Die Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten: Ein Beitrag zum Neuen Steuerungsmodell im Verwaltungsprozeß [1 ed.] 9783428513550, 9783428113552

In der vorliegenden Arbeit überprüft Andreas Dietz die behördliche Prozeßvertretung unter dem Blickwinkel des "Neue

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Die Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten: Ein Beitrag zum Neuen Steuerungsmodell im Verwaltungsprozeß [1 ed.]
 9783428513550, 9783428113552

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 948

Die Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten Ein Beitrag zum Neuen Steuerungsmodell im Verwaltungsprozeß

Von

Andreas Dietz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

ANDREAS DIETZ

Die Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 948

Die Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten Ein Beitrag zum Neuen Steuerungsmodell im Verwaltungsprozeß

Von

Andreas Dietz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-11355-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Frau

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2003 von der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth als Dissertation angenommen. Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Wilfried Berg, meinem Doktorvater. Er ermöglichte mir die berufsbegleitende Promotion und förderte die Erstellung dieser Arbeit mit zahlreichen Anregungen und Hinweisen zur Einbindung meiner Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtserfahrungen. Weiter möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Rudolf Streinz sehr herzlich für die Erstellung des Zweitgutachtens bedanken. Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Harro Otto danke ich sehr für die Übernahme des Vorsitzes im Prüfungsausschuß. Den Landräten des Landkreises Aichach-Friedberg, Herrn Landrat a.D. Dr. Theo Körner und Herrn Landrat Christian Knauer, danke ich für ihr Vertrauen, mich im Rahmen der Verwaltungsreform an ihrem Landratsamt mit der Leitung der „Projektgruppe Organisation“ zu betrauen. Aus dieser Aufgabe heraus erwuchsen mein Interesse am „Neuen Steuerungsmodell“ und die Motivation, mich näher mit seinem theoretischen Gerüst und seiner praktischen Umsetzung zu befassen. Die hier erworbenen Erfahrungen konnte ich schließlich für diese Arbeit nutzen. Meiner lieben Frau danke ich für ihre unermüdliche Unterstützung. Mehr als zwei Jahre lang hat sie auf viel gemeinsame Zeit an Abenden und Wochenenden verzichtet, als ich diese Arbeit verfaßte. Sie zeigte nicht nur Verständnis für meinen Wunsch, wissenschaftlich tätig zu werden und eine solche Arbeit zu schreiben, sondern sie förderte die Arbeit wesentlich durch zahlreiche wertvolle Vorschläge und Korrekturen. Darum ist ihr diese Arbeit gewidmet. Augsburg, im September 2003

Andreas Dietz

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

Erster Teil Die Erstattung behördlicher Aufwendungen und das „Neue Steuerungsmodell“

23

§ 1 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsverfahren und ihre Erstattungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

A. Die im Ausgangsverfahren entstehenden Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

I. Die behördlichen Aufwendungen im Ausgangsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

II. Die Erstattungsfähigkeit dieser behördlichen Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . .

27

III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

B. Die im Widerspruchsverfahren entstehenden Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

I. Die behördlichen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren . . . . . . . . . . . . . . .

30

II. Die Erstattungsfähigkeit dieser behördlichen Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . .

31

III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

§ 2 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren und ihre Erstattungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

A. Die Entwicklung des § 162 VwGO als zentraler Erstattungsregelung . . . . . . . . . . .

33

I. § 162 VwGO im System der Kostenentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

1. Der Unterliegensgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

2. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

II. Die Veränderung des prozessualen Umfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

1. Die behördliche Prozeßvertretung gemäß § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO . . . . . .

37

2. Der Verzicht auf das Widerspruchsverfahren als Prozeßvoraussetzung nach § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

3. Die Nachbesserungsvorschrift des § 114 S. 2 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

4. Die Zulassungsberufung gemäß § 124 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

10

Inhaltsverzeichnis B. Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren und ihre Erstattungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

I. Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren erster Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

1. Die Prozeßvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

2. Die Prozeßführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

a) Die Mitwirkung im schriftlichen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

aa) Der entstehende Aufwand im schriftlichen Verfahren . . . . . . . . . . .

49

bb) Die Erstattungsfähigkeit dieses Aufwands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

b) Die Teilnahme an Terminen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

aa) Der entstehende Aufwand bei der Teilnahme an Terminen . . . . . .

51

bb) Die Erstattungsfähigkeit dieses Aufwands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

c) Die Aufwendungen für Porto und Telefon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

3. Die Prozeßbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

II. Die behördlichen Aufwendungen im Rechtsmittelverfahren bei einer Vertretung durch eine andere Behörde oder durch besondere Bevollmächtigte

56

1. Die Aufwendungen bei einer Vertretung durch eine andere Behörde . . . .

56

2. Die Abweichungen bei einer Vertretung durch besondere Bevollmächtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

§ 3 Die Neubewertung des Verwaltungsaufwands im „Neuen Steuerungsmodell“ . . . . . .

58

A. Das „Neue Steuerungsmodell“ als Konzept einer Verwaltungsreform . . . . . . . . . . .

59

I. Die Effizienz in der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

II. Die Grundkonzeption des „Neuen Steuerungsmodells“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

1. Die Kritik am herkömmlichen Verwaltungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

2. Das Neue am „Neuen Steuerungsmodell“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

III. Die einzelnen Elemente und ihre verfassungsgemäße Ausgestaltung . . . . . . .

66

1. Der Haushaltsvollzug durch Budgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

a) Der Haushalt im traditionellen Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

b) Die Budgetierung als Gegenentwurf zum traditionellen Modell . . . . . .

68

c) Die Verfassungsmäßigkeit der Budgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

aa) Das Controlling als ergänzendes Steuerungsinstrument . . . . . . . . .

71

bb) Die legitimatorische Wirkung des Controlling als Ergänzung der Budgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

Inhaltsverzeichnis

11

2. Die Delegation durch Leistungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

a) Das Prinzip der Leistungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

b) Die Legitimation der Leistungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

aa) Die Leistungsvereinbarung und die personelle Legitimation . . . .

78

bb) Die Leistungsvereinbarung und die sachlich-inhaltliche Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

cc) Die Leistungsvereinbarung als Ergänzung der Budgetierung . . . .

80

3. Die Verfassungsmäßigkeit des „Neuen Steuerungsmodells“ . . . . . . . . . . . . .

81

IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

B. Die einzelnen Elemente des „Neuen Steuerungsmodells“ und ihre Auswirkungen auf die behördliche Prozeßführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

I. Die Prozeßführung im Licht einer Aufgabenkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

II. Der Prozeßaufwand als Teil einer Budgetierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

1. Der Prozeßaufwand als budgetierbarer Aufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

2. Der Prozeßaufwand als beeinflußbare Größe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

III. Ein Exkurs: Das „Neue Steuerungsmodell“ in der Verwaltungsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

§ 4 Die Diskrepanz zwischen den Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren und ihrer Erstattungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

A. Die festgestellte Begrenzung der Erstattungsfähigkeit durch die Rechtsprechung

94

I. Die Begrenzung der Erstattung durch die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

1. Die grammatische Auslegung des § 162 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

a) Der textliche Aufbau des § 162 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

b) Die immanente Begrenzung durch eine allgemeine Kostenminderungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

2. Die historische Auslegung des § 162 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

3. Die systematische Auslegung des § 162 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

a) Die innere Systematik des § 162 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

b) Die äußere Systematik des § 162 VwGO im Bezug zu § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

aa) Die Anwendbarkeit des § 173 S. 1 VwGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

bb) Die Anwendbarkeit des § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 c) Die äußere Systematik des § 162 VwGO im Bezug zu § 2 ZSEG . . . . 105 d) Das Ergebnis der systematischen Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 4. Die teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

12

Inhaltsverzeichnis II. Die Erstattungsfähigkeit einzelner behördlicher Aufwendungen . . . . . . . . . . . . 111 1. Der Personalaufwand für die Terminsvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 a) Die Ausscheidbarkeit des Personalaufwands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Die Prozeßführung als öffentliche Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Die behördlichen Auslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Die Auslagen für Schreibarbeiten und Kopien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Die Auslagen für Porto und Telekommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 c) Die Auslagen für Reisekosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 d) Die Auslagen für Sachverständigengutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 B. Das Erfordernis einer erweiterten Erstattungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 I. Die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen . . . . . . . . . 116 1. Die Funktionsfähigkeit der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Die Funktionen der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . 120 aa) Die Verrechtlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Die Finanznot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Die Funktionsfähigkeit der Verwaltungsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 a) Die Funktionen der Verwaltungsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 aa) Die Verrechtlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 bb) Die Finanznot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 II. Die Kostenerstattung als Schritt zu mehr Kostengerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Die Kostenerstattung zwischen den Prozeßbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 a) Der Prozeßzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Das Prinzip der Waffengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 2. Die Kostenverlagerung zwischen den Prozeßbeteiligten und Dritten . . . . 131 a) Die Aufwandsverlagerung zwischen dem am Prozeß beteiligten Bürger und dem unbeteiligten Steuerzahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Modell der vollen Kostenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Modell der vollen Kostenfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Modell der eingeschränkten Kostenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . .

132 132 132 133

b) Die Aufwandsverlagerung zwischen dem am Prozeß beteiligten Bürger und Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Inhaltsverzeichnis

13

Zweiter Teil Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen

137

§ 5 Die Änderung des § 162 VwGO und der verwaltungsprozessualen Kostenerstattung 137 A. Die Änderung des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO als Konsequenz eines gewandelten Verständnisses der verwaltungsprozessualen Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 I. Die Anwendbarkeit des Gebühren- und Auslagenbegriffs auf den behördlichen Prozeßaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Der Begriff der „Gebühr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 a) Die individuelle Vorteilhaftigkeit als Zurechnungsgrund . . . . . . . . . . . . 139 b) Die individuelle Veranlassung als Zurechnungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . 140 2. Der Begriff der „Auslage“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 II. Die Rechtsgrundlage für eine Gebührenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Die Regelungskompetenz des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Die Gesetzgebungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 aa) Der Kompetenztitel für das „gerichtliche Verfahren“ . . . . . . . . . . . . 142 bb) Die Kompetenz kraft Sachzusammenhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 cc) Die Annexkompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Die Zustimmungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2. Die Wahrung des Äquivalenzprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3. Die Wahrung des Kostendeckungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 B. Die Neufassung des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO und seine Ergänzung durch ein Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKG) sowie eine Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKVV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 I. Die Systematik des Verwaltungsprozeßkostengesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 II. Die Regelungen des Verwaltungsprozeßkostengesetzes im einzelnen . . . . . . . 150 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 2. Gebührenerhebung und Erstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 3. Notwendige Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 4. Notwendige Auslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 5. Geltendmachung und Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 6. Inkrafttreten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 7. Ergänzung durch die VwPKVV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

14

Inhaltsverzeichnis

§ 6 Die Änderung des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO und ihre Einbettung in das Rechtssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 A. Die Vorgaben aus Grundgesetz, Europäischer Grundrechtecharta und Europäischer Menschenrechtskonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 I. Die Maßstäbe des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Die Rechtsschutzgarantie nach Art. 19 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Das Kostenrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 b) Die Waffengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Das Recht auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . 161 3. Das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 4. Das Prinzip des Steuerstaats gemäß Art. 104 a ff. GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 a) Das Prinzip des Steuerstaats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 b) Die Folgerungen für die vorgeschlagene Gebührenerhebung . . . . . . . . . 170 II. Die Maßstäbe des Europarechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Das Recht auf effektiven und gleichwertigen Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . 171 2. Die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK . . . . . 174 b) Das Recht auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art. 13 EMRK . . . . 176 3. Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 EU-Charta . . 177 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 B. Die Vorgaben aus dem Rechtsberatungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

Anhang

188

A. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO-E) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 B. Entwurf eines Verwaltungsprozeßkostengesetzes (VwPKG) und einer Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKVV) . . . . . . . . . . . . . . . 188 I. Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 II. Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKVV) . . . 190 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

Abkürzungsverzeichnis a. A. (A. A.) a. a. O. ABl. EG a. E. a. F. Abs. AG AGVwGO

Anm. AöR Art. Aufl. BayBG

BayKAG

BayKostG

BayVBl. BayVwVfG

Bd.; Bde. Bearb. Bek. BFHE BGBl. BGH BR BR-Drs.

anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften am Ende alte Fassung Absatz; Absätze Amtsgericht Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (des Freistaats Bayern) i. d. F. der Bek. v. 20. 06. 1992 (GVBl. S. 162), zuletzt geändert durch Art. 1 Zweites Verwaltungsreformgesetz v. 28. 03. 2000 (GVBl. S. 136) Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) Artikel Auflage Bayerisches Beamtengesetz i. d. F. v. 27. 08. 1998 (GVBl. S. 702), zuletzt geändert durch § 1 Gesetz zur Änderung des Bayerischen Beamtengesetzes u. a. v. 24. 04. 2001 (GVBl. S. 151) Kommunalabgabengesetz (des Freistaats Bayern) i. d. F. d. Bek. v. 04. 04. 1993 (GVBl. S. 264), zuletzt geändert durch § 17 Zweites Gesetz zur Anpassung des Landesrechts an den Euro v. 24. 04. 2001 (GVBl. S. 140) Kostengesetz (des Freistaats Bayern) i. d. F. v. 20. 02. 1998 (GVBl. S. 43), zuletzt geändert durch § 11 Zweites Bayerisches Gesetz zur Anpassung des Landesrechts an den Euro v. 24. 04. 2001 (GVBl. S. 140) Bayerische Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz v. 23. 12. 1976, zuletzt geändert durch § 7 Zweites Gesetz zur Anpassung des Landesrechts an den Euro v. 24. 04. 2001 (GVBl. S. 140) Band; Bände Bearbeiter; Bearbeiterin Bekanntmachung Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundesrat Bundesratsdrucksache

16 BRAGO

BRAO

BT BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzw. ca. d. h. Der Staat ders. Die Verw. dies. Diss. DJT DM DÖV DRiG

DVBl. E. EG EGMR EGV

Einf. Einl. EMRK ESVGH

etc. EU EU-Charta EuGH

Abkürzungsverzeichnis Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte v. 26. 07. 1957 (BGBl. I, S. 907), zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung v. 21. 08. 2002 (BGBl. I, S. 3344) Bundesrechtsanwaltsordnung v. 01. 08. 1959 (BGBl. I, S. 565), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Einführung des Euro in Rechtspflegegesetze u. a. v. 13. 12. 2001 (BGBl. I, S. 3574) Bundestag Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise circa das heißt Der Staat (Zeitschrift) derselbe Die Verwaltung (Zeitschrift) dieselbe; dieselben Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Mark Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Deutsches Richtergesetz i. d. F. d. Bek. v. 19. 04. 1972 (BGBl. I, S. 713), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Reform der Juristenausbildung v. 11. 07. 2002 (BGBl. I, S. 2592) Deutsches Verwaltungsblatt mit Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Entscheidung Europäische Gemeinschaft Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft v. 25. 03. 1957, geändert durch den Amsterdamer Vertrag v. 02. 10. 1997 (BGBl. 1998 II, S. 387) Einführung Einleitung Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 04. 11. 1950 Entscheidungssammlung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg mit Entscheidungen der Staatsgerichtshöfe beider Länder et cetera Europäische Union Charta der Grundrechte der europäischen Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

Abkürzungsverzeichnis EuGRZ EUV

EuZW f.; ff. FeV

FGO

Fn. FS FSt. gem. GewArch. GG GKG

GS GVBl. h. M. Habil. Halbs. Handb. Hrsg. i. d. F. i. e. S. i. V. m. i. w. S. insbes. Jahrb. JöR JR JurBüro JuS JZ KG LABV

2 Dietz

17

Europäische Grundrechte Zeitschrift Vertrag über die Europäische Union v. 07. 02. 1992 (BGBl. II, S. 1253), geändert durch den Amsterdamer Vertrag v. 02. 10. 1997 (BGBl. 1998 II, S. 387) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht folgende; fortfolgende Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr v. 18. 08. 1998 (BGBl. I, S. 2214); zuletzt geändert durch Gesetz v. 11. 09. 2002 (BGBl. I, S. 3574) Finanzgerichtsordnung i. d. F. der Bek. v. 28. 03. 2001 (BGBl. I, S. 442); zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften v. 20. 12. 2001 (BGBl. I, S. 3794) Fußnote Festschrift Die Fundstelle (Zeitschrift) gemäß Gewerbearchiv (Zeitschrift) Grundgesetz v. 23. 05. 1949, zuletzt geändert durch die Gesetze zur Änderung des Grundgesetzes v. 26. 07. 2002 (BGBl. I, S. 2862 f.) Gerichtskostengesetz i. d. F. der Bek. v. 15. 12. 1975 (BGBl. I, S. 3047); zuletzt geändert durch Erste Verordnung zur Anpassung von Bezeichnungen nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz v. 29. 04. 2002 (BGBl. I, S. 1495) Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt herrschende Meinung Habilitation Halbsatz Handbuch Herausgeber in der Fassung im engeren Sinne in Verbindung mit im weiteren Sinne insbesondere Jahrbuch Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart (Zeitschrift) Juristische Rundschau (Zeitschrift) Juristisches Büro (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kammergericht Verordnung über die Landesanwaltschaft Bayern v. 04. 11. 1975, zuletzt geändert durch Verordnung v. 29. 06. 1999 (GVBl. S. 286)

18 LG LS m. m. w. N. MDR n. F. NJW NJW-RR Nr.; Nrn. NVwZ NVwZ-RR OLG OVG OVGE PKH RBerG

RiA RmBereinVpG Rn. RPfleger Rs. S. SächsVerfGH Slg. std. str. ThürVerfGH u. a. usw. v. VBlBW VerfOEuG

VerfOEuGH

VerwArch. VGH

Abkürzungsverzeichnis Landgericht Leitsatz; Leitsätze mit mit weiteren Nachweisen Monatsschrift des Deutschen Rechts (Zeitschrift) neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Rechtsprechungsreport der Neuen Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer; Nummern Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift) Rechtsprechungsreport der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift) Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Rechtsprechungssammlung der Oberverwaltungsgerichte Münster und Lüneburg Prozeßkostenhilfe Rechtsberatungsgesetz v. 13. 12. 1935 (RGBl. I, S. 1478), zuletzt geändert durch das Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland v. 21. 06. 2002 (BGBl. I, S. 2010) Recht im Amt (Zeitschrift) siehe VwGO Randnummer; Randnummern Der Deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) Rechtssache Seite; Seiten Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen Sammlung ständig; ständige strittig Verfassungsgerichtshof des Landes Thüringen unter anderem und so weiter vom; von Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (Zeitschrift) Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften v. 02. 05. 1991 (ABl. EG Nr. L 136 / 1, geändert ABl. EG Nr. L 135 / 92 v. 29. 05. 1999) Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften v. 19. 06. 1991 (ABl. EGNr. L 176 / 7, bereinigt ABl. EG Nr. L 351 / 72 v. 23. 12. 1997) Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Verwaltungsgerichtshof

Abkürzungsverzeichnis vgl. VO Vorb. VVDStRL VwGO

VwGOÄndG VwGO-E VwKostG

VwPKG VwPKVV WiVerw. WM z. B. Ziff. ZPO

ZRP ZSEG

zugl.

2*

19

vergleiche Verordnung Vorbemerkung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (Schriftenreihe) Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. der Bek. v. 19. 03. 1991, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 20. 12. 2001 (BGBl. I, S. 3987) Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. Anhang) Verwaltungskostengesetz v. 23. 06. 1970 (BGBl. I, S. 821), zuletzt geändert durch das Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung v. 05. 10. 1994 (BGBl. I, S. 2911) Entwurf eines Verwaltungsprozeßkostengesetzes (vgl. Anhang) Entwurf einer Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz (vgl. Anhang) Wirtschaft und Verwaltung (Zeitschrift) Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift) zum Beispiel Ziffer; Ziffern Zivilprozeßordnung i. d. F. v. 12. 09. 1950 (BGBl. I, S. 533), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte etc. v. 23. 07. 2002 (BGBl. I, S. 2850) Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift) Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen i. d. F. der Bek. v. 01. 10. 1969 (BGBl. I, S. 1756), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Aufhebung der für die Kostengesetze nach dem Einigungsvertrag geltenden Ermäßigungssätze etc. v. 22. 02. 2002 (BGBl. I, S. 981) zugleich

Einleitung Die großartige Systementscheidung des Parlamentarischen Rates, die Grundrechte des Einzelnen dem gesamten Grundgesetz voranzustellen und so die besondere Bedeutung des Individuums und seiner subjektiv-öffentlichen Rechtsstellung in der Verfassung zu betonen, hat die Entwicklung des deutschen Rechtsstaates gefördert und vorangetrieben. Verwaltungsgerichtsverfahren zur Durchsetzung oder Verteidigung dieser Rechtsstellung sind etwas Alltägliches geworden; für den Bürger ebenso wie für die Gerichte und für die Verwaltung. Die Zahl dieser Verfahren, vor allem bei den Verwaltungsgerichten erster Instanz, hat seit den 60er Jahren stark zugenommen1 und pendelt sich auf hohem Niveau ein2. Daraus resultiert eine hohe Belastung für die zur Streitentscheidung berufenen Verwaltungsgerichte ebenso wie für die notwendigerweise beteiligte Verwaltung. Während diese Belastung der Judikative Beachtung findet und Entlastungsversuche zu einschneidenden Rechtsänderungen führen3, ist die Rolle der Verwaltung im Zusammenhang mit ihrer Prozeßvertretung kaum betrachtet worden. Dies verwundert um so mehr, als sich die Exekutive unter dem Diktat leerer Kassen bei gleichzeitig wachsenden Ansprüchen an ihre Aufgabenerfüllung in einem tiefgreifenden Reformprozeß auf allen Ebenen befindet. Das „Neue Steuerungsmodell“ ist Ausdruck und Auslöser einer umfassenden Aufgaben- und Ausgabenkritik. Der Rechtfertigungsbedarf auf beiden Feldern steigt; alternative Organisations- und Finanzierungsmodelle werden gesucht. Bislang nicht untersucht wurden dabei die Kosten für die behördliche Prozeßvertretung vor den Verwaltungsgerichten. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist durch ein Ungleichgewicht gekennzeichnet. Während ein anwaltlich vertretener Beteiligter im Fall des Obsiegens stets die an seinen Bevollmächtigten geschuldeten Gebühren und 1 K. W. Lotz, BayVBl. 1997, S. 1 (3), nennt die Zahl von jährlich rund 17.000 Eingängen allein bei den bayerischen Verwaltungsgerichten für den Zeitraum 1992 bis 1996 nach einem rasanten Anstieg der Eingangszahlen seit den 60er Jahren; B. Stüer / C. D. Hermanns, BayVBl. 2001, S. 385 (387), nennen einen Anstieg der Erledigungszahlen bei den Oberverwaltungsgerichten für den Zeitraum von 1995 bis 1998 um 44 % und einen Rückgang der Eingangszahlen um 21,3 %. Für das Jahr 1998 erhob das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Jahrb. 2001, S. 121, eine Zahl von 10.773 Neuzugängen an allgemeinen Verfahren (ohne Asylverfahren) bei den bayerischen Verwaltungsgerichten und dem VGH München. Sorgenvoll angesichts gestiegener Eingangzahlen im Jahr 2002 äußerte sich der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Jahrespressekonferenz, vgl. E. Hien, DVBl. 2003, S. 443 (444), und nannte eine bereinigte Zunahme von über 10%! 2 Vgl. K. W. Lotz, BayVBl. 1997, S. 1 (3). 3 Kritisch zum 6. VwGOÄndG B. Stüer / C. D. Hermanns, BayVBl. 2001, S. 385.

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Einleitung

Auslagen gemäß § 162 Abs. 2 VwGO erstattet erhält, wird die Erstattung eigener Aufwendungen für nicht anwaltlich vertretene Beteiligte im Fall ihres Obsiegens nach § 162 Abs. 1 VwGO auf die notwendigen Aufwendungen beschränkt. Diese Bestimmung wird für Behörden sehr restriktiv interpretiert. Sind beide Beteiligte (Kläger und Beklagter) anwaltlich vertreten oder nicht, liegt zwar ein Gleichgewicht im Kostenrisiko vor. Ist jedoch nur eine Seite anwaltlich vertreten, wie in der häufig anzutreffenden Situation der Klage eines anwaltlich vertretenen Bürgers gegen eine durch eigene Bedienstete vertretene Behörde, liegt das höhere Kostenrisiko eindeutig bei der öffentlichen Hand. Zwar darf sich auch die öffentliche Hand eines Anwalts bedienen, doch handelt sie sich dann den Vorwurf des Verstoßes gegen ihre Kostenminderungspflicht und gegen die Grundsätze sparsamer Haushaltsführung ein. Insbesondere die restriktive Interpretation des Begriffs der „notwendigen Aufwendungen“ durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit läßt ihren theoretischen Kostenerstattungsanspruch praktisch leerlaufen. Obgleich sie somit gezwungen ist, sich durch Bedienstete vertreten zu lassen, deren Qualifikation – die Befähigung zum Richteramt nach § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO – der eines Anwalts entspricht, kann sie im Fall des Obsiegens nicht die ihr tatsächlich entstandenen Kosten geltend machen. Diese Situation wird in der behördlichen Praxis als unbefriedigend empfunden. Sie ist vor dem Hintergrund eines sich wandelnden Aufgabenverständnisses der öffentlichen Verwaltung und ihrer Rolle im Verwaltungsprozeß überdenkenswert. Die vorliegende Untersuchung verfolgt das Ziel, die behördliche Prozeßvertretung vor den Verwaltungsgerichten unter dem Blickwinkel des „Neuen Steuerungsmodells“ auf die Möglichkeiten und Grenzen einer Gebührenfinanzierung hin zu überprüfen. In ihrem ersten Teil stehen die behördliche Prozeßvertretung und die Kostenerstattung nach geltendem Recht sowie ein Überblick über das „Neue Steuerungsmodell“ im Mittelpunkt. Im zweiten Teil schlägt sie ein Modell einer neuen Kostenerstattung in Form einer einfachgesetzlichen Neuregelung vor und stellt dieses in seinen verfassungsrechtlichen Kontext.

Erster Teil

Die Erstattung behördlicher Aufwendungen und das „Neue Steuerungsmodell“ Die allgemein bekannte Finanznot der öffentlichen Hand1, verbunden mit Ausgabenkürzungen in weiten Bereichen staatlichen Handelns, führt zur Frage der finanziellen Rechtfertigung jeglicher Tätigkeit einer Behörde. Die Entwicklung des modernen Staatswesens zum Gewährleistungsstaat legt der öffentlichen Hand immer mehr Aufgaben auf und verlangt ihr zugleich eine noch größere Sparsamkeit bei der Aufgabenerfüllung ab. Für dieses Dilemma soll das „Neue Steuerungsmodell“ im Verwaltungsbereich eine Lösung bieten. Die Verwaltung soll sich demnach zum kundenorientierten Dienstleister entwickeln und gleichzeitig durch die Einführung von Budgetierung und Kosten- / Leistungs-Rechnung eine neue Effizienz im Ressourcenverbrauch erreichen. Im Bereich der Verwaltung dauert dieser Reformprozeß an; eine Übertragung des „Neue Steuerungsmodells“ auf die Verwaltungsgerichte wird diskutiert. Im Grenzbereich zwischen Verwaltung und Rechtsprechung, der Prozeßvertretung der Behörden vor den Verwaltungsgerichten, sind die Auswirkungen einer Übertragung des „Neuen Steuerungsmodells“ näher zu untersuchen. Für die weitere Darstellung wird zunächst eine auf das Bundesrecht bezogene Perspektive gewählt und bei Bedarf der Blickwinkel auf die Entwicklung im Freistaat Bayern verengt, um einzelne Punkte auf Länderebene exemplarisch näher zu betrachten.

§ 1 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsverfahren und ihre Erstattungsfähigkeit Wird eine Behörde tätig, benötigt sie dafür Dienstleistungen und Güter, die ihr Rechtsträger ihr zur Verfügung stellt. Hauptsächlich nutzt sie die Arbeitskraft ihrer Angestellten und Beamten, eigene und fremde Sachmittel sowie Dienstleistungen Dritter2. Die Kosten hierfür trägt der Rechtsträger aus seinem Haushalt, der sich 1 Vgl. dazu W. Berg, WiVerw. 2000, S. 141; U. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), S. 235 (239 f.); C. Gramm, Der Staat 36 (1997), S. 267 (268); W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 56 (1997), S. 291 (293). 2 Diese insgesamt als „Vollzugskosten“ bezeichneten Verwaltungsausgaben teilen sich im wesentlichen ein in Personalkosten und Sachkosten, die haushaltsrechtlich im Gruppierungs-

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

wesentlich aus Steuern, sonstigen eigenen Einnahmen und Zuweisungen speist. Je nach Rechtsgebiet kann die Behörde die entstandenen Kosten ganz oder teilweise über die Erhebung von Gebühren und Auslagen auf einzelne Kostenschuldner umlegen und so die Bürger als Gesamtheit der Steuerzahler entlasten. Eine Doppelfinanzierung derselben Tätigkeit aus Steuermitteln und anderen Quellen ist nicht zulässig3. Für die weitere Untersuchung soll in diesem Kapitel zunächst dargestellt werden, welche Kosten bei einem behördlichen Tätigwerden entstehen und wie diese im Ausgangs- und Widerspruchsverfahren zu Erstattungsansprüchen führen können. Im anschließenden Kapitel wird der Vergleich mit der Kosten- und Erstattungssituation im Verwaltungsgerichtsverfahren gezogen.

A. Die im Ausgangsverfahren entstehenden Aufwendungen Als „Verwaltungsverfahren“ wird die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden verstanden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlaß eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist (§ 9 VwVfG). Diese Legaldefinition weist bereits die wesentlichen Stufen der Verwaltungstätigkeit – sachliche und rechtliche Prüfung, Vorbereitung und gestaltende Regelung eines Lebenssachverhaltes – auf.

I. Die behördlichen Aufwendungen im Ausgangsverfahren Die behördlichen Aufwendungen entstehen im Lauf eines Verwaltungsverfahrens. Dieses beginnt regelmäßig mit einem Antrag des Bürgers auf Tätigwerden der Behörde oder mit deren sonstiger Kenntniserlangung vom Handlungsbedarf. Es spannt sich über die Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts einschließlich der Einholung etwaiger Sachverständigengutachten und mündet in die Vorbereitung und abschließende Entscheidung zur Sache. Mit der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes oder mit dem Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gelangt das Verfahren an sein Ziel. Auf allen drei Stufen entstehen behördliche Aufwendungen durch die Inanspruchnahme von personellen und sächlichen Mitteln. Es handelt sich dabei um „Aufwand“ bzw. „Verwaltungsaufwand“ (§ 3 VwKostG, Art. 6 Abs. 2 BayKostG), also periodengerecht abgegrenzten Werteverzehr4. Dieser Verzehr ist zunächst nur plan des Haushalts ausgewiesen werden, vgl. W. G. Leisner, DVBl. 2001, S. 1799 (1800); KGSt, Bericht Nr. 8 / 1999, S. 8. 3 Vgl. W. Berg, WiVerw. 2000, S. 141 (153). 4 Zur Definition G. Wöhe / U. Döring, BWL, S. 983; W. Eisele, in: E. Dichtl / O. Issing, S. 139 („Aufwand“).

§ 1 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsverfahren

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eine technische Größe, welche die Inanspruchnahme von Wirtschaftsgütern für die Leistungserstellung beschreibt5, z. B. die Zahl der Arbeitsstunden. Während das Kostenrecht bei dem Begriff „Aufwand“ auf dessen betriebswirtschaftliche Definition zurückgreift6, weicht es beim Begriff „Kosten“ vom betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff ab. Hier ist eine nähere Begriffsbestimmung nötig, die den Zusammenhang mit dem „Neuen Steuerungsmodell“ berücksichtigt. Um die zutreffende Begriffsbestimmung zu finden, muß zunächst näherungsweise der betriebs- und volkswirtschaftliche Kostenbegriff ermittelt werden, um sodann eine genaue, im weiteren Verlauf der Untersuchung verwendbare Definition herauszuarbeiten. § 1 Abs. 1 VwKostG definiert als „Kosten“ die „Gebühren und Auslagen“. Damit weicht diese Definition7 zumindest dem Wortlaut nach deutlich von den wirtschaftswissenschaftlichen Kostenbegriffen ab: Aus volkswirtschaftlicher Sicht sind als „Kosten“ die Zusatz- oder Grenzkosten zu verstehen, die durch die private Nutzung der letzten Einheit eines öffentlichen Gutes verursacht werden. Diese Kosten sind als „Opportunitätskosten“ zu verstehen, die den Verzicht beschreiben, den die private Aneignung eines knappen Gutes infolge der dadurch verdrängten Alternativnutzungen der Gesellschaft insgesamt auferlegt8. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht hingegen wird die Leistung nach der Vermögensminderung des Gläubigers bemessen9, also dem tatsächlich entstandenen Aufwand, der – in Geldeinheiten bewertet – zum betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff10 führt. Der Unterschied zwischen dem volks- und dem betriebswirtschaftlichen Begriff soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: Ein Bürger beantragt an einem Freitagnachmittag kurz vor Dienstschluß über seine Gemeinde den Umtausch seines Führerscheins in den EUKarten-Führerschein. Wegen der Befassung mit diesem letzten Kunden kommt der Gemeindebedienstete – statt noch am Tag des Eingangs – erst am folgenden Montag dazu, einen am Freitag auf dem Postweg eingegangenen Bauantrag einer Firma für eine neue Produktionshalle weiterzuleiten. Dadurch verzögert sich das Genehmigungsverfahren, so daß die Produktion erst einen Tag verspätet aufgenommen werden kann. Aus volkswirtschaftlicher Sicht müßte als Kosten des FührerscheinVgl. E. Gawel, VerwArch. 86 (1995), S. 69 (75). Ganz deutlich zeigt dies Art. 6 Abs. 2 S. 2 BayKostG unter Bezugnahme auf die von der Betriebswirtschaftslehre entwickelte Kosten- / Leistungsrechnung. 7 Wäre diese Legaldefinition richtig, würden die „Kosten“ in Form von Gebühren und Auslagen erhoben, während nach wirtschaftlichem Verständnis die Kosten erst die Voraussetzung dafür sind, daß sie durch die (nachfolgende!) Erhebung gedeckt werden. Schon in den 70er Jahren stellte D. Budäus, VerwArch. 69 (1978), S. 361 (363 m. Fn. 7), fest, daß der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff in der öffentlichen Verwaltung keineswegs einheitlich definiert war, sich aber eine Abkehr vom finanzwirtschaftlichen hin zum betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff abzeichnete. 8 Instruktiv E. Gawel, Umweltabgaben, S. 13. 9 Vgl. E. Gawel, Umweltabgaben, S. 108. 10 Vgl. G. Wöhe / U. Döring, BWL, S. 492; W. Eisele, in: E. Dichtl / O. Issing, S. 139 („Aufwand“); auch E. Gawel, VerwArch. 86 (1995), S. 69 (74); H. P. Klug, BayVBl. 2000, S. 491. 5 6

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Umtauschs der Ausfall von einem Produktionstag berücksichtigt werden, mindestens der dadurch verursachte Steuerausfall zu Lasten des Gemeinwesens. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht hingegen ist den Kosten nur der durch die Bearbeitung des Umtauschantrags verursachte Aufwand (Arbeitszeit des Gemeindebediensteten etc.) zugrundezulegen, also ein weit niedrigerer Betrag. Gegen die Anwendung des volkswirtschaftlichen Begriffs sprechen seine offensichtliche Sperrigkeit und die Unschärfe bei der Meßbarkeit des Ausfalls verdrängter alternativer Güternutzungen. Diese Grenzkosten stellen bei der vereinnahmenden Körperschaft keine Aufwandsposition dar und sind in keinem Haushaltstitel als Ausgabe aufgeführt11. Daher überzeugt für den Bereich öffentlicher Verwaltungskosten nur ein betriebswirtschaftlicher Kostenbegriff, der den Aufwand an der Quelle seiner Entstehung, nicht an seinen mittelbaren Folgen, mißt. Nach dieser groben Abschichtung bedarf der verwaltungskostenrechtliche Begriff noch einer weiteren Verfeinerung, um ihn für die spezifisch juristischen Bedürfnisse verwendbar zu machen. In der Betriebswirtschaftslehre wird zwischen dem „pagatorischen“ und dem „wertmäßigen“ Kostenbegriff unterscheiden. Die pagatorische Sichtweise setzt als Kosten die Zahlungen für Beschaffung oder Wiederbeschaffung des verbrauchten Gutes an, die wertmäßige Sichtweise orientiert sich am Wert des Gutes, bemessen in Geldeinheiten. Der Unterschied kommt dann zum Tragen, wenn ein Gut innerhalb seiner Nutzungsdauer eine wesentliche Wertveränderung erfährt, also ein günstig eingekaufter Rohstoff am Weltmarkt knapp wird und der Marktpreis erheblich steigt. Der pagatorische Kostenbegriff zeichnet diese Wertveränderung nicht zeitgenau nach, sondern setzt entweder den anfangs niedrigen Beschaffungs- oder den am Schluß hohen Wiederbeschaffungspreis an, was bei Gütern mit einer Nutzungsdauer von mehr als einer Rechnungsperiode zu einer Fehlbewertung führt. Demgegenüber kann der wertmäßige Kostenbegriff derartige Wertänderungen periodengerecht nachvollziehen und hat sich in der modernen Betriebswirtschaftslehre durchgesetzt12. Man mag einwenden, die hauptsächlich dienstleistungsorientierte öffentliche Verwaltung benötige gar keine weltmarktabhängigen Rohstoffe, so daß die Übernahme dieser Differenzierung aus der Betriebswirtschaftslehre in die Verwaltungslehre unnötig sei. Jedoch ist zu berücksichtigen, daß auch die Verwaltung bei ihren sächlichen Mitteln starken Preisschwankungen unterworfen ist13, die periodengerecht dargestellt werden sollten. Schließlich spricht für die Verwendung des wertmäßigen Kostenbegriffs auch die einheitliche Handhabung in einer ebenso an wirtschaftlichen Maßstäben orientier11 So E. Gawel, Umweltabgaben, S. 108. Der Schaden liegt beim Unternehmen, dem der Gewinn eines Produktionstages entgangen ist, und bei der Gemeinde, der ein nicht bezifferbarer Steuerausfall entstanden ist. 12 Vgl. D. Budäus, VerwArch. 69 (1978), S. 361 (363 m. Fn. 7); E. Gawel, VerwArch. 86 (1995), S. 69 (76). 13 Beispiele sind das zur Heizung der Bürogebäude bezogene Erdöl und Erdgas (der Weltmarktpreis reagiert bekanntermaßen stark auf die schwankenden Fördermengen der Organisation Erdölexportierender Länder [OPEC]) und die ebenso erheblichen Preisschwankungen unterworfenen Speicherbausteine für Bürocomputer.

§ 1 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsverfahren

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ten Kosten- / Leistungsrechnung14. Diese gewollte Bezugnahme des verwaltungskostenrechtlichen Kostenbegriffs auf den betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff weisen sowohl § 3 VwKostG („Verwaltungsaufwand“) als auch Art. 6 Abs. 2 S. 2 BayKostG15 auf. Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, daß die in § 1 VwKostG verwandte Legaldefinition der „Kosten“ zwar nicht wörtlich, jedoch inhaltlich dem wertmäßigen betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff entspricht und in diesem Sinne der weiteren Untersuchung zugrunde zu legen ist.

II. Die Erstattungsfähigkeit dieser behördlichen Aufwendungen Nachdem soeben die behördlichen Aufwendungen als solche unter den verwaltungsrechtlichen Kostenbegriff subsumiert werden konnten, soll nun dargestellt werden, in welchem Umfang sie im Verwaltungsverfahren erstattungsfähig sind und in welchem Umfang umgekehrt der Bürger seinerseits eine Erstattung seiner Aufwendungen verlangen kann. Ausgehend von einem am betriebeswirtschaftlichen Kostenbegriff orientierten Verständnis sieht § 1 Abs. 1 VwKostG die Erhebung von Gebühren und Auslagen für die Verwaltungstätigkeit, sog. Verwaltungsgebühren und Auslagen, vor. Das Landesrecht kennt daneben noch die Erhebung von Gebühren und Auslagen für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen16, sog. Benutzungsgebühren und Auslagen. Letztere sollen im Folgenden außer Betracht bleiben, weil sie für den Vergleich der Kostenerstattung im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren mit der Kostenerstattung im Verwaltungsgerichtsverfahren nicht zugrundegelegt werden können. Alle drei Verfahrensstufen kennzeichnet die auf einen Veranlasser bezogene Kostenentstehung durch behördliches Tätigwerden, nicht durch Bereitstellung einer öffentlichen Einrichtung. Der Gebührenbegriff ist verfassungsrechtlich nicht eigenständig geregelt17. Herkömmlich werden als „Gebühren“ öffentlich-rechtliche Geldleistungen bezeichnet, die aus Anlaß individuell zurechenbarer, öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken18. In dieser leistungsbezogenen KoIn diesem Sinne H. P. Klug, BayVBl. 2000, S. 491. „Soweit Behörden über eine Kosten- / Leistungsrechnung verfügen, sind deren Ergebnisse der Ermittlung des Verwaltungsaufwands zugrunde zu legen.“ 16 Vgl. Art. 21 Abs. 1 S. 1 BayKostG. 17 Vgl. BVerfGE 50, 217 (225 f.); E. v. 10. 03. 1998, DVBl. 1998, S. 699 (701); BVerwGE 95, 188 (200); jeweils std. Rspr. 18 Ebenda und BVerfG v. 11. 08. 1998, DVBl. 1998, S. 1220 (1221); vgl. z. B. auch Art. 8 BayKAG (Benutzungsgebühren). 14 15

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

stendeckung liegt die besondere Zweckbestimmung der Gebühr19. Während die Steuer der allgemeinen Einkunftserzielung des Gemeinwesens dient20, zeichnet sich die Gebühr durch ihre beinahe synallagmatische Verknüpfung von (Verwaltungs-) Leistung und (Gebühren-) Gegenleistung aus. Dieser Gebührenbegriff wird vorläufig der weiteren Untersuchung zugrundegelegt. Er bedarf hier noch keiner näheren Prüfung, weil in diesem Zusammenhang das „Ob“ einer Erstattung im Vordergrund steht, nicht das „Wieviel“21. Beide Abgabenarten gemeinsam dienen der Finanzierung des öffentlichen Rechtsträgers. Wenn die Gebühreneinnahme für die Deckung der Kosten einer Verwaltungsleistung nicht ausreicht, muß der Fehlbetrag notwendigerweise aus allgemeinen Steuermitteln und sonstigen Finanzierungsquellen aufgebracht werden. Um möglichst eine Gebührendeckung der Verwaltungskosten zu erzielen, sieht § 3 VwKostG vor, den Verwaltungsaufwand einerseits und die Bedeutung oder den wirtschaftlichen Wert der Amtshandlung andererseits in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Dabei dürfen die Gebühren den durchschnittlichen Personal- und Sachaufwand insgesamt nicht übersteigen. Das praktische Problem liegt hier in der Bestimmung des mit der Amtshandlung verbundenen Aufwands. Ohne verläßliche Zahlen, die nur eine Kosten- / Leistungsrechnung bieten kann22, muß es bei Schätzungen bleiben. Eine weitere tatsächliche Einschränkung der Gebührenerhebung liegt darin, daß viele behördliche Tätigkeiten überhaupt nicht vom Gebührenrecht erfaßt werden. Wegen des im Gebührenrecht streng geltenden Gesetzesvorbehalts ist die Gebührenerhebung an die Kostengesetze des Bundes bzw. der Länder gebunden; nur für die als gebührenerheblich bezeichneten Tätigkeiten kann im dortigen Umfang eine Gebühr bzw. Auslage erhoben werden. Insbesondere die vorbereitenden oder begleitenden, nicht zu einem förmlichen Verfahrensabschluß führenden behördlichen Leistungen können meist nicht abgerechnet werden. Besonders deutlich wird dies im jüngst vereinfachten Baurecht im Freistaat Bayern, in dem Entwurfsverfasser oft die Beratungsleistungen der Behörde in Anspruch nehmen, ohne daß die Baumaßnahme überhaupt genehmigungspflichtig wird. Mangels Genehmigungspflicht besteht kein Gebührentatbestand (bloße Beratungen werden als kostenloser Bürgerservice angesehen), so daß der Behörde Personal- und Sachaufwand ohne jegliche Gegenleistung entsteht. In solchen Verfahren trägt die Allgemeinheit die Kosten einer spezifisch individuell-begünstigenden Leistung. Auch in anderen Bereichen führt der Gedanke der „Bürgerfreundlichkeit“ dazu, daß ein außergewöhnliches Entgegenkommen gegenüber dem Einzelnen mit einer erheblichen Belastung der Allgemeinheit erkauft wird. Der Einzelne freut sich, er stöhnt allenfalls als Teil der Allgemeinheit über die Höhe der Steuerlast. 19 20 21 22

Siehe BVerfGE 20, 257 (269); E 49, 343 (352 f.); E 50, 217 (226). Vgl. BVerfGE 49, 343 (353); vgl. § 3 AO. Dazu ausführlich unten § 5 A. I. Vgl. jetzt Art. 6 Abs. 2 S. 2 BayKostG.

§ 1 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsverfahren

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Im Vollzug des Kostenrechts, der schwierig und arbeitsaufwendig ist und wertvolle Arbeitskraft bindet23, erhebt die Verwaltung die Gebühren und Auslagen in Form einer – meist mit ihrer Entscheidung in der Hauptsache verbundenen24 – Kostenentscheidung. Darin bestimmt die Kostenlastentscheidung den kostenpflichtigen Sachverhalt und stellt den Kostenschuldner fest. Die Kostenhöhenentscheidung beziffert die zu zahlenden Beträge, je nach Gebührenrecht nach festen Gebührensätzen, Pauschalsätzen oder Rahmensätzen. So wird einem die Amtshandlung veranlassenden Bürger zumindest ein Teil des entstandenen Verwaltungsaufwands auferlegt. Hat die Behörde unrichtig gehandelt, darf sie gem. § 14 Abs. 2 S. 1 VwKostG keine Kosten erheben; zu Unrecht erhobene Kosten sind gem. § 21 Abs. 1 VwKostG zu erstatten. Umgekehrt hat der Bürger aus dem Verwaltungskostenrecht jedoch keinen Anspruch auf Erstattung etwaiger ihm im Verfahren entstandener Aufwendungen. Die Sonderregelung des § 80 Abs. 1 und 2 VwVfG gilt nur im Widerspruchsverfahren, nicht im Ausgangsverfahren. Erst recht gilt der Ausschluß jeglicher Erstattung dann, wenn das Fachgesetz den Bürger explizit zur Tragung seines Aufwands verpflichtet, wie z. B. § 11 Abs. 6 S. 2 FeV bei der Anforderung eines Gutachtens durch die Behörde im Fahrerlaubnisverfahren25. Zusammenfassend ist festzustellen, daß eine Behörde im Verwaltungsverfahren durchaus ihren tatsächlichen Aufwand zugrundelegen und im Rahmen der – z. B. aus sozialstaatlichen Erwägungen bestehenden – fach- und kostenrechtlichen Einschränkungen vom Bürger erstattet erhalten kann. Eine kostendeckende, d. h. die veranlaßten Einzel- und anteiligen Gemeinkosten26 abdeckende Erstattung scheitert jedoch am Fehlen einer verläßlichen Kostenrechnung. Dem Bürger steht im Ausgangsverfahren kein Anspruch gegen die Behörde auf Aufwendungsersatz zu. Hierin liegt ein Ungleichgewicht zwischen der kostenrechtlichen Stellung der Verwaltung und jener des Bürgers.

III. Zwischenergebnis Dem Rechtsträger einer Behörde entsteht für deren Tätigwerden erheblicher Personal- und Sachaufwand. Unter „Aufwand“ wird entsprechend der betriebswirtschaftlichen Definition der periodengerecht abgegrenzte Werteverzehr verstanden, „Kosten“ sind in Geldeinheiten bewerteter Aufwand. Die Anlehnung an die Betriebswirtschaft ist erforderlich, um Unschärfen zwischen den unterschiedlichen 23 H. Mertin, ZRP 2000, S. 81, stellt zum Gerichtskostenrecht sogar fest, der betriebene Aufwand stehe häufig in keinem Verhältnis zur Höhe der berechneten Kosten. 24 Vgl. § 14 Abs. 1 S. 2 VwKostG. 25 Hat die Behörde Zweifel an der Fahreignung des Bürgers, kann sie ihn zur Vorlage eines Gutachtens auffordern. Selbst wenn das vorgelegte Gutachten die Zweifel entkräftet, hat der Bürger die Gutachtenkosten zu tragen. 26 Dazu K. Vogel, FS Geiger, S. 535.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Nuancen der in den Gesetzestexten verwendeten Begriffe zu vermeiden und Wertungswidersprüche zu dem an der Betriebswirtschaft orientierten „Neuen Steuerungsmodell“ zu verhindern. Bei diesem Aufwand erzielt die Behörde im Verwaltungsverfahren eine zumindest teilweise Kostendeckung, indem sie Gebühren und Auslagen für ihre Verwaltungstätigkeit nach dem Veranlasser- oder Vorteilsprinzip erhebt. Der tatsächliche Kostendeckungsgrad ist unbekannt, solange in den Behörden keine betriebswirtschaftliche Kosten- / Leistungsrechnung eingeführt ist, die einen genauen Vergleich zwischen Kosten und Einnahmen erlaubt. Dem Bürger steht im Verwaltungsverfahren grundsätzlich kein Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen zu.

B. Die im Widerspruchsverfahren entstehenden Aufwendungen Im Widerspruchsverfahren, das trotz seines Vorschaltcharakters für nachfolgende Verwaltungsgerichtsverfahren stets ein Verwaltungsverfahren bleibt27, entstehen den Rechtsträgern der Behörden ebenfalls Aufwendungen. Diese Aufwendungen und ihre Abwälzung auf den Widerspruchsführer sind für den späteren Vergleich mit der prozessualen Situation nun darzustellen.

I. Die behördlichen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren Die behördliche Tätigkeit beginnt im Widerspruchsverfahren mit dem Eingang des förmlichen Widerspruchs bei der Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde nach §§ 69 und 70 VwGO. Geht der Widerspruch bei letzterer ein, leitet sie ihn zur förmlichen und inhaltlichen Prüfung zunächst der Ausgangsbehörde zu, damit diese über eine Abhilfe entscheiden kann. Die Ausgangsbehörde prüft den Widerspruch auf Zulässigkeit und Begründetheit. Ist beides gegeben, wird sie ihm gemäß § 72 VwGO abhelfen und die Kostenlast einschließlich der Erstattung der Aufwendungen für einen Bevollmächtigten des Widerspruchsführers dem Rechtsträger der Behörde nach § 80 VwVfG auferlegen. Ist der Widerspruch nach Auffassung der Ausgangsbehörde unzulässig oder unbegründet, leitet sie ihn mit einem Vorlageschreiben und den gesamten Verfahrensakten der Widerspruchsbehörde zu. Bei der Ausgangsbehörde entstehen in beiden Fällen Aufwendungen vor allem an Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter und an Auslagen für den Versand. Die Widerspruchsbehörde prüft die Sach- und Rechtslage und hält entweder die Ausgangsbehörde zur Abhilfe an28, oder entscheidet selbst und erläßt einen Wider27 Vgl. E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 25 und 196. 28 Diese kann bei einer Abhilfe wegen § 14 Abs. 2 S. 1 VwKostG keine eigenen Aufwendungen geltend machen.

§ 1 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsverfahren

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spruchsbescheid gemäß § 73 VwGO. Auf ihrer Ebene entsteht dabei weiterer Personal- und Sachaufwand. Das Widerspruchsverfahren endet mit der (förmlichen) Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde. So bleibt als Zwischenergebnis festzuhalten, daß auch im Widerspruchsverfahren bei den Behörden hauptsächlich Personalaufwand entsteht. Dieser Aufwand entspricht qualitativ dem im Ausgangsverfahren entstehenden Aufwand, so daß der verwaltungsrechtliche Kostenbegriff hier ebenfalls einschlägig ist.

II. Die Erstattungsfähigkeit dieser behördlichen Aufwendungen Um den Vergleich zum Ausgangsverfahren vollständig ziehen zu können, muß nun die Erstattungsfähigkeit der im Widerspruchsverfahren entstehenden Kosten geprüft werden. Als Stufe zwischen Ausgangs- und Gerichtsverfahren könnte dem Widerspruchsverfahren eine gewisse Hinweiswirkung für die gesetzgeberischen Motive im Bereich der prozessualen Kostenerstattung zukommen. Ist der Widerspruch erfolgreich, trifft die Widerspruchsbehörde mit der Entscheidung zur Sache eine Kostenentscheidung nach § 73 Abs. 3 S. 2 VwGO und legt dem Rechtsträger der Ausgangsbehörde die Kosten einschließlich der Erstattung der eventuellen Aufwendungen für einen Bevollmächtigten des Widerspruchsführers auf (sog. Kostengrundentscheidung nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Diese Regelung ist Lex specialis gegenüber den §§ 154 ff. VwGO. Der Vorrang gründet sich auf die Entstehungsgeschichte des § 80 VwVfG und darauf, daß keine für eine analoge Anwendung der §§ 154 ff. VwGO sonst notwendige planwidrige Gesetzeslücke mehr besteht29. § 80 Abs. 2 VwVfG lehnt sich an die verwaltungsprozessuale Regelung des § 162 Abs. 2 VwGO an. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind ebenso im notwendigen Umfang erstattungsfähig. Sie stellen Kosten innerhalb der nach § 80 Abs. 1 VwVfG zu treffenden Kostenentscheidung dar30. Diese Möglichkeit der Erstattung von Kosten für einen Bevollmächtigten bezweckt, ein Übergewicht der Behörde an sachlicher und personeller Ausstattung gegenüber dem Bürger auszugleichen und „Waffengleichheit“ zwischen Bürger und Verwaltung herzustellen31. Hat der Widerspruch keinen Erfolg, wird die Kostenlast dem Widerspruchsführer durch Erhebung einer Widerspruchsgebühr zuzüglich Auslagen auferlegt. Für 29 Dazu BVerwG v. 05. 09. 1984, DVBl. 1985, S. 167 (168); auch K. Rennert, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 73, Rn. 27 m. w. N. 30 Vgl. BVerwG v. 05. 09. 1984, DVBl. 1985, S. 167. Es handelt sich um die wichtigsten, aber nicht die einzigen erstattungsfähigen Aufwendungen des Widerspruchsführers. Zur Zuziehung eines Rechtsanwalts durch eine Behörde im Widerspruchsverfahren siehe OVG Magdeburg v. 29. 04. 1997, LKV 1998, S. 319; VG Freiburg / Br. v. 19. 06. 1998, VBlBW 1998, S. 477. 31 So O. Mallmann, NVwZ 1983, S. 338 (339) m. w. N.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

diese Widerspruchsgebühr liegt regelmäßig keine genaue Aufwandskalkulation zugrunde, sondern der gesetzlich bestimmte Multiplikator der Grundgebühr32 wird angewandt. Die tatsächlichen Aufwendungen können niedriger, eher aber deutlich höher liegen. Eine genaue Kalkulation für exakte Aussagen zum tatsächlichen Kostendeckungsgrad gibt es nicht. Ist schon die mit der Amtshandlung verknüpfte Verwaltungsgebühr ohne aussagekräftige Kalkulationsgrundlage zustande gekommen, gilt dies erst recht bei der – zugegeben erheblich vereinfachenden – Zuschlagskalkulation im Widerspruchsverfahren. Als hinreichende Rechtfertigung für die finanzielle Belastung des Widerspruchsführers genügt jedoch bis zur flächendeckenden Einführung einer Kosten- / Leistungsrechnung und einer damit zwingend verbundenen Neukalkulation des Gebührenwesens der parlamentarische Gesetzesvorbehalt, verbunden mit einer dem Art. 3 Abs. 1 GG entsprechenden Gleichbehandlung aller Bürger. Schließt sich an das Widerspruchsverfahren ein Verwaltungsgerichtsverfahren an, das (auch) zu einer gerichtlichen Kostenentscheidung führt, entscheidet das Gericht in seiner Kostengrundentscheidung zugleich über das Fortbestehen der Kostengrundentscheidung der Widerspruchsbehörde mit (vgl. § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO). Obsiegt der Bürger, erwächst ihm dort ein eigener prozessualer Kostenerstattungsanspruch.

III. Zwischenergebnis Im Widerspruchsverfahren entsteht ebenfalls Personal- und Sachaufwand. Der Kostendeckungsgrad der Gebühren und Auslagen bleibt ebenso ungeklärt; die Erhebung von Gebühren und Auslagen folgt dem Veranlasserprinzip. So erhält die Behörde bei ihrem Obsiegen einen nicht näher kalkulierten und bestimmbaren Teil ihrer Aufwendungen erstattet. Bei ihrem Unterliegen hat sie umgekehrt dem Widerspruchsführer seine Aufwendungen im notwendigen Umfang zu erstatten. Er erhält im Fall eines erfolgreichen Widerspruchs die Kosten seines Bevollmächtigten nach § 80 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwVfG erstattet, weil ihm für das kontradiktorische Widerspruchsverfahren eine qualifizierte Vertretung zum Ausgleich eines fachlichen Übergewichts der Behörde zugestanden wird. Anders als das Ausgangsverfahrens paßt sich das Widerspruchsverfahren kostenrechtlich dem Unterliegensprinzip der verwaltungsgerichtlichen Kostenentscheidung an. Das Widerspruchsverfahren ist seinem Wesen und Zweck nach noch Verwaltungsverfahren, steht seinem Regelungsort und seinem Kostenerstattungsrecht nach jedoch dem Verwaltungsgerichtsverfahren als dessen Vorstufe erkennbar nahe. Von besonderem Interesse ist dabei die Balance zwischen dem Anliegen der Kostendeckung auf Seiten der Verwaltung einerseits und dem Ziel der Kostenfreistellung eines obsiegenden Bürgers andererseits. Eine völlige Kostenfrei32 Vgl. Art. 9 Abs. 1 S. 1 BayKostG: Die Widerspruchsgebühr beträgt das Eineinhalbfache der Gebühr im Ausgangsverfahren.

§ 2 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren

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heit kennt das Widerspruchsverfahren nicht. Es sieht im Bürger kostenmäßig den Veranlasser, dem im Fall seines Unterliegens Kosten auferlegt werden können und dürfen. Diese Erkenntnis wird für die prozessuale Kostenerstattung noch von Bedeutung sein.

§ 2 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren und ihre Erstattungsfähigkeit Nach der vorangegangenen Darstellung der behördlichen Aufwendungen im Ausgangs- und im Widerspruchsverfahren sollen nun die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren dargestellt werden mit dem Ziel, etwaige Unterschiede in der Erstattungsfähigkeit zwischen Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren herauszuarbeiten. Zunächst wird § 162 VwGO als zentrale Erstattungsregelung in seiner prozessualen Einbettung im System der §§ 154 ff. VwGO näher untersucht, anschließend werden die einzelnen behördlichen Aufwendungen näher erläutert.

A. Die Entwicklung des § 162 VwGO als zentraler Erstattungsregelung § 162 VwGO gehört zum „Urgestein“ der Verwaltungsgerichtsordnung und weist über § 162 Abs. 1 VwGO die Verbindung zur Vertretungsregelung des § 67 VwGO (sog. „Behördenprivileg“) und über § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO die Verbindung zum Widerspruchsverfahren des § 68 VwGO auf. Beide Bereiche haben seit Schaffung der Verwaltungsgerichtsordnung jedoch eine grundlegende Neuorientierung erfahren. Während andere Regelungen in der Verwaltungsgerichtsordnung, z. B. über den Eilrechtsschutz und die Rechtsmittelverfahren, mehrfach und einschneidend seit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung am 01. 04. 196033 geändert worden sind34, blieb das Kostenrecht der §§ 154 ff. VwGO weitgehend unverändert35. § 162 Abs. 1 und 3 VwGO blieben sogar völlig unverändert36; allein § 162 Abs. 2 VwGO wurde jüngst um eine Erstattungsregelung für behördliche Auslagen erweiVerwaltungsgerichtsordnung v. 21. 01. 1960, BGBl. I, S. 17 ff. Zu diesen Reformen gibt M. Dolderer, FS Brohm, S. 245 ff., einen prägnanten Überblick. 35 Dazu S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Vorb. § 154, Rn. 1 und § 162, Rn. 1. 36 Vgl. den „Urtext“: Verwaltungsgerichtsordnung v. 21. 01. 1960, BGBl. I, S. 17 (36). 33 34

3 Dietz

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

tert37. Anders als andere Teile der Verwaltungsgerichtsordnung blieb § 162 VwGO somit fast unberührt von den Reformen im Prozeßrecht38. I. § 162 VwGO im System der Kostenentscheidung Zunächst soll die verwaltungsprozessuale Systematik des § 162 VwGO untersucht und sodann der Vergleich mit anderen Prozeßordnungen gezogen werden. § 162 VwGO wird maßgeblich vom Unterliegensprinzip geprägt und gewinnt seine besondere Bedeutung als Regelung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs. 1. Der Unterliegensgrundsatz Der Verwaltungsprozeß ist als kontradiktorisches Verfahren angelegt. Die Kostengrundentscheidung folgt dem prozessualen Erfolg in der Streitsache. Obsiegt ein Beteiligter, hat der andere die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 und 2 VwGO); obsiegt jeder Beteiligte nur teilweise, werden die Kosten entsprechend geteilt oder gegeneinander aufgehoben (§ 155 Abs. 1 S. 1, § 160 VwGO). Nimmt ein Beteiligter gestellte Anträge zurück oder verursacht er sonst durch sein Verhalten Kosten, hat er sie zu tragen (§§ 154 Abs. 4, 155 Abs. 2 bis 4, 156 VwGO). Erledigt sich das Verfahren in anderer Weise als durch gerichtliche Entscheidung zur Hauptsache, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten (§ 161 Abs. 2 VwGO). Der hier zum Ausdruck gelangende Grundsatz, daß derjenige die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, der in der Hauptsache unterliegt oder unterlegen wäre, ist als Unterliegensgrundsatz nicht nur für die Verwaltungsgerichtsordnung, sondern auch für die Zivilprozeßordnung charakteristisch. Er wird allgemein – wenn auch nicht verfassungsrechtlich gefordert – so doch jedenfalls für unbedenklich und sachgerecht gehalten39 und formt das Kostenrecht einschließlich des § 162 VwGO wesentlich. 2. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch Die Parallelität von § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO und §§ 154 ff. VwGO verführt dazu, die zu § 91 ZPO entstandene Rechtsauffassung unbesehen auf § 162 VwGO zu übertragen40, weil in beiden Normsystemen der prozessuale Kostenerstattungsan37 Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3987 (3989). 38 Das Bundesverfassungsgericht äußerte keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm, vgl. BVerfG v. 11. 12. 1991, 1 BvR 808 / 88, S. 2 f. (unveröffentlichter Urteilsabdruck). 39 So D. Lorenz, VwGO, § 42, Rn. 2. 40 Als Beispiel siehe P. Hartmann, in: A. Baumbach / W. Lauterbach, ZPO, § 91, Rn. 303.

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spruch nach dem Unterliegensgrundsatz geregelt wird. Es ist jedoch näher zu prüfen, ob nicht grundsätzliche Unterschiede beider Verfahrensordnungen einer unbesehenen Gleichbehandlung entgegenstehen. Der in §§ 154 ff. VwGO geregelte und in § 162 VwGO konkretisierte prozessuale Kostenerstattungsanspruch resultiert aus dem besonderen Prozeßrechtsverhältnis zwischen den Parteien bzw. Beteiligten eines Gerichtsverfahrens. Er tritt als eigener Rechtsgrund neben den materiellen Kostenerstattungsanspruch und weist eine andere Rechtsnatur auf. Er basiert nicht auf dem früher erwogenen Modell einer Haftung für unrechtmäßige Prozeßführung, sondern auf dem Gedanken einer Gefährdungs- bzw. Veranlasserhaftung41. Die – auch erfolglose – Prozeßführung wird weder als rechtswidrig noch als vorwerfbar, sondern grundsätzlich als erlaubt angesehen42, so daß sie für sich alleine keine deliktischen Ansprüche auslöst43. Sie ist jedoch im Hinblick auf das eingegangene Kostenrisiko insoweit gefährdend, als ein Prozeßbeteiligter durch seine Prozeßführung dem anderen Beteiligten ein Kostenrisiko aufzwingt, das sich im Fall eines Unterliegens realisiert. Damit steht der prozessuale Kostenerstattungsanspruch gedanklich der Gefährdungshaftung nahe, nicht der Deliktshaftung. Während der prozessuale Kostenerstattungsanspruch also im jeweiligen Verfahrensrecht und dem Unterliegensprinzip gründet44, in seiner Reichweite auf die Erstattung notwendiger Kosten und Prozeßkosten beschränkt ist45 und dem Ziel dient, die mit dem Prozeß verbundene Kostenlast nicht ausufern zu lassen46, gehört der materielle Kostenerstattungsanspruch zum allgemeinen Schadensersatzrecht47. Der Unterschied zwischen beiden Ansprüchen wird bei Kosten deutlich, die zwar aus subjektiver Sicht einer Partei durch den Prozeß veranlaßt sind, aber objektiv nicht notwendig sind. Ein Beispiel sind vorprozessual eingeholte Gutachten48, die später vom Gericht nicht als Entscheidungsgrundlage herangezogen worden sind. Nach den Maßstäben des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs sind sie mangels objektiver Notwendigkeit für die Prozeßführung nicht erforderlich und damit grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Je nach Rechtsverhältnis der Prozeßbeteilig41 So E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 35 f.; W. Grunsky, Gutachten A zum 51. DJT, S. A 66 f.; M. Lipp, NJW 1992, S. 1913 (1921). 42 Vgl. E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 36; im Ergebnis auch M. Lipp, NJW 1992, S. 1913 (1921). 43 Eine deliktische Haftung des Prozeßführers kann ausnahmsweise entstehen, wenn er den Prozeß vorsätzlich als Instrument einer Schädigung des Gegners mißbraucht (z. B. Rufschädigung). 44 Vgl. F. Lappe, Justizkostenrecht, S. 12; M. Lipp, NJW 1992, S. 1913 (1921); F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (344) m. w. N. 45 Vgl. E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 36, 179, 189. 46 So E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 177. 47 Vgl. E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 185, 189; F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (344); D. Wolst, in: H.-J. Musielak, ZPO, Vor § 91, Rn. 15. 48 Vertiefend E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 189.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

ten untereinander können sie aber möglicherweise im Rahmen des materiellen Kostenerstattungsanspruchs geltend gemacht werden49. Diese Einordnung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs erlangt für die Anwendung des § 162 VwGO in den Situationen besondere Bedeutung, in denen zwischen klagendem Bürger und beklagtem Rechtsträger der Verwaltung keine Sonderrechtsbeziehung im Sinne einer materiellen Schadensersatzpflicht, sondern außer dem Verwaltungsverfahren nur die prozessuale Sonderbeziehung besteht. Anders als im Zivilprozeß, in welchem den streitbefangenen Ansprüchen regelmäßig materiellrechtliche vertragliche oder gesetzliche Schuldverhältnisse zwischen den Parteien zugrundeliegen, bestehen im Verwaltungsprozeß nur selten derartige Beziehungen zwischen den Beteiligten. Der materielle Kostenerstattungsanspruch wird im Zivilprozeß regelmäßig über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch hinausreichen und z. B. aus der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten oder der Begründung gesetzlicher Schuldverhältnisse heraus einen Anspruch der obsiegenden Partei auf umfassenden „Schadensausgleich“ gegen die unterlegene, den Prozeß herausfordernde Partei entstehen lassen50. Diese Situation ist mit der im Verwaltungsprozeß nicht vergleichbar. Dort ist die Verwaltung schon durch den Gesetzesvorbehalt auf die Geltendmachung der ihr durch das Kostenrecht und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch eingeräumten Erstattungsansprüche beschränkt, sieht man von eng umgrenzten Ausnahmen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vertragshaftung ab51. Wie bereits die Prüfung der verwaltungskostenrechtlichen Normen aufgezeigt hat, bleibt dem Rechtsträger der obsiegenden Behörde nur ein im Umfang äußerst beschränkter Erstattungsanspruch aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht. Steht der Verwaltung dazu nur ein – auch im Verwaltungsprozeß restriktiv gehandhabter – prozessualer Kostenerstattungsanspruch zu, muß der behördliche Rechtsträger ungeachtet seines prozessualen Erfolges den größten Teil seiner Kosten aus allgemeinen Haushaltsmitteln decken. Die einengende Handhabung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ist im Zivilprozeß gerechtfertigt, weil die Parteien vor wuchernden Prozeßkosten bewahrt werden sollen und gegebenenfalls über weiterreichende materielle Kostener49 Zur Erstattungsfähigkeit eines vorprozessual eingeholten Gutachtens vgl. OLG Köln v. 14. 10. 1985, NJW 1986, S. 1546 f., unter ausdrücklichem Hinweis darauf, daß der Geschädigte die Gutachtenskosten im prozessualen Kostenerstattungsanspruch nur im Umfang seines Obsiegens, im materiellen Kostenerstattungsanspruch aber möglicherweise in vollem Umfang würde erstreiten können. Ähnlich jetzt BGH v. 22. 11. 2001, NJW 2002, S. 680 f.; auch D. Wolst, in: H.-J. Musielak, ZPO, Vor § 91, Rn. 16. 50 Dies gilt z. B. für vorprozessuale Aufwendungen zur Rechtsverfolgung, die aus Sicht des Geschädigten subjektiv erforderlich waren, vgl. BGH v. 30. 04. 1986, NJW 1986, S. 2243 (2244 f.). Die Frage, ob die weitere Einschränkung des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO auf objektiv erforderliche Aufwendungen entsprechend heranzuziehen sei, wurde in dieser Entscheidung ausdrücklich offengelassen. 51 Z. B. für Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo im Vorfeld eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, vgl. BVerwG v. 30. 04. 2002, DVBl. 2002, S. 1555 f. mit kritischer Anmerkung von M. Kellner, DVBl. 2002, S. 1648 ff.

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stattung einen Ausgleich ihres finanziellen Schadens erlangen können. Dieser Weg ist einer im Verwaltungsprozeß obsiegenden Behörde jedoch durch den Gesetzesvorbehalt verwehrt52; ihr steht regelmäßig kein über den prozessualen Kostenerstattungsanspruch hinausgehender materieller Kostenerstattungsanspruch zu. Darin liegt trotz aller Parallelität ein wesentlicher Unterschied zwischen § 162 VwGO einerseits und § 91 ZPO andererseits, der einer einfachen Übernahme zivilprozessualer Restriktionen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs auf den verwaltungsprozessualen Kostenerstattungsanspruch entgegensteht.

II. Die Veränderung des prozessualen Umfeldes Wie soeben dargelegt, blieb § 162 VwGO von den tiefgreifenden Änderungen im Verwaltungsprozeßrecht weitgehend verschont. Hingegen sind das behördliche Selbstvertretungsrecht gemäß § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO, das Widerspruchsverfahren in seiner Funktion als notwendige Prozeßvoraussetzung gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO, das behördliche Fehlerbeseitigungsrecht nach §§ 87 Abs. 1, 94 S. 2, 114 S. 2 VwGO sowie das Zugangsrecht zur zweiten Instanz erheblich umgestaltet worden. Alle vier Bereiche wirken unterschiedlich auf die Grundfrage dieser Untersuchung, die Reichweite eines behördlichen Kostenerstattungsanspruchs, ein und bedürfen daher einer näheren Betrachtung ihrer Auswirkungen auf eine behördliche Kostenerstattung.

1. Die behördliche Prozeßvertretung gemäß § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO Die öffentliche Hand muß in jedem gegen sie geführten Prozeß vertreten sein. Diese Forderung ergibt sich unausweichlich aus Sinn und Zweck des Verwaltungsprozesses und dem dahinter stehenden Rechtsstaatsprinzip i. V. m. der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG53. Ihre Vertretung verursacht den Rechtsträgern der Behörden jedoch erheblichen Personal- und Sachaufwand54. Das „Behördenprivileg“ des § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO gibt den juristischen Personen des öffentlichen Rechts und den Behörden die Möglichkeit, sich zu Zwecken der Kostenersparnis55 u. a. durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum 52 Jede nicht aufgrund Gesetz stattfindende Belastung des Bürgers mit einer Abgabe verletzt ihn in seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Handlungsfreiheit, vgl. BVerfGE 19, 206 (215 f.); auch E 80, 137 (153). 53 Zur Bedeutung der mündlichen Verhandlung K. Redeker, NJW 2002, S. 192 f.; allgemeiner zur verhandelnden Verwaltung E. Schmidt-Aßmann, FS Brohm, S. 547 ff. 54 Allein im Freistaat Bayern betrug die Zahl der Neuzugänge an allgemeinen Verwaltungsgerichtsverfahren (ohne Asylstreitigkeiten) 1998 insgesamt 10.773 Verfahren; an 1.304 Verfahren war zusätzlich ein Vertreter des öffentlichen Interesses beteiligt (Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Jahrb. 2001, S. 121). 55 Vgl. C. Meissner, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 67, Rn. 6a.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Richteramt vertreten zu lassen. Die Anforderungen an die Qualifikation dieser Bediensteten sind grundsätzlich dieselben wie an die von Rechtsanwälten56. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber einen Mittelweg beschritten, der den vertretenen Behörden und den anderen Prozeßbeteiligten die Kosten einer anwaltlichen Vertretung ersparen sollte, jedoch keine Abstriche bei der fachlichen Qualität der Vertretung zuläßt. Welche Bedeutung die Frage der Kostenersparnis in jüngerer Zeit gewonnen hat, soll an der Entwicklung der behördlichen Prozeßvertretung im Freistaat Bayern illustriert werden: Mit der Schaffung des Verwaltungsgerichtshofs im Jahr 1878 und seiner institutionellen Trennung von den Behörden begann im damaligen Königreich Bayern die Trennung von Verwaltung und Verwaltungsrechtspflege57. Nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ und der Notwendigkeit eines Neubeginns in der gesamten Rechtspflege schuf der Freistaat Bayern 1946 Staatsanwaltschaften beim Verwaltungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichten58. Ihnen wurde die Vertretung des Freistaats im neu eingeführten Parteiprozeß bei gegen den Freistaat gerichteten Anfechtungsklagen und Normenkontrollverfahren übertragen59. 1960 erhielten diese Staatsanwaltschaften zusätzlich die Aufgabe als Vertreter des öffentlichen Interesses60 übertragen. Seit 1975 trugen sie die Bezeichnung „Landesanwaltschaften“. Schließlich erfolgte 1992 ihre umfassende Festschreibung als Vertretungsbehörde des Freistaats vor den Verwaltungsgerichten61. Auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung zur allgemeinen Vertretungsbehörde des Freistaats in Passivprozessen vor den Verwaltungsgerichten entlasteten sie die Fachbehörden enorm; allein im Jahr 1989 waren sie in 3.677 Terminen bei den Verwaltungsgerichten und in 699 Terminen beim Verwaltungsgerichtshof vertreten62. Ab 1997 jedoch änderte die Landespolitik ihren Kurs, als sie die Landesanwalt-

56 Vgl. § 4 BRAO i. V. m. § 5 Abs. 1 DRiG einerseits und § 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG i. V. m. §§ 30 ff. BLV (sowie die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen) andererseits. Die Befähigung zum höheren Dienst (und Richteramt) ist das entscheidende Kriterium auf behördlicher Seite, nicht die besoldungsrechtliche Einstufung, wie BVerwG v. 30. 08. 2001, NVwZ 2002, S. 82, und E. v. 05. 12. 2001, DVBl. 2002, S. 1062 (LS), in Abgrenzung zu Diplomjuristen im gehobenen Dienst feststellten. 57 Zur historischen Entwicklung in Bayern P. Stoeckle, BayVBl. 1979, S. 581 ff.; R. Emmert, BayVBl. 1997, S. 8 (11); H. Maurer, FS 50 Jahre BVerfG, S. 471 ff.; G. Sydow, VerwArch. 92 (2001), S. 389 (401 f.). Die noch früheren Ansätze zur Entwicklung einer gerichtlichen Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen im „Vormärz“ in Baden, Bayern und Württemberg und die Bedeutung des § 182 Paulskirchenverfassung 1848 / 49 stellt G. Sydow, ebenda, S. 392 ff., insbes. S. 397 ff., dar. 58 Art. 3 der Verordnung Nr. 85 zur Ausführung des Verwaltungsgerichtsgesetzes (AVOVGG) v. 27. 09. 1946, GVBl. S. 291; zit. nach P. Stoeckle, BayVBl. 1979, S. 581 (583). 59 Vgl. C. Petzke, BayVBl. 1979, S. 653; P. Stoeckle, BayVBl. 1979, S. 581 (583). 60 Dazu vertiefend W. Rzepka, BayVBl. 1992, S. 295 ff. 61 Art. 16 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) i. d. F. der Bek. v. 20. 06. 1992, GVBl. S. 162; zum Ganzen H. Geiger, BayVBl. 2000, S. 141. 62 Diese Zahlen nennt W. Rzepka, BayVBl. 1990, S. 491 (492).

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schaften bei den Verwaltungsgerichten auflöste, deren Personal und Aufgaben den Bezirksregierungen übertrug und grundsätzlich den Ausgangsbehörden die Prozeßvertretung zuwies63. Diese Entwicklung fand 1999 ihren Abschluß64. Seither liegt die Vertretung des Freistaats vor den Verwaltungsgerichten gemäß Art. 16 S. 1 AGVwGO65 i. V. m. § 5 Abs. 2 S. 1 LABV66 grundsätzlich bei den Ausgangsbehörden. Sie können die Vertretung in Verfahren von besonders herausgehobener Bedeutung oder von außergewöhnlicher prozeßrechtlicher Schwierigkeit gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 LABV auf die Widerspruchsbehörde oder die als Vertreter des öffentlichen Interesses bestellte Behörde, also die Bezirksregierung gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 LABV, übertragen. Angesichts der hohen Hürden für diese Übertragung wird sie nur in wenigen Verfahren vollzogen, so daß regelmäßig die Ausgangsbehörde zugleich die Prozeßbehörde ist. Erst in Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof oder dem Bundesverwaltungsgericht ist noch die Landesanwaltschaft als Vertretungsbehörde gemäß § 5 Abs. 3 S. 1 LABV berufen. So wurde eine ursprünglich als besondere Errungenschaft gewürdigte zentrale Vertretungsbehörde zum Auslaufmodell, das den geänderten politischen Zielsetzungen hinsichtlich Personal- und Kosteneinsparung67 und Ämterabbau nicht mehr zu entsprechen schien. Alle Verteidigungsversuche68 zugunsten des Erhalts selbständiger Landesanwaltschaften blieben erfolglos. Ob die Reform ihre vorgegebenen Ziele tatsächlich erreichte oder ob ein (ggf. reformiertes) Modell der Landesanwaltschaften sparsamer und zukunftsfähiger gewesen wäre69, vermag nicht abschließend beantwortet zu werden. Tatsache ist jedenfalls, daß mit eigenen Haus63 Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Vertreter des öffentlichen Interesses vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit v. 20. 12. 1996, GVBl. S. 552. 64 Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Landesanwaltschaft Bayern, der Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Vertreter des öffentlichen Interesses vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Vertretungsverordnung v. 29. 06. 1999, GVBl. S. 286 f. ; zum Ganzen H. Geiger, BayVBl. 2000, S. 141 (142). 65 Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) v. 20. 06. 1992 i. d. F. v. 28. 03. 2000, GVBl. S. 136. 66 Verordnung über die Landesanwaltschaft Bayern (LABV) v. 04. 11. 1975 i. d. F. v. 29. 06. 1999, GVBl. S. 286. 67 Eine Einsparung von 37 Stellen, entsprechend jährlichen Personalkosten von 2,6 Mio. DM, wurde beabsichtigt; vgl. Staatsminister des Innern G. Beckstein, zit. nach Bayerische Staatskanzlei, Pressemitteilung v. 29. 06. 1999, S. 4. 68 Eine Zusammenstellung der Argumente für eine zentrale Vertretungsbehörde findet sich bei C. Petzke, BayVBl. 1979, S. 653 (654); W. Rzepka, BayVBl. 1990, S. 491 (492 a. E.); ders., BayVBl. 1994, S. 683 f. 69 W. Rzepka, BayVBl. 1994, S. 683 f., stellt einen interessanten Vergleich an: Im Jahr 1993 standen seinen Angaben zufolge Einsparungen von 4,83 Mio. DM durch die Tätigkeit der Landesanwaltschaften einem auf sie entfallenden Gesamtaufwand von 4,56 Mio. DM gegenüber. Er errechnet diese Einsparungen aus 2,95 Mio. DM Einsparungen durch die Aufbereitung der Streitsachen und Wahrnehmung von Terminen und aus weiteren 1,88 Mio. DM, die er in einer Entlastung der Verwaltungsgerichte durch die Prozesse vorbereitende und gütliche Einigungen vermittelnde Arbeit der Landesanwaltschaften sieht. Sind diese Zahlen zutreffend, hätte Kostenneutralität bis hin zu einem geringen Überschuß vorgelegen!

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halts- und Stellenplantiteln versehene Ämter eingespart wurden, jedoch nicht deren Aufgaben. Sie wurden zusammen mit dem Personal anderen Behörden zugeteilt, so daß eine bloße Verlagerung des Aufwands – sieht man von Synergieeffekten durch die Zusammenfassung von Querschnittsaufgaben ab – ohne größere Einsparungen wahrscheinlich erscheint. Im übrigen hat die Zahl der Vertretungen nicht abgenommen; vielmehr stagniert sie angesichts der anhaltenden Prozeßflut ebenso wie die Eingangszahlen bei den Verwaltungsgerichten70 auf hohem Niveau. Dem steuerzahlenden Bürger mag es letztlich gleichgültig sein, ob die Vertretung des Staates von selbständigen Behörden wahrgenommen wird oder nicht. Der Vertretungsaufwand dürfte in der Summe zwischen beiden Modellen kaum differieren, berücksichtigt man die deutlich gestiegenen Reisekosten für die Anreise der Vertreter der Ausgangsbehörde zum Sitz des jeweiligen Verwaltungsgerichts und den abwesenheitsbedingten Arbeitsausfall. Dieser Exkurs illustriert, wie eng die Regelung des § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO mit den Überlegungen zur Kostenersparnis beim Vertretungsaufwand verknüpft ist. Müßte die öffentliche Hand für ihre Vertretung vor den Verwaltungsgerichten auf niedergelassene Rechtsanwälte zurückgreifen71, wozu sie nach dem klaren Wortlaut des § 67 Abs. 2 VwGO auch berechtigt ist72, entstünde den öffentlichen Haushalten ein weit höherer Aufwand und dem jeweiligen Prozeßgegner ein weit höheres Kostenrisiko als gegenwärtig. Jüngst hat der Gesetzgeber eine weitere Einschränkung der Prozeßvertretung durch § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO entfallen lassen. Der Kreis der Vertretungsbefugten vor den Verwaltungsgerichten war bisher nach h. M. grundsätzlich auf Angehörige der am Verfahren beteiligten Behörde73, ausnahmsweise auch einer anderen, demselben Aufgabenkreis angehörigen und ebenso sachnahen Fachbehörde74, beschränkt. Seit dem 01. 01. 2002 können sich die Gebietskörperschaften durch entsprechend qualifizierte Beschäftigte der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des kommunalen Spitzenverbandes ihres Landes vertreten lassen75. Gegen diese Aus70 Für das Jahr 1998 erhob das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Jahrb. 2001, S. 121, eine Zahl von 10.773 Neuzugängen an allgemeinen Verfahren (ohne Asylverfahren) bei den bayerischen Verwaltungsgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof. 71 Zu den Aufgaben eines Rechtsanwalts im Verwaltungsprozeß instruktiv H. Johlen, DÖV 2001, S. 582 ff. 72 So VG Karlsruhe v. 24. 04. 1990, KostRsp. VwGO § 162 Nr. 151; VGH Mannheim v. 17. 08. 1992, NVwZ-RR 1993, S. 111; OVG Lüneburg v. 08. 08. 2001, NVwZ-RR 2002, S. 467 f.; F. O. Kopp / W.-R. Schenke, VwGO, § 162, Rn. 10; W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 68; S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 36; M. Redeker, in: K. Redeker / H.-J. v. Oertzen, VwGO, § 162, Rn. 10; einschränkend J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. 8. 73 BVerwG v. 15. 12. 1994, NVwZ-RR 1995, S. 548; E. v. 22. 12. 2000, FSt. 2001, S. 363 (365); OVG Schleswig v. 22. 09. 1997, NVwZ 1999, S. 784 f.; a. A. C. Meissner, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 67, Rn. 38. 74 BVerwG v. 28. 06. 1995, NVwZ-RR 1996, S. 121; J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 67, Rn. N 7.

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weitung der Vertretungsmöglichkeit erheben sich bereits Stimmen, die eine weitgehende Durchlöcherung des Anwaltsprinzips befürchten76. Somit zeigen die Veränderungen des § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO im Ergebnis die deutliche Tendenz, den Behörden die Eigenvertretung zu erleichtern und unter dem allgemeinen Sparzwang attraktiver zu machen als eine Fremdvertretung durch einen niedergelassenen Rechtsanwalt. Es ist hier nur ein kleiner Schritt von der rechtlichen Möglichkeit einer Eigenvertretung zur fiskalisch bedingten faktischen Pflicht einer Eigenvertretung. Ob die Rechtspolitik eines Tages sogar die Rechtspflicht zur Eigenvertretung festschreiben wird, ist derzeit offen. Jedenfalls wird eine Eigenvertretung der Behörde zum Regelfall; der Verwaltungsprozeß nähert sich aus Sicht beider Beteiligten einem Parteiprozeß an, in dem beide Seiten sorgfältig Erfolgschancen und Kostenrisiken abwägen müssen. Diese Entwicklung muß bei der Erstattungsfrage des § 162 VwGO gewürdigt werden.

2. Der Verzicht auf das Widerspruchsverfahren als Prozeßvoraussetzung nach § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO Ein weiterer, mit der Thematik des § 162 VwGO zusammenhängender Bereich ist das Widerspruchsverfahren. Als Vorschaltverfahren liegt seine praktische Bedeutung bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwGO in der außergerichtlichen Streitbeilegung77. Seine Funktionen werden mit einer Selbstkontrolle der Verwaltung, einem zusätzlichen Rechtsschutz für den Bürger und einer Entlastung der Verwaltungsgerichte umschrieben78. Trotz dieser Funktionsvielfalt wird zunehmend bezweifelt, daß das Widerspruchsverfahren noch zur Entlastung der Verwaltungsgerichte beiträgt. Das Widerspruchsverfahren wird sogar wegen der geringen Erfolgshäufigkeit der Widersprüche und dem sich bei erfolglosem Widerspruch dennoch anschließenden Verwaltungsprozeß gänzlich zur Disposition gestellt79. 75 Art. 1 Nr. 8 c) des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3987 f. Die Vorteile liegen in einer indirekten Absicherung der neuen bayerischen Rechtslage (Vertretung durch die Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde) und in einer für die vertretene Kommune noch günstigeren Vertretung durch ihren Verband für zentrale Musterprozesse. Kritisch zur Neufassung H. Geiger, NJW 2002, S. 1248 (1249 f.). Vertiefend B. Kienemund, NJW 2002, S. 1231 (1236 f.); W. Kuhla / J. Hüttenbrink, DVBl. 2002, S. 85 (86); K. W. Lotz, BayVBl. 2002, S. 353 (355 f.); M.-J. Seibert, NVwZ 2002, S. 265 (269). 76 Vgl. W. Kuhla / J. Hüttenbrink, DVBl. 2002, S. 85 (86). 77 So K. W. Lotz, BayVBl. 1997, S. 257 (261). Zur Bedeutung der außergerichtlichen Streitbeilegung W. Schmitt Glaeser / H.-D. Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 2. 78 Vgl. K.-P. Dolde, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Vorb. § 68, Rn. 1; O. Mallmann, NVwZ 1983, S. 338 (339): D. Oppermann, Die Verw. 30 (1997), S. 517 (521). 79 Zu dieser Diskussion K.-P. Dolde, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 68, Rn. 16.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Der Bundesgesetzgeber hat auf diese Kritik reagiert und mit der Ausdehnung der Ausnahmevorschrift des § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO80 den legislativen Spielraum der Bundesländer deutlich erweitert. Hiergegen erhoben sich beachtliche Einwände, die vortrugen, die Beseitigung des Vorverfahrens in ungeeigneten Bereichen führe zu keiner Entlastung, sondern zu einer Belastung der Verwaltungsgerichte81, der Beweggrund von Einsparungen auf der Verwaltungsseite reiche als Rechtfertigung nicht aus82 und der vordergründige Beschleunigungseffekt der schnelleren Anrufung der Verwaltungsgerichte führe bei diesen zu einer längeren Verfahrensdauer83. Dennoch haben die Parlamente der Bundesländer ihren neu gewonnenen Handlungsspielraum genutzt und von der Regelung Gebrauch gemacht. Der Freistaat Bayern beispielsweise hatte 1992 nur für einen Rechtsbereich den Verzicht auf das Widerspruchsverfahren angeordnet, 1997 schon für sieben, 1999 für dreizehn, 2000 sogar für neunzehn84 und inzwischen für zwanzig Rechtsgebiete, darunter so wichtige Materien wie Ausländer-, Staatsangehörigkeits- und Waffenrecht85. Als Rechtfertigung für die Streichung des Widerspruchsverfahrens in den letztgenannten drei Materien verwies die Staatsregierung auf erwartete Einsparungen von rund 2 Mio. DM jährlich bei den Bezirksregierungen durch den Fortfall von 5.500 Widerspruchsverfahren. Sie war der Auffassung, eine spürbare Mehrbelastung der Verwaltungsgerichte sei nicht zu erwarten, weil in den meisten Fällen ohnehin Klage erhoben werde86. Insgesamt führt die Zurückdrängung des Widerspruchsverfahrens zu einer Verringerung der Aufgaben der Verwaltung. Sie wird jedoch mit einer zeitlichen und aufwandsmäßigen Belastung bei den Verwaltungsgerichten erkauft87. Rechtlich verschieben sich die Funktionen zwischen Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit88: Das Widerspruchsverfahren bleibt als verwaltungsinterne Kontrolle stets (nur) eine exekutivische Tätigkeit, in dem die Verwaltung dem fachgesetzlich for80 Mit Art. 1 Nr. 8 a) des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (6. VwGOÄndG) v. 01. 11. 1996, BGBl. I, S. 1626, wurde die Beschränkung „für besondere Fälle“ gestrichen, so daß jetzt eine gesetzliche Ausnahmeregelung des Verzichts auf ein Widerspruchsverfahren keiner besonderen Rechtfertigung mehr bedarf. 81 So K. W. Lotz, BayVBl. 1997, S. 257 (261); D. Oppermann, Die Verw. 30 (1997), S. 517 (534). 82 Vgl. K. W. Lotz, BayVBl. 1997, S. 257 (261); ähnlich O. Mallmann, NVwZ 1983, S. 338 (339). 83 So D. Oppermann, Die Verw. 30 (1997), S. 517 (529, 534). 84 Im Überblick W. Berg, FS Maurer, S. 540. 85 Siehe im einzelnen Art. 15 AGVwGO. Die Änderung erfolgte mit Art. 1 Zweites Gesetz über weitere Maßnahmen zur Verwaltungsreform in Bayern (Zweites Verwaltungsreformgesetz – 2. VwReformG) v. 28. 03. 2000, GVBl. S. 136. 86 Staatsminister E. Huber, zit. nach Bayerische Staatskanzlei, Pressemitteilung v. 29. 06. 1999, S. 5. 87 Darauf weist D. Oppermann, Die Verw. 30 (1997), S. 517 (534), hin. 88 So J. Wittmann, BayVBl. 1996, S. 586 (589).

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mulierten öffentlichen Interesse verpflichtet ist89, und wird nicht zum Rechtsschutz von der Qualität eines Gerichtsverfahrens. Dennoch besteht in der Praxis ein erheblicher Bedarf an anderweitiger Streitbeilegung90 außerhalb eines förmlichen Gerichtsverfahrens, dem die Behörden neuerdings durch informelles Handeln und gezielte Konfliktvermeidung zu entsprechen versuchen91. Bedrängt durch noch strenger gefaßte Sparvorgaben und konfrontiert mit der Aussicht auf aufwendige Prozeßvertretungen bei verringerter Personalausstattung werden die Behörden zwangsläufig dazu neigen, schon auf der Stufe des Verwaltungsverfahrens Konflikte einvernehmlich beizulegen. Nur in absehbar erfolgversprechenden Fällen werden sie das Risiko kostenintensiver Prozesse noch eingehen. In zweifelhaften, noch nicht von gefestigter Rechtsprechung geprägten Materien werden sie eher vor einem Prozeß zurückscheuen. Das fachgesetzlich formulierte öffentliche Interesse droht dann vom Gebot sparsamer Mittelbewirtschaftung überlagert zu werden. Aus diesem Dilemma können die Behörden nur durch eine angemessene Kostenerstattung im Fall ihres Obsiegens vor den Verwaltungsgerichten befreit werden. § 162 VwGO ist der Schlüssel dazu. Die weitgehende Abschaffung des Widerspruchsverfahrens verkannte den tatsächlichen Bedarf an außergerichtlicher Streitbeilegung völlig. Hier findet eine Verlagerung der Konflikte aus dem Verwaltungs- in das Verwaltungsgerichtsverfahren statt, welcher die Handhabung des § 162 VwGO Rechnung tragen muß.

3. Die Nachbesserungsvorschrift des § 114 S. 2 VwGO Die bisher aufgezeigten Änderungen im Vertretungsrecht des § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO und im Widerspruchsverfahren des § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO betreffen unmittelbar den mit einem Prozeß verbundenen Aufwand der Behörde. Die im Jahr 1997 eingeführten92 und im Jahr 2002 teilweise schon wieder gestrichenen93 Vorschriften der §§ 87 Abs. 1 Nr. 7, 94 S. 2 und 114 S. 2 VwGO hingegen wirken dadurch mittelbar auf einen behördlichen Erstattungsanspruch ein, als sie die Erfolgsaussichten der Behörde vor Gericht noch im laufenden Prozeß verbessern.

89 Vgl. E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 196. 90 Vgl. W. Schmitt Glaeser / H.-D. Horn, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 2. Während in Deutschland der Anwendungsbereich des Widerspruchsverfahrens reduziert wird, scheint in Frankreich die Entwicklung eines Vorverfahrens gerade begonnen zu haben, vgl. J. Schwarze, NVwZ 1996, S. 22 (24). 91 Dazu unten § 4 B. I. 1. b) aa). 92 Art. 1 Nrn. 15, 18 und 19 des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (6. VwGOÄndG) v. 01. 11. 1996, BGBl. I, S. 1626 (1627). 93 Art. 1 Nrn. 10 f. des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3987 (3988). Nur die Regelung des § 114 S. 2 VwGO ist noch in Kraft.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

§ 87 Abs. 1 Nr. 7 VwGO a. F. gab dem Gericht die Möglichkeit, schon vor der mündlichen Verhandlung behördliche Form- und Verfahrensfehler zu monieren und von der Behörde heilen zu lassen. § 94 S. 2 VwGO a. F. ermöglichte zu demselben Zweck die Aussetzung der Verhandlung eines begonnenen Gerichtsverfahrens. So sollten Verfahren einfacher erledigt werden. Über die Kosten war nach beidseitiger Erledigterklärung durch Beschluß gemäß § 161 Abs. 2 VwGO zu Lasten der Behörde94 zu entscheiden. Die berechtigte Kritik an diesen Regelungen argumentierte, faktisch würde sich der Richter auf die Seite der Behörde stellen, seine Neutralität sei gefährdet95. Der Gesetzgeber hat der Kritik mittlerweile Rechnung getragen und diese beiden Regelungen ersatzlos gestrichen96. Neben diesen auf formelle Mängel des angegriffenen Bescheides bezogenen Regelungen gibt der gleichzeitig eingeführte § 114 S. 2 VwGO der Behörde die Möglichkeit, auch materielle Mängel noch im Gerichtsverfahren zu beheben. Sie kann ihre Ermessensentscheidung nachbessern, aber nicht erst treffen oder im Kern verändern97. Im Fall einer nachträglichen Bescheidskorrektur bleibt dem klagenden Bürger kostenrechtlich nur die Möglichkeit, entweder seine Klage auf den Verwaltungsakt mit seinem aktuellen Inhalt umzustellen oder die Hauptsache für erledigt zu erklären98. Gegenüber seiner Lage zu Beginn des Prozesses erhöht sich sein Prozeß- und Kostenrisiko. So begrüßenswert die Regelung des § 114 S. 2 VwGO aus Effizienzgründen ist99 – sie erspart den gesonderten Neuerlaß eines geänderten Bescheids und möglicherweise ein sonst nachfolgendes zweites Gerichtsverfahren –, so bedenklich ist doch ihre Benachteiligung des Klagenden. Eine ausdrückliche Regelung zur Kostenlast unter Einbeziehung der Systematik des § 162 VwGO ist erforderlich, soll der Bürger nicht zum Verlust der „Früchte des Prozesses“ auch noch die Kostenlast zu tragen haben100. Die heftige Diskussion um diese Heilungs- und Nachbesserungsregelungen verdeutlicht den Einfluß dieser Normen auf das Kostenrisiko des Bürgers. Diese Erkenntnis muß in die künftige Bewertung des § 162 VwGO Eingang finden.

94 Vgl. K. Redeker, NVwZ 1996, S. 521 (522); auch H. Geiger, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 87, Rn. 13, § 94, Rn. 20; a. A. M. Pöcker / R. Barthelmann, DVBl. 2002, S. 668 (672 f.). 95 Zu Recht kritisch zu den Intentionen des Gesetzgebers H. Geiger, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 87, Rn. 13 a. E.; K. Redeker, NVwZ 1996, S. 521 (522 f.). 96 Sie haben sich nicht bewährt, vgl. H. Geiger, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 87, Rn. N 2, § 94, Rn. N 10. Zum Ganzen B. Kienemund, NJW 2002, S. 1231 (1237); W. Kuhla / J. Hüttenbrink, DVBl. 2002, S. 85 (87), jeweils m. w. N. 97 So K. Rennert, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 114, Rn. 89. 98 Vgl. K. Rennert, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 114, Rn. 92 a. E. 99 Eine entsprechende Regelung wurde jüngst in § 102 FGO eingefügt: Art. 11 des Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001 – StÄndG 2001) v. 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3794 (3806). 100 Dazu unten § 6 A. I. 2.

§ 2 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren

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4. Die Zulassungsberufung gemäß § 124 VwGO Eine weitere, auf das Prozeßrisiko der Beteiligten unmittelbar und auf ihr Kostenrisiko mittelbar wirkende Veränderung in der Verwaltungsgerichtsordnung war die Einführung der allgemeinen Zulassungsberufung101. Diese Novelle erhöhte die Bedeutung der Gerichtsverfahren in der 1. Instanz102, weil kein Beteiligter sicher sein kann, noch eine weitere Tatsacheninstanz zu erhalten. Es geht schon vor dem Verwaltungsgericht um „alles oder nichts“. Ein Versäumnis im Vortrag oder ein Fehler in den Formalien kann den endgültigen Prozeßverlust bedeuten. Wegen dieses Risikos werden die Beteiligten geneigt sein, in jedem Fall anwaltlichen Beistand zuzuziehen, statt sich selbst im Prozeß zu vertreten. Das Kostenrisiko wird insgesamt steigen. III. Zwischenergebnis Es zeigt sich, daß § 162 VwGO von den zahlreichen Novellen der Verwaltungsgerichtsordnung nahezu verschont geblieben ist. Er stellt eine wesentliche Ausformung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs für das Verwaltungsgerichtsverfahren dar und regelt dessen Höhe. Trotz der scheinbaren Übereinstimmungen mit dem zivilprozessualen Kostenerstattungsanspruch kann dessen Dogmatik nicht unbesehen auf den verwaltungsprozessualen Kostenerstattungsanspruch übertragen werden. Anders als im Zivilprozeß steht den Beteiligten im Verwaltungsprozeß regelmäßig kein materieller Kostenerstattungsanspruch zu, so daß die aus dem Schadensersatzrecht stammenden Restriktionen in der Handhabung des § 91 ZPO im Verwaltungsprozeß nicht greifen. Obwohl § 162 VwGO nahezu unverändert geblieben ist, hat sich sein prozessuales Umfeld erheblich verändert. Die Eigenvertretung der Behörden gemäß § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO hat wegen des Zwangs zur Kosteneinsparung erheblich an praktischer Bedeutung gewonnen. Der Rückbau des Widerspruchsverfahrens hat eine wichtige Verfahrensstufe für obsolet erklärt, die bei einer Anpassung an die modernen Erfordernisse der Mediation durchaus eine wichtige Rolle in der außergerichtlichen Streitbeilegung hätte spielen können. Dadurch findet eine Aufgabenverlage101 Ursprünglich hatte Art. 1 Nrn. 20 ff., 30 des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (6. VwGOÄndG) v. 01. 11. 1996, BGBl. I, S. 1626 (1627 ff.) das Zulassungserfordernis sowohl für die Berufung als auch für die Beschwerde gegen Eilentscheidungen eingeführt. Die Zulassungsberufung wurde mittlerweile durch die Einführung einer Zulassungskompetenz des Verwaltungsgerichts abgemildert, die Zulassungsbeschwerde wieder ganz gestrichen: Art. 1 Nrn. 13 f. und 19 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3987 (3988 f.). 102 K. Redeker, NVwZ 1996, S. 521 (524), erwartete weitsichtig eine zusätzliche Belastung der Verwaltungsgerichte. Die erhoffte Entlastung der 2. Instanz durch die Zulassungsbeschwerde ist nicht eingetreten, vgl. W. Kuhla / J. Hüttenbrink, DVBl. 2002, S. 85 (90); a. A. B. Kienemund, NJW 2002, S. 1231.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

rung zur Verwaltungsgerichtsbarkeit statt. Von den im Jahr 1997 eingeführten Vorschriften ist § 114 S. 2 VwGO als letzte noch gültig und kann je nach Prozeßverlauf das Kostenrisiko des Bürgers nachteilig beeinflussen. Auch die Einführung des Zulassungserfordernisses für die Berufung führt zu einer weiteren Belastung der Verwaltungsgerichte erster Instanz. So zeigt sich, daß die Kostenerstattung gemäß § 162 VwGO nicht isoliert, sondern nur im Zusammenspiel mit den tragenden Verfahrensvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung betrachtet werden darf.

B. Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren und ihre Erstattungsfähigkeit Die Feststellung des Status quo soll nun fortgeführt und der Blick auf die Anwendung des § 162 VwGO durch die Gerichte gelenkt werden. Die tatsächliche Bedeutung dieser Norm erschließt sich erst im praktischen Vollzug. Einzelne behördliche Aufwendungen im Verwaltungsprozeß sollen dazu auf ihre Erstattungsfähigkeit nach h. M. in Literatur und Rechtsprechung überprüft werden. Der hierbei gewonnene Befund wird später vor dem Hintergrund des „Neuen Steuerungsmodells“ auf seine Vereinbarkeit mit dem geltenden Recht untersucht werden103. I. Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren erster Instanz Die Aufwendungen der Behörde umfassen im Verwaltungsgerichtsverfahren – wie auch im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren – Sach- und Personalaufwand. Zur Vereinfachung werden sie anhand eines Hauptsacheverfahrens dargestellt; soweit es in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erheblichen Abweichungen kommt, werden diese ebenfalls aufgezeigt. Im übrigen gelten die Ausführungen zum Hauptsacheverfahren für die Eilverfahren entsprechend. Um die Darstellung übersichtlicher zu halten, wird vom Regelfall einer Eigenvertretung der Ausgangsbehörde vor einem Verwaltungsgericht ausgegangen104. Der Ablauf des Prozesses gliedert sich chronologisch in die Stufen der Prozeßvorbereitung (Maßnahmen bis zur Klageerhebung gemäß § 81 Abs. 1 S. 1 VwGO), der Prozeßführung (bis zur gerichtlichen Entscheidung nach §§ 107 ff. VwGO) und der Prozeßbeendigung (ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung). Dazu unten in § 3 und § 4 dieser Arbeit. Im Fall einer Vertretung durch die Widerspruchs- oder eine besondere Vertretungsbehörde durchläuft das Verfahren dieselben Stufen. Lediglich der erhöhte Abstimmungsbedarf der Behörden untereinander verursacht der öffentlichen Hand zusätzlichen Aufwand, der jedoch derart abhängig ist vom jeweiligen Einzelfall, daß er in der hier gebotenen Abstraktion nicht dezidierter erfaßt werden kann. 103 104

§ 2 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren

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1. Die Prozeßvorbereitung Als Prozeßvorbereitung wird das Stadium bezeichnet, in dem die Behörde nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens (mit der Zustellung des Widerspruchsbescheids an den Widerspruchsführer oder – soweit kein Widerspruchsverfahren vorgesehen ist – mit der Zustellung des Ausgangsbescheids) abwartet, ob ihr Bescheid bestandskräftig wird oder ob der Adressat innerhalb der Rechtsbehelfsfrist Klage erhebt. Erhebt der Bürger Klage, wird die Streitsache gemäß § 81 Abs. 1 i. V. m. § 90 Abs. 1 VwGO rechtshängig. Für die Behörde beginnt der Passivprozeß105. In dieser Vorstufe des Prozesses können der Behörde (bzw. ihrem Rechtsträger) Personal- und Sachaufwand entstehen. Diese Aufwendungen resultieren vor allem aus Maßnahmen zur Ermittlung von Tatsachen und zur Beschaffung von Unterlagen, die in einem nachfolgenden Prozeß von Bedeutung sein können106. Ein spezieller Fall sind Dokumentationen (Gutachten und Fotos) zur Beweissicherung eines Zustandes, dem durch Zeitablauf Veränderung droht, wie z. B. bei Bauvorhaben oder Deponieanlagen. Je nach Zielrichtung des behördlichen Ausgangsbescheides, z. B. zur Entfernung illegaler Baugestaltung oder illegaler Verfüllungen, benötigt die Behörde diese Unterlagen. Selbst die Einholung von Fachgutachten dritter Stellen kann erforderlich werden. Hier öffnet sich eine Abgrenzungsproblematik: Einerseits ist in diesem Stadium das Verwaltungsverfahren abgeschlossen, andererseits hat der Prozeß noch nicht begonnen. Die Behörde kann die anfallenden Kosten weder im Verwaltungsverfahren, das nicht mehr berührt ist107, noch im Verwaltungsgerichtsverfahren, das noch nicht eröffnet ist, geltend machen. Hier hat die Rechtsprechung einen pragmatischen Weg eingeschlagen. Der behördliche Personalaufwand für die Prozeßvorbereitung wird allgemein als nicht erstattungsfähig angesehen, weil hier nur allgemeine Kosten des Behördenbetriebs anfallen und der konkrete Bezug zum Prozeß fehlt108. Für Sachaufwand gilt grundsätzlich das Gleiche; die Kosten der Anfertigung von Schriftsätzen oder von Kopien aus den Akten werden aus demselben Grund ebenfalls als nicht 105 Auf den Sonderfall des behördlichen Aktivprozesses, wie er hauptsächlich bei Erstattungsstreitigkeiten unter öffentlichen Rechtsträgern oder bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag in Erscheinung tritt, braucht hier nicht näher eingegangen zu werden. Die der Behörde entstehenden Aufwendungen sind dort grundsätzlich die gleichen; lediglich die Beteiligtenrollen sind vertauscht. 106 Zum Begriff der Vorbereitungsmaßnahmen vgl. S. Olbertz, in: F. Schoch / E. SchmidtAßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 27; M. Redeker, in: K. Redeker / H.-J. v. Oertzen, VwGO, § 162, Rn. 7; J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. 4. 107 Nach h. M. können allgemeine Kosten der Behörde, die noch dem Verwaltungsverfahren zuzurechnen sind, nicht im Prozeß geltend gemacht werden, vgl. K. Herget, in: R. Zöller (Begr.), ZPO, § 91, Rn. 13 („Allgemeiner Prozeßaufwand“); allgemein F. O. Kopp / W.-R. Schenke, VwGO, § 162, Rn. 5. Andererseits handelt es sich hier ja gerade nicht mehr um Kosten im Verwaltungsverfahren, sondern im Anschluß daran. 108 Vgl. F. O. Kopp / W.-R. Schenke, VwGO, § 162, Rn. 5 („allgemeine Geschäftskosten“); W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 25 und 58.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

erstattungsfähig angesehen109. Bei bestimmten Auslagen differenziert die Rechtsprechung allerdings näher: Ausgehend von der in § 86 VwGO normierten Untersuchungsmaxime werden die Kosten z. B. für vorprozessual eingeholte Sachverständigengutachten als nach § 162 VwGO erstattungsfähig angesehen, wenn sie in direktem, unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gerichtsverfahren stehen110, die zum Beweis gestellten Tatsachen sonst nicht darlegbar wären111, die Prozeßsituation die Einholung des Gutachtens herausgefordert hat und der Inhalt auf die Verfahrensförderung zugeschnitten ist112. Dem Prozeß soll so die Verfahrensförderung durch das Gutachten zugutekommen, soweit dieses die gerichtliche Sachverhaltsermittlung wesentlich erleichtert und den Beteiligten die Einholung eines weiteren, diesmal gerichtlichen, Gutachtens zu demselben Beweisthema erspart hat. Soweit das Gutachten objektiv nutzlos war, hat der veranlassende Beteiligte die Kosten alleine zu tragen. Dies gilt ebenso für eine Behörde, welche ihre entstehenden Vorbereitungskosten grundsätzlich selbst zu tragen hat und keine Erstattung in einem nachfolgenden Prozeß erhoffen kann. Nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen, in denen ihr vorgreifendes Handeln später ohnehin anfallende Prozeßkosten erspart hat, kann sie den Aufwand für ein Gutachten erstattet erhalten.

2. Die Prozeßführung Die Prozeßführung folgt dem in der Verwaltungsgerichtsordnung vorgegebenen Ablauf der Prozeßhandlungen. Mit der Zustellung der Klageschrift durch das Gericht wird die Behörde des beklagten Rechtsträgers nach §§ 85, 99 VwGO zur Stellungnahme und zur Aktenübersendung aufgefordert. Dieses – eine spätere mündliche Verhandlung vorbereitende – Verfahren erfolgt schriftlich; ggf. findet ein Beweiserhebungstermin des Berichterstatters der Kammer statt, wie er sich vor allem in baurechtlichen Verfahren bewährt hat. Die nachfolgende mündliche Verhandlung „lebt“ von der Anwesenheit der Beteiligten, so daß die Behörde hier durch Bedienstete vertreten sein muß113. Der Behörde entsteht hierbei im wesentlichen Personal- und in geringerem Umfang auch Sachaufwand. Hinzu kommen Auslagen. 109 So OLG Hamm v. 14. 02. 1985, JurBüro 1985, S. 1401; OVG Lüneburg v. 09. 05. 1969, KostRsp. VwGO § 162, Nr. 9. 110 VGH Mannheim v. 24. 06. 1982, DÖV 1983, S. 346 (LS). 111 VGH München v. 26. 07. 2000, BayVBl. 2002, S. 28 (29), bewertet ein Privatgutachten als „substantiierten Beteiligtenvortrag“, jedoch nicht als Beweisaufnahme des Gerichts. Im Ergebnis ebenso VGH Mannheim v. 08. 05. 2001, NVwZ-RR 2002, S. 315 f.; VGH München v. 18. 09. 2001, NVwZ-RR 2002, S. 316 f. Für den Zivilprozeß folgert BGH v. 17. 12. 2002, NJW 2003, S. 1398 (1399), aus § 91 Abs. 1 ZPO, das Gutachten müsse in unmittelbarer Beziehung zum Rechtsstreit stehen und sei erforderlich, wenn eine Partei infolge fehlender Sachkenntnis nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage wäre. 112 Grundlegend BVerwG v. 11. 04. 2001, NVwZ 2001, S. 919 = DVBl. 2001, S. 1763. 113 Dazu oben § 2 A. II. 1. zu § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO.

§ 2 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren

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a) Die Mitwirkung im schriftlichen Verfahren Im schriftlichen Verfahren tauschen die Beteiligten ihre Rechtsauffassungen zur Sache aus; das Gericht kann auf einzelne Punkte hinweisen und zusätzlich um Äußerung bitten. aa) Der entstehende Aufwand im schriftlichen Verfahren In dieser Verfahrensstufe verfassen die juristischen Mitarbeiter der Behörde im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit – als Bedienstete der jeweiligen Fachabteilung oder eines Rechtsamtes – Schriftsätze, so daß Personalaufwand (in Rechtsprechung und Literatur oft vereinfachend „Zeitaufwand“ genannt) anfällt. Weiterer Personalaufwand fällt bei den Bediensteten an, welche die vorzulegenden Akten ordnen, auf Vollständigkeit prüfen, numerieren und schließlich zusammen mit der Klage- oder Antragserwiderungsschrift zum Versand bringen. Hinzu kann Personalaufwand für die Unterrichtung anderer, in das Verwaltungsverfahren involvierter Behörden kommen. Ein typisches Beispiel ist die Stellungnahme gegenüber dem zuständigen Staatsministerium zu einer anhängigen Petition des Klägers oder Antragstellers in gleicher Sache. Bei der Behörde fällt Sachaufwand durch die Benutzung der vorhandenen sächlichen Mittel an, z. B. der Räume, Geräte und weiterer Ausstattung. Man mag einwenden, daß die Abnutzung dieser Sachausstattung, bezogen auf das einzelne Verfahren, gering bis kaum meßbar ist. Doch dieser Befund steht einer grundsätzlichen Erfassung als Sachaufwand nicht entgegen, weil der Aufwand tatsächlich als Ausgaben im Haushalt des Rechtsträgers erfaßt wird114. Als gesondert erfaßbarer Ausgabenposten tauchen die Auslagen für Post- und Telekommunikationsleistungen auf, die von dritten Anbietern erbracht und dem Rechtsträger gegenüber abgerechnet werden. Typische Anwendungsfälle sind Telefonate des Bearbeiters mit dem Berichterstatter am Gericht oder dem Bevollmächtigten des Klägers sowie das Porto für den Schriftverkehr mit dem Gericht115. Dem Rechtsträger der Behörde entstehen also Personal- und Sachaufwand sowie Auslagen. bb) Die Erstattungsfähigkeit dieses Aufwands So einleuchtend einerseits der Anfall dieses Aufwands bei der Behörde ist, so umstritten ist andererseits die Erstattungsfähigkeit als Prozeßkosten. Wie bei der Prozeßvorbereitung dargestellt, gilt es auch für das eigentliche Verfahren, die besonderen Kosten des Prozesses von den allgemeinen Kosten der Behörde abzugrenzen. 114 Der Stromverbrauch für Beleuchtung und Computer wird ebenso erfaßt wie der Austausch einer defekten Glühbirne oder eines flackernden Monitors. 115 Dazu unten unter § 2 B. I. 2. c).

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Die gerichtliche Praxis tendiert zu einer restriktiven Anerkennung besonderer Prozeßkosten, sieht sich jedoch einer stärker werdenden Gegenmeinung gegenüber. Diese will zwar nicht die allgemeinen Kosten der Behörde ersetzt wissen, plädiert jedoch vor dem Hintergrund der Fortentwicklung des Schadensrechts116, der Waffengleichheit der Prozeßbeteiligten 117 und der Dogmatik des Kostenerstattungsanspruchs118 für einen Ersatz des anteiligen Zeitaufwands. Die – wohl noch überwiegende – Auffassung hingegen beruft sich auf den Wortlaut des § 91 ZPO, der für Beteiligte einen Ersatz für Zeitversäumnis in Folge der Prozeßbeteiligung ausschließe119, und darauf, daß die Prozeßbearbeitung bei einer Behörde Teil der grundsätzlich nicht erstattungsfähigen Generalunkosten sei120. Diese Argumentation wird auf die Erstattung des mit der Anfertigung von Schriftsätzen verbundenen Personalaufwands übertragen. Mit dem Hinweis auf § 91 ZPO121 oder auf den Charakter als Generalunkosten122 wird eine Erstattung ausgeschlossen. Die Vertreter dieser Auffassung differenzieren nicht mehr näher zwischen Personal- und Sachaufwand, so daß eine Behörde nach h. M. für den mit einer Prozeßführung verbundenen Aufwand im schriftlichen Verfahren entgegen dem klaren Wortlaut des § 162 Abs. 1 VwGO keine Erstattung erhält.

b) Die Teilnahme an Terminen Aus den bereits dargelegten Gründen123 ist eine Behörde zur Wahrnehmung gerichtlich anberaumter Termine verpflichtet, selbst wenn das Gericht nicht gemäß § 95 Abs. 1 und 3 VwGO das persönliche Erscheinen der Beteiligten angeordnet hat124. 116 Vgl. F. Lappe, Justizkostenrecht, S. 140; S. Olbertz, in: F. Schoch / E. SchmidtAßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 20; F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (343). 117 Vgl. S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 24. 118 Vgl. F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (344). 119 In diesem Sinne A. Belz, in: G. Lüke / P. Wax, MüKo ZPO, § 91, Rn. 23 und 36; P. Hartmann, in: A. Baumbach / W. Lauterbach, ZPO, § 91, Rn. 303. 120 So K. Herget, in: R. Zöller (Begr.), ZPO, § 91, Rn. 13 („Behörde“); M. Redeker, in: K. Redeker / H.-J. v. Oertzen, VwGO, § 162, Rn. 9; A. Schatte, MDR 1960, S. 983; J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. 7. 121 VGH München v. 14. 08. 1974, BayVBl. 1975, S. 29; VG München v. 01. 02. 1980, RiA 1981, S. 138 f.; VGH Mannheim v. 15. 02. 1990, NVwZ-RR 1990, S. 665; auch W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 58. 122 OVG Lüneburg v. 09. 05. 1969, KostRsp. VwGO § 162, Nr. 9; VGH Mannheim v. 15. 02. 1990, NVwZ-RR 1990, S. 665; OVG Münster v. 27. 03. 1990, KostRsp. VwGO § 162, Nr. 149; W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 25 und 58; J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. 3. 123 Dazu oben § 2 A. II. 1. zu § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO. 124 VGH Mannheim, ESVGH 16, 86 (88 f.); ebenso W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 52.

§ 2 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren

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aa) Der entstehende Aufwand bei der Teilnahme an Terminen Durch die Terminswahrnehmung entsteht dem Rechtsträger der Behörde in erster Linie Personalaufwand, weil er seinen Bediensteten nicht zu anderen Aufgaben heranziehen kann, sondern zum Termin entsenden muß. Darüber hinaus entsteht weiterer Aufwand in Gestalt von Reisekosten, der Auslagen für anfallende Fahrtkosten einschließt. Diesem Aufwand kann sich die Behörde nicht entziehen, weil sie ihre Vertretungspflicht – vorbehaltlich des novellierten § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO – nicht auf eine andere Behörde delegieren kann. So wird vertreten, im Freistaat Bayern dürfe die Ausgangsbehörde die Prozeßvertretung nicht aus allgemeinem Personalmangel oder wegen des zu erwartenden Zeit- und Kostenaufwands auf die Prozeßvertretungsbehörde bei der Bezirksregierung übertragen, weil das Land mit der Auflösung der Landesanwaltschaften eine gegenläufige Grundsatzentscheidung getroffen habe125. bb) Die Erstattungsfähigkeit dieses Aufwands Wie in der Frage des durch die Prozeßbearbeitung verursachten Personalaufwands stehen sich auch bei dem durch eine Terminswahrnehmung verursachten Personalaufwand zwei Ansichten zur Erstattungsfähigkeit gegenüber. Die Befürworter einer Erstattung argumentieren mit dem behördlichen Zusatzaufwand, den eine Terminswahrnehmung über die Verwaltungstätigkeit hinaus verursacht, weil der Bedienstete anderen Aufgaben entzogen werde126. Ein Teil der Zivilgerichte hat sich diese Sicht zu eigen gemacht127. Weiter wird vorgebracht, die von der h. M. behauptete Einschränkung der Erstattungsfähigkeit über §§ 162, 173 VwGO i. V. m. § 91 ZPO und § 2 ZSEG auf „Verdienstausfall“ greife nicht, weil es hier um die Erstattung von Zeitversäumnis gehe128. Die wohl überwiegende – und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit vorherrschende – Auffassung hingegen verneint die Erstattungsfähigkeit des mit einer Terminswahrnehmung verbundenen Personalaufwands129. Als Begründung wird zunächst darauf verwiesen, daß der PersoSo H. Geiger, BayVBl. 2000, S. 141 (144). Dazu A. Belz, in: G. Lüke / P. Wax, MüKo ZPO, § 91, Rn. 81; M. Hüttenhofer, RPfleger 1987, S. 292 (294); S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 21 ff.; F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (343). A. Schatte, MDR 1960, S. 983 (987); D. Wolst, in: H.-J. Musielak, ZPO, § 91, Rn. 10. 127 OLG Stuttgart v. 03. 04. 1990, NJW-RR 1990, S. 1341 = MDR 1990, S. 635 f.; OLG Bamberg v. 14. 01. 1992, JurBüro 1992, S. 242 (243). 128 OLG Stuttgart v. 03. 04. 1990, NJW-RR 1990, S. 1341 = MDR 1990, S. 635 f.; OLG Bamberg v. 14. 01. 1992, JurBüro 1992, S. 242; OLG Karlsruhe v. 26. 07. 1993, RPfleger 1993, S. 484; OLG Hamm v. 25. 01. 1996, NJW-RR 1997, S. 767. 129 BVerwG v. 12. 12. 1988, RPfleger 1989, S. 255 (256); P. Hartmann, in: ders. / J. Albers, KostenG, Einf. § 113 BRAGO, Rn. 12 a. E.; K. Herget, in: R. Zöller (Begr.), ZPO, § 91, Rn. 13 („Behörde“); F. O. Kopp / W.-R. Schenke, VwGO, § 162, Rn. 4; W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 58; H. Putzo, in: H. Thomas / H. Putzo, ZPO, § 91, Rdnr. 15 (ohne nähere Begründung); M. Redeker, in: K. Redeker / H.-J. v. Oertzen, VwGO, § 162, Rn. 9. 125 126

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

nalaufwand auch ohne Terminsteilnahme entstanden wäre und zu den allgemeinen Kosten der Behörde, nicht zu den besonderen Prozeßkosten gehöre130. Weiter wird vorgebracht, die Behörden hätten im öffentlichen Interesse personelle Kapazitäten zur Führung von Rechtsstreitigkeiten bereitzuhalten131, weil ihnen die Förderung des Gemeinwohls und die gesetzmäßige Durchführung der Gemeinwohlaufgaben oblägen132. Schließlich wird unter Verweis auf § 2 ZSEG bestritten, daß einer Behörde ein „Verdienstausfall“ entsteht, und so zu begründen versucht, weshalb durch § 2 ZSEG jede Erstattung von Zeitversäumnis über § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO hinaus ausgeschlossen sei133. Damit gelangt die h. M. zum Ausschluß jeglicher Erstattung für behördlichen Personalaufwand infolge einer Terminswahrnehmung. Für die Auslagen infolge von Reisen zu Terminen ergibt sich ein differenzierteres Bild. In Literatur und Rechtsprechung werden zunächst Art und Anlaß der Reise hinterfragt, um sodann die Höhe der Erstattung zu bestimmen. In der Rechtsprechung hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß die Hin- und Rückreise des behördlichen Terminsvertreters an den Gerichtssitz zum notwendigen Aufwand i.S.v. § 162 Abs. 1 VwGO gehören und grundsätzlich vom unterliegenden Beteiligten zu erstatten sind134. Dem folgt die Literatur135. Die Reisekosten eines weiteren Bediensteten zusätzlich zum Terminsvertreter werden zurückhaltend behandelt. Sie werden nur als erstattungsfähig angesehen, soweit das Gericht die Anwesenheit für erforderlich erachtet hat. Anerkannt wurden Einzelfälle, in denen schwierige technische Fragen Gegenstand des Prozesses waren und der Spezialist der Behörde zur Sachverhaltsaufklärung beitragen konnte136. 130 Aus der Zivilgerichtsbarkeit: OLG Hamm v. 31. 08. 1967, JurBüro 1968, S. 146; OLG Bamberg v. 23. 10. 1989, JurBüro 1990, S. 210; LG Berlin v. 09. 05. 1989, MDR 1989, S. 917; LG Köln v. 12. 07. 1993, JurBüro 1994, S. 229 f.; aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit: VGH Mannheim, ESVGH 17, 52 f. = DVBl. 1967, S. 297 (298); E. v. 15. 02. 1990, NVwZRR 1990, S. 665; OVG Lüneburg, OVGE 5, 356 (357); E. v. 20. 06. 1996, NVwZ-RR 1997, S. 143 (144); VGH München v. 30. 01. 2001, BayVBl. 2003, S. 29. 131 OLG Bamberg v. 23. 10. 1989, JurBüro 1990, S. 210; LG Köln v. 12. 07. 1993, JurBüro 1994, S. 229 f. 132 VGH Mannheim, ESVGH 17, 52 (53) = DVBl. 1967, S. 297 (298). 133 OLG Hamm v. 18. 08. 1983, MDR 1984, S. 673 f., erwartete von juristischen Personen und Handelsgesellschaften generell die Vorhaltung von Personal für die Prozeßbearbeitung! Siehe auch OLG Bamberg v. 23. 10. 1989, JurBüro 1990, S. 210; auch VGH Kassel v. 28. 02. 1986, MDR 1986, S. 986; VGH Mannheim v. 15. 02. 1990, NVwZ-RR 1990, S. 665; OVG Lüneburg v. 20. 06. 1996, NVwZ-RR 1997, S. 143 f.; auch W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 58. 134 OLG Hamm v. 31. 08. 1967, JurBüro 1968, S. 146 (147); OVG Lüneburg v. 01. 06. 1973, DÖV 1974, S. 99 (100); OVGE 5, 356 (357); OVGE 28, 374 (375); VGH München v. 05. 10. 1982, BayVBl. 1983, S. 56; VG Stade v. 03. 02. 1986, RPfleger 1986, S. 278. 135 Vgl. F. O. Kopp / W.-R. Schenke, VwGO, § 162, Rn. 4; W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 50, 61 ff.; S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 18; A. Schatte, MDR 1960, S. 983 (985); J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. 6. 136 Z. B. im von BVerwG v. 03. 07. 2000, NJW 2000, S. 2832, entschiedenen Fall; schon OVG Lüneburg v. 01. 06. 1973, DÖV 1974, S. 99 (100); zustimmend S. Olbertz, in:

§ 2 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren

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Die Reisekosten für reine Informationsreisen wurden bisher nur für Rechtsanwälte anerkannt137; für Akteneinsichten werden sie für nicht erforderlich gehalten, weil eine Aktenübersendung weitaus kostengünstiger ist138. Für Behördenbedienstete werden solche Reisen nicht anfallen, weil die Behörde ohnehin vor Ort ist bzw. in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich handelt und eine gesonderte Informationsreise sachlich nicht notwendig ist. Erst recht gilt dies für eine Fahrt zu einer Akteneinsicht. Sie ist entweder überflüssig, weil die Behörde den Akteninhalt ohnehin kennt, oder zu aufwendig, weil ein Aktenversand genügt. Dieser Meinungsstand zum „Ob“ einer Erstattung für Reisekosten kann als ständige Rechtsprechung angesehen werden und wird von der Literatur geteilt. Uneinig sind sich die Gerichte aber bei der Höhe der Erstattung für behördlichen Reiseaufwand. Ein Teil der Gerichte beschränkt die Höhe der erstattungsfähigen Reisekosten auf die für Zeugen und Sachverständige geltenden Sätze des § 9 ZSEG i. V. m. § 91 ZPO und § 173 VwGO mit dem Hinweis auf eine Verbindlichkeit dieser Normenkette139, während ein anderer Teil die Entschädigung nach dem jeweils geltenden Reisekostenrecht gewährt140. Eine dritte Auffassung suchte einen eigenen, noch restriktiveren Weg und akzeptierte unter Hinweis auf die Kostenminimierungspflicht nur die Fahrtkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, selbst wenn die Benutzung eines Dienstwagens eine deutliche Zeitersparnis erbracht hätte141. Inzwischen dürfte diese dritte Auffassung überholt sein, weil ein Kraftfahrzeug heute ein übliches Verkehrsmittel ist und die Ausdünnung des Schienennetzes der Bahn mit der Schwierigkeit passender Anschlußverbindungen außerhalb der Siedlungszentren zu großen Zeitverlusten führen kann. Somit erlangt eine Behörde nach h. M. keine Erstattung für die mit einer Terminswahrnehmung verbundene Zeitversäumnis. Jedoch erlangt sie eine Erstattung für die Reisekosten ihres Prozeßvertreters, in besonderen Einzelfällen auch eines weiteren Fachbediensteten. Die Höhe der Entschädigung richtet sich mindestens nach den Sätzen des § 9 ZSEG und erreicht höchstens die des jeweils geltenden Reisekostenrechts. Insgesamt bleibt ein Großteil des verursachten AufF. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 18 a. E.; J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. 6; großzügiger W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 52, 61. 137 OVG Münster v. 05. 09. 1994, NVwZ-RR 1995, S. 123 (124); OVG Lüneburg v. 30. 11. 2000, DVBl. 2001, S. 319 (LS). 138 VGH München v. 22. 03. 1996, BayVBl. 1997, S. 604. 139 Aus der Zivilgerichtsbarkeit: OLG Hamm v. 31. 08. 1967, JurBüro 1968, S. 146 (147); OLG Stuttgart v. 03. 04. 1990, NJW-RR 1990, S. 1341 = MDR 1990, S. 635 f.; aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit: OVG Münster 19. 02. 1964, NJW 1964, S. 2128 f.; VGH München v. 26. 11. 1971, BayVBl. 1972, S. 129 f.; E. v. 28. 06. 1974, BayVBl. 1974, S. 595; OVG Koblenz v. 02. 08. 1990, JurBüro 1991, S. 260. 140 OVG Lüneburg, OVGE 5, 356 (357); VGH München v. 05. 10. 1982, BayVBl. 1983, S. 56; im Ergebnis zustimmend W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 61; S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 19. 141 So A. Schatte, MDR 1960, S. 983 (986).

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

wands ohne Erstattung; er ist dann aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu bestreiten. c) Die Aufwendungen für Porto und Telefon Hier verfährt die Rechtsprechung nicht so restriktiv wie bei der Frage des Personal- und Sachaufwands. Sowohl Porto- als auch Telekommunikationsausgaben werden nicht von vornherein von einer Erstattung ausgeschlossen. Allerdings hatte die Behörde bisher den konkreten Bezug zum Prozeß anhand exakt geführter Aufzeichnungen glaubhaft zu machen142, was gerade bei größeren, arbeitsteilig tätigen Behörden einen erheblichen Erfassungsaufwand verursachte (z. B. Laufzettel zur Kostenerfassung). Bisweilen überstieg der Aufwand für die Erfassung den Erstattungsbetrag selbst143 und führte zum Verzicht auf die Geltendmachung. Einer Pauschalierung trat die Rechtsprechung mit dem Hinweis auf den Gesetzesvorbehalt entgegen144. Seit dem 01. 01. 2002 können die Behörden gemäß § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO wie Rechtsanwälte einen Pauschsatz für Porto- und Telekommunikationsausgaben geltend machen145. Der Aufwand für Kopien aus den vorzulegenden Akten wird regelmäßig für nicht erstattungsfähig erachtet146, weil der Behörde eine vorübergehende Rückforderung der Akten vom Gericht zumutbar sein dürfte147. Die Auslagen für Privatgutachten sind im Ausnahmefall unter Berücksichtigung der Prozeßsituation erstattungsfähig148.

142 OVG Saarlouis v. 27. 03. 1991, JurBüro 1992, S. 118; OVG Münster v. 05. 09. 1994, NVwZ-RR 1995, S. 123 (124); VGH München v. 02. 12. 1997, 8 A 95.40083, S. 3 ff. (unveröffentlichter Urteilsabdruck); J. Brandt, in: ders. / M. Sachs, Handb. VwGO, S. 1129 f.; F. Lappe, Justizkostenrecht, S. 140; S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 26; A. Schatte, MDR 1960, S. 983 (984, 987). A. A. zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung OVG Lüneburg, OVGE 5, 356 (359). 143 Vgl. die Begründungen zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung v. 02. 10. 2000, BR-Drs. 600 / 00, A., S. 2, und zum Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 06. 12. 2001, BT-Drs. 14 / 7744, A. 9., S. 4. 144 VGH München v. 02. 12. 1997, 8 A 95.40083, S. 3 ff. (unveröffentlichter Urteilsabdruck). 145 Art. 1 Nr. 22 und Art. 7 Abs. 1 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3987 (3989 f.); dazu W. Kuhla / J. Hüttenbrink, DVBl. 2002, S. 85 (91). Diese Pauschale ist eine Obergrenze, nicht der in erster Linie vorgesehene Erstattungsbetrag, so J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. N 11 a. E. Allerdings kann die Behörde weiterhin per Einzelnachweis einen die Pauschale übersteigenden konkret angefallenen Aufwand geltend machen. 146 OVG Münster v. 14. 03. 1984, ZBR 1984, S. 317 (LS); VGH Mannheim v. 11. 03. 1994, VBlBW-Beilage 7 / 1994, B 3 (B 4, nur LS); M. Hüttenhofer, RPfleger 1987, S. 292 (294). 147 So S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 25. 148 BVerwG v. 11. 04. 2001, NVwZ 2001, S. 919 = DVBl. 2001, S. 1763; VGH Mannheim v. 24. 06. 1982, DÖV 1983, S. 346 (LS); E. v. 26. 02. 1997, VBlBW-Beilage 5 / 1997, B 5 (LS); zum Ganzen auch oben § 2 B. I. 1.

§ 2 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren

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d) Zwischenergebnis Für die Stufe der Prozeßführung kann festgestellt werden, daß die Behörde nach h. M. für ihren anfallenden Personal- und Sachaufwand keine Kostenerstattung erhält. Für Reiseauslagen erhält sie eine Erstattung mindestens in Höhe der Sätze des § 9 ZSEG und höchstens jener des jeweils geltenden Reisekostenrechts. Eine Erstattung von Kopierauslagen erfolgt nicht; für Porto- und Telekommunikationsauslagen hat der Gesetzgeber nun über § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO die Erstattung vereinfacht. Insgesamt ist nach h. M. nur ein geringer Teil des behördlichen Aufwands überhaupt erstattungsfähig.

3. Die Prozeßbeendigung Die Maßnahmen bei der Prozeßbeendigung hängen vom Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache ab. Unterliegt der Rechtsträger der Behörde (teilweise), so hat er die materielle Rechtslage der gerichtlichen Vorgabe anzupassen (Verpflichtungsurteil), soweit das Gericht dies nicht bereits mit seiner Entscheidung getan hat (Aufhebungsurteil). Im Anfechtungsprozeß hebt das Gericht im Urteilstenor den belastenden Verwaltungsakt auf und überbürdet der Behörde die Kosten, wenn der Kläger obsiegt; ein behördlicher Erstattungsanspruch ist dann nicht gegeben. Gleiches gilt, wenn der Kläger im Verpflichtungsprozeß obsiegt und die Behörde zum Erlaß des begehrten Verwaltungsaktes verurteilt wird. Der versagende Verwaltungsakt wird aufgehoben; für den neu erlassenen Verwaltungsakt werden die üblichen Gebühren und Auslagen unter Anrechnung oder Rückzahlung der für den angegriffenen Bescheid entrichteten Kosten erhoben (vgl. § 21 VwKostG). Soweit die Behörde also unterliegt und dem Prozeßgegner dessen Aufwendungen zu erstatten hat, kann sie im Erstattungsverfahren keine eigenen Aufwendungen gesondert geltend machen. Hat der Rechtsträger der beklagten Behörde obsiegt, entstehen weitere Aufwendungen für die Anfertigung einer Kostenrechnung. Als Teil des Erstattungsverfahrens sind sie jedoch von § 162 VwGO nicht erfaßt und keiner gesonderten Geltendmachung zugänglich. Die Vollstreckung des behördlichen Kostenerstattungsanspruchs erfolgt nach §§ 164, 168 Abs. 1 Nr. 4, 169 VwGO. Somit kann der Rechtsträger lediglich den bereits entstandenen prozessualen Kostenerstattungsanspruch geltend machen, nicht den Aufwand der Geltendmachung selbst. Haben beide Seiten teilweise obsiegt oder hat der Prozeß durch Vergleich oder sonstigen Erledigungsgrund sein Ende gefunden, ergibt sich eine Mischsituation aus den beiden vorgenannten Varianten. Der mit einer Prozeßbeendigung anfallende Aufwand ist daher nach h. M. und geltender Rechtslage nicht erstattungsfähig.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

II. Die behördlichen Aufwendungen im Rechtsmittelverfahren bei einer Vertretung durch eine andere Behörde oder durch besondere Bevollmächtigte Im Rechtsmittelverfahren entstehen dem Rechtsträger der Behörde Aufwendungen für seine Prozeßvertretung. Sie variieren je nachdem, ob die Behörde sich selbst vertritt, oder durch besondere Bevollmächtigte vertreten läßt.

1. Die Aufwendungen bei einer Vertretung durch eine andere Behörde Wird eine andere Behörde als Vertretungsbehörde tätig, entstehen deren Rechtsträger Personal- und Sachaufwendungen ebenso wie Auslagen. Für die Ausgangsbehörde ist der Aufwand jedoch deutlich geringer als bei einer Eigenvertretung, weil nur eine interne Abstimmung erforderlich ist. Ein Beispiel für eine solche Vertretung ist im Freistaat Bayern die Übertragung der Prozeßvertretung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof auf die Landesanwaltschaft Bayern (Art. 16 S. 1 AGVwGO i. V. m. § 5 Abs. 2 LABV). Bei der Ausgangsbehörde fällt Zeitaufwand für die Anfertigung von Schriftsätzen an die Landesanwaltschaft zur Information und Vorbereitung der Übertragung nach Zustellung der Berufungsoder Beschwerdeschrift an. Hinzu kommen Auslagen für die telefonische Abstimmung untereinander. Weiterer Zeitaufwand entsteht bei der Landesanwaltschaft für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und an Ortsterminen. Schließlich fallen auch dort Auslagen für Porto und Telekommunikation an. Dieses Beispiel zeigt, wie der Aufwand vom Rechtsträger der Ausgangsbehörde auf den Freistaat Bayern als Rechtsträger der Landesanwaltschaft verlagert wird. Dennoch sind die entstehenden Aufwendungen nur in dem zum Verfahren erster Instanz dargelegten Umfang nach § 162 Abs. 1 VwGO erstattungsfähig. Entscheidet das Rechtsmittelgericht zur Hauptsache, umfaßt seine Kostenentscheidung alle im Rechtsmittelverfahren und in den vorausgegangenen Rechtszügen entstandenen Prozeßkosten, ggf. einschließlich der Kosten des Vorverfahrens, nach § 162 VwGO. Obsiegt der Rechtsträger der Behörde, erhält er nur einen geringen Teil seiner Auslagen und keinen Sach- und Personalaufwand ersetzt; obsiegt der Prozeßgegner, erhält dieser über § 162 Abs. 2 VwGO eine Erstattung im Umfang der gesetzlich anerkannten Gebühren und Auslagen seines Bevollmächtigten.

2. Die Abweichungen bei einer Vertretung durch besondere Bevollmächtigte Der Rechtsträger einer Behörde kann sich nicht nur durch eigene Bedienstete, sondern auch durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer nach § 67 Abs. 1 S. 1 VwGO vertreten lassen.

§ 2 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren

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Trotz des sogenannten Behördenprivilegs des § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO sind Literatur und Rechtsprechung vorwiegend der Auffassung, daß sich eine Behörde im Gerichtsverfahren auch durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen kann149. Teilweise wird die Einschränkung gemacht, daß diese Vertretung nicht offensichtlich nutzlos und nur zur Kostenverursachung angetan sein dürfe, was einen Rechtsmißbrauch darstelle150. Der Erstattungsanspruch richtet sich im Fall des Obsiegens nach § 162 Abs. 2 VwGO und umfaßt die allgemeinen Gebühren- und Auslagensätze der §§ 1 ff. BRAGO. § 67 Abs. 1 S. 1 VwGO ermöglicht auch eine Vertretung durch einen Hochschullehrer, was aus behördlicher Sicht vor allem bei Muster- und Rechtsmittelverfahren in Betracht kommt. Für die Inanspruchnahme des Hochschullehrers steht dem Rechtsträger der Behörde nur ein eingeschränkter Erstattungsanspruch nach § 162 Abs. 1 VwGO gegen seinen unterlegenen Prozeßgegner zu. Auf einen Hochschullehrer wenden h. M. und std. Rspr. zu Recht die §§ 1 ff. BRAGO nicht analog an, weil § 162 Abs. 2 VwGO vom Wortlaut her keine Anwendung findet und eine entsprechende Anwendung keine gesetzliche Grundlage hat. Die gebührenrechtliche Bevorzugung der Rechtsanwälte wird aus ihrer besonderen Stellung als Selbständige hergeleitet. Es wird vorgebracht, ihr Entgelt müsse so bemessen sein, daß ein Anwalt aus seinem Gebührenaufkommen nach einer Mischkalkulation sowohl seinen Kostenaufwand als auch seinen Lebensunterhalt bestreiten könne151. Für einen beamteten Hochschullehrer greife diese Ausnahme nicht; seine Interessenlage sei eine andere152, weil sein Auskommen durch die beamtenrechtlichen Bezüge bereits gesichert sei. Für besondere Bevollmächtigte ergibt sich somit das Bild, daß der Rechtsträger der obsiegenden Behörde grundsätzlich nach § 162 Abs. 1 VwGO eine Erstattung seiner notwendigen Aufwendungen verlangen kann. Das Maß des Notwendigen und damit der Umfang dieser erstattungsfähigen Aufwendungen wird für Rechtsanwälte aus § 162 Abs. 2 VwGO bestimmt; für andere Bevollmächtigte nach dem Maß des gerichtsseitig für erforderlich Gehaltenen. Interne Vereinbarungen zwi149 LG Frankfurt / M. v. 28. 02. 1985, MDR 1985, S. 589; VG Karlsruhe v. 24. 04. 1990, KostRsp. VwGO § 162 Nr. 151; VGH Mannheim v. 17. 08. 1992, NVwZ-RR 1993, S. 111; OVG Lüneburg v. 08. 08. 2001, NVwZ-RR 2002, S. 467 f.; zustimmend F. O. Kopp / W.-R. Schenke, VwGO, § 162, Rn. 10; W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 68; M. Redeker, in: K. Redeker / H.-J. v. Oertzen, VwGO, § 162, Rn. 10; A. Schatte, MDR 1960, S. 983 (985). 150 Vgl. VGH Mannheim v. 28. 02. 1991, NVwZ 1992, S. 388 f.; VGH München v. 12. 04. 2001, FSt. 2001, S. 681; OVG Lüneburg v. 08. 08. 2001, NVwZ-RR 2002, S. 467 f.; ebenso J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. 8; a. A. S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 36, unter Hinweis auf den eindeutigen und nicht einschränkenden Wortlaut des § 162 Abs. 2 VwGO. 151 BVerfGE 85, 337 (349). 152 BVerfGE 71, 23 (24 f.) = NJW 1986, S. 422; ebenso J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. N 11; im Ergebnis zustimmend W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 108, 144.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

schen dem Rechtsträger und dem besonderen Bevollmächtigten über dessen Vergütung binden beide nur im Innenverhältnis, nicht jedoch im Außenverhältnis gegenüber dem Prozeßgegner. Allein unter Erstattungsgesichtspunkten „lohnt“ sich für einen obsiegenden Rechtsträger die Vertretung durch einen Rechtsanwalt. Der Rechtsträger kann die im Innenverhältnis entstehenden gesetzlichen Vergütungsansprüche auch im Außenverhältnis geltend machen und gleichzeitig die Arbeitskraft eigener Bediensteter für andere Aufgaben verwenden153. Diese umfassende Erstattung ist ihm bei einer Vertretung durch andere Bevollmächtigte weitgehend und bei einer Eigenvertretung nahezu völlig verwehrt.

III. Zwischenergebnis Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß der behördliche Prozeßaufwand nach h. M. nur sehr eingeschränkt erstattungsfähig ist. Vorbereitungskosten erhält der Rechtsträger der Behörde nahezu gar nicht, Kosten der Prozeßführung nur sehr eingeschränkt vom unterlegenen Bürger erstattet. Insbesondere der anfallende Personalaufwand wird von einer Erstattung ausgeschlossen. Lediglich bei bevollmächtigten Rechtsanwälten erhält der Rechtsträger im Fall seines Obsiegens eine nahezu kostendeckende Erstattung. Für den Rechtsträger „lohnt“ sich also die Eigenvertretung nicht, ihm entstehen nur nicht erstattungsfähige Kosten. Obsiegt hingegen der Bürger, erhält er eine Erstattung in Höhe der seinem Rechtanwalt geschuldeten Gebühren und Auslagen. Das gesetzgeberische Motiv der prozessualen Kostenersparnis entlastet somit einseitig den unterliegenden Bürger, weil nur ihm, nicht aber der öffentlichen Hand Kosten erspart werden.

§ 3 Die Neubewertung des Verwaltungsaufwands im „Neuen Steuerungsmodell“ In den beiden vorangegangenen Kapiteln erfolgte die Bestandsaufnahme der behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsprozeß. In diesem Kapitel soll dem soeben ermittelten Status quo das Konzept des „Neuen Steuerungsmodells“ gegenüber gestellt und auf seine möglichen Auswirkungen auf eine Erstattungsfähigkeit der behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsprozeß hin untersucht werden. Hierzu wird das „Neue Steuerungsmodell“ zunächst in einem allgemeineren Überblick dargestellt, um anschließend einzelne Elemente daraus in Bezug zu den behördlichen Aufwendungen zu setzen. Die zu beantwortende Frage ist, ob und in welchem Umfang das „Neue Steuerungsmodell“ Änderungen des vorgefundenen Status quo rechtfertigt oder gar fordert. 153 Zur insoweit vergleichbaren Situation im Zivilprozeß, in der ein Geschädigter für die eigene Arbeitskraft grundsätzlich keine, für einen beauftragten Rechtsanwalt aber volle Erstattung verlangen kann, siehe R. Weimar, NJW 1989, S. 3246.

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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A. Das „Neue Steuerungsmodell“ als Konzept einer Verwaltungsreform Seit seiner Entstehung als Nationalstaat entwickelte sich Deutschland von einem in erster Linie über die innere Sicherheit wachenden Polizeistaat über den die Rechtssicherheit wahrenden Rechtsstaat und den die Versorgung der Bürger gewährleistenden Sozialstaat hin zum heutigen Steuerungsstaat, der seine Bürger vor allem gegen Risiken sichert154. Um diese neuen Lenkungsaufgaben zu erfüllen, muß der Staat ein breites Spektrum öffentlicher Dienstleistungen erbringen155. Damit einher geht ein grundlegender Wandel der Aufgaben einer staatlichen Verwaltung156. Die Verheißungen der Politik an ihre Wähler und ihre Umsetzungsaufträge an die Verwaltung führten besonders nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem rasanten Anwachsen der Staatsaufgaben mit einem entsprechenden Ressourcenverbrauch. Der Wohlfahrts- und Vorsorgestaat schöpfte in seinem Streben, die Risiken der Moderne zu mindern oder zu kompensieren, all jene Steuerungsressourcen aus, die eine möglichst konfliktfreie Durchsetzung seiner Ziele erlaubten157. Neue Aufgaben verlangten nach neuen Behörden, diese nach neuem Personal, das seinerseits wieder zu finanzieren war. Das Gemeinwesen der Gegenwart wurde auf diese Weise nicht nur dem „Gesetz wachsender Staatsaufgaben“, sondern auch dem „Gesetz wachsender Finanzbedürfnisse“158 unterworfen. In den Zeiten einer prosperierenden Wirtschaft stellte diese Entwicklung weder die politische Führung noch die Verwaltung vor grundlegende Probleme, denn dem Wachstum der Staatsaufgaben stand ein entsprechendes Wachstum der Staatseinnahmen gegenüber. Seit jedoch die Grenzen des Wachstums erreicht sind und die Staatseinnahmen nicht mehr in demselben Maß steigen wie die Staatsausgaben, sondern stagnieren oder gar sinken, „stöhnt die öffentliche Gewalt wie Atlas unter dem Gewicht des Himmels“159 unter ihren enormen Aufgaben. Eine Lösung in Form einer Erhöhung der Staatseinnahmen ist kaum mehr möglich. Schon heute gelten die hohe Abgabenquote und die hohe Staatsquote als Investitionsund Wachstumshindernisse par excellence. Jede Steuererhöhung mindert nicht nur real die private Liquidität, sondern sie hat auch enorme psychologische Auswirkungen auf die Betroffenen. Sie reagieren mit einer Investitionsabstinenz der 154 Zu dieser Entwicklung vgl. H. Weber-Grellet, NJW 2001, S. 3657 (3658) m. w. N.; ähnlich R. Voigt, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 20: „Entwicklung zum interventionistischen Wohlfahrts- und Verteilerstaat“. 155 Vgl. H. Weber-Grellet, NJW 2001, S. 3657 (3658). H. P. Bull, Staatsaufgaben, S. 422 m. w. N., sieht in der Produktion von Dienstleistungen i. w. S. die neue Hauptaufgabe der Verwaltung. 156 Vgl. R. Voigt, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 20. 157 Dies stellt U. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), S. 235 (240), fest. 158 Vgl. J. Isensee, FS Ipsen, S. 415. 159 U. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), S. 235 (239 f.).

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Unternehmen und einer Konsumzurückhaltung der Verbraucher, was die konjunkturelle Lage weiter verschlimmert. Können also die Staatseinnahmen nicht erhöht werden, bleibt der öffentlichen Hand nur die Möglichkeit der Ausgabensenkung, entweder bei Investitions- oder bei Verwaltungsausgaben. Senkt der öffentliche Sektor jedoch seine Investitionsausgaben, stehen dem rechtlich verbindliche Zusagen, z. B. bei langfristigen Subventionen oder Vertragsabschlüssen, und volkswirtschaftlich dauerhafte Nachteile für die Konjunktur160 gegenüber. Eine Senkung der Verwaltungsausgaben ist kurzfristig nahezu unmöglich. Vor allem ein Personalabbau scheitert an arbeits- und beamtenrechtlichen Hindernissen. Erst eine allmähliche Senkung des Personalstandes unter Ausnutzung der natürlichen altersbedingten Personalfluktuation ist praktisch umsetzbar. Allerdings steht dann weniger Personal für die gleiche Arbeit zur Verfügung. Dieser Mangel kann jedoch – anders als in der Güter erzeugenden Industrie – nicht ohne weiteres durch einen erhöhten Maschineneinsatz ausgeglichen werden161. Schließlich scheitert ein grundlegender Aufgabenabbau an der Tendenz der ursprünglich mittelbar oder unmittelbar Begünstigten zur „Besitzstandswahrung“. Dieses Dilemma führt zur Kernfrage jedes modernen Verwaltungshandelns: Wie kann eine Aufgabe ordnungsgemäß und zugleich ressourcenschonend erfüllt werden? Es ist die Frage nach der administrativen Effizienz als Kernanliegen des „Neuen Steuerungsmodells“. Daher ist zunächst darzulegen, ob und wie weit die Verwaltung Effizienzgesichtspunkte zu beachten hat.

160 Eine antizyklische Wirtschaftspolitik fordert gerade in der konjunkturellen Abschwungphase eine Ausweitung der öffentlichen Investitionen, um den ins Stottern geratenen „Konjunkturmotor“ wieder anzukurbeln. Die wissenschaftliche Grundlage für dieses „Deficit Spending“ wurde von J. M. Keynes entwickelt. Die in einer wirtschaftlichen Abschwungphase eingegangenen Kredite wurden jedoch in der nachfolgenden Aufschwungphase nicht mehr getilgt, so daß die Politik des „Deficit Spending“ in der Bundesrepublik Deutschland leerlief und aufgegeben wurde, vgl. F. Kirchhof, DVBl. 2002, S. 1569 (1570). 161 Als reines Dienstleistungsunternehmen kann die Verwaltung nur in begrenztem Umfang menschliche Arbeitskraft durch Maschinen ersetzen: Im Bereich der Schreibbüros wurden entsprechend dem technischen Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte die Arbeitsplätze von Stenotypistinnen durch solche mit Schreibmaschinen und diese zuletzt durch solche mit Computern ersetzt. Die Textverarbeitungsprogramme mit ihren Automatisierungspotentialen bei gleichförmigen Schreibarbeiten ersetzten rein manuell tätige Beschäftigte. Diese Entwicklung ist weitgehend abgeschlossen und die Rationalisierungspotentiale sind nahezu ausgeschöpft. Selbst bei einem Wechsel zu noch neueren Generationen von Computern und Textverarbeitungsprogrammen (die ersten Programme zum direkten akustischen Diktat in die Textverarbeitung durchlaufen gerade ihre Bewährungsprobe im Büroalltag) ist der Einspareffekt in dieser Tragweite nicht wiederholbar. Ein Begleiteffekt dieser Entwicklung ist die Veränderung des Stellenkegels im Öffentlichen Dienst weg von niedrig hin zu hoch qualifizierten Beschäftigten: Der Anteil der Beschäftigten im Einfachen Dienst nahm von 1960 bis 1990 in der alten Bundesrepublik von 7,1 % auf 2,6 % ab, umgekehrt stieg der Anteil der Beschäftigten im Höheren Dienst im gleichen Zeitraum von 12,1 % auf 18,4 %; diese Entwicklung setzte sich auch nach der Wiedervereinigung fort, vgl. Institut der Deutschen Wirtschaft (Hrsg.), Deutschland in Zahlen, Ausgabe 2001, S. 74.

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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I. Die Effizienz in der Verwaltung Die Frage nach der Effizienz in der Verwaltung ist zugleich die Grundlage der Entwicklung des „Neuen Steuerungsmodells“. Als „Effizienz“ wird ein Ablauf bezeichnet, in dem entweder der gleiche Nutzen nicht mit geringerem Aufwand oder mit gleichem Aufwand kein höherer Nutzen erzielt werden kann162, also die wirtschaftlichste Methode zur Hervorbringung eines gewünschten Ergebnisses unter gleichzeitiger Schonung der Ressourcen. Dieser aus der Wirtschaftswissenschaft übernommene Effizienzbegriff wird in der Verwaltungswissenschaft in „primäre“ und „sekundäre Effizienz“ weiter aufgefächert. Dem Grundsatz der Effizienz wird als Maßstab staatlichen Handelns Verfassungsrang zuerkannt. Eine Auffassung trägt vor, die Organisation des Gemeinwesens sei auf eine Effizienz ihrer Strukturen angelegt und die konstituierenden Organe, Funktionen und Verfahren müßten in ihrer freiheitsschaffenden, freiheitsbewahrenden und freiheitsbegrenzenden Bedeutung effizient sein163. Eine andere Auffassung ordnet die Effizienz Art. 114 Abs. 2 GG zu, wo Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit als verbindliche Vorgaben allen staatlichen Handelns verankert seien164. Die genaue Verankerung der Effizienz im Grundgesetz ist für den weiteren Gang der Untersuchung nicht erforderlich und soll dahingestellt bleiben. Es genügt festzuhalten, daß die Effizienz zu den verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien gezählt werden kann. Nun gilt es zu prüfen, in welchem Umfang die Exekutive überhaupt befugt und befähigt ist, im Verwaltungsgeschehen den Gesichtspunkt der Effizienz zu berücksichtigen und das „Neue Steuerungsmodell“ rechtlich und tatsächlich zu entfalten. Für die Verwaltung wird der Effizienzbegriff weiter in „primäre und sekundäre Effizienz“ untergliedert. Die „primäre Effizienz“ stellt die grundlegende Frage, „ob“ die Verwaltung eine bestimmte Aufgabe erfüllen soll; die „sekundäre Effizienz“ betrifft lediglich das „Wie“ der Aufgabenerfüllung. Im gewaltenteilenden Staat des Grundgesetzes beantwortet ausschließlich der Gesetzgeber die Frage nach der primären Effizienz. Er entscheidet, ob der Staat eine Aufgabe erfüllen soll und weist sie dann der Verwaltung zur Umsetzung zu165. Die Verwaltung hat den gesetzlichen Auftrag, mit den Haushaltsmitteln in der Außenwelt etwas zu bewir162 Vgl. Chr. Gröpl, VerwArch. 93 (2002), S. 459 (462 ff.); V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 391; auch E. Schmidt-Aßmann, VBlBW 2000, S. 45 (47) und ihm folgend C. D. Hermanns, Einheit der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 28. Es handelt sich um das Prinzip der Wirtschaftlichkeit, einen geplanten Nutzen mit möglichst geringem Aufwand zu verwirklichen (Minimalprinzip) oder mit einem gegebenen Aufwand einen möglichst großen Nutzen zu erzielen (Maximalprinzip). 163 Vgl. P. Häberle, AöR 98 (1973), S. 625 (631); ähnlich W. Berg, Die Verw. 9 (1976), S. 161 (181): Der „Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit. . . ist integrierender Bestandteil des Gesetzmäßigkeitsprinzips.“ 164 Vgl. E. Schmidt-Aßmann, VBlBW 2000, S. 45 (48). 165 Zur Dringlichkeit einer grundlegenden Staatsaufgabenkritik R. Scholz, FS Brohm, S. 741 f.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

ken166. Ihr steht keine Entscheidung zu, ob sie die übertragene Aufgabe erfüllen will. Vielmehr ist sie an die politischen, in Gesetzesform gegossenen Vorgaben gebunden, so daß für sie das Ökonomisch-Monetäre angesichts des Primats der Politik nicht den Rang einer Primärsteuerung erreichen kann167. Diese Kostenverursachung wird im wesentlichen hingenommen als Ausdruck des Willens der Volksvertreter168. Daher ist es der Verwaltung im Bereich ihrer Pflichtaufgaben verwehrt, die Frage der primären Effizienz überhaupt zu stellen. Lediglich bei sogenannten freiwilligen Leistungen darf eine fundierte administrative Aufgabenkritik die Ebene der primären Effizienz betreten. Für alle Ansätze zu einer Binnenmodernisierung in der Verwaltung bleibt somit nur die Ebene der sekundären Effizienz, also der Art und Weise einer Aufgabenerfüllung im Verhältnis zu den dadurch verursachten Kosten. Einer Verwaltungsreform geht es im Grunde darum, die Folgen der Kosten verursachenden gesetzlichen Aufgabenzuweisung möglichst zu minimieren169, insbesondere unter Einbeziehung von Organisation, Infrastruktur, Sach- und Personalausstattung170. Hier setzt das „Neue Steuerungsmodell“ an.

II. Die Grundkonzeption des „Neuen Steuerungsmodells“ Das „Neue Steuerungsmodell“ wurde für den deutschen Verwaltungsbereich wesentlich von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle (KGSt) entwickelt und zunächst auf die kommunale Ebene bezogen. Mittlerweile hat sich gezeigt, daß seine Ansätze auch für die staatliche Verwaltung fruchtbar gemacht werden können. Es kann daher als eine Art „Plattform“ beschrieben werden, auf der je nach Art und Ebene der betroffenen Verwaltung einzelne Module in unterschiedlicher Intensität verwendet werden können. Zunächst soll daher die Grundkonzeption des „Neuen Steuerungsmodells“ als Basis dargestellt werden, anschließend rücken einzelne Elemente ins Blickfeld.

1. Die Kritik am herkömmlichen Verwaltungsmodell Wie der Name „Neues Steuerungsmodell“ andeutet, ist das Modell als Gegenentwurf zum herkömmlichen, hierarchisch-bürokratischen Steuerungsmodell mit Vgl. W. Berg, Die Verw. 9 (1976), S. 161 (182). So K. König / N. Füchtner (Hrsg.), Schlanker Staat, S. 30 m. w. N.; im Ergebnis auch W. G. Leisner, DVBl. 2001, S. 1799 (1804); Chr. Gröpl, VerwArch. 93 (2002), S. 459 (471, 473). 168 Vgl. W. G. Leisner, DVBl. 2001, S. 1799 (1804). 169 Ebenda. 170 Vgl. K. König, VerwArch. 87 (1996), S. 19 (35); ders., VerwArch. 88 (1997), S. 545 (566); ders. / N. Füchtner (Hrsg.), Schlanker Staat, S. 30; R. Pitschas, ZRP 1998, S. 96 (98). 166 167

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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kameralistischer Haushaltsbewirtschaftung konzipiert. An der – vereinfachend – „klassische Verwaltung“ genannten traditionellen Ausprägung der Dritten Gewalt wurde in den vergangenen Jahren zunehmend heftiger Kritik geübt. Sie entzündete sich vor allem an folgenden Punkten: In der Aufbauorganisation wurden undurchsichtige Strukturen infolge zunehmender Aufgabenflut festgestellt, die im Bereich der Ablauforganisation zu unzureichender Gesamtsteuerung und Gesamtkontrolle führten171, trotz ausgeprägt hierarchischer Detailsteuerung durch Verfahrensnormen und Weisungen172. Die Unzulänglichkeiten der herkömmlichen Kameralistik ließen Daten zu Kosten und Leistungen fehlen173, während gleichzeitig von außen eine veränderte makroökonomische Konstellation174 einen Rechtfertigungsdruck auf die Kostenstruktur ausübte. Am Leistungsangebot wurde zusätzlich die geringe gesellschaftliche Akzeptanz bemängelt175, weil es sich dem instrumentellen Wandel – weg von Befehl und Gehorsam hin zu Anreiz und Belohnung, also milderen und elastischeren Mitteln – nicht rasch genug anpasse176. Als weiterer wichtiger Kritikpunkt wurden Mängel im Personalmanagement angesehen177, die um so schwerer wiegen, als die Verwaltung auf ihre Bediensteten als wesentliche „Produktionsmittel“ angewiesen ist. Aus dieser nicht abschließenden Aufzählung ergeben sich als Hauptforderungen an eine Verwaltungsreform die Implementierung wirtschaftlicher Gesichtspunkte in die Ablauf- und Aufbauorganisation und die Stärkung der einzelnen Einheiten und Mitarbeiter durch Delegation und Verantwortungsteilung in einer transparenten und einfachen Organisation. Die wirtschaftlichen Elemente sollen um die Instrumente einer Kosten- / Leistungsrechnung und einer Budgetierung ergänzt und so zu einer fast kaufmännischen Wirtschaftlichkeitskontrolle erweitert werden. Delegation und Dezentralisation sollen nicht nur die eigentliche Verwaltung erfassen, sondern darüber hinaus zu einer neuen Verantwortungsabgrenzung zwischen PoliVgl. P. Schaad, DÖV 2000, S. 22. Vgl. K. Lüder, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 48. 173 Das betonen P. Schaad, DÖV 2000, S. 22, und H. Hill, DÖV 2001, S. 793; siehe auch F. Naschold / J. Bogumil, Modernisierung des Staates, S. 87 f.; R. Pitschas, ZRP 1998, S. 96 (100). 174 So F. Naschold / J. Bogumil, Modernisierung des Staates, S. 80. 175 Kritisch P. Schaad, DÖV 2000, S. 22; zur Akzeptanz auch A. Voßkuhle, Die Verw. 32 (1999), S. 545 (547 f.); ders., VerwArch. 92 (2001), S. 184 (202 f.). 176 Zu diesem Wandel H. P. Bull, Staatsaufgaben, S. 423; R. Voigt, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 20; H. Weber-Grellet, NJW 2001, S. 3657 (3658); auch F. Naschold / J. Bogumil, Modernisierung des Staates, S. 80. K. Redeker, NJW 2000, S. 2796 (2798), spricht vom Weg in die „Dienstleistungsgesellschaft“. 177 Vgl. P. Schaad, DÖV 2000, S. 22. Deutlich M. Rehbinder, FS Brohm, S. 729: „Das Verwaltungshandeln sieht man geprägt durch Mißtrauenskultur und Mißerfolgsvermeidungsstrategie (,Null-Fehler-Einstellung’) statt durch Vertrauenskultur und Erfolgssuche; die meisten Beförderungschancen hat, wem keine direkten Fehler nachgewiesen werden können, und nicht, wer die meisten innovativen Ideen einbringt.“ 171 172

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

tik und Verwaltung führen. Die Politik soll weiterhin das „Was“ und die Rahmenbedingungen vorgeben, die Verwaltung hingegen soll das „Wie“ gestalten und für die Ergebnisse verantwortlich sein.

2. Das Neue am „Neuen Steuerungsmodell“ Kern des „Neuen Steuerungsmodells“ ist die Einführung einer neuartigen inneren und äußeren Steuerung der Verwaltung. Damit einher geht der Aufbau einer dezentralen Führungs- und Organisationsstruktur, die sich durch eine klare Abgrenzung der Verantwortung zwischen Politik und Verwaltung, eine Führung durch Leistungsabsprache statt Einzeleingriff, eine dezentrale Gesamtverantwortung in den Fachbereichen und Instrumente zur Steuerung der Verwaltung von der Leistungsseite her auszeichnet178. Die Orientierung an Wirtschaftsunternehmen darf jedoch nicht zu einem blinden Nachahmen von Strukturen und Instrumenten aus dem privaten Sektor führen179. Selbst wenn die Hauptaufgabe der Verwaltung in der „Produktion von Dienstleistungen“180 gesehen und die Verwaltung konsequenterweise als „Dienstleister“ bezeichnet wird, wird sie dennoch nicht zum Privatunternehmen. Sie wird nicht zur Firma, ebenso wenig wie ihre Vertretungskörperschaft zum Aufsichtsrat wird, der nur noch die Verwaltungsführung kontrolliert und auf sein Recht, die politische Richtung zu bestimmen und die wichtigen inhaltlichen Entscheidungen selbst zu treffen, verzichtet181. Vielmehr bedarf die Gesamtverantwortung zwischen Politik und Verwaltung einer neuen Abgrenzung. Die Trennung von strategischen Vorgaben und Vollzugskompetenz182 soll in den dezentralen Einheiten die Verantwortung steigern und die Kräfte der sachnahen Instanz wecken, die dort in Sachverstand, Kreativität und Erfahrung des Personals schlummern183. Anders als im überkommenen Steuerungsmodell der „klassischen Verwaltung“, in dem die demokratische Legitimation der Amtswalter vorwiegend durch die zentrale Detailsteuerung mittels Verfahrensnormen184 und die Weisungsgebundenheit des einzelnen Amtswalters als strenge Legitimationskette vom Parlament über die 178 Siehe KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 3; ähnlich M. Rehbinder, FS Brohm, S. 727 f., 730 ff. Einen kurzen Überblick gibt R. Pitschas, BayVBl. 2000, S. 97 ff. 179 Derart einschränkend KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 14. 180 So H. P. Bull, Staatsaufgaben, S. 422 m. w. N.; differenziert R. Pitschas, BayVBl. 2000, S. 97 (99). 181 Das betont KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 14, zur Kommunalverwaltung. 182 Vgl. V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 60; E. Schmidt-Aßmann, in: ders. / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 27. 183 Vgl. W. Hoffmann-Riem, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 344. 184 Vgl. K. Lüder, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 48 f.

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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Verwaltungsspitze hin zum einzelnen Amtswalter der untersten Ebene vermittelt wird, will das „Neue Steuerungsmodell“ hier externe und interne Kontrolle neu austarieren. Durch die Schaffung von Freiräumen für Selbststeuerung und Selbstkontrolle der dezentralen Einheiten werden diese mehr als zuvor auf ihre Verantwortung für das Gesamtergebnis verpflichtet185. Die strategisch entscheidende politische Ebene definiert Leistungsaufträge anhand konkreter Produkte186, welche die Verwaltung mit den ihr zugewiesenen Ressourcen zu erfüllen hat. Die Mittelzuweisung erfolgt über die Budgetierung187. Anhand der konkreten Leistungsvereinbarungen hat die Verwaltung der Politik später laufend über ihren Auftragsvollzug mit etwaigen Abweichungen zu berichten und die Ergebnisverantwortung zu tragen188. Durch diesen Wechsel von der bisherigen Input- zur Output-Steuerung189 und die Einführung der betriebswirtschaftlichen Kosten- / Leistungsrechnung als internem Kontrollinstrument findet ein Wettbewerbsgedanke190 Eingang in die Verwaltung. Insgesamt weist das „Neue Steuerungsmodell“ eine andere Schwerpunktsetzung in der Kontrolle der Verwaltung und damit auch in ihrer Legitimation auf: Anders als im klassischen Modell wird demokratische Legitimation zwar über die Steuerungsverantwortung der Zentrale zur Regierung und zum Parlament gesichert, aber thematisch keineswegs eingeengt191. Durch die größere Distanz externer Kontrolle wird eine interne Eigenkontrolle möglich, die als funktionales Äquivalent von Fremdkontrolle wirken soll192. Die Legitimation der Verwaltung wird in dem „Neuen Steuerungsmodell“ also anders akzentuiert gesehen, kontroll- und damit legitimationsfreie Räume werden nicht befürchtet193. Aus Sicht der Befürworter 185 Das hebt W. Hoffmann-Riem, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 344, hervor. Im Ergebnis ebenso KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 3; auch F. Naschold / J. Bogumil, Modernisierung des Staates, S. 87 f. 186 Dazu K. König / N. Füchtner (Hrsg.), Schlanker Staat, S. 13; H.-J. Papier, NJW 2001, S. 1089 (1094). 187 G. F. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 698, sieht in ihr das Herzstück des „Neuen Steuerungsmodells“. 188 Vgl. K. König / N. Füchtner (Hrsg.), Schlanker Staat, S. 13. 189 Vgl. V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 60; H.-J. Papier, NJW 2001, S. 1089 (1094): E. Schmidt-Aßmann, in: ders. / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 27. 190 Kritisch zum Wettbewerbselement wegen der Gefahr selektiver Wahrnehmungen W. Berg, FS Maurer, S. 536 f. Zum Wettbewerb als Teil des „Neuen Steuerungsmodells“ ders., WiVerw. 2000, S. 141 (143 f.); F. Naschold / J. Bogumil, Modernisierung des Staates, S. 88. 191 Vgl. W. Hoffmann-Riem, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 344. 192 Ebenda. K. Lüder, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 49, sieht eine Verlagerung des Kontrollschwerpunkts auf Ergebnis- und Systemkontrollen. 193 Vgl. W. Hoffmann-Riem, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 344; eher kritisch E. Schmidt-Aßmann, VBlBW 2000, S. 45 (48).

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

des „Neuen Steuerungsmodells“ wird die normative Bindung der Verwaltung nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Ob diese Bewertung auch einer Prüfung der konkreten Ausprägung der einzelnen Elemente des „Neuen Steuerungsmodells“ auf etwaige legitimatorische Defizite standhält, soll im folgenden Abschnitt untersucht werden. III. Die einzelnen Elemente und ihre verfassungsgemäße Ausgestaltung Nach dem vorangegangenen Überblick sollen nun einzelne Elemente des „Neuen Steuerungsmodells“ auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz, insbesondere mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung und dem Grundsatz der Budgethoheit des Parlaments, untersucht werden. Gerade weil die Exekutive über Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden ist, darf das „Neue Steuerungsmodell“ nur in der Verwaltung verwirklicht werden, wenn und soweit es verfassungsgemäß ist und nicht in Widerspruch zur Rechtsordnung steht.

1. Der Haushaltsvollzug durch Budgetierung Für das Parlament liegt die zentrale Neuerung im Vergleich zur klassischen Steuerung in der Budgetierung194; sie verändert das traditionelle System von Haushaltsaufstellung und Haushaltsvollzug grundlegend und bedarf einer eingehenden verfassungsrechtlichen Überprüfung. a) Der Haushalt im traditionellen Modell Das herkömmliche Verfahren der Haushaltsaufstellung folgt dem sog. BottomUp-Verfahren und beginnt mit der Anmeldung von Mittelbedarf durch die Ämter195. Hier erfolgt die Steuerung hauptsächlich über den Input, also über die (zentrale) Zuteilung von Ressourcen196. Der schließlich aufgestellte Haushaltsplan gibt an, wieviel Geld die Verwaltung ausgeben darf, aber nirgends präzise, welche Leistungen sie mit diesen Mitteln erzeugen soll197. Benötigt ein Fachbereich Ressourcen über den ihm ursprünglich zugewiesenen Ansatz hinaus, hat er sich an spezielle Querschnittsämter zu wenden, die diese Mittel verwalten, z. B. das Personalamt oder die Kämmerei. Auf diese Weise sind Fach- und Ressourcenverantwortung getrennt. Der Fachbereich hat keinen Einblick in die finanzielle Lage des Rechtsträgers und umgekehrt haben die Querschnittsämter keinen Einblick in die interne 194 195 196 197

Vgl. V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 574. Vgl. KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 31. Vgl. KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 20. Ebenda.

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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Lage des Fachbereichs, vor allem nicht in die Ursachen seines höheren Mittelbedarfs. Ob äußere Einflüsse den Fachbereich zur Überschreitung seines Haushaltsansatzes zwingen oder ob der Grund in internen Mängeln liegt, ist den Querschnittsämtern nicht bekannt. Kritische Stimmen unterstellen den Fachbereichen gar, diese Verantwortungsteilung lade sie geradezu ein, bei der Anforderung von Ressourcen „in die Vollen“ zu gehen. Verhaltensänderungen seien erst zu erwarten, wenn nicht mehr der maximale Ressourcenverbrauch, sondern die optimale Leistung belohnt werde198. In der Tat belohnt das traditionelle, auf den Input zugeschnittene Modell keine Einsparungen der Fachbereiche. Schöpfen sie ihre zugeteilten Mittel nicht im jeweiligen Haushaltsjahr aus, so verfallen diese unwiederbringlich und geben der übergeordneten Stelle einen Vorwand, künftige Mittelanmeldungen von vornherein entsprechend zu kürzen. Dem sparsamen Fachbereich wird unterstellt, die Mittel nicht (mehr) zu benötigen. Die Reaktion darauf ist das weit verbreitete „Dezemberfieber“, wenn Fachbereiche noch kurz vor Ende eines Haushaltsjahres verbliebene Haushaltsreste durch nicht immer sinnvolle Investitionen aufbrauchen, um dem Mittelverfall und dem Rechtfertigungsdruck bei der nächsten Haushaltsaufstellung vorzubeugen. Dieses Fehlen einer durchgängigen Verbindung zwischen Ressourcenverbrauch und Leistungsoutput wird als Konstruktionsmangel der heutigen Verwaltung angesehen, der sich durch noch so viele punktuelle Eingriffe in die Produktionsprozesse nicht beheben läßt199. Tatsächlich führt die Aufsplitterung der Verantwortung zwischen Fachbereich und Querschnittsamt oft dazu, daß sich der einzelne Mitarbeiter kaum für das Gesamtergebnis verantwortlich fühlt. Ohne genaue Arbeitsvorgaben – selbst die in jüngerer Zeit in Mode gekommenen Organisationsuntersuchungen200 haben nur den Wert unverbindlicher Gutachten – kann im Prinzip jeder Beschäftigte seine eigene Auslastung oder gar Überlastung behaupten und sich etwaiger berechtigter Kritik an seiner Arbeitsweise erwehren. Interpoliert auf einen ganzen Fachbereich ergibt sich für diesen die Möglichkeit, ebenfalls mangels objektiver Vergleichszahlen seine Auslastung zu behaupten und als Begründung für steigende Mittelanmeldungen heranzuziehen. Selbst von der Verwaltungsspitze vorgenommene Kürzungen der Anmeldungen werden in Kauf genommen und einkalkuliert, aber sie führen zu keiner Änderung der internen Arbeitsweise der Fachbereiche. Lediglich der Verteilungskampf der Fachbereiche untereinander um die vorhandenen Mittel nimmt an Schärfe zu. Ohne meßbare und an die Mittelbewilligung gebundene Leistungsvorgaben entsteht im Fachbereich keine echte Motivation für interne Einsparungen, die Grundlage einer übergreifenden Einsparung sein könnten. Diese Mängel des klassischen Haushaltsvollzugs sind bisher nicht grundlegend behoben worden.

So KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 10. Das betont KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 20. 200 Zur Evaluierung von Verwaltungspolitik, besonders zur externen Evaluierung H. Wollmann, VerwArch. 93 (2002), S. 418 (432 ff.). 198 199

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

b) Die Budgetierung als Gegenentwurf zum traditionellen Modell Das „Neue Steuerungsmodell“ verfolgt einen anderen Ansatz. Sein Gegenmodell der „Budgetierung“ soll das Verantwortungsgefühl eines Fachbereichs für das Ganze wecken. Zu diesem Zweck erhält der Fachbereich für einen bestimmten Zeitraum – meist das in Planung befindliche Haushaltsjahr – einen produktbezogenen Ressourcenrahmen als Budget nach Absprache verbindlich vorgegeben201, so daß diese Einheit für die Erstellung der vereinbarten Produkte unter Einhaltung des zugewiesenen Budgets verantwortlich ist. Das Budget wird auf das jeweilige Produkt bezogen. Der Budgetierungsansatz setzt sich zusammen aus der Produktionsmenge multipliziert mit den Kosten je Produkt202. Beispielsweise ergibt eine Leistungsvorgabe von 1.000 neu zu erteilenden Fahrerlaubnissen bei Kosten von 50,– A je Fahrerlaubnis ein Budget von 50.000,– A. Dieses Budget wird der Personal- und Sachmittelausstattung des Fachbereichs zugrundegelegt. Bei der Haushaltsaufstellung liegt ein wesentlicher Unterschied zum herkömmlichen Modell in der frühen Einbindung des Fachbereichs203 im Wege des Gegenstromverfahrens. Zunächst verteilt die politische Führung in einem „Top-Down“Willensakt die im zu planenden Haushaltsjahr zur Verfügung stehenden Ressourcen vorläufig auf die Fachbereiche204, die sodann im „Bottom-Up“-Verfahren ihren konkreten Bedarf anmelden und ihn anhand ihrer voraussichtlichen Leistungsziele begründen. Abweichungen vom vorgesehenen Bedarf können in diesem Stadium noch zwischen den Fachbereichen ausgeglichen werden, ohne das zur Verfügung stehende Gesamtvolumen zu überschreiten. Sobald die Budgets abgeschlossen sind und der Haushaltsplan aufgestellt ist, liegt es am Fachbereich, die ihm gesetzten Vorgaben einzuhalten. Weicht der Fachbereich im Laufe des Haushaltsvollzugs von den Vereinbarungen ab, sind die Abweichungen zunächst intern auszugleichen. Zusätzliche Mittel werden nur zugeteilt, wenn alle internen Auffangmöglichkeiten erschöpft sind und die Aufgaben- oder Ausgabensteigerungen nicht planbar waren205. Beispiele hierfür sind durch Gesetzesnovellen neu hinzugekommene Aufgaben oder durch externe Faktoren verursachte Kostensteigerungen wie Preis- oder Lohnsteigerungen. Umgekehrt muß der Fachbereich interne Gründe für die Nichterfüllung der vorgegebenen Produktionsziele oder das Überschreiten des Budgets verantworten. Diese persönliche Verantwortung der Fachbereichsleitung bis hin zu personellen Konsequenzen ist in dieser Schärfe dem traditionellen Modell fremd.

201 202 203 204 205

Vgl. KGSt, Bericht Nr. 15 / 1994, S. 27. Im einzelnen dazu KGSt, Bericht Nr. 15 / 1994, S. 28. Vgl. dazu G. F. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 703. Zum Verfahren vertiefend KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 13. Vgl. KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 17; und V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 96.

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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Schließlich belohnt die Budgetierung die Sparsamkeit eines Fachbereichs nach Abschluß eines Haushaltsjahres. Erfüllt er alle Vorgaben, ohne das Budget auszuschöpfen, verbleibt ihm ein vorher abstrakt festgelegter Teil dieser Mittel206 als über das Haushaltsjahr hinweg übertragbares Guthaben. Es erhöht die Flexibilität des Fachbereichs für die Zukunft und ermöglicht ihm sogar Investitionen über mehrere Haushaltsperioden hinweg. Die Vorteile dieser Budgetierung werden vorrangig in Zuwächsen an Wirtschaftlichkeit gesehen, weil nirgends so viele Kenntnisse über konkrete Einsparpotentiale bestehen wie im sachnahen Fachbereich207 und dieses Wissen systembedingt nutzbar gemacht wird. Die im Budget enthaltenen Zuweisungen bedeuten für die Fachbereiche keine von Jahr zu Jahr fest verfügbaren Basismittel, sondern variable Zuweisungen zur Deckung der Differenz zwischen den erzielbaren Einnahmen und den geplanten Ausgaben des Fachbereichs. Ein Fachbereich ist also gezwungen, seinen Mittelbedarf vorrangig aus den möglichen Einnahmen, z. B. aus Gebührenerhebungen für Leistungen, zu decken, und erst nachrangig auf die Zuweisungen aus dem Haushalt zuzugreifen. Abweichungen von den Planungen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite sind ohne weiteres erkennbar, denn statt der im traditionellen Haushaltsvollzug üblichen isolierten Mittelschätzung werden bei einer Budgetierung geplante und tatsächliche Einnahmen und Ausgaben eines Fachbereichs einander direkt gegenübergestellt. Statt der im traditionellen Modell kritisierten Verantwortungsteilung ist ein Fachbereich für seine Leistungen und für seinen Mittelbedarf direkt verantwortlich. Die Verantwortung wird ihm schon in der Haushaltsaufstellung übertragen; an diesen Vorgaben wird er im laufenden Haushaltsvollzug durch geeignete ControllingMaßnahmen gemessen und nach Schluß des Haushaltsjahres durch die Rechnungsprüfung überprüft. Die Budgetierung bewirkt somit eine leistungsbezogene Mittelzuteilung und bindet die einzelnen Fachbereiche gezielt in die Gesamtverantwortung ein.

c) Die Verfassungsmäßigkeit der Budgetierung Die Budgetierung gibt, wie soeben dargestellt, dem einzelnen Fachbereich neuen Handlungsspielraum im Umfang seines selbst zu bewirtschaftenden Budgets zu Lasten einer klassischen zentralen Haushaltsbewirtschaftung, bindet ihn andererseits jedoch inhaltlich stärker als das traditionelle Modell über die – nachfolgend dargestellten208 – Leistungsvereinbarungen. Diese deutlichen Abweichungen vom herkömmlichen Modell der Haushaltsbewirtschaftung bedürfen einer Recht206 Vgl. W. Hoffmann-Riem, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 344. 207 So V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 97. 208 Dazu unten unter § 3 A. III. 2.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

fertigung vor dem Grundgesetz, ansonsten darf die Budgetierung keinen Eingang in die Verwaltungspraxis finden. Zunächst könnte der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans verletzt sein, indem das Budgetierungsmodell den Gesamthaushalt in autonome Einzelbudgets auflöst. Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG verlangt die Einstellung aller Einnahmen und Ausgaben des Bundes in den Haushaltsplan; entsprechendes gilt auch für die Bundesländer. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans als verletzt angesehen, wenn Einnahmen- und Ausgabenkreisläufe außerhalb des (parlamentarischen) Budgets organisiert würden. Der Grundsatz ziele darauf ab, das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und Budgetentscheidung209 von Parlament und Regierung zu unterstellen. Dadurch solle der vollständige Überblick des Parlaments über das dem Staat verfügbare Finanzvolumen und über die dem Bürger auferlegte Abgabenlast gewährleistet werden; nur so könnten Einnahmen und Ausgaben vollständig den dafür vorgesehenen Planungs-, Kontroll- und Rechenschaftsverfahren unterworfen werden210. Hieraus ergeben sich zwei Forderungen an die verfassungsgemäße Ausgestaltung einer Budgetierung: Erstens muß sie vollständig transparent im Haushaltsplan enthalten und abgebildet sein; getrennt nach Einnahmen und Ausgaben und nicht saldiert. Zweitens muß gesichert sein, daß die Verwaltung die ihr im (Teil-)Budget eingeräumten Ausgabenermächtigungen in einer dem parlamentarischen Willen entsprechenden Weise nutzt. Die erste Forderung ist erfüllt, wenn die Titel des Haushaltsplans in einem budgetierten Haushaltsplan aufgeschlüsselt und nicht bloß saldiert sind. Dabei ist zu berücksichtigen, daß in einem budgetierten Haushalt anders als im traditionellen Modell keine Einzelzuweisungen mehr gemacht werden (z. B. Beträge für die Anschaffung bestimmter Sachmittel). Vielmehr werden die zu erstellenden Produkte anhand der bei der Haushaltsaufstellung gewonnenen Erfahrungen als Grundlage genommen, um die mit ihnen verbundenen Einnahmen und Ausgaben zu ermitteln. Diese werden im Budget getrennt aufgeführt211. Ihre Differenz ergibt bei Kostenüberdeckung den voraussichtlichen Rückführungsbetrag an den übergeordneten Gesamthaushalt oder bei Kostenunterdeckung den voraussichtlichen Zuschußbedarf aus den allgemeinen Haushaltsmitteln. Wird diese Aufschlüsselung konsequent durchgeführt, ist ein budgetierter Haushalt ebenso vollständig wie ein her209 Zum Schutz der Budgethoheit des Parlaments gegen Einwendungen Einzelner BVerfG v. 02. 10. 2001, NJW 2002, S. 127 m. w. N. („Holocaust-Mahnmal“). Das Budgetrecht des Parlaments kann jedoch durch plebiszitäre Elemente einer Landesverfassung eingeschränkt werden, vgl. SächsVerfGH v. 11. 07. 2002, NVwZ 2002, S. 472 (473, 476), zur Gleichrangigkeit von Volksgesetzgebung und Parlamentsgesetzgebung im Freistaat Sachsen. Diese Entscheidung begrüßen J. Kertels / S. Brink, NVwZ 2003, S. 435 (438); kritisch dagegen D. Zschoch, NVwZ 2003, S. 438 (442), die eine Verletzung des parlamentarischen Budgetrechts durch Volksgesetze mit finanziellen Folgelasten für den Landeshaushalt befürchtet. 210 Vgl. BVerfGE 93, 319 (343); BVerfG v. 19. 03. 2003, NVwZ 2003, S. 715 (716). 211 A. A. wohl V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 335, der auf die getrennte Ausweisung verzichten und nur den voraussichtlichen Zuschußbedarf aufführen will.

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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kömmlicher Haushalt, aber weit informativer. Er erfüllt nicht nur die erste o. g. Forderung, sondern stellt durch den Produktbezug sogar dar, wieviel eine bestimmte Leistung der Verwaltung „kostet“. Das Parlament kann dem Haushalt also nicht nur entnehmen, wohin genau die Mittel fließen, sondern auch in welchen Bereichen die Verwaltung kostendeckend arbeitet und wo nicht. Die Forderung nach Transparenz und Vollständigkeit des Haushalts ist somit bei einer konsequenten Budgetierung erfüllt. Problematischer ist die zweite Forderung nach einer dem parlamentarischen Willen exakt entsprechenden Verwendung der zugewiesenen Mittel. Das herkömmliche System ist gekennzeichnet durch die im Haushaltsgesetz festgeschriebene Ausgabenermächtigung als Teil des parlamentarischen Budgetrechts. Für die Budgetierung wird demgegenüber festgestellt, die Neuorientierung des Haushalts weg vom Input hin zum Output lasse die Möglichkeit der politischen Detailsteuerung durch Einflußnahme auf eng geführte Ausgabentitel entfallen212. Unter sonst gleichen Bedingungen verliere das Parlament an Kontrollkompetenz213, so daß zunächst ein Legitimationsdefizit entstehe214. Isoliert betrachtet nimmt die Budgetierung dem Parlament also bisher als unverzichtbar angesehene Detailkompetenzen. Dieser Zwischenbefund führt jedoch nur zur Verfassungswidrigkeit der Budgetierung, wenn das Parlament nicht durch andere Instrumente neue Kontrollkompetenz erlangt und das Legitimationsdefizit nicht insgesamt ausgeglichen wird. Dieser Ausgleich könnte durch das mit dem „Neuen Steuerungsmodell“ ebenfalls neu eingeführte Instrument des Controlling erzielt werden, das nun näher betrachtet werden soll. aa) Das Controlling als ergänzendes Steuerungsinstrument Als Çontrolling“ wird eine Technik der betriebsinternen Informationsbeschaffung und -verwendung bezeichnet, die ihren Ursprung in der Betriebswirtschaft hat. Es entwickelte sich aus dem betrieblichen Rechnungswesen (Kosten- / Leistungsrechnung und Erfolgsrechnung) zu einem umfassenden Steuerungsinstrument215. Çontrolling“ darf hier nicht mit dem wesentlich engeren Begriff der (nachgelagerten) „Kontrolle“ gleichgesetzt werden216, sondern erweist sich als wesentlich komplexeres Instrument, das die Phasen der Steuerung, Zielsetzung, Planung, Realisation und Kontrolle durch die Bereitstellung von Informationen lau212 Vgl. W. Hoffmann-Riem, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 82. 213 Das stellt K. Lüder, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 51 m. w. N., fest. 214 Vgl. V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 337. 215 Vgl. KGSt, Bericht Nr. 15 / 1994, S. 75; auch W. Hoffmann-Riem, in: E. SchmidtAßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 337. 216 So deutlich KGSt, Bericht Nr. 15 / 1994, S. 17; W. Hoffmann-Riem, in: E. SchmidtAßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 336.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

fend unterstützen soll217. Die einzelnen betriebswirtschaftlichen Instrumente sind miteinander zu einem wirkungsvollen Berichtswesen verbunden. Die Schwächen des traditionellen, der Kameralistik entlehnten Modells zeigen sich in seiner begrenzten Informativität und der lediglich nachgelagerten Kontrolle. „Als reine Geldrechnung erfaßt die Kameralistik nicht den Werteverzehr, eine Vermögens- und Ergebnisrechnung läßt sich auf ihrer Grundlage nicht aufbauen“218. Bei vielen Verwaltungsleistungen sind deshalb die genauen Kosten unbekannt219. Als schwerpunktmäßig nachgelagerte Kontrolle erfaßt die Kameralistik zwar Abweichungen von den vorgegebenen Haushaltsansätzen, allerdings erst im Nachhinein220. Die gegenüber dem traditionellen Modell erhobene Forderung nach einer output-orientierten Aufsicht, die Spielräume bei der Aufgabenerfüllung respektiert und zur Erreichung der gemeinwohlorientierten Ziele auf Globalsteuerung statt auf Detailsteuerung gerichtet ist221, findet ihre Erfüllung im Controlling des „Neuen Steuerungsmodells“. Das Controlling schafft ein Gegengewicht zur budgetierten „Freiheit“ der Fachbereiche, indem es sie zu regelmäßigen Berichten über den Stand des Haushaltvollzugs verpflichtet, die gesammelten Ist-Werte mit den im budgetierten Haushaltsplan verbindlich festgeschriebenen Soll-Werten vergleicht und der politischen Führung zusammen mit den ggf. eingeholten Stellungnahmen der in den Fachbereichen Verantwortlichen als Bericht aufbereitet vorlegt. So erhält die politische Spitze – im Quartals- oder gar im Monatsrhythmus – Zwischeninformationen über den Stand des Haushaltsvollzugs. Drohende Fehlentwicklungen, interne und externe Ursachen sowie Änderungen der Rahmenbedingungen werden frühzeitig erkannt und können durch rechtzeitige Gegenmaßnahmen noch im laufenden Haushaltsjahr aufgefangen werden. Droht z. B. im Ausländeramt eine Haushaltsüberschreitung, weil eine externe, nicht vorhersehbare Einbürgerungskampagne zu einer Antragswelle geführt hat und das vorhandene Sachmittel- und Personalbudget zur zeitnahen Bearbeitung der Anträge nicht ausreicht, kann diese Fehlentwicklung früh erkannt und durch Veränderungen im Personal- und Sachmittelbudget (Änderungen der Produktvorgabe, veränderte Prioritätensetzung für das Produkt „Einbürgerung“ gegenüber anderen Produkten, fachbereichsübergreifende Umschichtung von Ressourcen) aufgefangen werden. Dieses neuartige Berichtswesen nimmt die einzelnen Fachbereiche mehr denn je in die Pflicht, ihre Vorgaben zu erfüllen und Abweichungen rechtfertigen zu müs217 Vgl. KGSt, Bericht Nr. 15 / 1994, S. 16; W. Hoffmann-Riem, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 336; ähnlich J. Wieland, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 68. 218 P. Schaad, DÖV 2000, S. 22 (26). 219 So KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 12; auch V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 93. 220 Deutlich E. Schmidt-Aßmann, in: ders. / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 15. 221 In diesem Sinne W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 56 (1997), S. 291 (294).

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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sen. Gleichzeitig ermöglicht es der politischen Spitze, die für eine Steuerung der Verwaltung elementar nötigen Informationen zeitnah und mit Vorschlägen für eine konkrete Umsetzung aufbereitet zu erhalten. Der exekutive Freiraum bei der Bewirtschaftung des Budgets wird mit einem Netz von Informationspflichten überzogen. Mehr denn je erhält die politische Spitze die Möglichkeit, sich um die zentrale Steuerung der Verwaltung zu kümmern, statt sich in Einzelheiten und Ausgabenposten zu verzetteln. In ihrer neuartigen Kombination von exekutiver Detail- und politischer Globalverantwortung stellt die um ein Controlling ergänzte Budgetierung weit besser den Vollzug des parlamentarischen Willens sicher als das traditionelle Modell des Haushaltsvollzugs. Der – isoliert betrachtet – legitimatorisch defizitären Budgetierung steht mit dem Controlling ein wirkungsvolles Steuerungsinstrument zur Seite. Ob es das Defizit an Legitimation kompensieren kann, soll nun abschließend beurteilt werden. bb) Die legitimatorische Wirkung des Controlling als Ergänzung der Budgetierung Wie bereits dargelegt, ergänzen sich Budgetierung und Controlling zu einem effektiven Steuerungssystem. Es könnte den verschiedentlich erhobenen Zweifeln, ob die Budgetierung den Fachbereichen nicht zuviel Freiraum läßt und deshalb gegen die haushaltsrechtlichen Prinzipien der Vollständigkeit und Transparenz verstößt, entgegengehalten werden. In der Tat lösen sich Haushaltsrecht und Haushaltspolitik mit diesem effektiven Steuerungssystem aus ihrer bisherigen Einengung auf das Ziel, Ausgaben zu reduzieren und Verschwendung durch falsche Mittelverwendung auszuschließen. Sie werden umfassender zum Instrument der politischen Steuerung222. Anders als im traditionellen System, in dem der Haushaltsplan lediglich die Obergrenze für die verwendeten Mittel darstellt, ohne das Ergebnis des Mitteleinsatzes zu kontrollieren, führen Budgetierung und Controlling inhaltliche und finanzielle Programmierung zusammen223. Die Gesetzesbindung der Verwaltung an Ausgaben verursachende Fachgesetze mit Leistungsansprüchen der Bürger einerseits und an das Haushaltsgesetz mit der Zuweisung der Finanzmittel zur Erfüllung der fachgesetzlichen Vorgaben andererseits bleibt auch im „Neuen Steuerungsmodell“ bestehen. Sie wird jedoch durch Budgetierung und Controlling zu einer ergebnisorientierten Verantwortungsteilung zwischen Politik und Verwaltung erweitert. Der Haushaltsplan wird nicht nur terminologisch, sondern auch tatsächlich zum „staatsleitenden Hoheitsakt“, also „zum politischen Programm, das auf die Verwirklichung von politischen Zielen drängt“224. Nicht die politische Detailverant222 Vgl. W. Hoffmann-Riem, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 75 m. w. N. 223 In diesem Sinne V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 576. 224 W. Hoffmann-Riem, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 75 m. w. N.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

wortung der Politik legitimiert die Verwaltung, sondern die Sicherung eines hinreichenden Legitimations- und Kontrollniveaus. Neue Steuerungsinstrumente können dazu beitragen, den weitgehend verlorenen – weil zur Fiktion erstarrten – Einfluß des Parlamentes auf die Haushaltsplanung und Haushaltskontrolle wieder herzustellen225. So mindert die Budgetierung zwar die politische Steuerung gegenüber dem kameralistischen System. Aber sie stellt sie – verbunden mit einem wirkungsvollen Berichtswesen und Controlling – nicht nur wieder her. Sie erreicht durch das neue Qualitätsniveau der nun möglichen Steuerung sogar eine deutliche Verbesserung gegenüber der Kameralistik und erhöht das Legitimationsniveau gegenüber dem traditionellen Modell erheblich. Ein Verstoß gegen die Grundsätze des Haushaltsrechts ist nicht zu befürchten, vielmehr ist die Budgetierung im Sinne des „Neuen Steuerungsmodells“ ohne weiteres mit der parlamentarischen Budgethoheit vereinbar.

2. Die Delegation durch Leistungsvereinbarung Ein Kennzeichen des „Neuen Steuerungsmodells“ ist die strikte Trennung von Politik und Verwaltung in ihrer jeweiligen Verantwortung226 mit dem Ziel, die Politik auf die strategische Führung zu beschränken und die politische Einflußnahme auf Einzelfälle der Art und Weise der Aufgabenerledigung zu eliminieren227. Die Verwaltung soll durch Leistungsabsprachen statt durch Einzeleingriffe geführt werden („Kontraktmanagement“); über die Outputorientierung soll jeder Fachbereich dezentral in die Gesamtverantwortung eingebunden werden228. Die Politik tritt dabei als Auftrag- und Kapitalgeber für die Leistungen auf, welche die Verwaltung erbringt. Die Politik ist für das „Was“, die Verwaltung für das „Wie“ der Leistungserbringung verantwortlich229. Diese Form der Delegation bedarf unter legitimatorischen Gesichtspunkten einer näheren Untersuchung, weil die Politik hier ein Stück weit auf ihr Primat verzichtet und aus legitimatorischer Sicht ein Ausgleich für diese Minderung des Einflusses erforderlich sein könnte.

225 Ebenda, S. 84 f.; ähnlich H. Hill, DÖV 2001, S. 793 (794, 804); V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 577; M. Rehbinder, FS Brohm, S. 739. 226 Vgl. KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 3; dazu V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 87; K. König / N. Füchtner (Hrsg.), Schlanker Staat, S. 13. 227 Vgl. V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 90. 228 Vgl. KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 3; auch W. Hoffmann-Riem, in: E. SchmidtAßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 344; F. Naschold / J. Bogumil, Modernisierung des Staates, S. 87 f.; P. Schaad, DÖV 2000, S. 22. 229 Vgl. KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 17.

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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a) Das Prinzip der Leistungsvereinbarung Die Rechtsqualität einer Leistungsvereinbarung zwischen Politik und Verwaltung ist noch ungeklärt230. Für den Fortgang dieser Untersuchung ist eine Klärung erforderlich, um eine Grundlage für die Beurteilung der legitimatorischen Relevanz zu erhalten. Eine Leistungsvereinbarung ist von vornherein ein Verwaltungsinternum, das weder Bürger noch sonstige Dritte berührt231. Mangels Außenwirkung handelt es sich weder um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG noch um einen anstelle eines Verwaltungsaktes geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne von § 54 S. 2 VwVfG. In Betracht kommt allenfalls ein Vertrag im Sinne von § 54 S. 1 VwVfG, sofern die Leistungsvereinbarung inhaltlich ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts begründet, ändert oder aufhebt. Zweifelhaft ist hier, ob eine Leistungsvereinbarung zwischen Politik und Verwaltung überhaupt Rechte begründet. Die Fragestellung sei am Beispiel einer Leistungsvereinbarung auf Landkreisebene erläutert: Mit einer solchen Vereinbarung legen der Kreistag als politische Führung und der Leiter der Straßenverkehrsbehörde als Vorgesetzter eines Fachbereichs gemeinsam die Planungsziele für das bevorstehende Haushaltsjahr fest. Der Fachbereich verpflichtet sich für das Haushaltsjahr, eine bestimmte Anzahl an Produkten in einer bestimmten Qualität, z. B. 1.200 Verfahren auf Führerschein-Umtausch bei einer Bearbeitungsdauer von maximal vier Wochen je Antrag unter Beachtung aller gesetzlichen Vorgaben, herzustellen. Hierfür verpflichtet sich der Kreistag, dem Fachbereich ein finanzielles Budget von einer Stelle eines Beamten im gehobenen Dienst, zwei Stellen des mittleren Dienstes und weitere 500,– A verfügbare Mittel sowie drei computergestützte Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Mit diesem Budget hat der Fachbereich diese Arbeit zu leisten. Erzielte Gebühreneinnahmen fließen in den Haushaltsansatz des Fachbereichs, Überdeckungen sind am Ende des Haushaltsjahres abzurechnen, wobei 50 % des Überdekkungsbetrages dem Fachbereich ohne Anrechnung auf sein nächstes Budget verbleiben und der Restbetrag in den allgemeinen Haushalt fließt. Unterdeckungen hat der Fachbereich aus seinem Budget, ggf. auch aus Ansparungen vorangegangener Haushaltsjahre, zu tragen. Im laufenden Haushaltsvollzug hat der Fachbereich monatlich Bericht über Kosten und Leistungen an die Controlling-Stelle im Haus zu erstatten, die den Kreistag informiert. Beide Seiten vereinbaren diese Ziele schriftlich in einer Leistungsvereinbarung. Damit stellt sich der Gegenstand einer Leistungsvereinbarung als wechselseitige Verpflichtung der Politik zur Bereitstellung von Mitteln und der Verwaltung zur 230 Vgl. E. Schmidt-Aßmann, VBlBW 2000, S. 45 (48); H. Hill, in: K. Lüder (Hrsg.), Öffentliche Verwaltung der Zukunft, S. 131. Einen Überblick über den Meinungsstand gibt H. Hill, NVwZ 2002, S. 1059 (1060) m. w. N. 231 Im Ergebnis ebenso H. Hill, NVwZ 2002, S. 1059 (1061 f.).

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Erbringung von Leistungen dar232. Die Verbindlichkeit der Leistungsvereinbarung besteht für das politische Gremium darin, daß es über die Art und Weise der Aufgabenerledigung keine Einzelweisungen an den Fachbereich gibt und zugleich wegen der laufenden Überwachung des Fachbereichs durch die Controlling-Stelle nicht mit unvorhergesehenen Mittelforderungen des Fachbereichs zu rechnen braucht. Umgekehrt kann der Fachbereich verbindlich darauf vertrauen, daß ihm die zugesagten Mittel zufließen werden und er keine für ihn unvorhersehbare Mittelkürzung befürchten muß. Er gewinnt einen weiten Planungshorizont für seine Leistungsziele und kann Vereinbarungen mit internen oder externen Anbietern abschließen. So kann er z. B. Schreib- und Zuarbeiten entweder an eine interne Stelle gegen Verrechnung abgeben oder zum gleichen Zweck eine qualifizierte externe Stelle beauftragen, wenn diese ihm die Arbeiten günstiger erledigt als bei einer eigenen Erstellung. Beides hat er aus seinem Budget zu finanzieren. Kommen saisonale Schwankungen hinzu, weil z. B. viele Urlauber die neuen Führerscheine noch kurz vor der Reisezeit beantragen, kann der Fachbereich flexibel reagieren. Aufbauend auf dem ihm verbindlich zugesagten Budget kann er die Mehrarbeit in antragsstärkeren Monaten durch Überstunden der Mitarbeiter oder befristeten Zukauf weiterer Arbeitsstunden unter interner Verrechnung auffangen. In antragsärmeren Zeiten hingegen kann er einen Ausgleich durch Überstundenabbau bei den Mitarbeitern und Ansparung der Reserven auf Arbeitszeit- oder Finanzkonten bilden. Soweit er sonst zusätzliche technische Ausstattung benötigt, kann er sie ohne die traditionellen und langwierigen Antrags- und Genehmigungsverfahren direkt aus dem eigenen Budget erwerben. Die Budgetierung gibt der Einheit einen produktbezogenen Ressourcenrahmen für einen bestimmten Zeitraum nach Absprache verbindlich vor und definiert die Verantwortung für das Budget eindeutig233. Auf diese Weise binden sich politisches Gremium und Fachbereich intern für ein Haushaltsjahr; die Verantwortung ist klar abgegrenzt und jede Seite kann auf die Einhaltung der Absprache vertrauen. Fraglich ist, ob einklagbare Rechte für beide Seiten entstehen. Dagegen spricht, daß lediglich ein Verwaltungsinternum vorliegt und keine Seite eigene subjektive Rechte geltend machen kann. Entscheidende Bedeutung für die Frage der Rechtsqualität einer Leistungsvereinbarung gewinnt daher die Frage, welche Sanktionen bei Nichterfüllung eintreten. Hält das politische Gremium seine Verpflichtung nicht ein, weil es z. B. entgegen der Absprache die Personal- und Sachmittelausstattung im laufenden Haushaltsjahr kürzt, wird der Fachbereich automatisch von seiner Verantwortung für die dadurch auftretenden Mängel in der Auftragserfüllung (steigende Bearbeitungszeiten durch Personalknappheit) frei. Die Situation gleicht dann dem Haushaltsvollzug im traditionellen Modell, in dem ein Fachbereich ebenfalls keine bindenden Leistungsvorgaben hat. Erfüllt hingegen der Fachbereich seine Verpflichtungen nicht (höherer Mittelbedarf oder geringere Bearbei232 Zu den vielfältigen Funktionen einer Ziel- bzw. Leistungsvereinbarung H. Hill, NVwZ 2002, S. 1059 (1061). 233 Dazu KGSt, Bericht Nr. 15 / 1994, S. 27; schon KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 17.

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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tungsgüte), kann das politische Gremium die Fachbereichsleitung zunächst über die Controlling-Stelle und ggf. unmittelbar zur Verantwortung ziehen. Sie wird frei von ihrem Verzicht auf Einzeleingriffe in den Fachbereich und kann per Weisung Einfluß auf die Sachbehandlung nehmen und selbst Prioritäten vorgeben. Sie kann daneben aber auch die Fachbereichsleitung persönlich zur Rechenschaft ziehen und über dienst- und arbeitsrechtliche Instrumente (Beurteilungs- und Beförderungswesen) bis hin zur Ablösung der Leitungsperson eingreifen. Damit gleicht auch auf dieser Seite die Situation jener im traditionellen Verwaltungsmodell ohne Leistungsvereinbarung und Budgetierung. Zusammenfassend zeigt sich, daß die Folgen einer Nichterfüllung der Leistungsvereinbarung für beide Seiten einen Rückschritt auf das traditionelle Verwaltungsmodell bedeuten. Eine Leistungsvereinbarung gibt weder dem politischen Gremium noch der Verwaltung neue einklagbare Rechte, aber sie läßt im Fall ihrer Nichterfüllung die ohnehin bestehenden, vorübergehend durch die Leistungsvereinbarung dispensierten Rechte der Verantwortlichen wieder aufleben. Für die politische Ebene bedeutet eine Leistungsvereinbarung einen vorläufigen, höchstens auf das Haushaltsjahr befristeten freiwilligen Verzicht auf die Geltendmachung eines Teils ihrer bestehenden haushalts-, organisations- und personalrechtlichen Befugnisse. Für die Verwaltung bedeutet sie eine auf das Haushaltsjahr befristete freiwillige Übernahme der Eigenverantwortung für das Gesamtergebnis des Fachbereichs bei gleichzeitigem Zugewinn an Entscheidungsfreiheit. Keine Seite kann aus der Leistungsvereinbarung heraus die andere Seite zu ihrer Einhaltung zwingen; im Fall der Nichterfüllung jedoch ist jede Seite ihrer eingegangenen Verpflichtungen ledig. Die Rechtsqualität der Leistungsvereinbarung liegt damit nicht in der Begründung neuer Rechtsverhältnisse, sondern läßt die bestehenden Rechtsverhältnisse teilweise ruhen. Sie ähnelt eher einem „Gentlemen’s Agreement“ ohne rechtliche Bindungswirkung als sonst einer Rechtsfigur234. Trotz dieser vordergründigen Unverbindlichkeit einer Leistungsvereinbarung dürften, wenn erst einmal die Verwaltungsreform flächendeckend durchgeführt worden ist, die Hemmschwellen für Einzelweisungen unter Umgehung der im Modell vorgesehenen Steuerungsmechanismen sehr hoch sein. „Die Hürden für den Gebrauch des Weisungsrechts in Einzelfällen werden faktisch, nicht aber rechtlich höher gesetzt“235. Dieser Rückschnitt des politischen Einflusses auf die Verwaltung bedarf der Rechtfertigung vor dem Demokratie- und dem Rechtsstaatsprinzip. Diese ist nun zu diskutieren.

234 Ebenso H. Pünder, DÖV 2001, S. 70 (74): Leistungsvereinbarungen sind „nicht rechtlich verbindlich, sondern nur politischer Natur“. 235 Vgl. V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 307.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

b) Die Legitimation der Leistungsvereinbarung An der Rechtsfigur der „Leistungsvereinbarung“ wird die Reduzierung der Weisungsgebundenheit der Verwaltung kritisiert. Dem „Neuen Steuerungsmodell“ wird entgegengehalten, es könne mit der Dynamik seiner eigenen nichtnormativen Handlungsmaßstäbe nicht neben der traditionellen Rechtsbindung und Weisungsunterworfenheit der Verwaltung herlaufen236. Vielmehr seien die Verbindlichkeit von Leistungsvereinbarungen und das hinreichende Legitimationsniveau für das Handeln der entkoppelten dezentralen Entscheidungseinheiten erst noch zu klären237. Auch Befürworter des „Neuen Steuerungsmodells“ räumen ein, daß die Kontraktsteuerung der nachgeordneten Stellen zu einer negativen Abweichung vom legitimatorischen Regelmodell führt238. Entscheidend ist daher, ob die unterschiedlichen Ausprägungen des Legitimationsniveaus der einzelnen Elemente des „Neuen Steuerungsmodells“ in einer Gesamtbetrachtung den Anforderungen des Grundgesetzes genügen. Voraussetzung ist allerdings, daß der Leistungsvereinbarung legitimatorische Wirkung angesichts des Demokratieprinzips und des Rechtsstaatsprinzips zukommt. aa) Die Leistungsvereinbarung und die personelle Legitimation Das Demokratieprinzip begründet die Verwaltungskompetenz als verfassungsrechtliche Funktionsgarantie239. Die Verwaltung ist eine öffentliche Gemeinwohlfunktion mit einem spezifisch verfassungsrechtlich begründeten Gemeinwohlauftrag240. Zwischen den beiden anderen Gewalten kommt der Exekutive rechtlich keine untergeordnete Position zu241. Für ihre Aufgabe, die gestaltende Einflußnahme auf die Lebenswirklichkeit mit den Mitteln des Rechts, bedarf sie jedoch einer demokratischen Legitimation wie jede Ausübung von Staatsgewalt mit Entscheidungscharakter242. Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet innerhalb der Legitimation mehrere Formen institutioneller, funktioneller und sachlich-inhaltlicher Legitimation und betont, daß nicht die Form der Legitimation, sondern deren Effektivität entscheidend und ein bestimmtes Legitimationsniveau notwendig sei243. So E. Schmidt-Aßmann, VBlBW 2000, S. 45 (48). Ebenda. 238 Vgl. V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 327. 239 Vgl. M. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), S. 160 (175). 240 So P. Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 713. 241 So E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 58. 242 In diesem Sinne V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 178. Er bezeichnet mit „Legitimation“ den Vorgang der Herstellung der Rückbindung der Herrschaftsausübung an das Legitimationssubjekt und mit „Legitimität“ das Ergebnis dieses Prozesses; ebenda S. 168 m. w. N. 243 BVerfGE 83, 60 (72); E 93, 37 (67). Zustimmend H. Pünder, DÖV 2001, S. 70 (72 f.). 236 237

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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Bei einer Leistungsvereinbarung besteht zwar eine personelle Legitimation in Gestalt einer ununterbrochenen Legitimationskette fort, sie ist jedoch vorübergehend dispensiert. Für diesen Fall wurde bereits befunden, das Parlament verliere unter sonst gleichen Bedingungen an Kontrollkompetenz244. Isoliert betrachtet genügt also die Leistungsvereinbarung nicht den Anforderungen an eine personelle Legitimation und insoweit nicht dem Demokratieprinzip. Dieser Mangel könnte durch Verbesserungen bei der sachlich-funktionellen Legitimation ausgeglichen werden, insbesondere bei der aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierenden Gesetzesbindung. Dies ist nun zu prüfen. bb) Die Leistungsvereinbarung und die sachlich-inhaltliche Legitimation Neben dem Demokratieprinzip ist die Verwaltung im „Neuen Steuerungsmodell“ auch dem Rechtsstaatsprinzip unterworfen. Die Gesetzesbindung der Verwaltung ist ein zentrales Element der sachlich-inhaltlichen Legitimation245. Sie könnte gefährdet sein, wenn die Wirtschaftlichkeitserwägungen die rechtlich verbindlichen Maßstäbe im Verwaltungsvollzug überlagern. Doch das „Neue Steuerungsmodell“ stellt diese Bindung keineswegs in Frage, denn jede Leistungsvereinbarung darf der Verwaltung nur Leistungen abverlangen, die im Einklang mit der Rechtsordnung stehen. Zugunsten der Wirtschaftlichkeit dürfen keine Abstriche bei der Rechtsanwendung gemacht werden, vielmehr will das „Neue Steuerungsmodell“ vorrangig die Abläufe vereinfachen und zu Verbesserungen der Arbeitsweise motivieren. Eine Leistungsvereinbarung gewährt einem Fachbereich nur Handlungsspielraum im Rahmen seiner fachgesetzlichen Bindungen. Für den Fall des Rechtsverstoßes stehen interne und externe Kontrollmechanismen zur Verfügung. Intern handelt es sich um das Beschwerdemanagement, eine Stelle, die Beschwerden und Vorschläge der Bürger aufnimmt, sichtet, bewertet und an die Controlling-Stelle zur Prüfung weitergibt. Häufen sich die Beschwerden über einen Fachbereich, ist dies Anlaß genug, seine Arbeitsweise intern näher zu untersuchen. Weiter stehen Rechtsbehelfe wie Widerspruch, Gegenvorstellung und Petition ebenfalls offen. Extern erfolgt die weitere Kontrolle rechtlich durch die Gerichte und wirtschaftlich durch die Rechnungshöfe. Damit ist die Gesetzesbindung intern und extern zwar gesichert, aber sie erreicht keinen höheren Grad als im traditionellen Verwaltungsmodell. Damit kann sie isoliert zu keiner Kompensation anderweitiger Legitimationsdefizite beitragen.

244 Vgl. K. Lüder, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 51; im Ergebnis ebenso V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 327. 245 Vgl. V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 282.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

cc) Die Leistungsvereinbarung als Ergänzung der Budgetierung Eine über das traditionelle Verwaltungsmodell hinausreichende Legitimation könnte jedoch aus der Budgetierung resultieren. Wie oben dargelegt246, führen Budgetierung und Controlling zu keinem legitimationsfreien Raum, sondern stärken den politischen Einfluß auf die Verwaltung. Diese wird nicht mehr schwerpunktmäßig über Fachgesetze und Mittelzuweisung gesteuert, sondern vorrangig an den Ergebnissen ihrer Arbeit gemessen. Die Leistungsvereinbarung ist ein wichtiger Baustein in diesem neuen System, indem sie die Verwaltung zur Erbringung bestimmter Leistungen zu vorher vereinbarten Kosten verpflichtet. Die Verwendung dieser betriebswirtschaftlich orientierten Steuerungsinstrumente ermöglicht nicht nur einen standardisierten internen SollIst-Vergleich, sondern auch einen Vergleich mit anderen Verwaltungen und sogar – durch die Eigenart öffentlicher Verwaltungen eingeschränkt – mit Dienstleistungsunternehmen247. Auf diese Weise gewinnt die Politik ganz neue Möglichkeiten strategischer Steuerung. Der mit dem „Neuen Steuerungsmodell“ einhergehende Verlust an operativer Steuerung durch den Verzicht auf Einzelweisungen führt zu einer reduzierten personellen Legitimation der Verwaltung. Der enorme Zuwachs an strategischer Planung und operativer Kontrolle gleicht diesen Verlust jedoch bei weitem aus. In keinem herkömmlichen Verwaltungsmodell gehen Haushaltsaufstellung und Haushaltsvollzug derart nahtlos ineinander über und erlauben noch im laufenden Jahr Korrekturen und Umplanungen. So ermöglicht die Leistungsvereinbarung zusammen mit Budgetierung und Controlling eine neuartige Qualität politischer Kontrolle und eine neue Intensität sachlich-institutioneller Legitimation. Ihre wesentliche Funktion liegt in der „Optimierung des Vollzugs zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrags“, sie dient dazu, „das Konzept demokratischer Legitimation hervorragend zu verwirklichen“248. Die demokratische Legitimation wird im „Neuen Steuerungsmodell“ also keineswegs eingeengt, sondern nur anders gesichert als im herkömmlichen streng hierarchischen Modell249.

Oben § 3 A. III. 1. c). Diese Möglichkeit gewinnt vor allem an Bedeutung, wenn über ein „Outsourcing“ entschieden werden soll, also die künftige Auslagerung einer bisher selbst wahrgenommenen Aufgabe. Ein Beispiel ist die Durchführung der Raumpflege im Verwaltungsgebäude, die entweder durch eigene Bedienstete oder eine externe Firma wahrgenommen werden kann. Ein realistischer betriebswirtschaftlicher Kostenvergleich ist für eine Entscheidung über die Auslagerung unerläßlich. 248 So H. Hill, NVwZ 2002, S. 1059 (1063). 249 In diesem Sinne W. Hoffmann-Riem, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 84 und 344; auch K. Lüder, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 51; V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 577; H. Pünder, DÖV 2001, S. 70 (73 f.). 246 247

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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3. Die Verfassungsmäßigkeit des „Neuen Steuerungsmodells“ Somit ist das „Neue Steuerungsmodell“ mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Demokratieprinzip ist durch die Letztverantwortung der Verwaltung gegenüber der parlamentarisch legitimierten Verwaltungsspitze abgesichert. Budgetierung, Controlling und Leistungsvereinbarung bewirken zwar eine Verschiebung der Kontrollschwerpunkte weg vom Einzelfall hin zum Gesamtergebnis. Richtig eingesetzt erhöhen sie jedoch die legitimatorische Rückkopplung der Verwaltung zum Parlament. Die rechtsstaatliche Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht nach Art. 20 Abs. 3 GG bleibt ebenfalls gewahrt. Wirtschaftliche Gesichtspunkte dürfen nur innerhalb der rechtlichen Begrenzungen berücksichtigt und nicht zu einem alles überlagernden neuen Prinzip überhöht werden. Damit ist das „Neue Steuerungsmodell“ per se weder undemokratisch noch rechtsstaatswidrig. Vielmehr vermag es die überkommenen, oft zur Form erstarrten Begriffe der „Budgetverantwortung“ und der „Exekutivverantwortung“ mit neuem Leben zu füllen. IV. Zwischenergebnis Wie gezeigt, liegt das Dilemma der öffentlichen Verwaltung im Widerspruch zwischen den steigenden Anforderungen von Bürger und Politik auf der einen Seite und haushaltsbedingten Kürzungen der Ausstattung auf der anderen Seite. Diese Entwicklung ist der Auslöser des „Neuen Steuerungsmodells“. Sein Kernanliegen ist die ressourcenschonende und effiziente Aufgabenerfüllung durch die Verwaltung. Hierzu sind tiefgreifende innere Reformen in den Behörden notwendig. Wegen des Primats der Politik kann die Verwaltung dabei nur die Ebene sekundärer Effizienzen beeinflussen, also das „Wie“ ihrer Aufgabenerfüllung gestalten. Die Ebene der primären Effizienz in Gestalt einer fundamentalen Aufgabenkritik ist ihr verschlossen. Das „Ob“ ihrer Aufgabenerfüllung bestimmt weiterhin alleine der Gesetzgeber. Dabei gibt es kein verbindliches Modell des „Neuen Steuerungsmodells“. Seine Anwendung setzt die Kombination verschiedener Module je nach Eigenarten der zu reformierenden Behörde voraus. Zentrale Bausteine sind dabei Reformen der Organisation, der Mittelbewirtschaftung durch Budgetierung und Kosten- / Leistungsrechnung sowie Reformen in der Verantwortungsabgrenzung zwischen Politik und Verwaltung. Der vom „Neuen Steuerungsmodell“ geforderte Haushaltsvollzug durch Budgetierung vergrößert die Spielräume der jeweiligen Fachbereiche und verringert die Einflußmöglichkeiten des politischen Gremiums auf Detailfragen. Das Controlling und das Berichtswesen gleichen als interne Kontrollinstrumente die Steuerungsdefizite der Budgetierung nicht nur aus, sondern sie erhöhen das Legitimationsniveau des „Neuen Steuerungsmodells“ gegenüber dem traditionellen Modell des Haushaltsvollzugs erheblich. Gegen eine derart ergänzte Budgetierung bestehen keine haushaltsrechtlichen Bedenken mehr. 6 Dietz

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Die Leistungsvereinbarung ist ein neues internes Steuerungsinstrument, dessen Rechtscharakter am ehesten einem „Gentlemen’s Agreement“ entspricht, weil die getroffenen Absprachen zwischen politischer Führung und Fachbereichen ohne rechtliche Bindungswirkung und ohne rechtliche Sanktionsmöglichkeiten bei Nichterfüllung bleiben. Sie ändert nichts an der Gesetzes- und Rechtsbindung der Verwaltung, weil sie dem Fachbereich nur Leistungen abverlangen darf, zu denen dieser berechtigt und verpflichtet ist. Interne und externe Kontrollmechanismen sichern die Gesetzestreue der Verwaltung. Die Letztverantwortung der Verwaltung gegenüber der parlamentarischen Spitze bleibt gesichert. Sie wird durch die neuartigen Steuerungsinstrumente sogar noch gefestigt, weil sich die Kontrollschwerpunkte weg vom Einzelfall hin zum Gesamtergebnis verlagern.

B. Die einzelnen Elemente des „Neuen Steuerungsmodells“ und ihre Auswirkungen auf die behördliche Prozeßführung Nachdem im vergangenen Abschnitt die prinzipiellen Bedenken gegen das „Neue Steuerungsmodell“ ausgeräumt werden konnten, steht nun die Frage im Mittelpunkt, welche Auswirkungen das „Neue Steuerungsmodell“ auf die behördliche Prozeßführung haben kann. Zunächst soll die Prozeßführung als Aufgabe betrachtet werden, anschließend ihre wirtschaftliche Seite unter dem Blickwinkel der Budgetierung. Schließlich sollen in einem Exkurs die Ansätze zur Umsetzung des „Neuen Steuerungsmodells“ in der Verwaltungsgerichtsbarkeit herausgearbeitet werden, um das Bild der gegenwärtigen Diskussion des „Neuen Steuerungsmodells“ in Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit abzurunden. I. Die Prozeßführung im Licht einer Aufgabenkritik In der Diskussion über die Verwaltungseffizienz werden Bedenken laut, welche die Gefahr einer zu weitgehenden Einmischung der Verwaltungsgerichte in das Verwaltungsgeschehen befürchten250 und eine neue Austarierung des funktionalen Zusammenhangs zwischen Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren verlangen251. Diese Forderungen sprechen die Ebene der primären Effizienz252 an, auf der es Sache des Gesetzgebers ist, eine Aufgabe als öffentliche zu begreifen, sie staatlichen Institutionen zur Erledigung zuzuweisen und so zur staatlichen Aufgabe zu machen253. Über Art. 19 Abs. 4 GG und das Rechtsstaatsprinzip hat der Vgl. F. O. Kopp, FS Klecatsky, S. 122. Vgl. F. Schoch, VBlBW 2000, S. 41 (43); in dieselbe Richtung R. Pitschas, ZRP 1998, S. 96 (97); P. Stelkens, NVwZ 1995, S. 325 (334). 252 Näher zum Begriff oben unter § 3 A. I. 253 Vgl. R. Scholz, FS Brohm, S. 741. Zur Unterscheidung „öffentlicher“ und „staatlicher“ Aufgaben W. Weiß, DVBl. 2002, S. 1167 (1169). 250 251

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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Verfassungsgeber den Schutz subjektiv-öffentlicher Rechte als öffentliche Aufgabe anerkannt und der Verwaltungs- und Verfassungsgerichtsbarkeit zur Verwirklichung zugewiesen. Ob diese Entscheidung unter Effizienzkriterien richtig war, vermag im Rahmen dieser Untersuchung nicht beantwortet zu werden. Eine Antwort würde eingehende Untersuchungen zu Leistungen und Kosten der Gerichtsbarkeiten im Vergleich zum tatsächlichen Befriedungseffekt in der Rechtswirklichkeit erfordern. Hinzu kämen vergleichende Untersuchungen alternativer Verfahren, z. B. von privaten Mediationen und Schlichtungen, unter denselben Kriterien. Dies zu leisten, ist nicht Aufgabe dieser Arbeit und ohne aufwendige empirische Untersuchungen zur Erlangung aussagekräftigen Datenmaterials auch nicht möglich. Daher soll der Hinweis genügen, daß eine externe Verwaltungskontrolle durch unabhängige Gerichte den Systemanforderungen des „Neuen Steuerungsmodells“ entspricht. Je größer der interne und wirtschaftlich begründete Spielraum der Verwaltung wird, desto wichtiger wird eine wirksame externe Rechtmäßigkeitskontrolle. Nur so können die aufgetauchten Befürchtungen eines Paradigmenwechsels der Verwaltung weg von den Rechtmäßigkeitsmaßstäben hin zu Wirtschaftlichkeitserfordernissen254 ausgeräumt werden. Eine nach den Vorgaben des „Neuen Steuerungsmodells“ reformierte Verwaltung ist geradezu angewiesen auf eine Gerichtsbarkeit, die – neben der Wirtschaftlichkeitskontrolle durch die Rechnungshöfe – die Rechtmäßigkeitskontrolle sicherstellt. Diese externen Kontrollmechanismen sind in Deutschland im internationalen Vergleich hoch entwickelt255; sie können und müssen für das „Neue Steuerungsmodell“ nutzbar gemacht werden. Für Deutschland werden die normativen Maßstäbe aufgrund der hiesigen Rechts- und Verwaltungstraditionen auch unter dem „Neuen Steuerungsmodell“ für die Verwaltung bindend bleiben; sie müssen über die Gerichtsbarkeiten abgesichert werden. Die Frage der primären Effizienz nach dem „Ob“ einer behördlichen Prozeßführung ist dabei grundsätzlich zu bejahen. Gibt es eine Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Überprüfung des Verwaltungshandelns, so muß die betroffene Verwaltung sachnotwendig auch im Überprüfungsverfahren vertreten sein. Jede Ausklammerung der Verwaltung aus dem Prüfverfahren würde dessen Zweck verfehlen. Wegen des Rechtsstaatsprinzips wird eine behördliche Prozeßführung als staatliche Aufgabe weiterhin unverzichtbar sein. Somit bleibt dem „Neuen Steuerungsmodell“ hier lediglich die Ebene der sekundären Effizienz, wozu Infrastruktur, Organisation, Personal- und Sachausstattung gehören256. Der jeweilige Rechtsträger hat hier die Wahrnehmung der „Aufgabe Prozeßführung“ durch seine Verwaltung im Einzelnen auszugestalten. Dabei erschwert der föderale Aufbau der Bundesrepublik Deutschland mit der zwischen 254 Vorsichtige Bedenken gegenüber einem Primat der Effizienz äußern W. Berg, Die Verw. 9 (1976), S. 161 (178); K. König, VerwArch. 87 (1996), S. 19 (35); V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 155; M. Wallerath, Die Verw. 33 (2000), S. 361. 255 So K. König, VerwArch. 86 (1995), S. 1 (29). 256 Vgl. K. König, VerwArch. 87 (1996), S. 19 (35); auch ders. / N. Füchtner (Hrsg.), Schlanker Staat, S. 30.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Bund, Ländern und Gemeinden geteilten Verwaltungshoheit allerdings allgemeingültige Aussagen. Im Bereich der Aufbauorganisation stehen für die behördliche Prozeßvertretung mehrere Modelle einer Eigen- oder Fremdvertretung alternativ nebeneinander. Die Eigenvertretung kann durch den jeweiligen Fachbereich selbst oder durch ein eigenes Rechtsamt erfolgen; beide Varianten finden sich in der Praxis. Die Fremdvertretung kann durch eine zentrale Vertretungsbehörde, z. B. eine Landesanwaltschaft wie im Freistaat Bayern bis 1997257, oder – dem Zeitgeist entsprechend als „Outsourcing“ – durch eine Anwaltskanzlei erfolgen. Jedes dieser vier Hauptmodelle hat seine Vor- und Nachteile. Je näher die Aufgabe der Prozeßvertretung am ausführenden Fachbereich angesiedelt ist, desto frühzeitiger fließen prozessuale Aspekte in die Verwaltungsentscheidung ein. Je ferner sie ihm liegt, desto größer ist die Gefahr, daß die künftigen Prozeßvertreter erst mit dem Fall befaßt werden, wenn die Weichenstellungen schon unumkehrbar erfolgt sind. Eine auf die Prozeßvertretung spezialisierte Stelle kann das erforderliche Fachwissen prozeßrechtlicher und prozeßtaktischer Art erwerben und bündeln, was einem nur gelegentlich vor Gericht stehenden Fachbereichsleiter deutlich schwerer fallen dürfte. Im Freistaat Bayern hat die weitgehende Abschaffung der Landesanwaltschaft die Eigenvertretung der Landratsämter zur Folge. Mangels aussagekräftigen Datenmaterials muß die Frage offen bleiben, welche Organisationsform tatsächlich die effizientere ist. Hinsichtlich einer Einschaltung externer Anwaltskanzleien kann zumindest festgestellt werden, daß sie eher bei Behörden sinnvoll ist, die entweder selbst über keine zur Prozeßvertretung befähigten Bediensteten verfügen (vgl. § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO) oder die so selten in Prozesse verwickelt sind, daß sich eine Eigenvertretung für sie nicht rechnet. Dies dürfte bei kleineren Gemeinden der Fall sein. Für die Aufbauorganisation gibt das „Neue Steuerungsmodell“ daher kein allgemeingültiges Modell vor. Es fordert allerdings einen Kosten-Nutzen-Vergleich bezogen auf die jeweilige Behörde. Die Ablauforganisation ist für die Prozeßvertretung eng mit der Aufbauorganisation verknüpft; sie läßt sich daher nicht isoliert betrachten. Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Zeichnet sich in einem Verwaltungsverfahren ein Verwaltungsprozeß drohend ab, muß die Fachbereichsleitung auch prozessuale Gesichtspunkte wie Fragen der Darlegungs- und Beweislast in ihre Sachentscheidung einfließen lassen. Ist die zur Prozeßvertretung berufene Stelle, z. B. ein juristischer Staatsbeamter, als unmittelbarer Vorgesetzter „nahe“, werden keine Hemmungen bestehen, ihn frühzeitig zu konsultieren. Je ferner jedoch die Stelle ist – vom Rechtsamt in der eigenen Behörde über die Landesanwaltschaft am Sitz der Bezirksregierung bis hin zum externen Rechtsanwalt –, desto eher wird der Fachbereich eine eigene Lösung bevorzugen258 und die andere Stelle erst einschalten, wenn es unumgängSiehe dazu oben § 2 A. II. 1. Es ist nur allzu menschlich, mit der Konsultation von „Fremden“ zurückhaltend zu sein: Mit der Bitte um Rat ist ja auch das Eingeständnis eigener Ratlosigkeit verbunden. 257 258

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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lich geworden ist. Diese Erfahrungen und Überlegungen können in die Gestaltung der Ablauforganisation nach den Maßstäben des „Neuen Steuerungsmodells“ einfließen, sei es in Regelungen über die Behandlung des Posteingangs (z. B. Zuleitung eingegangener anwaltlicher Schriftsätze erst an das Rechtsamt und dann an den Fachbereich) oder über die Einrichtung fester Besprechungsrunden für problematische Fälle unter Teilnahme der externen Stellen. Das „Neue Steuerungsmodell“ kann hier über die Kosten- / Leistungsrechnung sogar eine Rechtfertigung für konsultativen Mehraufwand bieten: Es dürfte für den Rechtsträger einer Behörde allemal kostensparender sein, frühzeitig die prozessualen Erfolgschancen eines Falles abschätzen und ggf. alternative Lösungen suchen zu lassen, statt sich in aussichtslose Prozesse zu verstricken. Die zuletzt angesprochene Suche nach alternativen Lösungen führt zu einem dritten Gesichtspunkt des „Neuen Steuerungsmodells“: Der „Kundenorientierung“. Sie ist der von außen am deutlichsten erkennbare Baustein einer Verwaltungsreform. Die neu installierten „Bürgerservice-Zentren“ und „Beschwerdemanager“ sowie die „Kundenbefragungen“ sind für jeden Bürger deutlich sichtbare Zeichen einer Veränderungsbereitschaft bei einer Behörde. Man mag die von Erwerbsunternehmen entlehnte Begrifflichkeit der „Kundenorientierung“ kritisch sehen259, im Kern zeigt sich jedoch das in der Verwaltungswissenschaft längst bekannte Problem der Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen. Die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen durch den Bürger wirkt sich auf die Verfahrensökonomie aus, indem sie Verfahren beschleunigt und gerichtliche Nachverfahren erspart260. Will eine Verwaltung den Bürger nicht als Untertanen oder Bittsteller, sondern als Inhaber von Rechten und Empfänger von Dienstleistungen sehen und ernst nehmen261, muß sie nicht nur auf die vordergründigen Wünsche des Bürgers, sondern auch auf etwaige tiefer liegende Bedürfnisse eingehen. Damit soll nicht einer tiefenpsychologischen Anreicherung des Amtsermittlungsgrundsatzes das Wort geredet werden, doch erfahrungsgemäß entspricht nicht immer der gestellte Antrag dem wahren Willen des Antragstellers. Ein Beispiel aus einem tatsächlich stattgefundenen Fall hierzu: Ein Grundstückseigentümer begehrte eine Aufforstungsgenehmigung für eine Fläche, die wegen entgegenstehender naturschutzfachlicher Belange versagt werden mußte. Alle Versuche, ihn von der Aussichtslosigkeit seines Begehrens zu überzeugen und zu einer für ihn kostengünstigen Rücknahme seines Antrags zu bewegen, schlugen fehl. Er wollte 259 W. Berg, WiVerw. 2000, S. 141 (150), befürchtet erhebliche Gefahren für die Grundrechtsverwirklichung bei marktähnlichem Verhalten der Verwaltung; M. Wallerath, Die Verw. 33 (2000), S. 361 (364 f.) sieht in Leitbilddiskussion und Kundenorientierung Ansätze für ein in seinen Konturen diffuses „postbürokratisches“ Zeitalter. Kritisch auch M. Fehling, Verwaltung zwischen Unparteilichkeit und Gestaltungsaufgabe, S. 175 m. w. N., 192 f. 260 Vgl. Th. Würtenberger, NJW 1991, S. 257 (261); M. Fehling, Verwaltung zwischen Unparteilichkeit und Gestaltungsaufgabe, S. 84. 261 Dazu und zum Sinneswandel auf „einer historischen Bahn vom Untertanen des Obrigkeitsstaates über den Bürger des Wohlfahrtsstaates zum Kunden des schlanken Staates“ vgl. K. König / N. Füchtner (Hrsg.), Schlanker Staat, S. 25.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

das Grundstück nach einer Aufforstung nicht selbst bewirtschaften, sondern verpachten, teilte er mit. Nach der förmlichen Ablehnung seines Antrags beschritt er den Rechtsweg. Erst später stellte sich heraus, daß er sich auch damit begnügt hätte, das Grundstück z. B. an einen Naturschutzverband zu verpachten oder zu veräußern. Ihm lag also erstrangig an der wirtschaftlichen Nutzziehung aus dem Grundstück, nicht an der Aufforstung, die ihm nur als die nächstliegende Nutzungsart erschienen war. Der Fall hätte daher ganz anders und ohne förmliche Versagung sowie ohne Widerspruchs- und Klageverfahren gelöst werden können. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig die intensive Einbindung des Bürgers in das Verwaltungsverfahren ist. Eine bloße „Anhörung“ i.S.v. § 28 VwVfG genügt oft nicht. Die „Kundenorientierung“ ist also eher eine Chiffre, um die Verwaltung zu einem bürgerorientierten Verhalten zu motivieren262, allerdings ohne Abstriche bei den berufsethischen Kernfunktionen des öffentlichen Dienstes wie Gemeinwohlorientierung, rechtsstaatlichem Handeln und Leistungsmotivation263. Für die Prozeßführung bedeutet die Kundenorientierung, daß bereits das vorangehende Verwaltungsverfahren für den Bürger durchschaubar und die Entscheidungsfindung nachvollziehbar sein muß. Beides ist Voraussetzung jeglicher Akzeptanz. Akzeptiert ein Bürger eine ablehnende Entscheidung, erspart dies der öffentlichen Hand enormen Aufwand und dem Bürger vermeidbare Rechtsverletzungen264. Somit wirkt sich eine kooperative Verwaltungsarbeit265 unmittelbar auf Art und Umfang einer Prozeßführung aus. Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden, daß das „Neue Steuerungsmodell“ die Prozeßführung als solche nicht in Frage stellt, sondern als Folge wünschenswerter externer Kontrolle des Verwaltungshandelns fordert. Für die Art und Weise der Erfüllung dieser Aufgabe lassen sich dem „Neuen Steuerungsmodell“ keine verallgemeinerbaren Vorgaben entnehmen; hier bedarf es einer Auseinandersetzung mit der Situation der jeweiligen Behörde. Aspekte der Kostenminimierung können freilich tiefgreifende Veränderungen der Aufbau- und der Ablauforganisation erfordern. Schließlich sollte die Führung von Prozessen nur Ultima ratio einer Behörde sein, wenn zuvor alle Möglichkeiten kooperativen Verwaltungshandelns erfolglos ausgeschöpft worden sind.

262 Einen entsprechenden Wandel attestiert E.-H. Ahlf, VerwArch. 92 (2001), S. 405 (406 f.). 263 Vgl. E.-H. Ahlf, VerwArch. 92 (2001), S. 405 (408). 264 Vgl. D. Lorenz, AöR 106 (1980), S. 623 (626); zur kooperativen Verwaltung siehe auch E.-H. Ritter, NJW 2001, S. 3440 (3444). 265 Zur kooperativen Verwaltung H. Bauer, Die Verw. 25 (1992), S. 301 (313); W. Berg / R. Dragunski, JZ 1998, S. 774 (780); M. Fehling, Verwaltung zwischen Unparteilichkeit und Gestaltungsaufgabe, S. 75 f., 84 f.; V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 63 f.; E. SchmidtAßmann, FS Menger, S. 122; ders., in: ders. / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 26; Th. Würtenberger, NJW 1991, S. 257 (261).

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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II. Der Prozeßaufwand als Teil einer Budgetierung Als tragender Baustein des „Neuen Steuerungsmodells“ hat das System der Budgetierung Auswirkungen auf die Behandlung des Prozeßführungsaufwands. Dieser entsteht unabhängig davon, ob der Rechtsträger der Behörde klagt oder verklagt wird. Lediglich die Erstattungsfähigkeit hängt dem Grunde nach vom Prozeßerfolg ab. Bei einer konsequenten Umsetzung des „Neuen Steuerungsmodells“ kann der Aufwand für die Prozeßführung nicht mehr als vernachlässigbarer Posten im Gesamthaushalt geführt werden. Statt dessen bedarf es unter dem Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans einer detaillierten Aufschlüsselung in den Budgets der jeweiligen Fachbereiche und einer Rechtfertigung des Aufwands dem Grunde und der Höhe nach. Dies soll nun im einzelnen dargestellt werden.

1. Der Prozeßaufwand als budgetierbarer Aufwand Im Modell einer Eigenvertretung des Fachbereichs oder einer Vertretung durch ein Rechtsamt erscheint der eigene Prozeßaufwand nur als interner Posten, der angibt, in welchem Umfang eigene Bedienstete die Prozeßführung erledigt haben und welche Kosten dabei entstanden sind. Dem Prozeßgegner als Prozeßkosten erstatteter Aufwand (vgl. § 162 VwGO) wird als Ausgabe verbucht. So kann ein Fachbereich ohne weiteres darlegen, ob und in welcher Höhe bei ihm Prozeßaufwand angefallen ist und welche Ansätze für das künftige Budget realistisch sind. Zugleich erlaubt dieses Modell einen horizontalen Vergleich mit anderen Fachbereichen und gestattet der politischen Leitung gezielte Nachfragen, weshalb bei einem Fachbereich ein deutlich höherer Prozeßaufwand angefallen ist als bei einem anderen. Die Erfahrungen zeigen, daß bestimmte Ämter in wesentlich mehr Prozesse verwickelt sind als andere. Typischerweise handelt es sich um Bereiche der klassischen Eingriffsverwaltung wie Ausländerämter oder Straßenverkehrsbehörden266. Eine Budgetierung erhöht hier die Kontrollmöglichkeiten der Politik und den Rechtfertigungsdruck für den Fachbereich. Im Modell einer Fremdvertretung erscheint der Aufwand für die Prozeßführung als Ausgabeposten des Fachbereichs. Bei einer Vertretung durch eine Vertretungsbehörde handelt es sich um einen externen Verrechnungsposten, bei einer Vertretung durch einen Rechtsanwalt um eine Ausgabe in Höhe des gezahlten Honorars. Auch hier sind die Kontrollmöglichkeiten des politischen Gremiums deutlich höher als beim traditionellen Modell des Haushaltsvollzugs. 266 Ungeachtet der politischen Tendenz, diese Rechtsgebiete der Leistungsverwaltung anzunähern (z. B. im Ausländerrecht die Einführung einer „Green Card“ für ausländische Spezialisten oder die erleichterte Einbürgerung langjährig aufhältiger Nichtdeutscher), bleiben sie dennoch zu einem Hauptteil Eingriffsverwaltung (z. B. Vollzug ablehnender asylrechtlicher Entscheidungen oder verfügter Ausweisung durch Abschiebung, Entzug von Aufenthaltstiteln nach Aufdeckung einer Scheinehe).

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

In beiden Varianten der Prozeßvertretung führt eine konsequente Budgetierung also zu einer deutlich größeren Transparenz und zu einem höheren Informationsstand bei der politischen Ebene, die erstmals über alle relevanten Daten verfügen und sie nutzen kann. 2. Der Prozeßaufwand als beeinflußbare Größe Das Ziel einer Budgetierung in einer nach den Vorgaben des „Neuen Steuerungsmodells“ umstrukturierten Verwaltung liegt in tatsächlichen Einsparungen, weil nicht mehr der maximale Ressourcenverbrauch, sondern die optimale Leistung belohnt wird267. Dies gilt grundsätzlich auch für den Bereich der Prozeßführung, wobei allerdings die Konkretisierung einer „optimalen Leistung“ praktische Probleme aufwirft. Ist die Leistung eines Fachbereichs optimal, der die fachgesetzlichen Vorgaben exakt und unter Ausschöpfung vorhandener Spielräume vollzieht und diesen Vollzug auch vor Gericht ohne Rücksicht auf den entstehenden Prozeßaufwand und das Prozeßkostenrisiko durchzusetzen sucht? Oder ist eine Leistung optimal, bei der ein Fachbereich in schwierigen Fällen auf die Durchsetzung öffentlicher Interessen zugunsten eines Ausgleichs mit dem Betroffenen (und möglichen Prozeßgegner) verzichtet und so – vielleicht auf Kosten des Gemeinwohls – Prozeßaufwand vermeidet? Mit diesen Beispielen illustrieren sich Einwände gegen die Budgetierung des Prozeßaufwands, die einer eingehenderen Auseinandersetzung bedürfen. Sie sollen überspitzt mit den Begriffen „prozeßfreudige Verwaltung“ und „prozeßscheue Verwaltung“ charakterisiert werden. Hängt die Höhe des Budgets eines Fachbereichs wesentlich von Zuflüssen aus gewonnenen Prozessen ab, besteht abstrakt die Gefahr, daß Prozesse nicht mehr vorrangig zur Durchsetzung von Gemeinwohlinteressen geführt werden, sondern um der zu erwartenden Aufwandserstattung für die Prozeßführung willen. Ein ähnlicher Einwand wurde im Zusammenhang mit der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten erhoben, denn ein Vollzugsbeamter könne das gesetzlich abverlangte Ermessen bei der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nicht mehr rechtmäßig ausüben, wenn die Ausstattung seiner Abteilung von seinen „erwirtschafteten“ Bußgeldeinnahmen abhänge268. In der Tat scheint dies ein gewichtiges Argument zu sein, das gegen die hier vertretene Einführung einer Erstattung für behördlichen Prozeßaufwand269 sprechen könnte. Allerdings hängt die „Prozeßfreude“ wesentlich davon ab, wie hoch die Erstattung im Verhältnis zum tatsächlichen Aufwand ist. Bei der gegenwärtig von der Rechtsprechung vorgenommenen knappen Begrenzung der behördlichen Aufwendungen auf Porto- und einen Teil der Reisekosten wird keine Behörde Prozesse um dieser Erstattung willen führen. Erst wenn die Erstattung den 267 268

Diese Erwartung findet sich in KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 10. So U. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), S. 235 (266 f.) zur „Ökonomisierung der Verwal-

tung“. 269

Dazu sogleich unten unter § 4 B.

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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tatsächlichen Aufwand nahezu erreicht oder gar übersteigt, „lohnt“ sich eine Prozeßführung für das Budget. Für die Festlegung der Erstattungsgrenzen bedeutet diese Erkenntnis, daß eine Erstattung zwar einen wesentlichen Teil des tatsächlichen Aufwands umfassen muß, zugleich aber deutlich unter einer vollen Erstattung liegen muß. Die Lösung liegt daher in einer pauschalierten, von der Art des Gerichtsverfahrens abhängigen Erstattung unterhalb der Grenze des durchschnittlich in vergleichbaren Fällen entstehenden Aufwands. Wird diese Forderung erfüllt, „lohnt“ sich für eine Behörde die Prozeßführung unter keinen Umständen. Sie bedarf für ihr Budget weiterhin der Zuschüsse aus dem allgemeinen Haushalt, die sie im einzelnen rechtfertigen muß. Eine solche Budgetierung des Prozeßaufwands fördert die Entstehung irgendeiner „Prozeßfreude“ auf keinen Fall. Dem Einwand der „Prozeßfreude“ steht diametral der Einwand entgegen, eine Behörde würde Gerichtsverfahren scheuen, wenn sie den Aufwand im Einzelfall rechtfertigen muß und so unter erheblichem Sparzwang steht. Bei unklaren Erfolgsaussichten wäre sie eher auf eine vermittelnde Lösung mit dem Betroffenen aus und könnte versucht sein, das öffentliche Interesse unter Verletzung fachgesetzlicher Vorgaben hinter das private Interesse des potentiellen Prozeßgegners zurücktreten zu lassen. Dieser Einwand wiegt weit schwerer als die Unterstellung einer „Prozeßfreude“, weil er sich praktisch nur schwer überprüfen läßt. Handelt eine Behörde in diesem Sinne und vermeidet Prozesse, entsteht kein Prozeßaufwand, der sich im Budget sichtbar niederschlüge. Ein solches Verhalten bliebe unbemerkt und würde die Gemeinwohlorientierung der Behörde und damit ihre Existenzrechtfertigung selbst in Frage stellen. Die strukturellen Gegenmittel können nur aus einem Bündel an Maßnahmen bestehen und liegen wesentlich in der Verantwortung des politischen Gremiums. Hierzu gehören in erster Linie möglichst präzise Vorgaben in den Fachgesetzen270. Weder die Gerichte noch gar die Verwaltung sind von Verfassungs wegen zum Lückenbüßer für legislatorische Defizite berufen. Je geringer die Qualität eines Fachgesetzes ist, je mehr Interessenkonflikte es – statt sie durch präzise Vorgaben zu entscheiden – nur durch unbestimmte Rechtsbegriffe und Ermessensnormen faktisch ignoriert, desto schwieriger wird der Gesetzesvollzug für die Behörde. Interessengegensätze werden dann nicht auf der politischen Ebene geklärt, sondern auf die Verwaltung abgewälzt. Zur Verantwortung der politischen Ebene gehört weiter die realistische Umsetzung des gesetzlich fixierten öffentlichen Interesses in möglichst genaue Handlungsanleitungen an die Verwaltung. Das „Neue Steuerungsmodell“ stellt hierfür das Instrument der Leistungsvereinbarung zur Verfügung, ergänzt um ein geeignetes Berichtswesen. Je präziser seine Vorgaben sind, desto weniger kann sich ein Fachbereich ihrer Umsetzung entziehen. So wäre es z. B. denkbar, daß eine Leistungsvereinbarung ein Ausländeramt verpflichtet, straffällige Ausländer zum Schutz der öffentlichen Sicherheit im Inland notfalls unter Ausschöpfung des Rechtsweges auszuweisen, wenn sie die Voraussetzungen einer Ist-Ausweisung erfüllen. Bei einer solchen 270 Die besondere Eignung der Fachgesetze zur inhaltlichen Programmierung betont V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 343.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Leistungsvereinbarung unterläge das Ausländeramt zwar dem Rechtfertigungszwang für seine jeweilige Maßnahme, aber nicht für den potentiellen Prozeßaufwand als deren Folge. In die Budgetplanung könnte diese Vorgabe aufgenommen und bei der Mittelzuweisung für Prozeßzwecke berücksichtigt werden. Als dritte Gegenmaßnahme gegen eine „prozeßscheue“ Verwaltung steht dem politischen Gremium noch der Vergleich der Leistungen seines Fachbereichs mit denen der Vorjahre und denen vergleichbarer Fachbereiche anderer Rechtsträger zur Verfügung. Dieser sogenannte Kennzahlenvergleich erlaubt hier eine weit bessere Kontrolle der Verwaltung durch die Politik als das traditionelle Steuerungsmodell271. Diese drei Maßnahmen – präzisere Fachgesetze, Leistungsvereinbarungen und Kennzahlenvergleiche – sind also geeignet, eine „prozeßscheue“ Verwaltung zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben anzuhalten und ggf. zu zwingen. So kann die Gefahr einer besonders „prozeßfreudigen“ oder „prozeßscheuen“ Verwaltung gebannt werden. Einer Budgetierung des Prozeßaufwands stehen insgesamt keine unüberwindlichen technischen Hindernisse entgegen. Vielmehr hat die nähere Untersuchung gezeigt, daß nur eine Budgetierung des Prozeßaufwands dem Grundsatz der Vollständigkeit des Haushalts genügt und der politischen Ebene das Optimum an Information und Steuerungspotential zur Verfügung stellt.

III. Ein Exkurs: Das „Neue Steuerungsmodell“ in der Verwaltungsgerichtsbarkeit Die Darstellung des „Neuen Steuerungsmodells“ in der Verwaltung soll mit einem kurzen Blick auf die Situation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit abgerundet werden. Die Übertragung des „Neuen Steuerungsmodells“ von der Verwaltung auf die Gerichte erfolgt in der politischen Praxis vorsichtig und von Sorge um den Schutz der richterlichen Unabhängigkeit begleitet272. Das Land Baden-Württemberg und der Freistaat Bayern haben im Jahr 2000 für ihre ordentliche Gerichtsbarkeit die dezentrale Budgetierung flächendeckend eingeführt und den Aufbau einer Kosten- / Leistungsrechnung in Angriff genommen273. Als politisches Motiv tritt hier wie auch bei der Einführung des „Neuen Steuerungsmodells“ in der Verwaltung der Sparzwang der öffentlichen Hand zu Tage. Die Übertragung der in der ordentlichen Gerichtsbarkeit gemachten Erfahrungen auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist so nur eine Frage der Zeit, weil der Kostendeckungsgrad in der Zivilgerichtsbar271 Zum informatorischen Vorsprung unter der Geltung des „Neuen Steuerungsmodells“ V. Mehde, Neues Steuerungsmodell, S. 575 ff. 272 Vorsichtig zur Einführung des „Neuen Steuerungsmodells“ in der Justiz U. Freudenberg, ZRP 2002, S. 79 ff.; B. Kramer, NJW 2001, S. 3449 (3450 ff.). G. W. Mackenroth / H. Teetzmann, ZRP 2002, S. 337 (339 f.) befürworten eine größere Selbstverwaltung der Justiz. 273 So B. Kramer, NJW 2001, S. 3449; vgl. auch Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (379).

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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keit immerhin 68 %, in der Verwaltungsgerichtsbarkeit aber nur 7 % beträgt274. Die Personalkosten stellen wegen des Zeitaufwands für die Verfahren den wichtigsten Kostenfaktor dar275; hierin gleichen sich Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das „Neue Steuerungsmodell“ wird seitens der Politik als ein Instrument zur internen Kostendämpfung verstanden. Externe Maßnahmen wie die Einführung (zumindest teilweise) kostendeckender Gerichtsgebühren werden zwar diskutiert276, aber offenbar noch nicht ernsthaft auf ihre Umsetzbarkeit geprüft. Die für die Gerichte diskutierten Bausteine des „Neuen Steuerungsmodells“ lassen sich getrennt nach Instrumenten zur bloßen Informationsbeschaffung wie Produktorientierung und Kosten- / Leistungsrechnung einerseits und Instrumenten inhaltlicher Programmierung wie Leistungsvereinbarungen und Budgetierung andererseits darstellen. Als erstes Element steht die „Produktorientierung“ im Mittelpunkt der Diskussion. In der Gerichtsbarkeit liegt es nahe, das einzelne Verfahren als „Produkt“ zu definieren277, wobei zwischen den jeweiligen Verfahrensarten näher zu differenzieren ist. Der Aufwand bei den Verwaltungsgerichten ist in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ohne mündliche Verhandlung und ohne ehrenamtliche Richter deutlich niedriger als in Hauptsacheverfahren. Ebenso deutlich unterscheidet sich der Aufwand in Einzelrichtersachen von dem in Kammersachen. Die Produktdefinition muß darauf Rücksicht nehmen. Die so definierten Produkte bilden den Anknüpfungspunkt für eine Kosten- / Leistungsrechnung, die dem jeweiligen Verfahren die entstandenen Kosten zuordnet und die Grundlage des neuen Haushaltswesens darstellt278. Sie erlaubt den Quervergleich mit anderen Verfahren desselben Gerichts und mit vergleichbaren Verfahren anderer Gerichte in Gestalt des sogenannten Benchmarking. Das praktische Hauptproblem liegt jedoch in der Bestimmung aussagekräftiger Parameter für solche Vergleiche. Selbst Verfahren auf demselben Rechtsgebiet können aufgrund unterschiedlicher Umstände ganz andere Kostenstrukturen aufweisen. Schon ein Vergleich rein quantitativer Werte (z. B. Arbeitsstunden) ist in seiner Aussagekraft kritisch zu würdigen. Gar aussagekräftige qualitative Parameter zu finden, dürfte schwierig bis unmöglich sein279. Daher können diese Instrumente bei Gerichten nur beschränkte Aussagekraft gewinnen. In erster Linie nützen sie bei zahlenmäßig gut erfaßbaren Tätigkeiten im nichtrich274 Diese Zahlen nennt J. Pietzcker, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 112 m. w. N.; Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (383), beziffert den Kostendeckungsgrad in der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 10 %. 275 Vgl. Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (384). 276 Dazu Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (385); siehe auch J. Pietzcker, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 112. 277 So Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (380). 278 Zur Kosten- / Leistungsrechnung vgl. B. Kramer, NJW 2001, S. 3449; E.-H. Ritter, NJW 2001, S. 3440 (3447). 279 Ebenso E.-H. Ritter, NJW 2001, S. 3440 (3447). Kritisch ebenfalls H. Sodan, NJW 2003, S. 1494 (1495 f.).

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

terlichen Bereich. Solange diese nur der Informationsbeschaffung dienenden Instrumente isoliert zu diesem Zweck verwendet werden, berühren sie die richterliche Unabhängigkeit nicht. Aus den erhobenen Daten alleine folgen noch keine Konsequenzen für die Tätigkeit des Richters. Die Herstellung einer größeren Kostentransparenz ist nicht unzulässig280, sondern aus Sicht aller Beteiligten sogar wünschenswert. Der einzelne Bedienstete sieht nicht nur die Kosten, sondern auch den Wert seiner Leistung. Werden diese Instrumente jedoch weitergehend zur inhaltlichen Gestaltung richterlicher Tätigkeit herangezogen, wie es bei der Einführung von Leistungsvereinbarungen auf der Basis der gewonnenen Daten der Fall wäre, stoßen sie an die Schutzgrenzen der richterlichen Unabhängigkeit. Diese ist nicht nur durch Art. 97 Abs. 1 GG garantiert, sondern über Art. 92 GG zugleich ein Wesensmerkmal der Rechtsprechung281 und flankierendes Element des Rechtsstaatsprinzips. Zu ihr gehören u. a. die organisatorische Selbständigkeit und die persönliche und sachliche Unabhängigkeit des Richters von Weisungen. Zweiseitige Absprachen wie Leistungsvereinbarungen sind im Kernbereich der richterlichen Tätigkeit ausgeschlossen, weil sie – jedenfalls in der Verwaltung – Einzelweisungen ersetzen, die es in der Gerichtsbarkeit aber von vornherein nicht geben darf. Leistungsvereinbarungen sind damit allenfalls im nichtrichterlichen Bereich zulässig, wenn es z. B. um die Arbeitsleistung im Kanzlei- und Schreibdienst geht. Gleichwohl wird eingewandt, durch die Reglementierung des Alltags in der Gerichtsverwaltung könne erheblicher informeller Einfluß auf die Rechtsprechung ausgeübt werden282. Diesen Bedenken wird entgegengehalten, daß die richterliche Unabhängigkeit erst berührt ist, wenn personelle oder sachliche Mittel willkürlich verteilt oder ganz vorenthalten würden283. Hierfür spricht auch, daß eine moderne Gerichtsorganisation dem Dienstleistungsanspruch des Rechtssuchenden entgegenkommt284. Soweit die Gestaltung des gerichtlichen Alltags nicht die richterlichen Kerngeschäfte betrifft, ist eine Leistungsvereinbarung daher nicht von vornherein unzulässig. Gleiches gilt für die Einführung von Budgets. Es bedarf hier jedoch einer genauen Grenzziehung im Einzelfall zwischen dem geschützten Arbeitsbereich des Richters und der nichtrichterlichen Tätigkeit im übrigen. Von Art. 97 GG ist nur der Kernbereich geschützt, insbesondere die allein vom Richter oder seiner Kammer bzw. seinem Senat zu entscheidende Frage, welcher Fall wann und wie verhandelt wird. Zur Ausübung seiner Tätigkeit bedarf der Zu diesem Ergebnis gelangt Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (381). Vgl. Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (375) m. w. N. 282 So Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (375). 283 So andererseits B. Kramer, NJW 2001, S. 3449 (3453). 284 Vgl. zu dieser Aussicht U. Freudenberg, ZRP 2002, S. 79 (81 ff., insbes. S. 82 mit praktischen Beispielen); G. W. Mackenroth / H. Teetzmann, ZRP 2002, S. 337 (339 f.); E.-H. Ritter, NJW 2001, S. 3440 (3447); kritisch zur Dienstleistungsorientierung der Justiz aber F. Schoch, VBlBW 2000, S. 41 (42). 280 281

§ 3 Die Neubewertung im „Neuen Steuerungsmodell“

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Richter aber weiterer personeller und sächlicher Ressourcen, die nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen. Sie müssen sparsam und nutzbringend zugleich eingesetzt werden. Hier kann durch Leistungsvereinbarungen und Budgetierung im nichtrichterlichen Bereich einiges gewonnen werden, z. B. durch ein professionelles Kanzleimanagement, das die Vorlauffristen für Ladungen und Zustellungen verkürzt. Auch die Richterschaft kann zur Effizienz einiges beitragen, z. B. durch kammerübergreifende Absprachen von Verhandlungsterminen mit weit angereisten Dolmetschern seltener Sprachen285, die dann für einen ganzen Verhandlungstag mit mehreren Kammern gebucht werden können statt nur für ein Verfahren. Dazu können und dürfen Richter nicht gezwungen werden. Aber eine Verbesserung der internen Abläufe in der Gerichtsorganisation kann durch Überzeugungsarbeit erreicht werden. Die Gefahr einer erledigungsbezogenen Justizstruktur besteht286, aber sie ist nicht so groß und unausweichlich, daß deswegen nötige und sinnvolle Verbesserungen im Gerichtsmanagement aufgeschoben werden dürften. Verbesserungen der EDV-gestützten Ablauforganisation, der Mitarbeitermotivation und der Gerichtsverwaltung sind für eine Umsetzung am ehesten geeignet287. Es zeigt sich, daß das „Neue Steuerungsmodell“ mit Abstrichen auch auf die Gerichtsverwaltungen übertragen werden kann. Abstriche gegenüber der Umsetzung in einer Behörde resultieren aus der besonderen Aufgabe und Stellung der Richter und sprechen nicht gegen das „Neue Steuerungsmodell“ als solches. IV. Zwischenergebnis Auch unter der Geltung des „Neuen Steuerungsmodells“ bleibt die behördliche Prozeßführung auf der Ebene der Exekutive einer grundlegenden Aufgabenkritik entzogen. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet die Verwaltung, sich einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung ihres Handelns zu stellen. Sie kann dem nicht ausweichen und muß aktiv als Beteiligter am Prozeß teilnehmen. Die Budgetierung wird den Rechtfertigungsdruck auf die Verwaltung für den entstehenden Prozeßaufwand erhöhen und zugleich die Kontrollmöglichkeiten der politischen Ebene verbessern. Die Behörde darf sich nicht „prozeßfreudig“ zeigen und unnötige Prozesse führen, weil sie intern ihren Prozeßaufwand begründen und extern ihr Verhalten in der Sache rechtfertigen muß. Sie darf sich ebensowenig als „prozeßscheu“ erweisen und allen Prozessen durch Nachgeben entgehen, weil sie sonst ihre Existenzrechtfertigung verlöre. Durch möglichst präzise Vorgaben in Fachgesetzen, interne Leistungsvereinbarungen und Kennzahlenvergleiche wird der Spielraum der Fachbereiche soweit eingeschränkt, daß sowohl ein prozeßfreudiges als auch ein prozeßscheues Verhalten aufgedeckt und korrigiert werden könnten. 285 Beispielsweise für Verhandlungen mit Asylbewerbern aus Bhutan und Nepal stehen deutschlandweit nur vereinzelt Dolmetscher zur Verfügung. 286 In diesem Sinne B. Kramer, NJW 2001, S. 3449 (3451), und J. Schmidt, VBlBW 2000, S. 53 (54). 287 Dies betont zu Recht E. Schmidt-Aßmann, VBlBW 2000, S. 45 (52).

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Auf die Verwaltungsgerichte kann das „Neue Steuerungsmodell“ nur mit erheblichen Abstrichen übertragen werden, weil die besondere Aufgabe und Stellung der Richterschaft aus Art. 97 GG einer engen Steuerung weit strengere verfassungsrechtliche Grenzen setzen, als dies bei der Verwaltung der Fall ist. Das „Neue Steuerungsmodell“ erweist sich in der Gesamtschau als ein Modell, das gegenüber der traditionellen Steuerung in der Verwaltung erhebliche Vorteile aufweist, ohne das Primat der Politik in Frage zu stellen. Richtig umgesetzt verschafft das „Neue Steuerungsmodell“ der politischen Leitung einen nie dagewesenen Informationsstand und auf dieser Basis über neue Steuerungsmechanismen einen gleichbleibend großen Einfluß auf die Verwaltung. Es ist kein Selbstzweck, aber die angestrebte Entzerrung des Verhältnisses von Politik und Verwaltung, die Rückführung beider Ebenen auf ihre Kernaufgaben und die Freisetzung von Rationalisierungspotentialen ohne Abstriche in der Qualität der Resultate rechtfertigen selbst tiefgreifende Einschnitte in den traditionellen Behörden- und – eingeschränkt – sogar in den Gerichtsalltag.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen den Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren und ihrer Erstattungsfähigkeit Die praktische Handhabung des § 162 Abs. 1 VwGO durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit führt zu einem weitgehenden Ausschluß behördlicher Erstattungsansprüche für Prozeßkosten288. Deswegen muß der entstehende Aufwand nahezu ausschließlich aus allgemeinen Haushaltsmitteln der Rechtsträger der Behörden gedeckt werden. Diese Mittel werden in erster Linie aus Steuermitteln aufgebracht. Auf diese Weise trägt die Allgemeinheit der Steuerzahler die besonderen Kosten, welche die erfolglose Inanspruchnahme der Verwaltungsgerichte durch einzelne Personen verursacht. Diese Kostenverlagerung widerspricht dem Verursacherprinzip. In diesem Kapitel soll daher untersucht werden, ob diese restriktive Rechtsprechung mit den in § 162 VwGO zum Ausdruck gelangten gesetzgeberischen Grundanliegen überhaupt in Einklang steht und ob nicht gewichtige Gründe eine weitergehende Kostenerstattung zugunsten der öffentlichen Hand erfordern.

A. Die festgestellte Begrenzung der Erstattungsfähigkeit durch die Rechtsprechung Zunächst ist die Vereinbarkeit der restriktiven Rechtsprechung mit den legislativen Intentionen des § 162 VwGO zu prüfen. 288

Siehe dazu oben § 2 B.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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I. Die Begrenzung der Erstattung durch die Rechtsprechung Die bereits festgestellte Einschränkung der Erstattungsansprüche der Rechtsträger von Behörden könnte sich aus § 162 Abs. 1 VwGO rechtfertigen, wenn Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik oder Normzweck hierfür tragende Gründe liefern. 1. Die grammatische Auslegung des § 162 VwGO Zunächst gilt es, den Wortlaut des § 162 VwGO zu analysieren. Hierzu ist – in einem eingeschränkten Vorgriff auf die nachfolgende systematische Interpretation – der textliche Aufbau des § 162 VwGO darzustellen und dem seitens der h. M. vielfach verwendeten Argument einer immanenten Kostenminderungspflicht gegenüberzustellen. a) Der textliche Aufbau des § 162 VwGO § 162 Abs. 1 VwGO enthält eine Legaldefinition der Gerichtskosten und ordnet sie neben den „zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten“ unter den Oberbegriff der „Kosten“ ein. Auf diese Weise konkretisiert § 162 Abs. 1 VwGO die Regelungen der §§ 154 ff. VwGO, insbesondere § 154 Abs. 1 VwGO, bezüglich des Kostenbegriffs. § 162 Abs. 1 VwGO begrenzt zwar die erstattungsfähigen Kosten auf die „notwendigen“ Aufwendungen289, trifft aber keine nähere Unterscheidung, welchem Beteiligten sie entstanden sind. § 162 Abs. 2 VwGO erklärt die Gebühren und Auslagen u. a. eines Rechtsanwalts, also seine ihm gesetzlich zustehende Vergütung, für „stets erstattungsfähig“. Damit ist sichergestellt, daß seine gesetzliche Vergütung immer „notwendig“ i. S. d. § 162 Abs. 1 VwGO und die Erstattungsfähigkeit gesichert ist. Ein Ausschluß von Erstattungsansprüchen anderer Beteiligter läßt sich daraus nicht ableiten. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber eine andere Formulierung wählen müssen, z. B. „Nur die Gebühren . . . sind erstattungsfähig.“ Daß sich der Gesetzgeber dieser Möglichkeit bewußt war und sie nicht gewählt hat, zeigt die Regelung des § 162 Abs. 3 VwGO, welche die Kosten des Beigeladenen nicht uneingeschränkt für erstattungsfähig erklärt („nur erstattungsfähig, wenn“). Die grammatische Auslegung führt also zum Ergebnis, daß der Gesetzgeber in seiner Wortwahl bewußt zwischen den verschiedenen Prozeßbeteiligten differenziert, die öffentliche Hand bisher jedoch nicht erwähnt hat. Erst in der jüngsten Novelle der Verwaltungsgerichtsordnung290 hat er die juristischen Personen des öf289 Zu dieser Beschränkung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 187. 290 Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3987 (3989).

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

fentlichen Rechts in § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO erwähnt291. Diese Neuregelung erstreckt sich jedoch nur auf einen Teil der anfallenden Kosten, nämlich die „notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsleistungen“, die jetzt pauschaliert wurden. Über die Gesamtheit der Aufwendungen öffentlicher Rechtsträger wurde nach wie vor keine eigene Regelung getroffen. Somit verbleibt es bei der Grundnorm des § 162 Abs. 1 VwGO. Der Wortlaut des § 162 VwGO rechtfertigt also keine Restriktion der Erstattungsansprüche über die allgemeine Beschränkung auf „notwendige“ Aufwendungen (und die spezielle Pauschalierung in § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO) hinaus.

b) Die immanente Begrenzung durch eine allgemeine Kostenminderungspflicht Aus dem in § 162 Abs. 1 VwGO enthaltenen Begriff der „notwendigen“ Aufwendungen leitet eine Auffassung eine das ganze Kostenrecht beherrschende Kostenminderungspflicht der Prozeßbeteiligten ab292. Das Ziel dieser Einschränkung wird darin gesehen, die mit einem Prozeß verbundene Kostenlast nicht ausufern zu lassen und das Kostenrisiko eines Rechtsbehelfsführers in Grenzen zu halten293. Es handelt sich nach dieser Auffassung um eine wesensimmanente Begrenzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs294. Soweit aus dieser behaupteten Einschränkung entnommen wird, öffentliche Rechtsträger hätten grundsätzlich keinen prozeßbezogenen Aufwand, ist jedoch im Umkehrschluß aus § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO zu entgegnen: Die Regelung des § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO zeigt gerade, daß nur bei Rechtsanwälten die Notwendigkeit ihrer gesetzlich bestimmten Aufwendungen nicht zu prüfen ist295, bei allen anderen Prozeßbeteiligten aber diese Prüfung erforderlich ist. Sie wäre überflüssig, wenn den anderen Prozeßbeteiligten gar kein Prozeßaufwand entstünde. Weil er ihnen jedoch entsteht, bedarf es der Prüfung. Ein genereller Ausschluß der Kostenerstattung zu Lasten bestimmter Be291 § 162 VwGO war seit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung unverändert geblieben, vgl. S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 1. 292 OVG Münster v. 19. 02. 1964, NJW 1964, S. 2128; OVG Berlin v. 07. 02. 2001, DVBl. 2001, S. 919 (920); im Ergebnis ebenso A. Belz, in: G. Lüke / P. Wax, MüKo ZPO, § 91, Rn. 18; A. Decker, BayVBl. 2000, S. 518 (519); F. O. Kopp / W.-R. Schenke, VwGO, § 162, Rn. 1c; W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 21. J. Brandt, in: ders. / M. Sachs, Handb. VwGO, S. 1128 f., sieht die Grundlage im Grundsatz von Treu und Glauben und der wechselseitigen Rücksichtnahmepflicht der Prozeßbeteiligten. 293 Vgl. E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 177. 294 Zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch siehe oben § 2 A. I. 2. 295 Die Notwendigkeit und damit die Erstattungsfähigkeit dieser Aufwendungen wird von Gesetzes wegen vermutet. Diese Vermutung ist erst widerlegt, wenn die anwaltliche Vertretung offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Prozeßgegner Kosten zu verursachen, vgl. OVG Berlin v. 07. 02. 2001, DVBl. 2001, S. 919 (920). Im Ergebnis ebenso W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 11.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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teiligter ist von § 162 Abs. 1 VwGO weder gewollt noch bewirkt. Der Topos einer allgemeinen Kostenminderungspflicht ist schlicht ungeeignet, einen Kostenerstattungsanspruch der öffentlichen Hand von vornherein zu verneinen. Aus dem Wortlaut des § 162 Abs. 1 VwGO ergeben sich also keine Anhaltspunkte für einen grundsätzlichen Ausschluß von Kostenerstattungsansprüchen öffentlich-rechtlicher Rechtsträger über den Maßstab der prozessualen Notwendigkeit dieses Aufwands hinaus.

2. Die historische Auslegung des § 162 VwGO § 162 VwGO gehört zum „Urgestein“ der Verwaltungsgerichtsordnung. Er wurde erst in jüngster Zeit textlich verändert, ohne daß die Novelle grundsätzliche Auswirkungen auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch gehabt hätte296. Der dem Urtext des § 162 VwGO zugrundeliegenden Drucksache297 sind keine Hinweise auf besondere Einschränkungen eines Kostenerstattungsanspruchs öffentlicher Rechtsträger zu entnehmen. Vielmehr wird ausführlich dargelegt, daß § 162 Abs. 2 VwGO die Zuziehung eines qualifizierten Rechtsvertreters erleichtern und den Verwaltungsrechtsschutz effektiver gestalten sollte298. Dies unterstreicht den Ausnahmecharakter der Regelung299, trifft jedoch keine Aussage zu Lasten der öffentlichen Hand. Gleiches gilt für die Neuregelung in § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO n. F.300 mit der Pauschalierung zugunsten der juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Schon der ursprüngliche Gesetzesantrag zeigt, daß diese Pauschalierung nur eine Erleichterung hinsichtlich der Darlegungslast zur Notwendigkeit der geltend gemachten Aufwendungen darstellen sollte301, nicht jedoch eine Erschwernis oder gar im Umkehrschluß einen Ausschluß weitergehender Erstattungsansprüche. Statt dessen sollte die Möglichkeit eröffnet werden, die Pauschale übersteigende Aufwendungen durch Einzelnachweis weiterhin geltend zu machen302. Von einem Ausschluß anderer oder höherer Aufwendungen kann also keine Rede sein. Vgl. dazu soeben § 4 A. I. 1. Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung v. 05. 12. 1957, BT-Drs. 3 / 55, S. 47 f. zu § 159 VwGO-E. 298 Ebenda, S. 48. 299 Vgl. dazu nur VGH Mannheim v. 11. 05. 1988, NVwZ-RR 1990, S. 167 (168). 300 Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3987 (3989). 301 Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung v. 02. 10. 2000, BR-Drs. 600 / 00, A., S. 2, B., S. 4, sowie S. 21 (zu Nr. 12). Ähnlich die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 06. 12. 2001, BT-Drs. 14 / 7744, A. 9., S. 4. 302 Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung v. 02. 10. 2000, BR-Drs. 600 / 00, S. 21 (zu Nr. 12). 296 297

7 Dietz

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Auch von der historischen Warte aus ist ein Ausschluß von Erstattungsansprüchen öffentlicher Rechtsträger nicht zu begründen.

3. Die systematische Auslegung des § 162 VwGO Die systematische Interpretation des § 162 VwGO muß zwischen seiner Binnensystematik und seiner systematischen Stellung in der Verwaltungsgerichtsordnung unterscheiden.

a) Die innere Systematik des § 162 VwGO § 162 VwGO folgt von seinem Aufbau her einem Regel-Ausnahme-Schema. § 162 Abs. 1 VwGO regelt die Erstattungsfähigkeit notwendiger Aufwendungen und bürdet dem Erstattungsgläubiger die Darlegungslast zur Notwendigkeit der von ihm geltend gemachten Aufwendungen auf. Von dieser Regel enthalten § 162 Abs. 2 und Abs. 3 VwGO Ausnahmen zugunsten bestimmter Aufwendungen oder Erstattungsgläubiger. Dabei unterstellt § 162 Abs. 2 S. 1 und 2 VwGO für Aufwendungen aus anwaltlichem Beistand die Notwendigkeit dieser Aufwendungen im Rahmen der gesetzlichen Maßstäbe ebenso wie jetzt § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO für pauschalierte Porto- und Telekommunikationsaufwendungen öffentlicher Rechtsträger. § 162 Abs. 3 VwGO regelt die Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten eines Beigeladenen. Aus diesem Aufbau könnte der Schluß gezogen werden, § 162 Abs. 1 VwGO stelle Aufwendungen unter einen Notwendigkeitsvorbehalt, den § 162 Abs. 2 und 3 VwGO erschöpfend ausfüllten, so daß kein Raum für weitergehende Erstattungsansprüche bliebe. Die Folge wäre, daß nur die in § 162 Abs. 2 und 3 VwGO erwähnten Aufwendungen überhaupt erstattungsfähig wären und alle anderen Aufwendungen, insbesondere behördlicher Prozeßaufwand über § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO hinaus, von einer Erstattung ausgeschlossen wären. Diese Argumentation würde jedoch die Regelungstechnik des § 162 Abs. 1 VwGO verkennen. Wenn nur § 162 Abs. 2 und 3 VwGO Geltungswirkung hätten, wäre § 162 Abs. 1 VwGO schlicht überflüssig. Der komplizierten Regel-Ausnahme-Technik bedürfte es nicht; eine Reduzierung des § 162 VwGO auf seine Absätze 2 und 3 genügte. Dies zeigt, daß die Binnensystematik des § 162 VwGO untauglich ist zu begründen, weshalb behördlicher Prozeßaufwand nicht erstattungsfähig sein soll. Die wohl vorherrschende, eine solche Erstattung verneinende Auffassung stützt sich interessanterweise nicht auf die innere Systematik des § 162 VwGO, sondern auf seine Stellung in der Verwaltungsgerichtsordnung, wie im folgenden zu diskutieren sein wird.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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b) Die äußere Systematik des § 162 VwGO im Bezug zu § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 ZPO Gegen eine Erstattungsfähigkeit behördlichen Prozeßaufwands zieht die wohl h. M. den Rechtsgedanken des § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO heran303. Diese Norm regelt ausdrücklich die Entschädigung des Prozeßkostengläubigers für erlittene Zeitversäumnis im Zivilprozeß. Ihre Anwendung wird über § 173 S. 1 VwGO erschlossen, so daß im Rahmen der systematischen Durchleuchtung des § 162 VwGO zunächst zu klären ist, ob die Grundannahme der Anwendbarkeit des § 173 S. 1 VwGO überhaupt zutrifft. aa) Die Anwendbarkeit des § 173 S. 1 VwGO § 173 S. 1 VwGO ist eine echte Verweisung aus der Verwaltungsgerichts- in die Zivilprozeßordnung304. Ihr Zweck wird darin gesehen, die aufgrund der geringeren Zahl ihrer Regelungen lückenhafte Verwaltungsgerichtsordnung durch Rückgriff auf die umfassenderen Regelungen der Zivilprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes zu vervollständigen und so zur Vereinheitlichung des Prozeßrechts beizutragen305. In diesem Sinne muß § 173 VwGO als subsidiäre Regelung gesehen werden, der die Normen der Verwaltungsgerichtsordnung mit den dort enthaltenen Einzelverweisungen vorgehen306. § 173 S. 1 VwGO ist damit anwendbar, wenn die Verwaltungsgerichtsordnung mangels abschließender Regelungen307 eine Lücke aufweist308, die planwidrig309 und nicht durch andere Normen der Verwaltungsgerichtsordnung zu schließen ist310, und wenn die grundsätzlichen Unter303 Aus der Rechtsprechung: BVerwG v. 12. 12. 1988, RPfleger 1989, S. 255; OVG Münster v. 19. 02. 1964, NJW 1964, S. 2128 f.; OVG Koblenz v. 16. 12. 1981, NJW 1982, S. 1115; VGH Mannheim v. 15. 02. 1990, NVwZ-RR 1990, S. 665. Aus der Literatur: P. Hartmann, in: A. Baumbach / W. Lauterbach, ZPO, § 91, Rn. 303; F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342. 304 Vgl. S. Auer, § 173 VwGO, S. 5; Th. Falk, § 173 VwGO, S. 31 und 65; C. Meissner, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 173, Rn. 27 f. 305 So S. Auer, § 173 VwGO, S. 9 und 19. 306 Dazu schon Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung v. 05. 12. 1957, BT-Drs. 3 / 55, S. 26, Begründung Allgemeiner Teil (zu § 169 VwGO-E). Th. Falk, § 173 VwGO, S. 31 f., spricht § 173 VwGO nur eine begrenzte Tragweite zu und gelangt zur Einschätzung, der historische Gesetzgeber selbst sei sich über Umfang und Tragweite der Generalverweisung letztlich nicht im klaren gewesen. Er bewertet § 173 VwGO „als eine der am wenig durchdachtesten und gefährlichsten Vorschriften der VwGO“, ebenda, S. 122. 307 Vgl. Th. Falk, § 173 VwGO, S. 19; auch S. Auer, § 173 VwGO, S. 67; C. Meissner, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 173, Rn. 21. 308 So S. Auer, § 173 VwGO, S. 19; C. Meissner, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 173, Rn. 21, 23 f.; S. Schifferdecker, NVwZ 2003, S. 925 (926). 309 So Th. Falk, § 173 VwGO, S. 44. 310 Vgl. C. Meissner, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 173, Rn. 21, 23 f.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

schiede beider Verfahrensordnungen einer Anwendung zivilprozessualer Regelungen nicht entgegenstehen311. Nur wenn alle diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist ein Rückgriff auf § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO über die Verweisung des § 173 S. 1 VwGO statthaft. Zunächst ist zu prüfen, ob § 162 Abs. 1 VwGO eine abschließende Regelung enthält oder ob eine Regelungslücke vorliegt. Gegen einen abschließenden Regelungscharakter des § 162 VwGO scheint ein Textvergleich zwischen den beiden Prozeßordnungen zu sprechen. Während § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO seine Entsprechung in § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 1 VwGO ebenso findet wie § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO in § 162 Abs. 2 VwGO, findet sich für § 91 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 ff. ZPO keine Entsprechung. Dieser Befund wird teilweise als Begründung für eine Anwendung des § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO über § 173 S. 1 VwGO angeführt312, wobei diese Argumentation allerdings aus der falschen Richtung erfolgt: Bei jedem Vergleich zwischen den beiden Verfahrensordnungen enthält die weit detailliertere Zivilprozeßordnung Normen, die keine Entsprechung in der Verwaltungsgerichtsordnung haben. Würde die Prüfung einer Regelungslücke also in der Zivilprozeßordnung ansetzen und dort nach einer passenden Regelung suchen, um sie dann über § 173 S. 1 VwGO in die Verwaltungsgerichtsordnung zu implementieren, würde die vom Gesetzgeber gewollte Subsidiarität des § 173 VwGO aufgehoben313. Statt dessen muß die Suche nach einer Regelungslücke von der Verwaltungsgerichtsordnung her beginnen. Wie bereits ausgeführt, stellt § 162 VwGO eine in sich systematische Regelung dar, die auf der Grundregel des Absatzes 1 aufbaut314. Für einen abschließenden Charakter des § 162 VwGO sprechen mehrere Überlegungen: Als erstes wäre es für den Gesetzgeber ein Leichtes gewesen, schon die Urfassung des § 162 VwGO an den damals bereits vorhandenen § 91 ZPO textlich oder durch Spezialverweisung anzupassen. Dies hat er – anders als z. B. mit den Einzelverweisungen der §§ 57 Abs. 2, 62 Abs. 4, 64, 105, 123 Abs. 3, 159 S. 1 und 167 Abs. 1 S. 1 VwGO – unterlassen. Er ließ sich wohl weniger von der Sorge um die Zweckmäßigkeit einer solchen Regelung leiten315, da § 91 ZPO und das Kostenrecht schon 1960 eine ausgefeilte Materie darstellten, sondern eher vom Gedanken einer bewußten Abkehr von zivilprozessualen Grundsätzen. Für den abschließenden Charakter des § 162 VwGO spricht zweitens der Vergleich mit § 139 FGO, der 311 Zu diesem Kriterium S. Auer, § 173 VwGO, S. 31 und 67; Th. Falk, § 173 VwGO, S. 81; C. Meissner, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 173, Rn. 25 f.; S. Schifferdecker, NVwZ 2003, S. 925 (926). 312 Vgl. P. Hartmann, in: A. Baumbach / W. Lauterbach, ZPO, § 91, Rn. 303; ihm folgend jetzt auch C. Meissner, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 173, Rn. 127 m. Fn. 322, zu § 91 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 3 und S. 4 ZPO. 313 Das hebt C. Meissner, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 173, Rn. 63, hervor. 314 Dazu soeben unter § 4 A. I. 3. a). 315 Zu diesem Aspekt siehe Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung v. 05. 12. 1957, BT-Drs. 3 / 55, S. 26.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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eine eigene Regelung trifft und zeigt, daß § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO keinen ohne weiteres verallgemeinerbaren Rechtsgedanken enthält, sondern der Gesetzgeber sehr genau die Eigenarten jeder Verfahrensordnung berücksichtigt316. Daher ist § 162 VwGO als abschließende Regelung zu werten317, so daß keine Lücke in Gestalt eines fehlenden Ausschlusses von Ersatz für Zeitversäumnis vorliegt. § 162 VwGO läßt die Möglichkeit eines solchen Kostenerstattungsanspruchs bewußt offen; das ist von der h. M. bisher ignoriert worden. Fehlt es bereits an einer Lücke, so erübrigt sich jede Suche nach einer Planwidrigkeit und nach der Möglichkeit eines Lückenschlusses durch andere Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung. Diese Voraussetzungen eines Rückgriffs sind somit nicht gegeben. Zu untersuchen ist als letzte Voraussetzung einer Anwendbarkeit des § 173 VwGO noch, ob grundsätzliche Unterschiede der Verfahrensarten einem Rückgriff auf § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO entgegenstehen. Die Gerichte haben einen solchen Unterschied teils ohne Begründung verneint318, teils gar nicht erst geprüft. Ein grundsätzlicher Unterschied könnte aus den Zwecken des jeweiligen Prozesses resultieren. Während im Zivilprozeß regelmäßig Personen auf gleicher Ebene miteinander streiten, stehen sich im Verwaltungsprozeß regelmäßig eine hoheitlich auftretende Person des öffentlichen Rechts und eine Person des Privatrechts gegenüber. Noch verkürzter: Im Zivilprozeß streitet Bürger gegen Bürger, im Verwaltungsprozeß Bürger gegen Staat. Der Zweck des Zivilprozesses wird mit der Durchsetzung subjektiv-privater Rechte, der Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden sowie der Rechtsfortbildung und schließlich auch der Durchsetzung objektiven Rechts umschrieben319. Als Zwecke des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens werden demgegenüber vorrangig der Schutz subjektiv-öffentlicher Rechte und die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung genannt320. Während das öffentliche Interesse im Zivilprozeß auf die Durchführung eines geordneten Verfahrens und die Verhinderung des Faustrechts gerichtet ist, zielt es im Verwaltungsprozeß vor allem auf die Gesetzestreue der Verwaltung321. Teilweise wird aus dem zentralen Anliegen beider Verfahrensordnungen, subjektive Rechte zu schützen, geschlossen, es bestünden keine wesentlichen Unterschiede der Verfahrensarten mit Ausnahme der Normenkontrollverfahren322, bzw. im Interesse einer möglichst einZu § 139 FGO siehe BFHE 107, 352 (354, 356 f.); E 115, 182 (184). Im Ergebnis ebenso Th. Falk, § 173 VwGO, S. 19, offen ebenda, S. 116. 318 Ohne nähere Begründung z. B. OVG Münster v. 19. 02. 1964, NJW 1964, S. 2128 f. Zu demselben Ergebnis gelangt F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342. 319 Ausführlich S. Auer, § 173 VwGO, S. 26; C. Meissner, in: F. Schoch / E. SchmidtAßmann / R. Pietzner, VwGO, § 173, Rn. 79. Allgemeiner zu den Prozeßzwecken H. Maurer, FS 50 Jahre BVerfG, S. 468. 320 Vgl. S. Auer, § 173 VwGO, S. 27 f.; C. Meissner, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 173, Rn. 79. 321 Vgl. S. Auer, § 173 VwGO, S. 54 f. sowie S. 49. 322 So im Ergebnis S. Auer, § 173 VwGO, S. 31; a. A. O. Mühl, GS Bruns, S. 148. 316 317

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

heitlichen Anwendung des Prozeßrechts sei ein strenger Maßstab bei der Feststellung von Unterschieden anzulegen323. Aus diesem Blickwinkel werden jedoch die Unterschiede in der Begründung des subjektiven Interesses übersehen. Während Bürger untereinander subjektiv-private Rechte regelmäßig kraft eigenen Willens im Wege der Privatautonomie erst begründen324, stehen jedem Bürger gegenüber hoheitlichem Handeln von Geburt an unveräußerliche subjektiv-öffentliche Rechte zu, die als Menschen- und Grundrechte formuliert sind. Sie bedürfen nicht für ihre Begründung, sondern allenfalls für ihre Ausübung eines Willensaktes. Zudem erschöpft sich die Bedeutung einer verwaltungsgerichtlichen Klage nicht in der Wahrnehmung subjektiver Rechte, sondern beeinflußt durch die gerichtliche Entscheidung das künftige Verhalten des Hoheitsträgers gegenüber anderen Bürgern in vergleichbaren Fällen325. Aus der Polarität zwischen Bürger und Staat folgt ein Prozeßverhältnis, das sich von jenem des Zivilprozesses wesentlich unterscheidet. Das zeigt sich besonders in der Tragweite des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs: Streiten Bürger miteinander, verursachen sie einander Aufwendungen, die das Vermögen beider Parteien belasten. § 91 Abs. 1 und 2 ZPO stellt hier einen Ausgleich her, indem sich beide Parteien eines kundigen Bevollmächtigten bedienen dürfen und die obsiegende Partei eine volle Kostenerstattung erhält. Mit Rücksicht auf die Regelung des § 253 BGB ordnet § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO eine Erstattung für Zeitversäumnis an und grenzt hier den prozessualen Kostenerstattungsanspruch deutlich vom materiellen Schadensersatzanspruch ab326. Die Reichweite der kostenmäßigen Verstrickung ist – von den Gerichtskosten und Sonderfällen abgesehen – zunächst auf das Vermögen beider Parteien begrenzt. Anders stellt sich die Situation im Verwaltungsprozeß dar: Ein materieller Erstattungsanspruch, gar ein Schadensersatzanspruch, ist im Verwaltungsprozeß die Ausnahme. Eine Abgrenzung zu § 253 BGB wie in § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO ist nicht erforderlich. Beide Beteiligte sind auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch beschränkt, wobei im Fall seines Unterliegens der Bürger zu Lasten seines Vermögens, der Hoheitsträger zu Lasten der Gesamtheit der Steuerzahler prozessiert. Folgt man der h. M., ist es gleichgültig, ob die öffentliche Hand den Prozeß gewinnt oder verliert, stets trägt der Steuerzahler ihren Aufwand. Der Bürger hingegen steht bei seinem Prozeßgewinn ebenso da wie im Zivilprozeß. Bei seinem Prozeßverlust stellt er sich sogar besser als die Verwaltung, wenn sie den Prozeß verliert, weil er dem Hoheitsträger nur eine geringfügige Auslagenerstattung zu leisten hat. Gerade die Gefahr der Abwälzung dieser Kostenlast auf den Steuerzahler steht als wesentlicher Unterschied zwischen Zivil- und Verwaltungsprozeß einer vermeintlichen Gleichbehandlung beider Verfahrensordnungen im Weg. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO darf eben nicht über § 173 S. 1 VwGO in die VerwaltungsgerichtsordVgl. S. Schifferdecker, NVwZ 2003, S. 925 (928 f.). Kraft Vertrages oder kraft Gesetzes – letzteres selbst bei deliktischen Ansprüchen aus zumindest willensgesteuertem Verhalten. 325 Vgl. C. H. Ule, Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 431 f. 326 Dazu F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (344). 323 324

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nung transplantiert und dort zur Einschränkung des bewußt offen formulierten § 162 Abs. 1 VwGO verwendet werden. Damit stehen der Anwendbarkeit des § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO über § 173 S. 1 VwGO in der Frage der Kostenerstattung für Zeitversäumnis sowohl der abschließende Charakter des § 162 Abs. 1 VwGO und das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke als auch grundlegende Unterschiede beider Verfahrensordnungen im Bereich der Kostenlast entgegen. Der Rückgriff auf § 91 Abs. 1 ZPO ist daher nicht statthaft. bb) Die Anwendbarkeit des § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO Wird entgegen der hier vertretenen Auffassung die Geltung des § 173 S. 1 VwGO für einen behördlichen Kostenerstattungsanspruch aus § 162 Abs. 1 VwGO bejaht, ist zu untersuchen, ob § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 ZPO ohne weiteres zur Schließung der Gesetzeslücke bei § 162 Abs. 1 VwGO herangezogen werden kann. Entsprechend dem Wortlaut des § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 ZPO lehnt die wohl überwiegend vertretene Auffassung grundsätzlich eine Erstattung für Zeitversäumnis ab, soweit diese nicht durch notwendige Reisen oder Terminswahrnehmungen verursacht worden ist327. Einige Stimmen schränken die Erstattung noch weiter ein und schließen Behörden generell von der Erstattung für Zeitversäumnis selbst bei Terminswahrnehmungen aus, wobei sie auf eine Nichtausscheidbarkeit der Allgemeinkosten einer Behörde hinweisen328. Die erste Argumentation ist in sich schlüssig und lehnt sich eng an den Wortlaut des § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 ZPO an. Wird – wie unterstellt – § 173 S. 1 VwGO für anwendbar erachtet, vermag dieser Auffassung kein Einwand mehr entgegengehalten zu werden. Die zweite Variante hingegen trifft in der Literatur zunehmend auf Widerspruch. Sie bedarf daher einer näheren Untersuchung, zumal sie praeter legem argumentiert. Im einzelnen wird für einen vollständigen Erstattungsausschluß zu Lasten der öffentlichen Hand vorgebracht, die Aufwendungen für eine Terminsteilnahme in Form höherer Personalkosten oder Arbeitszeitausfall durch Verwendung eines Bediensteten für den Termin statt für allgemeine Aufgaben seien Teil des allgemeinen Verwaltungsaufwands329, nicht durch den konkreten Vgl. A. Belz, in: G. Lüke / P. Wax, MüKo ZPO, § 91, Rn. 23. So M. Redeker, in: K. Redeker / H.-J. v. Oertzen, VwGO, § 162, Rn. 9; A. Schatte, MDR 1960, S. 983; J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. 7; ohne Begründung K. Herget, in: R. Zöller (Begr.), ZPO, § 91, Rn. 13 („Behörde“); H. Putzo, in: H. Thomas / H. Putzo, ZPO, § 91, Rdnr. 15. 329 VGH Mannheim, ESVGH 17, 52 (53) = DVBl. 1967, S. 297 (298); LG Berlin v. 09. 05. 1989, MDR 1989, S. 917; LG Köln v. 12. 07. 1993, JurBüro 1994, S. 229 (230); M. Redeker, in: K. Redeker / H.-J. v. Oertzen, VwGO, § 162, Rn. 9; J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. 7. 327 328

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Rechtsstreit entstanden330 und nicht mit der für Rechtsanwälte geltenden Sonderregelung des § 162 Abs. 2 VwGO vergleichbar331. Der Gedanke, den anfallenden Personalaufwand zu den Generalkosten einer Behörde zu rechnen, liegt auf den ersten Blick nahe. In einem kameralistischen, zahlungsorientierten Steuerungsmodell sind die anteiligen Kosten kaum ausscheidbar, weil für den Personalaufwand keine gesonderten Zahlungen anfallen332. Wird jedoch das „Neue Steuerungsmodell“ verwirklicht, kann die Behörde exakt ihren Aufwand angeben. Die Kosten- / Leistungsrechnung ermöglicht eine genaue Unterscheidung in prozeßbedingten und anderen Aufwand, so daß das Argument technischer Untrennbarkeit eine Erstattung nicht mehr hindert. Schwerer wiegt der Einwand, der anteilige Prozeßaufwand entstünde nicht wegen des Prozesses, weil das Gehalt dem Bediensteten unabhängig von der Art seiner Tätigkeit geschuldet sei. Aber es handelt sich hier um das „klassische Trittbrettfahrerargument“333. Wird ein Bediensteter zur Prozeßführung herangezogen, bleibt seine sonstige Arbeit entweder liegen oder muß von anderen, zusätzlich vorgehaltenen Bediensteten neben deren Arbeit erledigt werden334. Eine Behörde ist nicht im öffentlichen Interesse gehalten, Personal für Rechtsstreitigkeiten vorzuhalten, weil eine Behörde ein Verwaltungsorgan und kein Organ der Rechtspflege ist335. Opfert eine Behörde die Arbeitszeit eines Bediensteten für die Prozeßführung, entsteht ihr ein konkret in seiner anteiligen Vergütung bezifferbarer, ausscheidbarer und durch den Prozeß verursachter Aufwand. Diese eigene Prozeßführung erspart dem unterliegenden Bürger Kosten, weil sich die Behörde – obgleich sie es dürfte – nicht eines Rechtsanwaltes bedient336. Es gibt keinen Grund, dem Unterlegenen den Vorteil der Kostenersparnis zu verdoppeln, indem eine Erstattungspflicht vollständig abgelehnt wird. Der Einwand, der Vergleich mit den Kosten eines Rechtsanwaltes verbiete sich wegen der Sonderregelung des § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO und der bewußten Differenzierung durch den Gesetzgeber337, geht – wie oben gezeigt338 – an der Sache vorbei. Schließlich spricht 330 VGH Mannheim, ESVGH 17, 52 (53) = DVBl. 1967, S. 297 (298); LG Berlin v. 09. 05. 1989, MDR 1989, S. 917. 331 Dazu VGH Mannheim, ESVGH 17, 52 (53) = DVBl. 1967, S. 297 (298); OVG Koblenz v. 16. 12. 1981, NJW 1982, S. 1115; LG Berlin v. 09. 05. 1989, MDR 1989, S. 917; LG Köln v. 12. 07. 1993, JurBüro 1994, S. 229 (230). 332 Anders nur für Sonderkosten wie Reisekosten und Porti, denen unmittelbar Zahlungsvorgänge zugeordnet werden können. 333 So M. Hüttenhofer, RPfleger 1987, S. 292 (294). 334 Ähnlich F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (344): S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 22. 335 Vgl. zutreffend S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 23. 336 Ebenda, Rn. 24. 337 VGH Mannheim, ESVGH 17, 52 (53) = DVBl. 1967, S. 297 (298); OVG Koblenz v. 16. 12. 1981, NJW 1982, S. 1115; LG Berlin v. 09. 05. 1989, MDR 1989, S. 917; LG Köln v. 12. 07. 1993, JurBüro 1994, S. 229 (230). 338 Vgl. ausführlich dazu oben § 4 A. I. 2.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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gegen einen vollständigen Erstattungsausschluß auch der Rückgriff auf die Grundsätze der prozessualen Kostenerstattung: Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch ist kein Schadensersatzanspruch; die dogmatischen Erwägungen zur Begrenzung des materiellen Schadensersatzanspruchs dürfen nicht auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch übertragen werden339. Selbst wenn § 162 VwGO also lückenhaft wäre und über § 173 S. 1 VwGO einer Ergänzung durch § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 ZPO bedürfte, stünde dies einem behördlichen Erstattungsanspruch nicht entgegen. Zumindest eine Erstattung für den anteiligen Zeitaufwand für Reisen und Terminswahrnehmung kann angesichts der Entwicklung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs, des Perspektivenwechsels im Umgang mit öffentlichen Finanzmitteln und der Einführung einer Kosten- / Leistungsrechnung als Teil des „Neuen Steuerungsmodells“ nicht mehr versagt werden. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO eignet sich somit entgegen der h. M. als Rechtsgrundlage für einen solchen Erstattungsanspruch.

c) Die äußere Systematik des § 162 VwGO im Bezug zu § 2 ZSEG Eine weitere Auffassung will auf einen Erstattungsanspruch nicht §§ 173 S. 1 VwGO, 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 ZPO anwenden, sondern §§ 173 S. 1 VwGO, 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 ZPO i. V. m. den Regelungen der §§ 1 ff. ZSEG. Innerhalb dieser Auffassung gelangen zwei Gruppen bei der Auslegung des § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 ZPO noch zu unterschiedlichen Ergebnissen: Ein Teil will keinerlei Erstattung für Zeitversäumnis infolge Terminswahrnehmungen gewähren und führt dazu an, die Kosten für Bedienstete als behördliche Prozeßvertreter hätten keinen eindeutigen Bezug zum Rechtsstreit, so daß kein entschädigungsfähiger Nachteil i. S. d. § 2 ZSEG entstünde340. Weiter führt er an, ein „Verdienstausfall“, wie ihn § 2 Abs. 1 ZSEG voraussetze, sei begrifflich bei Körperschaften des öffentlichen Rechts ausgeschlossen und führe ebenfalls zur Unanwendbarkeit des § 2 Abs. 1 ZSEG341. Der andere Teil gelangt demgegenüber zur Anwendbarkeit des § 2 ZSEG und will eine Erstattung gewähren, wobei er über deren Höhe uneins ist. 339 Vgl. F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (344). Zur Weiterentwicklung des Schadensbegriffs durch die Rechtsprechung vgl. F. Lappe, Justizkostenrecht, S. 140; S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 20. 340 BVerwG v. 12. 12. 1988, RPfleger 1989, S. 255 (256); LG Berlin v. 09. 05. 1989, MDR 1989, S. 917; OLG Bamberg v. 23. 10. 1989, JurBüro 1990, S. 210; VGH Mannheim v. 15. 02. 1990, NVwZ-RR 1990, S. 665 = JurBüro 1990, S. 1005 f.; E. v. 11. 03. 1994, VBlBW-Beilage 7 / 1994, B 3 (LS); OVG Lüneburg v. 20. 06. 1996, NVwZ-RR 1997, S. 143 f. Im Ergebnis ebenso W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 58 a. E.; H. Putzo, in: H. Thomas / H. Putzo, ZPO, § 91, Rdnr. 15 (ohne nähere Begründung). 341 In diesem Sinne VGH Kassel v. 28. 02. 1986, MDR 1986, S. 986; OLG Bamberg v. 23. 10. 1989, JurBüro 1990, S. 210; VGH Mannheim v. 15. 02. 1990, NVwZ-RR 1990, S. 665 = JurBüro 1990, S. 1005 f.; OVG Lüneburg v. 20. 06. 1996, NVwZ-RR 1997, S. 143 f. Im Ergebnis ebenso W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 50 und 58 a. E.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Zur Begründung wird angeführt, § 2 ZSEG i. V. m. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO regele die Entschädigung für erlittene Zeitversäumnis, ohne daß es auf den Eintritt eines Ausfallschadens oder eines Verdienstausfalles ankomme342. In der Höhe der zu gewährenden Erstattung differieren die Ergebnisse. Teilweise werden die anteiligen Gehaltskosten angesetzt343; teilweise nur die Mindestentschädigung344. Schon dieser erste Überblick zeigt die Widersprüchlichkeit dieses Meinungsstandes auf, der einer näheren Betrachtung bedarf. Wird auch hier – entgegen der in dieser Untersuchung vertretenen Auffassung – die Anwendbarkeit des § 173 S. 1 VwGO unterstellt, hängt die Heranziehung der §§ 1 ff. ZSEG von der Erfüllung zweier Voraussetzungen ab: Sowohl § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 ZPO als auch § 2 ZSEG müssen dem Grunde nach anwendbar sein. Das gegen § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 ZPO vorgebrachte Argument, ein „Verdienstausfall“ sei bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts schon begrifflich nicht möglich, überzeugt wegen des ausdrücklichen Wortlauts der Norm nicht. Zwar können Behörden keinen „Verdienst“ im Sinne eines Entgelts für abhängig geleistete Tätigkeit geltend machen und ihre Prozeßvertreter erleiden als Bedienstete keinen Verdienstausfall, sondern erhalten anteilige Gehaltsfortzahlung, doch § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO verweist auf §§ 1 ff. ZSEG nur in entsprechender Anwendung. Es handelt sich nicht um eine Rechtsgrund-, sondern um eine Rechtsfolgenverweisung345. Soweit also § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO über die Brücke des § 173 S. 1 VwGO überhaupt herangezogen wird, muß § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 ZPO mit §§ 1 ff. ZSEG angewandt werden. Doch dann kann es nicht auf einen „Verdienstausfall“, sondern nur auf eine „Zeitversäumnis“ zur Rechtfertigung eines Erstattungsanspruchs ankommen. Eine solche Zeitversäumnis entsteht dem Rechtsträger der Behörde, weil ihr Prozeßvertreter im Umfang dieser Tätigkeit nicht mehr für andere Aufgaben zur Verfügung steht346. Dieser konkrete Nachteil entsteht der Behörde unabhängig davon, ob der Bedienstete ausschließlich oder nur gelegentlich 342 Dies betonen OLG Stuttgart v. 03. 04. 1990, NJW-RR 1990, S. 1341 = MDR 1990, S. 635 f.; OLG Bamberg v. 14. 01. 1992, JurBüro 1992, S. 242; OLG Karlsruhe v. 26. 07. 1993, RPfleger 1993, S. 484; OLG Hamm v. 25. 01. 1996, NJW-RR 1997, S. 767; teilweise abweichend KG v. 21. 05. 1985, MDR 1985, S. 851. 343 LG Frankfurt / M. v. 28. 02. 1985, MDR 1985, S. 589; OLG Stuttgart v. 03. 04. 1990, NJW-RR 1990, S. 1341 = MDR 1990, S. 635 (636); OLG Karlsruhe v. 26. 07. 1993, RPfleger 1993, S. 484. 344 KG v. 21. 05. 1985, MDR 1985, S. 851; für die subsidiäre Anwendung OLG Hamm v. 25. 01. 1996, NJW-RR 1997, S. 767. 345 Überzeugend F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (343); wohl im Ergebnis ebenso OLG Bamberg v. 14. 01. 1992, JurBüro 1992, S. 242. 346 Vgl. F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (343). Das liegt im Wesen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs. Siehe auch E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 36; M. Klimke, NJW 1974, S. 81 (87); M. Lipp, NJW 1992, S. 1913 (1921); a. A. W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 50 und 58 a. E., der jedoch übersieht, daß die Behörde bei einer Terminsteilnahme ihres Bediensteten diesem grundsätzlich keine Mehrarbeit, sondern seine normale Arbeit vergüten muß und in dieser Höhe einen genau bezifferbaren Aufwand erleidet.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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Prozesse betreut347, denn in jedem Fall erfordert der konkrete Prozeß einen Teil seiner Arbeitszeit. Wer zur Frage eines Erstattungsanspruchs also § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO anwenden will, muß zwingend die Verweisung des § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 ZPO auf die bei Vorliegen einer Zeitversäumnis möglicherweise entsprechend anwendbaren §§ 1 ff. ZSEG berücksichtigen. Die erste Voraussetzung – die Anwendbarkeit des § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 ZPO – ist über dessen Halbs. 1 also erfüllt. Die zweite Voraussetzung ist die Anwendbarkeit der §§ 1 ff. ZSEG. Jene Auffassung, die §§ 1 ff. ZSEG anwenden will, sieht in § 91 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 ZPO eine Rechtsfolgenverweisung für die Höhe der zu erstattenden Aufwendungen. Zwar wird unter Berufung auf § 1 Abs. 2 ZSEG eingewandt, dieses Gesetz gelte nur, wenn Behörden vor Gericht sachverständige Leistungen lieferten, also nicht für Prozeßvertreter348. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Rechtsgrund für eine Entschädigung nach der hier diskutierten Auffassung nicht in § 1 Abs. 1 ZSEG zu suchen ist, weil die sich selbst vertretende Behörde weder Zeuge noch Sachverständiger ist, sondern in § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO. Aus der Rechtsfolgenverweisung gelangt dann nicht § 1 ZSEG zur Wirkung, sondern §§ 2, 4 und 10 ZSEG. Damit ist auch die zweite Voraussetzung einer Erstattung für Zeitversäumnis erfüllt. Somit bleibt noch die Höhe der Entschädigung für Zeitversäumnis zu klären. Wie bereits dargelegt, gelangt ein Teil der Gerichte zur Anwendung des § 2 Abs. 1 und 2 ZSEG und legt das tatsächliche Gehalt des Prozeßvertreters zugrunde, während die Gegenmeinung nur die Mindestentschädigung des § 2 Abs. 3 ZSEG wegen Fehlens eines Verdienstausfalls zuerkennen will349. Gegen letztere Einschränkung sprechen zwei systematische Erwägungen aus § 91 ZPO und aus §§ 1 ff. ZSEG heraus: Wer überhaupt § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO für anwendbar hält und dazu auf eine „Zeitversäumnis“ statt auf einen „Verdienstausfall“ abstellt, muß dies konsequenterweise auch in der Rechtsfolgenverweisung tun und § 2 Abs. 1 und 2 ZSEG entsprechend anwenden. Bei § 91 ZPO auf die „Zeitversäumnis“ und bei § 2 ZSEG auf den „Verdienstausfall“ abzustellen, wäre ein systemwidriger und logisch nicht nachzuvollziehender Argumentationsbruch. Hinzu kommt die Systematik der §§ 2, 4 und 10 ZSEG, die konsequenterweise zusammen anzuwenden sind. Sie re347 In diesem Punkt differenziert OLG Stuttgart, E. v. 03. 04. 1990, NJW-RR 1990, S. 1341 = MDR 1990, S. 635 (636), zu Unrecht. Demgegenüber überzeugend für eine einheitliche Betrachtung LG Frankfurt / M. v. 28. 02. 1985, MDR 1985, S. 589; OLG Karlsruhe v. 26. 07. 1993, RPfleger 1993, S. 484. 348 So VGH München v. 05. 10. 1982, BayVBl. 1983, S. 56. Das gilt jedoch nur, wenn § 1 Abs. 2 ZSEG isoliert und ohne eine Verweisungsnorm angewandt wird, wie dies aus der hier vertretenen Sicht nur für § 162 Abs. 1 VwGO zutrifft. Da § 162 Abs. 1 VwGO selbst der Rechtsgrund für eine Erstattung ist, kann die Erstattung der Höhe nach aber nicht über §§ 1 ff. ZSEG begrenzt werden. 349 Für das anteilige Gehalt LG Frankfurt / M. v. 28. 02. 1985, MDR 1985, S. 589; OLG Stuttgart v. 03. 04. 1990, NJW-RR 1990, S. 1341 = MDR 1990, S. 635 (636); OLG Karlsruhe v. 26. 07. 1993, RPfleger 1993, S. 484; hingegen für die Mindestentschädigung KG v. 21. 05. 1985, MDR 1985, S. 851; offen insoweit D. Wolst, in: H.-J. Musielak, ZPO, § 91, Rn. 10.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

geln im Detail die Entschädigungshöhe, so daß für einen behördlichen Prozeßvertreter des höheren Dienstes (vgl. § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO) stets der Höchstsatz einer Zeugenentschädigung anzusetzen ist. Zusammengefaßt zeigt sich, daß im Fall der Anwendung der Normenkette §§ 162 Abs. 1, 173 S. 1 VwGO i. V. m. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO i. V. m. § 2 Abs. 1 und 2 und §§ 4, 10 ZSEG durchaus eine Entschädigung für behördliche Prozeßvertreter in Betracht kommt. Hierzu bedarf es nach der hier vertretenen Auffassung jedoch nicht dieser komplizierten und angreifbaren Verweisungskette, sondern schlicht der Anwendung des § 162 Abs. 1 VwGO.

d) Das Ergebnis der systematischen Auslegung Die innere Systematik des § 162 VwGO vermag keinen Ausschluß behördlicher Erstattungsansprüche zu rechtfertigen. Die gegenteilige Auffassung der wohl h. M., § 162 Abs. 1 VwGO werde durch § 173 S. 1 VwGO i. V. m. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO oder durch den Weiterverweis auf § 2 ZSEG erheblich eingeschränkt oder gar derogiert, ist nicht überzeugend. Gegen sie sprechen die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, die Stellung des § 162 VwGO als abgeschlossene Regelung und die Unwägbarkeiten einer entsprechenden Anwendung des § 2 ZSEG. Die Unterstellung einer derart komplizierten Verweisungstechnik konterkariert das Bemühen des Gesetzgebers um sprachliche Klarheit und systematische Geradlinigkeit in der Verwaltungsgerichtsordnung. Innere und äußere Systematik des § 162 VwGO sprechen vielmehr für einen behördlichen Erstattungsanspruch bis zur Grenze der „notwendigen“ Aufwendungen.

4. Die teleologische Auslegung Ein weiterer Gesichtspunkt, der am ehesten in eine teleologische Interpretation des § 162 VwGO einzubinden ist, ist die Waffengleichheit im Verwaltungsprozeß. Aufbauend auf der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG werden die Regelungen zur Kostenerstattung im Widerspruchs- und im Gerichtsverfahren unterschiedlich ausgelegt350. Es ist daher zu klären, ob der Aspekt der Waffengleichheit eine einschränkende Interpretation des § 162 VwGO fordert. Betrachtet man die Konstellation einer rechtlichen Auseinandersetzung zwischen Bürger und Behörde, ergeben sich von vornherein unterschiedliche Befunde 350 Zum Widerspruchsverfahren: BVerwGE 61, 100 (101); E. v. 18. 04. 1996, DVBl. 1996, S. 1315 (1317); OVG Münster v. 28. 10. 1982, NVwZ 1983, S. 355; O. Mallmann, NVwZ 1983, S. 338 (339). Zum Verwaltungsgerichtsverfahren: VGH München v. 30. 11. 1977, BayVBl. 1978, S. 92 (93); OLG Bamberg v. 14. 01. 1992, JurBüro 1992, S. 242 (243). Allgemein zur Waffengleichheit P. J. Tettinger, Fairneß und Waffengleichheit, S. 45; C. H. Ule, Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 155.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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für die Situation im Widerspruchs- und im Klageverfahren. Beide Stufen müssen hier betrachtet werden, weil sie systematisch aufeinander aufbauen (vgl. § 68 VwGO) und in der Kostenentscheidung des § 162 Abs. 1 und 2 VwGO sogar zusammengeführt werden. Für die Stufe des Widerspruchsverfahrens besteht in der Literatur weitgehend Einigkeit darin, daß die Verwaltung über einen erheblichen Informationsstand verfügt351 und aus ihrem hoheitlichen Recht zur Selbsttitulierung und Selbstvollstrekkung ein Übergewicht gegenüber dem Bürger352 mit der Folge einer vorprozessualen Waffenungleichheit353 erlangt. Der Bürger ist ohne rechtskundigen Rat nur in Ausnahmefällen in der Lage, seine Rechte und Interessen gegenüber der in aller Regel sächlich und personell überlegenen Verwaltung zu wahren354. Allein die Bindung der Verwaltung an das Gesetz und die Aussicht auf eine nachfolgende gerichtliche Kontrolle genügen zum Ausgleich nicht355, so daß dem Bürger ein Rechtskundiger – ggf. mit der Kostenlast bei der rechtswidrig handelnden Behörde gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO – zur Seite stehen können muß. Damit dient die besondere Erstattungsregelung des § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO der Herstellung annähernder Waffengleichheit im Vorverfahren. Im Gerichtsverfahren stellt sich die Sachlage jedoch anders dar. Zwar wird teilweise auch für den Verwaltungsprozeß eine von vornherein aus seiner mangelnden Rechtskenntnis resultierende Unterlegenheit des Bürgers angenommen356. Doch dabei wird übersehen, daß der Gesetzgeber für das Gerichtsverfahren systemimmanente Gegengewichte zur originären Überlegenheit der Verwaltung geschaffen hat. Verwaltungsprozessuale Institute wie der gerichtliche Untersuchungsgrundsatz, die Verpflichtung der Behörde zur Aktenvorlage und die Suspensivwirkung357 führen zu einem weitgehenden Ausgleich zwischen Bürger und Verwaltung in ihrer prozessualen Situation. In der Sache selbst hat regelmäßig358 die Verwaltung die Darlegungs- und Beweislast für ihr Handeln; sie muß den Sachverhalt und die rechtlichen Voraussetzungen für ihr Eingreifen aus den vorgelegten Akten heraus darlegen. Das Gericht kann unabhängig davon selbst ermittelnd tätig werden und Beweis erheben, so daß den Bürger im Vergleich zum Zivilprozeß nur eine deutlich reduzierte Darlegungslast trifft. Diese prozessualen Institute zum Schutz des BürVgl. W. Berg, Die Verw. 9 (1976), S. 161 (163). Vgl. S. Auer, § 173 VwGO, S. 44; P. J. Tettinger, Fairneß und Waffengleichheit, S. 45. 353 So S. Auer, § 173 VwGO, S. 44. 354 Ausdrücklich OVG Münster v. 28. 10. 1982, NVwZ 1983, S. 355; im Ergebnis ebenso O. Mallmann, NVwZ 1983, S. 338 (339). 355 A. A. BVerwGE 61, 100 (101), das die Stufen von Widerspruchs- und Gerichtsverfahren nicht strikt trennt. 356 Allgemein H. Rossen-Stadtfeld, NVwZ 2001, S. 361 (368); C. H. Ule, Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 155. 357 Vgl. dazu S. Auer, § 173 VwGO, S. 47; auch H. Rossen-Stadtfeld, NVwZ 2001, S. 361 (368). 358 Für den häufigsten Fall der Anfechtungsklage gegen belastende Verwaltungsakte. 351 352

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

gers führen zu einem Ausgleich der prozessualen Ausgangssituation. Im Verwaltungsprozeß kann daher nicht per se von einer Waffenungleichheit zu Lasten des Bürgers gesprochen werden. Somit stellt sich die Frage, ob die Erstattungsregelung des § 162 Abs. 1 VwGO aus Gründen der Waffengleichheit so zu interpretieren ist, daß sie nur dem obsiegenden Bürger über § 162 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 VwGO einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch in vollem Umfang zubilligt. Das Gebot der Waffengleichheit muß hier zunächst vorsichtig und differenziert betrachtet werden. Es als zwingende Auslegungsdirektive im Sinne einer pauschalen Interpretationsregel „in dubio pro Fairneß“ zu verstehen, erscheint nicht ungefährlich359. Eine egalitäre Interpretation zugunsten einer Partei kann den gesetzgeberischen Ordnungsvorstellungen widersprechen360. In der Gesamtschau der Verwaltungsgerichtsordnung zeigt gerade der Blick auf § 67 VwGO, daß der Gesetzgeber eine rechtskundige Vertretung sowohl dem Bürger als auch der Verwaltung zubilligt, wobei sich letztere wahlweise durch eigene geeignete Bedienstete oder durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen kann361. Obgleich die Eigenvertretung der Behörde kostengünstiger ist, weil die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes regelmäßig höher sind als das anteilige Gehalt des behördlichen Terminsvertreters362, ist die Behörde dennoch nicht zur Eigenvertretung verpflichtet. Der Gesetzgeber gesteht Bürger und Behörde gleichermaßen eine anwaltliche Vertretung zu. Diese legislative Grundentscheidung würde jedoch über die restriktive Auslegung des § 162 Abs. 1 VwGO durch die h. M. und die Versagung einer anteiligen Erstattung für behördlichen Personalaufwand contra legem korrigiert. Würde die Behörde ihre Prozeßführung einem Anwalt übertragen, entfiele weitgehend ihr eigener Personalaufwand für die Prozeßvertretung mit der Folge einer vollen Erstattungspflicht des unterliegenden Prozeßgegners. Dieser würde umgekehrt von einer Eigenvertretung der Behörde doppelt profitieren, weil er weder mangels Erstattungsfähigkeit den behördlichen Personalaufwand noch mangels Anfalls anwaltliche Gebühren und Auslagen erstatten muß363. „Es ist für eine Partei weniger riskant, sich auf einen Prozeß einzulassen, wenn ihr Prozeßgegner eine Behörde ist, die sich im Prozeß durch eigene Bedienstete vertreten läßt.“364 Ein solches, von der h. M. gewonnenes Ergebnis widerspricht dem Prinzip der Unterliegenshaftung365 und der Grundentscheidung des § 67 VwGO für eine gleichwertige Vertretung beider Beteiligten vor dem Diese Bedenken bringt P. J. Tettinger, Fairneß und Waffengleichheit, S. 56, vor. Vgl. P. J. Tettinger, Fairneß und Waffengleichheit, S. 57. 361 Ausführlich dazu oben § 2 A. II. 1. 362 Vgl. S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 24. 363 Vgl. F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (345). 364 Ebenda, S. 345. 365 Vgl. S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 24; im Ergebnis ebenso F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (345); VGH München v. 30. 11. 1977, BayVBl. 1978, S. 92 (93); OLG Bamberg v. 14. 01. 1992, JurBüro 1992, S. 242 (243). 359 360

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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Verwaltungsgericht. Somit fällt die von der h. M. vertretene restriktive Auslegung des § 162 Abs. 1 VwGO zu Lasten der Behörden aus dem Rahmen des Verwaltungsprozeßrechts: Bewirkt der Gesetzgeber schon über die Rechtsinstitute des Amtsermittlungsgrundsatzes, der aufschiebenden Wirkung und der Aktenvorlagepflicht eine weitestgehende Angleichung der prozessualen Situation von Bürger und Behörde und erkennt er dieses Zwischenergebnis in § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO einerseits und in § 67 Abs. 2 VwGO andererseits als gewollt und erreicht an, kann eine zusätzliche restriktive Handhabung des § 162 Abs. 1 VwGO nicht gerechtfertigt werden. Letztere würde die Gewichte weiter zu Lasten der öffentlichen Hand verschieben, als es die Waffengleichheit erfordert. Eine neue Waffenungleichheit – diesmal zu Lasten der Behörde – wäre die Folge. Daher kann der Grundsatz der Waffengleichheit die von der h. M. vorgetragene einschränkende Auslegung des § 162 Abs. 1 VwGO nicht rechtfertigen. Sinn und Zweck des § 162 Abs. 1 VwGO als Folgeregelung des § 67 Abs. 1 VwGO gebieten vielmehr die Anerkennung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs zugunsten des Rechtsträgers der Behörde auf Erstattung der tatsächlich anfallenden Aufwendungen einschließlich des zeitanteiligen Personalaufwands.

5. Zwischenergebnis Für die Auslegung des § 162 Abs. 1 VwGO lassen sich aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik oder Normzweck keine zwingenden Gründe für die von der h. M. befürwortete Einschränkung zu Lasten der öffentlichen Hand gewinnen. Der praktische Ausschluß des anteiligen behördlichen Personalaufwands von einer prozessualen Erstattung ist nicht gerechtfertigt.

II. Die Erstattungsfähigkeit einzelner behördlicher Aufwendungen Nach der Untersuchung der grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit behördlichen Aufwands für eine Prozeßführung sollen nun einzelne Aufwendungen auf ihre besondere, von der h. M. ebenfalls restriktiv gesehene Erstattungsfähigkeit hin untersucht werden. 1. Der Personalaufwand für die Terminsvertretung Einige Stimmen in Literatur und Rechtsprechung versagen eine Erstattung im Fall der behördlichen Eigenvertretung mit dem Hinweis, es lägen nicht ausscheidbare allgemeine Aufwendungen vor, oder mit der Behauptung, die Prozeßvertretung sei eine nicht erstattungsfähige öffentliche Aufgabe. Diese Argumentation ist auf ihre Richtigkeit zu untersuchen.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

a) Die Ausscheidbarkeit des Personalaufwands Ein Teil der Gerichte versagt die Erstattung von Personalaufwand für Terminswahrnehmungen in mündlichen Verhandlungen mit dem Argument, es handele sich wegen der fest beschäftigten und besoldeten Bediensteten um allgemeinen Aufwand ohne konkreten Bezug zum Rechtsstreit366. Teilweise wird sogar behauptet, ein abgrenzbarer Nachteil liege nicht vor, weil der Betriebsablauf in einer Großbehörde nicht nachhaltig durch die terminsbedingte Abwesenheit eines Bediensteten gestört werde367. Die Besoldungskosten sollten aus Billigkeitserwägungen nicht auf denjenigen abgewälzt werden, der zufällig in die Lage gerate, mit der Behörde einen Prozeß führen zu müssen und dabei zu unterliegen368. Diese Argumente dürften jedoch weder unter Berücksichtigung praktischer Behördenerfahrung noch des „Neuen Steuerungsmodells“ verfangen. Zunächst ist der Personalaufwand bei einer Terminsvertretung schon bisher bei einer kameralistischen Haushaltsführung nachweisbar. Es handelt sich um die nicht im Amt geleisteten Dienststunden des Beschäftigten, bewertet nach seinem Monatsgehalt geteilt durch die Zahl der Soll-Arbeitsstunden. Selbst wenn die Terminsvertretung für den Bediensteten keine gesonderte Zahlung auslöst369, ist der Aufwand ausscheidbar. Daß die Besoldung als Posten im Haushalt erscheint, ändert nichts an ihrem Charakter als gesonderter Aufwand370. Dieser Aufwand stellt einen meßbaren Nachteil dar, weil der Bedienstete für eigentliche Aufgaben ausfällt. Selbst wenn die Behörde eine eigene Rechtsabteilung unterhält, führt eine häufigere Prozeßführung zu steigenden Personalkosten371. Die gekünstelte Unterscheidung in Groß- und Kleinbehörden ist mangels praktikablem Maßstab nicht zu rechtfertigen372. Schließlich kann eine allgemeine Billigkeitsformel in Richtung einer besonderen Schutzbedürftigkeit des unterliegenden Bürgers angesichts des klaren Wortlauts 366 In diesem Sinne OVG Lüneburg, OVGE 5, 356 (357); VGH Mannheim, ESVGH 17, 52 f. = DVBl. 1967, S. 297 (298); VGH München v. 30. 01. 2001, BayVBl. 2003, S. 29; OLG Bamberg v. 23. 10. 1989, JurBüro 1990, S. 210; LG Berlin v. 09. 05. 1989, MDR 1989, S. 917; LG Köln v. 12. 07. 1993, JurBüro 1994, S. 229. Aus der Literatur vgl. dazu P. Hartmann, in: ders. / J. Albers, KostenG, Einf. § 113 BRAGO, Rn. 12 a. E.; K. Herget, in: R. Zöller (Begr.), ZPO, § 91, Rn. 13 („Allgemeine Geschäftsunkosten“); F. O. Kopp / W.-R. Schenke, VwGO, § 162, Rn. 4; W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 50 und 58 a. E.; M. Redeker, in: K. Redeker / H.-J. v. Oertzen, VwGO, § 162, Rn. 9. 367 LG Köln v. 12. 07. 1993, JurBüro 1994, S. 229 (230). 368 Ebenda, schon früher als Argument bei OLG Hamm v. 31. 08. 1967, JurBüro 1968, S. 146. 369 Die Kameralistik ist auszahlungsbezogen, nicht aufwandsbezogen. 370 So OLG Stuttgart v. 03. 04. 1990, NJW-RR 1990, S. 1341 = MDR 1990, S. 635 f. 371 Zu dieser Überlegung OLG Bamberg v. 14. 01. 1992, JurBüro 1992, S. 242 (243); im Ergebnis auch A. Belz, in: G. Lüke / P. Wax, MüKo ZPO, § 91, Rn. 23 und 81; M. Hüttenhofer, RPfleger 1987, S. 292 (294); S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 23; F.-W. v. Oppeln-Bronikowski, RPfleger 1984, S. 342 (344). 372 Im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart v. 03. 04. 1990, NJW-RR 1990, S. 1341 = MDR 1990, S. 635 (636).

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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des § 162 VwGO, der eine dem § 139 Abs. 2 FGO vergleichbare Einschränkung gerade nicht vorsieht373, nicht überzeugen. Eine solche Argumentation verkennt, daß der Bürger regelmäßig nicht „zufällig“ gegen den Rechtsträger einer Behörde prozessiert und daß ein vergeblich geführter Prozeß die Rechtmäßigkeit des Behördenhandelns gerade bestätigt. Hierauf kann eine Kostenabwälzung auf den allgemeinen Staatshaushalt also nicht gestützt werden374. Daher ist der durch eine Terminswahrnehmung entstandene Personalaufwand ein abgrenzbarer besonderer Aufwand und einer Erstattung durch den unterlegenen Prozeßgegner grundsätzlich zugänglich.

b) Die Prozeßführung als öffentliche Aufgabe Weitere Einwände gegen eine Erstattung werden auf die Überlegung gestützt, es handele sich um einen allgemeinen Verwaltungsaufwand, weil die Verwaltung den Auftrag zur Förderung des Gemeinwohls und zur gesetzmäßigen Durchführung der Gemeinwohlaufgaben habe375. Die Terminswahrnehmung sei eine allgemeine Aufgabe, zu deren Erfüllung die Behörde organisatorisch verpflichtet sei und im öffentlichen Interesse Bedienstete bereitzustellen habe376. Diese Einwände übersehen jedoch, daß Aufgabe und Finanzierung nicht dasselbe sind. Unbestritten hat eine Behörde im öffentlichen Interesse zu handeln und dieses ggf. auch auf dem Prozeßweg durchzusetzen. Dazu gehören die Vorhaltung eines qualifizierten Prozeßvertreters und dessen Freistellung zur Terminswahrnehmung377. Doch schon bei Behörden ohne eigene juristische Bedienstete stößt diese Aufgabenzuordnung an ihre Grenzen: Eine solche Behörde muß sich externer Prozeßvertreter bedienen; eine unwirtschaftliche Vorhaltung eigenen Personals für potentielle Prozesse ist ihr nicht zumutbar. Der Gesetzgeber hat auf dieses Dilemma reagiert und mit § 67 VwGO dahin gelöst, daß eine Behörde zwar wegen Art. 19 Abs. 4 GG abstrakt zur Prozeßführung verpflichtet ist, in der konkreten Wahrnehmung aber eine gewisse Entscheidungsfreiheit hat. Erst recht gilt dies für § 162 VwGO, der eine dem § 139 Abs. 2 FGO vergleichbare Einschränkung nicht kennt. Aus der Zuweisung der Aufgabe „Prozeßvertretung“ an die Behörde kann also nicht automatisch auf ihre Finanzierung geschlossen werden. Der Gesetzgeber will diese Aufgabe gerade nicht ausschließlich aus allgemeinen Steuermitteln finanziert wissen, so daß die o. g. Kritik an einer Erstattung nicht zu überzeugen vermag. Der Siehe BFHE 107, 352 (354); E 115, 182 (184). Anders eben bei § 139 Abs. 2 FGO: BFHE 107, 352 (356 f.). 375 So VGH Mannheim, ESVGH 17, 52 (53) = DVBl. 1967, S. 297 (298). 376 In diesem Sinne OLG Bamberg v. 23. 10. 1989, JurBüro 1990, S. 210; LG Köln v. 12. 07. 1993, JurBüro 1994, S. 229. 377 Zur Erstattungsfähigkeit bei einer Zuziehung eines weiteren Bediensteten neben dem eigentlichen Prozeßvertreter siehe VGH Mannheim, ESVGH 16, 86 (88 f.). 373 374

8 Dietz

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

ursächlich prozeßbedingte Personalaufwand für eine Terminswahrnehmung ist daher grundsätzlich einer Erstattung zugänglich. 2. Die behördlichen Auslagen Die behördlichen Auslagen setzen sich im wesentlichen aus Schreibauslagen, Porto- und Telekommunikationsaufwendungen, Reisekosten und ggf. Auslagen für Sachverständigengutachten zusammen. Ihre Erstattungsfähigkeit ist ebenfalls umstritten. a) Die Auslagen für Schreibarbeiten und Kopien Die Aufwendungen einer Behörde für die Anfertigung von Schriftsätzen sind nach h. M. nicht erstattungsfähig, weil sie entweder als Teil der allgemeinen Prozeßkosten378 oder wegen § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO379 als grundsätzlich nicht erstattungsfähig angesehen werden. Dem ersten Einwand ist insoweit zuzustimmen, als nicht die Generalunkosten einer Behörde, wohl aber die konkret nachgewiesenen Schreibauslagen erstattungsfähig sein sollten380. Soweit die Behörde nachweisen kann, daß ihr durch den konkreten Prozeß Auslagen entstanden sind, handelt es sich nicht mehr um allgemeine Auslagen, sondern besondere Aufwendungen. In der Praxis wird dieser Nachweis meist daran scheitern, daß genaue Aufzeichnungen sehr zeitraubend sind, den Arbeitsablauf stören und mehr Aufwand verursachen als Kosten nachher geltend gemacht werden können. Die Behörde wird in der Praxis daher auf die Geltendmachung verzichten. Das ändert jedoch nichts an der grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit. Ob sich durch eine detaillierte Kosten- / Leistungsrechnung etwas an der Nachweisbarkeit ändern wird, hängt von der Umsetzung in der jeweiligen Behörde ab und kann nicht allgemein beantwortet werden. Dem zweiten Einwand steht – wie oben ausführlich begründet381 – der abschließende Charakter des § 162 Abs. 1 VwGO entgegen, der einen Rückgriff auf § 91 Abs. 1 ZPO von vornherein verbietet. Daher sind Schreibauslagen erstattungsfähig, soweit die Behörde den konkreten Bezug zum Rechtsstreit nachweist. 378 Die Schreibauslagen werden überwiegend als zur Prozeßvorbereitung gehörig angesehen, vgl. OVG Lüneburg v. 09. 05. 1969, KostRsp. VwGO § 162, Nr. 9; K. Herget, in: R. Zöller (Begr.), ZPO, § 91, Rn. 13 („Allgemeiner Prozeßaufwand“); ähnlich F. O. Kopp / W.-R. Schenke, VwGO, § 162, Rn. 7; W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 26; A. Schatte, MDR 1960, S. 983 (988); J. Schmidt, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 162, Rn. 3. 379 Auf § 91 ZPO greifen VGH München v. 14. 08. 1974, BayVBl. 1975, S. 29; VGH Mannheim v. 15. 02. 1990, NVwZ-RR 1990, S. 665 = JurBüro 1990, S. 1005; VG München v. 01. 02. 1980, RiA 1981, S. 138, zurück. 380 Vgl. S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 25. 381 Dazu oben § 4 A. I. 3. b) aa).

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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b) Die Auslagen für Porto und Telekommunikation Hier kann auf die bisherigen Ausführungen zur Behandlung dieser Auslagen verwiesen werden382. Die Ergänzung des § 162 Abs. 2 VwGO um einen weiteren Satz383 hat nun eine Pauschalierung dieses behördlichen Erstattungsanspruchs bewirkt und eine wesentliche Erleichterung für die Behörden gebracht. c) Die Auslagen für Reisekosten Während die h. M. die Reisekosten eines behördlichen Prozeßvertreters zum gerichtlichen Termin dem Grunde nach als erstattungsfähig behandelt, ist sie sich über die Höhe der Erstattung uneins384. Ein Teil der Gerichte beschränkt die Höhe der erstattungsfähigen Reisekosten auf die für Zeugen und Sachverständige geltenden Sätze des § 9 ZSEG i. V. m. § 91 ZPO und § 173 VwGO mit dem Hinweis auf eine Verbindlichkeit dieser Normenkette385, während ein anderer Teil die Entschädigung nach dem jeweils geltenden Reisekostenrecht gewährt386. Dem Rückgriff auf § 91 ZPO stehen jedoch die obigen Einwände entgegen, weil § 162 VwGO eine abschließende Regelung darstellt387. Daher ist eine Erstattung der Höhe nach entsprechend den jeweils geltenden Sätzen des Reisekostenrechts geboten, das auf die jeweiligen Bediensteten anzuwenden ist. Hierzu ist der Dienstherr gesetzlich verpflichtet und der Bedienstete anspruchsberechtigt. Der klare Gesetzeswortlaut des Reisekostenrechts verdient hier Vorrang gegenüber dem zweifelhaften Behelfskonstrukt der h. M. über § 9 ZSEG. d) Die Auslagen für Sachverständigengutachten Die restriktive Linie der Gerichte verdient in dieser Frage388 Zustimmung. Wegen des Grundsatzes der Amtsermittlung nach § 86 Abs. 1 VwGO sind gerichtliche Siehe oben § 2 B. I. 2. c) m. w. N. Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3987 (3989); vgl. dazu W. Kuhla / J. Hüttenbrink, DVBl. 2002, S. 85 (91). 384 Siehe ausführlich zum Meinungsstand oben § 2 B. I. 2. b) bb) m. w. N. 385 Aus der Zivilgerichtsbarkeit: OLG Hamm v. 31. 08. 1967, JurBüro 1968, S. 146 (147); OLG Stuttgart v. 03. 04. 1990, NJW-RR 1990, S. 1341 = MDR 1990, S. 635 f.; aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit: OVG Münster 19. 02. 1964, NJW 1964, S. 2128 f.; VGH München v. 26. 11. 1971, BayVBl. 1972, S. 129 f.; E. v. 28. 06. 1974, BayVBl. 1974, S. 595; OVG Koblenz v. 02. 08. 1990, JurBüro 1991, S. 260. 386 OVG Lüneburg, OVGE 5, 356 (357); VGH München v. 05. 10. 1982, BayVBl. 1983, S. 56; im Ergebnis zustimmend S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 162, Rn. 19; sowie W. Neumann, in: H. Sodan / J. Ziekow, VwGO, § 162, Rn. 61, der § 9 ZSEG hier ohne nähere Begründung ablehnt (vgl. im Widerspruch dazu ebenda, Rn. 60). 387 Ausführlich dazu oben § 4 A. I. 3. b). 388 Siehe oben § 2 B. I. 1. m. w. N. 382 383

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Beweisaufnahmen die Regel und Privatgutachten die Ausnahme. Daran ist festzuhalten. Hat eine Behörde ein solches Gutachten anfertigen lassen, kann sie es nur als Prozeßaufwand geltend machen, wenn seine Einholung „notwendig“ i.S.v. § 162 Abs. 1 VwGO war. III. Zwischenergebnis Die Handhabung des § 162 VwGO durch die h. M. kann in weiten Bereichen nicht überzeugen. Der weitgehende Ausschluß behördlichen Personalaufwands von jeglicher prozessualen Erstattung und die restriktive Behandlung der behördlichen Auslagen sind mit Wortlaut, Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte, Normzweck und Systematik des § 162 VwGO nicht in Einklang zu bringen. Insbesondere die häufig angeführte Verweisungskette über § 173 S. 1 VwGO i. V. m. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO scheitert am abschließenden Charakter des § 162 VwGO, grundlegenden Unterschieden beider Prozeßordnungen und am Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke. Dabei ist der mit einer Terminswahrnehmung verbundene Personalaufwand entgegen der Auffassung eines Teils der h. M. ein abgrenzbarer besonderer Aufwand und einer Erstattung grundsätzlich zugänglich. Auch Reisekosten sind entgegen der h. M. in der gesetzlich vorgesehenen Höhe erstattungsfähig. Für die Behörde handelt es sich um einen konkret prozeßbezogenen Aufwand.

B. Das Erfordernis einer erweiterten Erstattungsfähigkeit Im vorangegangenen Abschnitt wurde aufgezeigt, daß Literatur und Gerichte in weiten Teilen § 162 VwGO zum Nachteil der öffentlichen Hand zu restriktiv handhaben. Daraus resultieren erhebliche Lücken in der Erstattungsfähigkeit behördlicher Prozeßaufwendungen. Über die rein prozeßrechtliche Dimension hinaus könnten weitere Gesichtspunkte eine großzügigere Erstattungsfähigkeit fordern, die im folgenden unter den Oberbegriffen der Funktionsfähigkeit staatlicher Institutionen und der Kostengerechtigkeit näher betrachtet werden sollen.

I. Die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen Der Umfang des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs zugunsten des Rechtsträgers einer Behörde berührt in erster Linie die Funktionsfähigkeit dieser Behörde, daneben auch diejenige der Verwaltungsgerichte. Für den Rechtsträger einer Behörde hat eine Erstattung unmittelbare finanzielle Auswirkungen. Was er an Einnahmen durch Gebühren erzielt, benötigt er nicht mehr an Zuwendungen

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aus allgemeinen steuerfinanzierten Haushaltsmitteln. Zugleich wirkt eine Erstattung auch mittelbar auf die Beschäftigung der Behörden und der Verwaltungsgerichte. Je höher eine potentielle Erstattung ausfällt, desto größer ist das den Prozeßgegner treffende Kostenrisiko. Da ein höheres Kostenrisiko erfahrungsgemäß die Bereitschaft zur Prozeßführung dämpft, beeinflußt eine Erstattung mittelbar die Eingangszahlen bei den Verwaltungsgerichten und die prozeßbezogene Arbeitsbelastung bei den Behörden. Diese möglicherweise wünschenswerten Folgen einer großzügigeren Erstattung sollen jetzt vor dem Hintergrund der Funktionsfähigkeit dieser staatlichen Institutionen diskutiert werden.

1. Die Funktionsfähigkeit der Verwaltung Als eine der drei Staatsgewalten mit eigenen Aufgaben und verfassungsrechtlich begründetem Gemeinwohlauftrag389 sieht sich die Verwaltung einer Gefährdung ihrer Funktionsfähigkeit gegenüber. Die wachsende Aufgaben- und Gesetzesflut, die in einer fortschreitenden Verrechtlichung des öffentlichen Lebens ihren Ausdruck findet, verlangt in immer mehr Bereichen nach einem Einschreiten der öffentlichen Hand. Zu diesem Aufgabenzuwachs gesellt sich zugleich ein Ausgabenwachstum, das mit der allgemeinen Finanznot der öffentlichen Hand kollidiert390. Die Exekutive steht so in einem Dilemma zwischen rechtlichem Sollen und tatsächlichem Können, wobei der einzelne Bürger das rechtliche Sollen einklagen kann, sofern ihm der Gesetzgeber subjektiv-öffentliche Rechte eingeräumt hat. In Fällen unberechtigter Prozesse könnte eine – über die restriktive Handhabung der h. M. hinausgehende – erweiterte Erstattung behördlicher Prozeßaufwendungen einen Beitrag zur Entlastung der Behörden leisten. Dies soll nun näher dargestellt werden.

a) Die Funktionen der Verwaltung Zur Verdeutlichung der Gefährdungen bedarf es zunächst eines kurzen Überblicks über die zentralen Funktionen der Verwaltung. Ihre Hauptfunktion liegt in der Wahrung des öffentlichen Interesses, das sie neben Gesetzgebung und Rechtsprechung in ihrem Bereich artikuliert391. Nach deutschem Staatsrechtsverständnis ist der Einzelne nicht zur Wahrung der Allgemeinbelange berufen392. Die Durchsetzung von Gemeinwohlbelangen bedarf vielmehr staatlicher Steuerung und da389 Vgl. P. Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 713; ähnlich E. Franßen, in: K. Lüder (Hrsg.), Öffentliche Verwaltung der Zukunft, S. 41. 390 In diesem Sinne vgl. R. Schmidt, VerwArch. 91 (2000), S. 149 (151). 391 So P. Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 713; vgl. auch C. H. Ule, Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 417. 392 Vgl. R. Halfmann, VerwArch. 91 (2000), S. 74 (95) m. w. N.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

mit der Einflußnahme durch einen Träger öffentlicher Gewalt393. Die Verwaltung unterstützt daneben die Verwirklichung individueller Interessen, wenn sie mit dem öffentlichen Interesse zusammenfallen. Insbesondere in multipolaren Konfliktlagen kann sich für die Verwaltung aus der grundrechtlichen Schutzpflicht heraus eine Pflicht zur Verhinderung der Schädigung Privater durch Private ergeben394, so daß öffentliches Interesse und Individualinteresse in dieselbe Richtung wirken können395. Ihr Aufgabenspektrum unterliegt einem steten Wandel, weil sich sowohl das Staatsverständnis im Ganzen als auch die Rechtsposition des Einzelnen erheblich verändert haben und nach wie vor verändern. Die Wandlungen des Staatsverständnisses zeigen sich am augenfälligsten im Wandel weg vom Polizeistaat über den Rechtsstaat und den demokratischen Sozialstaat hin zum heutigen steuernden Gewährleistungsstaat396. Während der Polizeistaat seine Legitimation im wesentlichen aus der Gefahrenabwehr im öffentlichen Interesse schöpft, gewinnt der Rechtsstaat seine Existenz aus der Schaffung organisatorischer Bedingungen für die Sicherung individualisierbarer materieller Rechte397. Darüber hinaus erbringt ein moderner Sozialstaat ein breites Spektrum öffentlicher Dienstleistungen398; der moderne Steuerungsstaat schließlich hat vornehmlich die Sicherung der Bürger gegen Risiken zum Ziel399. Dies zeigt sich vor allem in der Diskussion um die Reichweite staatlicher Verantwortung. Während der ursprüngliche sichernde Staat seine Eingriffe auf ein Mindestmaß zu beschränken hatte, um die Entfaltung seiner Bürger nicht zu behindern, wird dem modernen Sozialstaat in immer größerem Umfang die Erfüllung individueller Teilhabe- und Leistungsansprüche abverlangt400. Einigkeit besteht wohl darin, daß ein moderner Staat in seiner Orientierung an einem öffentlichen Zweck optimale Verwirklichungschancen für die Grundrechte seiner Bürger zu schaffen hat, wobei die Nutzung dieser Grundrechte allein Entscheidung und Sache seiner Bürger ist401. Der Staat trägt hier zumindest eine Gewährleistungsver393 Vgl. M. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), S. 160 (163 f.); auch C. D. Hermanns, Einheit der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 26 m. w. N. 394 Vgl. M. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), S. 160 (172). 395 Ähnlich C. D. Hermanns, Einheit der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 27. 396 Dazu mit unterschiedlichen Akzentuierungen H. Weber-Grellet, NJW 2001, S. 3657 (3658) m. w. N.; R. Voigt, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 20; A. Voßkuhle, VerwArch. 92 (2001), S. 184 (187). 397 Vgl. W. Berg, Staatsrecht, Rn. 136; ähnlich E. Schmidt-Jortzig, NJW 1994, S. 2569 (2570). 398 So H. Weber-Grellet, NJW 2001, S. 3657 (3658). 399 Ebenda; auch E. Franßen, in: K. Lüder (Hrsg.), Öffentliche Verwaltung der Zukunft, S. 32 f. 400 Zu den Schwierigkeiten einer gerechten Verteilung öffentlicher Güter instruktiv W. Berg, Der Staat 15 (1976), S. 1 (29), mit Vorschlägen für detaillierte Verteilungsmaßstäbe. 401 Vgl. W. Berg, WiVerw. 2000, S. 141 (149); ähnlich zum Rechtsschutz E.-H. Ritter, NJW 2001, S. 3440 (3447 f.).

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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antwortung402, weil er die erforderlichen Rahmenbedingungen zu gewährleisten hat. Soweit ihm in den vergangenen Jahrzehnten in immer zahlreicheren Lebensbereichen gar eine Erfüllungsverantwortung auferlegt worden war, zeichnet sich allmählich ein Umdenken ab. Daß diese Konsequenz noch nicht überall gezogen wird, zeigt eine Diskussion über die Deregulierung des Bauordnungsrechts im Freistaat Bayern: Die Freistellung kleinerer privater Bauvorhaben vom Genehmigungserfordernis führt dazu, daß ein möglicherweise rechtlich betroffener Nachbar nicht mehr gegen eine – nicht mehr erforderliche – Baugenehmigung der Behörde auf dem Verwaltungsrechtsweg vorgehen kann, sondern nur noch direkt gegen den Bauherrn auf dem Zivilrechtsweg. Wegen des damit verbundenen Kosten- und Haftungsrisikos versuchen vereinzelte Stimmen in der Literatur, diese scheinbare Schwächung der nachbarlichen Rechtsposition infolge des Wegfalls präventiver Kontrolle durch eine Forderung nach einem Mehr an repressiver Überwachung aufzufangen403! Gewiß, jede Aufgabe, die der Staat neu übernehmen oder künftig aufgeben soll, bedarf einer Rechtfertigung durch eine sorgfältige Aufgabenkritik. Doch hat die Politik eine Grundentscheidung hin zu mehr Eigenverantwortung des Bürgers getroffen, um eine jahrelang teils heftig kritisierte „Gängelung“ des mündigen Bürgers zu beseitigen, sollte dies begrüßt und nicht über Umwege konterkariert werden. Die Entwicklungslinie des modernen Staates weist gerade in der Bundesrepublik Deutschland nicht in erster Linie Brüche mit früheren Staatsaufgaben auf, sondern zeichnet sich eher durch eine Verlagerung der Aufgabenschwerpunkte aus. Auch der moderne Staat ist noch obrigkeitlich agierender Staat, wenn er zur Gefahrenabwehr Maßnahmen ergreift und in subjektive Rechtspositionen eingreift. Doch mit der rasanten Zunahme der Staatsaufgaben ging ein Wandel der staatlichen Instrumentarien einher. Ist für die Ordnungs- und Eingriffsverwaltung noch die konditionale Programmierung durch Gesetze nach dem Wenn-dann-Schema kennzeichnend, so bedarf der planende und lenkende Sozialstaat im Handlungsablauf offener Zweckprogramme entsprechend einem Zweck-Mittel-Schema 404. Die Instrumentarien der Verwaltung sind nicht mehr ausschließlich direkt, hierarchisch und autoritativ, sondern immer häufiger indirekt, kooperativ und diskursiv405. Die Verwaltung nutzt zunehmend die Möglichkeiten informellen Verwaltungshandelns406. 402 Dazu U. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), S. 235 (251); M. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), S. 160 (172); W. Weiß, DVBl. 2002, S. 1167 (1173) m. w. N. 403 Dies fordert M. Martini, DVBl. 2001, S. 1488 (1492), in Verkennung der Belange der Verwaltungspraxis: Eine Repression stößt auf größere Akzeptanzprobleme in der Öffentlichkeit als eine Prävention. Oft genug kann ein nachträgliches behördliches Einschreiten vollendete Tatsachen nicht mehr beseitigen. Daher ist nur die Prävention durch eine zivilrechtliche Nachbarklage unter Eingehung der damit verbundenen Kosten- und Haftungsrisiken sinnvoll. Gegen die vorgenannte Forderung überzeugend E. Schmidt-Aßmann, VBlBW 2000, S. 45 (50). 404 Dies betont R. Voigt, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 20. 405 Vgl. H. Weber-Grellet, NJW 2001, S. 3657 (3658); auch G. F. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 130 f.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Dieser Überblick hat gezeigt, wie stark sich die Staatsfunktionen gewandelt haben und wie heftig in einzelnen Punkten darum gerungen wird, den theoretisch leicht zu fordernden Rückbau des sozialen Rechtsstaates praktisch zu realisieren. Allzu oft wird nur der Verlust lieb gewonnener Rechte und vermeintlicher „Besitzstände“ gesehen, statt des Gewinns an Freiheit und Eigenverantwortung.

b) Die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung Die Erfüllung der Staatsaufgaben wird unter zwei Einflüssen als gefährdet angesehen. Es handelt sich erstens um die Verrechtlichung nahezu aller Lebensbereiche mit der Folge einer Normenflut, bei der jede einzelne Norm Geltung und administrative Durchsetzung beansprucht. Zweitens tritt die Finanznot der öffentlichen Hand immer prekärer hervor, sie führt zu einer erheblichen Einschränkung staatlicher Handlungsmöglichkeiten407. Beide Einflüsse verengen den behördlichen Handlungsspielraum rechtlich und faktisch, denn je dichter die Verwaltungsbeziehungen werden, umso mehr Interessengegensätze erwachsen zu Rechtsstreitigkeiten, so daß der Gesetzesflut die Prozeßflut folgt408. Zugleich belastet dieses Aufgabenwachstum die öffentlichen Haushalte. Daher sollen die Auswirkungen von Verrechtlichung und Finanznot auf die behördliche Prozeßvertretung dargestellt und auf den Zusammenhang mit einer umfassenderen Erstattungsregelung des behördlichen Prozeßaufwands hin untersucht werden. aa) Die Verrechtlichung Als „Verrechtlichung“ wird eine Entwicklung des modernen Sozialstaats bezeichnet, die sich in einer immer weitergehenden Durchdringung der Lebenswelt mit den Steuerungsmitteln des Rechts zeigt. Sie hat eine quantitative und eine qualitative Dimension und resultiert aus dem enormen Zuwachs staatlicher Aufgaben409. Mengenmäßig zeigt sie sich in der Gesetzesflut, die sich über die Verwaltung ergießt410; inhaltlich in der fortschreitenden Ausdifferenzierung von Tatbe-

406 Dazu H. Bauer, Die Verw. 25 (1992), S. 301 (305, 313); auch H. P. Bull, Staatsaufgaben, S. 423; M. Fehling, Verwaltung zwischen Unparteilichkeit und Gestaltungsaufgabe, S. 75 f.; H. Weber-Grellet, NJW 2001, S. 3657 (3658). 407 Zum Dilemma der Verwaltung zwischen Verrechtlichung und Finanznot siehe instruktiv U. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), S. 235 (240); F. Kirchhof, DVBl. 2002, S. 1569 (1571). 408 Vgl. R. Grawert, DVBl. 1983, S. 973 (977); ähnlich D. Lorenz, VwGO, § 5, Rn. 8; auch J. Schmidt, BayVBl. 1979, S. 585 (589); P. Stelkens, NVwZ 2000, S. 155 (157). 409 Vgl. W. Berg, Die Verw. 21 (1988), S. 319; R. Grawert, DVBl. 1983, S. 973 (977); R. Voigt, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 18 f. 410 Zur quantitativen Verrechtlichung P. Hanau, FS Deutsch, S. 959; U. Karpen, ZRP 2002, S. 443 (444); K. König / N. Füchtner (Hrsg.), Schlanker Staat, S. 5; P. Schaad, DÖV 2000, S. 22 (24); R. Voigt, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 16.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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ständen und Rechtsfolgen411. Die Ursachen für diese Verrechtlichung werden zum einen in einer Verarmung der gesellschaftlichen Binnensteuerung gesehen, in der Religion, Moral und Konvention ihre steuernde Kraft verloren haben und das Recht als letztes Mittel gesellschaftlicher Wertsetzung und Steuerung übrigbleibt412. Zum anderen bedarf ein ausgebauter Sozialstaat einer stärkeren Steuerung als frühere Staatsmodelle413, wodurch die Anspruchsmentalität der Bürger gefördert wird. Der Gesetzgeber kann relativ leicht auf Druck unterschiedlicher Lobbyarbeit gesetzliche Ansprüche begründen, ohne sich Gedanken um die dadurch bedingte Mehrbelastung von Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit machen zu müssen. Es ist jedoch um so schwerer, solche Ansprüche wieder zu beseitigen414. Zugleich neigt die Legislative dazu, die Zielsetzungen von Verwaltungsentscheidungen zwar zu normieren, die Klärung der dahinter liegenden Interessengegensätze einschließlich der Kompromißfindung aber auf die Exekutive zu verlagern415. Je mehr Interessenkonflikten der Gesetzgeber ausweicht, desto häufiger treffen diese die Verwaltung, die ihnen nicht ausweichen kann und darf. Besonders protestanfällig sind Planfeststellungsentscheidungen und Betriebsgenehmigungen, bei denen die Verwaltung einen Gestaltungsspielraum hat416. Daraus resultiert für die Verwaltung ein Zuwachs an gerichtlichen Verfahren, denen sie sich stellen muß. Die Verwaltung kann sich den Aufgaben, die ihr die Legislative zuweist, nicht entziehen. Sie kann der Mehrbelastung nur durch eine Steigerung ihrer sekundären Effizienzen begegnen, um richtiger zu entscheiden, eine höhere Akzeptanz zu erzielen und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden417. Hier könnte eine großzügigere Erstattung behördlichen Prozeßaufwands flankierend helfen. Unter dem Einfluß des „Neuen Steuerungsmodells“, einer Budgetierung und einer wirkungsvollen Kosten- / Leistungsrechnung ist eine Behörde gezwungen, Aufwand besonders zu rechtfertigen. Sie wird dazu tendieren, ihre Aufgaben möglichst reibungslos zu erfüllen, d. h. Konflikte soweit möglich schon im Verwaltungsverfahren zu lösen. Sie wird also konsensualen Lösungen den Vorzug geben vor einseitigen Entscheidungen, die auf Widerspruch stoßen und gerichtlich angefochten würden. Dies könnte zu einer Verringerung der Zahl 411 Zur qualitativen Verrechtlichung P. Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 66; W. G. Leisner, DVBl. 2001, S. 1799 (1807); R. Voigt, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 16. 412 Diese pessimistische Analyse trifft P. Hanau, FS Deutsch, S. 962 und 966. 413 In diesem Sinne W. Berg, Die Verw. 21 (1988), S. 319; R. Grawert, DVBl. 1983, S. 973 (977); J. Schmidt, BayVBl. 1979, S. 585 (589); R. Voigt, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 18 und 109. Die begrenzte Steuerungsfähigkeit des materiellen Rechts betont M. Fehling, Verwaltung zwischen Unparteilichkeit und Gestaltungsaufgabe, S. 73 f. 414 So P. Stelkens, NVwZ 2000, S. 155 (157). 415 Dazu Th. Würtenberger, NJW 1991, S. 257 (258). 416 Ebenda. E. Schmidt-Aßmann, FS Menger, S. 122, weist darauf hin, daß das gerichtliche Verfahren zur Gewährleistung fortgesetzten Diskurses und politischen Konsenses in Planungsverfahren ungeeignet ist. 417 In diesem Sinne W. Berg / R. Dragunski, JZ 1998, S. 774 (780).

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

gerichtlich ausgefochtener Streitigkeiten und des damit verbundenen prozeßbedingten Aufwands führen. Auf der anderen Seite würde eine Erstattungsfähigkeit behördlichen Prozeßaufwands das Kostenrisiko für etwaige Prozeßgegner erhöhen; unmittelbar über Erstattungsansprüche im Fall eines prozessualen Unterliegens, mittelbar über höhere Beiträge zu Rechtsschutzversicherungen. Damit würde auf den Bürger Druck ausgeübt, in eher aussichtslosen Konstellationen entweder eine konsensuale Lösung mit der Behörde im Verwaltungsverfahren zu suchen oder deren einseitige Entscheidung zu akzeptieren und auf die Einleitung verwaltungsgerichtlicher Verfahren zu verzichten. Der Schwerpunkt des Ausgleichs von Interessengegensätzen würde so weg von den Verwaltungsgerichten zurück in die Verwaltungsverfahren verlagert. Das gerichtliche Verfahren erschiene dem Bürger nicht mehr als eine Art „Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens mit anderen Mitteln“, sondern als Ultima ratio. Es wäre für die Verwaltung ein wichtiger Schritt, um der zunehmenden Verrechtlichung entgegenzuwirken. Die Verwaltung ist zwar außerstande, die gesetzgeberischen Mängel bei der Abschätzung von Gesetzesfolgen418 oder der Formulierung von Gesetzestexten419 zu kompensieren, aber sie könnte zumindest auf der Ebene sekundärer Effizienz wieder ihre zentrale Aufgabe des Interessenausgleichs im Einzelfall wirkungsvoller wahrnehmen. Sie würde fall- und kostenmäßig von überflüssigen und vermeidbaren Gerichtsverfahren entlastet und könnte sich mehr auf die bedeutsamen oder rechtlich problematischen Fälle konzentrieren. bb) Die Finanznot Die Finanznot der öffentlichen Haushalte420, das Auseinanderklaffen von theoretischen Leistungspflichten und tatsächlich verfügbaren Finanzmitteln hierfür, wird allseits beklagt. Die Gründe für eine Staatsquote nahe 50 %421 liegen im Ausbau des Staates und seiner Aktivitäten zur Erfüllung der Leistungsansprüche seiner Bürger422. Die möglichen Gegenmaßnahmen können sich nicht auf eine – leider schon als traditionelle Sparmaßnahme zu bezeichnende – lineare Ausgabenkürzung beschränken, sondern müssen mit einer schonungslosen Aufgabenkritik beginnen423. Diese muß über eine Prüfung sekundärer Effizienzen zur Art und Weise

Dazu W. G. Leisner, DVBl. 2001, S. 1799 (1803 f.). Anschaulich ebenda, S. 1807; U. Karpen, ZRP 2002, S. 443 (444). 420 Vgl. W. Berg, WiVerw. 2000, S. 141; U. Di Fabio, VVDStRL 56 (1997), S. 235 (239); F. Kirchhof, DVBl. 2002, S. 1569 ff.; W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 56 (1997), S. 291 (293); KGSt, Bericht Nr. 5 / 1993, S. 7. 421 Diese Zahl nennen K. König / N. Füchtner (Hrsg.), Schlanker Staat, S. 5. 422 Auf eine daraus resultierende Krise des Wohlfahrtsstaates weisen K. König, VerwArch. 88 (1997), S. 545 (563); ders. / N. Füchtner (Hrsg.), Schlanker Staat, S. 5, hin. 423 Den Vorrang einer Aufgabenkritik betonen K. König, VerwArch. 86 (1995), S. 1 (15); ders., VerwArch. 88 (1997), S. 545 (563); W. Hoffmann-Riem, VVDStRL 56 (1997), S. 291 (293); R. Pitschas, ZRP 1998, S. 96 (97); R. Scholz, FS Brohm, S. 742, 746 f. 418 419

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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der Aufgabenerfüllung in die Entscheidung münden, wie die Aufgabe finanziert werden soll. Erst muß also das „Ob“ der Aufgabenerfüllung geklärt sein, dann das „Wie“ und schließlich die Finanzierung. Diese Reihenfolge scheint bei jüngeren Gesetzesvorhaben nicht immer eingehalten zu werden. Im Bereich der behördlichen Prozeßvertretung ist der Verwaltung eine Aufgabenkritik wegen der strengen Vorgabe des Art. 19 Abs. 4 GG verwehrt424. Sie kann jedoch in gewissen Grenzen über die Art und Weise der Aufgabenerfüllung entscheiden, z. B. über eine Eigen- oder eine Fremdvertretung. Die Entscheidung über die Finanzierung steht ihr wiederum nicht zu, weil sie zur Schaffung von Einnahmetatbeständen nicht berufen ist. Dies ist Sache des Gesetzgebers425. Mit der Schaffung einer großzügigeren Erstattungsregelung könnte die Finanznot konstruktiv genutzt werden. Zum einen entfiele für den Rechtsträger der Behörde ein Anreiz, die Prozesse durch externe Vertreter führen zu lassen, um im Fall eines Obsiegens deren Vergütung in vollem Umfang erstattet zu erhalten und eigene Verluste an Personalaufwand zu vermeiden. Zum anderen würden die öffentlichen Haushalte von den Personalkosten entlastet, deren Erstattung ihnen die h. M. im Fall ihres Obsiegens in – selbst aus Sicht des klagenden Bürgers – von vornherein aussichtslosen Prozessen verweigert. Weiter würde eine (teilweise) Gebührenfinanzierung des Personalaufwands zwar nicht die Staatsquote, aber doch die allgemeine Steuerlast verringern426. Schließlich könnte der Verwaltungsaufwand dadurch reduziert werden, daß die aufwandsbelastete Stelle die Gebühren vereinnahmt und die bei einer Steuerfinanzierung zusätzlich anfallenden allgemeinen Verwaltungskosten (Aufwand der Finanzverwaltung für Erhebung und Umverteilung der Steuereinnahmen) entfielen. Zusammengefaßt würde eine großzügigere Erstattungsfähigkeit behördlichen Prozeßaufwands zwar nicht die Ursachen von Verrechtlichung und Finanznot beseitigen, aber die nachteiligen Folgen für die Verwaltung lindern helfen. Dies spricht eindeutig für die Einführung der geforderten Erstattungsregelung.

2. Die Funktionsfähigkeit der Verwaltungsgerichte Neben der Funktionsfähigkeit der Verwaltung wird auch die Funktionsfähigkeit der Verwaltungsgerichte angesichts der Prozeßflut427 als gefährdet angesehen. DaDazu oben § 3 B. I. Als Beispiel sei nur die Einführung des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO durch Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3987 (3989), genannt. 426 Zum psychologischen Aspekt der Steuerlast siehe C. Gramm, Der Staat 36 (1997), S. 267 (268). 427 Auf die Prozeßflut weisen R. Pitschas, ZRP 1998, S. 96 (99), und P. Stelkens, NVwZ 2000, S. 155, sowie D. Merten / M. Jung, in: R. Pitschas, Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 36 und 50, hin. 424 425

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

her sind nun die wesentlichen Funktionen der Verwaltungsgerichtsbarkeit, ihre Funktionsfähigkeit und die Auswirkungen der vorgeschlagenen Erstattungsregelung zu diskutieren.

a) Die Funktionen der Verwaltungsgerichtsbarkeit Mit der Grundentscheidung des Art. 19 Abs. 4 GG für den Individualrechtsschutz liegen die Hauptfunktionen der Verwaltungsgerichtsbarkeit im individuellen Rechtsschutz zugunsten des Bürgers als erstrangiger Aufgabe428 und in der Wahrung der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns als weiterer Aufgabe429. Für die Verwaltungsgerichtsbarkeit haben sich durch die Entwicklung der Menschenrechte, die Verfeinerung und Intensivierung des Systems staatlicher Interventionen, den Ausbau des Sozialstaates und das gewandelte Verhältnis des Bürgers zu Staat und Verwaltung neue Anforderungen ergeben430. Speziell in Bereichen, in denen Verwaltungsentscheidungen auf Akzeptanzschwierigkeiten stoßen, verlagern sich die im Gesetzgebungsverfahren ungelösten Konflikte aus dem Verwaltungsverfahren in das Verwaltungsgerichtsverfahren, das jedoch von Struktur und Gestaltung her nicht für Diskurs und Konsens in offenen, insbesondere planerischen Fragen geeignet ist431. Hier stößt das verwaltungsgerichtliche Verfahren an seine Grenzen; die langfristige Verschiebung der Gewichte zwischen den Staatsgewalten durch die Ausdehnung des Individualrechtsschutzes einerseits und die Intensivierung des gerichtlichen Kontrollauftrags andererseits432 wird mit ihren Nachteilen433 sichtbar.

428 So W. Berg, FS Menger, S. 542; auch M. Fehling, Verwaltung zwischen Unparteilichkeit und Gestaltungsaufgabe, S. 47; P. Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, S. 67; C. D. Hermanns, Einheit der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 26; K.-M. Ortloff, NVwZ 1995, S. 28; J. Pietzcker, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 102; E. Schmidt-Aßmann, FS Menger, S. 109; ders., in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 1; H. Schulze-Fielitz, in: E. SchmidtAßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 318. E. Hien, DVBl. 2003, S. 443 (445), appelliert an die Richterschaft, sich dieses Primats bewußt zu sein und den exekutiven Gestaltungsauftrag nicht durch „ungefragte, unbeschränkte und unsensible Fehlersuche“ zu beschneiden. 429 Zur objektiven Rechtskontrolle W. Berg, FS Menger, S. 542; C. D. Hermanns, Einheit der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 26 f.; B. Kramer, NJW 2001, S. 3449 (3451); U. Penski, in: R. Voigt (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 242 f.; J. Schmidt, BayVBl. 1979, S. 585 (589); E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 165; R. Voigt, in: ders. (Hrsg.), Verrechtlichung, S. 18. 430 Vgl. F. O. Kopp, FS Klecatsky, S. 110; auch D. Lorenz, FS Menger, S. 158 m. w. N.; E. Schmidt-Aßmann, VBlBW 2000, S. 45 (46). 431 So E. Schmidt-Aßmann, FS Menger, S. 122. 432 Dazu E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 174. 433 Kritisch zu den behördlichen Vollzugslasten, welche die Verwaltungsgerichte mit ihrer Rechtsprechung verursachen, E. Franßen, in: K. Lüder (Hrsg.), Öffentliche Verwaltung der

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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b) Die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit Die Verwaltungsgerichtsbarkeit sieht sich im Grunde denselben Gefährdungen ihrer Funktionsfähigkeit ausgesetzt wie die Verwaltung. Es handelt sich ebenfalls um die Folgen der Verrechtlichung des sozialen Lebens und der Finanznot der öffentlichen Hand. aa) Die Verrechtlichung Die Komplexität der Sozialbeziehungen, der Ausbau staatlicher Aufgaben, die Angewiesenheit des Einzelnen auf Verwaltungsleistungen und die Verteilungsprobleme knapper öffentlicher Güter verdichten die Verwaltungsbeziehungen und führen über die Normierung weiterer Lebensbereiche zur Zunahme der Verteilungskämpfe vor den Verwaltungsgerichten434. Die Eingangszahlen der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind nach wie vor beeindruckend hoch. Im Freistaat Bayern betrugen die Neuzugänge 1998 10.773 Verfahren (ohne Asylstreitigkeiten)435, nachdem sie von 1992 bis 1996 sogar um die Marke von 17.000 Verfahren436 geschwankt hatten. Bundesweit betrugen die Neuzugänge leicht rückläufig 1998 201.543 Verfahren (einschließlich Asylverfahren), nachdem sie 1996 sogar noch 228.550 Verfahren betragen hatten437. In der Gesamtschau handelt es sich um eine langfristige Zunahme der Verwaltungsgerichtsverfahren 438, auch wenn eine vorübergehende Entlastung der Verwaltungsgerichte durch die Verschärfung des Asylrechts und den Ausbau ihrer Kapazitäten erreicht werden konnte. Die langfristig festzustellende Prozeßflut traf und trifft die Verwaltungsgerichtsbarkeit und gefährdet ihr praktisches Funktionieren, denn ein effektiver Rechtsschutz setzt zügige Entscheidungen voraus439, dem tatsächliche Bearbeitungszeiten von vier Jahren440 sicher nicht mehr entsprechen. Als Mängel des Verwaltungsprozesses werden eine überlange Prozeßdauer, ein relativ starres Kostensystem, ein weitgehend formalisiertes und schwerfällig erZukunft, S. 39. Die „Perfektionierung eines justiziellen Rechtsstaates“ beklagt M. Bullinger, FS Brohm, S. 26. 434 Vgl. allgemein zum Zusammenhang zwischen Verrechtlichung und Inanspruchnahme der Verwaltungsgerichte R. Grawert, DVBl. 1983, S. 973 (977); R. Pitschas, ZRP 1998, S. 96 (103); J. Schmidt, BayVBl. 1979, S. 585 (589); E. Schmidt-Aßmann, VBlBW 2000, S. 45 (50) m. w. N.; P. Stelkens, NVwZ 2000, S. 155 (157); Th. Würtenberger, FS Brohm, S. 633. 435 Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Jahrb. 2001, S. 121. 436 Vgl. K. W. Lotz, BayVBl. 1997, S. 1 (3). 437 Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistisches Jahrb. 2000, S. 350. Die rückläufige Zahl der Asylbewerber dürfte mittelbar der Grund für den Rückgang der Streitigkeiten sein. 438 Zu dieser zutreffenden Einschätzung gelangt P. Stelkens, NVwZ 2000, S. 155. 439 Das Bundesverfassungsgericht verlangt die Klärung strittiger Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit, z. B. BVerfGE 88, 118 (124). Vgl. dazu P. M. Huber, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / C. Starck, GG, Art. 19, Rn. 492; J. Meyer-Ladewig, NJW 2001, S. 2679. 440 Diese Zahl nennen F. Lausnicker / T. Schwirtzek, NJW 2001, S. 1969 (1972).

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

scheinendes Verfahren sowie eine dem Konfrontationsschema folgende bipolare Konstellation der Prozeßbeteiligten genannt441 sowie erhebliche Defizite in der Sachausstattung der Gerichte442. Als Gegenmaßnahmen werden sowohl prozessuale als auch organisatorische Reformen angemahnt. Die prozessualen Mittel sind Zugangshürden zu den Gerichten 2. und 3. Instanz, wie sie in rasch aufeinander folgenden Novellen der Verwaltungsgerichtsordnung mit wechselndem Erfolg erprobt wurden443. Die organisatorischen Mittel werden in der Umsetzung des „Neuen Steuerungsmodells“ bei den Gerichten gesucht444. Weil es jedoch an einer grundlegenden Ursachenanalyse dieser Fehlentwicklungen fehlt445, kurieren diese Maßnahmen nur an den Symptomen, statt die überbordende Verrechtlichung als Grundübel anzugehen. Gerade Gesetzesänderungen können mit ungenügend durchdachten, wissenschaftlich noch nicht durchdrungenen oder ungenau an den verbleibenden Normenbestand angepaßten Regelungen eher kontraproduktiv wirken. Selbst ein verbesserter behördlicher Erstattungsanspruch könnte die Ursache nicht beseitigen. Aber er könnte flankierend wirken, indem er die Gerichte indirekt von aussichtslosen Bagatellstreitigkeiten entlastet. Verschiedene Ansätze, die Gerichte von Bagatellen zu entlasten, scheiterten bisher an der Bestimmung dessen, was als Bagatelle zu gelten hat446. Bei verwaltungsgerichtlichen Verfahren verbietet die herausragende Bedeutung der in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Rechtsschutzgarantie, eine objektive Bestimmung durch wertmäßige (Eingangsmindeststreitwert) oder inhaltliche Zugangshindernisse (Ausschluß bestimmter Streitigkeiten) zu treffen. Vielmehr muß dem einzelnen Bürger die Entscheidung überlassen bleiben, ob er sein vermeintliches Recht gerichtlich durchsetzen will. Genau bei dieser quasi subjektiven Bestimmung dessen, was nicht streitwürdig ist, könnte eine Erstattungsregelung ansetzen. Sie würde das Kostenrisiko in aussichtslosen Fällen teilweise auf den potentiellen Kläger verlagern und die Gerichte indirekt entlasten447. Auf diese Weise könnte die hier vorgeschlagene Erstattungsregelung selbst im Bereich der durch die Verrechtlichung verursachten Prozeßflut einen Beitrag zur Effektivierung des gerichtlichen Rechtsschutzes leisten. 441 Vgl. E.-H. Ritter, NJW 2001, S. 3440 (3443); allgemeiner G. W. Mackenroth / H. Teetzmann, ZRP 2002, S. 337 (338): „partiell schwere Mängel für die Rechtssuchenden“. 442 Vgl. G. W. Mackenroth / H. Teetzmann, ZRP 2002, S. 337 (338 f.). 443 Zu diesen Novellen K. W. Lotz, BayVBl. 1997, S. 1 (6); R. Pitschas, ZRP 1998, S. 96 (99); B. Stüer / C. D. Hermanns, BayVBl. 2001, S. 385 ff. 444 In diese Richtung E.-H. Ritter, NJW 2001, S. 3440 (3447). Vorsichtig zur Einführung des „Neuen Steuerungsmodells“ in der Justiz U. Freudenberg, ZRP 2002, S. 79 ff.; B. Kramer, NJW 2001, S. 3449 (3450 ff.). G. W. Mackenroth / H. Teetzmann, ZRP 2002, S. 337 (339 f.) befürworten eine größere Selbstverwaltung der Justiz. 445 Kritisch P. Stelkens, NVwZ 1995, S. 325 (334). 446 Vgl. M. Krugmann, ZRP 2001, S. 306 (307). 447 Daß eine Kostenerstattung die Gerichte zu entlasten vermag, ist bekannt, vgl. N. Dethloff, NJW 2000, S. 2225 (2230). Zur ungewollten Anreizwirkung niedriger Gerichtskosten und den Möglichkeiten ihrer Anhebung D. Merten / M. Jung, in: R. Pitschas, Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 51 m. w. N.; M. Dolderer, FS Brohm, S. 255.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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bb) Die Finanznot Das Gebot effektiven Rechtsschutzes verpflichtet den Haushaltsgesetzgeber, die Gerichte so auszustatten, daß sie ihren Aufgaben in personeller und sachlicher Hinsicht gerecht werden können448. Die praktische Ausgestaltung stößt auf Umsetzungsprobleme, weil keine exakten Werte angegeben werden können, ab welcher durchschnittlichen Verfahrensdauer ein Gericht offensichtlich ungenügend ausgestattet ist und das Rechtsschutzgebot verletzt ist. Der Gesetzgeber befindet sich hier in einem Zielkonflikt zwischen der Rechtsschutzgarantie und dem Finanzierungsvorbehalt449. Die hier vorgeschlagene Ausgestaltung des prozessualen Kostenerstattungsanspruch kann auf die Finanzlage der Gerichte keine unmittelbare Auswirkung haben, weil die vereinnahmten Finanzmittel den aufwandsbelasteten Rechtsträgern der Behörden zukommen sollen und nicht denen der Verwaltungsgerichte. Mittelbar werden die Gerichte allerdings dadurch entlastet, daß der Haushaltsgesetzgeber die Zuschüsse aus allgemeinen Steuermitteln zur Finanzierung des behördlichen Prozeßaufwands kürzen kann. Er kann seine Deckungszuschüsse in Höhe der erzielten Erstattungen verringern und die frei werdenden Finanzmittel entweder zur Entlastung der Steuerzahler oder zu anderen Haushaltszwecken verwenden und beispielsweise in eine bessere Ausstattung der Gerichte investieren.

3. Zwischenergebnis Es hat sich gezeigt, daß die Verrechtlichung und die Finanznot in erster Linie Auswirkungen auf die Verwaltung, daneben auch auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit haben. Der hier vertretene Reformansatz des behördlichen Kostenerstattungsanspruchs würde das Kostenrisiko des prozeßführenden Bürgers in aussichtslosen Verfahren erhöhen und Verwaltung und Gerichte vor solchen Verfahren besser schützen. Er kann so einen deutlichen Beitrag zur Entlastung der Verwaltung und der Verwaltungsgerichte leisten. Eine günstige Nebenwirkung wird mit der Entlastung des allgemeinen Haushalts eintreten, der entweder eine Steuerentlastung der Bürger oder ein größerer Investitionsspielraum jeweils in der Höhe der erzielten Einnahmen folgt.

448 So P. M. Huber, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / C. Starck, GG, Art. 19, Rn. 491; auch M. Krugmann, ZRP 2001, S. 306; E. Schmidt-Jortzig, NJW 1994, S. 2569 (2573); Th. Würtenberger, FS Brohm, S. 636. Nach H. Sodan, NJW 2003, S. 1494 m. w. N., fehlen bundesweit insgesamt 4.000 Richter und Staatsanwälte und oft fehle es an der notwendigsten Sachausstattung (ebenda, S. 1496 m. w. N.). 449 Vgl. M. Krugmann, ZRP 2001, S. 306 (308); auch C. D. Hermanns, Einheit der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 28.

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

II. Die Kostenerstattung als Schritt zu mehr Kostengerechtigkeit Nachdem die Auswirkungen einer – über die restriktive Handhabung der h. M. hinaus – großzügigeren Erstattung behördlichen Prozeßaufwands auf die Funktionsfähigkeit von Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit diskutiert worden sind, soll der Blick nun auf die Ebene der Kostenverteilung zwischen den Prozeßbeteiligten gerichtet werden. Wie bereits dargestellt450, entsteht dem Rechtsträger einer Behörde durch die Vertretung vor den Verwaltungsgerichten ein erheblicher Sach- und Personalaufwand. Gerade im häufigsten Fall einer Klage des Bürgers gegen den Rechtsträger einer Behörde ist sie wegen Art. 19 Abs. 4 GG zur Prozeßvertretung verpflichtet und muß wegen § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO einen hochqualifizierten und entsprechend besoldeten Prozeßvertreter abstellen. Die grundsätzliche Entscheidung des Art. 103 Abs. 1 GG für den besonderen Stellenwert des rechtlichen Gehörs, seine einfachgesetzliche Konkretisierung in §§ 86, 96 Abs. 1, 101, 103 und 104 VwGO speziell für die mündliche Verhandlung und schließlich die Entwicklung hin zur mediativen Verhandlung451 erfordern zwingend die Teilnahme eines Behördenvertreters am Verhandlungstermin. Der behördliche Prozeßaufwand ist also für den Rechtsträger nach Grund und Höhe unausweichlich. Seine Verteilung soll nun näher betrachtet werden.

1. Die Kostenerstattung zwischen den Prozeßbeteiligten Wie die Zivilprozeßordnung folgt auch die Verwaltungsgerichtsordnung dem Unterliegensprinzip. Die Kostengrundentscheidung nach §§ 154 ff. VwGO bürdet den Beteiligten die Kostenlast anteilig nach dem Maß ihres Unterliegens auf. Die Verfahrenskosten stellen eine Größe dar, die abstrakt jeden Beteiligten bis zu 100 % treffen kann. Sie ergeben sich als Summe aus den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten beider Prozeßbeteiligter, wobei letztere jeweils maximal die von einem Rechtsanwalt zu fordernden Gebühren und Auslagen umfassen. Im Zivilprozeß ist dieses Kostenrisiko für beide Parteien gleich groß – beide können oder müssen einen Rechtsanwalt als Prozeßvertreter hinzuziehen – und steht im Gleichgewicht. Im Verwaltungsprozeß hingegen ist das Kostenrisiko nach den von der h. M. befürworteten Maßstäben ungleich verteilt. Indem die überwiegende Zahl der Gerichte von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts verlangt, sich aus Kostenminderungsgründen selbst zu vertreten, und gleichzeitig eine Erstattung des entstehenden Personalaufwands versagt, ist das Kostenrisiko des Rechtsträgers einer Behörde deutlich größer als dasjenige des Bürgers. Im Fall ihres Unterliegens muß die juristische Person des öffentlichen Rechts nach § 162 Dazu oben § 2 B. Vgl. zur Mediation im Verwaltungsprozeß M. Dolderer, FS Maurer, S. 623 f.; D. Lorenz, VwGO, § 5, Rn. 4. 450 451

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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Abs. 1 und 2 VwGO auch den gegnerischen Anwalt bezahlen, im Fall ihres Obsiegens erhält sie nahezu452 keine Erstattung ihres Aufwands. Ob diese ungleiche Verteilung des Kostenrisikos gerechtfertigt ist, muß nun hinterfragt werden.

a) Der Prozeßzweck Die unterschiedliche Behandlung des Kostenrisikos im Zivil- und im Verwaltungsprozeß könnte sich aus den verschiedenen Prozeßzwecken ergeben. Im Verwaltungsprozeß wird das Ziel einer Klage zwar zunächst in der Wahrung des eigenen Interesses und der subjektiven Rechtsposition des Klägers gesehen453, was ebenso für den Zivilprozeß typisch ist. Doch jeder Klage wird objektiv auch die Wahrung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung als Ziel unterstellt, weil das Urteil des Verwaltungsgerichts zusätzlich das künftige Verhalten der Verwaltung gegenüber anderen Bürgern präge454. Teilweise wird diese Rechtsfortbildung als Rechtfertigung für eine öffentliche Tragung der Gerichtskosten herangezogen, weil der kollektive Prozeßnutzen im Gewinn an Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit liege455. Wird die Unterscheidung in individuellen und kollektiven Prozeßnutzen auf die Frage der außergerichtlichen Kostentragung projiziert, kann eine bloße Bestätigung der Rechtmäßigkeit des Behördenhandelns nicht rechtfertigen, der Behörde ihre gesamten außergerichtlichen Kosten zu überbürden. Im Fall des Unterliegens des Bürgers wird nur bestätigt, daß die Verwaltung ohnehin rechtmäßig gehandelt hat, ein kollektiver Prozeßnutzen dürfte sich dann nur schwerlich begründen lassen. Nur im Fall des Obsiegens des Bürgers muß die Behörde ihre Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen ändern. Selbst wenn sich der Rechtsstreit um bislang ungeklärte Rechtsfragen dreht und den Charakter eines Musterprozesses besitzt, braucht an der Klärung dieser Rechtsfragen kein öffentliches Interesse zu bestehen. Namentlich bei eindeutig formulierten und in dieser Deutlichkeit auch von der Verwaltung so erkannten Vorschriften bedarf die rechtmäßig handelnde Verwaltung keiner Bestätigung von außen. Obsiegt sie im Prozeß, affirmiert die Gerichtsentscheidung nur das ohnehin von der Behörde für Recht Erkannte. Das gilt erst recht in Verfahren, die gehäuft auftreten und in denen eine Klage des Bürgers wegen der in vergleichbaren Fällen bereits gerichtlich umfassend geklärten Rechtsfragen manchmal querulatorischen Charakter hat. Sogar hier legt die h. M. dem Rechtsträger der Behörde ein ungleich höheres Kostenrisiko auf als dem Bürger, ohne daß der Streitfall noch irgendeine Bedeutung für das Verhalten der Behörde gegenüber anderen Bürgern hätte. Daher vermag die behauptete Beispiels§ 162 Abs. 2 S. 3 VwGO fällt hier nicht wesentlich ins Gewicht. Vgl. C. H. Ule, Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 431. 454 Ebenda, S. 432. 455 Th. Würtenberger, FS Brohm, S. 641 f., unterscheidet einen individuellen Prozeßnutzen, bei dessen Überwiegen eher der einzelne Prozeßbeteiligte die Kosten zu tragen habe, und einen kollektiven Prozeßnutzen, für den der Steuerstaat aufzukommen habe. 452 453

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

wirkung einer Gerichtsentscheidung weder in Musterprozessen noch gar in Massenverfahren die ungleiche Verteilung des Kostenrisikos zu Lasten der öffentlichen Hand zu rechtfertigen. b) Das Prinzip der Waffengleichheit Ein anderer Gesichtspunkt, der das unterschiedliche Kostenrisiko rechtfertigen könnte, ist möglicherweise im Prinzip der Waffengleichheit zu finden. Wie bereits untersucht456, besteht im Stadium des Verwaltungsverfahrens keine volle Waffengleichheit zwischen Behörde und Bürger. Im Über-Unterordnungsverhältnis zwischen Behörde und Bürger liegt es im Wesen administrativer Maßnahmen, daß für die Exekutive die Gestaltung der Lebens- und Rechtsverhältnisse im Mittelpunkt steht457 und vor allem zur Gefahrenabwehr Eingriffe in schadenstiftende Abläufe erforderlich werden458. Hierfür hat die Verwaltung ein Mandat inne459 und verfügt über das Recht zur Selbsttitulierung. Sie braucht sich nicht erst einen Titel für ihr Handeln zu erstreiten, so daß der Bürger in die Defensive gedrängt wird und seinerseits verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen muß460. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß die Verwaltung durch Art. 20 Abs. 3 GG an das Gesetz gebunden und dem Gemeinwohl verpflichtet ist461. Dadurch genießt der von einer Verwaltungsmaßnahme betroffene Bürger gegenüber der Behörde von vornherein einen weit stärkeren Schutz als gegenüber einem anderen Bürger, der ihn in ein Klageverfahren zwingen und dadurch sogar vorsätzlich rechtswidrig schädigen462 kann. Der Bürger erlangt im Verwaltungsverfahren gegenüber einem Hoheitsträger ein deutlich höheres Schutzniveau als im Privatrechtsstreit gegenüber einem anderen Bürger. Treten im Verwaltungsprozeß noch dessen besondere Institute zusätzlich dem Bürger zur Seite, gleichen sich die Rechtspositionen von Behörde und Bürger vor Gericht derart an, daß von einer Waffengleichheit jedenfalls für die Phase des Verwaltungsprozesses gesprochen werden kann463. Eine vermeintliche Waffenungleichheit als Grund für das unterschiedliche Kostenrisiko ist also nicht gegeben. Dazu oben § 4 A. I. 4. Vgl. W. Berg, Die Verw. 9 (1976), S. 161 (167). 458 Vgl. W. Berg, Die Verw. 33 (2000), S. 139 (142). 459 In diesem Sinne M. Schmidt-Preuß, VVDStRL 56 (1997), S. 160 (181). 460 Dazu Th. Falk, § 173 VwGO, S. 82; P. J. Tettinger, Fairneß und Waffengleichheit, S. 45. 461 Vgl. S. Auer, § 173 VwGO, S. 49; Th. Falk, § 173 VwGO, S. 82. 462 Diesen Unterschied zur Behörde betont S. Auer, § 173 VwGO, S. 49. Die Sanktionen für ein vorsätzlich rechtwidriges Handeln treffen den Bürger je nach Lage des Falles zivilrechtlich und sogar strafrechtlich. Im Wettbewerbsrecht können unbegründete Abmahnungen und Anträge auf einstweilige Anordnung bei Gericht einen Konkurrenten erheblich schädigen. Der Rechtsschutz in der Hauptsache mag dann oft zu spät kommen und den Imageverlust nicht mehr ausgleichen. 463 Dazu oben § 4 A. I. 4. m. w. N. 464 BVerfGE 74, 78 (94). 456 457

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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Im übrigen hat das Bundesverfassungsgericht für das Kostenrecht einen einseitigen Anwaltszwang als ungleiche Kostenbelastung eingestuft, aber andererseits aus Gleichheitsgebot und Rechtsstaatsprinzip das Ziel abgeleitet, für alle Verfahrensbeteiligten eine vergleichbare Kostensituation zu schaffen und das Risiko am Verfahrensausgang gleichmäßig zu verteilen464. Im Verwaltungsprozeß besteht für den Bürger jedoch in Verfahren 1. Instanz nach § 67 Abs. 1 S. 1 VwGO kein Anwaltszwang. Er kann einen Anwalt nach § 67 Abs. 2 VwGO zuziehen, muß aber nicht. Zieht er einen Anwalt zu, ist sein gesamtes Kostenrisiko nach der von der h. M. vertretenen Auffassung deutlich niedriger als das der Verwaltung. Diese Ungleichheit findet jedoch im Gesetz keine Stütze. Schließlich sprechen keine weiteren rechtstechnischen Gründe dafür, eine strukturelle Waffenungleichheit – ihr Vorhandensein entgegen der hier vertretenen Auffassung unterstellt – nicht schon im Verfahren, sondern erst nach dessen Abschluß in der gerichtlichen Nebenentscheidung zur Kostenlast zu korrigieren. Der prozessualen Stellung des Bürgers weitaus zuträglicher wäre eine Auslegung des Prozeßrechts im Sinne einer Waffengleichheit schon im Prozeß selbst. Bei Fragen der Beweis- und Darlegungslasten entscheidet sich das Schicksal des materiellen Anspruchs des Bürgers, nicht erst bei der Kostenlast! Obsiegt er in der Sache, ist ihm die Kostenlast des Rechtsträgers der Behörde gleichgültig. Unterliegt er in der Sache, hilft ihm sein eingeschränktes Kostenrisiko auch nicht mehr. Daher spricht alles dafür, eine aus dem Recht der Verwaltung zur Selbsttitulierung entspringende Waffenungleichheit nicht erst in der Phase der Kostenentscheidung, sondern längst vorher über die einzelnen Verfahrensvorschriften zu korrigieren. Die ungleiche Verteilung des Kostenrisikos jedenfalls kann nicht mit der vermeintlichen Herstellung von Waffengleichheit gerechtfertigt werden. c) Zwischenergebnis Weder die unterschiedlichen Prozeßzwecke im Zivil- und Verwaltungsprozeß noch der Gedanke der Waffengleichheit können die unterschiedliche Verteilung des Kostenrisikos zwischen den Beteiligten eines Verwaltungsprozesses rechtfertigen.

2. Die Kostenverlagerung zwischen den Prozeßbeteiligten und Dritten Die von der h. M. vorgenommene Interpretation des § 162 Abs. 1 VwGO verlagert nicht nur außergerichtliche Kosten contra legem zwischen den Beteiligten, sondern auch zwischen Dritten. Zum einen ist dies die Gesamtheit aller Steuerzahler, die mangels Erstattungsanspruch des Behördenträgers für den Personalaufwand trotz Obsiegens der Behörde in der Sache aufkommen muß, zum anderen sind es Rechtsschutzversicherungen und Prozeßfinanzierer, deren Kostenrisiko in Höhe

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

des – laut h. M. nicht gegebenen – Erstattungsanspruchs verringert wird. Diese Verlagerung könnte ebenfalls gegen Strukturprinzipien der deutschen Rechtsordnung verstoßen und zugunsten der hier vertretenen Interpretation des § 162 Abs. 1 VwGO sprechen.

a) Die Aufwandsverlagerung zwischen dem am Prozeß beteiligten Bürger und dem unbeteiligten Steuerzahler Das Kostenrecht der Verwaltungsgerichtsordnung basiert auf dem Unterliegensprinzip. Wer das Risiko eines Prozesses eingeht, haftet für die entstandenen Kosten als Veranlasser465. Er haftet sowohl dem Staat, der für eine Inanspruchnahme seine Gerichte zur Verfügung gestellt hat, als auch dem obsiegenden Prozeßgegner, der eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein kann. Soweit der Staat seine Leistungen nicht durch die Erhebung von Prozeßgebühren refinanziert, muß er auf Steuermittel zurückgreifen. Nun sollen die verschiedenen Modelle der Kostenhaftung und ihre Folgen für den Steuerzahler dargestellt werden, um den Status quo in diesem Zusammenhang näher betrachten zu können. Im Grunde sind drei Modelle denkbar: Die volle Kostenhaftung des Unterlegenen, eine teilweise Kostenhaftung und eine volle Kostentragung des Staates. aa) Das Modell der vollen Kostenhaftung Im ersten Modell muß der Prozeßverlierer alle Kosten einschließlich des tatsächlichen Aufwands seines Gegners und des Staates tragen. Der Vorteil liegt in der vollen Kostendeckung ohne eine Belastung des Steuerzahlers. Als Nachteil ist das je nach Streitgegenstand exorbitant hohe Kostenrisiko zu nennen, das wohl eine derartige Abschreckungswirkung entfalten könnte, daß nur noch selten Prozesse geführt würden. Weil die Kostenträgerschaft des Staates für die Gerichtskosten gewissermaßen als der Preis für das Verbot der Selbsthilfe angesehen wird466, wäre bei dieser Kostenträgerschaft die Gefahr einer Selbstjustiz der Bürger – auch gegenüber Hoheitsträgern – deutlich erhöht. Daher ist dieses Modell nicht praktikabel und wird für die Bundesrepublik Deutschland als hochentwickeltem Rechtsstaat nicht ernsthaft in Betracht gezogen. bb) Das Modell der vollen Kostenfreiheit Als Gegenentwurf ist ein Modell denkbar, in dem der Staat nicht nur die Gerichte, sondern auch die Rechtsanwälte der Beteiligten finanziert und den Rechts465 Zur Veranlasserhaftung des unterliegenden Prozeßbeteiligten E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 35 ff.; W. Grunsky, Gutachten A zum 51. DJT, S. A 66 f.; M. Lipp, NJW 1992, S. 1913 (1921). 466 Vgl. W. Grunsky, Gutachten A zum 51. DJT, S. A 9.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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schutz quasi zum „Nulltarif“ anbietet. Die Begründung für diese staatliche Leistung kann im Verbot jeder Selbsthilfe gesucht werden. Doch selbst die grundgesetzliche Rechtsschutzgarantie begründet keinen Anspruch auf einen „Nulltarif“467. Der Vorteil dieses Modells liegt in der Vermeidung jeglicher Kostenangst bei den Beteiligten; als Nachteile stehen die immensen, aus Steuermitteln aufzubringenden Kosten gegenüber468. Der Gerechtigkeitswert eines solchen Modells wird bezweifelt469. Obwohl die meisten Bürger zeit ihres Lebens keinen Prozeß führen, wären sie vom Nulltarif nicht nur als potentielle Rechtsschutzsuchende begünstigt, sondern vor allem als Steuerzahler mit der Finanzierung belastet470. Allein die Möglichkeit, kostenlos Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, müßten sie dauerhaft mit einem Teil ihres Steueraufkommens tatsächlich finanzieren. Dem abstrakten Nutzen stünde eine konkrete Belastung gegenüber, die nur schwer vermittelbar wäre. Daher ist ein solches Modell weder finanzierbar noch realisierbar. Die Gefahr einer mißbräuchlichen Inanspruchnahme der Gerichte wäre nicht mehr zu bannen. Justiz und Verwaltung würden durch die zu erwartende Prozeßflut gelähmt. cc) Das Modell der eingeschränkten Kostenhaftung Als Mittelweg kommt daher nur ein Modell in Betracht, das Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten der Beteiligten nachvollziehbar zwischen Steuerzahlern und Prozeßbeteiligten verteilt. So könnte die Tätigkeit der Gerichte als staatliche Leistung kostenlos angeboten werden, wie dies in Frankreich seit 1978 der Fall ist471; die eigenen Aufwendungen können jedem Beteiligten unabhängig vom Prozeßerfolg belassen oder – wie in Großbritannien472 – dem Unterlegenen überbürdet werden. In Deutschland hat sich ein Mischsystem entwickelt, in dem der Staat die Gerichtstätigkeit gegen nicht kostendeckende Gebühren zur Verfügung stellt und die Gerichte in Höhe des Defizits aus Steuermitteln subventioniert473. Für die Aufwendungen der Beteiligten gilt im Verwaltungsprozeß ein abgemildertes Unterliegensprinzip474.

Ebenda, S. A 22. Ebenda, S. A 23 f. 469 Ebenda. 470 Ebenda, S. A 24. 471 Vgl. J.-M. Woehrling, NVwZ 1985, S. 21 (24 m. Fn. 7). 472 Vgl. D. Lorenz, VwGO, § 42, Rn. 1. 473 J. Pietzcker, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 112 m. w. N., gibt den Kostendeckungsgrad mit 68 % für die Zivil- und mit nur 7 % für die Verwaltungsgerichtsbarkeit an. 474 Der Unterlegene muß die außergerichtlichen Kosten des Gegners gemäß § 162 Abs. 2 VwGO nur bis zur Höhe der dessen Rechtsanwalt geschuldeten gesetzlichen Vergütung tragen. 467 468

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Mit dieser Strukturentscheidung hat der Gesetzgeber den Prozeßerfolg als maßgebliches Kriterium der Kostenhaftung eingeführt und verdeutlicht, daß in erster Linie die Beteiligten die Prozeßkosten tragen sollen. Der Staat trägt nur in dem Umfang Kosten, wie er auf die Erhebung kostendeckender Gebühren verzichtet. Entsprechende Regelungen finden sich für die am Gericht entstehenden Aufwendungen im Gerichtskostenrecht, dessen Gebührensätze deutlich zu Lasten der Staatskasse unter den tatsächlichen Kosten bleiben. Sie finden sich ebenso im Recht der Prozeßkostenhilfe gemäß § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO, soweit außergerichtliche Aufwendungen eines Beteiligten der Staatskasse letztlich zur Last fallen können. Außerhalb dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen findet sich allerdings kein Anhaltspunkt für einen Willen des Staates, das Unterliegensprinzip im Verwaltungsprozeß weiter abzumildern, wie es von der h. M. für § 162 Abs. 1 VwGO behauptet wird. Vielmehr zeigt eine Vorschrift wie § 123 ZPO, daß der Gesetzgeber dem obsiegenden Beteiligten eine Kostenerstattung zu Lasten des Unterlegenen nicht verwehren will, selbst wenn letzterer wirtschaftlich kaum leistungsfähig ist. Daher stellt das Unterliegensprinzip mit der damit verbundenen Kostenhaftung ein tragendes Strukturmerkmal des deutschen Kostenrechts dar, von dem abzuweichen im Verwaltungsprozeß kein Grund besteht. Einer Behörde kann auch aus diesem Gesichtspunkt ein Erstattungsanspruch nach § 162 Abs. 1 VwGO nicht verwehrt werden.

b) Die Aufwandsverlagerung zwischen dem am Prozeß beteiligten Bürger und Dritten Änderungen des Kostenrechts treffen eine Gruppe dritter Personen mittelbar. Es handelt sich um Rechtsschutzversicherungen und Prozeßfinanzierer. Diese Unternehmen haben in den vergangenen Jahren in Deutschland einen lukrativen Markt gefunden. Die Zahl der Kunden von Rechtsschutzversicherungen und Prozeßfinanzierern steigt. Diese Entwicklung war bei der Herausbildung der heute h. M. zur Auslegung des § 162 Abs. 1 VwGO noch nicht abzusehen. Sie könnte die hier vertretene Betonung des Unterliegensprinzips im Verwaltungsprozeß wegen der Verschiebung der Kostenrisiken der Beteiligten in Frage stellen. Bei einer Rechtsschutzversicherung trägt der einzelne Beitragszahler einen Teil des Gesamtaufwandes des Versicherers für die laufenden Prozesse anderer Versicherungsnehmer, für welche dieser eine Kostendeckungszusage abgegeben hat. Im Fall des Unterliegens eines Versicherungsnehmers übernimmt der Versicherer die Prozeßkosten einschließlich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs des Gegners. Soweit ein behördlicher Kostenerstattungsanspruch restriktiv gehandhabt wird, entlastet das den Versicherer und mittelbar über die Beitragshöhe auch die Gesamtheit der Versicherten.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen Aufwendungen und ihrer Erstattungsfähigkeit

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Ein Prozeßfinanzierer hingegen nimmt keine laufenden Beiträge ein, sondern erhält einen Anspruch auf Erfolgsbeteiligung am Streitgegenstand als Gegenleistung für die Übernahme sämtlicher Verfahrenskosten auf Seiten des Anspruchsinhabers475. Diese Kostenverlagerung dürfte auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts eher bei allgemeinen Leistungs- denn bei Anfechtungs- oder Verpflichtungsklagen in Betracht kommen, weil nur bei Leistungsansprüchen ein Prozeßerfolg beziffert werden kann. Ein Charakteristikum beider Systeme ist neben der Kostenverlagerung die vorgeschaltete interne Erfolgsprüfung. Beide potentiellen Kostenträger lassen die Erfolgsaussichten des beabsichtigten Prozesses vor Abgabe einer Deckungszusage oder vor Abschluß eines Finanzierungsvertrages prüfen. Jedoch gibt es dabei keine allgemeinverbindlichen Maßstäbe, die mutwillige Prozesse zu verhindern imstande wären476. Steht die Verwaltung einem Prozeßgegner gegenüber, dem ein solcher Kostenträger zur Seite steht, muß sie damit rechnen, daß ihn sein Kostenrisiko nicht von einer gar mutwilligen Prozeßführung abhalten wird. Sein Kostenrisiko erhöht sich durch den Prozeß nicht mehr, weil er dem Versicherer entweder die Versicherungsbeiträge bereits entrichtet oder ihm eine Erfolgsbeteiligung eingeräumt hat und daher keine Nachforderung bei einem Prozeßverlust fürchten muß. Die Gebührenerhebung hat hier nur insofern eine dämpfende Wirkung, als sie die Versicherungsunternehmen und Finanzierer generell entweder zu höheren Beitragsforderungen oder zum Ausschluß solcher Prozeßrisiken aus ihrem Leistungskatalog bewegt. Man mag einwenden, die Situation eines derart abgesicherten und prozeßwilligen Bürgers gleiche der eines Behördenbediensteten, der ja auch nicht auf eigenes Risiko sondern auf Kosten seines Dienstherrn prozessiert. Dem ist jedoch zu entgegnen, daß sich der Bedienstete keines eigenen Anspruchs berühmt, sondern die Rechte seines Dienstherrn bzw. die angenommenen Pflichten des Prozeßgegners durchzusetzen sucht. Zudem unterliegt er gerade im „Neuen Steuerungsmodell“ einer intensiven internen Kostenkontrolle, die eine „Prozeßlust“ praktisch ausschließt477. Daher paßt diese Gleichsetzung nicht. Insgesamt zeigt sich, daß die Optionen einer Rechtsschutzversicherung oder einer Prozeßfinanzierung das Kostenrisiko des prozeßführenden Bürgers minimieren und den „Abschreckungseffekt“ der Kostenlast eliminieren. Eine großzügigere Kostenerstattung zugunsten des Rechtsträgers einer Behörde würde den Bürger nicht von einem Prozeß abhalten, aber die finanziellen Belastungen der öffentlichen Näher zum Ganzen N. Dethloff, NJW 2000, S. 2225 (2226). Zur entsprechenden Prüfung durch Rechtsschutzversicherungen G. Bauer, NJW 2002, S. 1542 (1545). Bei zu strenger Prüfung droht der Versicherung der Verlust des Kunden, so daß eine gewisse Kulanz gegenüber „guten“ Kunden durchaus wahrscheinlich ist. Damit liegt die Objektivität dieser internen Prüfung deutlich unter jener der Gerichte in Prozeßkostenhilfe-Verfahren. 477 Dazu ausführlich oben § 3 B. II. 2. 475 476

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1. Teil: Die Erstattung behördlicher Aufwendungen

Haushalte deutlich verringern. Wenn eine drohende Erstattung einen Prozeß nicht verhindern kann, so mildert sie doch die Folgen für den Rechtsträger der Behörde und damit für die Gesamtheit der Steuerzahler. Dies spricht ebenfalls für die hier vertretene Auslegung des § 162 Abs. 1 VwGO und das vorgeschlagene Modell der Kostenerstattung.

III. Zwischenergebnis Es zeigt sich, daß die von Teilen der h. M. behauptete und so nicht vorgefundene Waffenungleichheit im Verwaltungsprozeß die von ihr vorgenommene Reduzierung des behördlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht rechtfertigt, geschweige denn erfordert. Eine solche Reduzierung widerspricht tragenden Prinzipien des Verwaltungsprozesses, ignoriert insbesondere die prozeßrechtlichen Institute zur Herstellung der prozessualen Waffengleichheit und verlagert den vermeintlichen Ausgleich aus dem Prozeß hinaus in eine bloße Nebenentscheidung ohne Auswirkungen auf die Entscheidung zur Hauptsache. Die Auffassung der h. M. ist angesichts des Wandels in der Prozeßfinanzierung durch die Zunahme an Rechtsschutzversicherungen überholt und belastet in Zeiten hoher Steuerlasten und knapper öffentlicher Finanzmittel die Gesamtheit der Steuerzahler ohne rechtfertigenden Grund. Eine – über die Restriktionen der h. M. hinaus – erweiterte Erstattungsfähigkeit des behördlichen Prozeßaufwands ist zur Sicherung der Funktionsfähigkeit von Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit erforderlich. Beider Funktionsfähigkeit ist durch die Prozeßflut einerseits und die Finanznot der öffentlichen Hand andererseits konkret gefährdet. Eine Kostenhaftung des Bürgers für verlorene Prozesse wird dämpfend auf seine Prozeßlust wirken und dem Verwaltungsverfahren wieder einen höheren Stellenwert zuweisen. Der Bürger wird sich eher der Möglichkeiten einer einvernehmlichen Streitbeilegung bewußt, zu denen die Verwaltung bereits durch das „Neue Steuerungsmodell“ angehalten wird. Eine indirekte Entlastung der Gerichte ist die Folge. Zugleich wird eine gebührenmäßige Erstattungsregelung die Finanzausstattung der prozeßbelasteten Körperschaften verbessern und Zuschüsse aus allgemeinen Steuermitteln mindern helfen. Eine am Prozeßerfolg orientierte Kostenerstattung kann die ungleiche Verteilung des Kostenrisikos zwischen Bürger und Verwaltung ausgleichen und den modernen Entwicklungen im Bereich der Rechtsschutzversicherungen und Prozeßfinanzierungen angemessen begegnen. Das Unterliegensprinzip als maßgeblicher Grundsatz der Kostenhaftung im deutschen Prozeßrecht gewinnt wieder die ihm zustehende Bedeutung. Das hier vorgeschlagene Modell gibt der veranlasserorientierten Kostenhaftung wieder eine gesetzeskonforme und praxisgerechte Gestalt.

Zweiter Teil

Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen Nachdem im ersten Teil dieser Arbeit die Untersuchung der geltenden Rechtslage im Mittelpunkt gestanden hat, soll nun ein Vorschlag zur Anpassung des § 162 VwGO an das veränderte prozessuale Umfeld entwickelt werden. Hierzu bedarf es zunächst der Erarbeitung eines konkreten Modells, anschließend seiner Überprüfung anhand verfassungsrechtlicher und einfachgesetzlicher Maßstäbe. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist der Textvorschlag in einem eigenen Anhang am Schluß dieser Arbeit dargestellt.

§ 5 Die Änderung des § 162 VwGO und der verwaltungsprozessualen Kostenerstattung Entsprechend der bisherigen Argumentation im ersten Teil dieser Arbeit zielt der Änderungsvorschlag auf eine künftige Gebühren- und Auslagenerhebung zugunsten obsiegender Rechtsträger von Behörden. Die erstattungsfähigen Aufwendungen sollen gesetzlich festgelegt werden. Hierzu bedarf es einer Änderung des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO, um eine Verweisung zu einem gesonderten Kostengesetz zu schaffen.

A. Die Änderung des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO als Konsequenz eines gewandelten Verständnisses der verwaltungsprozessualen Kostenerstattung Die bisherige Untersuchung hat gezeigt, daß die von der h. M. vorgenommene restriktive Interpretation des § 162 VwGO nicht mehr mit den gewandelten Anforderungen an eine behördliche Prozeßvertretung in Einklang gebracht werden kann. Dennoch soll der Wortlaut des § 162 Abs. 1 VwGO unangetastet bleiben, um seine Bedeutung als Grundtatbestand nicht zu schmälern1 und die textlichen Eingriffe in den Normbestand möglichst gering zu halten. So bietet sich eine Än1

Zu Systematik und Funktion des § 162 Abs. 1 VwGO siehe oben § 4 A. I. 3. a).

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2. Teil: Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen

derung des jüngst eingefügten2 § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO an, dessen Regelungsgehalt in der Neuregelung aufgehen wird. Der Vorteil dieses Vorgehens liegt in der problemlosen Einpassung in den Aufbau des § 162 VwGO: In Absatz 1 findet sich weiterhin die Grundnorm, die durch Absatz 2 S. 1 und 2 für Rechtsanwälte, Absatz 2 S. 3 für öffentlich-rechtliche Beteiligte und Absatz 3 für andere Beteiligte konkretisiert wird. Auf diese Weise sind die Regelungen für die verschiedenen Beteiligten weiterhin klar getrennt. Die weiterführenden Regelungen zu § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO-E bleiben einem gesonderten Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKG) und einer ergänzenden Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKVV) vorbehalten, um künftige Aktualisierungen dieser Normen ohne eine zusätzliche Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung bewältigen zu können. Für die Umsetzung dieses Vorschlags ist zunächst zu prüfen, ob die vorgeschlagene Erstattung den Charakter einer „Gebühr“ hat, anschließend, ob die Voraussetzungen einer Gebührenerhebung tatsächlich erfüllt werden können.

I. Die Anwendbarkeit des Gebühren- und Auslagenbegriffs auf den behördlichen Prozeßaufwand Der behördliche Prozeßaufwand setzt sich aus Personal- und Sachaufwand zusammen, zusätzlich fallen weitere Kosten aus Leistungen Dritter an. Er kann hier jedoch nur als Erstattung geltend gemacht werden, wenn die Aufwendungen als Gebühren und Auslagen im Sinne herkömmlicher Begrifflichkeit anzusehen sind.

1. Der Begriff der „Gebühr“ Der Personal- und Sachaufwand könnte als „Gebühr“ erhoben werden, wenn er die Voraussetzungen des juristischen Gebührenbegriffs3 erfüllt. In Ermangelung eines im Grundgesetz verankerten verfassungsrechtlichen Gebührenbegriffs4 hat sich ein allgemeiner juristischer Gebührenbegriff herausgebildet. Demnach werden als Gebühren solche öffentlich-rechtlichen Geldleistungen angesehen, die aus Anlaß individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten 2 Art. 1 Nr. 22 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozeß (RmBereinVpG) v. 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3987 (3989). 3 Zum ökonomischen Gebührenbegriff U. Sacksofsky, in: dies. / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 189; auch E. Gawel, Umweltabgaben, S. 13, 108 m. w. N. 4 Das Fehlen eines eigenständigen Gebührenbegriffs im Grundgesetz stellen BVerfGE 50, 217 (225); E. v. 10. 03. 1998, DVBl. 1998, S. 699 (701); BVerwGE 95, 188 (200); jeweils std. Rspr., fest.

§ 5 Die Änderung des § 162 VwGO

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ganz oder teilweise zu decken5. Es handelt sich häufig um eine Gegenleistung für bestimmte staatliche Tätigkeiten und damit um ein Entgelt für die Inanspruchnahme der öffentlichen Verwaltung6. Der Zusammenhang mit einer konkreten Gegenleistung oder mit wirtschaftlichen Vorteilen unterscheidet die Gebühr von der Steuer7. Die Literatur hat diesen doppelgliedrigen, an die individuelle Vorteilhaftigkeit oder die individuelle Zurechenbarkeit einer behördlichen Tätigkeit anknüpfenden Gebührenbegriff übernommen8. Er ist daher für den weiteren Gang dieser Untersuchung zugrundezulegen. Während die hier vorgeschlagene Erstattung dabei ohne weiteres die Voraussetzungen einer öffentlich-rechtlichen Geldleistung auf der Grundlage einer – in einem Verwaltungsprozeßkostengesetz noch zu schaffenden – Rechtsnorm erfüllt, kann das Merkmal der individuellen Vorteilhaftigkeit oder der individuellen Zurechenbarkeit nicht ohne weiteres als erfüllt angesehen werden.

a) Die individuelle Vorteilhaftigkeit als Zurechnungsgrund Eine individuelle Vorteilhaftigkeit für den klagenden Bürger könnte in der behördlichen Prozeßvertretung nur gesehen werden, wenn dem Bürger selbst ein Vorteil erwächst. Dieser Vorteil könnte abstrakt in der Prozeßvertretung als solcher oder konkret in besonderen Fallgestaltungen zu finden sein. Abstrakt und losgelöst vom einzelnen Verfahren erlangt der Bürger durch die behördliche Prozeßvertretung je nach Lage des Falles eine zusätzliche, über ein vorangegangenes Widerspruchsverfahren hinausgehende behördeninterne Prüfung der angegriffenen Maßnahme, weil die Behörde spätestens bei Zustellung einer Klage prozessual erfahrene Bedienstete oder Dritte einschaltet und eine Prüfung der Erfolgsaussichten – mit der Option einer internen Abhilfe – veranlaßt. Doch hieraus entsteht dem Bürger allenfalls ein mittelbarer Vorteil, der für ihn nicht zählt. Für ihn liegt der Vorteil nicht in der erneuten Befassung der Behörde mit seinem Fall, sondern in der eingehenden Prüfung durch ein unabhängiges Gericht, für dessen Tätigkeit er im Fall seines Unterliegens gesondert Gebühren und Aus5 Siehe BVerfGE 50, 217 (226); E. v. 10. 03. 1998, DVBl. 1998, S. 699 (701); E. v. 11. 08. 1998, DVBl. 1998, S. 1220 (1221); BVerwGE 95, 188 (200); zuletzt BVerfG v. 19. 03. 2003, NVwZ 2003, S. 715 (716); std. Rspr. 6 Vgl. BVerfGE 20, 257 (269); E. v. 11. 08. 1998, DVBl. 1998, S. 1220 (1221). 7 Dies betonen BVerfGE 20, 257 (269); E 49, 343 (352 f.); ähnlich E 50, 217 (226); E. v. 10. 03. 1998, DVBl. 1998, S. 699 (701). 8 Vgl. nur D. Budäus, VerwArch. 69 (1978), S. 361; E. Gawel, Umweltabgaben, S. 15; R. Hendler, in: U. Sacksofsky / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 71; P. Kirchhof, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 88, Rn. 181 und 185; H. Kube / U. Palm / Chr. Seiler, NJW 2003, S. 927 (928); K. Vogel, FS Geiger, S. 536; ders., in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 87, Rn. 46; sowie zur historischen Entwicklung Chr. Behlert, Staffelung, S. 87 ff.

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2. Teil: Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen

lagen gemäß § 162 Abs. 1 VwGO zu entrichten hat. Dieser spezielle Vorteil entsteht dem Bürger jedoch ohne Zutun der Behörde und wird getrennt entgolten. Damit erfüllt die behördliche Prozeßvertretung nicht die Voraussetzungen abstrakter individueller Vorteilhaftigkeit. Sie könnte konkret vorteilhaft sein, wenn sie dem Bürger ein „Mehr“ bietet als ohne Beteiligung der Behörde. Die behördliche Prozeßvertretung findet vorwiegend im öffentlichen Interesse zur Verteidigung der Rechtmäßigkeit behördlicher Maßnahmen statt. Sie wird formal von §§ 61, 62 Abs. 3, 67 Abs. 1 S. 3 VwGO und inhaltlich von der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG und dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gefordert9. Doch dabei wird der Rechtsschutz des Bürgers wesentlich durch das Verwaltungsgericht geleistet10. Die Beteiligung der Behörde fällt demgegenüber nur wenig ins Gewicht. Allerdings wäre ein Gerichtsverfahren ohne Beteiligung der betroffenen Behörde für den Rechtschutz des Bürgers in vielen Fällen suboptimal, weil kein Partner für nichtstreitige Erledigungen der Verfahren zur Verfügung stünde. Gerade die Interessen des Bürgers erfordern bisweilen sehr diffizile gerichtliche Vergleichsvorschläge, denen eine bloße Kassation des angegriffenen Verwaltungsakts nicht gerecht würde. Die behördliche Prozeßvertretung liegt in solchen Fällen weiterhin wesentlich im öffentlichen, nur zu einem geringen Teil auch im privaten Interesse des Rechtsbehelfsführers. Dieser geringe Vorteil allerdings fällt gegenüber dem tragenden öffentlichen Interesse nicht derart ins Gewicht, daß er eine gesonderte Abgeltung rechtfertigen würde. Die Prozeßvertretung ist daher für den Bürger nicht derart vorteilhaft, daß eine Gebührenerhebung aus diesem Grund möglich wäre.

b) Die individuelle Veranlassung als Zurechnungsgrund Eine Gebührenerhebung wäre möglich, wenn die Prozeßvertretung zumindest eine individuell zurechenbare Verwaltungstätigkeit darstellt, unabhängig von einer konkreten Nützlichkeit für den betroffenen Veranlasser11. Das Kriterium der individuellen Zurechenbarkeit grenzt die Gebühr einzelner Maßnahmen gegenüber universellen Kollektivtätigkeiten wie z. B. im Militärwesen ab12; es kann auch erfüllt sein, wenn die Tätigkeit vorwiegend im öffentlichen Interesse erfolgt13. Die behördliche Prozeßvertretung findet – wie soeben dargelegt – weit Vertiefend dazu oben § 2 A. II. 1. und § 3 B. I. Selbst die „Vorteilhaftigkeit“ dieser Leistung ist eher zweifelhaft, wie sich bei Gebührenforderungen für verlorene Prozesse zeigt, zu denen „das Denken in Vorteilskategorien“ nicht paßt, so Chr. Trzaskalik, Gutachten E zum 63. DJT, S. E 107. 11 Vgl. zur Gebührenerhebung für Maßnahmen der Gefahrenabwehr OVG Münster v. 28. 11. 2000, NJW 2001, S. 2035. 12 Das betont G. Kreft, Die begriffliche Abgrenzung, S. 135. 13 In diesem Sinne BVerfG v. 11. 08. 1998, DVBl. 1998, S. 1220 (1221); BVerwGE 95, 188 (201). 9

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§ 5 Die Änderung des § 162 VwGO

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überwiegend im öffentlichen Interesse statt. Es ist zu prüfen, ob bei dieser Konstellation ein vom unterlegenen Rechtsbehelfsführer ausgelöstes Gerichtsverfahren als Grund für eine individuelle Zurechenbarkeit der behördlichen Prozeßvertretung ausreicht. In den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten geht es wesentlich um die Verteidigung von Grundrechten gegen die Staatsgewalt. Es liegt nahe, die Parallele zu den verfassungsgerichtlichen Verfahren zu ziehen, auf welche diese Argumentation noch mehr zutrifft. Doch selbst für Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ist eine Gebührenerhebung bis hin zu Mißbrauchsgebühren bei querulatorischen Verfahrensführern vorgesehen. Zudem geriete eine Differenzierung der Verfahrensarten und der Gerichtszweige nach dem Grad der Verteidigung von Grundrechten in unlösbare Abgrenzungsprobleme, man denke nur an die traditionell zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gehörenden Amtshaftungsprozesse. Die Gerichtsbarkeiten würden quer zu ihren Zuständigkeiten in mehr oder weniger staatsgerichtete Tätigkeiten gespalten14. Plausibler ist es, gerichtlichen Rechtsschutz in allen Fällen als staatliche Dienstleistung anzusehen, die Inanspruchnahme durch den Bürger einheitlich zu regeln und erst bei der Gebührenhöhe wegen der unterschiedlich rechtswahrenden Funktion eine höhere staatliche Subvention einzustellen, statt eine Kostendeckung anzustreben15. Diese Lösung bietet sich auch für die hier untersuchten behördlichen Erstattungsansprüche an. Die Prozeßvertretung ist selbst im Kernbereich grundrechtlicher Rechtswahrung eine Tätigkeit, die erst durch den Rechtsbehelf des Bürgers ausgelöst und ihm dadurch individuell zurechenbar wird. Daran ändern weder der Streitgegenstand vor dem Hintergrund der Grundrechte noch die mögliche Vorbildwirkung der Gerichtsentscheidung für Parallelverfahren etwas. Es handelt sich um eine behördliche Tätigkeit, die auch dem Schutz des Einzelnen dient und einer Gebührenerhebung zugänglich ist. Die Schutzfunktion als solche und die Frage ihrer Finanzierung sind strikt voneinander zu trennen16. Damit ist der doppelgliedrige Gebührenbegriff in der Alternative der Zurechnung individuell verursachter Kosten erfüllt; eine Gebührenerhebung ist begrifflich statthaft. 2. Der Begriff der „Auslage“ In Abgrenzung zur Gebühr, in welche der für die einzelne Tätigkeit erforderliche Personal- und Sachaufwand und zusätzlich anteilige Gemeinkosten17 einzukalkuVgl. Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (385). Ebenda. Der Kostendeckungsgrad in der Verwaltungsgerichtsbarkeit liegt sehr niedrig, vgl. Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (383). Der höhere Subventionsgrad gegenüber der Zivilgerichtsbarkeit ist bereits Praxis, siehe J. Pietzcker, in: E. Schmidt-Aßmann / W. Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 112. 16 Deutlich am Beispiel der Gefahrenabwehr und der Luftsicherheit BVerfG v. 11. 08. 1998, DVBl. 1998, S. 1220 (1221); BVerwGE 95, 188 (205). 14 15

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2. Teil: Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen

lieren sind, sind „Auslagen“ Aufwendungen für externe Leistungen Dritter an die Behörde. Im Bereich der Prozeßvertretung fallen in erster Linie Post- und Telekommunikationsleistungen, wie sie in § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO genannt sind, sowie Reisekosten und in geringem Umfang sonstige Leistungen Dritter wie externe Sachverständigengutachten an. Der Transparenz wegen sollen sie nicht in die Gebühr einkalkuliert, sondern getrennt ausgewiesen werden.

II. Die Rechtsgrundlage für eine Gebührenerhebung Als Gebühren und Auslagen bedürfen die vorgeschlagenen Entgelte einer Rechtsgrundlage für ihre Erhebung, die sich – wenn (wie hier vorgeschlagen) der Bundesgesetzgeber tätig werden soll – aus den Kompetenznormen des Grundgesetzes ergeben muß. Wegen des Eingriffs in vermögenswerte Rechte des unterlegenen Prozeßgegners gilt der Gesetzesvorbehalt18. Weiter müssen die Entgelte mit dem Äquivalenz- und dem Kostendeckungsprinzip vereinbar sein.

1. Die Regelungskompetenz des Bundes Eine Regelungskompetenz des Bundes für die Schaffung einer Vertretungsgebühr könnte sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG ergeben, wenn die Erhebung von Gebühren für die behördliche Prozeßvertretung ein Teil der Kompetenz zur Regelung des zugrundeliegenden Verwaltungsprozeßrechts ist.

a) Die Gesetzgebungskompetenz Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes könnte gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gegeben sein, wenn die Erhebung von Gebühren für die behördliche Prozeßvertretung entweder als Teil des „gerichtlichen Verfahrens“ anzusehen ist oder daraus als Annex oder kraft Sachzusammenhangs folgt. aa) Der Kompetenztitel für das „gerichtliche Verfahren“ Eine Kompetenz des Bundes könnte vorliegen, wenn die Gebührenregelung Teil des „gerichtlichen Verfahrens“ ist. 17 Zur Umlage anteiliger Gemeinkosten vgl. EuGH v. 02. 12. 1997, Rs. C-188 / 95, WM 1998, S. 2193 (2196, Rn. 29). Zur großen Bedeutung des Personalaufwands in der behördlichen Kostenstruktur siehe Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (384). 18 Das betont VGH München v. 02. 12. 1997, 8 A 95.40083, S. 3 und 5 (unveröffentlichter Urteilsabdruck), im Zusammenhang mit der Geltendmachung pauschalierter Portoaufwendungen vor Einführung des neuen § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO.

§ 5 Die Änderung des § 162 VwGO

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Unter diesem Begriff wird die „Gesamtheit der Rechtsnormen über die verfahrensmäßige Behandlung von Angelegenheiten durch die Gerichte“19 verstanden. Einigkeit besteht in der Literatur zunächst darüber, daß das Verwaltungsprozeßrecht diese Voraussetzung erfüllt20. Hieran anschließend wird die besondere Kompetenz des Bundes zur Regelung des Justizkostenrechts bejaht21. Allerdings handelt es sich bei dem Kostenerstattungsanspruch nicht um eine Gebührenerhebung für das gerichtliche Tätigwerden i. e. S., sondern für das Tätigwerden einer außenstehenden Behörde. Damit liegt kein Anspruch vor, der noch unter den engeren Begriff des „Justizkostenrechts“ zu fassen wäre. Somit ist zu prüfen, ob die behördliche Prozeßvertretung unter den umfassenderen Begriff des „gerichtlichen Verfahrens“ subsumiert werden kann. Dagegen läßt sich anführen, daß der Kostenerstattungsanspruch nicht ein Anspruch des Rechtsträgers des Gerichts sondern des Rechtsträgers der Behörde ist. Dessen Verfahrensbeteiligung dient nicht der Gestaltung des gerichtlichen Verfahrens, die allein dem Gericht vorbehalten ist, sondern lediglich der Mitwirkung als einer unter mehreren Beteiligten. Die ihm entstehenden Kosten sind nur außergerichtliche Aufwendungen, über die zwar im Gerichtsverfahren entschieden wird, jedoch ohne daß die Anspruchsträgerschaft des Beteiligten beeinflußt würde. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des behördlichen Rechtsträgers in dem gerichtlichen Verfahren selbst wurzelt, wie die Grundregelung des § 162 Abs. 1 VwGO zeigt. Sie regelt den prozessualen Kostenerstattungsanspruch für alle Beteiligten. Daher kann die hier vorgeschlagene Erstattungsregelung als Teil des „gerichtlichen Verfahrens“ angesehen und die Gesetzgebungskompetenz bejaht werden. bb) Die Kompetenz kraft Sachzusammenhangs Eine Kompetenz des Bundes könnte subsidiär kraft Sachzusammenhangs bestehen. Diese setzt voraus, daß eine der Bundeskompetenz zugewiesene Materie verständigerweise nicht geregelt werden könnte, ohne zugleich eine nicht ausdrücklich dem Bund zugewiesene Materie mitzuregeln, ihre Regelung also unerläßlich ist22. Der Bund müßte also das Verwaltungsprozeßrecht nicht regeln können, ohne zugleich die Materie des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs mitzuregeln. Dies ist der Fall. Schon die in § 162 Abs. 1 VwGO angelegte Gesamtregelung 19 Wohl h. M., vgl. E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 65 m. w. N. 20 Schon vor Schaffung der Verwaltungsgerichtsordnung wurde dieser Kompetenztitel als einschlägig angesehen; siehe Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung v. 05. 12. 1957, BTDrs. 3 / 55, S. 24; aus jüngerer Zeit F. Kuchler, NVwZ 1996, S. 244 (245); K. W. Lotz, BayVBl. 1997, S. 1 (7). 21 Vgl. F. Lappe, Justizkostenrecht, S. 6; ähnlich E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 65. 22 So BVerfGE 26, 281 (300); E 98, 265 (299).

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2. Teil: Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen

von Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten zeigt, daß das Kostenrecht zwingend mitgeregelt sein muß. Das Kostenrecht kann verständlicherweise nicht von dem Prozeßrecht losgelöst werden, aus dem es seine Grundsätze, insbesondere die Verteilung der Kostenrisiken unter den Beteiligten, schöpft. Der Gesetzgeber hat zwar die Wahl zwischen einer Regelung in der Prozeßordnung oder außerhalb in einer Sonderregelung, aber er muß eine Gesamtregelung treffen, um nicht Wertungsunterschiede zwischen Prozeßrecht und Kostenrecht zu verursachen. Eine subsidiäre Bundeskompetenz kraft Sachzusammenhangs liegt somit vor. cc) Die Annexkompetenz Schließlich könnte eine Annexkompetenz des Bundes gegeben sein, wenn nach der Natur der Sache allein eine Regelung durch den Bund23 in Betracht kommt. Im Bereich der Gebührenerhebung wird dem Grundgesetz entnommen, die Kompetenzen für nichtsteuerliche Abgaben stillschweigend als Annex der jeweiligen Sachkompetenzen zu behandeln24. Da für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch weder das Verwaltungskostengesetz des Bundes geeignet ist und mangels Übertragbarkeit hier auch nicht für anwendbar erklärt werden soll, noch z. B. das Bayerische Kostengesetz auf die behördliche Prozeßvertretung mangels Vorliegen einer „Verwaltungstätigkeit“ anwendbar ist, können weder Bund noch Länder auf eine einschlägige Regelung verweisen. Die Gebührenerhebung kann somit als Annex der Hauptmaterie des Verwaltungsprozeßrechts – hier speziell der behördlichen Prozeßvertretung nach § 67 VwGO – folgen. Ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung könnte bestehen, wenn die Wahrung der Rechtseinheit im gesamten Bundesgebiet sie erfordert. Es wäre weder sachgerecht noch mit dem länderübergreifenden Gleichbehandlungsanspruch der Rechtsbehelfsführer aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, müßten die Bürger in den Bundesländern ein unterschiedliches Kostenrisiko bei gleichartigen Prozessen und Streitgegenständen eingehen, weil die Bundesländer voneinander abweichende Gebührensätze festgelegt haben. Ein Erlaß gleichlautender Regelungen in allen Bundesländern wäre theoretisch möglich, aber praktisch kaum durchführbar. Wegen des hohen Stellenwerts des gleichen Zugangs aller Bürger zu den Gerichten müßten solche Landesgesetze inhaltlich derart durch ein Bundesgesetz zielbestimmt 23 Zu dieser Voraussetzung BVerfGE 98, 265 (299). Abweichend H. D. Jarass, NVwZ 2000, S. 1089 (1090), mit einer problematischen Gleichstellung von Annexkompetenz und Kompetenz kraft Sachzusammenhangs. 24 Vgl. BVerfG v. 19. 03. 2003, NVwZ 2003, S. 715; J. Isensee, FS Ipsen, S. 429; ähnlich Chr. Behlert, Staffelung, S. 97 (zur hier einschlägigen kostenüberwälzenden Gebühr); P. Kirchhof, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 88, Rn. 210; H. Kube / U. Palm / Chr. Seiler, NJW 2003, S. 927 (928); M. Ronellenfitsch, VerwArch. 86 (1995), S. 307 (317); E. Schlabach / M. Heck, BayVBl. 2001, S. 262 (265). Die Ertragszuständigkeit folgt der Verwaltungszuständigkeit für die Sachaufgabe, wie die Verteilung der Erlöse für die UMTS-Lizenzen veranschaulichte, vgl. BVerfG v. 28. 03. 2002, NJW 2002, S. 2020.

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werden, daß den Ländern keine echte eigene Regelungskompetenz mehr bliebe. Die politische Umsetzbarkeit wäre zweifelhaft und mit einem enormen Aufwand verbunden, weil bei sechzehn Bundesländern ein sechzehnfacher Erlaß- und Änderungsaufwand entstünde, dem trotz des föderalen Prinzips kein Gewinn an Eigenständigkeit für die Länder mehr gegenüberstünde. Die Annexkompetenz ist somit ebenfalls subsidiär gegeben, weil das Gebührenrecht zum entsprechenden Prozeßrecht einen unselbständigen Teil darstellt und sinnvollerweise nur für das gesamte Bundesgebiet einheitlich geregelt werden kann25. b) Die Zustimmungsbedürftigkeit Das vorgeschlagene Gesetz könnte der Zustimmung des Bundesrates nach Art. 84 Abs. 1 GG bedürfen. Die Länder werden das Verwaltungsprozeßkostengesetz zwar der Grundregel des Art. 83 Abs. 1 GG folgend als eigene Angelegenheit ausführen. Wegen der Sicherung eines einheitlichen Vollzugs sind jedoch eingehende Verfahrensregelungen unabdingbar, die tief in die Verwaltungshoheit der Länder eingreifen. Eine Zustimmungsbedürftigkeit könnte dabei vorliegen, wenn Vorschriften zu erlassen sind, welche „die Tätigkeit der Verwaltungsbehörden im Blick auf die Art und Weise der Ausführung des Gesetzes einschließlich ihrer Handlungsformen, die Form der behördlichen Willensbildung, die Art der Prüfung und Vorbereitung der Entscheidung, deren Zustandekommen und Durchsetzung“26 regeln. Solche Vorschriften über das Verfahren wird das Gesetz enthalten müssen, um den gleichen Zugang aller Bürger zum Gericht gewährleisten zu können. Aufgrund der gesetzgebungstechnischen Einheit27 ist zwar nicht § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO-E zustimmungsbedürftig, jedoch das Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKG) nach Art. 83, 84 Abs. 1 GG. Daher ist eine Zustimmungsbedürftigkeit der vorgeschlagenen Normen gegeben.

2. Die Wahrung des Äquivalenzprinzips Ausgehend vom juristischen Gebührenbegriff gestehen die Gerichte dem Gesetzgeber einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum zu, wie er die Gebührenpflicht, die Gebührenmaßstäbe und die Gebührensätze regeln und welche Zwecke er über die Kostendeckung hinaus erreichen will28. Innerhalb dieses 25 Zum Bedürfnis nach bundeseinheitlicher Regelung im Verwaltungsprozeßrecht schon früh der Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung v. 05. 12. 1957, BT-Drs. 3 / 55, S. 48 zu § 160 VwGO-E. Allgemein H. D. Jarass, NVwZ 2000, S. 1089 (1092 f.). 26 BVerfGE 75, 108 (152). 27 Zu diesem Begriff BVerfGE 24, 184 (195). 28 Dazu BVerfGE 50, 217 (226 f.); E. v. 11. 08. 1998, DVBl. 1998, S. 1220 (1221); E. v. 19. 03. 2003, NVwZ 2003, S. 715 (717); auch BVerwGE 12, 162 (169); E 95, 188 (200); OVG Münster v. 28. 11. 2000, NJW 2001, S. 2035.

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2. Teil: Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen

Spielraums ist er an das Äquivalenzprinzip gebunden29, die gebührenrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes und des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzips30. Das hier vorgeschlagene Modell muß also mit dem Äquivalenzprinzip vereinbar sein. Seine Verletzung wird angenommen, wenn das Ausgleichsverhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der Leistung für den Empfänger gröblich gestört ist31, weil die Gebühren nicht mehr in Abhängigkeit von den tatsächlichen Kosten und den verfolgten Zwecken festgelegt sind32. Für den hier zu untersuchenden Zusammenhang ist entscheidend, wonach der „Wert“ der behördlichen Prozeßvertretung zu bemessen ist. Hier eröffnen sich aus der Doppelgliedrigkeit des Gebührenbegriffs zwei Möglichkeiten: Wird der tatsächlich dem Empfänger zugewendete Vorteil zugrundegelegt33, läge der Wert bei Null, weil die behördliche Prozeßvertretung für den unterlegenen Gegner keinen Vorteil erbracht hat34. Eine Gebührenerhebung wäre ausgeschlossen. Wird jedoch ein tatsächlicher Vorteil nicht für erforderlich gehalten35, könnten die entstandenen Kosten zugrundegelegt und als Gebühren erhoben werden. Für die zweite, kostenorientierte Variante des Äquivalenzprinzips36 spricht, daß im vorgeschlagenen Modell ohnehin nur die verursachungs- und kostenorientierte Seite des Gebührenbegriffs überhaupt zur Anwendung gelangt und daß der Äquivalenzgedanke sonst bei vorteilslosen Verwaltungshandlungen leer liefe37. Anderenfalls entstünde ein Widerspruch zwischen dem doppelgliedrigen Gebührenbegriff einerseits, der an den Vorteil oder an die Kosten 29 Siehe BVerfGE 20, 257 (269); E 50, 217 (227); E 85, 337 (346); BVerwGE 12, 162 (169); im Ergebnis zustimmend W. Brohm, FS Knöpfle, S. 61; R. Hendler, in: U. Sacksofsky / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 72; W. Heun, in: U. Sacksofsky / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 19 m. w. N.; F. Kirchhof, Die Verw. 21 (1988), S. 137 (149); H. Kube / U. Palm / Chr. Seiler, NJW 2003, S. 927 (928). 30 Vgl. BVerfGE 50, 217 (227); E 85, 337 (346); E. v. 19. 03. 2003, NVwZ 2003, S. 715 (717); BVerwGE 12, 162 (166). Ebenso R. Hendler, in: U. Sacksofsky / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 72; ders., DÖV 1999, S. 749 (751). 31 Vgl. BVerwG v. 16. 09. 1981, DVBl. 1982, S. 76 (77); E. v. 08. 12. 1986, NVwZ 1987, S. 503; E. v. 21. 09. 2001, NVwZ 2002, S. 482. 32 Dazu BVerfGE 50, 217 (227); E 85, 337 (346). 33 Als Maßstab bei BVerfGE 93, 319 (343 f.); E. v. 11. 08. 1998, DVBl. 1998, S. 1220 (1221); BVerwGE 12, 162 (170). 34 Dazu oben § 5 A. I. 1. a). 35 So OVG Münster v. 08. 03. 2000, NJW 2001, S. 1152 (1154); E. v. 28. 11. 2000, NJW 2001, S. 2035; E. v. 19. 04. 2001, NVwZ 2001, S. 1432 (1433). 36 Vertiefend dazu D. Budäus, VerwArch. 69 (1978), S. 361 (362) m. w. N. 37 Vgl. zu diesem Problemkreis K. Vogel, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 87, Rn. 98. Bei immateriellen Vorteilen oder bei konkurrenzlos erbrachten Leistungen kann die Höhe des Vorteils nur geschätzt werden, vgl. W. Brohm, FS Knöpfle, S. 61 m. w. N. Das Bundesverfassungsgericht stellte in seiner in BVerfGE 85, 337 (348) abgedruckten Entscheidung zu den Gerichtsgebühren fest, es könne nicht gefordert werden, daß der Staat bei geringfügigen wirtschaftlichen Interessen des Einzelnen am Prozeß seine Gerichte praktisch kostenlos zur Verfügung stelle.

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anknüpft, und dem Äquivalenzprinzip, das dann nur bei einer tatsächlichen Vorteilhaftigkeit eine Gebührenerhebung gestattete. Ein solcher Widerspruch kann jedoch vermieden werden, wenn Gebührenbegriff und Äquivalenzprinzip parallel doppelgliedrig verstanden werden. Man mag einwenden, eine kostenorientierte Interpretation des Äquivalenzprinzips nähere sich im Ergebnis dem Kostendeckungsprinzip an und besitze keinen eigenen Gehalt mehr. Doch dem ist zu entgegnen, daß die Schutzfunktion des Äquivalenzprinzips vor unverhältnismäßigen Belastungen des Bürgers jedenfalls dann greift, wenn die Kosten außergewöhnlich hoch sind. Das Äquivalenzprinzip limitiert dann das Kostendeckungsprinzip. Somit steht das Äquivalenzprinzip der Gebührenerhebung für eine behördliche Prozeßvertretung nicht entgegen.

3. Die Wahrung des Kostendeckungsprinzips Das Kostendeckungsprinzip könnte verletzt sein, wenn sich die Gebührenerhebung nicht an den tatsächlich anfallenden Kosten38 orientiert. Es ist noch nicht verletzt, wenn im Einzelfall die Gebühren die Aufwendungen für die Leistung übersteigen, sondern erst, wenn die Gesamtheit der Gebühren den Aufwand für die gesamten Leistungen übersteigt39. Es bedarf also einer globalen Betrachtungsweise. Für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch legt bereits § 162 Abs. 1 VwGO einfachgesetzlich das Kostendeckungsprinzip als Obergrenze einer Erstattung fest, indem er eine Erstattung auf die „notwendigen“ Aufwendungen begrenzt. Notwendig sind Aufwendungen nur, soweit tatsächlich Aufwand angefallen ist und Kosten entstanden sind. Fiktive Kosten sind nicht erstattungsfähig. Einigkeit besteht darin, daß für die Gebührenbemessung nicht nur die Einzelkosten einer Tätigkeit, sondern auch der auf sie entfallende Anteil der allgemeinen Kosten heranzuziehen ist40. Entsprechend der hier vertretenen Auffassung handelt es sich bei den Personalkosten für eine Prozeßvertretung um Einzelkosten41, die anteiligen Kosten für Computer, Raum etc. sind Gemeinkosten. Die Bemessung der Gebühren folgt den Ergebnissen einer Untersuchung der Kommunalen Gemeinschaftsstelle über die Kosten eines Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst42 und legt die Vertretung durch einen juristischen Staatsbeamten entsprechend der Vorgabe des § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO zugrunde. Die angenommene BeVgl. BVerfGE 85, 337 (346); E. v. 19. 03. 2003, NVwZ 2003, S. 715 (717). So BVerwGE 12, 162 (166). 40 Siehe EuGH v. 02. 12. 1997, Rs. C-188 / 95, WM 1998, S. 2193 (2196, Rn. 29); K. Vogel, FS Geiger, S. 535; ders., in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 87, Rn. 99. 41 Die h. M. verneint die besondere Ausscheidbarkeit dieser Aufwendungen, was angesichts der Einführung der Kosten- / Leistungsrechnung kaum mehr haltbar sein dürfte. Ausführlich dazu oben § 2 B. I. 2. a) bb) und § 4 A. I. 3. b) bb). 42 KGSt, Bericht Nr. 8 / 1999. 38 39

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soldung für einen solchen Bediensteten ist jene der Besoldungsgruppe A 13, also der Eingangsbesoldung. Der Bedienstete erfüllt die Voraussetzungen für eine Einstellung in diese Laufbahn, nach § 19 Abs. 1 und 2 BBG bzw. Art. 26 Abs. 1 und 2 BayBG ein erfolgreich abgelegtes Zweites Juristisches Staatsexamen, und hat somit die Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 Abs. 1 DRiG. Damit sind die Mindestvoraussetzungen an eine Vertretungsperson nach § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO erfüllt. Die hier verwendete Untersuchung der Kommunalen Gemeinschaftsstelle berechnet die Einzelkosten je Arbeitsstunde aus dem Anteil der Personalkosten, der Sachkosten (z. B. für Räume, Technik, Einrichtung) und der Gemeinkosten (z. B. zentrale Steuerung, Querschnittsämter) und legt 40 Arbeitsstunden je Woche bei 1.636 Arbeitsstunden je Jahr zugrunde43. Die Personalkosten werden mit 135.100,– DM / Jahr, die Sachkosten mit 30.500,– DM / Jahr für einen Arbeitsplatz mit Technikunterstützung und die Gemeinkosten mit 20 % der Personalkosten angesetzt44. Der Arbeitsplatz kostet somit in der Summe 192.620,– DM / Jahr bzw. 117,74 DM / Arbeitsstunde. Dies entspricht gerundet 60,– A / Arbeitsstunde. Die Regelungen der Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKVV) basieren auf dem Grundgedanken einer möglichst einfach handzuhabenden Gebührenstaffelung. Für die Vertretung im Hauptsacheverfahren fällt eine Gebühr als Grundgebühr an, für die Terminsteilnahme einschließlich Fahrtzeit fallen zeitanteilig weitere Gebühren an. Gleiches gilt für Eilverfahren. So werden die Personalvollkosten entsprechend der obigen Berechnung zugrundegelegt. Dabei wird die Gebührenhöhe als Obergrenze der Erstattung festgelegt, so daß höhere Kosten nicht zu Lasten des Unterlegenen gehen. Beispiele sind höhere Aufwendungen für die Vertretung als solche – wie ein die Grundgebühr übersteigender Bearbeitungsaufwand – oder für die Vertretung durch höher als nach A 13 besoldete Bedienstete. Die hier vorgeschlagene Gebührenerhebung wird – je nach Verfahren – in der Summe deutlich unter den tatsächlich angefallenen Vollkosten liegen. Dafür spricht zunächst die knappe Kalkulation auf Basis der Besoldungsgruppe A 13, weil in der Praxis je nach Vertretungsbehörde durchaus Beamte der Besoldungsgruppen A 14 und A 15 für Prozeßvertretungen eingesetzt werden. Ebenso wird für schwierigere Verfahren mehr als eine Arbeitsstunde Bearbeitungsaufwand anfallen, obwohl nur eine Stunde bei der Grundgebühr angesetzt wird. Zu berücksichtigen ist auch, daß die Gebühr ohne streitwertbezogene Staffelung kalkuliert ist, weil aus einem höheren Streitwert nicht ohne weiteres auf einen höheren Bearbeitungsaufwand geschlossen werden kann. Daher werden bei höheren Streitwerten als dem Regelstreitwert keine höheren Erstattungen anfallen. Selbst Kostenüberdeckungen im Einzelfall werden also in der Summe zu keiner generellen KoSiehe KGSt, Bericht Nr. 8 / 1999, S. 8. Ebenda, S. 15, 18 und 29 mit Anlagen 1.1b. Die dort angegebenen Werte dürften durch Zeitablauf leicht überholt sein, können jedoch als Beispiel der Berechnung weitergelten. 43 44

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stenüberdeckung führen. Die Auslagen in § 4 VwPKG entsprechen der Novelle des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO, die nur gleichwertig ersetzt werden soll. Das Kostendeckungsprinzip ist daher als Obergrenze gewahrt. Der vorgeschlagenen Gebührenerhebung stehen keine prinzipiellen Bedenken aus dem Bereich des Gebührenrechts entgegen.

III. Zwischenergebnis Das hier vorgeschlagene Modell einer Erstattungsregelung greift nur minimal in die Verwaltungsgerichtsordnung ein, indem es § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO einen neuen Wortlaut gibt und die ausführlichere Regelung in ein gesondertes Gesetz auslagert. Der dabei erstattungsfähige behördliche Prozeßaufwand erfüllt die Maßstäbe einer Gebühren- und Auslagenerhebung. Der Begriff der „Gebühr“ ist in Form einer individuellen Veranlassung erfüllt, die Alternative einer individuellen Vorteilhaftigkeit ist zu verneinen. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Erstattungsregelung resultiert aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG in Gestalt einer Kompetenz zur Regelung des gerichtlichen Verfahrens, subsidiär wären auch eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs und eine Annexkompetenz zum Verwaltungsprozeßrecht gegeben. Das Bedürfnis nach einer bundeseinheitlichen Regelung ist aus dem Gleichheitsgrundsatz heraus gegeben. Die Normen sind in ihrer Gesamtheit zustimmungsbedürftig gemäß Art. 84 Abs. 1 GG. Bei der Gebührenerhebung sind das Äquivalenzprinzip und das Kostendeckungsprinzip gewahrt, weil sich die Erstattung an den tatsächlich entstehenden Kosten orientiert und weil sie nur geringst mögliche Beträge ansetzt.

B. Die Neufassung des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO und seine Ergänzung durch ein Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKG) sowie eine Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKVV) Die zum 01. 01. 2002 mit § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO eingefügte Regelung über die pauschalierte Erstattungsfähigkeit behördlicher Porto- und Telekommunikationsaufwendungen wird neu gefaßt und verweist auf die noch zu schaffenden Sonderregelungen. Dies entspricht Aufbau und Systematik des § 162 VwGO, wie sie sich im Verweis des § 162 Abs. 1 VwGO auf das GKG und in § 162 Abs. 2 VwGO auf die BRAGO zeigen, und entlastet § 162 VwGO von allzu detaillierten Vorschriften. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sollen diese in eigene Normen aufgenommen werden. In Geldeinheiten bezifferbare Beträge sollen aus Gründen der erleichterten Anpassung an wirtschaftliche Rahmenbedingungen (Lohn- und Preissteigerungen) Eingang in eine ergänzende Verwaltungsvorschrift finden.

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2. Teil: Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen

I. Die Systematik des Verwaltungsprozeßkostengesetzes Das Verwaltungsprozeßkostengesetz stellt die erforderliche Detailregelung zum neuen § 162 Abs. 2 S. 3 n. F. VwGO dar und bedarf wegen des Eingriffs in die Verwaltungshoheit der Länder der Zustimmung des Bundesrats45. Eine Regelung durch Gesetz ist erforderlich, um dem vor allem im Abgabenrecht streng zu wahrenden Gesetzesvorbehalt46 Genüge zu tun.

II. Die Regelungen des Verwaltungsprozeßkostengesetzes im einzelnen Das Verwaltungsprozeßkostengesetz gliedert sich in sechs Paragraphen, die Regelungen vom Anwendungsbereich des Gesetzes über die Einzelgebühren bis hin zum Inkrafttreten beinhalten. 1. Anwendungsbereich § 1 Abs. 1 VwPKG schränkt die Anwendbarkeit des Gesetzes auf deutsche Gebietskörperschaften ein. Andere juristische Personen des öffentlichen Rechts wie Anstalten, Stiftungen oder Personenkörperschaften weisen eine von den Gebietskörperschaften deutlich abweichende Finanzierungsstruktur auf. Während sich die Gebietskörperschaften vornehmlich aus Steuern bzw. Zuwendungen aus solchen finanzieren, beruht die Finanzstruktur von Personenkörperschaften wie z. B. Industrie- und Handelskammern wesentlich auf der Einnahme von Mitgliedsbeiträgen 47 auf Basis der Pflichtmitgliedschaft 48. Bei diesen Kammern kommt hinzu, daß sie – anders als Gebietskörperschaften – ein eingeschränktes Aufgabenspektrum bezogen auf ihre wirtschaftliche Zuständigkeit49 und keine prinzipielle Allzuständigkeit besitzen. Anstalten weisen ebenfalls eine deutlich andere Finanzstruktur auf. Schließlich muß berücksichtigt werden, daß das hier als tragendes Begründungselement verstandene „Neue Steuerungsmodell“ auf die Gebietskörperschaften zugeschnitten ist. Die bisher aufgeworfenen Aspekte des Haushaltsrechts beziehen sich entsprechend dem Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit nur auf Gebietskörperschaften. Eine Aussage zu anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts kann und soll nicht getroffen werden. Diese Unterschiede erfordern, ausschließlich die Gebietskörperschaften in das Erstattungsmodell einzubeziehen, und den von § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO bisheriger Fassung begünstigten weiteren juristiSiehe dazu oben § 5 A. II. 1. b). Zum Gesetzesvorbehalt am Beispiel pauschalierter Auslagen VGH München v. 02. 12. 1997, 8 A 95.40083, S. 5 (unveröffentlichter Urteilsabdruck). 47 Vgl. W. Leisner, GewArch. 2001, S. 1 (12). Grundlegend zur Beitragspflicht BVerwG v. 21. 07. 1998, BayVBl. 1999, S. 120 (122). 48 Zur Pflichtmitgliedschaft siehe W. Leisner, BayVBl. 2001, S. 609. 49 Dazu W. Leisner, BayVBl. 2001, S. 609 (615). 45 46

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schen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden lediglich die Pauschalierung ihrer Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsleistungen über § 1 Abs. 2 VwPKG zu belassen. Ebenfalls ausgeschlossen ist die Anwendung auf die Tätigkeit von Vertretern des öffentlichen Interesses und auf Vertreter vor Gerichten anderer Gerichtsbarkeiten, insbesondere solchen der Zivilgerichtsbarkeit. Die Vertreter des öffentlichen Interesses nach §§ 35 ff. VwGO können als Vertreter des öffentlichen Interesses nicht gleichzeitig Vertretungsaufgaben i. S. d. § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO wahrnehmen50 und stehen daher in dieser Funktion den hier untersuchten Vertretern nicht gleich.

2. Gebührenerhebung und Erstattung § 2 Abs. 1 VwPKG nimmt Bezug auf den Inhalt des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO-E. Die weitergehende Einschränkung der Obergrenze einer Erstattung erfolgt durch besondere Regelungen in § 3 und § 4 VwPKG. In § 2 Abs. 2 VwPKG wird verdeutlicht, daß das Recht der Behörden aus § 67 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 162 Abs. 2 VwGO, sich anstelle eigener Bediensteter eines Rechtsanwaltes oder Rechtslehrers als Vertreter zu bedienen, unberührt bleibt. Das ist besonders für Gebietskörperschaften bedeutsam, die nicht über juristische Bedienstete i.S.v. § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO verfügen und notwendigerweise externe Vertreter beauftragen müssen. Soweit sie sich durch eine andere Behörde vertreten lassen, bleibt es bei der grundsätzlichen Erstattung nach § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO, sofern dem vertretenen Rechtsträger tatsächlich Aufwand entsteht oder von der Vertretungsbehörde in Rechnung gestellt wird. 3. Notwendige Gebühren Der unbestimmte Rechtsbegriff der „notwendigen Aufwendungen“ in § 162 Abs. 1 und Abs. 2 S. 3 VwGO erfährt in § 3 VwPKG seine Konkretisierung. Im Gegensatz zu den Regelungen im GKG und in der BRAGO wird keine Stufung der Gebührenhöhe nach dem Streitwert (Progression oder Degression) vorgenommen, sondern eine feste Basisgebühr eingeführt. Diese Gebühr wird je Streitfall einmal fällig (bei Eil- und Hauptsacheverfahren jeweils einmal) und – soweit ein Verhandlungs- oder Erörterungstermin stattgefunden hat – zeitanteilig ebenfalls. Für die Basisgebühr spricht die Orientierung am minimal möglichen Aufwand (Besoldungsgruppe A 13), selbst wenn im Einzelfall ein höher besoldeter Bedien50 Zum Oberbundesanwalt, der nicht mit Vertretungsaufgaben betraut werden darf, vgl. H. Geiger, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 35, Rn. 2. Kann ein Vertreter des öffentlichen Interesses nach Landesrecht sowohl diese Funktion als auch die eines Prozeßvertreters übernehmen, geht letztere Funktion vor, vgl. H. Geiger, in: E. Eyermann / L. Fröhler, VwGO, § 36, Rn. 3 m. w. N.

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2. Teil: Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen

steter die Vertretung wahrnimmt. Der Behörde soll die Möglichkeit offengehalten werden, auch einen anderen Bediensteten zur Vertretung zu bestimmen. Dem Prozeßgegner soll daraus jedoch kein unwägbares Kostenrisiko entstehen. Vielmehr kann der Bürger vor Einlegung eines Rechtsbehelfs genau abschätzen, welche Kosten im Fall seines Unterliegens auf ihn zukommen werden51. Der Abschreckungseffekt dieser Gebühren ist daher nicht allzu hoch. Wichtiger ist die psychologische Hinweiswirkung, weil die Gebühr dem Rechtsbehelfsführer vor Augen führt, daß er Kosten zu Lasten der Allgemeinheit der Steuerzahler verursacht und zu einer Erstattung herangezogen werden kann. Als Ansatz für die Gebühr werden die Vollkosten für eine Arbeitsstunde gewählt. Zwar werden einige Gerichtsverfahren auf Seiten der Behörde eine längere Bearbeitungszeit als eine Stunde erfordern, aber der Ansatz einer der Praxis entsprechenden kürzest möglichen Bearbeitungszeit ist gerechtfertigt. Für die Behörde resultiert daraus ein Anreiz zu einer möglichst effizienten Bearbeitung, weil jeglicher Mehraufwand zu ihren Lasten geht. Die umgekehrte Gefahr einer nachlässigen Fallbearbeitung aus Kostengründen ist praktisch ausgeschlossen, da die Behörde bei einem Unterliegen zusätzlich den Aufwand des Prozeßgegners (bei Einführung der Budgetierung sogar aus ihrem eigenen Budget!) tragen müßte und da das Gericht durch sachleitende Verfügungen die Behörde zur Mitwirkung am Verfahren zwingen kann (vgl. §§ 86 bis 88 VwGO). Der Ansatz einer Pauschalgebühr entbindet die Behörde von unpraktikablen Aufzeichnungs- und Nachweispflichten für den ihr tatsächlich entstandenen Aufwand. Für den Prozeßgegner resultiert daraus eine Kalkulationssicherheit. Er kann die Kosten je Rechtszug von vornherein abschätzen und ist unabhängig von der behördeninternen Effizienz. Die Gebührenerhebung für die Vollkosten ist sinnvoll, weil der Bedienstete seiner Behörde für die Bearbeitungszeit der Streitsache tatsächlich nicht für andere Tätigkeiten zur Verfügung steht und diese Zeit gedanklich aus dem Arbeitsablauf ausscheidet. Da in ihr auch Sachmittel (Computer, Büroeinrichtung etc.) genutzt werden müssen, ist der Ansatz der Vollkosten richtig. Er beruht auf den dargelegten Durchschnittswerten. Der Ansatz der Gebühr sowohl für die Bearbeitung als auch zeitanteilig für Reisezeiten und Terminswahrnehmungen ist gerechtfertigt, denn auch dieser Aufwand wird nur durch den Prozeß und damit durch die Klageerhebung des Prozeßgegners verursacht. Weder die Reise noch der zugrundeliegende Termin wären der Behörde im üblichen Arbeitsablauf angefallen. Für diese volle Zeit muß sie auf den Mitarbeiter verzichten. § 3 Abs. 2 S. 2 und § 4 Abs. 2 S. 2 VwPKG schaffen die erforderliche Ermächtigung zum Erlaß der Verwaltungsvorschrift. 51 Das Bundesverfassungsgericht hat aus dem Grundsatz der Normenklarheit insbesondere geschlossen, daß der Gebührenpflichtige erkennen können muß, für welche öffentliche Leistung eine Gebühr erhoben wird und welche Kosten einer öffentlichen Leistung in die Gebührenbemessung eingeflossen sind, vgl. BVerfG v. 19. 03. 2003, NVwZ 2003, S. 715 (717).

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§ 3 Abs. 3 VwPKG verdeutlicht, daß die festgesetzten Pauschalen die Obergrenzen der Erstattung sind und höherer Aufwand an Personalkosten (höhere Besoldung als A 13) oder Arbeitszeit nicht zu Lasten des Prozeßgegners gehen darf. Die Verwaltung kann somit nur die Erstattung ihrer durchschnittlich für die Prozeßführung erforderlichen, nicht ihrer tatsächlichen und ggf. überdurchschnittlichen Kosten verlangen. 4. Notwendige Auslagen In § 4 VwPKG wird der Umfang der „notwendigen Auslagen“ festgelegt. Zu diesen gehören eine Porto- und Telekommunikationspauschale und die Reisekosten zu gerichtlich angesetzten Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmeterminen. Die Teilnahme der Behörde an diesen Terminen dient der gerichtlichen Entscheidungsfindung und die Behörde darf sich ihr nicht entziehen52. Die Höhe der Reisekostenaufwendungen steht nicht im Belieben der Behörde. Vielmehr ist der jeweilige Dienstherr nach dem für ihn geltenden Reisekostenrecht zur Zahlung gesetzlich genau festgelegter Beträge verpflichtet. Damit liegen für ihn unausweichliche und somit prozessual notwendige Aufwendungen vor. Für die Porto- und Telekommunikationsaufwendungen ist eine niedrige Pauschale angemessen. Hier kann ohne weiteres auf die in § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO genannten Pauschalbeträge zurückgegriffen werden. Sie beträgt für den Regelstreitwert in der Verwaltungsgerichtsbarkeit maximal 20,– A. Sonstige Auslagen, insbesondere für Privatgutachten oder für Reisekosten weiterer Vertretungspersonen (nicht Arbeitsausfall) sowie für behördliche Kopien aus dem Gericht vorgelegten Akten sind nur erstattungsfähig, soweit sie „notwendig“ waren. Hierzu wird ggf. im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens eine Entscheidung des Gerichts erforderlich sein. Die Darlegungslast liegt bei der Behörde.

5. Geltendmachung und Verzicht Die Geltendmachung der erstattungsfähigen Aufwendungen erfolgt im Kostenfestsetzungsverfahren, um eine gerichtliche Kontrolle der Forderung sicherzustellen. Zur Vereinfachung des Verfahrens soll die Behörde zunächst dem Prozeßgegner eine einfache Kostenrechnung mit Aufschlüsselung ihrer Forderung und der Bitte um Begleichung innerhalb einer angemessenen Frist zusenden. Reagiert er nicht oder verweigert er ausdrücklich die Zahlung, soll die Behörde erst dann einen Kostenfestsetzungsantrag beim Gericht der Hauptsache stellen. Die Billigkeitsklausel ermöglicht der Behörde, auf eine Geltendmachung zu verzichten. Soweit der angegriffene Verwaltungsakt ursprünglich an Ermessensfehlern 52

Ausführlich dazu oben § 4 B. II. 1. b).

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2. Teil: Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen

litt und erst auf gerichtlichen Hinweis hin nachgebessert wurde, was zum Unterliegen des Prozeßgegners führte, ist eine Geltendmachung ausgeschlossen. Damit werden die Unwägbarkeiten des § 114 S. 2 VwGO für das Kostenrecht eliminiert.53 Die Erstattung ist parallel zum Gerichtskostenrecht in Fällen ausgeschlossen, bei denen eine Erhebung von Gerichtsgebühren gesetzlich ausgeschlossen ist (z. B. Sozialhilfe-Streitigkeiten).

6. Inkrafttreten Die Regelung über das Inkrafttreten dient der Vermeidung der Rückwirkungsproblematik. Sollte die Neuregelung auf noch offene Verfahren angewandt werden, läge eine unechte Rückwirkung vor, weil der Lebenssachverhalt (Prozeß) noch nicht abgeschlossen ist. Ein verfassungsrechtliches Verbot bestünde also nicht. Aus Gründen der Akzeptanz beim Bürger (Vorhersehbarkeit des Kostenrisikos vor Ergreifen des Rechtsbehelfs) sollte jedoch jede Rückwirkung vermieden werden.

7. Ergänzung durch die VwPKVV Die Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz fußt auf diesem. Die Form der Verwaltungsvorschrift dient der erleichterten Anpassung an Veränderungen der Kostenstruktur, vor allem an Änderungen im Besoldungsrecht.

III. Zwischenergebnis Die vorgeschlagene Gebührenstaffelung ausschließlich nach Grundgebühr und zeitanteiliger Gebühr ist besonders wichtig, weil sie bei minimal angesetzten Kosten gewährleistet, daß der Bürger auch bei wertmäßig außergewöhnlichen Streitgegenständen nur ein überschaubares Kostenrisiko eingeht. Eine besondere Korrektur erfordert der Fall, daß ein Bürger nur deshalb in einem Prozeß unterliegt, weil die Verwaltung von § 114 S. 2 VwGO Gebrauch gemacht hat. Hier muß er von einer Kostenhaftung verschont bleiben. Anderenfalls würde sich die umstrittene Regelung des § 114 S. 2 VwGO doppelt nachteilig für den Bürger auswirken.

53

Dazu oben § 2 A. II. 3. und später unten § 6 A. I. 2.

§ 6 Die Änderung des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO

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§ 6 Die Änderung des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO und ihre Einbettung in das Rechtssystem Nachdem in § 4 und § 5 dieser Arbeit die Notwendigkeit und die Ausgestaltung der Änderung des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO dargelegt wurden, soll nun geprüft werden, ob die hier vorgeschlagene Neuregelung mit den Maßstäben des Grundgesetzes, des Europarechts und einfachgesetzlichen Bundesrechts vereinbar ist.

A. Die Vorgaben aus Grundgesetz, Europäischer Grundrechtecharta und Europäischer Menschenrechtskonvention Die Prüfung erfolgt zunächst anhand des Grundgesetzes, sodann des Europarechts, dessen Wirkungstiefe auf das nationale Prozeßrecht erst in jüngerer Zeit erkannt wurde.

I. Die Maßstäbe des Grundgesetzes Als hier relevante verfassungsrechtliche Maßstäbe sind in erster Linie die prozessualen Gewährleistungen des effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG und des Anspruchs auf rechtliches Gehör in Art. 103 Abs. 1 GG, sodann, bezogen auf die Kostenlast der Bürger, auch das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sowie das Steuerstaatsprinzip der Art. 104 a ff. GG anzulegen. Die Vereinbarkeit des „Neuen Steuerungsmodells“ mit dem parlamentarischen Budgetrecht und dem Demokratieprinzip wurde bereits geprüft und bejaht, so daß auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann54.

1. Die Rechtsschutzgarantie nach Art. 19 Abs. 4 GG Art. 19 Abs. 4 GG beinhaltet die Garantie effektiven Rechtsschutzes und stellt sich als besonderer Ausfluß des in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegten Rechtsstaatsprinzips dar55. Wegen dieser Systematik bedarf es im Folgenden keines Rückgriffs auf Art. 20 Abs. 3 GG. Art. 19 Abs. 4 GG ist Lex specialis bezogen auf den Siehe oben § 3 A. III. Das Bundesverfassungsgericht betont diese Sonderstellung des Art. 19 Abs. 4 GG für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt, vgl. BVerfGE 81, 347 (356); BVerfG v. 30. 04. 2003, NJW 2003, S. 1924 (1924, 1925). Ähnlich H.-J. Papier, NJW 2001, S. 1089. Zur Schutzrichtung des Art. 19 Abs. 4 GG gegen gerichtliche Entscheidungen jetzt BVerfG v. 30. 04. 2003, NJW 2003, S. 1924 ff.; zustimmend A. Voßkuhle, NJW 2003, S. 2193 (2196, 2200). 54 55

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2. Teil: Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen

Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt und beinhaltet in erster Linie ein subjektiv-öffentliches Recht auf effektiven Rechtsschutz56, daneben eine objektive Wertentscheidung57 und schließlich eine institutionelle Garantie58. Für die vorgeschlagene Erstattung behördlichen Prozeßaufwands ist die grundrechtliche Dimension zu prüfen. Eine Erstattungspflicht des im Prozeß unterlegenen Bürgers könnte als Kostenrisiko abschreckende Wirkung haben oder als Kostenlast die Waffengleichheit der Beteiligten in Frage stellen.

a) Das Kostenrisiko Entsprechend dem Ziel des Art. 19 Abs. 4 GG, die materiellen Rechte des Bürgers gegenüber Akten der öffentlichen Gewalt zu wahren, könnte die Erhebung von Gebühren bei einem Unterliegen im Verwaltungsprozeß den Schutzbereich des Grundrechts eröffnen. Jede Gebührenerhebung erhöht das Kostenrisiko des Bürgers, im Fall des Unterliegens wandelt sich sein Kostenrisiko in eine nicht unerhebliche Kostenlast. Anerkannt ist, daß eine unbeschränkte Kostenhaftung die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes stark gefährden kann59. Indem die Erstattungsregelung das Kostenrisiko des klageinteressierten Bürgers erhöht und seine Entscheidungsfreiheit so einengt, daß er möglicherweise von einer gerichtlichen Durchsetzung seiner materiellen Rechtsposition absieht, ist die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes berührt. Die hier vorgeschlagene Erstattungsregelung eröffnet also den Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 GG. Dieser Eingriff bedarf einer Rechtfertigung, um verfassungsgemäß zu sein. Als vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht wird Art. 19 Abs. 4 GG durch kollidierende Verfassungsgüter begrenzt, mit denen ein Ausgleich im Wege der praktischen Konkordanz herzustellen ist60. Solche Verfassungsgüter sind die Funktionsfähigkeit der Rechtsprechung und der Verwaltung als Ausprägung des Gewaltenteilungsprinzips der Art. 20 Abs. 2 und Art. 28 GG. Sie werden durch die zuneh56 Vgl. P. M. Huber, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / C. Starck, GG, Art. 19, Rn. 378; R. Pitschas, ZRP 1998, S. 96 (98); E. Schmidt-Aßmann, in: Th. Maunz / G. Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4, Rn. 6 ff.; R. Scholz, GS Grabitz, S. 729; P. J. Tettinger, Fairneß und Waffengleichheit, S. 9. 57 Vgl. E. Schmidt-Aßmann, in: Th. Maunz / G. Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4, Rn. 6, 10 ff.; a. A. H. Maurer, FS 50 Jahre BVerfG, S. 476. 58 Dazu E. Schmidt-Aßmann, in: Th. Maunz / G. Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4, Rn. 6, 14; a. A. H. Maurer, FS 50 Jahre BVerfG, S. 477. 59 Vgl. E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 177; im Ergebnis ebenso W. Grunsky, Gutachten A zum 51. DJT, S. A 9; P. M. Huber, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / C. Starck, GG, Art. 19, Rn. 465 f. (zur Prozeßkostenhilfe); F. Lappe, Justizkostenrecht, S. 7; D. Lorenz, FS Menger, S. 147; S. Olbertz, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Vorb. § 154, Rn. 11. 60 So BVerwGE 67, 206 (209 f.); P. M. Huber, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / C. Starck, GG, Art. 19, Rn. 383; auch M. Krugmann, ZRP 2001, S. 306 (308).

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mende Verstrickung der Verwaltung in Prozesse61 und die damit verbundene Belastung der Verwaltungsgerichte gefährdet62. Diese Auffassung zur Begrenzung des Art. 19 Abs. 4 GG ist jedoch nicht unbestritten. Eine Gegenmeinung hält die Einschränkung der Rechtsschutzgarantie durch kollidierende Grundrechte und sonstige Verfassungsgüter, namentlich jenes der Effektivität der Verwaltung, für nicht haltbar63. Unter Hinweis auf die Entscheidung des Grundgesetzes für einen lückenlosen Rechtsschutz gegenüber der Verwaltung lehnt sie jede Relativierung ab und führt im Ergebnis zu einer Verabsolutierung der Rechtsschutzgarantie. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Nach der hier vertretenen Auffassung sollen keine Lücken in den gerichtlichen Rechtsschutz gerissen werden, sondern seine Ausgestaltung soll geändert werden. Zumindest beim letztgenannten Punkt muß der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum haben, weil anderenfalls die Handlungsunfähigkeit der Verwaltung in Kauf genommen würde. Als eigenständige Gewalt nach Art. 20 Abs. 3 GG hat die Verwaltung jedoch eine eigene Daseinsberechtigung als zum Gemeinwohl handelnde Kraft. Wenn schon die materiellen Grundrechte, deren Verteidigung Art. 19 Abs. 4 GG lediglich zu dienen bestimmt ist, relativierbar sind, weshalb sollte dann die formelle Garantie absolut sein? Bewährte prozessuale Institute wie der Suspensiveffekt als Ausfluß gegenläufiger Interessenlagen (vgl. § 80 Abs. 1 S. 1 und 3 VwGO) wären sonst verfassungswidrig. Der Gegenmeinung ist daher nicht zu folgen. Für die Gerichte wird bereits die Frage gestellt, ob der Gesetzgeber die Rechtsschutzgarantie unter einen Finanzierungsvorbehalt stellen kann und in welchem Umfang er zur Bereitstellung von Finanzmitteln für die Gerichte verpflichtet ist64. Einigkeit besteht wohl darin, daß ein „Nulltarif“, also die volle Kostentragung für die Rechtspflege durch die öffentliche Hand, praktisch ebenso wenig finanzierbar ist65, wie eine volle Kostentragung durch den Bürger noch mit dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit in Einklang zu bringen wäre66. Daher sollen Gebühren und Erstattungsleistungen, die als Finanzierungsquelle den Rechtsschutz ebenso ermögDazu oben § 2 A. II. 1. m. w. N. Zu dieser Gefährdung ausführlich oben § 4 B. I. 63 So H. Maurer, FS 50 Jahre BVerfG, S. 490 f. 64 Ausführlich zu dieser Thematik M. Krugmann, ZRP 2001, S. 306 (308). 65 Zum „Nulltarif“ W. Grunsky, Gutachten A zum 51. DJT, S. A 22 – 24; D. Lorenz, FS Menger, S. 147. Th. Würtenberger, FS Brohm, S. 641 ff., insbes. S. 642, will zwischen dem individuellen Prozeßnutzen der Rechtsdurchsetzung und dem kollektiven Prozeßnutzen der Rechtsfortbildung unterscheiden. Je mehr ein Urteil der Rechtsfortbildung dient, einen desto größeren Teil der Prozeßkosten soll die Allgemeinheit tragen. Dieses Modell deckt sich im Ergebnis mit dem hier vorgeschlagenen, soweit eine Kostentragung der öffentlichen Hand bei von vornherein aussichtslosen oder mutwilligen Prozessen mangels kollektivem Nutzen ausgeschlossen werden soll. Der Vorteil des hiesigen Modells liegt in der größeren Praktikabilität und Transparenz gegenüber der von Th. Würtenberger, FS Brohm, S. 643, vorgeschlagenen Billigkeitsregelung. 66 Zu diesem Problembereich E. Becker-Eberhard, Kostenerstattung, S. 177; auch R. Scholz, GS Grabitz, S. 725. 61 62

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lichen wie sie ihn als Prozeßkostenrisiko erschweren67, in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Rechtsschutzgarantie und Finanzierungsvorbehalt stehen. Wie bereits ausgeführt, decken die hier vorgeschlagenen Gebühren keinesfalls die tatsächlich anfallenden Kosten der prozeßbefangenen Behörde68. Die Verfahrensgebühr beispielsweise ist fix und berücksichtigt den höheren Bearbeitungsaufwand komplizierterer Prozesse nicht. Selbst wenn für einfache, alltägliche Verfahren noch eine annähernde Kostendeckung anzunehmen wäre, läge die Hauptlast der Kosten bei aufwendigen Prozessen auch nach Einführung der hier vorgeschlagenen Regelungen noch immer bei der öffentlichen Hand. Zusätzlich wird der Kalkulation nur die Vertretung durch einen geringst möglich besoldeten, hinreichend qualifizierten Bediensteten zugrundegelegt. In Fällen, in denen keine Gerichtsgebühren erhoben werden, ist nach § 5 Abs. 3 VwPKG eine Kostenerstattung sogar ausgeschlossen. Auf diese Weise wird dem Ziel des Art. 19 Abs. 4 GG, jedem Bürger unabhängig von seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit den Weg zu den Gerichten zu eröffnen, in größt möglichem Umfang Genüge getan. Zugleich wird der funktionale Zusammenhang zwischen dem Kostenrisiko einerseits und der mutwilligen Inanspruchnahme von Gericht und Verwaltung andererseits69 nicht völlig außer acht gelassen. Die Verwaltung wird durch die nicht kostendeckende Erstattung sicher nicht motiviert, selbst Prozesse des Bürgers zu provozieren. Aber sie wird durch die teilweise kostendeckende Erstattung in die Lage versetzt, trotz Budgetierung und Kostenverantwortung Prozesse zur Durchsetzung öffentlicher Interessen zu führen, ohne ihrerseits wegen des drohenden Kostenrisikos70 auf eine Prozeßführung verzichten zu müssen. Die Verwaltung wird deshalb weder „Prozeßlust“ noch „Prozeßscheu“ zeigen. Wegen des Gebots zeitnahen Rechtsschutzes71 muß eine übermäßige Inanspruchnahme der Gerichte mit Bagatellverfahren oder gar querulatorischen72 und von vornherein erkennbar nicht erfolgversprechenden Prozessen verhindert werden. Diesen Dualismus betont D. Lorenz, FS Menger, S. 147. Siehe oben § 5 A. II. 3. 69 Die prozessuale Kostenerstattung erfüllt „die bedeutende Funktion, von nicht aussichtsreicher oder mutwilliger Prozeßführung abzuhalten, die es sowohl im Interesse der Funktionsfähigkeit der Justiz als auch zum Schutz der Gegenseite vor einer willkürlichen Einbeziehung in Prozeßverfahren zu verhindern gilt“, so N. Dethloff, NJW 2000, S. 2225 (2230). Ähnlich Th. Würtenberger, FS Brohm, S. 643, und zur Funktion der Erfolgsprüfung bei der Gewährung von Prozeßkostenhilfe N. Trocker, Gutachten B zum 51. DJT, S. B 70. Allgemein zur Abschreckungswirkung vor unnötiger Inanspruchnahme W. Brohm, FS Knöpfle, S. 64. 70 Dieses Kostenrisiko droht ihr nach der Auslegung des § 162 Abs. 1 VwGO durch die h. M. 71 Dazu ThürVerfGH v. 15. 03. 2001, NVwZ 2001, S. 2708 (2709 f.) = DVBl. 2001, S. 1150 (1151 ff.); Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (374); auch D. Merten / M. Jung, in: R. Pitschas, Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 32. 72 Vgl. zu dieser Problematik K. Kröpil, DVBl. 2000, S. 686 (687). Allgemeiner BVerfGE 50, 217 (230 f.). 67 68

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Aber auch die Verwaltung steht unter einem erheblichen Zeitdruck, soll sie ihren Auftrag zum Gesetzesvollzug effektiv erfüllen73. Dabei muß sie in der Sache rechtzeitig handeln und im Prozeß zeitnah auf gegen sie gerichtete Anträge und Klagen reagieren. Angesichts der hohen Eingangszahlen bei den Verwaltungsgerichten ist ihre Funktionsfähigkeit ernsthaft bedroht. Auch die Verwaltung wird in ihrer eigentlichen Verwaltungstätigkeit durch eine übermäßige Inanspruchnahme mit Prozeßvertretungen beeinträchtigt. Der Gesetzgeber hat auf der Ebene der zweiten und dritten verwaltungsgerichtlichen Instanz zwar reagiert und durch die Einführung der Zulassungspflicht für die Rechtsmittel dort eine Entlastung geschaffen. Für die Verwaltungsgerichte hat er aber keine solche direkte Einschränkung vorgenommen, weil der Bürger zur ersten Instanz grundsätzlich uneingeschränkt Zugang haben muß, ohne daß eine Vorprüfung der Bedeutung und Berechtigung der Streitsache erfolgt. Im PKH-Verfahren beispielsweise ist die Vorprüfung nur summarisch und der finanziellen Tragweite der Entscheidung angepaßt, der Weg zum Gericht steht auch nach Ablehnung des PKH-Antrags offen. Es handelt sich nur um eine indirekte Beschränkung, weil der Bürger weiterhin gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann – allerdings ohne kostenmäßige Erleichterungen. Damit weist der Gesetzgeber einen gangbaren Weg: Je weiter der Zugang zum Rechtsmittel eingeschränkt wird, desto mehr Bedeutung kommt zwar dem Zugang zur ersten Instanz zu. Soll dieser Zugang gegenüber aussichtlosen Streitsachen aber ebenfalls beschränkt werden, ist zumindest eine indirekte Beschränkung auf der Kostenseite möglich. Sie liegt in der hier vorgeschlagenen Gebührenerhebung. Die indirekte Beschränkung durch eine (zu den Gerichtsgebühren) zusätzliche Gebührenerhebung für die behördliche Prozeßvertretung ist in Abwägung der widerstreitenden Interessen geeignet, die Funktionsfähigkeit der Gerichte und der Verwaltung sicherzustellen, indem sie einem prozeßwilligen Bürger sein Kostenrisiko vor Augen führt74. Hier gilt: „Je teurer eine Leistung ist, . . . desto sorgfältiger wird der Benutzer überlegen, ob er sie in Anspruch nimmt“75. Ein Prozeß verursacht der Allgemeinheit erhebliche Kosten, die der Bürger im Fall des Unterliegens zu tragen hat. Zwar hat die Verwaltung das Recht zur Selbsttitulierung inne und greift bei ihren Maßnahmen meist in Rechtspositionen des Bürgers ein, doch dies berechtigt ihn nicht, sich in Situationen rechtmäßigen Verwaltungshandelns in aussichtslose Prozesse auf Kosten der Allgemeinheit zu stürzen. Er kann und darf selbst in aussichtslosen Fällen weiterhin den Rechtsweg beschreiten, aber er muß Vgl. zu diesem Gesichtspunkt W. Berg, Die Verw. 9 (1976), S. 161 (167) m. w. N. Nimmt der Bürger eine Rechtsschutzversicherung in Anspruch, so erhöht sich sein Kostenrisiko durch den Prozeß nicht mehr, weil er seine Versicherungsbeiträge bereits entrichtet hat und keine Nachforderung bei einem Prozeßverlust fürchten muß. Die Gebührenerhebung hat hier nur insofern eine dämpfende Wirkung, als sie die Versicherungen generell entweder zu höheren Beitragsforderungen oder zum Ausschluß solcher Prozeßrisiken aus ihrem Leistungskatalog bewegt. Allgemein zu dieser Problematik oben § 4 B. II. 2. b). 75 J. Oebbecke, in: ders. / D. Ehlers / A. Schink / H. Pünder, Kommunalfinanzen, S. 128 (zur Signalwirkung von Gebühren). 73 74

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damit rechnen, mehr als bisher im Fall seines Unterliegens an den verursachten Kosten beteiligt zu werden. Die indirekte Beschränkung ist erforderlich, weil andere, weniger einschneidende Instrumente wie eine Vorprüfung durch das Gericht über PKH-Fälle hinaus oder eine Einführung einer Mißbrauchsgebühr die Verwaltungsgerichte nicht entlasten, sondern zusätzlich belasten. Ein Vorprüfungsverfahren erfordert je nach Aktenlage eine umfangreiche Einarbeitung des Berichterstatters in den Sach- und Streitstand, die eigentlich der Hauptsacheprüfung vorbehalten bleiben sollte76. Sie entlastet die Allgemeinheit auch nicht von den durch die Prüfung entstehenden zusätzlichen Kosten, die denen eines – ggf. ja zu vermeidenden – Hauptsacheverfahrens entsprechen. Eine Mißbrauchsgebühr läßt sich erst im nachhinein verhängen, wenn die Prüfung der Hauptsache nicht nur zum Unterliegen des Prozeßführers, sondern auch zur Feststellung des Mißbrauchstatbestandes geführt hat. Auch hier muß das Gericht die Streitsache vorab in vollem Umfang prüfen. Der zu vermeidende Aufwand entsteht also trotzdem. Die vorgeschlagene Beschränkung ist schließlich auch verhältnismäßig i. e. S., weil es der Bürger in der Hand hat, das Kostenrisiko einzugehen und das Verwaltungsgericht anzurufen oder nicht. Will er den Rechtsweg beschreiten, steht ihm dieser ohne eine unüberwindliche Einschränkung des Zugangs offen. Art. 19 Abs. 4 GG ist daher unter dem Gesichtspunkt des Kostenrisikos nicht verletzt. Die Einlegung des Rechtsbehelfs fällt hinsichtlich des „Ob“ in den Bereich des Kostenrisikos und wurde soeben behandelt. Hinsichtlich des „Wie“ könnte Art. 19 Abs. 4 GG als Verfahrensnorm verletzt sein, wenn die Regelungen über die Kostenerstattung Verfahrensregeln sind und den Zugang zum Gericht unverhältnismäßig erschweren. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet zwar nicht, daß der Gesetzgeber solche Verfahrensregeln schafft, die dem Bürger in jedem Fall bestmöglichen Rechtsschutz gewährleisten77. Aber er verbietet die Errichtung unangemessen hoher verfahrensrechtlicher Hindernisse für den Zugang zum Gericht78. Der Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 GG könnte dabei eröffnet sein, wenn die Erstattung auf das Gerichtsverfahren einwirkt. Die hier vorgeschlagene Erstattung wird dem Gerichtsverfahren nachgelagert sein, weil sie von der Kostengrundentscheidung abhängt, die das Gericht erst mit seiner Entscheidung zur Sache gemäß § 161 Abs. 1 VwGO trifft. Sie hat also keine Vorwirkung in den Bereich der Einlegung des Rechtsbehelfs und berührt den Zugang zum Gericht nicht von vornherein. Der Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 GG ist daher unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrenshindernisses nicht eröffnet.

76 Diese Kritik wurde der Zulassungsberufung schon vor ihrer Einführung zu Recht entgegengehalten, vgl. ausführlich K. Redeker, NVwZ 1996, S. 521 (524). 77 Siehe BVerfGE 70, 35 (56); auch E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. SchmidtAßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 11. 78 BVerfGE 60, 253 (269); E 69, 381 (385).

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b) Die Waffengleichheit Aus Gründen der besseren Darstellbarkeit wurde der Aspekt der Waffengleichheit bereits erörtert79; auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen. Im Ergebnis verschiebt die hier vorgeschlagene Erstattungsregelung die Gewichte im Verwaltungsprozeß nicht derart, daß die Waffengleichheit zu Lasten des prozeßführenden Bürgers beeinträchtigt wäre. Daher ist Art. 19 Abs. 4 GG als Schutzgarantie vor unzumutbaren Kostenrisiken oder vor Waffenungleichheit im Prozeß nicht verletzt. Die vorgeschlagene Erstattungsregelung verstößt nicht gegen Art. 19 Abs. 4 GG.

2. Das Recht auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG Neben Art. 19 Abs. 4 GG stellt Art. 103 Abs. 1 GG eine weitere Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips dar80 und könnte durch eine Erstattungspflicht zugunsten des Rechtsträgers einer Behörde verletzt sein, wenn die vorgeschlagene Erstattungsregelung den Anspruch des Bürgers auf rechtliches Gehör unzulässig verkürzt. Aus dem Schutzbereich des Art. 103 Abs. 1 GG könnte das Recht des Einzelnen, nicht Objekt eines Verfahrens zu sein, sondern vor einer seine Rechte betreffenden Entscheidung zu Wort zu kommen und Einfluß auf das Verfahren und dessen Ergebnis zu nehmen81, berührt sein. Die Verwirklichungsstufen sind dabei Rechte auf Information, Äußerung und Berücksichtigung82. In der hier vorgeschlagenen Regelung einer zeitanteiligen Gebühr gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1b) und 2b) VwPKG liegt für den Bürger ein Anreiz, auf eine mündliche Verhandlung, für die sonst weitere Gebühren anfallen könnten, aus Kostengründen zu verzichten. Die bereits in anderem Zusammenhang festgestellte Tendenz, daß das schriftliche Verfahren das mündliche zurückdrängt83, wird durch diese Gebührenstufung verstärkt. Hinzu tritt die Wirkung des § 114 S. 2 VwGO, wonach die Behörde noch im laufenden Prozeß Ermessenserwägungen nachbessern und – entgegen der Ausgangslage – den Prozeß sogar noch für sich entscheiden kann. In dieser Regelung wird eine Gefahr für das Grundrecht auf rechtliches Gehör gesehen, weil dem Betroffenen Informationen über die maßgeblichen Gründe fehlen, die er jedoch benötigt, um die ErfolgsZur Waffengleichheit ausführlich oben § 4 B. II. 1. b). Zur Ableitung aus dem Rechtsstaatsprinzip BVerfGE 86, 133 (144); E 89, 28 (35); E v. 30. 04. 2003, NJW 2003, S. 1924 (1926). Zum Verhältnis zu Art. 19 Abs. 4 GG siehe E. Schmidt-Aßmann, in: Th. Maunz / G. Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4, Rn. 19. 81 BVerfGE 86, 133 (144); E 89, 28 (35); E v. 30. 04. 2003, NJW 2003, S. 1924 (1926). Allgemein zum Recht auf rechtliches Gehör W. Berg, Staatsrecht, Rn. 497 f. 82 So BVerfG v. 30. 04. 2003, NJW 2003, S. 1924 (1926); ebenso E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 46. 83 Vgl. K.-M. Ortloff, NVwZ 1995, S. 28. 79 80

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aussichten seines Rechtsbehelfs richtig einschätzen zu können. Er erfährt diese Gründe bei § 114 S. 2 VwGO nicht vor, sondern nach der Klageerhebung84. Beide Gesichtspunkte, der Kostendruck und die behördlichen Nachbesserungsmöglichkeiten, berühren den Schutzbereich des rechtlichen Gehörs. Während der Kostendruck jedoch keinen unmittelbaren Einfluß auf die Verfahrensrechte des Bürgers hat – er kann auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten, muß aber nicht – wirkt § 114 S. 2 VwGO direkt auf die Ausgangsposition des Bürgers im Verfahren ein. Beruht eine Gebührenregelung auf dem Unterliegensprinzip und knüpft so an den prozessualen Erfolg an, verstärkt sie die Auswirkungen des § 114 S. 2 VwGO noch zusätzlich. Daher eröffnet die Kombination von erfolgsorientierter Gebührenerhebung und erfolgsrelevanter Nachbesserungsnorm den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 1 GG. Bei diesem vorbehaltlosen Grundrecht auf rechtliches Gehör muß sich die Gebührenerhebung als mittelbare Einschränkung im Rahmen der gebotenen Abwägung durch andere Verfassungsgüter rechtfertigen lassen. Zugunsten der kostenmäßigen Abstufung zwischen pauschaler Grund- und zeitanteiliger Terminsgebühr spricht die Funktionsfähigkeit von Gericht und Verwaltung. Verzichten die Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, ggf. nach rechtlichen Hinweisen durch das Gericht und dem schriftsätzlichen Austausch der unterschiedlichen Positionen, kann das Gericht zeitnäher und ohne Rücksicht auf Terminplanungen entscheiden. Soweit also reine Rechtsfragen den Gegenstand des Prozesses bilden, dürfte sich das Verfahren ohne mündliche Verhandlung als kostengünstiger und schneller erweisen. Für den Bürger und für die Verwaltung besteht Anreiz genug, die Sach- und Rechtslage bereits im vorbereitenden schriftlichen Verfahren zu klären und ggf. durch Bitte um gerichtlichen Hinweis die Rechtsauffassung des Gerichts zu erfahren. Die Möglichkeit der mündlichen gerichtlichen Verhandlung bleibt grundsätzlich unbenommen, je nach erreichtem Verfahrensstand kann sie gestrafft und für alle Seiten kostengünstiger erfolgen. Ein derart gestrafftes gerichtliches Verfahren bringt Bürger und Verwaltung auch tatsächlich in den Genuß jener Zeit- und Kostenersparnis, die mit der stufenweisen Einschränkung des Widerspruchsverfahrens beabsichtigt war und ist. Der bloß verstärkte Anreiz – nicht Zwang! – zum Verzicht auf eine mündliche Verhandlung ist also unter dem Gesichtspunkt der Gewährung zeitnahen und kostengünstigen Rechtsschutzes gerechtfertigt und verletzt nicht das Recht auf rechtliches Gehör. Schwieriger stellt sich die Lage bei der Rechtfertigung der mit § 114 S. 2 VwGO verbundenen Beschränkung des rechtlichen Gehörs dar. Die Funktionsfähigkeit der Gerichte und der Verwaltung kann hier nicht als Rechtfertigung dienen, weil § 114 S. 2 VwGO nicht der Entlastung der Gerichte von Prozessen überhaupt dient, sondern nur der Entlastung von vermeidbaren Folgeprozessen. Der Prozeß gegen den ursprünglichen Verwaltungsakt mit nachgebesserten Ermessenserwägungen soll nur fortgeführt werden, um zu verhindern, daß die Verwaltung bei einem Un84

Kritisch zu dieser Norm D. Oppermann, Die Verw. 30 (1997), S. 517 (533).

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terliegen im Ausgangsprozeß einen neuen Verwaltungsakt mit nunmehr tragfähiger Begründung erläßt, gegen den sich der Bürger mit einem weiteren Folgeprozeß wehren würde. Allein aus Gründen der Prozeßökonomie soll der Ausgangsprozeß das Forum für eine umfassende Klärung des Rechtsstreits bilden85. Damit wird das Gericht jedoch nicht von mutwilligen oder nicht erfolgversprechenden Prozessen entlastet, sondern nur von Folgeprozessen. Die mit der vorgeschlagenen Erstattungsregelung u. a. beabsichtigte Entlastung der Gerichte kann in den Anwendungsfällen des § 114 S. 2 VwGO im Erstverfahren gar nicht erreicht werden. Der Bürger hat ja einen anfangs durchaus erfolgversprechenden Prozeß angestrengt, sonst bedürfte es einer behördenseitigen Nachbesserung gar nicht. Würde auch hier die erweiterte Kostenhaftung greifen, wäre Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Der Bürger würde wegen § 114 S. 2 VwGO die relevanten Informationen erst nach Klageerhebung erhalten, wenn er seine Kostenhaftung bereits ausgelöst hat. Die Konsequenz muß also darin bestehen, die Wirkungen des § 114 S. 2 VwGO für die Kostenhaftung des Bürgers zu eliminieren. Dies geschieht durch § 5 Abs. 2 S. 2 VwPKG, wonach die Kostenhaftung des Bürgers entfällt, wenn die Behörde allein aufgrund einer Nachbesserung nach § 114 S. 2 VwGO auf einen gerichtlichen Hinweis hin obsiegt hat. Unter dieser Einschränkung ist die Kostenhaftung im übrigen mit dem Recht auf rechtliches Gehör vereinbar und verletzt Art. 103 Abs. 1 GG nicht.

3. Das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG Das Sozialstaatsprinzip erfährt seine spezifisch prozessuale Ausprägung in Verbindung mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG dadurch, daß der Zugang zum Gericht nicht lediglich dem finanziell Stärkeren eröffnet und dem finanziell Schwächeren verschlossen sein darf. Es verlangt eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes86. Diesen Grundsätzen muß das hier vorgeschlagene Modell entsprechen. Eine Angleichung der Situation wirtschaftlich unterschiedlich leistungsfähiger Bürger kann sowohl bei der Gebührenbemessung als auch bei der Gewährung von Prozeßkostenhilfe stattfinden, so daß hier beide Bereiche zu prüfen sind. Wie bereits beschrieben, verzichtet das hier vorgeschlagene Erstattungsmodell auf eine Gebührenstaffelung nach Schwierigkeit der Rechtssache, Streitwert oder Leistungsfähigkeit des Rechtsbehelfsführers. Die Basisgebühr ist moderat kalkuliert, eine Progression findet nicht statt. Auf diese Weise werden die Aspekte des Streitwerts oder des Streitgegenstands aus der Gebührenbemessung ausgeklammert. Für den Bürger ergeben sich keine Unterschiede, ob er um eine objektiv Vgl. M. Pöcker / R. Barthelmann, DVBl. 2002, S. 668. BVerfGE 81, 347 (356); E. v. 10. 08. 2001, DVBl. 2001, S. 1748 (1749); std. Rspr. Allgemein zum Sozialstaatsprinzip W. Berg, Staatsrecht, Rn. 163 ff. 85 86

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wichtige oder unbedeutende Sache streitet. Er geht stets dasselbe Kostenrisiko bei der Basisgebühr und ein absehbares Kostenrisiko bei der zeitanteiligen Gebühr ein, die bei langwierigen mündlichen Verhandlungen in der Summe moderat höher liegen wird87. Wegen des insgesamt niedrigen Niveaus der Gebühren wird die Gefahr einer Quersubvention zwischen verschiedenen Rechtsbehelfsführern eliminiert. Da jedes Verfahren nur maximal kostendeckend sein wird, müssen die Kosten von Streitverfahren, die über den Erstattungsbeträgen liegen, aus allgemeinen Steuermitteln aufgebracht werden. Nennenswerte „Gewinne“ als Kostenüberdeckungen aus anderen Verfahren kann es aufgrund der höchstens kostendeckenden Kalkulation nicht geben. Ungeachtet einer steuerlichen Umverteilung, die von dieser Gebührenerhebung unabhängig und unbeeinflußt ist, wird keine Quersubvention stattfinden. Ungeachtet ihrer unterschiedlichen finanziellen Leistungsfähigkeit werden die Bürger bei dieser Gebührenkalkulation nur zu einheitlich niedrigen Gebühren herangezogen. Das Institut der Prozeßkostenhilfe dient ebenfalls dem Zweck der Angleichung, wobei der finanziell Unbemittelte lediglich einem solchen Bemittelten gleichgestellt werden soll, der seine Prozeßaussichten vernünftig abwägt und dabei das Kostenrisiko berücksichtigt88. Es wird für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet, die Gewährung von Prozeßkostenhilfe davon abhängig zu machen, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint89. Wird einem Rechtsbehelfsführer Prozeßkostenhilfe gewährt, steht zugleich fest, daß er wirtschaftlich nicht leistungsfähig ist, aber die Erfolgsaussichten seines Begehrens in der Hauptsache hinreichend sind. Ihn zu einer Erstattung heranzuziehen, würde ihn jedoch besonders hart treffen und ihn möglicherweise von einer gerechtfertigten Rechtsverfolgung abhalten. Daher verzichtet das Erstattungsmodell in § 5 Abs. 3 VwPKG auf eine Heranziehung unterlegener Prozeßbeteiligter, denen Prozeßkostenhilfe gewährt worden ist. Die Ermöglichung der Rechtsverfolgung muß hier Vorrang erhalten vor einer Entlastung der Gesamtheit der Steuerzahler oder einer Entlastung der Verwaltungsgerichte und der Verwaltung. Letzteres wird bereits dadurch erreicht, daß der Gewährung von Prozeßkostenhilfe eine gerichtliche Prüfung der Erfolgsaussichten vorangestellt ist und das Gericht so vor mutwilligen und aussichtslosen Prozessen geschützt wird. In erfolgversprechenden Verfahren kann der finanziell nicht leistungsfähige Bürger also prozessieren, ohne ein zusätzliches Kostenrisiko fürchten zu müssen. Bei nicht erfolgversprechenden Verfahren kann er nach der gerichtlichen Ablehnung seines Antrags auf Prozeßkostenhilfe eine Entscheidung treffen, ob er seinen Rechtsbehelf aufrechterhält oder nicht. Er muß dann mit einem zusätzlichen Erstattungsanspruch rechnen. Damit ist ein Mittelweg zwischen Rechts87 Bezeichnend W. Leisner, NJW 2001, S. 1329 (1331): „Der Rechtsstaat . . . verlangt Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns, nicht schenkende Befriedigung gerade auftretender Bedürfnisse im Einzelfall.“ 88 Das betont BVerfG v. 10. 08. 2001, DVBl. 2001, S. 1748 (1749). 89 Ebenda.

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schutzgarantie und Sozialstaatsprinzip gefunden. Erst recht gilt dies, wenn im Bereich der Streitsache aus sozialen Gründen keine Gerichtsgebühren erhoben werden dürfen (z. B. in Streitigkeiten um die Gewährung von Sozialhilfe). In diesen Fällen hat der Gesetzgeber ohnehin der Rechtsschutzgarantie den Vorrang vor Kostengesichtspunkten eingeräumt. Dem folgt § 5 Abs. 3 VwPKG, indem er in solchen Fällen eine Erstattung ausschließt. Das vorgeschlagene Modell berücksichtigt somit das Sozialstaatsprinzip im verfassungsrechtlich erforderlichen Umfang und verletzt es nicht.

4. Das Prinzip des Steuerstaats gemäß Art. 104 a ff. GG Die hier vorgeschlagene Gebührenerhebung muß außer mit den soeben geprüften Verfassungsprinzipien ebenso mit den Vorgaben des Grundgesetzes zur Finanzverfassung in Einklang stehen90. Anderenfalls könnte sie gegen das Steuerstaatsprinzip verstoßen. a) Das Prinzip des Steuerstaats Inhalt und Tragweite des Steuerstaatsprinzips sind umstritten. Für die Prüfung der vorgeschlagenen Erstattungsregelung muß zunächst dieses Prinzip herausgearbeitet werden, bevor es als Maßstab zur Prüfung der Vereinbarkeit herangezogen werden kann. Die Theorien zum Steuerstaatsprinzip gehen von zwei Befunden aus: Erstens hat das Steuerrecht in Art. 104 a ff. GG eine sehr detaillierte Regelung gefunden, während für Gebühren keine verfassungsrechtliche Regelung existiert. Zweitens stellen die Einnahmen aus Steuern eine – wenn nicht sogar die wichtigste91 – Einnahmequelle der öffentlichen Haushalte dar. Vor diesem Hintergrund wird diskutiert, ob aus diesen Befunden auf ein Steuerstaatsprinzip geschlossen werden kann oder ob umgekehrt diese Befunde gerade die Folge eines solchen Prinzips sind und weitere Auswirkungen auf das Gebührenrecht haben können. Eine als „Regelkonzept“ bezeichnete92 Auffassung nimmt an, das Grundgesetz setze die Steuer als Regeltypus der Abgabe voraus und die Gemeinlast sei die verfas90 Das Bundesverfassungsgericht sieht in Verletzungen von finanzverfassungsrechtlichen Normen zugleich mögliche Verletzungen der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG, vgl. BVerfG v. 10. 03. 1998, DVBl. 1998, S. 699; allgemeiner zur verfassungsmäßigen Ordnung BVerfGE 19, 206 (215 f.). 91 Die Steuereinnahmen in der Bundesrepublik betrugen im Jahr 2000 470,9 Mrd. A, die Sozialbeiträge 358,3 Mrd. A, wie das Institut der Deutschen Wirtschaft (Hrsg.), Deutschland in Zahlen, Ausgabe 2001, S. 67, feststellte. Zur Bedeutung der Steuereinnahmen siehe W. Heun, in: U. Sacksofsky / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 16; J. Isensee, FS Ipsen, S. 420; F. Kirchhof, Die Verw. 21 (1988), S. 137 (146 f.); U. Sacksofsky, in: dies. / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 196. 92 So E. Gawel, Umweltabgaben, S. 97; ders., Der Staat 39 (2000), S. 209 (211).

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sungsgerechte normale Finanzierungsgrundlage des staatlich herzustellenden Gemeinwohls93. Eine andere Auffassung sucht nach quantitativen Maßstäben und fordert als „Schwerpunktkonzept“94, die Finanzierung des Staatsbedarfs müsse vornehmlich durch Steuern erfolgen95. Dabei wird eingeräumt, daß eine zahlenmäßige Obergrenze des anderweitig erzielten Abgabenaufkommens kaum möglich ist96. Die Vertreter einer dritten, als „Rechtfertigungskonzept“ zu bezeichnenden97 Auffassung begründen die Vorrangstellung der Steuer mit dem Bedürfnis nach einer besonderen, über die Zulässigkeit der Erhebung einer Abgabe hinausreichenden Rechtfertigung98. Eine vierte Alternative wäre, anhand der Interessenlage oder der Verursachung Bereiche abzuschichten, in denen eine Gebührenerhebung unzulässig wäre99. Sie kann als „Zuordnungskonzept“ bezeichnet werden100. Schließlich bildet sich eine fünfte Auffassung heraus, die „Funktionskonzept“ genannt werden kann. Ihr zufolge ist die Steuer nicht der verfassungsrechtliche Regeltypus der Finanzierung öffentlicher Aufgaben, sondern der Regeltypus zur Beschaffung frei disponibler Fiskalität101. Unter diesen fünf Auffassungen ist nun das überzeugendste Modell zu wählen, anhand dessen die Erstattungsregelung zu messen sein wird. Zugunsten des „Regelkonzepts“ wird angeführt, der Fiskus bedürfe für den Rückgriff auf nichtsteuerliche Abgaben einer besonderen Rechtfertigung aus dem Formgesetz des jeweiligen Abgabentypus; bei der Gebühr liege die Legitimation in der Gegenleistung für eine besondere Leistung der öffentlichen Verwaltung102. Der allgemeine Finanzbedarf des Staates hingegen sei nach dem Prinzip der Gemeinlast aus Steuern zu decken103. Würde dieses Konzept ohne Einschränkung 93 Vgl. J. Isensee, FS Ipsen, S. 430; ähnlich P. Kirchhof, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 88, Rn. 182; H. Weber-Grellet, NJW 2001, S. 3657 (3661). 94 So E. Gawel, Der Staat 39 (2000), S. 209 (211). 95 Vgl. BVerfGE 93, 319 (342): „In erster Linie“. Ähnlich W. Berg, Staatsrecht, Rn. 351: „Im Wesentlichen“; ebenso Chr. Behlert, Staffelung, S. 64, mit der Einschränkung auf die Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben. 96 Dies betont C. Gramm, Der Staat 36 (1997), S. 267 (277). Die Schwierigkeit einer Quantifizierung zeigt sich bei F. Kirchhof, Die Verw. 21 (1988), S. 137 (146), der in einer nichtsteuerlichen Einnahmenquote von 25 % bereits eine Gefahr für den Typus des Steuerstaats sieht, ohne jedoch für diesen Wert eine exakte Begründung liefern zu können. 97 E. Gawel, Der Staat 39 (2000), S. 209 (211 f.), bezeichnet sie als „qualitatives Vorrangkonzept“. Diese Bezeichnung birgt jedoch die Gefahr einer Verwechslung mit dem von ihm so bezeichneten „Zuordnungskonzept“, so daß die hier gewählte Benennung eindeutiger ist. 98 Dies deuten BVerfGE 93, 319 (342 f.) und BVerfG v. 19. 03. 2003, NVwZ 2003, S. 715 (716) an. 99 Als Einwand bei C. Gramm, Der Staat 36 (1997), S. 267 (277), angesprochen. 100 So E. Gawel, Der Staat 39 (2000), S. 209 (212). 101 Vgl. E. Gawel, Umweltabgaben, S. 99; ders., Der Staat 39 (2000), S. 209 (217 f.). Anklingend bei J. Isensee, FS Ipsen, S. 416 (unter 5. und 6.) und bei F. Kirchhof, Die Verw. 21 (1988), S. 137 (147, 153). 102 Vgl. J. Isensee, FS Ipsen, S. 430. 103 So P. Kirchhof, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 88, Rn. 182. Eine prinzipielle Steuerstaatlichkeit betont ebenfalls H. Weber-Grellet, NJW 2001, S. 3657 (3662).

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gelten104, wäre wegen des rückläufigen Steueranteils jede weitere Gebührenerhebung unzulässig. Sie würde den Steuerstaatstypus weiter aushöhlen, so daß die vorgeschlagene Erstattungsregelung verfassungswidrig wäre. Gegen das „Regelkonzept“ wird eingewandt, die besondere verfassungsrechtliche Ausgestaltung der Steuer konstituiere sie nicht als Regeltypus staatlicher Einnahmen105. Die unterschiedlichen Rechtfertigungsvoraussetzungen von Steuer und Gebühr trügen diesen Schluß nicht. Dieser Kritik ist zuzustimmen, weil der hohe Regelungsaufwand im Grundgesetz vornehmlich die Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund und Ländern betrifft und dieses Verhältnis der Ausgewogenheit wegen sehr detailliert geregelt werden mußte106. Anderenfalls könnten Verschiebungen in der Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund und Ländern zentralistische oder divergierende Tendenzen ungewollt fördern107. Daher überzeugt die Deduktion vom hohen Regelungsaufwand im Grundgesetz auf eine allgemeine Vorrangstellung der Steuer im Kanon der Abgaben nicht; das „Regelkonzept“ ist abzulehnen. Das „Schwerpunktkonzept“ stützt sich auf eher quantitative Kriterien, wonach die Finanzierung des Staates vornehmlich oder in erster Linie aus Steuern zu erfolgen habe108. Dieser Theorie fehlen jedoch praktikable Maßstäbe109. Der Staat deckt seinen Mittelbedarf gegenwärtig unter Berücksichtigung der Soziallasten nahezu hälftig, auf kommunaler Ebene sogar überwiegend aus nichtsteuerlichen Einnahmen110, so daß das „Schwerpunktkonzept“ entweder bereits außer Kraft gesetzt ist oder schlicht mit der vom Grundgesetz geprägten Staatswirklichkeit unvereinbar ist. Letzteres überzeugt, so daß dieses Konzept keine verfassungsgemäße Interpretation der Steuerverfassung darstellt und ebenfalls abgelehnt werden muß. Das „Zuordnungskonzept“ beruht auf dem Gedanken, bestimmte Bereiche des Verwaltungshandelns könnten wegen des in ihnen überwiegenden öffentlichen InEinschränkend F. Kirchhof, Die Verw. 21 (1988), S. 137 (141). Vgl. E. Gawel, Umweltabgaben, S. 98 f.; ders., Der Staat 39 (2000), S. 209 (210, 214); auch U. Sacksofsky, in: dies. / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 196 ff. 106 Vgl. E. Gawel, Umweltabgaben, S. 99; ders., Der Staat 39 (2000), S. 209 (217 f.). Zur Gefahr einer Außerkraftsetzung dieses Verteilungssystems siehe BVerfGE 93, 319 (342); E. v. 28. 03. 2002, NJW 2002, S. 2020 f. 107 Die Streitigkeiten um die Verteilung der Erlöse aus den UMTS-Frequenzen unterstreichen diesen Befund: BVerfG v. 28. 03. 2002, NJW 2002, S. 2020 f. 108 Vgl. BVerfGE 93, 319 (342); E. v. 02. 10. 2001, NJW 2002, S. 127; deutlicher K. Vogel, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 87, Rn. 34. 109 Auf dieses Defizit weisen C. Gramm, Der Staat 36 (1997), S. 267 (277), und allgemeiner O. Zugmaier, DVBl. 1998, S. 1221 (1222), hin. 110 Vgl. E. Gawel, Umweltabgaben, S. 97; ders., Der Staat 39 (2000), S. 209 (212). F. Kirchhof, Die Verw. 21 (1988), S. 137 (147), zählt Bund und Länder, aber nicht mehr die Gemeinden zu typischen steuerstaatlich verfaßten Gebilden. Siehe ferner U. Sacksofsky, in: dies. / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 198 f.; a. A. W. Heun, in: U. Sacksofsky / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 16; J. Isensee, FS Ipsen, S. 420. 104 105

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teresses nicht Teil einer Gebührenerhebung und damit einer Belastung Privater sein. Parallel zur Argumentation, das Gerichtsverfahren sei eine staatliche Dienstleistung111, könnte die Zulässigkeit einer Gebührenerhebung für die behördliche Prozeßvertretung mit dem Hinweis verneint werden, das öffentliche Interesse an Rechtsschutz und Rechtssicherheit überwiege die private Veranlassung einer Prozeßführung. Diese Überlegung überzeugt jedoch nicht. Selbst Maßnahmen der Gefahrenabwehr müssen nicht von vornherein gebührenfrei sein. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers kann nicht mit dem Hinweis auf das der Gefahrenabwehr zugrundeliegende öffentliche Interesse beschnitten werden. Letzteres kann nur Handlungspflichten des Staates auslösen, jedoch keine Vorgaben für eine Refinanzierung des damit verbundenen Verwaltungsaufwands machen112. Im übrigen fehlt ein schlüssiges Konzept staatlicher Kernaufgaben113, so daß weder ein öffentliches Interesse noch das Kriterium der Veranlassung oder der Vorteilhaftigkeit dazu geeignet sind, von vornherein nicht gebührenfähige Staatsaufgaben abzugrenzen. Daher ist das „Zuordnungskonzept“ nicht zielführend. Schließlich verbleiben das „Rechtfertigungskonzept“ und das „Funktionskonzept“, die einander in ihrer Argumentation teilweise diametral gegenüberstehen und deswegen zusammen zu diskutieren sind: Das „Rechtfertigungskonzept“ fußt auf der Annahme, nicht-steuerliche Abgaben bedürften über die Einnahmeerzielung hinaus einer besonderen sachlichen Rechtfertigung114. Demgegenüber sieht das „Funktionskonzept“ aus dem Wesen der Gebühr heraus keinen besonderen Rechtfertigungsbedarf gegenüber der Steuer, weil erstere der Refinanzierung staatlicher Leistungen, letztere der Erzielung frei verfügbarer Finanzmittel diene115. Die Verfechter des „Rechtfertigungskonzeptes“ führen als Gründe für einen besonderen Rechtfertigungsbedarf die Lastengleichheit der Abgabenpflichtigen und die Ertragszuständigkeiten von Bund und Ländern an. Zur Lastengleichheit wird vorgebracht, der Schuldner einer nicht-steuerlichen Abgabe sei regelmäßig gleichzeitig Steuerpflichtiger und werde schon als solcher Als Einwand bei Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (385). Siehe dazu BVerfG v. 11. 08. 1998, DVBl. 1998, S. 1220 (1221); ferner BVerwGE 8, 93 (95) zur technischen Pkw-Prüfung; E 95, 188 (205) zur Luftsicherheit. Zustimmend R. Hendler, in: U. Sacksofsky / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 68; ders., DÖV 1999, S. 749. 113 Auf diesen Mangel weist C. Gramm, Der Staat 36 (1997), S. 267 (278), zu Recht hin. 114 So BVerfGE 93, 319 (342 f.); wohl auch K. Vogel, in: J. Isensee / P. Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 87, Rn. 79, 89 und 96. Es soll nicht verkannt werden, daß das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung mehrere Konzepte nebeneinander heranzog, ohne sich ausdrücklich auf eines festzulegen. Erst in seiner Entscheidung zur Rückmeldegebühr in BadenWürttemberg forderte es ausdrücklich eine doppelte Rechtfertigung einer Gebührenerhebung dem Grunde und der Höhe nach (vgl. BVerfG v. 19. 03. 2003, NVwZ 2003, S. 715 [716]), wobei es die Rechtfertigung dem Grunde nach in der Ausgleichs- und Kostendeckungsfunktion erkannte. 115 Ausführlich E. Gawel, Umweltabgaben, S. 99; ders., Der Staat 39 (2000), S. 209 (217 f.). 111 112

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zur Finanzierung der die Gemeinschaft treffenden Lasten herangezogen. Jede Heranziehung zu weiteren Finanzleistungen bedürfe einer besonderen Rechtfertigung116. Diese Überlegung verkennt allerdings, daß die Gebühr die spezifische Rechtfertigung in ihrem Wesen trägt. Die Inanspruchnahme einer für alle Bürger gebührenpflichtigen Leistung hebt den Einzelnen aus der Gesamtheit der steuerzahlenden Bürger heraus. Der Einzelne nimmt eine Leistung in Anspruch, die andere Steuerzahler nicht nutzen, und verursacht so besondere Kosten, die wieder auf ihn abgewälzt werden. So setzt er einen – bei voller Kostendeckung in sich geschlossenen – Finanzierungskreislauf in Gang, der außerhalb der steuerfinanzierten Lasten liegt117. Einer zusätzlichen Rechtfertigung bedarf die Gebühr also nicht. Sie legitimiert sich als Gegenleistung für eine besondere Leistung der Verwaltung118, die nur einzelnen Nutzern und nicht automatisch allen Bürgern erbracht wird. Die zugunsten des „Rechtfertigungskonzeptes“ angeführte grundgesetzliche Verteilung der Gesetzgebungs- und Ertragskompetenzen zwischen Bund und Ländern im Bereich der Steuern ist bei näherer Betrachtung ebenfalls nicht gefährdet119. Anders als bei Steuern besteht bei Gebühren gerade kein besonderer Rechtfertigungsbedarf für ihre Verteilung, weil eine aus bundesstaatlicher Sicht erfreuliche Deckungsgleichheit von Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen gegeben ist120. Das von Art. 104 a Abs. 5 S. 1 GG verfolgte Konzept, daß Bund und Länder bei der Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben jeweils die ihnen entstehenden Verwaltungskosten selbst zu tragen haben121, ist bei einer Gebühr gewahrt. Frei verfügbare Mittel, deren Verteilung zu regeln wäre, werden nicht erwirtschaftet. Damit tragen die dargestellten Einwände das „Rechtfertigungskonzept“ nicht. Es bietet keine überzeugende Auslegung des Steuerstaatsprinzips122. Diese findet sich jedoch im „Funktionskonzept“. Ihm liegt die Annahme zugrunde, die Steuer sei nicht der verfassungsrechtliche Regeltypus der Finanzierung öffentlicher Aufgaben, sondern der Regeltypus zur Beschaffung frei disponibler Fiskalität123. Hierfür spricht die Überlegung, daß öffentliche Haushalte grundsätzlich nur zweckgebundene Einnahmen erwirtschaften sollen. Die Erzielung eines zweck116 Siehe BVerfG E 93, 319 (343); BVerfG v. 19. 03. 2003, NVwZ 2003, S. 715 (716); in dieselbe Richtung W. Heun, in: U. Sacksofsky / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 20; a. A. O. Zugmaier, DVBl. 1998, S. 1221 (1222). 117 Dazu E. Gawel, Der Staat 39 (2000), S. 209 (218). 118 So BVerfGE 93, 319 (343 f.); J. Isensee, FS Ipsen, S. 430. 119 Auf diese Gefahr weisen aber W. Berg, GewArch. 1990, S. 225 (229), und BVerfGE 93, 319 (342); E. v. 19. 03. 2003, NVwZ 2003, S. 715 (716), hin. 120 Vgl. Chr. Behlert, Staffelung, S. 93 und 97; R. Hendler, DÖV 1999, S. 749 (757); im Ergebnis ebenso J. Isensee, FS Ipsen, S. 429. 121 Siehe dazu BVerwGE 95, 188 (195); E. v. 28. 03. 2002, NJW 2002, S. 2020 f. 122 Ablehnend auch Chr. Trzaskalik, Gutachten E zum 63. DJT, S. E 104. 123 Vgl. E. Gawel, Umweltabgaben, S. 99; ders., Der Staat 39 (2000), S. 209 (217 f.); ähnlich F. Kirchhof, Die Verw. 21 (1988), S. 137 (147); sowie nicht eindeutig Chr. Behlert, Staffelung, S. 64, der in der Steuer zwar das „Hauptinstrument zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben“ sieht, aber das Primat der Steuer unangetastet lassen will.

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freien Überschusses oder Gewinns soll gerade nicht Ziel staatlicher Haushaltswirtschaft sein. Soweit der Staat über Steuern zweckungebundene124 Mittel erschließt, unterliegen sie dem differenzierten System der Steuererhebung und -verteilung nach Art. 104 a ff. GG. Soweit der Staat hingegen über Gebühren Mittel einnimmt, sind diese an den Zweck der Refinanzierung der erbrachten Leistungen gebunden. Das „Primat der Steuer“ ist lediglich das Vorrecht, frei verfügbare Mittel für öffentliche Aufgaben einzunehmen. Die regelungstechnische Auszeichnung der Steuer im Grundgesetz verkörpert daher eine funktionale Spezialität, aber keinen quantitativen oder qualitativen Vorrang der Steuer vor den anderen Abgabenformen125. Diese Auslegung des Steuerstaatsprinzips kommt dem Schutzweck der Finanzverfassung am nächsten, welcher die private Kaufkraft vor dem Zugriff des Staates besonders sichern will126. Die Steuerlast des Bürgers bedarf besonderer Sicherungen, seine Gebührenlast ist schon aus dem Zweck der Refinanzierung hinreichend begrenzt. Damit entspricht das „Funktionskonzept“ am ehesten der grundgesetzlichen Intention und ist der weiteren Untersuchung zugrundezulegen.

b) Die Folgerungen für die vorgeschlagene Gebührenerhebung Im Gegensatz zu qualitativen oder quantitativen Konzepten des Steuerstaates, wie sie soeben als nicht zielführend abgelehnt wurden, verlangt das „Funktionskonzept“ nur die Wahrung der Formentypik der Gebühr und die strenge Bindung an einen Refinanzierungskreislauf127. Beide Voraussetzungen sind im vorgeschlagenen Modell gewahrt, insbesondere das Instrument der Budgetierung im „Neuen Steuerungsmodell“ sichert die Einbindung der Gebühreneinnahmen in einen engen Refinanzierungskreislauf mit unmittelbaren Auswirkungen auf den allgemeinen steuerfinanzierten Haushalt128. Steigen die Gebühreneinnahmen für eine bestimmte Leistung bei konstanten Kosten, nimmt die ungedeckte Differenz zwischen Einnahmen und (höheren) Kosten ab und die erforderlichen Deckungsbeiträge sinken. So werden Haushaltsmittel frei, die der öffentliche Rechtsträger zugunsten der Bürger wieder zurückführen kann, um die Gesamtbelastung der Bürger konstant zu halten129. Die Bürger sollen davor geschützt werden, für eine Lei124 Prägnant BVerfG v. 02. 10. 2001, NJW 2002, S. 127: „Die Einnahmequelle Steuer . . . ist ein Finanzierungsinstrument des Staates, aus dessen Aufkommen die Staatshaushalte allgemein – grundsätzlich ohne jede Zweckbindung – ausgestattet werden.“ Im Ergebnis ebenso W. Brohm, FS Knöpfle, S. 62 f. 125 Vgl. E. Gawel, Umweltabgaben, S. 99; ders., Der Staat 39 (2000), S. 209 (218). 126 Dazu E. Gawel, Umweltabgaben, S. 100. 127 Siehe hierzu E. Gawel, Der Staat 39 (2000), S. 209 (214, 218); als Überlegung bei J. Isensee, FS Ipsen, S. 430. 128 In einer Budgetierung stehen beide Finanzierungsarten in einem Komplementärverhältnis, vgl. vertiefend oben § 3 B. II. 129 Das fordert U. Sacksofsky, in: dies. / J. Wieland (Hrsg.), Vom Steuerstaat zum Gebührenstaat, S. 204.

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stung doppelt – als Steuerzahler und als Gebührenzahler – zur Kasse gebeten zu werden. Das hier vorgeschlagene Modell erreicht dieses Ziel auf dem Weg der Budgetierung: Soweit Einnahmen entstandenen Aufwand decken, sinken die aus allgemeinen Haushaltsmitteln benötigten Deckungsbeiträge zum Ausgleich der Differenz. Auf diese Weise wird eine Doppelbelastung des Bürgers vermieden. Das vorgeschlagene Modell kann die erforderliche Differenzierung leisten. Der vor Gericht stehende Bürger trägt im Fall seines Unterliegens zur Kostendeckung auf behördlicher Seite bei, umgekehrt wird er indirekt als Steuerzahler entlastet. Damit ist dieses Erstattungsmodell mit den Vorgaben des Grundgesetzes, sowohl mit den Grundrechten als auch mit den tragenden Strukturprinzipien einschließlich des Steuerstaatsprinzips, vereinbar. II. Die Maßstäbe des Europarechts Das Erstattungsmodell muß sich an den Grundsätzen und Garantien des Europarechts messen lassen, weil dieses im Zuge der Europäisierung das nationale Recht beeinflußt, wandelt und überformt130. Als Maßstäbe sind die Rechte auf effektiven Rechtsschutz, auf ein faires und wirksames Verfahren und auf einen wirksamen Rechtsbehelf heranzuziehen. 1. Das Recht auf effektiven und gleichwertigen Rechtsschutz Unter Anerkennung der Verwaltungsautonomie der Mitgliedstaaten für die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts fordert der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, die nationalen Verfahren zum Schutz der gemeinschaftsrechtlichen Rechte des Bürgers dürften nicht ungünstiger gestaltet sein als bei entsprechenden, nationales Recht betreffenden Verfahren131 und sie dürften die Ausübung der von der Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren132. Vgl. E. Schmidt-Aßmann, FS Lerche, S. 513; J. Schwarze, NVwZ 2000, S. 241. Zum Grundsatz der Gleichwertigkeit der Verfahrensordnungen: EuGH v. 02. 12. 1997, Rs. C-188 / 95, WM 1998, S. 2193 (2198, Rn. 51); E. v. 21. 01. 1999, Rs. C-120 / 97, Slg. 1999, I-223 (251, Rn. 32); ebenfalls C. D. Classen, VerwArch. 88 (1997), S. 645 (677 f.); V. Götz, DVBl. 2002, S. 1 (3); Chr. Koenig / M. Pechstein / C. Sander, EU- / EG-Prozeßrecht, Rn. 34 m. w. N.; J. Schwarze, NVwZ 2000, S. 241 (246); R. Streinz, VVDStRL 61 (2002), S. 300 (321 f.); M. Zuleeg, NJW 2000, S. 2846 (2850). 132 Zum Grundsatz der Wirksamkeit der Verfahrensordnungen: EuGH v. 15. 05. 1986, Rs. C-222 / 84, Slg. 1986, I-1651 (1682, Rn. 17, 19); E. v. 21. 01. 1999, Rs. C-120 / 97, Slg. 1999, I-223 (251, Rn. 32). Vertiefend R. Streinz, FS Everling, S. 1495, 1499 f.; ders., VVDStRL 61 (2002), S. 300 (321 f.); auch M. Burgi, DVBl. 1995, S. 772 (779); C. D. Classen, VerwArch. 88 (1997), S. 645 (677); V. Götz, DVBl. 2002, S. 1 f.; R. Halfmann, VerwArch. 91 (2000), S. 74 (85); P. M. Huber, BayVBl. 2001, S. 577 (578); Chr. Koenig / M. Pechstein / C. Sander, EU- / EG-Prozeßrecht, Rn. 34 m. w. N.; J. Schwarze, NVwZ 2000, S. 241 (246); M. Zuleeg, NJW 2000, S. 2846 (2850). 130 131

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Der Grundsatz der Gleichwertigkeit könnte verletzt sein, wenn die Erstattungsregelung für die Durchsetzung gemeinschaftsrechtlicher Ansprüche höhere Hürden errichtet als für nationale Ansprüche. Es ist Aufgabe der nationalen Gerichte, Rechtsschutz zu gewähren133 und dazu das Prozeßrecht des Mitgliedstaates anzuwenden. Es muß die Rahmenbedingungen des Gemeinschaftsrechts einhalten134. Findet im nationalen Recht jedoch – wie hier – keine Differenzierung nach Streitgegenstand oder berührtem Rechtsgebiet statt, liegt keine Diskriminierung europäischer Rechtsansprüche vor. Daher verletzt das Erstattungsmodell nicht den Grundsatz der Gleichwertigkeit. Der Grundsatz der Wirksamkeit oder Effektivität135 könnte verletzt sein, wenn die Kostenerhebung zugunsten der obsiegenden juristischen Person des öffentlichen Rechts die Ausübung der gemeinschaftsrechtlich gesicherten Rechte praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert. Bei dieser Prüfung kann nicht ohne weiteres auf die bereits bestätigte136 Vereinbarkeit des Modells mit der deutschen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes verwiesen werden. Ein solcher Verweis wäre nur zulässig, wenn Art. 19 Abs. 4 GG denselben Schutzwert verkörpert wie der europarechtliche Effektivitätsgrundsatz. Das ist jedoch umstritten137. Diese hier eher am Rand liegende Frage könnte offenbleiben, wenn – eine höhere Schutzwirkung des europäischen Effektivitätsgrundsatzes unterstellt – dieser durch das Erstattungsmodell nicht verletzt wird. Der Schutzbereich des Grundsatzes der Effektivität ist zunächst eröffnet, weil die einem Prozeßführer im Fall seines Unterliegens drohende Kostenlast seine Entscheidung über eine Prozeßführung beeinflußt. Je höher sein Kostenrisiko ist, desto genauer wird er Nutzen und Lasten des Prozesses gegeneinander abwägen. Das Effektivitätsprinzip stellt jedoch kein eindimensionales Optimierungsgebot dar, das allein die subjektive Position eines Rechtsbehelfsführers schützt. Vielmehr umfaßt es jene Forderungen, die der Euro133 Vgl. E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 108; ähnlich Chr. Koenig / M. Pechstein / C. Sander, EU- / EG-Prozeßrecht, Rn. 35 m. w. N. 134 Vgl. M. Zuleeg, NJW 2000, S. 2846 (2850) m. w. N. 135 Er wird teilweise in Art. 173, 175 EG-Vertrag (jetzt Art. 230 Abs. 4, 232 Abs. 3 EG), teils in Art. 10 und 12 EG verortet: Siehe einerseits R. Halfmann, VerwArch. 91 (2000), S. 74 (82), Art. 173 Abs. 4 EG-Vertrag unter Berufung auf den Europäischen Gerichtshof verneinend; andererseits E. Schmidt-Aßmann, JZ 1994, S. 832 (835), Art. 177 EG-Vertrag bejahend; schließlich D. Lorenz, VwGO, § 4, Rn. 18 f., und P. M. Huber, BayVBl. 2001, S. 577 (578), jeweils Art. 10 bzw. Art. 12 EG bejahend. Es dürfte sich allerdings um ein Rechtsinstitut übergreifender Natur handeln, vgl. EuGH v. 25. 07. 2002, Rs. C-50 / 00 P, BayVBl. 2003, S. 11 (Rn. 39); Chr. Calliess, NJW 2002, S. 3577; R. Halfmann, VerwArch. 91 (2000), S. 74 (82). 136 Dazu oben § 6 A. I. 1. 137 Eine höhere Kontrolldichte und strengere Klagebefugnis erkennen in Art. 19 Abs. 4 GG E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 18; J. Schwarze, NVwZ 2000, S. 241 (252). Eine kumulative Anwendung befürwortet P. M. Huber, BayVBl. 2001, S. 577 (578), der eine allmähliche Aushöhlung des Art. 19 Abs. 4 GG durch das Europarecht befürchtet (ebenda, S. 584 f.).

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päische Gerichtshof an einen effizienten Vollzug des Gemeinschaftsrechts richtet138, und dabei die objektive Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts in den Vordergrund stellt139. Die objektive Rechtskontrolle erfordert aber nicht nur einen möglichst einfachen Zugang zum Gericht, sondern auch eine rasche Streitentscheidung, zu deren Grundbedingungen die Entlastung der Gerichte von unnötigen Verfahren und eine ausreichende Personal- und Sachausstattung der Gerichte gehören. Soweit eine Erstattungsregelung – wie hier vorgeschlagen – diese Ziele zu schützen geeignet ist, widerspricht sie nicht mehr von vornherein dem Effektivitätsprinzip. Vielmehr bedarf es auf dessen Schrankenebene einer Abwägung der widerstreitenden Rechtsgüter ähnlich der Prüfung bei Art. 19 Abs. 4 GG. Hier kommt zusätzlich zum Tragen, daß das Europarecht eine Kostenerhebung für Gerichtsverfahren vorsieht140. Gerade die von den Bundesländern zu tragende Kostenlast für die Ausführung des Gemeinschaftsrechts und des gemeinschaftsrechtlich geprägten Bundesrechts141 läßt finanziellen Gesichtspunkten ein erhebliches Gewicht zukommen. Somit stehen sich das Rechtsgut eines möglichst hindernisfreien Zugangs zum Gericht einerseits und das Rechtsgut eines zügigen Rechtsschutzes gegenüber. Das vorgeschlagene Erstattungsmodell ist geeignet, die Verwaltungsgerichte von querulatorischen Prozessen zu entlasten und die finanzielle Ausstattung der prozeßführenden Behörden zu verbessern. So dient es auch dem Interesse an einem schnellen Rechtsschutz. Das Modell ist erforderlich, weil die steigende Zahl der – auch durch europäisches Recht geprägten – Prozesse eine finanzielle Entlastung der Verwaltung erfordert und weniger einschneidende Instrumente nicht zur Verfügung stehen. Alle Novellen des Verwaltungsprozeßrechts haben dieses erheblich verkompliziert und oft genug die beabsichtigte Entlastungswirkung verfehlt142. Gleichzeitig verschlechterten diese Novellen den Rechtsschutz des Bürgers. Eine Änderung von Verfahrensvorschriften kann daher ebenso einschneidend wirken wie eine Erstattungsregelung, wird jedoch nicht ebenso geeignet sein, Gerichte und Verwaltung zu entlasten. Das Modell ist schließlich verhältnismäßig, weil es einerseits das Bewußtsein des Bürgers für die Kostenfolgen seiner Prozeßführung weckt, andererseits aber Vgl. dazu R. Streinz, FS Everling, S. 1500. Diese objektivrechtliche Dimension entlehnt der Europäische Gerichtshof dem französischen Recht, vgl. R. Halfmann, VerwArch. 91 (2000), S. 74 (82 f., 95); a. A. Th. v. Danwitz, NJW 1993, S. 1108 (1115). Zur Betonung der objektiven Rechtskontrolle im französischen Verwaltungsprozeß siehe M. Bullinger, FS Brohm, S. 27 f.; J. Schwarze, NVwZ 1996, S. 22 (23, 25); P. Stelkens, NVwZ 2000, S. 155 (157); J.-M. Woehrling, NVwZ 1985, S. 21 (22 f.). 140 Siehe zum Europarecht Art. 69 §§ 2, 4, Art. 73, 74 VerfOEuGH und Art. 87 §§ 2, 4, Art. 91, 92 VerfOEuG, dazu Chr. Koenig / M. Pechstein / C. Sander, EU- / EG-Prozeßrecht, Rn. 163 ff.; anders im französischen Recht vgl. J.-M. Woehrling, NVwZ 1985, S. 21 (24 m. Fn. 7). 141 Dazu R. Streinz, BayVBl. 2001, S. 481 (486). 142 Ausführlich dazu oben § 4 B. I. 2. 138 139

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nur Basiskosten umlegt und für den Bürger bedeutendere oder wertvollere Prozesse nicht stärker belastet als alltägliche Prozesse. Daher ist das Modell verhältnismäßig und verletzt das Effektivitätsprinzip nicht. Auf das Verhältnis des Effektivitätsprinzips zu Art. 19 Abs. 4 GG kommt es in diesem Zusammenhang also nicht mehr an. Selbst bei einem relativ strengeren und deswegen vorrangig zu würdigenden europäischen Maßstab ist dieser nicht verletzt. Das Modell ist daher mit den Grundsätzen gleichwertigen und wirksamen Rechtsschutzes vereinbar.

2. Die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Als weiterer Prüfungsmaßstab sind Art. 6 Abs. 1 und Art. 13 EMRK anzuwenden. Zwar gilt die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der Bundesrepublik Deutschland nur im Rang eines einfachen Bundesgesetzes und besitzt keine Verfassungsqualität143, doch die Grundrechte des Grundgesetzes sind als Prüfungsmaßstab für einfache Gesetze in Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auszulegen144. Damit gewinnt die Europäische Menschenrechtskonvention faktischen Vorrang vor deutschem Recht145 und kann subjektiv-öffentliche Rechte der Bürger begründen146.

a) Das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK Art. 6 Abs. 1 EMRK könnte verletzt sein, wenn das Erstattungsmodell einen ungerechtfertigten Eingriff in dieses Grundrecht darstellt. Zunächst müßte der Schutzbereich eröffnet sein. Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährt dem Bürger Zugang zu den Gerichten147 und erfaßt über den Begriff der „zivilrechtlichen Ansprüche“ im Einzelfall sogar hoheitliche Maß-

143 Vgl. P. J. Tettinger, Fairneß und Waffengleichheit, S. 3. Ausführlich zu Geltung und Rang R. Streinz, VVDStRL 61 (2002), S. 300 (314 ff.); ders., Europarecht, § 2, Rdnr. 57d m. w. N. 144 Vgl. BVerfGE 74, 358 (370). 145 So R. Streinz, Europarecht, § 2, Rdnr. 57d m. w. N.; auch ders., VVDStRL 61 (2002), S. 300 (314 ff.) 146 Dazu P. Häberle, DVBl. 2000, S. 840 (843); P. M. Huber, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / C. Starck, GG, Art. 19, Rn. 541; E. Pache, NVwZ 2001, S. 1342 (1343); jeweils zu Art. 6 Abs. 1 EMRK. 147 EGMR v. 18. 02. 1999 (Waite und Kennedy / Bundesrepublik Deutschland), NJW 1999, S. 1173 (1173 f., Rn. 50, 58 f.).

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nahmen in Form von Verwaltungsakten148. Er kann somit für Verfahren, die in den Zuständigkeitsbereich der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit fallen, einschlägig sein. Zugleich gewährt Art. 6 Abs. 1 EMRK auch ein Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit und ein Recht auf rechtliches Gehör149, insgesamt also ein umfassendes Recht auf wirksamen und fairen Rechtsschutz150. Dieser weitreichende Schutzbereich ist eröffnet, denn die Belastung des prozeßinteressierten Bürgers mit einem Kostenrisiko erschwert indirekt seinen Zugang zum Gericht151. Die Erstattungsregelung könnte eine zulässige Beschränkung des Art. 6 Abs. 1 EMRK sein, wenn sie eine notwendige Regelung ist. Anerkannt ist, daß das Recht auf Zugang zum Gericht seiner Natur nach staatliche Regelungen erfordert152. Indem das Erstattungsmodell den Zugang zum Gericht mit einem allgemeinen, von Ausnahmen abgesehen für alle Verfahren geltenden erhöhten Kostenrisiko belegt, handelt es sich um eine solche Beschränkung. Sie müßte verhältnismäßig sein, um Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht zu verletzen. Eine solche Verletzung wäre anzunehmen, wenn das Hindernis das Recht auf Zugang zum Gericht in seinem Wesen antastet, kein berechtigtes Ziel verfolgt oder kein angemessenes Verhältnis zwischen dem angewandten Mittel und dem verfolgten Ziel wahrt153. Die Erstattungsregelung berührt den Kernbereich des Menschenrechts nicht, weil sie eine Prozeßführung nicht objektiv unmöglich macht. Die Kostenlast trifft nur finanziell leistungsfähige Personen; finanziell unbemittelte Personen sind über das Institut der Prozeßkostenhilfe und die Freistellung von Erstattungsansprüchen bei gewährter Prozeßkostenhilfe ausreichend geschützt. Obsiegt der Bürger gar, trifft ihn keinerlei Kostenlast. Der Wesensgehalt des Art. 6 Abs. 1 EMRK bleibt daher unangetastet. Das Erstattungsmodell zielt auf eine Entlastung 148 EGMR v. 28. 06. 1978 (König / Bundesrepublik Deutschland), EuGRZ 1978, S. 406 (416, Rn. 90, 94). Während die deutsche Übersetzung als „zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen“ eher eng und nach deutschem Sprachverständnis auf das Privatrecht begrenzt ist, sprechen die authentischen Fassungen („civil rights and obligations“ und „droits et obligations de caractère civil“) das Begriffspaar Staatsbürger – Staat an, was eher dem umfassenderen Gestaltungswillen der Norm entspricht; zum Ganzen R. Streinz, VVDStRL 61 (2002), S. 300 (306) m. w. N. 149 Zum Schutzbereich Th. Groß, Die Verw. 34 (2001), S. 371 (374); P. Häberle, DVBl. 2000, S. 840 (843); P. M. Huber, in: H. v. Mangoldt / F. Klein / C. Starck, GG, Art. 19, Rn. 541; F. Lausnicker / T. Schwirtzek, NJW 2001, S. 1969 (1972); R. Streinz, VVDStRL 61 (2002), S. 300 (306 f.); E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 135 ff.; M. Wittinger, NJW 2001, S. 1238 (1243). 150 Vgl. EuGH v. 25. 07. 2002, Rs. C-50 / 00 P, BayVBl. 2003, S. 11 (12, Rn. 39); E. Pache, NVwZ 2001, S. 1342 (1343). 151 Ein direkt wirkendes Zugangshindernis wäre z. B. eine Kostenvorschußpflicht. Das Erstattungsmodell beinhaltet jedoch nur eine nachgelagerte Erstattung. 152 EGMR v. 18. 02. 1999 (Waite und Kennedy / Bundesrepublik Deutschland), NJW 1999, S. 1173 (1174, Rn. 59). 153 Ebenda. Zu den verfahrensmäßigen Schranken des Art. 6 Abs. 1 EMRK siehe E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 136; J. Schwarze, NVwZ 2000, S. 241 (244).

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der Verwaltungsgerichte von mißbräuchlicher Inanspruchnahme und eine Entlastung der öffentlichen Haushalte von den mit einer – für den öffentlichen Rechtsträger – erfolgreichen Prozeßführung verbundenen Kosten. Diese Ziele sind mit Art. 6 Abs. 1 EMRK vereinbar, weil Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht nur den Zugang zum Gericht schützt, sondern auch den Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit. Dieser wird durch eine Entlastung der Gerichte und der Behörden sowie eine aufgabenbezogene Finanzausstattung der Behörden verbessert. In der erforderlichen Zweck-Mittel-Relation zwischen der Erhöhung des Kostenrisikos auf der einen Seite und der Förderung zeitnahen Rechtsschutzes auf der anderen Seite ist die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Das Kostenrisiko ist überschaubar, die mögliche Kostenlast nicht erdrückend. Ein milderes, ebenso geeignetes Mittel steht nicht zur Verfügung154; die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn ist ebenfalls gewahrt. Damit liegt kein Verstoß gegen das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf ein faires und in angemessener Zeit zu einem Ergebnis führendes Verfahren vor. Indem die Gebührenerhebung mittelbar die Gerichte und die Verwaltung entlasten wird, dürfte sie diese Verfahrensgarantien eher fördern als hindern. b) Das Recht auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art. 13 EMRK Art. 13 EMRK könnte als Prüfungsmaßstab anzuwenden sein, falls sein Schutzbereich eröffnet ist. Dabei ist zu beachten, daß Art. 6 Abs. 1 EMRK Lex specialis gegenüber Art. 13 EMRK ist155 und strengere Anforderungen an Verfahrensvorschriften stellt156. Das von Art. 13 EMRK mit umfaßte Recht auf Verhandlung in angemessener Frist ist von vornherein nicht betroffen, da die vorgesehene Erstattung eine Entlastung der Gerichte bewirken und so die Verwirklichung dieses Rechts eher fördern als hindern wird. Damit erlangt Art. 13 EMRK gegenüber Art. 6 Abs. 1 EMRK hier keine eigenständige Schutzwirkung. Gleiches gilt für das Verhältnis zu Art. 19 Abs. 4 GG, der aufgrund seiner höheren Schutzwirkung157 ebenfalls Art. 13 EMRK verdrängt. Schließlich ist, wie die Prüfung gezeigt hat158, selbst Art. 19 Abs. 4 GG nicht verletzt, so daß im Umkehrschluß erst recht der durch Art. 13 EMRK gewährleistete schwächere Schutz nicht greift. Damit liegt auch hier kein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention vor. Dazu soeben § 6 A. II. 1. Vgl. R. Streinz, VVDStRL 61 (2002), S. 300 (312). 156 Siehe EGMR v. 26. 10. 2000 (Kudla / Polen), NJW 2001, S. 2694 (2699, Rn. 146). Dazu J. Meyer-Ladewig, NJW 2001, S. 2679 f. 157 Vgl. E. Schmidt-Aßmann, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, Einl., Rn. 144; ders., JZ 1994, S. 832 (835). 158 Siehe oben § 6 A. I. 1. 154 155

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3. Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 47 EU-Charta Art. 47 Abs. 1 EU-Charta gewährt das Recht auf einen wirksamen Rechtbehelf und greift über Art. 13 EMRK hinaus; Art. 47 Abs. 2 EU-Charta garantiert den Rechtsweg zu einem Gericht und eine Verhandlung in angemessener Frist, wodurch der Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 EMRK übertroffen wird159. Obgleich die Charta noch nicht rechtsverbindlich160 und daher noch kein verbindlicher Prüfungsmaßstab ist, kann sie schrittweise die Teilverfassungen Europas ergänzen161. Besondere Bedeutung kommt dabei ihrem künftigen Verhältnis zu Art. 6 Abs. 1 und Art. 13 EMRK zu. Art. 47 Abs. 1 EU-Charta sichert das Recht auf einen wirksamen Rechtbehelf und entspricht dem allgemeinen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes. Art. 47 Abs. 2 EU-Charta erfaßt künftig auch solche Ansprüche, die von Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht als „zivilrechtlich“ erfaßt werden162. Für die Erstattungsregelung ist damit – wie bei Art. 6 Abs. 1 EMRK – der Schutzbereich zwar eröffnet, aber entsprechend den Maßstäben des Art. 52 Abs. 1 EU-Charta nicht verletzt. Die vorgeschlagene Erstattungsregelung ist eine gesetzlich vorgesehene, den Wesensgehalt des Art. 47 Abs. 1 EU-Charta wahrende und verhältnismäßige Beschränkung der Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtbehelf. Sie bringt das rechtsstaatliche Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz mit dem von Art. 41 EU-Charta angesprochenen bürgerschaftlichen Grundrecht auf gute, effektive Verwaltung zum Ausgleich163. Auch wenn die Charta noch keinen rechtsverbindlichen Maßstab darstellt, ist sie doch ein wichtiger Schritt hin zu einer gemeinsamen europäischen Verfassung164. Sie wäre durch das vorgeschlagene Erstattungsmodell jedenfalls nicht verletzt.

Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. EG 2000 / C 364 / 1 ff. Vgl. Chr. Grabenwarter, DVBl. 2001, S. 1; M. Hilf, NJW 2000, Sonderbeilage zu NJW, EuZW, NVwZ und JuS, NJW 2000, S. 6; E. Pache, NVwZ 2001, S. 1342 (1344). 161 So P. Häberle, DVBl. 2000, S. 840 (846). 162 Vgl. Chr. Grabenwarter, DVBl. 2001, S. 1 (8); E. Pache, NVwZ 2001, S. 1342 (1344). 163 Die Notwendigkeit dieses Ausgleichs betont M. Bullinger, FS Brohm, S. 32 f. Chr. Calliess, NJW 2002, S. 3577 (3581 f.), sieht in Art. 47 EU-Charta den Ansatzpunkt für eine Harmonisierung der Zugangsvoraussetzungen zum Gericht zwischen EuGH und nationalen Gerichten. 164 Ausführliche Bewertungen bei P. Häberle, DVBl. 2000, S. 840 ff.; R. Knöll, NVwZ 2001, S. 392 (393 f.); P. J. Tettinger, NJW 2001, S. 1010 (1015). Zur künftigen Einbindung der Charta in einen europäische Verfassungsvertrag vgl. A. Weber, DVBl. 2003, S. 220 ff. 159 160

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III. Zwischenergebnis Die vorgeschlagene Erstattungsregelung ist mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar. Das erhöhte Kostenrisiko verändert weder die Waffengleichheit im Prozeß erheblich zum Nachteil des Bürgers, noch stellt sie ein unzumutbares Prozeßhindernis dar. Das Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht verletzt; jedoch muß die Wirkung des § 114 S. 2 VwGO auf das Kostenrisiko des Bürgers eliminiert werden. Das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG ist gewahrt, weil das Erstattungsmodell auf eine Gebührenstaffelung nach Streitgegenstand oder Leistungsfähigkeit des Prozeßführers verzichtet. Zugleich entfällt die Kostenhaftung, wenn dem Prozeßführer für das konkrete Verfahren Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist, ungeachtet des späteren Prozeßausgangs. Das Modell verstößt schließlich nicht gegen das Prinzip des Steuerstaats. Wird die Steuer entgegen eines Teils der h. M. nicht als verfassungsrechtlicher Regeltypus zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe, sondern zur Beschaffung frei disponibler Fiskalität verstanden, kann die Gebühr im vorliegenden Modell als Abgabentypus angewendet werden. Eine Doppelbelastung des Bürgers als Steuerzahler und Gebührenzahler wird dadurch vermieden, daß der Bereich der Prozeßführung in dem Umfang geringere Deckungsbeiträge aus allgemeinen Steuermitteln benötigt, wie er sich aus Gebühreneinnahmen refinanziert. Die Budgetierung sichert die strikte Geschlossenheit dieses Finanzierungskreislaufs als Teil eines verwirklichten „Neuen Steuerungsmodells“. Die europarechtlichen Maßstäbe der Rechte auf effektiven und gleichwertigen Rechtsschutz, auf ein faires Verfahren aus Art. 6 Abs. 1 EMRK und auf eine wirksame Beschwerde nach Art. 13 EMRK sind nicht verletzt. Unter Außerachtlassung der derzeitigen Unverbindlichkeit des Art. 47 EU-Charta wäre auch das darin verankerte Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nicht verletzt.

B. Die Vorgaben aus dem Rechtsberatungsgesetz Das Erstattungsmodell darf nicht in Konflikt mit der Rechtsberatung durch Rechtsanwälte kommen, insbesondere darf es keine wirtschaftliche Konkurrenz darstellen. Dabei könnte die Einnahmeerzielung durch die öffentliche Hand für ihre Prozeßvertretung ein Problem darstellen. Die Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 BRAGO erhebt, sollen seine wirtschaftliche Stellung als freiberuflich Tätiger und als unabhängiges Organ der Rechtspflege sichern165. Würde das vorgeschlagene Modell auf dem „Markt der Rechtsberatung“ eine Konkurrenz darstel165 Das betonen VGH Mannheim v. 11. 05. 1988, NVwZ-RR 1990, S. 167 (168); VGH München v. 14. 08. 1974, BayVBl. 1975, S. 29; E. v. 30. 01. 2001, BayVBl. 2003, S. 29; VG München v. 29. 06. 1988, NJW 1989, S. 314 (315).

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len, könnten die dortigen Einnahmen jene der Rechtsanwälte mindern und deren Existenzgrundlage in Frage stellen. Daher ist zu untersuchen, ob hier eine rechtswidrige Konkurrenzsituation entsteht. Zunächst ist festzuhalten, daß die Erstattung keine Konkurrenz bei privaten Mandanten darstellen kann, weil ihr Anwendungsbereich schon über § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO allein auf die Vertretung juristischer Personen des öffentlichen Rechts beschränkt ist166. Private können die Dienste eines im öffentlichen Dienst stehenden Juristen nicht in Anspruch nehmen. Das Modell berührt nur öffentlichrechtliche Mandanten. Hier hat ein einzelner Rechtsanwalt jedoch keinen Anspruch auf die Erlangung eines Mandats einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, weil für diese kein Anwaltszwang bei ihrer Prozeßvertretung besteht. Sie kann sich eines Anwalts bedienen, muß es aber nicht. Das Behördenprivileg des § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO soll den Behörden nur eine ebenso sach- und zielorientierte Vertretung wie durch einen Rechtsanwalt ermöglichen, jedoch zu weit geringeren Kosten167. Damit ist ein Verstoß gegen die Grundsätze des Rechtsberatungsgesetzes wegen der Öffnungsklausel des Art. 1 § 1 und § 3 Nr. 1 RBerG168 nicht zu befürchten. Vielmehr werden die Rechtsanwälte weiterhin Rechtsträger vertreten, die selbst nicht über Bedienstete mit der Qualifikation des § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO verfügen, wie es bei kleineren Gemeinden der Fall ist. Deren Vertretung wurde auch bisher schon von Rechtsanwälten und nicht von staatlichen Bediensteten wahrgenommen. Gegen die Gebührenerhebung könnte weiter eingewandt werden, der Staat schaffe auf diese Weise mittelbar eine Konkurrenz zu den Rechtsanwälten, indem er Bürger durch das Prozeßhindernis des höheren Kostenrisikos von einer Prozeßführung abhält und damit der Anwaltschaft die Grundlage ihres wirtschaftlichen Auskommens entzieht. Hierin könnte eine Verletzung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten anwaltlichen Berufsfreiheit liegen. Allerdings ist schon die Eröffnung des Schutzbereichs der Berufsausübungsfreiheit zweifelhaft. Zwar soll das Erstattungsmodell durchaus die Zahl von vornherein erfolgloser oder mutwilliger Prozesse verringern. Doch ein Anspruch eines Rechtsanwalts, solche Mandate überhaupt zu erhalten, ist nicht ersichtlich. Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG schützt nur den Zugang zu potentiellen Mandanten und die Chance zu ihrer Beratung, aber nicht die Mandatierung als Ergebnis. Sonst wäre jeder externe rechtliche oder sachliche Faktor, der einen Mandanten von einer Prozeßführung abhalten könnte und diesem in der Beratung bekannt wird, schon ein Eingriff in die Berufsfreiheit des Anwalts. Sämtliche Kosten- und Fristenregelungen müßten sich daran messen lassen. Es liegt im Wesen des Art. 12 Abs. 1 GG, hier nur die Kontaktauf-

166 Zum Erfordernis einer deutlichen Trennung des Rechtsanwaltsberufs von einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst BGH v. 14. 02. 2000, NJW 2000, S. 3004 ff. 167 Vgl. C. Meissner, in: F. Schoch / E. Schmidt-Aßmann / R. Pietzner, VwGO, § 67, Rn. 6a. 168 Vertiefend F. Kuchler, NVwZ 1996, S. 244 (245).

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nahme mit dem Mandanten zu gewährleisten. Jeder potentielle Mandant kann ohne weiteres einen Anwalt zum Prozeß hinzuziehen, sogar bei rein querulatorischen Fällen. Ob er dies tut, hängt von vielen Gesichtspunkten ab. Daß er ein Mandat erteilen kann, bleibt ihm auch bei der Erstattungsregelung unbenommen. Im übrigen stellt die Einführung von Gebühren im gesamten Gerichtsverfahren bezüglich der Rechtsanwälte nur einen Rechtsreflex dar. Ein Anspruch, ihre Mandanten von Kosten für Prozesse zu verschonen, steht ihnen nicht zu. Es ist vielmehr Sache des Gesetzgebers im Verhältnis zu seinen Bürgern, den Preis für unser hochqualifiziertes Rechtsschutzsystem unter Beachtung der Verfassung festzusetzen. Daher schafft das Erstattungsmodell weder direkt noch indirekt eine Konkurrenz zu den Rechtsanwälten. Der Schutz der wirtschaftlichen Existenz der Anwaltschaft einerseits und der Schutz der Rechtssuchenden vor unqualifizierter Beratung andererseits169 stehen einer gebührengestützten Erstattungsregelung nicht entgegen.

169 Zum Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes BVerfG v. 20. 02. 2002, NJW 2002, S. 1190 m. w. N.; vertiefend M. Kleine-Cosack, NJW 2000, S. 1593 (1596).

Zusammenfassung Erster Teil Die Erstattung behördlicher Aufwendungen und das „Neue Steuerungsmodell“

§ 1 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsverfahren und ihre Erstattungsfähigkeit 1. Dem Rechtsträger einer Behörde entstehen für deren Tätigwerden erhebliche Aufwendungen. Unter „Aufwand“ wird entsprechend einer betriebswirtschaftlichen Definition der periodengerecht abgegrenzte Werteverzehr verstanden. Entsprechend sind „Kosten“ in Geldeinheiten bewerteter Aufwand. Die Anlehnung an die Betriebswirtschaft ist erforderlich, um Unschärfen zwischen den unterschiedlichen Nuancen der in den Gesetzestexten verwendeten Begriffe zu vermeiden und Wertungswidersprüche zu dem an der Betriebswirtschaft orientierten „Neuen Steuerungsmodell“ zu verhindern. 2. Im Verwaltungs- und im Widerspruchsverfahren entstehen dem Rechtsträger der Behörde hauptsächlich Personalaufwand, daneben Sachaufwand und Auslagen für Leistungen Dritter. 3. Im Verwaltungsverfahren erzielt die Behörde eine zumindest teilweise Kostendeckung, indem sie Gebühren und Auslagen für ihre Verwaltungstätigkeit nach dem Veranlasser- oder Vorteilsprinzip erhebt. Der tatsächliche Kostendeckungsgrad ist unbekannt, solange in den Behörden keine betriebswirtschaftliche Kosten- / Leistungsrechnung eingeführt ist, die einen genauen Vergleich zwischen Kosten und Einnahmen erlaubt. Dem Bürger steht im Verwaltungsverfahren grundsätzlich kein Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen zu. 4. Im Widerspruchsverfahren bleibt der Kostendeckungsgrad ebenfalls ungeklärt. Die Erhebung von Gebühren und Auslagen folgt dem Veranlasserprinzip. Der Bürger erhält im Fall eines erfolgreichen Widerspruchs die Kosten seines Bevollmächtigten nach § 80 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwVfG erstattet, weil ihm für das kontradiktorische Widerspruchsverfahren eine qualifizierte Vertretung zum Ausgleich eines fachlichen Übergewichts der Behörde zugestanden wird.

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§ 2 Die behördlichen Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren und ihre Erstattungsfähigkeit 5. § 162 VwGO ist von den zahlreichen Novellen der Verwaltungsgerichtsordnung nahezu verschont geblieben. Er stellt eine wesentliche Ausformung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs für das Verwaltungsgerichtsverfahren dar und regelt dessen Höhe. 6. Trotz der scheinbaren Übereinstimmungen kann die Dogmatik des zivilprozessualen Kostenerstattungsanspruchs nicht unbesehen auf den verwaltungsprozessualen Kostenerstattungsanspruch übertragen werden. Anders als im Zivilprozeß steht den Beteiligten im Verwaltungsprozeß regelmäßig kein materieller Kostenerstattungsanspruch zu, so daß die aus dem Schadensersatzrecht stammenden Restriktionen in der Handhabung des § 91 ZPO im Verwaltungsprozeß nicht greifen. 7. Das prozessuale Umfeld des § 162 VwGO ist seit dessen Entstehung erheblich verändert worden. Die Eigenvertretung der Behörden gemäß § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO hat wegen des Zwangs zur Kosteneinsparung erheblich an praktischer Bedeutung gewonnen. Der Rückbau des Widerspruchsverfahrens hat eine wichtige Verfahrensstufe für obsolet erklärt, die bei einer Anpassung an die modernen Erfordernisse der Mediation durchaus eine wichtige Rolle in der außergerichtlichen Streitbeilegung spielen könnte. Die Verwaltung wird hier von Aufgaben entlastet, die jedoch nicht entfallen, sondern als zusätzliche Belastung die Verwaltungsgerichtsbarkeit treffen. § 114 S. 2 VwGO ist als letzte der im Jahr 1997 eingeführten Nachbesserungsvorschriften noch gültig und kann je nach Prozeßverlauf das Kostenrisiko des Bürgers nachteilig beeinflussen. Die Einführung des Zulassungserfordernisses für die Berufung führt zu einer Konzentration der Verfahren bei den Verwaltungsgerichten erster Instanz. 8. Vorprozessual entstandenen Aufwand erhält der Rechtsträger der Behörde nach h. M. nahezu nicht erstattet. Aufwand für die Teilnahme an mündlichen Verhandlungen erhält er nur eingeschränkt, für die Mitwirkung im schriftlichen Verfahren und für die Prozeßbeendigung überhaupt nicht erstattet. Die Auslagenerstattung findet in § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO nunmehr eine praktikable Pauschalierung. Bedient sich der Rechtsträger eines externen Vertreters, erhält er nur bei der Vertretung durch einen Rechtsanwalt die diesem geschuldete gesetzliche Vergütung erstattet. 9. Für den Rechtsträger „lohnt“ sich die Eigenvertretung nicht, ihm entstehen nur nicht erstattungsfähige Kosten. Das gesetzgeberische Motiv der prozessualen Kostenersparnis läuft leer, weil nur dem unterliegenden Prozeßgegner, aber nicht der öffentlichen Hand Kosten erspart werden. 10. Obsiegt der Bürger, erhält er eine Erstattung in Höhe der seinem Rechtanwalt geschuldeten Gebühren und Auslagen.

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§ 3 Die Neubewertung des Verwaltungsaufwands im „Neuen Steuerungsmodell“ 11. Das Dilemma der öffentlichen Verwaltung liegt im Widerspruch zwischen steigenden Anforderungen von Bürger und Politik auf der einen Seite und haushaltsbedingter Kürzungen der Ausstattung auf der anderen Seite. Dieser Auslöser führt zur Entwicklung und Verbreitung des „Neuen Steuerungsmodells“. 12. Das Kernanliegen des „Neuen Steuerungsmodells“ ist die möglichst ressourcenschonende und effiziente Aufgabenerfüllung durch die Verwaltung. Hierzu sind tiefgreifende innere Reformen in den Behörden notwendig. Wegen des Primats der Politik kann die Verwaltung dabei nur sekundäre Effizienzen erreichen, also das „Wie“ ihrer Aufgabenerfüllung gestalten. Die Ebene der primären Effizienz in Gestalt einer fundamentalen Aufgabenkritik ist ihr verschlossen. Das „Ob“ ihrer Aufgabenerfüllung bestimmt weiterhin allein der Gesetzgeber. 13. Das „Neue Steuerungsmodell“ ist eine variable Grundlage für verschiedene Steuerungsinstrumente, die einander ergänzen. Zentrale Bausteine sind Reformen der Ablauf- und Aufbauorganisation mit den Zielen flacherer Hierarchien, verstärkter Delegation und ausgeprägter Dezentralisierung, Reformen der Mittelbewirtschaftung durch Budgetierung, Berichtswesen und Controlling sowie Kosten- / Leistungsrechnung und Reformen in der Verantwortungsabgrenzung zwischen Politik und Verwaltung. 14. Der Haushaltsvollzug durch Budgetierung vergrößert die Spielräume der jeweiligen Fachbereiche und verringert die Einflußmöglichkeiten des politischen Gremiums auf Detailfragen. 15. Das Controlling und das Berichtswesens gleichen als interne Kontrollinstrumente die Steuerungsdefizite der Budgetierung nicht nur aus, sondern sie erhöhen das Legitimationsniveau des „Neuen Steuerungsmodells“ gegenüber dem traditionellen Modell des Haushaltsvollzugs erheblich. Gegen eine derart ergänzte Budgetierung bestehen keine haushaltsrechtlichen Bedenken mehr. 16. Die Leistungsvereinbarung ist ein neues internes Steuerungsinstrument, dessen Rechtscharakter am ehesten einem „Gentlemen’s Agreement“ entspricht, weil die getroffenen Absprachen zwischen politischer Führung und Fachbereichen ohne rechtliche Bindungswirkung und ohne rechtliche Sanktionsmöglichkeiten bei Nichterfüllung bleiben. 17. Die Leistungsvereinbarung ändert nichts an der Gesetzes- und Rechtsbindung der Verwaltung, weil sie dem Fachbereich nur Leistungen abverlangen darf, zu denen dieser berechtigt und verpflichtet ist. Interne und externe Kontrollmechanismen sichern die Gesetzestreue der Verwaltung. Die Letztverantwortung der Verwaltung gegenüber der parlamentarischen Spitze bleibt gesichert. Sie wird durch die neuartigen Steuerungsinstrumente sogar noch gefestigt, weil die Kontrollschwerpunkte weg vom Einzelfall hin zum Gesamtergebnis verlagert werden.

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18. Die behördliche Prozeßführung bleibt auf der Ebene der Exekutive einer grundlegenden Aufgabenkritik entzogen. Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet die Verwaltung, sich einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung ihres Handelns zu stellen. Sie kann dem nicht ausweichen und muß aktiv als Beteiligter am Prozeß teilnehmen. 19. Das „Neue Steuerungsmodell“ kann sich auf die Prozeßführung unter mehreren Gesichtspunkten auswirken. Eine Überprüfung der Ablauf- und Aufbauorganisation vermag Mängel in der internen Aufgabenwahrnehmung aufzudecken. Der Haushaltsvollzug durch Budgetierung kann dazu genutzt werden, Kosten-NutzenVergleiche über die kostensparendste Art und Weise der Prozeßvertretung anzustellen und die Vor- und Nachteile einer Eigen- oder Fremdvertretung gegeneinander abzuwägen. Die Berücksichtigung der Kundenorientierung kann dazu dienen, die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen zu betonen und schon im Verwaltungsverfahren Irritationen zu unterbinden und sonst folgende Prozesse zu vermeiden. 20. Die Budgetierung wird den Rechtfertigungsdruck auf die Verwaltung für den entstehenden Prozeßaufwand erhöhen und zugleich die Kontrollmöglichkeiten der politischen Ebene verbessern. 21. Die Behörde wird sich nicht „prozeßfreudig“ zeigen und wird auch keine unnötigen Prozesse führen, weil sie intern ihren Prozeßaufwand begründen und extern ihr Verhalten in der Sache rechtfertigen muß. Sie darf sich ebensowenig als „prozeßscheu“ erweisen und allen Prozessen durch Nachgeben entgehen, weil sie sonst ihre Gesetzmäßigkeit als Grundlage ihres Verfassungsauftrags verlöre. Durch möglichst präzise Vorgaben in Fachgesetzen, interne Leistungsvereinbarungen und Kennzahlenvergleiche wird der Spielraum der Fachbereiche soweit eingeschränkt, daß sowohl ein prozeßfreudiges als auch ein prozeßscheues Verhalten aufgedeckt und korrigiert werden könnte. 22. Das „Neue Steuerungsmodell“ kann nur mit erheblichen Abstrichen auf die Gerichtsbarkeiten übertragen werden, weil die besondere Aufgabe und Stellung der Richterschaft aus Art. 97 GG einer engen Steuerung weit strengere verfassungsrechtliche Grenzen setzen, als dies bei der Verwaltung der Fall ist.

§ 4 Die Diskrepanz zwischen den Aufwendungen im Verwaltungsgerichtsverfahren und ihrer Erstattungsfähigkeit 23. Die von der h. M. vorgenommene restriktive Handhabung behördlicher Erstattungsansprüche ist mit § 162 Abs. 1 VwGO unvereinbar. Weder Wortlaut noch Entwicklungsgeschichte oder Systematik noch die Zielsetzung der Norm können die h. M. rechtfertigen. Insbesondere der häufig angeführte Verweis über § 173 S. 1 VwGO auf § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO widerspricht dem abschließenden Charakter des § 162 VwGO, den grundlegenden Unterschieden beider Prozeßordnungen und dem Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke.

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24. Der mit einer Terminswahrnehmung verbundene Personalaufwand ist entgegen der Auffassung eines Teils der h. M. ein abgrenzbarer besonderer Aufwand und einer Erstattung grundsätzlich zugänglich. 25. Schreibauslagen und der mit Schreibarbeiten verbundene Personalaufwand sind grundsätzlich nur erstattungsfähig, soweit der konkrete Bezug zum Rechtsstreit nachgewiesen ist. 26. Reisekosten sind entgegen der h. M. in der gesetzlich vorgesehenen Höhe erstattungsfähig. Für die Behörde handelt es sich um einen konkret prozeßbezogenen Aufwand. 27. Eine erweiterte Erstattungsfähigkeit des behördlichen Prozeßaufwands ist zur Sicherung der Funktionsfähigkeit von Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit erforderlich. Beider Funktionsfähigkeit ist durch die Prozeßflut einerseits und die Finanznot der öffentlichen Hand andererseits gefährdet. 28. Eine Kostenhaftung des Bürgers für verlorene Prozesse wird dämpfend auf seine Prozeßlust wirken und dem Verwaltungsverfahren wieder einen höheren Stellenwert zuweisen. Der Bürger wird sich eher der Möglichkeiten einer einvernehmlichen Streitbeilegung bewußt, zu denen die Verwaltung bereits durch das „Neue Steuerungsmodell“ angehalten wird. Eine indirekte Entlastung der Gerichte ist die Folge. 29. Zugleich wird eine gebührenmäßige Erstattungsregelung die Finanzausstattung der prozeßbelasteten Körperschaften verbessern und Zuschüsse aus allgemeinen Steuermitteln mindern helfen. 30. Eine am Prozeßerfolg orientierte Kostenerstattung kann die ungleiche Verteilung des Kostenrisikos zwischen Bürger und Verwaltung angleichen und den modernen Entwicklungen im Bereich der Rechtsschutzversicherungen und Prozeßfinanzierungen angemessen begegnen. Das Unterliegensprinzip als maßgeblicher Grundsatz der Kostenhaftung im deutschen Prozeßrecht gewinnt wieder die ihm zustehende Bedeutung.

Zweiter Teil Die Erweiterung der Erstattungsfähigkeit behördlicher Aufwendungen

§ 5 Die Änderung des § 162 VwGO und der verwaltungsprozessualen Kostenerstattung 31. Das hier vorgeschlagene Modell einer Erstattungsregelung greift in die Verwaltungsgerichtsordnung nur minimal ein, indem es § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO einen neuen Wortlaut gibt und die ausführlichere Regelung in ein gesondertes Gesetz und eine Verwaltungsvorschrift auslagert.

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32. Der erstattungsfähige behördliche Prozeßaufwand erfüllt die Maßstäbe einer Gebühren- und Auslagenerhebung. Der Begriff der „Gebühr“ ist in Form einer individuellen Veranlassung erfüllt, die Alternative einer individuellen Vorteilhaftigkeit ist zu verneinen. 33. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Erstattungsregelung resultiert aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Art. 72 Abs. 2 Nr. 3 GG, subsidiär liegen auch eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs und eine Annexkompetenz vor. Das Bedürfnis nach einer bundeseinheitlichen Regelung ist aus dem Gleichheitsgrundsatz heraus gegeben. Die Normen sind in ihrer Gesamtheit zustimmungsbedürftig gemäß Art. 84 Abs. 1 GG. 34. Das Äquivalenzprinzip und das Kostendeckungsprinzip sind gewahrt, weil sich die Erstattung an den tatsächlich entstehenden Kosten orientiert und weil sie nur geringst mögliche Beträge ansetzt. 35. Innerhalb der im Anhang vorgestellten Normen des Verwaltungsprozeßkostengesetzes und der Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz ist die Gebührenstaffelung ausschließlich nach Grundgebühr und zeitanteiliger Gebühr hervorzuheben, weil sie bei minimal angesetzten Kosten gewährleistet, daß der Bürger auch bei wertmäßig außergewöhnlichen Streitgegenständen nur ein überschaubares Kostenrisiko eingeht. 36. Unterliegt der Bürger in einem Prozeß nur deshalb, weil die Verwaltung von § 114 S. 2 VwGO Gebrauch gemacht hat, bleibt er von einer Kostenhaftung verschont. Anderenfalls würde sich die umstrittene Regelung des § 114 S. 2 VwGO doppelt nachteilig für den Bürger auswirken.

§ 6 Die Änderung des § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO und ihre Einbettung in das Rechtssystem 37. Die vorgeschlagene Erstattungsregelung ist mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes ermöglicht nicht nur dem Bürger den Gang zum Gericht, sondern es rechtfertigt auch die kostenmäßige Belastung von Prozeßführern bei von vornherein aussichtslosen oder gar mutwilligen Prozessen. Das hier begründete Kostenrisiko verändert weder die Waffengleichheit im Prozeß erheblich zum Nachteil des Bürgers, noch stellt es ein unzumutbares Prozeßhindernis dar. 38. Das Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, weil der Bürger weiterhin sein Recht auf eine mündliche Verhandlung durchsetzen kann, ohne ein unzumutbares zusätzliches Kostenrisiko gegenüber einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einzugehen. 39. Das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG ist gewahrt. Das Erstattungsmodell verzichtet völlig auf eine Gebührenstaffelung nach Streitgegenstand oder Leistungsfähigkeit des Prozeßführers zugunsten einheitlich niedriger Gebühren-

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sätze. Zugleich entfällt die Kostenhaftung, wenn dem Prozeßführer für das konkrete Verfahren Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist, ungeachtet des späteren Prozeßausgangs. 40. Das Modell verstößt nicht gegen das Prinzip des Steuerstaats. Von den verschiedenen Auslegungen der Art. 104 a ff. GG ist eine als „Funktionskonzept“ bezeichnete Theorie vorzuziehen, nach der die Steuer nicht der verfassungsrechtliche Regeltypus zur Finanzierung einer öffentlichen Aufgabe, sondern zur Beschaffung frei disponibler Fiskalität ist. Über ihre Wesensmerkmale hinaus unterliegt die Gebühr damit keiner weitergehenden Beschränkung ihres Anwendungsbereichs, so daß sie im vorliegenden Modell als Abgabentypus angewendet werden kann. Eine Doppelbelastung des Bürgers als Steuerzahler und Gebührenzahler wird dadurch vermieden, daß der Bereich der Prozeßführung in dem Umfang geringere Dekkungsbeiträge aus allgemeinen Steuermitteln benötigt, wie er sich aus Gebühreneinnahmen refinanziert. Die Budgetierung sichert die strikte Geschlossenheit dieses Finanzierungskreislaufs als Teil eines verwirklichten „Neuen Steuerungsmodells“. 41. Die europarechtlichen Maßstäbe der Rechte auf effektiven und gleichwertigen Rechtsschutz, auf ein faires Verfahren aus Art. 6 Abs. 1 EMRK und auf eine wirksame Beschwerde nach Art. 13 EMRK sind nicht verletzt. Auch das in Art. 47 EU-Charta vorgesehene Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf wäre nicht verletzt. 42. Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz liegt nicht vor. Die Erstattungsregelung macht zwar die Eigenvertretung für öffentliche Körperschaften wieder attraktiver; der Anwaltschaft steht aber kein Anspruch auf diese Mandate zu. Erst recht hat die Anwaltschaft keinen Anspruch darauf, daß ihre potentiellen Mandanten von Kostenrisiken verschont bleiben.

Anhang A. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO-E) § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO erhält folgende Fassung: „Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können eine Erstattung der ihnen entstandenen Aufwendungen aufgrund eines besonderen Bundesgesetzes, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bis zur Höhe der dort festgesetzten Pauschsätze fordern.“

B. Entwurf eines Verwaltungsprozeßkostengesetzes (VwPKG) und einer Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKVV) I. Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKG) § 1 Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz findet Anwendung auf die Vertretung der deutschen Gebietskörperschaften und ihrer Behörden vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Ausführung von § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO. Es findet keine Anwendung auf die Tätigkeit von Vertretern des öffentlichen Interesses. (2) Auf die Vertretung anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts und Behörden findet nur § 4 Abs. 1 Nr. 1 a) und Nr. 2 a) dieses Gesetzes Anwendung. § 2 Erstattungsregelung (1) Für die Vertretung durch eigene Bedienstete im Sinne von § 67 Abs. 1 S. 3 VwGO vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit können die Körperschaften Gebühren und Auslagen erheben, soweit ihren Behörden notwendige Aufwendungen entstanden sind. (2) Für die Vertretung durch Rechtsanwälte oder sonstige Bevollmächtigte verbleibt es bei der Regelung des § 162 Abs. 2 S. 1 und 2 VwGO. § 3 Notwendige Aufwendungen (1) Als notwendige Aufwendungen werden je Rechtszug erhoben in 1. Hauptsacheverfahren a) eine Gebühr für die Vertretung

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b) und – soweit eine mündliche Verhandlung oder Beweisaufnahme stattgefunden hat – je angefangene halbe Stunde Verhandlung, Beweisaufnahme oder Fahrtzeit eine weitere halbe Gebühr, 2. Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 123 VwGO) a) eine Gebühr für die Vertretung b) und – soweit ein Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin stattgefunden hat – je angefangene halbe Stunde Erörterung, Beweisaufnahme oder Fahrtzeit eine weitere halbe Gebühr. (2) Die Gebühr berechnet sich nach den durchschnittlichen Personalvollkosten für einen Beamten der Besoldungsgruppe A 13 für eine Arbeitsstunde. Sie wird durch Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums der Justiz festgelegt. (3) Übersteigen die tatsächlichen Aufwendungen im Einzelfall diese Gebühr, werden sie nur bis zur Höhe der Gebühr erstattet. § 4 Auslagenpauschalen (1) Als notwendige Auslagen werden je Rechtszug erhoben in 1. Hauptsacheverfahren a) ein Pauschsatz für Porto- und Telekommunikationsaufwendungen b) und – soweit eine mündliche Verhandlung oder Beweisaufnahme stattgefunden hat – Reisekosten in Höhe des tatsächlich gezahlten Betrags für eine Person für die Teilnahme am Termin, 2. Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 123 VwGO) a) ein Pauschsatz für Porto- und Telekommunikationsaufwendungen b) und – soweit ein Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin stattgefunden hat – Reisekosten in Höhe des tatsächlich gezahlten Betrags für eine Person für die Teilnahme am Termin. (2) Die Pauschsätze für Auslagen nach Absatz 1 Nr. 1 a) und Nr. 2 a) berechnen sich nach den durchschnittlich tatsächlich anfallenden Kosten. Sie werden durch Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums der Justiz festgelegt. Übersteigen die tatsächlichen Aufwendungen im Einzelfall diesen Pauschsatz, werden sie nur bis zu dessen Höhe erstattet. (3) Auslagen für sonstige Leistungen, insbesondere für erstellte Gutachten, werden nur erstattet, soweit sie das Gericht für seine Entscheidung herangezogen und auf Antrag des Erstattungsberechtigten für notwendig erklärt hat. Reisekosten weiterer Personen neben dem Vertreter werden nur erstattet, wenn das Gericht diese Personen zusätzlich zum Termin geladen hat. § 5 Geltendmachung (1) Die zu erstattenden Aufwendungen können erst nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens von der Vertretungsbehörde durch Rechnungsstellung, verbunden mit einem Antrag auf Kostenfestsetzung, geltend gemacht werden.

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(2) Die Behörde soll auf die Geltendmachung verzichten, wenn diese für den Prozeßgegner eine unbillige Härte bedeuten würde. Eine Geltendmachung ist ausgeschlossen, wenn die Behörde erst im gerichtlichen Verfahren ihre Entscheidungsgründe nach § 114 S. 2 VwGO auf gerichtlichen Hinweis ergänzt und deswegen obsiegt hat. (3) Eine Erstattung findet nicht statt, soweit dem sonst Erstattungspflichtigen Prozeßkostenhilfe für die Streitsache gewährt worden ist oder von Gesetzes wegen keine Gerichtsgebühren erhoben werden können. § 6 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am . . . in Kraft. Auf Verfahren, deren Rechtshängigkeit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begründet wurde, findet es keine Anwendung.

II. Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKVV) Aufgrund von § 3 Abs. 2 S. 2 und § 4 Abs. 2 S. 2 VwPKG erläßt das Bundesministerium der Justiz folgende Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsprozeßkostengesetz (VwPKVV): Die Gebühr nach § 3 Abs. 2 des Verwaltungsprozeßkostengesetzes beträgt 60,– A. Die Auslagenpauschale nach § 4 Abs. 2 des Verwaltungsprozeßkostengesetzes beträgt 20,– A.

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Sachverzeichnis Abhilfe 30 Ablauforganisation 63, 84 Akteneinsicht 53 Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen 85 Aufbauorganisation 63, 84 Aufwand – Begriff 24, 29 – Gebührenbemessung 147, 151 – Kosten 25 – Personalaufwand 31 – Prozeßführung 87 Auslagen 95, 116, 138, 140 – Arten 114, 142, 153 – Gutachten 35, 48, 54, 153 – Porto 30, 49, 54, 149 – Rechtsanwalt 31, 110 – Reisekosten 51, 52, 115, 153 Auslegung – grammatische 95 – historische 97 – systematische 98, 108 – teleologische 108 Behördenprivileg 33, 37, 57, 179 Benutzungsgebühren 27 Beweissicherung 47 Budgetierung 158 – Bedeutung 66, 170 – Controlling 73 – Funktion 65, 68, 69, 73, 88, 93 – Gerichtsbarkeit 90 – Leistungsvereinbarung 76, 80 – Prozeßführung 82, 87, 89, 121 – Verfassungsmäßigkeit 70, 73 – Wirtschaftlichkeit 69 Controlling 71 Dienstleistungen 23, 59, 64, 85, 118 Doppelbelastung 171

Effizienz 60, 61, 62, 82, 83, 122 Ermessensentscheidung 44, 161 – Fehlerheilung 153 EU-Charta 177 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten 174 Finanznot 23, 117, 120, 122, 123, 125, 127, 136 Fremdvertretung Siehe Vertretung anwaltliche Gebühr – Äquivalenz 145 – Begriff 27, 138 – Erhebung 28 – Gesetzesvorbehalt 28 – Kostendeckungsprinzip 147 – Veranlassung 140 – Vorteilhaftigkeit 139 Gewährleistungsstaat 23 Güter 23, 60, 125 Kameralistik 66, 72 Kopie – Aufwand 54 Kostenbegriff – betriebswirtschaftlich 25 – pagatorisch 26 – verwaltungskostenrechtlich 27 – volkswirtschaftlich 25 – wertmäßig 26 Kostenerstattungsanspruch – materiell 35, 102 – prozessual 35, 36, 96, 102, 105, 116 Kostenhaftung 132 – eingeschränkte 134 – Kostenfreiheit 133 – volle 132 Kostenhöhenentscheidung 29

Sachverzeichnis Kostenlastentscheidung 29 Kostenminderungspflicht 96 Kostenrechnung 55 Kostenrisiko 96, 117, 122, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 132, 134, 135, 144, 156, 158, 159 – Fehlerheilung 44 – Grundsatz der Effektivität 172 – Grundsatz der Fairneß 175 – Prozeßführung 35 – Prozeßkostenhilfe 164 – Zulassungsberufung 45 Landesanwaltschaft 39, 56 Leistungsvereinbarung – Legitimation 78, 79 – Rechtsqualität 75, 77 Neues Steuerungsmodell – Ausgangslage 58 – Budgetierung 68, 80 – Controlling 71, 73 – Effizienz 61 – Kameralistik 62, 64 – Konzept 64 – Kundenorientierung 85 – Legitimation 64 – Leistungsvereinbarung 74, 92 – Produktorientierung 65 – Rechtsstaatsprinzip 79 – Verfassungsmäßigkeit 81 – Verwaltungsgerichtsbarkeit 90 Personalaufwand 31, 46, 47, 49, 50, 51, 104, 106, 112, 123, 128 Prozeßbeendigung 46, 55 Prozeßfinanzierer 134 Prozeßführung 46, 48 – Aufgabe 111, 113 – Aufgabenkritik 82 – Budgetierung 89 – prozeßfreudige Verwaltung 88 – prozeßscheue Verwaltung 88 Prozeßkostenhilfe 163, 164 Prozeßvorbereitung 46, 47 rechtliches Gehör 161 – Schranken 162 – Schutzbereich 161

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Rechtsberatung 178 Rechtsmittelverfahren 56 Rechtsschutz – Grundsatz der Effektivität 172 – Grundsatz der Fairneß 174 – Grundsatz der Gleichwertigkeit 172 – Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf 177 Rechtsschutzgarantie 37, 108, 126, 127, 133, 140, 157, 163 – Schranken 156 – Schutzbereich 156 Rechtsschutzversicherung 134 Reisekosten 40, 88, 114, 116, 142, 153 – Akteneinsicht 53 – Informationsreisen 53 – zusätzlicher Bediensteter 52 Sachaufwand 46, 47, 49 Sozialstaatsprinzip 163 Staatsaufgabe 59 Steuer – Begriff 139 Steuerstaatsprinzip 165 – Funktionskonzept 169, 170 – Modelle 165 – Rechtfertigungskonzept 168 – Regelkonzept 166 – Schwerpunktkonzept 167 – Zuordnungskonzept 167 Unterliegensgrundsatz Siehe Unterliegensprinzip Unterliegensprinzip 32, 34, 35, 128, 132, 133, 134, 136, 162 Untersuchungsmaxime 48 Verdienstausfall 51, 105, 106, 107 Verfahren – mündlich 48, 51 – schriftlich 49 Verrechtlichung 120, 125 Vertreter des öffentlichen Interesses 38 Vertretung – anwaltliche 38, 41, 57, 178 – behördliche 38, 139 – durch Hochschullehrer 57 – Landesanwaltschaft 39

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Sachverzeichnis

Verwaltung – Funktion 117 – Funktionsfähigkeit 120 Verwaltungsaufwand 24, 27, 28, 113, 123 Verwaltungsgebühr 27 Verwaltungsgerichtsbarkeit – Funktion 124 – Funktionsfähigkeit 125 Verwaltungsgerichtsordnung – Gesetzgebungskompetenz 142 – Lückenhaftigkeit 99 – Prozeßzweck 101 Verwaltungsgerichtsverfahren – Erstattung 33, 49 – Prozeßzweck 129 Verwaltungsprozeß Siehe Verwaltungsgerichtsverfahren Verwaltungsprozeßkostengesetz 138, 139, 145, 148, 150, 154

– Gesetzgebungskompetenz 142 – Zustimmungsbedürftigkeit 145 Verwaltungsverfahren 24, 27, 30, 32, 36, 47, 49, 58, 84, 121, 130, 136 Waffengleichheit 108, 111, 130, 161 – im Widerspruchsverfahren 31 Weisungsgebundenheit 64 Werteverzehr 24, 29, 72 Widerspruchsgebühr 31 Widerspruchsverfahren – Ablauf 30 – Abschaffung 42, 43 – Erstattung 31 – Funktion 30, 41 Zeitversäumnis Siehe Personalaufwand Zulassungsberufung 45