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German Pages 380 Year 1999
Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht
Band 47
Die öffentliche Förderung des Musiktheaters in Deutschland Von
Wolf-Dietrich Tillner
Duncker & Humblot · Berlin
WOLF-DIETRICH Tll..LNER
Die öffentliche Förderung des Musiktheaters in Deutschland
Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht Herausgegeben von Wolfgang Graf Vitzthum in Gemeinschaft mit Martin Heckel, Karl-Hermann Kästner Ferdinand Kirchhof, Hans von Mangoldt Thomas Oppermann, Günter Püttner Michael Ronellenfitsch sämtlich in Tübingen
Band 47
Die öffentliche Förderung des Musiktheaters in Deutschland Von Wolf-Dietrich Tillner
Duncker & Humblot . Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme TiUner, Wolf-Dietrich: Die öffentliche Förderung des Musiktheaters in Deutschland / von Wolf-Dietrich Tillner. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht ; Bd. 47) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1997/98 ISBN 3-428-09574-X
D21 Alle Rechte vorbehalten
© 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: W. März, Tübingen Druck: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-6061 ISBN 3-428-09574-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@
Vorwort Die vorliegende Arbeit stellt die leicht überarbeitete Fassung einer Dissertation dar, welche im Frühjahr 1996 abgeschlossen und im Wintersemester 1997/98 von der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen angenommen wurde. Literatur und Rechtsprechung sowie Änderungen im tatsächlichen nach Abgabetermin der Dissertation konnten nur noch gelegentlich berücksichtigt werden. Herzlich danke ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas Oppermann, dessen vertrauensvolle Förderung und stetige Hilfsbereitschaft mir und der Arbeit mehr geholfen haben, als ich an dieser Stelle ausdrücken kann. Besonderen Dank schulde ich auch Herrn Prof. Dr. Hermann Kästner für die sehr zügige Erstellung des Zweitgutachtens. An dieser Stelle gilt mein Dank ebenfalls den vielen "Praktikern", welche mir in Interviews zahlreiche Auskünfte gegeben haben, ohne die diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Stellvertretend seien genannt Hanns Matz, ehemaliger Intendant der Semperoper Dresden, ferner Karin Schlichting, Verwaltungsleiterin der Komischen Oper Berlin, Georg Vierthaler, jetziger Verwaltungsdirektor der Deutschen Staatsoper Berlin, sowie Paul Harrison, stellvertretender Verwaltungsleiter der Victoria State Opera in Melbourne / Australien. Auch bin ich Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Graf Vitzthum sowie dem Verlag Duncker & Humblot für die Aufnahme dieser Arbeit in die "Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht" sehr verbunden. Nicht zuletzt möchte ich meinen Eltern dafür danken, daß sie mich in großer Geduld und Verständnis immer wieder unterstützt haben. Ihnen ist dieses Buch gewidmet. Tübingen, im März 1998
Wolf-Dietrich Tillner
Inhaltsübersicht A. Einleitung
17
I. Hinflihrung
18
Ho Einordnung
21
1. Begriffliche Einordnung 20
30
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Geschichtliche Einordnung Juristische Einordnung
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33
II10 Untersuchungsgang
39
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland I. Pflicht zur Förderung
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1. Völkerrechtliche Quellen 20
30
40
50
Verfassungsrecht Gesetzesrecht
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Sonstige Begründungsebenen Ergebnis
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IIo Ausgestaltung der Förderung
I. Inhaltliche Ausrichtung der Förderung: Art. 20
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Förderkompetenzen
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Kooperation statt Konkurrenz
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Abso
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258
C. Grundriß der Förderung in der einstmaligen Deutschen Demokratischen Republik I. Nützlichkeit der Förderung: Theater als Erziehungsinstrument 1. Exkurs: Grundlagen des Sozialismus in der DDR 20
Kultur und Theater im Sozialismus der DDR
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8
Inhaltsübersicht
n.
Ausgestaltung der Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . .
270
I. Inhaltliche Ausrichtung der Förderung: Sozialistische Kulturpolitik. ..
271
2. Kompetenzstränge staU Kompetenzgeflecht - "Demokratischer Zentralismus" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
281
3. Die nicht primär finanzielle Förderung: "cura culturae"
291
III. Zwischenergebnis
.........................
303
D. Zusammenschau und Überlegungen zur weiteren Förderung
305
I. Instrumentalisierung des Musiktheaters als Kennzeichen des Totalitarismus
305
II. Föderalismus sowie Dezentralismus der Kommunen und eine akzentuierte, wirksame "cura culturae" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
311
I. Model\charakter eines Nationaltheaters . . . . .
312
2. Festivals und Wettbewerbe . . . . . . . .
320
3. Nachwuchsförderung
324
4. Besucherorganisation
329
III. Musiktheaterförderung und das Publikum
....... .
IV. Neue Wege der Finanzierung und Konzentration öffentlicher Ausgaben .
329 334
I. Blick in Richtung Übersee . . . . . . . . .
334
2. Private Finanzierung in Deutschland .. .
341
3. Schlußfolgerung
346
....................... .
V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
347
E. Gesamtbetrachtung
348
Literaturverzeichnis
352
Stichwortverzeichnis
376
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung
17
I. Hinführung
18
11. Einordnung
21
1. Begriffliche Einordnung
.............................
21
a) "Förderung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
b) "Musiktheater"
22
c) "Deutschland"
24
2. Geschichtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
a) Die Geschichte des Musiktheaters als Kunstgattung . . . . . . . . . .
24
b) Die Geschichte des Musiktheaters als Institution . . . . . . . . . . . .
27
3. Juristische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
III. Untersuchungsgang
39 B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
41
I. Pflicht zur Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
1. Völkerrechtliche Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
a) Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948.
41
b) Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (J 966/1973) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
c) Europäisches Kulturabkommen vom 19. Dezember 1954 . . . . . . .
47
2. Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
a) Bundesverfassung
...............................
48
.....
48
aa) Vorfrage: Die Zu lässigkeit öffentlicher Kunstförderung bb) Allgemeines Kulturstaatsprinzip
50
cc) Insbesondere Art. 5 Abs. 3 GG
58
(I) Generelle Pflicht zur Förderung der Kunst . . . . . . . . . .
58
(2) Spezielle Pflicht zur Förderung des Musiktheaters . . . . ..
60
Inhaltsverzeichnis
10
(a) Die objektive Seite: Das Musiktheater als Gegenstand einer institutionellen Garantie . . . . . . . . . . . . . . . .
62
.. .
66
(b) Die subjektive Seite: Originäre Teilhabeansprüche
dd) Art. 3 Abs. I GG: Derivative Teilhabeansprüche . . . . . . .
72
ee) Rechtsstaatsprinzip
73
ff)
76
Sozialstaatsgebot
b) Landesverfassungen .
77
aal Bindungscharakter allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
bb) Bindungscharakter speziell: Die Gemeinden als Adressaten
80
3. Gesetzesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
a) Bundesgesetze . . . . . . . . . . . . . . .
85
b) Landesgesetze . . . . . . . . .
85
4. Sonstige Begründungsebenen
.
87
5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . .
89
11. Ausgestaltung der Förderung ...
90
I. Inhaltliche Ausrichtung der Förderung: Art. 5 Abs. 3 GG ... . . a) Die Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG ...
91
92
aal Geschichtlicher und normativer Rahmen
92
bb) Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG
95
(I) Schutzgegenstand, der verfassungsrechtliche Kunstbegriff . (2) Sachlicher und persönlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . (3) Schutzrichtungen cc) Schranken des Art. 5 Abs. 3 GG . . . . . . . b) Kunstfreiheit für das Musiktheater . . . . . . .
96 98 102 106 108
aal Intendant und öffentlicher Träger
110
(I) Grundlegendes . . . . . . . . .
110
(2) Vorwiegende Bedrohungen des status negativus . . . .
114
(a) Direkte Eingriffe . . . . . . . . . . . . .
115
(b) Indirekte Eingriffe . . . . . . . . . . . .
126
(3) Vorwiegende Bedrohungen des status passivus . . . . . . . .
136
bb) Intendant und Rechnungsprüfung
147
c) Kunstfreiheit im Musiktheater . . . . .
155
d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
162
11
Inhaltsverzeichnis 2. Förderkompetenzen
................................
163
a) Förderung durch die Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . .
168
aa) Art. 3 Iit. p), 128 i.Y.m. Art. 3b EGV
...............
b) Förderung durch den Bund
.........................
177
aa) Ausdrückliche Kompetenzen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
179
(1) Insbesondere
Art. 73 Nr. 1, Art. 32 Abs. 1, Art. 87 Abs. 1 GG: Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten
182
(2) Insbesondere Art. 106 Abs. 8 GG: Zuständigkeit für Sonder lastenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
183
(3) Annex: Die Kulturklausel in Art. 35 EV
...........
185
bb) Stillschweigende Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
189
(I) "Sachzusammenhang" und "Annex"
(2) "Natur der Sache"
..............
.........................
(a) Kompetenzbegründung
191 193
....................
204
(aa) Überregionalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
204
(bb) Nationale Repräsentation . . . . . . . . . . . . . . . .
217
(cc) Gesamtstaatliche Repräsentation . . . . . . . . . . ..
219
(b) Kompetenzausübung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
223
.........................
234
cc) Objekte der Förderung
dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
244
c) Förderung durch die Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
244
aa) Art. 30, 70ff., 83ff. GG: "Kulturhoheit der Länder" . . . . . . .
244
.........................
246
d) Förderung durch die Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
25 1
......
251
bb) Objekte der Förderung
aa) Art. 28 Abs. 2 GG: Allzuständigkeit der Gemeinden bb) Objekte der Förderung
.........................
255
e) Annex: Förderung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk . . ..
256
3. Kooperation statt Konkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
258
C. Grundriß der Förderung in der einstmaligen Deutschen Demokratischen Republik
r.
168 174
bb) Objekte der Förderung
264
Nützlichkeit der Förderung: Theater als Erziehungsinstrument . . . . . . ..
265
1. Exkurs: Grundlagen des Sozialismus in der DDR . . . . . . . . . . . . .
265
2. Kultur und Theater im Sozialismus der DDR . . . . . . . . . . . . . . ..
269
fnhaltsverzeichnis
12
H. Ausgestaltung der Förderung . . . . . . . . . . . . . . . I. fnhaltliche Ausrichtung der Förderung: Sozialistische Kulturpolitik ...
271
2. Kompetenzstränge statt Kompetenzgeflecht - "Demokratischer Zentralismus" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
281
a) Unterstellung: Forderung vor Förderung
.
281
aal Planungsstruktur
281
bb) Planungsablauf .
284
b) Finanzzuweisung ...
288
3. Die nicht primär finanzielle Förderung: "cura culturae" . . . . . . .
291
a) Beispielhaft: Die Komische Oper im ehemaligen Ost-Berlin (Walter Felsenstein) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
291
b) Pflege des Auftragswesens
297
c) Qualitätvolle Ausbildung .
298
d) Umfassende Besucherorganisation
301
Hf. Zwischenergebnis
................ .
D. Zusammenschau und Überlegungen zur weiteren Förderung
r.
270
fnstrumentalisierung des Musiktheaters als Kennzeichen des Totalitarismus
303
305 305
H. Föderalismus sowie Dezentralismus der Kommunen und eine akzentuierte, wirksame "cura culturae" . . . . . . . . . . .
311
I. Modellcharakter eines Nationaltheaters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
312
a) Die fdee eines Nationaltheaters für die Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
312
b) Die Gestalt eines Nationaltheaters für die Bundesrepublik Deutschland. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .... .
314
2. Festivals und Wettbewerbe
320
3. Nachwuchsförderung
324
4. Besucherorganisation
329
HI. Musiktheaterförderung und das Publikum
329
fV. Neue Wege der Finanzierung und Konzentration öffentlicher Ausgaben .
334
I. Blick in Richtung Übersee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
334
a) Fund Raising und Sponsoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
334
b) Kritische Würdigung: Privatfinanzierung und künstlerische Freiheit
338
Inhaltsverzeichnis 2. Private Finanzierung in Deutschland ...
341
a) Arten und Motive privater Förderung . . . . . . . .
341
b) Offene Fragen
343
3. Schlußfolgerung
v.
13
............... . ....
346
Ergebnis ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
347
E. Gesamtbetrachtung
348
Literaturverzeichnis
352
Slichworlverzeichnis
376
Abkürzungsverzeichnis a.A.
anderer Ansicht
aaO.
am angegebenen Ort
Abgh.-Drucks.
Abgeordnetenhausdrucksache
a.F.
alter Fassung
AfK
Archiv für Kommunalwissenschaften
AG
Aktiengesellschaft
ALR
Allgemeines Landrecht
AöR
Archiv des öffentlichen Rechts
BAföG
Bundesausbildungsförderungsgesetz
BBauG
Bundesbaugesetz
BetrVG
Betriebsverfassungsgesetz
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGB\.
Bundesgesetzblatt
BPersVG
Bundespersonalvertretungsgesetz
BR-Drucks.
Bundesratsdrucksache
BT-Drucks.
Bundestagsdrucksache
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BVerwG
Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
BWFwG
Baden-Württembergisches Feuerwehrgesetz
DBV
Deutscher Bühnenverein e.v., Köln
DÖV
Die Öffentliche Verwaltung
ebd.
ebenda
EGV
EG-Vertrag
EigBG
Eigenbetriebsgesetz
EMRK
Europäische Menschenrechtskonvention
EU
Europäische Union
EV
Einigungsvertrag
e.v.
eingetragener Verein
F.A.Z.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Abkürzungsverzeichnis Fn.
Fußnote
FS
Festschrift
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
GemHVO
Gemeindehaushaltsverordnung
GewO
Gewerbeordnung
GG
Grundgesetz ftir die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBI. S.I)
GKZ
Gesetz über kommunale Zusammenarbeit
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHG
Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
GMBI.
Gemeinsames Ministerialblatt (1.1950 ff.)
15
GO
Gemeindeordnung
HdbStR
Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland
HdbVR
Handbuch des Verfassungsrechts
HGB
Handelsgesetzbuch
HRG
Hochschulrahmengesetz
i.Y.m.
in Verbindung mit
JöR
Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart
JWG
Jugendwohlfahrtsgesetz
Kap.
Kapitel
KrO
Kreisordnung
LAG
Landesarbeitsgericht
LKrO
Landkreisordnung
LS
Landessatzung
Ls.
Leitsatz
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
N.F. NW GVBI.
Neue Folge
NWWbG
Nordrhein-Westfalisches Weiterbildungsgesetz
örA
öffentlich-rechtliche Anstalt
PrOVG
Preußisches Oberverwaltungsgericht
RB
Regiebetrieb
RdA
Recht der Arbeit
RGBI.
Reichsgesetzblatt
Rn.
Randnummer
SächsKRG
Sächsisches Kulturraumgesetz
StBauFG
Städtebauförderungsgesetz
StGH
Staatsgerichtshof
Nordrhein-Westfälisches Gesetz- und Verordnungsblatt
Abkürzungsverzeichnis
16 SZ
Süddeutsche Zeitung
TdZ
Theater der Zeit, Berlin
Tgr.
Titelgruppe
Tit.
Titel
Tz.
Textzahl
u.a.
unter anderem
VG
Verwaltungsgericht
VN
Vereinte Nationen
va
Verordnung
WissR
Wissenschaftsrecht, Wissenschaftsverwaltung, Wissenschaftsförderung
WRV
Verfassung des Deutschen Reichs (Weimarer Reichsverfassung) vom 11. August 1919 (RGBI. S. 1383)
ZRP
Zeitschrift für Rechtspolitik
ZV
Zweckverband
Da (auf dem Theater) ist Poesie. da ist Malerei. da ist Gesang und Musik. da ist Schauspielkunst und was nicht noch alles! Wenn alle diese Künste und Reize von Jugend und Schönheit in einem einzigen Abend. und zwar auf bedeutender Stufe zusammenwirken. so gibt es ein Fest. das mit keinem anderen zu vergleichen. (Goethe zu Eckennann am 22. März l82W
A. Einleitung Wenn es dem Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe für das Theater generell schon so erschien, so handelt es sich beim Musiktheater im speziellen erst recht um eine unvergleichlich umfassende und komplexe Gattung von Kunst>. Nicht immer, aber oft, wird dabei die anthropologische Sehnsucht nach Harmonie im je für sich und miteinander der verschiedensten Ebenen künstlerischen Ausdrucks zu erfüllen gesucht4 . Das Recht, indem es sich verschiedener Aspekte des Lebensbereichs Kultur und damit auch der "Schönen Künste" annimmt, bildet dabei gleichsam einen "cordon juridique" um eben diese. Die der Kunst in Art. 5 Abs. 3 GG zugestandene Autonomie wie auch das Verständnis unseres Gemeinwesens als Kulturstaat mit "tätigverantwortlichem Dienst" (E.R. Huber) an der autonomen Kunst und Kultur' bilden dabei die Pole dieser rechtlichen "Umklammerung".
I Zit. bei Leuchtmanl1, Die Oper als Festspiel ihrer selbst, in: Jahrbuch der Bayerischen Staatsoper 1985, S. 74. 2 Zur begrifflichen Präzisierung vgl. unten A.lI.3.
) Hennann Hesse über die Oper: "Von den großen musikalischen Formen sind es zwei, in welchen über das Musikalische hinaus das Ganze des Menschentums angepackt und formuliert, in welchen seine Größe geprießen, seine Gebrechlichkeit betrauert, seine Abhängigkeit von höheren Mächten bekundet wird: das Oratorium und die Oper", zit. bei Michels, Hermann Hesse - Musik, S. 74; darüber hinausgehend mit einer zusätzlichen Akzentuierung des Geistigen die Vorstellung Hesses vom sog. Glasperlenspiel als "Gottesdienst" ohne Theologie, welches in sich drei Prinzipien vereinige: Wissenschaft, Verehrung des Schönen und Meditation, zu finden bei Hesse, Das Glasperlenspiel, S. 41 u. 348. 4 V gL hierzu Hönes, Transposition des Wirklichen, S. 170 ff.; Friedrich, Über Harmonie, in: Jahrbuch der Bayrischen Staatsoper 1986/87, S. 59 ff. , Huber, Zur Problematik des Kulturstaats, in: Kulturstaatlichkeit und Kulturverfassungsrecht, S. 122 (129 ff.); vgl. zur Kulturstaatsproblematik ferner unten B.1.2.; zu den verwaltungsrechtlichen Emanationen Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 11 ff. und passim, speziell zum Theaterwesen S. 122 f. 2 Tillner
18
A. Einleitung
Im Verhältnis von Kunst und Recht ist damit eine grundsätzliche Antinomie zwischen Anerkennung von Freiheit und Eigengesetzlichkeit der Kunst einerseits und Angewiesenheit der Kunst auf Obhut und Förderung durch Staat und Recht andererseits feststellbar6 .
I. Hinführung "Mir brauchet koi Konscht, mir brauchet Krombiere"7, oder: "Nur wo Kultur ist, läßt sich Schwachsinn ertragen"R. Diese beiden Zitate mögen - vielleicht auch ein wenig plakativ - das Feld abstecken, auf dem Kultur- und Kunstpolitik auch heute sich jedenfalls zum Teil noch bewegen. So ist angesichts knapper werdender (Kultur-)Haushalte auch das Musiktheater wieder verstärkt Gegenstand öffentlicher Diskussionen 9, und man stößt bisweilen gar auf Mitteilungen von Musiktheaterschließungen 10 oder doch zumindest einzelner Sparten, in Sonderheit des Ballettli. Darüber hinaus treten als Unsicherheit noch Umstrukturierungsmaßnahmen der Theaterlandschaft in den fünf neuen Bundesländern hinzu l2 .
" Vgl. z.B. HeckeI, Staat, Kirche, Kunst, S. 128; Leisner, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 42 (1984; Beratungsgegenstand: Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen), S. 125; ebenso Ipsen, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 42 (1984; Beratungsgegenstand: Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen), S. 135. - Die Auflösung dieser Antinomie soll über die Vorstellung von staatlicher Verantwortung und dienender Intervention geschehen, vgl. hierzu Hecke/, aaO., S. 128 und Huher, aaO. (Fn. 5), S. 122 (129). - Ein gewissennaßen vorgelagertes Paradox läßt sich folgendennaßen umschreiben: Wenn die Freiheit der Kunst gegenüber dem Staat geschützt werden soll, so läßt sich dieser Freiheitsraum jedoch nicht anders offenhalten, als daß durch staatliche Vorschriften und Entscheidungen immer wieder entschieden werden muß, was denn als Kunst anzuerkennen ist, so bereits A/'Ildt, Die Kunst im Recht, NJW 1966, S. 26 ff. 7 Rettich, Das Verhältnis von Staat und Theater am Beispiel des Ulmer Theaters, in: Das Orchester 1991, S. 394; ders., in seinem Referat zur Podiumsdiskussion "Was ist uns Kunst wert?" am 13.4.1991 im Badischen Staatstheater Karlsruhe, wobei er wiederum auf einen Ausspruch eines Stuttgarter Abgeordneten aus dem Jahre 1827 rekurriert. K August Everding, zit. nach einem Bericht in Schwäbisches Tagblatt vom 19.4.1994, Feuilleton. Eine gewissennaßen vennitte1nde Position stellt die Vorstellung vom Theater als "Lebensmittel" dar, vgl. z.B. Rüh/e, Theater im Übergang, Die Deutsche Bühne 8/ 1990, S. 39 ff.
9 Hilmar Ho.tfmann, Das Musiktheater im Verteilungskampf, in: Die Deutsche Bühne 10 / 1981, S. 23 ff.; Hans Zehetmair, Sind vierhundert Jahre genug?, in: Jahrbuch der Bayrischen Staatsoper 1990/91, München 1990, S. 44 ff.; Wo({gang Tauhmann I Fredo Behrens, Sind die Theater zu teuer?, in: Das Orchester 1988, S. 619 ff.; Zentgraf, Musiktheater - um welchen Preis?, in: Musiktheater - um welchen Preis?, S. 25 ff. 10 Notiz über den Schluß des Oberhausener Musiktheaters, in: Opernwelt 4/1992, S. 9; ferner die Abschaffung des Musiktheaters in Bautzen betreffend Gott{ried Blumenstein, In Bautzen wird das Musiktheater abgeschafft, in: Opernwelt I / 1998, S. 60. 11 So bei Hartmut Regitz, Stolpern, fallen, stürzen, in: Die Deutsche Bühne 1 / 1994, S. 50 ff.; Stephan Mösch, Scharfer Wind an der Ostsee, in: Opern welt 1/1997, S. 53.
I. Hinflihrung
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Kulturpolitisch zumeist umstritten sind die beträchtlichen Kosten, mit denen der Betrieb der Theater verbunden ist. Nach dem Erfolg bisheriger Bemühungen der öffentlichen Theater um größere Wirtschaftlichkeit steht allerdings die Frage im Raume, ob es den Theatern überhaupt möglich ist, zu weiteren entscheidenden Einsparungen zu gelangen. So standen bei den öffentlichen Theatern in den letzten Jahren enorm steigenden Ausgaben durchweg geringer anwachsende Einnahmen gegenüber 13 • Dieses Dilemma scheint nach Ansicht von Baumol und Bowen '4 jedoch auch grundsätzlich nicht behebbar zu sein, da in den personalintensiven darstellenden Künsten zum einen die kostensparenden Effekte eines Produktivitätszuwachses - wie in den anderen Wirtschaftszweigen - durch die Eigenart der Arbeit ausbleiben, auf der anderen Seite jedoch die in der Gesamtwirtschaft steigenden Löhne mitgetragen werden müssen. Die Folge sind überproportional steigende Kosten, was auch am steigenden Anteil staatlicher Zuschüsse an der Theaterfinanzierung deutlich wird '5 . So können die Ausgaben der Musiktheater - die Frage nach womöglich überhöhten Gagenzahlungen für eine Anzahl von Gesangsstars einmal außen vor - strukturell wohl nicht mehr entscheidend gesenkt werden. Vor diesem Hintergrund sollte kulturpolitisches Augenmerk vor allem auf die Erschließung womöglich neuer Finanzierungsquellen gelegt werden. Aufu.U. sinnvolle und gangbare Wege einer Neugestaltung der Finanzierungsstruktur soll darum im Teil D. der Untersuchung auch noch näher eingegangen werden. Zunächst aber noch ein kurzer Blick auf die tatsächlichen Gegebenheiten der bundesrepublikanischen Musiktheaterlandschaft: Das Musiktheaterwesen ist in noch stärkerem Maße als die übrigen Theater - fast ausschließlich von der öffentlichen Hand getragen und weist eine ausgeprägte geographische Streuung der Spiel stätten auf. Beides ist dabei auf die besonderen geschichtlichen Umstände des Theaters in Deutschland zurückzuführen '6 .
Vgl. dazu eine entsprechende Notiz, in: Theater heute 7/1993, S. 47. 13 Im Zeitraum von 1949 bis 1974 sind die Ausgaben der öffentlichen Theater von 102,8 Mio. DM auf 1.124,1 Mio. DM gestiegen gegenüber Einnahmesteigerungen von 39,5 auf 134,6 Mio. DM, zu finden bei Rischbieter, Theaterpolitik, Theaterfinanzierung: Theater in der Bundesrepublik 1949-76 - ein stabiles oder ein starres System?, in: Theater heute 1/1976, S. 178 (180). 14 Zit. bei Netzer, The Subsidized Muse, S. 28 ff. lS Der Subventionsanteil betrug 82,2% im Jahre 1974 im Vergleich zu 61,5% im Jahre 1949, FundsteIle bei Rischbieter (0. Fn. 13), S. 178 (180). 16 S.u. A.II.2.; zur Theatertopographie der alten Bundesrepublik vgl. Bahn, Das subventionierte Theater der Bundesrepublik Deutschland, S. 40 ff. 12
20
A. Einleitung
Den wohl noch weiter zu erwartenden Umstrukturierungsmaßnahmen in den mit einer sehr hohen Theaterdichte versehenen neuen Bundesländern durchaus eingedenk '7 sollen folgende tatsächliche Angaben gleichwohl zur Orientierung dienen. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es unter der Trägerschaft von Ländern, Gemeinden und sog. Mehrträgern (unterschiedliche Formen gemeinschaftlicher Trägerschaft von Ländern und Gemeinden)'8 zur Zeit 91 Häuser '9 , welche Musiktheaterdarbietungen zur Aufführung bringen. Diese Zahl erhöht sich um 12, bzw. nochmals 2 bei Hinzuzählung derjenigen Häuser, welche lediglich Musicals bzw. Ballette - als Musiktheater im weiteren Sinne - geben20 • Die beteiligten Bühnen werden dabei als Staatstheater, Stadttheater, Landesbühnen und Städtebundtheater betrieben 21 • Insgesamt wurden für alle Theater in der Bundesrepublik in der Spielzeit 1991/92 3.305.135.000 DM an Zuschüssen aus öffentlichen Geldern aufgebracht 22 • Dabei haben die Gemeinden im Jahre 1991, allerdings inklusive Orchester, 2.126.000.000 DM rur die Gesamtheit der von ihnen geförderten Theater ausgegeben 23 • Aus privaten Quellen flossen an die öffentlich getragenen Theater 1991/92 lediglich 9.628.000 DM an Zuwendungen 24 • 11 Für die Theater in den neuen Bundesländern mögen mitunter gesonderte Regelungen noch weiterhin Geltung besitzen aufgrund der in Art. 9 Abs. I EV eröffneten Möglichkeit einer fortdauernden Geltung von DDR-Recht, welches Materien umfaßt, die nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes in die Zuständigkeit der Länder fallen; vgl. dazu Brachmann, Öffentliches Recht in den neuen Bundesländern nach dem Einigungsvertrag, LKV 1991, S. 12 (15 ff.); zur speziellen Fortge\tung des DDR-Rechts nach Art. 9 Abs. 2 und 3 EV i.V.m. Anlage TI zum Einigungsvertrag (u.a. Teile des Arbeitsrechts) zumeist für eine gewisse Übergangszeit vgl. Brunner, Fortgeltung des Rechts der bisherigen DDR, in: HdbStR IX (\ 997), S. 425 (429 f.); besondere Überleitungsregelungen gibt es schließlich für in der ehemaligen DDR zentral geleitete kulturelle Einrichtungen, hierzu Heintzen, Erziehung, Wissenschaft, Kultur, Sport, in: HdbStR IX (1997), S. 799 (809).
" Gefolgt werden soll hier der Begriffiichkeit des Deutschen Bühnenvereins (DBV), in dessen Statistiken die Träger öffentlicher Theater nach Ländern, Gemeinden und Mehrträgem unterschieden werden. Auch eine selbständige juristische Person gilt als von diesen Gebietskörperschaften getragen, wenn sie mehr als 50% des Gesellschaftskapitals halten oder nach Satzung oder Gesellschaftsvertrag einen bestimmenden Einfluß besitzen, so in § 12 der Satzung des Deutschen Bühnenvereins vom 22.6.1976 i.d.F. vom 17.5.1993, abgedruckt in: Bühnen- und Musikrecht (hrsg. vom DBV), Darmstadt 1994 (38. Erg.-Lfg.), S. I ff. Diese Regelung geht dabei zurück auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes vom 24.3.1960 - V 158/58-, in Auszügen veröffentlicht in: Deutsche Bühne 1961, S. 36. 19 Theaterstatistik 1991/92 des DBV, S. 25 ff. 20 Ebd., insb. S. 36 ff. 21 Deutsches Bühnenjahrbuch 1991 (hrsg. von der Genossenschaft Deutscher BühnenAngehörigen), S. 19 ff.; vgl. zur Theatertopographie der alten Bundesrepublik Deutschland nochmals Bahn, Das subventionierte Theater der Bundesrepublik Deutschland, S. 41 ff. II Theaterstatistik 1991 /92 des DBV, S. 161. 2J Statistisches Jahrbuch Deutscher Gemeinden 1992 (hrsg. vom Deutschen Städtetag), S.180. 24 Theaterstatistik 1991 /92 des DBV, S.161.
11. Einordnung
21
In der Spielzeit 1991/92 wurden an Opern 6.942, an Operetten 2.243, an Musicals 2.520 und an Balletten 2.230 Veranstaltungen gezähle 5 • Dabei wurden diese Aufflihrungen von 4.959.537 (Oper), 1.139.318 (Operette), 1.403.245 (Musical) bzw. 1.445.123 (Ballett) Besuchern mitverfolgt26 • Die Platzausnutzung lag zugleich in dieser Zeit mit 77,2, 72,7, 73,6 bzw. 73,8% zwar über der des Schauspiels (66,6%), doch schlug ein in den neuen Bundesländern in den Jahren nach der Wende deutlich zu verzeichnender Zuschauerschwund auch in der Gesamtstatistik des Musiktheaters nicht unerheblich zu Buche 27 • Es soll nun anschließend eine kurze begriffliche, geschichtliche sowie juristische Einordnung des Untersuchungsgegenstandes erfolgen mit einem abschließenden Blick auf den weiteren Gang der Untersuchung.
11. Einordnung 1. Begriffliche Einordnung Drei Begriffe der Themenstellung sollen zunächst weitere Präzisierung erfahren. In Frage steht der flir die Untersuchung genauere Bedeutungsgehalt von "Förderung", "Musiktheater" sowie "Deutschland". a) "Förderung"
Der Begriff "Förderung" scheint im Bereich des Musiktheaterwesens adäquat, da der verwaltungsrechtliche Begriff der "Subvention" (Subvention i.e.S.) als vermögenswerte Zuwendung eines Trägers öffentlicher Verwaltung an private Unternehmen, oder zumindest an Stellen außerhalb der jeweiligen Verwaltung verstanden wird 28 . Weil nur der geringere Teil der öffentlichen Theater - wie auch noch genauer zu zeigen sein wird - nicht in der rechtlich unselbständigen Form eines Regie- oder Eigenbetriebs geflihrt wird, wäre "Subvention" flir öffentliche Zuwendungen 29 an die Theater in den meisten Fällen 2, Ebd., S. 158. 2('
Ebd., S. 159.
Ebd., S. 163; auffallend das Auseinanderklaffen der Besucherzahlen in alten (z.B. Baden-Württemberg 86,8%, Hamburg sogar 92,8%) und neuen (so in Thüringen 51,6%, Brandenburg 44%, alle Angaben für die Oper) Bundesländern. Allerdings verzeichnen die ostdeutschen Theater mittlerweile wieder steigende Besucherzahlen: vgl. eine Notiz in den Stuttgarter Nachrichten vom 6.8.1994, S. 17 mit Bezug auf die Theaterstatistik 1992/93 des DBY. 27
'" Wolfrl Bachof, Verwaltungsrecht II1, S. 302; ferner Dickersbach, Die Entwicklung des Subventionsrechts seit 1984, NVwZ 1993, S. 846. 29 Haushaltsrechtlich beinhaltet der Begriff "Zuwendung" bereits eine Zwecksetzung, § 14 HGrG.
22
A. Einleitung
nicht die korrekte Qualifizierung und Bezeichnung. So sollen Zuweisungen an alle Theater allgemeiner als "Förderung" bezeichnet werden. Grundlage der Förderung bildet deshalb, auch in Anbetracht der Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 30, in aller Regel die Festschreibung des betreffenden Zuweisungsansatzes im Haushaltsplan durch Haushaltsgesetz bzw. Haushaltssatzung31 • Auch ist mit "Förderung" ebenso die Bereitstellung von Ausbildungskapazitäten für den künstlerischen Nachwuchs an entsprechenden Hochschulen und Akademien umfaße 2• Nicht weiter untersucht werden soll jedoch die ansonsten indirekt wirkende Förderung durch den Staat. So sind Z.B. nach § 4 Nr. 20a UStG die Umsätze der von Ländern, Gemeinden oder Gemeindeverbänden betriebenen Theater von der Umsatzsteuer befreie 3 • b) "Musiktheater"
Dieser Ausdruck bezeichnet sowohl die Kunstgattung des Musiktheaters wie auch die Aufführungsstätte, das Musiktheater als Institution. Um die Kunstgattung "Musiktheater" zu umschreiben, bietet sich zunächst an, die schon in der Bezeichnung enthaltenen Bestandteile "Musik" und "Theater" zueinander in Beziehung zu setzen. Als Ideal wird dabei oft eine Gleichwertigkeit beider Anteile betrachtee 4 • So wird auch die Oper als Ganzes der unterschiedlichen Faktoren Libretto, Musik, Bühnenbild und jeweilige Interpretation verstanden 35 . 30 Seit BVerfGE 33, I (10) = NJW 1972, S. 811; vgl. ferner Kisker, Neue Aspekte im Streit um den Vorbehalt des Gesetzes, NJW 1977, S. 1313 ff. m.w.N. )J BVerwG, DVBI. 1963, S. 859; BVerwG, NJW 1977, S. 1838 (1839); OVG Münster, NJW 1981, S. 2597; zur Kritik an vorgenannter Rspr. flir wirkliche Fälle einer Subventionierung vgl. Oldiges, Richtlinien als Ordnungsrahmen der Subventionsverwaltung, NJW 1984, S. 1927 (1928 f.); ferner Köstlin, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 194 ff.
" Vgl. hierzu Strasser-Vill / Weiss, Musiktheater Ausbildung, passim; ferner Hufen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, S. 360 ff., 390 ff. II Derartige Steuervergünstigungen unterfallen ebenfalls als sog. Verschonungssubventionen dem weiteren finanzwissenschaftlichen und verfassungsrechtlichen Subventionsbegriff, so Wol{f/Bacho{(o. Fn. 28), S. 302; vgl. hierzu auch BVerfGE 36, 321 ff.; Ishruch, Privatisierung - ein Ausweg aus der finanziellen Krise des Theaters?, S. 213 ff.; vgl. ferner das Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz vom 13.12.1990 (BGBI. I S. 2775 ff.) und den Aufsatz von Pöllath, Das Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz- Steuerliche Förderung von Kunst, Kultur und Stiftungen, NJW 1991, S. 2608 ff.; allgemein zur steuerlichen Kunstförderung Heuer, Das Steuerrecht als Instrument der Kunstförderung, NJW 1985, S. 232 ff.; Kirchhof, Die Garantie der Kunstfreiheit im Steuerstaat des Grundgesetzes, NJW 1985, S. 225 (231).
l4 Vgl. hierzu etwa August Everding, Schwerpunkte (Vorwort zum Thema "Theater und Musik"), in: Zeitungsjahrbuch Deutschland '89/90, München 1990, S. 427; ferner Ezra Pound, Le Mariage de Figaro, The New Age vom 6.12.1917, S. 113 ff., gefunden in: Schafer, Ezra Pound and music, S. 64 ff.. Einen etwas anderen Akzent setzt Graf, von der Wagnerschen Vorstellung des Musikdramas ausgehend: "Die Partitur bildet das oberste Gesetz flir die Wiedergabe", so in: Graf, Aus der Welt der Oper, S. 48.
" Vgl. BolI, L'Opera spectac\e integral, S. 11; The New Encyc\opaedia Britannica, Bd. XXIV, S. 625 (Stichwort: "Opera").
11. Einordnung
23
Es fragt sich aber, in welchen Punkten die Bezeichnung "Musiktheater" dann noch über den Begriff der "Oper" hinausreicht. Zunächst ist "Musiktheater" einmal zu verstehen als eine Beschreibung derjenigen Verbindungen von gesprochenem und gesungenem Wort, Szene (Spiel, Tanz) und Musik, die seit 1918 als moderne Ausdrucksformen eben gerade über die herkömmliche Gattungsbezeichnung der Oper hinausreichen. Darunter fallen z.B. die Verbindung von Oper und Oratorium wie Strawinskis "Oedipus rex" (1928) oder von Oper und Ballett wie H.W. Henzes "Boulevard Solitude" (1952)36. Darüber hinaus wird der Begriff "Musiktheater" von manchen auch als übergeordnete Bezeichnung für Verbindungen von Wort, Szene und Musik überhaupt verstanden 37 . Unter diese Bezeichnung des Musiktheaters i.w.S. fallen dann sämtliche gängigen Gattungen der Verbindung von Musik und Szene, wie Oper, Operette, Musical U.u. auch Formen des Ballett, obwohl bei letzterem die Bezeichnung "Tanztheater" eher gebräuchlich sein mag 38 • Schließlich bezeichnet "Musiktheater" auch eine besondere Darbietungsform. Damit angesprochen ist - entgegen des von Wieland Wagner begründeten Stiles der symbolischen Interpretation des in Szene gesetzten Werkes - der von vor allem Walter Felsenstein in seiner Komischen Oper begründete Regiestil des sog. "realistischen Musiktheaters". Er und seine Schüler bzw. Nachfolger (z.B. Götz Friedrich, Joachim Herz, Ruth Berghaus und Harry Kupfer) bemühten und bemühen sich, die Opernregie an die durch das Sprechtheater gesetzten Normen szenischer Logik anzunähern. Mit dieser stärkeren Betonung des Theatralischen soll die Inszenierung zu mehr Verständlichkeit und Glaubhaftigkeit gelangen 39 • Zum Musiktheater als Aufführungsstätte im folgenden auch noch ein paar präzisierende Worte: Darunter sollen fallen öffentlich getragene Spielstätten40 mit eigenem Ensemble und fester Spiel stätte, welche Musiktheater zur Aufführung bringen 41 • Damit sind also nicht angesprochen die Privat- und Tourneetheater, wobei letzteren nicht die Landesbühnen gleichzuachten sind, welche 36 Brockhaus-Riemann Musiklexikon, Bd. 11, S. 187 f. (Stichwort: "Musiktheater"), Brockhaus Enzyklopädie, Bd. XV, S. 236 (Stichwort: "Musiktheater"). 37
Riemann Musik Lexikon, Sachteil, S. 610 (611; Stichwort: "Musiktheater").
Vgl. z.B. Strasser-VilllWeiss (0. Fn. 32), S. 121 ff.; vgl. jedoch aber auch § 7 Abs. 2 der Satzung des DBV (0. Fn. 18), wo die Unterscheidung zwischen dramatischen Werken (Schauspiel) und musikalischen bzw. choreographischen Werken (Musiktheater) zu finden ist. JK
39 Brockhaus Riemann Musiklexikon (0. Fn. 36), S. 187; Das Große Lexikon der Musik, Bd. V, S. 430 f.; vgl. ansonsten unten C.1I.3.a). 40 Als öffentliche Theater sollen solche gelten, bei denen rechtliche oder wirtschaftliche Trägerschaft Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände innehaben, gleichgültig ob sie dabei in eigener Regie oder in privater Rechtsfonn betrieben werden, so in: Theaterstatistik 1991/92 des DBV, S. 9; vgl. ansonsten oben Fn. 18.
4'
Ebd., S. 9.
24
A. Einleitung
obschon Wanderbühnen gleichwohl ein Stammhaus bzw. eine Hauptniederlassung besitzen 42 • Die Festspiele schließlich sollen unter bestimmten Gesichtspunkten ebenfalls noch Erwähnung finden. c) "Deutschland"
Mit "Deutschland" sind die Bundesrepublik Deutschland - die alten und neuen Bundesländer - wie auch ehemals auf diesen Gebieten vorzufindende Staatsgebilde angesprochen. 2. Geschichtliche Einordnung Die Geschichte des Musiktheaters als Kunstgattung43 und Aufführungsstätte44 ist bereits vielfach sehr ausführlich und gelungen beschrieben worden. Genügen soll deshalb an dieser Stelle lediglich eine kleine Übersicht über die wichtigsten Zusammenhänge. a) Die Geschichte des Musiktheaters als Kunstgattung
Die Geschichte des Musiktheaters ist vor allem die Geschichte der Oper. Die Wurzeln der Oper gehen dabei zurück auf die Chorlyrik in den Dionysos-Spielen des 5. Jahrhunderts vor Christus über das antike Drama bis zu den Vorläufern der Oper im Mittelalter, wie z.B. die christlichen Mysterienspiele, die französischen Hotballette oder italienischen Madrigalkomödien45 . 42 Ebd.,; damit entsprechen die beteiligten Bühnen den Gruppen a), b) und c) des § 12 Abs. 1 der Satzung des DBV (vgl. o. Fn. 18). 43 Hellwig, Zur Geschichte der Oper, in: Herders Musiklexikon, S. 9 ff.; Loewenherg, Annals of Opera 1597 -1940, Genf 1955; Brockhaus Riemann Musiklexikon, Bd. I1, S. 232 ff. (Stichwort: "Oper"); The New Encycklopaedia Britannica, Volume XXIV, S. 625 ff. (Stichwort: "Opera"); Konoid, Deutsche Oper - einst und jetzt, London 1980. - Zur Geschichte der Operette: Brockhaus Riemann Musiklexikon, Bd. I1, S. 238 ff.; Hellwig, aaO., S. 183 ff. Zur Geschichte des Musical: Hellwig, ebd., S. 247 ff.; Gatzke, Das Amerikanische Musical, Diss. München 1969; Bordman, American Musical Theatre, New York 1978. - Zu neueren Tendenzen des Musiktheaters: Kolleritsch (Hrsg.), Oper Heute: Formen der Wirklichkeit im zeitgenössischen Musiktheater, Wien 1985; Henze (Hrsg.), Neues Musik Theater, München 1988.
44 Knudsen, Deutsche Theatergeschichte, Stuttgart 1959; Kindermann, Theatergeschichte Europas, Bd. 111, Salzburg 1959; Petersen, Das deutsche Nationaltheater, Leipzig / Berlin 1919; Martersteig, Das deutsche Theater im 19. Jahrhundert, Leipzig 1924; Marggraff, Organisation und Betrieb städtischer Theater, Diss. Köln 1922; Herterich, Theater und Volkswirtschaft, Diss. München 1937; Wezel, Das subventionierte öffentliche Theater, Diss. München 1964; Ja/ws, Die Finanzierung der öffentlichen Theater in der Bundesrepublik Deutschland, Diss. Mainz 1972; Dünnwald, Die Rechtsstellung des Theaterintendanten, Diss. Köln 1964; ferner auch bei Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, Tübingen 1969.
4;
Hellwig (0. Fn. 43), S. 9.
Il. Einordnung
25
Die eigentliche Geburtsstunde der Oper wurde ermöglicht durch eine Gruppe von Dichtem, Komponisten und finanziellen Förderern, die "Camerata Fiorentina", welche mit der Aufführung der Oper "Dafne" im Hause des Florentiners Bardi 1597 das antike Drama wiederauferstehen lassen wollte 46 • Während mit Claudio Monteverdis "Orfeo" (1607) - die Trennung von Rezitativ und Arie war dabei weitgehend vollzogen - die weltliche Oper von Florenz ihr erstes Meisterwerk erlebte, stieß man in Rom auch auf geistliche Oper, sog. Pastoraloper. Auf die Neapolitanische Schule zurückgehen sodann die Opera seria - mit mehrteiliger Da-capo-Arie und Rezitativo accompagnato und secco - sowie als Gegenbewegung die Opera buffa mit Stoffen aus dem Alltagsleben und gelegentlicher Parodierung der Opera seria. Herausragender Meister hierbei war Giovanni Battista Pergolesi ("Die Herrin als Magd", 1733) mit erstmaliger Durchzeichnung der handelnden Charaktere. In Frankreich entstand mit den Werken von Jean Baptiste Lully die Tragedie Iyrique, ein musikalisches mit vielen Chören versehenes und von Balletten und Pantomimen durchsetztes Spektakel. Angeregt durch die Pariser Vorstadtkomödie und die Opera buffa entstand um die Mitte des 18. Jahrhunderts ferner die Opera-comique: Im Unterschied zur höfischen Tragedie Iyrique die bürgerliche Oper Frankreichs gegen Ende des Ancien regime. Aus dieser Opernform wiederum entwuchs schließlich die französische Revolutions-Oper, die von den Schrecken der Revolution zeugte. In England wurde 1728 - in Auseinandersetzung mit dem Opernbetrieb der Royal Academy of Music, an der Händel die rhetorische Barock-Oper zu wirklicher Blüte führte - ein die italienische Oper verspottendes Stück, "The Beggars Opera", zum großen Publikumserfolg. Sie war eine satirische Komödie von 1. Gay, welche mit volkstümlichen Liedern angereichert wurde. Diese Oper war dabei der Beginn zur Entwicklung der sog. Ballad Opera47 • In Deutschland erfolgte bereits 1627 in Torgau eine erste Opernaufführung, "Dafne" von Heinrich Schütz4H • Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert waren sodann auf deutschem Boden die unterschiedlichsten Erscheinungsformen von Oper nebeneinander vorzufinden. Bis 1800 waren es vor allem Gluck und Mozart, die den Rang der deutschen Oper begründeten. Glucks Opernreform (verwirklicht z.B. in "Orfeo ed Euridice", 1762 und "Alceste", 1767) richtetete sich besonders gegen Schematismus und Erstarrung der Tragedie Iyrique. Stärkere Herausarbeitung des inneren Lebens der Figuren sowie Prägnanz des dra40 Ebd., S. 9 f.; Loewenherg (0. Fn. 43), Sp. I; Brockhaus Riemann Musiklexikon (0. Fn. 43), S. 232 (233). 47 The New Encyclopaedia Britannica (0. Fn. 43), S. 625 (627 ff.); Brockhaus Riemann Musiklexikon (0. Fn. 43), S. 232 (234). 4' Konoid (0. Fn. 43), S. 13.
26
A. Einleitung
matischen Ausdrucks prägten deshalb Glucks Wirken 49 • Mozart wiederum verwendete die verschiedensten Mittel der Opera seria und Opera buffa, der Opera-comique sowie des deutschen Singspiels um unter einer größeren Individualisierung der Melodie ebenfal1s zur eindrücklichen Darstel1ung menschlicher Individualität und Würde zu gelangen 5o • Im 19. Jahrhundert besaß dann die Grand opera (Spontini, Meyerbeer, Rossini und Berlioz) eine Schlüsselstel1ung. Sie zeichnete sich durch die gekonnte Verwendung von Bühneneffekten, Massenszenen wie auch des Klangkolorits durch unterschiedliche Instrumentierung zur näheren Charakterisierung des Ausdrucks und der Situation aus 51 • Mit ihr waren die beiden berühmtesten dramatischen Komponisten des 19. Jahrhunderts Wagner und Verdi in enge Berührung gekommen. Verdi al1erdings von der italienischen Oper der "Rossinisten" kommend nahm diese Tradition des Belcanto, der Scena ed aria bei koloristisch reichem Orchester auf und verfeinerte den Orchesterpart zu einem differenzierten, ja sprechenden instrumentalen Ausdruck._ Auch er bemühte sich dabei um wahrhaftige Darstellung wirklicher Menschen 52 • Richard Wagner strebte nach Monteverdi und Gluck als dritter nach der totalen Einheit von Wort, Musik und Darstellung. Seine Vorstellung von der untrennbaren Verbindung dieser Teile - "Gesamtkunstwerk" - ist bis heute eine Ausnahmeerscheinung der Operngeschichte geblieben. Zeitlich so auf die "romantische" Oper (v. Webers "Der Freischütz", 1821 z.B.) und Vertreter des Biedermeier (Lortzing, "Zar und Zimmermann", 1837 oder "Der Wildschütz", 1842 etwa) folgend ist bei Wagner mit "Lohengrin" (1850) die Nummemoper schließlich vollständig beseitigt und verdichtet sich zur sog. symphonischen, mit Leitmotiven durchkomponierten Oper, welche ihren Höhepunkt wohl im "Parsifal" (1882) des Komponisten hat erfahren können 5>. Zu erwähnen im 19. Jahrhundert bleibt vor allem noch die russische Nationaloper (Glinka, "Das Leben für den Zaren", 1836 oder z.B. Borodin, "Fürst Igor", 1890) mit ausgeprägter Anlehnung an russische Geschichte und Folklore 54 . Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts bekannte sich noch 49 Loewenberg (0. Fn. 43), Sp. 260, 295; Brockhaus Riemann Musiklexikon (0. Fn.43), S. 232 (234 f.); Schure, Histoire du drame musical, S. 243.
;0 He/lwig (0. Fn. 43), S. 9 (12); Brockhaus Riemann Musiklexikon (0. Fn. 43), S. 232 (235). ;1 Hellwig (0. Fn. 43), S. 9 (12); Brockhaus Riemann Musiklexikon (0. Fn. 43), S. 232 (235).
;2 The New Encyclopaedia Britannica (0. Fn. 43), S. 625 (634); Hellwig (0. Fn. 43), S. 9 (13); Brockhaus Riemann Musiklexikon (0. Fn. 43), S. 232 (235).
;) Hellwig (0. Fn. 43), S. 9 (13); vgl. auch zu Wagners Festspielidee Konoid (0. Fn. 43), S. 48 ff., und unten 0.1. Zum Parallel fall im Rahmen der Wissenschaftsfreiheit Oppermann zur in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltenen Gewährleistung "bestimmter Merkmale der Universität mit unter anderem akademischer Selbstverwaltung": "Garantiert werden bei Wandelbarkeit im übrigen die typischen Grundstrukturen des deutschen Hochschulwesens", Oppermann (0. Fn. 101), S. 809 (818 f.). 107 Vgl. oben A.ll.2. 10~
Vgl. auch unten D.ll.
Zu Versuchen von mehr Mitbestimmung im künstlerischen Bereich vgl. für den Bereich des Staatstheaters Wiesbaden Siede-Hille, Zwischen Kunstfreiheit und Kontrolle: Strukturprobleme öffentlicher Theater am Beispiel eines Staatstheaters, S. 214 ff. 109
1. Pflicht zur Förderung
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Diese geschichtlich gewachsene Struktur der (Musik-)Theaterarbeit steht mit dem künstlerischen Schaffensprozeß an Großbühnen - mittlerweile wieder recht unbestritten - in recht gutem Einklang. Es läßt sich darum tatsächlich eine bestimmte, gewachsene Organisationsstruktur für die Ausübung der Kunstsparte Musiktheater feststellen. So könnte als Zwischenergebnis bedeutsam sein, daß das Musiktheater als Teilbereich der Kunst und als Kunstsparte - soweit es im autonomen Verständigungsprozeß über Kunst als wesentlich anerkannt bleibt 11 I - als öffentlich geförderte und geschützte Institution mit einzusetzendem und künstlerisch weisungsbefugtem Intendanten strukturelle Eigenheit besitzt und als solche ähnlich dem universitären Teilbereich der Wissenschaftsfreiheit einer institutionellen Garantie - zumindest nach der Schmittschen Urfassung - gemäß Art. 5 Abs. 3 GG im Grundsatz teilhaftig werden könnte 112. Indes: Zu bedenken ist, daß in Verbindung mit dem objektivrechtlichen Förderauftrag des Staates de facto damit eine Art Sparten schutz für eine einen zwar sehr reizvollen, aber nur relativ geringen Ausschnitt aus dem Spektrum künstlerischen Ausdrucks und künstlerischer Betätigung verkörpernde Kunstgattung ausgesprochen wäre. Geschützt ist durch Art. 5 Abs. 3 GG jedoch grundsätzlich nur die Kunstfreiheit und nicht die Freiheit des Musiktheaters. Der Bereich der Kunst umfaßt ja nicht nur die Musik mit noch weiteren unterschiedlichen Arten als deren Bestandteile, sondern darüber hinaus auch noch ganz andere Gattungen der künstlerischen Betätigung, wie etwa die darstellende und bildende Kunst, Dichtkunst, schriftstellerische Produktion oder auch Aktionskunst. Diese Vielfalt und geradezu schöpferische Unorganisiertheit macht zu einem großen Teil zudem gerade das Potential des Künstlerischen aus bei noch dazu gleichzeitig oft anzutreffender - im Vergleich zu Musiktheaterproduktionen geringerer Kostenintensität. Zur weiteren Austarierung dieser Grundrechtsberechtigungen vgl. unten B.n.l. Vgl. dazu die Fonnulierung von Häberle (Die Freiheit der Kunst im Verfassungs staat, AöR 110 [1985], S. 577 [602 f.]) von Kunst und Kunstfreiheit als "vielgliedriger Prozeß", oder von Hufen (0. Fn. 94), S. 239, 402, weIcher die Kunst auch als Verständigungssystem verstanden wissen möchte. 112 So bereits angedeutet bei Hecke!, Staat, Kirche, Kunst, S. 89 f. Anm. 299, weIcher unter Hinweis auf Köttgen, Freiheit der Wissenschaft, S. 316 f. über positive Gewährleistungspflichten aus Art. 5 Abs. 3 GG zu einer Verfassungspflicht zur Förderung staatlicher Museen, Theater und Denkmaleinrichtungen gelangt; allerdings sei hierbei den Parlamenten und KultusveIWaltungen ein weiterer Spielraum in der Aktualisierung dieser Verfassungsgarantie zuzugestehen. Auch findet sich bei Oppermann, KulturveIWaltungsrecht, S. 436 (443) mit bezug auf die vor dem Schallplattenhersteller-Urteil des BVerfG (E 36, 321 ["staatlicher Auftrag zur Sicherung der Kunstfreiheit", besonders 333] = NJW 1974, S. 689 [690]) von Ropertz (0. Fn.98), S. \07 ff., und Knies (0. Fn. 98), 201 ff. angedeutete Erstreckung einer institutionellen Garantie auch auf die öffentlichen Kunstinstitute mit Recht der Hinweis, daß hier "die Grenze zwischen verfassungsrechtlichem Gebot im strengen Sinne und verfassungskonfonner Wünschbarkeit ... flüssig wird". 110 111
S Tillncr
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Wie bereits eingangs beschrieben, bedeutet Musiktheater zwar die Zusammenfassung einer ganzen Anzahl von Kunstarten (Libretto, Musik, Bühnenbild, Darstellung), doch besitzen die Musiktheater für diese Künste als ganzes schließlich nicht dieselbe annähernde Ausschließlichkeit als Foren wie dies etwa bei den Universitäten rur das Betreiben nahezu aller Wissenschaften als frei der Fall ise IJ. Bedenken ergeben sich ferner vor allem - wie bereits angedeutet - aus der Eigenart künstlerischer Prozesse. So sehr die bislang vorzufindende Organisationsstruktur des Musiktheaters im großen und ganzen sich auch weiterhin zu bewähren scheint, eine institutionelle Garantie als konservierender Faktor einer bestimmten Struktur würde die sich auch im Musiktheater immer wieder wandeln wollenden Prozesse der Kunst eher festschreiben, so daß entgegen dem grundsätzlich individuellen Bezug der Kunstfreiheitsgarantie der institutionelle Charakter einer Erscheinungsform von Kunst weiter in den Vordergrund rücken würde zu Lasten der im wesentlichen Eigengesetzlichkeit ausmachenden, individuellen Rechtsausübung 1'4 . So läßt sich letzten Endes eine institutionelle Garantie rur die bisherige Struktur des öffentlich getragenen Musiktheaters nicht bejahen; eine spezifische "Verdichtung" der allgemeinen Kunstförderpflicht des Staates aus Art. 5 Abs. 3 GG zugunsten der Musiktheater findet deshalb so auch keinen weiteren Rückhalt. (b) Die subjektive Seite: Originäre Teilhabeansprüche Eine entscheidende "Verdichtung" des allgemeinen Kulturförderauftrages aus Art. 5 Abs. 3 GG zu einer speziellen Förderpflicht könnte sich sodann aus originären Teilhabeansprüchen zugunsten des einzelnen Theaters, MusiktheaterkünstIers bzw. auch der Zuschauer ergeben. Die Konstruktion von Individualansprüchen ist denkbar über die sog. Teilhabedimension von Grundrechten 11 5, hier besonders eben der Kunstfreiheitsgarantie. Grundlage eines solchermaßen gewandelten Grundrechtsverständnisses ist dabei die Einsicht, daß die gegenwärtige, rechtsstaatliche Verfassung sich nicht 113 In bestimmten Wissenschaftszweigen, wie der Forschung im Bereich der Phannakologie oder Luft- und Raumfahrttechnik etwa, findet nicht unerheblich von der Wirtschaft getragene, aber auch auf sie ausgerichtete Forschung statt; auch spielen Wissenschaftseinrichtungen außerhalb der Hochschulen eine Rolle, vgl. hierzu Oppermann (0. Fn. 112), S. 108 ff. 114 Vgl. Hufen (0. Fn. 94), S. 396 ff., welcher im Ergebnis auch ftir die mit dem Wissenschaftsbereich enger verwandten Kunsthochschulen die Annahme einer institutionellen Garantie (im engeren Sinne) ablehnt; den konservierenden Charakter einer institutionellen Garantie betont auch Lücke (0. Fn. 99), S. 15 (29). 11; Vgl. hierzu im Anschluß an BVerfGE 33, 303 ff. - "numerus c1ausus"-Entscheidungstellvertretend Martens und Häherle, Grundrechte im Leistungsstaat, VVDStRL 30 (1972), S. 7 ff. und S. 43 ff.; Starck, Staatliche Organisation und staatliche Finanzierung als Hilfen zu Grundrechtsverwirklichungen?, in: FS BVerfG (1976), Bd. 11, S. 480 ff.
I. Pflicht zur Förderung
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mehr mit der Beschränkung einer womöglich absolut gelenkten Staatsgewalt begnügen kann, sondern auch positiv auf Gestaltung des Gemeinwesens gerichtet ist l16 . Mit einer solchen Wendung des Verfassungsverständnisses wachsen nach Häberle dem Staate zusätzliche Aufgaben zu. Abhängig davon, in welchem Maße dieser Gestaltungs-, Förderungs- und Leistungsaufgaben übernehme, habe er für den auf diese Weise immer abhängiger werdenden einzelnen soziale Grundrechtsdefizite zu kompensieren ll7 . Je nachdem, wie extensiv man nun diesen neuen Ansatz von Verfassungsverständnis bemüht, tritt zu der hinlänglich bekannten Abwehrrichtung der Grundrechte eine neue originäre Anspruchsrichtung 11 R. ZU fragen ist deshalb, ob auch die Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG, zudem unter dem generellen Einfluß des Sozialstaatsprinzips ll9, als Teilhaberecht gedeutet werden kann und etwa als "Bürgerrecht auf Kultur"120 u.u. originär Ansprüche gegen den Staat zugunsten von Theatern, Künstlern und Zuschauern vermitteln kann. Jedoch zeigen Rechtsprechung und weit überwiegende Lehre Zurückhaltung gegenüber konkreten Ansprüchen. Vorgebracht wird vor allem, daß aufgrund der im Unterschied zu den klassischen Freiheitsrechten bestehenden Finanzwirksamkeit der Teilhaberechte eine faktische Schranke in der natürlichen Knappheit der Anspruchsobjekte zu erblicken sei. Ferner gilt als problematisch, daß durchsetzbare Teilhaberechte letzten Endes dazu führen müßten, einen wesentlichen Anteil der Haushaltspolitik schon im voraus verfassungsrechtlich zu determinieren. Und schließlich sei vor allem ein hervorstechendes Merkmal der meisten Teilhaberechte ihre gegenständliche Unbestimmtheit. Vor allem der Leistungsumfang und der Kreis der Anspruchsberechtigten blieben so unklar. Die mangelnde Verfügbarkeit und Justitiabilität der Anspruchsobjekte müßte nicht zuletzt auch zu einer Aushöhlung der Bindungsklausel des Art. I Iin
So bei Starck
(0.
Fn. 115), S. 480 (517), auch unter Hinweis auf H. Heller.
Häberle (0. Fn. 115), S. 43 (75, 99), welcher aber gleichzeitig die Schwierigkeit benennt, inwiefern der Richter überhaupt kompetent sei, auf Grund verfassungsrechtlicher Grundrechtsnormen konkret Teilhabe zuzusprechen, ebd., S. 43 (107 f.). 117
"" Ebd., S. 43 (75, 99); die anspruchsberechtigende Deutungserweiterung der Verfassung wird z.T. als Projektionsfläche der Menschenwürde gesehen, die "beginnt, in allen ihren Dimensionen durchzuscheinen, in den individuellen wie in den sozialen", so Marcic, Ein neuer Aspekt der Menschenwürde, in: FS rur von Hippel, S. 189 (20 I); ähnlich Häberle, Die Menschenwürde als Grundlage der staatlichen Gemeinschaft, in: HdbStR I (1987), S. 815 (845); nach Lücke (0. Fn. 99), S. 15 (18 f.) m.w.N. wird die verfassungsrechtliche Verwirklichung solcher "sozialer Grundrechte", von grundrechtlichen Aspekten abgesehen, auch in der Gestalt von Programmsätzen, Einrichtungsgarantien oder auch z.B. Staatszielbestimmungen flir möglich gehalten. 119 Sendler, Teilhaberechte in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, DÖV 1978, S. 581 ff. 120 Vgl. Maihofer, Kulturelle Aufgaben des modemen Staates, in: HdbVR, S. 1201 (1246 f.), welcher allerdings mit dieser Formulierung lediglich eine objektivrechtliche Förderpflicht unterstützen möchte.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Abs. 3 GG führen. Im Ergebnis wird so das Bestehen von originären Teilhaberechten weitgehend schon im Grundsatz abgelehnt '21 • In bestimmten, beschränkten Fällen werden jedoch auch unmittelbar aus der Verfassung resultierende und darum originäre Teilhaberechte strittig behandelt und mitunter bejaht. Möglicherweise ergeben sich deshalb Teilhaberechte aus der Kunstfreiheit in paralleler Deutung zu solch besonders gelagerten Fällen. Daher kurz ein vergleichender Blick auf diese Fälle. Als Vergleichsobjekte kommen insbesondere in Betracht Individualansprüche auf staatliche Finanzierung im Presse-, Privatschul- und Wissenschaftsbereich. Im Bereich der Pressefreiheit hat die Rechtsprechung bisher in Einzelfällen angesichts der besonderen Schutzwürdigkeit des Pressewesens im Zusammenhang mit der für die Demokratie "schlechthin konstituierenden" Funktion der in Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Meinungsfreiheit Pressesubventionen zugesprochen 122 . Mit Art. 5 Abs. I S. 2 GG, der sog. Pressefreiheit, verbindet sich dabei neben dem subjektiven Grundrecht auch die Garantie des Instituts "Freie Presse"l23. Es handelt sich jedoch bei den angesprochenen Einzelfällen, bei denen ausgleichende, subjektive Förderansprüche behandelt worden sind, gleichwohl um nicht verallgemeinerungsfähige Ausnahmesituationen '24 . Hinzu kommt - für die Frage einer eventuellen Übertragbarkeit dieser Fälle auf den Bereich der Kunst - die funktionelle Verschiedenheit der genannten Bereiche Presse und Kunst. Das Pressewesen besitzt angesichts seiner im Rahmen der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG zugesprochenen "schlechthin konstituierenden" Funktion für das demokratische Staatswesen eine ganz erhebliche, grundlegende öffentliche Bedeutung 125 , welche der Kunst in diesem Maße als staatskonstituierend nicht zugesprochen werden kann. So lassen sich aus vereinzelten Pressesubventionen schließlich keine Ansätze für berechtigte Förderansprüche zugunsten Beteiligter aus dem Kunstbereich gewinnen. Ein weiterer Bereich, der u.U. vergleichend hinzugezogen werden könnte, ist der Bereich der Privatschulsubventionen. Im Unterschied zur Presse handelt es sich im Schulbereich, im Bereich der Bildung, um eine kulturelle Materie, Parallelen liegen somit näher. Mit der in Art. 7 Abs. 4 GG ausgesprochenen 121 Vgl. dazu nur Starck (0. Fn. 115), S. 480 (518 ff.) m.w.N.; es zeigt sich zudem, daß bei den sog. sozialen Grundrechten besonders der Gesetzgeber zu weiterer, hinreichender Konkretisierung aufgerufen bleibt; zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Teilhaberechten vgl. Send/er (0. Fn. 119), S. 561 ff. IZ2 VG Berlin, OVBI. 1975, S. 268; OVG Berlin, OVBI. 1975, S. 905. 123 BVerfGE 10, 118 (121); 12,205 (260); 20,162 (175). 124 Gündisch, Die Entwicklung des Subventionsrechts 1980 bis 1983, NVwZ 1984, S. 489 (493). 12' BVerfGE 20, 162 (\75); 30, 336 (352 f.); 57, 295 (323); vgl. ferner dazu Leisner, Die Pressegleichheit, S. 176 ff.
I. Pflicht zur Förderung
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Gründungsfreiheit ist die Privatschule auch als Institution garantiert l26 . Das Bundesverwaltungsgericht hatte fur den besonderen Fall der Ersatzschulen so "ausnahmsweise" und unter bestimmten Bedingungen einen Leistungsanspruch entwickelt 127 • Die Ersatzschulgarantie besitzt dabei mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Bedingungen die Qualität einer "individuellen Interventionsgarantie"128. Das Bundesverfassungsgericht hat in neuester Zeit jedoch klargestellt, daß aus der Garantie des Art. 7 Abs. 4 GG kein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Gewährung staatlicher Finanzhilfen folgen kann, sondern nur ein Schutzanspruch daraufhin gegeben ist, daß der Gesetzgeber diejenigen Grenzen und Bindungen beachtet, die seinem politischen Handlungsspielraum durch die Schutz- und Förderpflicht gesetzt sind 129 • So ist der Bereich der Privatschulsubventionen - mittlerweile eindeutig - kein Fall verfassungsunmittelbarer Ansprüche des Ersatzschulträgers auf staatliche Finanzhilfen und ein Parallelfall fur die Begründung originärer Teilhabeansprüche für Musiktheater(beteiligte) ist nicht gegeben 130. Schließlich fällt als letzter möglicher Vergleichsfall die staatliche Wissenschaftsförderung ins Auge. Zunächst ist aber fraglich, ob die an Wissenschaftler, welche an Hochschulen arbeiten, zugehende staatliche Forschungsfinanzierung ebenfalls wirklich als ein originär aus der Verfassung entspringendes Teilhaberecht betrachtet werden kann. Im sog. Hochschul-Urteil stellte das Bundesverfassungsgericht fest, daß den Staat die Pflicht treffe, fur die Pflege der freien Wissenschaft personelle, finanzielle und organisatorische Mittel bereitzustellen und mit funktionsfähigen Institutionen freie Wissenschaft zu ennöglichen und zu fördern. Wegen des faktischen Monopols des Staates hinsichtlich des Wissenschafts betriebes sei eine Ausübung der Grundfreiheiten aus Art. 5 Abs. 3 GG notwendig mit einer Teilhabe an staatlichen Leistungen verbunden l31 . Diese Fonnulierung legt in der Tat zunächst einmal die Annahme eines originären Teilhaberechts aus Art. 5 BVerfGE 6, 309 (355); 27, 195 (200). BVerwGE 23, 347 (349 f.); 27, 360 (362 f.); dazu BVerfDE 33, 303 (331); kritisch Weber, Subventionierungspflicht des Staates zugunsten privater Schulen?, NJW 1966, S. 1798 ff.; auch zurückhaltend BVerwGE 74, 135 (136), und BVerfG, NJW 1987, S. 2359. - Die Subventionen umfassen dabei die Finanzmittel, um die der Staat durch private Schulträger von seiner Bildungsaufgabe Entlastung erfahrt, so BVerwGE 23, 347 (350); vgl. zum ganzen auch Starck (0. Fn. 115), S. 480 (525 f.). 128 Vogel, Die Bestandsgarantie des Art. 7 IV I GG, DVBI. 1985, S. 1214 ff. (1217), der darauf hinweist, daß - soll die verfassungsrechtliche Garantie der Privatschule nicht leerlaufen - der Staat einen Ausgleich fur die vom GG errichteten Hürden schulde. 129 So jetzt BVerfGE 90, 107 ff. - Waldorf-Schulen Bayern; 90, 128 ff. - Waldorf-Schulen Baden-Württemberg. 130 Ähnlich Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, S. 69 f., welcher zusätzlich anfuhrt, daß künstlerische Institutionen und Schulen, an ihrer sozialen Relevanz gemessen, gänzlich unterschiedliche Funktionen erfüllten. 131 BVerfGE 35, 79 (114 ff.). 126
127
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Abs. 3 GG nahe. Für den nichtorganisatorischen Bereich, also finanzielle Leistungen des Staates, ist dies allerdings durchaus fraglich. Sowohl Anspruchsobjekt als auch Anspruchsberechtigte sind soweit nämlich keineswegs hinreichend bestimmt umschrieben. Es läßt sich aus Art. 5 Abs. 3 GG darum nicht viel mehr herleiten als der Gesetzgeber im Haushaltsplan veranschlagt. Die unmittelbare Begründung eines Teilhabegrundrechts aus Art. 5 Abs. 3 GG ist - die reguläre finanzielle Förderung durch den Staat betreffend deshalb wohl auch nicht möglich 132 • Mitunter wird aber die Forderung auf Gewährung von unerläßlicher Mindestausstattung, auf einen von Vorstellungen und Bedürfnissen des Hochschullehrers unabhängigen Minimalstandard erhoben lJ3 • Selbst ein solchermaßen gefaßter "Minimal anspruch" - sollte er tatsächlich auch als originärer Anspruch für\Hochschule bzw. Hochschullehrer geiten können - unterliegt erheblichen, praktischen Realisierungsschwierigkeiten, denn ihn zu bestimmen ist ebenfalls wiederum grundsätzlich Sache des Gesetzgebers. So ist auch hier entscheidende, anspruchsbestimmende Größe die "Vernunft des Gesetzgebers"1J4. Der Inhalt eines U.U. bestehenden originären Anspruches würde sich im wesentlichen lediglich aufwillkürfreie Beurteilung erstrecken lJ5 • So ist auch bei der Wissenschaftsförderung bereits nur sehr eingeschränkt ein mögliches Vergleichsobjekt für einen originären Anspruch auf Kunstförderung gegeben. Im übrigen sprechen auch verfassungsgeschichtliche und tatsächliche Gründe gegen eine solche Vergleichbarkeit. In Sonderheit ist der in Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Lebenssachverhalt "Kunst" - leider eben nicht ausdrücklich "Musiktheater" - auch traditionell nicht in demselben Maße staatlich monopolisiert, wie dies im Wissenschaftsbereich der Fall ist; entsprechende in Ansätzen vorhandene originäre und derivative Teilhaberechte sind in letzterem Bereich so gleichzeitig als Korrelat zum weitgehend bestehenden Monopol zu verstehen '36 . lJ2 Vgl. Oppermann, Praktische Konsequenzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wissenschaftsfreiheit, JZ 1973, S. 433 (435); Starck (0. Fn. 115), S. 480 (524); ders., in: von Mango/dt / K/ein / Starck, Art. 5 Abs. 3 Rn. 241, welcher statt eines originären Teilhaberechts aus Art. 5 Abs. 3 GG für ein "Teilhaberecht als Konsequenz aus der staatlich verantworteten Entscheidung, einen bestimmten Wissenschaftler für einen bestimmten Forschungsbereich einzusetzen und zu besolden", sich ausspricht; vgl. ferner Send/er (0. Fn. 119), S. 581 (587), und BVerwGE 52, 339 (344 f.).
m Vgl. BVerfGE 43, 242 (285), und BVerwGE 52, 339 (347 f.); dazu Send/er (0. Fn. 119), S. 581 (587). 134
Send/er (0. Fn. 119), S. 581 (588).
Ebd., S. 581 (588); gegen originäre IndividualanspTÜche im Bereich der Wissenschaftsförderung im Ergebnis auch BVerwG, NJW 1986, S. 1277, und bereits angedeutet in BVerwG, NJW 1978, S. 842; gegen diese Begrenzung von IndividualanspTÜchen durch die Ansätze des Haushaltsgesetzgebers aber Hufen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, S. 368 ff., welcher für den Bereich der Musikhochschulen einen subjektiven Anspruch auf Wahrung von Mindestvoraussetzungen der Grundrechtseffektivierung, also über die derivative Teilhabe hinaus, bejaht. 135
I. Pflicht zur Förderung
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So ergeben sich weder unmittelbar aus der Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG noch aus der hilfsweisen Deutung von Vergleichsfällen originäre Teilhaberechte, weshalb eine "Verdichtung" der allgemeinen staatlichen Förderpflicht zugunsten der Kunst auch durch Auslegung nicht zu einer speziellen Förderpflicht - etwa zugunsten des einzelnen Musiktheater(künstler)s - möglich ist 137 . Schließlich ist mit Blick auf das Publikum die Frage zustellen, ob nicht womöglich den Zuschauern aus Art. 5 Abs. 3 GG direkte Anspruche erwachsen. Zu denken wäre insbesondere an Berechtigungen gegenüber dem Staat in bezug auf Ennöglichung des Zugangs zu öffentlicher Vennittlung von Kunstwerken und künstlerischem Schaffen - ein angesichts mancher Stimmen, welche den "kunsttypischen Kommunikationsprozeß" im Mittelpunkt der Kunstfreiheitsgarantie sehen 1J8 , nicht ganz fern liegender Gedanke. Dies könnte ultimativ sogar die dazu vorher noch notwendige Schaffung dieser Möglichkeiten beinhalten. Wohl übereinstimmende Ansicht ist hingegen diesbezüglich - dabei ausgehend von der Kunstfreiheit als objektiv-rechtlicher Verbürgung eines autonomen und eigengesetzlichen Lebensbereichs "Kunst" - die Annahme lediglich einer mittelbaren Wirkung, eines Reflex zugunsten der Kunstrezipienten und Zuschauer aus Art. 5 Abs. 3 GG, welcher diesen das Recht, aber nicht einen Anspruch verleihen mag auf Zugang zur Darbietung und öffentlichen Vennittlung von Kunstwerken und künstlerischem Schaffen. Sie sind damit lediglich Nutznießer oder "Destinatäre" des Status passivus von Art. 5 Abs. 3 GG J39 . 136 Vgl. Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, S. 69; Hufi:!n (0. Fn. 135), S. 360 f.; vgl. im übrigen auch Leisner, Diskussionsbeitrag zu: Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, in: VVDStRL 42 (1984), S. 124, der daflir plädiert, an der "sektoralen Behandlung" von Wissenschaftsfreiheit und Kunstfreiheit festzuhalten. 137 Anders aber mit zumeist recht unscharfen Begründungssträngen Rabe, Die Stellung der Theaterunternehmer im Staat, S. 104 ff., welcher dem Theaterunternehmer ein subjektiv-öffentliches Recht auf Theatersubvention - im Minimum orientiert an den nach Quotierung aus einem "Nornlaletat" für Kultur und Theater sich ergebenden Summen, und damit die politische Entscheidung der einzelnen Gebietskörperschaft vOlwegnehmend und nivellierend zuspricht; ferner Pappermann, Grundzüge eines kommunalen Kulturverfassungsrechts, DVBI. 1980, S. 701 (706); Häberle, Vom Kulturstaat zum Kulturverfassungsrecht, in: Kulturstaatlichkeit und Kulturverfassungsrecht, S. I (39). - Zustimmend jedoch z.B. Steiner, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, VVDStRL 42 (1984), S. 7 (14 f.), welcher zugleich aber auch einen objektiv-rechtlichen Förderauftrag aus Art. 5 Abs. 3 GG verneint; Scholz, in: Maunz / Dürig, Art. 5 Abs. 3 Rn. 6; Graul, Künstlerische Urteile im Rahmen der staatlichen Förderungstätigkeit, S. 52; Kewenig, Theater und Staat, UFITA 58 (1970), S. 91 (109); Denninger, Freiheit der Kunst, in: HdbStR VI (1989), S. 847 (867); Mihatsch (0. Fn. 136), S. 68 ff.; vgl. auch BVerfGE 36, 321 (332); BVerwG, NJW 1980, S. 718, oder schon OVG Lüneburg, DÖV 1969, S. 396 (Ablehnung eines Subventionsanspruchs privater Theater). 13" Vgl. Erbei, Inhalt und Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie, S. 294; Hufen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, S. 113 ff., 236 ff. 139 So z.B. Scholz, in: Maunz / Dürig, Art. 5 Abs. 3 Rn. 21; Denninger, Freiheit der Kunst, in: HdbStR VI (1989), S. 847 (862); Würkner, Das Bundesverfasungsgericht und die Freiheit
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Den Zuschauern stehen mithin grundgesetzlich keine originären Ansprüche auf Zugang oder gar auf Schaffung von kulturellen Ereignissen, wie Opernoder sonstigen Musiktheateraufführungen, zu. So können auch aus der Frage ,Zuschauerberechtigungen' ebenfalls keine neuen Einsichten auf korrespondierende Förderpflichten zugunsten des Musiktheaters gewonnen werden. dd) Art. 3 Abs. 1 GG: Derivative Teilhabeansprüche Eine spezifische Verstärkung der allgemeinen Förderpflicht könnte sich aber noch im Rahmen sog. derivativer Teilhabeansprüche ergeben. Im Gegensatz zu den originären Teilhaberechten knüpfen derivative Teilhabeberechtigungen an vorausgegangenes staatliches Tun und Leisten an und entspringen diesem sehr oft aufgrund des allgemeinen Gleichheitssatzes, wie er in Art. 3 Abs. I GG zum Ausdruck kommt '40 . Für den Bürger scheint eine an ansonsten erfolgte staatliche Leistung anknüpfende subjektive Berechtigung aus Art. 5 Abs. 3 GG direkt oder mit Hilfe von Art. 3 Abs. I GG ableitbar '41 • Recht unproblematisch bildet so vor allem Art. 3 Abs. I GG die Grundlage für Ansprüche des Bürgers als Zuschauer auf gleichmäßigen Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, wie den Theatern, allerdings ohne daß daraus einzelne Theater wiederum Ansprüche für sich ableiten könnten '42 • Weniger eindeutig ist die Lage für die sich in öffentlicher Trägerschaft befindenden und vom Haushaltsgesetz- oder Haushaltssatzungsgeber direkt bezuschußten öffentlichen Musiktheater selbst. Auch hier können mehrere von der öffentlichen Hand direkt getragene Theater grundsätzlich in eine gleichheitssensible Lage geraten. Dabei ist durch die allgemeine Grundrechtsbindung des Art. lAbs. 3 GG für alle staatliche Gewalt auch der Gesetzgeber dem WiIlkürverbot des Art. 3 Abs. I GG unterworfen '43 . Allerdings steht ihm hierbei bei Leistungsgewährung ein weiterer Gestaltungsspielraum zu als bei Eingriffsregelungen '44 . der Kunst, S. 144 f.; zu Leistungsanspriichen generell Starck, in: von Mangoldt/Klein/ Starck, Art. 5 Abs. 3 Rn. 182. '40 Vgl. Sendler, Teilhaberechte in der Rechtsprechung des BundesvelWaltungsgerichts, OÖV 1978, S 561; Lücke, Soziale Grundrechte als Staatszielbestimmungen und Gesetzgebungsaufträge, AöR 107 (1982), S. 15 (30 f.). '4' So auch Mihatsch (0. Fn. 136), S. 72 tr. '" Vgl. Sendler (0. Fn. 140), S. 561; Maihofer (0. Fn. 120), S. 1201 (1246 f.), welcher im Anschluß an BVerfGE 31, 229 (230) - "Interesse der Allgemeinheit an einem ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern" - von dem Recht des Bürgers auf kulturelle Teilhabe, von einem "Bürgerrecht auf Kultur" spricht. - Ausfluß dieser grundrechtlichen Lage sind auch die entsprechenden Bestimmungen in diversen Gemeindeordnungen der Länder, so z.B. § 10 Abs. 2 GO BW, § 18 Abs. 1 GO NW. '43 Vgl. zur sonstigen Ennessensbindung der VelWaltung bei öffentlicher Kunstsubventionierung Mihatsch (0. Fn. 136), S. 71 ff.
I. Pflicht zur Förderung
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Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. I GG gilt als verletzt, wenn wesentlich Gleiches ohne sachlichen Grund ungleich behandelt wird '45 • Gleichzeitig ist aber zu beachten, daß bei der staatlichen Kunstförderung die Anwendung und Auslegung von Art. 3 Abs. I GG wiederum durch Art. 5 Abs. 3 GG beeinflußt werden kann '46 . Dem staatlichen Förderer soll eben gerade eine Möglichkeit belassen sein, qualitative Präferenzen in den Entscheidungsprozeß mit einzubeziehen '47 . Im wesentlichen bietet Art. 3 Abs. I GG somit für den Förderungsempfänger lediglich die Gewähr, nicht von vornherein und willkürlich von Fördermaßnahmen ausgeschlossen zu werden '48 . Für staatlich getragene Häuser bedeutet dies, daß sich "gegen" die haushaltsverabschiedende Gebietskörperschaft mit Blick auf Art. 3 Abs. I GG in der Regel keine konkreten Rechte auf Förderung bei zugleich bestehender anderweitiger Mittelgewährung herleiten lassen '49 • ee) Rechtsstaatsprinzip Möglicherweise lassen sich jedoch gewisse Bindungen des Zuschußgebers aus mit dem grundgesetzlichen Rechtsstaatsprinzip verbundenen Rechtsgrundsätzen herleiten. Zu denken ist hier zum einen an den Gedanken des Vertrauensschutzes und zum anderen an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
'44
BVerfGE 17,210 (216); 29, 51 (56); 36, 230 (235).
Seit BVerfGE I, 14 (52) st. Rspr.; die 1980 erfolgte Ergänzung durch die sog. "Neue Fonnel" des Ersten Senats zur bereichsbezogenen Sachangemessenheitsprüfung bringt hier keine wesentliche Änderung mit sich, da dem Gesetzgeber und Rechtsanwender weiterhin ein nicht zu geringer Bewertungs- und Ennessensspielraum verbleibt, vgl. BVerfGE 65, 104 (112); 78, 232 (247 f.). '4;
'40 BVerfGE 36, 321 (330 ff.); 81, 108 (117); hierzu anschaulich Knies, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, S. 226: " ... gute und schlechte Kunst, Kunstwerk und Machwerk, Kunst und Kitsch haben Anspruch auf gleiche Freiheit, nicht aber auf gleiche Förderung und Pflege durch den Staat." '47 Scholz (0. Fn. 137), Art. 5 Abs. 3 Rn. 40; Würkner, Das Bundesverfassungsgericht und die Freiheit der Kunst, S. 138. ,4< Für das Feld der Kunstförderung z.B. BVerfGE 36, 321 (332); ähnlich gibt es für privat getragene Theater keinen (derivativen) teilhaberechtlichen Anspruch auf Förderung bis auf die auch hier wirksame Grenze des Willkürverbots, d.h. den Anspruch, nicht von vornherein und willkürlich von Fördennaßnahmen ausgeschlossen zu werden, vgl. BVerfGE 36, 321 (332); OVG Lüneburg, OVGE 28, 379 (384 ff.); VGH Mannheim, OVBI. 1976, S. 951 ff.; vgl. dazu auch Würkner (0. Fn. 147), S. 137 m.w.N. '49 Eine Schlüsselstellung kommt jedoch dem internen oder auch eventuell für die Förderentscheidung extern hinzugezogenen künstlerischen Sachverstand zu. - In förderungspolitischer Wertung darf z.B. danach gefragt werden, welchen Rang eine künstlerische Leistung tUr das kulturelle Leben eines gesamten Volkes, einer Volksgruppe, Altersgruppe oder auch bestimmten sozialen Schicht einnimmt, so OVG Lüneburg, AS 27, 395 (398 f.); vgl. im übrigen auch zur "künstlerisch hochstehenden" Veranstaltung im Vergnügungssteuerrecht Grau/, Künstlerische Urteile im Rahmen der staatlichen Förderungstätigkeit, S. 101 ff.
74
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Das Gebot des Vertrauensschutzes ist wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips l50. Letzeres ist der jüngeren Verfassungsrechtsprechung zufolge in Art. 20 Abs. 3 GG verankert l51 • Für die staatliche Bezuschussung von Theatern läßt sich der Vertrauensschutzgedanke allerdings nur sehr bedingt heranziehen. So steht es dem öffentlichen Zuschußgeber grundsätzlich frei, seine Vergabepraxis zu ändern; die Zuwendungen sind in der Regel auch nur rur eine bestimmte Zeit gewährt. Aus der früheren Praxis allein ergibt sich deshalb noch kein Anspruch auf weitere Gewährung 152. Allerdings könnte sich in einzelnen Fällen, wenn eine jahrelange Förderpraxis vorausgegangen ist, ein abruptes Abbrechen, ein "Zudrehen" der Ge\dmitteIgewährung, unter Vertrauensschutzgesichtspunkten verbieten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich für den plötzlichen Stop der Mittelvergabe keine zwingenden Gründe finden lassen l5J • So lassen sich gleichwohl regel haft aus dem Vertrauensschutzgedanken keine konkreten Ansprüche der einzelnen Musiktheater auf weitere Förderung begründen. Schließlich ist rur eine eventuelle grundgesetzliche "AnspruchsmodelIierung" noch der rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu prüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehört zum Rechtsstaatsprinzip auch das Verfassungsgebot der Verhältnismäßigkeit von Mittel und Zweck l54 . Die staatliche Gewalt, sowohl als verwaltende, wie auch als gesetzgebende, ist an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden i55 . So könnte U.U. der Entscheidungsspielraum rur staatliche Förderung unter Befolgung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bis zu einer Förderpfticht zusammenschrumpfen, wenn bedeutsame und "rur das kulturelle Leben insgesamt repräsentative Bereiche künstlerischen Wirkens" ansonsten einer allgemein nachweisbaren, objektiv bestehenden Existenzgefährdung anheimfallen würden 156.
1;0
Vgl. Z.B. BVerfGE 30, 392 (403).
151 BVerKiE 35,41 (47); 39, 128 (143); die ältere Verfassungsrechtsprechung leitete das Rechtsstaatsprinzip aus einer Zusammenschau der Bestimmungen des Art. 20 Abs. 3 GG über die Bindung der Einzelgewalten und der Art. lAbs. 3, 19 Abs. 4, 28 Abs. I Satz I GG sowie aus der Gesamtkonzeption des Grundgesetzes ab, vgl. BVerfGE 2, 380 (381). 1;2 So auch Mihatsch (0. Fn. 136), S. 72 f.
I;) Vgl. OVG Lüneburg, NJW 1977, S. 773 (774); VerfGH NRW, DVBI. 1983, S. 223 (225). 1;4 BVerKiE 19, (348 f.).
I;; BVerKiE 10,354 (369); 15, 167 (192); 16, 144 (201 f.); 20,150 (ISS); seither gefestigte Rspr.; ferner Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 864. 1;0 So Schalz (0. Fn. 137), Art. 5 Abs. 3 Rn. 79 unter Hinweis auf ein Urteil des BVerfGs zur möglicherweise "erdrosselnd" wirkenden Umsatzbesteuerung von Medien (Schallplatten), welche auch für die Kunstfreiheit von Bedeutung ist, BVerfGE 36, 321 (333), sowie auf die Schrift von Klaepfer, Grundrechte als Entstehenssicherung und Bestandsschutz, 1970.
1. Pflicht zur Förderung
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Man könnte dabei einwenden, ein grundrechtlicher Teilhabeanspruch tauche hier in der Variante der Ermessensbindung wieder auf 5? Interessant scheint hierbei jedoch die dynamische Komponente einer gemessen an der allgemein eingeschätzten kulturellen Bedeutung des Musiktheaters im Vergleich zu anderen Emanationen des künstlerischen Lebens vorzunehmenden Abwägung. Ein für sich zu bestimmender grundrechtlicher Teilhabeanspruch ist dagegen eher eine absolute denn eine relative Größe. Gegenwärtig spricht zugunsten des Musiktheaters und seiner Förderung der nach wie vor sehr hohe Stellenwert, den diese Kunstgattung in der (künstlerischen) Öffentlichkeit genießt l58 • So müßten "erdrosselnde" Kürzungen in allen öffentlichen Musiktheaterbudgets '59 mit einer radikalen Änderung der künstlerischen Beurteilung von Musiktheater überhaupt einhergehen. Die lustitiabilität einer solch potentiellen und minimalen "Anspruchsverdichtung" ist allerdings ob ihrer großen Unbestimmtheit überaus problematisch. Die Hauptal,lfgabe und der Schwerpunkt eines solchen "Abwägungsmodells" unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit liegt deshalb primär in einer Art Orientierung für politisches und rechtliches Ermessen. So ergibt sich aus der allgemeinen Kunstförderpflicht des Art. 5 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für die Musiktheater ein - zwar immer wieder neu im tatsächlichen zu überprüfender qualifizierter Anspruch auf Berücksichtigung ihrer Belange bei der öffentlichen Förderentscheidung. Danach geradezu unmöglich erscheint das gegenwärtige bundesweite Einstellen jeglicher Musiktheaterförderung, so daß eine gewisse Spartengarantie zugunsten des Musiktheaters gegenwärtig besteht. Nicht umfaßt wird jedoch ein unabänderlicher Schutz eines jeden heute bestehenden und öffentlich finanzierten Musiktheaters; regionale Ballungen, besondere Tradition und künstlerische Leistungen anderer Häuser sowie sonstige besonders wichtige öffentliche Finanzierungsbelange könnten auch hier sogar die Schließung eines Ij7
So Mihatsch
(0.
Fn. 136), S. 73.
Einer Umfrage von Zentrum fur Kulturforschung (Bonn), Infas und Deutscher Orchestervereinigung (Hamburg) zufolge sind fur 70% der Bundesbürger Kulturangebote für das Ansehen, den Fremdenverkehr und die Wirtschaftskraft der Städte wesentlich. Dabei liegt an erster Stel1e ein eigenes Musiktheaterangebot. Ferner hat der Erhebung zufolge die Oper einen bevorzugten Platz, wenn es um typische Verkörperungen europäischer Kultur geht. Schließlich stehen fast 50% der Befragten der öffentlichen Finanzierung von Orchestern und Musiktheatern freundlich gegenüber, so in Schwäbisches Tagblatt vom 28.1.1995, Feuil1eton. 159 Eine etwaige andere, private Finanzierung als al1einige oder wesentliche Fundierung des Musiktheaterschaffens ist unter dem Regiment der Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG, bei dem ansonsten bestehenden Ausgeliefertsein an womöglich einseitige, gesellschaftliche Machtinteressen zumindest problematisch, vgl. dazu näher unten D.lV.; im übrigen dazu Miharsch (0. Fn. 136), S. 58, welcher der Annahme einer Pflicht zumindest zu direkter, finanziel\er Förderung mit Blick auf anderweitige, auch steuerpolitische Förderungsmöglichkeiten, sehr weitgehend ablehnend gegenübersteht; ferner zum Schutz der Kunst vor einseitiger, gesel1schaftlicher Einflußnahme Huber, Zur Problematik des Kulturstaats, in: Kulturstaatlichkeit und Kulturverfassungsrecht, S. 122 (126 ff.). Ij'
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Theaters - mit Not - rechtfertigen 160. Mithin besteht also keine absolute spezielle Förderpflicht, sondern nur eine im einzelnen schwer zu widerlegende "Option" zugunsten der Existenz und öffentlichen Förderung von Musiktheater, welche sich nur im Extremfall auch zu gewissen Berechtigungen verdichten könnte. So läßt sich abschließend festhalten, daß unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nur ein plötzliches Absetzen der Geldmittelgewährung bei jahrelang vorausgegangener Zuschußgewährung zu beanstanden wäre, wenn gleichzeitig dafür nicht ein zwingender Grund in Geltung gebracht werden könnte. Durch den rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfährt der allgemeine, objektive Kulturförderauftrag des Staates, wie er vor allem aus Art. 5 Abs. 3 GG deutlich wird, gegenwärtig eine mäßige Verdichtung in Richtung auf eine relative Spartengarantie zugunsten des Musiktheaters. ff) Sozialstaatsgebot
Schließlich sollen kurz noch ein paar Worte zum Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes unter dem Blickwinkel einer eventuell bestehenden Pflicht zur Förderung der Musiktheater folgen. Das Sozialstaatsprinzip bezieht sich nicht lediglich auf die wirtschaftliche Existenzsicherung, sondern zugleich auch auf den geistig-ideellen Bereich l61 • So ist auch eine Art "kultureller Daseinsvorsorge" mitumfaßt l62 . Möglicherweise erwachsen so unter dem Gesichtspunkt der Sozialstaatlichkeit über eine Ennöglichung von Teilnahme des Publikums an kulturellen Geschehnissen konkrete Förderpflichten für den Staat bei im übrigen hierzu korrespondierenden "kulturellen Teilhaberechten" . Als Gegenargument muß allerdings bereits der unitaristische und differenzierungsfeindliche Charakter des Sozialstaatsprinzips '63 ins Feld geführt werden, welcher gerade auf dem Felde staatlicher Kulturgestaltung und Kunstförderung dem nach künstlerischen Maximen auszuschöpfenden Gestaltungsspielraum bei 100 Insofern ist die Stellung eines Musiktheaters verschieden von der des universitär angestellten Wissenschaftlers etwa, für welchen ein gewisser Ausstattungsanspruch, "ein Teilhaberecht als Konsequenz aus der staatlich verantworteten Entscheidung, einen bestimmten Wissenschaftler für einen bestimmten Forschungsbereich einzusetzen und zu besolden", besteht, so etwa Starck, in: von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 5 Abs. 3 Rn. 241; ders., Staatliche Organisation und staatliche Finanzierung als Hilfen zu Grundrechtsverwirklichungen?, in: FS BVerfG (1976), Bd. 11, S. 480 (524); auch Scholz (0. Fn. 137), Art. 5 Abs. 3 Rn. 177. 101 Stein er, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, VVDStRL 42 (1984), S. 7 (33); Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, S. 64. 102 Knies, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, S. 211; Schia ich, Neutralität als verfassungsrechtliches Prinzip, S. 251; Ditges, Rechtsprobleme kommunaler Kulturarbeit, S. 63. 163 Vgl. Wahl, Grundrechte und Staatszielbestimmungen im Bundesstaat, AöR 112 (1987), S. 26 (50); ebenso Mihatsch (0. Fn. 161), S. 65.
I. Pflicht zur Förderung
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der Kunstförderung widerspricht l64 • Zudem ist gerade das Sozialstaatsprinzip konkreten Folgerungen ob seiner Allgemeinheit sehr wenig zugänglich l65 , so daß es weniger zur Begründung als viel mehr lediglich zur allgemeinen Stützung und Ergänzung an sich schon hinreichend begründeter Ansprüche herangezogen werden kann 166. Förderpflichten des Staates und Förderansprüche von Musiktheatern lassen sich darum nicht originär auf das Sozialstaatsprinzip stützen; für die oben festgestellte relative Spartengarantie zugunsten des Musiktheaters läßt sich aber unter dem Gesichtspunkt der Ermöglichung von Publikumsteilnahme an kulturellen Geschehnissen auch hier eine vage stützende Funktion des Sozialstaatsprinzips bejahen. b) Landesverfassungen
Während das Grundgesetz keine ausdrückliche Kulturstaats- und Kulturförderklausel enthält, ist diesbezüglich in den Landesverfassungen der Befund reichlich zu nennen l67 . So finden sich sowohl allgemeine Kulturstaatsartikel, wie in Art. 3 Abs. 1 BayVerf. 168 oder Art. I Satz 2 SächsVerf., als auch Vorschriften, welche eine Kulturförderpflicht ausdrücklich statuieren. Dabei ist den allgemeinen Kulturstaatsaussagen i.d.R. keine schlechthin konstituierende, sondern eine eher "grundierende", assistierende Wirkkraft für mitunter speziellere Förderaussagen der jeweiligen Verfassungen zu attestieren l69 . Aber auch diese spezielleren Förderaussagen der Landesverfassungen weisen keineswegs einen einheitlichen Charakter auf. Ihr Wortlaut variiert erheblich. 164 Vgl. zur grundrechtlich zwischen "Neutralität" und "Willkürfreiheit" anzusiedelnden Differenzierungskompetenz des staatlichen Zuschußgebers z.B. Würkner, Das Bundesverfassungsgericht und die Freiheit der Kunst, S. 138; Schalz (0. Fn. 137), Art. 5 Abs. 3 Rn. 40. I~; Steiner (0. Fn. 161), S. 7 (34); BVerfGE 1,97 (105).
10/' Vgl. Mihatsch (0. Fn. 161), S. 65 f. 167 Zum Verhältnis der Landesverfassungen zur Bundesverfassung als notwendige Ergänzung mit Vorreiterfunktion vgl. Schneider, Verfassungsrecht der Länder - Relikt oder Rezept?,DÖV 1987, S. 749 (754); Wahl (0. Fn. 163), S. 26 (40); Graf Vitzthum, Die Bedeutung gliedstaatlichen Verfassungsrechts in der Gegenwart, VVDStRL 46 (1988), S. 8 (19). - Ferner können Landesverfassungen und Landesgrundrechte grundsätzlich im Einklang mit der Bundesverfassung und über diese hinausgehend auch mehr Freiheit gewährleisten, doch haben Landesgrundrechte bisher wenig Raum fur gesonderte Entfaltung eingenommen und unterlagen vielmehr der Sogwirkung der Grundrechtsauslegung des BVerfG; vgl. hierzu Merten, Über Staatsziele, DÖV 1993, S. 368 (375); Pietzcker, Zuständigkeits ordnung und Kollisionsrecht im Bundesstaat, in: HdbStR IV (1990), S. 693 (712). 16' Hierzu Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 153 Fn. 30, wonach diesem zusätzlichen Bekenntnis zum "Kulturstaat" nur der Sinn "eines noch gesteigerten Bekenntnisses zu den Pflichten gegenüber dem kulturellen Bereich in seiner Gesamtheit" zukommen könne. 169 So auch Kunzmann u.a., Die Verfassung des Freistaates Sachsen, Art. II Rn. 2; ferner zur sächsischen Verfassung von Mangaldt, Die Verfassungen der neuen Bundesländer, S. 37.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Dem "innovativen Vorrecht der Landesverfassungen"'70 folgend reichen so die Verbürgungen von eher generell gehaltenen Formulierungen, wie das Land nehme die Kunst betreffend "an ihrer Pflege teil" (Art. ll BremVerf.) oder die Kunst "genieße" staatliche Förderung (Art. 34 Abs. I SaarIVerf.) 171 über allgemeinere Pflichten, wonach "Kunst und Wissenschaft ... von Staat und Gemeinde zu fördern" seien (Art. 140 Abs. I BayVerf.)172 bis zu zwar eher deskriptiven, jedoch bis ins einzelne die Förderungsobjekte aufzählenden Vorschriften, wie dies in Art. ll Abs. 2 SächsVerf. ("Theater") und Art. 36 Abs. 3 SachsAnhVerf. ("Theater") neuerdings der Fall ist. Ins Blickfeld rücken soll nun die Frage nach der rechtlichen Bindungskraft dieser Vorschriften ganz allgemein, und anschließend soll auch die Frage einer eventuellen besonderen Bindung der Kommunen Erörterung finden.
aa) Bindungscharakter allgemein Neben dem Wortlaut dieser landesverfassungsrechtlichen Vorschriften ist für die Ermittlung einer etwaigen Bindung staatlicher Gewalt vor allem auf die jeweilige historische Situation des Landesverfassungsgebers sowie die Ermittlung von Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften abzustellen. Bedenklich ist deshalb - den Wortlaut betreffend - zunächst die fast durchweg sehr unbestimmte und vage Formulierungsart der Verfassungsartikel. Art und Umfang der Förderung sind aus den einschlägigen landesverfassungsrechtlichen Vorgaben oft nicht zu entnehmen 173. Gleichwohl sind insbesondere bei den jüngeren Verfassungen der neuen Bundesländer teilweise sogar bis ins einzelne gehend die Objekte der staatlichen Kunstförderung aufgeführt, so unter anderem "Theater" 174. Auch bestimmte ältere Verfassungen, wie z.B. Art. 140 BayVerf., Art. 18 Abs. I NWVerf. oder Art. 40 Abs. I RhPfVerf., welche vom Wortlaut eher in 170 Vgl. Häherle, Kulturverfassungsrecht im Bundesstaat, S. 50, er spricht vom "kulturpolitischen Erfindungsrecht" bzw. der kulturpolitischen Innovationskompetenz der Länder. 171 In diesem Sinne auch Art. 7 Abs. I LSSchlH: "Das Land fördert und schützt Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre", und Art. 11 Abs. I SächsVerf.: "Das Land fördert das kulturelle ... Schaffen." 172 Ähnlich Art. 18 Abs. I NWVerf., Art. 40 Abs. I RhPfVerf. und Art. 36 Abs. I SachsAnhVerf. 173 Vgl. die Verfassungsvorschriften in Art. 11 BremVerf., Art. 34 Abs. 1 Saarl Verf., Art. 140 Abs. 1 BayVerf., Art. 11 Abs. 2 SächsVerf. und Art. 36 Abs. 3 SachsAnhVerf.; abgesehen von der tatsächlichen Gewährleistungskraft der landesverfassungsrechtlichen Nonnen fallt den Landesverfassungen aber auch nicht unerheblich die Funktion einer Integrationsordnung zu, so Herdegen, Strukturen und Institute des Verfassungsrechts der Länder, in: HdbStR IV (\ 990), S. 479 (505 f.). 174 Vgl. Art. 11 Abs. 2 Satz 2 SächsVerf., Art. 36 Abs. 3 SachsAnhVerf.
I. Pflicht zur Förderung
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Richtung Verpflichtung deuten ("sind ... zu fördern", Art. 140 Abs. 1 BayVerf.), nennen teilweise ausdrücklich die Unterstützung "schöpferischer Künstler, Gelehrter und Schriftsteller ... , die den Nachweis ernster künstlerischer oder kultureller Tätigkeit erbringen", so in Art. 140 Abs. 2 BayVerf., und legen damit den Schluß nahe, daß trotz der auch hier noch weiter bestehenden Unklarheit bezüglich Art und Umfang einer Förderung ein Verfassungsverstoß vorliegen könnte im Falle von gänzlich unterbleibender Förderung von Kunst und Künstlern 175. Entsprechend enger ist darum bei den neuen Verfassungen der Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt der politische Spielraum durch eine wie bereits erwähnt vorzufindende ausdrückliche Nennung der "Theater" als Förderobjekte. So wäre bereits eine grundsätzlich ausbleibende Theaterförderung landesverfassungsrechtlich bedenklich 176. Ferner, den historischen Kontext betreffend, ist zunächst einmal die große Ähnlichkeit der meisten einschlägigen landesverfassungsrechtlichen Vorschriften mit Art. 142 S. 2 WRV auffallend. Dieser und der in ihm zum Ausdruck kommende Förderauftrag wurden gemeinhin jedoch als "unbestimmt gehaltenes Versprechen"177 oder lediglich "guter Vorsatz"178, mithin als unverbindlicher sog. Programms atz gedeutet. Diese in vielen, vor allem älteren Landesverfassungen vorzufindende Anknüpfung an den Artikel zur Freiheit von Wissenschaft und Kunst in der WRV läßt vom historischen Ansatz her und den durch den damaligen Landesverfassungsgeber verfolgten Sinn und Zweck betreffend somit eher den Schluß zu, daß mit diesen Landesverfassungsartikeln echte, unmittelbare rechtliche Pflichten mit subjektiver Berechtigung nicht etabliert werden sollten 179. Die unlängst von den neuen Bundesländern etablierten Landesverfassungen reflektieren jedoch in nicht zu übersehendem Maße jüngere Diskussionen aus dem (rechts-)politischen Bereich. Die Diskussion über Staatsziele sowie ein wacheres Bewußtsein über die Bedeutung und Förderungswürdigkeit des Kulturellen insgesamt haben Einzug auch in bestimmte landesverfassungsrechtliche Artikel gehalten 180. Die detaillierteren Fonnulierungen in den Verfassungen in l7S In dieser Weise wohl auch Meder, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 108 Rn. 4 (dabei auf Art. 140 BayVerf. bezugnehmend); vgl. ebenso Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 89 Fn. 299. m Darüber weit hinausgehend und noch nicht unter Bezugnahme auf Verfassungen der neuen Länder allerdings Rahe, Die Stellung der Theaterunternehmen im Staat, S. 102 ff. 177 Kitzinger, Art. 142 S. I: - Die Freiheit der Wissenschaft und der Kunst, in: Die Grundrechte und Grundpflichten der Reichsverfassung, Bd. II, S. 449 f. 17R Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, S. 574. 179 Ebenso Hufen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, S. 362; Meder (0. Fn. 175), Art. 3 Rn. 2 und Art. 108 Rn. 4; Barschel / Gehel, Landessatzung ftir SchleswigHolstein, Art. 7 C.LI und 2; Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, S. 52. IRO Dies trug mit dazu bei, daß die neuen Verfassungstexte auch mitunter als zum Typ der "Pastorenverfassung" (so lsensee, in: Gemeinsame Verfassungskommission. Stenografischer
80
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Sonderheit der Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt geben deshalb Anlaß zu der Annahme von größerer gewollter Bindungskraft dieser neuesten landesverfassungsrechtlichen Förderartikel, welche dann auch über das Maß eines bloßen Programmsatzes hinausreichen sollen l81 . Grundsätzlich besteht allerdings auch bei einem u. U. festzustellendem, bescheidenem, teilweise sogar das (Musik)Theater als Sparte begünstigendem, "Grundsockel" von Verpflichtungskraft der landesverfassungsrechtlichen "Förderartikel" gleichwohl ein im Bereich der Kunstförderung höchstrichterlich zuerkannter weiter Errnessensspielraum l82 , so daß gleichzeitig für einzelne Musiktheater oder - mit Ausnahme wohl der Länder Sachsen und Sachsen-Anhaltauch für das Musiktheater als ganze Sparte wohl kaum konkrete Förderansprüche aus den Landesverfassungen hergeleitet werden können. bb) Bindungscharakter speziell: Die Gemeinden als Adressaten Die Kulturstaats- und Kulturförderartikel der Landesverfassungen richten sich zunächst einmal selbstverständlich an die Landesstaatsgewalt als möglichem Verpflichtungsadressaten. In einer Reihe von Verfassungstexten werden aber auch Länder und Gemeinden - letztere dabei als Bestandteil von Staatsgewalt im weiteren Sinne 183 - gemeinsam angesprochen l84 • Dies bedeutet, daß grundsätzlich der vielfach ausgesprochene Förderauftrag in seiner jeweiligen Verpflichtungskraft sich sowohl an die entsprechenden Länder wie auch deren Gemeinden richtet.
Bericht v. 16.6.1992, S. 36) oder "narrativen Verfassung" (Graf Vitzthum, Auf der Suche nach einer sozio-ökonomischen Identität? Staatszielbestimrnungen und soziale Grundrechte in Verfassungsentwürfen der neuen Bundesländer, VBIBW 1991, S. 404 [414]) zugehörig bezeichnet worden sind. IRI Vgl. Müller, Verfassung des Freistaats Sachsen, S. 87 f. zu Art. 11 Abs. 2 unter Bezugnahme auf Art. 13 SächsVerf.: "Das Land hat die Pflicht, nach seinen Kräften die in dieser Verfassung niedergelegten Staatsziele anzustreben und sein Handeln danach auszurichten", wonach man es dem Land nur unter besonders schwierigen Finanzsituationen gestatten könne, von der Bereitstellung von Mitteln überhaupt abzusehen; von Mangoldt, Die Verfassungen der neuen Bundesländer, S. 36 f. sieht in der detaillierten Förderpflicht des Art. II Abs. 2 SächsVerf. eine die kulturelle Freiheit verstärkende Konkretisierung des Kulturstaatsgebots in Art. I Satz 2 SächsVerf.; ähnlich Mahnke, Die Verfassung des Landes SachsenAnhalt, Art. 36 Rn. 5, der in Art. 36 Abs. 3 SachsAnhVerf. auch noch eine besondere Hervorhebung der allgemeinen Kunstförderpflicht in Art. 36 Abs. I SachsAnhVerf. sieht. 1X2 BVerfDE 36, 321 (331 f.). 1X3 Vgl. bensee, Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: HdbStR IV (1990), S. 517 (610 f.) unter Bezugnahme auf BVerfDE 8,122 (132); 38, 258 (270); 47, 253 (272 f.); 61, 82 (103), ferner auch BVerwGE 67, 321 (324). IM SO etwa Art. 140 Abs. I BayVerf. (hier: " ... von Staat und Gemeinde zu fördern"), Art. 18 Abs. I NWVerf., Art. 36 Abs. I und 3 SachsAnhVerf., Art. 34 Abs. 3 BrandbVerf.
I. Pflicht zur Förderung
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Möglicherweise unterscheidet sich aber der Bindungs- und Verpflichtungscharakter für die Kommunen im Hinblick auf eine ihnen damit zugleich auferlegte pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe. Zu denken ist deshalb zunächst an die unterschiedlichen Arten der gemeindlichen Aufgaben. Neben der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Fremdverwaltung und Selbstverwaltung ist bei letzterer auch die Unterscheidung zwischen pflichtigen und freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben eingeführt l85 • Selbstverwaltung umschreibt dabei die Verwaltung eigener Angelegenheiten, die in der örtlichen Gemeinschaft verankert sind l86 , im Gegensatz zur Fremdverwaltung, bei der die Kommunen Aufgaben, die ihnen vom Staat (hier: Bund, Land) übertragen worden sind, wahrzunehmen haben 187. Sie unterliegen dabei weisungsgebunden der Rechts- und Fachaufsicht, was eine Einflußnahme neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der gemeindlichen Verwaltungsführung betreffend beinhaltet. Im Gegensatz dazu sind die angesprochenen freiwilligen Aufgaben und Pflichtaufgaben ohne Weisung als Bestandteile der Selbstverwaltungsangelegenheiten lediglich Gegenstand der Rechtsaufsicht l88 • D.h. die Kommunen entscheiden bei diesen nach eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen. Grundsätzlich steht den Gemeinden ein Aufgabenerfindungsrecht bezüglich ihrer Selbstverwaltungsaufgaben zu; es spricht eine durch Gesetz widerlegbare Vermutung dafür, daß es sich bei einer Aufgabe um eine freiwillige handelt. Bei freiwilligen Aufgaben steht der Gemeinde die freie Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Aufgaben erfüllung zu; bei Pflichtaufgaben ohne Weisung steht den kommunalen Gebietskörperschaften zwar die freie Entscheidung über das "Wie", nicht aber über das "Ob" einer Aufgabenerfüllung ZU 189 • Sollte die Unterhaltung von Theatern nicht zu den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben der Kommunen gehören, sondern vielmehr den pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben (ohne Weisung) zuzurechnen sein, würde dies die Gemeinden nicht unerheblich strikt in die Pflicht nehmen, denn sie unterlägen dann bezüglich der Übernahme einer solchen Pflichtaufgabe der Überwachung durch die Rechtsaufsichtsbehörde. Zunächst sind die von den Kommunen getragenen öffentlichen Theater traditionellerweise Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung I 90. Die Frage, ob I"' Schmidt-Jortzig, Komrnunalrecht, S. 161 ff.; Gern, Deutsches Kommunalrecht, S. 138 ff., welcher allerdings statt des Begriffs "Fremdverwaltung" die Bezeichnung "übertragene (staatliche) Aufgaben" rur präziser hält. - Zum vom BVerfD und BVerwG nicht weiter praktizierten Ansatz einer monistischen Aufgabenstruktur, dem sog. Weinheimer Entwurf einer Deutschen Gemeindeordnung entsprechend, vgl. Gern, ebd., S. 137 f. 1'6
Schmidt-Jortzig (0. Fn. 185), S. 162 f.
I" Ebd., S. 183 ff.; Gern (0. Fn. 185), S. 138 ff.
Fn. 185), S. 180 ff.; Gern
Fn. 185), S. 138 ff.
INN
Schmidt-Jortzig
1'9
Gern (0. Fn. 185), S. 138 ff.; Schmidt-Jortzig (0. Fn. 185), S. 180.
(0.
(0.
190 Vgl. Häberle, Kulturpolitik in der Stadt - ein Verfassungsauftrag, S. 23 ff.; Gern (0. Fn. 185), S. 140. - In § 3 Abs. 2 GO des Landes Brandenburg werden eine Reihe typischer Selbstverwaltungsaufgaben aufgezählt, wobei unter anderem auch "die Entwicklung ... des
6 Tillner
82
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
die Unterhaltung von Theatern zu den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben gehört oder eben zu den sogenannten pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben, womit neben der auch die Länder treffenden objektiven, allerdings vagen landesverfassungsrechtlichen Förderpflicht auch eine rechtstechnisch genauer ausgeformte pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe für die Gemeinden hinzuträte, wird durchaus kontrovers diskutiert. Eine diesbezüglich pointierte Auffassung geht davon aus, daß Kultur- und Kunstförderung in der Tat als kommunale Pflichtaufgabe anzusehen seien '91 • Hierfür werden eine ganze Reihe von "Begründungslinien" entworfen, weIche allerdings auch von ihren Befürwortern mit einiger Vorsicht ventiliert werden '92 . Dabei gewichtig scheint die Entwicklung eines "Kommunalen Kulturverfassungsrechts", welches für die Pflichtigkeit kommunaler kultureller Aufgaben ins Feld geführt wird '93 . Um die kulturelle Teilhabe aller Bürger zu ermöglichen, wird in einer Art Gesamtschau ein Konglomerat von kulturell mehr oder weniger bedeutsamen Vorschriften zusammengesetzt, dessen Bausteine fast aus jeder Etage der Normenhierarchie entstammen. So wird aus einer Anzahl kommunalrechtlicher Vorschriften, wie z.B. § 18 Abs. I GONW, Art. 57 Abs. I Satz I BayGO oder § 6b Abs. I GONW, aus landesverfassungsrechtlichen Normen, wie etwa Art. 40 RhPNerf., Art. 18 Abs. I NWVerf. oder Art. 3, 140, Art. 83 Abs. I BayVerf., ferner den Grundgesetzartikeln 5 Abs. 3, 3 Abs. I sowie Art. I und 2 Abs. I und schließlich noch dem Demokratie- und Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 GG I94 die Charakterisierung der kommunalen "Kulturarbeit" als "gemeindliche Pflichtaufgabe" abgeleitet '95 . Soweit bei Bestandteilen dieses Normengebäudes die Kulturrelevanz sich nicht unmittelbar ergibt, wird diese im Einzelfalle "freigelegt"'96. Dabei stellt ein leistungsrechtliches Grundrechtsverständnis die wesentliche Interpretationshilfe dar '97 . Art. 5 Abs. 3, Art. 3 Abs. I sowie Art. I und 2 Abs. I GG werden kulturrechtlich aufgearbeitet und so interpretiert, daß sie neben ihrer Abwehrkulturellen Lebens" Erwähnung gefunden hat; zur geschichtlichen Entwicklung der Selbstverwaltungsaufgabe kommunale Kulturarbeit vgl. Ditges, Rechtsprobleme kommunaler Kulturarbeit, S. 1 ff. 191 So Häberle, Kulturpolitik in der Stadt - ein Verfassungsauftrag, S. 23 ff.; Pappermann, Grundzüge eines kommunalen Kulturverfassungsrechts, DVBI. 1980, S. 701 (706); Rabe, Die Stellung der Theateruntemehmen im Staat, S. 86 (89). 192 Pappermann (0. Fn. 191), S. 701 (706): "Auf noch dünneren Argumentations-Boden begibt man sich natürlich mit der Heranziehung des oft strapazierten Sozialstaatsprinzips. " 193
Häberle (0. Fn. 191), S. 21 ff. (25); Pappermann (0. Fn. 191), S. 701 (705 ff.).
194
Im einzelnen dazu Ditges, Rechtsprobleme kommunaler Kulturarbeit, S. 33 ff., 99 ff.
19; 190
So Häberle (0. Fn. 191), S. 25; Pappermann Häberle (0. Fn. 191), S. 29.
(0.
Fn. 191), passim.
197 Ebd., S. 22: "Kulturelle Freiheiten und Leistungsansprüche der Bürger in Bund und Land, im Zugleich kultureller Teilhabe und Abwehr".
I. Pflicht zur Förderung
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funktion gegen die öffentliche Gewalt gleichzeitig Ansprüche auf Teilhabe an staatlichen, auch kommunalen, Leistungen vennitteln und die öffentliche Hand damit gezwungen sein soll, Vorkehrungen zu treffen, diese Ansprüche zu erflillen l98 . Für die Gemeinden folge nun daraus eine Pflicht zur Kulturarbeit l99 • Ohne auf die weiteren zu den verschiedenen Nonnen vorgebrachten Argumente im einzelnen einzugehen 2°O, sei bereits zur Methode angemerkt, daß es fragwürdig erscheint, die Pflichtigkeit einer gemeindlichen Selbstverwaltungsaufgabe durch Heranziehung von unitarischem Bundesrecht zu begründen angesichts des in unserem Staatswesen etablierten differenzierten Kulturkompetenzgefüges und der auch in den verschiedenen Landesverfassungen zum Ausdruck kommenden Vielfalt und gewollten Unterschiedlichkeit gerade im Kulturbereich 20I • Zudem ist die Argumentation als ganzes sehr vage gehalten und fußt auf der fragwürdigen sog. teilhaberechtlichen Dimension der Grundrechte. Sie birgt die Gefahr in sich, allzuschnell zum Einfallstor beliebiger "Teilhabeansprüche" zu werden, welche den Staat in pennanente Erftillungsnot brächten 202 • So ist die Vorstellung von einem "Kommunalen Kulturverfassungsrecht" problematisch und im Ergebnis abzulehnen mit der Folge, daß den Gemeinden die Kulturförderung nicht als pflichtige, sondern grundsätzlich als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe anheimgestellt ist203 • 19' Häberle, Kulturverfassungsrecht im Bundesstaat, S. 72; ders., Grundrechte im Leistungsstaat, VVDStRL 30 (1972), S. 65 ff., dabei unter gleichzeitiger Heranziehung des Sozialstaatsprinzips; Pappermann, Grundzüge eines kommunalen Kulturverfassungsrechts, DVBI. 1980, S. 70 I (706): " ... - mit aller Vorsicht - ... ". 199 Häberle, Kulturpolitik in der Stadt - ein Verfassungsauftrag, S. 26; ders., Grundrechte im Leistungsstaat, VVDStRL 30 (1972), S. 43 ff. 200 Vgl. aber hierzu die ausfiihrliehe Behandlung bei Ditges (0. Fn. 194), S. 99 ff. 201 Vgl. Steiner, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, VVDStRL 42 (1984), S. 7 (24 f.); Ditges (0. Fn. 194), S. 140 ff.; auch Häberle (0. Fn. 199), S. 21 spricht vom "Trägerpluralismus". 202 Vgl. Steiner (0. Fn. 201), S. 7 (15 f.); Ditges (0. Fn. 194), S. 118; Schotz, in: Maunz / Dürig, Art. 5 Abs. 3 Rn. 6, 21; vgl. im übrigen oben unter B.I.2.a).cc).(2)(b). - Weiter sei anmerkend die dritte von drei Fragen referiert, welche Kröger bei der Aussprache in VVDStRL 30 (1982), S. 181 f. über die Grundrechte im Leistungsstaat vorbrachte, nämlich die Frage der Entwicklung der "Freiheitsrechte zu einem allzu leicht verfügbaren Instrument, das ideologieträchtigen Befreiungsbewegungen als erstrebenswerter Hebel zur schleichenden Einfiihrung des totalen Sozialstaates erscheint"; auch Oppermann, ebd., S. 167 ff. (Aussprache) verweist allzu weitgehende teilhaberechtliehe Ansätze in das Feld der Verfassungspolitik und sieht in ihnen nicht mehr bloße Auslegung der Verfassung. 203 Vgl. Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, S. 56 f., welcher zu Recht darauf hinweist, daß Kunstförderung aufgrund ihrer gewachsenen Bedeutung allerdings de facto wie eine Pflichtaufgabe bereits gehandhabt werde; ferner Ditges, Rechtsprobleme kommunaler Kulturarbeit, S. 143; a.A. allerdings Rabe, Die Stellung der Theaterunternehmen im Staat, S. 93, der sogar sehr weitgehend die spezielle Förderung der Theaterunternehmen grundsätzlich als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe ansieht; Häberle, Kulturpolitik in der Stadt - ein Verfassungsauftrag, S. 23 trifft in diesem Zusammenhang zu Recht die Feststellung, daß mit der Bezeichnung von Kulturarbeit als "gemeindliche Pflichtaufgabe" noch nicht eine Aussage
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
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Abzustellen ist deswegen - sozusagen auf regulärem Wege - auf etwaige gesetzliche Bestimmungen, welche gern. Art. 57 Abs. 1 S. 2 BayGO und § 3 Abs. I NWGO erforderlich sind, um den Kommunen Pflichtaufgeben aufzuerlegen. Dahinter steht der Gedanke, daß mit den pflichtigen Aufgaben unverzichtbare und grundlegende Aufgaben, die "essentialia", für ein Gemeinwesen festgelegt und garantiert werden sollen. Wenn dies auch für die Kulturförderung gelten soll, muß dies dann dementsprechend gesetzlich fixiert werden 204 • Vielfach ist - wie in Bayern, welches mit Art. 57 Abs. I S. I BayGO die Kulturpflege sogar ausdrücklich als freiwillige Aufgabe klassifiziert hat - eine solche gesetzliche Einordnung als kommunale Pflichtaufgabe nicht erfolgt. In diesen Fällen erhebt sich jedoch die Frage, ob nicht aus den Texten der Landesverfassungen selbst sich eine solche Einteilung ergibt. Unbesehen der Schwierigkeit, die Verfassungstexte angesichts ihrer nonnhierarchischen Position in diesem Zusammenhang als Gesetze zu verstehen, bleibt dabei vor allem problematisch der - wie oben beschrieben - fast durchweg sehr vage Charakter der Verfassungsvorschriften, welche im Vergleich zu anderen - einfachgesetzlich nonnierten - Pflichtaufgaben des Abfall-, Volkshochschul- oder Bauwesens205 zumeist keine konkretere und detailliertere Beschreibung einer etwaigen kommunalen Pflichtaufgabe Kulturförderung enthalten. Hinzu kommt der z.B. in § 3 NWGO zum Ausdruck kommende Gedanke der gleichzeitig notwendigen ausdrücklichen Regelung für die Aufbringung der bei der Aufgabenwahrnehmung erforderlichen finanziellen Mittel, um die Leistungsfähigkeit der Gemeinden zu erhalten 206 • Auch das Fehlen solcher Regelungen in den einschlägigen Verfassungsvorschriften spricht gegen die Möglichkeit einer Begründung von kommunalen Pflichtaufgaben direkt durch die Landesverfassungen. Es ist also auf die Existenz eines Gesetzes abzustellen, welches die Kulturförderung nun ausdrücklich und im einzelnen regelnd als kommunale Pflichtaufgabe deklariert und zugleich auch der Frage der Finanzierung der Aufgabenerfüllung Augenmerk schenkt. So können allein aus den landesverfassungsrechtlichen Förderartikeln keine Schlüsse auf die Klassifizierung der Kunstförderung als gemeindliche Pflichtaufgabe gezogen werden. Schließlich sind die Kommunen der jeweiligen Länder von den Kulturstaats- und FörderartikeIn zahlreicher Landesverfassungen nicht in einer besonderen Weise etwa in Fonn einer ihnen damit auferlegten pflichtigen SelbstvelWaltungsaufgabe verpflichtet und gebunden. darüber getroffen worden sei, was im einzelnen die kommunalen Kulturaktivitäten zu umfassen habe. 204
Hierzu Mihatsch
(0.
Fn. 203), S. 56.
Vgl. z.B. §§ 2 ff. u 35 ff. BWFwG; Art. 2 BayAbfallG; §§ 2 f., 11, 15,20 ff. NWWbG; §§ I, 5 ff. HessVolkshochschulG; §§ lAbs. 3, 2 Abs. I und 123 Abs. I BauGB. 205
200 Dazu Rabe (0. Fn. 204), S. 92, der die genannte Finanzmittelregelung lediglich für die Übernahme zusätzlicher, neuer Aufgaben gelten lassen möchte.
I. Pflicht zur Förderung
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3. Gesetzesrecht Nach der Untersuchung von verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Problem der Pflichtigkeit von Kunst- und Musiktheaterförderung soll nun noch ein kurzer Blick auf eventuelle Förderpflichtaussagen im einfachen Gesetzesrecht geworfen werden. a) Bundesgesetze
Neben nur im Nebeneffekt kulturelle Materien berührenden Bundesgesetzen wie z.B. StBauFG, BBauG, BaunutzungsV0207 , ergibt sich auch aufgrund der bestehenden kompetenziellen Lage im kulturellen Bereich208 kaum ein für die Musiktheaterförderung nennenswerter Befund. Allein der im großen und ganzen als Bundesgesetz weitergeltende Einigungsvertrag verdient mit seinem Art. 35 Abs. 2 Erwähnung. In § 35 Abs. 2 EV wird postuliert, daß die kulturelle Substanz in den neuen Ländern keinen Schaden nehmen darf. Unbesehen der kompetenziellen Problematik ergibt sich aber aus dem unbestimmten Wortlaut des Abs. 2 und den sprachlich das Fakultative des Bundesengagements betonenden Formulierungen in den spezielleren Regelungen von Art. 35 Abs. 4, 6 und 7 EV, daß dem Bund ein finanzielles Engagement durch Art. 35 EV zwar ermöglicht, nicht aber zur rechtlich bedeutsamen Pflicht gemacht werden sollte 209 . b) Landesgesetze
In einem weiter gefaßten Rahmen von kultureller Förderung lassen sich hierzu zunächst die im Anschluß an die Deutsche Gemeindeordnung von 1935 formulierten gemeinderechtlichen Vorschriften z.B. der §§ 18 Abs. 1 GO NW, 17 Abs. 1 GOSchlH, 57 GO Bay., 19 Abs. 1 GO Hess., 2 Abs. 2 GO NdSachs., 2 Abs. 1 GemO Sachs. und des § 10 Abs. 2 GO BW anführen: "Die Gemeinde schafft in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen." Diese Formulierung enthält allerdings mit Blick auf eine pflichtige Theaterförderung einige Schwächen. Zunächst steht mit dem Vorbehalt "in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit" wie auch mit der Unbestimmtheit der Formulierung "für das ... kulturelle Wohl ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen 207 Vgl. § 1 Abs. 6 BBauG, § 5 Abs. 2 Nr. 2, § 1 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2c StBauFG mit jeweiligem Bezug auf "kulturelle Belange", hierzu auch Häberle, Kulturpolitik in der Stadt - ein Verfassungsauftrag, S. 15 ff. 20M V gl. unten B.II.2. 209 Ebenso Höch, Der Einigungsvertrag zwischen völkerrechtlichem Vertrag und nationalem Gesetz, S. 160 f.; zur kompetenziellen Problematik i.e. s.u. B.II.2.b) aa)(3).
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Einrichtungen" keine Handhabe zu einer Auslegung zwingend vorgegebener Kultur- oder gar Musiktheaterförderung zur Verfügung. Hinzu kommt der gleichzeitig ebenfalls ausgesprochene Bezug auf das wirtschaftliche und soziale Wohl der Gemeindeeinwohner. Verstärkt einschränkend wirkt ferner die in diesem Zusammenhang erfolgte Hintanstellung der kulturellen Belange im Verhältnis zu den wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen. Insofern spricht bei eventuellen Zielkonftikten u.U. sogar eine Vermutung gegen die Erfüllung konkurrierender kultureller Belange 2lO • Gegenstandlich genauer gefaßte und das Procedere regelnde, damit auch vom Pftichtcharakter als intensiver zu betrachtende Kulturfördervorschriften, wie z.B. die in Österreich vorzufindenden Kulturförderungsgesetze der Länder!! finden in Deutschland in der Regel keine landesgesetzliche Entsprechung. Eine manifeste Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang jedoch das Kulturraumgesetz des Freistaates Sachsen212 • Für die Anschlußfinanzierung nach Abschluß der Übergangsfinanzierung Kultur gemäß Art. 35 EV ist nämlich eine ergänzende Finanzierung kommunaler kultureller Einrichtungen auf landesgesetzlicher Grundlage mit diesem Gesetz beabsichtigt worden 213 . Die für Finanzierung und Koordinierung kommunaler Kulturpftege gebildeten Kulturräume sind detailliert festgelegt (§ 1 und Anlage des SächsKRG), die Förderobjekte nach allgemeinen Kriterien genauer umschrieben (§ 3 SächsKRG), das Procedere dabei ausführlich geregelt (§§ 4 f. SächsKRG) und die Finanzierung weitgehend bestimmt (§§ 6 f. SächsKRG; § 6 Abs. 2 sieht mindestens 150 Mio. DM an Landesmitteln hierfür vor). Mit diesem Ausmaß an Genauigkeit der Bestimmungen ist die in § 2 Abs. I SächsKRG vorgenommene Klassifizierung der Kulturpftege als Pftichtaufgabe von Gemeinden und Landkreisen auch gemäß § 2 Abs. 2 GemOSachs vollgültig, welcher als Voraussetzung für eine gemeindliche Pftichtaufgabe ausdrücklich ein Gesetz mit Bestimmungen zur Deckung der Kosten anführt. Gleichzeitig bestimmt allerdings auch § 7 Abs. 5 S. 2 SächsKRG, daß auf etwaige Förderung kein Rechtsanspruch besteht. So stellt sich jetzt die Frage, ob für die Förderung der Musiktheater im Freistaat Sachsen U.U. eine Spartengarantie oder gar Förderpftichten gegenüber einzelnen Häusern aus diesen gesetzlichen Regelungen abgeleitet werden kön210
So auch angedeutet bei Häberle (0. Fn. 207), S. 20.
Vgl. z.B. die Kulturförderungsgesetze von Vorarlberg (LGBI. 4/1974) bzw. Tirol (LGBI. 35/ 1979); im übrigen hierzu mit weiteren Ausführungen und Nachweisen Häberle, Kulturverfassungsrecht im Bundesstaat, S. 77 f. 212 Gesetz über die Kulturräume in Sachsen vom 20.1.1994 (GVBI. S. 175), geändert durch das I. ÄndG v. 24.5.1994 (GVBI. S. 1016). - Das Land Sachsen-Anhalt verweist in Art. 36 Abs. 5 SachsAnhVerf im Zusammenhang mit dem "Kunst, Kultur und Sport" behandelnden Art. 36 der Verfassung darauf, daß das Nähere die Gesetze regeln. Hierin mag u.U. die Geneigtheit zum Ausdruck kommen, ebenfalls ein die Kunstförderung - auch der Gemeinden näher regelndes Gesetz zu erlassen. 213 So die Präambel des Gesetzes über die Kulturräume in Sachsen. 211
I. Pflicht zur Förderung
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nen. Bedeutungsvoll scheint dabei der § 3 SächsKRG, wonach unter angemessener Beteiligung der Sitzgemeinde kulturelle Einrichtungen und Maßnahmen von regionaler Bedeutung gefördert werden sollen, § 3 Abs. I und 2 SächsKRG. Ferner, so führt § 3 Abs. 3 SächsKRG aus, haben kulturelle Einrichtungen in der Regel dann regionale Bedeutung, wenn für das Selbstverständnis und die Tradition der jeweiligen Region ein spezifischer, historisch begründeter Wert (lit. a) oder ein besonderer Stellenwert für Bewohner und Besucher der jeweiligen Region (lit. b) zukommt. In der Tat - und das belegt auch die wahrzunehmende Diskussion über Musiktheater und kulturelle Attraktivität als Standortfaktor für Städte - kommt den Musiktheatern für Selbstverständnis und Tradition wie auch allgemein für das gesamte kulturelle Leben einer Stadt und Region eine überragende Bedeutung zu. Über eine solche regionale Bedeutung soll schließlich entscheiden das Hauptorgan des Kulturraums, der Kulturkonvent nach pflichtgemäßem Ermessen, §§ 1,4 und 3 Abs. 3 S. 2 SächsKRG. Interessant dabei ist auch die ausdrückliche Wertung des Art. 1I Abs. 2 SächsVerf., wonach u.a. öffentlich zugängliche Theater sowie musikalische Einrichtungen unterhalten werden, um die Teilnahme an der Kultur dem gesamten Volk zu ermöglichen. So erfüllen die großen Theater in Sachsen in hohem Maße die angeführten Fördervoraussetzungen, so daß darauf gestützt der bestehende Anspruch auf willkürfreie Beurteilung und fehlerfreies Ermessen schon eine recht hohe Förderwahrscheinlichkeit für die Musiktheater ergibt. Der allgemein aus Art. 5 Abs. 3 GG und diversen Landesverfassungen sich ergebende objektivrechtliche Förderauftrag verdichtet sich so im Freistaat Sachsen zu einem Anspruch auf fehlerfreies Ermessen bei der Vergabe der Fördermittel nach dem SächsKRG mit gesetzlich fixiertem Gesamtmindestfördervolumen von 150 Mio. DM. Es ergibt sich somit bei ermessensfehlerfreier Abwägung die objektive Pflicht für das Land Sachsen, die Musiktheater ihrer Bedeutung in den Regionen entsprechend mit einem gewissen Sockelbetrag anteilig zumindest am Mindestfördervolumen nach dem SächsKRG zu unterstützen 2l4 • 4. Sonstige Begründungsebenen Beachtung finden soll schließlich noch der Ansatz, wonach der in den letzten Jahren beobachtbare wachsende Zulauf, den die kommunalen Kulturein214 Interessant ist die Fassung des SächsKRG auch insoweit, als grundsätzlich ftir Kulturförderungsgesetze die Gefahr der Insuffizienz beschrieben wird, sei es, daß sie zu allgemein und damit nichtssagend und substanzlos verbleiben, sei es, daß sie zu speziell einen Numerus clausus von Ideen und Institutionen zementieren. Die Formel "regionale Bedeutung" und die dazugehörigen Regelbeispiele des § 3 Abs. I und 3 SächsKRG bilden in diesem Zusammenhang die Möglichkeit zu dynamischer, jeweils ausfüllungsfahiger Handhabe. Vgl. im übrigen dazu Höfling, Zur hoheitlichen Kunstförderung, DÖV 1985, S. 387 (390) sowie Steiner, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, VVDStRL 42 (1984), S. 7 (18).
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
richtungen und Veranstaltungen verzeichnen konnten, Ausdruck einer sich damit gebildet habenden "communis opinio" darstelle, derzufolge den Kommunen vor allem die Pflicht erwachse, für kommunale kulturelle Angebote zu sorgen w . Der große Zulauf stelle eine "Abstimmung mit den Füßen" seitens der Bürger dar2l6 . Trotz der grundsätzlichen Wünschbarkeit und der darüber hinaus sicherlich wahrzunehmenden Wirkung solch tatsächlicher Vorgänge im politischen Bereich kann aus dieser statistisch-demoskopischen Größe jedoch keine unmittelbar rechtliche Verpflichtung abgeleitet werden217 • Ferner ist für die Begründung insbesondere einer gemeindlichen Pflichtaufgabe Kunst- und Kulturförderung auch der Gedanke faktischer Wahrnehmungspflichten hinzugezogen worden. Denn auch in Fällen, in denen ein Handlungszwang nicht rechtsförmlich begründet werden kann, kann zum einen ein Initiativzwang aus politischen Gründen resultieren, und zum anderen können sich in ganz wenigen Ausnahmefällen aus einem faktischen Selbstverwaltungszwang auch bestimmte Rechtspflichten ("Ermessensreduzierung auf Null") ergeben 2IR • Zu ersterem, im und aus dem politischen Raum wirksam werdenden "Zwang" zur Erfüllung bestimmter Aufgaben im kommunalen Bereich, kann auf dem Gebiet der Kunst- und durchaus auch isoliert der Musiktheaterförderung einiges an Wirkkraft attestiert werden, wenngleich diese Form des Einflusses eben kein unmittelbar rechtlich bedeutsamer ist. So werden dementsprechend des öfteren Überlegungen angestellt, welche das lokale Kultur- und Kunstgeschehen - und vor allem das jeweilige Musiktheaterschaffen als eine Art "Königsdisziplin" vor allem der Kunstgattung Musik - u.a. auch als sog. Standortfaktor fiir Einwohnerzuzüge und gewerbesteuerträchtige Industrie- bzw. Unternehmensansiedlungen ins Spiel bringen 219 • Der Gesichtspunkt von nur 215 Pappermann, Grundzüge eines kommunalen Kulturverfassungsrechts, S.701 (706); ders., Rahmenbedingung, in: Pappermann / Mombaur / Blank, Kulturarbeit in der kommunalen Praxis, S. 9; vgl. dazu auch Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, S. 55, der diesen Argumentationsgang als Gedanken einer kommunalen "volonte generale" im Sinne Rousseaus apostrophiert. 216 Pappermann, Rahmenbedingung, in: Pappermann / Mombaur / Blank, Kulturarbeit in der kommunalen Praxis, S. 9. 217 Dieser Ansatz war wohl auch von ihrem Hauptvertreter nicht als allein pflichtenbegründend im Sinne einer regulären pflichtigen Selbstverwaltungsaufgabe mit entsprechender Rechtsaufsicht entworfen worden, dazu Ditges, Rechtsprobleme kommunaler Kulturarbeit, S. 32 f.; im übrigen ebenso im ganzen ablehnend ders., Rechtsprobleme kommunaler Kulturarbeit, S. 98 f., ferner Mihatsch (0. Fn. 215), S. 56 f. 21M Vgl. zu ,,faktischen Wahrnehmungspflichten" und "faktischem Selbstverwaltungszwang" Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, S. 182. 219 Vgl. auch die bisherige Diskussion der kommunalen Spitzenorganisationen über Aufgabenschwerpunkte der Kommunen, weIche in einer Entschließung des Deutschen Städtetages von 1975 (Beiträge zur Bildungspolitik, Reihe C, Heft 11, S. 25) gipfelte, in der von der "Pflichtaufgabe Bildung und Kultur" gesprochen wurde und ferner die Verpflichtung der Kommunen zur "umfassenden Daseinsvorsorge für den Bürger" Eingang gefunden hat.
I. Pflicht zur Förderung
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ausnahmsweise anzunehmender Erstarkung von faktischen Selbstverwaltungszwängen zu wirklichen Rechtsptlichten umfaßt Fälle, in denen Aufgaben "aus Gründen des öffentlichen Wohles schlechterdings nicht unerledigt bleiben" dürfen 220 bzw. jede andere Gemeindeentscheidung als die Inangriffnahme der Aufgabe ermessensfehlerhaft wäre 22l • Auch wenn kommunale Kunstförderung von Fall zu Fall als sehr essentielle kommunale Aufgabe anzusehen ist, besitzt sie wohl nicht in demselben Maße existenzielle und unmittelbare Bedeutung wie Z.B. die Strom- und Wasserversorgung oder Straßenbeleuchtungm . Mithin kann schließlich auch nicht aus der Vorstellung von faktischen Wahrnehmungsptlichten oder Selbstverwaltungszwängen auf eine rechtlich verbindliche Ptlicht zur kommunalen Selbstverwaltungsaufgabe Kunstförderung geschlossen werden. So ergeben die nichtnormierten sonstigen Begründungsebenen keine neuen Gesichtspunkte für eine rechtlich wirksame Ptlicht zur öffentlichen Förderung des Musiktheaters. 5. Ergebnis
Beim Blick auf die Gesamtheit der Normierungen im Zusammenhang mit einer eventuellen Ptlichtigkeit der Musiktheaterförderung ist entlang der Normenhierarchie nach unten - von den verfassungsrechtlichen, einschließlich der völkerrechtlichen Ver1:ragstexte, bis hin zu den einfachgesetzlichen Regelungen auf Landesebene - auffällig eine zunehmende Detailgenauigkeit zum einen und damit im wesentlichen korrespondierend eine wachsende Verbindlichkeit und Garantiedichte der Verbürgungen zum anderen. So lassen sich völkervertraglich, grundgesetzlich sowie aus den meisten Länderverfassungen nur sehr allgemeine Schlüsse dafür gewinnen, daß - gewissermaßen ex negativo - ein gänzliches Ausbleiben kultureller Förderung vertragstextlich und verfassungsmäßig wohl nicht mehr gedeckt wäre. Dabei sind die Mittel der Förderung - direkte Zuschüsse, Steuererleichterungen etc. - nicht vorgegeben, wie auch das Musiktheater nicht ausdrücklich und nur bei Fortschreibung seiner gegenwärtigen Bedeutung U.U. eine gewisse Existenzgarantie v.a. durch den rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfährt. Günstiger verhält sich die Lage in den neuen Verfassungen von Sachsen und Sachsen-Anhalt, in denen als Objekte von staatlicher Kulturförderung explicite u.a. "Theater" Erwähnung finden. Es erscheint in diesen Bundeslän220
So OVG Koblenz, AS RhPf 8, 368 (371) die Wasserversorgung betreffend.
221 Schmidt-Jortzig (0. Fn. 218), S. 182 m.w.N.; auch die grundsätzliche Überlegung einer
allgemeinen, staatsethischen Notwendigkeit, daß die Kommunen von ihrer Selbstverwaltungskompetenz auch wirklich Gebrauch machen, kann eine konkrete Handlungspflicht - hier gar auch nur in einem Teilbereich des möglichen kommunalen HandeIns, der Kunstförderung wohl kaum begründen, vgl. dazu ebd., S. 182 f. 222
Vgl. Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, S. 182.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
dem darum rechtlich noch weniger angängig, eine staatliche Förderung von Musiktheater gänzlich auszusetzen. Enthalten ist deshalb eine Art Spartengarantie in der Weise, als daß eine gänzlich unterbleibende öffentliche Förderung des Musiktheaters in Sachsen und Sachsen-Anhalt verfassungsrechtlich bedenklich, wenn nicht gar einen Verstoß gegen die dortigen Landesverfassungen bedeuten würde. Kurzgefaßt ist auf dieser Ebene damit "nicht nichts" garantiert223 • Schließlich genauer und verbindlicher ist die Lage der Musiktheaterförderung nach dem SächsKRG, wonach ein bestimmtes Procedere zur Erhaltung bestehender Kultureinrichtungen vorgegeben und ein bestimmter Sockelbetrag kultureller Gesamtförderung positiv garantiert wird; die Kulturförderung wird damit auch gültig zur kommunalen Pflichtaufgabe. Damit ist über die Formel "nicht nichts" hinaus auch eine bestimmte anteilige Grundförderung des Musiktheaters als ganzes in Sachsen in der Regel garantiert. Auch einzelne Musiktheater sind - gemessen an ihrer "regionalen Bedeutung" - von den Garantieaussagen zu einer anteiligen Mindestförderung dem Grundsatze nach mitumfaßt. Subjektive Ansprüche für Institutionen und natürliche Personen ergeben sich hingegen nicht aus dem SächsKRG, wie auch grundsätzlich die Gesamtheit der angesprochenen Normierungen von Fall zu Fall lediglich gewisse objektivrechtliche Verpflichtungen zu begründen, subjektive (Teilhabe-)Ansprüche jedoch nicht zu stützen vermag.
11. Ausgestaltung der Förderung Freiheit und Ordnung sind die bei den wesentlichen Konstituenten der Musiktheaterförderung in Deutschland. Dabei ist generell davon auszugehen, daß die wesensmäßige Eigengesetzlichkeit von Kunst auch auf die rechtliche Ummantelung, die "Verwaltung" eben dieses Bereichs eine gewisse Ausstrahlungswirkung entfalten muß!. Mitunter besteht auch eine gegenseitig sich verstärkende Wirkung von Freiheit und kompetenzieller Ordnung, welche zur Relativierung von möglichen Freiheitsbedrohungen bei der Musiktheaterförderung - auch durch das öffentliche Mäzenatentum und seine Finanzmache - einen nicht zu geringen Beitrag zu leisten vermag. m Hierzu Heckel, Staat, Kirche, Kunst, S. 129 für den Bereich des Denkmalschutzes: "Das Verfassungsgebot zum Denkmalschutz (Art. 86 b.-w. LV) und die Garantie der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. III GG) gelten umfassend. Sie dulden keine ruinierende Preisgabe einer bestimmten Denkmalsgattung und Kunstrichtung von anerkanntem Kunst- bzw. Denkmalswert." 1 Hierzu statt vieler Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 119 ff. 2 So z.B. Schäuble, Rechtsprobleme der staatlichen Kunstfördrung, S. 198 ff.; mit der Vorstellung von der Freiheit der Kunst steht die nichtfinanzielle Kunstförderung - wie Z.B. die Gewährleistung von Urheberrechten - bis zu einem gewissen Grade der Förderung sogar in größerem Einklang als die direkte staatliche "Subventionierung" von Kunst, so zu Recht Oppermann (0. Fn. I), S. 444 f.
II. Ausgestaltung der Förderung
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1. Inhaltliche Ausrichtung der Förderung: Art. 5 Abs. 3 GG Für die inhaltliche Ausrichtung der Förderung maßgeblich ist die in Art. 5 Abs. 3 GG zum Ausdruck gebrachte Kunstfreiheitsgarantie. Die Freiheit des Theaters, sowohl in gewerblicher als auch künstlerischer Hinsicht, hat dabei eine lange, bis in die Antike zurückreichende (Leidens)Geschichte vorzuweisen). So gab es in der Vergangenheit zumeist - bis auf eine kurze Zeit während der französischen Revolution - keine absolute Theaterfreiheit, sondern eine Vielzahl obrigkeitlicher Beschränkungen4 , welche sich im verbreiteten Konzessionssystem, Theaterzensur oder auch in der Instrumentalisierung von Theater als wirkkräftigem MassenkommunikationsmittelS äußerten. Ein extremes Beispiel der Einengung künstlerischer Arbeit am Theater stellte dabei die Theaterzensur dar6 , welche zumeist besonders hart das Sprechtheater traf. Aber auch abgesehen von den soeben angesprochenen, eklatanten, mitunter dauerhaften Eingriffen in das künstlerische Arbeiten, stellt sich gegenwärtig, unter der Ägide des Grundgesetzes und der Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG, vor allem die Frage nach vereinzelten, u.U. auch recht wirksamen Beschränkungen durch sublime Formen der Einflußnahme des politisch-administrativen Bereichs auf künstlerisches Schaffen, in Sonderheit das des Theaterintendanten. Zu nennen sind hierbei z.B. die Ausgestaltung der Anstellungsverträge zumeist als Zeitverträge mit der obwaltenden Unsicherheit über eine etwaige Verlängerung. Ferner Einflußnahme allgemein über haushaltsrechtliche Zuweisungen ftir die Theater oder auch spezieller über das sog. Einnahmesoll, d.h. den Anteil an Einnahmen, den die Theater durch den Verkauf von Eintrittskarten zu erzielen haben. Auch dem Publikum und seinen organisatorischen Zusammenschlüssen, wie indirekt auch der Presse, und nicht zu vergessen den Rechnungshöfen, kommt in diesem Zusammenhang eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Aber auch die Frage, inwieweit zur Kunstfreiheit in Konkurrenz stehende, letztendlich beachtenswerte Belange benannt werden können, sowie die Frage nach der Freiheit im (Musik-)Theater selbst, d.h. die Austarierung von Freiheitsräumen verschiedener Künstler, die in einem großen Haus zusammenarbeiten, sollen im folgenden Gegenstand der Betrachtungen sein.
3 V gl. hierzu Erbei, Inhalt und Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie, S. 179 f. m.w.N. 4
Ebd., S. 180.
5
Vgl. unten c.I. und D.I.
o Beredtes Zeugnis hierfür soll die Berliner Theaterordnung (Polizeiverordnung) vom 10.7.1851 bzw. die Österreichische Zensurverordnung vom 14.11.1850 geben, beide angefuhrt bei Erbel (0. Fn. 3), S. 180 m.w.N.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
a) Die Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG
Zunächst soll jedoch der Bedeutungsgehalt des Art. 5 Abs. 3 GG umschrieben werden, bevor seine Wirkung für und im Musiktheater einer näheren Untersuchung zugeführt werden wird.
aa) Geschichtlicher und normativer Rahmen Seit es das Theater gibt, gibt es auch schon die Zensur. So wich Goethe über dreißig Jahre einer Aufführung des Faust aus in der Angst, die Zensur werde sein Werk zerstückeln. Auch unter Mozarts Opern ist mit "Figaros Hochzeit" ein zeitkritisches Stück zu finden, welches - von Beaumarchais in der ursprünglichen Fassung erst nach fünf Jahren und sechs Zensoren zur Aufführung gebracht - von Mozarts Librettisten da Ponte ebenfalls erst eine geschickte Entschärfung und Zensurgängigkeit gegenüber der habsburgischen Staatsautorität erfahren mußte 7• In Deutschland konnte sich die im letzten Jahrhundert noch übliche Zensur - hier vor allem die Vorzensur8 als präventive Theaterüberwachung - auf eine nur dünne rechtliche Grundlage stützen. So enthielt die polizeiliche Generalermächtigung des § 10 (Teil) 11 (Titel) 17 ALR den Passus, die Polizei habe die "nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, und zur Abwehr der dem Publiko, oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen"; auch war mit § 6 lit. d) PolVerwG in Preußen die Polizei ermächtigt, "Bestimmungen zur Sicherung der Ordnung und Gesetzlichkeit bei dem öffentlichen Zusammensein einer größeren Anzahl von Personen" festzusetzen. Gemäß § 7 der durch den Polizeipräsidenten von Hinckeldey darauf gestützt erlassenen Polizeiverordnung vom 10. Juli 1851 war die Polizei schließlich befugt, jede öffentliche Theatervorstellung im voraus auf "sicherheits-, sitten-, ordnungs- oder gewerbepolizeiliche Bedenken" zu überprüfen 9 • Die soeben angeführte Polizeiverordnung vom 10. Juli 1851 wurde in der Folgezeit auf das gesamte preußische Staatsgebiet ausgedehnt und bestimmt fürderhin bis 1918 das Verhältnis Theater und Staat bzw. Polizei. Auch das 7 Vgl. hierzu den Beitrag von Everding, Theater und Justiz, NJW 1984, S. 1087 (1089); ferner Opet, Deutsches Theaterrecht, S. 134; Asrnussen, Die Geschichte des Deutschen Theaterrechts, S. 42 ff. M Zensur steht für die Abhängigmachung der Aufführung eines Stückes von der vorherigen Genehmigung einer dafür zuständigen staatlichen Stelle, vgl. von Münch, Freiheit der Kunst, Die Deutsche Bühne 1978, S. 21 (24), wobei der Autor auch den aus aktuelleren Diskussionen bekannten Begriff der "Selbstzensur" kritisch beleuchtet und für widersprüchlich hält; vgl. im übrigen Würkner, Das Bundesverfassungsgericht und die Freiheit der Kunst, S. 19 ff. 9 Vgl. hierzu Würkner (0. Fn. 8), S. 20, m.w.N.
H. Ausgestaltung der Förderung
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PrOVG hat der deutlich einschneidenden Theaterzensur durch die Polizeibehörden in der Zeit der wilhelminischen Ära nur unzureichend Einhalt geboten 10. Mit der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 erfolgte sodann erstmals die Verankerung der Kunstfreiheit in Art. 142 S. 1: "Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei." Mit Art. 118 Abs. 2 WRV war die Theaterzensur aufgehoben, das Zensurverbot schloß allerdings nur eine Vorund Präventivzensur aus. Die weiter bestehende polizeiliche Theateraufsicht führte dazu, daß die öffentlichen Theatervorstellungen durch dabei anwesende Polizeiverwaltungsbeamte überwacht wurden, und dazu von den Theaterunternehme m geeignete Dienstplätze bereitzuhalten waren 11. Unter Berufung auf § 10 11 17 ALR und die darin enthaltene Generalklausel und mit Hinweis auf die Schranken der allgemeinen Gesetze für das in Art. 118 WRV enthaltene Recht, seine Meinung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern, kam das Preußische Oberverwaltungsgericht zu der Ansicht, der Polizei das Recht zuzugestehen, bei Gefahr für die 10 Ebd., S. 21 ff.; auch über die gewerbepolizeiliche Differenzierungsformel vom "höheren Interesse der Kunst" in den §§ 33a, 33b, sowie 55 Nr. 4 GewO a.F. wurden der Exekutive auf Grund der großen Unbestimmtheit des gesetzlichen Ausdrucks erhebliche Regelungsspielräume eingeräumt. Allerdings bestand für die Musiktheater hierdurch keine Einengung, da ihnen ein "höheres Interesse der Kunst" in toto nie abgesprochen wurde. Auch noch bis in die sechziger Jahre wurde die Differenzierung zwischen Theaterunternehmungen, die sich auf die Darbietung von Opern, Operetten und Schauspiel beschränkten und Vorstellungen in Variete-Theatern, Spielhallen und ähnlichen Unternehmungen aufrechterhalten. Seit dem Gesetz zur Änderung des Titels lIder GewO und anderer gewerberechtlicher Vorschriften vom 25.6.1984 (BGB\. I S. 1008 ff.) ist diese Unterscheidung allerdings nicht mehr vorgesehen, vg\. dazu Würkner (0. Fn. 8), S. 25 ff. m.w.N. - Die Theatergründungsfreiheit betreffend bestand ebenfalls mit § 32 GewO a.F. ein Konzessionierungserfordernis, wobei gern. Abs. 2 die Erlaubnis zu versagen war, wenn Zweifel an der Zuverlässigkeit in sittlicher, artistischer oder finanzieller Hinsicht bestanden. Mit § 9 des TheatG vom 15.5.1934 wurde sodann diese Vorschrift ausdrücklich aufgehoben und eine zentrale, auch inhaltlich strikte, staatliche Lenkung durch das TheatG etabliert. Seine Aufhebung erfuhr das TheatG weitgehend durch das Kontrollratsgesetz Nr. 191; der ursprüngliche Rechtszustand wurde damit allerdings nicht wiederhergestellt, so daß die Frage von Theatergründungen - auch gestützt durch die nachfolgend verabschiedeten Verfassungsbestimmungen der Art. 12 und 5 Abs. 3 GG - de facto in den Anwendungsbereich des § I GewO, d.h. der unbeschränkten Gewerbefreiheit überführt worden ist. Zur Gründung eines Theaters sind nunmehr weder wirtschaftliche Zuverlässigkeit noch künstlerische Eignung vorgeschrieben, es herrscht Theatergründungsfreiheit. - Neben den Vorschriften des Theatergesetzes vom 15.5.1934, welche als Ausfluß nationalsozialistischen Gedankenguts ohnehin mit dem Kontrollratsgesetz Nr. 191 für ungültig erklärt worden waren, erfuhren die übrigen Bestimmungen, wie z.B. § 13 Abs. I DVO i.v.m. § 3 Abs. I TheatG (Zulassung war von der Hinterlegung einer Sicherheit abhängig zu machen), in der Folgezeit, zumal nach Erlaß des Grundgesetzes, keine praktische Anwendung mehr. Dies aus der Vorstellung, daß auch Bestimmungen, welche nicht nationalsozialistisches Gedankengut zu enthalten schienen, nicht aus ihrem Zusanunenhang losgelöst betrachtet werden dürfen, und überdies die Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG solchen Gesetzen entgegensteht, vg\. hierzu Rabe, Die Stellung der Theaterunternehmen im Staat, S. 77 ff.; Oppermann, Kul turverwaltungsrecht, S. 455 f. 11
So PrOVGE 76 (1922), 435.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
öffentliche Ruhe, Sicherheit und Ordnung durch Aufführung eines Theaterstücks, gegen die Auffiihrung desselben einzuschreiten. Dabei mußte dies nicht nur aus dem Inhalt des Stückes selbst folgen, sondern konnte auch aus der voraussichtlichen Wirkung der Aufführung hergeleitet werden, wobei die zeitlichen und örtlichen Verhältnisse der Auffiihrung "in Rücksicht zu ziehen" waren 12 • So mußte die in Art. 142 S. 1 WRV zum Ausdrck gebrachte Kunstfreiheit bisweilen weiterhin erhebliche Einschränkungen im Theaterbereich unter Hinweis auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung hinnehmen J3 . In der Zeit des Nationalsozialismus herrschte darautbin, nach Erlaß des Theatergesetzes vom 15. Mai 1934 J4, eine strikte, zentrale und inhaltliche Lenkung des "Kulturstandes", die im Theatergesetz im einzelnen Erläuterung gefunden hatte. So wurde generell die Zulassung zur Veranstaltung von Theaterauffiihrungen wieder von einer Konzession abhängig gemacht (§ 3 TheatG), wobei die politische Zuverlässigkeit eine zentrale Rolle spielte (§ 2 TheatG). Die freie Anstellung von Künstlern konnte beschränkt werden (§ 4 TheatG), und Auffiihrungsverbote waren möglich (§ 5 TheatG). Der gesamte "Kulturstand" erfuhr einen straffen Aufbau mit zentralistischer Lenkung und Überwachung der Mitglieder (§ 5 DVO i.Y.m. § 10 TheatG)J5. In bewußter Abkehr von den Mißständen des nationalsozialistischen Kunstregimes J6 und mit Rückblick auf die entsprechende Normierung in der Weimarer Reichsverfassung - Art. 142 S. 1: "Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei"J7 - lautet es nunmehr in Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes: "Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei." Auch eine ganze Anzahl von Landesverfassungen garantieren die Kunstfreiheit; dies zum Teil mit identischem Wortlaut, aber auch mit von Art. 5 Abs. 3 GG abweichenden Formulierungen. Die vor dem Grundgesetz entstandenen Verfassungen von Bayern (Art. 108), Bremen (Art. 11 Abs. I), Hessen (Art. 10), Rheinland-Pfalz (Art. 9 Abs. 1) und des Saarlandes (Art. 5 Abs. 2) bieten eine ganze Bandbrei12
PrOVGE 78 (1924), 272 (274); vgl. auch Würkner
(0.
Fn. 8), S. 28 ff.
Im Urteil vom 27.9.1923 zum polizeilichen Verbot des Schauspiels "Die Hermannsschlacht" von Heinrich von Kleist auf einer Freilichtbühne überwog allerdings die Achtung vor einem "klassischen deutschen Drama" und einem "großen Kunstwerk", dessen dichterischer Wert jeder Deutsche ohne Unterschied der politischen Gesinnung anerkennen könne. Als ein nicht auf die politischen Verhältnisse der Gegenwart geschriebenes, eben nicht Tendenz-Stück bot es darum im Ergebnis auch keinen Anlaß zu "verbotsweisem Einschreiten", PrOVGE 78 (1924), 272 (274 f.); ferner dazu Hamann, Zur rechtsgeschichtlichen Entwicklung des Verhältnisses von staatlicher Zensur und Kunstfreiheit, VerwArch 75 (1984), S. 15 (29). 14 RGBI. I S. 411. II
Vgl. hierzu auch unten D.I. Vgl. Hamann (0. Fn. 13), S. 15 (33 f.). 17 Der Herrenchiemseer Konvent hatte als Art. 15 Abs. I eine mit Art. 142 Abs. 1 WRV übereinstimmende Formulierung vorgesehen, so bei Würkner (0. Fn. 8), S. 37 f. 15
16
11. Ausgestaltung der Förderung
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te von Gestaltungsmöglichkeiten, wobei das Vorbild der Weimarer Reichsverfassung nicht zu verkennen ist und die verschiedenen Schutzdimensionen der Kunstfreiheit damit bereits zum Teil weitere Ausdifferenzierung erfahren habeniR. Die späteren Verfassungen von Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Berlin verweisen auf Art. 5 Abs. 3 GG; Art. 21 SächsVerf. z.B. - als eine Verfassung der neuen Länder - wiederholt wörtlich die Formulierung des Art. 5 Abs. 3 GG. Das Inkraftbleiben von Landesgrundrechten, die denen des Bundes nicht widersprechen (also nicht unter bundesrechtlichen Standard sinken), ergibt sich nach h.L. aus Art. 31 i.Y.m. Art. 28 Abs. I GG. Art. 142 GG, wonach inhaltsgleiche, nicht "zurückbleibende" Landesgrundrechte in Kraft bleiben, hat deshalb lediglich noch klarstellende Funktion l9 • Soweit die landesverfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantien somit Einengungen enthalten, die der grundgesetzlichen Kunstfreiheitsgarantie widersprechen, kommt Art. 31 GG zur Anwendung, i.e. die unvereinbaren Einengungen werden durch Art. 5 Abs. 3 GG gebrochen. Für die nun vorwiegend interessierende abwehrrechtliche Funktion der Kunstfreiheitsgarantie haben die landesverfassungsrechtlichen Normierungen jedoch im wesentlichen keine gegenüber Art. 5 Abs. 3 GG eigenständige Fortentwicklung genommen, so daß im folgenden auch nicht näher auf sie noch eingegangen werden solfo.
bb) Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG Über Funktion und konkrete Ausgestaltung von Theater ist seit jeher sehr Unterschiedliches geschrieben worden. Man findet Deutungen des Theaters als "moralische Anstalt", "als Schule der praktischen Weisheit, ein Wegweiser durch das bürgerliche Leben, ein unfehlbarer Schlüssel zu den geheimsten Zugängen der menschlichen Seele"21 oder als "Spiegelbild menschlicher WirklichIX Häberle, Die Freiheit der Kunst im Verfassungsstaat, AöR 110 (1985), S. 577 (581 f.). So können mit z.B. Art. 10 HessVerf., wonach niemand in seinem wissenschaftlichen und künstlerischen Schaffen sowie in der Verbreitung seiner Werke gehindert werden darf, "bereits in den frühen Nachkriegsjahren textliche Anhaltspunkte für das (künftige) ,Zweiphasenmodell' des ,Werk'- und ,Wirk'bereichs der Kunstfreiheit erkennbar" sein, so mit Recht Würkner (0. Fn. 8), S. 36 f. 19 So Graf Vitzthum, Die Bedeutung gliedstaatlichen Verfassungsrechts in der Gegenwart, VVDStRL 46 (1988), S. 7 (28 ff.); Schneider, Verfassungsrecht der Länder - Relikt oder Rezept?,DÖV 1987, S. 749 (752 f. und passim); ebenso bereits Erbel, Inhalt und Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie, S. 136 ff. 20 Vgl. Würkner (0. Fn. 8), S. 36 f.; Erbe! (0. Fn. 19), S. 140 führt jedoch noch Art. 10 Abs. 1,2. Alt. RhPNerf., Art. 10, 18 HessVerf. und Art. 5 Abs. 4 SaarlVerf. als partiell zu derogierende an. 21 So Schiller, Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet, in: Schillers Werke, Bd. XIII, S. 85 (90).
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
keit", als "subventionierte Opposition" oder schlicht als "Lebenshilfe"22. So stellt sich auch auf verfassungsrechtlicher Ebene die Frage, ob denn alle etwaigen Ausforrnungen und Richtungen des (Musik-)Theaterschaffens von der Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG mitumfaßt sind, ob es nicht vielmehr vielleicht sogar eine Grenze, eine beachtliche Trennlinie zwischen Liberalität und Libertinage 23 in dieser Hinsicht gibt, so daß Kunst im Sinne des Grundgesetzes z.B. lediglich als das "selbstzwecklich Schöne" zu verstehen wäre24 . (I) Schutzgegenstand, der verfassungsrechtliche Kunstbegriff Das Grundgesetz als eine "punktuelle Zusammenschau einzelner Grundsätze und -züge der Gesamtordnung des Gemeinwesens"25 bzw. als "offene Ordnung"26 erlangt seine Geltung maßgeblich durch das Bundesverfassungsgericht als "maßgeblichen Interpreten und Hüter der Verfassung,m. So gilt "das Grundgesetz ... nunmehr praktisch so, wie das Bundesverfassungsgericht es auslegt"28. Bei der Frage nach dem verfassungsrechtlichen Kunstbegriff sieht sich jedoch das Bundesverfassungsgericht vor dem grundlegenden Dilemma der "Unmöglichkeit, Kunst generell zu definieren"29. Gleichwohl muß Kunst definiert werden, will sie auch von Verfassungs wegen Schutz finden 30 . Gesucht 22
Zu finden bei Rettich/Späth, Kunstkonzeption des Landes Baden-Württemberg, S. 21.
23
Vgl. hierzu Sendler, Liberalität oder Libertinage?, NJW 1993, S. 2157 f.
Vgl. Perpeet, Das Problem des Kunstschönen, in: FS für Lützeler, S. 161 (166 ff.) mit beachtlichen Leitsätzen zum Phänomen des Schönen, z.B. in Leitsatz I: "Es ist etwas Augenblickliches, ein momentaner Ausgleich von Kraft und Klarheit, von Ernsthaftem und Spielerischem." 24
25
So Hesse, Verfassung und Verfassungsrecht, in: HdbVR, S. 3 (8).
26
Vgl. BVerfGE 50, 290 (336 ff., 338).
27
So BVerfGE 40, 88 (93 f.); 62, I (38 f.).
2R SO lautet ein vielzitierter Ausspruch Smends, welcher diesen in seinem Festvortrag zur Feier des sechzehnjährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts am 26.1.1962 angefiihrt hatte, zu finden bei Würkner (0. Fn. 8), S. 2 m.w.N.; vgl. auch Böckenforde, Zur Lage der Grundrechtsdogmatik nach 40 Jahren Grundgesetz, S. 9 (69) ausgehend von der Vorstellung der Grundrechte als "Prinzipiennormen mit Optirnierungstendenz"; so allerdings bereits Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 75 f. - Art. 5 Abs. 3 GG wird von Alexy (ebd., S. 122 ff.) allerdings unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht eingefiihrten "Schrankenklausel" fiir Eingriffe zur Erfiillung "gegenläufiger Prinzipien" von Verfassungsrang als sog. "Grundrechtsnorm mit Doppelcharakter" - nämlich Regel und Prinzip verkörpernd - bezeichnet. 29 So BVerfGE 67, 213 (225). 30 Die vor allem von Knies, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, S. 217 ff. postulierte Zurückhaltung als "Definitionsverbot" im "material-qualitativen Sinne" bezieht sich mehr auf den Sachverhalt einer künstlerischen "Niveaukontrolle" an qualitativen Maßstäben. Auch er weist so auf einen "technisch-formalen" Begriff beim staatlich unternommenen Definitionsversuch von Kunst. - Das BVerwG (E 39, 197 ff.) fordert hingegen von einem Werk, das Jugendschutzbelangen vorgehen soll, "ein bestimmtes Maß an künstlerischem Niveau".
II. Ausgestaltung der Förderung
97
ist deshalb ein "rechtlicher Zweckbegriff', welcher nicht eine ontologische oder wertphilosophische Bestimmung des "Wesens" von Kunst versucht, sondern vielmehr eine Gestalt besitzt, an welcher die juristische Subsumtion sinnvoll anknüpfen kann 3 !. So hat der vom Bundesverfassungsgericht im sog. "Mephisto"-Beschluß gebildete Begriff von Kunst auch weithin Anerkennung gefunden. Demnach ist das "Wesentliche der künstlerischen Betätigung ... die freie schöpfereische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Alle künstlerische Tätigkeit ist ein Ineinander von bewußten und unbewußten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers.'7
Vgl. Starck, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Art. 5 Abs. 3 Rn. 182. BVerfGE 81, 108 (\ 16).
"" Schatz, in: Maunz / Dürig, Art. 5 Abs. 3 Rn. 40 m.w.N.; ferner Starck (0. Fn. 66), Art. 5 Abs. 3 Rn. 198; Knies, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, S. 227; Erbei, Inhalt und Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie, S. 177 f.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Angesprochen sind damit besonders der status negativus sowie der status positivus des ,,3-Ebenen-Modells"69. Aus dem status passivus, der objektivrechtlichen Verbürgung des autonomen und eigengesetzlichen Lebensbereichs "Kunst", folgt jedoch auch für den Bereich des status positivus eine Einschränkung der staatlichen Handlungsfreiheit. Denn wenn der Staat seinem objektivrechtlichen, kulturstaatlichen Kulturförderauftrag nachkommt und die "freie" Kunst fördert, ist er selbst nicht ganz freC°. Er ist vielmehr gehalten, den Eigenwert und die Unverfügbarkeit von Kunst zu respektieren, so daß Achtung und Wahrung der Eigengesetzlichkeit zum obersten Grundsatz öffentlicher Kunstförderung werden 71 . Dabei bedeutet Eigengesetzlichkeit, daß Kunst allein nach "kunstimmanenten" Determinanten entsteht und sich jeder außerkünstlerischen, und damit auch juristischen Wertung für ihre Enstehung entzieht. Sie vollzieht sich nach normativ nicht faßbaren Gesetzlichkeiten und Maßstäben 72 • Der Eigengesetzlichkeit und Autonomie der Kunst im Staat entspricht sodann die Neutralität als Kehrseite für das Verhältnis des Staates zur Kunst; er ist angehalten zur "Nicht-Identifikation"73. Untersagt ist ihm deshalb, die Kunst zur "Provinz des Staates"74 zu machen und sie, wie in totalitären Systemen, als ideologisch gesteuerte Staatskunst zuinstrumentalisieren 75 . So darf die Wahrnehmung staatlicher Kulturverantwortung nicht aus einer verbindlichen materieBen Kunst- und Kulturidee oder -ideologie heraus erfolgen 76 . Gemeint ist mit dem Neutralitätsgebot auf der anderen Seite aber auch nicht ein "noli me tangere", sondern stattdessen die "Hineinnahme" autonomer Materien wie der Kunst in die Welt des Staatlichen in "neutraler Solidarität"77. DarZum status positivus vgl. oben B.I.2.a)cc)(I). Vgl. Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, S. 76. Die Theater als Bestandteile der Vorsorgeverwaltung sind selbst zumeist gesetzesfreie Leistungen, welche die Verwaltungsträger in der Regel unmittelbar aufgrund des Haushaltsplans und durch die Vorhaltung von Anstalten erbringen, vgl. WoljJlBachof, Verwaltungsrecht III, S. 185, 189; gleichwohl unterliegt der kunstfördemde Staat auch hier den allgemeinen Bindungen der Grundrechte, Art. lAbs. 3 GG, vgl. Mihatsch, ebd., S. 76. 71 So Evers, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, NJW 1983, S. 2161; Heckei, Staat, Kirche, Kunst, S. 98; Mihatsch (0. Fn. 70), S. 80. n Heckel (0. Fn. 71), S. 100; Hufen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, S. 180; Schlaich, Neutralität als verfassungsrechtliches Prinzip, S. 85; zu Aussagen der Kunstsoziologie und Ästhetik zum Ablauf künstlerischer Prozesse Hufen, ebd., S. 236 ff. 73 Grundlegend dazu Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 178 ff.; im übrigen Mihatsch (0. Fn. 70), S. 82 f. 74 Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 15. 75 Vgl. unten c.I. und D.I. 69
70
76 Vgl. Steiner, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, VVDStRL 42 (1984), S. 7 (29); Mihatsch (0. Fn. 70), S. 80. 77 Heckei, Staat, Kirche, Kunst, S. 138; Schia ich (0. Fn. 72), S. 259; Mihatsch (0. Fn. 70), S. 84 f.; im übrigen für "Pluralität", "Offenheit" und "Vielfalt" als verfassungsrechtliches
11. Ausgestaltung der Förderung
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aus folgt, daß der Staat nur aus die Eigengesetzlichkeit der Kunst respektierenden Erwägungen heraus zu Auswahlentscheidungen und Qualitätsurteilen kommen darf, hingegen "fremdbestimmte" Zielvorgaben keine Rolle spielen dürfen. Das bedeutet aber auch, daß aus dem Gebot des Art. 5 Abs. 3 GG zur Wahrung der Eigengesetzlichkeit der Kunst nicht nur negativ die Respektierung, sondern positiv auch die Optimierung eigengesetzlicher Prozesse der Kunst folgt. Der verfassungsrechtliche Schutz soll gewährleisten, daß Kunst eigengesetzlich ablaufen kann 78 • So entwickelt die objektivrechtliche Kompqnente des Art. 5 Abs. 3 GG zur Verbürgung des autonomen und eigengesetzlichen Lebensbereichs "Kunst" (status passivus) neben einer zusätzlichen Garantie für einen Freiraum der Kunst insbesondere einen Auftrag zu freiheitsoptimierender Gestaltung von Organisation und Verfahren bei der Kunstförderung 79 • Eine Möglichkeit dazu bestünde - wie es ohnehin auch schon Usus ist - in der Beteiligung von Sachverständigen und Künstlern bei der Vergabe von Fördermitteln durch öffentliche Entscheidungsträger. Beim Theater sind Elemente fachlicher Dezentralisierung und Delegation ästhetischer Bewertungen mit der Einsetzung von Intendanten dem Prinzip nach bereits seit langem bekannt80 • Allgemein sollen organisatorische Maßnahmen des Staates im Bereich künstlerischer Betätigung eben diese fördern, das gedeihliche Zusammenwirken mehrer Grundrechtsträger ermöglichen und grundsätzlich einen institutionellen Rahmen für effektive Tätigkeit schaffen. In ganz der Schaffung von Kunst gewidmeten Institutionen, wie Opernhäusern, Theatern, Museen, Orchestern etc., geht es nicht ohne Organisation der Kunst schaffenden bzw. vermittelnden Tätigkeiten. Durch Organisationsmaßnahmen des Trägers werden dabei den einzelnen Personen Funktionen zugewiesen, weIche damit zugleich den Umfang der Kunstfreiheit des einzelnen Künstlers im Rahmen der Anstaltsverfassung festlegen 81 • Gebot aus Art. 5 Abs. 3 GG Heckei, ebd., S. 99; Hufen, Gegenwartsfragen des Kulturföderalismus, BayVBI. 1985, S. I (6); Häberle, Verfassung als öffentlicher Prozeß - ein Pluralismuskonzept, in: ders., Verfassung als öffentlicher Prozeß, S. 121 (142). ]X
Hufen (0. Fn. 72), S. 180; Mihatsch (0. Fn. 70), S. 80.
79 Vgl. Mihatsch (0. Fn. 70), S. 85; Hufen (0. Fn. 72), S. 549 ff.; Starck (0. Fn. 66), Art.
5 Abs. 3 Rn. 184, 196; dazu auch Repkewitz, Nochmals: Zur Verwaltung großer Bühneninstutute, VerwArch 81 (1990), S. 578 (581); Hewig, Künstlerische Regiebetriebe der öffentlichen Hand und die verfassungsrechtliche Kunstfreiheitsgarantie, BayVBI. 1977, S. 37 (40) für den Bereich der institutionalisierten Theaterförderung. RO Vgl. Hufen (0. Fn. 72), S. 550 f.; die Theaterförderung zeigt dabei keine Fonnen der Einschaltung von zusätzlichen sog. nichtstaatlichen Instanzen, sie zeigt diesbezüglich die Merkmale einer klassischen, staats- bzw. kommunal unmittelbaren Vergabepraxis, so Mihatsch (0. Fn. 70), S. 169 f. XI Dazu BVerwGE 62, 55 (64); Ossenbühl, Mitbestimmung in der Kunst, S. 785 (786 f., 788); Sta/'ck (0. Fn. 66), Art. 5 Abs. 3 Rn. 196.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Dabei können grundsätzlich sowohl monokratische als auch kollegiale Leitungsmodelle, wie die herrschende Intendantenverfassung oder auch eine kollegiale Spitze, im Einklang mit der Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG stehen. Für den einzelnen folgt schließlich daraus, da organisatorische Maßnahmen oft nicht zufriedenstellend von Eingriffen abgegrenzt werden können, ein Anspruch auf Unterlassung grundsätzlich freiheitsfeindlicher Organisation82 . Abzustellen ist dabei vor allem auf den jeweiligen Einzelfall einer potentiellen Bedrohung unter Berücksichtigung des konkret gewählten Ablaufs zur Schaffung und Verbreitung des gesamten Kunstwerks. Keinesfalls folgt für den einzelnen daraus jedoch positiv ein Anspruch auf jeweils "optimale organisatorische Umhegung seiner Freiheit"83.
cc) Schranken des Art. 5 Abs. 3 GG Auf die Schranken der Kunstfreiheit soll nur kurz eingegangen werden anhand des sog. "Mutzenbacher"-Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 27. November 199084 . In dieser Entscheidung wird die in der bisherigen Rechtsprechung für maßgeblich erachtete unmittelbare Verfassungsgüterabwägung im Einzelfall fortgeschrieben und weiter ausgeführt: Demnach ist ein Eingriff in den Schutzbereich, eine Einschränkung der Kunstfreiheit nur zulässig, wenns> I. Grundrechte Dritter, Verfassungsbestimmungen sonstiger Art respektive andere konkret verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter (d.h. keine formelhafte, pauschale Berufung auf den "Schutz der Verfassung" oder z.B. die "Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege") tangiert sind, 2. diese Beeinträchtigung schwerwiegend ist, d.h. keine Bagatellbeeinträchtigung bzw. bloße Möglichkeit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung darstellt (Kriterium aus dem Beschluß zum Anachronistischen Zug, betreffend das Persönlichkeitsrecht)86, wobei 3. das kollisionslösende Verfahren in einem Ausgleich der widerstreitenden Belange besteht (Idealtypus: Grundrechtsoptimierung durch das Prinzip der praktischen Konkordanz) und insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Beachtung findet, mit anderen Worten ein verhältnismäßiger Ausgleich der gegenläufigen, verfassungsrechtlich geschützten Interessen mit dem Ziele ihrer Optimierung geschaffen wird, Starck (0. Fn. 66), Art. 5 Abs. 3 Rn. 184. ,) Ebd., Art. 5 Abs. 3 Rn. 184.
'2
'4 BVerfGE 83, 130 ff. " Die folgende Systematik stammt von Würkner, Das Bundesverfassungsgericht und die Freiheit der Kunst, S. 108. Ho BVerfGE 67, 213 (228).
H. Ausgestaltung der Förderung
107
4. und hierfür auch der Grad der Außenwirkung (der umstrittenen Handlung) sowie die Stärke des Kunstbezuges im Abwägungsvorgang - hier: bei der Gewichtung der verfasssungsrechtlich geschützten Belange - Berücksichtigung finden (Kriterien aus dem Beschluß zum Herrnburger Bericht)87, 5. es sei denn, daß ein Eingriff in die Menschenwürde vorliegt, die als (oberste) verfassungsimmanente Schranke absolut - d.h. ohne die Möglichkeit eines Güterausgleichs - wirkt (Kriterium aus dem "Karikatur"-Beschluß, betreffend den Kern menschlicher Ehre)88. So können lediglich Grundrechte und sonst verfassungs bewehrte Güter zu einer Beschränkung der - schrankenlos formulierten - Kunstfreiheit fuhren, was es im Einzelfall konkret herauszuarbeiten gilt bei anschließend in der Regel verhältnismäßiger Abwägung und schonendem Ausgleich. Die Gewichtung der Kunstfreiheit bei solcher Abwägung erfolgt nach grundrechts bezogenen und grundrechtgebotenen Gesichtspunkten, wie z.B. werkgerechte Interpretation oder auch die sog. "Drittanerkennung", nämlich Ansehen und Wertschätzung bei Publikum, Kritik und Wissenschaft89 . Aber auch die Stärke des Kunstbezugs der umstrittenen Handlung kann zur Gewichtung der Kunstfreiheit herangezogen werden 90 . Gleichzeitig gilt es bei der Abwägung zu beachten, daß nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts das Menschenbild des Grundgesetzes auch durch die Kunstfreiheit mitgeprägt wird, wie diese selbst gleichzeitig natürlich auch von den Wertvorstellungen der Menschenwürdegarantie beeinftußt wird 91 . Schließlich noch ein paar Worte zur Einschränkbarkeit der Kunstfreiheit durch das "Sittengesetz". Im Gegensatz zur mittlerweile deutlichen Tendenz des Bundesverfassungsgerichts, eine eventuelle "ethisch-immanente" Beschränkung der Kunstfreiheit an Art. I Abs. I GG, dem Menschenbild des Grundgesetzes, festzumachen 92 , bemühte sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem "Sünderin"-Urteil, das ,,sittengesetz" (als grundlegende Anschauungen über die ethische Gebundenheit des einzelnen in der Gemeinschaft) als Schranke zu etablieren93 . Diese Absicht steht allerdings in direktem Gegensatz zur bisherigen .7
BVerfGE 77,240 (254 f.).
xx BVerfDE 75, 369 (380). X9 BVerfDE 83, 130 (147 f.); kritisch dazu Denninger (0. Fn. 60), S. 847 (850) mit dem Vorwurf, daß auch mit dem Urteil von Sachverständigen die Gefahr des "ästhetischen Subjektivismus" nicht gebannt sei. - Zum Kriterium einer werkgerechten Interpretation Rascher, Werktreue und Werkqualität von Bühneninszenierungen aus der Sicht der Analytischen Theaterwissenschaft, UFITA 117, S. 21 ff., dabei jedoch auf die ästhetische Eigenart und Autonomie sowohl von (textlicher) Vorgabe als auch Inszenierung hinweisend. 90 Vgl. BVerfDE 77, 240 (254 f.). 91 BVerfDE 30, 173 (193,195); 83, 130 (143). 92
So vor allem BVerfGE 83, 130 (143).
93
BVerwGE 1,303 (307); ähnlich auch Schotz
(0.
Fn. 68), Art. 5 Abs. 3 Rn. 61 m.w.N.,
108
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts seit dem "Mephisto"-Beschluß, wonach sowohl die Kunstfreiheit nicht durch das Sittengesetz i.S.d. Art. 2 Abs. I GG beschränk bar ist, als auch die Schrankentrias des Art. 2 Abs. I GG als ganzes nicht zur Interpretation des Art. 5 Abs. 3 GG - der Kunstfreiheit als Auslegungsregel mit herangezogen werden darf4 • b) Kunstfreiheit für das Musiktheater
Nach Absteckung des "nonnativen Grundmusters" soll jetzt ein Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse zu einer "Feinabstimmung" der Kunstfreiheitsgarantie beim Musiktheater führen. Die Musiktheater in Deutschland werden ganz überwiegend von der öffentlichen Hand (Länder, Kommunen) getragen 95 • Sie weisen dabei unterschiedliche Rechtsfonnen auf\ wobei die Betriebsfonnen des (verselbständigten) Regiebetriebs und der GmbH - in dieser Reihenfolgeam häufigsten Verwendung finden 97 • Die Regiebetriebe sind dabei - wie bereits ausgeführt - organisatorisch verselbständigte Verwaltungseinheiten, die als nicht-rechtsfähige öffentliche Anstalten eines Landes oder einer Gemeinde und dem für die kulturellen Angelegenheiten zuständigen Ressort des Trägers nachgeordnet als Teile der unmittelbaren Verwaltung des Trägers gelten98 • Der Rechtsträger bestellt zur Verwaltung des Betriebs zumeist einen. Leiter, den er beaufsichtigt und über den er mit sachlichen Weisungen - soweit dies möglich ist - Einfluß nimmt99 • Für die Wirtschaftsführung der Regietheater gelten die Vorschriften der Landeshaushaltsordnungen und der Gemeindehaushaltsverordnungen JO o. der die Erwähnung des "Sittengesetzes" in Art. 2 Abs. I GG eher deklaratorisch, denn schrankenrechtlich-konstitutiv erachtet und damit zu einer ethisch-immanenten Beschränkung auch der Kunstfreiheit gelangt. 94
BVerfDE 30, 173 (192 f.); 67, 213 (228); 83, 130 (139).
95 Dabei spielen die kommunalen Ausgaben für die Kultur auch eine wesentliche Rolle bei der Allokation von Führungskräften und Unternehmen(sniederlassungen). Musiktheater wird so mitunter auch zu einem "Produktivfaktor", für den Stadtstaat Hamburg so zu finden bei F ohrbeck I Wiesand, Von der Industriegesellschaft zur Kulturgesellschaft? , S. 77. 90 Vgl. oben A.IU. 97 So auch bei Stein, Wirtschaftsplanung und -kontrolle öffentlicher Theater in der Bundesrepublik Deutschland - Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, S. 16 ff.
9' WollTI Bacho(1 Stobe,., Verwaltungsrecht 11, S. 308 f.; Püttner, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 14 ff.; Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 447 (450). 99 Hewig, Künstlerische Regiebetriebe der öffentlichen Hand und die verfassungsrechtliche Kunstfreiheitsgarantie, BayVBI. 1977, S. 37.
100 Vgl. Oppermann (0. Fn. 98), S. 447 (450); Stein (0. Fn. 97), S. 17: Für die Länder gilt mit den LHOen ein weitgehend vereinheitlichtes Haushaltsrecht; die gemeindewirtschaftlich bedeutsamen Teile der Gemeindeordnungen sowie die Gemeindehaushaltsverordnungen erfuhren durch haushaltsreformerische Maßnahmen von Bund und Ländern ebenfalls eine wesentliche Angleichung; gleichwohl ist jedoch die Anwendbarkeit des Eigenbetriebsrechts nicht
H. Ausgestaltung der Förderung
109
Zuweilen bedienen sich die öffentlichen Träger zur kulturel1en Daseinsvorsorge wie erwähnt auch selbständiger Formen des privaten Rechts (GmbH, AG, e.Y.). Die staatlich oder kommunal getragenen Theater werden deshalb in nicht unwesentlicher Anzahl mittlerweile auch in der Rechtsform einer GmbH betrieben. Trotz der rechtlichen Auslagerung von Verwaltungstätigkeit behalten die öffentlichen Träger zumeist jedoch Einfluß auf die Theater durch Mitsprache in den diversen Organen der Gesellschaft, welche vom Umfang im wesentlichen der kapitalmäßigen Teilhabe des öffentlichen Trägers an der Gesellschaft entspricht 101 • Die privatrechtlich betriebenen Theater besitzen al1esamt sehr oft ebenfal1s eine monokratische Leitungsstruktur mit einem Geschäftsführer oder Vorstand an der Spitze 102 • Diesen äußeren Gesel1schafts- bzw. Betriebsmustern entspricht auch sehr weitgehend die tatsächliche, theaterspezifische Organisation der Theaterleitung. So ist nach wie vor vorherrschendes Muster der inneren Organisation der Theater die sog. Intendantenverfassung, bei der der Intendant alleine die Gesamtleitung des Theaters innehat. Zuweilen werden aber auch der kaufmännische Direktor bzw. der Generalmusikdirektor an der Leitung beteiligt 103 . Diese Verhältnisse legen es nahe, bei der Untersuchung über mögliche Gefahrdungen der Kunstfreiheit für das Musiktheater in Sonderheit die Rolle und Person des Theaterintendanten zu untersuchen, dabei vorerst gewissermaßen auch stellvertretend für Berechtigungen der im Theater sonst beschäftigten künstlerischen Mitarbeiter sowie wohl auch des Theaters selbst. in allen Ländern fiir die kommunalen Theater vorgesehen. Demnach ist sie zulässig Z.B. nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 EigBG i.Y.m. § 102 Abs. 3 GO BW, § 88 Abs. 2 GO NW, § 101 Abs. 2 GO SchlH; Bayern z.B. enthält in Art. 89 ff. GO jedoch keine Regelungen, die auf Theater angewendet werden könnten, wie auch § 85 Abs. 2 Satz 3 Nr. I GO RhPf die Theater ausdrücklich von der Anwendung des Eigenbetriebsrechts ausnimmt. 101 Gesellschaften, deren Kapital gänzlich von Trägem' öffentlicher Verwaltung gehalten wird, sind sog. "Eigengesellschaften", so bei Becker, Zur Struktur der deutschen Verwaltung, in: Becker/Graf Vitzthum, Grundfragen der Verwaltungsorganisation, S. I (38 ff.); vgl. im übrigen Stein (0. Fn. 97), S. 22 ff.; Oppermann (0. Fn. 98), S. 447 (450); Hewig (0. Fn. 99), S. 37. - Mit Recht stellt Dünnwald, Die Rechtsstellung des Theaterintendanten, S. 38 heraus, daß im Falle, daß eine selbständige Person des öffentlichen oder privaten Rechts (z.B. Zweckverband oder GmbH) mit der Führung des Theaters betraut wurde, nur allein diese der rechtliche Träger sei, mögen auch die in dieser juristischen Person organisierten Körperschaften die wirtschaftlichen Träger sein. 102
Vgl. §§ 26 ff. BGB; §§ 76 ff. AktG; §§ 35 ff. GmbHG.
So bei Oppermann (0. Fn. 98), S. 447 (451 f.); einer Erhebung zufolge, welche im Jahre 1982 von Stein durchgefiihrt wurde, ergab sich ftir die Organisation der damals befragten westdeutschen Theater, daß in 62% aller Fälle die Theaterleitung insgesamt vom Intendanten alleine, in 25% der Fälle auch gemeinschaftlich mit dem kaufmännischen Leiter und schließlich bei 5% der Theater neben dem kaufmännischen Leiter bisweilen auch unter Hinzuziehung des Generalmusikdirektors betrieben wurde; bei spezifischen Fragen der Wirtschaftsführung wiederum waren die Intendanten zu 70% beteiligt, so Stein (0. Fn. 97), S. 3\ f. 103
110
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Die Förderung der öffentlich getragenen Musiktheater ist ein Beispiel "etat istischer Förderung"I04 bzw. "klassischer, staats- bzw. kommunal-unmittelbarer Vergabepraxis"105. Aus diesem Grund spielen auch jeweilige Haushaltsgestaltung und -vollzug der Trägerkörperschaft eine zentrale Rolle 106 . So können vor allem folgende charakteristischen Spannungs lagen oder Konstellationen einer möglichen Bedrohung der Kunstfreiheit des Theaterintendanten unterschieden werden: Hauptsächlich von Bedeutung ist wohl das Verhältnis von Intendant und Träger bzw. dessen handelnden Organen. Darüber hinaus sind aber auch Ingerenzen, welche durch die Arbeit der Rechnungshöfe drohen, beachtlich.
aa) Intendant und öffentlicher Träger Für das Verhältnis des Intendanten zum Träger des Theaters erlangen sowohl der status negativus, das Abwehrrecht, als auch der status passivus, die objektivrechtliche Verbürgung zugunsten des autonomen Lebensbereichs "Kunst", der in Art. 5 Abs. 3 GG niedergelegten Kunstfreiheit Bedeutung. (I) Grundlegendes Modelle, welche statt der Gesamtverantwortung eines (General-)Intendanten eine Erweiterung der Führungsinstanzen auf ein gleichberechtigtes Direktorium - mit Varianten im einzelnen - vorsehen lO7 , sollen der Typik halber zunächst außen vor bleiben, wie auch die genaueren Verhältnisse bei öffentlichen Mehrträgerschaften nicht im Vordergrund der Erläuterungen stehen werden 108. Die Verwaltungszuständigkeit für die öffentlichen Theater liegt auf Landesebene unabhängig von der Rechtsform bei dem - zumeist unter anderem - für 104
Höfling, Zur hoheitlichen Kunstförderung, DÖV 1985, S. 387 (391).
Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, S. 169 f.; die unmittelbare öffentliche Förderung umfaßt dabei neben direkten finanziellen Zuschüssen ebenso die Gewährung von Darlehen, die Übernahme von Bürgschaften, auch die Lieferung von Bühnenausstattungen; mittelbare staatliche Förderung umschreibt hingegen etwa die Gewährung von Steuervergünstigungen - so z.B. §§ 4 und 12 Abs. 2 UStG (1973), dazu BVerfGE 36, 321 ff., die Stiftungsförderung - so nach dem Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz (BGBI. 1990 I S. 2775 ff.), oder auch Absatzgarantien, wie z.B. die Unterstützung von Besucherorganisationen, vgl. dazu bei Rabe, Die Stellung der Theaterunternehmen im Staat, S. 96 f. 105
106 Über den Haushaltsplan als Rechtsgrundlage für die Leistungsverwaltung vgl. z.B. Mande/artz, Das Zusammenwirken von Parlament und Regierung beim Haushaltsvollzug, S. 74 ff.; Wo/tri Bachof, Verwaltungsrecht 111, S. 188. 107 Vgl. hierzu Bahn, Das subventionierte Theater der Bundesrepublik Deutschland, S. 144 ff. m.w.N.; ansonsten sind auch Opern- und Schauspieldirektoren als Vertreter des Intendanten im Opern- bzw. Schauspielbereich zumeist noch einem (General-)Intendanten unterstellt, so Dünnwa/d (0. Fn. 101), S. 32 f. 10'
Vgl. Stein (0. Fn. 97), S. 13 m.w.N.
11. Ausgestaltung der Förderung
111
Kunst zuständigen Ressort, auf kommunaler Ebene sind für Theater zuständig je nach Größe und Organisationsstruktur der Gmeinde der Leiter der Kulturabteilung (Kulturamt, Kulturdezernat, Kulturreferat) oder der Bürgermeister direkt. Von zentraler Bedeutung für die Wirtschafts- und Finanzverwaltung der Theater ist in der Regel der jeweilige Haushalt der Trägerkörperschaft. Die vorwiegend vertretenen, nach dem sog. Bruttoprinzip lo9 geführten Regiebetriebe auf Landes- und kommunaler Ebene werden - ohne eigene Etathoheit - unmittelbar über den allgemeinen Haushalt finanziert. Auf seiten des Trägers mit dem Haushaltswesen befaßt sind zunächst einmal die parlamentarischen Vertretungen, wie Landesparlamente und Gemeindevertretungen llO , sowie deren Kultur-, Finanz- oder Haushaltsausschüsse. Die Verwaltung gewinnt bei der Haushaltsführung durch das jeweils für Kunst bzw. Finanzen zuständige Landesministerium, im kommunalen Bereich durch den Bürgermeister / Gemeindedirektor mit Kulturamt und Kämmerei - je nach Bundesland und Größe divergieren die entsprechenden Bezeichnungen 111 - oder bei größeren Städten auch durch den Kultur- bzw. Finanzreferenten oder Kulturbzw. Finanzdezernenten Bedeutung 112. Je nach Organisation der Verwaltung sind ferner separat noch Bauämter, Organisationsämter sowie Personal ämter u.u. von Gewicht ll3 . So ist in der Regel die Hauptaufgabe und Verantwortung des theaterleitenden Intendanten zwar vor allem eine künstlerische, aber nicht nur eine solche, sondern daneben nicht unbedingt sehr viel weniger bedeutsam auch eine wirtschaftliche, die ebenso vor der Öffentlichkeit und vor zuständigen staatlichen oder kommunalen Stellen vertreten werden muß. Für zweiteres erfährt der Intendant zwar zumeist die hilfreiche Unterstützung der (hausinternen) Verwaltung l14 , gleichwohl ist aber mit Recht die hierbei immer zu bewerkstelligende 109 Vgl. WolfJlBachof, Verwaltungsrecht III, S. 420 f., 443 mit Verweis auf §§ 12 I 1,20 I HGrG und 7 11, 14 GemHVO NW. 110 Die genauen Bezeichnungen variieren je nach Bundesland; so sind z.B. eingeführt Gemeinde- bzw. Stadtrat in Baden-Württemberg, Bayern, Saarland und in Rheinland-Pfalz etwa, in Hessen als Gegenbeispiel Gemeinderat bzw. Stadtverordnetenversammlung, vgl. dazu Stein (0. Fn. 97), S. 14. 111 Zu den wiederum länderspezifischen Organisationsstrukturen und Amtsbezeichnungen vgl. Stein (0. Fn. 97), S. 15 m.w.N. 112 Zur Prüfung durch Landesrechnungshöfe und Rechnungsprüfungsämter vgl. unten B.II.l.b) bb).
113
Vgl. zum ganzen Stein (0. Fn. 97), S. 14 f.
Manche Organisationspläne für die innere Struktur der Theater sehen darüber hinaus - wie erwähnt - neben einem künstlerischen Leiter, welcher für die theaterinternen Probleme der Leistungserstellung verantwortlich ist, noch einen wirtschaftlichen Leiter als gleichgeordnete Führungsposition vor, welcher fur die Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung und die Beziehung zu den Märkten Verantwortung trägt, so Harth, Publikum und Finanzen der Theater, S. 220 f.; vgl. ferner Dünnwald, Ein Wirtschaftsunternehmen, das Kunst produziert: Wo die Theater-Millionen bleiben - erläutert am Beispiel Bremen, in: Die Deutsche Bühne 10/1978, S. 11 ff. 114
112
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Integration von künstlerischen, technischen und wirtschaftlichen Erfordernissen im Theater als "künstlerische Leistung eigener Art" bezeichnet worden 115. Die in den meisten Fällen der Regietheater oftmals - in unterschiedlichen Graden - anzutreffende starke Verwobenheit mit der allgemeinen Verwaltung läßt ferner eine geradezu kongeniale Besetzung auf seiten der jeweiligen Partner in der KulturverwaItung des öffentlichen Trägers als besonders wünschenswert erscheinen l16 . Denn die Reichweite der Entscheidungen eines städtischen Kulturdezernenten oder der örtlichen Kulturausschüsse auf die konkreten künstlerisch-ästhetischen Ausformungen der Theaterarbeit sind u.U. von erheblicher Tragweite. Inwieweit und in welcher Form sich hier Bewertungskompetenz der hier (formal) leistenden VerwaItung 117 und gleichzeitige Gebundenheit durch den status passivus der Kunstfreiheit zu einem Ausgleich bringen lassen, soll nachher im einzelnen näher geklärt werden. Eine wesentliche "Plattform" dieser Spannungen stellt auch die Ausgestaltung des privatrechtlichen Dienstverhältnisses zwischen Intendant und Träger dar 118. Dabei sind privatrechtlich begründet sowohl ein Anstellungsverhältnis in Form eines Dienstvertrags zwischen Intendant und privatrechtlich - als GmbH oder AG z.B. - betriebener Bühne, als auch ein Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst, letzteres dabei auch ungeachtet seiner materiellen Annäherung an das Beamtenreche l9 . Trotz der privatrechtlichen Rechtssphäre steht die Geltung der Grundrechte, in Sonderheit des Art. 5 Abs. 3 GG, in diesem Fall nicht außer Zweifel. Zur Begründung werden zweierlei Wege beschritten: zum einen über die Lehre von der Fiskalgeltung der Grundrechte, wonach zumindest für den Bereich des sog. "VerwaItungsprivatrechts"120 - ein Trä115 So Hecker I Kluge, Kulturpolitik und Ausgabenkontrolle, S. 155; Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 447 (452).
"" Vgl. Oppermann (0. Fn. 115), S. 447 (451). Für eine klare Bewertungskompetenz der kunstfOrdernden Verwaltung Scholz, in: Maunz I Dürig, Art. 5 Abs. 3 Rn. 40, 79; kritisch dazu jedoch Hufen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, S. 549 f. 117
"' Beamtete Bühnenleiter sind dem deutschen Theater unbekannt, so Kunig, Bühnenleiter und Kunstfreiheitsgarantie, DÖV 1982, S. 765 (766); demnach kommen Einschränkungen in bezug auf die Grundrechtsgeltung durch ein etwa bestehendes "besonderes Gewaltverhältnis" von vornherein nicht in Betracht, vgl. zur Grundrechtsbindung in besonderen Gewaltverhältnissen Stern, Staatsrecht, Bd. III/ I, S. 1376 (1393) m.w.N. 119 Vgl. Kunig (0. Fn. 118), S. 765 (766) m.w.N.; eine Betrachtung der angenommenen Zugehörigkeit der Theaterbediensteten zum öffentlichen Dienst im weiteren Sinne unter dem Blickwinkel des Art. 5 Abs. 3 GG führt Dünnwald - zumindest für die Stellung des Intendanten - ebenfalls zur Vemeinung von besonderen dienstrechtlichen Bindungen, so Dünnwald (0. Fn. 101), S. 57 f.; auch Kewenig, Theater und Staat, UFITA 58 (1970), S. 91 (105 f.) ist der Auffassung, daß durch den privatrechtlichen Intendantenvertrag kein "besonderes Gewaltverhältnis" geschaffen werde. 120 Eine Formulierung von H.J. Wolfr. vgl. dazu WolfflBachoflStoher, Verwaltungsrecht
H. Ausgestaltung der Förderung
113
ger öffentlicher Verwaltung, weIcher zur Verfolgung und Erfüllung öffentlicher Verwaltungsaufgaben sich privatrechtlicher Mittel bedient, mag er sich dabei auch in vollem Umfang der Organisations- und Handlungsformen des Privatrechts bedienen, für seine verwaltungsprivatrechtliche Tätigkeit gleichwohl der Bindung der Grundrechte nach Art. 1 Abs. 3 GG unterliegt. Diesem Bereich wurden vor allem die daseinsvorsorgende und -fürsorgende staatliche Tätigkeit zugerechnet l21 • Das Betreiben von Theatern durch den Staat ist Bestandteil der kulturellen Daseinsvorsorge, weIche dem Staat durch den status positivus des Art. 5 Abs. 3 GG und das diesem zugrundeliegende allgemeine Kulturstaatsprinzip - dabei allein das Grundgesetz vor Augen - als objektivrechtIiche Pflicht auferlegt ist 122 • Der Staat kommt deshalb mit dem Unterhalt von Theatern einer öffentlichen Aufgabe nach und unterliegt bei seinem Handeln der Grundrechtsbindung nach Art. lAbs. 3 GG 123 • Der andere Weg folgt vor allem der Vorstellung von der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte. Daraus folgt, daß vor allem über die Generalklausel des § 242 BGB als "Einbruchstelle" Art. 5 Abs. 3 GG als gleichzeitig objektive Wertordnung wirksam wird und damit die grundrechtliche Wertung auch für privatrechtliche Beziehungen Bedeutung erlange 24. Somit ist in jedem Falle für das privatrechtlich begründete Dienstverhältnis zwischen Bühnenträger und Intendant auch die Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG von Belang. In der Praxis hat sich als wesentliche Leitlinie für die Vertragsgestaltung der sog. Intendantenmustervertrag (IMV) aus dem Jahre 1949 bewährt l25 , weIcher I, S. 238; über den Meinungsstand zur privatrechtlich fiskalischen Betätigung der Exekutive, d.h. zur primär erwerbswirtschaftlichen Zwecken dienenden Tätigkeit und den "Hilfsgeschäften" zur Bedarfsdeckung der öffentlichen Hand vgl. Stern (0. Fn. 118), S. 1397 ff. 121 H.M., so statt vieler Wolffl BachoJlStober (0. Fn. 120), S. 239 f.; BGHZ 29, 76 (80); 33, 230 (233); 36, 91 (95 f.); 52, 325 (328 f.); das BVerfG (E 47, 253 [273]) spricht von "privatrechtlicher Leistungsverwaltung" . 122 Vgl. dazu oben B.1.2. 123 Vgl. Kunig (0. Fn. 1\8), S. 765 (767). 124 So Erbei, Inhalt und Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie, S. 188; Dünnwald, Die Rechtsstellung des Theaterintendanten, S. 52 f., 97 ff.; BGHZ 6, 360 (362 ff.); 13,334 (337 ff.); 36, 91 (93 ff.); BVerfGE 7, 204 ff.; hingewiesen sei auch auf die These einer unmittelbaren Grundrechtsbindung, wonach jedes staatliche Tätigwerden - auch in privaten Rechtsbeziehungen unmittelbar der Grundrechtsbindung unterliege, so Schwabe, Die sogenannte Drittwirkung der Grundrechte, passim. 125 Mittlerweile ist der Entwurf eines neuen "Intendantenmustervertrages" beim DBV in Arbeit, weIcher vor allem die Abgrenzung der Rechte von Intendant und Verwaltungsdirektor besser bewerkstelligen solI, vgl. dazu neuerdings Everding I Bolwin, Einer muß die Verantwortung tur das Ganze tragen. Gespräch mit und in Frankfurter Rundschau vom 13.6.1996, S. 8 (Feuilleton); vgl. dazu auch unten B.II.\.b)aa)(2)(b). - Der Intendantenvertrag ist im übrigen ein Individualvertrag, d.h. tarifvertragliche Regelungen sind tur das Dienstverhältnis 8 Tillner
114
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
als Vertragsmuster vom Deutschen Bühnenverein (DBV) aus Vorschlägen der Rechtsträger und der Intendantengruppe unter Mitarbeit des Kultur- und Verfassungsausschuß des Deutschen Städtetages entwickelt worden ist. Der IMV bietet darüber hinaus Anhaltspunkte für die Ermittlung einer Verkehrssitte nach § 157 BGB 126 und ist Grundlage - mit unterschiedlichen Modifikationen - für alle abgeschlossenen Intendantenverträge. Der Schutz des Art. 5 Abs. 3 GG kommt dem Intendanten - mittlerweile unumstritten - in seinem Funktionsbereich zunächst einmal als subjektives Abwehrrecht sowohl den "Werk"- als auch den "Wirk"bereich betreffend zugute l27 , wobei die objektivrechtliche Verbürgung eines autonomen Lebensbereichs "Kunst" allgemein stützend für den Schutz der Kunstfreiheit des Intendanten ebenfalls wirksam wird. (2) Vorwiegende Bedrohungen des status negativus Außer auf die möglichen - direkten und indirekten - Verletzungen des Schutzbereichs der Kunstfreiheit soll auch ein klärender Blick auf bedeutsame Schranken der Kunstfreiheitsgarantie geworfen werden, denn Eingriffe in die Kunstfreiheit sind zulässig, soweit dies ihre Schranken zulassen 128 • Die Arbeit des Intendanten an einer großen Bühne umfaßt im wesentlichen drei Bereiche, wobei deren säuberliche Trennung in der Praxis wohl kaum vollständig gelingen mag. Es sind dies die Arbeit des Intendanten als Bühnenkünstler, ferner seine sog. "natürliche Intendantenfunktion", d.h. seine prägende Funktion durch Bestimmung in Fragen des Spielplans, der Anstellung des künstlerischen Personals sowie der künstlerischen Besetzung der einzelnen Inszenierungen 129 und schließlich seine Tätigkeit als Betriebsleiter, i.e. die Fülle der administrativen und wirtschaftlichen Aufgaben an einem Theater. "Phänomenologisch" sollen deshalb auch - je nach Intendantenfunktion, in die eingegriffen wird - eher direkte und indirekte Eingriffe unterschieden werden.
zwischen Bühnenträger und Intendant nicht möglich, so Dünnwald (0. Fn. 124), S. 42, 45; ebenso Kunig (0. Fn. 118), S. 765 (766). 126 Vgl. Kunig (0. Fn. 118), S. 765 (766). 127 So z.B. Starck, in: von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 5 Abs. 3 Rn. 201 ff.; Denninger, Freiheit der Kunst. in: HdbStR VI (1989), S. 847 (861); s. im übrigen oben B.H.l.a) bb )(2). 12R Vgl. nur Kunig, Bühnenleiter und Kunstfreiheitsgarantie, DÖV 1982, S. 765 (768). 129 Instruktiv hierzu Wezel, Das subventionierte öffentliche Theater, S. 119 ff.
11. Ausgestaltung der Förderung
115
(a) Direkte Eingriffe Direkte Verletzungen des Schutzbereichs der Kunstfreiheit eines Intendanten können unter dem rein abwehrrechtlichen Gesichtspunkt des Art. 5 Abs. 3 GG vor allem Fälle sein, welche die rein künstlerische Arbeit des Intendanten ("Werk"bereich) bzw. seine "natürliche Intendantenfunktion" {"Wirk"- und "Werk"bereichY 30 berühren und sich im Ergebnis oft als eine Art Zensur herausstellen. Zur Zensur sei nocheinmal darauf hingewiesen, daß sie nach Art. 5 Abs. 3 GG nicht zulässig ist. Dafür spricht kurz die folgende Überlegung: In Art. 5 Abs. I S. 3 GG ist für die Meinungsfreiheit das Verbot einer Zensur ausdrücklich erwähnt. Aus der in Abs. 2 des Art. 5 GG sich offenbarenden Beschränkbarkeit der Meinungsfreiheit ergibt sich, a forteriori, erst recht die Unzulässigkeit einer Zensur für die in Abs. 3 zunächst einmal von allen Schranken freigestellte Kunstfreiheit l3l . So ergibt sich soweit unstrittig keine verfassungsrechtliche Grundlage für präventive Maßnahmen - wie das Erfordernis einer vorherigen Genehmigung für eine bestimmte Aufführung -, also für eine sog. Vorzensur 132 • Für die nicht im Vorfeld erfolgenden repressiven Maßnahmen gegenüber einer Aufführung, die sog. Nachzensur, gilt im Grundsatz auch deren Unzulässigkeit, soweit nicht eventuelle Schranken der Kunstfreiheit diesselben errnöglichen J33 • Zur Schrankenziehung kommen allerdings - wie bereits ausgeführt lediglich verfassungsimmanente Schranken in Betracht, wie Grundrechte Dritter, Verfassungsbestimmungen sonstiger Art respektive andere konkret verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter 134 • Mit Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse sind als mögliche direkte Eingriffe auch bereits vertragliche Abmachungen, welche in nicht gerechtfertigter Weise die Kunstfreiheit des Intendanten von Beginn an beschneiden, ins Auge zu fassen. So wäre eine Vertragsgestaltung, welche die künstlerische Arbeit des Intendanten einer laufenden, detaillierten Kontrolle im voraus mit Einräumung entsprechender Eingriffsbefugnisse des Trägers unterwerfen würde, über die bereits erwähnte sog. Drittwirkung des Art. 5 Abs. 3 GG über und gern. § 138 Abs. I BGB - als Vorzensur - der Nichtigkeit anheimgestellt 135 •
130 Vgl. zur ZugehÖrigkeit der Spielplanaufstellung auch zum "Werk"bereich Kewenig, Theater und Staat, UFITA 58 (1970), S. 91 (104). 131 So Oppermann, KulturveIWaltungsrecht, S. 447 (455 f.). lJ2 Vgl. Erbel, Inhalt und Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie, S. 187 m.w.N. I)) Ebd., S. 187; Kunig, Bühnenleiter und Kunstfreiheitsgarantie, DÖV 1982, S. 765 (768). 134 Vgl. oben B.II.l.a)cc). 135 Vgl. Erbel (0. Fn. 132), S. 188.
116
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Aber abgesehen von solch extremen Vertragsgestaltungen, können möglicherweise auch mildere Regelungen mit der Kunstfreiheitsgarantie kollidieren, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Kunstfreiheit als individuelles Abwehrrecht (status negativus) sowie dieses stützend als objektiv-rechtliche Verbürgung des autonomen und eigengesetzlichen Lebensbereichs "Kunst" (status passivus). Deshalb sei noch ein Blick auf den sog. Intendantenmustervertrag (lMV) von 1949 gerichtet, welcher für die tatsächlich abgeschlossenen Intendantenverträge auch heute weitgehend noch als Vorlage dient. So finden sich wesentliche Regelungen über die Tätigkeit des Intendanten am Theater, sowohl den rein (selbst-)künstlerischen "Werk"bereich als auch die "natürliche Intendantenfunktion" und das damit angesprochene Feld des "Werk"- und "Wirk"bereichs betreffend, im IMV des DBV J36 . Für die "natürliche Intendantenfunktion" von zentraler Bedeutung ist § 3 IMV: §3 "Im Rahmen der §§ 4 und 5 obliegt dem Intendanten in eigener Verantwortung die Gestaltung des Spielplans, der Abschluß, die Erneuerung, die Nichterneuerung oder Kündigung von Dienstverträgen und Gastspielverträgen bis zur Dauer von ... Jahren und bis zur Höchstgrenze von ... DM (Jahresbetrag) im Einzelfall, die Rollenbesetzung, die Verteilung der Regie- und Dirigieraufgaben und die Beurlaubung von Mitgliedern. Ihm ist das gesamte künstlerische, technische und Verwaltungspersonal des Theaters unterstellt. Er kann nach den gesetzlichen Vorschriften Geschäfte der laufenden Verwaltung für das Theater abschließen."
Gleichzeitig enthalten vor allem §§ 2,4 und 5 IMV nicht unwesentliche Beschränkungen der Handlungsfreiheit des Intendanten: §2 "Der Intendant hat das Theater nach bester künstlerischer Überzeugung nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu leiten. Er untersteht dem nach der Verfassung des Rechtsträgers zuständigen Vertreter des Rechtsträgers. §4 Der Intendant hat den ... laufend über alle wesentlichen Pläne und wichtigen Vorfalle zu unterrichten. Er ist verpflichtet, sich mit dem ... über den Spielplanentwurf der kommenden Spielzeit und über später etwa notwendige wesentliche Änderungen vor der jeweiligen Veröffentlichung zu verständigen.
I)~
Abgedruckt bei Dünnwald, Die Rechtsstellung des Theaterintendanten, S. 42 ff.
11. Ausgestaltung der Förderung
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§5 Der Intendant ist verpflichtet, die Haushaltsansätze einzuhalten. Drohende Haushaltsüberschreitungen und wesentliche Einnahmeausfälle sind nach den rur den Rechtsträger jeweils geltenden Haushaltsvorschriften dem ... unverzüglich mitzuteilen. Der Intendant hat in regelmäßigen Abständen dem ... eine Aufstellung über den Stand der von ihm bewirtschafteten Haushaltsmittel (Einnahmen und Ausgaben) vorzulegen."
So soll zunächst untersucht werden, ob nach dem IMV die von der Kunstfreiheitsgarantie mitumfaßte Tätigkeit des Intendanten gemäß seiner "natürlichen Intendantenfunktion" grundrechtsgemäß geregelt worden ist. Hierzu stellt § 3 IMV grundsätzlich fest, daß es in eigener Verantwortung des Intendanten liegt, die Gestaltung des Spielplans, das Engagement des k~nstlerischen Personals, die Besetzung der einzelnen Rollen und die Verteilung von Dirigier- bzw. Regieaufgaben vorzunehmen. Bezüglich der Aufstellung und Durchführung des Spielplans ergibt sich aus § 4 IMV allerdings die Verpflichtung, sich mit dem zuständigen Organ des Rechtsträgers über den Spielplanentwurf der kommenden Spielzeit sowie über später notwendig werdende Änderungen vor der jeweiligen Veröffentlichung zu verständigen. Es fragt sich, ob nach der Auslegung des Vertrags dem Rechtsträger damit positiv ein Letztentscheidungsrecht für die Gesamtheit des Spielplans oder auch nur bezüglich einzelner ihm opportun erscheinender Stücke zuzusprechen ist. Dagegen spricht allerdings schon die in § 3 IMV zum Ausdruck kommende Garantie der eigenverantwortlichen Gestaltung, welche eine solche Auslegung nicht gestattet. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß § 4 IMV dem Rechtsträger lediglich das Recht zu Anregungen und Vorschlägen neben der eigenverantwortlichen Gestaltung durch den Intendanten einräumen möchte, welche der Intendant aufzunehmen oder zu befolgen nicht verpflichtet ist. Auch negativ erscheint es nicht angängig, aus dem IMV eine Art generelles Vetorecht für Kulturausschuß, Kulturdezement oder zuständiges Landesministerium herzuleiten. Ansonsten würde auf diese Weise das Recht des Intendanten zu eigenverantwortlicher Spielplangestaltung in gleicher Weise vereitelt, und es wäre rein faktisch u. U. sogar die Bestimmung des Repertoires durch die Organe des Trägers im Bereich des Möglichen. So läßt sich aus dem IMV für die Organe des öffentlichen Trägers regelmäßig lediglich ein Anhörungsrecht bezüglich der Gestaltung des Spielplans begründen, dem auf der anderen Seite das Recht (und die Verpflichtung) des Intendanten entspricht, die für den Spielplan maßgeblichen Stücke frei auszuwählen und anzusetzen J37 • Bezüglich des Engagements des künstlerischen Personals ist sodann fraglich, ob der IMV möglicherweise in dieser Hinsicht kunstfreiheitsreIevante Ein137
Ebd., S. 50 m.w.N.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
schränkungen vorsieht. § 2 IMV bestimmt, daß der Intendant dem nach der Verfassung des Rechtsträgers zuständigen Vertreter dieses Rechtsträgers untersteht 138. Ob damit in Personalentscheidungen aus dem IMV ein Recht des Trägers zu Weisungen folgt, muß allerdings mit Blick auf die dem Intendanten eingeräumte vertragsgemäße Stellung, vor allem nach §§ 2, 3 IMV, zurückgewiesen werden. Nach § 2 IMV leitet der Intendant das Theater nach seiner künstlerischen Überzeugung und wirtschaftlichen Grundsätzen, wie er ebenso gern. § 3 IMV für den gesamten künstlerischen, technischen und wirtschaftlichen Betrieb verantwortlich ist und als unmittelbarer Vorgesetzter des gesamten Personals fungiert. Die Frage der Einstellung und Entlassung von künstlerischem Personal ist im Musiktheater primär eine künstlerische Angelegenheit. Deshalb obliegt dem Intendanten auch in eigener Verantwortung die Zusammenstellung des Ensembles und die Verpflichtung zusätzlicher Kräfte. Der Intendant wird naturgemäß danach streben, diejenigen Künstler zu verpflichten, die seiner Meinung nach die von ihm vertretene Kunstauffassung am besten zum Ausdruck bringen. Er ist soweit mithin keinen diesbezüglichen Weisungen des Trägers unterworfen. Neben der grundsätzlichen Frage der Einstellung und Entlassung von Künstlern verbleiben dem Träger jedoch im nicht primär künstlerischen Bereich verschiedentlich Möglichkeiten zu haushaltsrechtlichen oder finanzpolitischen Einzelweisungen im Rahmen von am IMV ausgerichteten vertraglich vereinbarten Kontrollmöglichkeiten, wie Bindung an Haushalts- bzw. Wirtschaftsplan inklusive Stellenplan sowie das Zustimmungserfordernis des Trägers bei Überschreiten einer bestimmten zeitlichen und finanziellen Höchstgrenze, §§ 3, 5 IMV IJ9 . Bezüglich Rollenbesetzung und Verteilung der Regie- und Dirigieraufgaben sind dem Intendanten diese Aufgaben eindeutig in eigener Verantwortung anheimgestellt, wie ihm das gesamte künstlerische, technische und Verwaltungspersonal unterstellt ist, § 3 IMY. Als einzige Einschränkung trifft den Intendanten gern. § 4 S. I IMV die Pflicht, über alle wesentlichen Pläne und wichtigen Vorfälle den Vertreter des Rechtsträgers zu unterrichten. Dies bedeutet somit nicht einmal erforderliche Verständigung, geschweige denn etwa ein Veto zugunsten des Rechtsträgers. Der Intendant ist nach den Vorschriften des IMV frei darin, das künstlerische Personal nach seiner künstlerischen Auffassung - möglichst dem Fach, der Stimme und Persönlichkeit entsprechend - einzusetIJX Dies sind bei den Staatstheatern die für Kunstfragen zuständige"n Landesminister, bei Stadttheatern der Hauptgemeindebeamte bzw" bei Delegation der Kulturdezernent (-referent) und bei den gebräuchlichen juristischen Personen der Vorstand oder Aufsichtsrat, zumeist vertreten durch den jeweiligen Vorsitzenden.
139 Vgl. zum ganzen Dünnwald (0. Fn. 136), S. 97 ff. - Über die Möglichkeit einer zuverlässigen Abgrenzung des künstlerischen Bereichs vom technisch-administrativen Aufgabenbereich kritisch Karpen / Hofer, Zur Verwaltung großer Bühneninstitute, VerwArch 81 (1990), S. 557 (576).
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zen. Dieses Recht ist zugleich Ausfluß des ihm als Dienstvorgesetztem zustehenden Direktionsrechts !40. Die eigene künstlerische Regie-, Dirigier- oder Singleistung des Intendanten betreffend enthält § 8 IMV lediglich die Regelung der Vergütung bereit. Ein am IMV ausgerichteter Intendantenvertrag beinhaltet als solcher darum auch bei rein "binnenvertraglicher" Auslegung keine Beeinträchtigung der Kunstfreiheit des Intendanten im Bereich seiner unmittelbaren eigenkünstlerischen Betätigung sowie bei Tätigkeiten, die seiner "natürlichen Intendantenfunktion" entsprechen. Die beschriebenen Tätigkeitsfelder des Intendanten können außer durch Vertragsgestaltungen jedoch auch durch konkrete tatsächliche Anweisungen des zuständigen Vertreters des Rechtsträgers beeinträchtigt werden. Vorstellbar sind etwa Fälle, in denen etwa - das Musiktheater ist, anders als das Sprechtheater, bislang allerdings kaum Schauplatz brisanter inhaltlicher Auseinandersetzungen gewesen!4! - in einem zeitgenössischen Werk, aus welchem Grund auch immer, z.B. die Tötung von Menschen als politisch legitimierbar dargestellt, Inhalte mit antisemitischer Tendenz vermittelt, sonst Inhalte religiöser Bekenntnisse bösartig verunglimpft, ein konkreter Politiker als kopulierendes Schwein dargestellt oder schließlich die Vernichtung sog. "lebensunwerten" Lebens verherrlicht würde!42 und der Vertreter des Rechtsträgers, etwa der Kulturreferent, daraufhin die Anweisung zur Absetzung einer solchen Produktion geben würde. Neben dieser eher die Spielplangestaltung betreffenden Tätigkeit des Intendanten könnte ferner auch seine unmittelbare künstlerische Aktivität als Regisseur durch die spezifische Art der Inszenierung und entsprechende Akzentgebung ebenfalls einen Anlaß für das Einschreiten des Rechtsträgers darstellen.
140 Soweit den künstlerischen Vorständen vertraglich ein Mitspracherecht eingeräumt ist, handelt es sich in der Regel um ein Anhörungsrecht. Insofern der Intendant sich nicht kontraktuell darum begeben hat, steht ihm auch hier die eigentliche (Letzt-)Entscheidung zu. In bühnenrechtlichen, haushaltsrechtlichen sowie ökonomischen Fragen tritt ihm der Verwaltungsdirektor beratend zur Seite, so nach Dünnwald (0. Fn. 136), S. 100 m.w.N. 141 Im Opernfach wurden im Herbst 1962 Intendant und Bühnenbildner der Städtischen Bühnen Augsburg nach ihrer Neuinszenierung von Mozarts "Hochzeit des Figaro" mit einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren überrascht, welches auf einen einzelnen Hinweis aus dem Publikum wegen Darbietung unzüchtiger Bühnenbilder angestrengt worden war. Das Ermittlungsverfahren wurde allerdings nach zwei Monaten eingestellt, so bei Buchholz, Kunst, Recht und Freiheit, S. 58 f. 142 Fälle in Anlehnung an bereits umstrittene Fälle aus dem Bereich des Sprechtheaters: vgl. zur ersten Gruppe "Bambule" von Ulrike Meinhof, "Die Maßnahme" von Bertold Brecht, und "Die Gerechten" von Albert Camus, dazu Kunig (0. Fn. 128), S. 765 (768); für die zweite Gruppe sei die Diskussion um Rainer Werner Fassbinders Stück "Der Müll, die Stadt und der Tod" (dazu Erbel, Wie weit darf das Theater gehen?, DVBI. 1986, S. 113 ff.) angeflihrt; die vierte Gruppe ist dem sog. "Karikatur"-Beschluß des BVerfG, BVerfGE 75, 369 ff., entnommen; die dritte und die letzte Gruppe sind fiktiv gestaltet.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Bei der Frage der Rechtmäßigkeit eines solchen Einschreitens ist zunächst ein Blick auf das zugrundeliegende privatrechtliche Dienstverhältnis zwischen Bühnenträger und Bühnenleiter zu werfen. Zunächst ist der tatsächlich abgeschlossene Intendantenvertrag als Dienstvertrag zu qualifizieren und unterliegt, sofern keine speziellen Regelungen getroffen worden sind, den §§ 611 ff. BGB I43 • Eingriffe des Rechtsträgers wären somit zunächst einmal zulässig, sofern sie vom Direktionsrecht gedeckt wären, wobei letzteres wiederum in der das Dienstverhältnis im übrigen prägenden Treue- und Fürsorgepflicht wurzelt. Das Direktionsrecht findet dabei jedoch seine Grenze im Dienstvertrag selber, weshalb Weisungen keine Änderung des Vertrages herbeiführen können. Inhalt und Umfang von Treuepflicht und Direktionsrecht ergeben sich ferner auch nach den jeweiligen Umständen aus der Natur des Rechtsverhältnisses. Das Direktionsrecht erfahrt so u.U. Einschränkungen bereits aus der Art der vereinbarten Dienstleistung, der Verkehrssitte sowie aus der Zumutbarkeit. Ein Weisungsrecht für den rein künstlerischen Bereich erscheint nach der Vertragsauslegung des IMV jedoch als nicht angängig. Die Anerkennung eines solchen Weisungsrechts würde §§ 2 und 3 IMV widersprechen und damit eine Vertragsänderung bedeuten, welche nicht zulässig wäre. Zudem ist es nach der Verkehrs sitte der Intendant, welcher für die Qualität des Theaters Verantwortung trägt l44 • Ein Argument für ein solches Weisungsrecht bestünde möglicherweise aber darin, daß angesichts der bei fast allen Beispielen gegebenen politischen Wirkkraft und weltanschaulichen Brisanz dem Rechtsträger aufgrund dessen eine Weisungsbefugnis zumindest für den politisch-weltanschaulichen Bereich zustehen müsse. Eine solche Trennung von künstlerischen und politischen Inhalten innerhalb der Gattung Kunst bzw. Musiktheater scheint indes problematisch I45. Ein solchermaßen verstandenes und ausgelegtes Weisungsrecht auf seiten des Rechtsträgers muß sich denn auch über § 242 BGB als "Einbruchstelle" nach der Lehre von der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte am objektiven "Wertgehalt" des Art. 5 Abs. 3 GG, der verfassungsrechtlich gewährleisteten Kunstfreiheitsgarantie - hier zugunsten des Intendanten -, messen lassen. 141 Der Intendantenvertrag ist ein befristeter Vertrag nach § 620 Abs. I BGB. Nicht anwendbar sind darum §§ 621-624 (ordentliche Kündigung); auch §§ 617 und 630 BGB bleiben außen vor, so Dünnwald (0. Fn. 136), S. 108 und passim; zum folgenden ebd., S. 51 m.w.N. 144 Ebd., S. 52. 14; Zu Recht weist Dünnwald, Die Rechtsstellung des Intendanten, S. 52 auch auf die praktischen Auswirkungen einer solchen Aufspaltung des Entscheidungsrechts hin, welche darin gründen, daß neben Stücken von fraglos politischem oder weltanschaulichem Anliegen andere Werke erst durch eine bestimmte Inszenierungsart oder ein bestimmtes Datum ihrer Aufführung zum Politikum werden.
II. Ausgestaltung der Förderung
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Die Frage, ob Bühnenwerke wie die genannten Beispielsfalle Kunst darstellen bzw. dem verfassungsrechtlichen Kunstbegriff unterfallen, muß zunächst bejaht werden. Zum einen spricht dafiir schon der institutionelle Rahmen der Darbietung: Ein Stück, welches auf einer Musiktheaterbühne dargebracht wird, bietet immerhin weitgehend Anlaß zur Vermutung, der Gattung nach Musiktheater, und damit anerkanntermaßen Kunst zu verkörpern. Zum anderen muß fiir sogenannte politisch engagierte Kunst, welche einen politischen Inhalt "mitteilen" möchte, nichtsdestoweniger ebenfalls von Kunst ausgegangen werden, auch wenn gleichzeitig die Meinungsäußerungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG mittangiert sein mag. Art. 5 Abs. 3 GG gilt insoweit als lex specialis l46 . Mit einer Weisung durch das zuständige Organ des Rechtsträgers, das betreffende Stück abzusetzen, würde der Intendant in seiner "natürlichen Intendantenfunktion und -freiheit" und damit auch die Garantie des Art. 5 Abs. 3 GG für "Werk"- und "Wirk"bereich eingeschränkt und somit grundsätzlich eine Schutzbereichsverletzung des Art. 5 Abs. 3 GG vorliegen. Ein Eingriff ist aber regelmäßig nur dann gegeben, soweit die Schutzbereichsverletzung nicht durch eventuelle Freiheitsschranken der Kunst gedeckt ist. Mögliche Schranken müßten sich so dann aber unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit selbst wiederum einem Ausgleich mit der Kunstfreiheit stellen. Die Auffiihrung eines Werkes, welches den Stücken von Meinhof, Brecht und Camus vergleichbar die Tötung eines Menschen als politisch legitimierbar erscheinen läßt, könnte mit dem Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, welcher aus dem in Art. 20 GG enthaltenen Demokratieprinzip unter Konkretisierung durch das ebenfalls in Art. 20 GG enthaltene Rechtsstaatsprinzip hergeleitet werden kann l47 , eine verfassungsunmittelbare Schranke erfahren. Allerdings bedeutet die Aufführung eines solchen Stückes keine ernstzunehmende, bzw. schwerwiegende Beeinträchtigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, wie auch auf der anderen Seite die Stärke des Kunstbezugs - auch durch die Auffiihrung in einem öffentlichen Musiktheater - mit der Zugehörigkeit zur Gattung des zeitgenössischen Musiktheaters nicht gering veranschlagt werden kann l48 • Zudem erstreckt sich die in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene Treueklausel lediglich auf die Freiheit der Lehre; die Kunstfreiheit ist von 146 Vgl. Denninger, Freiheit der Kunst, in: HdbStR VI (1989), S. 847 (858); BVerfGE 67, 213 (227 0; 75, 369 (377); 81,278 (291); eine nach der jeweiligen Sachnähe differenzierende Lösung vertritt Schatz, in: Maunz/Dürig, Art. 5 Abs. 3 Rn. 13. 147 Vgl. Herzog, in: Maunz / Dürig, Art. 20 Rn. 26 f. (Demokratie), 30 ff. (Rechtstaat); Kunig, Bühnenleiter und Kunstfreiheitsgarantie, DÖV 1982, S. 765 (768). 14. Vgl. oben B.II.l.a)cc). Die Abwägung in anderer Weise unter dem Gesichtspunkt von zur Absetzung berechtigenden "notstands"-ähnlichen Ausnahmesituationen führend kommt Erbel, Inhalt und Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie, S. 191 noch zum Ergebnis einer berechtigten Absetzung von Camus' Schauspiel "Die Gerechten" 1963 in Konstanz, welches damals in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Ermordung des amerikanischen Präsidenten Kennedy stand.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
jener eben gerade nicht umfaßt l49 . Im konkreten Fall ergeben sich so auch keine maßgeblichen Schranken für die Kunstfreiheit des Intendanten, denn die Beeinträchtigung und Gefahrdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist dem Grade nach allenfalls geringfügig zu veranschlagen, und eine Beschränkung der Kunstfreiheit des Intendanten würde in diesem Falle gleichzeitig eine unverhältnismäßige Hintansetzung der Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG bedeuten. Moderne Stücke mit etwa Fassbinders "Der Müll, die Stadt und der Tod" vergleichbarer antisemitischer Tendenz 150 unterliegen jedoch bei ihrer Darstellung unter Umständen ausschlaggebenden verfassungsunmittelbaren Grundrechtsschranken. "Hinter" den u.U. einschlägigen §§ 130, 131 und 185 StGB stehen die Wertungen von Art. I Abs. I GG (Schutz der Menschenwürde) und Art. 3 Abs. 3 GG (Schutz vor Diskriminierung) sowie Art. 2 Abs. I GG ("Sittengesetz")151. Zum wohl zentralen Aspekt des Schutzes der persönlichen Ehre durch Art. I Abs. I GG muß im Anschluß an den sog. "Karikatur"-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts darauf abgestellt werden, inwieweit der Kernbereich des Persönlichkeitsrechts als unmittelbarer Ausfluß der Menschenwürde betroffen ist, und die in Rede stehende Kunstfreiheit des Intendanten darum möglicherweise einer "absoluten" Sperrwirkung dieser obersten grundrechtsimmanenten Schranke unterliegen würde l52 . Mit Recht wird man dabei auf die Ansichten und Gefühle der tatsächlich betroffenen Gruppe, der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland, abzustellen haben, und angesichts der geschichtlich bedingten und verständlicherweise besonders hohen Sensibilitätsschwelle eine starke, zumindest kernnahe Beeinträchtigung der persönlichen Ehre und des Persönlichkeitsrechts annehmen müssen 153. Auf der anderen Seite muß allerdings auch beachtet werden, daß die Einschränkung der Kunstfreiheit durch den Fundamentalwert der Menschenwürde 149 Vgl. Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 456 Fn. 71; im übrigen im Ergebnis ebenso Kunig (0. Fn. 147), S. 765 (768). 150 Der antisemitische Eindruck, den das in bezug genonunene Stück wohl vermittelt, ist allerdings nicht zweifelsfrei, da es sich nach Interpretationen nichtjüdischer Kritiker durchaus als interpretationsoffen erweist, vgl. Erbe! (0. Fn. 141), S. 113 (119). 1;1 So Erbel (0. Fn. 141), S. 113 (117). 1;2 BVerfGE 75, 369 (379 f.); vgl. hierzu auch Würkner, Das Bundesverfassungsgericht und die Freiheit der Kunst, S. 89 ff.; Starck, in: von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 5 Abs. 3 Rn. 209. - Bei der vom BVerwG verfolgten Linie geht eine schwerwiegende Beeinträchtigung verfassungsgeschützter Werte vor allem dann von einem Kunstwerk aus, wenn sein Aussagegehalt das "Sittengesetz" (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt. Dies ist allerdings nicht bereits mit der bloßen Darstellung von sittengesetzwidrigen und unter Strafe gestellten Vorgängen der Fall, sondern erst wenn derartige Vorgänge oder Aussagen als billigens- oder erstrebenswert dargestellt, also verherrlicht werden, so BVerwGE 1, 307 ff. 153 Erbel (0. Fn. 141), S. 113 (119 f.) führt hierfür auch den dem Dernokratieprinzip immanenten Grundsatz des Minderheitenschutzes an.
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die Ausnahme bleiben muß 154 • So ergibt sich hier bei der verhältnismäßigen Abwägung in der Tat ein recht unentschiedenes, janusköpfiges Bild. So wäre dieser Fall von der verfassungsrechtlichen Ebene eigentlich wieder in den Bereich der Kulturpolitik zurückzuverweisen. Ein kluger Intendant würde der erheblichen Brisanz und unsicheren verfassungsrechtlichen Lage eingedenk unter Umständen bei entsprechenden Reaktionen das Stück schon von sich aus absetzen. Die verfassungsrechtliche Abwägung indes wird eher dem Grundsatz "in dubio pro libertate artis" folgen müssen und deshalb die Kunstfreiheit des Intendanten im Ergebnis nicht einer durchgreifenden Einschränkung anheimstellen '55 • Hinsichtlich etwaiger Werke, welche die Beschimpfung religiöser Bekenntnisse zum Gegenstand haben (vgl. § 166 StGB) und damit - nach der Sichtweise eines objektiven und neutralen Betrachters - das religiöse Empfinden der Menschen in grober Art und Weise verletzen, muß mit Bezug auf den konkreten Fall '56 - trotz des mit dem Aufführungsort verbundenen Zugeständnisses erheblichen Kunstbezugs - bei gleichzeitiger Berücksichtigung des auch durch die Presse als gesteigert anzunehmenden erheblichen Grades der Außenwirkung bei der anzustrengenden verhältnismäßigen Abwägung von Kunst- und Religionsfreiheit (Art. 4 GG) der Schutz des religiösen Empfindens vor groben Verletzungen überwiegen I 57. M.a.W.: Hier würde die Kunstfreiheit des Intendanten eine Beschränkung erfahren müssen. Schließlich die beiden zuletzt noch angesprochenen Fallgruppen betreffend - die Darstellung eines konkreten Politikers als kopulierendem Schwein (was in einem Musiktheaterstück allerdings schwieriger zu realisieren sein mag als in einer Zeichnung, einer Karikatur) bzw. die verherrlichende Darstellung der Tötung von sog. "lebensunwertem" Leben - muß davon ausgegangen werden, daß diese mit großer Sicherheit Verletzungen des Kernbereichs des Persönlichkeitsrechts als unmittelbarem Ausfluß der Menschenwürde des Art. I Abs. I GG darstellen würden, was in solchen Fällen zu einer absoluten Beschränkung der Kunstfreiheit des verantwortlichen Intendanten führen müßte l58 • 154 155 156
So Denninger (0. Fn. 146), S. 847 (874). Im Ergebnis ebenso Erbel (0. Fn. 141), S. 113 (121). Vgl. Kewenig, Theater und Staat, UFITA 58 (1970), S. 91 (97).
157 Vgl. Schalz (0. Fn. 146), Art. 5 Abs.3 Rn. 69; Starck (0. Fn. 152), Art. 5 Abs. 3 Rn. 212; zu den Kriterien der Abwägung vgl. auch oben B.II.l.a)cc). 158 Vgl. BVerfGE 75, 369 (379 f.); zur Qualifizierung der letzten Fallgruppe als eklatante Verletzung der Menschenwürde Dürig, in: Maunz / Dürig, Art. I Abs. I Rn. 30; zur "Objektformel" des BVerfG, d.h. zum Verbot, den Menschen zum Objekt zu machen, sowie zur primär Kantischen Begründung dieser Formel GraJVitzthum, Die Menschenwürde als Verfassungsbegriff, JZ 1985, S. 201 (205); Geddert-Steinacher, Menschenwürde als Verfassungsbegriff, S. 31 ff.; vgl. im übrigen Starck (0. Fn. 152), Art. 5 Abs. 3 Rn. 209; Würkner (0. Fn. 152), S. 91 f. - Eine Absetzung ist allgemein nicht schon dann erlaubt, wenn sich ein Bühnenstück mit weltanschaulichen oder religiösen Anschauungen kritisch oder auch provo-
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Auf diesen in verschiedenen Fallgruppen soeben erfolgten, ersten verfassungsunmittelbaren Abwägungsvorgang l59 müßte sich aber noch ein weiterer Gedankenschritt anschließen. Auch wenn die Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG dem Intendanten für den "Werk"- und "Wirk"bereich - also sowohl für eigenkünstlerisches Arbeiten wie auch für seine Tätigkeit im Rahmen der sog. "natürlichen Intendantenfunktion" , in Sonderheit der Aufstellung und Durchführung des Spielplans - Schutz zukommen läßt, so ist doch deutlich, daß ihm hier der öffentliche Träger, der staatliche Geldgeber im Rahmen der Leistungsverwaltung gegenübertritt und der Intendant sich deshalb - wie bereits angedeutet - wohl nicht ganz ausschließlich in der Stellung des kunstausübenden Privaten verstehen kann l60 • Grundsätzlich gilt für den Bereich der kunstfördernden Verwaltung, daß dem Staat seinerseits hierbei sowohl den Umfang als auch die Form der Förderung betreffend ein "breiter Gestaltungsspielraum" belassen bleibt l61 • Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch - der grundsätzlichen, zweipoligen Legitimation des Grundgesetzes durch Grundrechte und Demokratieprinzip l62 entsprechend - der Gesichtspunkt der demokratischen Legitimation des Trägers zu einer bestimmten Kulturpolitik bzw. einer möglichen Beschränkung der Kunstfreiheit des Intendanten durch das Demoktratieprinzip. Allerdings hat der staatliche Förderer, so er sich zur Förderung entschieden hat und das heißt mit der Entscheidung, die (wirtschaftliche) Trägerschaft für ein Theater zu übernehmen und einen Intendanten auf Zeit zu berufen -, gleichfalls die Pflicht zur durch die Kunstfreiheitsgarantie geforderten Neutralität l63 . Insofern tritt auch hier der status passivus, die Verbürgung des autonomen, eigenkativ auseinandersetzt, vgl. Hewig, Künstlerische Regiebetriebe der öffentlichen Hand und die verfassungsrechtliche Kunstfreiheitsgarantie, BayVBI. 1977, S. 37 (40); der Orientierung halber sei auch auf eine Entscheidung des BGH, NJW 1965, S. 983 verwiesen, in der das erkennende Gericht im Zusammenhang mit der Frage der Unzüchtigkeit eines Kunstwerks abstellt auf den Eindruck, den "ein künstlerisch aufgeschlossener oder zumindest um Verständnis bemühter fachlich nicht besonders vorgebildeter Mensch vom Kunstwerk hat". 159 In gleicher Weise würde sich eine Abwägung im Rahmen der Anwendung der polizeilichen Generalklausel vollziehen im Falle obrigkeitlichen, polizeilichen Einschreitens, vgl. dazu Kewenig, Theater und Staat, UFITA 58 (1970), S. 91 (93 ff.). 160 Vgl. Knies, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, S. 201 f.; Rapertz, Die Freiheit der Kunst nach dem Grundgesetz, S. 87 f., wonach dem Intendanten eine über die private Position "hinausschießende" Befugnis vom Theaterträger übertragen worden sei. 161 BVerfGE 81, 108 (116); Schatz, in: MaunzlDürig, Art. 5 Abs. 3 Rn. 40, wonach - im Gegensatz zum freiheitsrechtlichen Eingriffsverbot - bei der Kunstförderung durch den Staat ein sachgerecht differenzierendes, künstlerisches Werturteil staatlicher Instanzen als ebenso notwendig wie verfassungsrechtlich legitim anzusehen sei. 162 Vgl. Höfling, Zur hoheitlichen Kunstförderung, DÖV 1985, S. 387 (393) m.w.N.; ferner Hufen, Kulturauftrag als Selbstverwaltungsgarantie, NVwZ 1983,516 (521). 163 Evers, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, NJW 1983, S. 2161; Würkner (0. Fn. 152), S. 137 f.; vgl. im übrigen oben B.II.1.a)bb)(3).
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gesetzlichen Lebensbereichs Kunst dem individual-abwehrrechtlichen Aspekt der Kunstfreiheit stützend zur Seite '64 . Für den besonderen Bereich der staatlich organisierten und institutionalisierten "Großkunst", wie die Theater und das Musiktheater im besonderen, treffen den kunstfördernden Staat darüber hinaus noch strengere Anforderungen bezüglich der zu fordernden Neutralität, da er für das Ereignen dieser Art, dieser Gattung von Kunst, die gegenwärtig sehr hoch in Ansehen steht, fast ausschließlich die notwendigen Gegebenheiten schafft und kunstgerecht zu schaffen vennag. So können auf dem Gebiet des zwar fonnal leistenden Staates im Sonderbereich der institutionalisierten "Großkunst" Leistungsmodalitäten und Eingriffe oftmals hinsichtlich ihrer Grundrechtsrelevanz nur schwer zu unterscheiden sein '65 • Hier besteht deshalb für den fördernden Staat in besonderem Maße die Pflicht, das Ereignen von Kunst möglichst weitgehend vor kunstfremden Bestimmungsfaktoren abzuschinnen und sich selbst in gleicher Weise einer solchen Einflußnahme zu enthalten. Die somit gegenüber den (Musik-)Theatern, als institutionalisierter Großkunst, in besonderem Maße gegebene Pflicht des staatlichen Förderers zu Neutralität läßt so ein Zurückdrängen von durchaus auch demokratisch legitimiertem Gestaltungswillen des öffentlichen Trägers grundsätzlich als angängig erscheinen. Dies muß zumindest für den engeren "Hof' künstlerischen Arbeitens gelten. Durch den Abschluß eines in der Regel am IMV von 1949 ausgerichteten Intendantenvertrages mit einem seinen Vorstellungen entsprechenden Intendanten auf Zeit hat der kunstfördernde Theaterträger seinen Gestaltungspielraum zu demokratisch legitimierter Kunstpolitik in der Regel auch genutzt und dabei ferner eine mit Art. 5 Abs. 3 GG - der Kunstfreiheit des Intendanten im "Werk"- und "Wirk"bereich - zu vereinbarende Verfahrensregel gefunden, um für den künstlerischen Bereich der Intendantentätigkeit einen adäquat verbleibenden Freiheitsraum zu gewährleisten. Die im Raume stehende Frage einer möglichen Weisungsbefugnis des öffentlichen Trägers gegenüber dem Intendanten in Fragen der Stückauswahl unter dem Gesichtspunkt möglicher politischer oder weltanschaulicher Implikationen, welche den ausschließlich künstlerischen Bereich überschreiten, gleichwohl aber am Kunstcharakter des jeweiligen Stükkes teilhaben, kann deshalb auch unter dem Gesichtspunkt der demokratisch legitimierten, leistenden und kunstfördernden Tätigkeit der öffentlichen Hand letztendlich keine veränderte Beurteilung erfahren '66 .
Vgl. nur Kunig, Bühnenleiter und Kunstfreiheitsgarantie, OÖV \982, S. 765 (766). Hufen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, S. 55\ f. 166 Vgl. auch näher unten B.I1.l.b) aa)(3); zu den Friktionen eines solchen Weisungsrechts des Trägers im politisch sensiblen Bereich - insbesondere mit § 3 IMV - Dünnwald, Die Rechtsstellung des Theaterintendanten, S. 52. 164
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So läßt sich bezüglich direkter Eingriffe in die kunstfreiheitsbewährte Arbeit des Intendanten festhalten, daß bis durch einen kleinen Kern anderer nicht weiter einschränkbarer Grundwerte unserer Verfassung und damit unseres Gemeinwesens die Kunstfreiheit des Intendanten im Bereich seines eigenkünstlerischen Wirkens wie auch seiner "natürlichen Intendantenfunktion" kaum begrenzbar ist l67 . (b) Indirekte Eingr(ffe
Die bestehende MonopolsteIlung des fördernden Staates bei der institutionalisierten Großkunst verstärkt die ohnehin schon bei fast jeder finanziellen Unterstützung von Kunst festzustellende Abhängigkeit der Kunst vom "Mäzen" in Form des sog. "Goldenen Zügels"168. Diese nahezu unidirektionale finanzielle Abhängigkeit der Musiktheater vom öffentlichen Träger und Geldgeber führt zwar kaum zu direkt faßbaren Fällen von Zensur, doch erwachsen auf diesem Boden nicht selten verschiedene Formen verdächtiger sog. "verschleierter Schwestern"16Q der Zensur bzw. sonstiger indirekter Eingriffe in die Kunstfreiheit des Theaterintendanten. Neben den eher informellen, im persönlichen und politischen Taktieren zu verortenden Mechanismen der Einschüchterung mit der Inaussichtstellung permanenter Schwierigkeiten und einem u.U. dazu entsprechenden, vorauseilenden "Appeasement"-Verhalten auf der anderen Seite 170 sollen als faßbare Komponenten möglicher, indirekter Einflußnahme des öffentlichen Trägers vor allem die regelmäßige Befristung und damit notwendige Erneuerung der Intendantenverträge, die Haushaltspolitik sowie die - je nach der konkreten Organisationsstruktur unterschiedlichen - Möglichkeiten der allgemeinen Verwaltungs intervention beleuchtet werden. So ist chronologisch erste und auch inhaltlich wesentlichste Kreuzung von künstlerischer Arbeit des Intendanten und Einschätzungsprärogative des leistenden, demokratisch legitimierten öffentlichen Trägers die Abgleichung der Interessen über wesentliche inhaltliche Fragen der Theaterarbeit im Vorfeld eines 1~7 So auch Kunig (0. Fn. 164), S. 765 (768). - Trotz der vertraglich vereinbarten Bindungen an Haushalts- bzw. Wirtschaftsplan einschließlich des Stellenplans sowie des Zustimmungserfordemisses beim Überschreiten einer bestinunten zeitlichen und finanziellen Höchstgrenze bleibt gleichwohl die selbständige Stellung des Intendanten auch in den Bereichen des Engagements, der Zusammenstellung und des Einsatzes von künstlerischem Personal im wesentlichen unberührt. Weisungen des Trägers sind auch in diesen Fragen ausgeschlossen, vgl. im übrigen mit ausführlicher Behandlung Dünnwald, Die Rechtsstellung des Theaterintendanten, S. 99, 105 und passim. IM Vgl. Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, S. 42 ff. 109 Ho.ffmann, Kultur für alle, S. 38. 170 Ebd., S. 38 f.
II. Ausgestaltung der Förderung
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abzuschließenden oder zu erneuernden Intendantenvertrages. Es steht dem Träger nämlich frei, bei der Auswahl des Intendanten solche Bewerber zu bevorzugen, die den Vorstellungen des Trägers über die Aufgabe des Theaters und die Möglichkeiten einer Spielplangestaltung am ehesten entsprechen '71 • Diese eingehende Prüfung vor Abschluß eines Intendantenvertrages entwickelt - noch dazu bei u.U. getroffenen ausdrücklichen Vereinbarungen über etwa die Anzahl der zu erbringenden Aufführungen und Neuinszenierungen, und damit indirekt, vorsichtig auch über die Bedeutung eines Hauses 172 - mitunter eine nicht zu unterschätzende Langzeitwirkung auch für die weitere Laufzeit der Verträge von zumeist zwei bis vier Jahren 173 • Leicht vorstellbar ist so, daß ein an einer VertragsverIängerung interessierter Intendant nicht unerheblichem Druck auch bereits deutlich vor Ablauf des letzten Vertrages ausgesetzt werden kann. Dies könnte Bedeutung erlangen auch im Zusammenhang mit Fragen der konkreten Auswahl oder Ausgestaltung einer künstlerischen Produktion. Eine manifeste Schutzbereichsverletzung ist jedoch in den meisten Fällen - den informellen Kommunikationswegen zwischen Intendant und Träger-Vertretern folgend schwer nachweisbar, gleichwohl aber vorstellbar. Weiteres Augenmerk gilt sodann der Haushaltspolitik des Theaterträgers. Abgesehen von der grundsätzlich dem Staat oder der Kommune freistehenden Höhe der durch den Haushaltsplan dem Theater zugewiesenen Mittel besteht auch die Notwendigkeit der in der Regel noch jährlichen Neufestsetzung der Zuwendungsbeträge im jeweiligen Haushaltsplan. Dieser Umstand birgt zugleich eine gewisse reaktive und dirigistische Potenz auf seiten des öffentlichen Trägers, weshalb davon ausgehende Einflüsse auf die Stückauswahl und die Inszenierungen des Intendanten schwerlich ganz von der Hand zu weisen sind '74 • 171 Vgl. Kewenig (0. Fn. 156), S. 91 (107); Revermann, Am Parlament vorbei geht gar nichts, aber ... , in: Die Deutsche Bühne 3/1984, S. 32 f., wonach im konununalen Bereich die Intendantenwahl in die Allzuständigkeit der Gemeindevertretung (z.B. § 28 GO NRW) falle und der Entscheidungsprimat der im Parlament vertretenen Laien vernünftigerweise die angemessene Mitbeteiligung der kompetenten Fachleute in der Verwaltungsspitze einschließe, d.h. neben Gemeindevertretung, Kulturausschuß bzw. noch kleinerer "Findungskommission" (der allerdings oft auch z.B. der Oberbürgermeister als hohe Charge mit politischer Autorität angehöre) sollten z.B. auch der Kulturdezernent oder andere kompetente Fachleute zumindest gehört werden. - Der sog. "Bonn-Vereinbarung '90" zufolge ist laut Art. 4 Abs. I dieser Vereinbarung bei der Besetzung von Spitzenpositionen der kulturellen Einrichtungen - also auch der Oper - sogar Einvernehmen zu suchen im Ralunen eines Kuratoriums, welches zur Unterhaltung hauptstädtischer kultureller Einrichtungen unter Beteiligung von Bund, Land (Nordrhein-Westfalen) und der Stadt Bonn gebildet wurde. 172 So etwa § 5 Abs. I und 2 des Intendantenvertrags der Oper der Stadt Bonn. 17) Vgl. Hewig, Künstlerische Regiebetriebe der öffentlichen Hand und die verfassungsrechtliche Kunstfreiheitsgarantie, BayVBI. 1977, S. 37 (40); Kewenig (0. Fn. 156), S.91 ( 107). 174 Hierzu auch Kewenig, Theater und Staat, UFITA 58 (1970), S. 91 (107 f.); Hewig (0. Fn. 158), S. 37 (39).
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Ein ebenfalls wirksames Mittel der Haushaitspolitik, auf die Spielplangestaltung des Intendanten Einfluß zu nehmen, stellt darüber hinaus auch die jährliche Festlegung des sog. Einnahmesolls für das Theater dar 175 • Hierdurch wird betragsmäßig festgesetzt, welches Einspielergebnis vom Theater erwartet wird. Über die ebenfalls dem Träger obliegende Preisgestaltung 176 wird dadurch eine bestimmte Anzahl zahlender 177 Zuschauer vorgegeben - ein Umstand, dem gleichfalls kein allzu geringer Einfluß auf die Stückauswahl und Spielplangestaltung zu attestieren ist. So führt die Aufführung einer zeitgenössischen Oper - oder auch von bereits Klassikern der Modeme wie Bergs "Wozzeck", Strawinskys "Oedipus Rex" etwa - mit den oftmals dabei einzukalkulierenden Einnahmedefititen nicht selten zu gleichzeitig besonders ausgeprägter Berücksichtigung von sehr gängigen und gut besuchten Musiktheaterstücken, wie zum BeispielOpern von Mozart, Verdi oder Wagner. Schließlich sollen auch Maßnahmen der Träger- und Theaterverwaltung, welche sich in Sonderheit im Amt und den Befugnissen des Verwaltungsdirektors eines Theaters kristallisieren und in nicht unerheblichem Maße die Gefahr einer "Gleichschaltung des Intendanten auf kleiner Ebene"178 bedeuten können, Erwähnung finden bei der Frage nach möglichen indirekten Eingriffen in die künstlerische Freiheit des Intendanten. Zunächst mag der Stellung des Verwaltungsdirektors durch seine Eigenschaft als Beamter, welcher die Verwaltungsgeschäfte des Theaters bis zur Erreichung des Pensionsalters in der Regel führen wird, im Verhältnis zum nach einem Zeitvertrag beschäftigten Intendanten allein schon deshalb ein besonderes Gewicht zukommen l79 . Manifeste Probleme im Verhältnis Intendant- Verwaltungsdirektor schaffen allerdings erst Abweichungen von wichtigen Empfehlungen und Vorgaben des IMV I80 , so etwa wenn von § 3 IMV, wonach "das gesamte künstlerische, technische und Verwaltungs17, Vgl. Everding, Theater heute, in: Straßburger Gespräche, Heft 2, S. 7; Der ehemalige Verwaltungsdirektor des Landestheater Tübingen Vierthaler hat in einem Gespräch mit dem Verfasser allerdings darauf hingewiesen, daß das Einnahmesoll in der Regel nicht das Hauptdruckmittel auf seiten des Trägers darstelle. 170 Gern. § 6 IMV wird die Preisordnung für Eintritt, Kleiderablage und Programmverkauf vom Rechtsträger nach Anhörung des Intendanten erlassen, abgedruckt bei Dünnwald, Die Rechtsstellung des Theaterintendanten, S. 42 ff. 177 Ende der sechziger Jahre war als Antwort auf eklatanten Zuschauerschwund auch das eintrittsfreie Theater und damit die Befreiung vom Einnahmesoll ventiliert worden und in den Mittelpunkt öffentlicher Diskussion gerückt, so bei Bahn, Das subventionierte Theater der Bundesrepublik Deutschland, S. 137. 17R Vgl. Kewenig (0. Fn. 174), S. 91 (107) Fn. 45.
179 Auf einen Verwaltungsdirektor am Hessischen Staatstheater Wiesbaden kommen im Durchschnitt sieben Intendanten, so bei Siede / Hiller, Zwischen Kunstfreiheit und Kontrolle, S. 28 Fn. 56. IRO Bofinger, Angst vorm Verwaltungsdirektor, in: Die Deutsche Bühne 5/1985, S. 47 f. regt sogar an, ob die Regelungen des IMV nicht mittlerweile schon Bühnenbrauch geworden seien und damit juristische Verbindlichkeit erlangt hätten.
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personal des Theaters" dem Intendanten unterstellt ist, im sog. "dualen System" abgewichen wird. Letzteres ist ein Organisations typ, welcher Verwaltung und Intendanz strikt trennt, so daß es dem Theaterintendanten nicht mehr möglich ist, auch seiner Verwaltung Anweisungen zu erteilen. Bei den sog. "Direktoriumslösungen" wiederum sollen Verwaltungsdirektor und Intendant gemeinsam entscheiden, wobei ein gegenseitiges Einvernehmen zu suchen ist. Ungeachtet der Vorkehrungen des § 5 IMV bringen diverse Träger für diese Organisationsmuster vor allem eine (noch) verbesserte Kontrollmöglichkeit über das Haushaltsgebaren des Intendanten vor. Es bestehen dann zwei Dienstaufsichtswege und über eine eventuelle Blockade des Verwaltungsapparats kann Theaterpolitik "im kleinen" gemacht bzw. auch in den kunstfreiheitssensiblen Bereich der Intendantenarbeit eingegriffen werden. Dies kann zudem gesteigert werden über zusätzliche Vertragsinhalte, wie Zuordnung von Teilen des technischen Personals oder die Übertragung aller abweichenden Dienstzeitregelungen, Genehmigungskompetenzen für Überstunden, Arbeitsund Rufbereitschaften an den Verwaltungsdirektor. Auch die grundsätzliche Freiheit des Intendanten bei Stellenbesetzungen scheint damit gefährdet 'R' . Die Folge ist für den Intendanten intern die fehlende Weisungsbefugnis über die Verwaltung und extern - im Verhältnis zum Träger, zur Trägerbürokratie - eine größere Abhängigkeit von den aufsichtführenden Vertretern der Theaterträger, also z.B. Kulturdezernent oder den zuständigen Ministerialbeamten bei Staatstheatern. All dies hinterläßt nicht unwesentlich den Eindruck einer quasiErdrosselung des künstlerisch tätigen und darüber hinaus auch sich und der (formierten) Öffentlichkeit verantwortlichen Intendanten. Insgesamt scheint damit die Kunstfreiheit des Intendanten auf indirekte Weise bedroht wiederum sowohl vom individual-abwehrrechtlichen als auch vom objektiv-rechtlich Autonomie verbürgenden Aspekt der Kunstfreiheit her. Die aufgezeigten Möglichkeiten der Einflußnahme sind - so tatsächlich durchgeführt - dann unzulässige Eingriffe in die Kunstfreiheit des Intendanten, sofern sie nicht durch eine eventuelle Schranke der Intendantenfreiheit gedeckt sind. Als eine solche muß in Betracht gezogen werden der bereits erwähnte Gesichtspunkt der demokratischen Legitimation bzw. das grundgesetzliche Demokratieprinzip des Art. 20 GG. Grundsätzlich läßt sich zur Schrankenqualität des Demokratieprinzips anfüh. ren: Grundrechte und Demokratieprinzip sind Bestandteile der einmal sich ergänzenden, einmal gegeneinander arbeitenden, also zweipolig angelegten Legitimation des Grundgesetzes. In ihrer Polarität konstituieren Grundrechtsfreiheit und Volksherrschaft das freiheitliche Gemeinwesen '82 . Im gemeindlichen Be,"1
Ebd., S. 47 (48).
'"2 Vgl. hensee, Grundrechte und Demokratie, S. 19 f., 23 und passim; Simon, Grundrechte im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: FS für Benda, S. 337 (342 f.); Höfling, Zur hoheitlichen Kunstförderung, DÖV 1985, S. 387 (393). 9 Tillner
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
reich wurzelt darüber hinaus die Verantwortung der Gemeindevertretung sowie der von ihr kontrollierten Gemeindeexekutive zusätzlich in der Selbstverwaltungsgarantie, welche in Art. 28 Abs. 2 GG garantiert wird '83 • Es liegt deshalb durchaus im Sinne demokratischer Politik und im Wesen demokratischer Legitimation, daß eine Kommune etwa auch eine bestimmte Kunstpolitik betreibt, für die sie demokratisch gewählt und verantwortlich ist 'R4 • So müssen die grundgesetzlich verankerte Selbstverwaltung der Gemeinden und allgemein das Demokratieprinzip auf seiten der öffentlichen Träger(körperschaften) als mögliche verfassungsunmittelbare Schranken der Kunstfreiheit des Theaterintendanten in ihrer Tragweite geprüft werden lRS • Im Rahmen einer verhältnismäßigen Abwägung müssen nun die in verschiedenen Bereichen tangierte Kunstfreiheitsgarantie zugunsten des Intendanten und die als Ausfluß des allgemeinen Demokratieprinzips für die (gemeindliche) Theaterpolitik - u.U. auch für eine solche "im kleinen" - sprechende demokratische Legitimation der fördernden öffentlichen Hand in ein rechtes Verhältnis gesetzt werden. Dabei muß ein kollisionslösendes Verfahren gefunden werden, bei welchem ein verhältnismäßiger Ausgleich der gegenläufigen, verfassungsrechtlich geschützten Interessen mit dem Ziele ihrer jeweiligen Optimierung geschaffen werden kann '86 . Es müssen die in Art. 5 Abs. 3 GG verbriefte Kunstfreiheitsgarantie - sowohl als individual-rechtliche Freiheitsgarantie gegenüber hoheitlichen Eingriffen wie auch als objektiv-rechtliche Verbürgung des autonomen und eigengesetzlichen Lebensbereichs "Kunst" - gegenüber der aus dem Demokratieprinzip - wie übrigens auch aus dem Verständnis unseres Staates als Kulturstaat - entspringenden grundsätzlichen "Kulturgestaltungsmacht"'R7 des Staates im Bereich staatlicher Leistungsgewährung abgewogen werden. 1M3 Vgl. Graf Vitzthum, Gemeinderechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Wirtschaftsunternehmen, AöR 104 (1979), S. 580 (625); Isensee (0. Fn. 182), S. 17; gleichzeitig weist Hufen, Kulturauftrag als Selbstverwaltungsgarantie, NVwZ 1983, S. 516 (520) und passim daraufhin, daß die organisations- und verfahrensmäßigen Schutzwirkungen der Kunstfreiheit als normative Strukturprinzipien von Kulturpolitik im Vergleich zu anderen öffentlichen Organ isationseinheiten am ehesten in der gemeindlichen Selbstverwaltung sich wiederfänden.
'0' Vgl. Erbet, Inhalt und Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie, S. 178; fur die Kur- und einstmalige Kaiserstadt Wiesbaden z.B. kann die fur das Theater bestimmende Kulturpolitik in Vergangenheit und durchaus auch in der Gegenwart mit dem Begriff der "kulturellen Repräsentation" umschrieben werden, so Siede / Hilier (0. Fn. 179), S. 46 f. '05 Kritisch merkt Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, S. 108 hier bereits an, daß Demokratie und Kunst zwei gänzlich verschiedene Kategorien darstellten, da Kunst sich nicht nach demokratischen Maßstäben entwickeln könne; für Höfling (0. Fn. 182), S. 387 (393) besteht die Gefahr, daß das Argument demokratischer Legitimation nicht selten lediglich der Kaschierung einer populistischen Berufung auf eine "Volksverbundenheit" staatlicher Kunstforderung diente.
'0. Vgl.
Würkner, Das Bundesverfassungsgericht und die Freiheit der Kunst, S. 108 m.w.N.
So Hilber, Zur Problematik des Kulturstaats, in: Kulturstaatlichkeit und Kulturverfassungsrecht, S. 122 (130 f.). '07
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Grundsätzlich ergibt sich dabei als Grobmuster aus einer harmonisierenden Abwägung das Gebot zur Ausübung von "Kulturgestaltungsmacht", von Einschätzungsprärogative auf der Grundlage und im Rahmen von "Eigengesetzlichkeit" der Kunst, ja sogar der Aufruf zur gestaltenden "Optimierung" eigengesetzlicher Prozesse l88 • Zugunsten der Bedeutung der Kunstfreiheitsgarantie muß zusätzlich angeführt werden, daß die als Ausfluß des gegenpolig wirkenden Demokratieprinzips in anderen Grundrechten enthaltenen Gesetzesvorbehalte in Art. 5 Abs. 3 GG eben keinen Niederschlag gefunden haben. Dementsprechend muß der verwaltende, der leistende und fördernde Staat unter dem durch die Kunstfreiheitsgarantie statuierten Neutralitätsgebot, um der Freiheitsdimension des Art. 5 Abs. 3 GG auch bei leistungsstaatlichem Handeln gerecht zu werden, zur Wahrung und Förderung der Eigengesetzlichkeit von Kunst dienliche Organisations- und Verfahrensvorkehrungen treffen l89 • Letzteres folgt vor allem auch aus Art. 5 Abs. 3 GG als objektiver Wertordnung l9o . Andererseits darf aber auch nicht verkannt werden, daß die für die Kulturverwaltung des öffentlichen Trägers Verantwortlichen unter anderem auch zur Realisierung einer bestimmten Kultur- und Kunstpolitik, für welche sie zuvor bei politischen Wahlen eine Mehrheit gefunden haben, ihre derzeitige Stellung innehaben und diese deshalb zu entsprechender, konzeptioneller Arbeit auch nutzen möchten. Es muß mithin dem öffentlichen Träger eines Theaters möglich sein, bestimmte grundsätzliche, programmatische Vorstellungen über eine Kunstpolitik bzw. das jeweilige Theater auch in die Tat umzusetzen l91 • So muß im Rahmen der großen Kunstinstitutionen organisatorisch ein Weg gefunden werden, der bei den verfassungsbewehrten Interessen unter besonderer Berücksichtigung des kunstfreiheitlichen Neutralitätsgebots zu einem schonenden Ausgleich verhilft. Einiges für sich hat dabei die Vorstellung, daß bis zur vollständigen Gestalt eines Kunstwerks, wie einer Bühnenproduktion, eine Vielzahl zeitlich aufeinander folgender Einzelentscheidungen zu treffen ist, welche mithin durchaus als "Plattform" einer "zeitlichen Entzerrung" für den gesuchten Ausgleich der widerstreitenden Interessen herangezogen werden kann. Von besonderer Bedeutung ist dabei die festzustellende unterschiedliche "Kunstrelevanz" der verschiedenen Entscheidungsstationen bzw. deren ungleiche Nähe zum eigentlich künstlerisch-schöpferischen Akt l92 • 188 Vgl. Höfling, Zur hoheitlichen Kunstförderung, DÖV 1985, S. 387 (392); Hufen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, S. 180 f.; Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, S. 79 f.
189 Häberle, Grundrechte im Leistungsstaat, VVDStRL 30 (1972), S. 43 (87); Höfling Fn. 188), S. 387 (390); Mihatsch (0. Fn. 188), S. 77 ff.
(0.
190 Dazu grundlegend BVerfGE 24, 367 (401); 53, 30 ff.; vgl. ferner Mihatsch (0. Fn. 188), S. 77. 191 Vgl. Hufen, Kulturauftrag als Selbstverwaltungsgarantie, NVwZ 1983, S. 516 (522); Steiner, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, VVDStRL 42 (1984), S. 7 (30 f.). 192
Vgl. Hufen (0. Fn. 191), S. 516 (522); Höfling (0. Fn. 188), S. 387 (394).
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So besitzen etwa die von der "Findungskommission" eines Stadtparlaments getroffene Auswahlentscheidung für einen bestimmten Intendanten und dessen grundsätzliche konzeptionelle Vorstellung oder die haushaltspolitische Entscheidung über den Personal- oder Sachmitteletat eines bestimmten Theaters noch kaum einen wesentlichen Einfluß auf die konkrete künstlerische Gestalt etwa einer Opernaufführung. Anders kann sich dies allerdings schon verhalten bei der näheren Ausgestaltung des Dienstverhältnisses des Intendanten durch Geschäftsordnung oder weitere über die Regelungen des IMV hinausgehende, vertragliche Bestimmungen. Vollends augenscheinlich wird die Kunstrelevanz dann jedoch bei Entscheidungen über die Stückauswahl oder die konkrete Spielplangestaltung, die Verteilung von Regie und Dirigaten, sowie schließlich bei der Besetzung einzelner Rollen oder der Art der u.U. auch vom Intendanten vorgenommenen Eigenregie. Die gegebene Aufzählung soll dabei auch in etwa die zeitliche Abfolge relevanter Entscheidungen für funktionierendes Musiktheater wiedergeben 193. Zu den eingangs aufgezeigten möglichen indirekten Bedrohungen der Kunstfreiheit des Intendanten ist vor diesem Hintergrund somit folgendes anzumerken: Bezüglich der Annuität, der sich zumeist auf zwei bis vier Jahre belaufenden Befristung der Intendantenverträge kann - sofern nicht in unzulässiger Weise auch in diversen Einzelfragen in unmittelbarer Nähe künstlerischen Schaffens bewußt und offen mit dieser Regelung Druck auf den Intendanten ausgeübt wird - für den Normalfall bei Beachtung der relativ geringen unmittelbaren Nähe dieser grundsätzlichen Auswahlentscheidung auf den eigentlichen Vorgang der künstlerischen Bühnenarbeit nicht von einem unzulässigen Eingriff in die Kunstfreiheit des Intendanten ausgegangen werden, da zugleich auf der anderen Seite die verständlichen und verfassungsrechtlich legitimierten Ziele des öffentlichen Trägers zur Akzentuierung und Durchsetzung einer bestimmten Kunst- und Theaterpolitik gerade hier ihren Hauptansatzpunkt und die wirksamste Ausdrucksmöglichkeit besitzen. So sprechen geringere Kunstrelevanz einerseits und hohe Programmrelevanz auf der anderen Seite gegen einen unzulässigen indirekten Eingriff in die dem Intendanten garantierte Kunstfreiheitsgarantie durch die Befristung von Intendantenverträgen. Auch wenn haushaltspolitische Maßnahmen ebenso auf künstlerisches Schaffen indirekt wirksam sein mögen, sei es über die deshalb in geringerem Maße vorhandenen Möglichkeiten der Ausstattung, sei es über die kleinere Auswahl zusätzlich zu verpflichtender Solisten etwa, der künstlerischen Phantasie sind grundsätzlich auch bei geringeren zur Verfügung stehenden Mitteln keine Grenzen gesetzt, denn auch mit geringem materiellem Aufwand lassen sich pointierte, künstlerische Aussagen formieren und formulieren. So sehr manche Kürzungen im Haushaltsplan für das Theater - gerade wegen der hohen (personal193
Vgl. hierzu etwa SydowlSchlischefsky, Arbeitsfeld Theater, S. 42 und passim.
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bedingten) Fixkosten zu etwa 85-90% der Aufwendungen - auch mitunter ernsthafte Probleme gerade für die künstlerische Bewegungsfreiheit mit sich bringen, so sehr muß man, wenn auch zähneknirschend, der Trägerkörperschaft gleichwohl das Recht zugestehen, die Stellung der Kunst- und Theaterförderung im Verhältnis zu anderen öffentlichen Belangen und Aufgaben zu definieren und gegebenenfalls auch zu ändern bzw. auf eventuell auftretende Einnahmeausfälle zu reagieren. So bleibt also auch hier eine zwar indirekte Bedrohung, aber kein unzulässiger Eingriff in den Kern künstlerisch bedeutsamer Tätigkeit des Intendanten. Gedeckt wäre dabei - unbesehen der eventuellen zivilrechtlichen Folgen - sogar eine nachträgliche Kürzung der zur Verfügung stehenden Mittel, auch bezogen auf die für die Laufzeit einer Intendanz vorausgesetzte Anzahl von Spiel stätten, d.h. auch die nach Abschluß eines Intendantenvertrages unvorhergesehen notwendig werdende Schließung eines Studios läge im Bereich des möglichen 194 • Abzugrenzen davon ist allerdings die mißbräuchlich betriebene, reaktive oder bewußt repressiv eingesetzte Mittelkürzung ohne generelle Finanzknappheit. Eine solche würde zugleich - auf der anderen Seite der notwendigen Abwägung - vorwiegend auf einzelne Akte künstlerischer Gestaltung, welche zumeist zum Kern künstlerischer Produktion zählen, abzielen und damit im Ergebnis eine unzulässige Beeinträchtigung der Kunstfreiheit des Intendanten darstellen. Im Falle der angeführten Formen einer durch den gewählten Organisationstyp oder durch zusätzliche Vereinbarungen ermöglichten "Verwaltungsintervention" in den engeren Bereich des künstlerisch-schöpferischen Agierens scheint die Abwägung für die Seite des öffentlichen Trägers grundsätzlich problematischer. Über die Organisationstypen des sog. dualen Systems und der Direktoriumslösung und erst recht über vertragliche Unterstellung des technischen Personals der Position des Verwaltungsdirektors oder über dessen Genehmigungskompetenz für Überstunden sowie Arbeits- und Rutbereitschaften lassen sich manigfaltige "Blockadeaktionen" von seiten der dem Verwaltungsdirektor zumindest beim Regiebetrieb - vorgesetzten Trägerverwaltung vorstellen. So könnte diese über Weisungen des Verwaltungsdirektors Theaterpolitik "im kleinen" betreiben und in den Bereich unmittelbarer Kunstproduktion, wie die Durchführung einer bestimmten Inszenierung, einer bestimmten Gestaltung von Bühnenbild und Kostümen unter dem Vorwand der zu großen Kostspieligkeit eingreifend tätig werden. Das Hauptargument für solches Vorgehen der Verwaltung liegt bei angestrebten Kosteneinsparungen im Theater. Dies ist in der Tat mit Blick auf die Optimierung der Erfüllung aller öffentlichen Belange und Aufgaben ein berech194 Ein solches Beispiel findet Erwähnung bei Kunig, Bühnenleiter und Kunstfreiheitsgarantie, OÖV 1982, S. 765 (768 f.); vgl. dazu auch die Interviews mit Intendanten wie Zadek, Heyme, Weigmann u.a., in: lshruch, Privatisierung - Ein Ausweg aus der finanziellen Krise des Theaters?, S. 199 ff.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
tigtes - auch demokratisch legitimiertes - Anliegen. Indes, bereits Art. 5 IMV und die nach seinem Muster abgeschlossenen Intendantenverträge sehen gerade für das Finanzgebaren des Intendanten weitgehende Sicherungsmaßnahmen vor. So obliegt dem Intendanten grundsätzlich und zunächst einmal selbstverständlich die Einhaltung der Haushaltsansätze, Art. 5 Abs. I S. I IMY. Auch sind vor allem bei drohenden Haushaltsüberschreitungen und wesentlichen Einnahmeausfallen umgehende Mitteilungspflichten verankert (Art. 5 Abs. I S. 2 IMV). Schließlich hat der Intendant ebenso in regelmäßigen Abständen gern. Art. 5 Abs. 2 IMV eine Aufstellung der von ihm bewirtschafteten Haushaltsmittel vorzulegen. So ist auch mit den sonstigen haushaltsrechtlichen Bindungen l95 das finanzwirksame Handeln des Intendanten bereits stark an die Trägerkörperschaft gekoppelt. Darüber hinausgehende Anbindungen und finanzorientierte Kontrollbefugnisse versprechen deshalb kaum einen zusätzlichen Einsparungsgewinn 196. Schwer wiegt jedoch die mit einer solchen "Verwaltungsintervention" verbundene, weitreichende Beschränkung der eigentlich künstlerischen Arbeit des Theaterintendanten. Im Rahmen einer Theaterpolitik "im kleinen" könnten nämlich Einzelweisungen und Einzelblockaden im eigentlichen Kern künstlerischer Produktion wirksam werden. Da im Falle wirklich rein wirtschaftlicher Besorgnisse finanzpolitische oder finanztechnische Gesichtspunkte entscheidend für die konkrete künstlerische Gestaltung einer Inszenierung zu Buche schlagen würden, und dies sich eben nicht mehr nach primär künstlerischen Prämissen vollziehen könnte, drängt sich der Eindruck auf, daß in einem solchen Fall die Kunstfreiheit des Intendanten vom abwehrrechtlichen Aspekt her - wenn er selbst Regie führt, auf jeden Fall hier auch den "Werk"bereich betreffend - als auch vom objektivrechtlichen "Wertgehalt" des Art. 5 Abs. 3 GG her gesehen - als Verbürgung des autonomen und eigengesetzlichen Lebensbereichs "Kunst" - eine nicht unwesentliche Beschränkung erfahren würde l97 • Im Zusammenhang mit den geringen tatsächlichen Einsparungsaussichten auf seiten der demokratisch legitimiert agierenden Verwaltung muß eine deutlich spürbare und im Feld erheblicher Kunstrelevanz anzusiedelnde Beschränkung künstlerischen Schaffens als ein unzulässiger und nicht durch verfassungsunmiuelbare 195
Vgl. unten B.II.l.b)aa)(3).
Durchaus erwägenswert erscheint in diesem Zusammenhang die Regelung, dem Verwaltungsdirektor ein Vetorecht zuzugestehen, wenn der künstlerische Leiter, der Intendant die Etatansätze nicht einhalten sollte, vgl. dazu auch Revermann, Der Mann im Hintergrund, in: Die Deutsche Bühne 5/ 1981, S. 39 f. 197 Im übrigen greift dieser hier zu beobachtende Prozeß eines in immer größere Tiefen sonst autonomer Prozesse sich erstreckenden Primats wirtschaftlichen Denkens auch in den zwar nicht mit einer institutionellen Garantie oder einer sonst gültigen objektiven Verbürgung geschützten Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens in immer erschreckenderem Maße ein. Wirtschaftliche Rentabilität und die ungeschriebenen Gesetzmäßigkeiten, die Eigengesetzlichkeiten der "Heilkunst", stehen hier in vergleichbarer Weise in einem massiven Spannungsverhältnis. Dieses scheint im Moment ernsthaft in Gefahr, sein Equilibrium zu verlieren. 196
II. Ausgestaltung der Förderung
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Schranken gedeckter Eingriff in die Kunstfreiheit des Intendanten nach Art. 5 Abs. 3 GG qualifiziert werden. Wenn die jeweilige Trägerkörperschaft eines Theaters nicht durch organisatorische Maßnahmen den "eigentlichen" Kern künstlerischer Produktion vor kunstfremden, gleichwohl ohne weiteres aber unmittelbar in diesem Bereich wirksamen Einflüssen abschirmt, erscheint auch bei nichtmißbräuchlichem Handeln die Verfassungsmäßigkeit einer solchen Organisationsform mehr als zweifelhaft. Es ist vielmehr Aufgabe der öffentlichen Hand, bei der Unterhaltung von Theatern die Wahrung der Eigengesetzlichkeit der dort ablaufenden, künstlerischen Prozesse zu respektieren und darüber hinaus möglichst zu optimieren. Eine Trägerkörperschaft würde diesem Auftrag um so eher gerecht, je mehr sie die ihr zustehende und demokratisch legitimierte grundsätzliche Entscheidung über Konzeption und Programm eines Theaters gewissermaßen im Vorfeld des eigentlichen künstlerischen Arbeitens wirksam werden ließe, wie etwa mit der Intendantenwahl und möglichst berechenbarer, vieIleicht sogar schon auf eine ganze Anzahl von Jahren hin haushaltspolitisch bestimmter BereitsteIlung von Mitteln. Um die der Kunst verpflichtete Arbeit des Intendanten nicht über Gebühr zu belasten oder um eine Theaterarbeit auch möglichst "aus einem Guß" zu ermöglichen, sollten vom Träger Organisationsformen gewählt werden, weIche den Kernbereich der Musiktheaterarbeit - also im wesentlichen die künstlerischen und künstlerisch assoziierten Abläufe nach BereitsteIlung der Etatmittel - vor kunstfremden Einflüssen weitgehend schützen. Das sog. duale System oder auch die Direktoriumslösungen in der geschilderten Form scheinen dies nicht hinreichend gewährleisten zu können und steIlen aufgrund freiheitsfeindlicher Organisation indirekte Eingriffe in die Kunstfreiheit des Intendanten nach Art. 5 Abs. 3 GG dar l98 • 19' In praxi mag allerdings in bestimmtem Umfang der Satz "volenti non fit iniuria" gelten, denn nicht selten arrangieren sich die künstlerischen Leiter mit den Ihnen nahegebrachten, über Regelungen des IMV hinausgehenden, zusätzlichen rechtlichen Bindungen. Ein Licht darauf mag auch die von Stein durchgeführte empirische Untersuchung über "Wirtschaftsplanung und Kontrolle öffentlicher Theater in der Bundesrepublik", S. 78 ff. werfen, wonach als rechtliche Grundlagen zur Aufstellung eines Spielplans neben Intendantenvertrag mit 66% der Nennungen auch Dienstanweisung bzw. Geschäftsordnung durch den Träger (51 %) sowie Zusatzvorschriften zum Haushaltsrecht (19%) genannt wurden. Als Personen, welche an der Spielplangestaltung beteiligt sind, wurden neben dem Intendanten (100%) die kaufmännische Leitung mit 15% und mit jeweils 4% Kulturausschuß, Kulturdezernent, Theaterbeirat, Aufsichtsrat und schließlich die Mitgliedervrsammlung bei in der Rechtsfonn eines Vereins geführten Theatern mit 2% aufgeführt. - Die Position des Verwaltungsdirektors ist für Einsparungen eine wesentliche, denn er hat in diesem Zusammenhang vielleicht den besten Überblick und Sachverstand. Eine notwendig beratende Funktion ist ihm deshalb nicht streitig zu machen; im Bereich schließlich großer Kunstrelevanz im Verlauf einer Theaterproduktion muß jedoch der Intendant auch in diesen Fragen das letzte Wort haben können, welches er gleichzeitig aber auch zu verantworten hat. - Mit Recht weist Wezel, Das subventionierte öffentliche Theater, S. 169, im übrigen darauf hin, daß im tatsächlichen das kulturelle Leben sich vor den Augen einer wachsamen Öffentlichkeit abspiele und sich weder einzelne Kulturpolitiker noch etwa Fraktionen dem "Odium der Politisierung" aussetzen wollten. Ebenso sei
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Vom Gesichtspunkt der objektiv-rechtlichen Gewährleistung her entspricht zwar der Optimierungspflicht des Staates bekanntermaßen kein subjektiver Anspruch des Einzelnen zu "optimaler organisatorischer Umhegung", wohl aber besteht - da organisatorische Maßnahmen und Eingriffe nicht klar abgegrenzt werden können - in Verbindung mit dem abwehrrechtlichen Aspekt des Art. 5 Abs. 3 GG ein Anrecht auf Unterlassen freiheitsfeindlicher Organisation zugunsten des Intendanten '99 . (3) Vorwiegende Bedrohungen des status passivus Gegenstand der Überlegungen soll jetzt sein, ob aus der objektiv-rechtlichen Verbürgung der Autonomie und Eigengesetzlichkeit des Lebensbereichs "Kunst" (status passivus) des Art. 5 Abs. 3 GG - außer für Fragen der inneren Organisation - auch für die äußere Rechtsform eines Theaters Folgerungen getroffen werden müssen. Der Fokus soll dabei auf die beiden gegenwärtig am häufigsten anzutreffenden Rechtsformen, nämlich den Regiebetrieb und die GmbH gerichtet sein 20o • Zunächst sei so rur den Regiebetrieb, vor allem mit Blick auf die engen Bindungen an die Trägerverwaltung - in Sonderheit durch das öffentliche Haushaltsrecht -, die notwendige Vereinbarkeit mit dem Auftrag des Art. 5 Abs. 3 GG zur Wahrung und Optimierung von Eigengesetzlichkeit der Kunst und dementsprechender Vermeidung von freiheitsfeindlicher Organisation untersucht. Regietheater gelten als organisatorisch· verselbständigte Verwaltungseinheiten (nicht rechtsfahige öffentliche Anstalten) einer Gemeinde oder eines Landes. Sie sind damit Teil einer Hoheitsverwaltung, und das ihnen gewidmete Vermögen bildet für sich keine rechtliche Einheit. Innerhalb der Trägerverwaltung sind sie mit ihrem Leitungsorgan - zumeist dem Intendanten - dem für kulturelle Angelegenheiten zuständigen Ressort nachgeordnet und damit Teil der unmittelbaren Verwaltung des Trägers. Der zuständige Verwaltungsleiter des Trägers - im besten Falle eine hervorragende Persönlichkeit, welche die entsprechenden Voraussetzungen zur Zusammenarbeit mit dem primär der Kunst verpflichteten Intendanten besitzt - ordnet in diesem Rahmen organisatodie Einsicht gewachsen, daß es der Qualität einer Bühne auch nicht zuträglich sein könne, wenn durch eigene Vorschläge oder Weisungen "Ordnung" in das Theater gebracht werde. Substantielle Beschneidungen der Intendantenfreiheit dürften deshalb heute nur noch sehr selten zu beobachten sein; insgesamt auch positiv über den Zustand der tatsächlichen Intendantenfreiheit Everding, Theater heute, S. 9 und passim. 199 So auch Starck, in: von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 5 Abs. 3 GG Rn. 184, 202, er spricht hier von "inhaltlichen und organisatorischen Eingriffen in den künstlerischen Bereich"; vgl. auch BVerfGE 35, 79 (107 f.). 200 Von den 105 Musiktheaterspielstätten besitzen 75 die Rechtsform des Regiebetriebes, 17 Spielstätten werden als GmbH betrieben; vgl. im übrigen ausflihrlieh bereits oben unter A.I1.3.
H. Ausgestaltung der Förderung
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rische, haushaltsrechtliche und personalrechtliche Richtlinien an, deren Einhaltung er auch überwacht. Grundsätzlich unterliegen die Regietheater auch seiner allgemeinen administrativen Kontrolle 20' • Vom Gesichtspunkt der besonderen haushaltsrechtlichen Bindungen, welche aus dieser Unterstellung für die Arbeit des Intendanten folgen, sei vor allem auf die kommunalrechtlichen bzw. für den Staatshaushalt gültigen Haushaltsgrundsätze 202 verwiesen. Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grundsatz der Einheit, § 8 Abs. 2 HGrG, ferner z.B. § 26 LHO BW, §§ 82 Abs. 4, 83 GO NW, wonach sämtliche Einnahmen und Ausgaben eines Landes oder einer Kommune in einem einzigen Haushaltsplan aufzuführen sind, ferner das Bruttoprinzip, §§ 12 Abs. I S. 1, 20 Abs. 1 HGrG, § 15 LHO BW, §§ 7 Abs. 2, 14 GemHVO NW, wonach die Einnahmen und Ausgaben in voller Höhe und getrennt voneinander zu veranschlagen sind, des weiteren der Grundsatz der lährlichkeit, §§ 8, 9 Abs. 1, 15 Abs. 1, 27 Abs. 1 HGrG, Art. 79 Abs. 3 LV BW , §§ 64 Abs. 3, 4, 72 Abs. 3 GO NW, §§ 19, 35 f. GemHVO NW und § 11 EigBetrVO NW, sowie schließlich vor allem der Grundsatz der Spezialität, §§ 12 Abs. 4, 15 Abs. 2, 27 Abs. 1 HGrG, §§ 17 Abs. 1 S. 1, 19,45 Abs. 1 LHO BW, §§ 7 Abs. 3, 9 und 11 GemHVO NW, demzufolge die Einnahmen einzeln nach ihrem Enstehungsgrund und die Ausgaben nach hinreichend bestimmten Einzelzwecken zu veranschlagen sind. Der letzte Haushaltsgrundsatz: die Spezialisierung, erleichtert den Überblick für Buchführung und Kontrolle. Mit Blick auf die Ausgaben bedeutet die sog. qualitative Spezialität, daß sie nur für die im Haushaltsplan bezeichneten Zwecke und nicht für ähnliche oder andere Zwecke geleistet werden dürfen; die sog. zeitliche Spezialität meint, daß die Ausgaben nur innerhalb des Haushaltsjahres geleistet werden dürfen, und die sog. quantitative Spezialität, daß Ausgaben nur in der Höhe geleistet werden dürfen, in der auch Mittel veranschlagt sind 203 • Schon bei der Beschreibung der wichtigsten einschlägigen Haushaltsgrundsätze und kameralistischen Prinzipien, welche für den gesamten Haushaltsplan des Rechtsträgers zur Anwendung kommen, wird an Hand der Vielzahl der Festschreibungen sowohl im einzelnen als auch im voraus die Spannung deutlich, welche zwischen der kameralistischen Berechenbarkeit und Rationalität auf der einen Seite und der von Flexibilität, Spontaneität und Raum für Kreati201 Vgl. WoltJ/Bachor/Stober, Verwaltungsrecht 11, S. 308 f.; Stein (0. Fn. 198), S. 17; Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 447 (450 f.); Wezel (0. Fn. 198), S. 103 f.; vgl. ansonsten oben A.II.3. 202 Eine Übersicht über die einschlägigen, die Belange der Theater betreffenden Haushaltsgrundsätze ist zu finden bei Harth, Publikum und Finanzen der Theater, Anhang VIII, Blatt I und 2 mit entsprechenden Verweisen auf HGrG und leider nur BHO; vgl. ansonsten dazu Wolfr/ Bachof, Verwaltungsrecht 111, S. 419 ff., 443 ff., sowie Breitmaier, Haushaltsrecht, VBIBW 1991, S. I ff. 203 Vgl. Breitmaier (0. Fn. 202), S. I (8).
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
vität erfordernden Arbeit an einem Theater bestehen mag. Kurz ein paar Worte zu den Friktionen im einzelnen, wobei diese Punkte schon seit langem bekannt sind und zu einem beträchtlichen Teil durch Flexibilisierungen des Haushaltsrechts bereits entschärft sind. Gleichwohl im Grundsatz schafft vor allem die Spezialitätsmaxime nicht unerhebliche Probleme bei der Wirtschaftsführung der Regietheater. So bringt das Verbot der gegenseitigen Deckungsfähigkeit der einzelnen Haushaltstitel eine beträchtliche Festlegung der Theaterarbeit mit sich. Kurzfristig sich ergebende und reizvoll erscheinende Möglichkeiten zu Gastspielen oder Doppelvorstellungen können nicht genutzt werden, da mit den einhergehenden Mehrausgaben - auch bei dem Betrage nach entsprechenden Mehreinnahmen - der vorgesehene Etat- bzw. Ausgabenposten für sich überschritten würde. Möglich wäre wohl - noch zu im Fall der Deckung - eine Genehmigung einer solchen Umdisposition. Allerdings, der Dienstweg würde im ungünstigsten Fall - bei einem städtischen Regietheater - den Weg von der Theaterverwaltung zunächst zum Kulturausschuß, von dort mit Gutachten an den Stadtkämmerer nehmen, dieser würde seinerseits begutachten und an den Haushaltsausschuß weiterleiten, wiederum mit entsprechendem Gutachten würde die Vorlage den Finanzausschuß passieren ... und in der Zwischenzeit wäre der Fall obsoleeo4 • Ebenso etwaige Mehreinnahmen aus Kartenverkauf, Funk- und Fernsehproduktionen können so im Grundsatz nicht für zusätzliche Engagements von Sängern und damit unvorhergesehene Mehrausgaben verwendet werden 205 • Auch das Verbot der zeitlichen Deckungsfähigkeit, d.h. der Übertragbarkeit von Haushaltsmitteln, stellt sich als ein schwerer Hemmschuh für die Arbeit am Theater dar. Damit ist der Umstand gemeint, daß Einsparungen nicht zum Verbrauch im nächsten Jahr übertragen werden dürfen. So ist die Folge das vielbesprochene "Dezemberfieber", z.B. in der Ausstattung - wenn die für das Jahr vorgesehenen Mittel für Kostüme z.B. noch nicht aufgebraucht sein sollten -, damit zukünftige Ansätze nicht hinter den aktuellen zurückbleiben206 • Zudem sind längerfristige Planungen des einzelnen Theaters über kostspielige Ereignisse und Produktionen, die über vorheriges sparsameres Wirtschaften ermöglicht werden sollen, damit nahezu unmöglich. Die zeitliche Spezialität und Jährlichkeit bringt es ferner mit sich, daß es zwischen Spieljahr und Haushaltsjahr zu Überschneidungen kommen kann, denn das Spieljahr erstreckt sich zumeist auf die Zeit von 1.8. bzw. 1.9. bis 31.7. bzw. 30.8. eines Jahres 207 • Dies hat zur Folge, daß die Theaterleitung für einen Zeitraum, der erst ein Jahr und sieben Monate später beginnt, bis ins ein204
Vgl. bei Wezel (0. Fn. 198), S. 155.
205
Vgl. Dünnwald, Die Rechtsstellung des Theaterintendanten, S. 59 ff.
206
So bei Wezel (0. Fn. 198), S. 157; Breitmaier (0. Fn. 202), S. 8 f.
207
Stein (0. Fn. 198), S. 89.
11. Ausgestaltung der Förderung
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zeine gehende etatmäßige Festlegungen treffen muß. Umgekehrt kann nach Ablauf des Spieljahres auch nicht neben dem künstlerischen Ertrag das wirtschaftliche Ergebnis festgestellt werden, da das Rechnungsergebnis erst mit Abschluß des Rechnungsjahres zu erhalten ist. Das tatsächliche betriebliche Geschehen ist aber am Spieljahr und nicht am Haushaltsjahr ausgerichtet 20R • Schließlich sind auch für die Zusammenstellung des künstlerischen Personals haushaltsrechtliche Festschreibungen nicht ohne Bedeutung. Die Frage, inwieweit der Intendant bei den Engagements nach Zahl und Fach einer Bindung unterliegt, hängt dabei von der Existenz und der Wirkung eines Stellenplans ab. Bei den Staatstheatern lagen zum Teil detaillierte, bis zur Spezifizierung des Kunstfachs reichende Festschreibungen vor 09 • Überwiegend sind mittlerweile die veranschlagten Beträge im Stellenplan lediglich nach Gruppen - wie den Chor oder das Ballett - für das künstlerische Personal angeführt mit gelegentlicher Nennung der Stellenzahl für eine Gruppe oder unter Festlegung der Gesamtzahl der Personalstellen. Zusätzlich besteht oftmals auch ein sog. Gästefonds, der für anfallende Ausgaben im Zusammenhang mit der Engagierung von vorstellungsweise oder für längere Zeit anstelle verhinderter Ensemblemitglieder einspringende Aushilfen, ferner für mit Stückverträgen für nicht besetzte Fächer ausgestattete Künstler sowie Prominente vorgesehen ist2JO • Auf kommunaler Ebene werden die künstlerischen Angestellten in den Haushalts- und Stellenplänen je nach GemHVO unterschiedlich behandelt. Obwohl zumeist grundsätzlich auch die einzelvertraglich Angestellten nachzuweisen sind 2ll , werden in den Stellenplänen zwar die U.u. noch vorzufindenden Beamten und die auf BAT und TO.K Angestellten aufgeführt, für die auf Bühnen20'
So auch Stein (0. Fn. 198), S. 88 f.; Wezel (0. Fn. 198), S. 158 f.
Dünnwald (0. Fn. 205), S. 65 fur die Staatstheater Stuttgart und Karlsruhe, im Entwurf zum Haushaltsgesetz 1963 in § 3 Abs. I und 3. Unter dem Bedarf an nichtbeamteten Kräften firmiert zugleich das Gesamtstellensoll fur Normalvertragsangestellte. Abweichungen sind bei Vorliegen eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses mit vorheriger Zustimmung des Finanzministeriums zulässig. - Die baden-württembergischen Staatstheater gehen aber in der Zwischenzeit einen anderen Weg. Die Ausgaben fur das gesamte künstlerische und bühnentechnische Personal sind aus der Stellenübersicht beim Personaltitel herausgenommen und nunmehr bei den Theaterbetriebsausgaben zusammen mit den Gästemitteln veranschlagt, so Breitmaier, Haushaltsrecht, VBIBW 1991, S. I (9). 209
210 Dünnwald (0. Fn. 205), S. 64 ff., wonach vielfach noch eine Verstärkung der Mittel möglich sei durch Erklärung der Deckungsflihigkeit mit anderen Posten. - Mittlerweile werden die Gast-Budgets wohl noch größere Bedeutung erlangt haben, denn einer Mitteilung des Deutschen Bühnenvereins zufolge läßt sich der klassische Anspruch des Ensemble- und Repertoiretheaters - vor allem in der Oper - vielerorts kaum mehr aufrechterhalten, da erfolgreich und viel gefragte Künstler sich nicht mehr in dem Maße an ein Haus binden lassen, so nach einer Mitteilung in Schwäbisches Tagblatt vom 5.8.1992, Feuilleton. 211 Z.B. § 6 Abs. I S. I GemHVO BW: "Der Stellenplan hat die im Haushaltsjahr erforderlichen Stellen der Beamten und der nicht nur vorübergehend beschäftigten Angestellten und Arbeiter auszuweisen."
140
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
nonnalvertrag angestellten Künstler fehlt jedoch in vielen Fällen eine Stellenzahl, so daß der Intendant bei der Zusammenstellung des künstlerischen Personals in der Regel keinen besonderen haushaltsrechtlichen Bindungen unterliegt. Zuweilen findet sich allerdings eine Gesamtzahl der nach Nonnalvertrag Angestellten in den Stellenplan- oder Titelerläuterungen2l2 • Außer den geschilderten, aus der Verflechtung von Haushaltsrecht und Befugnissen des Intendanten sich ergebenden Beschränkungen in zeitlicher und finanzieller Hinsicht - vgl. § 3 IMV, wobei lediglich finanzrechtliche und -politische Gründe für die Verweigerung einer Zustimmung des Trägers zulässig sind 2JJ - treffen den Intendanten in der Regel somit keine weiteren Einschränkungen bei der Zusammenstellung des künstlerischen Personals, so daß weitgehend mit den zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln auch künstlerischen Erfordernissen entsprochen werden kann 214 • Die sonst oben beschriebenen Abstimmungsschwierigkeiten zwischen kameralistischer Wirtschaftsführung und künstlerischer Produktion tragen mit dazu bei, daß der Regiebetrieb in der besprochenen Fonn nicht als optimale organisatorische, die Eigengesetzlichkeit der künstlerischen Prozesse respektierende oder gar fördernde Vorkehrung des Trägers für Musiktheaterarbeit gelten kann 215 • Man wird dementsprechend von organisatorischen Erschwernissen, nicht jedoch gleich schon von einem "organisatorischen Eingriff' durch die mit dem Regiebetrieb verbundene kameralistische Haushalts- und Wirtschaftsführung sprechen können. Gleichwohl besteht der objektiv-rechtliche Auftrag des Art. 5 Abs. 3 GG zu möglichst weitgehender Optimierung auf dem Feld kunstgerechter Gestaltung und Organisation von Musiktheaterschaffen in den von Staat und Gemeinden dazu unterhaltenen Institutionen. So scheint eine Lockerung der dichten und beengenden, haushaltsrechtlichen Bindungen mit Blick auf Art. 5 Abs. 3 GG wünschenswert und notwendig. Das Ziel einer größeren Flexibilisierung des Haushaltsrechts und näheren Anbindung und Anpassung an die tatsächlichen Abläufe im Theater kann im wesentlichen dabei auf drei Wegen geschehen. In Frage kommen Globalbewilligungen, ferner verschiedene Vennerke zur Übertragbarkeit und Deckungsfähigkeit im Rahmen des Regiebetriebs sowie schließlich die rechtlich lockerere Anbindung als sog. befreiter Regiebetrieb bzw. Landes- und Eigenbetrieb. Bei der ersten Möglichkeit einer Flexibilisierung, der sog. Globalbewilligung, ist wesentlich, daß mit ihr der Grundsatz der Spezialtität, d.h. die Einzelverm Diinnwald (0. Fn. 205), S. 66 f. m.w.N. Vgl. ebd., S. 76.
2lJ
214 Vielfach sind auch in diesem Punkt das künstlerische und menschliche Format eines Intendanten mit ausschlaggebend fur die konkrete Aktualisierung und Bemessung der Freiräume; vgl. zum ganzen noch Dünnwald (0. Fn. 205), S. 59 ff.
215
Vgl. etwa Hulen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, S. 551.
H. Ausgestaltung der Förderung
141
anschlagung (z.B. § 17 Abs. I LHO BW), durchbrochen wird. Dabei wird dem Theaterbetrieb für einen bestimmten Zeitraum einmal global, also nicht nach Kapiteln und Titeln aufgeschlüsselt, ein bestimmter Umfang an Mitteln zur Verfügung gestellt. Das Theater kann dann selbständig die erhaltenen Mittel zuordnen und einer sinnvollen Verwendung zuführen. Die Globalbewilligung bedeutet aber zugleich, daß mit diesen Mitteln definitiv auszukommen ist, und nicht via Notbewilligung zusätzliche Gelder zu erhalten sind. Auch spricht das Votum des Gesetzgebers zugunsten einer Einzelveranschlagung gegen die regelhafte Verwendung von Globalbewilligungen 216 • Gleichwohl bestehen zur Zeit schon Tendenzen zur großzügigeren Handhabung dieses Instruments bzw. auch zur Erzielung desselben Effekts mit anderen Mitteln 217 • Außer der Globalveranschlagung gibt es aber im wesentlichen noch zwei weitere Mittel der Flexibilisierung. Dies sind die Übertragbarkeit, wonach Haushaltsansätze zeitlich - entgegen der Jährlichkeit des Haushaltsplans - übertragbar sind, sie können also zur Verwendung im nächsten Haushaltsjahr gutgeschrieben werden, und die Deckungsfähigkeit, die besagt, daß - als Ausnahme von der (qualitativen) Spezialität - die bewilligten Mittel auch zu anderen, ausdrücklich bezeichneten als den jeweils zunächst im Haushaltsplan vorgesehenen Zwecken einer Verwendung zugeführt werden dürfen 218 • Beide sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und führen als "Haushaltsvermerk" zu einer Ausnahmeregelung. Die zeitliche Übertragbarkeit von Haushaltsmitteln ist gern. § 19 Abs. I BHO und § 19 LHO BW, § 19 Abs. 2 GemHVO BW vorgesehen, wenn u.a. Ausgaben für eine sich auf mehrere Jahre erstreckende Maßnahme bestimmt sind und wenn die Übertragbarkeit eine sparsame Bewirtschaftung der Mittel fördert. Die sachliche Deckungsfähigkeit setzt voraus, daß zwischen den beteiligten Ausgaben Z.B. ein verwaltungsmäßiger oder sachlicher Zusammenhang besteht, § 20 Abs. 2 BHO, § 20 Abs. I LHO BW, § 18 Abs. 2 GemHVO BW, wobei Personalausgaben vielfach schon per se als gegen- oder einseitig dek216
So Breitmaier
(0.
Fn. 209), S. I (9).
Bei den Staatstheatern Karlsruhe und Stuttgart werden Ansätze dazu sichtbar, wenn die Löhne der nicht voll beschäftigten Arbeiter und des Reinigungsdienstes gleich wie die vermischten Personalausgaben mit einem Großteil der sächlichen Verwaltungsausgaben und ferner mit den in einer Titelgruppe ausgebrachten Theaterbetriebsausgaben fur gegenseitig deckungsfahig erklärt sind, so bei Breitmaier (0. Fn. 209), S. I (9); mittlerweile wurde das Staatstheater Stuttgart - fast folgerichtig - in einen sog. Landesbetrieb umgewandelt, Notiz in Schwäbisches Tagblatt vom 22.3.1994, Feuilleton. - Der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg erprobt in einem Modellversuch anhand von ausgesuchten Behörden des Landes - wie einigen Finanzämtern, Polizeibehörden und Liegenschaftsverwaltungen - im Rahmen einer "dezentralen Budgetverantwortung" ebenfalls die Ausweisung der notwendigen Mittel in einem Globalhaushalt, so eine Notiz in Schwäbisches Tagblatt vom 20.12.1993, Südwestumschau. m Vgl. Wezel, Das subventionierte öffentliche Theater, S. 97 ff.; Breitmaier (0. Fn. 209), S. I (9). 217
142
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
kungsfähig im Gesetz ausgewiesen sind, § 20 Abs. I BHO, § 18 Abs. I GemHVO BW. Von diesen Ausnahmemöglichkeiten, über die bereits im Stadium der Haushaltsplanberatung zu entscheiden ist, wird reger Gebrauch gemacht, wobei die Erzielung zeitlicher Übertragbarkeit in praxi problematischer scheint2l9 • So muß sich um die entsprechenden Vermerke der Intendant in der Regel selbst bemühen 220 • Schließlich kann man den Regiebetrieb als solchen noch modifizieren als sog. verselbständigten oder befreiten Regiebetrieb, Bundes- oder Landesbetrieb bzw. für den kommunalen Bereich Eigenbetrieb 221 • Bei allen Bezeichnungen ist gemeinsam die weiter bestehende Eigenschaft als rechtlich unselbständiger, organisatorisch abgesonderter Teil einer Verwaltung 222 • Ferner ist gerade im Zusammenhang mit haushaltsrechtlichen Fragen bedeutsam, daß der befreite Regiebetrieb vor allem von der engen Bindung an den Haushalt des Trägers befreit ist. Jener erstellt anstelle eines Haushaltsplans einen Wirtschaftsplan. Lediglich die Zuführungen bzw. Abführungen eines Z.B. kommunalen Eigenbetriebs erscheinen so im Haushaltsplan der Trägergemeinde (Nettobetriebe). Der befreite Regiebetrieb besitzt ferner eine eigene Wirtschaftsführung und einen eigenen Stellenplan sowie eine eigene Leitung. Die Werkleitung ist allerdings in wichtigen Fragen den Beschlüssen des Gemeinderats oder eines sog. Werksausschusses (bei Theatern zumeist mit einer Vielzahl von Mitgliedern des Kulturausschusses besetzt) unterworfen 223 . 219 Eine große Zahl an Deckungsvermerken ist z.B. im Auszug aus dem Haushaltsplan der Stadt Bonn über den Haushalt der Oper der Stadt Bonn zu finden. So geben in der empirischen Untersuchung von Stein, Wirtschaftsplanung und Kontrolle öffentlicher Theater in der Bundesrepublik Deutschland, S. 121, auf die Frage der möglichen Umwandlung von Minderausgaben im Personal bereich zu Sachausgaben 42% der befragten Regiebetriebe eine positive Antwort. Auch der ehemalige Verwaltungsdirektor des LTT Tübingen und jetzige Verwaltungsdirektor an der Staatsoper unter den Linden in Berlin Vierthaler bestätigte in einem Gespräch mit dem Verfasser diesen Eindruck, gerade auch bezüglich der Deckungsfahigkeit von Personal- und Sachkosten. Probleme bereite aber die Durchsetzung der Übertragbarkeit, um die jedes Jahr neu gefochten werden müsse. Auch Stein. ebd., S. 120 vermittelt diesen Eindruck, wonach von den befragten Regietheatern, die auch auf diese Frage geantwortet haben, kein Thater die Übertragung eines nicht genutzten Planrests auf das neue Haushaltsjahr bejahen konnte - dies im Gegensatz zu 8 positiv antwortenden GmbH-Theatern. 220 Vgl. Dünnwald, Die Rechtsstellung des Theaterintendanten, S. 70. - Eine weitere Ausnahmemöglichkeit im Falle über- und außerplanmäßiger Ausgaben während des Haushaltsjahres besteht bei einem "unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnis" in der besonderen Genehmigung durch den Finanzminister bzw. den Gemeinderat, so Wezel (0. Fn. 218), S. 99 ff.
221 Für kommunale Theater ist in einer Reihe von Ländern die Anwendung des Eigenbetriebsrechts möglich, z.B. § 18 Abs. 2 Nr. 3 EigBG BW i.V.m. § 102 Abs. 3Nr. 2 GO BW, § 121 Abs. 2 GO Hess., § 108 Abs. 3 GO Nds., § 88 Abs. 2 GO NW; gern. § 85 Abs. 2 S. 3 Nr. I GO RhPf. sind Theater allerdings ausdrücklich von der Anwendung des Eigenbetriebsrechts ausgeschlossen. 222 Stein (0. Fn. 219), S. 46; Becker, Zur Struktur der deutschen Verwaltung, in: Becker/ Graf Vitzthum, Grundfragen der Verwaltungsorganisation, S. I (38 f.); Bergner, Wirtschaftslehre des Theaters, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. X, S. 379 (379 f.).
11. Ausgestaltung der Förderung
143
Die Wirtschaftsführung und das gesamte Rechnungswesen sind dabei nach kaufmännischen Gesichtspunkten gestaltet und unterliegen deshalb nicht weiter kameralistischen Prinzipien. So sind die Einzelansätze des Wirtschaftsplans sachlich voll deckungsfahig, und auch in zeitlicher Hinsicht ist eine Übertragung möglich. Damit sind am Ende eines Wirtschaftsjahres nicht verbrauchte Mittel bzw. der angefallene "Gewinn" für folgende Wirtschaftsjahre voll verfügbar. Der "Fachbeamte für das Finanzwesen" bzw. der städtische Kämmerer ist für den Eigenbetrieb nicht weiter primär zuständig, er besitzt lediglich ein Recht auf rechtzeitige Unterrichtung, so z.B. gern. § 19 EigBVO BW. Ebenso vorteilhaft scheint die Regelung, daß der für wichtige Fragen der Wirtschaftsführung zuständige Werksausschuß sowohl über Personalfragen als auch z.B. über Bauangelegenheiten beraten kann, ohne daß wie beim normalen Regietheater für jedes Sachgebiet besondere Stellen und Ausschüsse damit zu befassen wären224 . Schließlich fällt positiv ins Gewicht die mögliche Anpassung von Spieljahr des Theaters und Wirtschaftsjahr des Eigenbetriebs. Der Zu schuß des Trägers ist dann in dem Rechnungsjahr zu veranschlagen, in dem das Wirtschaftsjahr des Eigenbetriebs endet 225 • Die mit der Betriebsform des sog. befreiten Regiebetriebs einhergehende größere Flexibilität, Direktheit, Verantwortlichkeit und dann auch Sicherheit in der Wirtschaftsführung kann somit für die künstlerische Arbeit nur förderlich sein. Es kann deshalb festgehalten werden, daß mit dem zur Verfügung stehenden juristischen Instrumentarium zur Flexibilisierung der Haushalts- bzw. Wirtschaftsführung auch auf der Grundlage eines staatlichen oder kommunalen Regiebetriebs sich gute Grundlagen für die eigengesetzliche Ereignung von Musiktheaterkunst in den öffentlichen Theatern bereitstellen lassen. Vom objektivrechtlichen Gesichtspunkt des Art. 5 Abs. 3 GG zur Garantierung eines autonomen, eigengesetzlichen Lebensbereichs "Kunst" ergeben sich mithin bei Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Mittel einer vor allem haushaltsrechtlichen Flexibilisierung - keine durchschlagenden Bedenken gegen den Regie223 So z.B. §§ 4 ff. EigBG BW; vgl. im übrigen Becker (0. Fn. 222), S. I (39); Bergner (0. Fn. 222), S. 379 (380); Stein (0. Fn. 219), S. 46. 224 So z.B. § 7 Abs. 2 EigBG BW; vgl. im übrigen Wezel (0. Fn. 218), S. 105 ff. und 167 ff. m.w.N. m Laut § 12 S. 2 EigBG BW kann die Betriebssatzung, wenn die Art des Betriebs es erfordert, ein vom Haushaltsjahr der Gemeinde abweichendes Wirtschaftsjahr bestimmen; ansonsten aufschlußreich wiederum Wezel (0. Fn. 218), S. 105 ff. - Ähnlich ist die Lage für sog. Bundesbetriebe (vgl. § 26 BHO) und bei den Landesbetrieben (vgl. § 26 LHO BW für Baden-Württemberg). Diese Betriebsform besitzt mittlerweile das mit über 1.000 Mitarbeitern und 132 Mio. DM Zuschuß größte Mehrspartentheater Deutschlands, die Württembergischen Staatstheater Stuttgart, welche mit Beginn des Haushaltsjahres 1995 eingeführt wurde, so eine Notiz in Schwäbisches Tagblatt vom 22.3.1994, Feuilleton. Auch die Bayerische Staatsoper wird schon länger als "staatlicher Eigenbetrieb" ohne kameralistisches Haushaltssystem geführt, so Hans Maier in einem Interview mit Revermann, Das Theater darf (fast) alles, in: Die Deutsche Bühne 10/1985, S. 21 (23).
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
betrieb oder gar den Landes- und Eigenbetrieb. Dem status passivus des Art. 5 Abs. 3 GG ist vielmehr eine Ermutigung zu großzügigerer Verwendung von Globalbewilligungen flir den durch Eigengesetzlichkeit der Kunst wesentlich mitbestimmten Teilbereich öffentlicher Verwaltung, wie er durch die großen institutionalisierten, öffentlichen Theater verkörpert wird, zu entnehmen. So soll anschließend nur noch ein kurzer Blick auf die Bedingungen der Wirtschaftsflihrung eines als GmbH betriebenen, gleichwohl aber öffentlich getragenen Theaters geworfen werden. Mit der Führung eines Theaters als privatrechtliche Kapitalgesellschaft, als GmbH 226 , geht eine völlige rechtliche Verselbständigung eines solchen Theaterbetriebs einher, welcher damit zugleich aus dem Verband der öffentlichen Trägerkörperschaft mit ihrer kameralistischen Haushaltsflihrung vollständig gelöst ist227 • Die Anteile gehören dabei ganz oder teilweise zum Vermögen des öffentlichen Theaterträgers, so daß dieser auf das Theater nunmehr lediglich über die Gesellschaftsorgane Einfluß nehmen kann. Die GmbH wird auf Grund eines Gesellschaftsvertrages gegründet, in dem auf besondere Belange eines Theaterbetriebes eingegangen werden kann. Auch besteht die Möglichkeit, hierin neben den gesetzlich vorgeschriebenen Organen, Geschäftsführer bzw. Geschäftsflihrung und Gesellschafterversammlung, die Bildung eines Aufsichtsrates vorzusehen und dessen Besetzung gleichfalls zu regeln 228 • Im Gesellschaftsvertrag wird der Intendant zumeist allein oder mit einer weiteren Personm zum Geschäftsführer und Vertretungsorgan der GmbH emannt2JO , wie auch das Verhältnis zwischen Geschäftsflihrung und Aufsichtsrat m Zur genaueren Beschreibung und Charakterisierung der übrigen öffentlich-rechtlichen wie rechtsfahige Anstalten des öffentlichen Rechts, Zweckverbände - und weiteren privatrechtlichen - wie Aktiengesellschaft, eingetragener Verein - Rechtsformen der öffentlich getragenen Theater vgl. auch Wezel (0. Fn. 218), S. 97 ff.; Bergner (0. Fn. 222), S. 379 (379 f.); Stein (0. Fn. 219), S. 16 ff.
m Vgl. § 13 Abs. I GmbHG; aber auch öffentlich getragene Theater in Privatrechtsform sind als Zuwendungsempfanger der institutionellen Förderung durch den Träger zuzuordnen und können zur Aufstellung eines Haushalts- oder Wirtschaftsplans verpflichtet sein, vgl. Stein, Wirtschaftsplanung und Kontrolle öffentlicher Theater in der Bundesrepublik Deutschland, S. 47 f. m Vgl. § 52 Abs. I GmbHG; gern. § 77 BetrVG ist bei einer GmbH, die mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt, ein Aufsichtsrat zu bilden. Von dieser Pflicht sind allerdings Tendenzbetriebe - wie die Theater - gern. § 81 BetrVG ausgenommen. Werden bei einer Theater-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter eine Stadt ist, neben dem Bürgermeister, Kulturund Finanzdezernenten auch die Mitglieder des Kulturausschusses in den Aufsichtsrat aufgenommen, dann sind in einem einzigen Gremium der GmbH alle für das Theater wichtigen Personen der Stadt(verwaltung) zugegen, und es können notwendige Entscheidungen sachnah und schnell getroffen werden. 229 In der Hamburgischen Staatsoper GmbH ist mit Beginn der Spielzeit 1988/89 der Generalmusikdirektor als zweiter Geschäftsführer dem Intendanten zur Seite gestellt, vgl. Karpen/Ho(er, Zur Verwaltung großer Bühneninstitute, VerwArch 81 (1990), S. 557 (561). Vielerorts mag dies wohl allerdings auch der Verwaltungsdirektor sein. 230 Vgl. §§ 6, 35 f. GmbHG.
11. Ausgestaltung der Förderung
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im einzelnen dort festgelegt werden kann 231 . Der Geschäftsführung wird dabei in der Regel die Führung der sog. "laufenden Geschäfte" zufallen, beim Theater also die Wahrnehmung vor allem der künstlerischen und administrativen Aufgaben, wobei die kaufmännischen Belange insbesondere durch den Verwaltungsdirektor wahrgenommen werden können 232 • Die Gesellschafterversammlung wird sehr oft wichtige Aufgaben in bezug auf das Gesellschaftsvermögen oder auch die Bestellung und Überwachung der Geschäftsführung betreffend entscheiden, wobei diese Aufgaben auch dem eventuell eingerichteten Aufsichtsrat der Gesellschaft zufallen können und Überschneidungen oder Konkurrenzsituationen entstehen mögen 233 • Der Wirtschaftsplan der Theater-GmbH ist gegliedert in Erfolgsplan, Finanzplan und Deckungsmittel 234 • Der Zuschußbetrag für die Theater-GmbH erscheint im Haushaltsplan des öffentlichen Trägers unaufgeschlüsselt. Die Titel des Wirtschaftsplans sind ohne Einschränkung oder zumindest doch weitgehend in sachlicher und zeitlicher Hinsicht deckungsfähig 235 • Die Rechnungslegung erfolgt ferner nach kaufmännischen Prinzipien. Gern. §§ 41 ff. GmbHG sind die Geschäftsführer verpflichtet, für das vergangene Geschäftsjahr eine Bilanz zu erstellen und eine Gewinn- und Verlustrechnung vorzulegen. An der Hamburgische Staatsopern GmbH Z.B. sind Spieljahr und Geschäftsjahr laut Gesellschaftervertrag zeitlich deckungsgleich, nämlich vom I. August eines Jahres bis zum 31. Juli des darauf folgenden Jahres 236 . Die privatrechtliehe Rechtsform der GmbH stellt somit eine "rechtlich klare und wirtschaftlich freiere Betriebsform"237 dar, welche außer zu größerer Flexibilität dem Theater auch zu größe231 Laut § 8 Gesellschaftsvertrag der Hamburgischen Staatsoper GmbH obliegt dem Aufsichtsrat die Überwachung der Geschäftsführung sowie die Bestellung, Anstellung und Abberufung der Geschäftsführer. Er bestimmt ferner in einer von ihm zu beschließenden Geschäftsanweisung für die Geschäftsführer, wie die Geschäfte der Gesellschaft im einzelnen zu führen sind.
m Vgl.
Stein (0. Fn. 219), S. 23; KarpenlHofer (0. Fn. 229), S. 557 (561).
m So bei Stein (0. Fn. 219), S. 23; Karpen I Hofer (0. Fn. 229), S. 557 (572), wonach im
Falle der Hamburgischen Staatsopern GmbH der Aufsichtsrat zu zwei Dritteln durch die Gesellschafterversanunlung gewählt wird. 214 Karpen I Hofer (0. Fn. 229), S. 557 (566). Für die Gewährung von staatlichen Zuschüssen an die Hamburgische Staatsoper GmbH gelten die ergänzend zu den "Allgemeinen Zuwendungsrichtlinien" (Verwaltungsvorschriften zu den §§ 23, 44 LHO Hb) erlassenen "Allgemeinen Bewirtschaftungsgrundsätze", ebd., S. 557 (568). m Vgl. Wezel (0. Fn. 218), S. 110; verbleibende Mehreinnahmen können zu 40% bei der Hamburgischen Staatsopern GmbH für betriebliche Zwecke verbleiben, 60% sind als Überschuß an Hamburg zur Verminderung der Zuwendungen zurückzuzahlen, so Karpen I Hofer (0. Fn. 229), S. 557(568). lJ6 Vgl. § 13 Gesellschaftervertrag. Ferner hat der Aufsichtsrat den lahresabschluß zu prüfen und über das Ergebnis schriftlich der Gesellschafterversammlung zu berichten, die den lahresabschlußbeschluß zu treffen hat, § 14 Abs. 2 und 3 Gesellschaftervertrag, vgl. Kalpen I Hofer (0. Fn. 229), S. 557 (568). 237
Ebd., S. 557 (560).
10 Tillner
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
rer Selbständigkeit verhilft. So entspricht die Rechtsfonn der GmbH für einen Theraterberieb in großem Maße den Anforderungen, die Art. 5 Abs. 3 GG vom status passivus her an den kunst- und theaterfördernden Staat stellt. Wenn die Verwaltung der Trägerkörperschaften, sei es durch großzügige Erklärung von sachlicher und - vielleicht auch in stärkerem Maße - zeitlicher Deckungsfahigkeit der Haushaltsansätze, sei es auch durch verstärkte Berücksichtigung von Globalbewilligungen, die rechtlich vorgesehenen Möglichkeiten zu flexibler Haushaltsführung beim Regiebetrieb ausschöpft oder gar die Betriebsfonn des befreiten Regiebetriebs (Landesbetrieb und Eigenbetrieb ) für ihr Theater wählt, läßt sich vom grundrechtlichen Aspekt keine Notwendigkeit für die Wahl einer der vorgestellten Rechtsfonnen begründenm. Die GmbH-Betriebsfonn mag dabei gleichzeitig unter anderen Gesichtspunkten als nicht ganz unproblematisch zu erachten sein239 • Es zeigt sich damit, daß die Rechtsfonnen sowohl des öffentlich-rechtlichen und rechtlich unselbständigen Regiebetriebs wie auch der privatrechtlichen, rechtlich selbständigen GmbH - als Pole der zur Verfügung stehenden Rechtsfonnen für die Betriebsführung öffentlich getragener Theater - durch diverse Modifikationen und flexibilisierende Gestaltungen zu im Ergebnis recht ähnlichen tatsächlichen Bedingungen der Wirtschaftsführung führen können. Aus diesem Grunde verbleibt dem theaterfördernden Staat ein erheblicher Spielraum bei der Wahl der geeignetesten Betriebs- und Rechtsfonn für sein m Das größte Maß an Unabhängigkeit und damit auch an künstlerischem Freiraum mag in der Regel wohl doch die Rechtsform einer Theater-GmbH bereithalten, vgl. etwa Wezel, Das subventionierte öffentliche Theater. Seine Struktur und seine Problematik, S. 164; Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 447 (450); Kmpen/Hofer (0. Fn. 229), S. 557 (560). 239 Bedenklich ist vor allem der Umstand, daß ein Theater als Theater-GmbH vielleicht eher in der Gefahr steht, sich außer von Verwaltung und Parlament ebenso von der örtlichen Bevölkerung und Öffentlichkeit zu lösen - ein Umstand, der auch nicht mit Bekanntgabe der Ergebnisse von ansonsten geschlossenen Aufsichtsratssitzungen ganz wettgemacht werden kann. So tritt auch hier als Gegenpol von kunstfreiheitsgerechter Organisations- und Rechtsform der Gesichtspunkt der politisch-demokratischen Funktion der kommunalen Selbstverwaltung, das demokratische Prinzip, in Erscheinung. Dies kann beim Sonderbereich öffentlicher Kunstinstitutionen, wie den Theatern, allerdings nur insoweit von Bedeutung sein, als die Wahrung der Unabhängigkeit des von großer Kunstrelevanz geprägten Kerns künstlerischer Tätigkeit des Intendanten unangetastet bleibt. Dies gilt es bei der Gestaltung eines etwaigen Gesellschaftervertrages zu beachten. - Zu eventuellem Demokratiedefizit und Einwirkungspflicht generell bei der Organisationsprivatisierung vgl. Graf Vitzlhum, Gemeinderechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Wirtschaftsunternehmen, AöR 104 (1979), S. 580 (6?-5 ff.); Becker (0. Fn. 222), S. I (40); Pültner, Die öffentlichen Unrernelunen, S. 86; zu grundSätzlichen Argumenten ftir und gegen eine Organisationsprivatisierung, wie z.B. auch steuerrechtliche Erwägungen, vgl. etwa Erbgulh / Slol/mann, Erf"ullung öffentlicher Aufgaben durch private Rechtssubjekte? Zu den Kriterien bei der Wahl der Rechtsform, DÖV 1993, S. 798 ff.; Schoch, Der Beitrag des kommunalen Wirtschaftsrechts zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben, DÖV 1993, S. 377 ff.
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Theater 4o • Gleichwohl verbleibt fiir den öffentlichen Träger grundsätzlich der objektiv-rechtliche Auftrag aus dem status passivus des Art. 5 Abs. 3 GG zur Wahrung und Optimierung eigengesetzlicher Kunstproduktion in den von ihm getragenen Institutionen der "Großkunst", d.h. der Staat und die Kommunen bleiben aufgerufen, die mit der gewählten Rechtsform des Theaters jeweils zur Verfiigung stehenden Mittel der Flexibilisierung des Haushaltsvollzugs und der Wirtschaftsführung auch möglichst weitgehend auszuschöpfen. Diesem objektiv-rechtlichen Auftrag entspricht - da organisatorische Maßnahmen, wie die Wahl der Rechtsform und des Umfangs von haushaltsrechtlichen Flexibilisierungen, bei der Theaterarbeit nicht immer klar von Eingriffen getrennt werden können - unter Berücksichtigung des status negativus und damit Stützung durch die abwehrrechtliche Komponente der Kunstfreiheit ein vorsichtiger Anspruch von Intendanten und einzelnen Theatern auf die Unterlassung freiheitsfeindlicher und die Entstehensgesetzlichkeiten von Kunst mißachtender Organisation 241 . bb) Intendant und Rechnungsprü{ung
Zur Kontrolle der Beachtung von haushaltsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere der durch den Haushaltsplan gezogenen Grenzen, treten der Volksvertretung - als oberster Kontrollinstanz - neben der Selbstkontrolle durch die Verwaltung auch die (Landes-)Rechnungshöfe und die Rechnungsprüfungsämter als fachkundige und unabhängige Finanzkontrollbehörden zur Seite. Im Rahmen ihres allgemeinen Auftrags obliegt ihnen auch die Prüfung des Finanzgebarens der öffentlich getragenen Theater 42 . Die Prüfungszuständigkeit der Prüfungsbehörden erstreckt sich grundsätzlich auf alle Einnahmen, Ausgaben und sonstigen Maßnahmen, die sich finanziell auswirken können 243 • Als Prüfungsmaßstäbe dürfen herangezogen werden 244 : 240 Mit der Wahl der GmbH als Rechtsform für ein Theater ist es z.B. gut möglich, mehrere Träger - wie z.B. bei den Landesbühnen - an der Finanzierung zu beteiligen, vgl. hierzu Wezel (0. Fn. 238), S. 108 ff. m.w.N. 241 So BVerfGE 35, 79 (107 f.); vgl. auch Starck, in: von MangoldtlKleinlStarck, Art. 5 Abs. 3 Rn. 184; ähnlich mit Blick auf die Kunsthochschulen Scholz, in: Maunz I Dürig, Art. 5 Abs. 3 Rn. 48; zur spezifischen Eigengesetzlichkeit von Theaterarbeit vgl. Siede I Hiller, Zwischen Kunstfreiheit und Kontrolle, S. 152 und passim; Becker I Kluge, Kulturpolitik und Ausgabenkontrolle, S. 230 ff.; ausführlich zu künstlerischer Eigengesetzlichkeit Hufen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, S. 180 ff. 242 Vgl. WolfJl Bachof, Verwaltungsrecht I1I, S. 429 ff., 450 ff.; Stein, Wirtschaftsplanung und Kontrolle öffentlicher Theater in der Bundesrepublik Deutschland, S. 15; von Mutius, Die Steuerung des Verwaltungshandelns durch Haushaltsrecht und Haushaltskontrolle, VVdStRL 42 (1984), S. 147 (186 ff.). 243 § 42 Abs. 2 HGrG, § 89 BHO.
244 Zumindest für den Fall einer Prüfung durch den Landesrechnungshofund im kommunalen Bereich bei der sog. überörtlichen Prüfung durch Prüfungsämter und z.T. besondere Prü-
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geltendes Recht, vor allem das Haushaltsgesetz und der Haushaltsplan; die Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Vermögensrechnung, insbesondere die Begründetheit und Belegtheit von Einnahmen und Ausgaben und damit die Rechnungskontrolle im engeren Sinne; die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung; die Effizienz, in Sonderheit die Möglichkeit einer Aufgabenerfüllung mit geringerem Personal- oder Sachaufwand bzw. auf andere wirksamere Weise 245 . Bei der Betätigungsprüfung im Zusammenhang mit unmittelbarer Beteiligung der öffentlichen Hand an Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts - wie einer Theater-GmbH - erfolgt deshalb die Prüfung auch unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze 246 • Die Prüfungsbehörde teilt schließlich das Prüfungsergebnis den "zuständigen Stellen" mit, die sich innerhalb einer vom z.B. Rechnungshof bestimmten Frist dazu zu äußern haben 247 • Gang und Ablauf des Prüfungsverfahrens sind nur mit wenigen Normen geregelt; der Rechnungshof kann dabei sogar nach seinem Ermessen die Prüfung beschränken und Rechnungen ungeprüft lassen, § 89 Abs. 2 LHO BW248 • Gleichwohl ist den Prüfungsberichten - noch dazu bei einer Veröffentlichung in der Presse - kein geringer Einfluß auf kulturpolitische Entscheidungen und Maßnahmen des Rechtsträgers zu attestieren. Ein Zug zur Verbindung von ökonomischer und politischer Kontrolle ist u.U. nicht ganz von der Hand zu weisen 249 . So ist dieser faktischen Bedeutung von Prüfungsberichfungsanstalten; in BW und in NW soll jedoch neben die sonst übliche Ordnungs-, Kassenund WirtschaftlichkeitspTÜfung keine ZweckmäßigkeitspTÜfung der Gemeindeverwaltung treten, vgl. WolfrI Bachof (0. Fn. 242), S. 433, 454. 245 So z.B. §§ 90, 91 Abs. 2 und 3 BHO/LHO BW; es sind dabei betriebswirtschaftliehe Erwägungen zu Kosten-Nutzen-Relationen anzustel1en, wie auch eine Kritik politischer und Zweckmäßigkeits-Entscheidungen von Regierungs- und Verwaltungsorganen dabei grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist; vgl. zum ganzen Wolffl Bachor (0. Fn. 242), S. 433; Blasius, Die Kontrol1e öffentlichen Finanzgebarens durch die Rechnungshöfe, VR 1990, S. 407 (411); mit der Haushaltsrechtsreform 1970 - 1972 hat sich die PTÜfungskompetenz der Rechnungshöfe von der nachherigen RechnungspTÜfung auch auf Kosten-Nutzen-Kalkulationen erweitert, vgl. Siede I Hil/er (0. Fn. 241), S. 1 ff. 240 So § 44 HGrG, § 92 LHO BW. 247 So z.B. §§ 96, 98 BHO I LHO BW; im Gegensatz zu Gerichts- und Verwaltungsverfahren, welche in der Regel mit einer endgültigen und verbindlichen Entscheidung bzw. einem bestandskräftigen Entscheid abschließen, ist dies bei der RechnungspTÜfung nicht der Fal1; sie kennt prinzipiel1 keinen irreversiblen Abschluß, vgl. Blasius (0. Fn. 245), S. 407 (411). 24K Vgl. ansonsten Blasius (0. Fn. 245), S. 407 (411); in Wirklichkeit unterbleibt auch oft eine umfassende WirtschaftlichkeitspTÜfung im Sinne betriebswirtschaftlicher Effizienz, so von Mutius (o. Fn. 242), S. 147 (87). 249 Vgl. SiedelHiller (0. Fn. 241), S. 2,155 und passim.
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ten eingedenk mit Recht die Frage zu stellen, ob mit Blick auf die öffentlichen Theater der einzelne Prüfer mit den Mitteln der Rechnungsprüfung nicht gleichzeitig eine Geschmackszensur, eine politische Zensur oder eine kommerzielle Zensur betreibt250 • Zu untersuchen sind deshalb etwaige Grenzen der Rechnungsprüfung in kunstsensiblen Bereichen. Die Richtschnur ist hierbei wiederum die Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG. Die öffentliche Rechnungsprüfung könnte so schon bereits bei der Prüfung auf die sog. Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsrechnung, insbesondere die Begründetheit und Belegtheit der Einnahmen und Ausgaben betreffend, im Falle von Glabalzuweisungen die Spezialisierung der Ansätze einfordern, da dies eine geordnete und planvolle Haushalts- und Wirtschaftsführung erfordere 251 , und damit gleichzeitig mit dem Auftrag des Art. 5 Abs. 3 GG zu kunstgerechter Organisation und möglichst großzügiger Belassung von der künstlerischen Eigengesetzlichkeit unterworfenen Räumen beim Ablauf der Kunstförderung in Konflikt geraten. Letzterer läßt nämlich - wie soeben ausgeführt - Globalbewilligungen gerade als wünschenswert erscheinen252 • Auch erst recht bei Prüfungen im Feld der Wirtschaftlichkeitsprüfung und der sog. Kosten-Nutzen-Relationen ergeben sich erhebliche Friktionen mit den Produktionserfordernissen von Kunst im Musiktheater. So finden sich z.B. in Berichten des Bayerischen Obersten Rechnungshofes über die Prüfungsfeststellungen an den Städtischen Bühnen Nürnberg vom Oktober 1976 neben Feststellungen, welche die Ergebnisse der Rechnungsprüfung betreffen, z.B. auch Vorschläge für eine verstärkte Weisungsbefugnis des Verwaltungsdirektors sowie Kritik an Spielplankonzeption und Probendisposition253 • Ähnlich fielen auch die Feststellungen des Hessischen Rechnungshofes aus Anlaß der Prüfung der drei Hessischen Staatstheater Wiesbaden, Darmstadt und Kassel vom 10. Februar 1976 aus, wobei auch hier der Vorschlag geäußert wurde, dem Verwaltungsdirektor ein Weisungsrecht gegenüber dem Technischen Direktor und ein Vetorecht auch bei Maßnahmen im künstlerischen Bereich zuzuges tehen 254 • Damit einher geht die Behauptung des prüfenden Beamten, Stellenstreichungen im technischen Bereich hätten keinen Einfluß auf die künstlerischen Produkte, was in der Tat nur auf ein erhebliches Informationsdefizit in den Bereichen Kunst und Technik schließen läße55 • 250
So Becker/Kluge, Kulturpolitik und Ausgabenkontrolle, S. 13.
So ein provokant gebildeter Fall bei Sauer/Blasius, Universalität der Finanzkontrolle?, DÖV 1986, S. 554 (557). 252 Vgl. oben B.II.1.b)aa)(3). 251
So bei Siede! Hiller (0. Fn. 241), S. 2. Ebd., S. 144 ff., wobei diese Vorschläge beim zuständigen Hessischen Kultusministerium auf wenig Gegenliebe gestoßen sind. Grundsätzlich, so merken Siede/ Hiller, ebd., S. 146 zu Recht an, scheint der Rechnungshof dem Theaterbetrieb den Charakter einer regelmäßig arbeitenden Verwaltungsbehörde verleihen zu wollen. 255 So bei Siede/ Hiller (0. Fn. 241), S. 149. 253
254
ISO
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Überhaupt lassen sich technisch-ökonomische Effizienz sowie Zweckrationalität von Verwaltungsentscheidungen nur sehr bedingt mit den Entstehensbedingungen von Kunst vereinbaren. So kann deshalb den in Anlehnung an Becker / Kluge 256 formulierten Thesen von Siede / Hiller 57 nur zugestimmt werden, welche als These I und 4 lauten: ,,- Zur künstlerischen Arbeitsweise des Theaters gehören Freiheit und Dynamik. Die Rechnungsprüfung bezieht sich dagegen auf überschaubare Ordnungen und sich regelmäßig wiederholende Verhältnisse .... Die verschiedenen Bewertungsmaßstäbe von ökonomischem Erfolg, der nachgerechnet werden kann, und künstlerischem Erfolg, der zur Nachprüfung subtilerer Denkformen bedarf, müssen notwendig auseinandergehalten werden."
Da die Berichte der Prüfungsbehörden für sich keine formelle Bindungskraft besitzen, müssen sie als im Vorfeld dann wirksam werdenden Eingreifens durch die Trägerverwaltung oder Trägervertretung als zumindest "eingriffs-fördernd" und damit selbst "eingriffs-geneigt" bezüglich der künstlerischen Entscheidungsfreiheit des Intendanten eingestuft werden. Auf der ander~n Seite besteht auch für die Rechnungsprüfung eine institutionelle Verfassungsgarantie, welche sich zudem auf den Bundesrechnungshof, überwiegend auch auf die Landesrechnungshöfe sowie die richterliche Unabhängigkeit der Mitglieder von Rechnungshöfen erstreckt258 • Auch als Beratungsgremium der kontrollierenden und entscheidenden Landes- und Stadtparlamente erfüllen die Prüfungsbehörden eine wichtige Funktion beim Haushaltskreislaufund im Vorfeld der parlamentarischen Ausgabenkontrolle 259 . So kann die Rechnungsprüfung im Grundsatz wiederum der Kunstfreiheit des Intendanten Schranken ziehen, d.h. es muß auch hier ein verhältnismäßiger Ausgleich der gegenläufigen, verfassungsrechtlich geschützten Interessen gefunden werden. Zunächst fällt auf, daß die Intendantenfreiheit durch Prüfungsberichte des Rechnungshofs nicht direkt, sondern allenfalls über sich daraufhin anschließende Maßnahmen des Theaterträgers indirekt beeinträchtigt werden kann. Aufgrund der Kompetenzvermutung zugunsten der Angehörigen von Rechnungsprüfungsbehörden und der damit einhergehenden großen Bedeutung ihrer Berichte für die Willensbildung in Trägerverwaltung und -vertretung kann allerdings nicht - auch angesichts der fehlenden direkten Wirksamkeit - grundsätzlich von einer Bagatellbeeinträchtigung der Intendantenfreiheit ausgegangen werden 260 • Es könnte sogar eine unheilige Allianz von Rechnungshöfen oder Becker/Kluge (0. Fn. 250), S. 230 ff. Siede / Hiller (0. Fn. 241), S. 152. m Vgl. Art. 114 Abs. 2 S. 1 GG, ferner z.B. Art. 83 BWVerf., Art. 80 BayVerf. oder Art. 120 RhPfVerf.; ansonsten dazu WolfJ/ Bachof, Verwaltungsrecht III, S. 430 m.w.N. 259 Vgl. Sauer/Blasius, Universalität der Finanzkontrolle?, OÖV 1986, S. 554 (554 f.) m.w.N. 200 Vgl. BVerfGE 67, 213 (228) - Anachronistischer Zug. 250
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anderen Prüfungs behörden und den verantwortlichen Trägervertretem entstehen, die unter Hinweis auf Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsdefizite bei konkreten Produktionen und zugleich durch "Drehen" an den jährlichen Zuweisungen doch zu einer Art Theaterpolitik "im kleinen" gelangen könnten. Gleichzeitig sprechen gegen die Erstreckung der Rechnungsprüfung auch auf "materielle", d.h. Zweckmäßigkeits- oder Wirtschaftlichkeitsentscheidungen die bereits erwähnten massiven, strukturellen und methodischen Unterschiede von Rechnungsprüfung und Kunst- bzw. Musiktheaterproduktion. Gemessen an der spezifischen Zielvorgabe und dem Ausgabezweck, der Ennöglichung der Entstehung von - noch dazu einer besonders komplexen Kunstgattung, nämlich von - Musiktheater, kann deshalb keine sinnvolle "Rückkoppelung" durch die Rechnungsprüfer bewerkstelligt werden. Grundsätzlich gilt es zu vergegenwärtigen, daß Musiktheater unterhalten werden zu dem Zweck, künstlerisch wertvolle Produktionen zu ennöglichen, und nicht etwa um Haushaltsmittel möglichst reibungslos zu "bewirtschaften". So muß nun eine Lösung dahingehend gefunden werden, die Rechnungsprüfung für den Lebensbereich "Kunst" so zu gestalten, daß sie deren Enstehensbedingungen - zumindest im organisatorisch verfestigten Bereich der institutionalisierten "Großkunst" - nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Diesbezüglich sind in der Zwischenzeit vor allem an Hand der Spannungslage Hochschulen und Rechnungswesen im wesentlichen zwei Ansätze zur Handhabung und Austarierung von solchennaßen gegenläufigen und gleichzeitig grundgesetzlich geschützten Interessen vorgestellt worden: Der erste Vorschlag kann als "Komponententheorie" bezeichnet werden. Dabei ist die dem Finanzgebaren zu Grunde liegende Entscheidung in ihre Bestandteile (Komponenten) zu zerlegen. Nur solche Entscheidungskomponenten, welche vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG erfaßt sind, erfahren eine punktuelle "Immunisierung"261. Das bedeutet für den Bereich der Kunstfreiheit wiederum, daß alle künstlerisch bedeutsamen Aspekte einer Entscheidung, also deren Opportunität und Notwendigkeit vom künstlerisch verantwortlichen Standpunkt des Intendanten her gesehen, von einer Prüfung ausgenommen wären. Tatsache aber ist, daß gerade in einem Gesamtorganismus, wie einer großen Bühne, deren vielfältigste Künste und Handwerke wie auch deren Organisation im weiteren Sinne auf das eine Ziel, die Produktion und das Ereignen von Musiktheater, "hingerichtet" sind, eine fein säuberliche Trennung, also "Sezierung" von kunstfreiheitlich geschützten und nicht geschützten Entscheidungen, oft als schwierig, von Entscheidungskomponenten gar als eher müßig eingeschätzt werden muß 262 . Der 261 So Sauer/Blasius, Universalität der Finanzkontrolle?, OÖV 1986, S. 554 (557 ff.); dies., Die Kontrolle öffentlichen Finanzgebarens durch die Rechnungshöfe, VR 1990, S. 407 (409 ff.). 262 So auch Karpen / Hofer, Zur Verwaltung großer Bühneninstitute, Verw Arch. 81 (1990), S. 557 (576).
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Intendant und die Theaterverwaltung wären gezwungen, gewissermaßen im Vorfeld immer "vorzusezieren" - ein Vorgang, der nahezu jede Spontanität und notwendigen Freiraum für das Ereignen von Kunst zu strangulieren drohte: ein Paradebeispiel für die bereits geschilderte Gefahr der unsachgemäßen "Expansion" zweckrationalen und notwendig reduktionistischen Denkens in den Bereich der wesensanderen Kunst. Aussichtsreicher erscheint aus diesem Grunde deshalb der Ansatz der Lehre von der sektoralen Unüberprüfbarkeit. Danach sollen bestimmte, grundrechtlich bewehrte Bereiche von der Prüfung, zumindest der Wirtschaftlichkeitsprüfung, ausgespart bleiben263 . Ausgehend von der Spannungslage zwischen Wissenschaftsfreiheit und Rechnungsprüfung macht Sigg folgenden Vorschlag, wonach im Gegensatz zur Kontrolle der Recht- und Ordnungsmäßigkeit eine Kontrolle der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Hochschulbereich nur eingeschränkt vorgenommen werden sollte. Die Kompetenz des Rechnungshofs zur Wirtschaftlichkeitsprüfung ende da, wo die Fachaufsicht aufhöre 264 . Analog dazu müßte für die öffentliche Musiktheaterförderung - bezogen auf den haushaltswirtschaftlichen Kreislauf - der Bereich, der nach der Zuweisung der im Haushaltsplan veranschlagten Mittel gewissermaßen intern, von den künstlerischen Absichten des Intendanten geprägt, Plattform für finanzwirksame Entscheidungen ist - also Vorgänge wie die Verwendung der Mittel für bestimmte Stücke, Anstellungen, Gagen, Ausstattungen, Bühnenbilder und Kostümierungen etwa -, als Gegenstand von Wirtschaftlichkeitserwägungen und Kosten-NutzenRelationen seitens der Rechnungsprüfung ausgenommen werden265 . Dies ist eine glatte, eben gerade vielleicht auch nicht ganz ,juristisch befriedigende"266, sondern notwendig Kunst-gewährende Lösung. Die Belange einer wirtschaftlicheren Beschaffung bestimmter Materialien Z.B. ist Sache des wirtschaftlich geschulten Verwaltungsdirektors, der dem Intendanten auch generell wirtschaftlich beratend zur Seite steht. So ist mit der sektoralen Begrenzung der Wirtschaftlichkeitsprüfung zugleich keineswegs eine wirtschaftlichkeitsfreie Enklave geschaffen. Die Nachteile der sonst sicherlich auch zu begrüßenden und verfassungsrechtlich abgesicherten externen "reinen" Wirtschaftlichkeitsprüfung scheinen im sensiblen Schaffensprozeß der Kunst allerdings zu gravierend. 263 Vgl. Becker / Kluge, Kulturpolitik und Ausgabenkontrolle, S. 9, 74, 231; Sigg, Die Steilung der Rechnungshöfe im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, S. 116 f.; ebenso sehr weitgehend Redeker, Wissenschaftsfreiheit und Rechnungsprüfung, DÖV 1986, S. 946 (948 ff.). 264 Sigg (0. Fn. 263), S. 116 f. 265 Vgl. auch die Grenzziehung unter B.II.1.b.aa.(2)(b). 266 Vgl. die Kritik von Sauer/Blasius, Universalität der Finanzkontrolle?, DÖV 1986, S. 554 (556) an der sektoralen Begrenzung.
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So verbleibt nach verhältnismäßiger Abwägung der widerstreitenden Belange für die Rechnungsprüfung im - zugegebenermaßen weiten - Kernbereich von Musiktheaterproduktion nur die Möglichkeit zur Kontrolle der Recht- und Ordnungsmäßigkeit, zur Prüfung auf rein formale budgetäre Richtigkeit267 • Aber auch hier darf es nicht zum grundsätzlichen Ausschluß von durch Art. 5 Abs. 3 GG her wünschenswerten GlobalbewiIIigungen kommen 268 • So könnte ein rechtstechnischer Ansatzpunkt für das Wirksamwerden von Art. 5 Abs. 3 GG im Bereich der Rechnungsprüfung in der fehlerfreien Ermessensausübung nach § 89 Abs. 2 BHO / LHO BW gesehen werden, wonach die Prüfung beschränkt werden kann und Rechnungen ungeprüft bleiben können 269 . Im wesentlichen sind damit die Rechnungsprüfungsbehörden bei der Prüfung der öffentlich getragenen Musiktheater aufgerufen, sich auf Prüfung von Recht- und Ordnungsmäßigkeit selbst zu beschränken 270 • Auf diese Weise können sonst - gewissermaßen "durch die Hintertür" - drohende Beeinträchtigungen der Kunstfreiheit des Intendanten vermieden werden. Nicht direkt mit der öffentlichen Förderung des Musiktheaters verbunden, aber gleichwohl von Bedeutung für die Kunstfreiheit des Intendanten sei noch nebenbei auf Bedrohungen oder gar relevante Beschränkungen durch einerseits Publikum und dessen "Verdichtungen" - Theaterbesucherorganisationen und Presse - sowie enge tarifliche Bindungen andererseits hingewiesen. Das Bühnenpublikum besteht nicht selten zu einem Anteil von 30% aus Angehörigen von Besucherorganisationen, Besucherringen oder sonstigen Mietsystemen. Damit besteht theoretisch und praktisch eine nicht geringe wirtschaftliche Nachfragemacht dieser Organisationen. Neben den Volksbühnen-Vereinen ist dies vor allem der Bund der Theatergemeinden e.V., als bundesweit mit 180.000 Mitgliedern größte Theaterbesucherorganisation, welcher auf seiner Bundesversammlung 1973 z.B. in den dort verabschiedeten Grundsätzen ausdrücklich Mitsprache bei der Spielplangestaltung und in den für das Theater zuständigen Trägergremien eingefordert hat. Allerdings besteht kein erzwingbares Recht der Zuschauer auf Mitbestimmung bei der Spielplangestaltung (vgl. oben B.II.l.a).bb).(2)). Gleichwohl wird das "Plebiszit der Füße" eine gewisse informelle Einflußnahme durch Zuschauer und deren organisatorische Zusammenschlüsse durchaus stützen. Kritisch angemerkt sei aber auch hier, daß Kunst recht eigentlich sich nicht nach demokratischen Maßstäben und Abläufen entwickelt. 267
26R
Vgl. bei Siede / Hiller, Zwischen Kunstfreiheit und Kontrolle, S. J08. Vgl. oben B.II.l.b) aa)(3).
269 Sauer/Blasius, Universalität der Finanzkontrolle, DÖV 1986, S. 554 (554) merken an, daß mit § 89 Abs. 2 BHO nicht schon der Gegenstandsbereich der Revisionen eingegrenzt werden sollte, sondern dem Umstand Rechnung getragen werde, daß die "Kontrollorgane schon personell gar nicht in der Lage sind, eine vollkommene und vollständige, ... allumfassende Prüfung auszuüben". 270 Karpen/Hojer (0. Fn. 262), S. 557 (573) merken zudem zutreffend an, daß Beanstandungen der Prüfungsbehörde häufig Fragen beträfen, welche zum einen längst erledigt seien, weil die Verantwortlichen bereits gewechselt hätten oder Einzelheiten nicht mehr voll rekonstruierbar seien, und mit diesen Informationslücken oftmals auch keine sinnvollen Hinweise fur künftige Situationen gegeben werden könnten.
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Eine gewisse "Qualitätskontrolle" mag auch von der qualifizierten oder sich für qualifiziert haltenden veröffentlichten Meinung: der Presse, ausgehen, die auf der anderen Seite aber nicht selten zur Bildung von "Nebenschauplätzen" führt, die auch die eigentliche Theaterarbeit zum Teil erheblich zu binden geeignet ist, so daß ein Arbeiten in relativer Ruhe dann kaum mehr möglich scheint 271 • Weitere Beschränkungen gehen unter Umständen mit dem engen Netz tarifvertraglicher Regelungen einher. Das Arbeitsrecht der Bühnenkünstler steht seit 1918 im Zeichen des Tarifrechts. Es ist jedoch durch Bühnenbräuche vorgebildet und also doppelt begründet. Das Arbeitsrecht der Bühne wird fortgebildet durch die Tarifvertragsverbände - "Deutscher Bühnenverein" für die Theaterveranstalter und "Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger" für die Bühnenmitglieder - und erfährt darüber hinaus weitere Ergänzung durch die seit 1860 bestehende Bühnenschiedsgerichtsbarkeit. Weiter am Tarifgeschehen der Theater beteiligt sind ferner die "IG-Medien", die "ÖTV" und auf Arbeitgeberseite die "Tarifgemeinschaft deutscher Länder" bzw. die kommunalen Arbeitgeberverbände. Die Vielzahl der gültigen Tarifverträge begrenzt den Handlungsspielraum des Intendanten nicht unerheblich und bedeutet oft zahlreiche Regelungen, welche untereinander nicht abgestimmt sind. Die wichtigsten Tarifverträge sind dabei abgesehen von spezifisch auf die Belange im Beitrittsgebiet eingehenden Tarifverträgen - der Normalvertrag-Solo (i.d.F. vom 22. Januar 1991), der Normalvertrag-Chor und Nonnalvertrag-Tanz, der Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern, der Tarifvertrag über die Gewährung von freien Tagen für Bühnenmitglieder (i.d.F. vom 22. Januar 1991), der Bühnentechniker-Tarifvertrag - BTT bzw. BTTL flir Landesbühnen (i.d.F. vom 18. Juni 1991), ferner der Vertrag über die Mitteilungspflicht sowie der Urlaubstarifvertrag. Sehr oft sind damit veritable Organisationsprobleme verbunden, die zu beherrschen nicht selten ein Großteil administrativer Valenzen gebunden wird. - Der Charakter eines "Eingriffs" in die Intendantenfreiheit ist hingegen u.U. vor allem mit zwei tarifvertraglichen Regelungen verbunden: zum einen die im Einzelvertrag zu erfolgende Kunstfachbezeichnung (z.B. "Charakterbonvivant", "Pere Noble", "Muntere", "Naive" oder "Naiv-Sentimentale"), und zum anderen der sog. Beschäftigungsanspruch, wonach jedem Mitglied des Ensembles pro Spielzeit mindestens eine Aufgabe zu übertragen ist. Hier könnten tarifvertragliche Festlegungen zu nicht gedeckten Übergriffen in den Bereich künstlerischer Freiheit bei modemen Spielplankonzeptionen und der Gestaltung des Spielplans führen. Zu bedenken ist allerdings die gleichzeitige Stützung der Arbeitnehmer-Position ebenfalls durch Art. 5 Abs. 3 GG. Hier müssen die genaueren Umstände des Einzelfalls den Ausschlag geben. - Erklärtermaßen langfristiges tarifpolitisches Ziel des Deutschen Bühnenvereins ist nunmehr auch die Schaffung eines "Einheitlichen Theatertarifvertrags", der bei notwendigen Differenzierungen für die einzelnen Bühnenbereiche vor allem zu einer flexibleren und den Anforderungen des künstlerischen Betriebs besser entsprechenden Gestaltung der Arbeitszeit beitragen sollm. '" Vgl. zum ganzen etwa Strambowski, Bund der Theatergemeinden, S. 72 f.; Stein, Wirtschaftsplanung und Kontrolle öffentlicher Theater in der Bundesrepublik Deutschland, S. 266 ff.; von Münch, Freiheit der Kunst, Die Deutsche Bühne 7/78, S. 21 (24); Siede! Hiller (0. Fn. 267), S. 254 ff.: Röhring, Für einen Spielplan mit dem Publikum, in: Strukturprobleme des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland, S. 154 ff. 272 Vgl. hierzu und zum ganzen: Tarifpolitische Leitlinien des Deutschen Bühnenvereins vom 28.8.1992 als Mitteilung an alle Mitgliedsbühnen und Orchester des Deutschen Bühnenvereins vom 9.6.1993; Kunig, Bühnenleiter und Kunstfreiheitsgarantie, DÖV 1982, S. 765 (769 ff.); Siede! Hiller (0. Fn. 267), S. 32 ff.; Everding, Theater und Justiz, NJW 1984, S. 1087 (1090 f.); Riepenhausen, Bühnenrecht, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften,
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c) Kunstfreiheit im Musiktheater
Die Arbeit an einer Musiktheaterbühne ist geprägt durch das Zusammenwirken verschiedener Kunstsparten und Künstler. Es stellt sich deshalb die Frage der U.U. auch organisationsrechtlich zu berücksichtigenden Teilhabe des künstlerischen Personals an Entscheidungen in künstlerischen Angelegenheiten. Unter Umständen ist dieselbe möglich und zulässig, vielleicht ja sogar durch Art. 5 Abs. 3 GG gefordert. Damit gemeint ist wohlgemerkt nicht die übliche Mitbestimmung des Betriebs- oder Personalrats, wie sonst auch in organisatorischen und sozialen Angelegenheiten, sondern eine "Mitbestimmung in der Kunst"273, die sich auf Teilhabe an Entscheidungen über Rollenbesetzung, Spielplangestaltung oder die konkrete Gestaltung von Inszenierungen erstreckt274 • Zu untersuchen ist damit zunächst auf einfachgesetzlicher Ebene, ob eine solchermaßen gestaltete Mitbestimmung im Theaterbereich eine Stütze erfahren kann. Die Mitspracherechte richten sich zunächst nach dem Betriebsverfassungsgesetz - für Theater in Privatrechtsform - und für die sonstigen Theaterbetriebsformen nach den Personalvertretungsgesetzen der Länder. Gern. § 118 Abs. I Nr. I BetrVG werden die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei Betrieben, die "unmittelbar oder überwiegend künstlerischen Bestimmungen dienen", eingeschränkt. Die Musiktheater dienen künstlerischen Bestimmungen und sind damit sog. "Tendenzbetriebe". So entfällt in diesen die personelle Mitbestimmung - vor allem das Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 BetrVG und das Widerspruchsrecht nach § 102 Abs. 3 BetrVG - bei tendenzbezogenen Maßnahmen gegenüber Tendenzträgern 275 • Im Geltungsbereich des Personalvertretungsrechts beläßt § 95 Abs. I BPersVG den Personalvertretungsgesetzen der Länder - auf Grund der Kulturhoheit der Länder - in dieser Hinsicht einen weiten Spielraum. Es finden sich aber in fast allen Bundesländern - wenn manchmal auch mit Modifizierungen - dem Betriebsverfassungsgesetz Bd. X, S. 377 ff.; Rehhinder, Künstlerischer Spielraum - soziales Netz, UFITA 88 (1980), S. 89 ff.; Brügger, Der Anspruch auf angemessene Beschäftigung von Bühnenkünstlern nach deutschem und schweizerischem Recht, insbesondere bei fristloser Entlassung, UFITA 88 (1980), S. 117 ff.; Greiffenhagen, Die Gastverträge im Bühnenrecht, UFITA 88 (1980), S. I ff.; Anlage zum Dienstvertrag mit ergänzenden Tarifverträgen und Abkommen zwischen der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger und dem Deutschen Bühnenverein - Bundesverband deutscher Theater. 273 Ossenbühl, Mitbestimmung in der Kunst, in: Forum Kreativität und Verantwortung, Mitbestimmung in Wissenschaft, Medien und Kunst, Grundlagen und Wirklichkeit, S. 53 ff., auch in DÖV 1983, S. 785 ff. 274 Ebd., S. 53 (56 ff.); Karpen / Hofer, Zur Verwaltung großer Bühneninstitute, Verw Arch. 81 (1990), S. 557 (564 f.); Kunig, Bühnenleiter und Kunstfreiheitsgarantie, DÖV 1982, S. 765 (771 ff.).
m Stege / Weinspach, BetrVG, § 118 Rn. 2e und 7; Kunig (0. Fn. 274), S. 765 (771); Karpen / Hofer (0. Fn. 274), S. 557 (564 f.).
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
vergleichbare Regelungen in den Personalvertretungsgesetzen der Länder. Bremen kennt gern. §§ 52, 65 BremPersVG allerdings keinen dementsprechenden Tendenzschutz276 • Im einzelnen gelten als sog. Tendenzträger Arbeitnehmer, die in verantwortlicher und maßgeblicher Stellung des Tendenzbetriebs tätig sind 277 • Dazu gehören zweifelsfrei Dirigenten, Regisseure, Sänger oder auch die Musiker eines Theaterorchesters278 . Ferner sind tendenzbezogene Maßnahmen, welche unmittelbar der Verwirklichung der "geistig-ideellen Aufgabe" dienen und sich nicht lediglich dem äußeren Funktionieren des Theaterbetriebes zuordnen lassenm. Dies hat zur Folge, daß die Einstellung und Entlassung sowie die dafür notwendige Beurteilung der fachlichen Qualifikation eines Tendenzträgers selbst wiederum als tendenzbezogene Maßnahme zu qualifizieren ist, bei der dem Betriebsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz kein volles Mitspracherecht zukommen kann 2Ro • Da nach dem Bremischen Personalvertretungsrecht kein Tendenzschutz gegeben ist, und auch bei personellen Angelegenheiten dem Grundsatz nach Mitbestimmung herrscht2RI , stellt sich der einfachgesetzliche Befund - zumindest für den Bereich "Personales" - zunächst einmal perplex, nicht einheitlich dar. Weitergehende Mitsprache über die Spielplangestaltung etwa übersteigt dabei auf jeden Fall den Rahmen der herkömmlichen Mitbestimmung der Betriebsund Personalräte in organisatorischen, sozialen und personellen Angelegenheiten 2R2 • Die in der Vergangenheit gleichwohl vereinzelt praktizierten Modelle einer ausdrucklich auf den künstlerischen Bereich zielenden Mitbestimmung beruhten so auch nicht auf gesetzlicher Grundlage, sondern auf Beschlüssen 270 Nach Berichten des Deutschen Bühnenvereins liegen vor allem in den neuen Bundesländern Entwürfe fiir Personalvertretungsgesetze vor, deren Verwirklichung den künstlerisch unverzichtbaren flexiblen Einsatz des Theaterpersonals erheblich erschweren würde. Vgl. ansonsten Beschluß des VG Bremen, DÖV 1979, S. 300 ff. mit Anmerkung Röper; BVerwGE 62, 55 ff.; Kunig (0. Fn. 274), S. 765 (771). Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. I GG spricht nicht gegen eine solche Regelungsdivergenz, da Art. 3 Abs. I GG als Willkürverbot dem Gesetzgeber einen breiten Regelungsspielraum zuerkennt, vgl. Kunig, ebd., S. 765 (771) m.w.N.
m Vgl. Karpen/Hofer (0. Fn. 274), S. 557 (565) m.w.N. HK
So auch Kunig (0. Fn. 274), S. 765 (771).
Stege/Weinspach (0. Fn. 275), § 118 Rn. 8; Karpen/Hofer (0. Fn. 274), S. 557 (565) merken an, daß eine trennscharfe Zuordnung der Tätigkeiten im Gesamtorganismus eines (Musik- )Theaters nicht ohne weiteres bewerkstelligt werden kann. 279
2'0
Vgl. Karpen / Hofer (0. Fn. 274), S. 557 (565).
Nach BVerwGE 62, 55 (63 f.) bleibt die Mitbestimmung des Personalrats des Stadttheaters Bremerhaven auch in Personalange\egenheiten des künstlerischen Personals bestehen, die AufgabensteIlung des Personalrats läßt eine Prüfung der künstlerischen Befähigung des Bediensteten jedoch nicht zu. 2'2 Vgl. Ossenhühl (0. Fn. 273), S. 53 (57). 2XI
11. Ausgestaltung der Förderung
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und Vereinbarungen der administrativen Ebene 283 • Beispiele gab es in Frankfurt 1972, wo auf Betreiben des damals neuen Frankfurter Kulturdezementen Hilmar Hoffmann an den Städtischen Bühnen u.a. die Umwandlung der Intendantenverfassung in ein Dreier-Direktorium und die Bildung einer zusätzlichen "Vollversammlung" bzw. eines "Künstlerischen Beirats" für das Schauspiel vonstatten gingen 284 , sowie darüber hinaus am Grips Theater in Berlin2R5 • Weitgehend hinderlich für die weitere Institutionalisierung einer solchen Mitbestimmung war nebenbei wohl auch die Vielzahl der nach dem Intendantenmustervertrag (IMV) abgeschlossenen und bestehenden Intendantenverträge, die eine solche künstlerische Mitbestimmung eben gerade nicht vorsahen. Zu fragen ist nun, ob nicht von Verfassungs wegen sich Hinweise auf eine Lösung ergeben, nach der sowohl tendenzbezogene personale Angelegenheiten als auch womöglich künstlerische Entscheidungen der Mitbestimmung unterfielen. So müßten Grundrechte Dritter oder andere konkret verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter in der Lage sein, die sonst fur diese Bereiche dem Intendanten Tendenzschutz und künstlerische Freiheit garantierende Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG wesentlich zu beschränken 286 • Zu denken ist hierbei zuerst neben dem Demokratieprinzip auch an das Sozialstaatsprinzip287. Kritisch anzumerken ist hierbei jedoch, daß beide Prinzipien grundsätzlich inhaltsoffen sind und vor allem in ihren weiteren Konkretisierungen Bedeutung gewinnen. Dem Sozialstaatsprinzip lassen sich so auch keine konkreten, unmittelbar anzuwendenden Verfassungsgehalte entnehmen. Durch das Sozialstaatsgebot wird zwar dem Staat die Pflicht auferlegt, fur eine gerechte Sozial ordnung zu sorgen. Bei der Erfullung dieser Pflicht kommt dem Gesetzgeber aber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Das Sozialstaatgebot kann darum grundsätzlich den Grundrechten keine unmittelbare Schranke ziehen288 • m So ebd., S. 53 (61). Siede I Hiller, Zwischen Kunstfreiheit und Kontrolle, S. 214 ff.; im Jahre 1974 wurde mit der Wahl Peter Eberts auch am Schauspiel des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden ein sog. Mitsprache-Papier anerkannt, das als Vorstufe zur Mitbestimmung probeweise die Mitsprache auch in künstlerischen Angelegenheiten vorgesehen hatte; Orchester, Chor und Oper konnten dieser Mitsprachevereinbarung allerdings wenig Gegenliebe entgegenbringen. Der 1976 fiir den Hessischen Kultusminister verfaßte Erfahrungsbericht zur Mitsprache im Musikund Sprechtheater fiel auch nur fiir das Schauspiel positiver aus, ebd., S. 240 f., 247. JRj Ossenhühl (0. Fn. 273 ), S. 53 (56) unter Berufung auf eine im Jahre 1980 durchgefiihrte Umfrage. 2M. Vgl. Schotz, in: MaunzlDürig, Art. 5 Abs. 3 Rn. 44; Starck, in: von MangoldtlKleinl Starck, Art. 5 Abs. 3 Rn. 196. 2"7 Das Sozialstaatsprinzip als beachtliche Schranke der Kunstfreiheit des Intendanten sieht allerdings VG Bremen, Beschluß v. 6.11.1978, DÖV 1979, S. 300 ff. mit kritischer Anmerkung von Röper, der mit Recht darauf hinweist, daß das Sozialstaatsprinzip kein "Übergrundrecht" darstelle und seine Ausgestaltung vielmehr dem Gesetzgeber obliege; einschränkend auf die herkömmliche Mitbestimmung in sozialen, organisatorischen und personellen Fragen abstellend auch BVerwGE 62, 55 (61). 2"
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Ähnlich ist auch das Demokratieprinzip auf Konkretisierungen durch Verfassung oder Gesetzgeber angewiesen. Für den Bereich Kunst und Mitbestimmung, also Mitbestimmung in künstlerischen Angelegenheiten, sind - bis auf Auswirkungen personeller Mitbestimmung auf künstlerische Entscheidungen in dies, wie bereits erwähnt, unterschiedlich regelnden Gesetzen - gesetzliche Festlegungen nicht erkennbar. Neben der sehr schwierigen Vereinbarkeit von künstlerischem Schaffensprozeß und demokratischem Mehrheitsprinzip ist ferner das Wirkfeld des verfassungsrechtlichen Demokratiegebots auch weniger der rein gesellschaftliche Bereich2X9 • So ist ebenfalls das Demokratieprinzip des Grundgesetzes in diesem Fall nicht als unmittelbare Schranke tur die Intendantenfreiheit geeignet. Eine weitere mögliche Schranke könnte sodann in der Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG liegen. Die Koalitionsfreiheit läßt für die Mitbestimmung jedoch unterschiedliche Fonnen der Realisierung zu290 . Auch die Bestimmungen über den Tendenzschutz halten sich im Rahmen dieses Gestaltungsspielraumes 291 , so daß auch die Koalitionsfreiheit weder eine Einschränkung der im Tendenzschutz zum Ausdruck kommenden Intendantenfreiheit mit sich bringt noch eine indirekte oder direkte Mitbestimmung der einzelnen Arbeitnehmer in künstlerischen Fragen entscheidend stützen könnte. So scheint als wesentliche Schranke der Intendantenfreiheit lediglich die ebenfalls bestehende Kunstfreiheitsgarantie zugunsten der übrigen künstlerischen Mitarbeiter an einem Theater in Frage zu kommen. Die oben bereits beschriebene Tendenzträgerschaft besitzt dabei gewisse Ähnlichkeiten mit der Grundrechtsträgerschaft, so daß hier als möglicher Personenkreis tur die Teilnahme an einer Mitbestimmung oder auch Mitsprache in künstlerischen Angelegenheiten ebenfalls nicht das ganze Personal einer Bühne in Frage kommen kann 292 • Sicherlich kann es nicht angehen, daß pointiert fonnuliert die Garderobenfrauen oder Klofrauen über Besetzungsfragen mitentscheiden 293 • Abzustellen ist deshalb vemünftigerweise auf den Gesamtcharakter der Tätigkeit bzw. auf die überwiegend dem künstlerischen BeCKK BVerfGE 59, 231 (263); Ossenhühl (0. Fn. 273), S. 53 (62); Kunig, Bühnenleiter und Kunstfreiheitsgarantie, DÖV 1982, S. 765 (772). ,"9
Vgl. Ossenhühl (0. Fn. 273), S. 53 (62 ff.) mit zahlreichen w.N.
290
BVerfGE 19, 303 (312).
291
So auch Kunig (0. Fn. 288), S. 765 (771).
292 Zur Grundrechtsträgerschaft bei Art. 5 Abs. 3 GG vgl. oben B.II.I.a).bb).(2); allerdings mag die Abgrenzung bei einem in der Gänze auf Kunstproduktion geeichten Gesamtorganismus wie der eines Musiktheaters im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten, denn auch die Arbeit eines Beleuchters oder einer Maskenbildnerin z.B. muß sich mit künstlerischem Empfinden in den Ablauf der Gesamtproduktion einfügen. Anschaulich hierfür ist auch die Bezeichnung des "Tarifvertrags für technische Angestellte mit künstlerischer oder überwiegend künstlerischer Tätigkeit an Bühnen - Bühnentechniker-Tarifvertrag - BTT" oder des "Tarifvertrags für technische Angestellte mit teilweise künstlerischer Tätigkeit an Landesbühnen - BTTL". 293
So bei üssenbühl (0. Fn. 273), S. 53 (54).
H. Ausgestaltung der Förderung
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reich zuzuschlagende Tätigkeit eines Theaterbeschäftigten. Chefmaskenbildner, Tonmeister oder Vorstände der Malsäle, auch technische Leiter dürften wohl als überwiegend künstlerisch beschäftigt und damit u.U. mitbestimmungsberechtigt gelten 294 • So stehen dem grundrechtsberechtigten Intendanten - in Sonderheit mit dem künstlerischen Personal - eine ganze Anzahl von ebenfalls durch Art. 5 Abs. 3 GG in ihrer Tätigkeit geschützten Theaterbeschäftigten gegenüber, weIche miteinander an der Hervorbringung einer Produktion beteiligt sind. Es zeigt sich damit das Bild einer "polygonalen"295 Grundrechtsträgerkonstellation. Die Frage ist, ob daraus auch die Entwicklung eines Mitbestimmung in der Kunst ermöglichenden inneren Organisationsmodells, wie etwa ein "genossenschaftliches Modell" mit demokratischen Entscheidungen zumindest aller Tendenzträger, zu folgern ist 296 . Mit der Beantwortung dieser Frage gleichzeitig zu klären ist aber, ob nicht eine Qualifizierung der verschiedenen Grundrechtsberechtigungen im polygonalen Verhältnis vorgenommen werden kann, ja sogar vorgenommen werden sollte. Hierbei ist - als gewissermaßen kunstimmanentes Kriterium, als der Eigengesetzlichkeit von Kunst folgende Unterscheidungsmaxime - von zentraler Bedeutung die künstlerische Qualifikation, der künstlerische Sachverstand sowie einschlägige Erfahrung, weIche einer herausragenden künstlerischen Persönlichkeit auch nach den Gesetzen der Kunst eine führende Position natürlicherweise zukommen läßt. Wie bereits angedeutet, gehen der künstlerische Schaffensprozeß und institutionalisierte Demokratisierung mitunter nicht die schönste Symbniose miteinander ein. Dies gründet darin, daß die Beteiligten nicht immer in der Lage sind, allzu Menschliches hintanzustellen, und deshalb oftmals als Folge von künstlerischer Mitbestimmung viel eher eine gegenseitige Blockierung in Frage kommt. Kunst als Komproniiß trägt oft schon von Beginn an schwere, weniger künstlerische als "gruppendynamische" Hypotheken. Allerdings hängt auch hier - wie überhaupt gerade in der Kunst - sehr viel vom persönlichen "Fluidum" der Beteiligten ab. Der anerkanntermaßen unterschiedlichen künstlerischen und persönlichen Qualifikation der Grundrechtsträger entspräche deshalb am ehesten eine an künstlerisch-fachlicher und persönlicher Autorität orientierte Führung durch einen oder wenige als ein Arbeiten unter allgemeinem Kompetenzgerangel, das das Hauptaugenmerk der Beteiligten mitunter eher von der Kunst wegzulenken geeignet ist. Somit wäre gerade eine Heraushebung einer anerkannten künstlerischen Persönlichkeit durch die Freiheit für die eigengesetzliche Kunst eher gefordert denn erschwert oder gar ausgeschlossen. 294
'9'
Vgl. § 2 Abs. I BTT i.d.F. vom 18.6.1991.
Ossenhühl (0. Fn. 273), S. 53 (65 f.). Vgl. Däuhler, Die betriebsverfassungrechtIiche Sonderstellung von Bühnenbetrieben, Bühnengenossenschaft 1980, Heft 12, S. 6 (8), zit. nach Kunig (0. Fn. 288), S. 765 (773).
'90
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Diese Überlegungen zu stützen vennag auch die objektiv-rechtliche Dimension des Art. 5 Abs. 3 GG als wertentscheidende Grundsatznonn. Die objektivrechtliche Verbürgung eines autonomen und eigengesetzlichen Lebensbereichs "Kunst" hat zur Folge, daß organisatorische Maßnahmen des Staates auf dem Gebiet der Kunst die Entstehung derselben fördern und das gedeihliche Zusammenwirken mehrerer Grundrechtsträger ennöglichen sollen, daß ein funktionstüchtiger institutioneller Rahmen fur eine effektive künstlerische Tätigkeit geschaffen wird 297 • Allerdings wird man das wohlbekannte Intendantenmodell einer Anstaltsverfassung auch nicht als zwingend durch Art. 5 Abs. 3 GG vorgeschrieben erachten können298 • Nichtsdestotrotz muß aber mit Blick auf die vorausgegangenen Erwägungen von einer Option zugunsten der Intendantenverfassung ausgegangen werden. Ein modifiziertes Direktoriumsmodell mag U.u. gleichwohl von der Kunstfreiheitsgarantie ebenfalls gedeckt sein; der öffentliche Träger hat diesbezüglich grundsätzlich einen Spielraum, solange Kunst nicht aufgrund dessen behindert oder unmöglich gemacht wird299 • Festzuhalten ist somit, daß grundrechtlich sicher keine Ausschließlichkeit, aber doch eine wohlbegründete Option zugunsten der Intendantenverfassung angenommen werden kann. Hat sich der öffentliche Träger nun durch Gesetz oder andere Organisationsmaßnahmen dennoch für einen Typ der Anstaltsverfassung entschieden, ist die dadurch erfolgte Bestimmung des jeweiligen Umfangs der Kunstfreiheit der beteiligten Künstler in der Regel auch grundrechtlich gedeckt. Das bedeutet, daß bei einer gewählten Intendantenverfassung der Intendant mit Recht auch für das sonstige künstlerische Personal die "Richtlinien-" und ebenso gegebe297 Vgl. Hewig, Künstlerische Regiebetriebe der öffentlichen Hand und die verfassungsrechtliche Kunstfreiheitsgarantie, BayVBI. 1977, S. 37 (38); Kunig, Bühnenleiter und Kunstfreiheitsgarantie, DÖV 1982, S. 765 (773); Starck, in: von Mangoldt / Klein / Starck, Art. 5 Abs. 3 Rn. 184; zum Begriff des Rechts auf Organisation und Verfahren vgl. auch Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 430 ff. m Vgl. Beschluß des LAG Düsseldorf, in: Deutsche Bühne 1958, S. 116 f.; ebenso fordert Art. 5 Abs. 3 GG auch kein ganz bestimmtes Organisationsmodell für den Wissenschaftsbetrieb an der Hochschule, wenngleich doch bestimmte Maßstäbe aus der Wissenschaftsfreiheit zu folgern sind; so Oppermann, Freiheit von Forschung und Lehre, in: HdbStR VI (1989), S. 809 (840); Starck (0. Fn. 297), Art. 5 Abs. 3 Rn. 243. 299 Ähnlich Starck (0. Fn. 297), Art. 5 Abs. 3 Rn. 184; Kunig (0. Fn. 297), S. 765 (773). - Die an den Maßstäben des Art. 5 Abs. 3 GG orientierten Mitwirkungsrechte bei der Hochschulselbstverwaltung im Rahmen der Organisationsform "Gruppenuniversität" richten sich unter den Gruppen im wesentlichen ebenfalls nach der (wissenschaftlichen) Qualifikation. Wenn aber schon im der Wahrheitssuche verpflichteten Wissenschaftsbereich gleichwohl nicht unwesentliche "Reibungsverluste" auf Grund der zahlreichen, abgestuften Mitwirkungsrechte zu verzeichnen sind, muß dies für die oft gerade zu Recht aus dem Höchstpersönlichen von Künstlern, aus der vor allem subjektiv-individuellen Sphäre, gespeiste Arbeit an (Musik-) Theatern sogar noch in gesteigertem Maße zu befürchten sein. Zu den Mitwirkungsrechten in der Hochschulselbstverwaltung Oppermann (0. Fn. 298), S. 809 (840); mit Bezug auf insbesondere die zeitliche Entzerrung des Kooperationsgedankens vgl. im übrigen oben B.II.l.b) aa)(2)(b).
11. Ausgestaltung der Förderung
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nenfalls die Einzelentscheidungskompetenz für künstlerische Angelegenheiten innehat. Für eine künstlerische Mitbestimmung besteht aus grundrechtlichen Erwägungen sowie aus dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit dann kein Raum mehr10o . Eine so weitgehende Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten, welche dem Intendanten einen lediglich nach "Sektion" - Personales / Künstlerische Befähigung - verbleibenden minimalen künstlerischen Beurteilungsspielraum beläßt, wie nach der Deutung des Bremischen Personalvetretungsgesetzes durch das Bundesverwaltungsgericheo 1, hat aber zur Folge, daß der künstlerische Bewegungsspielraum des Intendanten in Besetzungsfragen sehr weitgehend in Gefahr gerät302 • Dies muß unter dem Blickwinkel der durch Art. 5 Abs. 3 GG gewährten Intendantenfreiheit als hochbedenklich erscheinen. Im Rahmen der sog. Intendantenverfassung sind somit der Tendenzschutz und die maßgebliche Tendenzträgerschaft des Intendanten mit den Maßgaben des Art. 5 Abs. 3 GG eher in Einklang zu bringen. Damit müssen gleichzeitig sowohl künstlerische als auch personelle Mitbestimmung weitgehend als ausgeschlossen gelten JOJ • 300 So auch Ossenbühl (0. Fn. 273), S. 53 (70); Ipsen, Mitbestinunung im Museum, DVBI. 1982, S. 112 (117). 301 Vgl. BVerwGE 62, 55 ff., wobei auch hier (ebd., S. 61) zur Grenzziehung auf das Sozialstaatsprinzip rekurriert wird. 302
Vgl. auch Kunig (0. Fn. 297), S. 765 (773).
303 Ähnlich ebd., S. 765 (773); Ossenbühl, Mitbestimmung in der Kunst, DÖV 1983, S. 785 (790); deutlich in diese Richtung auch Schalz, in: Maunz / Dürig, Art. 5 Abs. 3 Rn. 44. - Trotzdem ist aber auch ein gewisser "Mindestschutz" der Grundrechtsausübung fiir im Rahmen der Intendantenverfassung am Theater beschäftigte Künstler anzunehmen. Ein solcher mag virulent werden bei mit Besetzungsfragen verbundener Berührung von beispielsweise religiösen und sittlichen Positionen des angestellten Künstlers. Ein Sänger etwa, der eine nackt zu spielende Partie oder eine religiöse Glaubensinhalte verächtlich machende Rolle nicht übernehmen möchte, wird dabei in seiner Entscheidung durch das "allgemeine Persönlichkeitsrecht" aus Art. I Abs. I und Art. 2 Abs. I GG sowie die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Art. 4 Abs. I GG gestützt. Aus der Ablehnung dürfen ihm darum keine weiteren Nachteile erwachsen. - In modernen Regie-Konzeptionen kann es mitunter - so etwa bei Inszenierungen Peter Zadeks - gerade beabsichtigt sein, einem bestimmten Fach herkömmlicherweise zugeordnete Rollen mit einem anderen Fach zu besetzen. Unter Umständen zu befiirchtende stimmliche Einbußen, die aus einem solchen nicht von der Stimmbildung ausgehenden Abweichen von der bisherigen Stinunkultivierung ausgehen mögen, sind vom Sänger allerdings nicht ohne weiteres hinzunehmen. Von Bedeutung ist hier vor allem, daß er bei bestimmter Dauer und Intensität der "Fehlbeanspruchung" seiner Stimme Gefahr läuft, seiner Stimmqualität zu schaden und damit unter Umständen jahrelange Aufuauarbeit zu ruinieren. Zugunsten eines Effekts der Inszenierung(en) würde die künstlerische Substanz des Sängers gefahrdet und damit seine Kunstausübungsfreiheit schwerwiegend beeinträchtigt. Dies ist eine Situation, in der die grundsätzlich polygonal angelegte kunstfreiheitliche Grundrechtsträgerkonstellation im Einzelfall bei ernsthafter Gefährdung der Stimmsubstanz eines Sängers auch bei durch die Anstaltsverfassung vorgesetzter Intendantenfreiheit und Kunstfreiheit des Regisseurs zugunsten des betroffenen Vokalisten den Ausschlag geben müßte. Abzustellen ist aber auf den Einzelfall, denn in der Regel hat nach der herkömmlichen Intendantenverfassung der Intendant das Letztentscheidungsrecht in künstlerischen Angelegenheiten, also auch in Besetzungsfragen. Wohl tarifrechtlicher Ausfluß dieser Grundrechts-
11 Tillner
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Neben der institutionalisierten Fonn von Mitbestimmung gibt es aber zugleich die Notwendigkeit und Verwirklichung einer Vielzahl infonneller "Mitbestimmungsgremien" und Austauschforen für die künstlerische Arbeit, welche für die Herausbildung eines geschlossenen Ensembles und notwendig aufeinander abgestimmte künstlerische Arbeit in der Tat auch höchst bedeutsam sind J04 . d) Ergebnis Für die Ausgestaltung der öffentlichen Förderung des Musiktheaters stellt die Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG bestimmte Forderungen auf. Mit den bei den wesentlichen und in praxi am häufigsten anzutreffenden Charakteristika dieser Förderung - Regiebetrieb und Intendantenverfassung - kann im großen und ganzen diesen Forderungen recht gut entsprochen werden. Gleichwohl mag es im Einzelfall zu eingriffsgeneigten oder auch in die Kunstfreiheit bzw. Intendantenfreiheit manifest eingreifenden Konstellationen und Situationen kommen. Eine gewisse tatsächliche Deckung erfahren solche Fälle jedoch nicht selten durch das Wirkprinzip des "goldenen Zügels". Von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Verwirklichung der in Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Kunstfreiheit des Intendanten ist deshalb nicht zuletzt auch die Gestalt der öffentlichen Förderung als einer polyzentrischen Förderung 305 • Eine Vielzahl von öffentlichen Förderem und Trägem bedeutet so auch für das Musiktheater und die dafür Beschäftigten - trotz weitgehender Institutionalisierung - aufs Ganze gesehen ein nicht zu gering veranschlagendes Plus an Entscheidungsvarianz und damit auch künstlerischem Betätigungsspielraum. Im sog. Trägerpluralismus treffen sich darum sowohl Freiheit als auch Ordnung der Musiktheaterförderung in Deutschland. konstellation sind die sog. Stimmfachbezeichnung und der sog. Beschäftigungsanspruch, wobei auch hier die nähere Ausgestaltung beachten muß, bei den Komponenten der soeben beschriebenen grundrechtlichen Spannungslage gerecht zu werden. Vgl. hierzu auch Kunig, Bühnenleiter und Kunstfreiheitsgarantie, DÖV 1982, S. 765 (770 f.); Hanns Horst Bauer, Rigoletto, die Traumpartie. Ein Gespräch mit dem Stuttgarter Opernsänger Wolfgang Schöne, in: Schwäbisches Tagblatt vom 18.1.1994, Feuilleton. )04 Einer Umfrage des Deutschen Bühnenvereins aus dem Jahre 1980 zufolge wiesen von den damals antwortenden 112 Theatern 50 (also 44%) ein Organ der Mitsprache auf, wobei die Bildung und Arbeit der Ensembleversammlung überwiegend ohne Rechtsgrundlage und fonnlos praktiziert wurden; echte Mitbestimmung gab es nur in zwei Sprechtheatern: dem Frankfurter Schauspiel sowie dem Grips Theater Berlin; vgl. Ossenbühl (0. Fn. 303), S. 785 (786); vgl. ferner Hufen, Die Freiheit der Kunst in staatlichen Institutionen, S. 552, der ebenfalls die Betonung auf die "rechtlich aber kaum nachvollziehbare oder gar regulierbare" Kommunikation zwischen den Beteiligten legt. Zur Ensemblearbeit instruktiv auch von Wangenheim, Das Ensemble als schöpferische Kraft, TdZ 1946, Heft 5, S. 23 f.; John/Kayser, Die Kunst der Theaterleitung, TdZ 1962, Heft 10, ohne Seitenangabe. 305 Vgl. auch Denninger, Freiheit der Kunst, in: HdbStR VI (1989), S. 847 (869); Häberle, Kulturpolitik in der Stadt - ein Verfassungsauftrag, S. 34 f.
11. Ausgestaltung der Förderung
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2. Förderkompetenzen
Die Kompetenzordnung für den Bereich der Kultur- und Kunstförderung besitzt in beachtlichem Maße die "Tendenz der pragmatischen Auflösung". Der letzten Endes unauflösliche Widerspruch zwischen dem Wesen des Rechts als "statisch-rationalem" und dem in der Sphäre des "dynamisch-irrationalen" verhafteten Politischen306 scheint auf dem Felde der kunstfördernden Staatstätigkeit besonders virulent. Die für das Musiktheater wirksame Kunstförderung ist im wesentlichen eine Angelegenheit der Exekutive307 • Sie verwirklicht sich mitunter in einem zum Teil weit verzweigten Kompositum von Einzelrnaßnahmen unter Anteilnahme von Europäischer Union, Bund, Ländern und Gemeinden. Schlichtend wirkt dabei die Tatsache, daß auch unter kompetenziellen Unklarheiten oder Verstößen es vor allem die Kunst ist, die davon zuvörderst profitiereo 8 . Das Staatswesen der Bundesrepublik Deutschland ist ein Bundesstaat - i.e. eine durch die Verfassung des Gesamtstaates geformte staatsrechtliche Verbindung von Staaten -, wobei die Teilnehmer Staaten bleiben (Gliedstaaten) und ebenso auch der organisierte Staatenverband selbst (Gesamtstaat) Staatsqualität innehat. Ferner ist nach mittlerweile herrschender Auffassung die Bundesrepublik Deutschland dementsprechend ein zweigliedriger Bundesstaat, bestehend aus den Bundesländern als Gliedstaaten und dem Bund, welcher in Realunion den Gesamt- und Zentral staat bildet. Das Kompetenzverteilungssystem gilt dabei als das Herzstück bundesstaatlicher Struktur o9 • Innerhalb des Bundesstaates sind es Unitarismus und Föderalismus, die als die beiden großen Kräfte je nach Überwiegen prägend wirksam werden. Keine darf dabei allerdings gänzlich an Bedeutung verlieren 31o • Der Bundesstaat des 306 So bei Feuchte, Die bundes staatliche Zusammenarbeit in der Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland, AöR 98 (1973), S. 473 (474); vgl. auch Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtstaatlichen Kunst- und Kulturpflege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 295. 307 Die Unterhaltung von Musiktheatern wie auch von für die künstlerische Ausbildung notwendigen Kunst- und Musikhochschulen gehört zum Bereich schlichter Hoheitsverwaltung, vgl. WolfflBachoflStober, Verwaltungsrecht I, S. 355.
JOS ZU berücksichtigen ist dabei grundsätzlich auch die Möglichkeit von "Mehrfach"kompetenzen in Bereichen, in denen Effizienzgesichtspunkten ein dominanter Rang eingeräumt werden darf, und Rechtsstaats- und Organisations gesichtspunkte so zu einem billigen Ausgleich gebracht werden können, vgl. hierzu Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 293 f. 309 BVerfGE 13, 54 (78); vgl. im übrigen Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 644 f., 650 f.; l~en see, Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: HdbStR IV (1990), S. 517 (562 f.). - Für einen dreigliedrigen Staatsaufbau hat sich insbesondere ausgesprochen Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 199 ff. JIO Vgl. Kimminich, Der Bundesstaat, in: HdbStR I (1987), S. 1113 (1143), der zugleich darauf hinweist, daß der Gegensatz zum Bundesstaat nicht im unitarischen Staat, sondern im
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Grundgesetzes wird mitunter auch als ein sog. "labiler Bundesstaat" bezeichnet3 !!. Nach dem Kriegsende am 8. Mai 1945 erfolgte teils xenogen, aus Befriedungsbestrebungen der Siegermächte, teils autogen, aus den negativen Erfahrungen mit der exzessiv vorher betriebenen "Gleichschaltung", eine deutliche Hinwendung zu einer Betonung föderaler Elemente. Auch wurden ohne allzu große Rücksicht auf gewachsene historische, kulturelle und wirtschaftliche Traditionen und Prämissen in den Westzonen neue Länder geschaffen, die mit Ausnahme von Bayern, Bremen und Hamburg eher als Zufallsgebilde bezeichnet werden müssen 3J2 • Mit der Entstehungsgeschichte der Grundlagen des heute bestehenden föderalistischen Systems werden zugleich aber auch die Hypotheken und gewissermaßen "Geburtsfehler" der gegenwärtigen bundesstaatlichen Ordnung deutlich. Bei der Rückkehr zur Bundesstaatlichkeit im Jahre 1949 ist ferner bedeutsam, daß das Grundgesetz auch den Ländern Staatscharakter zuerkennen. Dabei ist es neben der freien Bestimmung über die jeweilige Organisation und der Garantie der Zuweisung eines angemessenen Anteils am Gesamtsteuerautkommen im Bundesstaat vor allem die öffentliche Kulturordnung, besonders in den Bereichen Bildung und Wissenschaft, die von seiten des Verfassungsgebers zum Kernstück, zum "Hausgut" der Ländergewalt gemacht wurde 3 !4. Im weiteren Verlauf seit 1949 hat die zunächst bewußt gewählte Prädominanz föderaler Strukturen sowohl generell als auch in bezug auf die Kulturordnung eine gewisse Anpassung erfahren, und unitarische Züge sind stärker in der bundesstaatlichen Ordnung zur Geltung gekommen. In diesem Zusammenhang aufgeführt sei zunächst etwa die extensive Inanspruchnahme von Gesetzgebungskompetenzen durch den Bund, insbesondere zur Wahrung bzw. Herstellung einheitlicher, jetzt "gleichwertiger" Lebensverhältnisse im BundesgeEinheitsstaat zu sehen sei. - Anzustreben ist ein ausgewogenes Zusammenspiel von partikulären Kräften und hinreichend starken, zentral regulierenden Instanzen, so Zippelius, Kulturelle Komponenten der Gemeinschaftsordnung im Wandel, in: FS für Lange, S. 331 (338). 311 BVerfGE I, 14 (48); 5, 34 (38); ferner Herzog, in: Maunz/Dürig, Art. 20 Rn. 52, der darauf hinweist, daß die nach wie vor bestehende Kompetenz-Kompetenz des Bundes in der Ewigkeitsklausel des Art. 79 Abs. 3 GG eine äußerste Grenze erfahre. 312 Vgl. Kaufmann, Bundesstaat und Deutsche Einheit, S. 33; Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 84, 552 f. 313
Stellvertretend BVerfGE 61, 149 (206).
314 So NiebIer, Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, ThürVBI. 1992, S. \04 (105); Oppermann (0. Fn. 312), S. 552 f., der über den Zusammenhang von wesensmäßiger Autonomie der kulturellen Sphäre und Diversifizierzung bei der Ausübung von Staatsgewalt im kulturellen Bereich ausführt, daß es zu diesem Zwecke nicht einer so weitgehenden Verbannung des Gesamtstaates aus dem kulturellen Raum bedurft hätte, wie es mit dem Grundgesetz geschehen sei. Dezentralisierende Lösungen anstelle der Föderalisierung wie auch eine etwas großzügigere Bemessung der Bundesgesetzgebungszuständigkeiten hätten der deutschen Verfassungstradition sogar wohl eher entsprochen.
11. Ausgestaltung der Förderung
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biet, die Unitarisierung des Gesetzesvollzuges, die Bundesfondsverwaltung, auch die Selbstkoordination der Länder auf der sog. Dritten Ebene, dann - trotz des neuen Art. 23 GG nicht gänzlich auszuschließende - Erosionen der Bundesstaatsordnung durch eine sich immer dichter fonnierende Europäische Union, und schließlich ein erheblicher Bedeutungszuwachs des Bundes durch die Folgen der Wiedervereinigung. Zu letzterem ist bemerkenswert, daß auch bereits vor der Wiedervereinigung vor allem die trotz des Finanzausgleichs weiter bestehende ungleiche Stärke der Länder als Achillesferse gegenüber der Einflußnahme des Bundes sich erwiesen hatte 31S • Auch die in der Zwischenzeit seit 1982 erfolgten Versuche einer Reföderalisierung, sei es durch partielles "Zurückdrehen" des kooperativen Föderalismus, etwa bei den Gemeinschaftsaufgaben, sei es durch den neuen Art. 23 GG oder die Überarbeitung der Art. 70 ff. GG, laufen Gefahr, Erfolge auf dem Papier zu werden, wenn es nicht gelingen sollte, die Leistungsfähigkeit aller Länder zu stärken und das wirtschaftliche Gefälle zwischen finanzstarken und finanzschwachen Ländern zu verringern. Unter Umständen - der Probleme einer politischen Umsetzung eingedenk - kann nur eine Neugliederung des Bundesgebiets die Machtverhältnisse zwischen Bund und Ländern neu ordnen316 • Den engeren Bereich der bundesstaatlichen Kulturordnung betreffend sind als unitarisierend wirksam vor allem hervorzuheben die mit dem Finanzrefonngesetz von 1969 eingefiihrten Gemeinschaftsaufgaben der Art. 91 a und 91 b GG, welche - ähnlich wie der die Subventionspraxis des Bundes ausdrücklich regelnde Art. 104 Abs. 4 GG - zu einer beachtlichen Verflechtung der Verwaltungsräume von Bund und Ländern im kulturellen Bereich beigetragen haben 3l7 • Gleichwohl ist es vor allem der kulturelle Bereich, in dem die Länder besonders standhaft immer wieder erhebliche Gegenkräfte mobilisieren und sich auf einer im Verfassungstext unerwähnt gebliebenen "Dritten Ebene" in Kooperation und Koordination zusammenfinden und in den verschiedensten Punkten m Vgl. Ossenbühl, Föderalismus nach 40 Jahren Grundgesetz, DVBI. 1989, S. 1230 (1233) mit dem Fazit, daß der unitarisch-kooperative Bundesstaat wohl unvermeidlich sei, und es vor allem gelte, eben diesen in Grenzen zu halten; Hesse / Renzsch, Zehn Thesen zur Entwicklung und Lage des deutschen Föderalismus, Staatswissenschaften und Staatspraxis 1990, S. 562 (563); Kimminich (0. Fn. 310), S. 1113 (1148 f.); auch die politischen Parteien treten unitarisierend in Erscheinung, indem sie vom Bund aus das Gemeinwesen faktisch gleichsam "verklammem", vgl. Feuchte (0. Fn. 306), S. 473 (509). Jl6 So auch Benz, Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den Ländern, DÖV 1993, S. 85 (86); Jeffery / Yates, Unification and Maastricht: The Response of the Länder Governments, in: Federalism, Unification and European Integration, S. 58 (71 f.). Jl7 Vgl. Wieland, Einen und Teilen, DVBI. 1992, S. 1181 (1192); gern. Art. 7 Abs. 4 EV werden die neuen Länder in die Regelungen über die Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91 a und Art. 91 b GG einbezogen; vgl. ferner Ossenbühl (0. Fn. 315), S. 1230 (1234); zu neueren Entwicklungen auf diesem Gebiet Oppermann, Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau: Neue Perspektiven nach zwei Jahrzehnten, in: FS rur Dürig, S. 411 ff.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
zusammenarbeiten. Neben der Kultusministerkonferenz (KMK) bestehen auch eine Vielzahl weiterer Einrichtungen, welche von der auch institutionellen Verfestigung dieser Zusammenarbeit Zeugnis geben. Zu nennen sind etwa die Zentrale Vermittlungsstelle für Studienanfanger, das Zweite Deutsche Fernsehen, die Filmbewertungsstelle in Wiesbaden sowie die Deutsche Forschungsgemeinschaft3IR . Darüber hinaus finden sich die Gesamtheit der Länder und der Bund auch auf einer sog. Vierten Ebene zusammen, so z.B. in der Kulturstiftung der Länder, an der sich der Bund beteiligt3l9 • Allerdings ist - wie bereits erwähnt - auch der Selbstzusammenschluß der Länder mit oder ohne Bund gleichfalls eher unitarisierend wirksam, als daß er mit dazu beitragen würde, die "kulturelle Stammesvielfalt"320 zu betonen. Der Blick auf die soeben geschilderten föderalistischen Verwischungen und Verwerfungen mag auch der Erkenntnis dienen, daß von den Sachgesetzlichkeiten einer bestimmten Materie und eines spezifischen Regelungsgegenstandes her gesehen mitunter die Notwendigkeit zu übergreifenden, den Wirkungskreis der kleineren Einheit übersteigenden Regelungen gegeben sein kann. Damit schimmert jedoch durch die verfassungsrechtlich ausgestaltete Form des Föderalismus der ursprüngliche Gedanke der Subsidiarität hervor, der, wenn nicht als normatives Verfassungsprinzip im strikten Sinne, so doch als allgemeiner Gedanke und regulatives Prinzip gleichwohl auch für den freiheitlich-pluralistischen Staat von grundsätzlicher Bedeutung ist. Der Föderalismus selbst ist damit als konsequente Fortfiihrung des Subsidiaritätsprinzips im staatlichen Bereich anzusehen 321 . So werden mit Blick auf die Gesamtheit der Zuständigkeiten rein tatsächlich neben dem jetzt vorzufindenden Zustand einer "res mixta" der föderalen Ordnung und vorher stattgehabten Wanderungsprozessen zu Ungunsten der Kommunen im Verhältnis Gemeinde-Land wohl auch in einer größeren Dimension solche Verflechtungen und Wanderungen nicht zuletzt im Verhältnis BundEuropäische Union sich wiederholen, welche der EU wohl weitere zusätzliche Kompetenzen bringen mögen 322 • So scheint die gesamte nationale und supranationale Zuständigkeitsordnung auch unter dem Einfluß des bereits seit langem geläufigen und mit den Enzykliken der Päpste Leo XIII. und Pius XI. 323 positiv 1lH Vgl. Ossenbühl (0. Fn. 315), S. 1230 (1234). 319
S.u. 8.II.3); ansonsten vgl. ebd., S. 1234.
320
Bei Oppermann, KulturveIWaltungsrecht, S. 448.
321 Vgl. Rauscher/ Hallerbach, Subsidiarität, in: Staatslexikon, Bd. V, Sp. 386 (389); Stewing, Das Subsidiaritätsprinzip als Kompetenzverteilungsregel im Europäischen Recht, DVBI. 1992, S. 1516 (1517); Millgramm, Föderalismus in den Vereinigten Staaten, Jura 1992, S. 17 (21).
m So auch Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 664 f. m.w.N. m Lea XlII., Rerum Novarum, Kapitel 5: Die neue Gesellschaftsordnung, zit. bei Hachhaum, Kohäsion und Subsidiarität, DÖV 1992, S. 285 (288); Pius XI., Quadragesimo Anno vom 15.3.1931, zit. bei Bernzen, Das Subsidiaritätsprinzip als Prinzip des deutschen Staatsrechts, S. 18; vgl. ferner bei Nell-Breuning, Baugesetze der Gesellschaft, S. 87 f., der zur Vorgeschichte neben Thomas von Aquin und Dante auch einen Ausspruch Abraham Lincolns
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11. Ausgestaltung der Förderung
ge faßten Subsidiaritätsprinzips zu stehen. Auffallend ist jedoch, daß dieses Prinzip auf jeder Ebene von Staatlichkeit und Gesellschaft seine spezifische Brechung erfahrt bzw. auch erfahren muß. Auf europäischer Ebene erscheint so die Idee der Subsidiarität eher als grundsätzlich kompetenzverteilend und -zuweisend unter Betonung eines Eingriffsrechts der höheren Ebene zugunsten der schwächeren unteren Ebene, während die föderative Ordnung der Bundesrepublik Deutschland eher der Vorstellung Tocquevilles vom Subsidiaritätsprinzip als Handlungsrecht und Handlungsprimat der unteren gegenüber der höheren Ebene ausgeht 324 • Letztere Auffassung deckt sich auch weitgehend mit der vorherrschenden Ausdeutung der angesprochenen Enzykliken, daß eine Aufgabe im Staat primär von der kleinsten dazu fahigen Einheit wahrgenommen werden sollte325 • Das Subsidiaritätsprinzip für sich - auch in seinen verschiedenen Schattierungen - ist jedoch zu abstrakt gefaßt, als daß es durchgängig als ein Rechtssatz verwertbar wäre 326 . Gleichwohl festzuhalten bleibt, daß der Föderalismus in seiner konkreten Gestalt aus dem Gedanken der Subsidiarität erwächst und diesen zuverlässig weiter ausformt. Bei Friktionen im Rahmen dieser bundesstaatlichen Ordnung mag so der zugrunde liegende allgemeine Gedanke der Subsidiarität - auf welchem dogmatischen Wege auch immer - als regulatives Prinzip eine gewisse Bedeutung erlangen, zumal auf anderen Ebenen der auch supranationalen Zuständigkeitsordnung dies mitunter ganz direkt geschieht und die föderale Ordnung dadurch diesbezüglich in eine Art Zangenbewegung gerät327 • aus dem Jahre 1854 aufführt, wonach die Regierung für die Bevölkerung das zu besorgen habe, "was sie aber selbst überhaupt nicht tun können oder doch, auf sich selbst gestellt, nicht ebensogut selber tun können. In all das, was die Menschen ebensogut selber tun können, hat die Regierung sich nicht einzumischen." - Auf protestantischer Seite hingegen ist Zurückhaltung gegenüber naturrechtlichen Begründungen einer Soziallehre zu verzeichnen; vielmehr wehrt die evangelische Soziallehre jeder Absolutsetzung irdischer Dinge. Das Bekenntnis zum Menschen müsse im Mittelpunkt jeder irdischen Ordnung stehen. So sehr dem mit ganzem Herzen zuzustimmen sein mag - die evangelische Soziallehre bleibt damit zugleich aber sehr unbestimmt und wenig konkret. Evangelische Sozialethik ist so Verantwortungsethik auf dem Boden eines persönlichen Glaubens und weniger ein (offenes) System, vgl. Lutz, Evangelische Soziallehre, in: Katholische und evangelische Soziallehre. Ein Vergleich, S. 35 (39 f.); ferner Bayer, Evangelische Sozialethik als Verantwortungsethik, in: Christliche Sozialethik im Anspruch der Zukunft, S. 77 (87). 324
Vgl. Hochbaum
(0.
Fn. 323), S. 285 (288) m.w.N.
325 Damit umfaßt das Subsidiaritätsprinzip aber einen negativen und positiven Aspekt. Die höhere Ebene darf eine Tätigkeit, die die kleinere Einheit selbst zu bewältigen vermag, nicht an sich ziehen. Der positive Aspekt bedeutet, daß das größere Gemeinwesen der kleineren Einheit die Mittel zur Verfligung stellen soll, die dieser die Aufgabenerflillung ermöglichen, so bei Nell-Breuning (0. Fn. 323), S. 93 ff.; Stewing (0. Fn. 321), S. 1516. 326 Vgl. nur RauscherlHollerbach S. 17 (21).
(0.
Fn. 321), Sp. 386 (390); Millgramm
(0.
Fn. 321),
321 Allerdings sind mit Art. 23 Abs. I S. 3 GG und Art. 79 Abs. 3 GG weitreichende föderale Garantien errichtet; vgl. hierzu z.B. auch Zuleeg, Demokratie in der Europäischen Ge-
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Schließlich ist für den Kulturbereich spezifisch jedoch auch bedeutsam der bereits erwähnte Zusammenhang von kulturellen Grundrechten als Ordnungsprinzip - insbesondere hier der Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG - sowie der föderativen Ordnung des Grundgesetzes. Unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Verfassung folgt deshalb bei Auslegung und Anwendung der bundesstaatlichen Kompetenzordnung für den kulturellen Bereich nicht zuletzt der Auftrag, Individualität und Pluralismus - auch als Träger- und Förderpluralismus - entsprechend Rechnung zu tragen 328 . a) Förderung durch die Europäische Union
Das Bewußtsein von "Europa als Kultur", als eine Kultur verschiedener Völker und Sprachen329 , ist zweifelsohne gestiegen. Beredtes Zeugnis darüber gibt der Vertrag von Maastricht, der Vertrag über die Europäische Union, als einer ,,- supranational organisierten - zwischenstaatlichen Gemeinschaft" unter der konstitutionellen Konzeption eines "Staatenverbundes"330. Ebendort ist in Art. 3 lit. p) und Art. 128 EGV für die Europäische Union eine allgemeine Kulturkompetenz vorgesehen als ein "Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedsstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt", so Art. 128 Abs. 1 EGV 331 • aa) Art. 3 fit. p), 128 iYm. Art. 3b EGV Vor der Verabschiedung des Vertrages über die Europäische Union war für den Kulturbereich noch keine ausdrückliche Gemeinschaftszuständigkeit gegeben. Für Maßnahmen mit kulturpolitischem Bezug wurde von der Kommission meinschaft, JZ 1993, S. 1069; im übrigen erfahrt der Subsidiaritätsgedanke mit dem neugefaßten Art. 23 Abs. I GG neben Verfassungsgrundsätzen von unbestreitbar innerstaatlicher Rechtsgeltung ausdrückliche grundgesetzliche Aufnahme, so daß dieser als ungeschriebenes Strukturprinzip der deutschen Verfassung nunmehr auch erkennbar zugrundeliegt, so Oppermann, Subsidiarität als Bestandteil des Grundgesetzes, JuS 1996, S. 569 (570, 573). J2H Vgl. Geis, Die "Kulturhoheit der Länder", DÖV 1992, S. 522 (525); Denninger, Freiheit der Kunst, in: HdbStR VI (1989), S. 847 (869); Häberle, Kulturpolitik in der Stadt - ein Verfassungsauftrag, S. 34 f.; allerdings stellen Grundrechte, wie auch Staatszielbestimmungen, als solche keine Kompetenzabgrenzungen zwischen Bund und Ländern dar, vgl. Pietzcker, Zuständigkeitsordnung und Kollisionsrecht im Bundesstaat, in: HdbStR IV (1990), S. 693 (697). )29 Vgl. die Ausführungen des (im Jahre 1982) französischen Kulturministers Jacques Lang in der Frankfurter Rundschau vom 8.10.1982, S. 7; dazu auch Häberle, Europa in kulturverfassungsrechtlicher Perspektive, in: Grundrechtsschutz im nationalen und internationalen Recht, S. 41 (43). ]]0 So BVerfGE 89, 155 (188 ff.); dabei setzt sich das Gericht von den Begriffen "Staatenbund" und "Bundesstaat" bewußt ab. 331 Vgl. Engelhard, in: Lenz, EG-Vertrag, Art. 128 Rn. I; Maihafer, Kulturelle Aufgaben des modernen Staates, in: HdbVR, S. 1201 (1268 f.).
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allerdings der Begriff der "Kulturwirtschaft" geprägt, welcher Regelungen durch die damalige EG ermöglichen sollte. Zugleich war jedoch - gestützt durch Art. 5 EWGV ("Gemeinschaftstreue") und der damit verbundenen gegenseitigen Rücksichtnahme zwischen EG und den Mitgliedstaaten - soweit eindeutig, daß kulturelle Angelegenheiten in der EG grundsätzlich bei den Mitgliedsstaaten verbleiben sollten332 • Gleichwohl gab es mit Beginn der achtziger Jahre, in Sonderheit mit der Feierlichen Erklärung des Europäischen Rates in Stuttgart 1983, in der Folge eine ganze Reihe von kulturpolitischen Initiativen auf damaliger Gemeinschaftsebene. So wurde z.B. 1988 ein Ausschuß für Kulturfragen eingerichtet, der - aus Vertretern von Kommission und Mitgliedstaaten bestehend - EG-weite kulturpolitische Aktivitäten für den Rat vorbereiten sollte 333 • Aktionen im Kulturbereich wurden durch den Rat in einzelnen Entscheidungen beratschlagt und verabschiedet. Dabei haben sich im wesentlichen zwei "Schienen" der EGAktivitäten herausgebildet. Neben mehr grundsätzlichen Aktionen zur Herausbildung einer europäischen Identität, wie die Benennung einer Stadt der Gemeinschaft zur "Europäischen Kulturstadt" bei finanzieller Unterstützung einer Reihe damit verbundener Aktivitäten, als ein Beispiel dafür, sind es vor allem eine ganze Anzahl von Einzelrnaßnahmen gewesen, die sich pragmatisch verschiedener Projekte im kulturellen Bereich angenommen haben 334 . Zur Finanzierung dieser Vorhaben hatte sich gleichzeitig eine unter dem Gesichtspunkt der begrenzten Einzelzuständigkeit nicht ganz unbedenkliche "Fondskompetenz" der EG herausgebildet335 , so daß Art. 128 des Vertrages von Maastricht eine bereits etablierte Praxis gewissermaßen auch nachträglich legitimiert. Mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Union vom 12. Februar 1992 besitzt die Union nun einen eigenständigen Kulturauftrag 336 , wobei sie gern. Art. 128 Abs. 1 i.Y.m. Art. 3 lit. p) EGV unter Wahrung der nationalen m Blanke, Europa auf dem Weg zu einer Kulturgemeinschaft, S. 100; Oppermann, Europarecht, Rn. 1983 f.; für Regelungen mit Auswirkungen auf den Kulturbereich wurden Vorschriften zur Verwirklichung anderer Vertragsziele und die Generalermächtigung des § 235 EGV als Rechtsgrundlage herangezogen. Zahlreiche Beschlüsse für den KuIturbereich sind ferner nach der sog. "gemischten Formel", d.h. durch die jeweils für Kulturfragen zuständigen Minister als Ratsmitglieder und gleichzeitig in ihrer Eigenschaft als im Rat zusammengekommene Minister der Mitgliedsstaaten, zustandegekommen, vgl. Engelhard (0. Fn. 331), Art. 128 Rn. I; vgl. ferner Ress, Kultur und Europäischer Binnenmarkt, S. 32 ff. m
ABI. 1988, C 197/1.
Oppermann, Europarecht, Rn. 187 ff. mit zahlreichen w.N.; als interessante kulturelle Einzelrnaßnahmen der Gemeinschaft seien genannt z.B. die Förderung der Übersetzung bedeutender Werke der europäischen Kultur (ABI. 1987, C 309/3 f.), die Durchführung eines europäischen Bildhauerwettbewerbs (ABI. 1985, C 153/2 ff.) oder die Kulturförderung in den Regionen Europas, dazu Oppermann, ebd., Rn. 1992. 334
m So Oppermann (0. Fn. 334), Rn. 432, 1988 f. 336
Vgl. Maihofer (0. Fn. 331), S. 1201 (1268).
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
und regionalen Vielfalt und unter gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der bzw. in den Mitgliedstaaten leisten soll. Bewußt ist der Begriff "Europäische Kultur" vermieden worden, um klarzustellen, daß die Europäische Union nicht die Schaffung einer einheitlichen "Eurokultur" anstrebt337 • Die Aktivitäten der EU sollen die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördern und deren Tätigkeit unterstützen und "erforderlichenfalls" ergänzen, Art. 128 Abs. 2 EGV Damit ist anerkannt, daß weiterhin die kulturpolitische Verantwortung bei den Mitgliedstaaten verbleibt, daß eine eigene Kulturpolitik der Gemeinschaft lediglich ergänzend in Betracht kommen kann und daß nationale Kulturpolitiken nicht durch sie konterkariert werden dürfen 338 • Das Kriterium der Erforderlichkeit ist ein besonderer Hinweis auf die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips nach Art. 3b Abs. 2 EGV bei kulturellen Aktivitäten der Europäischen Union 339 . Die in Art. 128 Abs. 2 EGV aufgeführten Handlungsfelder - u.a. ausdrücklich auch das künstlerische und literarische Schaffen - sind so allgemein gehalten, daß der Union zunächst einmal praktisch ein unbegrenztes Tätigkeitsfeld auf dem Felde der Kultur offenstehe 40 • Dabei ist für die Union auch die Zusammenarbeit mit dem schon seit geraumer Zeit kulturpolitisch agierenden Europarat ausdrücklich vorgesehen, Art. 128 Abs. 3 EGV 341 • Ferner ergibt sich aus Art. 128 Abs. 4 EGV das Gebot der Rücksichtnahme auf die kulturellen Belange der Mitgliedstaaten in allen Sachbereichen342 • Gern. Art. 128 Abs. 5 EGV beschließt der Rat einstimmig über Fördermaßnahmen nach Anhörung des Ausschusses der Regionen im Verfahren der Mitentscheidung des Europäischen 337 Ress, Die neue Kulturkompetenz der EG, OÖV 1992, S. 944 (947); in diesem Zusammenhang bedeutsam ist auch Art. 128 Abs. 5 EGV und das darin zum Ausdruck gebrachte Hannonisierungsverbot von Rechts- und Verwaltungsvorschriften im kulturellen Bereich. 33R Vgl. Engelhard (0. Fn. 331), Art. 128 Rn. 3; nach Maihofer (0. Fn. 331), S. 1201 (1264, 1270) kommt es zu einem "differenzierten Transfer von Souveränität der Nationen auf die Union", wobei es keine Alleinzuständigkeiten - sei es seitens der EU, sei es von seiten der Mitgliedstaaten - für einen Politikbereich insgesamt mehr geben kann. 339 Nach Ress (0. Fn. 337), S. 944 (947) ergibt sich aus dem Erforderlichkeitskriterium ferner die Maßgabe, daß die Förderung nur einzelner Mitgliedstaaten lediglich zulässig ist bei kulturellen Angelegenheiten von europäischer Bedeutung. 340 Vgl. Engelhard (0. Fn. 331), Art. 128 Rn. 4; die Einschätzung der Aufzählung der Handlungsfelder in Art. 128 Abs. 2 EGV als abschließend, so Ress (0. Fn. 337), S. 944 (947), und Zuleeg, Die Stellung der Länder und Regionen im europäischen Integrationsprozeß, OVBI. 1992, S. 1329 (1334), ist deshalb nicht von allzu herausragender Bedeutung. 341 Zu den umfangreichen Aktivitäten des Europarates vgl. Wiesand (Hrsg.), Handbook of Cultural Affairs in Europe, S. 47 (51 f.). 342 Vgl. Ress (0. Fn. 337), S. 944 (948); Engelhard (0. Fn. 331), Art. 128 Rn. 6; mitunter wird allerdings angemerkt, daß Art. 128 Abs. 4 EGV auch als Verwässerung der Zuständigkeitseinschränkung der Union auf kulturellem Gebiet verstanden werden könne, so Bohr/ Albert, Die Europäische Union - das Ende der eigenständigen Kulturpolitik der deutschen Bundesländer?, ZRP 1993, S. 61 (64).
11. Ausgestaltung der Förderung
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Parlaments (Art. 189b EGV). Über Empfehlungen beschließt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission ohne Anhörung des Ausschusses der RegionenJ4J • Diese Empfehlungen sind allerdings unverbindlich. Die zunächst angesprochenen "Fördermaßnahmen" bedeuten vor allem Beschlüsse über Förderprogramme, die nicht im Katalog des Art. 189 EGV enthalten sind und als sog. ungekennzeichnete Rechtshandlung gelten J44 . Von Bedeutung fur die konkrete Kompetenzverteilung bzw. -ausübung J45 der Europäischen Union im Kulturbereich ist auch das in der Präambel, in Art. B und in Art. 3b des Maastrichter Unionsvertrages zum Ausdruck kommende Subsidiaritätsprinzip. Der Wortlaut des Art. 3b S. 2 EGV begrenzt den Anwendungsbereich des Subsidiaritätsprinzips auf das Feld von nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fallenden Aufgaben. Dies ist eine etwas seltsame Formulierung, da wegen der noch nicht staatsbildenden Natur der Europäischen Union ihre Kompetenzen eigentlich lediglich konkurrierende sein können J46 . Sinnvoll erscheint deshalb zunächst einmal die Vorstellung eines "differenzierten Transfer von Souveränität der Nationen auf die Union" in der Gestalt, daß es keine Alleinzuständigkeiten - sei es seitens der EU, sei es von seiten der Mitgliedstaaten - fur einen Politikbereich insgesamt geben kann. Es erfolgt in diesem Zusammenhang vielmehr die Zuweisung von Primär- und Residualkompetenzen. Nach Maihofer werden entlang einer gewissen Dichotomie von Wirtschaftsunion und Kulturföderation die Primärkompetenzen - nach Bereichen aufgeschlüsselt und damit im Grunde eher föderalistisch - wie folgt aufgeteilt: Für den Bereich der Wirtschaft an die Gemeinschaft, fur den Bereich der Kultur an die Mitgliedstaaten. Die Einräumung der Residualkompetenzen, der Bereichsausnahmen erfolgt dann jeweils komplementär unter dem Regime des Subsidiaritätsprinzips in Art. 3b Abs. 2 EGV J47 • So wird die Union nach dem Subsidiaritätsprinzip im Kunst- und Kulturbereich nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und wegen ihres Um343
Engelhard, in: Lenz, EG-Vertrag, Art. 128 Rn. 9.
So Ress (0. Fn. 337), S. 944 (947 Fn. 27); Engelhard (0. Fn. 343), Art. 128 Rn. 7, der weiter anmerkt, daß der Begriff "Fördermaßnahme" im Hinblick auf das Regelungsziel im Gegensatz zur sämtliche Rechtsakte i.S.v. Art. 189 EGV umfassenden "Maßnahme" enger zu verstehen sei und dieser Gemeinschaftsaktivitäten, die schwerpunktmäßig Regelungscharakter haben, nicht zulasse. 345 Vgl. z.B. Zu leeg (0. Fn. 340), S. 1329 (1336); Maiho{er, Kulturelle Aufgaben des moderenen Staates, in: HdbVR, S. 1201 (1272 f.). 34h Vgl. Stewing, Das Subsidiaritätsprinzip als Kompetenzverteilungsregel im Europäischen Recht, DVBI. 1992, S. 1516 (1517); Götz, Das Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, JZ 1993, S. 1081 (1082), wonach das Bundesverfassungsgericht vom Leitbild der Letztverantwortlichkeit des integrationsoffenen Staates ausgeht. 347 So Maiho{er (0. Fn.345), S. 1201 (1264, 1270); auch Oppermann, Europarecht, Rn. 1993 hält die "Europäische Kulturgemeinschaft" rur eine "bündische" Angelegenheit. 344
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
fanges oder ihrer Wirkungen zugleich besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können, Art. 3b Abs. 2 EGV 348 • Allerdings ist das Subsidiaritätsprinzip auch nicht schlichtes Effizienzprinzip, sondern der Vorstellung von der Primärkompetenz folgend läßt sich der Formulierung des Art. 3b Abs. 2 EGV grundsätzlich sogar eher eine (widerlegliche) Zuständigkeits vermutung zugunsten der Mitgliedstaaten entnehmen 349 , so daß u.U. ein Tätigwerden der Gemeinschaft auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Mitgliedstaaten ein bestimmtes Handlungsziel nur (geringfügig) weniger gut als die Union erreichen können 35o • Die nicht zu verkennende große Unbestimmtheit der maßgeblichen Kategorien in Art. 3b Abs. 2 EGV wird auch nicht durch die Einführung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in bezug auf die Maßnahmen der Gemeinschaft bedeutend gemindert; immerhin dürfte dieser jedoch im Zusammenhang mit dem Subsidiaritätsprinzip - entgegen der bisweilen durch den EuGH erfolgten weiten Auslegung - auf die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne beschränkt sein 3sl • Wesentlich scheint schließlich, daß die Beweislast und der Begründungszwang die Europäische Union trifft, wenn sie die Inanspruchnahme der ihr im kulturellen Bereich spärlich zustehenden Residualkompetenz anstrebt 3S2 • Im übrigen ist ein weiteres wichtiges Subsidium für die Subsidiarität auch das in Art. 128 Abs. 5 EGV vorgeschriebene Verfahren zum Beschluß von "Fördermaßnahmen" im kulturellen Bereich. 34" Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß mit "besser" der bereits angeführte negative Aspekt des Subsidiaritätsprinzips, nämlich die Vermutung zugunsten der kleineren Einheit, durch das Europäische Recht eben gerade nicht aufgenommen wird, vgl. im übrigen Stewing (0. Fn. 346), S. 1516 f. 349 Vgl. Stewing, Subsidiarität und Föderalismus in der Europäischen Union, S. 29; Bleckmann, Der Vertrag über die Europäische Union, S. 335 (336).
350 Vgl. von Borries, Das Subsidiaritätsprinzip im Recht der Europäischen Union, EuR 1994, S. 263 (277).
J5r Vgl. dazu Stewing (0. Fn. 346), S. 1516 (1518); die weitere Überprüfung durch den EuGH steht noch aus, vgl. hierzu Hochbaum, Kohäsion und Subsidiarität, DÖV 1992, S. 285 (291). - Weiter von Bedeutung dürfte in diesem Zusammenhang auch der Umstand sein, daß Art. 128 EGV keine abschließende Regelung darstellt und auch künftig zur Erreichung anderer Vertragsziele Maßnahmen mit Auswirkungen auf den Kulturbereich auf der Grundlage von Art. 235 EGV oder anderer Vertragsbestimmungen in Angriff genommen werden können. Allerdings ist der Zweite Senat des BVerfGs in seinen Ausführungen im Urteil zu Maastricht darum bemüht, die Auslegungs- und Rechtsfortbildungskompetenz des EuGH strenger einzugrenzen. Dabei legt er im Zusammenhang mit der dynamischen Erweiterung der Verträge durch großzügige Handhabung des Art. 235 EGV im Sinne einer "Vertragsabrundungskompetenz" durch den Gedanken der inhärenten Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaften ("implied powers") und durch eine Vertragsauslegung im Sinne einer größtmöglichen Ausschöpfung der Gemeinschaftsbefugnisse ("effet utile") nunmehr besonderen Wert auf die Trennung zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung einerseits und Vertragsauslegung andererseits, vgl. dazu Engelhard, in: Lenz, EG-Vertrag, Art. 128 Rn. 9; ferner bei Zuleeg, Die Rolle der rechtsprechenden Gewalt in der europäischen Integration, JZ 1994, S. I (4); Götz (0. Fn. 346), S. 1081 (1084).
m So Maihofer (0. Fn. 345), S. 1201 (1273).
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Es zeigt sich, daß mit letzterem - vor allem in Verbindung mit den im neuen Art. 23 GG und dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vorgesehenen Beteiligungsrechten, deren Praktikabilität sich allerdings erst noch erweisen mußJ5.l - die Wahrnehmung der ohnehin nicht überbordenden Residualkompetenzen der Union auch für die Bundesländer und die von ihnen hochgehaltene "Kulturhoheit der Länder" keine allzu große Bedrohung wird darstellen können 354 . Genauer tragen dazu bei das in Art. 128 Abs. 5 EUV niedergelegte Einstimmigkeitsprinzip und die nach Art. 23 Abs. 6 S. 1 GG vorgesehene Wahrnehmung der bundesrepublikanischen Belange durch einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Lände~55, wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betroffen sind. Letzteres wird im Grundsatz für den kulturellen Bereich gleichwohl zu bejahen sein 356 . Für diese einstimmig zu fassenden Beschlüsse über Fördermaßnahmen im kulturellen Bereich dürfte das Subsidiaritätsprinzip als "ligne de conduite" im Vorfeld als politisches Instrument der verhandelnden Delegationen erhebliches Gewicht entfalten 357 • Schließlich ermutigend in bezug auf eine künftige subsidiäre Ausübung der der EU zustehenden Residualkompetenzen im Kulturbereich mag auch vor allem das "Maastricht"-Urteil des Bundesverfassungsgerichts wirken, worin es für die Verfassungsorgane des Bundes - und ganz besonders die Bundesregierung - heißt, daß diese verpflichtet seien, ihren Einfluß zugunsten einer strikten Handhabung des Art. 3b Abs. 2 EGV geltend zu machen 358 . m Vgl. auch Kalb/feisch-Kottsieper, Fortentwicklung des Föderalismus in Europa - vom Provinzialismus zur stabilen politischen Perspektive?, DÖV 1993, S. 541 (550). 354 So auch von Simson / Schwarze, Europäische Integration und Grundgesetz, S. 48 f.; auch Hochbaum (0. Fn. 351), S. 285 (292) sieht durch das Subsidiaritätsprinzip vor allem die politische Verantwortung der Mitgliedstaaten berührt und ist vorsichtig optimistisch.
3" Art. 23 Abs. 6 S. I GG ist zwar eine Soll-Bestimmung, bedeutet aber, wie der Sonderausschuß "Europäische Union" des Bundestages festgehalten hat, daß gleichwohl prinzipiell ein "Muß" zu gelten habe, das nur begrenzte Ausnahmen zulasse, so bei Scholz, Europäische Union und deutscher Bundesstaat, NVwZ 1993, S. 817 (823). -'5. Vgl. unten B.IT.2.b).
357 So auch Hochbaum (0. Fn. 351), S. 285 (292); Oppermann/Classen, Die EG vor der Europäischen Union, NJW 1993, S. 5 (8). 35K BVerfGE 89, 155 (211); ebenfalls in diese Richtung weist die Selbstverpflichtung des Rates in bezug auf den subsidiären Charakter eines Tätigwerdens der Gemeinschaft bei gleichzeitig weiterhin vorherrschender Rolle der Mitgliedstaaten im Kulturbereich, vgl. ABI. Nr. C 336/0 I. - Angesichts der wohl weiterhin gegebenen Möglichkeit der Anwendung des Art. 235 EGV in den Bereichen Bildung und Kultur empfiehlt sich eine restriktive Anwendung dieser Vorschrift, etwa dadurch, daß man die Schranken der Art. 126-128 EUV in Art. 235 EGV mit "hineinliest", so Klein / Haratsch, Neuere Entwicklungen des Rechts der Europäischen Gemeinschaften (I. Teil), DÖV 1993, S. 785 (794 f.) m.w.N.; auch Zu leeg, Die Stellung der Länder und Regionen im europäischen Integrationsprozeß, DVBI. 1992, S. 1329 (1335) ist der Ansicht, daß der EGV Veränderungen mit sich bringe, die geeignet seien, "den Kompetenzrahmen der Länder und Regionen zu wahren".
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B. förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Vor diesem Hintergrund der subsidiär auszuübenden Residualkompetenz der Europäischen Union auf dem Feld der Kultur lassen sich für konkrete Fördermaßnahmen auf dem Gebiet des Musiktheaters folgende Überlegungen anstellen 359 • Zunächst mag sich die projektweise Förderung verschiedener Aufführungen in europäischen Städten vor allem der Mitgliedstaaten anbieten. Dabei ist zu beachten, daß die Förderung nur einzelner Mitgliedstaaten wegen des Erforderlichkeitskriteriums nur zulässig ist bei kulturellen Angelegenheiten von europäischer Bedeutung36o • Ferner können europäisch ausgeschriebene Preise und Wettbewerbe auf dem Felde der im Musiktheater vertretenen Künste Gegenstand europaweiter Kulturpolitik und -förderung sein. Fraglich ist allerdings, ob die der EU zustehende Residualkompetenz im Kulturbereich auch die Trägerschaft und damit institutionelle Förderung eines Musiktheaters umfaßt. Dieser Punkt würde sehr wahrscheinlich wohl zu weit gehen, da es hier schwer fallen dürfte, angesichts der Vielfalt der in den Mitgliedstaaten vorzufindenden verschiedenen, auch musikalischen Kulturen und Musiktheatertraditionen gerade ein Haus als stellvertretend für gemeinsames kulturelles Erbe von europäischer Bedeutung ausfindig zu machen. Im übrigen dürfte ein solches Unterfangen auch mit dem Erforderlichkeitskriterium, dem Subsidiaritätprinzip des Art. 128 Abs. 2 und Art. 3b Abs. 2 EGV in Konflikt geraten.
bb) Objekte der Förderung Tatsächlich werden von der Europäischen Union unter Anknüpfung an verschiedene bereits vor Maastricht eingeführte Aktionen 361 eine ganze Anzahl auch für das Musiktheater relevante Künste in Ausübung und Ausbildung gefördert. Im Jahre 1992 wurde das Programm "Auszeichnung Kulturbühne Europa" durch das Programm "Kaleidoskop" ersetze 62 • Es soll das Verständnis für 359 Zu den Punkten "bewegliches und unbewegliches kulturelles Erbe" sowie "künstlerisches und literarisches Schaffen" stehen konkretere Diskussionspapiere und Strategien seitens der Konunission vorerst noch aus, vgl. die Schlußfolgerungen der im Rat vereinigten Minister für Kulturfragen vom 12.11.1992 zu Leitlinien für ein Kulturkonzept der Gemeinschaft, ABI. Nr. C 336/2. 360 So Ress, Die neue Kulturkompetenz der EG, DÖV 1992, S. 944 (947); angestrebt werden "gemeinschaftsweite Maßnahmen ... , so daß kulturelle Tätigkeiten mit europäischer Dimension in allen Mitgliedstaaten gefördert und Anstöße für eine Zusammenarbeit zwischen diesen Staaten gegeben werden", so die im Rat vereinigten Minister für Kulturfragen (0. fn. 359), AbI. Nr. C 336/1. 361 Einen ausführlichen Überblick über die kulturpolitischen Aktionen der EG gegliedert in Maßnahmen zu europäischer Identitäts- und Bewußtseinsfindung und weitere kulturelle Einzehnaßnahmen findet man bei Oppermann, Europarecht, Rn. 1991 f. 362 Vgl. ABI. C 205 vom 6.8.1991 und ebenso bereits Mitteilung der Kommission "Die Aktion der Gemeinschaft im kulturellen Bereich", Bull. EG, Beil. 6/1977. Das Progranun "Kaleidoskop" ist nunmehr das bedeutendste Programm der Kommission zur Förderung kul-
11. Ausgestaltung der Förderung
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die Kulturen anderer Mitgliedstaaten, die Zusammenarbeit zwischen Kulturschaffenden, vor allem das zeitgenössische künstlerische Schaffen, aber auch die bessere Kenntnis des gemeinsamen kulturellen Erbes anregen und Vorhaben bei jährlicher Ausschreibung im Amtsblatt unter sachverständiger Auswahl fördern. Für das Musiktheaterschaffen von Bedeutung ist im Rahmen des "Kaleidoskop"-Programms als "Aktion I" die Förderung kultureller Veranstaltungen. Dabei sind gemäß den Teilnahmebedingungen anspruchsvolle, europäisch geprägte Veranstaltungen im Blick, an deren Durchführung Partner aus mindestens drei Mitgliedstaaten beteiligt sind. Veranstaltungen oder Vorhaben mit ausschließlich regionalem, nationalem und bilateralem Charakter sind ausgeschlossen 363 • - Für am Musiktheater beteiligte Kunstgattungen können auch einzelne Künstler in den Genuß der "Aktion 2" des "Kaleidoskop"-Programms kommen, worin die Förderung von Mobilität und Weiterbildung schaffender und darstellender Künstler sowie sonstiger Akteure des Kulturbetriebs vorgesehen ise 64 • Im Rahmen der jährlich stattfindenden Aktionen "Kulturstadt Europas" und "Europäischer Kulturmonat" wird getrennt von der Benennung durch europäische Gremien die Finanzierung gleichwohl durch innerstaatliche Stellen durchgeführt365 • Schließlich sind bedeutsam die schon teilweise 1976 initiierten "symbolischen Aktionen" der Kommission, wie die auf Entschließungen des Europäischen Parlaments zurückzuführenden Schirmherrschafen der EG bzw. EU über ein Jugendorchester, eine Jugendoper und die Chöre der Gemeintureller Vorhaben mit europäischer Dimension. Bereits im Jahre 1992 sind für 126 Vorhaben Zuschüsse in Höhe von insgesamt 1,8 Mio. ECU gewährt worden, vgl. Kommission der EG, XXVI. Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften 1992, S. 75 f. (Nr. 187, 189 f.).
'6' Die finanzielle Förderung kann bis zu 30.000 ECU betragen. Vgl. zu den Teilnahmebedingungen ABI. 1993 C 228/20. 364 ABI. 1993 C 228/21; zum "Kaleidoskop"-Programm vgl. auch die Broschüre ,Kulturförderung der Europäischen Gemeinschaft' (hrsg. v. Bundesministerium des Innern / Abteilung Kultur) vom Oktober 1994, S. I ff., wonach im Jahre 1994 127 Projekte mit einem Zuschuß von 3,36 Mio. ECU gefördert wurden, wobei 15 Projekte mit einer Förderung von 380.769 ECU rechnen konnten; unter anderem gefördert wurde auch das Musical "Gaudi" in der "Euro Music Hall" in Alsdorfbei Aachen nach Aktionsplan 169 der EU, so eine Sendung "Gaudi" des ZDF vom 26.11.1995 um 16.00 Uhr. - Auch wird laut Schwäbisches Tagblatt vom 26.11.1994 (Feuilleton) ein "Europäischer Theater-Preis" verliehen, der unter der Schinnherrschaft der EU steht und mit rund 120.000,- DM dotiert ist; zum alljährlichen "Europäischen Übersetzungspreis" und "Europäischen Literaturpreis" vgl. nochmals die Broschüre des Bundesinnenministeriums ,Kulturförderung der Europäischen Gemeinschaft', S. 13 f., 15 f.
'.5 Diese Aktionen beruhen auf Beschlüssen der im Rat vereinigten Minister für Kulturfragen, ABI. C 153 vom 22.6.1985 und ABI. C 162 vom 3.7.1990; vgl. ferner ,Kulturförderung der Europäischen Gemeinschaft' (0. Fn. 364), S. 7 f.; für das Jahr 1996 ist "Kulturstadt Europas" Kopenhagen, so Schwäbisches Tagblatt vom 3.1.1996 (Feuilleton).
176
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
schaft366 • Oper, Orchester sowie Chöre treten dabei projektweise zusammen. Das Orchester Z.B. besteht aus 100 jungen Amateurmusikern im Alter von 14 bis 20 Jahren aus allen Ländern der Gemeinschaft. Dabei werden jedes Jahr in den Weihnachts-, Oster- und Sommerferien Konzerte einstudiert, die unter der Leitung prominenter Dirigenten in den Hauptstädten der Gemeinschaft gegeben werden 367 • Die genannten Maßnahmen der EU im Kulturbereich sind noch vor dem Unionsvertrag auf Basis von mit dem Ministerrat abgestimmten Planungen der Kommission 368 in intergouvernementaler Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten durch Beschlüsse des Ministerrats und der in ihm vereinigten, fiir Kultur zuständigen Minister der Mitgliedstaaten verabschiedet worden 369 •
,60 Vgl. ABI. C 79 vom 5.4.1976 und ABI. C
167 vom 27.6.1988. Vgl. ,Die Aktion der Gemeinschaft im kulturel\en Bereich'. Mitteilung der Kommission an den Rat. Vorlage v. 22.11.1977, Bul\. EG Beil. 6177, S. 22. - Weitere Fördermaßnahmen zugunsten von Musiktheatern, vor al\em in den neuen Bundesländern, könnten sich - bei der sehr weiten Fassung der fOrderungswürdigen Maßnahmen durch die Kommission - U.U. auch nach der EWG-VO Nr. 2052/88 im Rahmen der Strukturfonds der EU ergeben. - Ebenso könnte auch - so sie in Kraft getreten ist - die bereits in einem 1982 geschlossenen Vertrag konkretisierte Europäische Kulturstiftung weitere Fördermöglichkeiten auf europäischer Ebene mit sich bringen, vgl. hierzu Oppermann, Europarecht, Rn. 1987; Häberle, Europa in kulturverfassungsrechtlicher Perspektive, in: Grundrechtsschutz im nationalen und internationalen Recht, S. 41. - Im Rahmen der nach Art. 128 Abs. 3 EGV vorgesehenen Zusammenarbeit mit dem Europarat, welcher seit der zweiten Hälfte der flinfziger Jahre ein wesentliches Zentrum der kulturel\en Zusammenarbeit innerhalb Westeuropas abgibt, ist 1993 - einer Mitteilung des Direktorats flir Erziehung, Kultur und Sport des Europarats zufolge - vom Rat flir kulturel\e Zusammenarbeit (CDCC) ein Programm zur Förderung der interregionalen Zusammenarbeit beschlossen worden, um kulturel\e Verbindungen zwischen verschiedenen Regionen Europas zu fOrdern. Auch hier scheint eine Förderung von Musiktheater-Projekten möglich und sinnvol\, vgl. zu den kulturel\en Aktivitäten des Europarates im ganzen Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 622 ff.;· Wiesand (Hrsg.), Handbook of Cultural Affairs in Europe, S. 47 ff. - Schließlich sind flir das Musiktheater auf europäischer Ebene ferner bemerkenswert die "Europäische Musiktheater-Akademie Schloß Thurnau" mit regelmäßigen Publikationen zum Musiktheater, vgl. Wiesand, ebd., S. 104, sowie die seit 1989 stattfindenden Konferenzen der "Performing Arts Employers Associations League Europe" (PEARLE), der als Verband zum Meinungs- und Informationsaustausch beiträgt und die Arbeitgeberinteressen im Bereich der Theater und Orchester auf gesamteuropäischer Ebene vertritt. Der Deutsche Bühnenverein ist ebenfal\s Mitglied dieser Vereinigung, vgl. Informationsdienst des Deutschen Bühnenvereins, Nr. 185-07/93, S. 11. 367
36X ,Die Aktion der Gemeinschaft im kulturel\en Bereich'. Mitteilung der Kommission an den Rat vom 22.11.1977, Bul\. EG, Beilage 6177; ferner "Verstärkung der Gemeinschaftsaktion im Bereich Kultur" vom 12.10.1982, Bul\. EG, Beilage 6/82. - Jetzt aktuel\ zur Kulturpolitik der EU - basierend auf der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozial ausschuß, Bul\. EG, Beilage 4/92, Ziff. 1.2.186 - die am 12.11.1992 vom Rat und den Ministern flir Kulturfragen beschlossenen "Richtlinien flir die Aktion der Gemeinschaft im kulturellen Bereich", Bull. EG, Beil. 11/92, Ziff. 1.3.245. )69 Vgl. Maihofer, Kulturelle Aufgaben des modemen Staates, in: HdbVR, S. 1201 (\276).
H. Ausgestaltung der Förderung
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Auf der Grundlage des neuen Art. 128 Abs. 2 EUV könnte unter dem Subsidiaritätsgesichtspunkt des Art. 3b EUV die Einrichtung von Jugendorchester und Jugendoper der Union in kompetenzieller Hinsicht Probleme aufwerfen. Doch auch unbesehen etwaiger anderer Kompetenztitel aus den Bereichen Bildung und Ausbildung sind zunächst einmal alle in Art. 128 Abs. 2 EUV aufgeführte Bereiche prima vista angesprochen und decken die besprochenen Aktionen grundsätzlich. Unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität fällt auf, daß es sich sowohl bei Jugendorchester wie auch Jugendoper keineswegs um institutionelle Förderungen im üblichen Sinne handelt, sondern vielmehr zu bestimmten Jahreszeiten projektweise verschiedenste Stücke geprobt und in den europäischen Hauptstädten zur Aufführung gebracht werden, so daß mit sonstigen stehenden Orchestern und Häusern eine Konkurrenzsituation eigentlich nicht denkbar ist. So sind unter Beachtung der Subsidiarität diese Aktionen der EU als sinnvolle Ergänzung der nationalen Kulturpolitiken anzusehen, wobei gleichzeitig die Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes in seiner Vielfalt - und keineswegs als einheitliche "Eurokultur" - eine wichtige Rolle spiele 70 , und die Aktionen in ihrer Gesamtheit von "übernationaler Relevanz und europäischer Repräsentation" getragen sind 371 • In diesem Zusammenhang sinnvoll wäre mitunter anknüpfend an die im "Kaleidoskop"-Programm aufgegangene Ausschreibung einer "Kulturbühne Europas" ein jährlich unter Umständen in Reihe an verschiedenen Bühnen der (Mitglied-)Staaten abgehaltenes Festival einer oder der "Musiktheaterbühne(n) Europas", wobei mit Unterstützung der Europäischen Union im Falle herausragender Leistungen für eine bestimmte Zeit erstklassige Arbeitsbedingungen für im europäischen Rahmen repräsentative Veranstaltungen mit ermöglicht werden könnten 372 • b) Förderung durch den Bund
Auf bundesstaatlicher Ebene erfolgt die Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern nicht nach dem Muster, daß ihnen gesetzgebende, vollziehende und rechtsprechende Gewalt jeweils fur bestimmte Materien zustehen, sondern die Zuständigkeiten sind nach Materien und Funktionen unter370
Vgl. Art. 128 Abs. 1 EGY.
Hierzu engagiert Maihofer (0. Fn. 369), S. 1201 (1276); der weiteren Entwicklung einer "europäischen Dimension" in verschiedenen Bereichen des kulturellen Lebens sollte ein nicht allzu knapp bemessener Freiraum auch in Zukunft zuerkannt werden. 371
372 Vgl. hierzu auch die Schlußfolgerungen der im Rat vereinigten Minister ftir Kulturfragen vom 12.11.1992 zu Leitlinien für ein Kulturkonzept der Gemeinschaft, ABI. C 336/2, worin auch das Noch-Ausstehen einer Strategie für den Bereich des künstlerischen und literarischen Schaffens angeführt ist.
12 Tillner
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
schiedlich verteilt. Dabei werden die Bundeskompetenzen enumerativ aufgeführt. Dem Bund sind so vor allem im Bereich der Gesetzgebung umfangreiche Kompetenzen eingeräumt, die Ausführung der Bundesgesetze und die Rechtsprechung liegen dagegen im Schwerpunkt bei den Bundesländern. Ansonsten sind ferner auf Grund der speziellen Regelungen der Art. 70, 83, und 92 GG sowie der allgemeinen Regelung des Art. 30 GG dem Grundsatze nach die Länder zuständig 373 . Das Grundgesetz geht in den Art. 30, 70 ff., 83 ff., 104a ff. davon aus, daß die Zuweisung der einzelnen Kompetenzen eindeutig erfolgen muß, und für jede Aufgabe ein bestimmter Kompetenzträger in der Regel ausschließlich zuständig ise 74 . Auch hinsichtlich der Frage, welche Arten staatlicher Tätigkeit der kompetenziellen Ordnung unterfallen - bzw. anders gefaßt, ob es womöglich "kompetenzfreie Bereiche", etwa für "fiskalische" Tätigkeiten des Staates, gibt, so daß eigentlich lediglich "obrigkeitliche" Verwaltung "staatliche Aufgaben und Befugnisse" i.S.v. Art. 30 GG bedeuten würde 375 -, läßt sich eigentlich bereits seit dem sog. Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1961 eindeutig verneinen. Demnach " ... kann dahingestellt bleiben, ob die für die bundesstaatliche Struktur unserer Verfassungsordnung grundlegende Vorschrift des Art. 30 GG jede staatliche Tätigkeit schlechthin erfaßt. Jedenfalls fallt unter diese Kompetenznonn diejenige Betätigung des Staates, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob Mittel des öffentlichen oder privaten Rechts verwendet werden.,,376 Mit Art. 91a, Art. 91b und Art. 104a Abs. 4 GG ist mittlerweile ebenso klargestellt, daß auch die bloße Finanzierung, etwa die Gewährung von Bundeszuschüssen an die Länder oder auch Private den Kompetenzvorschriften unterfallenm. Auch ist für die Anwendbarkeit des Art. 30 GG die Unterscheidung in gesetzesakzessorische und gesetzesfreie Verwaltung ohne Belang378 . Somit be373 Vgl. Pietzcker, Zuständigkeitsordnung und Kollisionsrecht im Bundesstaat, in: HdbStR IV (1990), S. 693 (696); Niebier, Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, ThürVBI. 1992, S. 104 (105). J74 So auch Köstlin, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 30 ff. 375 Vgl. dazu Peters, Die Stellung des Bundes in der Kulturverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz, in: FS fur Kaufmann, S. 281 (294 f.). m BVerfGE 12, 205 (244); zu den teilweise weiter differenzierenden und abweichenden Ansichten in der Literatur vgl. Köstlin (0. Fn. 374), S. 26 f. m.w.N. J77 Pietzcker (0. Fn. 373), S. 693 (701); weiterhin offen ist allerdings die Bedeutung der grundgesetzlichen Kompetenzordnung fur Äußerungen, Anregungen, Öffentlichkeitsarbeit und informelle Koordinationsbemühungen, ebd., S. 693 (70 I); vgl. auch BVerfDE 22, 180 (216), wonach die bloße Anregung "unter dem Gesichtspunkt des Art. 30 ohne Bedeutung" sei und deshalb außer Betracht bleiben könne. Trotz dieser Äußerungen im sog. Jugendwohlfahrtsurteil des Bundesverfassungsgerichts läßt sich wohl insgesamt eine Tendenz ausmachen, den GeJtungsbereich des Art. 30 GG auf alle Aufgaben zu erstrecken, mit denen der Staat sich in irgendeiner Form befaßt, vgl. hierzu Köstlin (0. Fn. 376), S. 28 Fn. 16. m BVerfDE 12,205 (246), wonach sich dies ergibt " ... zwingend aus dem Verhältnis von
11. Ausgestaltung der Förderung
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nötigt der Bund für eine öffentliche Förderung von Musiktheater in der Gestalt von finanziellen Zuwendungen nach Art. 30 GG (" ... keine andere Regelung trifft oder zuläßt") entweder einen ausdrücklichen oder aber stillschweigenden kulturpolitischen Kompetenztitel. Dabei wird dieser in der Regel ausschließlich sein müssen 379 . Als Voraussetzung für das Vorliegen eines solchen kulturpolitischen Kompetenztitels des Bundes reicht es schließlich auch nicht aus, daß für eine bestimmte Tätigkeit irgendein Bezug zu einer sonstigen Bundeskompetenz gegeben ist, sondern die fragliche Maßnahme muß zumindest in ihrem "Schwerpunkt" kulturellen Bundeskompetenzen zugewiesen werden können 38o •
aa) Ausdrückliche Kompetenzen Ausgehend vom Wortlaut der Generalklausel des Art. 30 GG soll zunächst überprüft werden, inwiefern dem Bund kulturpolitische Kompetenzen zufallen, weil das Grundgesetz eine "andere Regelung trifft", d.h. etwaige Kompetenzen ausdrücklich in der Verfassung aufgeführt sind. Auffallend dabei ist, daß dem Bund ausdrückliche, unmittelbar kulturbezogene Zuständigkeiten nur in sehr geringem Umfange zur Verfügung stehen J8J • Gleichwohl kann der Bund einen weiteren Gestaltungsspielraum in Anspruch nehmen bei mittelbar anfallenden kulturpolitischen Aktivitäten, die sich auf Kompetenzen stützen können, die nicht unmittelbar auf kulturelle Aufgaben abzielen. Zu beachten ist hierbei jedoch, daß die kulturelle Zielverfolgung nicht zum eigentlichen Schwerpunkt der Aktivitäten geraten darf, sondern vielmehr immer als sekundäres Nebenprodukt eingestuft werden kann J82 . Außerdem bildet in der Regel die GesetzgebungsArt. 30 GG zum VIII. Abschnitt des Grundgesetzes (Art. 83 bis 91) und daraus, daß dieser Abschnitt von der Bundesverwaltung auch insofern handelt, als sie gesetzesfreie Verwaltung ist"; so auch Kölble, Zur Lehre von den - stillschweigend - zugelassenen Verwaltungszuständigkeiten des Bundes, DÖV 1963, S. 660 (661); Pietzcker (0. Fn. 373), S. 693 (701). 179 Auch als argurnenturn e contrario mögen die Art. 91a, 91b und 135 Abs. 4 GG dienen, welche Doppelkompetenzen des Bundes und der Länder für ein und denselben kulturpolitischen Sachverhalt eben erst ausdrücklich vorsehen; vgl. auch Köstlin (0. Fn. 374), S. 33 f. ]80 BVerfGE 36, 193 (202 f.); vgl. im übrigen Kästlin (0. Fn. 374), S. 30 ff.; dies gilt aber nicht für kulturelle Hilfstätigkeiten, für die sich häufig sog. Annexkompetenzen ergeben. Die kulturelle Zielsetzung muß dann allerdings sekundäres Nebenprodukt bleiben, vgl. ebd., S. 33 f. lXI Dieser Befund ist - wie angedeutet - vielleicht auch zu einem gewissen Teil auf die nachdrücklichen Forderungen der Alliierten zurückzuführen, dem Bund im kulturellen Bereich keinerlei Zugeständnisse zu machen, vgl. bei Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtstaatlichen Kunst- und Kulturpflege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 195 m.w.N. 382 So bei Küster (0. Fn. 381), S. 192 f.; Köstlin (0. Fn. 374), S. 34 ff.; über den stärkeren Sachzusammenhang als Auslegungskriterium im Überschneidungsbereich zweier Kompetenzsphären vgl. auch Bullinger, Ungeschriebene Kompetenzen im Bundesstaat, AöR 96 (1971), S. 237 (246 ff.).
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
kompetenz zugleich die äußerste Grenze für etwaige Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeiten zugunsten des Bundes 383 • Für den spezifisch für Musiktheater relevanten Teil des Kunst- und Kultursektors sind für den Bund keinerlei unmittelbare Gesetzgebungs-, Verwaltungsund Finanzierungszuständigkeiten ersichtlich384 • Allerdings lassen sich mittelbar zur Regelung und Förderung musiktheaterspezifischer Fragen folgende Kompetenzen auf seiten des Bundes ins Feld führen: Gesetzgebungskompetenzen: • für die auswärtigen Angelegenheiten (Art. 73 Nr. I GG) mit Blick auf die auswärtige Kulturpolitik, • für das Urheber- und Verlagsrecht (Art. 73 Nr. 9) mit Blick auf den spezifischen, rechtlichen Schutz der Kunstschaffenden und ihrer Werke, • ferner die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für die öffentliche Fürsorge (Art. 74 Abs. I Nr. 7 GG) im Hinblick etwa auf die Künstlersozialversicherung, • für Besoldung und Versorgung der Angehörigen des Öffentlichen Dienstes (Art. 74a Abs. I GG), wie etwa eines Großteils der Bühnenangestellten, 3M3 BVerfGE 12,205 (229); vgl. ferner Eise/stein, Verlust der Bundesstaatlichkeit?, NVwZ 1989, S. 323 (326); Hufen, Gegenwartsfragen des Kulturföderalismus, BayVBI. 1985, S. I
(7).
3"4 Generell flir den Kulturbereich ließen sich als unmittelbar bedeutsam folgende Materien benennen: Als Gesetzgebungskompetenzen: • die konkurrierenden Kompetenzen flir: - die Regelung von Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Art. 74 Abs. I Nr. 13 GG). • die Rahmengesetzgebungskompetenz flir: die alIgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens (Art. 75 Abs. I Nr. I a GG), - die alIgemeinen Rechtsverhältnisse von Presse und Film (Art. 75 Abs. I Nr. 2 GG), - den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland (Art. 75 Abs. I Nr. 6 GG). • die Gesetzgebungskompetenz flir die Gemeinschaftsaufgabe: Hochschulbauförderung (Art. 91a Abs. I Nr. I, Abs. 2 und 3 GG; auch nach Art. 91 b GG können Bund und Länder aufgrund von Vereinbarungen bei der Bildungsplanung und der Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung von überregionaler Bedeutung zusammenwirken). • ferner die fortgeltende Regelung - der Grundsätze fur die Ablösung der Staatsleistungen an Religionsgemeinschaften durch Landesgesetze (Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. I WRV). Als kulturell unmittelbar bedeutsame Verwaltungs- bzw. Finanzierungkompetenzen lassen sich grundgesetzlich lediglich die Gemeinschaftsaufgaben anfuhren: • Hochschulbauförderung (Art. 91a Abs. I NT. I, Abs. 3 bzw. Abs. 4 GG), • Bildungsplanung (Art. 91b bzw. Art. 91b S. 2 GG), • Forschungsförderung (Art. 91b bzw. 91b S. 2 GG).
II. Ausgestaltung der Förderung
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• sowie schließlich die Steuergesetzgebungskompetenzen des Bundes (Art. 105 Abs. I und 2 GG) bei Berücksichtigung steuerrechtlicher Begünstigungen von Kulturschaffenden, Kultureinrichtungen und Kulturkonsumenten 385 • Verwaltungs kompetenzen: • Vor allem die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten (Art. 32 Abs. I GG)386 sowie der Auswärtige Dienst (Art. 87 Abs. I GG) für die auswärtige Kulturpolitik. • Von gewissem Gewicht ist auch Art. 87 Abs. 3 GG, der dem Bund ermöglicht, seine Verwaltungskompetenzen zu erweitern, solange er seine Gesetzgebungskompetenzen nicht überschreitet. Dazu ist die Errichtung von bundesunmittelbaren Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts durch Gesetz vorgesehen. Der Bund hat von dieser Möglichkeit im kulturellen Bereich schon mehrfach Gebrauch gemacht387 • Finanzierungskompetenzen: • Grundsätzlich hat der Bund in allen Fällen, in denen er eigene, durch ausdrückliche oder stillschweigende Verwaltungskompetenzen gedeckte Aufgaben erfüllt, dem Konnexitätsgrundsatz entsprechend auch die Kompetenz zur Finanzierung (Art. 104 Abs. I GG). • Als wichtige unter Umständen für die Förderung des Musiktheaters bedeutsame Finanzierungskompetenz des Bundes muß ferner Art. 106 Abs. 8 GG hervorgehoben werden, wonach der Bund zur Übernahme von durch den Bund in Ländern und Gemeinden verursachten Sonderbelastungen verpflichtet ist. 3R5 Weitere, weniger spezifische, aber dennoch kulturrelevante Gesetzgebungskompetenzen sind darüber hinaus: die konkurrierende Zuständigkeit für die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen (Art. 74 Abs. I Nr. 6 GG), bezüglich der Förderung der Kulturarbeit der Vertriebenen, sowie für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. I Nr. ll GG) die Filmförderung betreffend, und schließlich die Gesetzgebungskompetenz - für die Vermögensnachfolge bei Anderung der Landeszugehörigkeit (Art. 135 Abs. 4 GG) bezüglich der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. 3"1i Nach h.M. liegt in Art. 32 Abs. 1 GG eine umfassende Ermächtigung des Bundes einschließlich nichtförmlicher Maßnahmen, weIche der Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten dienen, vgl. dazu Köstlin (0. Fn. 374), S. 36 Fn. 51 m.w.N.
3"7 Vgl. etwa die "Deutsche Welle" und der "Deutschlandfunk", die "Filmförderanstalt", die "Deutsche Bibliothek", die "Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus" oder die "Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte"; dazu mit ausführlichen GesetzesfundsteIlen Köst/in, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 37. - Als weitere mittelbar kulturell wirksame, aber wohl nicht theaterspezifisch verwertbare Verwaltungskompetenz sei noch auf Art. 135 Abs. 4 GG mit Blick auf die Verwaltung der bundesunmittelbaren Stiftung Preußischer Kulturbesitz verwiesen.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
• Weiter bedeutsam als "kompetenzerweiternde"388 Normen - und damit dem Art. 87 Abs. 3 GG für den Bereich der Verwaltungskompetenzen nicht unähnlich - sind Art. I04a Abs. 4 GG, der ob seiner rein an wirtschaftlichen Parametern festmachenden Voraussetzungen für kuiturpolitisehe Maßnahmen des Bundes allerdings keine Grundlage abgeben dürfte, und Art. 104a Abs. 3 GG. Letzterer, der die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung von Geldleistungsgesetzen selbst bei Ausführung durch die Länder vorsieht, setzt für ein Geldleistungen gewährendes Gesetz selbst wiederum eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz voraus 389 . Als besonders bedeutende, mittelbar kulturell wirksame und für den Musiktheaterbereich unter Umständen spezifisch fruchtbar zu machende Kompetenzen sollen im folgenden die Zuständigkeitsvorschriften über die Gesetzgebungskompetenz (Art. 73 Nr. 1 GG) und Verwaltungskompetenz (Art. 32 Abs. I, Art. 87 Abs. 1 GG) des Bundes für den Bereich des Auswärtigen, die Finanzierungskompetenz (Art. 106 Abs. 8 GG) des Bundes für von ihm verursachte Sonderbelastungen in Ländern und Gemeinden und schließlich als Annex die direkt den Kulturbereich ansprechende Regelung des Art. 35 EV einer genaueren Betrachtung unterzogen werden. (I) Insbesondere Art. 73 Nr. I, Art. 32 Abs. I, Art. 87 Abs. 1 GG: Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten 390 Die Auswärtige Kulturpolitik stellt einen eigenständigen Teil der Außenpolitik dar. Sie ist traditioneller Bestandteil der auswärtigen Angelegenheiten. Der Bund hat im Rahmen seiner Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten auch für die auswärtige Kulturpolitik die notwendige Kompetenz, soweit er schwerpunktmäßig das Ziel verfolgt, die zwischenstaatlichen Beziehungen, die außenpolitischen Rahmenbedingungen zu verbessern 391 . Grundsätzlich liegt ein Akt der Außenpolitik vor, wenn die Absicht der Außenwirkung erkennbar hervortritt, und damit nicht nur Akte staats interner Rechtsetzung, Verwaltung und Rechtsprechung vorliegen, welche lediglich im Wege des Reflexes auf die Be3"" Vg!. Köstlin (0. Fn. 387), S. 38. 3X9 Im kulturellen Bereich hat deshalb der Bund bisher nur beim Bundesausbildungsförderungsgesetz (§ 56 Abs. 1 BAföG i.d.F. vom 6.6.1983, BGB!. I S. 2171; zuletzt geändert am 21.6.1988, BGB!. I S. 829) von dieser im Bereich der Finanzierung möglichen Kompetenzerweiterung Gebrauch gemacht. 390 Bisher wurde auch die Zuständigkeit des Bundes in bezug auf die Einheit Deutschlands und die Beziehungen zwischen den getrennten Teilen nach h.M. mit Hilfe einer Analogie zu dcn "auswärtigen Angelegenheiten" begründet, vg!. dazu weiter Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtstaatlichen Kunst- und Kulturpflege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 192,316 ff. m.w.N. 39\ Rojahn, in: von Münch/Kunig, Art. 32 Rn. 24; Köstlin (0. Fn. 388), S. 32 f., 62 ff.; Küster (0. Fn. 390), S. 192.
H. Ausgestaltung der Förderung
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ziehungen zum Ausland einzuwirken vermögen. Allerdings gehören zu den auswärtigen Angelegenheiten auch innerstaatliche Einrichtungen und Regelungen, die das Verhältnis zum Ausland vorbereiten, bearbeiten oder beenden392 • Ziel der auswärtigen Kulturpolitik ist es, dem Ausland ein Bild deutscher Wirklichkeit und Informationen über die eigene Kultur zu vermitteln und durch Austausch und Zusammenarbeit einen Dialog mit dem jeweiligen Gastland zu ermöglichen 393 . Die Ausübung der auswärtigen Kulturpolitik, die auswärtige Kulturverwaltung liegt außer bei der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes und den Kulturbeauftragten der Botschaften und Konsulate in Sonderheit bei den sog. Mittlerorganisationen. Diese sind rechtsfähige, zumeist privatrechtlich - als Verein oder Stiftung - organisierte und vom Bund finanzierte Organisationen, welche mit Hilfe öffentlicher Mittel Aufgaben des Staates wahrnehmen und damit zwischen dem Staat und den Adressaten seiner Politik "mitteln". Die kulturellen Mittlerorganisationen handeln dabei in Absprache mit dem Auswärtigen Amt bzw. auch anderen zuständigen Ministerien und übernehmen weitgehend die Planung und Organisation der kulturellen Zusammenarbeit mit dem Ausland; sie dienen damit auch der "Völkerverständigung"394. Unter Umständen könnten auch Musiktheaterprojekte direkt in den Dienst der Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten395 gestellt werden und darüber hinaus Informationen über die eigene Kultur vermitteln. Zu fordern ist allerdings, daß ihre Veranstaltung primär den auswärtigen Beziehungen dienen muß und die rein kulturpolitisch motivierte Kunstförderung nicht den Hauptzweck der Maßnahme darstellt, sondern als Beweggrund eher nebensächlich oder allgelegentlich eingeordnet werden kann. (2) Insbesondere Art. 106 Abs. 8 GG: Zuständigkeit für Sonderlastenausgleich Art. 106 Abs. 8 GG begründet eine unmittelbare Ausgleichspflicht des Bundes gegenüber einzelnen Ländern und Gemeinden, welche durch vom Bund in Wahrnehmung seiner verfassungsmäßigen Aufgaben verursachte besondere Ein392 Rojahn (0. Fn. 391), Art. 32 Rn. 23; Maunz, in: MaunzlDürig, Art. 73 Rn. 28 f.; nach Köstlin (0. Fn. 388), S. 42 f. fällt die Planung im Rahmen eines Annex zur Auswärtigen Kulturpolitik in die Zuständigkeit des Bundes.
393 Bericht der Enquete-Kommission ,Auswärtige Kulturpolitik' des Bundestages vom 30.9.1975 (BT-Drucks. 7/4121, 8/927); vgl. dazu ferner Amo/d, Kulturexport als Politik? Aspekte auswärtiger Kulturpolitik, S. 111 ff. 394 Köstlin (0. Fn. 388), S. 67 f., 71; Rojahn (0. Fn. 391), Art. 32 Rn. 24. 395 Der Begriff der auswärtigen Angelegenheiten in Art. 73 Nr. I und Art. 45a GG ist dabei allerdings weiter gespannt als der Begriff "Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten" in Art. 32 GG, so Maunz, in: Maunz I Dürig, Art. 73 Rn. 29.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
richtungen über das Maß einer normalen Beanspruchung in unzumutbarer Weise belastet werden 396 • Der Ausgleichsanspruch ergänzt den kommunalen Finanzausgleich, welcher nur auf abstrakte, für eine unbestimmte Vielzahl von Gemeinden geltende Sachverhalte zugeschnitten ist 397 • Darüber hinaus ist er das "staatsorganisations-interne Pendant" zum Aufopferungsanspruch, wie er in § 75 Ein\. zum ALR vorbildhaft für das externe Verhältnis des Privaten zum Staat zum Ausdruck kommt 39R • Art. 106 Abs. 8 GG bringt eine ganze Reihe Auslegungsfragen mit sich. So setzt die Ausgleichspfticht zunächst "Einrichtungen" voraus, mit denen nicht die primären Bundesrnaßnahmen oder vom Bund geschaffene Primäreinrichtungen, sondern die durch sie veranlaßten Sekundär- oder Folgeeinrichtungen in der betreffenden Gemeinde gemeint sind 399 • Ansonsten ist der Begriff der "Einrichtungen" weit auszulegen. Er umfaßt so auch Organisationseinheiten wie Behörden und Institute40o • Der Begriff der Veranlassung ist ebenfalls problematisch. Grundsätzlich kann veranlassend jede Tätigkeit und Einrichtung sein, die der Aufgabenerfüllung des Bundes dient bei teilweiser oder gänzlicher Kostentragung durch den Bund. Umfaßt sind somit Tätigkeiten im Rahmen der bundeseigenen Verwaltung (Art. 104a Abs. I GG), der Bundesauftragsverwaltung (Art. 104a Abs. 2 GG) sowie ebenso der Gemeinschaftsaufgaben (Art. 91a und 91 b GG). Für den Bund ist deshalb auch eine Mitveranlassung ausreichend40I . Auszugleichen sind die durch die Einrichtung verursachten Mehrausgaben oder Mindereinnahmen, wobei jene sowohl in einmaligen Investitionskosten als auch in laufenden Mehrkosten bestehen können. Dabei muß die Verursachung unmittelbar erfolgt sein. Auch für den Begriff der unmittelbaren Verursachung besteht Einigkeit darüber, daß er weit auszulegen ist, soll die Vorschrift nicht leerlaufen. Es genügt deshalb, daß der Bund zu besonderen Folgernaßnahmen den unmittelbaren Anstoß gegeben hat. Gleichzeitig werden die ersatzflihigen 396 Fischer-Menshausen, in: von Münch, Art. 106 Rn. 40; Vogel/ Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 106 Rn. 127. 397 Mit Art. 106 Abs. 8 GG und seiner vor allem rur das Verhältnis Bund-Gemeinden praktischen Bedeutung wird zugleich die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG konkretisiert, so Rothkugel, Das Verhältnis von Staat und Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland und in Großbritannien am Beispiel der Gemeindefinanzen, S. 30. 39X Nach § 75 Ein!. ALR kann, wer ein Sonderopfer erbringen muß, von dem Entschädigung verlangen, der aus dem Sonderopfer Vorteile zieht oder es verursacht hat; vg!. zum ganzen Isensee, Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: HdbStR IV (1990), S. 517 (592). 399 So Fischer-Menshausen (0. Fn. 396), Art. 106 Rn. 40; Rothkugel (0. Fn. 397), S. 31, der zu Recht darauf hinweist, daß vom Bund geschaffene Primäreinrichtungen vom Wortlaut her ("veranlaßt") eigentlich kaum mehr miterfaßt sein könnten; a.A. jedoch Maunz, in: Maunz / Dürig, Art. 106 Rn. 102. 400 So Maunz (0. Fn. 399), Art. 106 Rn. 100. 401 Vogel/Walter (0. Fn. 396), Art. 106 Rn. 141 f.; Rothkugel (0. Fn. 397), S. 30 f.
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Sonderlasten auf solche beschränkt, welche die betreffende Gemeinde bei pflichtgemäßer Ermessensausübung eingehen mußte 402 . Schließlich ist - als abstrakte Eingrenzung und Billigkeitsvorschrift403 - noch die Unzumutbarkeit der Sonderbelastung für die jeweilige Gemeinde zu fordern. Aus diesem Grunde bleiben zunächst Bagatellfälle außer Betracht. Ferner enthält der Begriff der Unzumutbarkeit notwendig einen Beurteilungsspielraum, über dessen Präzisierung die Beteiligten im Einzelfall unter Würdigung der konkreten Gesamtlage eine Verständigung suchen sollten. In diesem Rahmen erfüllen auch vertragliche Abreden zwischen Bund und der ausgleichsberechtigten Gebietskörperschaft eine zulässige und notwendige Aufgabe 404 . Im übrigen ist der Ausgleich im Maße eben der Unzumutbarkeit der Sonderbelastung auch "erforderlich"405. Die Städte Bonn und Berlin erhalten vom Bund Ausgleichsleistungen zur Abgeltung der Standortfolgekosten, die ihnen als Sitzstädte von Bundesparlament und Bundesregierung erwachsen406 . Mit einiger Berechtigung können damit auch Finanzzuweisungen für kulturelle Einrichtungen - wie die Musiktheater - in den genannten Städten erfaßt sein. (3) Annex: Die Kulturklausel in Art. 35 EV Art. 35 EV nimmt Stellung zu Fragen der Kultur im vereinigten Deutschland. Dabei enthält diese Bestimmung in Absatz I zunächst ein Bekenntnis zu Kunst und Kultur als wesentliche Grundlagen für die Einheit der Deutschen in Vergangenheit und Zukunft. So dann wird in Art. 35 Abs. 2 EV für das Beitrittsgebiet das Ziel formuliert: "Die kulturelle Substanz in dem in Artikel 3 402 Maunz (0. Fn. 399), Art. 106 Rn. 106; Fischer-Menshausen (0. Fn. 396), Art. 106 Rn. 40; Rothkugel (0. Fn. 397), S. 32; Vogel/Walter (0. Fn. 396), Art. 106 Rn. 143. 403
So Rothkugel (0. Fn. 397), S. 32.
Fischer-Menshausen (0. Fn. 396), Art. 106 Rn. 40; Vogel/Walter (0. Fn. 396), Art. 106 Rn. 146 f; Rothkugel (0. Fn. 397), S. 32 f. 405 Vg!. Vogel/Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 106 Rn. 153 f., wonach in der Finanzpraxis der Ausgleich in der Regel in der Fonn der Kostenbeteiligung an der besonderen Einrichtung vorgenommen wird. 406 Vg!. die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Land NordrheinWestfalen und der Stadt Bonn im Hinblick auf die Aufgaben der Stadt Bonn als Bundeshauptstadt vom 13.12.1989 ("Bonn-Vereinbarung '90") sowie den Vertrag über die Zusammenarbeit der Bundesregierung und des Senats von Berlin zum Ausbau Berlins als Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland und zur Erfüllung seiner Funktion als Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung vom 25.8.1992, der "Hauptstadtvertrag" (Abgh.Drucks. 12/1276), und ferner das Gesetz zur Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 20.6.1991 zur Vollendung der Einheit Deutschlands (Berlin / Bonn-Gesetz) vom 26.4.1994 (BGB!. I S. 918). Zur Hauptstadtentscheidung des Bundestages kritische Anmerkungen bei Witte, Berlin und Bonn ~ ein Jahr danach, in: liberal 1992, Heft 3, S. 85. 404
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genannten Gebiet darf keinen Schaden nehmen." Die Unbestimmtheit der verwendeten Rechtsbegriffe läßt dabei grundsätzlich jedoch auf einen eher proklamatorischen Charakter der Vorschrift schließen 407 . In den folgenden Absätzen 4, 6 und 7 des Art. 35 EV wird dann eine Mitfinanzierung des Bundes "nicht ausgeschlossen", bzw. ist eine solche als Kann-Bestimmung vorgesehen. So bestimmt Art. 35 Abs. 4 EV, daß die in der ehemaligen DDR zentral geleiteten kulturellen Einrichtungen in die Trägerschaft der Länder und Kommunen übergehen, in denen sie gelegen sind. Eine Mitfinanzierung durch den Bund wird in diesem Zuammenhang in Ausnahmefällen, insbesondere im Land Berlin, "nicht ausgeschlossen". Nach Art. 35 Abs. 6 EV wird eine etwaige Mitfinanzierung des Kulturfonds der ehemaligen DDR bis zum 31.12.1994 unter Wahrung der Zuständigkeitsverteilung des Grundgesetzes ebenfalls "nicht ausgeschlossen''408. Und Absatz 7 des Art. 35 EV schließlich sieht in recht genereller Art und Weise eine mögliche Mitfinanzierung des Bundes für einzelne kulturelle Einrichtungen im Beitrittsgebiet für eine bestimmte Übergangszeit vor. Dabei sind die Absätze 4, 6 und 7 als konkretisierende leges speciales des Abs. 2 von Art. 35 EV zu deuten 409 . Der Sache nach könnte - da weder der Zweck ("Ausgleich der Auswirkungen der Teilung Deutschlands"), der Zeitraum ("übergangsweise") noch die Förderobjekte ("kulturelle Infrastruktur" bzw. "einzelne kulturelle Maßnahmen und Einrichtungen") sich als Einschränkung eignen - in Art. 35 Abs. 7 EV eine Ennächtigung zur umfassenden (Mit-)Finanzierung des Bundes von Kulturein407 Zur schwierigen Frage nach dem juristischen Sinn des Art. 35 Abs. 2 EV vgl. auch Höch, Der Einigungsvertrag zwischen völkerrechtlichem Vertrag und nationalem Gesetz, S. 158 f.; Häberle, Das Problem des Kulturstaates im Prozeß der deutschen Einigung - Defizite, Versäumnisse, Chancen, Aufgaben, JöR N.F. 40 (1991), S. 291 (321). 40M Der in Art. 35 Abs. 6 EV angesprochene Kulturfonds zur Förderung von Kultur, Kunst und Künstlern war ein im Jahre 1949 aufgrund der Ersten Kulturverordnung (Vierte Durchftihrungsverordnung vom 2.9.1949 zur Verordnung über die Erhaltung und die Entwicklung der deutschen Wissenschaft und Kultur, die weitere Verbesserung der Lage der Intelligenz und die Steigerung ihrer Rolle in der Produktion und im öffentlichen Leben - Gründung eines Kulturfonds -, ZVOBI. I S. 689) eingerichteter Finanzstock zur "Entwicklung und vollen Entfaltung des sozialistischen Kulturlebens", welcher gebildet wurde aus Eintrittskartenzuschlägen bei unterhaltenden und kulturellen Veranstaltungen sowie Ausstellungen, Museen und Filmvorftihrungen Ge 5 Pfg.), bei Tanzvergnügen, musikalischen und anderen künstlerischen Darbietungen in Gaststätten und Tanzlokalen Ge 10 Pfg.), ferner aus Preisaufschlägen beim Verkauf von Schallplatten (10 Pfg. je Platte) und einer monatlichen Abgabe von 5 Pfg. ftir jeden benutzten Rundfunk- und Fernsehempfänger, vgI. §§ I Abs. I, 2 der Anordnung über den Kulturfonds der DDR vom 13.4.1960 (GBI. DDR I S. 340); zur Weiterftihrung des Kulturfonds vgI. auch Ress, Kultur und europäischer Binnenmarkt, S. 150; Schubert IOstendorf, Die Vereinigung der Bereiche Kunst und Kultur: Ungleiche Brüder?, in: Wiedervereinigung als Organisationsproblem. S. 152. - Zu den weiteren Finanzhilfen - nicht nur für den kulturellen Bereich - zugunsten der neuen Länder im Zuge der Wiedervereinigung vgI. die Übersicht bei Kaufmann, Bundesstaat und Deutsche Einheit, S. 146 ff. 409 VgI. Höch (0. Fn. 407), S. 160.
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richtungen, wie Museen oder Theater, in den neuen Ländern gesehen werden 4lO • Indes: Art. 35 EV kann keine Norm zur Kompetenzbegründung sein. So ist der Einigungsvertrag fast gänzlich, zumindest aber Art. 35 EV, nicht als eine Norm der verfassungsrechtlichen Ebene, sondern vielmehr als einfaches Bundesgesetz zu qualifizieren 411 • Auch sind in Art. 35 EV - anders als in Art. 4 EV - keine ausdrücklichen Verfassungsänderungen enthalten, so daß die grundgesetzliche Kompetenzordnung durch Art. 35 EV keine Änderung erfahren kann. Dafür sprechen neben den Vorbehalten in Art. 35 Abs. 3 und Abs. 6 S. 2 EV auch ein auf den Einigungsvertrag bezugnehmendes Protokoll der Vertragsparteien, das neben anderen "Klarstellungen" zu Art. 35 EV ausdrücklich unter Nr. 14, Ziff. 4 die folgende Notiz enthält: "Die grundgesetzliche Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern bleibt unberührt." Aus Art. 35 EV erwächst dem Bund darum keine zusätzliche verfassungsrechtliche Kompetenzgrundlage im Bereich von Kunst und Kultur. Gleichwohl besteht weitgehend Einigkeit über die Notwendigkeit einer übergangsweisen Finanzierung ostdeutscher Kultureinrichtungen zur Rettung und Bewahrung der dort ansässigen reichhaltigen Kulturlandschaft, welche faktisch vorerst eigentlich nur der Bund zu erbringen in der Lage war und die möglicherweise auch längerfristig - zum Teil - weiter der Hilfe des Bundes bedarf'l2. Außer der Betrachtung von Art. 35 EV ergeben sich zu deren Rechtfertigung deshalb auch eine ganze Anzahl weiterer verfassungsrechtlicher Begründungs410 Vgl. bei Schulze-Fielitz, Art. 35 EinigungsV - Freibrief für eine Bundeskulturpolitik?, NJW 1991, S. 2456 (2459). 411 In Art. 45 Abs. 2 EV ist vorgesehen: "Der Vertrag bleibt nach Wirksamwerden des Beitritts als Bundesrecht geltendes Recht", wobei "Bundesrecht" nicht automatisch Bundesgesetz heißen kann; bei Höch (0. Fn. 407), S. 159, 161 nicht ganz eindeutig; Wagner, Der Einigungsvertrag nach dem Beitritt, S. 155, 157 m.w.N. ist der Auffassung, daß der Einigungsvertrag als Bundesgesetz fortgelte; vgl. im übrigen auch oben unter B.I.2.a).bb). 412 Zwar bestehen unabhängig vom Einigungsvertrag sog. "Partnerschaften" zwischen ostdeutschen Ländern und westdeutschen Partnerländern, z.B. Baden-Württemberg I Sachsen oder Hessen I Thüringen oder sogar besondere Kooperationen im Kulturbereich. Diese konnten und können zur Erhaltung der ostdeutschen Kulturlandschaft jedoch keinen ausschlaggebenden (finanziellen) Beitrag leisten, der die Finanzhilfe des Bundes zu ersetzen in der Lage wäre. Auch organisatorisch würde eine komplette "Länderalternative" womöglich Schwierigkeiten bereiten, da bei Kulturförderung für die ostdeutschen Länder nicht immer der kollektive Vorteil als Voraussetzung einer gemeinsamen Politik gegeben oder jeweils einsichtig sein dürfte, vgl. dazu Häberle, Das Problem des Kulturstaates im Prozeß der deutschen Einigung - Defizite, Versäumnisse, Chancen, Aufgaben, JöR N.F. 40 (1991), S. 29\ (320); Benz, Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den Ländern, DÖV 1993, S. 85 (88 ff.). - Seit 1995 ist jedoch mit der Teilnahme der neuen Länder am gesamtdeutschen Länderfinanzausgleich eine neue Lage geschaffen, dazu Klein, Zur Finanzverfassung von Bund und Ländern nach dem Grundgesetz und dem Einigungsvertrag, ThürVBI. 1992, S. 49 (5\); aber auch nach diesem Datum scheinen Mischfinanzierung und Bundesfondsverwaltung angesichts der großen Lasten weiterhin für eine Übergangszeit unvermeidlich, so auch Kaufmann (0. Fn. 408), S. \53.
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versuche. So wird eine gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes für die Folgen der Teilung und die Schaffung der Einheit etwa aus der Summe der Art. 20,28, 134, 135 Abs. I GG in Verbindung mit der Präambel des Grundgesetzes hergeleitet4J]. Ein starkes Begründungstopos scheint auch die notwendige Herstellung einheitlicher oder zumindest vergleichbarer Lebensverhältnisse in Deutschland zu sein. Die verfassungsrechtlichen Wurzeln dieses Begründungsmusters sind im Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. I GG) in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. I GG zu sehen, wonach jedem Bürger in der Bundesrepublik, bzw. allen Bundesländern ein Mindeststandard an öffentlichen Einrichtungen und Daseinsvorsorge zur Verfügung stehen muß 414 • Schließlich wird auch die Ansicht vertreten, daß die besondere Aufgabenlast des Bundes und die Mitverantwortung der Westländer für den Aufbau der neuen Bundesländer grundsätzlich unabhängig von einer ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Zuweisung bestünde415 • Nicht zu verkennen ist eine große Unbestimmtheit und Unsicherheit in der verfassungsrechtlichen Begründung der stattgehabten und unter Umständen auch noch zukünftig notwendig werdenden Zuschußzahlungen durch den Bund für kulturelle und anderweitige Vorhaben in den neuen Ländern. Angesichts der ganz außergewöhnlichen Situation einer vollständigen Integration der ehemaligen DDR, welche sich vierzig Jahre lang unter völlig entgegengesetzten politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Umständen entwickelt hat, stößt auch die Leistungsfähigkeit des erprobten föderativen Systems vorübergehend an ihre Grenzen. Die verfassungsrechtlich aus geformten föderalen Strukturen treten deshalb für eine bestimmte Zeit zurück zugunsten des zugrundeliegenden regu413 So Kilian, Die Erhaltung der kulturellen Substanz der neuen Bundesländer in Art. 35 II EinigungV, LKV 1992, S. 241 (244); auch Maihofer, Kulturelle Aufgaben des modemen Staates, in: Hdb VR, S. 120 I (1255) sah für eine Übergangszeit bis 1994 die Beseitigung von nachwirkenden Teilungsfolgen als eine Art fortdauernder gesamtdeutscher Aufgaben und "deshalb nach der Vereinigung nunmehr in aller Form gesamtdeutsche Aufgabe" an. 414 Vgl. Art. 72 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 3 Nr.2 GG; ansonsten so bei Kaufmann (0. Fn. 408), S. 143 f.; Maihofer (0. Fn. 413), S. 1201 (1255); Ritter, Die Aufgabe des Bundes bei der Erhaltung von Theatern und Orchestern, Das Orchester 1992, S. 135 (137), der für die weitere übergangsweise Fortführung der Förderprogramme auch den Gedanken des Vertrauensschutzes ins Spiel bringt. - Mit Recht muß aber gleichzeitig auf die Gefahren einer wie bereits auch schon vor der Finanzreform von 1969 bedrohlich anwachsenden Bundesfondswirtschaft mit ihren spezifischen Gefahren für das föderative System der Bundesrepublik hingewiesen werden, vgl. Kaufmann (0. Fn.408), S. 151 f.; Häberle (0. Fn. 412), S. 291 (346 ff.), oder Abromeit, Der verkappte Einheitsstaat, S. 81 ff., welche (ebd., S. 110 ff.) eine Tendenz vom Zweiklassen-Föderalismus zum dezentralisierten Einheitsstaat diagnostiziert, weshalb sie auch einer Neuordnung des Finanzausgleichs kritisch gegenübersteht und eine Neugliederung des Bundesgebiets favorisiert. 41; So Seimer, Grundsätze der Finanzverfassung des vereinten Deutschlands, DVBI. 1992, S. 1519 (1520), der zur KlarsteIlung die Einführung eines neuen Art. 120b GG vorschlägt.
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lativen Prinzips der Subsidiarität416 , wonach die größere Einheit, so die kleinere Einheit der Gemeinschaft zur Bewältigung einer Aufgabe sich nicht mehr in der Lage sieht, aufgerufen ist, ein "subsidium" (lat. "subsidium" = Hilfeleistung) zu stellen und für die kleinere Einheit hilfreich einzuspringen. Dabei bleibt das größere Gemeinwesen zugleich aufgefordert - dem positiven Aspekt des Subsidiaritätsprinzip entsprechend -, Mittel zur Verfügung zu stellen, die dem kleineren die Aufgabenerledigung (wieder) ermöglichen sollen 417 • So können in der Tat durch die immer noch teilweise anhaltende außergewöhnliche Situation und die damit verbundene außerordentliche Verantwortung des Bundes die Zuständigkeitsregeln nicht auf Dauer grundsätzlich ausgehebelt werden. Die massiven, flächendeckenden Finanzierungshilfen des Bundes im Rahmen von Programmen wie Substanzerhaltungsprogramm, Infrastrukturprogramm, Künstlerförderung, Denkmalschutzprogramm und programmunabhängigen Einzelmaßnahmen418 können deshalb nur übergangsweise, bis zu einer ausreichenden Eigenfinanzausstattung der neuen Länder, bestehen419 . Die Frage ist allerdings, ob nach erfolgter "Rückbindung" mit dem zugrundeliegenden Regulativprinzip der Subsidiarität - auch angesichts der künftigen Kulturlandschaft Europas - der bundesrepublikanische Föderalismus sich nicht in der Lage und Notwendigkeit sieht, als "aufgeklärter" Föderalismus manche Fragen z.B. auch bezüglich einer womöglich längerfristigen Förderung bestimmter Objekte in den neuen Ländern neu zuzulassen und neu zu beantworten420 . Für die Beantwortung dieser Frage von großer Bedeutung ist nun die Untersuchung möglicher stillschweigender Kompetenzen des Bundes für den Bereich von Kunst und Kultur. bb) Stillschweigende Kompetenzen
Obwohl es im Bestreben des Verfassungsgebers lag, eine abschließende und lückenlose Kompetenzabgrenzung zu bewerkstelligen, konnten die einschlägigen Kompetenzkataloge jedoch der Vielgestaltigkeit der sozialen Lebensverhältnisse nicht vollständig gerecht werden, so daß bisweilen Lücken derselben für 416 Vgl. Stewing, Das Subsidiaritätsprinzip als Kompetenzverteilungsregel im Europäischen Recht, S. 1516 (1517); vgl. ansonsten oben B.II.2. 417 Zum bereits auf Aristoteles, Althusius und Thomas von Aquin zurückgehenden Subsidiaritätsprinzip vgl. nochmals Nell-Breuning, Baugesetze der Gesellschaft, S. 11 ff.; Stewing (0. Fn. 416), S. 1516; Heber/ein, Subsidiarität und kommunale Selbstverwaltung, NVwZ 1995, 1052 (1053). 41R Vgl. dazu von Köckeritz, Kulturpolitik im Prozeß der deutschen Vereinigung, in: Börsenblatt Heft 62 vom 6. August 1993, S. 14 (16). 419 So z.B. auch Häberle (0. Fn. 412), S. 291 (350 f.); Höch, Der Einigungsvertrag zwischen völkerrechtlichem Vertrag und nationalem Gesetz, S. 16\ Fn. 256. 420 Vgl. dazu Maihofer (0. Fn. 413), S. 1201 (1256).
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bestimmte Regelungssachverhalte in der Folge festgestelIt werden mußten 421 . SinnfälIige Beispiele hierfür mögen die Festlegung der Bundeshauptstadt und der Bundessymbole darstelIen, welche, obwohl sie nicht ausdrücklich im Grundgesetz geregelt sind, sinnvolIerweise der Zuständigkeit des Bundes zugeordnet werden 422 • Die stilI schweigenden Kompetenzen sind das geeignete Mittel, solche Lücken der Kompetenzkataloge zu schließen und der sonst eher starren Kompetenzordnung mehr Flexibilität angedeihen zu lassen. Dabei ausschlaggebend muß die Interpretation des Grundgesetzes sein, dies sowohl mit Blick auf einzelne oder mehrere ausdrückliche Kompetenztatbestände als auch im Gesamtzusammenhang der Regelung des bundesstaatlichen Aufbaus 423 •
Im übrigen scheint das Grundgesetz dieses Vorgehen mitberücksichtigt zu haben, indem es in Art. 30 GG und 83 GG die Länder für zuständig erklärt, " ... soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zuläßt"424. StilIschweigende Kompetenzen bergen alIerdings zugleich die Gefahr einer schleichenden Verfassungs änderung unter Umgehung des Art. 79 GG. Sie sind daher als Bundeszuständigkeiten ungeschriebener Art grundsätzlich eher eng auszulegen 425 . Als im Grunde genommen - mal mehr, mal weniger - Ausdruck "effektuierender Verfassungsauslegung"426 lassen sich vor alIem die Topoi "Sachzusammenhang", "Annex" oder "Natur der Sache" dabei unterscheiden.
421 Dagegen spricht auch nicht der Einwand von Maunz aus dem Jahre 1950, angesichts der Fonnulierungen in Art. 30, 70 und 83 GG - Länderzuständigkeit, soweit keine anderweitige Regelung durch "dieses Grundgesetz" ... - bleibe kein Raum für ungeschriebene Bundeszuständigkeiten, da die Verfassungsinterpretation davon nicht berührt werde, und lediglich die grundsätzliche Ableitung aus Gewohnheitsrecht oder überpositivem Recht damit ausgeschieden werden könne, vgl. bei Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtstaatlichen Kunst- und Kulturpflege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 307 m.w.N. 422 So Klein, Die Staatssymbole, in: HdbStR I (1987), S. 733 (740); vgl. ansonsten zur Staatssymbolik auch Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 141 ff. 423 Bu/linger, Ungeschriebene Kompetenzen im Bundesstaat, AöR 96 (1971), S. 237 (239); Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 428 ff.; Küster (0. Fn. 421), S. 307 f.; Köst/in, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 40. 424 Vgl. Köstlin (0. Fn. 423), S. 39 mit dem Hinweis, daß mittlerweile auch die diesbezüglich etwas alterierende Fonnulierung in Art. 70 GG allgemein in gleicher Weise verstanden werde, so ebd., S. 39 Fn. 68 m.w.N. 42, Vgl. Maunz, in: Maunz/ Dürig, Art. 70 Rn. 48; jedoch sei auch bereits hier auf die sowohl nach 1871 und 1919 wie auch unter der "rigiden Bundesstaatlichkeit" der Art. 30, 70, 79 Abs. 3, 83 ff. (die Art. 91a und Art. 91b sowie Art. 104a GG dabei einmal außen vor) immer wieder neu festzustellende Tendenz zur Vereinheitlichung - sei sie getragen von emotionalem Engagement für die Vollendung des Einheitsstaates, sei sie verbunden mit dem Verständnis einer weitgefaßten Sozialstaatlichkeit - hingewiesen, vgl. dazu Oppermann (0. Fn. 422), S. 553. 420 So Köstlin (0. Fn. 423), S. 40.
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(I) "Sachzusammenhang" und "Annex" Die BeglÜndungsmuster des Sachzusammenhangs und in Sonderheit des Annex sind für eine ungeschriebene, stillschweigende Kompetenz des Bundes im kulturpolitischen Bereich von einiger Bedeutung. Dabei läßt sich zunächst eine Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs nur dann beglÜnden, " ... wenn eine dem Bund ausdlÜcklich zugewiesene Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann, ohne daß zugleich eine nicht ausdlÜcklich zugewiesene Materie mitgeregelt wird, wenn also ein Übergreifen in nicht ausdlÜcklich zugewiesene Materien unerläßliche Voraussetzung ist für die Regelung einer der Bundesgesetzgebung zugewiesenen Materie"m. Demgegenüber stellt die sog. Annexkompetenz eigentlich keine selbständige Kompetenzgrundlage dar, da sie lediglich vorbereitende oder unterstützende Maßnahmen zu einer bereits zugewiesenen Aufgabe ermöglichen soll und den ausdlÜcklich zugewiesenen Kompetenzrahmen nicht überschreitet und nicht in Kompetenzmaterien anderer Kompetenzträger eindringt428 • Während die Argumentationsfigur des Sachzusammenhangs unter Bezug auf vermeintliche Sachzwänge ("unerläßlich") eher die Tendenz zur Umgehung von wirklicher Auslegung beinhaltet429 , bedeutet die Vorstellung von einer Annexkompetenz eine wichtige Auslegungshilfe, welche die für eine glÜndliche Bearbeitung ausdlÜcklich zugewiesener Aufgaben notwendigen Hilfsgeschäfte ermöglichen soll und dabei nicht weiter reicht als die zugrunde liegende Hauptkompetenz430 • 427 So das BVerfG in seinem Baurechtsgutachten, BVerfGE 3,407 (421); dazu kritisch Bullinger (0. Fn. 423), S. 237 (S. 241 ff.). 42H Bisweilen wird die Annexkompetenz auch als Unterfall der Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs verstanden, wobei die Vorstellung einer sog. fortsetzenden Auslegung eine Rolle spielt, derzufolge eine ausdrücklich zugewiesene Materie einmal in die "Tiefe" (zur Vorbereitung oder Durchführung, Annex) und zum anderen in die "Breite" (auf benachbarte Gebiete, Sachzusallunenhang) ausgedehnt wird, so bei Küster (0. Fn. 421), S. 314 f. m.w.N. Gleichwohl ist die Unterscheidung - neben systematischen Gründen - unter dem entscheidenden Gesichtspunkt einer "horizontalen" Kompetenzbereichsaufteilung durchaus auch funktional sinnvoll; vgl. auch Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 430 ff.; Achterberg, Die Annex-Kompetenz, DÖV 1966, S. 695 (698); Köstlin, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 42 f. 429 Auslegung in dem Sinne, als daß genau der Schwerpunkt einer Maßnahme nach Zielrichtung und voraussichtlicher Wirkung ennittelt und einer entsprechenden Bundes- oder Landeskompetenz zugeordnet wird, vgl. Köstlin (0. Fn. 428), S. 41 f.; mittlerweile bedient sich das BVerfG selbst nicht mehr des Auslegungsmusters des "Sachzusammenhangs" mit den von ihm selbst vor allem im Kultursektor aufgestellten strengen Voraussetzungen (vgl. BVerfGE 6, 309 [354]; 12, 205 [229]), sondern rekurriert vielmehr auf die klassischen Auslegungsmethoden, wobei Verfassungstradition und Staatspraxis immer mehr an Bedeutung gewinnen; vgl. Bullinger (0. Fn. 423), S. 237 (242,244 ff.), BVerfGE 58, 137 (145 f.); 61, 149 (185, 200, 204); 62, 354 (366 ff.); 67, 256 (274 ff.); 68, 319 (328 ff.). 4)0 So Köstlin (0. Fn. 428), S. 43 mit dem wichtigen Hinweis, daß neben ausdrücklichen "Hauptkompetenzen" auch stillschweigende "Hauptkompetenzen", insbesondere kraft "Natur der Sache" denkbar seien; vgl. ferner Achterberg, Zulässigkeit und Schranken stillschweigen-
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Als wichtige Beispielsfalle seien für den Sachzusammenhang aufgeführt vor allem die Filmförderung des Bundes nach Maßgabe des Filmförderungsgesetzes 431 , welche trotz ihrer beträchtlichen kulturpolitischen Bedeutung über die Figur des Sachzusammenhangs mit der Bundeskompetenz in Art. 74 Abs. I Nr. 11 ("Recht der Wirtschaft") als Maßnahme zur Wirtschaftsförderung legitimiert wirdm. Ebenso das Bundesarchiv in Koblenz mit seinen Außenstellen, welches für die Aufgaben eines Aktenarchivs der Bundesorgane und -behörden mit Bezug auf die Summe der zugewiesenen Bundeszuständigkeiten ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs gerechtfertigt wird 433 • Für die Annexkompetenz eröffnet vor allem Art. 73 Nr 1 GG ("auswärtige Angelegenheiten") das Hauptanwendungsfeld im Bereich der Kultur. So konnte mit dieser Legitimation der Bund die Rundfunksender "Deutsche Welle" und "Deutschlandfunk" errichten, da ihre Hauptfunktion darin gesehen wurde, Deutschland nach außen durch Radiosendungen zu repräsentieren434 • Es gibt ferner sogar rein kulturelle Einrichtungen, denen ein solch starker Auslandsbezug attestiert wird, daß auch hier der Bund zuständig ist. Zu ihnen gehören Forschungsstätten mit Arbeitsschwerpunkt im Ausland, wie Z.B. das Deutsche Archäologische Institut und das Deutsche Historische Institut (in Rom). Ebenso in diesem Zusammenhang müssen die deutschen Schulen im Ausland Erwähnung finden 435 • Grundsätzlich wird auch die gesamte Planung zur Wahrder Bundeszuständigkeiten im gegenwärtigen deutschen Verfassungsrecht, AöR 86 (1961), S. 63 (66); Stettner (0. Fn. 428), S. 43 \. 431 Gesetz über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films vom 18.11.1986 (Filmförderungsgesetz), BGB\. I S. 2047. 432 Die Bundeskompetenz fur das Filmförderungsgesetz ist allerdings umstritten, vg\. Kösttin, Die Kulturpflege des Bundes - das Beispiel des "Deutschen Historischen Museums" in Berlin,DVB\. 1986, S. 219 (221) m.w.N.; die stärker filmkulturell wirksame Förderung durch das Bundesinnenministerium mit Vergabe des Bundesfilmpreises und verschiedener Förderprämien wird jedoch auch von seiten des Bundes nicht auf den Sachzusammenhang mit der Wirtschaftförderung, sondern auf die stillschweigende Zuständigkeit kraft "Natur der Sache" die "gesamtstaatliche Repräsentation" betreffend gestützt, vg\. Küster (0. Fn. 421), S. 315. 433 Für die zusätzlich wahrgenommene Aufgabe eines "Nationalarchivs" jedoch ist auch hier die Legitimation durch den Sachzusammenhang fraglich, und eine mögliche Bundeszuständigkeit kraft "Natur der Sache" TÜckt wiederum ins Blickfeld, so bei Küster (0. Fn. 421), S. 316 mit Hinweis auf weitere, weniger spektakuläre Anwendungsfelder fur den Sachzusammenhang im Kulturbereich. 434 Vg\. §§ I, 5 Gesetz über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts vom 29.11.1960 (BGB\. I S. 862). Für den auch im Inland sendenden "Deutschlandfunk" ist allerdings die Kompetenz fur den Bund immer umstritten gewesen, vg\. dazu Köstlin (0. Fn. 432), S. 219 (221) Fn. 30; im übrigen ist mit dem "Gesetz über die Neuordnung der Rundfunkanstalten des Bundesrechts und des RIAS Berlin" (Rundfunkneuordnungsgesetz) vom 20.12.1993 (BGB\. I S. 2246) der Deutschlandfunk zwischenzeitlich als Bundesrundfunkanstalt aufgehoben und durch den Hörfunk-Überleitungsstaatsvertrag des Bundes und der Länder vom 17.6.1993 (BGB\. I S. 2248) auf das von den Ländern staatsvertraglich geschaffene "Deutschlandradio" übertragen worden. 435 Ebd., S. 219 (221).
II. Ausgestaltung der Förderung
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nehmung von Kompetenzen der Auswärtigen Kulturpolitik als Annex dem Bunde zugestanden 436 • Damit ergibt sich im Anschluß an die ausdrucklichen kulturrelevanten Kompetenzen des Bundes mit Blick auf den nicht unbedenklichen Sachzusammenhang mitunter gleichsam ein "Hof' unerläßlicher zusätzlicher Kompetenzbereiche, ansonsten unter dem Gesichtspunkt des Annex gewissermaßen ein "Zylinder" in die Tiefe gehender weiterer Zuständigkeiten, welche allerdings nur die zur optimalen Kompetenzwahrnehmung notwendigen Hilfsgeschäfte zu legitimieren vermögen. Zu letzteren werden z.B. auch Hilfen für AuslandsgastspieIe deutscher Opernensembles zu zählen sein. (2) "Natur der Sache" Für die Kulturförderung allgemein und für eine eventuelle Musiktheaterförderung durch den Bund im besonderen ist die Frage nach dem Bestehen und dem Umfang einer ungeschriebenen Zuständigkeit des Bundes unter dem Gesichtspunkt der "Natur der Sache" wohl aber von noch größerer Bedeutung. Dabei ist gerade diese Kategorie ungeschriebener Bundeskompetenzen besonders umstritten und damit Ereignisfeld zahlreicher Probleme in Theorie und Praxis. Solche Bundeskompetenzen kraft "Natur der Sache" sind in Rechtsprechung und Lehre zunächst einmal dem Grundsatz nach weitgehend anerkannt. Erkenntnisleitend dabei ist eine vom Bundesverfassungsgericht in Anlehnung an Anschütz437 geprägte Formel, wonach eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes unter dem Gesichtspunkt der "Natur der Sache" nur dann anzunehmen ist, wenn sie sich aus dem "ungeschriebenen, im Wesen der Dinge begrundeten, mithin einer ausdrucklichen Anerkennung durch die Reichsverfassung nicht bedürftigen Rechtssatz" ergibt, " ... wonach gewisse Sachgebiete, weil sie ihrer Natur nach eigenste, der partikularen Gesetzgebungszuständigkeit apriori entruckte Angelegenheiten des Reiches darstellen, vom Reiche und nur von ihm geregelt werden können". Ferner, fügt das Bundesverfassungsgericht hinzu, müssen " ... Schlußfolgerungen aus der ,Natur der Sache' begriffsnotwendig sein und eine bestimmte Lösung unter Ausschluß anderer Möglichkeiten sach436 Achterberg, Die Annex-Kompetenz, DÖV 1966, S. 695 (699); Bullinger, Ungeschriebene Kompetenzen im Bundesstaat, AöR 96 (\ 971), S. 237 (262). In diesem Zusammenhang wichtig festzustellen ist aber gleichzeitig, daß auswärtige Kulturpolitik die intern gegebene Vielfalt auch extern widerspiegeln muß, und deshalb auswärtige Kulturpolitik - zumindest inhaltlich - nicht als ausschließliche Domäne der jeweiligen Regierung und ihrer kulturpolitischen Vorstellungen aufgefaßt werden kann, vgl. dazu Hufen, Kulturstaatlichkeit und Bundesstaat, in: Probleme des Föderalismus, S. 199 (212). 437 Vgl. Anschütz, in: Anschütz/Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. I, S.367.
13 Till..r
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
gerechter Lösung zwingend fordern"438. Schließlich ist das Bundesverfassungsgericht fernerhin der Auffassung, daß Argumente aus der "Natur der Sache" dann versagen, wenn sich "auch eine andere Lösung mit beachtlichen Gründen rechtfertigen" ließe439 . Auch ist vielfach darauf hingewiesen worden, daß explizite Kompetenzzuweisungen rur die Länder nicht unter Berufung auf eine Zuständigkeit kraft "Natur der Sache" unterlaufen werden dürften44o • Als unproblematisch gelten die allgemein anerkannten Anwendungsfälle auf dem Gebiet der Staatssymbolik, wie Nationalflagge und Nationalhymne, weIche der staatlichen Selbstdarstellung und Selbstwerbung dienen, oder auch die Entscheidungen über den Ort der Bundeshauptstadt44 ]. Eine Kompetenz des Bundes - im Ergebnis allgemein anerkannt - rur Maßnahmen zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der deutschen Einheit und rur die Pflege der Beziehungen zur ehemaligen DDR bestand über eine Analogie zu Art. 73 Nr. I GG bzw. wurde ebenso als eine Kompetenz kraft "Natur der Sache" angesehen 442 . Letzteres gilt womöglich auch rur die Zuständigkeit des Bundes zur Überwindung der Folgen der Teilung Deutschlands 443 . Für die gesamte Kunst- und Kulturförderung des Bundes von großer Bedeutung ist sodann die Beantwortung der allerdings strittigen Frage, ob auch unter dem Blickwinkel der "gesamtstaatlichen Repräsentation" dem Bund eine ungeschriebene Gesetzgebungszuständigkeit - diese zugleich als äußerste Grenze seiner Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeiten in diesem Bereich444 kraft "Natur der Sache" zugestanden werden kann. So sehr die Reichhaltigkeit und Vielfalt des bundesdeutschen Kulturlebens auch mit einer". .. Diversifizierung in der Ausübung der Staatsgewalt, wie sie rur den Bundesstaat typisch ist"445, durchaus verbunden ist, sowenig " ... hätte es zu solchen Zwecken ... einer so weitgehenden Verbannung des Gesamtstaates aus dem kulturellen Raum bedurft, wie sie mit dem Grundgesetz vorgenommen wurde"446. m BVerfGE 11,89 (98 f.); 12,205 (251); 22,180, (217). 439
BVerfGE 11,89.
BVerfGE 3, 407; 11,89 (99); 15, I (24); vgl. ferner Hufen (0. Fn. 436), S. 199 (212). Für die Bundesflagge kommt dies auch in Art. 22 GG unmittelbar zum Ausdruck. Vgl. ansonsten BVerfGE 3, 422; Klein, Die Staatssymbole, in: HdbStR I (\ 987), S. 733 (740); Köstlill, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 44; vgl. ferner auch bei Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 141 ff. 442 Maunz, in: Maunz / Dürig, Art. 73 Rn. 35, wonach sich die Befugnis zur Analogie letztlich aus der Natur der Sache ergebe. 443 Vgl. Maihofer, Kulturelle Aufgaben des moderenen Staates, in: HdbVR, S. 1201 (1232) als "gesamtdeutsche Aufgaben der Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zum anderen Teil des bisher geteilten nunmehr vereinigten Deutschland"; vgl. dazu auch unten B.1I.2.b). bb).(2).(a). 444 BVerfGE 12, 205 (246); 55, 274 (318); Lerche, in: Maunz / Dürig, Art. 83 Rn. 21; Hufen (0. Fn. 436), S. 199 (209). 445 Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 552. 440
44\
11. Ausgestaltung der Förderung
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Diese grundsätzliche Aussage dazu wird im wesentlichen auch durch Erkenntnisse der Komparatistik sowohl in örtlich-geographischer wie auch zeitlicher Hinsicht gestützt. So konnte Küster in seiner gründlichen Studie für vergleichbare Bundesstaaten, wie die Vereinigten Staaten von Amerika, die Schweiz und Österreich sowohl vom tatsächlichen als auch verfassungsrechtlichen Befund her die Existenz und Berechtigung teilweise umfangreicher, gesamtstaatlich motivierter Kulturpolitik durch den jeweiligen Bund aufzeigen. Für die Vereinigten Staaten von Amerika ergibt sich die verfassungsrechtliche Rechtfertigung gesamtstaatlich bedeutsamer Kunstförderung aus den Gesichtspunkten der "spending power", aus "resulting powers" und einer Bundeskompetenz mit Bezug auf den Hauptstadtbereich447 • In der Schweiz wird die reichhaltige, zum Teil sich nicht auf den gesamtstaatlichen Bereich beschränkende Kulturförderung des Bundes im wesentlichen ebenfalls auf eine "resulting power" gestützt, welche sich unmittelbar aus der Verfassungsentscheidung für den Bundesstaat bzw. für einen bestimmten Bundesstaat ableiten lasse 448 . In Österreich steht dem Bund ein besonders weites Betätigungsfeld für kulturpolitische Aktivitäten zur Verfügung. Dabei kann er sich auf drei Säulen verfassungsrechtlicher Legitimation berufen. Zum einen kann er sich auf die auf Grund der sog. "Versteinerungstheorie" des österreichischen Verfassungsgerichtshofs strikt einzuhaltenden Kompetenzkataloge der österreichischen Verfassung berufen, die in Art. 10 Abs. I Nr. 13 B-VG u.a. auch die Angelegenheiten der traditionellen Bundestheater als Materie des Bundes vorsieht. Sodann wird diese strenge Kompetenzabgrenzung durch die Annahme der "Kompetenzneutralität" der nicht-hoheitlichen Verwaltung (vgl. Art. 17 B-VG) auf breiter Front durchbrochen, wobei gern. Art. ISa B-VG dem Bund und den Ländern ausdrücklich die Möglichkeit zu Vereinbarungen über Angelegenheiten ihres jeweiligen Wirkungsbereichs eröffnet ist. Überhaupt wird die Kunstförderung in Österreich als eine sog. Querschnittsmaterie angesehen, welche sich nicht 446
Ebd., S. 553.
447 Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtstaatlichen Kunst- und Kulturpflege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 16,30 ff., wobei die sog. "resulting powers" als stillschweigende Bundeszuständigkeiten kraft Natur der Sache ihre Stütze in den aus der geschriebenen Verfassung erschließbaren Grundentscheidungen für den Bundesstaat finden, vgl. ebd., S. 15. 44< Ebd., S. 60 ff.; für die nicht gesamtstaatlich motivierte, sondern die lediglich subsidiär vorzunehmende, allgemeine Kulturförderung des Bundes wird "de constitutione ferenda" eine im Wege der Verfassungsergänzung zu schaffende Grundlage eingefordert. Dabei soll keine klare Trennung der Aufgabenbereiche, sondern eine Kumulierung der Fördertätigkeiten von Kantonen und Bund, gleichsam als "Gemeinschaftsaufgabe" im kulturellen Bereich, möglich sein. In diesem Zusammenhang bedeutungsvoll soll dann das dem föderativen System zugrundeliegende Subsidiaritätsprinzip werden, vgl. dazu ebd., S. 64 ff. m.w.N., insbesondere mit Verweis auf Stad/er, Die verfassungsrechtlichen Befugnisse des Bundes zur Förderung der Kultur, S. 30 ff.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
aufteilen oder exklusiv der einen oder anderen Ebene zuordnen läßt. Sie wird auch als Gemeinschaftsaufgabe bezeichnet, für deren Bewältigung ein Zusammenwirken erforderlich sei, da es sich um Aufgaben handele, deren Totalität die Wirkungsbereiche der einzelnen Teilverbände transzendiere. Auch hat der Bund in Österreich mittlerweile entgegen der Kompetenzverteilung im B-VG auch auf das Gebiet der allgemeinen Kulturförderung sein Engagement tatsächlich erweitert. Dabei wird von seiten des Bundes zwar stets das Subsidiaritätsprinzip zugrundegelegt, die entsprechenden Rahmenrichtlinien des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst mit dem Kriterium "gesamt-österreichischer" Bedeutung werden heute jedoch nur noch als "überregional" oder gar "von Modellcharakter" ausgelegt. Insgesamt ereignet sich in Österreich gesamtstaatliche Kulturpflege praktisch ausschließlich durch den Bund, allenfalls in Zusammenwirken mit dem jeweils betroffenen Bundesland449 • Den zeitlichen, geschichtlich-vergleichenden Aspekt betreffend fällt ebenfalls auf, daß von der Paulskirchenverfassung vom 28. März 1849 bis zur Praxis gesamtstaatlicher Kulturpflege unter der Weimarer Reichsverfassung ein Prozeß größer werdender Beachtung des Kulturellen überhaupt zu verzeichnen ist, wie auch spezifisch die Bedeutung gesamtstaatlicher Kulturpflege durch den Bund zugenommen hat. Wenn auch die Verfassung von 1849 für den kulturpolitischen Teil überhaupt sich sehr zurückhaltend gab, erfolgten gleichwohl schon damals Vorschläge zur Gründung einer Nationalbibliothek oder auch von "deutschen Nationalbühnen". Die Paulskirchenverfassung beinhaltete in § 63 für die Reichsgewalt damals sogar die Möglichkeit, " ... wenn sie im Gesamtinteresse Deutschlands gemeinsame Einrichtungen und Maßregeln notwendig findet, die zur Begründung derselben erforderlichen Gesetze in den für die Veränderung der Verfassung vorgeschriebenen Formen zu erlassen". Allerdings scheiterten damals gleichwohl die meisten kulturpolitischen Initiativen mit gesamtstaatlichem Bezug; damit zeichnete sich bereits frühzeitig die für die deutschen Bundesstaaten kennzeichnende grundsätzliche Subsidiarität der gesamtstaatlich wahrzunehmenden Aufgaben gegenüber der "Kulturhoheit" der Gliedstaaten ab. Nach der Reichsgründung 1871 blieb das Reich im Gegensatz zur wissenschaftlichen Forschung - es wurden in diesem Bereich zahlreiche Reichsinstitute und -anstalten geschaffen - im Bereich der allgemeinen Kulturpflege zurückhaltend, was eigene Projekte oder die Institutionalisierung von Einrichtungen anbelangte45o • Für den Theaterbereich bestand allerdings auch kein allzu drängendes Bedürfnis nach einer zusätzlichen zentralen Einrichtung, da Berlin, be449 So bei Küster (0. Fn. 447), S. 67 (71, 73, 77f., 87 ff.); interessant ist auch das in Österreich vorzufindende Kunstförderungsgesetz von 1968, welches den Bund zur Erhebung des sog. Kunstförderungsschillings (mit der Rundfunkgebühr) ermächtigt, dessen Erträge nach Abzug der Verwaltungskosten zwischen den Ländern und dem Bund im Verhältnis 30 : 70 zu teilen vorgesehen sind, vgl. BGBI. 1968/30 I. 450 So Küster (0. Fn. 447), S. 90 (99,103 f., 122, 131) m.w.N.
11. Ausgestaltung der Förderung
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günstigt durch die Funktion als Hauptstadt, sich ohnehin zum zentralen Theaterplatz und kulturellen Zentrum entwickelte451 • So beteiligte sich das Reich stattdessen bei gesamtstaatlich bedeutsam erachteten Projekten mit den Mitteln der Fondswirtschaft, wobei allerdings Einrichtungen, die unmittelbar einer Länderbehörde unterstanden, keine Finanzzuweisungen erfuhren. Auch wurden von der Rechtslehre in der Zwischenzeit mit Blick auf die Verfassungslage in den USA (vor allem die sog. "implied powers") auch rur den Geltungsbereich der Reichsverfassung ungeschriebene Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten festgestellt 452 • Die Praxis gesamtstaatlicher Kulturpflege unter der Weimarer Reichsverfassung war gekennzeichnet durch die Ausdehnung der schon bekannten Fondswirtschaft des Reiches, wobei bereits ab 1920 im Etat des Reichsministeriums des Innern rur kulturpolitische Aufgaben des Reiches ein Dispositionsfonds zur Förderung wissenschaftlicher und künstlerischer Zwecke eingerichtet worden war453 • Ein größer werdender Einfluß des Reiches war zudem auch auf die Notlage in den wirtschaftlich krisenbehafteten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg zurückzuruhren, unter deren Eindruck die sog. "Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft", die als eingetragener Verein vor allem vom Reich finanziert wurde, ebenso gegründet wurde wie die "Notgemeinschaft der deutschen Kunst eV". Letztere erfuhr von 1923 bis 1932 aus dem Etat-Titel "Behebung der Notstände der deutschen Kunst" ebenfalls laufende Zuwendungen durch das Reichsministerium des Innern 454 •
451
Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 450.
Küster (0. Fn. 447), S. 138 ff. mit Verweis auf Triepel, Kompetenzen des Bundesstaates und die geschriebene Verfassung (1908), S. 247 ff., der die Anerkennung von, den US-amerikanischen "resulting powers" entsprechenden, Kompetenzen aus der "Natur der Sache" allerdings noch ablehnte. 453 Vgl. Reichshaushaltsplan fur 1920, Anl. V, Kap. 3, Ti!. 17 (neu); über den vorgesehenen Umfang der Förderung durch das Reich gibt eine Denkschrift zu einem weiteren Dispositionsfonds zur Förderung von Bestrebungen auf dem Gebiet des Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens Auskunft, wonach - und damit auch die allgemeine Kulturpflege ansprechend - solche Bestrebungen zur Pflege von Kunst und Wissenschaft in Betracht kämen, die über die Grenzen und Interessen der Einzelstaaten hinausgreifend sich entweder in ihrer räumlichen Ausdehnung auf das gesamte Reichsgebiet erstreckten oder aber durch ihren vorbildlichen Charakter fur das gesamte Reich von Bedeutung seien. Diese Förderung ergebe sich aus den allgemeinen Aufgaben, die dem Reich auf dem Gebiet der Kulturpolitik, insbesondere des Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesens obliegen würden (gern. Art. 148 Abs. 4 WRV war für letztere eine Förderung durch Reich, Länder und Gemeinden vorgesehen), so Beilage 1 zum Reichshaushaltsplan 1920, Anl. V. 452
454 Reichshaushaltsplan fur 1923, Anl. V, Kap. I, Tit. 11 (neu) mit Erläuterungen; Reichshaushaltsplan fur 1932, Anl. V, Kap. E 18, Ti!. 1; vgl. im übrigen Küster (0. Fn. 447), S. 152 ff. Zur Stellung der Rechtslehre zu ungeschriebenen Zuständigkeiten des Bundes, insbesondere aus der "Natur der Sache" vgl. oben den Beginn von B.n.2.b) bb)(2); zur dann folgenden zentralistischen Überhöhung in der Zeit des Nationalsozialismus vgl. unten D.I.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Während im Reich nach 1871 die Förderung aus Bundesmitteln als Reichsaufgabe verstanden wurde, soweit es um die internationale Repräsentation deutscher Kultur ging und soweit die Durchführung über die Grenzen und Mittel eines einzelnen Staates hinausgingen, war es zur Zeit der Weimarer Republik neben der "Pflege des Reichsgedankens" vor allem also die Erhaltung der nationalen wie kulturellen Einheit, welche als Begründungsmuster für Kunst- und Kulturpflege durch das Reich angeführt wurden. Ausgehend von der Interpretation der Art. 142 S. 2 und Art. 150 Abs. 1 WRV als Förderauftrag an das Reich wurden aber auch (vor allem) solche Betätigungen auf kulturellem Felde ins Auge gefaßt, welche über die Grenzen der Einzelstaaten hinausgreifend sich entweder in ihrer räumlichen Ausdehnung auf das gesamte Reichsgebiet erstreckten oder aber auf Grund ihres vorbildlichen Charakters für das gesamte Reich von Bedeutung gewesen waren. Ohne Beachtung der Möglichkeit einer gliedstaatlichen Kooperation wurden bereits Überregionalität oder auch Überforderung einzel staatlicher Finanzkraft als Begründung für das Engagement des Bundes für ausreichend angesehen 455 . Diese örtlich und zeitlich vergleichenden Betrachtungen verlassend ergibt ein Blick auf die gegenwärtige Lage unter dem Grundgesetz in bezug auf eine ungeschriebene Zuständigkeit des Bundes kraft "Natur der Sache" auf dem Felde gesamtstaatlicher Kulturpflege ein vielfach auch als "Grauzone" bezeichnetes, diffuses Bild, da ganz besonders der Umfang einer solchen Kompetenz heftig umstritten ist. Zunächst von einem chronologischen Ordnungsmuster ausgehend stellt sich die Lage folgendermaßen dar: Im Vorfeld der ersten "großen" Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit Auswirkung auf die Frage von ungeschriebenen Zuständigkeiten des Bundes im kulturellen Bereich, dem sog. "F ernsehurtei I" aus dem Jahre 1961, formierte sich von seiten des Bundes bezüglich der Fortführung der Reichsaktivitäten im Kulturbereich als Begründungsmuster vor allem der Gesichtspunkt "nationaler Repräsentation,,456. Dabei wurde durchaus zunächst auch noch an der Unterscheidung von den Gliedstaaten vorbehalten er Kulturpflege auf regionaler Ebene und der überregional ausgerichteten Kulturförderung durch den Bund festgehalten 457 • In diesem Zusammenhang muß auch die Ansicht von Peters Erwähnung finden, der zwischen "obrigkeitlicher" Staatstätigkeit und Verwaltung mit nichthoheitlichen Mitteln trennend, zu einer lediglich durch das Subsidiaritätsprinzip beschränkten, grundsätzlichen Zulässigkeit kulturell ausgerichteter Fördermaßnahmen des 455
Küster (0. Fn. 447), S. 304 f. mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Errichtung der Stiftung "Preußischer Kulturbesitz", BT-Drucks. II/1670; BVerfGE 10,20 (41) "gesamtdeutschen, national-repräsentativen Charakter" des ehemaligen preußischen Kulturbesitzes; Köttgen, Die Kulturpftege und der Bund, in: Staats- und Verwaltungswissenschaftliche Beiträge, S. 183 (191 f.). m Vgl. Bundeshaushaltsplan für 1950, Einzelplan 06 (BMI), Kap. 2, Tit. 25 mit Erläuterungen. 45n
H. Ausgestaltung der Förderung
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Bundes gelangt. Dabei sieht er auch die Möglichkeit für den Bund, ein Philharmonisches Orchester oder ein Theater zu unterhalten458 . All diesen Begründungsversuchen erteilte das Bundesverfassungsgericht jedoch in seiner Entscheidung über die Errichtung der "Deutschland-FemsehGmbH" eine klare Absage. Sowohl der Ansatz einer nationalen Repräsentation nach innen, i.e. die Selbstdarstellung der Nation vor der Bevölkerung, als auch das zusätzlich vorgebrachte Argument der Notwendigkeit zur Pflege "kontinuitätsbewahrender Tradition" konnten das Gericht nicht überzeugen. Ursächlich dafür wird wohl auch die Unbestimmtheit der generalklauselartigen Formulierungen gewesen sein, denn nach Auffassung des Gerichts könne letztlich das gesamte Erziehungs- und Bildungswesen als Pflege "kontinuitätsbewahrender Tradition" verstanden werden 459 • Ebenso konnte die Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nichthoheitlicher Verwaltung bei der Kulturförderung unter Kompetenzgesichtspunkten keine Wirkung entfalten, da auch die gesetzesfreie Kulturverwaltung in Anbetracht des Wortlauts von Art. 30 GG als "Erfüllung staatlicher Aufgaben" bzw. "Erfüllung öffentlicher Aufgaben"460 anzusehen sei und damit der grundgesetzlichen Kompetenzordnung unterfalle. Das Bundesverfassungsgericht steht damit der Vorstellung von kompetenzfreien Räumen ablehnend gegenüber46I . Auch führt das Bundesverfassungsgericht zur Frage, welche Kompetenz für die Bestimmung der Aufgabenwahrnehmung maßgeblich ist, im Grundsatz zutreffend aus, daß nach der Systematik des Grundgesetzes die Gesetzgebungskompetenz des Bundes die aüßerste Grenze für seine Verwaltungsbefugnisse bezeichnen müsse462 • Über den Konnexitätsgrundsatz des Art. \04a GG sind dabei auch die Finanzierungskompetenzen im Regelfall wiederum an den Umfang der Verwaltungskompetenzen gebunden 463 . 4" Peters, Die Stellung des Bundes in der Kulturverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz, in: FS für Kaufmann, S. 281 (292 ff.), wobei er noch anfügt: " ... und dafür den Spielplan zu bestimmen". Diese letzte Einlassung deckt sich so allerdings nicht mit der Bedeutung des Art. 5 Abs. 3 GG bei der öffentlichen Theaterforderung, vgl. oben B.II.I. 459 BVerfGE 12, 205 (252 f.); mit Recht weist überdies Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtstaatlichen Kunst- und Kulturpflege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 328 darauf hin, daß die Selbstdarstellung der Nation vor der eigenen Bevölkerung in einem Bundesstaat sich als Materie darstelle, welche sich " ... nicht ausschließlich einer staatlichen Ebene zuordnen läßt". 400 BVerfGE 12,205 (244). 40[ 462
40.
Vgl. Köstlin, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 27 ff.; vgl. ansonsten oben B.II.2.b). BVerfGE 12, 205 (229); kritisch aber bereits Lerche, in: Maunz / Dürig, Art. 83 Rn. 30,
40) Vgl. dazu von Arnim, Finanzzuständigkeit, in: HdbStR IV (1990), S. 987 (993). In praxi wird indes bei der gesetzesfreien Verwaltung in entgegengesetzter Richtung gedacht und geschlossen. Denn es sind eher die realen Finanzierungsmaßnahmen des Bundes, welche ungeschriebene Verwaltungszuständigkeiten begründen, und diese ihrerseits setzen ungeschriebene Gesetzgebungszuständigkeiten voraus. Statt als Grenze flir die Verwaltungs-
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Für eine Gesetzgebungskompetenz aus der "Natur der Sache" stellt das Bundesverfassungsgericht in Anlehnung an Anschütz die bereits dargestellten engen Kriterien auf, wonach es sich dabei um Sachgebiete handeln müsse, die, " ... weil sie ihrer Natur nach eigenste, der partikularen Gesetzgebungszuständigkeit apriori entrückte Angelegenheiten des Reichs darstellen, vom Reiche und nur von ihm geregelt werden können". Schlußfolgerungen aus der "Natur der Sache" müßten begriffsnotwendig sein und " ... eine bestimmte Lösung unter Ausschluß anderer Möglichkeiten sachgerechter Lösung zwingend fordern"464. Es führt weiter aus, der Umstand, daß eine Aufgabe die Finanzkraft eines Landes übersteige, sei kein ausreichender Grund für die Annahme einer Bundeskompetenz, ebensowenig wie der Umstand, daß eine Koordination der Aufgabenerfüllung zwischen den Ländern erforderlich sei, solange die Länder diese koordinierte oder gemeinsame Aufgabenerfüllung vornähmen; bloße Überregionalität reiche mithin für die Annahme einer Bundeszuständigkeit kraft "Natur der Sache" nicht aus 465 . Diese soeben geschilderten strengen Anforderungen an eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes kraft "Natur der Sache" im kulturellen Bereich erfuhren offenbar unter dem Eindruck des Gutachtens der Kommission für die Finanzreform im sog. Jugendhilfeurteil des Bundesverfassungsgerichts jedoch eine nicht zu übersehende Relativierung. Die Anforderungen an eine Bundeskompetenz kraft "Natur der Sache" wurden spürbar gesenkt. Für die hier erfolgte Annahme einer Verwaltungskompetenz des Bundes unter dem Gesichtspunkt der "Natur der Sache" sollte es (nunmehr) genügen, daß die Aufgabe "eindeutig überregionalen Charakter" habe. Es müsse sich um Bestrebungen handeln, " ... die ihrer Art nach nicht durch ein Land allein wirksam gefördert werden können"466. In diesem Zusammenhang nennt das Gericht drei Beispiele: Dies sind zum einen "zentrale Einrichtungen, deren Wirkungsbereich sich auf das Bundesgebiet als Ganzes erstreckt", dann "gesamtdeutsche Aufgaben" und schließlich kompetenzen zu wirken, werden die Gesetzgebungskompetenzen selber über die Verwaltungskompetenzen erweitert, vgl. dazu Brockmeyer, Ungeschriebene Finanzierungszuständigkeiten des Bundes, in: FS für Klein, S. 633 (639 f.); daran anknüpfend gelangt Müller-Vo/hehr zu dem Schluß, daß die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht die Begrenzung der ungeschriebenen Verwaltungskompetenzen des Bundes darstellen könne, da ansonsten durch die Konstruktion weiterer ungeschriebener Gesetzgebungskompetenzen des Bundes die Eigenständigkeit der Länder noch weiter beeinträchtigt würde, so Müller-Vo/hehr, Fonds- und Investitionshilfekompetenz des Bundes, S. 109 f.; so auch von Arnim, ebd., S. 987 (1013); ähnlich, vor allem mit Bezug auf stillschweigende Finanzierungszuständigkeiten vor Einfügung des Art. 104a GG im Mai 1969 auch Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 585 mit Hinweis auf BVerfGE 22, 180 ff.; Kölhle, Zur Lehre von den - stillschweigend - zugelassenen Verwaltungszuständigkeiten des Bundes, OÖV 1963, S. 660 (671 f.). 464 BVerfGE 12,205 (251). 465 BVerfGE 12, 205 (251 f.). 4hh BVerfGE 22, 180 (217).
11. Ausgestaltung der Förderung
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"internationale Aufgaben"467. Allerdings müsse die Bundesregierung ferner " ... bei der Ausübung ihrer Förderkompetenz den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens beachten"468. In späteren Entscheidungen legte das Bundesverfassungsgericht allerdings Wert auf die Feststellung, daß bloße Zweckmäßigkeitserwägungen eine (Gesetzgebungs-)Kompetenz des Bundes aus der "Natur der Sache" nicht zu begründen vermöchten469 . Mit Blick auf die Staatspraxis hat sich in der Frage nach dem Umfang einer natürlichen Bundeskompetenz auf dem Feld gesamtstaatlicher Kulturpflege noch ein weiterer Anhaltspunkt in den Verlautbarungen der Kommission für die Finanzreform 1969 ergeben, die Vorschläge zu einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern erarbeiten sollte, welche die genauere Abgrenzung der ungeschriebenen Finanzierungszuständigkeiten des Bundes einvernehmlich klarstellen sollte 470 • Dem schließlich von der Bundesregierung in der Begründung zum Finanzreformgesetz aufgenommenen Entwurf zufolge sollte dem Bund kraft "Natur der Sache" oder kraft "Sachzusammenhangs" eine ungeschriebene Verwaltungskompetenz in sieben, nach allgemeinen Kriterien umschriebenen Aufgabengruppen zustehen471 : Gesamtstaatliche Repräsentation, i.e. die Wahrnehmung der Befugnisse und Verpflichtungen, die im bundesstaatlichen Gesamtverband ihrem Wesen nach dem Bund eigentümlich sind; nationale Repräsentation, i.e. die Förderung geschichtlich, wissenschaftlich oder künstlerisch bedeutsamer Einrichtungen und Veranstaltungen, in denen die Leistungen, die Tradition oder das Ansehen des deutschen Volkes als einer Kulturnation sinnfällig zum Ausdruck kommen; internationale Repräsentation, i.e. die Pflege der Beziehungen zum Ausland, zu ausländischen Organisationen und Einrichtungen; gesamtdeutsche Aufgaben, i.e. die Förderung der Wiedervereinigung und die Sorge für die Deutschen aus den nicht zum Geltungsbereich des Grundgesetzes gehörenden Gebieten; 467
BVerfGE 22, 180 (217).
BVerfGE 22, 180 (217 f.); im Anschluß an das Urteil des BVerfG zum Jugendwohlfahrtsgesetz wurde unter Wahrnehmung der Bundesverwaltungskompetenz für "gesamtdeutsehe Aufgaben" auch die fruhere Zonenrandförderung des Bundes durchgeführt. Dabei wurde modellhaft das für ungeschriebene Verwaltungszuständigkeiten des Bundes nicht untypische Zusammentreffen mit Länderzuständigkeiten deutlich, denn die Verantwortung der Länder für diese Regionen blieb selbstverständlich erhalten, vgl. Brockmeyer (0. Fn. 463), S. 633 (640), der unter Verweis auf das Troeger-Gutachten und BVerwGE 81, 312 weiter anmerkt, daß ungeschriebene Verwaltungs- und damit Finanzierungszuständigkeiten des Bundes für bestimmte kulturelle Förderungsmaßnahmen kaum als alleinige, ausschließliche Bundeskompetenzen denkbar seien. 469 BVerfGE 26, 246 (257); 41, 291 (292,312). 468
470 Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform der Bundesrepublik Deutschland (sog. Troeger-Gutachten), 1966, Tz. 85. 471 BT-Drucks. 5/2861, S. 23 ff.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
zentrale Organisationen, i.e. die Förderung zentraler Einrichtungen und Veranstaltungen nichtstaatlicher Organisationen, deren Wirkungsbereich sich auf das Bundesgebiet als Ganzes erstreckt. Zur weiteren Konkretisierung sollten in einer Anlage die zulässigen Fördermaßnahmen im einzelnen festgelegt werden, wobei in künftigen ZweifelsHilIen ein von Bund und Ländern gemeinsam gebildeter, paritätischer Ausschuß gutachterlieh Stellung nehmen sollte472 • Der Entwurf dieses sog. Flurbereinigungsabkommens wurde schließlich nochmals von einer Verhandlungskommission des Bundes und der Länder überarbeitet, wobei im wesentlichen neben einigen Ergänzungen vor allem durch Streichung der Aufgabengruppe "nationale Repräsentation" der Siebenerkatalog zu einem Katalog mit sechs Aufgabengruppen reduziert wurde. Der von einer gemischten Verhandlungkommission im Jahre 1971 überarbeitete Entwurf eines Flurbereinigungsabkommens sah zudem - den Punkt "zentrale Organisationen" betreffend - eine Modifikation in der Gestalt vor, daß die "Förderung zentraler Einrichtungen und Veranstaltungen nichtstaatlicher Organisationen, die fiir das Bundesgebiet als Ganzes von Bedeutung sind und deren Bestrebungen ihrer Art nach nicht durch ein Land wirksam gefördert werden können" auf den Bereich der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes beschränkt wurde, § 1 Abs. 1 Nr. 6 des Entwurfs. Unberührt blieb jedoch der Punkt der "gesamtstaatlichen Repräsentation", der allerdings auch nicht näher konkretisiert wurde, wie zudem die Befugnis des Bundes zur Finanzierung von Maßnahmen, welche zur sachgemäßen Erfullung der Aufgaben von Bundesbehörden notwendig sind (ressortzugehörige Funktionen), im dann vorgestellten Entwurf Bestätigung finden konnte (§ 1 Abs. 1 Nr. I und Abs. 2 des Entwurfs von 1971)473. Das Flurbereinigungsabkommen blieb gleichwohl bisher lediglich ein Entwurf, denn, auch wenn der überarbeitete Entwurf zu einem sog. Flurbereinigungsabkommen zwar die Zustimmung der Bundesregierung erhielt, konnte er doch den Konsens der Länder letztendlich bisher nicht finden. Allerdings spielt er in der Praxis als Orientierungshilfe eine gewisse Rolle, da zumindest der Bund ihn als interne Richtschnur zur Abgrenzung seiner stillschweigenden För472 Vgl. Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtstaatlichen Kunst- und Kulturpflege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 334. 47) Der Wortlaut ist wiedergegeben bei Frey, Die Finanzverfassung des Grundgesetzes, in: Bundesminister der Finanzen (Hrsg.), Die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, 1982, S. 13 (75 ff.); als sog. "ressortzugehörige Funktionen" gelten Modell- und Demonstrationsvorhaben in den verschiedensten Bereichen, welche vom Bund unter Berufung auf diese Kompetenz finanziert werden. So ist in der Tat anzuerkennen, daß der Bund zur Wahrnehmung z.B. seiner Gesetzgebungsaufgaben vorbereitende oder kontrollierende Forschung betreiben und Erprobungen an Modellen durchführen kann. Dies darf al1erdings nicht dazu führen, daß die Finanzierung von solchen Model1- und Demonstrationsvorhaben zum Vorwand für den Einstieg in die eigentliche Aufgabenfinanzierung wird, vgl. auch Brockmeyer (0. Fn. 463), S. 633 (650).
H. Ausgestaltung der Förderung
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derkompetenzen heranzieht474 • So bezieht sich der Bund für Fördermaßnahmen im kulturellen Bereich auf den Punkt "gesamtstaatliche Repräsentation", für die einstmalige Zonenrandförderung auf den Punkt der "innerdeutschen Beziehungen" - so die Bezeichnung im überarbeiteten Entwurf -, und mit Bezug auf den Punkt "Förderung zentraler Einrichtungen" erfolgen die meisten Sportförderungsmaßnahmen des Bundes, wie z.B. die Unterstützung der Bundesleistungszentren und der Jugendverbände im Rahmen des Bundesjugendplans47S • Nach der vom Bundesverfassungsgericht in enger Anlehnung an Anschütz verwendeten Formel zur Umschreibung einer Bundeszuständigkeit kraft "Natur der Sache", wonach eine solche " ... begriffsnotwendig sein und eine bestimmte Lösung unter Ausschluß anderer Möglichkeiten sachgerechter Lösung zwingend fordern" müsse476 , ist eine solche schließlich wohl nur als ausschließliche Zuständigkeit denkbar477 • Gleichwohl wird aber in der Literatur im Zusammenhang mit ungeschriebenen Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeiten des Bundes auch ein Zusammentreffen mit weiter bestehenden Länderzuständigkeiten für eigene Aufgaben für möglich und notwendig gehalten 478 • Damit besteht zunächst ein sehr weiter Rahmen an möglichen Begründungsmustern und Ausübungsformen einer ungeschriebenen Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeit des Bundes kraft "Natur der Sache". Für den Bereich kultureller Fördermaßnahmen bedeutsam dürfte insbesondere die Frage einer natürlichen Bundeszuständigkeit unter dem Gesichtspunkt der "gesamtstaatlichen Repräsentation" sein. Zuvor sollen aber die übrigen Argumentationsmuster und Anwendungstopoi einer genaueren Überprüfung im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz unterzogen werden. Dabei kann auch von Belang sein, daß das Bundesverfassungsgericht bei der Auslegung von generalklauselartigen Rechtsbegriffen (vor allem im Bereich der Finanzverfassung) vom "Dogma" eines allein-richtigen Auslegungsergebnisses zugunsten einer Rahmenvorstellung Abstriche macht, die der Praxis im Rahmen des - mit Blick auf Sinn und Gehalt der grundgesetzlichen Regeln - Vertretbaren einen gewissen Spielraum beläßt479 . 474
Vgl. von Arnim
47~ 476
So bei Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 104a Rn. 17. Vgl. bereits in BVerfDE 11, 89 (98 f.).
477
So Köstlin, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 50.
(0.
Fn. 463), S. 987 (1015); Küster
(0.
Fn. 472), S. 335.
m Maunz (0. Fn. 475), Art. 104a Rn. 18 stellt in diesem Zusammenhang vielfältige Formen von Mischverwaltung und -finanzierung fest, welche unabhängig von den in Art. 91 a und Art. 104a Abs.4 GG getroffenen Regelungen bestünden; ebenso Brockmeyer (0. Fn. 463), S. 633 (640), der neben der vormaligen Zonenrandförderung des Bundes und fortbestehender Verantwortung der entsprechenden Länder auch kulturelle Fördermaßnahmen des Bundes unter Hinweis auf BVerwGE 81, 312 als Objekte der Mischfinanzierung bei Zusammentreffen von Bundes- und Länderzuständigkeiten aufführt. 479 BVerfDE 39, 96 (114 f.); 72, 330 (390, 399 f.); vgl. ansonsten von Arnim (0. Fn. 463), S. 987 (1015).
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Auf der Suche nach dem korrekten Rahmen bei der Verfassungsauslegung in dieser Frage stößt man ferner auf die Notwendigkeit einer Abgrenzung von Verfassungsinterpretation, unter welche grosso modo auch noch die Kategorie des "stillen Verfassungswandels"480 zu zählen ist, und einer Verfassungsänderung mit ihren in Art. 79 GG zum Ausdruck gebrachten zwingenden materiellen und formellen Erfordernissen. Dies ist bei den folgenden Auslegungsfragen im Auge zu behalten.
(a) Kompetenzbegründung Als wesentliche Begründungsmuster im Zusammenhang mit einer ungeschriebenen Bundeszuständigkeit aus der "Natur der Sache" auf kulturellem Gebiet sollen zunächst "Überregionalität" und die dazugehörigen Derivate, dann "nationale Repräsentation" und schließlich "gesamtstaatliche Repräsentation" einer näheren Betrachtung zugeführt werden. (aa) Überregionalität Die weitesten Voraussetzungen für eine ungeschriebene kulturelle Kompetenz des Bundes aus der "Natur der Sache" ergeben sich mit der Forderung nach Überregionalität bzw. "eindeutiger Überregionalität" einer zu fördernden Bestrebung. Dieses Kriterium in Verbindung mit dem Umstand, daß eine solche Bestrebung ihrer Art nach nicht wirksam durch ein Land allein gefördert werden könne, stammt bekanntlich aus der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung zum Jugendwohlfahrtsgesetz 1967, in der das Gericht zudem ausdrücklich drei Beispielsfälle anführte: zentrale Einrichtungen, deren Wirkungskreis sich auf das Bundesgebiet als Ganzes erstreckt, gesamtdeutsche Aufgaben und internationale Aufgaben481 . Dem Kriterium der "eindeutigen Überregional ität" muß allerdings eine große Unschärfe und Uneindeutigkeit attestiert werden, welche es nicht gerade wahrscheinlich macht, daß mit ihm dem befürchteten und möglichen Einbruch des Bundes in Länderkompetenzen echte Schranken 4XO V gl. zum Verfassungswandel Maunz, in: Maunz / Dürig, Art. 79 Abs. 2 Rn. 19; Hesse, Grenzen der Verfassungswandlung, in: FS für Scheuner, S. 123 ff.; Badura, Verfassungsänderung, Verfassungswandel, Verfassungsgewohnheitsrecht, in: HdbStR VII (1992), S. 57 (63 ff.); Böckenjorde, Anmerkungen zum Begriff Verfassungswandel, in: FS für Lerche, S. 3 ff.; angesprochen auch bei Oppermann, Karlsruhe: der Bundes-Kultusminister?, in: Die Zeit vom 4.2.1977, S. 31. 4RI BVerfGE 22, 180 (217), wobei sich die Förderzuständigkeit des Bundes keinesfalls auf die Förderung regionaler und örtlicher Bestrebungen erstrecken dürfe; daran anknüpfend Maihofer, Kulturelle Aufgaben des modemen Staates, in: HdbVR, S. 1201 (1232), mit dem Vorschlag, daß in die Befugnis des Bundes schon der Bereich kultureller Aufgaben fallen solle, der umschrieben werden könne mit " ... gesamtstaatlichen Aufgaben, die eindeutig überregional und zugleich national repräsentativ nach Innen sind ftir den Gesamtverband unserer Bundesrepublik Deutschland".
11. Ausgestaltung der Förderung
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gesetzt werden können482 . Insofern muß nach einer genaueren Abgrenzung für eine natürliche Bundeszuständigkeit noch weiter gesucht werden. Auch der von Peters eingebrachte Vorschlag einer Zulässigkeit von Kulturförderung durch den Bund mit nichthoheitlichen Mitteln, welche lediglich durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte - bzw. durch das dem Kriterium der Überregionalität verwandte Subsidiaritätsprinzip - zu begrenzen sei 483 , kann schwerlich als allein taugliches Mittel zur Bestimmung eventueller Bundeskompetenzen oder zum Schutze von Länderkompetenzen im Kulturbereich angesehen werden 484 • Eine solche generelle, subsidiäre Förderkompetenz des Bundes würde überdies - wie bereits ausgeführt - dem Wortlaut des Art. 30 GG widersprechen, wonach die grundgesetzliche Zuständigkeitsabgrenzung sich insgesamt auf die "Erfüllung staatlicher Aufgaben" bezieht und nicht lediglich die gesetzesausführende und hoheitliche Verwaltung erfaßt485 • Die schwer begrenzbare Weite möglicher Fördermaßnahmen wäre eine ernstzunehmende Bedrohung für die - zumindest im Schwerpunkt kompetenziell gegebene - Kulturhoheit der Länder. Ansonsten muß allgemein zur Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips in diesem Zusammenhang angemerkt werden, daß angesichts der ausdrücklichen Kompetenzverteilung in den Art. 30, 70, 83, 104a GG die Verfassung darüber hinaus keine abweichende, eigenständige Bedeutung für die jeweilige Kompetenzbegründung im bundesstaatlichen Geftige entfalten kann; zu beachten ist dabei insbesondere Art. 79 GG, der die Grenzziehung zwischen Verfassungsauslegung und ausdrücklicher Verfassungsänderung betont. Wohl ist jedoch grundsätzlich denkbar, daß dem Subsidiaritätsprinzip, seiner grundlegenden Bedeutung als regulativem Prinzip entsprechend, im Rahmen der Ausübung von bereits bestehenden Kompetenzen eine gewisse Rolle zugeschrieben werden kann486 • Im übrigen gilt dies auch tur den Grundsatz der Bundestreue487 .. , Vgl. von Arnirn, Finanzzuständigkeit, in: HdbStR IV (1990), S. 987 (10I3); Bullinger, Ungeschriebene Kompetenzen im Bundesstaat, AöR 96 (1971), S. 237 (281); Achterherg, Zulässigkeit und Schranken stillschweigender Bundeszuständigkeiten im gegenwärtigen deutschen Verfassungsrecht, AöR 86 (1961), S. 63 (88 ff.); zu Recht weist Küster (0. Fn. 472), S. 319 darauf hin, daß das Bundesverfassungsgericht im sog. Jugendwohlfahrts-UrteiI die Möglichkeit einer Länderkooperation als Alternative zur Erledigung durch den Bund und etwaige Kriterien für eine wirksamere Aufgabenerfüllung durch den Bund habe vermissen lassen. 4Xl Peters, Die Stellung des Bundes in der Kulturverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz, in: FS für Kaufmann, S. 281 (292 ff., 293, 295).
4X4 Vgl. nur Küster (0. Fn. 472), S. 323 f.; Köstlin, Kulturhoheit des Bundes, S. 44 ff.; Geis, Die Kulturhoheit der Länder, DÖV 1992, S. 522 (528). 4Xl BVerfGE 12, 205 (246), derzufolge dies auch angesichts des wachsenden Umfangs der nicht eingreifenden sog. LeistungsverwaItung dem Sinn und der Entstehungsgeschichte des Art. 30 GG nicht gerecht werden würde. 4"6 Vgl. auch die drei Wirkstufen des Subsidiaritätsprinzips in Rohert von Mohls Staatslehre: I. Rechtfertigung der staatlichen Existenz, 2. Zuweisung der staatlichen Kompetenz,
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
und das Verhältnismäßigkeitsprinzip488. Beide können zur Begründung einer natürlichen Bundeskompetenz nicht herangezogen werden. So muß vorerst festgehalten werden, daß das aus dem Jugendwohlfahrtsurteil stammende Kriterium der "eindeutigen Überregionalität" ob seiner - im wesentlichen dem Subsidiaritätprinzip verwandten - Weite keinen tauglichen Maßstab für die Abgrenzung einer Bundeszuständigkeit kraft "Natur der Sache" abgeben kann. Die vom Bundesverfassungsgericht im Jugendwohlfahrts-Urteil weiter aufgeführten Beispielsfälle für eine natürliche Bundeskompetenz besitzen in der Staatspraxis auf kulturellem Gebiet erhebliche Bedeutung, wie die Bundeszuschüsse für länderübergreifende Künstlerverbände und zentrale Museen etwa belegen können489 • Im übrigen sind diese zum Teil identisch mit den im Entwurf zum sog. Flurbereinigungsabkommen aufgeführten Fällen einer ungeschriebenen Bundeskompetenz. Aber auch die besagten Fallgruppen sind abgeleitet nach den zugrundegelegten, gerade besprochenen sehr weiten Voraussetzungen für das Vorliegen einer ungeschriebenen Bundeskompetenz kraft "Natur der Sache". 3. Regulierung der staatlichen Kompetenzausübung, zu finden bei Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 58 ff.; vgl. ansonsten Rauscher / Hollerbach, Subsidiarität, in: Staatslexikon, Bd. V, Sp. 386 (389). 4M7 Die Bundestreue oder der Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens ist ein ungeschriebener Verfassungsgrundsatz und trägt akzessorischen Charakter, d.h. er konstituiert oder begrenzt Rechte und Pflichten innerhalb eines bestehenden Rechtsverhältnisses zwischen Bund und Ländern. Die wechselseitigen rechtlichen Beziehungen, innerhalb deren die Treue zu wahren ist, müssen bestehen oder durch Verhandlungen begründet werden, vgl. dazu BVerfGE 12,205 (254); 13,54 (Leitsatz 3); 21, 312 (326); 42,103 (\17); Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 699 (701 f.); Isensee, Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: HdbStR IV (\990), S. 517 (599, 604); Bethge, Die Grundrechtssicherung im föderativen Bereich, AöR 110 (\985), S. 169 (192). m Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bzw. das Übermaßverbot im ersten Überblick bei Stern (0. Fn. 487), S. 861 ff. - Obschon Hirschberg (Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 35 ff.) kaum einen Rechtsfall, auch auf der Ebene des Verfasssungsrechts und sogar der des Art. 79 Abs. 3 GG, für davor gefeit hält, anhand des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beurteilt zu werden, und Stettner (Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 397 ff.) eine Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch auf dem Felde von Kompetenzabgrenzungen im föderalistischen Spannungsfe\d zwischen Bund und Ländern befürwortet, herrscht mittlerweile eigentlich Einigkeit darüber, daß der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im kompetenzrechtlichen Bund-Länder-Verhältnis wohl nicht zur Anwendung gelangen kann; vgl. BVerfGE 81, 310 (Leitsatz 5); Stern, Zur Entstehung und Ableitung des Ubermaßverbots, in: FS für Lerche, S. 365 (375); Ossenbühl, Maßhalten mit dem Übermaßverbot, in: FS für Lerche, S. 151 (162), der den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als "Gleich- und Weichmacher der Verfassungsmaßstäbe" bezeichnet; eine Verbindung von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeitsprinzip besteht in Art. 3b EGV, wonach die Gemeinschaft im Bereich der konkurrierenden bzw. Residualzuständigkeit bei der Auswahl ihrer Maßnahmen auf das erforderliche Maß begrenzt wird. Allerdings ist auch hier der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht wesentlich für die Begründung der betreffenden Gemeinschaftszuständigkeit, vgl. hierzu Bleckmann, Die Rechtsquellen des Europäischen Gemeinschaftsrechts, NVwZ 1993, S. 824 (826). 4R9 SO bei Köstlin (0. Fn. 484), S. 51 f.; vgl. im übrigen unten B.1I.2.b) bb).
11. Ausgestaltung der Förderung
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So ergeben sich mitunter erhebliche kompetenzrechtliche Friktionen. Für eine Bundeszuständigkeit bei der Förderung von zentralen Organisationen spricht zwar das Fehlen eines eindeutigen Anknüpfungspunktes zu einem Bundesland und die praktische Schwierigkeit, die Länder zu Zuschüssen zu bewegen, wenn diese nicht in jedem Fall den Landeskindern unmittelbar zugutekommen. Äußerst problematisch ist hingegen die Anknüpfung einer Kompetenz an die Organisationsform und nicht - wie sonst nach dem Grundgesetz üblich - an eine bestimmte Sachmaterie. So ließe sich mit einer von der jeweiligen Sachmaterie unabhängigen übergreifenden Bundeszuständigkeit für zentrale Organisationen die Aufgabenverteilung des Grundgesetzes durch organisatorische Maßnahmen unterlaufen, und die Kompetenzordnung vermöchte nicht weiter die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern zu gewährleisten. Eine materienübergreifende Bundeszuständigkeit ist darum verfassungswidrig 490 • Die Topoi "gesamtdeutsche Aufgaben" und "internationale Aufgaben" reflektieren zwar eine dem Bund im einzelnen jeweils zustehende Kompetenz, als Abgrenzungskriterien zwischen Bundes- und Länderzuständigkeiten können sie jedoch zu keiner klaren Grenzziehung beitragen, da Zuständigkeiten auf diesen Gebieten keineswegs dem Bund alleine oder ausschließlich zustehen. Zu Zeiten der einstmaligen DDR ließ sich eine Bundeszuständigkeit für die (völkerrechtlichen) Beziehungen zur DDR nach Art. 32 Abs. 1 GG analog begTÜnden491 • Allerdings waren auch damals die Beziehungen zu Bezirken und Gemeinden der DDR keine ausschließliche Domäne des Bundes gewesen, denn auch Länder und Gemeinden konnten gestützt auf ihre jeweilige Sachkompetenz ebenfalls Maßnahmen mit dann gesamtdeutscher Wirkung in Angriff nehmen492 • Ob für die Beseitigung der Folgen der Teilung Deutschlands dem Bund gleichwohl doch eine natürliche Zuständigkeit zukommt, soll zu einem späteren Zeitpunkt noch geklärt werden. Auch internationale Aufgaben werden nicht exklusiv im Zuständigkeitsbereich des Bundes zu verorten sein, denn die Zuständigkeit für internationale Fragen folgt als "Annex" der Sachkompetenz493 • So sieht bereits Art. 32 Abs. 3 GG vor, daß auch die Länder mit auswärtigen Staaten Verträge schließen bzw. im Rahmen ihrer Sachkompetenzen mit dem Ausland getrennte Regelungen treffen können494 • Mithin kann festgehalten werden, daß auch die im Jugend490 Vgl. Müller-Volbehr, Fonds- und Investitionshilfekompetenz des Bundes, S. 119; Köst!in (0. Fn. 484), S. 52 f.; Niebier, Der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland, ThürVBI. 1992, S. 104 (105). 491 BVerfGE 36, I (22 ff.); Rojahn, in: von Münch / Kunig, Art. 32 Rn. 11. 492 So Köstlin (0. Fn. 484), S. 54 f. m.w.N. 493
Rojahn (0. Fn. 491), Art. 32 Rn. 35 ff.; Köstlin (0. Fn. 484), S. 54.
Vgl. Köstlin (0. Fn. 484), S. 53, der unter Bezug auf Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 694 f., und Rojahn (0. Fn. 491), Art. 32 Rn. 36 darauf hinweist, daß es mittlerweile allgemeine Ansicht sei, daß sich die Länder in diesem Zusammenhang entgegen dem Wortlaut des Art. 32 494
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
wohlfahrtsurteil aufgeführten Fallgruppen einer Bundeszuständigkeit kraft "Natur der Sache" zu weit ge faßt sind, da sie teilweise verfassungswidrig anknüpfen oder nicht in der Lage sind, eine natürliche Bundeskompetenz hinreichend spezifisch zu umschreiben. Auf diese Weise ist es deshalb nicht möglich, eine Bundeszuständigkeit aus der "Natur der Sache" wie notwendig als eine ausschließliche Kompetenz des Bundes zu formieren 49s, welche dann in der Tat eigenständigen Länderzuständigkeiten gegebenenfalls zur Seite treten könnte. So soll im Grundsatz mit dem Instrument ungeschriebener Bundeszuständigkeiten kraft "Natur der Sache" auch keine Vermischung von Bundes- und Landeszuständigkeiten in ein und derselben Regelungsmaterie im Sinne einer "Parallelförderkompetenz" oder "Doppelzuständigkeit" stattfinden496 • Eine Ausnahme in diesem Zusammenhang bilden gegenwärtig allerdings die bereits durch die Finanzverfassungsreform des Jahres 1969 ins Grundgesetz eingefügten Art. 91a, 91b und 104a Abs. 4. Auf kulturellem Gebiet bedeutsam sind dabei die sog. Gemeinschaftsaufgaben in Art. 91a und b GG, in denen eine Beteiligung des Bundes an ursprünglich auschließlich den Ländern vorbehaltenen Aufgaben (Art. 91 a GG , Legaldefinition) bzw. ein auf Vereinbarungen gestütztes Zusammenwirken in teilweise den Ländern und dem Bund zugewiesenen Bereichen vorgesehen ist 497 . Die Art. 91 a und 91 b GG enthalten dabei - nach allerdings umstrittener Auffassung - eine Ausnahme von der allgemeinen Lastenverteilungsregel des Art. 104a Abs. 1 GG, wonach Bund und Länder gesondert die Ausgaben tragen, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben498 • In den Art. 91 a, 91 bund I04a Abs. 4 GG erfuhr die bereits vor der Finanzreform bestehende zuschußgewährende Fondsverwaltung des Bundes eine Art rechtlicher Kanalisierung und Legalisierung499 • Zugleich bedeutete dies aber auch eine gewisse Limitierung, zumal der verfassungs ändernde Gesetzgeber seinerzeit die Ausgabekompetenzen des Bundes bewußt begrenzt hatte, indem er entgegen dem Abs. 3 GG nicht nur auf ihre Gesetzgebungs- sondern auch auf ihre Verwaltungskompetenzen berufen können. - Ferner ist es Ländern und Gemeinden nicht verwehrt, Kontakte mit ausländischen juristischen oder natürlichen Personen zu pflegen, die keine Völkerrechtssubjekte sind, vgl. BVerfGE 2, 347 (369, 374 f.); Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 617. 495 So auch Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtstaatlichen Kunst- und Kulturpflege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 321,337 f.; Köstlin (0. Fn. 484), S. 50. 496 BVerfGE 36, 193 (202 f.); 61, 149 (204); vgl. im übrigen zur Mischverwaltung Rone/lenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, passim. 497 Vgl. Blümel, Verwaltungszuständigkeit, in: HdbStR IV (1990), S. 857 (939 ff.); Scheuner, Kooperation und Konflikt, DÖV 1972, S. 585 ff.; Oppermann, Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau. Neue Perspektiven nach zwei Jahrzehnten, in: FS für Dürig, S. 411 ff. 49' So z.B. Blümel (0. Fn. 497), S. 857 (945) m.w.N., der zusätzlich anmerkt, daß auch in den Anwendungsbereichen der Art. 91a und 91b GG Finanzhilfen des Bundes nach Art. 104a Abs. 4 GG grundsätzlich möglich seien. 499 Scheuner (0. Fn. 497), S. 585; Blümel (0. Fn. 497), S. 857 (940).
11. Ausgestaltung der Förderung
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Vorschlag der Troeger-Kommission nicht eine Generalklausel, sondern eine Enumeration in Art. 91a GG zur Bestimmung der Gemeinschaftsaufgaben heranzog und dies damit gerade eben nicht dem Gesetzgeber überlassen hatte 50o • Insofern ergibt sich auch die Notwendigkeit zu zurückhaltendem Vorgehen bei der Annahme weiterer ungeschriebener Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeiten aus der "Natur der Sache"sol. Auch sind Verwaltungs- und Ausgabekompetenzen aus der "Natur der Sache" generell nur in sehr engen Grenzen anzuerkennen, so daß bei der weiteren Prüfung grundsätzlich ein eher "restriktiver Zug" zu beachten istso2 . Eine erweiternde Auslegung würde die Verfassung ohne Änderung des Verfassungstextes zu ändern suchen und deswegen gegen Art. 79 GG verstoßen S03 • Angesichts der ausdrücklichen Normierung der Gemeinschaftsaufgaben in Art. 91 a und 91 b GG bzw. der Einfügung von Art. 104a GG und der damit grundsätzlich verbundenen limitierenden Wirkung fällt es in gleicher Weise zudem schwer, in der vom Bund weiter betriebenen großzügigen Fondswirtschaft einen sog. "stillen Verfassungswandel" zu sehen, weicher durch eine aus sehr langen Zeiträumen hervorgehende Veränderung des Sinnes verfassungsrechtlicher Rechtsinhalte allgemein gekennzeichnet ist so4 . Für den Fall, daß die 500 So bei Oppermann (0. Fn. 497), S. 411 (415); Wieland, Einen und Teilen, DVBI. 1992, S. 1181 (1186). - Die Regierung unter Bundeskanzler Kohl hat in der Zwischenzeit sogar an der realen Aufgabenentfiechtung und Verminderung von Mischfinanzierungen ohne Grundgesetzänderung gearbeitet. So zog sich der Bund neben der Graduiertenförderung und dem Studentenwohnraumbau auch beim Krankenhausbau zurück, wobei er dies durch Übernahme bisheriger Länderfinanzierungen kompensierte. In diesen Kontext gehört auch der Verzicht auf die Bildungsplanung nach Art. 91 b GG; vgl. hierzu Klatt, Interföderale Beziehungen im kooperativen Bundesstaat, VerwArch. 78 (1987), S. 186 (202 f.). 501
Vgl. Scheuner (0. Fn. 497), S. 585 (587); Wieland (0. Fn. 500), S. 1181 (1186).
502 Köstlin, Die Kulturpfiege des Bundes - das Beispiel des "Deutschen Historischen Museums" in Berlin, DVBI. 1986, S. 219 (222), der eine natürliche Zuständigkeit im Kern für eine "Bedürfniskompetenz" hält, an die strengste Maßstäbe angelegt werden müßten; ferner Maunz, in: Maunz / Dürig, Art. 104a Rn. 18 bzw. auch Art. 70 Rn. 48, der Bundeszuständigkeilen ungeschriebener Art als eng auszulegende Ausnahmen versteht; ebenso Goerlich, "Formenrnißbrauch" und Kompetenzverständnis, S. 87 ff., der zum sei ben Ergebnis kommt mit Blick auf die Bestimmtheit der geschriebenen Verfassung im demokratischen Bundesstaat und dessen Gegensatz, das teilweise ungeschriebene Verfassungsrecht im monarchischen Bundesstaat. 501 Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 70 Rn. 48. 504 So ausdrücklich Hesse, Grenzen der Verfassungswandlung, in: FS für Scheuner, S. 123 (124 f.); vgl. ansonsten auch Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 79 Abs. 2 Rn. 20; Oppermann, Nach welchen rechtlichen Grundsätzen sind das öffentliche Schulwesen und die Stellung der an ihm Beteiligten zu ordnen?, Gutachten C für den 51. DlT, C 12. - Kritisch läßt sich ebenfalls anführen, daß unter Umständen zum Kernbereich unentziehbarer Länderaufgaben und -kompetenzen auch die kulturellen Kompetenzen zählen, die darum als "proprium" der Länder durch die sog. "Ewigkeitsklausel" des Art. 79 Abs. 3 GG geschützt werden, wonach es auch dem verfassungsändernden Gesetzgeber untersagt ist, die grundgesetzliche Bundesstaatskonstruktion im Kern abzuändern, so Geis, Die "Kulturhoheit der Länder", DÖV 1992, S. 522 (528); demgegenüber kritisch Maunz, in: Maunz / Dürig, Art. 79 Abs. 3 Rn. 35.
14 Tillner
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Kunstförderung - der Situation in Österreich vergleichbar - vennehrt als sog. "Querschnittsmaterie" verstanden werden sollte, welche sich nicht aufteilen oder exklusiv einer Ebene zuteilen ließe und deshalb als Gemeinschaftsaufgabe das Zusammenwirken der einzelnen Teilverbände erforderte 505 , bliebe der schon einmal beschrittene Weg einer fönnlichen Verfassungsänderung und die Einführung einer Gemeinschaftsaufgabe "Kunstförderung" , etwa als Art. 91 a Abs. I Nr. 4 GG de constitutione ferenda, als eine dann über jeden Zweifel erhabene "saubere Lösung". Möglicherweise ließe sich das Begründungsmuster einer "eindeutigen Überregionalität", welches vom Bundesverfassungsgericht in seinem Jugendwohlfahrts-Urteil für Bestrebungen eingeführt wurde, welche zugleich ihrer Art nach nicht durch ein Land allein wirksam gefördert werden können 506 , dennoch aufrechterhalten mit der Annahme von generell weiteren Grenzen für ungeschriebene Verwaltungszuständigkeiten und dann - über Art. I04a Abs. I GG - auch Finanzierungszuständigkeiten, als dies für stillschweigende Zuständigkeiten des Gesetzgebers aus der "Natur der Sache" der Fall ist507 • Gegen eine solche grundsätzliche Annahme spricht jedoch der Tatbestand, daß der Bund mit finanziellen Zuschüssen an die Länder bei Überschreiten seiner Gesetzgebungszuständigkeiten - aufgrund seiner größeren Finanzkraft möglicherweise auch auf Aufgaben faktisch Einfluß ausübt, die ihm ansonsten rechtlich verschlossen sind508 • Ansonsten hat auch das Bundesverfassungsgericht im Fernsehurteil den Grundsatz fonnuliert, wonach die geschriebene und ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz die äußerste Grenze für entsprechende stillschweigende Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeiten abgibt 509 • 505
Vgl. oben B.l1.2.b) bb)(2).
BVerfGE 22, 180 (217); auffallend ist bei diesem Urteil, daß das BVerfG hier nicht die Möglichkeit einer Länderkooperation, wie sie etwa im Kulturbereich in vergleichbaren Fällen, wie z.B. bei der Forschungsförderung im "Königsteiner Abkommen" bestand, als Alternative in Betracht gezogen hat, vgl. dazu Küster (0. Fn. 495), S. 212, 319 m.w.N. 507 Mit Art. 104a Abs. I GG lassen sich auch im Schrifttum teilweise anzutreffende Ansichten über eine großzügigere Handhabe von stillschweigenden Finanzierungszuständigkeiten, welche sich an der großzügigen Praxis der Reichsfondsverwaltung der Weimarer Republik wohl orientiert haben mögen, nicht weiter aufrechterhalten, so z.B. Kälble, Zur Lehre von den - stillschweigend - zugelassenen Verwaltungszuständigkeiten des Bundes, DÖV 1963, S. 660 (671 f.); im Jahre 1969 auch Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 585 unter Verweis auf BVerfGE 22,180 ff. - Vgl. im übrigen dazu Kästlin (0. Fn. 502), S. 219 (223, Fn. 57). 508 Vgl. Kästlin (0. Fn. 502), S. 219 (223); Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 104a Rn. 18; dagegen merkt Müller-Valbehr, Fonds- und Investitionshilfekompetenz des Bundes, S. 109 f. an, daß im Bereich der gesetzesfreien Verwaltung in Fällen, in denen eine Verwaltungskompetenz notwendig werde, in aller Regel keine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes bestehe. Durch die gleichzeitige Konstruierung einer Gesetzgebungszuständigkeit in solchen Fällen werde aber die Eigenständigkeit der Länder noch weiter beeinträchtigt. 509 BVerfGE 12, 205 (229). 506
II. Ausgestaltung der Förderung
211
Insgesamt muß damit das vom Bundesverfassungsgericht im Jugendwohlfahrtsurteil aufgestellte Kriterium der "eindeutigen Überregionalität" als zu weit und zur Begründung einer Bundeskompetenz kraft "Natur der Sache" ungeeignet angesehen werden, da es mit kompetenziellen Vorgaben des Grundgesetzes in Kollision tritt. Es drängt sich der Eindruck auf, daß das Bundesverfassungsgericht sich in diesem Falle wohl doch vor allem von Zweckmäßigkeitsüberlegungen hat leiten lassenslO . Der überregionale Bezug eines Handeins kann womöglich aber unter ganz besonderen und außergewöhnlichen Umständen mit Blick auf die Wiedervereinigung Deutschlands gleichwohl doch fur eine Zuständigkeit des Bundes Bedeutung erlangen. Auszugehen ist dabei zunächst von den Grenzen des Art. 79 GG, wonach die Auslegung der Verfassung nicht einer stillschweigenden Verfassungsänderung gleichkommen darf. Dabei geben die klassischen Auslegungs-Kanones Wortlaut, Grammatik, System bzw. Entstehungsgeschichte sowie Teleologie im wesentlichen den Auslegungsrahmen VOrli. Dem Kanon der systematischen Auslegung unterfallen ebenso fur die Verfassungsauslegung zusätzlich geforderte Gesichtspunkte, wie die "Einheit der Verfassung", die "praktische Konkordanz" oder die "funktionsrechtliche Richtigkeit"512. Für den Bereich der Bundesstaatlichkeit und die damit notwendigen Kompetenzabgrenzungen ist bei der Auslegung fur Gesichtspunkte der "Funktionsfähigkeit"513 und den Rückgriff auf den "Strukturgrundsatz der Bundesstaatlichkeit"Sl4 bzw. den "Gesamtsinn der bundesstaatlichen Verfassung"SIS nur sehr beschränkt und in Ausnahmefällen Raum gegeben. Vielmehr ist im Regelfall auf die einschlägige Spezialnorm abzustellensl6 . Dies liegt nicht zuletzt an der stabilisierenden Wirkung einer klaren Kompetenzordnung. Gleichwohl mag eben in besonderen Fällen, wie z.B. der Wiedervereinigung Deutschlands, eine außergewöhnliche Lage gegeben sein, welche eine grundle510 Vgl. auch Bullinger, Ungeschriebene Kompetenzen im Bundesstaat, AöR 96 (1971), S. 237 (273); Köst/in, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 55; auch das BVerfG selbst läßt reine Zweckmäßigkeitserwägungen fur eine ungeschriebene Bundeskompetenz aus der "Natur der Sache" keineswegs ausreichen, BVerfGE 26, 246 (257); 41, 291 (292,312). 511 Die Vorgabe, daß der Verfassungstext als aüßere Grenze der Interpretation gelten soll, ist übrigens keine hinreichende Sicherung der Normativität der Verfassung, da oftmals der normative Gehalt des Textes interpretationsbedürftig ist. Auch treten gegebenfalls zu den klassischen Kanones noch weitere Gesichtspunkte der Interpretation hinzu, wie z.B. topische und rechtsvergleichende Verfahren; vgl. hierzu Starck, Die Verfassungsauslegung, in: HdbStR VII (1992), S. 184 (202 ff.).
512
Ebd., S. 184 (201) m.w.N.
Lerche, "Funktionsfähigkeit" - Richtschnur verfassungsrechtlicher Auslegung, BayVBI. 1991, S. 517 (519 ff.). 513
514
Starck (0. Fn. 511), S. 184 (222).
515
Bullinger (0. Fn. 510), S. 237 (238).
516
Starck (0. Fn. 511), S. 184 (222).
212
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
gende Fühlungnahme mit dem Sinn der Verfassung und insbesondere der bundesstaatlichen Verfassung notwendig erscheinen läßt. Bei aller Vorsicht gegenüber allgemein gehaltenen und der weiteren Konkretisierung bedürftigen Formulierungen soll bei der Beantwortung der Frage nach dem Sinn der Verfassung Rudolf Smends'7 das Wort erhalten, für den der Sinn der Verfassung als regulatives Prinzip auf die Totalität des Staates sowie die Totalität seines Integrationssystems gerichtet ist. Das Verfassungsrecht habe die Aufgabe, die Erfüllung dieser immerfort sich wandelnden Aufgabe sicherzustellen, welche stets einigermaßen optimal gelöst werden müsse. Die Faktoren einer Lösung änderten sich entsprechend den veränderten Zeiten und Umständen. Dies könne zu einer schrittweisen Verschiebung des Rang- und Gewichtsverhältnisses von verfassungsmäßigen Faktoren, Instituten und Normen, sogar zur Einführung neuer Faktoren in das Verfassungsleben führen. Im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung war u.a. auch im kulturellen Bereich die Aufgabe gestellt, die in den neuen Bundesländern vorhandene kulturelle Substanz auch nach der Wiedervereinigung zu erhalten, so daß sehr abrupt ein immenser Finanzbedarf dafür zu verzeichnen gewesen ist. Um dem allgemeinen kulturstaatlichen Auftrag, welcher in verschiedenen grundgesetzlichen Normen und in Sonderheit in Art. 5 Abs. 3 GG als objektiv-rechtlicher, kulturstaatlicher KunstfOrderungsauftrag (status positivus)s'8 zum Ausdruck kommt, genügen zu können, konnte der Staat, d.h. Bund und Länder, angesichts dieser Lage nicht tatenlos bleiben. So stellte sich bei diesem überregionalen Problem der Kulturerhaltung und Kunstförderung nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern die Frage, wie ein "In-Funktion-Halten"sI9 der Kulturstaatlichkeit der Bundesrepublik auf der einen Seite, die Beachtung bundesstaatlicher und kompetenzieller Vorgaben unter Beachtung des "Gesamtsinns der bundes staatlichen Verfassung"S20 auf der anderen Seite, im Sinne einer praktischer Konkordanz in Einklang gebracht werden können s21 . Möglicherweise wird dabei das Gebot restriktiver Handhabe ungeschriebener Bundeszuständigkeiten durch die gleichzeitige gegenwärtige und schwere Bedrohung anderer verfassungsrelevanter Güter, wie das Kulturstaatsprinzip des Grundgesetzes, ein wenig gelockert, so daß unter diesen besonderen Umständen auch die bloße Überregionalität eines Vorhabens zur Begründung einer natürli517 Smend, Verfassung und Verfassungsrecht, in: ders., Staatsrechtliche Abhandlungen (2. Auf!. 1968), S. 241 f., zit. nach Hesse, Grenzen der Verfassungswandlung, in: FS fur Scheuner, S. 123 (132). 51R Vgl. Würkner, Das Bundesverfassungsgericht und die Freiheit der Kunst, S. 128 ff. m.w.N.; vgl. im übrigen oben B.lI.l.a) bb)(3).
519
Lerche (0. Fn. 513), S. 517 (519).
520
Bullinger (0. Fn. 510), S. 237 (238).
521 Lerche (0. Fn. 513), S. 517 (521 f.), der die Funktionsfähigkeit auch als Abwägungsfaktor bei der Kollision verfassungsrechtlicher Güter auffuhrt.
11. Ausgestaltung der Förderung
213
chen Bundeskompetenz ausreichen mag. Jedoch können reine Zweckmäßigkeitserwägungen auch in einer solchen Situation nicht genügen, vielmehr muß das weitere "In-funktion-Bleiben" wesentlicher, anderer Verfassungsgüter überhaupt in frage stehen. So ist zunächst, wie im übrigen auch das Bundesverfassungsgericht im fernsehurteil anmahnt, die Möglichkeit einer Bewältigung der anstehenden Aufgaben durch koordiniertes Vorgehen der Länder zu prüfen522 • Damit angesprochen ist ein in der Vergangenheit in der Tat vonstatten gegangener stiller Verfassungswandel, nach dem die Länder - vom grundsätzlich zweigliedrigen Bundesstaatsaufbau abweichend - sich zur gemeinsamen Aufgabenbewältigung in einer sog. Dritten Ebene zusammengefunden haben. Gleichzeitig hat sich darüber hinaus eine über den Verfassungstext hinausgehende Zusammenarbeit zwischen dem Bund und einzelnen Ländern oder der Ländergesamtheit als sog. "Vierte Ebene" formiert 523 • Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieser form von bundes staatlicher Kooperation resultiert aus der Staatsqualität der Länder im allgemeinen, und die Zulässigkeit des Abschlusses von zwischenländerrechtlichen Abkommen ergibt sich aus Art. 91b GG und inzident aus Art. 130 Abs. 3 GG im be sonderen 524 • So ist für den Normalfall davon auszugehen, daß überregionale Vorhaben in erster Linie Gegenstand der Selbstkoordinierung der Länder sind. Dies entspricht im übrigen auch in gesteigertem Maße der Vorstellung und dem 522 BVerfGE 12, 205 (251 f.); ebenfalls bedeutsam BVerfGE 11, 89 (99), wonach Schlußfolgerungen aus der "Natur der Sache" begriffsnotwendig sein und ferner eine bestimmte Lösung (d.h. die Wahrnehmung durch den Bund) unter Ausschluß anderer Möglichkeiten sachgerechter Lösung zwingend fordern müssen. 523 Vgl. Kaufmann, Bundesstaat und Deutsche Einheit, S. 48 f., mit dem Hinweis, daß eine Verdichtung der Zwischenländerkooperation zu einer staatenbündischen Organisationsform unzulässig wäre, d.h. die "Dritte Ebene" soll dort ihre Grenze finden, wo die Quantität der intraföderationsrechtlichen Kooperation in die Qualität eines Staatenbundes umschlagen würde, ebd., S. 49. 524 Rudolf, Die Bundesstaatlichkeit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: BVerfG und GG, Bd. II, S. 233 (242); KlaU, Interföderale Beziehungen im kooperativen Bundesstaat, VelWArch. 78 (1987), S. 186 (194 ff.); ferner geben Art. 118 S. I GG und "a maiore ad minus" Art. 32 Abs. 3 GG Hinweise in diese Richtung, so bei Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtsstaatlichen Kunst- und Kulturpftege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 264. - Die staatsrechtlichen Beziehungen sowohl zwischen Bund und Ländern als auch zwischen den Ländern werden dabei ausschließlich durch das geltende Bundesverfassungsrecht bestimmt; insoweit besteht kein Raum für die Anwendung von Völkerrecht, vgl. BVerfGE 34, 216 (231); Isensee, Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: HdbStR IV (1990), S. 517 (534 ff.); zugleich aber BVerfGE I, 14; 36, I (24), wonach die Anwendung eines Völkerrechtssatzes bei nicht vom Bundesverfassungsrecht geregelten Beziehungen zwischen den Gliedstaaten allerdings für möglich gehalten wird. Einer solchen subsidiären Anwendung von Völkerrecht mag zugleich aber angesichts der großen Reichweite des ungeschriebenen Verfassungsgrundsatzes der Bundestreue wenig Raum verbleiben, so Steinberger, Allgemeine Regeln des Völkerrechts, in: HdbStR VII (1992), S. 525 (540 f.).
214
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Prinzip eines Staatsaufbaus "von unten nach oben", der zugleich die Qualität der Länder als "ursprüngliche" Gebilde dem Zentral staat gegenüber reflektiert 525 • Zwischen Bund und Ländern herrscht damit in spezifisch bundesstaatlicher Ausformung das Verhältnis der Subsidiarität526 • Die im Wege des Vertrages und der Vereinbarung betriebene Zusammenarbeit der Länder schuf in der Zwischenzeit auch institutionelle Formen dieser Zusammenarbeit; davon ganz wesentlich sind vor allem die Ständige Konferenz der Kultusminister und eine ganze Anzahl weiterer Gemeinschaftseinrichtungen 527 • Beachtliche verfassungsrechtliche Grenzen der Länderkooperation liegen jedoch in einer Beeinträchtigung von demokratischer Legitimierung durch das Parlament und in einer eventuellen Preisgabe wesentlicher Entscheidungszuständigkeiten der beteiligten Länder528 • Wesentlicher Ausfluß letzterer Besorgnis ist das Prinzip und Erfordernis der Einstimmigkeit, weIches am klarsten seine Ausprägung in den Konferenzen der Ministerpräsidenten und der Ressortminister gefunden hat. Allerdings sieht das Grundgesetz unter bestimmten Voraussetzungen seit der Finanzreform 1969 auch die Möglichkeit vor, daß die Ländergemeinschaft zusammen mit dem Bund ein Land überstimmen kann 529 • 525
BVerfGE I, 14 (18, 34).
526
Vgl. insbesondere lsensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 225 f.
527 Vgl. zur Struktur der Ministerzusammenarbeit generell Klau (0. Fn. 524), S. 186 (188
ff.); zur Kultusministerkonferenz Knoke, Die KuItusministerkonferenz und die Ministerpräsidentenkonferenz, S. 19 ff.; Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 338, 566, der die Kultusministerkonferenz fur bestimmte Aufgaben auch als eine Art "verhindertes Bundeskultusministerium" tituliert. - Als Paradebeispiel einer Gemeinschaftseinrichtung im Rahmen der Selbstkoordinierung der Länder ist fernerhin die rechtsfahige, gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) als gemeinsame Einrichtung aller Bundesländer zu nennen. Auffallend ist die minderheitliche Beteiligung des Bundes und seiner Vertreter in Fernsehrat und Verwaltungsrat, welche allerdings mit der grundgesetzlichen Möglichkeit der Länder zu einer bundesfreundlichen Kooperation korreliert. Bei Materien, die nicht eine ausschließliche Länderaufgabe i.S.v. Art. 30 GG darstellen, kann dieses Modell der Zusammenarbeit aller Länder jedoch nicht ohne weiteres übernommen werden, vgl. dazu Klau (0. Fn. 524), S. 186 (187); Oppermann, ebd., S. 506 ff. m.w.N.; Küster (0. Fn. 524), S. 259 ff. Als weitere Gemeinschaftseinrichtungen bedeutsam sind z.B. die Zentrale Vergabestelle von Studienplätzen (ZVS, vgl. § 31 HRG und den Staatsvertrag i.d.F. vom 23.6.1978, NWGVBI. 1979 S. 112, Art. 1-6) oder die Filmbewertungsstelle Wiesbaden (Abkommen vom 20.9.1957, ersetzt durch die Verwaltungsvereinbarung von 1968, Bek. vom 24.4.1970, NWGVBI. 1969 S. 539). 52X Scheuner, Kooperation und Konflikt, DÖV 1972, S. 585 (588); eingehend zu den Grenzen der Zwischenländerkoopration und zum Verbot der Selbstpreisgabe Kisker, Kooperation im Bundesstaat, S. 85 ff., 170 f.; Kaufmann (0. Fn. 523), S. 49; Rudolf, Kooperation im Bundesstaat, in: HdbStR IV (1990), S. 1091 (1120 f., 1130), wonach Kompetenzübertragungen auf andere Länder oder auf eigenständige Rechtsträger ihre Grenze in Art. 79 Abs. 3 GG finden sollen. 529 Vgl. Feuchte, Die bundesstaatliche Zusammenarbeit in der Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland, AöR 98 (1973), S. 473 (501) m.w.N., der ferner bemerkt, daß die Überstimmung eines Landes aufgrund einfachen Bundesgesetzes jedoch kein gangbarer Weg sei.
11. Ausgestaltung der Förderung
215
Die Überstimmung eines Landes aufgrund von Verträgen zwischen den Ländern ist vom Grundgesetz jedoch nicht vorgesehen, allerdings aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen 530 . Diese Selbstkoordinierung der Länder oder auch "Dritte Ebene" ist damit in erster Linie aufgerufen, sich der Bewältigung überregionaler Probleme im Zuständigkeitsbereich der Länder zu widmen. Konkret zu prüfen ist darum, ob die Länder in Kooperation ebenfalls in der Lage gewesen wären, das grundsätzliche Überleben der ostdeutschen Kulturlandschaft zu gewährleisten. Die vom Bund in der Zwischenzeit tatsächlich aufgewendeten Mittel von allein 1991 rund 1,3 Mrd. DM, 1992 etwa 1,2 Mrd. DM und 1993 der Betrag von 950 Mio. DM 531 sind eine beeindruckende finanzsumme und illustrieren die Größenordnung der zu bewältigenden Aufgabe. Es fällt nun angesichts des - zum Teil auch verständlichen - Bestrebens der Länder, die getätigten Ausgaben den jeweiligen "Landeskindern" zugutekommen zu lassen, und mit Blick auf die damit angesprochene Tendenz von Bund und Ländern, Probleme nicht nur kooperativ, sondern auch vermehrt kompetitiv zu lösen 532 , außerordentlich schwer, sich vorzustellen, die alten Länder hätten die erforderlichen Geldmittel neben den üblichen Ausgabenlasten aufbringen können (und wollen)533. Neben der schieren finanziellen Überforderung spricht angesichts der zeitlichen Brisanz oder Akutheit der notwendigen, stützenden Maßnahmen auch die nicht zu unterschätzende Schwerfälligkeit kulturpolitischer Kooperation unter (früher) ll bzw. (heute) 16 Bundesländern ebenfalls gegen die Möglichkeit einer Übernahme der Kulturerhaltungsmaßnahmen durch die Gemeinschaft kooperierender Länder534 • So scheint die Bewältigung dieses überregionalen Problems der Übergangsfinanzierung der Kulturlandschaft in den neuen Bundesländern und die sich darin äußernde Beachtung des grundgesetzlichen Kulturstaatsauftrags in der Tat nicht aus alleiniger Kraft der Westländer machbar. Der Bund muß in einer solchen - von den Vätern des Grundgesetzes nicht vorgesehenen - Situation in der Tat als die größere Einheit ein Subsidium vorhalten, indem er das weitere "In-funktion-Bleiben" von Kulturstaatlichkeit für die neuen Ländern garantiert. 530
Ebd., S. 473 (501).
von Köckritz, Kulturpolitik im Prozeß der deutschen Vereinigung, Börsenblatt 1993, Heft 62, S. 14 (17). 532 So Schneider, Die bundesstaatliche Ordnung im vereinigten Deutschland, NJW 1991, 531
S. 2448 (2450). m Vgl. Abromeit, Der verkappte Einheitsstaat, S. 86, 100 (102); im übrigen ist damit keine Situation gegeben, in der alle Länder von einer Förderentscheidung profitieren könnten (Positivsununen-Situation) oder in der zumindest die Summe der Vor- und Nachteile der beteiligten Länder positiv wäre; vgl. hierzu Benz, Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den Ländern, DÖV 1993, S. 85 (89). 534 Vgl. Schulze-Fielitz, Art. 35 EinigungsV - Freibrief für eine Bundeskulturpolitik?, NJW 1991, S. 2456 (2460).
216
B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Neben diesen außerordentlichen Umständen - welche unter dem Gesichtspunkt der gesteigerten Bedrohung wesentlicher Güter unserer Verfasssung und deren weiterer Erhaltung, mithin also unter dem Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit unter Beachtung des "Gesamtsinns der bundesstaatlichen Verfassung" und mit dem Streben nach praktischer Konkordanz, dem Bund ausnahmsweise auch bei lediglich überregionalen Problem- und Aufgabenfeldern in sonstiger Landeszuständigkeit eine Betätigung ermöglichen 535 - muß auch nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt des Demokratieprinzips zu einer gewissen Zurückhaltung gegenüber ausufernden Bestrebungen des kooperativen Föderalismus geraten werden 536 • Allerdings ist selbstverständlich mit Einbeziehung der neuen Länder in den Finanzausgleich seit 1995 537 eine neue Lage entstanden, die die besprochene Problematik von der existenziellen, die bloße Funktionsfähigkeit erhaltenden Ebene wieder in höhere Gefilde des interföderalen Ausgleichs hebt. Dem Bund kann insofern seither keine weitere "Notkompetenz" unter funktionellen Gesichtspunkten zugestanden werden 538 • Überregionale Aufgaben in der Zuständigkeit der Länder fallen wieder ausschließlich dem Kompetenzraum der Länder zu, da bloße Zweckmäßigkeitserwägungen nach wie vor eine ungeschriebene Bundeszuständigkeit kraft "Natur der Sache" nicht zu begründen vermögen 539 • m Im Ergebnis ähnlich ebd., S. 2456 (2460). 53fi Nicht von ungefähr spricht man in diesem Zusammenhang auch von "Exekutivföderalismus", da der politische Einfluß der Landtage faktisch gemindert wird. Allerdings fällt es schwer, eine genaue Grenzziehung zum Schutz der parlamentarischen Rechtssetzungstätigkeit vorzunehmen, so daß diese Problematik eher einen Gegenstand der Verfassungspolitik darstellen mag; vgl. Kaufmann, Bundesstaat und deutsche Einheit, S. 49; Rudolf (0. Fn. 528), S. 1091 (1130). 537 Der mit Art. 4 Nr. 5 EV neu ins Grundgesetz eingefügte Art. 143 GG bestimmt in seinem Abs. 2, daß Abweichungen in den finanzverfassungsrechtlichen Partien des Grundgesetzes längstens bis zum 31.12.1995 zulässig sind. So fand bis Ende 1994 ein gesamtdeutscher Länderfinanzausgleich nicht statt. Zum weiteren Ausgleich der Unterschiede in Ost und West hinsichtlich Steueraufkommen und Wirtschaftsstruktur werden mit dem Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms auf einfachgesetzlicher Ebene weiterhin Sonderregelungen für die neuen Bundesländer getroffen; vgl. dazu Bauer, Die finanzverfassungsrechtliche Integration der neuen Länder, in: HdbStR IX (1997), S. 259 (271, 296); vgl. dazu ferner Abromeit (0. Fn. 533), S. 86, 100. m Zu den Gefahren eines "Zweiklassen-Föderalismus" in der Folge ebd., S. 81 ff. Für die weitere Unterstützung und Erfüllung der kulturstaatlichen Aufgaben im Osten Deutschlands möchte Schulze-Fielitz, Art. 35 EinigungsV - Freibrief für eine Bundeskulturpolitik?, NJW 1991, S. 2456 (2460) ebenfalls die Länder, in Sonderheit eine konzeptionell großzügig ausgeweitete Kulturstiftung der Länder, in die Pflicht nehmen. ;]9 Über das Verlangen der Länder nach einer "ihrer Stellung in der Verfassung gemäßen, gleichgewichtigen Verantwortung für den Prozeß der deutschen Einigung" berichtet Badura, Die "Kunst der föderalen Form". Der Bundesstaat in Europa und die europäische Föderation, in: FS für Lerche, S. 369 (370); interessant in diesem Zusammenhang auch das Verhältnis von Art. 104a Abs. 4 GG zum Finanzausgleich, wobei die Finanzhilfen des Bundes im Inter-
11. Ausgestaltung der Förderung
217
(bb) Nationale Repräsentation Das Begründungsmuster der "nationalen Repräsentation" wird im Nachkriegsdeutschland im Sinne von "nationaler Repräsentation durch staatliche Kulturpflege" das erstemal im Zusammenhang mit dem ehemaligen Preußischen Kulturbesitz verwendet unter Hervorhebung dessen "gesamtdeutschen, national-repräsentativen Charakters"54o. Angesprochen damit ist sowohl die Selbstdarstellung der Nation gegenüber dem Ausland als auch nach innen gegenüber der eigenen Bevölkerung, wobei diesbezüglich in der bundesverfassungsgerichtlichen Auseinandersetzung um die Errichtung der "DeutschlandFernseh-GmbH" von der Bundesregierung zugleich der Topos von der "Pflege kontinuitätsbewahrender Tradition" ins Spiel gebracht wurde'41. Indes, auch die Kategorie der "nationalen Repräsentation" kann als Begründungsmuster für eine natürliche Bundeszuständigkeit auf kulturellem Gebiet letztlich nicht überzeugen. Zum einen lassen sich für den Bereich der Nationalrepräsentation gegenüber dem Ausland entsprechende Maßnahmen des Bundes über die Auslegungsfigur einer "Annexkompetenz" zur Pflege der auswärtigen Beziehungen, für welche der Bund entsprechende Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen besitzt542 , bereits weitgehend rechtfertigen 543 . Zum anderen hat das Bundesverfassungsgericht im vormals angesprochenen Fernsehurteil auch zum Begründungstopos einer nationalen Repräsentation nach innen, d.h. esse der Eigenständigkeit der Haushaltswirtschaft der Länder (Art. 109 GG) eine Ausnahme bleiben müssen. Art. 104a Abs. 4 GG darf " ... nicht als Ersatz fiir die nicht rechtzeitige und richtige Verteilung des Aufkommens aus den Gemeinschaftssteuern gemäß Art. 106 Abs. 3 ff. oder fiir die rechtzeitige und richtige Regelung des horizontalen Finanzausgleichs nach Art. 107 dienen", so Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 104a Rn. 55. 540 BVerfGE 10,20 (41); vgl. auch die Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Errichtung der Stiftung "Preußischer Kulturbesitz", BT-Drucks. 11 /1670; Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtstaatlichen Kunst- und Kulturpflege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 325, Fn. 113 mit weiterem Verweis auf Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 214 ff., 232 ff. 541 BVerfGE 12, 205 (252); das Argument von der "Pflege kontinuitätsbewahrender Tradition" geht zurück auf Thoma, Grundbegriffe und Grundsätze, in: Anschütz / Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. 11 (1932), S. 108 ff., zit. nach Küster (0. Fn. 540), S. 326 Fn. 120; vgl. ferner Köttgen, Die Kulturpflege und der Bund, in: Staats- und Verwaltungswissenschaftliche Beiträge 1958, S. 183 (183 f.); Kölble, Zur Lehre von den - stillschweigend - zugelassenen Verwaltungszuständigkeiten des Bundes, DÖV 1963, S. 660 (668). - Aber auch in jüngerer Zeit sind Begründungsansätze einer natürlichen Bundeszuständigkeit unter dem Gesichtspunkt der "nationalen Repräsentation" vorzufinden, so in der Koalitionsvereinbarung vom 22.03.1983 der von CDU / CSU und FDP gebildeten Bundesregierung, wonach die Bundesregierung " ... die Förderung von Kunst und Kultur im Rahmen der ihr verfassungsmäßig zustehenden Rechte im Interesse der nationalen Repräsentation verstärken wird"; ferner bei Evers, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, NJW 1983, S. 2161 (2166). 542 Art. 73 Nr. I GG (Auswärtige Angelegenheiten), Art. 87 Abs. I GG (auswärtiger Dienst). 543 Vgl. Köstlin, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 49 f.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
der Selbstdarstellung der Nation vor der eigenen Bevölkerung und dem Gebot, die "kontinuitätsbewahrende Tradition" zu pflegen, äußerste Zurück haltung bewiesen. Dies wird sicherlich an der sehr weiten Fassung der angesprochenen Begründungstopoi für eine natürliche Bundeszuständigkeit auf kulturellem Gebiet liegen. So führt das Gericht aus, daß damit Aufgaben bezeichnet seien, die sich einer näheren Bestimmung entzögen. Es gebe eine ganze Anzahl von Einrichtungen und Veranstaltungen, die der nationalen Repräsentation nach innen zu dienen bestimmt seien, und letztlich könne das gesamte Erziehungs- und Bildungswesen als Pflege "kontinuitätsbewahrender Tradition" verstanden werden 544 . Gleichwohl scheint es keineswegs angebracht, den Gesamtstaat von jeder Wahrnehmung von Aufgaben der Selbstdarstellung, der "nationalen Repräsentation" nach innen bzw. der "Pflege kontinuitätsbewahrender Tradition" schlechthin auszuschließen 545 • Denn so sehr überregional bedeutsame Kunst in Deutschland traditionellerweise Aspekt einer föderativ gegliederten Kultur ist, so sinnvoll und wünschenwert ist trotz alledem auch ein Forum für maßstabssetzende Äußerungen der Kunst, welche durchaus ihren regionalen, gewissermaßen "res idenziellen" Charakter bewahrend so zugleich zum Gegenstand nationaler, gesamtstaatlicher Selbstdarstellung und Anerkennung werden kann 546 • Dies erscheint auch gerade im "Konzert" europäisch wahrnehmbarer Nationalkulturen sinnvoll, welches - bei aller Anerkennung der regionalen und föderativen Ver544 BVerfGE 12,205 (252); ebenfalls äußerst kritisch Köstlin (0. Fn. 543), S. 50 f.; ähnlich Hufen, Kulturstaatlichkeit und Bundesstaat, in: Probleme des Föderalismus, S. 199 (213), der auf die Gefahr der Beliebigkeit und erheblichen Eigendynamik einer solchen Bundeszuständigkeit hinweist; zudem zeichne sich die deutsche Kultur gerade auch in ihren überregionalen Aspekten als eine föderativ gegliederte aus. - Diesen beschriebenen Gefahren entspricht in etwa der Befund in den Vereinigten Staaten, wonach " ... der Bund bis heute immer dann neue Behörden einrichtet, wenn er hierfür ein irgendwie geartetes nationales Interesse zu erkennen meint", so Millgramm, Föderalismus in den Vereinigten Staaten, Jura 1992, S. 17 (20). 545 So Kölble (0. Fn. 541), S. 660 (668); vgl. auch Maihofer, Kulturelle Aufgaben des modemen Staates, in: HdbVR, S. 1201 (1230 ff.); nach Hieronymus, Deutsche Nationalstiftung rur Kunst und Kultur, WissR 1975, S. 203 (211 f.) besteht für den Bund auch im Bereich von Kunst und Kultur zur Sicherung der Funktion des Gesamtstaates eine (ungeschriebene) Zuständigkeit für die "Sorge um das kulturelle Ansehen unseres Staates über seine Grenzen hinaus, die Verantwortung für Rang und Anerkennung der Bundesrepublik Deutschland als Kulturnation", wobei diese keineswegs mit der auswärtigen Kulturpolitik im engeren Sinne identisch sei, da sie auch die Sicherung derjenigen kulturellen Werte und Entwicklungen einschließe, auf deren Grundlage auswärtige Kulturpolitik erst erfolgreich geführt werden könne. Ferner sei im "Fernsehurteil" des BVerfG lediglich konkret davon die Rede, daß " ... aus der Natur der Aufgaben ,nationale Repräsentation nach innen' und ,Pflege kontinuitätsbewahrender Tradition' nicht begriffsnotwendig folge, daß ihre Förderung durch Rundfunksendungen des Bundes zwingend geboten ... " sei. Die Frage anderer Aktivitäten des Bundes auf dem Gebiet von Kunst und Kultur sei daher " ... keineswegs summarisch negativ präjudiziert worden". 54. Vgl. auch Konoid, Deutsche Oper - einst und jetzt, S. 48.
II. Ausgestaltung der Förderung
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wurzeIung und Couleur der meisten künstlerischen Äußerungen - eine Art "Formierungszwang" auch auf die deutsche Kulturnation wohl verstärkt noch ausüben wird. So fällt es in der Tat schwer, die Selbstdarstellung der Nation als Materie zu begreifen, welche sich im Bundesstaat ausschließlich einer staatlichen Ebene zuordnen ließe. Weder die "Kulturhoheit der Länder" noch die "nationale Repräsentation" als - definitionsgemäß ausschließliche 547 - natürliche Bundeszuständigkeit beschreiben somit zuverlässig die Zugehörigkeit der nationalen Selbstdarstellung zu einer staatlichen Ebene 548 • Mit dem Verständnis von "Nation" als politisch-kultureller Zusammengehörigkeit eines Volkes scheint auch ebenso die Formierung und Manifestation kultureller Identität auf regionaler Ebene mit erfaßt zu sein549 • Die Wirkungsebenen eines die kulturelle Identität einer Nation befördernden kulturellen Ereignisses lassen sich damit neben der nationalen, gesamtstaatlichen Bedeutung auch in ihre regionalen und womöglich lokalen Wirkungsbereiche zurückverfolgen. Damit gemeint ist die notwendig gleichzeitig identitätsstiftende Wirkung für "Nation" und Region. Somit kann - da, wie zuvor erwähnt, eine ungeschriebene Bundeskompetenz kraft "Natur der Sache" definitionsgemäß eine ausschließliche sein muß - auch das Begründungsmuster der "nationalen Repräsentation" als immer noch zu weit gefaßt nicht als Grundlage für eine natürliche Kompetenz des Bundes im Kulturbereich herangezogen werden. Es gilt darum, den im Zusammenhang mit der Nationalrepräsentation spezifisch und ausschließlich dem Bund und Gesamtstaat zustehenden Anteil noch genauer zu "destillieren" und gegenüber den Länderkompetenzen im kulturellen Bereich abzugrenzen. (cc) Gesamtstaatliche Repräsentation In der Folge des Fernsehurteils tauchte auf seiten des Bundes unter der Bezeichnung "gesamtstaatliche Repräsentation" eine neue Argumentationsfigur auf zur Rechtfertigung von Aktivitäten des Bundes im kulturellen Bereich. Dabei ist für die Frage einer möglichen Eignung dieser Formel für die notwendige Abgrenzung von originären, natürlichen Bundeszuständigkeiten und regelhaften Länderzuständigkeiten vor allem die Frage nach dem Umfang der mit "gesamtstaatlicher Repräsentation" umfaßten Aktionen und die erreichbare Trennschärfe von Bedeutung. ;47
Vgl. Köstlin
(0.
Fn. 543), S. 50 m.w.N.; Küster
(0.
Fn. 540), S. 328.
Gegen Ausschließlichkeitsansprüche der Länder auch Oppermann, Ergänzung des Grundgesetzes um eine Kultur(Staats)Klausel?, in: FS fur Bachof, S. 3 (9); vgl. sonst Küster (0. Fn. 540), S. 328; Kölble (0. Fn. 541), S. 660 (668). ;4'
;49 Vgl. Küster (0. Fn. 540), S. 328 Fn. 128 mit Verweis auf Der Neue Brockhaus, Bd. III (7. Auf!. 1985) unter "Nation", wonach unter "Nation" eine "politische Gemeinschaft von staatstragender Kraft, gekennzeichnet durch das Bewußtsein der politisch-kulturellen Eigenständigkeit und Zusammengehörigkeit", zu verstehen sei.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Zweifelsohne sind - wie bereits angedeutet - zunächst einmal solche Bundeszuständigkeiten erfaßt, welche sich " ... unmittelbar aus dem Wesen und der verfassungsmäßigen Organisation des Bundes ergeben", wie etwa die Bestimmung der Bundeshauptstadt und der Bundessymbole 550 • Darüber hinaus ist über diese ausdrücklich vom Bundesverfassungsgericht genannten Mittel der staatlichen Selbstdarstellung sicherlich auch der weitere Bereich von an die jeweiligen Kompetenzbereiche von Bund und Ländern anknüpfender Öffentlichkeitsarbeit umfaßt551 • Auf der anderen Seite ginge aber eine grundsätzlich unbeschränkte und lediglich am Subsidiaritätsprinzip orientierte Zulässigkeit von genereller Kulturförderung mit nichthoheitlichen Mitteln durch den Bund552 mit Sicherheit zu weit. Gegen eine solch weitgefaßte Zulässigkeit spricht zum einen schon der Wortlaut des Art. 30 GG 553 ; zum anderen sind keineswegs sämtliche Kulturereignisse oder künstlerischen Äußerungen zu "gesamtstaatlicher Repräsentation" geeignet. So muß zwischen diesen Polen das Feld abgesteckt werden, in dem "gesamtstaatliche Repräsentation" anzusiedeln ist. Dafür muß zunächst jeweils der Bedeutungsgehalt von "gesamtstaatlich" und "Repräsentation" einer genaueren Klärung zugeführt werden. Bei der Begriffsklärung "gesamtstaatlich" ist auszugehen vom mittlerweile akzeptierten zweigliedrigen Bundesstaatsaufbau, wonach der Gesamtstaat neben Gliedstaaten und Zentralstaat lediglich als Theorem zu verstehen ist, welches die Einheit von Bund und Ländern als staatsethische Idee verkörpern soll. Die gesamtstaatlichen Kompetenzen kommen dabei dem Bund zu, der somit in Realunion den Zentral- und Gesamtstaat darstellt. So können im zweigliedrigen Bundesstaat die Bundesorgane als zugleich Organe des Gesamtstaats auch für die Gliedstaaten handeln, wenn es um die Kompetenzen geht, die dem Gesamtstaat zustehen 554 . Davon ausgehend bedeutet "gesamtstaatlich" mit spezifischen Bezügen zum Gesamtstaat oder auch, im Gegensatz zu lediglich regionalen oder auch überregionalen Bezügen, als die dem Gesamtstaat natürlicherweise zukommenden Bedeutungsbestandteile im Rahmen dessen, was bereits als "national repräsen-
"0 BVerfGE 3,407 (421
f.).
So BVerfGE 44, 125 (149); vgl. auch Küster (0. Fn. 540), S. 329, der auch die staatliche Selbstdarstellung insgesamt als natürliche Bundesaufgabe bezeichnet. 551
552 Peters, Die Stellung des Bundes in der KulturvelWaltung nach dem Bonner Grundgesetz, in: FS flir Kaufmann, S. 281 (292 ff.). 553 BVerfGE 12,205 (246); Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtstaatlichen Kunst- und Kulturpflege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 253, 324. 554 BVerfGE 13,54 (77 f.); 36, 342 (360 f.); fsensee, Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: HdbStR IV (\ 990), S. 517 (562 ff.); Stern, Staatsrecht, Bd. I, S. 650 f.; Küster (0. Fn. 553), S. 331 f. - Ursprünglich hatte sich auch das BVerfG andeutungsweise flir die der Lehre Kelsens folgende stark föderalistische Auffassung von einem sog. drei gliedrigen Staatsaufbau ausgesprochen; vgl. BVerfGE 6, 309 (340, 364); vgl. im übrigen die zahlreichen Nachweise bei Küster, ebd., S. 331 Fn. 136, und Isensee, ebd .• S. 517 (563).
11. Ausgestaltung der Förderung
221
tativ" beschrieben worden ist, welche im zweigliedrigen Bundesstaat eben nicht den Gliedstaaten bzw. Ländern zugeschrieben werden können und die so auch nicht eine Länderkompetenz nach Art. 30 GG im Zweifel begründen können. Der Ausdruck "Repräsentation" ist auf Vergegenwärtigung des Abwesenden gerichtet, i.e. ein unsichtbares Sein soll durch ein öffentlich anwesendes Sein sichtbar gemacht und vergegenwärtigt werden 555 . Dabei kann Gegenstand der "Repräsentation" die Staatsform selbst bzw. ihre politische Struktur oder aber auch die historische und kulturelle Entwicklung, die Kulturtradition des Gemeinwesens sein 556 . Für den Bereich der Kultur bedeutet dies, daß ein repräsentatives Kulturereignis einen ganzen "Bedeutungs- und Assoziationshof' des zu repräsentierenden Sachverhalts - die gemeinsame Kulturtradition - mitaufzurufen und zu vergegenwärtigen in der Lage sein muß. Damit wird aber zugleich deutlich, daß nicht alle künstlerischen Ereignisse zu "Repräsentation" in diesem Sinne in der Lage sind. Notwendigerweise tragen repräsentative künstlerische Veranstaltungen deshalb Züge des Mustergültigen und Beispielhaften vor dem Hintergrund einer bestimmten Typik, hier der Kulturtradition des Gemeinwesens, für welche sie stehen sollen. So müßte für den Kulturbereich mit dem Terminus "gesamtstaatlicher Repräsentation" ein Feld umschrieben sein, das künstlerische Äußerungen beinhaltet, die in besonderer Weise die kulturelle Entwicklung und Tradition gerade des gesamtstaatlichen Verbands vergegenwärtigen, die Symbolen vergleichbar als herausragende "Identitätsfaktoren"557 nicht nur überregional bedeutsam, sondern exemplarisch die gesamtstaatliche Kulturtradition zu verdeutlichen und zu erinnern in der Lage sind. Zweifelsohne ist damit ein Schwerpunkt der gesamtstaatlich-repräsentativen Kulturpflege eher im bewahrenden denn in einem innovativen Verhältnis zu künstlerischem Schaffen zu sehen558 . Ein die Inhalte der Kunst selbst betreffendes, programmatisch ausgerichtetes Vorgehen gar verbietet sich zudem nach dem Neutralitätsgebot in Art. 5 Abs. 3 GG bzw. dem Prinzip des freiheitlichen Kulturstaats 559 . Gleichwohl gibt es nun eine Vielzahl von kulturellen Einrichtungen und Ereignissen, die in einer Wirkungsebene auch den Gesamtstaat zu repräsentieren in der Lage sind. Erinnert sei in diesem Zusammenhang nur an die Bayreuther Festspiele 560, denen im Rahmen der deutschen Musiktheaterland555 Vgl. Quaritsch, Weiteres zur "Selbstdarstellung des Staates", DÖV 1993, S. 1070 (1071) m.w.N. 55" Vgl. ebd., S. 1070. 557
Quaritsch (0. Fn. 555), S. 1070.
Vgl. auch Küster (0. Fn. 554), S. 298 f. in einer verfassungsgeschichtlichen und gegenwärtige Bundesstaaten vergleichenden Zusammenschau. 5;9 Vgl. oben B.lI.l.a). 55'
'"0 Zur Geschichte der Bayreuther Festspiele vgl. KonoId, Deutsche Oper - einst und jetzt, S. 48 ff. m.w.N.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
schaft eine herausragende Bedeutung zukommt und die sich reger internationaler Zusprache erfreuen. Doch, um bei diesem Beispiel zu bleiben, ist die Frage zu stellen, ob der Bund schon allein deshalb eine Förderkompetenz kraft "Natur der Sache" aus dem Gesichtspunkt "gesamtstaatlicher Repräsentation" für sich in Anspruch nehmen kann, denn die Festspiele besitzen ebenfalls eine regionale - bayerische - sowie - im zweigliedrigen Bundesstaat kompetenziell zwar von untergeordneter Bedeutung - auch lokale Bedeutungsgeschichte. Zu rekurrieren ist in diesem Zusammenhang auf das Gebot eines grundsätzlich restriktiven Vorgehens bei der Annahme von ungeschriebenen Zuständigkeiten des Bundes, noch zu auf kulturellem Gebiet561 . Zu fordern ist deshalb ein Überwiegen der repräsentativen Bedeutung für den Gesamtstaat im konkreten Falle, ehe eine natürliche Bundeskompetenz überhaupt Begründung finden kann 562 • Eine ungeschriebene Förderkompetenz des Bundes kraft "Natur der Sache" im Kunstbereich ist somit grundsätzlich möglich und setzt im einzelnen für eine konkrete Einrichtung oder ein zu förderndes Ereignis das Überwiegen gesamtstaatlicher Bezüge bei sonst gegebener nationaler Ausstrahlung voraus, bei denen spezifisch Rang und Würde des Gesamtstaats überwiegend zum Ausdruck kommen. Eine solche Zuständigkeit ist - wenngleich oft auch nur theoretisch - als ausschließliche Bundeskompetenz denk- und bestimmbar, so daß die Begründungsfigur der "gesamtstaatlichen Repräsentation" restriktiv ge faßt, eine natürliche Bundeszuständigkeit im kulturellen Bereich zutreffend und hinlänglich genau zu umschreiben vermag 563 . Für den Schutz der oft zugleich auch im (über-)regionalen oder auch nationalen mitberührten Länderkompetenzen ist im übrigen insbesondere der Modus der Ausübung einer solchen Bundeskompetenz von großer Bedeutung 564 • 561 Vgl. Müller-Va/hehr, Fonds- und Investitionshilfekompetenz des Bundes, S. 117; Brockmeyer, Ungeschriebene Finanzierungszuständigkeiten des Bundes, in: FS flir Klein, S. 633 (650); vgl. ansonsten oben Fn. 502. 562 Vgl. dazu auch Art. 135 Abs. 4 GG und BVerfGE 10, 20 ff. flir die Bejahung eines "übeIWiegenden Bundesinteresses" im Zusammenhang mit der Zusammenfiihrung und Fortflihrung der ehemals preußischen Sammlungen in der Stiftung "Preußischer Kulturbesitz" als rechtsfähige, bundesunmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechts, vgl. Gesetz vom 25.7.1957 (BGBl. I S. 841); im übrigen vgl. hierzu auch Maihofer, Kulturelle Aufgaben des modemen Staates, in: HdbVR, S. 1201 (1229 f.); Küster (0. Fn. 249), S. 242 ff. 563 Hufen, Kulturstaatlichkeit und Bundesstaat, in: Probleme des Föderalismus, S. 199 (213) weist auf das Legitimationsproblem bei der Definition des Kriteriums "gesamtstaatlich bedeutsam" hin. In der Tat sollten die Auswahlentscheidungen in diesem Zusammenhang nicht ausschließlich der Ministerialbürokratie überlassen bleiben, welche sich aber ohnehin in vielen Fällen bereits externen Sachverstandes bedient, vgl. von Köckritz, Kulturpolitik im Prozeß der deutschen Vereinigung, Börsenblatt 1993, Heft 62, S. 14 (16) mit Hinweis auf ein Fachgremium aus Künstlern, Intendanten und Museumsleuten im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Kulturerhaltung in den neuen Bundesländern; ansonsten hierzu Mihatsch, Öffentliche Kunstsubventionierung, passim.
11. Ausgestaltung der Förderung
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(b) Kompetenzausübung
Für die Ausübung einer ungeschriebenen Bundeskompetenz kraft "Natur der Sache" auf kulturellem Felde unter dem Gesichtspunkt der "gesamtstaatlichen Repräsentation" ist grundlegend der Befund, daß gesamtstaatliche Repräsentation eigentlich nur im Verbund mit (über)regionaler Repräsentation aktuell werden kann. Die zu fordernde Eigenschaft überwiegend gesamtstaatlicher Repräsentation bildet dabei nicht selten die größte, d.h. bedeutungsvollste Teilmenge des Gesamtgebildes nationale Repräsentation mit weiteren schlicht überregionalen, regionalen und lokalen Bezügen. Damit ist die Materie der "nationalen Repräsentation" recht eigentlich in den meisten Fällen als eine Art natürlicher "Querschnittsmaterie" oder natürlicher Gemeinschaftsaufgabe zu verstehen 565 . Wie bereits angeführt, besitzen z.B. die Bayreuther Festspiele als Musiktheaterereignis internationale Ausstrahlung und weisen darum neben lokalem und (über)regionalem eben auch einen starken gesamtstaatlichen Bezug auf, welcher die ersteren durchaus zu überwiegen in der Lage ist, so daß hier für den Bund eine ungeschriebene, natürliche Zuständigkeit zu bejahen wäre, welche dann neben die vorhandene "Länderkulturhoheit" und Länderzuständigkeit treten könnte. Dabei lassen sich gleichzeitig die einzelnen Kompetenzsphären - wenn auch oft nur theoretisch - durchaus von einander abgrenzen, so daß es im System grundsätzlich starrer Trennung der Kompetenzbereiche von Bund und Ländern nicht zu "Parallelförderkompetenzen" oder "Doppelzuständigkeiten" kommen muß 566 . 564 Auch unter dem Gesichtspunkt des Kulturföderalismus als Element kultureller Freiheit - vgl. diesbezüglich Hufen (0. Fn. 563), S. 199 (210) - muß eine kontrolliert hinzutretende potentielle Kulturträgerschaft des Bundes keineswegs ein weniger an kultureller Freiheit und Vielfalt bedeuten, denn der Kreis möglicher Kulturträger wird zunächst einmal erweitert. Eventuell zu befürchtenden Tendenzen der Konzentrierung und Unitarisierung muß auf der Ebene der Kompetenzausübung begegnet werden. - Angesichts der engen Fassung von ungeschriebenen Kulturforderkompetenzen des Bundes erscheint es ausreichend, die parlamentarische Begleitung auch weiterhin durch Unterausschüsse und entsprechende Arbeitsgruppen des Bundestages zu gestalten und nicht etwa auf die Bildung eines eigenen "Ausschusses für Kulturpolitik", wie z.B. in der Wahlperiode 1949-1953 vorhanden, zu rekurrieren; vgl. in diesem Zusammenhang Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste: Die Ausschüsse des Deutschen Bundestages. 1. - 7. Wahlperiode (Materialien, Nr. 33), Bonn 1973, S. 20 ff. 565 Vgl. oben für die verfassungsrechtliche Lage in Österreich B.II.2.b) bb)(2) vor (a); im übrigen muß neben der regionalen, überregionalen und gesamtstaatlichen Ebene auch die lokale, kommunale Ebene Berücksichtigung finden, wobei letztere für die Kompetenzverteilung im zweigliedrigen Bundesstaat jedoch nicht direkt von Bedeutung sein kann. 566 Gegen "Doppelzuständigkeiten" BVerfGE 36, 193 (202 f.); 61, 149 (204); zur Problematik von "Mehrfachkompetenzen" vgl. auch Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 293 f., wonach es gerade ein Merkmal totalitärer Staaten sei, mit unausgeräumten Doppelzuständigkeiten " ... Residuen rechtlich undisziplinierter Machtbestände zu schaffen". Nur bei überragenden Effizienzgesichtspunkten könne das rechtsstaatliche Gebot der Klarheit und Meßbarkeit staatlichen HandeIns zurücktreten.
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Ein grundsätzlicher Ausschluß einer staatlichen Ebene von der Pflege gesamtstaatlich und damit national repräsentativer Einrichtungen und Ereignisse würde zugleich einen Verstoß gegen den Grundsatz der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung, wie er sich aus der Kompetenzordnung des Grundgesetzes ergibt56 \ bedeuten; die verschiedenen staatlichen Ebenen Bund und Länder sind zur ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung deshalb vielmehr auf Kooperation angewiesen 568 • Darüber hinaus ergibt sich die Notwendigkeit eines kooperierenden Vorgehens auch aus dem Grundsatz der Bundestreue, der die einseitige Wahrnehmung solcher Kulturpflegeaufgaben unter Ausschluß der jeweils anderen staatlichen Ebene in gleicher Weise verbieten würde 569 . Hinzu kommt, daß mittlerweile unbestritten bei komplementär gelagerten Kompetenzen fur kooperative Verwaltungsaktivitäten und Bund-Länder-Zusammenarbeit der frühere Einwand der Mischverwaltung als ein nicht zuletzt auf diesem Felde zu grober Maßstab wohl keine Berechtigung mehr besitzt570 . Aus der Tatsache, daß etliche überwiegend gesamtstaatlich repräsentative Ereignisse zugleich auch von regionaler und überregionaler Bedeutung sind, und damit U.V. zugleich eine größere Anzahl von Bundesländern von einem solchen Vorhaben in eigenem Aufgabenbereich für regelmäßig koordinierte Wahrnehmung schlicht überregionaler Aufgaben betroffen sein kann, folgt aus dem Grundsatz der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung die Beteiligung der Gesamtheit der Länder bei einer dann erforderlichen Bund-Länder-Kooperation in diesem Bereich. Auch kulturpolitisch wäre so schon bei der Auswahl gesamtstaatlich repräsentativer Fördermaßnahmen eine gewisse regionale Balance mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erreichen, sollte der Bund in unsachlicher Weise einseitig Förderprojekte in Angriff nehmen. Dies würde zudem weiter unterstützt durch das bei kulturpolitischen Bund-Länder-Kooperationen zu beachtende Einstimmigkeitsprinzip 571. 507 Vgl. Köstlin, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 38 ff. und passim. Die Kompetenzen sind nicht disponibel, Bund und Länder sind zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet; vgl. lsensee, Idee und Gestalt des FöderaIismus im Grundgesetz, in: HdbStR IV (1990), S. 517 (571). ,0x Ähnlich auch Küster (0. Fn. 554), S. 336 ff.; Köstlin (0. Fn. 567), S. 210, der die Kulturstiftung der Länder als Fall "komplementärer Kompetenzen" von Bund und Ländern anführt. '09 BVerfGE 4, 115 (140); 43, 291 (348), wonach ein Bundesstaat nur bestehen könne, wenn Bund und Länder im Verhältnis zueinander beachteteten, daß das Maß, in dem sie von fonnal bestehenden Kompetenzen Gebrauch machen können, durch gegenseitige Rücksichtnahme bestimmt sei; ansonsten dazu Küster, Die verfassungsrechtliche Problematik der gesamtstaatlichen Kunst- und Kulturpflege in der Bundesrepublik Deutschland, S. 344. 570 BVerfGE 63, I (38 ff.); dazu grundlegend Ronellerifitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, S. 195, 255 und passim m.w.N.; Spatz, Verstoßen gemischt-öffentliche Unternehmen gegen den Grundsatz des Verbots der Mischverwaltung?, S. 159 und passim; kritisch allerdings Kimminich, Der Bundesstaat, in: HdbStR I (1987), S. 1113 (1148), der in der Mischverwaltung ausdrücklich auch eine Bedrohung für die föderalistische Substanz sieht.
H. Ausgestaltung der Förderung
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An den Grenzflächen der Kompetenzsphären von Bund und Ländern sind im einzelnen die natürlichen Kompetenzen des Bundes ferner gemeinsam und einvernehmlich genauer festzulegen. In diesen Fällen erfolgt also eine gemeinsame Kompetenzauslegung, wobei allerdings nach wie vor die Grenze des Art. 79 GG zu einer unzulässigen Kompetenzverschiebung zu beachten ist 572 • Ansonsten gilt für das konkrete Miteinander von Bund und Ländern bei Aufgaben nationaler Repräsentation, welche überwiegend gesamtstaatliche Bezüge aufweisen, der Verfassungsgrundsatz der Bundestreue als grundsätzlicher Maßstab573 • Die Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten bzw. die Bundestreue ist eine rechtsdogmatische Figur, welche so alt ist wie der Bundesstaat selbst574 • Sie greift dort ein, wo die Interessen von Bund und Ländern auseinanderfallen, " ... und zwar so, daß der eine Teil Schaden nimmt, wenn der andere Teil seine Maßnahmen allein nach seinen Interessen treffen würde"m. Das Gemeinwohl ist im kompetenzteiligen Zusammenwirken der Glieder immer wieder neu herzustellen. So besitzt der Grundsatz der Bundestreue seine größte Bedeutung als Kompetenzausübungsschranke576 • Die in der Bundestreue zusammengefaßten einzelnen Pflichten, die sich für Bund und Länder aus der verfassungsrechtlich verankerten Bundessolidarität ergeben, umfassen u.a. neben dem Verbot des 571 Vgl. Kisker, Kooperation im Bundesstaat, S. 180 f.; Köstlin (0. Fn. 567), S. 218 f.; Lerche, in: Maunz / Dürig, Art. 83 Rn. 113. 512 BVerfGE I, 14 (35); 32,145 (156); 39,96 (108 f.); 41, 291 (311); vgl. ferner Kisker, Kooperation im Bundesstaat, S. 202 ff.; Köstlin, Die Kulturhoheit des Bundes, S. 58 f. 573 So auch Küster (0. Fn. 569), S. 343. - Der Grundsatz der Subsidiarität hingegen kann wie bei der Begründung auch bei der Ausübung von Kompetenzen i.d.R. keine Wirkung entfalten, da nach dem Grundsatz der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung Bund und Länder zur Kompetenzwahrnehmung verpflichtet und die im Grundgesetz festgelegten Kompetenzen nicht mobil oder disponibel sind; vgl. oben Fn. 567. Die Subsidiarität als "elastische Maxime gleitender Zuständigkeit" ist nur bei bestimmten Tätigkeiten des Bundes ausdrücklich vorgesehen, zu denen aber nicht die Ausübung notwendig auschließlicher, ungeschriebener Bundeskompetenzen gehört, so mit Blick auf Art. 72 Abs. 2 GG Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 227 f.; zu Subsidiaritätsprinzip und Art. 72 GG vgl. auch neuerdings Schmidt, Die neue Subsidiaritätsprinzipregelung des Art. 72 GG in der deutschen und europäischen Wirtschaftsverfassung, DÖV 1995, S. 657 ff. 574 Vgl. zur Geschichte und Herleitung der Bundestreue Bayer, Die Bundestreue, S. 3 ff.; Isensee, Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: HdbStR IV (1990); S. 517 (599 f.); Küster (0. Fn. 569), S. 341 f. mit Bezug auf Bluntschli, Lehre vom modemen Staat, Bd. III (5. Aufl. 1876), S. 402; Triepel, Unitarismus und Föderalismus im Deutschen Reich (1907), S. 21 ff., sowie Smend, Ungeschriebenes Verfassungsrecht im monarchischen Bundesstaat (1916), S. 50 f. m BVerfGE 43, 291 (348); vgl. ansonsten Bayer (0. Fn. 574), S. 43. 576 Vgl. Isensee (0. Fn. 574), S. 517 (600 f.); Stern, Staatrecht, Bd. I, S. 699 (703); vgl. auch Bleckmann, Zum Rechtsinstitut der Bundestreue - Zur Theorie der subjektiven Rechte im Bundesstaat, JZ 1991, S. 900 (904), der von subjektiven Rechten der Beteiligten ausgehend im Rahmen einer dann notwendigen Interessenabwägung zur Anwendbarkeit des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in vollem Umfange gelangt.
15 Tillner
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B. Förderung des Musiktheaters in der Bundesrepublik Deutschland
Kompetenzmißbrauchs 577 und des Ausschluß des Einwandes "tu quoque"578 vor allem auch die Unbeachtlichkeit unsachlicher, obstruktiver Widersprüche 579 , so daß bei vernünftigerweise anzugehenden Projekten von überwiegend gesamtstaatlicher Bedeutung, wie etwa der besonderen Förderung von Einrichtungen in der Bundeshauptstadt Berlin, etwaige Blockadeaktionen hierbei zunächst einmal unbeteiligter Länder unzulässig wären. Auf der anderen Seite wäre aber auch eine allzu große Konzentrierung von überwiegend gesamtstaatlich repräsentativen Einrichtungen und Projekten in Berlin nicht mit der Tradition unseres grundsätzlich föderativ verfaßten Kulturstaates vereinbar. Für die Geltendmachung dieser Gesichtspunkte könnte die grundSätzliche Beteiligung der Gesamtheit der Länder bei Zweifelsfragen der Kompetenzausübung des Bundes beitragen58o • Für die Umsetzung dieser Vorgaben einer Kompetenzausübung des Bundes auf dem Felde ungeschriebener natürlicher Zuständigkeiten unter dem Gesichtspunkt überwiegend gesamtstaatlicher Repräsentation muß allerdings auch eine konkrete Form der Umsetzung gefunden werden. Bisher gibt es als vergleichbaren Anhaltspunkt auf diesem Gebiet die "Kulturstiftung der Länder", an der sich auch der Bund partiell beteiligt581 . Die "Kulturstiftung der Länder" ist eine mit den Abkommen vom 4. Juni 1987 errichtete rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts und hat ihren Sitz in Berlin 582 . Schwerpunkte der Arbeit liegen laut § 2 Abs. 2 des Abkommens zur Errichtung der Kulturstiftung der Länder (AbkKultstfg) in: der Förderung des Erwerbs von für die deutsche Kultur besonders wichtigen und bewahrungswürdigen Zeugnissen; der Förderung von und Mitwirkung bei Vorhaben der Dokumentation und Präsentation deutscher Kunst und Kultur; der Förderung zeitgenössischer Formen und Entwicklungen von besonderer Bedeutung auf dem Gebiet von Kunst und Kultur; der Förderung von überregional und international bedeutsamen Kunst- und Kulturvorhaben 583 . 577
57.
BVerGE 12,205 (239 f.); 14, 197 (215); 34, 9 (20 f.); 43, 291 (348). BVerfGE 8, 122 (140); 12,205 (254).
m BVerfGE 1,299 (315 f.); 12,205 (254); 39, 96 (119); 41, 291 (308). Dabei wird als Konsensfindungsstrategie u.U. auch die Bildung von sog. "Koppel geschäften", also die Bündelung unterschiedlicher Konfliktthemen, in denen die Beteiligten in je geringer bewerteten Bereichen der Zieldurchsetzung Abstriche machen müssen, eine gewisse Rolle spielen; vgl. hierzu Benz, Neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den Ländern, DÖV 1993, S. 85 (89). 5'0
)XI Vgl. die Bekanntmachung des Abkommens über die Mitwirkung des Bundes an der Kulturstiftung der Länder und des Abkommens zur Errichtung der Kulturstiftung der Länder vom 1.9.1987, BAnz. Nr. 175 vom 19.9.1987, S. 12946 f., und Beitrittsabkommen zum Beitritt der neuen Länder, in: Kulturstiftung der Länder, Tätigkeitsbericht I: 1988-1991, S. 22 f. 5.2 § I Abs. I Abkommen zur Errichtung der Kulturstiftung der Länder.
II. Ausgestaltung der Förderung
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Insbesondere der letzte Schwerpunkt ist erstaunlich weit formuliert. Konkretisierung erfahrt er jedoch mit Bezug des § 2 Abs. 2 AbkKultstfg auf § I Abs. 1 des Abkommens über die Mitwirkung des Bundes an der Kulturstiftung der Länder (AbkKultstfgB), in welchem eine umfängliche Liste von Vorhaben, die der Bund bisher alleine durch Bereitstellung von Mitteln im Bundeshaushaltsplan gefördert hatte, Einzug und minutiöse Auflistung fand 584 . Diese Liste der Vorhaben kann dabei durch Beschluß des Stiftungsrates der Kulturstiftung der Länder in seiner erweiterten Zusammensetzung geändert und ergänzt werden, § 1 Abs. 2 AbkKultstfgB 585 . Damit deutet sich zugleich das "Janusgesicht" der Stiftung an, deren Stiftungsrat die Entscheidungsbefugnisse auch in zweifacher Weise ausübt. So entscheidet dieser - aus jeweils einem Mitglied der Landesregierungen der an der Stiftung beteiligten Länder bestehend - in der Regel alleine über Fördermaßnahmen. Im Gegensatz dazu berät und entscheidet der Stiftungsrat in einer erweiterten Zusammensetzung, bei der bis zu drei Mitglieder der Bundesregierung mit Stimmrecht teilnehmen, in Fällen der letzten Fallgruppe fiir Schwerpunkte der Stiftungsarbeit sowie immer dann, wenn der Bund sonst finanziell beteiligt ist 586 . Das Volumen jährlicher Zuschüsse von Länderseite ist mit 10 Mio. DM veranschlagt, die von den Ländern nach dem "Königsteiner Schlüssel"587 aufzubringen sind, § 4 Abs. 1 AbkKultstfg. Der Bund stellt grundsätzlich die für Vorhaben der letzten Fallgruppe des § 2 Abs. 2 AbkKultstfg nach Maßgabe des Bundeshaushaltsplans vorgehaltenen Mittel der Stiftung zur Verfiigung und ist ermächtigt, auch für weitere Vorhaben Zuwendungen der Stiftung zufließen zu lassen, so § 2 Abs. 2 AbfKultstfgB. In praxi zeigt sich aber, daß mit dem Beitritt des Bundes unterschiedliche Erwartungen verbunden worden sind. Wenn auf seiten der Länder das vollständige Einbringen der in § 1 Abs. 1 AbkKultstfgB aufgefiihrten Vorhaben durch den Bund beabsichtigt worden war, so scheint der Bund neben seiner ansonsten weiterbestehenden Förderung dieser Vorhaben eine finanzwirksame zusätzliche Beteiligung der Länder daran vor allem angestrebt zu haben. Der Bund überweist so nicht viel mehr an Mitteln als die Länder - 17 bzw. 16 Mio. DM und betreibt im übrigen seine Förderung im wesentlichen weiter588 . So scheint ,R3 Insbesondere der erste Schwerunkt der Stiftungsarbeit ist realiter zur eigentlichen Hauptaufgabe der Stiftung geworden, so Kulturstiftung der Länder (0. Fn. 581), S. 23. 5