers, die Besonderheiten der Markttätigkeit des Arbeitgebers sowie die Qualität und den Umfang der Wettbewerbsklausel selbst einzubeziehen hat.211 Wenn der Arbeitgeber beispielsweise das Verbot in die Wettbewerbsklausel aufnimmt, Teile der aktuellen Belegschaft abzuwerben, liegt das legitime Interesse des Arbeitgebers für eine entsprechende Verbotsklausel bereits darin, eine stabile und gut ausgebildete Stammbelegschaft aufrechterhalten zu müssen.212 Gleiches gilt für Verbotsklauseln, die das Einbrechen des ausscheidenden Arbeitnehmers in den bestehenden Kundenstamm des Arbeitgebers verhindern sollen. Der Arbeitgeber hat hier ein ebenfalls 207

Treitel, S. 512; ders., Contract Law, S. 404; Mehigan/Griffith, S. 14. Scully (UK) Ltd v Lee (1998), IRLR 259; Weiss u. a./Koukiadaki, S. 115; Cabrelli (2007), EmpLB 5. 209 Williams v Williams (1818), 2 Swan 253; Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 25, S. 29; Treitel, S. 506. 210 Treitel, S. 506. 211 Cabrelli IRL 2004, 167, 168. 212 Cabrelli IRL 2004, 167, 169. 208

C. Restraint of trade doctrine

203

legitimes Interesse an der Erhaltung eines Kundenstammes, um für einen bestimmten Zeitraum die wirtschaftliche Sicherheit seines Unternehmens gewährleisten zu können.213 So wurde im Fall International Consulting Services (UK) Ltd. v Hart214 etwa eine Vereinbarung über ein einjähriges Abwerbeverbot von Kunden, mit denen der ausscheidende Arbeitnehmer in einem Zeitraum von 12 Monaten vor seinem Ausscheiden in Vertretung des Arbeitgebers in Vertragsverhandlungen getreten war, für zulässig befunden. Obwohl die Vereinbarung vergleichsweise unspezifisch und sehr offen ausgestaltet war, argumentierte das Gericht, dass der Arbeitgeber im Hinblick auf den Umfang der Klausel ein berechtigtes Interesse habe und die Gesamtdauer der Vereinbarung auch nicht unverhältnismäßig lang sei. Das Gericht berücksichtigte den Umstand, dass in dem konkreten Wirtschaftszweig215, in dem der Arbeitgeber tätig war, Vertragsanbahnungen traditionell sehr langwierig seien, so dass die Einbeziehung eines zwölfmonatigen Zeitraumes vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Bereich des berechtigten Interesses des Arbeitgebers liege.216 b) Mangelnde Schutzfähigkeit bestimmter Marktchancen Ohne Zweifel nicht von einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers gedeckt sind dagegen Vereinbarungen, bei denen der Arbeitgeber Marktchancen in Absatzmärkten schützen will, in denen er offensichtlich nicht wirtschaftlich tätig ist.217 In einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, in denen das zugrunde liegende Wettbewerbsverbot den Verbotspassus „in einem Unternehmen mit gleichem wirtschaftlichen Gegenstand“ enthielt, wurde daher das Wettbewerbsinteresse negativ beschieden und den entsprechenden Wettbewerbsabreden eine Wirksamkeit abgesprochen.218 Anders wäre die Sachlage jedoch zu beurteilen, wenn bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Wettbewerbsabrede feststeht, dass der Arbeitgeber zukünftig in dem entsprechenden Markt tätig sein will. Das berechtigte Interesse kann also auch in zukünftigen Ereignissen begründet liegen, sofern der Arbeitgeber diese substantiiert geltend machen kann und diese nicht offensichtlich vorgeschoben sind.219

213

Axiom Business Computers Ltd v Frederick (2003), GWD 37, 1021; Cabrelli, IRL 2004, 167, 169. 214 (2000), IRLR 227. 215 Verbundene Unternehmen werden grundsätzlich einheitlich zu beurteilen sein, wenn eines von ihnen die Wettbewerbsabrede trifft. 216 International Consulting Services (UK) Ltd. v Hart (2000), IRLR 227. 217 Leeds Rugby Ltd v Harris (2005), EWHC 1591. 218 Etwa Ronbar Enterprises Ltd v Green (1954), 2 All E.R. 266; Kores Manufacturing Co. Ltd v Kolok Manufacturing Co Ltd (1959), 2 All ER 65. 219 Dawnay Day & Co. Ltd v De Braconier d‘Alphen (1997), IRLR 442.

204

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das anzuerkennende Interesse des Arbeitgebers regelmäßig vertrauliche Informationen, Kunden- sowie Handelsbeziehungen und ein stabiles Management umfasst.220 Denkbar und von den Umständen des Einzelfalles abhängig sind zudem die Erfassung weiterer Interessen des Arbeitgebers wie etwa bestimmte Lieferantenbeziehungen sowie potentielle Kunden bzw. Abnehmer.221 3. Zulässige Höchstdauer Wettbewerbsabreden ohne zeitliche Einschränkungen gelten nach englischem Recht mittlerweile grundsätzlich als außerhalb der Grenzen des berechtigten Interesses des Arbeitgebers liegend und sind damit stets unwirksam.222 Die Wirkungsweise eines zeitlich unbeschränkten Wettbewerbsverbotes käme einem Berufsverbot gleich, wenngleich es vielfach zumindest örtlich beschränkt wäre. Durch die zeitliche Beschränkung des Wettbewerbsverbots wird dem Interesse des Arbeitgebers aber insoweit nachgegeben, als es für die Erhaltung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage seines Unternehmens entscheidend sein kann, dem ausscheidenden Arbeitnehmer vorübergehend eine bestimmte Konkurrenztätigkeit zu untersagen.223 Zugleich wird die Belastung des Arbeitnehmers durch die zeitlich beschränkte Wirkung der Abrede deutlich abgemildert. a) Abgrenzungskriterien Allgemeine Richtlinien über die maximal zulässige Höchstdauer von Wettbewerbsabreden sind kaum möglich, da die maximal zulässige Geltungsdauer eines Wettbewerbsverbotes sehr einzelfallabhängig ist.224 Regelmäßig hängt die maximal zulässige Dauer einer Wettbewerbsabrede entscheidend davon ab, wie lange vertrauliche Informationen des Arbeitgebers nach regelmäßiger Erfahrung tatsächlich geheim bleiben und der ausgeschiedene Arbeitnehmer aus deren Verwendung einen eigenen Vorteil ziehen kann.225 In der Entscheidung Goldsoll v Goldman226 wurde ein Wettbewerbsverbot mit einer Länge von 10 Jahren sowohl für England als auch Irland als zulässig erachtet, während im oben beschriebenen Fall Herbert Morris ein siebenjähriges Verbot nicht für wirksam gehalten wurde. Die Notwendigkeit einer Einzelfallabwägung anhand einer Vielzahl unterschiedlicher Abwägungskriterien ist daher offensichtlich. 220

Henssler/Braun/Harth/Taggart, Großbritannien, Rdn. 36. Henssler/Braun/Harth/Taggart, Großbritannien, Rdn. 36. 222 Fellowes v Fisher (1976), QB 122; anders noch in Fitch v Dewes (1921), 2 AC 158, allerdings mit zutreffendem Hinweis u. a. bei Treitel, Contract Law, S. 408, dass es sich hierbei um einen besonderen Ausnahmefall handelt. 223 Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 38, S. 37. 224 Edwards (1988), BLR 45. 225 Edenfeld, ZfA 2004, 463, 476. 226 (1915), 1 Ch 292. 221

C. Restraint of trade doctrine

205

b) Esso Petroleum Co. Ltd v Harper’s Garage Ltd In der Entscheidung Esso Petroleum Co. Ltd v Harper’s Garage Ltd227 hatte das House of Lords zwei exklusive Bezugsverträge mit jeweils einer Dauer von vier bzw. 21 Jahren, für die der Lieferant dem betroffenen Kunden im Gegenzug jeweils einen Rabatt auf seine Lieferungen einräumte, auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Lord Reid wendete auf die Vereinbarungen die Grundsätze des Falles Nordenfelt an und führte aus, dass die Zulässigkeit beider Vereinbarungen danach zu beurteilen sei, ob die vereinbarte Dauer jeweils über das von Seiten des Lieferanten zuzubilligende Sicherheitsinteresse in Bezug auf langfristige Belieferungen seiner Kunden hinausgehe. Zudem müsse nach den Grundsätzen aus dem Fall Nordenfelt danach gefragt werden, ob das Interesse des Kunden sowie das der Öffentlichkeit durch die jeweilige Vereinbarung möglicherweise unangemessen benachteiligt werden.228 Grundsätzlich sei für eine solche Vereinbarung charakteristisch, dass die gebundene Partei einen Teil ihrer Entscheidungs- und Wirtschaftsfreiheit aufgebe.229 Aus Sicht von Lord Reid sei es daher zwar verfehlt, die Interessen zweier erfahrender Kaufleute mit in etwa gleicher Verhandlungsstärke durch die Einschätzung eines Gerichtes zu ersetzen. Allerdings liege die Vereinbarung einer Belieferung für einen Zeitraum von 21 Jahren jenseits von dem, was unter normalen Umständen wirtschaftlich vorausgesehen und als Bezugszeitraum überblickt werden könne.230 Diesen Argumenten folgend beurteilte er die Vereinbarung von vier Jahren als wirksam, nicht hingegen die über 21 Jahre.231 Als Essenz der Entscheidung kann insoweit die Schlussfolgerung festgehalten werden, dass eine Beschränkung auch bei augenscheinlich gleichen Verhandlungspositionen, wie sie für den Arbeitsvertrag wohl regelmäßig nicht gegeben sind, jedenfalls dann unwirksam ist, wenn sie einen unter normalen, insbesondere wirtschaftlichen Maßstäben nicht zu überblickenden Zeitraum betrifft und den Betroffenen somit in Zukunft möglicherweise in einer Form unangemessen einschränkt, wie dieser sie heute noch nicht oder nur in Teilen vorhersehen kann. Eine generelle Maximaldauer für Wettbewerbsabreden kann dagegen hieraus erneut nicht abgeleitet werden, da die durch die Abrede drohenden Konsequenzen entscheidend von den Konstellationen des Einzelfalles abhängen. Noch allgemeiner gehalten ist gar die Aussage von Edwards, dass mit Blick auf die Vorgaben des test of reasonableness der Grundsatz gelte, dass je weiter eine

227

(1968), AC 269 (HL). Esso Petroleum Co. Ltd v Harper’s Garage Ltd (1968), AC 269 (HL); Poole, S. 793; Simon (2002), EntLR 39 f.; Davies (1982), JBL 490, 491. 229 Esso Petroleum Co. Ltd v Harper’s Garage Ltd (1968), AC 269 (HL). 230 Esso Petroleum Co. Ltd v Harper’s Garage Ltd (1968), AC 269 (HL); Poole, S. 793; Spowart-Taylor/Hough (1984), MLR 745, 748. 231 Esso Petroleum Co. Ltd v Harper’s Garage Ltd (1968), AC 269 (HL). 228

206

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Wettbewerbsvereinbarung örtlich bzw. geografisch ausgestaltet sei, desto kürzer ihre maximal zulässige Gesamtdauer ausfallen müsse (und umgekehrt).232 c) Rechtsprechungsbeispiele Trotz der Schwierigkeiten hinsichtlich der Bemessung einer zulässigen Höchstdauer geht Neufeld davon aus, dass in den meisten Konstellationen eine Dauer zwischen sechs Monaten und zwei Jahren zulässig sein dürfte.233 Eine Dauer von zwei Jahren ist mit Blick auf die Rechtsprechung hingegen teilweise bereits geeignet, die maximal zulässige Dauer in Einzelfällen bereits zu überschreiten.234 Als Beleg für diese Feststellung sei nur auf die Entscheidung in Scully UK Ltd v Lee235 verwiesen, in der ein an sich nachvollziehbares Interesse eines Arbeitgebers am Schutz seines Kundenstammes und eine entsprechende Wettbewerbsabrede aus Sicht des Court of Appeal jedenfalls gerade nicht für die Dauer von zwei Jahren wirksam war. Um es erneut deutlich hervorzuheben: Pauschalisierungen der zulässigen Höchstdauer eines Konkurrenzverbotes, so sehr die Praxis nach solchen Richtwerten verlangt, sind kaum möglich, da die maximal zulässige Dauer zu sehr von den Umständen des Einzelfalles abhängt. d) Fazit Aus diesen Gründen sind entsprechende Pauschalangaben zur zeitlichen Höchstdauer allenfalls grobe Anhaltspunkte, keinesfalls aber rechtssichere Maßstäbe für die Vertragsgestaltung. Allerdings betrifft die überwiegende Masse zulässig befundener Wettbewerbsabreden eher Konstellationen, in denen das Wettbewerbsverbot insgesamt einen Zeitraum von 12 Monaten nicht überschreitet.236 Die Literatur spricht sich zuweilen sogar dafür aus, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot eine Dauer von 12 Monaten nicht oder nur in absoluten Ausnahmefällen überschreiten sollte und in den meisten Fällen gar eine deutlich kürzere Dauer angezeigt sei.237 4. Zulässige geografische Ausdehnung Ähnlich wie bei zeitlich unbeschränkten Konkurrenzklauseln sind auch örtlich unbegrenzte Wettbewerbsbeschränkungen grundsätzlich unzulässig. Nur selten wird es dem Arbeitgeber gelingen, ein anzuerkennendes Interesse an einer örtlich voll232 233 234 235 236 237

Edwards (1988), BLR 45. Neufeld, RIW 202, 686, 688. Blake (1960), HLR 625, 677, 678; Edenfeld, ZfA 2004, 463, 476. (1998), IRLR 259. Edenfeld, ZfA 2004, 463, 476. Henssler/Braun/Harth/Taggart, Großbritannien, Rdn. 37.

C. Restraint of trade doctrine

207

kommen unbeschränkten Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers nachzuweisen.238 a) Abgrenzungskriterien Im Vergleich zu zeitlich nicht eingegrenzten Abreden wird man bei örtlich unbeschränkten Konkurrenzklauseln selbstverständlich dort eine Einschränkung in Bezug auf die generelle Unzulässigkeitsfeststellung anerkennen müssen, wo der Arbeitgeber im Rahmen seines Gewerbes weltweit operiert, er berechtigte Interessen an ein örtlich unbegrenztes Verbot vorbringen kann und die darauf basierende Wettbewerbsabrede darüber hinaus einer umfassenden Interessenabwägung standhält.239 Daher wird ein Arbeitgeber, der lediglich in einem örtlich abgrenzbaren Bereich wie etwa einer bestimmten Stadt tätig ist, kein wirksames Wettbewerbsverbot für solche Orte verhängen können, in denen er de facto nicht wirtschaftlich tätig ist und somit auch keine Konkurrenzsituation vorfindet.240 Entsprechend hoch sind die Anforderungen an ein weltweit geltendes Wettbewerbsverbot, wenngleich die Gerichte vereinzelt dazu tendiert haben, die Anforderungen an die Darlegung eines globalen Marktes nicht zu überspannen.241 Dem ist insoweit entgegenzuhalten, dass es gerade bei weltweit geltenden Wettbewerbsverboten entscheidend auf den umfassenden Nachweis des Arbeitgebers ankommen muss, ein berechtigtes Interesse an einer weltweiten Beschränkung des Arbeitgebers nachzuweisen. Dieser umfassenden Nachweispflicht wird nicht Genüge getan, wenn sich der Arbeitgeber lediglich auf die Entwicklung der Globalisierung und die Handelbarkeit seiner Produkte oder Dienstleistungen auf einem solchen globalen Markt beruft. Die bloße Absicherung von Marktchancen im Sinne eines Ausschlusses weiterer Anbieter eines bestimmten Produktes oder einer besonderen Dienstleistung findet in der restraint of trade doctrine keine Stütze.242 Je weitreichender ein Wettbewerbsverbot daher aus geografischer Sicht in der konkreten Wirkungsweise ist, desto höher sind die Anforderungen an den Arbeitgeber in Bezug auf die Geltendmachung eines entsprechenden berechtigten Interesses an der Wettbewerbsenthaltung. b) Rechtsprechungsbeispiele So wurde im Rahmen der Entscheidung S Nevans Ltd. v Walker & Foreman festgestellt, dass ein landesweites Wettbewerbsverbot einen erheblichen Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt und daher außergewöhnlich hohe Maßstäbe in 238

Commercial Plastics Ltd v Vincent (1965), 1 QB 623. Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co Ltd (1894), AC 535, 565; Commercial Plastics Ltd v Vincent (1965), 1 QB 623; Hastings v Whitley (1848), 2 Exch 611; Badische Anilin und Soda Fabrik v Schott, Segner & Co (1892), 3 Ch 447; Mallan v May (1843), 11 M&W 653; Selwyn, S. 492. 240 Im Ergebnis bereits festgestellt in Goldsoll v Goldman (1915), 1 Ch 292 8 CA. 241 Etwa in Scully UK Ltd v Lee (1988), IRLR 259. 242 Office Angels Ltd v Rainer Thomas (1991), IRLR 214. 239

208

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Bezug auf den Nachweis eines berechtigten Interesses anzulegen seien.243 Bestätigt wurde diese Forderung nach erheblichen Gründen für solche landesweiten Wettbewerbsverbote etwa in der Entscheidung Greer v Sketchley Ltd, in der eine Vereinbarung, wonach ein früherer Arbeitnehmer einem landesweiten („in any part of the UK“) Wettbewerbsverbot unterworfen war, als unzulässig beurteilt wurde, da der Arbeitgeber lediglich in bestimmten und recht genau abgrenzbaren Teilen Englands („Midlands and South of England“) operierte.244 Hieraus folgt jedoch nicht die grundsätzliche Unzulässigkeit nationaler Wettbewerbsverbote. Für den Fall, dass der Arbeitgeber tatsächlich in ganz England wirtschaftlich operiert, bleibt ihm die Möglichkeit der Verhängung eines landesweiten Wettbewerbsverbotes unbenommen.245 Hierauf hatte auch das Gericht in der Entscheidung Greer v Sketchley Ltd ausdrücklich hingewiesen.246 Zu Recht verweist Edwards247 in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung Littlewoods Organisation Limited v Harris248, in der ein landesweites Wettbewerbsverbot für zulässig befunden wurde, da der Arbeitgeber keine andere Möglichkeit gehabt hatte, seine Geschäftstätigkeit vor den unmittelbaren und existentiellen Auswirkungen eines zu einem unmittelbaren Konkurrenten abwandernden langjährigen Arbeitnehmers zu schützen, als diesen mit einem umfassenden und national geltenden Wettbewerbsverbot zu belegen.249 c) Einzelfallabhängigkeit Wie auch nach deutschem Recht richtet sich daher die zulässige geografische Ausdehnung ganz überwiegend nach den Umständen des Einzelfalles250, mit der Folge, dass die entsprechenden Argumentationen für bzw. gegen die Wirksamkeit einer bestimmten Abrede im konkreten Fall nur selten verallgemeinerungsfähig sind. Im Ergebnis heißt das, dass die Maßstäbe, anhand derer die Einzelfallabwägung zu erfolgen hat, zwar verallgemeinerungsfähig sind und im Sinne eines Prüfungsablaufes im Rahmen der restraint of trade doctrine festgeschrieben werden. Die Einzelfallabwägung als solche ist aber gerade nicht verallgemeinerungsfähig. So kann etwa ein Radius von 10 Meilen innerhalb einer bestimmten Stadt im Einzelfall zulässig sein251, ein Radius von 25 Meilen gerechnet von der Mitte Londons252 243

1269. 244 245 246 247 248 249

45. 250 251

S Nevans Ltd v Walker & Foreman (1914), 1 Ch 413, 425; Bowers (1983), LSG 1268, Greer v Sketchley Ltd (1979), IRLR 445; Edwards (1988), BLR 45. Edwards (1988), BLR 45. Greer v Sketchley Ltd (1979), FSR 197; Edwards (1988), BLR 45. Edwards (1988), BLR 45. (1977), 1 WLR 1472. Littlewoods Organisation Limited v Harris (1977), 1 WLR 1472; Edwards (1988), BLR Koffman/Macdonald, S. 416. Hollis & Co. v Stocks (1000), IRLR 712.

C. Restraint of trade doctrine

209

hingegen bereits nicht mehr. Dies erschwert, gerade im Hinblick auf einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Parteien, eine verlässliche Prognose zulässiger Wettbewerbsverbote in England in Bezug auf die zulässige geografische Ausdehnung. In Bezug auf die zulässige Ausdehnung eines Wettbewerbsverbotes wird oftmals auch auf die Entscheidung in Spafax Ltd v Harrison253 verwiesen.254 Hier war fraglich, ob es einem Arbeitnehmer während eines Zeitraumes von zwei Jahren nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses generell und uneingeschränkt untersagt werden darf, bestimmte Aufträge für Waren einzuholen, die er während der letzten sechs Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitgeber im Auftrag und auf Rechnung seines früheren Arbeitgebers verkauft hatte. Der Court of Appeal hielt dies für zulässig, da der Arbeitgeber entsprechende berechtigte Interessen für ein derart weitreichendes Wettbewerbsverbot vorbringen konnte.255 Im Fall Marley Tile Co. Ltd v Johnson256 war das Wettbewerbsverbot aus Sicht des Court of Appeal dagegen hinsichtlich der Dauer (ein Jahr) angemessen, jedoch nicht in Bezug auf den Umstand, dass es sich auf sämtliche Gebiete erstreckte, in denen der Arbeitnehmer in einem Zeitraum von 12 Monaten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses gearbeitet hatte. Da dies aufgrund mehrfachen Wechsels des Arbeitsplatzes einen erheblichen Radius bedeutet hätte, in dem der ausgeschiedene Arbeitnehmer nunmehr nicht hätte tätig werden dürfen, hielt das Gericht das Wettbewerbsverbot als für geografisch nicht von einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers gedeckt und daher für unwirksam.257 Die Literatur hat den zulässigen Umfang zudem dadurch zu bestimmen versucht, dass sich das Verbot im Falle des Schutzes von Kundenbeziehungen nur auf solche Kunden beziehen dürfe, mit denen der Arbeitnehmer tatsächlich während der letzten 12 Monate vor dem Ausscheiden Kontakt hatte.258 Wenn vertrauliche Informationen geschützt werden sollen, müsse sich das Verbot auf Kunden oder potentielle Kunden des Arbeitgebers beziehen.259 d) Fazit Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass zwischen der geografischen Ausdehnung des Wettbewerbsverbotes und dem Interesse des Arbeitgebers, welches durch die Vereinbarung geschützt werden soll, ein unmittelbarer funktioneller Zu-

252 253 254 255 256 257 258 259

Mason v Provident Clothing and Supply Co. Ltd (1913), AC 24. (1980), IRLR 442. So beispielsweise Edwards (1988), BLR 45, 46. Spafax Ltd v Harrison (1980), IRLR 442. (1982), ILRL 75. Marley Tile Co. Ltd (1982), ILRL 75, hierzu auch Edwards (1988), BLR 45, 46. Henssler/Braun/Harth/Taggart, Großbritannien, Rdn. 39. Henssler/Braun/Harth/Taggart, Großbritannien, Rdn. 39.

210

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

sammenhang bestehen muss.260 Bildet die Wettbewerbsabrede einen Bereich ab, der funktional über das zu schützende Interesse des Arbeitgebers hinausgeht (und sei es auch nur geringfügig), wird regelmäßig die Unwirksamkeit der Klausel festzustellen sein.261 Denn halten die englischen Gerichte die zu beurteilende Wettbewerbsabrede auch nur geringfügig für zu weitgehend, sind sie grundsätzlich nicht geneigt, dass Wettbewerbsverbot dennoch für zulässig zu erachten, weil die Überschreitung nur gering und möglicherweise noch innerhalb einer „Toleranzgrenze“ anzusiedeln ist. Eindrucksvoll unterstreicht dies die Entscheidung Spencer v Marchington262, in der eine Wettbewerbsabrede im Umfang von 25 Meilen von Seiten des Gerichts als zu weitgehend beurteilt wurde, da der zu schützende Kundenkreis des Arbeitgebers lediglich innerhalb eines Umkreises von 20 Meilen anzusiedeln war.263 Im Hinblick auf einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien wäre es nun aber offensichtlich unverhältnismäßig, die Klausel wegen der graduellen Überschreitung des vom berechtigten Interesse des Arbeitgebers gedeckten Bereiches insgesamt für unwirksam zu erachten. Das Gericht strich daher kurzerhand die Ausdehnung der Klausel auf 20 Meilen im Wege des „blue pencilling“264 zusammen. 5. Beachtung des öffentlichen Interesses Auch wenn ein Wettbewerbsverbot von den berechtigten Interessen des Arbeitgebers gedeckt sein sollte und grundsätzlich zumindest zwischen den Parteiinteressen angemessen erscheint, kann es dennoch insgesamt als unangemessen zu beurteilen sein, wenn es im Widerspruch zum öffentlichen Interesse steht. Das Interesse der Öffentlichkeit wirkt insbesondere als finales Korrektiv in Bezug auf die unmittelbaren Auswirkungen freien Wettbewerbs, wo dieser für die Öffentlichkeit besonders wichtig ist. Der Standardfall bildet hier die Versorgung der Öffentlichkeit mit bestimmten Gütern oder Dienstleistungen. Wenn etwa in einer bestimmten Stadt aufgrund eines Wettbewerbsverbotes zwischen dem Leiter einer Arztpraxis und einem bei ihm angestellten und möglicherweise hoch spezialisierten Arzt ein bestimmter Engpass an Ärzten entsteht, könnte die zugrunde liegende Abrede zwischen den Parteien aufgrund eines Verstoßes gegen das öffentliche Interesse als unwirksam zu bewerten sein, obwohl die Abrede zwischen den Parteien selbst in jeder Hinsicht angemessen ist und insbesondere durch ein berechtigtes Interesse (hier des Leiters der Praxis) gedeckt ist.265 Um bei der Berücksichtigung eines entgegenstehenden öffentlichen Interesses nun allerdings die Parteiinteressen nicht völlig auszublenden, werden entsprechende Abreden von Seiten der Gerichte zumeist nicht vollständig für 260

Greer v Sketchley Ltd (1979), IRLR 445. Edenfeld, ZfA 2004, 463, 476. 262 (1988), IRLR 392. 263 Spencer v Marchington (1988), IRLR 392. 264 Hierzu sogleich unter III. 265 Kerr v Morris (1987), Ch 90; Bridge v Deacons (1984), AC 705, 720; Treitel, S. 513; ders., Contract Law, S. 411. 261

C. Restraint of trade doctrine

211

undurchsetzbar beurteilt, sondern wie bereits angedeutet in ihrem Umfang beschränkt.266 6. Konkretisierung des Prüfungsverfahrens durch die aktuelle Rechtsprechung a) Vier-Stufen-Prüfung – Die Entscheidung TFR Derivatives Ltd v Simon Morgan Die jüngere Rechtsprechung hat versucht, die o.g. Grundsätze der Wirksamkeitsund Angemessenheitsprüfung in Form eines schematischen Prüfungsverfahrens zu vereinfachen. J. Cox konkretisierte die Wirksamkeitsprüfung als Vier-Stufen-Prüfung unter Berücksichtigung der restraint of trade doctrine und Einbeziehung der Argumente u. a. der Entscheidungen Herbert Morris und Mason v Provident Clothing & Supply Co Ltd in der Entscheidung TFR Derivatives Ltd v Simon Morgan267 aus dem Jahr 2005 wie folgt: • Stufe 1: Das Gericht muss unter sorgfältiger Interpretation des Regelungsgehaltes der Wettbewerbsabrede nach dem tatsächlichen Umfang der Vereinbarung forschen. • Stufe 2: Hat der bisherige Arbeitgeber hinreichend Beweis erbracht, dass er ein berechtigtes Interesse an der konkreten Wettbewerbsvereinbarung mit dem Arbeitnehmer hat? • Stufe 3: Sofern ein solches berechtigtes Interesse des Arbeitgebers vorhanden ist: Geht die Wettbewerbsvereinbarung über den durch das berechtigte Interesse des Arbeitgebers gerechtfertigten, angemessenen Umfang hinaus? Die Angemessenheit ist dabei aus Sicht eines vernünftigen Dritten in der Rolle der Parteien bei Vertragsschluss und unter Kenntnis sämtlicher Vertragsinhalte und der sonstigen Gesamtumstände zu beurteilen. • Stufe 4: Finale Ermessensentscheidung des Gerichts in Bezug auf einen etwaigen Antrag auf Unterlassung der Wettbewerbshandlungen des jeweiligen Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der Gesamtumstände.268 Der hier vorgeschlagene Prüfungsaufbau in Form einer Vier-Stufen-Prüfung bringt die entscheidenden Abwägungskriterien für die Wirksamkeitsbeurteilung einer Konkurrenzklausel auf den Punkt und schafft in zweierlei Hinsicht Rechtssicherheit: Zum einen sind die Gerichte hiernach in der Lage, die Wirksamkeit der Wettbewerbsabrede anhand eines schematischen Prüfungsablaufs zu beurteilen, der die notwendige Einzelfallbezogenheit und eine umfangreiche Interessenabwägung 266 267 268

Smith/Keenan, S. 366. (2005), IRLR 246. TFR Derivatives Ltd v Simon Morgan (2005), IRLR 246.

212

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

der konkreten Gesamtumstände gewährleistet. Zum anderen entsteht für Vertragsparteien einer Wettbewerbsvereinbarung zumindest in gewissem Umfang Rechtsund Planungssicherheit, da zumindest die Grundstrukturen einer etwaigen späteren Überprüfung durch die Gerichte bekannt und transparenter als zuvor sind. Da eine Durchsicht der anhand der restraint of trade doctrine ergangenen Gerichtsentscheidungen bis zum Jahr 2005 aber zeigt, dass die Gerichte zwar eine umfassende Angemessenheitsprüfung anhand der o.g. Prüfungskriterien durchführen, jedoch die eigentliche Einzelfallprüfung sehr stark von individuellen Gewichtungen der jeweiligen Richter abhängen und eine konkrete Prüfungsreihenfolge wie etwa nach deutschem Recht oftmals nicht erkennbar war, blieb abzuwarten, ob nachfolgende Entscheidungen die Vier-Stufen-Prüfung aus dieser Entscheidung aus dem Jahr 2005 aufgreifen würden. b) Bestätigung der Vier-Stufen-Prüfung – Die Entscheidung Ashcourt Rowan Financial Planning Ltd v Hall Bestätigt wurde die Vier-Stufen-Prüfung nun jüngst in der Entscheidung Ashcourt Rowan Financial Planning Ltd v Hall269 aus dem Jahr 2013. In der Entscheidung hatte J. Smith über eine sechsmonatige Wettbewerbsvereinbarung mit einem Wealth Management Director zu entscheiden und bezog sich hierbei ausdrücklich auf die Vier-Stufen-Prüfung der Entscheidung TFR Derivatives Ltd v Simon Morgan. Das Gericht befand die Klausel als zu weitgehend, da der Umfang der Klausel nicht vollständig von dem berechtigten Interesse der Gegenpartei gedeckt war (sowohl geografisch als auch hinsichtlich der verbotenen Tätigkeit im gesamten Finanzsektor) und daher insoweit gegen das öffentliche Interesse verstoße.270 Zukünftigen Vertragsparteien einer ähnlichen Konkurrenzklausel ist im Lichte dieser Entscheidung daher anzuraten, nicht nur die geografische Weite der jeweiligen Vereinbarung konkreter zu fassen, sondern auch die Art der verbotenen Tätigkeit konkreter, anhand der bisher beim Arbeitgeber erbrachten Arbeitsleistungen zu orientieren. Ein unbestimmtes Verbot bezogen auf die Tätigkeit in einem bestimmten Wirtschaftssektor wird dies sicherlich nicht leisten können. Bemerkenswert ist neben der Anwendung der Vier-Stufen-Prüfung der erneute Verweis auf das öffentliche Interesse, das verletzt werde, wenn Wettbewerbsvereinbarungen über das zugestandene berechtigte Interesse des Arbeitgebers hinausgehen.271 Hiermit schlägt das Votum in der Entscheidung Ashcourt Rowan Financial Planning Ltd v Hall die Brücke zu den o.g. Leitentscheidungen zur restraint of trade doctrine, die das öffentliche Interesse entsprechend stark in den Vordergrund gerückt haben. Die Entscheidung bringt insoweit in jeder Hinsicht Kontinuität und Transparenz in den Prüfungsablauf der Gerichte zur Beurteilung der Wirksamkeit von Konkurrenzklauseln. Sie gewährleistet neben der notwendigen Einzelfallbezogen269 270 271

(2013), EWHC 1185 (QB). Ashcourt Rowan Financial Planning Ltd v Hall (2013), EWHC 1185 (QB). Ashcourt Rowan Financial Planning Ltd v Hall (2013), EWHC 1185 (QB).

C. Restraint of trade doctrine

213

heit der Wirksamkeitsprüfung unter Einbeziehung des öffentlichen Interesses ein sowohl für die Gerichte als auch für zukünftig betroffene Vertragsparteien einer Konkurrenzklausel nicht zu unterschätzendes Maß an Rechtssicherheit, sollte sich die Anwendung der Vier-Stufen-Prüfung durch die Gerichte weiter verfestigen. Wenngleich diese Rechtssicherheit nicht viel weiter geht als eine rein prozessuale bzw. technische Vorhersehbarkeit des Prüfungsablaufs selbst und die Einzelfallabwägung der Gerichte hierdurch selbstredend nicht zu antizipieren ist, ist die Schematisierung der Prüfungskriterien mit Blick auf die Interessen der Vertragsparteien an jeder Form von Verlässlichkeit, Vorhersehbarkeit und Transparenz der Prüfungskriterien der Gerichte zu begrüßen. Es bleibt abzuwarten, ob die Kontinuität im Prüfungsaufbau der Gerichte bei der Frage der Wirksamkeit einer Konkurrenzklausel und des Interessenausgleichs zwischen den Vertragsparteien in Zukunft beibehalten wird.

III. Korrekturfunktion des blue pencil test Die englischen Gerichte sind nicht befugt, eine nach der restraint of trade doctrine unwirksame Wettbewerbsklausel inhaltlich neu zu fassen272, womit entsprechende Abreden zunächst im Ganzen unwirksam wären und der betroffene Arbeitnehmer nicht entsprechend gebunden würde.273 Um die hieraus erwachsenden Unbilligkeiten für die Arbeitgeberinteressen abzufedern, sieht das englische Recht den sog. blue pencil test vor, der in seiner Wirkungsweise, wie etwa von Waas aufgezeigt, dem Grundsatz der geltungserhaltenden Reduktion nach deutschem Recht ähnelt.274 Danach kann ein englisches Gericht in Ausnahmefällen Teile eines gegen die Voraussetzungen der restraint of trade doctrine verstoßenden Wettbewerbsverbotes teilweise zusammenstreichen, womit der unzulässige Teil der Klausel durch die Streichung wegfällt, der übrige Teil der Vereinbarung jedoch erhalten bleibt und die Vertragsparteien entsprechend vertraglich bindet.275 Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass die Klausel durch die Streichung inhaltlich nicht verändert, also nicht neu gefasst, sondern lediglich verkürzt und dann im wirksamen Umfang erhalten bleibt.276 Daher sind salvatorische Klauseln in den entsprechenden Verträgen empfehlenswert.277 In der Entscheidung Sadler v Imperial Life of Canada Ltd278 wurden die Voraussetzungen eines solchen blue pencilling einer Wettbewerbsklausel in Form einer grundsätzlichen Prüfungsfolge umrissen. Danach kommt ein Zusammenstreichen 272 273 274 275 276 277 278

JA Mont (UK) Ltd. v Mills (1993), IRLR 172. Neufeld, RIW 2002, 686, 689. Waas, S. 49; so auch Neufeld, RIW 2002, 686, 689. De Ly (2006), IBLJ 441, 454. Attwood v Lamont (1920), 3 KB 571 (CA); Bowers, Kapitel 6, Rdn. 6.58. De Ly (2006), IBLJ 441, 454. (1988), IRLR 388.

214

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

einer ansonsten unwirksamen Wettbewerbsvereinbarung in Form einer partiellen Geltungserhaltung des Klauselinhalts in Betracht, sofern • die unzulässige Vereinbarung im Wege des blue pencilling zusammengestrichen werden kann, ohne zugleich den Inhalt der Klausel ergänzen oder verändern zu müssen, • der verbleibende Inhalt der Klausel weiterhin vom berechtigten Interesse des Arbeitsgebers gestützt wird und • die Streichung der unzulässigen Teile der Klausel deren Gesamtcharakter nicht dahingehend verändert, dass die Parteien die Vereinbarung in dieser Form so nicht getroffen hätten. Auch die Anwendung des blue-pencilling ist damit in hohem Maße von den Besonderheiten des Einzelfalles abhängig.279 Zumeist handelt es sich dabei um Konstellationen, in denen die Hauptabrede zulässig ist, eine Nebenabrede hingegen nicht. So bewertete das House of Lords im Fall Nordenfelt die zugrunde liegende Wettbewerbsklausel hinsichtlich des Verbots, in den auf den Kaufvertrag folgenden 25 Jahren keine Waffen oder Munition herstellen zu dürfen, für wirksam, strich jedoch die Wettbewerbsklausel insoweit zusammen, als die Zusatzverpflichtung, sich „für 25 Jahre in keinerlei Weise in Konkurrenz zur Käuferin zu stellen“ als unangemessen bewertet und von Seiten des Gerichts kurzerhand gestrichen wurde. Die Vertragsparteien sind dennoch gehalten, nicht generell auf ein etwaiges Zusammenstreichen der Klausel durch die Gerichte zu vertrauen.280 Denkbar wäre etwa der Versuch des Arbeitgebers, einen bestimmten als „sicher“ zu beurteilenden Hauptteil der Klausel zu vereinbaren und diese durch schärfere Nebenabreden zu flankieren, die quasi zur Überprüfung durch die Gerichte gleich mitvereinbart werden. Hat der Arbeitgeber Glück, werden sie von Seiten der Gerichte „durchgewunken“. Wenn nicht, bleibt der eigentliche Hauptteil der Wettbewerbsklausel erhalten. Dieses Vorgehen steht jedoch unter dem Risiko, dass die Klausel von Seiten der Gerichte als einheitliches Wettbewerbsverbot betrachtet wird, deren Zusammenstreichung aufgrund einer aus Sicht des Gerichtes dann folgenden Inhaltsveränderung nicht in Betracht kommt.

279 Holland/Burnett, S. 219; im Falle der Auslegungsbedürftigkeit einer bestimmten Vertragsklausel hat sich diese stark am Wortlaut des Vertragstextes zu orientieren, da die Gerichte den Vertragspassus nicht neu für die Parteien entwerfen, Triebel u. a./Triebel/Jenner, § 2, Rdn. 34. 280 Edwards (1988), BLR 45.

C. Restraint of trade doctrine

215

IV. Fazit und Vergleich mit der deutschen Rechtslage Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind nach englischem Recht grundsätzlich undurchsetzbar und nur dann ausnahmsweise bindend, wenn sie nach dem Prüfungsmaßstab der restraint of trade doctrine insgesamt als angemessen zwischen den Vertragsparteien erscheinen. Dazu dürfen die dem Arbeitnehmer durch die Wettbewerbsabrede aufgebürdeten Wettbewerbsbeschränkungen nicht weiter gehen, als dies die berechtigten Interessen des Arbeitgebers insbesondere hinsichtlich der Dauer und der geografischen Ausdehnung des Wettbewerbsverbotes abdecken. Schließlich darf die Wettbewerbsabrede nicht gegen das öffentliche Interesse verstoßen. Die zuletzt in der Rechtsprechung angewendete Vier-Stufen-Prüfung vereint diese Wirksamkeitskriterien in ein schematisches Prüfungsverfahren, an dessen Ende stets eine abschließende Ermessensentscheidung bezogen auf eine Untersagung von Wettbewerbstätigkeit anhand der Gesamtumstände steht. 1. Einzelfallbezogenheit Im Vergleich zum Prüfungsumfang der §§ 74 ff. HGB fällt die Beurteilung der Wirksamkeit einer konkreten Wettbewerbsabrede nach englischem Recht deutlich einzelfallbezogener aus. Der in seiner Grundform als Prüfungsmaßstab innerhalb der restraint of trade doctrine erhalten gebliebene test of reasonableness verlangt dabei nach einer umfassenden Interessenabwägung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles. Dadurch wird dem Aufstellen verlässlicher (weil allgemein gültiger) Richtlinien in Bezug auf die einzelnen Wirksamkeitsschranken in weiten Teilen der Boden entzogen. Anders ausgedrückt: Die Ausrichtung der Angemessenheitsentscheidung anhand bestimmter Leitlinien würde gerade dem eigentlichen Sinn dieser Einzelfallprüfung entgegen stehen, so dass entsprechende Bestrebungen, seien sie zumindest aus Gründen der Rechtssicherheit zugunsten der Vertragsparteien bei der Vereinbarung der konkreten Abreden auch wünschenswert, von vornherein auf grobe Richtungsangaben reduziert bleiben müssen. Aus Sicht des Arbeitnehmers hat diese hohe Einzelfallbezogenheit der Prüfung allerdings den gewichtigen Vorteil, dass der Arbeitgeber bei der Festlegung der zeitlichen und geografischen Ausdehnung des Wettbewerbsverbots vorsichtig agieren und der Versuchung widerstehen sollte, eben diese Wirksamkeitsgrenzen auszutesten. Trotz der Möglichkeit des blue pencilling von Seiten der Gerichte stünde der Arbeitgeber im Extremfall bei Ausscheiden des Arbeitnehmers ohne wirksames Wettbewerbsverbot da. Ob er dieses Risiko durch die Vereinbarung sehr weit gefasster Wettbewerbsverbote tatsächlich eingehen möchte, sollte er sich im Einzelfall gut überlegen. 2. Berechtigtes Interesse Im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung spielt der Nachweis eines berechtigten Interesses wie nach deutschem Recht eine entscheidende Rolle. Auch hier stellt die

216

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Einzelfallbezogenheit des englischen Rechts eine erhebliche Stärkung der Arbeitnehmerseite dar. Der Arbeitgeber muss im konkreten Fall umfangreich Beweis vorlegen, dass er hinsichtlich der Position des Arbeitnehmers im Unternehmen sowie dessen konkrete Tätigkeit tatsächlich ein anerkennenswertes Interesse an der Beschränkung des Arbeitnehmers nach Ausscheiden aus dem Unternehmen hat. 3. Angemessenheitsprüfung Daneben unterliegt das Interesse einer abschließenden, umfangreichen Angemessenheitsprüfung im Lichte der individuellen Interessen der Vertragsparteien. Erforderlich ist also nicht nur ein bestimmtes Interesse aufgrund einer konkreten Gefährdungslage. Dieses muss darüber hinaus auch im Lichte der Interessen des Arbeitnehmers angemessen sein. Der Prüfungsmaßstab unterscheidet sich also von dem nach deutschem Recht geltenden Grundsatz in Bezug auf das berechtigte Interesse des Arbeitgebers insofern, als dessen wirtschaftliche Interessen durch eine Verwertung der vom Arbeitnehmer im Unternehmen gesammelten Kenntnisse und Fähigkeiten konkret gefährdet sein müssen. 4. Höchstdauer Deutlich grenzt sich das englische Recht vom deutschen auch im Bereich der zulässigen Höchstdauer des Wettbewerbsverbotes ab. Während nach deutschem Recht bis zu zwei Jahre zulässig und mit Blick auf die Rechtsprechung der Gerichte bei entsprechender Bereitstellung ausreichender Karenzentschädigung regelmäßig auch wirksam sind, wird sich die Wirksamkeitsgrenze nach englischen Recht regelmäßig (entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles) bei etwa der Hälfte, also einem Jahr, bewegen. Nötig ist dies im Hinblick auf den Interessenausgleich bereits aufgrund des fehlenden Anspruchs auf Karenzentschädigung zugunsten des Arbeitnehmers nach englischem Recht. Gerade die zulässige Höchstdauer ist insoweit eine der wesentlichen Schaltstellen des Interessenausgleichs, da mangels einer weiteren Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers in Form einer monetären Kompensation an dieser Stelle ein Hauptteil der Angemessenheitsprüfung stattfindet. Nur über die entsprechende Berücksichtigung und ggf. einer Justierung der Länge des Wettbewerbsverbotes kann daher ein individueller Interessenausgleich gelingen. 5. Geografische Ausdehnung Gleiches gilt für die geografische Beschränkung des Wettbewerbsverbotes. Während dem Arbeitnehmer nach deutschem Recht durch die Karenzentschädigung auch ein geografisch weit reichendes Wettbewerbsverbot zumindest monetär ausgeglichen wird, fehlt ein solches „sekundäres“ Regulativ nach englischem Recht. Daher muss bereits auf primärer Ebene anhand der geografischen Einschränkung des

D. Gegenleistung des Arbeitgebers für Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung

217

Wettbewerbsverbotes ein angemessener Ausgleich der Interessen herbeigeführt werden. Durch die o.g. Feststellungen zur nötigen zeitlichen und geografischen Wirksamkeitsbeschränkung der Wettbewerbsabrede soll indes nicht unterschlagen werden, dass auch nach deutschem Recht ein erheblicher Teil des Ausgleichs der Interessen anhand der Weite der Wettbewerbsabrede selbst stattfindet. Auch nach deutschem Recht muss der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Wettbewerbsvereinbarung haben und darf das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers durch die Wettbewerbsabrede nicht unbillig erschweren. Zudem muss sich die Wettbewerbsabrede geografisch zumeist ebenfalls auf bestimmte abgrenzbare Bereiche beschränken, sofern nicht ausnahmsweise ein globales Wettbewerbsverbot wirksam vereinbart werden kann. Zwar sind diese Wirksamkeitsvoraussetzungen in der Intensität nicht mit der Einzelfallbezogenheit nach englischem Recht zu vergleichen. Es darf allerdings nicht unterschätzt werden, dass auch die deutschen Gerichte nicht etwa sämtliche Wettbewerbsverbote, die nicht völlig ungewöhnliche Vertragsbestandteile enthalten, mit Blick auf die wirksame Karenzentschädigungsverpflichtung „durchwinken“.

D. Die Gegenleistung des Arbeitgebers für die Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung durch den Arbeitnehmer – doctrine of consideration I. Vorbemerkungen Der maßgebliche Ausgleichsfaktor der Parteiinteressen bildet nach deutschem Recht die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB. Diese Geldleistung des Arbeitgebers stellt vertragsmäßiges Entgelt für die Wettbewerbsenthaltung des scheidenden Arbeitnehmers dar. Dem steht das Recht des Arbeitgebers nach englischem Recht gegenüber, mit dem Arbeitnehmer wirksam eine Wettbewerbsabrede vereinbaren zu können, ohne diesem zugleich eine monetäre Gegenleistung während der Karenzzeit zukommen lassen zu müssen.281 Selbst wenn eine bestimmte Wettbewerbsabrede für den nachvertraglichen Zeitraum sämtliche Hürden der restraint of trade doctrine nimmt, stellt sich angesichts des während der Karenzzeit entstehenden Verdienstausfalls zulasten des Arbeitnehmers die Frage, ob wirklich ein gerechter Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien stattgefunden hat, wenn dem Arbeitnehmer für die Zeit der Wettbewerbsenthaltung keinerlei Geldleistungen zufließen, mit deren Hilfe er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Denn die Wirkungsweise eines nach der restraint of trade doctrine gleichwohl als angemessen zu beurteilenden Wettbewerbsverbotes ist 281 Etwa Henssler/Braun/Harth/Taggart, Großbritannien, Rdn. 41, mit dem Verweis auf J A Mont (UK) Ltd v Mills (1993), IRLR 172; TSC Europe UK (Ltd) v Massey (1999), IRLR 22.

218

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

ohne Zweifel geeignet, den Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis in seiner Existenz zu gefährden. Nur selten war dieser im Vergleich zur deutschen Rechtslage augenscheinliche Widerspruch im Hinblick auf den Interessenausgleich der Vertragsparteien bisher Gegenstand einer genaueren Auseinandersetzung in der Literatur.282 Je mehr sich der Arbeitnehmer in Bezug auf seinen Beruf und sein Tätigkeitsfeld spezialisiert, desto schwieriger wird ihm nach seinem Ausscheiden beim Arbeitgeber die Sicherung seiner Existenzgrundlage fallen, wenn er einem Wettbewerbsverbot unterliegt. Er wird also oftmals auf die Bildung einer Rücklage für die Dauer des Wettbewerbsverbotes angewiesen sein. Es wäre ohne genauere Betrachtung der Einzelumstände mit Blick auf einen Ausgleich der Parteiinteressen und das Gegenüberstehen von Leistung und Gegenleistung problematisch, wenn der Arbeitnehmer nun keinerlei Ausgleich für den Abschluss der Wettbewerbsvereinbarung erhielte. Das englische Vertragsrecht weist in diesem Zusammenhang eine entscheidende Besonderheit auf. Während nach deutschem Recht grundsätzlich zwei sich entsprechende Willenserklärungen für den wirksamen Abschluss eines Vertrages erforderlich sind, wird nach englischem Recht gemäß der „doctrine of consideration“ der wechselseitige (quid pro quo) Übergang einer bestimmten „Gegenleistung von Wert“ verlangt.283 Eine Person muss also zusätzlich zu seiner Willenserklärung etwas Werthaltiges hingeben, um sich im Gegenzug die Vorteile aus einem Leistungsversprechen sichern zu können. Döser verweist zu Recht darauf, dass dieses Prinzip dem deutschen Bürgerlichen Recht grundsätzlich fremd, allenfalls in Ansätzen in der schuldrechtlichen Draufgabe nach § 336 Abs. 1 BGB vorhanden ist.284 Eine Ausnahme von dem Grundsatz des Erfordernisses von consideration wird nur bei den mittlerweile äußerst selten285 vorkommenden und strengen Voraussetzungen unterliegenden gesiegelten Verträgen („contracts under seal“) anerkannt.286 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass es sich bei dem Großteil der Leitentscheidungen zum Bereich consideration bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten um vergleichsweise altes Richterrecht handelt. Der Großteil der im Folgenden dargestellten Leitentscheidungen erging bereits im 19. Jahrhundert. Regelmäßig wird in neueren Entscheidungen obligatorisch auf die Feststellungen in diesen Entscheidungen verwiesen bzw. werden die entsprechenden Grundsätze meist ohne Einschränkungen anhand der Umstände des zu entscheidenden Falles angewandt.

282

Zumindest angedeutet bei Sahavi, S. 75 f. Dyer’s Case (1414), YB 2 Hen V, fol 5 b, pl. 26. 284 Döser, NJW 2000, 1451, 1454. 285 Insbesondere bestimmte Grundstücksgeschäfte sind mittels gesiegelter Verträge zu schließen. 286 Bernstorff, S. 46 ff. 283

D. Gegenleistung des Arbeitgebers für Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung

219

1. Wechselseitiges Bereitstellen von consideration als grundlegendes Prinzip des Vertragsrechts Für die Durchsetzbarkeit eines vertraglichen Versprechens verlangte das englische Vertragsrecht ursprünglich consideration in Form eines „guten Grundes“ für das hingegebene Versprechen.287 Das Erfordernis eines guten Grundes wurde im Laufe der Entwicklung des Rechts dahingehend präzisiert, dass jede vertraglich durchsetzbare Willenserklärung, welche auf den Abschluss eines Vertrages abzielt, notwendigerweise einer consideration in Form eines Aktes oder eines Versprechens im Gegenzug zum erlangten Vorteil bedarf. Vor- und Nachteil müssen sich unmittelbar gegenüberstehen, aber nicht sachlich im Sinne einer Werthaltigkeitskongruenz aufeinander bezogen sein.288 Zudem musste das jeweilige Gegenstück ursprünglich „einen bestimmten wirtschaftlichen Wert“ haben.289 Dieses recht unkonkrete Erfordernis einer „bestimmten“ ökonomischen Bedeutung der consideration wurde durch die Feststellung entschärft (und dadurch letztlich obsolet), dass alles, was ein Versprechender im Gegenzug zum eigenen Versprechen einfordert, consideration im Rechtssinne darstellt.290 Ein bestimmter wirtschaftlich zu bemessender Wert, wie die Literatur es zuweilen fordert291, ist daher wohl nicht erforderlich.292 Jedwede individuelle Zuwendung aufgrund des Vertrages stellt taugliche consideration dar, solange es dem entspricht, was der Versprechende im Gegenzug zu seinem Versprechen verlangt hat und zudem eine gewisse Werthaltigkeit der Leistung gegeben ist.293 Nicht ausreichend ist es also, wenn die Gegenleistung lediglich zum Schein und ohne tatsächlichen eigenen Wert („illusory consideration“) abgegeben wird.294 Jede Partei eines Vertrages muss daher einen bestimmten Beitrag im Gegenzug zu dem aus dem Vertrag erlangten Vorteil leisten, damit der Vertrag insgesamt rechtliche Wirkung entfaltet. Ausreichend sind in diesem Zusammenhang auch gegenseitige Versprechen, wenn sich Versprechen und consideration bei den Vertragsparteien jeweils gegenüber stehen.295 Entscheidend ist schließlich, dass consideration tatsächlich vom jeweiligen Empfänger eines Versprechens geleistet wird.296 Nicht erforderlich ist hingegen, dass die consideration tatsächlich der Gegenseite unmittelbar zufließt. Ausreichend und möglich ist es daher auch, wenn die Leistung der

287 288 289 290 291 292 293 294 295 296

Thomas v Thomas (1848), 2 QB 851, 859; Benedict, RabelsZ 2005, 1, 7. Hürten, S. 29, 33. Tallis v Tallis (1853), 1 E&B 391; Hürten, S. 31. Mitchel v Reynolds (1711), 24 ER 347. So im Ergebnis wohl Sahavi, S. 74. McKendrick, S. 148 f. Ward v Byham (1956), 1 WLR 496; Gale v Reed 8 East 80, 86. Austen v Boys (1858), 2 De G&J 626, 637. Re Casey’s Patents Stewart v Casey (1892), 1 Ch. 104. Triebel u. a./Vogenauer, § 1, Rdn. 61.

220

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

consideration an einen Dritten erfolgt, sofern dies zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tatsächlich auch entsprechend vereinbart wurde.297 2. Konkrete Tauglichkeitserfordernisse Ausreichende und damit taugliche consideration erfordert die Bereitstellung des vollständigen Äquivalents des vom Versprechenden im Gegenzug zu seinem Versprechen Erwarteten. Für den Fall, dass eine Zuwendung bereits vor Abgabe des Versprechens geleistet wurde und nunmehr auf diese bereits in der Vergangenheit erbrachte Gegenleistung zurückgegriffen werden soll („past consideration“), ist diese Voraussetzung grundsätzlich nicht erfüllt.298 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann allerdings dann gegeben sein, wenn die in der Vergangenheit liegende Zuwendung auf Geheiß des Versprechenden getätigt wurde, zwischen den Parteien zum Zeitpunkt der Zuwendung Einigkeit darüber herrschte, dass aufgrund dieser Zuwendung zu einem späteren Zeitpunkt eine Handlung des Versprechenden zur Abgeltung dieser Zuwendung erfolgt und sowohl die Zuwendung als auch das Versprechen an sich geeignet sind, Bestandteile eines rechtswirksamen Vertrages zu sein.299 Nicht Teil dieser von Seiten des Gerichts durchgeführten Tauglichkeitsprüfung ist allerdings die Adäquanz der consideration. Die Erfüllung eines solchen Erfordernisses könnte aus objektiver Sicht kaum hinreichend beurteilt werden, da es sich hierbei um eine in hohem Maße individuell zu bestimmende Größe handelt. Aus diesem Grund sehen sich die Gerichte außer Stande, objektiv zu bestimmen, ob die gegenständliche, tatsächlich geleistete consideration adäquat ist oder nicht.300 In der diesbezüglichen Leitentscheidung Hitchcock v Coker301 stellte Tindal CJ in Bezug auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote klar, dass es den Gerichten fernliege, über die Frage zu befinden, ob die im Gegenzug zu einem Versprechen hingegebene consideration einen tatsächlich adäquaten Ausgleich für die im Gegenzug versprochene nachvertragliche Wettbewerbsenthaltung darstelle. Vielmehr obliege es den Vertragsparteien, selbst zu bestimmen, ob die jeweilige consideration einen wie auch immer gearteten Wert hat und daher als individuell adäquat gelten könne.302 Diese Einschätzung wurde in nachfolgenden Entscheidungen stets bestätigt. Nicht von Seiten der Gerichte überprüft wird daher insbesondere die wirtschaftliche An-

297

Tweddle v Atkinson (1861), 1 B&S 393. Bernstorff, S. 129 im Zusammenhang mit Bürgschaften; McKendrick, S. 199. 299 Pao On v Lau Yiu Long (1980), AC 614; weitere Ausnahmen existieren im Wechselrecht, hierzu Bernstorff, S. 203 ff. 300 Hitchcock v Coker (1837), 6 A&E 438; Centrovincial Estates plc v Merchant Investors Assurance Company Ltd (1983), Com.LR 158. 301 Hitchcock v Coker (1837), 6 A&E 438. 302 Triebel u. a./Vogenauer, § 1, Rdn. 60, 62. 298

D. Gegenleistung des Arbeitgebers für Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung

221

gemessenheit von Versprechen und Gegenleistung.303 Auch für die Parteien einer Wettbewerbsabrede gelten die allgemeinen Vertragsgrundsätze und damit die gegenseitigen Pflichten der Vertragsparteien zur Bereitstellung von consideration. Im Gegenzug zur versprochenen nachvertraglichen Wettbewerbsenthaltung muss dem Arbeitnehmer damit von Seiten des Arbeitgebers etwas Werthaltiges zufließen, da das Wettbewerbsverbot ansonsten unwirksam ist. In der Entscheidung Gravely v Barnard304 bezog man sich ausdrücklich auf die Feststellungen in Hitchcock v Coker und führte klarstellend aus, dass es bei der im Gegenzug zur nachvertraglichen Wettbewerbsenthaltung erlangten consideration des Arbeitgebers ausreiche, dass diese für den Arbeitnehmer eine Zuwendung von bestimmtem Wert hat, ganz gleich, wie hoch dieser Wert aus wirtschaftlicher oder ideeller Sicht sein mag. Die Gerichte prüfen damit im Streitensfalle die Tauglichkeit einer consideration lediglich daran, ob dem jeweiligen Empfänger eines Leistungsversprechens im Gegenzug irgendetwas Werthaltiges (nicht unbedingt wirtschaftlich Werthaltiges) zugeflossen ist, es sich bei dieser Gegenleistung um das handelt, was der Empfänger der consideration tatsächlich verlangt hat und die Leistung der consideration zweifelsfrei vorliegt. Sofern ein bestimmtes Versprechen, welches im Gegenzug gegeben wurde, allerdings undurchsetzbar ist – etwa weil die Gegenleistung rechtlich unzulässig ist – stellt dies keine taugliche consideration dar.305

3. Das Vorliegen von consideration als Teil der Angemessenheitsprüfung der restraint of trade doctrine Wie oben beschrieben sind im Rahmen der restraint of trade doctrine und der hiernach zu erfolgenden Angemessenheitsprüfung zusammenfassend die folgenden Erfordernisse zu berücksichtigen: • Das Wettbewerbsverbot muss im Hinblick auf die gegenseitigen Interessen der Vertragsparteien insgesamt angemessen sein, wobei die Wettbewerbsabrede insbesondere von einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers getragen sein muss und nicht über dieses hinausreichen darf. • Die Wettbewerbsabrede darf nicht gegen das öffentliche Interesse verstoßen. Vor diesem Hintergrund ist nun fraglich, ob das auf allgemeinen Vertragsgrundsätzen beruhende Prinzip der consideration bei Wettbewerbsvereinbarungen Teil dieser Angemessenheitsprüfung nach der restraint of trade doctrine oder außerhalb dieser Teil einer gesonderten Prüfung ist. Wie gezeigt prüfen die Gerichte nicht, ob die erhaltene consideration objektiv adäquat und damit angemessen ist, 303

Bainbridge v Firmstone (1838), 1 P&D 2; Chappell & Co. Ltd v Nestlé Co. Ltd (1960), AC 87. 304 (1874), LR 18 Eq. 578. 305 Gaisberg v Storr (1950), 1 KB 107; Tallis v Tallis (1853), 1 E&B 391; Gravely v Barnard (1874), LR 18 Eq. 578.

222

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

sondern nur, ob zwischen den Vertragsparteien wechselseitig jeweils irgendetwas Werthaltiges ausgetauscht wurde. Matthews und Adler merken in diesem Zusammenhang an, dass es auf den ersten Blick verwunderlich ist, wenn die Gerichte einerseits offensichtlich in der Lage sind, die Angemessenheit einer Wettbewerbsvereinbarung umfangreich zu beurteilen, sich andererseits allerdings außer Stande sehen, selbiges bei der sich aufdrängenden Frage der Angemessenheit der consideration zu leisten.306 Die Gerichte begäben sich damit einer zusätzlichen wirksamen Möglichkeit, den Arbeitnehmer vor umfangreichen Konkurrenzklauseln zu schützen. Die Entscheidung Hitchcock v Coker habe allerdings in dieser Hinsicht ein für alle mal Tatsachen geschaffen, an denen nunmehr nicht mehr gerüttelt werden könne.307 Diese Feststellungen sprechen zunächst dafür, auch die Prüfung des Vorliegens von consideration außerhalb der Angemessenheitsprüfung nach den Grundsätzen der restraint of trade doctrine verorten zu müssen. Zu Recht haben Matthews und Adler308 sowie Sahavi309 in diesem Zusammenhang aber darauf verwiesen, dass die Prüfung des Vorliegens von consideration Teil der Angemessenheitsprüfung nach der restraint of trade doctrine sein müsse. Die Frage nach dem Vorliegen tauglicher consideration ist bei Wettbewerbsabreden danach Bestandteil der Prüfung der Angemessenheit der Wettbewerbsabrede im Hinblick auf die gegenseitigen Interessen der Vertragsparteien.310 Hierfür spricht bereits der Charakter der restraint of trade doctrine als Zusammenfassung sämtlicher Elemente der Angemessenheitsprüfung, die im Hinblick auf den konkreten Inhalt der Wettbewerbsabrede und den konkreten Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien maßgeblich sind. Dabei stellt die Frage, ob überhaupt eine werthaltige Gegenleistung im Gegenzug zum Versprechen des Arbeitnehmers zur nachvertraglichen Wettbewerbsenthaltung geflossen ist, einen Teil der Interessenabwägung dar. Folglich wäre auf Seiten des zuständigen Gerichts eine weitere Prüfung der Voraussetzungen der restraint of trade doctrine ausgeschlossen, wenn bereits keine taugliche consideration zwischen den Parteien der Wettbewerbsabrede geflossen wäre. Da zwingender Teil der Wettbewerbsabrede gerade das Versprechen des Arbeitnehmers ist, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Konkurrenztätigkeit in Form des durch die Abrede genauer umfassten Umfangs aufzunehmen, wird man eine fehlende taugliche consideration allenfalls bei der Gegenleistung des 306

Matthews/Adler, S. 67. Matthews/Adler, S. 67, 70. 308 Matthews/Adler, S. 71, die das völlige Fehlen von consideration als sicheren Indikator für eine insgesamt unangemessene Wettbewerbsabrede erachten. 309 Sahavi, S. 76. Zumindest die grundsätzliche Tauglichkeit der Höhe der consideration als tauglicher Abwägungsgrund in Bezug auf die Angemessenheit der Wettbewerbsabrede annehmend Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 48, S. 44. 310 Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns & Ammunition Co. Ltd. (1894), AC 535, 565; zudem richtiger Hinweis von Sahavi auf den konkreten Wortlaut der Entscheidung Nordenfelt („(…) though of course the quantum of consideration may enter into the question of reasonableness of contract.“), Sahavi, S. 9. 307

D. Gegenleistung des Arbeitgebers für Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung

223

Arbeitgebers feststellen können. Vergleichsweise neue Entscheidungen scheinen die Annahme, dass die Höhe der consideration Teil der Angemessenheitsprüfung in Bezug auf die Wettbewerbsabrede ist, auch zu stützen.311

II. Konkreter Ausgleich des Arbeitnehmers für die versprochene Wettbewerbsenthaltung Es stellt sich damit die Frage, was dem Arbeitnehmer für das Versprechen der abredegemäßen Wettbewerbsenthaltung im Gegenzug konkret an consideration von Seiten des Arbeitgebers zufließen muss, damit die Wettbewerbsabrede, unterstellt, die übrigen Voraussetzungen der restraint of trade doctrine wären ebenfalls erfüllt, insgesamt als angemessen und damit wirksam beurteilt werden kann. In ihren kurzen Stellungnahmen zu dieser Frage verweisen Sahavi und Brendel zu Recht darauf, dass sich die Tauglichkeitsfrage der jeweiligen consideration des Arbeitgebers im Gegenzug zum Versprechen der vertragsgemäßen Wettbewerbsenthaltung durch den Arbeitnehmer maßgeblich nach dem Zeitpunkt richte, zu dem die Wettbewerbsabrede vereinbart wird.312 Zum Zeitpunkt des tatsächlichen Abschlusses der Wettbewerbsabrede muss consideration von Seiten des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer fließen, da es schlichtweg unangemessen wäre, einer Person eine solch weitreichende Erklärung wie eine nachvertragliche Wettbewerbsenthaltung abzunehmen, ohne ihm zugleich etwas als Gegenleistung zufließen zu lassen.313 Es bleibt wie beschrieben aber grundsätzlich dem betroffenen Arbeitnehmer selbst überlassen, zu beurteilen, ob er diese Gegenleistung subjektiv für ausreichend und adäquat und damit in Bezug zur Wettbewerbsenthaltung tauglich einstuft.314 Dies ist unmittelbare Folge der Aufrechterhaltung weitestgehender Vertragsfreiheit nach englischem Recht, welches bestimmte Grundpfeiler wie die restraint of trade doctrine mitsamt dem Erfordernis nach consideration bereitstellt, aber bewusst nicht bis an die Wurzeln der individuellen vertraglichen Selbstbestimmung vordringen will. 1. Abschluss vor Beginn des Arbeitsverhältnisses Vor Beginn des Arbeitsverhältnisses, also regelmäßig bei Verhandlung oder Abschluss des Arbeitsvertrages, ist die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers gewöhnlich am schwächsten. Er befindet sich in einem Schwebezustand, in dem der Arbeitvertrag unmittelbar in Aussicht gestellt wird, der Arbeitgeber allerdings regelmäßig den Gestaltungsprozess diktiert und sich der Arbeitnehmer, so er die 311 Amoco Australia Pty Ltd v Rocco Bros Motor Engineering Co. Pty Ltd (1975), 1 All ER 968, 978; Alec Lobb (Garages) Ltd v Total Oil GB Ltd (1985), 1 All ER 303, 309 f. 312 Sahavi, S. 74 f.; Brendel, S. 176. 313 Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 48, S. 44. 314 Matthews/Adler, S. 68.

224

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Anstellung tatsächlich erreichen will, in einer passiven Rolle befindet. Im Zweifel muss er die vom Arbeitgeber diktierten Vertragsbedingungen – auch und besonders im Hinblick auf die Wettbewerbsabrede – akzeptieren, um den erhofften Vertragsabschluss zu erreichen. Da er möglicherweise bei einem Scheitern des Vertragsabschlusses in den Zustand der Arbeitslosigkeit zurückfällt, wird ihm zu diesem Zeitpunkt besonders an der Zufriedenstellung seines zukünftigen Arbeitgebers gelegen sein. Er wird sich in der Folge also möglicherweise auf Vertragsbedingungen einlassen, die ihn im Vergleich zur Position des Arbeitgebers deutlich benachteiligen und auf die er sich bei einer anderen Verhandlungsposition nicht eingelassen hätte. Insoweit ergeben sich keine Unterschiede zur deutschen Rechtslage. Trotz der geschwächten Verhandlungsposition des Arbeitnehmers präferiert das englische Recht in diesem Stadium die weitgehende Aufrechterhaltung der individuellen Vertragsfreiheit und lässt bereits das Inaussichtstellen der Anstellung beim Arbeitgeber als taugliche consideration im Gegenzug zum Versprechen der nachvertraglichen Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers ausreichen.315 In der Entscheidung Leighton v Wales316 wurde etwa die Zusicherung, dass eine bestimmte Partnerschaft für mindestens einen Monat bestehen werde, als taugliche consideration in Bezug auf die vereinbarte Wettbewerbsabrede erachtet. Die gleiche Länge wird auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses regelmäßig als taugliche consideration angesehen.317 Sogar das Bereitstellen eines Arbeitsplatzes ohne bzw. in Form einer sehr unbestimmten Festlegung einer vertragsmäßigen Vergütung sowie einer Kündigungsfrist bzw. einer Mindestvertragsdauer wird als taugliche consideration beurteilt.318 Nur selten wird im Rahmen der Voten der Richter bei Wettbewerbsverboten vor oder bei Beginn der Arbeitsaufnahme überhaupt auf die Frage eingegangen, ob taugliche consideration vorliegt. Aus diesem Grund fehlt es auch an aktueller einschlägiger Rechtsprechung, die sich ausführlich mit dieser Fragestellung auseinandersetzt. Man begnügt sich – wenn überhaupt – mit der Feststellung, dass in dem Bereitstellen des Arbeitsplatzes von Seiten des Arbeitgebers taugliche consideration im Gegenzug zur versprochenen Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers bereitgestellt wurde.319 Wenn die Frage der consideration aufgeworfen wird, so wird diese regelmäßig nicht weiter problematisiert. In der Entscheidung Middleton v Brown wurde etwa eine Wettbewerbsvereinbarung für zulässig erachtet, die im 315

Davis v Mason (1793), 5 Term Rep 118; Sainter v Ferguson (1849), 7 CB 716; Gravely v Barnard (1874), LR 18 Eq 518; Cooper v Soulgate (1894), 10 R 552; Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 52, S. 45; Sahavi, S. 74; ebenfalls Brendel, S. 176 mit dem Verweis auf die wirtschaftliche Werthaltigkeit des zur Verfügung gestellten Arbeitsplatzes. 316 (1838), 3 M&W 545. 317 Proctor v Sargent (1840), 2 M&Gr 20. 318 Sainter v Ferguson (1849), 7 C B 716; Benwell v Inns (1957), 24 Beav. 307; Mumford v Gething (1859), 7 CBN, S. 305; Howard v Danner (1901), 17 TLR 548; hierzu auch Matthews/ Adler, S. 80 ff. 319 Konsequent daher Sahavi, S. 74.

D. Gegenleistung des Arbeitgebers für Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung

225

Gegenzug zu dem Versprechen zur nachvertraglichen Wettbewerbsenthaltung die Zusage des Arbeitgebers vorsah, den Arbeitnehmer zu einem bestimmten Fixum und mit einer sehr kurz bemessenen beiderseitigen Kündigungsfrist von einer Woche zu beschäftigen.320 Jessel MR hielt diese Beschäftigungszusage trotz der extrem kurzen Kündigungsfrist, die offensichtlich vor allem den Arbeitgeber begünstigte, für taugliche consideration des Arbeitgebers in Bezug auf die Abgabe der Willenserklärung des Arbeitnehmers zum Abschluss der Wettbewerbsabrede.321 Solange keine Anzeichen für eine besonders unfaire einseitige Begünstigung des Arbeitgebers vorlägen, mangele es einer derartigen Vereinbarung nicht an tauglicher consideration.322 Jedenfalls reiche allein die Tatsache, dass der Arbeitnehmer vor Aufnahme der Arbeitstätigkeit beim Arbeitgeber und im Kontext des Abschlusses des Arbeitsvertrages hinsichtlich seiner Verhandlungsposition besonders geschwächt und damit auch besonders schützenswert sei323 nicht aus, um eine solche besonders unfair erscheinende einseitige Bevorteilung des Arbeitgebers annehmen zu können.324 Über diese Einschätzung des Court of Appeal kann man geteilter Meinung sein, dürften Situationen, in denen der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber in ähnlich geschwächter Position gegenübersteht wie bei Abschluss bzw. Verhandlung des Arbeitsvertrages, doch vergleichsweise selten sein. Wird in diesem Zusammenhang zugleich oder als Teil des Arbeitsvertrages eine Wettbewerbsabrede vereinbart, wird sich der Arbeitnehmer wie beschrieben regelmäßig der Zwangslage ausgesetzt sehen, entweder das Wettbewerbsverbot wie vom Arbeitgeber vorgeschlagen zu akzeptieren oder aber den Arbeitsplatz erst gar nicht zu erhalten. 2. Abschluss während des laufenden Arbeitsverhältnisses Auch bei Vereinbarung der Wettbewerbsabrede während des laufenden Arbeitsverhältnisses wird eine taugliche consideration des Arbeitgebers in der – nun fortgesetzten – Bereitstellung des Arbeitsplatzes gesehen.325 In der zuvor bereits angesprochenen Entscheidung Gravely v Barnard hatte sich der Arbeitnehmer während des laufenden Arbeitsverhältnisses vertraglich dazu verpflichtet, nach einem etwaigen Ausscheiden aus dem Unternehmen des Arbeitgebers in einem bestimmten Radius keine Konkurrenztätigkeit aufzunehmen. Das Gericht wertete bereits die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Abschluss der Wettbewerbsvereinbarung als taugliche consideration.326 Es mache keinen Unterschied, ob 320

Middleton v Brown (1878), 47 LJ Ch. 411. Middleton v Brown (1878), 47 LJ Ch. 411; Jolly, S. 26, 27. 322 Middleton v Brown (1878), 47 LJ Ch. 411. 323 Anders etwa, wenn darüber hinaus Betrug, Zwang oder Täuschung des Arbeitnehmers vorliegen, Jolly, S. 27. 324 Middleton v Brown (1878), 47 LJ Ch. 411; Jolly, S. 27. 325 Gravely v Barnard (1874), LR 18 Eq. 578; Sahavi, S. 75; Brendel, S. 176. 326 Gravely v Barnard (1874), LR 18 Eq. 578. 321

226

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Abschluss der Wettbewerbsvereinbarung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses als consideration den Arbeitsplatz zur Verfügung stelle oder, wie hier, bei bereits laufendem Arbeitsverhältnis, die Fortsetzung desselben.327 Jolly verweist auf einen weiteren, allerdings nicht veröffentlichten Fall, in dem eine taugliche consideration für eine Wettbewerbsabrede während des laufenden Arbeitsverhältnisses gar darin gesehen wurde, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor eingestellt hatte.328 Die nach Sahavi vom Arbeitgeber zusätzlich darzulegende Absicht, den Arbeitnehmer bei Nichtabschluss der Wettbewerbsvereinbarung andernfalls zu kündigen329, wird zumindest nicht durchgängig verlangt. Sinnvoll ist dieses Erfordernis trotzdem, da dem Arbeitnehmer nur so ein besonderer Mehrwert für den Abschluss der Wettbewerbsabrede zufließt.330 Der Beweis einer solchen Kündigungsabsicht bei Nichtabschluss der Wettbewerbsvereinbarung bringt dabei möglicherweise einige Schwierigkeiten mit sich.331 Sofern der Arbeitgeber nicht auf vergleichbare Fälle in der Vergangenheit verweisen kann, wird er seine Kündigungsabsicht anhand der Gesamtumstände hinreichend glaubhaft machen müssen. 3. Abschluss bei oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Bisher nur selten Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzung ist die Frage, wie die Gegenleistung auszufallen hat, wenn der Arbeitnehmer bereits ausgeschieden ist oder kurz davor steht, auszuscheiden. Hier kann die Beschäftigung offensichtlich nur dann taugliche consideration sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer außerhalb des sachlichen Zusammenhanges seines bisherigen Arbeitsvertrages eine neue Anstellung anbietet, etwa in einem Tochterunternehmen. Zumeist wird in solchen Fällen von Seiten des (früheren) Arbeitgebers tatsächlich eine bestimmte Geldleistung als consideration an den Arbeitnehmer zu zahlen sein.332 Die Wirksamkeit der Wettbewerbsabrede ist dann gleichwohl noch an den Grundsätzen der restraint of trade doctrine zu messen.333

327

Gravely v Barnard (1874), LR 18 Eq. 578. Jolly, S. 26. 329 Sahavi, S. 75. 330 Woolbridge & Sons v Bellamy (1911), 1 Ch 326, 332, 333; Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 52, S. 45. 331 Sahavi, S. 75. 332 Smith/Keenan, S. 360, verbunden mit dem Hinweis, dass trotz der Zahlung die Grundsätze der restraint of trade doctrine zu beachten seien; Sahavi, S. 75; Brendel, S. 176. 333 Turner v Commonwealth and British Minerals Ltd (2000), IRLR 114 CA; Growe, S. 235. 328

D. Gegenleistung des Arbeitgebers für Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung

227

4. Fazit und Vergleich mit der deutschen Rechtslage Im Vergleich zum deutschen Recht fällt die Gegenleistung des Arbeitnehmers für das Versprechen, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Konkurrenztätigkeit im Umfang der konkret getroffenen Abrede aufzunehmen, in jeder Hinsicht ernüchternd aus. Das consideration-Erfordernis nach englischem Recht stellt aus diesem Blickwinkel nicht wesentlich mehr als eine rein obligatorische Anforderung dar, die bei Vereinbarung vor Aufnahme des Arbeitsverhältnisses oder während desselben bereits durch das Zurverfügungstellen des Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber erfüllt wird. Auch im Zusammenhang mit nachvertraglichen Wettbewerbsverboten handelt es sich bei der Voraussetzung der Bereitstellung von consideration faktisch ganz überwiegend um einen reinen Formalismus und vor allem mit Blick auf § 74 Abs. 2 HGB um keine echte Wirksamkeitsschranke. a) Fehlende Angemessenheit der Gegenleistung Dieser Umstand verwundert aus Sicht der deutschen Rechtslage, da sich die Bereitstellung des Arbeitsplatzes eher in unmittelbar funktionalem Zusammenhang mit der tatsächlichen Ableistung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer darstellt und zunächst nicht unmittelbar mit der späteren Wettbewerbsenthaltung verknüpft zu sein scheint. Daher deutet mit Blick auf die Karenzentschädigungspflicht des Arbeitgebers nach deutschem Recht Vieles darauf hin, dass nach den bisherigen Ausführungen zum gerechten Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien dem Arbeitnehmer nach englischem Recht gerade keine angemessene Gegenleistung für die Wettbewerbsenthaltung gewährt wird. Hierfür spricht vor allem, dass der Arbeitnehmer bei Unterzeichnung der Wettbewerbsenthaltung allein und der darauf folgenden (fortgesetzten) Bereitstellung des Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber keine unmittelbare Gegenleistung zur Absicherung der Existenzgrundlage während der späteren Wettbewerbsenthaltung erhält. Eine entsprechende Absicherung ließe sich allenfalls mit dem Argument begründen, dass die Zeit der Wettbewerbsenthaltung durch den Bezug von Arbeitsentgelt während des laufenden Arbeitsverhältnisses mitverdient werde. Eine entsprechende Argumentation scheitert aber bereits daran, dass sich der Arbeitnehmer über die Pflicht zur Arbeitsleistung hinaus zu einer weiteren Leistung, nämlich der Enthaltung von Wettbewerbshandlungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, bereit erklärt. Auch diese Mehrleistung als durch das Arbeitsentgelt abgegolten betrachten zu wollen, wäre zumindest im Vergleich zur deutschen Rechtslage und des in diesem Zusammenhang festgestellten Interessenausgleichs problematisch. b) Ausgleich durch umfassende Wirksamkeitsprüfung Der Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien findet damit nach englischem Recht im Gegensatz zur deutschen Rechtslage fast ausschließlich auf Ebene

228

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

der Wirksamkeitsprüfung der Wettbewerbsabrede statt.334 Während nach deutschem Recht innerhalb bestimmter Schranken nach den §§ 74 ff. HGB vergleichsweise viele Wettbewerbsabreden zulässig sind und der maßgebliche Ausgleich zwischen den Parteiinteressen im Bereich des monetären Ausgleichs für die Wettbewerbsenthaltung zu suchen ist, wird der Arbeitnehmer hinsichtlich seiner Interessen nach englischem Recht nahezu ausschließlich auf die Angemessenheitsprüfung nach der restraint of trade doctrine verwiesen. Im Vergleich zur deutschen Rechtslage fällt die Prüfung der Wirksamkeit, insbesondere aber der Angemessenheit der Wettbewerbsabrede, tatsächlich deutlich einzelfallbezogener aus. Den Arbeitnehmerinteressen soll danach also bereits auf der Ebene der wirksamen Vereinbarkeit einer bestimmten Wettbewerbsabrede maßgeblich Rechnung getragen werden, während das deutsche Recht eher die monetäre Absicherung in den Vordergrund zu rücken scheint. c) Stellungsnahme Welches System kommt nun dem gerechten Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien näher? Wie bereits mehrfach festgestellt wird der Arbeitnehmer die durch die Einhaltung der Wettbewerbsabrede entstehenden Nachteile vor allem auf monetärer Ebene spüren. Er kann seinem erlernten Beruf für eine bestimmte Zeit in einem bestimmten Umfang nicht mehr oder nur noch teilweise nachgehen und verliert dadurch zumeist seine maßgebliche Einnahmequelle zur Sicherung seiner Existenz. Hinzu kommt das Problem der fehlenden Möglichkeit zur Sicherstellung kontinuierlicher einschlägiger Berufserfahrung, ein etwa aufgrund der beschleunigt fortschreitenden technischen Entwicklung in bestimmten Wirtschaftszweigen mitunter erheblicher Nachteil. Nach deutschem Recht erhält der Arbeitnehmer für die Wettbewerbsenthaltung mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen. Diese maßgeblich reduzierte Bereitstellung von laufendem Entgelt auch während der Karenzzeit soll dem Arbeitnehmer die Sicherung seiner Existenz ermöglichen. Nach englischem Recht erhält der Arbeitnehmer wohl nur im Falle eines Abschlusses der Wettbewerbsabrede nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwingend eine monetäre Entschädigung für die nachfolgende Karenzzeit. Der Arbeitgeber ist selbstverständlich frei darin, dem Arbeitnehmer auch bei Abschluss der Wettbewerbsabrede vor Beginn des Arbeitsverhältnisses oder während des Laufs desselben eine monetäre Zuwendung für die Karenzzeit in Aussicht zu stellen. Hierzu wird er sich vorwiegend aber nur dann veranlasst sehen, wenn er den Arbeitnehmer unbedingt für sein Unternehmen gewinnen will und er ohne eine entsprechende monetäre Kompensation der Karenzzeit fürchten muss, den Arbeitnehmer erst gar nicht für sein Unternehmen gewinnen zu können und ihn damit womöglich an die Konkurrenz zu verlieren. Hierzu verpflichtet ist er nach englischem Recht aber nicht. Als not334 Dies bedeutet zugleich aber auch, dass auch im Falle des Bereitstellens einer freiwilligen Entschädigungszahlung durch den Arbeitgeber das Wettbewerbsverbot den Voraussetzungen der restraint of trade doctrine entsprechen muss, um wirksam zu sein, Smith/Keenan, S. 360.

D. Gegenleistung des Arbeitgebers für Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung

229

wendige Gegenleistung für ein wirksames Wettbewerbsverbot reicht wie gezeigt die Bereitstellung des Arbeitsplatzes selbst aus. Hier kommt nun die volle Wirkung der Gewährleistung höchstmöglicher Vertragsfreiheit nach englischem Recht zum Tragen: Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer keine Karenzentschädigung zahlen, der Arbeitnehmer muss den Arbeitsplatz selbstverständlich aber auch nicht annehmen. Im Hinblick auf den Interessenausgleich stellt sich nun aber das Problem, dass der Arbeitnehmer womöglich auf den Arbeitsplatz angewiesen ist, wenn ihm nur wenige Stellen überhaupt offen stehen und entsprechende Wettbewerbsverbote branchenüblich sind. Als Beispiel kann hier erneut die IT-Branche angeführt werden, in der in bestimmten Bereichen wie etwa der Produktentwicklung umfangreiche Wettbewerbsverbote branchenüblich sind, zugleich aber die verfügbaren Stellen gerade in Zeiten wirtschaftlichen Abschwungs mitunter nur noch in geringer Zahl zur Verfügung stehen. Wie gezeigt wäre es angesichts der offenkundigen Überlegenheit des Arbeitgebers hinsichtlich der Verhandlungsbasis nun unter Umständen angezeigt, ein ohne monetäre Entschädigung vereinbartes Wettbewerbsverbot schlicht für unfair und damit unwirksam einzustufen. Fälle, in denen eine fehlende monetäre Kompensation als (im Hinblick auf die unterschiedlichen Verhandlungsstärken der Parteien) unfair bewertet wurde, sind indes nicht aufzufinden. Angesetzt wird vielmehr bei der Dauer und/oder der geografischen Ausdehnung des Wettbewerbsverbotes, welches dann zuweilen mithilfe des blue pencil test zusammengestrichen wird. Die bloße Zusammenstreichung eines Wettbewerbsverbotes wird allerdings dem Ziel des gerechten Interessenausgleichs zwischen den Vertragsparteien nicht in vollem Umfang gerecht werden können. Der Arbeitnehmer erhält während der Karenzzeit keine monetäre Gegenleistung für seine Wettbewerbsenthaltung, während sich der Arbeitgeber im Gegenzug zu der Enthaltung auch und gerade die finanziellen Vorteile aus der Abrede sichern kann und noch dazu im Stadium der Karenzzeit kein Arbeitsentgelt an den Arbeitnehmer zahlen muss. Hier wiegt der „Trost“ des Arbeitnehmers, dass seine Wettbewerbsbeschränkung möglicherweise im Vergleich zu einer Vereinbarung nach deutschem Recht kürzer und geografisch weniger umfassend ausfällt, unter Umständen nur gering, da er seine Existenz gleichwohl auf andere Weise sichern muss als durch die Ausübung seines bisherigen Berufes an demselben Ort. Die fehlende Karenzentschädigungspflicht nach englischem Recht lässt auch soziale Bindungen und Verpflichtungen des Arbeitnehmers außer Acht. Nicht allen von einer Wettbewerbsabrede betroffenen Arbeitnehmern – und es geht der restraint of trade doctrine gerade auch um die Erfassung des möglicherweise besonders kritischen Einzelfalles – ist die Ausübung des Berufes etwa in einer anderen Stadt oder einem anderen Land möglich, wenn die geografisch zulässige Ausdehnung der Wettbewerbsabrede Entsprechendes erfordert. Hinzu kommen etwaige Unterhaltspflichten, denen der Arbeitnehmer möglicherweise neben der Sicherung seiner ei-

230

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

genen Existenz nachkommen muss. Die sozialen Interessen des Arbeitgebers treten nach englischem Recht im Vergleich zu den Interessen des Arbeitgebers damit weitgehend in den Hintergrund. Dies kann auch die teilweise Beschneidung des wirksam zu vereinbarenden Rahmens eines Wettbewerbsverbotes und die Einzelfallbezogenheit der Wirksamkeitsprüfung nicht ausgleichen. Auch hier zeigt sich das deutsche Recht deutlich flexibler, da eine etwaige in Anspruch genommene zulässige Verdienstmöglichkeit des Arbeitnehmers während der Karenzzeit auf seinen Karenzentschädigungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber angerechnet wird. Der Arbeitnehmer soll also lediglich davor bewahrt werden, wirtschaftlich ins Bodenlose zu fallen. Diese wirtschaftliche Grundsicherung stellt das englische Recht dagegen nicht sicher, obwohl sich der Arbeitgeber im Gegenzug in vollem Umfang die Vorteile aus der Wettbewerbsabrede sichern kann. d) Fazit Insgesamt ist daher festzuhalten, dass der fehlende finanzielle Ausgleich der Arbeitnehmer im Gegenzug zur abredegemäßen Wettbewerbsenthaltung nach englischem Recht zu einer Schieflage des Interessenausgleiches zulasten der Arbeitnehmer führt. Die Arbeitgeberseite profitiert im Vergleich zur Arbeitnehmerseite vom Schutz der gewährten Vertragsfreiheit in unverhältnismäßig hohem Maße. Die wirtschaftspolitische Entscheidung des englischen Rechts, den Vertragsparteien weitestgehend Vertragsfreiheit einzuräumen, wirkt sich auf von Arbeitgeberinteressen dominierten Arbeitsmärkten fatal zulasten der Interessen des Arbeitnehmers aus. Dem Arbeitnehmer somit auch das volle wirtschaftliche Risiko des Arbeitsmarktes aufzubürden, indem er im Zweifelsfalle den angebotenen Arbeitsplatz abzulehnen hat, wenn er die Wettbewerbsvereinbarung nicht abschließen möchte, erscheint ebenfalls wenig interessengerecht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang schließlich die Feststellung, dass trotz Fehlens einer entsprechenden Wirksamkeitsvoraussetzung in der Praxis nicht selten eine Karenzentschädigung vertraglich vereinbart wird, etwa um einen bestimmten Bewerber oder Mitarbeiter nicht zu verlieren, wenn dieser der Wettbewerbsabrede nicht zustimmt. Die Bereitstellung einer solchen monetären Kompensation durch den Arbeitgeber muss allerdings wie gezeigt zusätzlich der Angemessenheitsprüfung durch die restraint of trade doctrine Stand halten.

E. Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen

231

E. Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen I. Repudiary breach Von den nach deutschem Recht dargestellten Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten sind nach englischem Recht insbesondere Aufhebungsverträge in Bezug auf die Wettbewerbsabrede und Verzichtserklärungen des Arbeitgebers praxisrelevant. Zudem kann sich ein Arbeitnehmer aus Billigkeitsgesichtspunkten bei einer erheblichen Pflichtverletzung des zugrunde liegenden Arbeitsvertrages („repudiary breach“) durch den Arbeitgeber von den Einschränkungen der Wettbewerbsabrede frei machen. Dieses Lösungsrecht ist in wesentlichen Teilen wirkungsgleich mit dem einseitigen Lösungsrecht des Arbeitnehmers nach § 75 Abs. 1 HGB. Als wesentliche Pflichtverletzung sind solche Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, die geeignet sind, die Grundfesten des Arbeitsvertrages zu erschüttern und die Wurzeln des Vertrauensverhältnisses zwischen den Arbeitsvertragsparteien betreffen.335 Auch hier ist eine Einzelfallentscheidung unumgänglich, so dass verbindliche Aussagen, die stets eine wesentliche Pflichtverletzung begründen, nur schwer möglich sind.

II. Wrongful dismissal In der Literatur vergleichsweise wenig Beachtung336 gefunden hat bisher die Frage, ob der Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in die Wirksamkeitsprüfung der zu beurteilenden Wettbewerbsvereinbarung einfließt. Dem ist vorauszuschicken, dass das Arbeitsverhältnis nach englischem Arbeitsrecht grundsätzlich auch bei einer mit Blick auf die Vorgaben des Employment Rights Act 1996 („unfair dismissal“) sowie im Falle einer Verletzung des zugrundeliegenden Arbeitsvertrages in Form der Nichteinhaltung einer Kündigungsfrist („wrongful dismissal“) missbräuchlichen bzw. ungerechtfertigten Kündigung gleichwohl zunächst (und zumeist auch dauerhaft) beendet wird.337 Ein Wiedereinstellungsanspruch kann zwar nach erstinstanzlichem Obsiegen des Arbeitnehmers beantragt werden, führt jedoch nur selten tatsächlich zu einer Weiterbeschäftigung. Zumeist wird dem im Wege eines unfair dismissal bzw. eines wrongful dismissal gekündigten Arbeitnehmer Schadensersatz für den durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, der auch dem Ersatz des entgangenen Ar335

Photo Production Ltd v Securicor Transport Ltd (1980), A.C. 827, 850; Davies (1982), JBL 490, 494. 336 Etwa die Abhandlung von Wynn-Evans (1997), LQR 377 ff.; Holland/Burnett, S. 206 f. 337 Mit den Auswirkungen und Fragestellungen in Bezug auf ein „Recht auf Arbeit“ des Arbeitnehmers, wie unter Abschnitt E. dargestellt.

232

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

beitslohns dient, zugesprochen.338 Daher ist die Frage bedeutsam, ob dem Arbeitgeber durch die ungerechtfertigte Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch die Vorteile des nun abredegemäß greifenden Wettbewerbsverbotes zuzubilligen sind. 1. General Billposting v Atkinson In der bereits im Jahr 1909 ergangenen Leitentscheidung General Billposting v Atkinson339 wurde festgestellt, dass nachvertragliche Wettbewerbsverbote grundsätzlich nicht durchgesetzt werden können, wenn der Arbeitsvertrag zuvor von Seiten des Arbeitgebers durch ein wrongful dismissal beendet wurde und das Wettbewerbsverbot zugleich eine Klausel enthält, wonach es für die Inkraftsetzung der Wettbewerbsabrede nicht auf den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ankommen soll, also jede Form von Beendigung – ob rechtmäßig oder nicht – die Wettbewerbsvereinbarung auslöst. Ein anderes Ergebnis sei mit Blick auf einen gerechten Interessenausgleich in erheblichem Maße unangemessen, da der Arbeitgeber so durch die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist auch vorzeitig das Wettbewerbsverbot auslösen könne, ohne dem Arbeitnehmer zuvor die Möglichkeit zu geben, während der Kündigungsfrist finanziell für die Karenzzeit vorzusorgen.340 2. Auswirkungen Diese Einschätzung wurde in einer Vielzahl von Entscheidungen bestätigt341, allerdings nur im Hinblick auf Fälle von wrongful dismissal, nicht auch bei unfair dismissal im zutreffenden engeren Sinne, also einem Verstoß gegen die Vorschriften des Employment Rights Act 1996.342 Die Differenzierung in der Rechtsfolge liegt – obgleich in der Literatur zumeist nicht explizit aufgezeigt343 – auf der Hand, da es vordergründig besonders unbillig erscheint, dass eine vorausgegangene Vertragsverletzung im Wege der Verkürzung der vertraglichen Kündigungsfrist vorzeitig und vergleichsweise unvermittelt ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot auslösen können soll. Dem Arbeitnehmer würde so eine wichtige Einnahmequelle vorenthalten, bevor ihn die Beschränkungen des Wettbewerbsverbotes wie erwartet treffen.344 Demgegenüber erscheint der Einwand, dass der Arbeitgeber neben der 338

Holland/Burnett, S. 206 f. (1909), AC 118. 340 Briggs v Oates (1990), IRLR 472; Upex/Hardy, S. 446. 341 Etwa in Rex Stewart Jeffries Parker Ginsberg Ltd v Parker (1988), IRLR 483; Living Design Ltd. v Davidson (1994), IRLR 94; Jefferson (1997), ILJ 62. 342 Holland/Burnett, S. 206. 343 Holland/Burnett verweisen lediglich darauf, dass keine guten Gründe ersichtlich seien, warum der Grundsatz der Nichtdurchsetzbarkeit auch auf Fälle des unfair dismissal Anwendung finden soll, Holland/Burnett, S. 206. 344 Jefferson (1997), ILJ 62, 64. 339

E. Lösungsmöglichkeiten von nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarungen

233

Schadensersatzpflicht gegenüber dem Arbeitnehmer durch die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nicht zwangsläufig auf das Wettbewerbsverbot verzichten müsse, als wenig überzeugend.345 Weshalb der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen arbeitsvertragliche Vorschriften im Hinblick auf das Wettbewerbsverbot besonders schützenswert sein soll, ist in diesem Zusammenhang nicht recht ersichtlich. Denn grundsätzlich verbietet es das englische Recht, einen Arbeitnehmer mit nicht selten umfangreicher Berufserfahrung den Beschränkungen eines weitreichenden Wettbewerbsverbotes zu unterwerfen, ihn später vorzeitig gegen die Bedingungen des Arbeitsvertrages zu kündigen und dennoch auf die Vorteile des nun vereinbarungsgemäß einsetzenden Wettbewerbsverbotes zu beharren.346 Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf den oftmals als unzureichend empfundenen Ausgleich für solche Kündigungen, der sich wie beschrieben zumeist auf Schadensersatz beschränkt und den Arbeitnehmer nicht in ausreichendem Maße für die erlittenen Nachteile aus der ungerechtfertigten Kündigung entschädigt.347 Dieser Ansicht ist mit Blick auf einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Arbeitsvertragsparteien vollumfänglich zuzustimmen. Es wäre in hohem Maße unbillig, dem Arbeitgeber trotz der ungerechtfertigten Kündigung des Arbeitnehmers noch dazu die Vorteile aus der Wettbewerbsabrede zuzusprechen. Dies hat konsequenterweise zur Folge, dass ein Arbeitgeber im Falle einer ungerechtfertigten Kündigung (wrongful dismissal) ein mit dem gekündigten Arbeitnehmer vereinbartes Wettbewerbsverbot nicht durchsetzen kann.348 3. Monetäre Kompensation Um auch hier einem gerechten Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien zu genügen, überzeugt in diesem Zusammenhang allerdings das Argument, nach dem sich der Arbeitgeber durch eine monetäre Kompensation des Arbeitnehmers gleichsam die Vorteile des Wettbewerbsverbotes „zurückkaufen“ und den Arbeitnehmer trotz des Verstoßes gegen den Arbeitsvertrag entsprechend binden kann.349 Diese Kompensation muss dann allerdings mindestens die Höhe betragen, die der Arbeitnehmer im Falle der Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist insgesamt an Vergütung bis zum vertragsmäßig zulässigen Beendigungsdatum erhalten hätte. Im Grunde handelt es sich bei dieser Kompensation lediglich um eine besondere

345

381. 346

Rock Refrigeration Ltd v Jones (1996), IRLR 675; Wynn-Evans (1997), LQR 1997, 377,

Wynn-Evans (1997), LQR 1997, 377, 381. Wynn-Evans (1997), LQR 1997, 377, 381. 348 General Billposting v Atkinson (1909), AC 118. 349 Dixon v Stenor (1973), IRLR 28; Wynn-Evans (1997), LQR 1997, 377, 381; Davies (1982), JBL 490, 496. 347

234

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Form der bezahlten Freistellung des Arbeitnehmers350 während der Kündigungsfrist. Da der Arbeitnehmer nun eine entsprechende monetäre Entschädigung für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält, sprechen keine Argumente gegen die Durchsetzbarkeit des Wettbewerbsverbotes. 4. Rechtmäßigkeit der Beendigung als Teil der allgemeinen Angemessenheitsprüfung Aus rechtstechnischer Sicht umstritten ist in diesem Zusammenhang allerdings, ob die Frage der rechtmäßigen Beendigung Teil der Angemessenheitsprüfung der Wettbewerbsvereinbarung ist. Deutliche Stimmen in der Literatur haben sich gegen die Einbeziehung der Rechtmäßigkeit der Kündigung in die Angemessenheitsprüfung der Wettbewerbsabrede ausgesprochen.351 Hauptargument ist dabei stets der Umstand, dass die Angemessenheit einer Wettbewerbsabrede zum Zeitpunkt des Abschlusses der Abrede zu bewerten ist und nicht bei Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses.352 In der Tat scheint es im Hinblick auf einen gerechten Interessenausgleich richtig, die Frage der Angemessenheit der Wettbewerbsvereinbarung sowie die Frage der vertraglichen Durchsetzbarkeit getrennt voneinander zu beleuchten.353 Ob das Arbeitsverhältnis wirksam beendet wurde oder nicht und somit dem Arbeitgeber die Vorteile aus der Wettbewerbsabrede aus Billigkeitsgesichtspunkten zustehen, ist demnach eine Frage der Durchsetzbarkeit der Abrede, nicht der grundsätzlichen Angemessenheit derselben. Die Frage der Durchsetzbarkeit eines Wettbewerbsverbotes ist dabei nach Wynn-Evans von Seiten des Gerichts bereits vor der Prüfung der Angemessenheit zu stellen, um eine möglicherweise umfangreiche Angemessenheitsprüfung obsolet werden zu lassen, wenn das Wettbewerbsverbot ohnehin nicht durchsetzbar wäre.354 Selbst wenn die Wettbewerbsabrede Teil des Arbeitsvertrages ist und nicht als gesonderte Vereinbarung (etwa mit zeitlicher Distanz) ausgestaltet ist, muss die Vereinbarung über die Wettbewerbsenthaltung daher separat von dem Arbeitsvertrag betrachtet werden.

350

Hierzu sogleich unter D. P.R. Consultants Scotland Ltd v Mann (1996), IRLR 188; Jefferson (1997), ILJ 62. 352 Commercial Plastics Ltd v Vincent (1965), 1 Q.B. 623, 644; P.R. Consultants Scotland Ltd v Mann (1996), IRLR 188; Wynn-Evans (1997), LQR 1997, 377, 378; Davies (1982), JBL 490, 497. 353 Wynn-Evans (1997), LQR 1997, 377, 378. 354 Wynn-Evans (1997), LQR 1997, 377, 379. 351

G. Freistellungsvereinbarungen, sog. garden leave-Klauseln

235

F. Formerfordernisse Im Gegensatz zum deutschen Recht sind bei der Vereinbarung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten nach englischem Recht keine besonderen Formvorschriften zu beachten. Allerdings wird besonderer Wert auf die Eindeutigkeit der Abrede gelegt, da es dem Gericht nicht überlassen bleiben darf, umfangreich nach dem wirklichen Willen der Vertragsparteien forschen zu müssen. Eine zu vage formulierte Wettbewerbsabrede kann daher ungeachtet der eigentlichen Qualität des Inhalts im Hinblick auf den Interessenausgleich für unwirksam befunden werden.355

G. Freistellungsvereinbarungen, sog. garden leave-Klauseln I. Begriffsbestimmung Der bei nachvertraglichen Konkurrenzvereinbarungen notwendige Interessenausgleich hat bei der Frage der zeitlichen Ausdehnung der Karenzzeit mitunter auch vorgeschaltete Freistellungsphasen einzubeziehen, sofern dem betroffenen Arbeitnehmer im Kontext des Wettbewerbsverbots unverhältnismäßige Nachteile aus einer zeitlichen Koppelung von Freistellungsphase und Karenzzeit drohen. Besonders deutlich wird dies in Fällen der Freistellung eines Arbeitnehmers für den Lauf der Kündigungsfrist, an deren Ende sich die Karenzzeit aufgrund der Wettbewerbsabrede unmittelbar anschließt. Der Arbeitnehmer würde hierdurch (entsprechend lange Kündigungsfristen vorausgesetzt) möglicherweise für Jahre vom jeweiligen Arbeitsmarkt ferngehalten. Freistellungsvereinbarungen werden im englischen Recht unter dem Schlagwort „garden leave“ zusammengefasst, worunter hier die bezahlte Freistellung eines Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht während der Dauer der Kündigungsfrist zu verstehen ist.356 Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer demnach sämtliche Bezüge und ggf. sonstige Vorteile aus dem Arbeitverhältnis, ohne vom Arbeitnehmer seinerseits die Verrichtung seiner vertraglichen Arbeitsleistung als Hauptleistungspflicht und die Anwesenheit im Unternehmen während der üblichen Arbeitszeit einzufordern. Hauptgrund für eine solche Freistellung des Arbeitnehmers unter Fortzahlung der vertragsmäßigen Vergütung ist die Vermeidung weiterer Kontakte des bereits gekündigten Arbeitnehmers, beispielsweise zu Geschäftsverbindungen, Unternehmensinformationen oder auch Arbeitskollegen. Der Arbeitgeber schirmt hierdurch sein Unternehmen gegen etwaige Versuche des Arbeitnehmers ab, Kontakte oder betriebliche Informationen aus dem Unternehmen abzuziehen und sich 355

S. 49. 356

Davies v Davies (1887), 36 ChD 359; Halsbury’s Laws of England Volume 47 Para 59, Schindler, SJ 1998, 736; Hartung/Bargon, AnwBl. 2/2011, 84, 88.

236

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

diese später, zumeist zum direkten oder indirekten Nachteil des Arbeitgebers, zunutze zu machen. Kilian weist zu Recht darauf hin, dass dem Arbeitgeber durchaus auch daran gelegen sein kann, seinerseits die vom ausscheidenden Arbeitnehmer aufgebauten Kundenkontakte für seine Zwecke zu sichern, etwa indem er den Arbeitnehmer für den Lauf der Kündigungsfrist freistellt und ihn damit von der Nutzung wichtiger Ressourcen im Unternehmen zur Weiternutzung dieser Kontakte ausschließt.357

II. Zulässigkeit Im Vergleich zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages besteht für den Arbeitgeber der große Vorteil von garden leave-Vereinbarungen darin, dass der Arbeitnehmer während der Freistellungsphase aufgrund seiner fortbestehenden arbeitsvertraglichen Treuepflichten keine Wettbewerbstätigkeiten aufnehmen darf.358 Grundsätzlich schuldet der Arbeitnehmer für die Dauer der Kündigungsfrist seine vertragsmäßige Arbeitsleistung und unterliegt zudem den Grundsätzen der implied duty of good faith and fidelity.359 Obgleich es auf den ersten Blick auch für den Arbeitnehmer vorteilhaft erscheint, sein übliches Salär zu erhalten, ohne hierfür seiner vertragsmäßigen Arbeitspflicht nachkommen zu müssen, standen die englischen Gerichte solchen garden leave-Vereinbarungen lange Zeit kritisch gegenüber. Offenkundig kann die Verwehrung des Rechts auf vertragsgemäße Arbeitsleistung eine Vielzahl von Nachteilen für den Arbeitnehmer nach sich ziehen, sei es in Form entgangener Fortbildungsveranstaltungen oder dem Entfall der Möglichkeit zur Pflege von Geschäftskontakten. Häufig sind zudem Konstellationen, in denen der Arbeitnehmer Teil eines größeren Projektes war und durch eine garden leave-Klausel nunmehr an der Fertigstellung des Projektes und der damit einhergehenden Berufserfahrung gehindert wird. Auch ohne einen solchen besonderen Mehrwert in Form einer Fortbildungsveranstaltung o. ä. könnte dem Arbeitnehmer insgesamt an der Erfüllung seiner vertragsmäßigen Arbeitsleistung gelegen sein, wie bereits im Rahmen der Darstellung der deutschen Rechtslage bzgl. eines etwaigen Rechts auf Arbeit dargelegt. Nicht unterschätzt werden sollte in diesem Zusammenhang nämlich der Einfluss von Arbeit auf die Persönlichkeit, nicht selten wohl auch der allgemeinen Konstitution des Arbeitnehmers. Dies muss nicht zwingend mit der Wahrnehmung innerhalb des sozialen Umfeldes zusammenhängen, sondern kann vor allem individuell einen erheblichen Einfluss auf die Selbstwahrnehmung und eigene Wertschätzung haben. Diesem „psychologischen“ Faktor eines etwaigen allgemeinen Rechts auf Arbeit wurde von den englischen Gerichten allerdings lange Zeit

357 358 359

Kilian, RIW 1999, 186, 188. Kilian, RIW 1999, 186, 188. Schindler, SJ 1998, 736.

G. Freistellungsvereinbarungen, sog. garden leave-Klauseln

237

wenig Beachtung geschenkt.360 Es stellt sich zum einen die Frage, ob Arbeitnehmern nach englischem Recht während des Laufes der Kündigungsfrist ein allgemeines Recht auf Erbringung der Arbeitsleistung zusteht, so dass entsprechende garden leave-Vereinbarungen, sofern arbeitsvertraglich nicht ausdrücklich eingeräumt, unzulässig wären. Hieran anschließend könnte eine garden leave-Vereinbarung zum anderen in unzulässiger Weise die Wirkung eines im Einzelfall unwirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes herbeiführen. Tatsächlich wäre ein garden leave im Falle einer fehlenden oder unwirksamen Wettbewerbsvereinbarung die einzig verbleibende Option des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer effektiv von der Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit abzuhalten, da dieser wie bereits aufgezeigt trotz der Freistellung von der Arbeitspflicht nach wie vor den Beschränkungen der implied duty of good faith and fidelity unterliegt. 1. Recht auf Arbeit a) Collier v Sunday Referee Publishing Co. Ltd Die Frage eines allgemeinen Rechts auf Arbeit während des Laufs der Kündigungsfrist wurde von englischen Gerichten lange Zeit verneint. In der Leitentscheidung Collier v Sunday Referee Publishing Co. Ltd361 brachte Judge Asquith mit seinem vielzitierten Bild, dass „sich meine Köchin nicht darüber beklagen kann, dass ich gelegentlich oder immer außer Haus esse, solange ich ihr die versprochene Vergütung zahle“362 die geltende Rechtslage auf den Punkt: Entscheidendes Kriterium war nach damaliger Rechtsprechung die vertragsmäßige Vergütung des Arbeitnehmers. Solange diese geleistet wurde, konnte der Arbeitgeber grundsätzlich frei entscheiden, ob er den Arbeitnehmer tatsächlich entsprechend den Bedingungen des Arbeitsvertrages beschäftigt oder nicht.363 b) Sonderfälle Ausnahmen ließen die Gerichte nur in besonderen Fällen wie beispielsweise im Bereich der Kunst zu, konkret etwa bei Schauspielern und Sängern, da diese von der Wahrnehmung ihrer Berufsausübung durch ein Publikum abhängig seien und gerade diese Visibilität für ihre weitere berufliche Entwicklung benötigten.364 Gleiches sollte nach Auffassung der englischen Gerichte zudem noch für Akkordarbeiter gelten, denen aufgrund der besonderen Abhängigkeit ihrer Entlohnung vom Umfang und Dauer der Gesamtarbeitsleistung ein vertragsimmanentes Recht auf Zuteilung 360 361 362 363 364

396.

Etwa Collier v Sunday Referee Publishing Co Ltd. (1949), 2 KB 647, 650. (1940), 2 KB 647, 650; Kilian, RIW 1999, 186, 187. Collier v Sunday Referee Publishing Co. Ltd (1940), 2 KB 647, 650. Triebel u. a./Triebel/Jenner, § 2, Rdn. 25. Herbert Clayton v Hayward (1989), IRLR 84; Bunning v Lyric Theatre (1894), 71 LT

238

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

von Arbeit für die Dauer der vertraglichen Bindung zustehe.365 Bei diesen Ausnahmefällen eines besonderen vitalen Interesses an der Berufsausübung beließen es die englischen Gerichte jedoch und verneinten in den übrigen Fällen stets ein allgemeines Recht auf Arbeit.366 c) Provident Financial Group plc v Hayward In der Entscheidung Langston v AUEW367 noch lediglich in Bezug auf die kategorische Ablehnung eines allgemeinen Rechts auf Arbeit angezweifelt, findet sich eine Öffnung dieser rigiden Sichtweise in Bezug auf ein allgemeines Recht auf Arbeit während des Laufes der Kündigungsfrist erstmals in der Entscheidung Provident Financial Group plc v Hayward368 aus dem Jahr 1989.369 Dillon LJ befand in seinem zugrunde liegenden Votum, dass jeder Arbeitnehmer ein generelles Interesse an der Ausübung seines Berufes habe. Auch wenn ein Arbeitnehmer nach wie vor entlohnt werde, sei eine entsprechende garden leave-Vereinbarung unwirksam, wenn der Arbeitnehmer in einem Bereich arbeiten wolle, der in keiner Weise mit dem Betrieb des Arbeitgebers zusammen hänge und zudem fest stehe, dass der Arbeitnehmer nicht zu einem Konkurrenzunternehmen wechselt oder dies in absehbarer Zeit plant.370 Nach dieser Sichtweise wird das Recht des Arbeitnehmers auf Ableistung von Arbeitsleistungen also nur dann von einem höher zu bewertenden Interesse des Arbeitgebers an einem Fernbleiben des Arbeitnehmers überdeckt, sofern dieser den Wechsel zu einem Konkurrenten plant und die Art der begehrten Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Unternehmen des Arbeitgebers steht.371 d) William Hill Organisation Ltd v Tucker Entscheidende Konturen erhielten die Zulässigkeitsvoraussetzungen von garden leave-Klauseln aber vor allem in der Court of Appeal-Entscheidung William Hill Organisation Ltd v Tucker372 aus dem Jahr 1998. Tucker war im Unternehmen von William Hill beschäftigt, bevor er schließlich kündigte und angab, binnen Monatsfrist zu einem Konkurrenzunternehmen wechseln zu wollen. Trotz des Umstandes, dass der dem Arbeitsverhältnis zugrundeliegende Arbeitsvertrag eine sechsmonatige Kündigungsfrist vorsah und William Hill auf die Einhaltung der 365

Devonald v Rosser & Sons (1906), KB 728. Kilian, RIW 1999, 186, 188, der zusätzlich darauf verweist, dass in Einzelfällen „besonders herausgehobener oder ausgefallener Tätigkeiten“ ebenfalls ein Recht auf Arbeit anzuerkennen sei. 367 (1974), IRLR 182. 368 (1989), IRLR 84. 369 Schindler, SJ 1998, 736. 370 Provident Financial Group plc v Hayward (1989), IRLR 84. 371 Schindler, SJ 1998, 736. 372 William Hill Organisation Ltd v Tucker (1999), ICR 291. 366

G. Freistellungsvereinbarungen, sog. garden leave-Klauseln

239

Kündigungsfrist beharrte, erklärte das Unternehmen zugleich, dass es auf die weiteren Dienste von Tucker verzichte und ihn bis zum Ablauf der Kündigungsfrist in Form eines garden leave bei vollen Bezügen von der Arbeitspflicht freistelle. Eine entsprechende Möglichkeit zur Vereinbarung eines garden leave war in dem zugrunde liegenden Arbeitsvertrag nicht enthalten. Der Court of Appeal war nicht der Ansicht, Tucker zur Einhaltung der garden leave-Vereinbarung verpflichten oder ihm den Wechsel zum Konkurrenzunternehmen untersagen zu müssen. Das Gericht argumentierte, dass bei fehlender ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarung der Möglichkeit eines garden leaves sowie bei bedeutender Qualifikation und dem Erfordernis kontinuierlicher Berufserfahrung und Weiterbildung (Tucker war als Senior Trader bei William Hill beschäftigt) des betroffenen Arbeitnehmers eine garden leave-Vereinbarung unzulässig sei. Dillon LJ, der bereits im Fall Provident Financial Group plc v Hayward detailliert gegen eine allgemeine Zulässigkeit von garden leave-Klauseln argumentiert und auf deren Missbrauchspotential verwiesen hatte, konkretisierte anlässlich seines Votums in William Hill v Tucker seine Argumente wie folgt: „If an employee has a concern to work and a concern to exercise his skills, then it seems to me (Dillon LJ.) that there is a correlative obligation at the part of the employer to provide work and to enable him to exercise his skills and that therefore in normal circumstances there is a duty on the part of the employer to provide a skilled employee such as this defendant with work and the ability to exercise his skills save in circumstances where there was an expressed or implied right not to provide work.“373

Das hier angesprochene und anerkannte natürliche Interesse des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung und Weiterentwicklung seiner beruflichen Fähigkeiten markiert in der Entwicklung der Rechtsprechung zu garden leave-Vereinbarungen einen entscheidenden Wendepunkt.374 Der bereits in der Vorinstanz vom High Court festgestellte Grundsatz, dass der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nur dann von der Arbeitsverpflichtung freistellen dürfe, sofern eine entsprechende garden leave-Klausel im Arbeitsvertrag enthalten sei, hielt der Court of Appeal uneingeschränkt aufrecht. Es gilt seither der allgemeine Grundsatz: Ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung kein garden leave. Da zwischen William Hill und Tucker kein ausdrückliches Recht zur etwaigen Vorenthaltung von Arbeit vereinbart war, hatte William Hill arbeitsvertragliche Pflichten verletzt, aufgrund derer Tucker den zugrundeliegenden Vertrag kündigen konnte, ohne an das zuvor vereinbarte garden leave gebunden zu sein.375 Bemerkenswert ist zudem, dass der Court of Appeal allgemein und uneingeschränkt ein Recht auf Arbeit anerkannte und dieses nicht etwa auf besondere Fälle beschränkte: Der Grundsatz des allgemeinen Rechts auf Arbeit gelte zwar insbesondere für besonders qualifizierte Arbeitnehmer, sei aber 373 374 375

William Hill Organisation Ltd v Tucker (1999), ICR 291. Kilian, RIW 1999, 186, 189. Schindler, SJ 1998, 736.

240

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

nicht auf entsprechende Arbeitnehmergruppen beschränkt, so die genaue Argumentation des Court of Appeal.376 Trotz der Allgemeingültigkeit des Grundsatzes brachte auch der Court of Appeal in der Entscheidung William Hill das Argument eines gerechten Interessenausgleichs ins Spiel. Das Gericht erkannte trotz der grundsätzlichen Befürwortung eines Rechts auf Beschäftigung bei Abwesenheit einer expliziten garden leave-Vereinbarung, dass die konkreten Umstände des Einzelfalles in die Gesamtbeurteilung einfließen müssen, um einen interessengerechten Ausgleich zwischen den Arbeitsvertragsparteien erzielen zu können. Die Einzelfallbewertung nahm das Gericht in einem zweistufigen System vor, indem es einerseits die konkrete Position des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber betrachtete und anschließend den genauen Wortlaut des Arbeitsvertrages analysierte.377 Dabei suchte es insbesondere nach Kriterien, die auf ein etwaiges Freistellungsrecht des Arbeitgebers hindeuteten sowie nach Anzeichen, ob tatsächlich ausreichend Arbeit für den Arbeitnehmer in seiner konkreten Position im Unternehmen des Arbeitgebers vorhanden war. Aus der Notwendigkeit des gerechten Interessenausgleichs ergibt sich zudem, dass der Arbeitgeber nicht um jeden Preis verpflichtet werden kann, dem ausscheidenden Arbeitnehmer eine Beschäftigung anzubieten.378 Hier sind insbesondere Kriterien wie Wirtschaftlichkeit, Benachteiligung übriger Arbeitnehmer und sonstige Unbilligkeiten und Erschwernisse des Arbeitgebers bei Beschäftigung des konkreten Arbeitnehmers zu beachten.379 Im Übrigen stellte das Gericht klar, dass selbst bei Vorliegen einer ausdrücklichen vertraglichen garden leave-Vereinbarung die bezahlte Freistellungsphase für lediglich drei anstatt für sechs Monate zulässig gewesen wäre.380 Auch dies ist Ausdruck des insoweit zugrundeliegenden gerechten Interessenausgleiches, welches das Gericht im Rahmen der gebotenen Einzelfallabwägung selbst bei Vorliegen einer expliziten vertraglichen Regelung eines Freistellungsrechts des Arbeitgebers zu beachten hat. Ähnlich wie bei der Beurteilung der Zulässigkeit von restrictive covenants nehmen die englischen Gerichte demnach auch bei garden leave-Klauseln durch blue pencilling gegebenenfalls einen individuellen Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien in Form einer Anpassung der im Einzelfall maximal zulässigen Höchstdauer solcher Vereinbarungen vor, der wiederum zweigeteilt ist: • Auf der ersten Stufe wird danach zu prüfen sein, ob eine garden leave-Vereinbarung als solche zulässig ist und sich die Vertragsparteien hierdurch wirksam vertraglich binden konnten.

376 377 378 379 380

William Hill Organisation Ltd v Tucker (1999), ICR 291; Kilian, RIW 1999, 186, 189. William Hill Organisation Ltd v Tucker (1999), ICR 291; Kilian, RIW 1999, 186, 189. Kilian, RIW 1999, 186, 189, 190. William Hill Organisation Ltd v Tucker (1999), ICR 291; Kilian, RIW 1999, 186, 190. William Hill Organisation Ltd v Tucker (1999), ICR 291.

G. Freistellungsvereinbarungen, sog. garden leave-Klauseln

241

• Sofern dies im jeweiligen Fall zu bejahen ist, wird auf einer zweiten Stufe weiter geprüft, ob die konkret vereinbarte Länge der bezahlten Freistellung im Kontext der Gesamtumstände angemessen erscheint.381 So wurde im Fall GFI Group Inc v Eaglestone382 ein vertraglich vereinbarter Zeitraum von 20 Wochen kurzerhand auf einen Zeitraum von 13 Wochen reduziert, da es dem Gericht insgesamt unangemessen erschien, den betroffenen Arbeitnehmer länger als 13 Wochen vom Arbeitsmarkt fernzuhalten.383 e) Weigerung des Arbeitgebers auf Bereitstellung einer geeigneten Beschäftigung Sofern nach diesen Grundsätzen insgesamt ein Recht auf Arbeit besteht, ist es dem Arbeitgeber grundsätzlich verwehrt, dem Arbeitnehmer die Erbringung der vertragsmäßigen Arbeitsleistung vorzuenthalten, etwa indem er in unzulässiger Weise vorgibt, keine geeignete Arbeit anbieten zu können.384 Eine Ausnahme hiervon ist nur dann anzuerkennen, sofern der Arbeitnehmer aufgrund vorhergehender fehlerhafter Arbeitsleistungen offensichtlich nicht in der Lage oder unwillig ist, die ihm angebotene Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten.385 Der Arbeitgeber kann somit ein generell bestehendes Recht auf Arbeit des ausscheidenden Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist umgehen, indem er die Arbeitsunwilligkeit bzw. vorangegangene Schlechtleistung des Arbeitnehmers geltend macht. Dies entspricht indes in jeder Hinsicht dem Grundsatz eines gerechten Interessenausgleiches, da ein offensichtlich arbeitsunwilliger Arbeitnehmer als nicht schutzbedürftig einzustufen sein wird und es für den Arbeitgeber eine unverhältnismäßige Belastung darstellen würde, dem Arbeitnehmer dennoch Zutritt zum Unternehmen zu gewähren. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Arbeitnehmer auf diese Weise versteckte Zielsetzungen wie etwa das Ausspähen von Kundendaten, etc. erreichen könnte, die selbstredend außerhalb des vom Recht auf Arbeit intendierten Schutzumfangs zu verorten sind. Dies wurde auch jüngst durch die Entscheidung des Court of Appeal in Standard Life Healthcare Ltd v Gorman386 bestätigt. 2. Umgehung eines unzulässigen Wettbewerbsverbotes Weiterer Ertrag der Entscheidung des Court of Appeal in William Hill v Tucker bilden zudem die grundsätzlichen Ausführungen zur Frage der Zulässigkeit von 381 382 383 384 385 386

Schindler, SJ 1998, 736. (1994), IRLR 119. Schindler, SJ 1998, 736, 737. Miles v Wakefield MBC (1987), AC 539 HL. Miles v Wakefield MBC (1987), AC 539 HL. (2009), EWHC 791.

242

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

garden leave-Klauseln neben der Vereinbarung einer Konkurrenzklausel. Das Gericht stellte explizit heraus, dass der Schutzbereich einer garden leave-Vereinbarung zugunsten des Arbeitgebers den eines wirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nicht übersteigen, insbesondere aber die Wirkung einer unzulässigen Wettbewerbsvereinbarung nicht auf Umwegen durch eine garden leave-Vereinbarung herbeigeführt werden dürfe.387 Daher sind auch bei der rechtlichen Beurteilung vertraglicher Freistellungsvereinbarungen die in Bezug auf die Wirksamkeit von restrictive covenants entwickelten Grundsätze anzuwenden.388 Bestätigt wurde dieser Grundsatz in der Entscheidung Symbian v Christensen.389 Hier hatte sich der Arbeitgeber individualvertraglich die exklusiven Dienste des Arbeitnehmers gesichert, wozu neben dem Verbot, während des gesamten Laufs des Arbeitsverhältnisses für ein Konkurrenzunternehmen tätig zu werden, auch das Recht des Arbeitgebers gehörte, den Arbeitnehmer während des Laufs der Kündigungsfrist durch ein garden leave von der Arbeitspflicht freistellen zu können. Der Arbeitnehmer beabsichtigte hingegen, bereits während des Laufs der Kündigungsfrist zu einem Konkurrenten zu wechseln, was der Arbeitgeber jedoch mit Verweis auf die garden leave-Vereinbarung ablehnte. Es wird deutlich, dass der Arbeitgeber hier durch die garden leave-Klausel faktisch in der Lage war, die Wirkung eines Wettbewerbsverbotes herbeizuführen. Während des Laufs der Kündigungsfrist (hier betrug sie sechs Monate) war der betroffene Arbeitnehmer nicht in der Lage, seinen Beruf auszuüben, weder in dem Betrieb des vormaligen Arbeitgebers, noch in einem Konkurrenzunternehmen. Auch der Umstand, dass der Arbeitnehmer während der laufenden Kündigungsfrist seine vertragsmäßige Vergütung erhielt, vermag nicht über die Problematik hinwegzutäuschen, dass dem Arbeitnehmer hier faktisch unter Umgehung der entsprechenden Wirksamkeitskriterien ein Wettbewerbsverbot auferlegt wurde. Dementsprechend stellte das Gericht zum einen fest, dass für eine derartige Beschränkung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung erforderlich sei, was hier auch der Fall war.390 Zudem sei eine solche Vereinbarung aber nur bis zu dem Grade wirksam, wie es das besondere und legitime Interesse des Arbeitgebers an der Beschränkung des Arbeitnehmers in diesem Zusammenhang erfordere und zulasse. Der Court of Appeal hielt es hier für legitim, dass der Arbeitnehmer für die Dauer der vertraglich vereinbarten sechs Monate von der Arbeitspflicht freigestellt wurde und in dieser Zeit auch nicht für ein Konkurrenzunternehmen tätig werden durfte, da der Arbeitgeber aus Sicht des Gerichts besondere Interessen glaubhaft machen konnte, die insbesondere in der Schutzbedürftigkeit vertraulicher Informationen, mit denen der Arbeitnehmer in der

387 388 389 390

William Hill Organisation Ltd v Tucker (1999), ICR 291; Schindler, SJ 1998, 736, 737. William Hill Organisation Ltd v Tucker (1999), ICR 291. (2001), IRLR 77. Symbian v Christensen (2001), IRLR 77.

G. Freistellungsvereinbarungen, sog. garden leave-Klauseln

243

Vergangenheit zu tun hatte, begründet seien.391 Der Court of Appeal ließ in seiner Entscheidung im Fall Symbian demnach mittelbar Wertungskriterien für die Wirksamkeit von restrictive covenants einfließen, um so die Umgehung eines ansonsten möglicherweise unzulässigen Wettbewerbsverbotes durch eine garden leave-Vereinbarungen zu unterbinden. Dieser Grundsatzentscheidung kann insoweit entnommen werden, dass garden leave-Vereinbarungen stets auch anhand der Wirksamkeitskriterien für nachvertragliche Wettbewerbsverbote zu beurteilen sind.392 Umgehungen eines ansonsten unzulässigen Wettbewerbsverbotes können auf diesem Weg wirksam ausgeschlossen werden, da der Beurteilungsmaßstab und der insoweit zu erzielende Schutzumfang zugunsten des Arbeitnehmers nicht hinter den Anforderungen wirksamer restrictive covenants zurückbleiben.

III. Verhältnis zu restrictive covenants Grundsätzlich ist die Vereinbarung eines garden leave neben einer Konkurrenzklausel möglich. Die Vereinbarung beider Institute schließen sich nicht gegenseitig aus. Allerdings werden sich in der Praxis beide Maßnahmen bei gleichzeitiger Vereinbarung hinsichtlich des Schutzzweckes und der Wirkungsweise regelmäßig überschneiden.393 Für den Fall, dass der Arbeitgeber beispielsweise seine Betriebsgeheimnisse schützen will, wird er dies bei gleichzeitiger Vereinbarung von garden leave und restrictive covenant regelmäßig bereits durch die garden leaveVereinbarung erreichen können. In der maßgeblichen Entscheidung Credit Suisse Asset Management Ltd v Armstrong394 stellte der Court of Appeal demgemäß fest, dass zwar keinerlei Gründe gegen die parallele Vereinbarung beider Institute ersichtlich seien, jedoch für den Fall, dass der Schutzzweck (hier der Schutz der Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers) bereits durch die Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist erreicht werde, die doppelte Sicherung bei der Beurteilung der Angemessenheit des vertraglichen Wettbewerbsverbotes zu beurteilen sei.395 Die Entscheidung ist insoweit in Teilen missverständlich, als aus Sicht des Gerichts zum einen keinerlei Beschränkungen bzw. ein zeitliches Aufrechnungsgebot bei paralleler Vereinbarung von Freistellung und Wettbewerbsverbot bestehen, andererseits aber die Angemessenheit und damit die Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbotes unmittelbar von dem Schutzumfang der parallel existierenden Freistellungsvereinbarung abhängig sein soll. Die Literatur hat die Ausführungen des 391 392 393

450. 394 395

Symbian v Christensen (2001), IRLR 77. Schindler, SJ 1998, 736, 737. So auch Sahavi, S. 73; Credit Suisse Asset Management Ltd v Armstrong (1996), IRLR (1996), IRLR 450. Credit Suisse Asset Management Ltd v Armstrong (1996), IRLR 450.

244

3. Kap.: Der Ausgleich der Parteiinteressen nach englischem Recht

Gerichts dahingehend interpretiert, dass grundsätzlich jedes Institut für sich volle Geltung beanspruchen könne, jedoch insbesondere im Rahmen der zeitlichen Dauer und des zugrunde liegenden Schutzzweckes beurteilt werden müsse, ob über den zeitlich vorgehenden Freistellungszeitraum ein darüber hinausgehendes Schutzbedürfnis für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot besteht.396 Hinsichtlich eines gerechten Interessenausgleichs ist daher festzustellen, dass bei paralleler Vereinbarung von Freistellung und nachvertraglichem Wettbewerbsverbot der Schutzzweck und die zugrunde liegende Schutzbedürftigkeit des Arbeitgebers intensiv zu beleuchten ist.397 Für den Fall, dass der Schutzzweck bereits durch das garden leave vollumfänglich erreicht wird, dürfte das zusätzliche Wettbewerbsverbot zumeist am berechtigten Interesse des Arbeitgebers bzw. am Angemessenheitserfordernis scheitern und damit unwirksam sein. Die Anforderungen an eine solche vollumfängliche Erreichung des Schutzzweckes sind allerdings vergleichsweise hoch anzusetzen. So wird eine mehrmonatige Fernhaltung des Arbeitnehmers vom Arbeitsmarkt durch die Koppelung von Freistellung und Wettbewerbsverbot sicherlich nicht geeignet sein, ein Verbot der Koppelung beider Institute bzw. eine entsprechende Kürzung der jeweiligen Laufzeiten herbeizuführen. Den Arbeitnehmerinteressen wird durch die entsprechenden Anforderungen der restraint of trade doctrine insoweit Rechnung getragen. Der Court of Appeal stellte in der Entscheidung Credit Suisse Asset Management Ltd v Armstrong jedoch klar, dass in diesem Zusammenhang eine andere Sichtweise geboten sei, wenn die Koppelung beider Institute dazu führe, dass die Kündigungsfrist und damit die dem Wettbewerbsverbot vorgelagerte Freistellungsphase bereits mehr als ein Jahr betrage.398

396

Schindler, SJ 1998, 736, 737. Stein/Rabe von Pappenheim, S. 27. 398 Credit Suisse Asset Management Ltd v Armstrong (1996), IRLR 450; Kilian, RIW 1999, 186, 191. 397

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse A. Das Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander steht unter dem Belastungsfaktor einer zukünftigen Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers. Da dieser ein existentielles Interesse an der schrankenlosen Verwendung seines beruflichen Wissens hat, sind an Wettbewerbsvereinbarungen, mit denen die freie Verwendbarkeit der entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitnehmers eingeschränkt werden sollen, hohe rechtliche Wirksamkeitsanforderungen zu stellen. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die unterschiedlichen Verhandlungsstärken der Vertragsparteien bei Vereinbarung der Wettbewerbsklausel. Dieses strukturelle Ungleichgewicht der Verhandlungspositionen gilt es zugunsten des Arbeitnehmers durch rechtliche Wirksamkeitsschranken auszugleichen. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass auch der Arbeitgeber mitunter existentielle Unternehmensinteressen an einer entsprechenden Wettbewerbsvereinbarung hat, um den Verlust wichtigen Unternehmens-Know-hows an die Konkurrenz in verhältnismäßigem und angemessenem Rahmen kanalisieren zu können. B. Die geschichtliche Entwicklung des solche Abreden in Deutschland und England flankierenden Rechts unterscheidet sich erheblich. Unterschiedliche wirtschaftspolitische Konzepte in Deutschland und England sind für diese Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Die in Deutschland lange Zeit das Handwerk beherrschende Zunft- und Gildeordnung wurde nur langsam durch die Einflüsse der Gewerbefreiheit beseitigt. Die Kodifizierung der rechtlichen Grundlagen in den §§ 74 ff. HGB ist insoweit bemerkenswert, als sie trotz der fundamentalen Änderungen in der Wirtschaft noch heute in weiten Teilen in ihrer Ursprungsform von 1914 die Wirksamkeitsvoraussetzungen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote prägen. Die Entscheidung des BAG, die Vorschriften auf alle Arbeitnehmer entsprechend anzuwenden, war der Notwendigkeit einer Anpassung des Rechts an die veränderten Umstände des Wirtschaftslebens geschuldet und daher insoweit konsequent. Gemeinsam mit dem Anspruch des vom Wettbewerbsverbot Betroffenen auf Zahlung einer Karenzentschädigung stellt sie den bedeutendsten Ertrag im Hinblick auf den Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien nach deutschem Recht dar. Das englische Recht wurde schon sehr früh durch die Einflüsse der Gewerbefreiheit geprägt und wies demgegenüber bereits in den Anfängen der Rechtsprechung in diesem Bereich differenzierte Abwägungskriterien in Bezug auf die Wirksamkeit entsprechender Abreden auf. C. Zur Gewährleistung eines einheitlichen Schutzhorizonts sind neben nachvertraglichen Wettbewerbsverboten auch Verschwiegenheitsvereinbarungen an den §§ 74 ff. HGB zu messen. Ein Spürbarkeitserfordernis in Bezug auf die Geltung der

246

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

§§ 74 ff. HGB ist abzulehnen. Es ist unmittelbare Folge eines gerechten Interessenausgleichs, dem Arbeitgeber gerade auch in Bagatellfällen die Beachtung der §§ 74 ff. HGB aufzuerlegen, um ihn von einer missbräuchlichen Verwendung entsprechender Wettbewerbsverbote und/oder Verschwiegenheitsverpflichtungen abzuhalten. D. Eine deutlich größere Rolle als nach deutschem Recht spielt nach englischem Recht die nachwirkende vertragsimmanente Treuepflicht des Arbeitnehmers, sich nicht in Konkurrenz zum ehemaligen Arbeitgeber zu setzen. Dabei reicht der Schutzumfang der implied duty of confidentiality jedoch nicht aus, um dem Arbeitgeber das ihm zuzubilligende Interesse am Schutz vertraulicher Informationen zu gewährleisten. Nicht nur aus Gründen der Klarstellung, sondern auch zur Sicherung bestimmter vertraulicher Informationen ist er auf die zusätzliche Vereinbarung einer Wettbewerbsabrede angewiesen. E. Die schematische Wirksamkeitsprüfung anhand der §§ 74 ff. HGB gewährleistet den Vertragsparteien nach deutschem Recht ein im Vergleich zum englischen Recht hohes Maß an Rechtssicherheit. Dies kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass große Teile der tatsächlichen Wirksamkeitskriterien einer Wettbewerbsabrede durch die Rechtsprechung geprägt wurden und nach wie vor werden. Dennoch gewährleisten die Wirksamkeitskriterien der §§ 74 ff. HGB sinnvolle Zulässigkeitsbarrieren zugunsten des Arbeitnehmers, der sich insbesondere einer Karenzentschädigung im Gegenzug zur Wettbewerbsenthaltung sicher sein kann. Die strukturierte Prüfung der durch die Rechtsprechung konturierten gesetzlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen ist in Bezug auf den konkreten Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien allerdings nicht mit der nach englischem Recht vollzogenen umfangreichen Einzelfallprüfung zu vergleichen. Insbesondere das BAG tendiert zu solch schematischen Prüfungsabläufen anhand bestimmter Leitentscheidungen und der Bildung von Fallgruppen, anhand derer der konkrete Fall gemessen wird. Erkauft wird die Reduzierung der Wirksamkeitsprüfung auf schematische Kriterien durch die zu gewährleistende Karenzentschädigung des Arbeitgebers. Insoweit kann festgestellt werden, dass sich die Angemessenheitsprüfung anhand einer konkreten Einzelfallbeurteilung im Vergleich zum englischen Recht auf die nach §§ 74 ff. HGB erforderlichen Grundsatzvoraussetzungen reduziert, sofern eine ausreichend hohe Karenzentschädigung gewährleistet ist. Eine gesonderte Angemessenheitsprüfung findet nicht statt. Es liegt daher die Feststellung nahe, dass sich der eigentliche Interessenausgleich nach deutschem Recht in hohem Maße anhand der Sicherstellung einer ausreichenden Karenzentschädigung bemisst. Die Voraussetzungen der restaint of trade doctrine bilden die hohe Einzelfallbezogenheit des englischen Rechts in Bezug auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote ab. Allgemeingültige und damit auch verlässliche Vorgaben in Bezug auf konkrete Wirksamkeitsschranken sind so gut wie unmöglich. Der Arbeitgeber wird sich an einer gewissen „Üblichkeit“ bestimmter Vertragstermini orientieren können, allerdings mitunter Schwierigkeiten haben, die Wirksamkeit der angedachten bzw.

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

247

vereinbarten Wettbewerbsklausel verlässlich antizipieren zu können. Allerdings könnte eine weitere Bestätigung der zuletzt durch die Gerichte angewendeten VierStufen-Prüfung teilweise für mehr Rechtssicherheit sorgen, da zumindest der konkrete Ablauf und die jeweiligen Elemente der Wirksamkeitsprüfung der Gerichte bekannt und damit verlässlich wäre. F. Die Bedeutung der Bereitstellung ausreichender Karenzentschädigung nach deutschem Recht wird bereits durch die Schwerpunktsetzung der Rechtsprechung deutlich. Ein Großteil der Entscheidungen des BAG, denen nachvertragliche Wettbewerbsverbote zugrunde liegen, beschäftigt sich schwerpunktmäßig oder gar ausschließlich mit der Höhe der streitgegenständlichen Karenzentschädigung. Daher vollzieht sich in Deutschland der Großteil des Interessenausgleichs auf Ebene der zu leistenden Karenzentschädigung. Fehlt diese ganz, ist das Wettbewerbsverbot nichtig. Die gesetzliche Mindesthöhe der Karenzentschädigung lässt dabei den Willen des Gesetzgebers erkennen, dem Arbeitnehmer die Existenzsicherung zu ermöglichen, diesen aber nicht von der Aufnahme einer bestimmten, ihm trotz des Wettbewerbsverbotes möglichen, Beschäftigung abzuhalten. Auch dies ist Teil einer wirtschaftspolitischen Grundsatzentscheidung, dem Arbeitnehmer eine Existenzgrundlage zu sichern, ihn aber während der Karenzzeit nicht vom Wirtschaftsleben auszuschließen. Teil des Interessenausgleichs ist zudem, dass der Arbeitgeber das Risiko der korrekten Berechnung der Karenzentschädigung trägt. Fällt diese zu gering aus, ist das Wettbewerbsverbot für den Arbeitnehmer unverbindlich. Das Fehlen einer Pflicht zur Bereitstellung von Karenzentschädigung nach englischem Recht führt zu der Schlussfolgerung, dass ein gerechter Interessenausgleich nach deutschem Recht tendenziell eher gelingen wird als nach englischem: Da der Arbeitnehmer die Nachteile der Wettbewerbsabrede in erster Linie auf finanzieller Ebene spüren wird, stellt das Fehlen einer monetären Entschädigungsverpflichtung eine nicht unerhebliche Benachteiligung des Arbeitnehmers im Vergleich zur deutschen Rechtslage dar. Das consideration-Erfordernis bildet in Bezug auf Wettbewerbsabreden eine rein formale Hürde, die der Arbeitgeber mit Leichtigkeit überspringt und die insoweit nicht geeignet ist, das Ungleichgewicht der Interessen an dieser Stelle zugunsten des Arbeitnehmers tatsächlich durch einen zusätzlichen „Mehrwert“ auszugleichen. G. Die aktuell erneut angedachte Kodifikation eines einheitlichen Arbeitsvertragsgesetzes muss mit Skepsis betrachtet werden. Wenngleich die Einbindung von Vorschriften zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot sicher scheint und die Vereinheitlichung als Anlass für eine Konsolidierung der Vorschriften genutzt werden könnte, erscheint der aktuelle Entwurf nicht geeignet, den Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien weiter voranzutreiben. Nach dem Entwurf profitiert vor allem die Arbeitgeberseite von den Neuerungen, was mit Blick auf die Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmerinteressen in Bezug auf ein funktionierendes rechtliches Steuerungselement des Interessenausgleichs in diesem Umfang bedenklich ist.

248

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

Im englischen Recht wird es bei der unmittelbaren und ausschließlichen Prägung des Rechts der nachvertraglichen Wettbewerbsverbote durch die Rechtsprechung bleiben. Eine Kodifizierung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ist weder angedacht noch wahrscheinlich, so dass auch hier – im Übrigen trotz des vorhandenen Gesetzesrechts wie in Deutschland – weiterhin die Rechtsprechung die Konturen des Interessenausgleichs der Vertragsparteien bei Wettbewerbsabreden vorgeben wird. Es bleibt abzuwarten, ob sich in absehbarer Zeit Stimmen für eine zwingende monetäre Gegenleistung als zentrales Element des Interessenausgleichs im Gegenzug zur Einhaltung der Wettbewerbsabrede werden finden lassen. Dem müsste notwendigerweise die Anerkennung eines entsprechenden Bedürfnisses der englischen Arbeitnehmer vorangehen, wofür jedoch nach derzeitigem Stand, insbesondere aus wirtschaftspolitischer Sicht, keine Anzeichen vorhanden sind. Es bleibt in England daher wohl auch in Zukunft bei einer umfangreichen Einzelfallabwägung auf Wirksamkeitsebene – zulasten eines fehlenden finanziellen Ausgleichs des Arbeitnehmers während der Karenzzeit im Wege einer monetären Kompensation.

Literaturverzeichnis Achterberg, Norbert: Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in verfassungsrechtlicher Sicht, JZ 1975, 713 Angelis, Marco de: Ungeschriebene Wettbewerbsverbote für Gesellschafter im GmbH-Recht, Dissertation, Münster 1997 (zit.: De Angelis) Arens, Wolfgang: Der GmbH-Geschäftsführer im Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht – aktuelle Entwicklungen, DStR 2010, 115 Aretz, Elmar/Bühler, Ralf: Wettbewerbsverbote im GmbH-Bereich – Verdeckte Gewinnausschüttung – Frist 31. Dezember 1992, BB 1992, 2475 Bauer, Jobst-Hubertus/Diller, Martin: Wettbewerbsverbote, 3. Auflage, München 2002 (zit.: Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote 3. Auflage) – Wettbewerbsverbote, 6. Auflage, München 2012 (zit.: Bauer/Diller) – Karenzentschädigung und bedingte Wettbewerbsverbote bei Organmitgliedern, BB 1995, 1134 – Indirekte Wettbewerbsverbote, DB 1995, 426 – Wechselwirkungen zwischen Wettbewerbstätigkeit, Ruhestand und betrieblicher Altersversorgung, BB 1997, 990 – Nachvertragliche Wettbewerbsverbote: Änderungen durch die Schuldrechtsreform, NJW 2002, 1609 Bauer, Jobst-Hubertus/Günther, Jens: Die Freistellung von der Arbeitspflicht – Grundlagen und aktuelle Entwicklungen, DStR 2008, 2422 Baumbach, Adolf/Hopt, Klaus J.: Handelsgesetzbuch, 26. Auflage, München 2014 (zit.: Baumbach/Hopt/Bearbeiter) Beise, Herward: Die Pflicht des Arbeitgebers zur Erstattung von Arbeitslosengeld bei nachvertraglicher Wettbewerbsabrede, DB 1987, 1251 – Erstattung von Arbeitslosengeld bei nachvertraglicher Wettbewerbsabrede, DB 1990, 1037 Bellstedt, Christoph: Vertragliches Wettbewerbsverbot des GmbH-Geschäftsführers nach seinem Ausscheiden, GmbHR 1976, 236 Benecke, Martina/Pils, Michael: Arbeitsplatzwechsel nach Abwerbung: Rechtsprobleme des „Headhunting“, NZA-RR 2005, 561 Benedict, Jörg: Consideration – Formalismus und Realismus im Common Law of Contract, RabelsZ 2005, 1 Bengelsdorf, Peter: Auskunft und Nachweis über anderweitige Einkommen bei Wettbewerbsverbot, BB 1979, 1150

250

Literaturverzeichnis

– Der Anspruch auf Karenzentschädigung – Entstehung, Verjährung, Verfall – , DB 1985, 1585 – Berücksichtigung von Vergütungen für Arbeitnehmererfindungen und Verbesserungsvorschläge bei der Karenzentschädigung gemäß § 74 Abs. 2 HGB?, DB 1989, 1024 Bergwitz, Christoph: Befreiung der GmbH von der Karenzentschädigungspflicht beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot des abberufenen Geschäftsführers, GmbHR 2007, 523 Bernstorff, Christoph Graf von: Einführung in das englische Recht, 4. Auflage, München 2011 (zit.: Bernstorff) Berscheid, Ernst-Dieter/Kunz, Jürgen/Brand, Jürgen/Nebeling, Martin: Praxis des Arbeitsrechts, 4. Auflage, Berlin 2013 (zit.: Berscheid u. a./Bearbeiter) Beuthien, Volker: Arbeitsrecht und Vereinsfreiheit, Festschrift für das BAG, München 1979, 1 Beuthien, Volker/Wehler, Thomas: Stellung und Schutz der freien Mitarbeiter im Arbeitsrecht, RdA 1978, 2 Blake, Harlan M.: Employee agreements not to compete (1960), HLR 625 Bohn, Hans: Konkurrenztätigkeit während des Ruhestandes, DB 1967, 641 Bowers, John: A Practical Approach to Employment Law, 8. Auflage, London 2009 (zit.: Bowers) – Covenants in Restraint of Trade (1983), LSG 1268 Bradgate, J. R.: Restraining the Ex-Employee (1986), LSG 1615 Brendel, Claudia: Nachvertragliche grenzüberschreitende Wettbewerbsverbote, Hamburg 2009 (zit.: Brendel) Brodie, Douglas: The Right to Work (1998), JR 311 Buchner, Herbert: Wettbewerbsverbote während und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Heidelberg 1995 (zit.: Buchner) – Tendenzförderung als arbeitsrechtliche Pflicht, ZfA 1979, 335 – Verbindlichkeit eines nachvertraglichen, auf arbeitnehmerseitig ausgelöster Beendigung des Arbeitsverhältnisses beschränkten Wettbewerbsverbots – Erfassung der Ansprüche aus Wettbewerbsverboten durch Ausgleichsklauseln in Aufhebungsverträgen, SAE 2007, 1 Büsken, Rainer: Mandantenschutzklausel, Mandantenübernahmeklausel, MDR 1985, 898 Buß, Thomas: Wettbewerbsverbote und konkurrierende Erwerbstätigkeit des Ehegatten, Dissertation, Köln 1995 (zit.: Buß) Butters, Beate: Modifizierte Teilnichtigkeit sittenwidriger nachvertraglicher Wettbewerbsverbote – BGH, NJW 1997, 3089, JuS 2001, 324 Cabrelli, David: Post-termination covenants in the spotlight again (2004), ILJ 167 – Restrictive covenants: some recent case law (2007), EmpLB 5 Coleman, Allison: The Legal Protection of Trade Secrets, London 1992 (zit.: Coleman) Davies, P. L.: Post Employment Restaints: Some Recent Developments (1982), JBL 490 Deakin, Simon/Morris, Gillian S.: Labour Law, 4. Auflage, London u. a. 2005 (zit.: Deakin/ Morris)

Literaturverzeichnis

251

Dean, Robert: The Law of Trade Secrets, Sydney 1990 (zit.: Dean) Deutscher Anwaltsverein: Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes – Der Arbeitsrechtsausschuss des DAV nimmt Stellung, AE 2007, 13 Diller, Martin: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote und AGB-Recht, NZA 2005, 250 – Formmängel und Unmöglichkeit der Zuwiderhandlung beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, RdA 2006, 45 – Anrechnung von Arbeitslosengeld auf Karenzentschädigung: Brutto oder Netto?, BB 2008, 1680 Dombrowski, Martin/Zettelmeyer, Bernd: Die Wertermittlung der Nutzungsvorteile von Firmenwagen im Rahmen der Karenzentschädigung nach § 74 II HGB, NZA 1995, 155 Dorndorf, Eberhard: Freie Arbeitsplatzwahl und Recht am Arbeitsergebnis, Frankfurt a.M. 1979 (zit.: Dorndorf) Döser, Wulf: Anglo-amerikanische Vertragsstrukturen in deutschen Vertriebs-, Lizenz- und sonstigen Vertikalverträgen, NJW 2000, 1451 Ebenroth, Carsten Thomas/Boujong, Karlheinz/Joost, Detlev: Handelsgesetzbuch, Band 1 (§§ 1 – 342 e), 2. Auflage, München 2008 (zit.: Ebenroth/Bearbeiter) Ebert, Oliver: Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Berechnung der Karenzentschädigung, FA 1999, 346 Edenfeld, Stefan: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote im Europäischen Vergleich, ZfA 2004, 463 Edwards, Martin: Restrictive Covenants in Employment Contracts (1988), BLR 45 – Restrictive Covenants and Employment: Recent Developments (1991), BLR 3 Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 14. Auflage, München 2014 (zit.: ErfKomm/Bearbeiter) Fleck, Hans Joachim:, Das Organmitglied – Unternehmer oder Arbeitnehmer?, Festschrift für Marie Luise Hilger und Hermann Stumpf, München 1983, 197 Fröhlich, Oliver/Heine, Ralf: Wettbewerbsverbote im Arbeitsverhältnis, ArbRB 2010, 190 Gamerschlag, Hans Karl: Nochmals: Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung, NJW 1989, 2870 Gamillscheg, Franz: Gedanken zur Neuregelung der Wettbewerbsvereinbarungen, RdA 1975, 13 – Zivilrechtliche Denkformen und die Entwicklung des Individualarbeitsrechts, AcP 176 (1976), 197 Gaul, Björn: Neues zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot DB 1995, 874 Gaul, Björn/Ludwig, Daniel: Betriebsübergang: Auswirkungen auf Vereinbarungen über nachvertragliche Wettbewerbsverbote, NZA 2013, 489 Gaul, Dieter: Wechselbeziehungen zwischen betrieblicher Altersversorgung und Wettbewerbsverbot, BB 1980, 57

252

Literaturverzeichnis

– Die Kennzeichnung des unerlaubten Wettbewerbs bei arbeitsrechtlichen Wettbewerbsbeschränkungen, BB 1984, 346 – Die nachvertragliche Geheimhaltungspflicht eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers, NZA 1988, 225 – Die Abgrenzung nachvertraglicher Geheimhaltungsverpflichtungen gegenüber vertraglichen Wettbewerbsbeschränkungen, ZIP 1988, 689 – Die Wettbewerbsbeschränkung des Geschäftsführers der GmbH innerhalb und im Anschluss an den stillschweigend verlängerten Vertrag, GmbHR 1991, 144 Gehle, Burkhard: Nachvertragliches Wettbewerbsverbot: Geltungserhaltende Reduktion kraft vertraglicher Vereinbarung?, DB 2010, 1981 Götz, Heinrich: Nachvertraglicher Wettbewerb und Ruhegeld, Festschrift für Gerhard Schiedermair, Heidelberg 1976, 203 Gravenhorst, Anna Caroline: Die Zusage der Karenzentschädigung nach § 74 II HGB, NJW 2006, 3609 Growe, Sonja Verena: Nachvertragliche Wettbewerbsbeschränkungen von Arbeitnehmern in multinationalen Konzernen, Hamburg 2010 (zit.: Growe) Grüll, Ferdinand/Janert, Wolf-Rüdiger: Die Konkurrenzklausel, 5. Auflage, Heidelberg 1993 (zit.: Grüll/Janert) Grunewald, Barbara: Der arbeitsrechtliche Abwicklungsvertrag – Alternative oder Ende des arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrages, NZA 1994, 441 Grunsky, Wolfgang: Der Entzug eines vertraglichen Ruhegeldanspruchs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, JuS 1970, 16 – Das bedingte Wettbewerbsverbot, Festschrift 25 Jahre BAG, München 1979, 153 – Wettbewerbsverbote für Arbeitnehmer, 2. Auflage, Köln 1987 (zit.: Grunsky) – Voraussetzungen einer Entschädigungszusage nach § 74 II HGB, NZA 1988, 713 – Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot (§§ 74 ff. HGB) als gegenseitiger Vertrag, Festschrift für Alfred Söllner, München 1990, 41 Gschwendtner, Hubertus: Karenzentschädigung – die neue Marschroute des BFH, NJW 1997, 1685 Gumpert, Jobst: Analoge Anwendung der Bestimmungen über Wettbewerbsvereinbarungen mit Handlungsgehilfen auf andere Arbeitsverhältnisse, BB 1970, 178 Halsbury’s: Laws of England: Volume 47 (Trade, Industry and Industrial Relations), 4. Auflage, London 1994 (zit.: Halsbury’s Laws of England) Hanau, Peter/Steinmeyer, Heinz-Dietrich/Wank, Rolf: Handbuch des europäischen Arbeitsund Sozialrechts, München 2002 (zit.: Hanau/Steinmeyer/Wank) Hartung, Markus/Bargon, Vinzent Fabian: Die UK-LLP in der deutschen Praxis – wer A sagt, sagt auch B, AnwBl 2/2011, 84. Häußermann, Daniel/Dollmann, Michael: Die Ärztegesellschaft mbH – Kooperation von Ärzten und anderen Leistungserbringern in einer juristischen Person des Privatrechts, MedR 2005, 255

Literaturverzeichnis

253

Heidenhain, Martin: Nachvertragliches Wettbewerbsverbot des GmbH-Geschäftsführers, NZG 2002, 605 Heller, Matthes: Nachvertragliches Wettbewerbsverbot bei Geschäftsführern, GmbHR 2000, 371 Henssler, Martin/Braun, Axel: Arbeitsrecht in Europa, 3. Auflage, Köln 2011 (zit.: Henssler/ Braun/Bearbeiter) Henssler, Martin/Preis, Ulrich: Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes, NZA 2007 Beilage 1/2007, 1 Heydon, John Dyson: Recent Developments in Restraint of Trade (1975), 21 MGLJ, 325 Heymann, Ernst: Handelsgesetzbuch, Band 1 (Einleitung; §§ 1 – 104) 2. Auflage, Berlin u. a. 1995 (zit.: Heymann/Bearbeiter) Hillgruber, Christian: Grundrechtsschutz im Vertragsrecht, AcP 191 (1991), 69 Hoffmann-Becking, Michael: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote für Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer, Festschrift für Karl-Heinz Quack, Berlin 1991, 273 Hofmann, Paul: Wettbewerbsabreden mit technischen Angestellten, NJW 1969, 1985 Holland, James/Burnett, Stuart: Employment Law, New York 2007 (zit.: Holland/Burnett) Hopkins, Roger/Hoffman, Sofie: Restrictive covenants in a joint venture agreement (1997), SJ 312 Hoß, Axel: Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot während des Kündigungsschutzprozesses und im Aufhebungsvertrag, DB 1997, 1818 Hunold, Wolf: Rechtsprechung zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, NZA-RR 2007, 617 Hürten, Björn: Das Erfordernis der Gegenleistung (consideration) im englischen Vertragsrecht, Dissertation, Hamburg 2004 (zit.: Hürten) Jäger, Axel: Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigung für Organmitglieder juristischer Personen, DStR 1995, 724 Jefferson, Michael: Express Covenant or Implied Term of Confidentialy? (1987), BusLR 23 – Restraint of Trade: Dismissal and Drafting (1997), ILJ 62 Jolly, William: Contracts in restraint of trade, 3. Auflage, London 1914 (zit.: Jolly) Kallenbach, Corinna: Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot von Arbeitnehmern bei Betriebsübergang, Dissertation, Marburg 1997 (zit.: Kallenbach) Kann, Jürgen van/Keiluweit, Anjela: Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung bei Organmitgliedern einer Gesellschaft – ein Überblick, BB 2010, 2050 Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2, 2. Auflage, Neuwied 2000 (zit.: Kasseler Handbuch/Bearbeiter) Kilian, Matthias: Arbeitnehmerkündigung und „Right to Work“ im englischen Arbeitsrecht, RIW 1999, 186 Kittner, Oliver: Der „volatile“ Arbeitnehmer – Wettbewerb im und außerhalb des Arbeitsverhältnisses, BB 2011, 1013

254

Literaturverzeichnis

Koch, Jens: Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot im einseitig vorformulierten Arbeitsvertrag, RdA 2006, 28 Kock, Martin: Aufhebung eines Wettbewerbsverbots durch allgemeine Abgeltungsklausel im Abwicklungsvertrag (Anmerkung), NJW 2009, 1022 Koffman, Laurence/Macdonald, Elisabeth: The Law of Contract, 6. Auflage, London 2007 (zit.: Koffman/Macdonald) Kolvin, Philip: Restrictive covenants in employment contracts (1996), SJ 744 König, Christian/Steiner, Ulrike: Die Vereinbarkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit des EG-Vertrags, NJW 2002, 3583 Kukat, Klaus: Vorsicht ist besser als Nachsicht – Praktische Hinweise zur Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote für Geschäftsführer und zur Anrechnung anderweitigen Erwerbs, BB 2001, 951 Kunz, Jürgen: Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und Wettbewerbsverbot während der Dauer und nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses, DB 1993, 2482 Küstner, Wolfram/Manteuffel, Kurt von: Wettbewerbsverbote ohne Entschädigungspflicht des Unternehmers?, BB 1987, 413 Küttner, Wolfdieter: Personalbuch 2013, 20. Auflage, München 2013 (zit.: Küttner/Bearbeiter) Laskawy, Dirk Helge: Die Tücken des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots im Arbeitsrecht – Stets geliebt und doch verkannt!, NZA 2012, 1011 Leuchten, Alexius: Konkurrenztätigkeit im gekündigten Arbeitsverhältnis, NZA 2011, 391 Löffler, Joachim: Der Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte als Schranke für Mehrheitsbeschlüsse bei Personengesellschaften, NJW 1989, 2656 Löw, Stefan: Aktuelle Rechtsfragen zum Arbeitszeugnis, NJW 2005, 3605 Löwe, Helge: Der Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, Dissertation, Frankfurt am Main 1988 (zit.: Löwe) Ly, Filip De: Non-compete clauses in international contracts (2006), IBLJ, 441 Mahnhold, Thilo: Compliance und Arbeitsrecht, Dissertation, Frankfurt am Main 2004 (zit.: Mahnhold) Maier, Antonia: Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im schwedischen, englischen und deutschen Recht, Dissertation, Köln 1998 (zit.: Maier) Matthews, Joseph/Adler, Herbert: The law relating to covenants in restraint of trade, 2. Auflage, London 1907 (zit.: Matthews/Adler) Maurer, Reinhold: Dienstwagenüberlassung an Arbeitnehmer, München 2003 (zit.: Mauer) Maxwell, Patricia: Disclosure of Confidential Information by Ex-Employees (1988), BLR 189 Mayer, Dieter: Verletzung des Wettbewerbsverbots durch Gesellschafter und GesellschafterGeschäftsführer einer GmbH, DNotZ 1992, 641 Mayer, Udo: 10 Fragen zu Nebentätigkeit und Wettbewerb mit dem Arbeitgeber, AiB 1993, 350 – Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot, AiB 2005, 433 McKendrick, Ewan: Contract Law, 5. Auflage, Hampshire 2012 (zit.: McKendrick)

Literaturverzeichnis

255

Mehigan, Simon/Griffiths, David: Restraint of Trade and Business Secrets: Law and Practice, 2. Auflage, London 1996 (Mehigan/Griffiths) Menke, Johan-Michel: Gestaltung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote mit GmbH-Geschäftsführern, NJW 2009, 636 Michalski, Lutz: Die Anwendbarkeit des Kartellverbots (§ 1 GWB) auf Wettbewerbsverbote in Austauschverträgen, BB 1991, 1875 Miller, Kenneth: Implied Duties of Confidentialty in the Contract of Employment (1986), LQR 359 Morawietz, Christine: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote beim Ausscheiden aus einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis, NJOZ 2008, 3813 Mückl, Patrick: Erfolgreiche Taktik beim Umgang mit Wettbewerbsverboten, FA 2008, 194 Münchener Anwaltshandbuch zum Arbeitsrecht, 3. Auflage, München 2012 (zit.: Münchener Anwaltshandbuch/Bearbeiter) Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch: Band 1, Erstes Buch. Handelsstand, §§ 1 – 104 a, 3. Auflage, München 2010 (zit.: MünchKomm/Bearbeiter) Nägele, Stefan: Der Dienstwagen, 2. Auflage, Köln 2010 (zit.: Nägele) – Die Wettbewerbsabrede beim Betriebsinhaberwechsel, BB 1989, 1480 Nägele, Stefan/Schmidt, Frauke: Das Dienstfahrzeug, BB 1993, 1797 Neufeld, Tobias: Der Schutz vertraulicher Informationen im englischen Arbeitsrecht, RIW 2002, 686 Ogorek, Markus/Wilsing, Hans-Ulrich: Wettbewerbsverbot und Mitspracherechte vor Umsetzung des Austritts eines GmbH Gesellschafters, NZG 2010, 379 Owen-Thomas, Richard: Employment: Leap of faith? (2012), 162 NLJ 521 Piper, Henning: Zur Wettbewerbswidrigkeit des Einbrechens in fremde Vertragsbeziehungen durch Abwerben von Kunden und Mitarbeitern, GRUR 1990, 643 Plett, Martin: Wirksamkeitsvoraussetzungen des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes, DB 1986, 2282 Poole, Jill: Casebook on Contract Law, 9. Auflage, Oxford 2008 (zit.: Poole) Prange, Kerstin/Laimer, Hans Georg/Eisele, Daniel: Wettbewerbsklauseln in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz, RIW 2008, 227 Preis, Ulrich: Der Arbeitsvertrag, 4. Auflage, Köln 2011 (zit.: Preis/Bearbeiter) Preis, Ulrich/Reinfeld, Roland: Schweigepflicht und Anzeigerecht im Arbeitsverhältnis, AuR 1989, 361 Reinfeld, Roland: Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot im Arbeits- und Wirtschaftsrecht, Dissertation, Heidelberg 1993 (zit.: Reinfeld) – Verschwiegenheitspflicht und Geheimnisschutz im Arbeitsrecht, Göttingen 1989 (zit.: Reinfeld, Verschwiegenheitspflicht) Reufels, Martin: Grenzüberschreitende nachvertragliche Wettbewerbsverbote – Vereinbarkeit mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit des EG-Vertrages?, ArbRB 2000, 313

256

Literaturverzeichnis

– Neue Fragen der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung von „Headhunting”, GRUR 2001, 214 Reufels, Martin/Schewiola, Sascha: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Organmitgliedern, ArbRB 2008, 57 Reuter, Wolf J.: Wettbewerbsrechtliche Ansprüche bei Konflikten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern – Terra Incognita?, NJW 2008, 3538 Richters, Swantje/Wodke, Carolina: Schutz von Betriebsgeheimnissen aus Unternehmenssicht – „Verhinderung von Know-how Abfluss durch eigene Mitarbeiter“, NZA-RR 2003, 281 Röhsler, Waldemar/Borrmann, Helga: Wettbewerbsbeschränkungen für Arbeitnehmer und Handelsvertreter, Berlin 1981 (zit.: Röhsler/Borrmann) Römermann, Volker: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei Freiberuflern, BB 1998, 1489 Sahavi, Anahita: Die Wirksamkeit nachvertraglicher Wettbewerbsbeschränkungen im englischen und deutschen Recht, Dissertation, Bonn 2005, (zit.: Sahavi) Salamon, Erwin/Fuhlrott, Michael: Die Reichweite des Wettbewerbsverbotes im gekündigten Arbeitsverhältnis – unter besonderer Berücksichtigung taktischer und strategischer Überlegungen – , BB 2011, 1018 Sales, Philip: Covenants restricting recruitment of employees and doctrine of restraint of trade (1988), LQR 600 Salfeld, Rainer: Wettbewerbsverbote im Gesellschaftsrecht, Dissertation, Frankfurt 1987 (zit.: Salfeld) Sander, Charlotte: Schutz nicht offenbarter betrieblicher Informationen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im deutschen und amerikanischen Recht, GRUR Int. 2013, 217 Schaub, Günter: Arbeitsrechts-Handbuch, 15. Auflage, München 2013 (zit.: Schaub/Bearbeiter) – Wettbewerbsbeschränkungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, RdA 1971, 268 – Einschränkungen der Wettbewerbstätigkeit eines Ruhegeldberechtigten, BB 1972, 223 Schindler, Meriel: Garden leave pruned (1998), SJ 736 Schlegelberger, Franz: Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 2. Band, 5. Auflage, München 1973 (zit.: Schlegelberger/Bearbeiter) Schlötter, Richard: Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und die Abwerbung von Arbeitnehmern – Eine rechtsvergleichende Untersuchung des englischen, französischen und deutschen Rechts, Dissertation, Köln 1997 (zit.: Schlötter) Schmidt-Diemitz, Rolf: Wettbewerbsverbote in Gesellschaftsverträgen, GRUR 1980, 18 Schütze, Rolf: Zur Anrechnung anderweitigen Arbeitseinkommens auf die Karenzentschädigung, DB 1971, 918 Schwabe, Jürgen: Verfassungswidrigkeit von Wettbewerbsverboten, JZ 1976, 439 Schwedes, Norbert: Vertragliche Wettbewerbsbeschränkungen für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – Ein Vergleich zwischen dem Recht der USA und der Bundesrepublik Deutschland, Dissertation, Frankfurt am Main 1990 (zit.: Schwedes) Selwyn, Norman: Law of Employment, 15. Auflage, Oxford 2008 (zit.: Selwyn)

Literaturverzeichnis

257

Simon, Ilanah: Contracts for the settlement of intellectual property disputes and the restraint of trade doctrine: the WWF case (2002), EntLR 39 Sina, Peter: Zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot für Vorstandsmitglieder und GmbH Geschäftsführer, DB 1985, 902 – Die Befreiung des GmbH–Geschäftsführers vom Wettbewerbsverbot, DStR 1991, 40 Smith, Kenneth/Keenan, Denis: English Law, 14. Auflage, London 2004 (zit.: Smith/Keenan) Spowart-Tylor, Ann/Hough, Barry: The Client and Restraint of Trade (1984), MLR 745 Staub, Hermann: HGB Großkommentar, 5. Auflage, Berlin 2008 (zit.: Staub/Bearbeiter) Stefan, Ernst: Bedingte Wettbewerbsverbote und Karenzzahlungsanspruch von Ruheständlern, BB 1980, 685 Stein, Rolf/Rabe von Pappenheim, Henning: Arbeitsrecht in Großbritannien, 2. Auflage, Heidelberg 2000 (zit.: Stein/Rabe von Pappenheim) Strelau, Susanne: Wettbewerbsverbote für den GmbH-Geschäftsführer und Befreiungsmöglichkeiten, Dissertation, Marburg 1999 (zit.: Strehlau) Taeger, Jürgen: Verschwiegenheitspflicht im Arbeitsrecht, AuA 1992, 201 Thüsing, Gregor: Nachorganschaftliche Wettbewerbsverbote bei Vorständen und Geschäftsführern – Ein Rundgang durch die neuere Rechtsprechung und Literatur, NZA 2004, 9 Treitel, Guenter: The Law of Contract, 13. Auflage, London 2011 (zit.: Treitel) – An outline of The Law of Contract, 6. Auflage, London 2004 (zit.: Treitel, Contract Law) Triebel, Volker/Illmer, Martin/Ringe, Wolf-Georg/Vogenauer, Stefan/Ziegler, Katja: Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 3. Auflage, Heidelberg 2012 (zit.: Triebel u. a./Bearbeiter) Tschöpe, Ulrich: Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht, 8. Auflage, Köln 2013 (zit.: Tschöpe/Bearbeiter) Upex, Robert/Hardy, Stephen: The Law of Termination of Employment, 8. Auflage, Bristol 2012 (zit.: Upex) Von der Osten, Dinnies: Das Wettbewerbsverbot von Gesellschaftern und Gesellschafter-Geschäftsführern in der GmbH, GmbHR 1989, 450 Waas, Bernd: Konzernarbeitsrecht in Großbritannien, Dissertation, Baden-Baden 1993 (zit.: Waas) – Überlegungen zur Fortentwicklung des deutschen Arbeitsrechts – Diskussion im Inland, Anstöße aus dem Ausland, RdA 2007, 76 Wank, Rolf: Arbeitnehmer und Selbständige, München 1988 (zit.: Wank) Warren, L.: In Restraint of Trade (1995), SJ, 1005 Weiss, Manfred: Strategien zur Globalisierung arbeitsrechtlicher Mindeststandards, Festschrift für Reinhard Richardi, München 2007, 1093 – Inkongruenzen zwischen europäischem und deutschem Arbeitsrecht, Festschrift für JobstHubertus Bauer, München 2010, 1083

258

Literaturverzeichnis

Weiss, Manfred/Seifert, Achim/Kronisch, Gerhard/Gschwinder, Joachim/Bromwich, William: Arbeitsrecht für Führungskräfte in ausgewählten Rechtsordnungen, Baden-Baden 2010 (zit.: Weiss u. a./Bearbeiter) Wertheimer, Frank: Abhängigkeit der Karenzentschädigungspflicht vom Abschlusszeitpunkt des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes, BB 1996, 1714 – Wirksamkeit nachvertraglicher Wettbewerbsverbote bei nicht kündigungsbedingter Beendigung des Arbeitsverhältnisses, NZA 1997, 522 – Bezahlte Karenz oder entschädigungslose Wettbewerbsenthaltung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers?, BB 1999, 1600 Westermann, Harm Peter: Sonderprivatrechtliche Sozialmodelle und das allgemeine Privatrecht, AcP 178 (1978), 150 Westhoff, Stefan: Wirtschaftliche und verfassungsrechtliche Legitimität von Wettbewerbsverboten, RdA 1976, 353 Winterstein, Heinz-Peter: Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung, NJW 1989, 1463 Wilsing, Hans-Ulrich/Ogorek, Markus: Wettbewerbsverbot und Mitspracherechte vor Umsetzung des Austritts eines GmbH-Gesellschafters, NZG 2010, 379 Wilson, Steve/Woodley, Mick: Terminating a restraint clause (1997), SJ 114 Wynn-Evans, Charles: Protection from Competition by Employees: An Update (1994), BLR 177 – Restrictive Covenants: Reasonableness and Wrongful Dismissal (1997), LQR 377 Zöllner, Wolfgang: Privatautonomie und Arbeitsverhältnis, AcP 176 (1976), 221

Sachwortverzeichnis Abfindung 77 ff., 132 Abgrenzungsfunktion 186 f. Altersruhegeld 80 f., 131 Angemessenheitsprüfung 158, 162, 164 f., 174, 192 ff., 197, 199, 201, 211 f., 216, 221 ff., 228, 230, 234, 246 Anrechnung 148 – Anderweitiger Verdienst 107 f., 121, 140 ff. – Arbeitslosengeld 140 ff. – Arbeitslosenversicherung 144 – Betriebsrentenzahlungen 81, 132 – Freigrenze 141 ff. – Freistellungsphase 60 Äquivalenzprinzip 112, 146, 148 Arbeitsgesetzbuch, Diskussionsentwurf 29, 52, 149 ff. Ausfallgarantie 112 Aushändigung 101, 103 f., 126 Auskunftspflicht 144, 153 Austauschverhältnis 32 Auszubildende 68, 166 Bagatellfälle 83, 86, 88, 94, 246 Berechnungsgrundsätze 129 ff. Berechtigtes geschäftliches Interesse 94, 95 ff., 104, 117 Berechtigtes Interesse 69, 71, 202 f., 207, 210 f., 215 ff. Bertelsmann-Stiftung 52, 149 f., 154 Berufsverbot 35, 41, 94, 100, 151, 157, 159, 189, 204 Beschäftigungsanspruch 58 ff. Betriebsgeheimnisse 64, 84, 87, 96, 182 f., 243 Betriebsübergang 129 Blue pencil test 213 f., 229 Blue pencilling 210, 214 f., 240 Brain test 178 Civil Law 25 Common Law 25, 169, 171

Commonwealth 158 ff. Consideration 25, 164 f., 218 ff., 247 – Illusory consideration 219 – Past consideration 220 Contracts under seal 218 – Grundstücksgeschäfte 218 Court of Appeal 162, 168, 172, 179 ff., 183, 186, 192, 206, 209, 225, 238 ff. Darlegungs- und Beweislast 96, 105 DAV 150 ff., 154 DGB 149 Dismissal – Unfair dismissal 231 f. – Wrongful dismissal 231 ff. Doctrine of consideration 217 ff. Drei-Stufen-Modell 172 ff. Dyer’s Fall 156 ff., 163, 168 Einigungsvertrag 50 ff. Einzelfallbezogenheit 74, 212 f., 215 ff., 230, 246 Fälligkeit 63, 146 Festbezüge 132 f. Freie Mitarbeiter 68 f., 93, 131 Freigabeerklärung 119 Freistellungen 29, 59 f., 132, 234 ff., 239 ff., 243 f. Freistellungsvereinbarungen 29, 235 ff. Fürsorgeprinzip 31 f., 112 Garden leave 235 ff. Gehaltserhöhungen 102, 131, 133 Geheimhaltungspflicht 64 ff., 175, 178, 187 Geheimhaltungsvereinbarungen 66, 81, 181, 186 Geldleistung 131 f., 217, 226 Gemeinschaftsrecht 27 f. Geografische Ausdehnung 194, 199 ff., 206 ff., 216

260

Sachwortverzeichnis

Geschäftsgeheimnisse 33 f., 57, 64 f., 81 ff., 90, 169 f., 172, 174 ff., 184 ff., 198 f., 243 Gewerbefreiheit 37 f., 50 f., 157 ff., 169, 245 Gewerbeordnung 38, 40, 44, 50 Globalisierung 24 f., 51, 207 Globalverweisungen 122 ff. Grundgesetz 48 f. Grundsatz der bezahlten Karenz 45, 69, 111 ff. Handelsbeziehung 204 Handelsrechtsreform 49 Handelsvertreter 27, 49, 62, 122 Herbert Morris 191, 196 ff., 204, 211 High level employees 177 Höchstdauer 46, 99, 151, 200, 204 ff., 216, 240, 246 House of Lords 168, 191 f., 196, 205, 214 Humankapital 56 Implied duty of confidentiality 171 ff., 175 f., 178 ff., 185 ff., 198, 246 Implied duty of good faith and fidelity 170 f., 175, 185, 236 f. Insolvenzverfahren 46 IT-Branche 36, 229 Kabinettsorder 40 Karenzentschädigungspflicht 47, 63, 71, 73, 82, 85 f., 106 ff., 110 ff., 151, 154, 200, 227, 229 Konkurrenzsituation 23 ff., 36, 39, 55 ff., 100, 163, 207 Konzernstrukturen 26, 128 f. Kostentabelle des ADAC 136 Krankenversicherung 132 Kundenbeziehungen 204, 209 Kündigungsschutzverfahren 54 Leistungstausch 31 f. Leitentscheidungen 26, 155, 191 ff., 200, 212, 218, 220, 232, 237, 246 Lösungsmöglichkeiten 29, 70, 105 ff., 231 ff. – Aufhebungsvertrag 78 f., 93, 105 f., 109, 231, 236 – Ausgleichsklauseln 105 f. – Außerordentliche Kündigung 105, 108 f.

– – – –

Einseitiges Lösungsrecht 106, 108 f., 231 Repudiary breach 231 Verzicht des Arbeitgebers 105 ff., 108 Wrongful dismissal 231 ff.

Mandantenschutzklauseln 88 f. Marktchancen 24, 203 f., 207 Marktposition 23, 32, 38 Mietwagenkosten 136 Minderjährige 24, 42, 68, 117 Monetäre Kompensation 165, 228 f., 233 f. Nachvertragliche Treuepflicht 64, 70, 188 Nebenabreden 102, 214 Nebenpflichten 53 f. Nichtigkeit 68, 88, 101, 104, 114 f., 117, 122, 190 Nordenfelt 167 f., 191 ff., 195 ff., 199, 205, 207, 214 Numerus Clausus 37, 50, 159 Öffentliches Interesse 162 ff., 167, 189 f., 192, 194, 210, 212, 215, 221 Organmitglieder 69 ff. – Geschäftsführer 36, 69 ff. Parität 44, 87 Persönlichkeitsrecht 59 Praktikanten 68, 117 Probezeit 75, 90 Protektionismus 159 f. Recht auf Arbeit 58 ff., 237 ff., 241 Regulierungsfaktoren 39 f. Rehabilitationsmaßnahmen 145 Reichsgericht 30, 40 f., 51, 59, 78 Rentenanspruch 145 Rentenversicherung 132, 145 Restraint of trade doctrine 26, 158, 166, 168 f., 179, 181 f., 188 ff., 217, 221 ff., 226, 228 ff., 244 Restrictive covenants 155, 240, 242 ff. Ruhestand 80 f., 145, 164 Schlüsselkräfte 26, 35, 55 f., 69, 160, 201 Schriftform 101 ff. Schuldner der Karenzentschädigung 127 ff., 147

Sachwortverzeichnis Selbstständige Arbeit 74, 122, 143 ff. Singularverweisung 121 f. Spürbarkeit 86 ff., 94, 245 Steuerungsprinzip 113 Studium 132 Stufenverhältnis 175 Suspendierung 59 Technische Angestellte 42, 46 f. Teilbetrag 115 f., 129 Teilzeitarbeitsverhältnisse 138 ff. Test of reasonableness 166, 168, 189 f., 192, 194, 200 f., 205, 215 Übergangsgeld 145 Übervorteilungsgefahr 124 Unbillige Erschwerung des Fortkommens 95, 98 f. Unternehmenskaufvertrag 27, 191 f., 201 f. Unverbindlichkeit 60, 91 f., 94, 96, 104, 109, 114 ff., 121, 148 Urlaub 132, 134 f. Variable Vergütungsbestandteile 133 ff. – 13. Monatsgehalt 133 f. – Dienstwagen 135 ff. – Dienstwohnung 135, 137 f. – Mitarbeiterbeteiligung 135 – Optionen 75, 135 – Sachleistungen 130, 135 ff. – Urlaubsgeld 134 f.

261

– Weihnachtsgeld 134 f. Vernebelungsklauseln 124 Verschwiegenheitsvereinbarungen 81 ff., 85 f., 88, 93 f., 245 Vertragsmäßige Leistungen 130 ff., 165 Vertragsstrafe 24, 153 Vier-Stufen-Prüfung 211 ff., 215, 247 Vorvertrag 75 Wahlrecht 92 f., 98 f., 103, 107, 109, 115 ff., 121 Warnfunktion 101, 187, 199 Wechselnde Bezüge 133 f. Weimarer Reichsverfassung 47 f. Weiterbildung 34, 56, 132, 183, 239 Wettbewerbsfähigkeit 23 f., 53 Wettbewerbsverbot – Bedingtes Wettbewerbsverbot 90 f., 151 f. – Generelles Wettbewerbsverbot 160 ff., 165 – Gesetzliches Wettbewerbsverbot 53, 170 – Partielles Wettbewerbsverbot 160 ff., 165 – Tätigkeitsbezogenes Wettbewerbsverbot 58 Widerspruchsrecht 127 f. Wohnsitz 142, 153 Zunft- und Gildeordnung 37 f., 50 f., 169, 245