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German Pages 285 Year 2001
HARCK-OLUF NISSEN
Die Intervention Dritter in Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften
Hamburger Studien zum Europäischen und Internationalen Recht Herausgegeben von Thomas Bruha, Meinhard Hilf, Hans Peter Ipsen t, Rainer Lagoni, Gert Nicolaysen, Stefan Oeter
Band 27
Die Intervention Dritter in Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Zugleich eine rechtsvergleichende Untersuchung zu den Instituten der Drittbeteiligung vor deutschen und französischen Zivil- und Verwaltungsgerichten
Von
Harck-Oluf Nissen
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Nissen, Harck-Oiuf: Die Intervention Dritter in Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften : zugleich eine rechtsvergleichende Untersuchung zu den Instituten der Drittbeteiligung vor deutschen und französischen Zivil- und Verwaltungsgerichten I Harck-Oluf Nissen.- Berlin: Duncker und Humblot, 2001 (Hamburger Studien zum europäischen und internationalen Recht ; Bd. 27) Zug!.: Hamburg, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-428-10505-2
Alle Rechte vorbehalten
© 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübemahme: Selignow Verlagsservice, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0945-2435 ISBN 3-428-10505-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 §
Vorwort Die nachstehende Untersuchung hat dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Harnburg im Wintersemester 1999/2000 als Dissertation vorgelegen. Rechtsprechung und Literatur sind bis Ende November 1999 berücksichtigt. Das Erstgutachten wurde von Herrn Prof. Dr. Thomas Bruha und das Zweitvotum von Herrn Prof. Dr. Meinhard Hilf erstellt. Beiden danke ich hierfür sehr herzlich. Ganz besonders dankbar bin ich zudem dem Juristischen Berater des Rates der Europäischen Union a. D. Herrn Prof. Dr. Bemhard Schloh, der die Bearbeitung der Thematik angeregt hat und den Fortgang der Untersuchung ständig mit Rat und Tat begleitete. Herr Prof. Dr. Schloh war es auch, der mir einen ersten persönlichen Kontakt zum Europäischen Gerichtshof vermittelte. Der anschließende Studienaufenthalt dort war für die Entstehung der Arbeit von unschätzbarem Wert. Frau Hauptverwaltungsrätin Sabine Hackspiel, LL. M., und dem Kanzler des Gerichts erster Instanz, Herrn Dr. Hans Jung, sei hier stellvertretend für die umfassende Unterstützung gedankt, die mir von Seiten der Mitarbeiter des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz zu Teil wurde. Weiterhin danke ich Frau Barbara Gereke für ihre zahlreichen kritischen Anmerkungen und das Aufspüren von mancherlei Unverständlichkeit. Großen Dank schulde ich schließlich meinen Eltern, die mir Studium und Promotion ermöglicht haben, sowie meiner Freundin Anika, die auch in solchen Momenten an mich geglaubt hat, als ich an der erfolgreichen Beendigung der Arbeit ernstliche Zweifel hatte. Hamburg, im März 2001
Harck-Oluf Nissen
Inhaltsverzeichnis Erstes Kapitel
Einführung A. Gegenstand der Untersuchung . . . .. .. .. .. .. .. . . . . . ... . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 17
B. Formen der Intervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . . .. .. . . 22 C. Überblick über die gemeinschaftsrechtlichen Interventionsbestimmungen . . . . . . 23 D. Gang und Methodik der Untersuchung..... . ......... ... . .. ...... .... .... . . . . . . . ...
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Zweites Kapitel
Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht A. Die Formen der Drittbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zivilprozeß . . .. .. . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Nebenintervention . . . . . . .. . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . . .. . . . . a) Die gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Beitrittsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Beitritt des Nebenintervenienten . . .. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . cc) Beitrittswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Nebenintervenient als Dritter . . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die prozeduralen Befugnisse des Nebenintervenienten . . . . . . . . . . (a) Der einfache Nebenintervenient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Der streitgenössische Nebenintervenient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Interventionswirkung nach§ 68 ZPO.............. . ...... . . . dd) Die Zwecke der Nebenintervention nach den §§ 66 ff ZPO . . . . . . . . . . b) Die Bestimmungen der Nebenintervention vor dem Hintergrund grundgesetzlich gewährleisteter Rechte Dritter . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . . .. . . . . aa) Einleitungsbemerkungen; die verfassungsrechtliche Dimension der Streithilfe . . . . . . . . . . . .. . .. . .. . . . .. . .. . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . bb) Drittschutz durch Art. 103 Abs. 1 GG und die Art seiner Verwirklichung . . ... .. . . . . . . . ............. . . . . . .... . . . ................. . . ... .... (1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ... . , . . . . . . . (2) Die herrschende Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die von Lerche begründete Sichtweise . . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . 2. Die Streitverkündung . . . . . . . . . . . .. .. .. . .. . . . . . . . . . . . .. . .. . .. . .. . .. . . .. . . . . . . . . . Il. Verwaltungsprozeß .. . . . . . . . . . . .. .. .. .. .. . . . . . . . .. . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . 1. Überblick über die Beiladungsbestimmungen . . .. .. . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . .
32 33 33 33 33 33 36 37 37 38 39 41 43 45 46 46 48 48 50 53 55 56 56
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Inhaltsverzeichnis 2. Die Voraussetzungen und Zwecke beider Beiladungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die einfache Beiladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Voraussetzungen . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die mit der Vorschrift des§ 65 Abs. 1 VwGO verfolgten Zwecke . . . b) Die notwendige Beiladung .. .. .. .. .. .. .. . . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. aa) Grundlagen . . . . . .. . . .. .. . . .. .. . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. . .. . . . . . .. . .. . . . bb) Die Notwendigkeit der Beiladung in den einzelnen Verfahrensarten (1) Anfechtungsklagen . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. (2) Verpflichtungsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Feststellungs- und allgemeine Leistungsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die notwendige Beiladung in Massenverfahren gemäß § 65 Abs. 3 VwGO ............. . .................... ..... ..... . .......... . ........ 3. Die Rechtswirkungen der Beiladung . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . a) Der Beigeladene als verfahrensbeteiligter Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Bindungswirkungen der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . .. c) Die prozeduralen Möglichkeiten des Beigeladenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einfach Beigeladene .. .. .. .. .. . .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. . bb) Notwendig Beigeladene .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Rechtsfolgen bei unterlassener Bei- und Zuladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die unterlassene einfache Beiladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Unterbleiben der notwendigen Beiladung im Verwaltungrechtsstreit und der zivilprozessualen Zuladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Frage der Urteilswirksamkeit .. .. . .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. .. . .. .. .. .. .. 2. Rechtsbehelfe des übergangenen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78 78
69 71 71 71 74 74 77
79 80 82
Drittes Kapitel
Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht A. Die intervention accessoire . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . I. Zivilprozeß . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . . . I. Das Beitrittsinteresse . . . . . . .. .. . . . .. .. . .. . . . . . . . . . .. . . . . .. .. . .. . . . . . . . . .. .. . . . . 2. Der Verfahrensbeitritt . .. . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . .. . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . 3. Die Rechtswirkungen des Beitritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Parteistellung und die Bindungswirkungen der Entscheidung . . . . . . . . b) Die Befugnisse des Intervenienten im Prozeß .... .. ................... . .. . aa) Überblick über die Aufgabenverteilung im franzÖsischen Zivilprozeß ............ ... . .................. .. . ..... . .......... . .............. bb) Die prozeduralen Möglichkeiten des Intervenienten im einzelnen . . . II. Verwaltungsprozeß . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . . . 1. Einleitungsbemerkungen; Überblick über die Klagearten und die Aufgabenverteilung im französischen Verwaltungsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Beitrittsinteresse ....... . ........................ . .. . . .......... . .... . ..... a) Contentieux de pleine jurisdiction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Recours pour exces de pouvoir ............................................ 3. Die Zulassung als Streithelfer ................. ... ... . ..... . ................... 4. Beitrittswirkungen . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .
85 85 85 85 88 89 89 91 91 95 97 97 103 103 104 105 106
Inhaltsverzeichnis
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III. Ergänzender Drittschutz durch die tierce opposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I 07 I. Tierce opposition und Anspruch auf rechtliches Gehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I 07 2. Die Regelung der tierce Opposition in Zivil- und Verwaltungsprozeßrecht . . . 109 B. Die intervention forcee zur Erstreckung von Bindungswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . II2 I. Zivilprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II2 II. Verwaltungsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Il3
Viertes Kapitel
Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention ........................ . . . .... I. Subjektive Anforderungen an den Intervenienten ........................ . ....... I. Art. 37 EG-Satzung ...... ... ................... . ... . . ...... . ............ . . . .... a) Die Adressaten des Art. 37 Abs.1 EG-Satzung .................. . . . . . .... b) Allgemeine Inhaltsbestimmung der Wendung "alle anderen Personen" in Art. 37 Abs. 2 I. Hs. EG-Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Insbesondere: Die Beteiligungsmöglichkeit von Gemeinschaftseinrichtungen ohne Organstatus .................. . .... . ................... . ...... aa) Gemeinschaftseinrichtungen, denen Rechtspersönlichkeit verliehen wurde ........... . ............................................ . ........ bb) Der Wirtschafts- und Sozialausschuß und der Ausschuß der Regionen ... . ........ . . . ......... . . . .......... . . . . . ... . . .. ................. . . (1) Beitrittsrecht nach Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung ... . ...... . . (2) Interventionsmöglichkeit analog Art. 37 Abs. I oder Abs. 2 I. Hs. EG-Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Andere Gemeinschaftseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Interventionsberechtigungen nach Art. 37 Abs. 3 EG-Satzung ... . . . .... . . 2. Die Beitrittsbestimmungen der EGKS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines ........... . ....... . .............. . . . .................... . ... . . b) Streitbeteiligungsmöglichkeiten für die Gemeinschaftsorgane und den Beratenden Ausschuß . . . . .. ................ . . . . . .... . . . ............. ... . . . 3. Art.l34 §I VerfO-EuG . . . . . . . . .. . . . .. .. . . . . . . . . .. . . .. ..... . . . .. . . . . . . . .. . . ... a) Die Gemeinschaftsmarkenverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Sortenschutzverordnung ............... . . . ................. . ...... . . . . c) Die Bedeutung der neu geschaffenen Interventionsgrundlage ......... .. . li. Das Beitrittsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das "berechtigte Interesse am Ausgang des Rechtsstreits" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Natur des Beitrittsinteresses ..... . . . . . . . . ........ ........ ....... . ..... aa) Rechtliche Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wirtschaftliche Interessen ........ . .. . . . . .... .. .. .... . .. .. .. . .. . . . . ... cc) Politische Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Interessen ideeller Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Erfordernis eines eigenen Interesses . . . . . . . .. . . . . . ......... . . . ...... . c) Die Zielrichtung des Beitrittsinteresses . .. . . ...... . ... . .. . ... . .. . . . . ..... . aa) Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals durch die Gemeinschaftsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II5 1I5 115 116 116 118 122 122 122 123 I23 126 127 128 128 129 131 13I 132 133 133 134 134 136 138 139 140 142 I43 I44
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Inhaltsverzeichnis bb) Spezielle Fälle ..... .. ...................... . .................. . ...... . (1) Nichtigkeitsklagen gegen den Entzug des Schutzes vor Geldbußen nach Art. 15 Abs. 6 VO 17/62 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Dritte, die selbst hätten klagen können ..................... . . . ... (3) Dritte, die selbst Klage erhoben haben .......... . ........ . ....... (4) Der Streitbeitritt von Verbänden . . . . .................. . .. . ....... d) Ergebnis und Bewertung .................... .. .................... .. ...... 2. Ausnahmen von der Verpflichtung zur Darlegung eines Interventionsinteresses ............................................. . ......................... . ... . . a) Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung .................. .. .. ........................ .. b) Das Interventionsrecht der EGKS ............. .. ...................... .... aa) Gründe für die Unterschiedlichkeil der Satzungstexte ......... . ..... bb) Die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung ............. . . . .................. . ....................... . ....... c) Art.134 § 1 VerfO-EuG .. ................................................. III. Prozeßart- und beteiligtenabhängige Beschränkungen der Intervention . . ....... 1. Das Verhältnis zwischen Art. 34 und Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung . . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit von Art. 37 EG-Satzung in Verfahren nach den Art. 130ff VerfO-EuG ... ....... ...... . . ............... .. . . .... ... ................ . ....... 3. Der Interventionsausschluß in Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung ............. a) Die Problematik ........ . .................. . ....................... .. .. . . . . b) Die Kohärenz des gemeinschaftlichen Rechtssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Anspruch auf rechtliches Gehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgerneines zum Gehörsanspruch .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . bb) Der Kreis der Anhörungsberechtigten . . . . .. . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . (1) Dritte als Gehörsberechtigte ................................ .. .... (2) Die Auslösung des Gehörsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Situationen, in denen über Rechte Dritter entschieden werden könnte ......... . ........................................ . . . ....... (a) Nichtigkeitsklagen ........................................ . ... (aa) Klagen gegen drittadressierte begünstigende Entscheidungen . . .................. . ....................... . . . ..... (a) Gestaltungswirkung .............................. .. .. (ß) Rechtskraft . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .. (bb)Klagen gegen Entscheidungen, mit denen ein Einschreiten gegenüber Dritten abgelehnt wurde . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Klagen gegen Normativakte .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. . .. .. (b) Untätigkeitsklagen; Amtshaftungsklagen ... ... ...... . . . . . .. . (c) Vertragsverletzungsverfahren ...... . ..... . .. .... ...... . . .... .. cc) Der Zeitpunkt der Gehörsgewährung ...... . ....... . .... ... .. . .... . .. . dd) Konsequenzen .... . .. .. .. ...... ... . .... .... .. .. ... . ... .. .. .... . . . . . ... (1) Kollisionslösung durch Über- bzw. Unterordnung ....... . . .. . . . . (2) Praktische Konkordanz . . . . .. . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . .. ee) Ergebnis; Rechtspolitische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
149 149 150 152 153 155 158 158 160 161 163 165 166 166 166 167 167 173 174 174 175 175 176 180 180 180 180 181 183 184 184 185 186 187 188 189 190
B. Die Informierung Dritter über erhobene Klagen . . . . .. .. . . . . . . . .. . .. .. . . .. . . . . . . . .. 192 I. Unzulänglichkeit der Inforrnierung gehörsberechtigter Dritter im positivierten Recht ........... . ....... . ... . . . . ....... .. ............ .. ........................... 192
Inhaltsverzeichnis
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I. Veröffentlichung im Amtsblatt und rechtliches Gehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein alternativer Rechtsschutz in der Drittwiderspruchsklage . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konsequenzen ............ . ........................ . ................. . ........ . II. Rechtstechnische Aspekte einer ungeschriebenen individuellen Verfahrensbenachrichtigung .. .. . . . .. . . . . . . . . .. . . . . . .. .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . .. . . . . 1. Bedenken des Gerichts erster Instanz . . . . .. . . . . . .. . . . . . .. .. . . .. . . . . .. . . . . .. . . . 2. Rechtstechnische Absicherung und Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen unterlassener Inkenntnissetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
193 197 199 200 200 201 202
C. Aspekte des Zulassungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Prüfung des Beitrittsinteresses . . . .. .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . .. . . . . .. .. . . . . II. Fristversäumnis . .. . .. . . . . . . . . . .. . .. .. . .. .. . . . . . . . . . . . .. . . .. .. . . .. .. . .. . .. . . . .. . . . . 111. Instanzwechsel . . . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . .. . .. .. .. . . . . . . .. . . . . .. . .. . .. . . . . . . .. . . .. . . . .
203 203 204 204
D. Die Rechtswirkungen der Intervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Einordnung des Streitgehilfen in die Beteiligtenstruktur des Rechtsstreits . . II. Die Bindungswirkung des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitungsbemerkungen . .. . . . .. . .. .. .. . . . . .. . . . . . . .. . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . .. . . . 2. Die grundsätzliche Existenz einer Bindungswirkung des Urteils gegenüber dem Streithelfer . . . . .. . . . . . .. . . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . 3. Umfang der Bindungswirkung .................. . .................... . . . . ..... III. Die Stellung des Streithelfers innerhalb des Verfahrensablaufs .......... . ....... 1. Der Zugang zu Prozeßdokumenten ........... . .... . ..................... . .... . a) Unterlagen der Hauptparteien ............................................. aa) Der Grundsatz der Art. 93 § 3 S. 1 VerfO-EuGH und Art. 116 § 2 S. I, Art.133 §I, 2 VerfO-EuG .. . ............ .. ........ ..... .... . .... .... bb) Die Behandlung geheimer oder vertraulicher Unterlagen . . .. . . . ..... (l) Der Regelungsgehalt der Art. 93 § 3 S. 2 VerfO-EuGH und Art. 116 § 2 S. 2 VerfO-EuG .............................. . ...... (a) Inhaltsbestimmung der Wendung "geheime oder vertrauliche Unterlagen" .. ....................... . ..... .. ............ . . . ... (b) Die Entscheidung über die Zurückhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte. . .... . .... . . . (bb) Eigene Überlegungen zur Vornahme der Abwägung. . . . . (2) Die Frage des Verwertungsverbots ............................... (3) Der Alternativvorschlag Jungs ...................... .. ........... b) Unterlagen des Streithelfers ....................... .. ............ . ........ . 2. Vorbringen des Streithelfers .. . . . .. .. . .. . . . . .. . . . .. . .. . .. . .. . .. .. . . .. . . . . . .. . . . a) Die grundsätzlichen prozeduralen Befugnisse des Intervenienten . . . . . . . . aa) Anträge . ..... . . .. . . . .. .. . . . . .. .... . . .. . . . . . . ......... . . .. . . . . . . .... .. . (l) Sachanträge . . . . . . .. . . . . . .. . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . .. . . . . (a) Die Regelung der Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung und Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung . .. . . . . . . . . . . . .. . . .. .. . .. . . . . .. . . . . . .. . .. . . (b) Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung .... .... .................... .. .. (c) Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG .............................. (2) Zulässigkeilsrügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Versäumnisverfahren .... .......... .. . .. ........... .. .... .. .. . .... 230
205 205 207 207 208 210 211 212 212 212 212 212 213 214 215 216 219 220 221 222 222 222 223 223 225 225 227 280
12
Inhaltsverzeichnis bb) Inhaltlicher Vortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . (1) Überblick über die Aufgabenverteilung vor den Gemeinschaftsgerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechts- und Tatsachenvortrag des Streitgehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Nichtigkeitsklagen ............... . . . ................ . . . .. . . . . . (b) Untätigkeitsklagen ............. . . .. . ................ . .. .. . . . . . (c) Vertragsverletzungs- und Amtshaftungsverfahren .. . .. . . . ... . (3) Die Benennung von Beweismitteln .... . .................. . . . . .. . b) Gebundenheit an die Lage des Rechtsstreits .... . .................. . . . . .. . 3. Reaktionsmöglichkeiten der Hauptparteien auf den Streithelferschriftsatz . . . 4. Die Einlegung von Rechtsbehelfen gegen das Urteil . .................... . . . .. a) Rechtsmittel ........... . . . .................. . . . ..................... . . . . .. . b) Auslegungsverfahren .. . .................. . . . .... . ......... . ...... . . . . . .... c) Wiederaufnahmeverfahren .............. .. .. .... .. ........ . ...... . .. ...... 5. Dispositionen über den Rechtsstreit .......... . ... . . . . . . ................ . . . . . . . IV. Kosten . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
231 231 233 233 237 237 238 238 239 241 241 242 242 243 243
Fünftes Kapitel
Zur Einführung der intervention forcee in das Gemeinschaftsrecht A. Die Möglichkeit zur Erstreckung von Bindungswirkungen
245 245
B. Beiladung oder Streitverkündung . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . 246
Sechstes Kapitel
Zusammenfassung
248
Vorschriftenverzeichnis . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . . . . 254 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . .. . . . . 280
Abkürzungsverzeichnis a.A. a.a.O. ABI. Abs. AcP a.E. a.F. A.J. A.J.C.L. A.J.D.A. Anm. AöR Art. Aufl. AWD BauGB BayObLG BayVBI BayVerfGH BayVGH Bd. BGB BGBI BGH BGHZ
BT
Buchholz Bull. Civ. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzw.
c
C.A. Cass. Civ. Cass. Req. CDE C.E.
anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz Archiv für civilistische Praxis am Ende alte Fassung Actualite Juridique American joumal of comparative law Actualite Juridique, Edition Droit Administratif Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Auflage Außenwirtschaftsdienst Baugesetzbuch Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Band Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Deutscher Bundestag Sammel- und Nachschlagewerk der der Rechtsprechung des BVerwG Bulletin des Arrets de Ia Cour de Cassation Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise Cour Courd'Appel Cour de Cassation, Chambre civile Cour de Cassation, Chambre de Requetes Cahiers de droit europeen Conseil d ' Etat
14 CMLRev Comm. Law Bull. C.T.A.C.A.A. D. DB dens. ders. d.h. DienstA-EuG Diss. DÖV D.P. DStR DV DVBI. D.W. EAG EAG-Satzung EAG-Vertrag EBLRev EFfA EG EG-Satzung EG-Vertrag EGKS EGKS-Satzung EGKS-Vertrag Einl EJIL ELRev EMRK EU EuG EuGH EuGRZ EuR EU-Vertrag EuZW EWG EWG-Vertrag EWR EWS f
Abkürzungsverzeichnis Common Market Law Review Commonwealth Law Bulletin Code des tribunaux administratifs et Cours administratives d'appel Recueil Dalloz, später Recueil Dalloz-Sirey Der Betrieb denselben derselbe das heißt Dienstanweiung für den Kanzler des Gerichts erster Instanz Dissertation Die Öffentliche Verwaltung Recueil Periodique et Critique Dalloz Deutsches Steuerrecht Die Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Drittwiderspruchsklage, später T.O. Europäische Atomgemeinschaft Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Atomgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft European Business Law Review European Free Trade Association Europäische Gemeinschaft Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl Einleitung European Journal of International Law European Law Review Europäische Menschenrechtskonvention Europäische Union Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europäische Grundrechte-Zeitschrift Europarecht Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgende
Abkürzungsverzeichnis FamRZ Fase. ff FGO Fn. GA Gaz. Pa!. GG GmbH GWB Hess. VGH h.M. Hs. lbid. I.C.J. IGH IGH-Statut INT intv i.V.m. JA J.C.P. JdT JR JuS JZ KG Law Soc. Gaz. LG lit. LQR m.a.W. MDR m.E. MLR m.w.N. N.C.P.C. NJW Nr. NVwZ NVwZ-RR NWVBl OLG OVG OVGE p
R
Familienrechtszeitung Fascicule fortfolgende Finanzgerichtsordnung Fußnote Generalanwalt Gazette du Palais Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Hessischer Verwaltungsgerichtshof herrschende Meinung Halbsatz lbidem (ebenda) International Court of Justice Internationaler Gerichtshof Statut des Internationalen Gerichtshofs Interpretation (Urteilsauslegungsverfahren) Intervention in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juris-Classeur Periodique Journal des Tribunaux Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristenzeitung Kammergericht The Law Society's Gazette Landgericht Iitera Law Quarterly Review mit anderen Worten Monatsschrift für deutsches Recht meines Erachtens Monthly Law Review mit weiteren Nachweisen Nouveau Code de Procedure Civile Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht- Rechtsprechungsreport Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Pourvoi (Rechtsmittel) Refere (vorläufiger Rechtsschutz)
15
16 R.D.P. Rec. RGZ RIW Rn. Rs. RTDE
s.
SGO Slg. sog. T TO u.
u.a. Unterabs. V.
verb. VerfO-EuG VerfO-EuGH VersR VerwA VerwRspr VG VGH vgl.
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VwGO WuW ZaöRV z.B. ZGR ZPO zugl. ZZP
Abkürzungsverzeichnis Revue de Droit Public et de Ia science politique en France et a l'Etranger Recueil de lajurisprudence du Conseil d'Etat, Recueil Lebon Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer Rechtssache(n) Revue trimestrielle de droit europeen Satz, Seite Sozialgerichtsordnung Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften sogenannt Tribunal Tierce Opposition (Drittwiderspruchsklage), früher D.W. und und andere Unterabsatz vom verbundene Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften Versicherungsrecht Verwaltungsarchiv Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Verordnung Verwaltungsgerichtsordnung Wirtschaft und Wettbewerb Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zivilprozeßordnung zugleich Zeitschrift für Zivilprozeß
Erstes Kapitel
Einführung A. Gegenstand der Untersuchung Es ist eine einfache Erkenntnis, daß Rechtsstreitigkeiten nicht stets nur für Kläger und Beklagten von Relevanz sind, sondern Bedeutung auch für Dritte 1 oder für die Beziehungen der Parteien zu Dritten erlangen können. Gerichtsprozesse finden nicht in rechtlicher Abgeschiedenheit statt. Das wird besonders deutlich, soweit die Möglichkeit besteht, an andere Personen gerichtete behördliche Entscheidungen, welche diese begünstigen, anzufechten. Vom Erfolg oder Mißerfolg der Klage mag es hier abhängen, ob etwa zwei fusionswillige Unternehmen ihre Zusammenschlußpläne letztlich durchzuführen vermögen oder der beförderte Beamte die ihm zuerkannte Stelle behalten darf2. Denkbar ist außerdem, daß der Ausgang des Verfahrens für bestehende oder potentielle Prozesse der Parteien mit anderen Rechtsgenossen nicht ohne Einfluß ist. So geschieht es möglicherweise, daß der Kläger deshalb mit seiner Klage nicht durchdringt, weil das Gericht zum Ausdruck bringt, daß es nicht den Beklagten, sondern eine dritte Person für den Schuldner des anhängig gemachten Begehrens hält, oder der Beklagte für den Fall seines Unterliegens unter Umständen seinerseits Rückgriff bei einem Dritten nehmen will. Es mag auch sein, daß das gegen die Fusionsgenehmigung klagende Konkurrenzunternehmen zusätzlich gegen die Adressaten des Rechtsakts Klage auf Schadensersatz erhoben hat. In all diesen Fällen ist das Resultat des ersten Verfahrens zumindest präjudiziell für den zweiten Prozeß, d. h. in dem ersten Verfahren wird bereits jedenfalls eine Art tatsächlicher Vorentscheidung für den anderen Rechtsstreit mitgetroffen3 • Bedeutsam kann der Ausgang eines zwischen anderen Parteien geführten Gerichtsverfahrens für Dritte weiterhin beispielsweise auch deswegen sein, weil diese sich in einer gleichgelagerten Situation schon befinden oder künftig wohlmöglich befinden wer1 Der Begriff des Dritten soll im Rahmen der Untersuchung in einem umfassenden Sinne verstanden werden. Nicht nur rechtlich eigenständige Dritte, d. h. natürliche und juristische Personen, sollen hierzu gezählt werden, sondern auch bestimmte Einrichtungen, die- wie beispielsweise die Gemeinschaftsorgane - keine eigene Rechtsqualität besitzen, denen das Gemeinschaftsrecht aber Verfahrensbeteiligungsmöglichkeiten einräumt; Einzelheiten dazu noch im 4. Kapitel unter A.l. 2 Näheres zu den Urteilswirkungen noch im 4. Kapitel unter A. III. 3. c) bb)(3). 3 Endgültige Bindungswirkungen könnten von dem Ersturteil sogar ausgehen, wenn sich die Rechtskraft des Richterspruchs auch über die Parteien des Erstverfahrens hinaus auf Dritte erstreckte; näheres hierzu im Verlauf der Arbeit.
2 Nissen
18
I. Kap.: Einführung
den, und mit dem ersten Richterspruch immerhin eine gewisse faktische Präzedenz4 für später folgende Entscheidungen gesetzt wird. Manchmal werden überdies, wie im Laufe der Untersuchung noch näher ersichtlich werden wird, mit dem Ausgang eines Prozesses auch wirtschaftliche oder soziale Konsequenzen für Verfahrensunbeteiligte einhergehen. In verschiedener Form und Reichweite sehen daher sämtliche modernen nationalen und internationalen Rechtssysteme Möglichkeiten für die Teilnahme Dritter an zwischen anderen geführten Prozessen vors. Insgesamt drei Formen der Drittbeteiligung lassen sich in diesem Zusammenhang ausmachen: die Intervention, die Drittwiderspruchsklage und der Stellungnahmeschriftsatz, auch bezeichnet als amicuscuriae-brie~. Alle diese Einrichtungen finden sich auch im Gemeinschaftsrecht So ist mit der Intervention die Möglichkeit geschaffen, Dritte an vor dem Gerichtshof und dem Gericht erster Instanz anhängigen Streit- bzw. Direktverfahren7 zu beteiligen8, die Drittwiderspruchsklage begründet für Dritte die Befugnis, in solchen Verfahren ergangene Urteile nachträglich anzufechten9 , und der amicus-curiae-brief eröffnet im Vorabentscheidungs- und im Gutachtenverfahren die Berechtigung, Schriftsätze einzureichen. Die vorliegende Untersuchung will von diesen Drittbeteiligungsformen das Institut der Intervention näher beleuchten 10• Wie die Anzahl der Verfahren insgesamt ist 4 Im Unterschied zu dem soeben verwandten Begriff der Präjudiziabilität geht es bei der Präzedenzwirkung also nicht darum, daß im Rahmen des anhängigen Prozesses eine konkrete Rechtsposition eines bestimmten Dritten bereits mittelbar zur Diskussion steht, sondern um die Vorgreifliehkeil der gerichtlichen Entscheidung für noch unbestimmte spätere Verfahren. Im Schrifttum wird allerdings zwischen beiden Begriffen nicht immer unterschieden. 5 Siehe dazu insbesondere die Hinweise bei Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S. 39ff, außerdem Benkel, Die Verfahrensbeteiligung Dritter, S. 29ff; Spellenberg, ZZP 106 (1993), S. 283ff; Berri, CMLRev 1971, S.5 (7). 6 Näher zum amicus-curiae-brief Rosenberg!Schwab!Gottwald, Zivilprozeßrecht, S. 278; Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S. l95 (215ff). 7 Nach der gängigen Terminologie zählen hierzu das Vertragsverletzungsverfahren, die Nichtigkeits- und die Untätigkeitsklage sowie die Schadensersatz- bzw. Amtshaftungsklage jeweils einschließlich der akzessorischen Nebenverfahren. Letztere sind wiederum der einstweilige Rechtsschutz, das Urteilsauslegungsverfahren, die Wiederaufnahme des Prozesses und die soeben genannte Drittwiderspruchsklage; vgl. dazu auch Schweitzer!Hummer, Europarecht, Rn. 464ff; Rengeling!Middeke!Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn.60ff. 8 Die gemeinschaftsrechtlichen Interventionsbestimmungen fordern jeweils das Bestehen eines "Rechtsstreits". Da dieses Kriterium nur die Direktverfahren erfüllen, beschränkt sich der Anwendungsbereich des Rechtsinstituts auf eben diese Verfahrensarten; vgl. dazu nur EuGH, Rs. 6/64 (Costa/ENEL), Urteil v. 3.6.1964, Slg. 1964, S. 1251 (1309ff); EuGH, Rs. C-181/95 (Biogen/Smithkline Beecham Biologicals), Beschluß v. 26.2.1996, Slg. 1996-I, s. 719ff. 9 Die Drittwiderspruchsklage ist insofern an sich nur im weiteren Sinne eine Form der Drittbeteiligung, da sie nicht zu einer Teilnahme am laufenden Verfahren führt. 10 Zu den verschiedenen Formen der Intervention im allgemeinen und den gemeinschaftsrechtlichen Interventionsregelungen noch sogleich im Rahmen dieser Einführung. Die deut-
A. Gegenstand der Untersuchung
19
im Laufe der Tätigkeit der Gemeinschaftsrichter auch die Zahl der beim Gerichtshof anhängig gemachten Interventionsanträgell rasant angestiegen. Waren in den fünfzigerund sechziger Jahren noch nur jeweils gut zwanzig Interventionsbegehren zu verzeichnen, so wuchs deren Anzahl in dem Zeitraum zwischen 1970 und 1980 bereits auf etwa einhundertzwanzig, zwischen 1980 und 1990 dann auf über vierhundertfünfzig. In der ersten Hälfte der neunziger Jahre hatte allein der Gerichtshof ungeflihr zweihundertachtzig Interventionsanträge zu bescheiden. Das Gericht erster Instanz entschied über das fünfhundertste bei ihm anhängig gemachte Interventionsbegehren Mitte 1997 12• Dem Institut der Intervention kommt mithin eine "unbestreitbare Relevanz für die Praxis" 13 zu. Anders als etwa die Nichtigkeitsklage privater Dritter, über die der Gerichtshof und die Lehre, wie Generalanwalt Mancini es ausgedrückt hat, schon "Ströme von Tinte" haben fließen lassen 14, hat sie zumindest in der rechtswissenschaftliehen Literatur jedoch bislang vergleichsweise wenig Beachtung erfahren 15 • Das wäre verständlich, wenn sich die Intervention als eine nur wenig problematische Einrichtung darstellte. Die Zurückweisung einer Reihe von Interventionsanträgen durch Gerichtshof und Gericht erster Instanz deutet indes schon daraufhin, daß dem nicht so ist. Betrachtet man die Regelung der Intervention im Gemeinschaftsrecht näher, zeigt sich zudem, daß schon über die Voraussetzungen des Rechtsinstituts - auch wie diese gefaßt sein sollten - keine Einigkeit besteht. So hat Dauses etwa in seinem Gutachten für die europarechtliche Abteilung sehen Fassungen der VerfOen von Gerichtshof und Gericht erster Instanz überschreiben die Interventionsvorschriften mit dem Begriff Streithilfe und nennen den Intervenienten Streithelfer. Üblich ist zudem die Bezeichnung des Instituts als Streitbeitritt. Beide Formulierungen implizieren jeweils, daß das Gemeinschaftsrecht von den unterschiedlichen Interventionsformen nur die sog. Nebenintervention kennt. Das ist im Ergebnis richtig, weshalb- um die Arbeit flüssiger lesbar zu machen - beide Begriffe fortan ebenfalls verwandt werden sollen. Tatsächlich muß diese Frage jedoch noch geklärt werden; näheres dazu im 4. Kapitel unter D. III. 2. a) aa) (1). 11 Einzelheiten zu den verfahrensrechtlichen Aspekten der Intervention finden sich sogleich unter C. 12 Die vorangegangenen Zahlen stützen sich auf Interventionslisten, die die Dokumentationszentren von Gerichtshof und Gericht erster Instanz dem Verfasser freundlicherweise zusammengestellt haben. Vgl. weiterhin auch die Statistiken bei Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S. 195 (211 ff); die Begründung für die sich dort ergebenden Abweichungen der Zahlen liegt darin, daß Hasselbach die Anzahl der Verfahren unter Beteiligung eines oder auch mehrerer Intervenienten erfaßt hat, zurückgewiesene Interventionsanträge läßt er zudem außer Betracht. 13 Ehle/Schiller, EuR 1982, S. 48; ähnlich Rengeling/Middeke/Gel/ermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn.673; Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S.195 (203). Den noch in den neunziger Jahren von Dauses, GutachtenD für den 60. Deutschen Juristentag, in: Verhandlungen des 60. Deutschen Juristentages, Bd. I, S. D 143, u. Mulert, Die deutschen Bundesländer vor dem Europäischen Gerichtshof, S. 32, vertretenen Auffassungen, daß nämlich von der Intervention nur selten Gebrauch gemacht würde bzw. diese in der Rechtsprechung des Gerichtshofs eher ein Mauerblümchendasein gefristet habe, kann danach schwerlich gefolgt werden. 14 GA Mancini, verb. Rs. 142 u. 156/84 (British-American Tobacco u. a./Kommission), Schlußanträge v.I7.3.1987, Slg.1987, S.4545 (4547); siehe dazu auch v.Dietze, Verfahrensbeteiligung und Klagebefugnis im EG-Recht, S.19. 15 Vgl. auch Ehle/Schiller, EuR 1982, S.48; Allkemper, EWS 1995, S. 336.
z•
20
1. Kap.: Einführung
des 60. Deutschen Juristentages über das Rechtsschutzsystem des Gemeinschaftsrechts festgestellt, die Vorschriften über die Intervention hätten sich bewährt, ein aktueller Änderungsbedarf sei daher nicht erkennbar 16. Auf derselben Veranstaltung hat sich in der Folge jedoch die Versammlung nach einem Referat Sedemunds mit großer Mehrheit für die Abschaffung einer später im einzelnen behandelten Interventionsbeschränkung ausgesprochen 17• Auch die Rechtsfolgen der Intervention können keineswegs als geklärt angesehen werden. Beispielsweise findet sich im Schrifttum einmal die Aussage - ohne daß diese allerdings zumeist weiter begründet wird -, der Intervenient dürfe eigene Angriffs- und Verteidigungsmittel in den Prozeß einführen. Andere Teile der Literatur äußern hingegen genau das GegenteiF8. Fraglich ist darüber hinaus, inwieweit der Intervenient Zugang zu Prozeßdokumenten erhält, und ob mit der Streitbeteiligung Bindungswirkungen des Urteils einhergehen. Ein bislang kaum diskutiertes Problem besteht nach Meinung des Verfassers außerdem noch in der Inkenntnissetzung potentieller Intervenienten von Verfahrenseinleitungen. Angesichts dieses Befundes kann die geringe Befassung mit dem Institut der Intervention eigentlich nur verwundern. Dies gilt um so mehr, zumal die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht seit langem ein reges wissenschaftliches Interesse gefunden hat. Allein in den vergangeneo Jahren sind hier mindestens drei Dissertationen und eine Habilitationsschrift zu dieser Thematik erschienen19. Konrad bezeichnet die Drittbeteiligung überdies als eines der Elementarprobleme des geltenden Prozeßrechts20. Wenig Bedeutung in der Praxis hat dagegen im Gemeinschaftsrecht die Drittwiderspruchsklage erlangt21 . Monographisch ist das Prozeßinstitut auch von R. Becker bereits behandelt worden22. Das heißt jedoch nicht, daß die Drittwiderspruchsklage 16 Dauses, GutachtenD für den 60. Deutschen Juristentag, in: Verhandlungen des 60. Deutschen Juristentages, Bd. I, S. D 143. 17 Dazu noch im 4. Kapitel unter A.III. 3. 18 Einzelheiten hierzu im 4. Kapitel unter D.III. 2. a) bb). 19 Vgl. Schäfer, Drittinteressen im Zivilprozeß; Schuftes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß; Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, jeweils m. w. N. zur vorangegangenen Auseinandersetzung. 2o Konrad, BayVBl 1982, S.481. 21 Insgesamt haben Gerichtshof und Gericht erster Instanz bis dato lediglich über acht Drittwiderspruchsklagen entscheiden müssen, und zwar in folgenden Verfahren: EuGH, verb. Rs. 42 u. 49/59 D. W. (Breedband/Societe des Acieries du Temple u. a.), Urteil v. 12.7.1962, Slg. 1962, S. 289 ff; EuGH, verb. Rs. 9 u. 12/60 D. W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u. a.), Urteil v. 12.7.1962, Slg.l962, S. 347ff; EuGH, Rs.267/80 TO (Birra Dreher/Riseria Modenese u. a.); Urteil v. 10.12.1986, Slg. 1986, S. 3901 ff; EuGH, Rs. 292/84 TO (Bolognese/ Scharf u.a.), Beschluß v. 22.9.1987, Slg. 1987, S. 3563ff; EuGH, Rs.147/86 TO I (POIFXG u. a./Griechenland u. a.), Urteil v. 6.12.1989, Slg. 1989, S. 4103ff; EuGH, Rs. 147/86 TO 2 (PALSO u. a./Griechenland u. a.), Urteil v. 6.12.1989, S1g. 1989, S.4111 ff; EuGH, Rs. 147/86 TO 3 (PSIITENSM/Griechenland u. a.), Urteil v. 6.12.1989, Slg. 1989, S. 4119ff; EuG, Rs. 35/89 TO (Zubizarreta u.a./Albani u. a.), Beschluß v.26.3.1992, Slg.1992-II, S.l599ff. 22 R. Becker, Die Drittwiderspruchsklage im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.
A. Gegenstand der Untersuchung
21
damit im Rahmen der folgenden Erwägungen gänzlich außen vor bleibt. Die Drittwiderspruchsklage ist nämlich in enger Beziehung zur Intervention zu sehen. Durch sie könnten möglicherweise Einschränkungen der Interventionsrechts ausgeglichen werden. Andererseits soll die Drittwiderspruchsklage aber nach dem Wortlaut des Verfahrensrechts von Gerichtshof und Gericht erster Instanz auch nur dann zulässig sein, wenn eine Intervention nicht erfolgen konnte23 • Grundlage der Drittwiderspruchsklage sind die Art. 39 EG-Satzung, Art. 40 EAG-Satzung und Art. 36 EGKSSatzung. Danach können die Mitgliedstaaten, die Gemeinschaftsorgane und natürliche und juristische Personen nach Maßgabe der Verfahrensordnung und in den dort genannten Fällen Drittwiderspruch gegen ein Urteil erheben, wenn dieses Urteil ihre Rechte beeinträchtigt und in einem Rechtsstreit erlassen worden ist, an dem sie nicht teilgenommen haben24 • Den amicus-curiae-brief läßt die vorliegende Untersuchung dagegen außer Betracht. Dieser findet sich, wie schon erwähnt, im Vorabentscheidungs- und im Gutachtenverfahren. Nach Art. 20 Abs. 2 EG-Satzung, Art. 21 Abs. 2 EAG-Satzung und Art. 103 § 3 VerfO-EuGH25 können im Vorlageverfahren die Parteien des Ausgangsprozesses, die Mitgliedstaaten und in unterschiedlichem Maße auch die Gemeinschaftsorgane zu der Vorlage Schriftsätze oder schriftliche Erklärungen einreichen26 • Im Rahmen der gutachterliehen Tätigkeit des Gerichtshofs nach Art. 300 Abs. 6 EGVertrag (Art. 228 Abs. 6 a. F.)27 erlaubt Art. 107 §I VerfO-EuGH den Mitgliedstaaten, dem Rat und der Kommission, wenn sie nicht selbst Antragsteller sind, zu dem Antrag Stellung zu nehmen. Die genannten Regelungen werfen- soweit ersichtlich- de lege lata keine Probleme auf. Rechtspolitisch könnte allenfalls zu erwägen sein, ob nicht auch anderen Dritten - insbesondere im Vorabentscheidungsverfahren - die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, Stellungnahmeschriftsätze einzureichen28 .
23 Vgl. Art. 97 § 1 lit.c) VerfO-EuGH; Art. 123 § 1 lit. c) VerfO-EuG. Hieraus wird sich im Laufe der Arbeit die geringe Bedeutung der Drittwiderspruchsklage erklären. 24 Art. 36 EGKS-Satzung weicht in seiner Formulierung von Art. 39 EG-Satzung u. Art. 40 EAG-Satzung ab. Inhaltlich ergeben sich daraus jedoch keine Unterschiede; näher hierzu R. Becker, Die Drittwiderspruchsklage im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 23ff; Lasok, The European Court of Justice, S. 512. 25 Die EGKS-Satzung enthält keine den Bestimmungen der Art. 20 Abs. 2 EG-Satzung und Art. 21 Abs. 2 EAG-Satzung vergleichbare Vorschrift. Die Möglichkeit zur Stellungnahme folgt daher hier aus Art. 103 § 3 VerfO-EuGH. 26 Siehe dazu auch Dauses, Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EWG-Vertrag, S. 133; Lewis, Remedies and the Enforcement ofEuropean Community Law, S. 247; Anderson, References to the European Court, Rn. 9-010. 27 Die in Klammem gesetzten Artikelnummern geben aufgrund der möglicherweise noch wenig vertrauten neuen Nummerierung die Fassung des Gemeinschaftsrechts vor Inkraftreten des Vertrages von Amsterdam am 1.5.1999 wieder. 28 Vgl. auch Bernhardt, Verfassungsprinzipien - Verfassungsfunktionen - Verfassungsprozeßrecht des EWG-Vertrages, S. 376.
22
I. Kap.: Einführung
B. Formen der Intervention Bevor die gemeinschaftsrechtlichen Interventionsbestimmungen im Überblick erlaßt werden, soll - der besseren Verständlichkeit der kommenden Ausführungen dienend- nachstehend zunächst eine allgemeine und skizzenhafte Beschreibung der verschiedenen Formen der Intervention erfolgen, so wie diese, wiederum in unterschiedlicher Ausgestaltung und differierendem Umfang, in den einzelnen Rechtsordnungen angetroffen werden können29• Das Rechtsinstitut der Intervention gliedert sich zuvorderst in zwei Unterformen, und zwar in die intervention volontaire und die intervention forcee30. Wie die Bezeichnungen deutlich machen, ist erstere eine freiwilige Intervention, d. h. der Intervenierende entscheidet selbst über seine Prozeßbeteiligung, letztere dagegen eine erzwungene, der Intervenient wird hier also ohne seinen Willen in das Verfahren einbezogen. Im Rahmen der intervention volontaire ist erneut zu unterscheiden zwischen der intervention principale31 (der Hauptintervention) und der intervention accessoire32 (der Nebenintervention). Der Hauptintervenient verfolgt gegenüber den Parteien des Rechtsstreits einen eigenen Anspruch. Er beteiligt sich an dem Verfahren, weil er der Meinung ist, das zwischen Kläger und Beklagtem im Streit befindliche Recht bzw. die streitbefangene Sache stehe in Wahrheit keiner der Parteien, sondern ihm (selbst) zu. Der Hauptintervenient führt mithin der Sache nach einen eigenen Prozeß gegen die Parteien des Erstverfahrens. Keine eigenen Ansprüche macht dagegen der Nebenintervenient geltend. Dieser beteiligt sich vielmehr an dem Prozeß, um eine der Parteien zu unterstützen. Unterschiedliche Beweggründe erkennen die verschiedenen Rechtsordnungen hierfür als Interventionsgrund an. Der Nebenintervenient kämpft also anders als der Hauptintervenient nicht für sich selbst, sondern er ist Streithelfer des Klägers oder Beklagten. Folge der Nebenintervention ist stets- wie die Untersuchung zeigen wird auch im Gemeinschaftsrecht-, daß mit der Streitbeteiligung bestimmte Bindungswirkungen des Urteils für den Intervenienten entstehen. Weitere Unterformen kennt auch die intervention forcee. So besteht teilweise die Möglichkeit, aus dem Verfahren heraus Ansprüche gegen einen Dritten geltend zu 29 V gl. zum folgenden auch Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S. 39 ff; Plender in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn. 23-06 f; Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fasc. 127-1, Nr.5ff; Solus/Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 1041 ff; Vandersanden/Barav, Contentieux Communautaire, S. 446 ff; Spellenberg, ZZP 106 (1993), S.283ff; Berri, CMLRev 1971, S.5 (6). 30 Da das deutsche Prozeßrecht von den im folgenden beschriebenen Interventionsformen nicht alle kennt, erscheint es dem Verfasser übersichtlicher, hier zunächst die französischen Begriffe zu verwenden. 31 Auch bezeichnet als intervention aggressive. 32 Auch bezeichnet als intervention conservatoire.
C. Überblick über die gemeinschaftsrechtlichen Interventionsbestimmungen
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machen (sog. appel en garantie), wenn etwa der Kläger merkt, daß er die falsche Person verklagt hat oder der Beklagte einen Dritten für in der Angelegenheit letztlich haftbar hält. Außerdem kann die intervention forcee dazu dienen, Bindungswirkungen der gerichtlichen Entscheidung auch auf den einbezogenen Dritten auszuweiten. Je nachdem, ob die Initiative zur Beteiligung des Dritten von dem Gericht oder den Parteien ausgeht, wird die intervention forcee dabei im Deutschen als Beiladung (sofern vom Gericht ausgesprochen) oder als Streitverkündung (wenn aufinitiative der Parteien erfolgt) bezeichnet. Wie im weiteren Verlauf der Untersuchung noch ersichtlich werden wird, stellt sich die im deutschen Verwaltungsprozeßrecht zu findende Beiladung allerdings auch als ein Mittel des Rechtsschutzes für Dritte dar33 .
C. Überblick über die gemeinschaftsrechtlichen Interventionsbestimmungen34 Vorschriften über die Intervention sucht man ebenso wie diejenigen über die Drittwiderspruchsklage und den amicus-curiae in den Gründungsverträgen der Gemeinschaften vergebens. Geregelt ist das Institut vielmehr in den Satzungen des Gerichtshofs35 und den Verfahrensordnungen von Gerichtshof und Gericht erster Instanz. Eröffnet wird die Möglichkeit der Intervention zunächst in Art. 37 EG-Satzung, Art. 38 EAG-Satzung, Art. 34, 41 Abs. 2 EGKS-Satzung und Art. 134 § 1 VerfOEuG. Art. 38 EAG-Satzung entspricht dabei der Bestimmung des Art. 37 EG-Satzung mit Ausnahme eines im Zuge des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in die EG-Satzung zusätzlich eingeführten Absatzes wörtlich, weshalb die zu Art. 37 EG-Satzung gemachten Ausführungen, soweit nicht anders gekennzeichnet, fortan auch für Art. 38 EAG-Satzung gelten sollen36. Gemäß Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung können die Mitgliedstaaten und die Organe der Gemeinschaft einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten. Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung räumt dieses Recht zudem auch allen anderen Personen ein, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft machen Näheres dazu im 2. Kapitel unter A.II. Eine Zusammenstellung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Intervention und die Drittwiderspruchsklage sowie der Drittbeteiligungsregeln im deutschen und französischen Zivil- und Verwaltungsprozeßrecht findet sich am Ende der Arbeit. 35 Mit dem Auslaufen des EGKS-Vertrages im Jahre 2002 endet zwangsläufig auch die Existenz der EGKS-Satzung. Ob die EGKS als solche nach diesem Datum weitergeführt wird, ist ungewiß. Die zum Streitbeitrittsrecht dieser Gemeinschaft folgenden Ausführungen hätten dann gegebenenfalls nur noch historische Bedeutung. 36 Dies fördert m. E. die Übersichtlichkeit der Arbeit. Art. 38 EAG-Satzung hat zudem in der Praxis fast keine Bedeutung erlangt. Dem Verfasser ist im Laufe der Untersuchung nur ein einziger Fall begegnet, in dem eine Intervention auf diese Bestimmung gestützt wurde, und zwar in der Entscheidung EuGH, Rs. C-70/88 (Parlament/Rat), Urteil v. 22.5.1990, Slg. 1990-I, s. 2041 ff. 33
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1. Kap.: Einführung
können; ausgenommen hiervon sollen jedoch nach dem Wortlaut des Abs. 2 2. Hs. der Vorschrift Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Organen der Gemeinschaft oder zwischen Mitgliedstaaten und Organen der Gemeinschaft sein. Der soeben angesprochene Unterschied zwischen dem Interventionsrecht der EG und dem der EAG findet sich dann in Art. 37 Abs. 3 EG-Satzung37 • Danach können unbeschadet des Absatzes 2 die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die in dem Abkommen genannte EFfA-Überwachungsbehörde einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, wenn dieser einen der Anwendungsbereiche dieses Abkommens betrifft. Anders stellt sich demgegenüber der Wortlaut der Interventionsgrundlagen der EGKS dar. Dort sieht Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung vor, daß alle natürlichen und juristischen Personen mit einem berechtigten Interesse am Ausgang eines Rechtsstreits sich an diesem beteiligen können; Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung legt fest, daß bei Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten über die Anwendung des EGKS-Vertrages nach Art. 89 desselben den anderen Mitgliedstaaten das Recht zur Verfahrensbeteiligung zusteht. Eine weitere, auf Verfahrensordnungsebene plazierte Interventionsgrundlage38 besteht schließlich mit Art. 134 § 1 VerfO-EuG, der bestimmt, daß in Rechtsstreitigkeiten betreffend die Rechte des geistigen Eigentums nach den Art. 130 ff VerfO-EuG sich die Parteien des Verfahrens vor den Beschwerdekammern des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) und des Sortenamtes der Gemeinschaft mit Ausnahme des Klägers am Verfahren als Streithelfer beteiligen können. Mit den im Jahre 1995 aufgrundeiner Ermächtigung in Art. 46 Abs. 2 S. 2 EG-Satzung eingeführten Art. 130ff VerfO-EuG soll dabei nach dem in der Satzungsnorm zum Ausdruck gebrachten Willen der Mitgliedstaaten die Möglichkeit geschaffen werden, den im Bereich der Rechtsstreitigkeiten des geistigen Eigentums vermeintlich bestehenden Besonderheiten Rechnung zu tragen. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird sich allerdings an mehrfacher Stelle zeigen, daß für die dort niedergelegten Regelungen auch außerhalb des erfaßten Rechtsgebiets zum Teil dasselbe Bedürfnis besteht. Es wird bereits aufgefallen sein, daß in den vorgenannten Bestimmungen stets die Rede davon ist, daß sich die jeweiligen potentiellen Interventienten an dem Verfahren beteiligen können. Die angeführten Vorschriften beschränken sich also auf die intervention volontaire. Die Möglichkeit einer intervention forcee ist dagegen de lega lata im Gemeinschaftsrecht nicht vorgesehen39• Zu Recht hielten dementsprechend auch der Gerichtshof in der Rs. 12/69 (Wonnerth/Kommission) und das GeArt. 38 Abs. 3 EAG-Satzung ist daher nunmehr wortgleich mit Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung. Näheres zur Einordnung einzelnen Interventionsregelungen in die Norrnenhierachie des Gemeinschaftsrechts im Verlauf der Untersuchung. 39 Vgl. auch GA Roemer, verb. Rs. 79 u. 82/63 (Reynier u. a./Kommission), Schlußanträge v. 13.5.1964, Slg. 1964, S.583 (590f); Kirschner/Klüpfe/, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 178; Hackspiel in: v. d. Groeben(Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 4 ; Rengeling/Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 691. 37 38
C. Überblick über die gemeinschaftsrechtlichen Interventionsbestimmungen
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richtersterInstanz in der Rs. T-1/90 (Perez-Minguez Casariego/K.ommission) die von den Parteien gestellten Beiladungsanträge für unzulässig"0 41 • Je nachdem auf welche Bestimmung die Intervention gestützt wird, kann der Akt der Prozeßbeteiligung als solcher auf zweierlei Art und Weise erfolgen. Gründet der Intervenient seine Intervention auf eine der Satzungsnormen, so richtet sich das Verfahren nach Art. 93 VerfO-EuGH bzw. Art.115, 116 VerfO-EuG. Der Beitrittswillige hat danach innerhalb von drei Monaten nach Veröffentlichung der Klage im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder, wenn die Intervention erst im Rechtsmittelverfahren begehrt wird, innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung der Rechtsmittelschrift42, einen Antrag auf Zulassung als Streithelfer bei dem jeweils zuständigen Gemeinschaftsgericht zu stellen43 • In diesem Antrag« muß er die Parteien des Rechtsstreits und die Anträge, die er unterstützen will, bezeichnen, außerdem Angaben über seine Person machen, einen Zustellungsbevollmächtigten am Ort des Gerichtssitzes benennen und gegebenenfalls die Gründe für seinen Interventionswunsch darlegen45 • Für seine Vertretung gelten die Art. 17 EG-Satzung, Art. 20 EGKS-Satzung und Art. 17 EAG-Satzung46. Handelt es sich um ein erstinstanzliebes Verfahren, wird der Interventionsantrag den Parteien zur Stellungnahme zugestellt. Diese können nach dem Ermessen des zuständigen Kammerpräsidenten mündlich oder schriftlich zu dem Beteiligungsbegehren Stellung nehmen47. Bei Interventionen im Rechtsmittelverfahren erhält der Generalanwalt Gelegenheit zur Stellungnahme48 • Über den Interventionsantrag entscheidet entweder der Kammerpräsident durch Beschluß, oder dieser überträgt die Entscheidung an 40 EuGH, Urteil v. 10.12.1969, Slg. 1969, S. 577 (584); EuG, Urteil v. 20.3.1991, Slg. 1991-11, S. 143 (159). Vgl. weiterhin auch die Entscheidung EuGH, Rs. 25/62 (Piaumann & Co./Kommission), Urteil v. 15.7.1963, Slg. 1963, S. 211 ff. Dort hatte der Kläger begehrt, die Bunderepublik Deutschland beizuladen. Bevor der Gerichtshof über den Antrag entschieden hatte, zog der Kläger diesen allerdings zurück. 41 Zur möglichen Einführung der intervention forcee sogleich unter D. und ausführlich noch im 5. Kapitel der Untersuchung. 42 Vgl. Art.l6 § 6 VerfO-EuGH; Art. 24 §6 VerfO-EuG. 43 Vgl. Art. 93 § 1 Abs.1, 123 S.1 VerfO-EuGH; Art. 115 § 1 VerfO-EuG. Hinzu kommenjeweils die landesspezifischen Entfernungsfristen nach Art. 81 § 1 VerfO-EuGH u. Art. 102 § 2 VerfO-EuG; siehe dazu auch EuG, Rs. T-194/95 intv II (Area Cova u. a./Rat), Beschluß v.14.5.1996, Slg.1996-II, S.343 (348). Innerhalb der Antragsfrist muß bei dem zuständigen Gemeinschaftsgericht ein im Original unterschriebener Schriftsatz vorliegen. Die Einreichung einer Kopie oder die Übersendung eines Telefax reicht dagegen nicht aus; vgl. Art. 10 Abs. 3 DienstA-EuG u. EuG, Rs. T-194/95 intv II (Area Cova u. a./Rat), Beschluß v. 14.5.1996, Slg. 1996-11, S. 343 (349). 44 Siehe zum folgenden Art. 93 § 1 Abs. 2, 4 VerfO-EuGH; Art. 115 § 2 VerfO-EuG. 4 s Dies reicht für die Glaubhaftmachung des Beitrittsinteresses aus. Nicht verlangt wird etwa eine Eidesstattliche Versicherung (vgl. § 294 ZPO). 46 Vgl. Art. 93 § 1 Abs. 3 VerfO-EuGH; Art. 115 § 3 VerfO-EuG. 47 V gl. Art. 93 § 2 Abs. 1, 2 VerfO-EuGH; Art. 116 § 1 Abs. 1, 2 VerfO-EuG. 48 Vgl. Art.123 S.2 VerfO-EuGH.
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1. Kap.: Einführung
die Kammer, welche dann in totoeine Entscheidung trifft'9• Eine besondere Form ist hierfür nicht vorgesehen. In praxi ergeht die Kammerentscheidung jedoch ebenfalls ausnahmslos durch Beschluß50• Wird der Antrag zurückgewiesen, hat das Gericht erster Instanz seine Entscheidung zu begründen51 , denn gemäß Art. 50 Abs. 1 EGSatzung, Art. 51 Abs. 1 EAG-Satzung bzw. Art. 50 Abs. 1 EGKS-Satzung kann der Antragsteller hiergegen ein Rechtsmittel zum Gerichtshof einlegen. Ist Rechtsgrundlage der Intervention Art.134 § 1 VerfO-EuG, so ist das Verfahren hingegen ein gänzlich anderes. Der Intervenient braucht hier seine Zulassung als Streithelfer nicht zu beantragen. Die Vorschriften der Art. 93 VerfO-EuGH und Art. 115, 116 VerfO-EuG sind also nicht einschlägig. Er kann sich vielmehr ohne weiteres an dem Verfahren beteiligen, indem er binnen zwei Monaten nach Zustellung der Klageschrift an ihn eine Klagebeantwortung einreicht52• Diese unterschiedliche Behandlung setzt sich nach dem Wortlaut der Prozeßrechtsbestimmungen innerhalb des Rechtsstreits fort. Für die nach den Satzungsvorschriften beigetretenen Streitgehilfen bestimmen Art. 93 § 3 S.l VerfO-EuGH und Art.116 § 2 S.l VerfO-EuG, daß dem Intervenienten nach seiner Zulassung grundsätzlich alle dem Kläger und dem Beklagtem zugestellten Schriftstücke zu übermitteln sind. Der Präsident kann hiervon jedoch gemäß S. 2 der Regelungen auf Antrag einer der Parteien geheime oder vertrauliche Unterlagen ausnehmen. Nach seiner Zulassung wird dem Intervenienten eine Frist gesetzt, innerhalb derer er einen Schriftsatz einreichen kann. In diesem muß er sich grundsätzlich erstmalig der Verfahrenssprache bedienen. Die Gemeinschaftsrichter können hiervon allerdings Ausnahmen zulassen53• Mitgliedstaaten dürfen zudem stets weiterhin ihre eigene Amtssprache bzw. eine ihrer Amtssprachen verwenden54• In seinem Schriftsatz kann der Intervenient Angriffs- und VerteidigungsmitteJ55 soVgl. Art. 93 § 2 Abs. 3 VerfO-EuGH; Art.116 § 1 Abs. 3 S. 1 VerfO-EuG. Siehe auch Hackspiel in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEGVertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 17. 51 Vgl. Art. 116 § 1 Abs. 2 S.2 VerfO-EuG. Zulassende Beschlüsse brauchen dagegen weder vom Gericht erster Instanz noch vom Gerichtshof begründet zu werden. Haben die Richter auf eine Begründung verzichtet, wird der Streithilfebeschluß in der Regel auch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht. 52 Vgl. Art.135 § 1 VerfO-EuG. 53 Vgl. Art. 29 § 2 lit. c) VerfO-EuGH; Art. 35 § 2 lit. b) VerfO-EuG; hierzu auch EuG, Rs. T-74/92 (Ladbroke Racing/Kommission, Beschluß v. 13.5.1993, Slg. 1993-11, S. 535 (539f); EuG, Rs. T-330/94 (Salt Union/Kommission), Beschluß v.17.11.1995, Slg. 1995-11, s. 2881 (2888 ff). 54 V gl. Art. 29 § 3 Abs. 4 VerfO-EuGH; Art. 35 § 3 Abs. 3 VerfO-EuG. 55 Vgl. Art. 93 §5 Abs.21it. b) VerfO-EuGH; Art.116 §4Abs.21it.b) VerfO-EuG. Ob das eigene sein können, oder der Intervenient nur die Angriffs- und Verteidigungsmittel von Kläger bzw. Beklagtem übernehmen darf, soll, wie erwähnt, die Untersuchung zeigen, ebenso, was konkret unter dem Begriff der Angriffs- und Verteidigungsmittel im Gemeinschaftsrecht zu verstehen ist. 49
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D. Gang und Methodik der Untersuchung
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wie Beweismittei56 benennen, wobei er allerdings den Rechtsstreit in der Lage zur Zeit seines Beitritts annehmen muß57• Weiterhin kommt dem Intervenienten die Möglichkeit zu, Anträge zu stellen58• Art. 37 Abs.4 EG-Satzung bestimmt allerdings ausdrücklich, daß mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden können, und Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung legt fest, daß mit den Anträgen des Beitritts nur die Anträge einer Partei unterstützt werden dürfen oder deren Abweisung begehrt werden kann. Sowohl die Intervention nach Art. 37 EG-Satzung als auch die nach Art. 34 EGKS-Satzung ist infolgedessen eine Nebenintervention, denn Anträge für sich selbst zu stellen, ist dem Streitgehilfen nicht gestattet59• Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung weist demgegenüber eine derartige Beschränkung nicht auf. Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG bestimmt sogar expressis verbis, daß dem nach § 1 der Vorschrift beigetretenen Intervenienten die Berechtigung zukommen soll, eigene Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen und Anträge zu stellen, die gegenüber denen von Kläger oder Beklagtem eigenständig sind60• Beide diese Vorschriften könnten demnach das Recht zur Hauptintervention eröffnen61. Daß dem tatsächlich jedoch nicht so ist, wird sich im Verlauf der Untersuchung zeigen. In Wirklichkeit enthalten auch diese Bestimmungen lediglich eine Möglichkeit zur Nebenintervention62 • Art. 42 EGKS-Satzung legt fest, daß ein Mitgliedstaat die in einem Urteil gegebene Auslegung auch gegen sich gelten lassen muß, wenn er sich gemäß Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung an einem Verfahren beteiligt. Darüber hinaus finden sich indes in den Prozeßrechtsbestimmungen des Gerichtshofs keinerlei Angaben darüber, ob mit der Verfahrensbeteiligung Bindungswirkungen des Urteils für den Streitgehilfen einhergehen.
D. Gang und Methodik der Untersuchung Die vorliegende Untersuchung befaßt sich, wie ihr Titel ja bereits aussagt und eingangs auch nochmals angesprochen wurde, mit dem Rechtsinstitut der Intervention im Prozeßrecht der Europäischen Gemeinschaften. In erster Linie gilt das für die Intervention, wie diese in den Verfahrensregelungen der Gemeinschaftsgerichte derVgl. Art. 93 § 5 Abs. 21it.c) VerfO-EuGH; Art.116 §4 Abs. 21it. c) VerfO-EuG. V gl. Art. 93 § 4 VerfO-EuGH; Art. ll6 § 3 VerfO-EuG. 58 Vgl. Art. 93 § 5 Abs. 2 lit. a) VerfO-EuGH; Art. ll6 § 4 Abs. 2lit. a) VerfO-EuG. 59 Dazu auch noch im 4. Kapitel unter D. III.2. a)aa) (1). 60 Art. 131 VerfO-EuG enthält außerdem eine gesonderte Regelung zur Verfahrenssprache in Verfahren nach den Art.130ffVerfO-EuG. 61 So für Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung Richemont, La cour de justice, code annote, guide pratique, S. 221 ; für Art. 134 VerfO-EuG Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 192. 62 Näher hierzu noch 4. Kapitel unter D. III. 2. a) aa) ( 1). 56 57
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I. Kap.: Einführung
zeit niedergelegt ist. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Verfahrensbeitritts, die Inkenntnissetzung potentieller Streitgehilfen von Verfahrenseinleitungen und die Rechtsfolgen der Intervention sollen allesamt eine eingehende Betrachtung erfahren. Zu ersteren zählt zunächst die Frage, wem die einzelnen Interventionsgrundlagen konkret Beteiligungsmöglichkeiten zuerkennen. Außerdem wird hier zu ermitteln sein, was unter der Wendung des "berechtigten Interesses am Ausgang des Rechtsstreits" zu verstehen ist und inwieweit die Darlegung eines solchen für die Berechtigung zum Streitbeitritt von Nöten ist. In diesem Zusammenhang lassen sich dabei auch mögliche Gründe für die Unterschiedlichkeit der Interventionsbestimmungen von EG und EGKS aufzeigen. Weiterhin gehören zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Streithilfe etwaige aus der Multiplizität der Interventionsvorschriften abzuleitende Interventionsbeschränkungen und insbesondere eine ausführliche Behandlung des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung, wonach andere Streithelfer als Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorgane in Streitigkeiten zwischen ebensolchen ausgeschlossen sein sollen. Diese Vorschrift steht nämlich in einem Konflikt mit dem grundrechtliehen Anspruch auf rechtliches Gehör. Als unzureichend vor dem Hintergrund des Gehörsanspruchs erweist sich überdies auch die positiv-rechtliche Ausgestaltung der Informierung bestimmter Dritter von vor den Gemeinschaftsgerichten erhobenen Klagen. Weite Teile möglicher Streitgehilfen werden danach von Prozessen, denen sie beitreten könnten, lediglich durch eine Mitteilung der Klage im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften über alle anhängig gemachten Verfahren informiert. Dies kann jedoch für eine angemessene Gehörsgewährung nicht genügen. Wie die Arbeit zeigen wird, zwingt hier der Grundsatz des rechtlichen Gehörs vielmehr dazu, in gewissen Fällen eine ungeschriebene Verpflichtung zu einer individuellen Verfahrensbenachrichtigung anzunehmen. Bei den Rechtswirkungen der Intervention sind insgesamt viererlei Dinge zu untersuchen. Dabei geht es zunächst um die Einordnung des Streitgehilfen in die personale Struktur des Prozesses, d. h. um die Frage, ob der Intervenient wie Kläger und Beklagter Partei des Rechtsstreits wird, oder ihm eine andere Beteiligtenrolle zukommt. Hiermit in engem Zusammenhang steht darauffolgend die Problematik möglicher aus der Prozeßbeteiligung entstehender Bindungswirkungen des Urteils für den Streithelfer. Wesentlicher Bestandteil der Rechtsfolgen der Intervention ist weiterhin die Stellung des Streitgehilfen innerhalb des Verfahrensablaufs. Letztlich gehört hierzu zudem die Behandlung der durch die Streithilfe unter Umständen hervorgerufenen Kosten. Aufgabe der Prozeßrechtswissenschaft ist es neben der dogmatischen Durchdringung des vorhandenen Rechtsstoffs auch, gegebenenfalls rechtspolitische Vorschläge zu machen63 • An verschiedentliehen Stellen finden sich deshalb im Verlauf der Arbeit Änderungsanregungen zu den geltenden Interventionsbestimmungen. Außerdem soll aus diesem Grund im 5. Kapitel der Untersuchung der Frage nachgegangen werden, ob es sinnvoll erscheinen könnte, auch andere Formen der Interven63 Vgl. dazu Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 5. m. w. N.
D. Gang und Methodik der Untersuchung
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tion in das Gemeinschaftsprozeßrecht zu übernehmen. Die hierzu folgenden Ausführungen beschränken sich allerdings auf das Institut der intervention forcee, und auch dort wiederum auf diejenige Form der intervention forcee, die nur zu Billdungswirkungen des Urteils für den in das Verfahren Einbezogenen führt. Gefragt werden soll also, ob Beiladung oder Streitverkündung einen Platz im Verfahrensrecht der Gemeinschaftsgerichte haben könnten64 • Appel en garantie und Hauptintervention bleiben dagegen außer Betracht. Im Gegensatz zu den vorgenannten Beteiligungsarten dürfte sich nämlich weder für die eine noch für die andere Interventionsform im Gemeinschaftsrecht ein möglicher Anwendungsbereich erkennen lassen. So erscheint es schwerlich denkbar, daß ein Kläger im Verfahren vor Gerichtshof oder Gericht erster Instanz merkt, daß er die falsche Partei verklagt hat, und er aufgrund dessen in demselben Prozeß eine andere Partei vor Gericht bringen möchte, oder der Beklagte einen anderen als letztlich haftbar ansieht. Ersteres ist dabei auch im Rahmen von Amtshaftungsklagen nicht möglich. Zwar läßt es der Gerichtshof hier zu, daß in der Klageschrift nur das jeweilige Organ bezeichnet wird, Beklagter ist aber dennoch die Gemeinschaft als solche65 . Auch daß ein Dritter meint, das zwischen Kläger und Beklagtem im Streit stehende Recht stehe in Wahrheit ihm zu, wird auf europäischer Ebene kaum je vorkommen66 • Bevor alle diese Fragen angegangen werden können, enthält die Untersuchung allerdings im Anschluß zunächst eine recht umfassende Betrachtung der Intervention im deutschen und französischen Zivil- und Verwaltungsprozeßrecht, die hoffentlich nicht dazu geeignet erscheint, den geneigten Leser abzuschrecken67. Gerade weil die Intervention im Gemeinschaftsrecht bislang so wenig dogmatische Aufbereitung erfahren hat, ist ein die wissenschaftliche Analyse des Instituts vorbereitender Blick auf die Regelung der Einrichtung in anderen Rechtsordnungen m. E. kaum erläßlich68. Die dort im Rahmen der Nebenintervention aufgeworfenen Fragestellungen 64 Die mangelnde Existenz der intervention forcee im Verfahrensrecht des Gerichtshofs ist in der Literatur mehrfach als eine "bedauerliche Lücke" im Gemeinschaftsrecht bezeichnet worden; dazu noch im 5. Kapitel der Untersuchung. 65 Siehe hierzu Rengeling!Middeke!Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn.247. 66 Auch das französische Verwaltungsprozeßrecht, das ansonsten sowohl die intervention volontaire wie die intervention forcee kennt, weist keine intervention principale auf. Auch hier hat sich für diese Einrichtung kein Bedürfnis entwickelt; anderes gilt dagegen für den appel en garantie, der relevant werden kann, wenn der Kläger zunächst einen falschen Verwaltungsträger auf Schadensersatz verklagt hat; vgl. dazu nur Debbasch!Ricci, Contentieux Administratif, Nr. 415; Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 680. 67 Subjektive Anforderungen, die die jeweiligen Prozeßrechte an den Intervenienten stellen, bleiben dabei außer Betracht. Aus diesen lassen sich für das Gemeinschaftsrecht keinerlei Erkenntnisgewinne erzielen. 68 Zum Rechtsvergleich auf dem Gebiet des Prozeßrechts vgl. auch Matthies in: v. Caemmerer/Schlochauer/Steindorff, Probleme des Europäischen Rechts, Festschrift für Walter Hallstein, S. 304 (31 2); Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 5 ff; Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S. 34ff; Mitsopoulos, ZZP 91 (1978), S. 113 (114).
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1. Kap.: Einführung
und Erkenntnisse erweisen sich zum Einen für die Erfassung des geltenden Beitrittsrechts als hilfreich und für die Bildung allgemeiner Rechtsgrundsätze als grundlegend69. Um beurteilen zu können, ob und gegebenenfalls in welcher Form die intervention forcee in das Gemeinschaftsrecht übernommen werden sollte, ist es zudem notwendig zu sehen, welche Situationen hiermit konkret geregelt werden und wann welche Interventionsart im innerstaatlichen Bereich gewählt wurde. Unberücksichtigt lassen kann der Rechtsvergleich angesichts der vorangegangenen Ausführungen indes die Hauptintervention und den appel en garantie. Die genannten Vergleichsrechte sind dabei nicht zufällig ausgesucht worden. Richtet man sein Augenmerk auf die Intervention auf der Ebene des innerstaatlichen Rechts, mag zwar zunächst die Idee aufkommen, einen Vergleich zu den Rechtsordnungen sämtlicher Mitgliedstaaten zu ziehen. Abgesehen davon, daß ein solcher den Rahmen der Untersuchung bei weitem sprengen würde, ist es jedoch auch inzwischen ein Allgemeinplatz, daß für die Gestaltung des Europäischen Prozeßrechts vor allem deutsche und französische Einflüsse maßgebend waren, wobei letztere eine noch größere Rolle spielten70• Eine Betrachtung dieser beiden Rechtsordnungen erweist sich deshalb, wie die Untersuchung zeigen wird, für die hier verfolgten Zwecke als völlig ausreichend71 • Für eine nähere Befassung mit dem Prozeßrecht Frankreichs spricht überdies, daß das französische Verfahrensrecht ebenso wie die das des Gerichtshofs sowohl die Intervention als auch die Drittwiderspruchsklage (französisch: tierce opposition) kennt, und es insofern von einigem Interesse ist, wie beide Einrichtungen dort zueinander stehen. Die Beschäftigung mit dem deutschen Recht kann weiterhin deswegen nutzbringend sein, weil der dortige Verwaltungsprozeß als Drittbeteiligungsform ausschließlich die Beiladung aufweist, und bekanntlich auch der Gerichtshof Verfassungs- wie Verwaltungsgericht der Gemeinschaften ist72 • 69 Neben dem geschriebenen Recht sind Bestandteil des gemeinschaftlichen Rechtsordnung bekanntermaßen auch die ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsätze, die der Gerichtshof aus den innerstaatlichen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ableitet; vgl. hierzu nur Kutscher, EuR 1982, S. 392ff. Zur Bildung eines solchen Rechtsgrundsatzes ist die Betrachtung von zwei mitgliedstaatliehen Rechtordnungen selbstredend nicht ausreichend. Gegebenenfalls wird daher ansatzweise auch auf andere Mitgliedstaaten geblickt. 70 V gl. P. Becker, Der Einfluß des französischen Verwaltungsrechts auf den Rechtsschutz in den Europäischen Gemeinschaften, S. 55 ff; Fromont, Rechtsschutz gegenüber der Verwaltung in Deutschland, Frankreich und den Europäischen Gemeinschaften, S.143; Ule, Der gerichtliche Rechtsschutz des Einzelnen gegenüber der vollziehenden Gewalt in den Europäischen Gemeinschaften, in: Mosler, Gerichtsschutz gegen die Exekutive, S.1171 (1180); Classen, Die Europäisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 7; Geurts, Der Grundsatz des Vertrauensschutzes bei der Aufhebung von Verwaltungsakten im deutschen, französischen und europäischen Recht- Wechselwirkung zwischen europäischem und nationalem Recht, S. 5; Degen, DV 14 (1981), S. 157; Jarass, DÖV 1981, S.813 (820); Koch, VerwA 1998, S.560. 71 Diese Vorgehensweise findet sich beispielsweise auch bei Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften u. bei Möller, Die Klageänderung im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften. 72 V gl. nur Oppermann, Europarecht, Rn. 382.
D. Gang und Methodik der Untersuchung
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Da der Europäische Gerichtshof außerdem ein internationales Gericht ist, liegt es nahe, die gemeinschaftsrechtliche Intervention auch im Kontext des Verfahrensrechts anderer internationaler Streitbeilegungsgrernien, insbesondere des Internationalen Gerichtshofs, zu betrachten. Die Untersuchung wird zeigen, daß zudem der Streitbeitritt im Bereich der EGKS der Intervention nach dem Statut des Internationalen Gerichtshofs ähnlich ist. Die vorliegende Arbeit enthält deshalb auch Ausführungen zur Drittbeteiligung in Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof. Anders als dem deutschen und französischen Recht erscheint es dem Verfasser jedoch nicht lohnenswert, dieser ein eigenes Kapitel zu widmen. Interventionsberechtigt sind vor dem Internationalen Gerichtshof lediglich Staaten73 • Die Intervention von Mitgliedstaaten vor dem Europäischen Gerichtshof ist indes, wie die Untersuchung deutlich machen wird, nicht allzu problembehaftet
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158.
Näher dazu Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S. 86f,
Zweites Kapitel
Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht Im Gegensatz zu dem im folgenden Kapitel erörterten französischen Recht unterscheiden sich in Deutschland der Zivilrechtsstreit einerseits und der Verwaltungsgerichtsprozeß andererseits in deutlichem Maße, was die Formen der Verfahrensbeteiligung Dritter angeht. So kennt das Verwaltungsgerichtsverfahren, wie schon soeben kurz erwähnt, nur die von dem Gericht auszusprechende Beiladung, diese in Form der einfachen und der notwendigen Beiladung. Die ZPO enthält demgegenüber die Nebenintervention und die Streitverkündung. Das Beteiligungssystem der ZPO stellt sich dabei allerdings als lückenhaft dar, wenn es darum geht, einem Dritten, auf den sich das Ergebnis eines Verfahrens auswirken kann, von dessen Existenz überhaupt erst Kenntnis zu verschaffen. Eine amtswegige Inkenntnissetzung des Dritten von dem Rechtsstreit erfolgt danach nämlich lediglich ausnahmsweise 1• Gleichwohl führt in bestimmten Fällen die grundrechtlich verbürgte Position des Dritten dazu, eine einfachgesetzlich nicht vorgesehene Verpflichtung des Gerichts zur Zuladung seiner Person anzunehmen2• Die folgenden Ausführungen dieses Kapitels gliedern sich aufgrund dieser Eingangsbemerkungen in zwei Teile: Zunächst sollen die einzelnen Formen der Drittbeteiligung vorgestellt werden. Begonnen wird dabei mit dem Zivilprozeß als der "Mutter aller Prozeßgesetze"3, da insbesondere hier der auch für den Verwaltungsprozeß bedeutsame Zusammenhang zwischen Drittbeteiligung und Verfassungsrecht lebhaft diskutiert wird. Anschließend wird dann der Frage nachgegangen, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn das Gericht ihm übertragene Drittbeteiligungen unterläßt
1 Vgl. § 640e ZPO sowie §666 Abs. 3 ZPO in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung; näheres zu erstgenannter Vorschrift noch an späterer Stelle unter A. I. 1. b) aa). 2 Siehe dazu schon an dieser Stelle BVerfG, NJW 1967, S.492f. 3 V gl. Grunsky in: Grunsky/Stümer/Walter/M. Wolf, Wege zu einem europäischen Zivilprozeßrecht, S. 31 (32).
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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A. Die Formen der Drittbeteiligung I. Zivilprozeß 1. Die Nebenintervention a) Die gesetzliche Regelung aa) Das Beitrittsinteresse Gemäß § 66 Abs. 1 ZPO kann jede Person, die ein rechtliches Interesse daran hat, daß in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten. Da die Vorschrift von dem Intervenienten ausdrücklich das Bestehen eines rechtlichen Interesses fordert, bringt das Gesetz damit allgemeiner Ansicht nach zunächst zum Ausdruck, daß lediglich wirtschaftliche oder ideelle Interessen eines Dritten seine Streitbeteiligung nicht rechtfertigen können4 • So soll es beispielsweise dem Aktionär verwehrt sein, in einem Rechtsstreit seiner Aktiengesellschaft dieser nur deshalb beizutreten, weil er bei deren Unterliegen eine Schmälerung seiner Einkünfte befürchtet, denn in diesem Fall sind ausschließlich wirtschaftliche Belange des Dritten von der Entscheidung des Prozesses betroffen5 • Auch etwa allein verwandtschaftliehe Bindungen zu einer der Parteien reichen nicht aus, um diese in ihrem Verfahren als Nebenintervenient zu unterstützen6• Erforderlich ist zudem einhelliger Auffassung nach, daß der Dritte mit seiner Intervention eigene rechtliche Zwecke verfolgt?. Die Streitbeteiligung eines Verbandes, etwa einer Unternehmervereinigung oder einer Berufsorganisation, wird infolgedessen nur dann für zulässig gehalten, wenn dem Verband selbst zustehende rechtliche Interessen betroffen werden8 • Werden hingegen durch den Rechtsstreit nur rechtliche Interessen eines Verbandsmitgliedes betroffen, so rechtfertigt dies nicht einen Verfahrensbeitritt auch des Verbandes selbst9 • Die gerichtliche Entscheidung muß also stets von Einfluß auf die eigene Rechtssphäre des Dritten sein können. Solange dies jedoch der Fall ist, soll die Nebenin4 RGZ 111, S. 236 (238); OLG Stuttgart, NJW 1965, S. 824f; OLG München, NJW 1967, S. 635 (636); OLG Köln, MDR 1971 , S. 849; Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 8; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 43; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, S. 262; Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 32; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 299. 5 RGZ 83, S. 182 (183); dazu auch Bork in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 14. 6 V gl. Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 8 mit weiteren Beispielen und Nachweisen. 7 Ausführlich hierzu Bork in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 13 m. w. N. 8 LG Erfurt, Das Arbeitsgericht 35 (1930), S. 245 (246); Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 32. 9 Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S. 41.
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
tervention in großzügigem Maße gewährt sein 10• Die ganz h. M. definiert den Begriff des rechtlichen Interesses dementsprechend dahingehend, daß ein solches dann gegeben ist, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits unmittelbar oder auch nur mittelbar auf die Rechtsverhältnisse des Dritten einwirken kann 11 • Ein rechtliches Interesse haben danach zunächst diejenigen Personen, die von der materiellen Rechtskraft des Urteils erlaßt werden und diejenigen, deren Rechte durch den Richterspruch gestaltet werden12, denn in diesen Fällen wird aufgrundder 10 Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S.48 m. w. N; vgl. hierzu auch Hahn, Die gesamten Materialien zur Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetz zu derselben vom 30. Januar 1877, S.l76. 11 Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 7; Bork in: Stein/ Jonas, Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 7; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, S. 262; Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 5; abweichend Wieser, Das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten; kritisch dazu zu Recht Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 43 ff. 12 An dieser Stelle erscheint es sinnvoll, eine kurze Erläuterung und Abgrenzung der Begriffe Rechtskraft und Gestaltungswirkung vorzunehmen, denn beide sind für die kommenden Ausführungen von Bedeutung. Inhalt der Gestaltungswirkung ist die von einem Gestaltungsurteil ausgehende Änderung der materiellen Rechtslage. Bei der Rechtskraft ist zu unterscheiden zwischen der formellen und der materiellen Rechtskraft eines Urteils. Erstere ist die Unanfechtbarkeit der Entscheidung. Mit der materiellen Rechtskraft wird demgegenüber im deutsehen Recht (zum französischen und zum Gemeinschaftsrecht noch im weiteren Verlauf der Arbeit) die Feststellung getroffen, daß in einem bestimmten Fall aufgrund des festgestellten Sachverhalts und seiner Subsumtion das geltend gemachte Klagebegehren begründet oder unbegründet ist. Materiell rechtskräftig wird also der konkrete Rechtsschluß, den das Gericht im Rahmen seiner Entscheidung auf der Grundlage der einzelnen Tatsachen und der möglicherweise zugrundeliegenden einzelnen Rechtsverhältnisse in der Sache zieht. Die festgestellten Tatsachen selbst sowie die zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse, z. B. das Eigentum des Klägers an der nach § 985 BGB herausverlangten Sache, nehmen hieran jedoch nicht teil. Die Gestaltungswirkung ist somit eine konstitutive, die materielle Rechtskraft eine deklaratorische Urteilswirkung. Weiterhin entfaltet die Gestaltungswirkung einer Entscheidung nach nunmehr wohl allgemeiner Ansicht Wirksamkeit erga omnes. Zwar ist es theoretisch denkbar, daß ein Gestaltungsurteil das materielle Recht nur bestimmter Personen neu regelt- relative Gestaltungswirkungen sind also keine "logischen Ungeheuerlichkeiten" wie es Bachofnoch bezeichnete-, seine Rechtssicherheit und Rechtsklarheit schaffende Funktion kann das Gestaltungsurteil jedoch nur erfüllen, wenn die Neuordnung der Rechtslage für alle Rechtsgenossen einheitlich geschieht. So wäre es beispielsweise kaum sinnvoll und praktisch möglich, daß eine durch Scheidungsurteil beendete Ehe von anderen Personen bzw. anderen Personen gegenüber weiterhin als existent betrachtet wird. Rechtskraft entfaltet das Zivilurteil dagegen gemäߧ 325 Abs. l ZPO grundsätzlich (das Verwaltungsgerichtsurteil fast ausnahmslos, dazu unter A. II. 3. b)) nur inter partes. Lediglich die Parteien sollen also an den Subsumtionsschluß gebunden sein. Hiermit ist der Rechtssicherheit der Parteien in den meisten Fällen Genüge getan. Außerdem wird vermieden, daß Dritte in ihrer Position beeinträchtigt werden, denn diese können sich so gegebenenfalls auf die Relativität der Entscheidungswirkung berufen. Bei Gestaltungsurteilen tritt die relative Rechtskraft dabei neben die absolute Gestaltungswirkung. Mit der materiellen Rechtskraft wird dort festgestellt, daß dem Kläger gegenüber dem Beklagten das Recht zur Gestaltung feststeht. Dies ist bedeutsam vor allem in Fällen, in denen im Nachgang zu dem Gestaltungsprozeß noch Schadensersatz- oder Regreßansprüche im Raume stehen. Aus prozeßökonomischen Gründen wird bisweilen die Rechtskraft eines Urteils jedoch
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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Wirkungen des Urteils über Rechte des Dritten mitentschieden13 • Bei der Rechtskrafterstreckung auf den Dritten ergibt sich dies daraus, daß in der Entscheidung bindend das Bestehen oder das Nichtbestehen seines Rechts festgestellt wird. Als Beispiel mag hier die Vorschrift des § 641 k ZPO genannt werden, nach der ein rechtskräftiges Urteil, welches das Bestehen der Vaterschaft feststellt, gegenüber einem Dritten, der die nichteheliche Vaterschaft für sich in Anspruch nimmt, auch dann wirkt, wenn dieser an dem Rechtsstreit nicht teilgenommen hat. Dem vermeintlichen nichtehelichen Erzeuger werden somit durch die richterliche Entscheidung etwaige Vaterrechte genommen. Gleichfalls sind Rechte des Dritten Gegenstand des Richterspruchs, wenn dieser von der Gestaltungswirkung eines Gestaltungsurteils in seinen Rechten betroffen wird 14• Ist beispielsweise gemäß §§ 60, 61 GmbHG Auflösungsklage gegen eine GmbH erhoben worden, definiert das gestaltende Auflösungsurteil die Rechte der an der Gesellschaft beteiligten Gesellschafter neu 15 • Ein rechtliches Interesse des Dritten wird darüber hinaus aber auch dann bejaht, wenn nicht Rechte des Dritten Gegenstand des Rechtsstreits sind, sondern die Entscheidung in dem anhängigen Verfahren nur präjudiziell für einen in der Folge zwischen dem Dritten und der beigetretenen Partei zu erwartenden weiteren Prozeß ist, wenn also in dem ersten Rechtsstreit lediglich eine faktische Vorentscheidung für die Rechtsstellung des Dritten getroffen werden kann, die für diesen aus seiner Sicht allein aufgrund der Existenz des Ersturteils die Gefahr einer erschwerten Prozeßführung in dem Zweitprozeß begründet16 17• Bedeutung erlangt diese Präjudiziabiliauf bestimmte Dritte erstreckt, so etwa bei Rechtsnachfolge im Prozeß. Insbesondere in Statussachen wird darüber hinaus eine allgemeinverbindliche Regelung für notwendig gehalten, da hier nicht nur private, sondern auch Interessen der Allgemeinheit verfolgt werden, weil die Feststellung dieser Rechtsverhältnisse nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für staatliche Stellen von Relevanz ist. Solchen Urteilen kommt insofern Rechtskraft erga omnes zu. Ausführlich zu diesen Begriffen insbesondere Bachof, MDR 1950, S. 375 (376); Rosenbergt Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, S. 908 ff; K. Schmidt, JuS 1986, S. 35 (38 f); Rennert in: Eyerrnann, Verwa1tungsgerichtsordnung, § 121, Rn. 16; aus der europarecht1ichen Literatur zudem Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 133 ff; Andre, EuR 1967, S. 97 (99ft); Gutsche, Die Bindungswirkung der Urteile des Europäischen Gerichtshofes, S. 63 ff; Tsikrikas, Die Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs im Vertragsverletzungsverfahren (Art.169ff. EWGV), S.44ff. 13 Vgl. hierzu auch Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 11 ff; Schuftes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 6, jeweils m. w. N. 14 Dies gilt natürlich nur, wenn der von der Gestaltungswirkung Betroffene nicht ohnehin an dem Prozeß als notwendiger Streitgenosse beteiligt ist; dazu Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 12 m. w. N. 15 BVerfG, NJW 1982, S.1635 f; dazu noch unter A.I.l. b) bb) (1). 16 Bork in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 23; Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 15; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 5. 17 Daß allgemeiner Ansicht nach die Nebenintervention nicht restriktiv behandelt werden soll, wurde ja bereits zuvor hervorgehoben. Auch daraus, daß von der Rechtskraft oder der Gesta1tungswirkung betroffene Dritte wie sogleich zu zeigen sein wird als sog. streitgenössische 3•
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
tät einmal in Fällen akzessorischer Schuld und Haftung. So kann etwa der Bürge dem Hauptschuldner in dem gegen diesen gerichteten Verfahren beitreten, um dort eine ihm nachteilige Präjudizlage bezüglich des Bestehens der Forderung als solcher abzuwenden. Hauptanwendungsfall dieser Form des rechtlichen Interesses sind allerdings wohl Regreßsituationen 18 , d. h. Verfahren, in denen der Dritte entweder das Bestehen eines Regreßanspruches ihm gegenüber befürchtet, z. B. der Verkäufer im Prozeß des auf Herausgabe verklagten Käufers, oder aber der Dritte meint, gegen die unterlegene Partei selbst einen Regreßanspruch geltend machen zu können 19. Nicht ausreichend ist es hingegen allgemeiner Ansicht nach, wenn der Dritte dem Verfahren nur beitreten will, weil dieser sich in einer gleichgelagerten Situation befindet und hofft, durch seine Verfahrensbeteiligung eine ihm günstige Rechtsauffassung des Gerichts zu erreichen, der Ausgang des Prozesses ihn aber ansonsten in keiner Weise tangiert20 • Präzedenzwirkungen der Entscheidung genügen also nicht. bb) Der Beitritt des Nebenintervenienten Der Verfahrensbeitritt kann nach § 66 Abs. 2 ZPO in jeder Lage des Rechtsstreits, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen und geschieht gemäß § 70 Abs. 1 ZPO durch Einreichung eines den Erfordernissen dieser Norm entsprechenden Schriftsatzes bei dem Prozeßgericht bzw., wenn der Beitritt mit der Rechtmitteleinlegung verbunden wird, bei dem zuständigen Rechtsmittelgericht Der Dritte erlangt die Stellung eines Nebenintervenienten insofern, ohne daß es eines besonderen Beteiligungsgesuchs an das Gericht bedarf. Das Gericht prüft auch das Vorliegen eines rechtlichen Interesses auf Seiten des Dritten und die Einhaltung der Formalien nicht von Amts wegen, sondern nur dann, wenn eine der Parteien gemäß § 71 Abs. l ZPO die Zurückweisung der Nebenintervention beantragt21• In diesem Fall wird über die Zulässigkeit des Beitritts nach§ 71 Abs. 2 ZPO durch Zwischenurteil entschieden.
Nebenintervenienten eingeordnet werden, folgt im übrigen, daß diese Streithelfer nicht die einzig vom Gesetz als zulässig erachteten sein können. 18 Dazu ausführlich Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 66, Rn.15 ff; Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 32 u. 306ff; Bork in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 23, spricht hier von den ,.praktisch wichtigsten und zahlreichsten Fällen". 19 Siehe zum Begriff der Präjudiziabilität schon im I. Kapitel unter A. 20 Bork in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 16m. w. N. 21 Dazu auch Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 300.
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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cc) Beitrittswirkungen
(1) Der Nebenintervenient als Dritter Der Streitgehilfe wird nicht als Partei des Rechtsstreits bezeichnet. Wie weiter unter ersichtlich werden wird, hat dies gewisse Einschränkungen bezüglich seiner Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verfahren zur Folge22 • Dafür, auch den Nebenintervenienten Partei zu nennen, spräche zwar zunächst, daß die ZPO die unterstützte Partei an mehrfacher Stelle Hauptpartei nennt23 • Der Intervenient könnte demnach ebenfalls Partei sein, möglicherweise eine Nebenpartei24 • Anders als das französische Recht und auch das Gemeinschaftsrecht25 beschränkt die deutsche Prozeßrechtslehre jedoch den Begriff der Parteien auf diejenigen Personen, von denen bzw. gegen die Rechtsschutz begehrt wird26 • Der Nebenintervenient ist indes lediglich einer der Verfahrensparteien beigetreten, hat aber weder selbst Klage selbständig erhoben noch ist er verklagt worden27 ; er erhält insofern in der Hauptsache auch nichts zugesprochen und er wird zu nichts verurteilt28 • Er bleibt danach nach deutschem Prozeßrecht Dritter und ihm kommt als Prozeßgehilfe der unterstützten Partei eine prozessuale Stellung sui generis zu29. Diese Einordnung war für den sogenannten streitgenössischen Nebenintervenienten früher allerdings streitig, denn dieser gilt nach dem Wortlaut des § 69 ZPO als Streitgenosse der unterstützten Hauptpartei3°. Streitgenössisch ist die Nebenintervention nach der Formulierung des § 69 ZPO dann, wenn die Rechtskraft der Entscheidung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts Wirksamkeit auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Intervenienten und dem Gegner entfaltet. Anerkanntermaßen beschränkt sich der Anwendungsbereich der Norm jedoch nicht auf Rechtskrafterstreckungen nach materiellem Recht. Hinzu kommen vielmehr Fälle, Dazu sogleich unter A. I. I. a) cc) (2). Siehe nur §§ 67, 68 und 69 ZPO. 24 Vgl. zu diesem Begriff auch Thamas/Putza, Zivilprozeßordnung, § 67, Rn. I, u. Bark in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 67 Rn. I, die die Verwendung der Bezeichnung allerdings beide ablehnen. 25 Dazu im 3. Kapitel unter A.l. 3. a) u. 11.4. sowie im 4. Kapitel unter D. I. 26 Vgl. Thomas!Putzo, Zivilprozeßordnung, Vorbem. §50, Rn. 2; Rasenberg!Schwab/Gatt· wald, Zivilprozeßrecht, S. 200ff. 27 Bark in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 67 Rn. I und § 69, Rn. 1. 28 Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 116; zu den Kosten der Nebenintervention siehe§ 101 ZPO. 29 Früher wurde gelegentlich vertreten, der Nebenintervenient sei als Stellvertreter der unterstützten Partei einzuordnen, siehe dazu die Literaturhinweise bei Windel, ZZP 104 (1991), S. 321 (322). Diese Sichtweise wurde indes mittlerweile aufgegeben. Der Streitgehilfe handelt insofern nach heute allgemein vertretener Ansicht nicht im fremden Namen, sondern im eigenen Namen mit Wirkung für die unterstützte Partei; vgl. Bork in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, §67 Rn.1, 17m. w.N. 30 Zu dem hier früher bestehenden Meinungsstreit siehe die Nachweise bei Leipold in: Stein/ Jonas, Zivilprozeßordnung, §69, Rn.6 (Fn.14). 22
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
in denen die Rechtskraft der Entscheidung nach prozessualen Vorschriften auch den Intervenienten erfaßt31 , darüber hinaus auch solche, in denen das Urteil Gestaltungswirkung äußert32, denn wie die Rechtskrafterstreckung (unabhängig davon, ob prozessual oder materiellrechtlich verankert) greift auch diese Urteilswirkung wie gesehen in die Rechtsposition des Dritten ein33• Bei Entscheidungen mit Rechtskraftwirkung erga omnes oder Gestaltungswirkung muß allerdings hinzukommen, daß diese Universalwirkung speziell auf ein Rechtsverhältnis zwischen Nebenintervenienten und Prozeßgegner einwirkt34• Nach heute einhelliger Ansicht bedeutet die Rechtsfolge des § 69 ZPO nun jedoch nicht, daß der streitgenössische Nebenintervenient damit tatsächlich Streitgenosse der Hauptpartei wird. Unter den soeben angeführten Parteibegriff der deutschen Zivilprozeßrechtswissenschaft ist auch er nämlich nicht subsumierbar35• Vielmehr ist die Verweisung lediglich so zu verstehen, daß der streitgenössische Nebenintervenient im Wege der Fiktion in seinen Befugnissen in gewissem Umfang einem Streitgenossen gleichgestellt ist36•
(2) Die prozeduralen Befugnisse des Nebenintervenienten Für die Einwirkungsmöglichkeiten des Nebenintervenienten auf das Verfahren ist es aufgrund dieser partiellen Gleichstellung von einiger Bedeutung, ob es sich um einen Fall einfacher oder um eine streitgenössische Streithilfe handelt, denn dem streitgenössischen Nebenintervenienten stehen neben den Rechten des einfachen Intervenienten damit zum Teil auch die eines Streitgenossen zu. Im folgenden werden daher zuerst die prozeduralen Befugnisse des einfachen Streitgehilfen dargestellt, im Anschluß daran dann die sich für den streitgenössischen Intervenienten ergebenden Abweichungen.
31 BGHZ 92, S. 275 (276t); Schiileen in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 5; Bark in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 2; Schultes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 9 f. 32 Vgl. Schäfer, Drittinteressen im Zivilprozeß, S. 7 m. w. N. Teilweise wird hier allerdings davon ausgegangen, daß die Gestaltungswirkung im Gegensatz zur Rechtskrafterstreckung nach prozessualem Recht von dem Wortlaut der Vorschrift des § 69 ZPO nicht mehr gedeckt ist. § 69 ZPO sei daher nur analog anwendbar; so beispielsweise Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 7. 33 Dazu schon unter A. I. I. a) aa); siehe außerdem Schäfer, Drittinteressen im Zivilprozeß,
s.s.
Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 6, 7 m. w. N. Vgl. Bark in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 6. 36 BGH, NJW 1965, S. 760; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 132 ff; Thamas/Putza, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 1; Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 9; Bark in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 8 n. w. N.; näheres dazu sogleich. 34
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A. Die Formen der Drittbeteiligung
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(a) Der einfache Nebenintervenient37 Gemäß § 67 2. Hs. ZPO ist der Streitgehilfe grundsätzlich38 berechtigt, Angriffsund Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozeßhandlungen wirksam vorzunehmen. Der Wortlaut der Vorschrift ist dabei ungenau, denn auch Angriffsund Verteidigungsmittel gehören zu den Prozeßhandlungen, sie sind insofern lediglich beispielhaft erwähnt39. Die ZPO versteht unter Angriffs- und Verteidigungsmitteln jedwedes sachliche und prozessuale Vorbringen, das der Durchsetzung bzw. der Abwehr des geltend gemachten prozessualen Anspruchs dienr'0 • Letzterer ist gleichbedeutend mit dem Streitgegenstand des Verfahrens, der sich herrschender Ansicht in der Literatur und ständiger Rechtsprechung zufolge nach dem Klagantrag des Klägers und dem von ihm zur Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt4 1• Angriffs- und Verteidigungsmittel beziehen sich demnach per definitionem immer auf den dem Gericht unterbreiteten Streitgegenstand42 • Damit wird deutlich, daß etwa Klageänderungen oder -erweiterungen nicht hierunter fallen können, da durch sie der bestehende Streitgegenstand verändert wird. Diese stellen vielmehr selbst einen Angriff dar43. Zu den Angriffs- und Verteidigungsmitteln gehört danach zunächst das Aufstellen und Bestreiten von Behauptungen tatsächlicher Aft44, weiterhin die Erhebung materiell-rechtlicher Einreden der unterstützten Partei wie beispielsweise der Einrede der Verjährung45 oder die Geltendmachung nicht von Amts wegen zu berücksichtigender Zulässigkeitsmängel46 • Zu den Angriffs- und Verteidigungsmitteln 37 Ausführlich hierzu insbesondere Windel, ZZP 104 (1991), S. 321 ff; Rosenberg!Schwab/ Gottwald, Zivilprozeßrecht, S. 265 ff. 38 Zu den Beschränkungen seiner Befugnisse sogleich. 39 Vgl. nur Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 67, Rn. 4. 40 Thomas!Putzo, Zivilprozeßordnung, § 146, Rn.2. 41 Sog. zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff; vgl. BGHZ 7, S. 268 (271 ); 117, S. 1 (5); BGH, NJW 1990, S. 1795 (1796); Rosenberg!Schwab!Gottwald, Zivilprozeßrecht, S. 530ff; Schumann in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 253, Rn.44; Thomas!Putzo, Zivilprozeßordnung, Ein!. II, Rn. 1 ff; Ein Lebenssachverhalt ist dabei dann gegeben, wenn es sich um ein tatsächliches Geschehen handelt, das bei natürlicher Betrachtungsweise nach der Verkehrsauffassung einen einheitlichen Vorgang darstellt; vgl. Thomas!Putzo, Zivilprozeßordnung, Einl. II, Rn. 24ff; zum Streitgegenstandsbegriff des Europäischen Prozeßrechts siehe im 4. Kapitel in Fn.493. 42 Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S.143. 43 Vgl. nur BGH,JZ 1982, S.512 (514); OLG Kar1sruhe, NJW 1979, S.879; Thomas!Putzo, Zivilprozeßordnung, § 146, Rn. 2; Rosenberg!Schwab!Gottwald, Zivilprozeßrecht, S. 350. 44 BGHZ 12, S.49ff. 45 Weitere Beispiele bei Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 67, Rn.5. 46 Die§§ 296 Abs. 3, 529 Abs. 1 ZPO unterscheiden im Rahmen der Zulässigkeil einer Klage zwischen Zulässigkeitsmängeln, die von Amts wegen und solchen, die nur auf Rüge zu beachten sind. Letztere sind solche, an deren Einhaltung kein öffentliches Interesse besteht, die vielmehr nur dem Interesse einer Partei zu dienen bestimmt sind, beispielsweise die örtliche oder
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
rechnet die ZPO weiterhin auch die Benennung von Beweismitteln47 • Nicht zu den Angriffs- und Verteidigungsmitteln gehören dagegen Rechtsausführungen. Das deutsche Prozeßrecht folgt hier uneingeschränkt dem Grundsatz "daha mihi facti, dabo tibi jus"; den vorgetragenen Sachverhalt hat das Gericht insofern von Amts wegen unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu überprüfen48 • Darüber hinaus kann der Nebenintervenient wie schon erwähnt grundsätzlich auch alle sonstigen Prozeßhandlungen vornehmen. Zweierlei Befugnisse sind hier im wesentlichen von Bedeutung: So kommt dem Streithelfer zum einen das Recht, zu Anträge zu stellen. Dies sind einmal Prozeßanträge, d.h. solche die das Verfahren betreffen, weiterhin auch Sachanträge. Letztere sind solche, die den Inhalt der Entscheidung selbst betreffen, vor allem der materielle Klagantrag und der Klagabweisungsantrag"9 50• Außerdem kann der Streitgehilfe allgemeiner Ansicht nach für die unterstützte Partei gegen die richterliche Entscheidung Rechtsmittel einlegen51 • Die so beschriebenen Möglichkeiten, das Verfahren zu beeinflussen, gelten jedoch nicht uneingeschränkt. Bevor hier auf die aus dem Wortlaut des § 67 ZPO selbst folgenden Beschränkungen eingegangen werden soll, ist dabei eine Kompetenzbeschränkung anzuführen, die sich einhelliger Auffassung nach bereits aus der oben beschriebenen prozessualen Einordnung des Nebenintervenienten ergibt, nämlich der Ausschluß von der Disposition über den Streitgegenstand des Verfahrens. Die ZPO folgt dem Dispositionsgrundsatz. Danach bestimmen die Parteien des Rechtsstreits uneingeschränkt selbst über Beginn und Ende des Prozesses52 • Da der sachliche Zuständigkeit, vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, § 296, Rn. 71, mit Beispielen. Früher sah die ZPO selbst eine derartige Differenzierung nicht vor, sondern sprach in§ 274 a. F. lediglich von "prozeßhindemden Einreden". Dennoch unterschied die Rechtslehre bereits zu dieser Zeit zwischen von Amts wegen zu berücksichtigenden, "unverzichtbaren Prozeßvoraussetzungen" und nur auf Einrede des Beklagten zu berücksichtigenden "Prozeßhindemissen"; vgl. dazu ausführlich Rosenberg!Schwab, Zivilprozeßrecht, 11. Aufl., S. 488 ff; diese Begriffe haben zum Teil auch Eingang gefunden in die deutsche Fassung des Gemeinschaftsprozeßrechts, siehe dazu noch im 4. Kapitel unter D. III. 2. a) aa) (2). 47 Vgl. BGHZ 91, S. 293 (303); Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung, § 146, Rn. 2; Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 67, Rn. 5. Die Verfahrensordnungen von Gerichtshof und Gericht erster Instanz unterscheiden demgegenüber zwischen Angriffs- und Verteidigungsmitteln einerseits und Beweismitteln andererseits, vgl. dazu Fasse/t-Romme, Parteiherrschaft im Verfahren vor dem EuGH und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S. 55; Einzelheiten hierzu außerdem im 4. Kapitel unter D. 111. 2. a) bb)(I). 48 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwa/d, Zivilprozeßrecht, S.426. 49 Thomas!Putzo, Zivilprozeßordnung, §297, Rn. I , 2. 50 Verpflichtet, einen Sachantrag zu stellen, ist der Nebenintervenient indes nicht. 51 Dazu BGH, NJW 1983, S. 2378. 52 Thomas!Putzo, Zivilprozeßordnung, Ein! I, Rn. 5; Gegenbegriffhierzu ist die Offizialmaxime (diese gilt im Strafprozeß), nach der Gang und Inhalt des Verfahrens der Herrschaft der Parteien weitgehend entzogen sind; allgemein zu diesem Begriffspaar Fasselt-Romme, Parteiherrschaft im Verfahren vor dem EuGH und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S. l7ff.
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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Streitgehilfe aber nicht als Partei des Rechtsstreits, sondern eben nur als Dritter im fremdem Prozeß angesehen wird, steht ihm infolgedessen allgemeiner Ansicht nach auch keine Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand zu53 • Er kann insofern weder die Klage zurücknehmen noch ändern oder in eine Klageänderung einwilligen54. Die zuvor angeführte Möglichkeit des Intervenienten, Sachanträge zu stellen, ist insofern von nur geringer Bedeutung, denn selbständig Einfluß auf den Rechtsstreit nehmen kann er hiermit nicht. Gleichzeitig kann er zudem Dispositionen der Hauptparteien nicht verhindern. Will etwa der Kläger seine Klage zurücknehmen oder wollen sich Kläger und Beklagter vergleichen, so kann sich der Nebenintervenient hiergegen nicht wehren55 • Weitere Beschränkungen seines Handlungsspielraums ergeben sich wie erwähnt aus § 67 ZPO selbst. So muß der Streitgehilfe gemäß § 67 1. Hs. ZPO den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zur Zeit seines Beitritts befindet. Dies bedeutet, daß er mit sämtlichem Sachvortrag und sämtlichen Beweisangeboten, mit denen die unterstützte Partei wegen Fristablaufs bereits präkludiert ist (vgl. §§ 296, 296 a, 528, 529 ZPO), ebenfalls ausgeschlossen ist. Ebenso kann er verzichtbare Rügen zur Zulässigkeit der Klage nur dann geltend machen, wenn diese auch von der unterstützten Partei noch erhoben werden können (§§ 295, 296 Abs. 3 ZPO). Maßgebend für die Anwendbarkeit der Präklusionsnormen ist dabei allein das Verhalten bzw. Verschulden der unterstützten Partei56• Weiterhin darf sich der einfache Streitgehilfe mit seinen Erklärungen und Handlungen nicht in Widerspruch zu Erklärungen und Handlungen der unterstützten Partei setzen, § 67 2. Hs. a. E. ZPO. Tatsachenerklärungen des Nebenintervenienten, die denen der unterstützten Partei widersprechen, bleiben insofern unbeachtet. Erklärt die unterstützte Partei zudem ausdrücklich, sie verzichte beispielsweise auf die Erhebung eines nur auf Rüge beachtlichen Zulässigkeitsmangels oder auf die Einlegung von Rechtsmitteln, ist die von dem Streithelfer geltend gemachte Prozeßrüge folgenlos, das von ihm eingelegte Rechtsmittel unzulässig. (b) Der streitgenössische Nebenintervenient Die prozeduralen Befugnisse des streitgenössischen Nebenintervenienten sind wie schon oben angesprochen geprägt durch seine prozessuale Doppelbehandlung. 53 Vgl. Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. I 17f; Bork in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 67, Rn. 9; Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 16. 54 Vgl. nur Windel, ZZP 104 (1991), S.321 (325ff); Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 34; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 301 . 55 Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S.301. 56 V gl. Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 67, Rn. 5; differenzierend Schulze, NJW 1981, S. 2663ff, der, jedenfalls dann, wenn die Prozeßführung allein dem Streithelfer überlassen wurde, auch auf dessen Verschulden abstellen will.
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
Einerseits soll er nach dem Wortlaut des § 69 ZPO als Streitgenosse der unterstützten Partei gelten. Andererseits ist er jedoch nicht wirklich Partei, da er weder geklagt hat noch verklagt worden ist. Seine Einflußnahmemöglichkeiten auf das Verfahren bestimmen sich infolgedessen zum Teil nach der Vorschrift des § 67 ZPO und entsprechen zum anderen Teil denen von Kläger oder Beklagtem. Wie eine Partei kann der streitgenössische Nebenintervenient danach zunächst einhelliger Ansicht nach solche Angriffs- und Verteidigungsmittel in den Rechtsstreit einbringen, die er für opportun hält, ohne dabei dahingehend eingeschränkt zu sein, daß diese nicht zu denen der unterstützten Hauptpartei in Widerspruch stehen dürfen57 • So kann er von der unterstützten Partei zugestandene Tatsachen weiterhin bestreiten. Der Sachvortrag von Partei und Gehilfe ist in diesem Falle dann von dem Gericht frei zu würdigen58• Auch Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe gegen den Richterspruch kann er selbst gegen den erklärten Willen der Hauptpartei einlegen59• Aus seiner Stellung als prozessualer Dritter wird demgegenüber allgemein geschlossen, daß auch der streitgenössische Nebenintervenient auf die Bestimmung des Streitgegenstands des Verfahrens und die Disposition hierüber keinerlei Einfluß hat60 • Von den Sachanträgen der Hauptparteien abweichende Sachanträge kann auch er also nicht stellen. An den Dispositionshandlungen von Kläger und Beklagtem kommt ihm kein Partizipationsrecht zu. Die h. M. entnimmt dieser Einordnung weiterhin, daß auch der streitgenössische Nebenintervenient ebenso wie der einfache an den Stand des Verfahrens bei seinem Eintritt in den Rechtsstreit gebunden sein soll61 • Vor dem Hintergrund des grundrechtliehen Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG wird diese Sichtweise allerdings zu Recht in der Literatur teilweise kritisiert. Hierauf soll alsbald noch einmal zurückzukommen sein62 •
57 Vgl. nur Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 302; Thamas!Putza, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 6; Bark in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 8; Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 11 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung. 58 Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 11 ; abweichend Bark in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 7. 59 RGZ 44, S. 345 ff. 60 Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 138; Bork in: Stein/ Jonas, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 7. 61 RGZ 93, S. 31 (32); Thamas!Putza, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 7; Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 10; Bark in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 8; Rasenberg/Schwab/Gattwald, Zivilprozeßrecht, S. 271; Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 215. 62 Und zwar unter A.l. I. b) aa).
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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(3) Die Interventionswirkung nach §68 ZPO Da der Nebenintervenient, wie ja schon mehrfach angesprochen wurde, nicht Partei des Rechtsstreits wird, wird er durch seinen Verfahrensbeitritt auch nicht in die Rechtskraft der richterlichen Entscheidung eingebunden, denn die die subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft regelnde Vorschrift des § 325 ZPO knüpft für diese ausschließlich an den Begriff eben der Parteien und ihrer Rechtsnachfolger an. Die Streitbeteiligung des Dritten bleibt für ihn jedoch nicht ohne Konsequenzen. Folge sowohl der einfachen wie der streitgenössischen Nebenintervention ist nämlich die in einem zwischen dem Intervenienten und der unterstützten Partei geführten Zweitrechtsstreit gemäß § 68 ZPO eintretende sog. lnterventionswirkung. Der Streitgehilfe wird danach in dem Folgeprozeß nicht mehr mit der Behauptung gehört, der erste Rechtsstreit sei unrichtig entschieden worden. Diese lnterventionswirkung ist der Rechtskraft zwar ähnlich63; beide unterscheiden sich gleichwohl in der Zielrichtung ihrer Bindungswirkung. Gegenstand der materiellen Rechtskraft ist im deutschen Recht wie eingangs erwähnt nur der Subsumtionsschluß des Gerichts. Verbindlich festgestellt wird lediglich, daß sich aus dem zur Beurteilung gestellten Sachverhalt eine oder auch mehrere bestimmte Rechtsfolgen ergeben64 • Die Interventionswirkung bezieht sich demgegenüber auf die Richtigkeit der Entscheidung des Vorprozesses65 . Dadurch, daß sich der Nebenintervenient des Vorprozesses nicht mehr auf die Unrichtigkeit der dort getroffenen Entscheidung berufen kann, werden ihm gegenüber die dortigen Entscheidungsgrundlagen, d. h. die einzelnen tatsächlichen und inzident getroffenen rechtlichen Feststellungen verbindlich66 67. Nur hierdurch kann auch eine wirkliche Bindung der Erstentscheidung gegenüber dem Intervenienten erreicht werden; eine Bindung an den Subsumtionsschluß des Gerichts würde hingegen leerlaufen und machte deshalb auch keinen Sinn. Dies läßt sich gut an einem von Grunsky aufgeworfenen Fallbeispiel veran63 Thomas/Putzo, Zivilprozeßordnung, § 68, Rn. I ; ausführlich dazu Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S.152ff. 64 Siehe dazu schon in Fn.12 dieses Kapitels. 65 V gl. nur Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 68, Rn. 15 m. w. N. 66 Vgl. BGHZ 96, S.50 (53); Rosenberg/Schwab/Gottwa/d, Zivilprozeßrecht, S.269; Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 68, Rn. 15m. w. N.; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 305 f. 67 Streitig ist, ob die Interventionswirkung auch zugunsten des Nebenintervenienten Anwendung findet. Aufgrund des Wortlauts des § 68 ZPO ,,Der Nebenintervenient wird ... nicht gehört" spricht sich die h. M. dafür aus, die Interventionswirkung nur zu Lasten des Streitgehilfen anzunehmen, ihm günstige Tatsachen- und Rechtsfeststellungen jedoch im Folgeprozeß keiner Bindungswirkung zu unterwerfen; in diesem Sinne BGHZ 100, S.257 (260ff); Thomas/ Putzo, Zivilprozeßordnung, § 68, Rn. 1; Wieser, ZZP 79 (1966), S. 246 (288 ff). Gegen diese Ansicht spricht gleichwohl, daß es kaum billig sein kann, dem Streithelfer "nur die Nachteile des Verfahrens aufzuhalsen, ihn dagegen nicht in den Genuß der Vorteile kommen zu lassen"; so Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 305; mit ausführlicher Begründung weiterhin Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 157 ff; außerdem Bork in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordung, § 68, Rn. 12.
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
schaulichen68 : A klagt gegen B auf Auflassung eines Grundstücks. Das Gericht weist die Klage ab mit der Begründung, daß der zugrundeliegende Kaufvertrag aufgrundeines bei der Beurkundung durch den Notar N diesem unterlaufenen Fehlers nicht den gesetzlichen Formvorschriften genüge. N war dem Rechtsstreit zur Unterstützung des A beigetreten. Klagt A später gegen N auf Schadensersatz, kann sich dieser nicht mehr damit verteidigen, die Beurkundung des Kaufvertrages sei entgegen der Annahme des ersten Gerichts doch ordnungsgemäß erfolgt, da das Urteil ihm gegenüber als richtig gilt. Die Rechtsauffassung des ersten Gerichts ist mithin für den Zweitrichter bindend. Erstreckte man hingegen die materielle Rechtskraft des Ersturteils auf N, so würde diesem gegenüber nur verbindlich festgestellt, daß A keinen Auflassungsanspruch gegen B hatte. Die inzidente Feststellung der Formnichtigkeit des Vertrages wäre demnach für den Zweitrichter nicht bindend. Das Gericht des Schadensersatzprozesses könnte die Klage also mit der Begründung abweisen, N sei keinerlei Fehler unterlaufen. Gerade diese Konsequenz wird im Rahmen des § 68 ZPO vermieden. Die objektiven Grenzen der Interventionswirkung gehen insofern weiter als die der materiellen Rechtskraft. In subjektiver Hinsicht beschränkt sich die Interventionswirkung hingegen auf das Verhältnis zwisehen dem Streithelfer und der unterstützten Hauptpartei69 • Gegenüber der Gegenpartei tritt sie insofern grundsätzlich nicht ein70 • Die Interventionswirkung des § 68 ZPO unterliegt überdies in gewissem Umfange der sog. Einrede der mangelhaften Prozeßführung. So kann der Nebenintervenient des Vorprozesses nach dem Wortlaut dieser Vorschrift insoweit geltend machen, die unterstützte Hauptpartei habe den ersten Rechtsstreit mangelhaft geführt, wie er selbst aufgrund der geschilderten Beschränkungen seiner Rechtsstellung gehindert war, Prozeßhandlungen vorzunehmen oder Angriffs- und Verteidigungsmittel in den Prozeß einzuführen. Soweit der Streitgehilfe also auf das Verfahren keinen Einfluß nehmen konnte, soll er auch nicht gebunden sein. Außerdem kann er behaupten, Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die ihm selbst unbekannt waren, seien von der Hauptpartei im Erstprozeß absichtlich oder durch grobes Verschulden nicht geltend gemacht worden. Wenn im Falle der streitgenössischen Nebenintervention allerdings die Rechtskraft bzw. die Gestaltungswirkung des Ersturteils nicht nur das Verhältnis zwischen Nebenintervenient und Gegenpartei, sondern auch dasjenige zwischen dem Gehilfen und der unterstützten Partei erlaßt, scheidet die nach § 68 ZPO mögliche Einrede aus71 •
Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 303, 305. Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 68, Rn. 8 m. w. N. 70 Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn dem Intervenienten von der Gegenpartei der Streit verkündet wurde; dazu noch sogleich. 71 Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 14; Bark in: Stein/ Jonas, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 13; Thomas!Putzo, Zivilprozeßordnung, § 69, Rn. 7; Schultes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 12. 68
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A. Die Fonnen der Drittbeteiligung
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dd) Die Zwecke der Nebenintervention nach den§§ 66ff ZPO Sinn und Zweck des Instituts der Nebenintervention ist es allgemeiner Ansicht nach in erster Linie, dem Dritten, auf dessen Rechtsstellung die Entscheidung des Rechtsstreits negative Auswirkungen haben kann, die Möglichkeit zu geben, auf den Verfahrensverlauf Einfluß zu nehmen72 • Die streitgenössische Nebenintervention stellt sich dabei, wie noch zu zeigen sein wird, als Ausfluß des grundrechtliehen Anspruchs des Dritten auf rechtliches Gehör dar73 . Zugleich dient die Nebenintervention der Prozeßökonomie und der Rechtssicherheit, da sie durch die Vorschrift des § 68 ZPO zu einer Verringerung der Zahl der Prozesse und vor allem zu einer Vermeidung sich widersprechender Prozeßergebnisse führt74. Weiterer Zweck der Nebenintervention soll zudem sein, dem Gericht im Rahmen des den Zivilprozeß beherrschenden Verhandlungsgrundsatzes75 eine bessere Sachaufklärung zu ermöglichen76.
72 Vgl. etwa Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 5; Kittner; JuS 1985, S. 703ff; Wieser, Das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten, S.l5ff; Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 136; Schultes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 9; Hahn, Die gesamten Materialien zur Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetz zu derselben vom 30. Januar 1877, S. 176. 73 Vgl. BVerfGE 21, S. 132 (137ft); Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. II; Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 66; Rn. I (Fn. 3) und§ 69, Rn. I; Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 207; ders., JZ 1967, S.431 (434); Schultes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S.12; näheres zum Anspruch auf rechtliches Gehör sogleich. 74 BGHZ 8, S. 72 (82). 75 Der Verhandlungsgrundsatz besagt, daß es allein Aufgabe der Parteien ist, den Streitstoff des Prozesses beizubringen (daher auch Beibringungsgrundsatz). Das Gericht darf von sich aus grundsätzlich keine Tatsachen ennitteln oder nicht vorgetragenen Streitstoff zum Gegenstand seiner Entscheidung machen. Gegenbegriff der Verhandlungsmaxime ist der Untersuchungsgrundsatz. Gilt dieser (wie etwa im deutschen Verwaltungsprozeß, dazu noch unter A. II. 2. a) bb)), ist das Gericht berechtigt und verpflichtet, ohne Rücksicht auf Parteivortrag und -verhalten und Beweisangebote von Amts wegen Tatsachen zu erforschen, in die Verhandlung einzuführen und ihre Wahrheit festzutellen. Geltungsgrund der Verhandlungsmaxime im Zivilprozeß ist, daß hier an der Ennittlung der Wahrheit kein öffentliches Interesse besteht, denn dem Streit liegen ausschließlich privatrechtliche Rechtsbeziehungen zugrunde. Im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes besteht dagegen ein öffentliches Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts. Näher zu Untersuchungs- und Verhandlungsmaxime Thomas!Putzo, Zivilprozeßordnung, Ein! I, Rn. I ff. 76 Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 6f; anders als im Rahmen der Beiladung des Verwaltungsprozesses wird diesem Zweck allerdings vergleichsweise wenig Beachtung geschenkt.
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
b) Die Bestimmungen der Nebenintervention vor dem Hintergrund grundgesetzlich gewährleisteter Rechte Dritter aa) Einleitungsbemerkungen; die verfassungsrechtliche Dimension der Streithilfe Die Nebenintervention schafft wie bereits ausgeführt für Dritte, die von dem Ausgang eines zwischen anderen anhängigen Rechtsstreits negative Auswirkungen für ihre eigene Rechtsstellung befürchten, die Möglichkeit, dem Prozeß auf Seiten einer Partei als Streithelfer beizutreten. Hierfür reicht schon die faktische Vorgreifliehkeil des Richterspruchs für einen eventuellen Zweitprozeß zwischen dem Intervenienten und der beigetretenen Prozeßpartei aus. Der Dritte ist in diesem Fall in dem Erstprozeß durch die Vorschrift des § 67 ZPO zwar in seinen prozessualen Kompetenzen beschränkt; solche Angriffs- und Verteidigungsmittel aber, die ihm in dem Ausgangsrechtsstreit verwehrt geblieben sind, kann er jedoch in dem Folgeprozeß geltend machen. Entfaltet das Urteil des Rechtsstreits gar Rechtskraft- oder Gestaltungswirkung gegenüber dem Dritten, ist er also streitgenössischer Nebenintervenient, ist seine prozessuale Stellung um so freier, denn dann kann er Angriffs- und Verteidigungsmittel jedenfalls auch dann vorbringen, wenn die Hauptpartei diese nicht in das Verfahren einführen will77 • Diese erweiterte Stellung des streitgenössischen Nebenintervenienten hängt mit dem in Art. 103 Abs. 1 GG zum Grundrecht erhobenen Anspruch auf rechtliches Gehör zusammen78 • Dem Gebot gehört zu werden- von dem Bundesverfassungsgericht auch als "prozessuales Urrecht"79 bezeichnet-, wird dabei ein doppelter Geltungsgrund zuerkannt: Objektiv-rechtlich wird der Gehörsanspruch zunächst als Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips verstanden80• Als subjektives Recht stellt sich die Vorschrift des Art. 103 Abs. 1 GG zudem als inhaltliche Ausprägung der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG dar8 1• Erstreckt sich die Rechtskraft des Richterspruchs nun auf den Intervenienten oder gestaltet die Entscheidung seine Rechte, muß dem Streitgehilfen die Möglichkeit zukommen, zu seinen sämtlichen Belangen Ausführungen zu machen. Andernfalls würde der Rechtsträger (nach der zur Interpretation des Art. 1 Abs. 1 GG gängigen Objektformel82) 77 Zu der Frage, ob auch der streitgenössische Nebenintervenient an die Lage des Rechtsstreits zur Zeit seines Beitritts gebunden ist, sogleich. 78 Siehe dazu die schon in Fn. 73 dieses Kapitels Genannten. 79 BVerfGE 55, S. 1 (6); zur geschichtlichen Entwicklung des Grundsatzes "audiatur et altera pars" siehe zudem Rüping, Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs und seine Bedeutung im Strafverfahren, S. 13 ff. 80 BVerfGE 7, S. 95 (99). 81 Siehe dazu BVerfGE 7, S. 95 (99); 9, S. 89 (95); 55, S.l (6); 84, S.l88 (190); Rüping, Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs und seine Bedeutung im Strafverfahren, S. 133; Zeuner, Rechtliches Gehör, materielles Recht und Urteilswirkungen, S. 12 f; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 44 m. w. N .; Benkel, Die Verfahrensbeteiligung Dritter, S. 98. 82 Siehe hierzu Dürig in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 1 Abs. 1, Rn. 28; ftir das Gemeinschaftsrecht zudem Tsikrikas, Die Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs im Vertragsverletzungsverfahren (Art. 169 ff. EWGV), S. 85.
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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zum Objekt staatlichen Handeins herabgewürdigt. Denn im Gegensatz zu demjenigen, der nur beitritt, weil er eine eventuelle faktische Präjudizwirkung des Ersturteils befürchtet, ohne seine Beteiligung an das Ergebnis des Rechtsstreits allerdings nicht gebunden ist, besteht für den streitgenössischen Nebenintervenienten nicht die Möglichkeit, ihn zur Gehörsgewährung auf den Zweitprozeß zu verweisen, weil schon in dem ersten Verfahren verbindlich über seine Rechte entschieden wird. Diesem Erfordernis trägt die Befugnis Rechnung, Angriffs- und Verteidigungsmittel auch gegen den Willen der Hauptpartei geltend machen zu können. Der verfassungsrechtlichen Position des streitgenössischen Nebenintervenienten entgegen steht indes die Auffassung der h. M., nach der auch der Intervenient nach § 69 ZPO an den Verfahrensstand zur Zeit seines Beitritts gebunden sein soll. Diese Betrachtungsweise führt zu einer unzulässigen Verkürzung des Gehörsanspruchs des Dritten. Richtigerweise wird man eine Bindung auch des streitgenössischen Nebenintervenienten an die Lage des Rechtsstreits insofern ablehnen müssen83• Ist der Dritte Verfahrensbeteiligter, wird ihm danach also in ausreichendem Maße ermöglicht, seine Rechtsposition zu verteidigen. Der streitgenössische Nebenintervenient erhält Gehör uneingeschränkt in dem ersten Prozeß; der einfache Nebenintervenient kann Angriffs- und Verteidigungsmittel, die er in dem Erstprozeß unter Umständen nicht geltend machen konnte, jedenfalls in dem Folgerechtsstreit vorbringen. Problematisch ist jedoch, ob sich nicht ein Konflikt zwischen dem Beteiligungssystem der ZPO und den Urteilswirkungen einerseits und den Rechten Dritter andererseits ergeben kann, wenn der potentielle Nebenintervenient dem Verfahren nicht beitritt und insofern nichts vorzutragen vermag, weil er von der Anhängigkeil des Rechtsstreits gar nichts weiß. Eine Benachrichtigung Dritter über einen anhängigen Prozeß von Amts wegen sieht das Gesetz nur im Rahmen der Vorschrift des § 640 e ZPO vor, nach der in Kindschaftssachen der jeweils nicht als Partei beteiligte Elternteil bzw. das Kind unter Mitteilung der Klage und mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der streitgenössischen Nebenintervention84 zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden ist85 • In allen anderen Fällen hängt es dagegen von dem Belieben der Parteien ab, ob sie Dritte- gegebenenfalls durch Streitverkündung86- von dem zwischen ihnen geführten Prozeß in Kenntnis setzen wollen. Nach heute wohl einhelliger Auffassung besteht hier eine Unstimmigkeit des einfachen Rechts mit den grundgesetzlich garantierten Rechten Dritter. Damit ist der 83 Ebenso Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 209; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 137; Calavros, Urteilswirkungen zu Lasten Dritter, S.45; Dimaras, Anspruch ,,Dritter'' aufVerfahrensbeteiligung, S. 90f; dazu auch Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S.ll3f; Rechberger/Oberhammer, ZZP 106 (1993), s. 347 (356). 84 H. M.; dazu Schuttes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 67 f m. w. N. 85 Zu der bis zum 31.12.1991 geltenden Benachrichtigungsnorm des § 666 Abs. 3 ZPO in Entmündigungssachen Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 204 ff u. Schuttes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 69 ff. 86 Dazu noch sogleich unter A.l. 2.
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
Einklang der Stimmen allerdings auch bereits beendet. Unterschiedlich gesehen wird bereits die Frage, welche Verfassungsnorm für die Begründung des Drittschutzes einschlägig ist. Diskutiert werden der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. I GG und die Rechtsweggarantie nach Art. I9 Abs. 4 GG. Streitig ist dann im einzelnen zudem, welche Dritten gegen die Wirkungen eines zwischen anderen geführten Rechtsstreits geschützt werden sollen und wie dieser Schutz genau zu verwirklichen ist. bb) Drittschutz durch Art. 103 Abs. I GG und die Art seiner Verwirklichung
(1) Die Entscheidungen des Bundesveifassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht stellte den Gehörsanspruch zu Beginn seiner Rechtsprechung unter einen sogenannten Traditionsvorbehalt87 . Danach könne das Recht aus Art. 103 Abs. I GG grundsätzlich nicht weiter reichen als es bei Schaffung des Grundgesetzes im Rahmen des einfachen Rechts verankert gewesen sei, denn Sinn und Zweck der Vorschrift sei es nicht, sorgfältig überlegte Abwägungen zwischen den verschiedenen, in den einzelnen Verfahrensarten zu berücksichtigenden Interessen und darauf beruhenden Einschränkungen des rechtlichen Gehörs zu beseitigen88. Außerdem genügten die bestehenden Regelungen im allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen. Anhörungsrechte im Verfahren könnten jedoch im Einzelfall aus Art. 103 Abs. I GG hergeleitet werden, wenn die einschlägige Verfahrensordnung das durch die Verfassung gewährleistete Minimum an rechtlichem Gehör nur unzureichend gewährleiste89. Ob das Recht auf Gehör auch an dem Prozeß bis dato gänzlich Unbeteiligten zustehen könne, entschied das Gericht zunächst allerdings nicht. Mit dieser Problematik befaßten sich die Verfassungsrichter erstmalig in einer Entscheidung aus dem Jahre I96790. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte der Staatsanwalt, wie dies nach § 1595 a BGB a. F. möglich war, die Ehelichkeit eines Kindes angefochten; der Vater des Kindes, der dem Streit als streitgenössischer Nebenintervenient hätte beitreten können, erfuhr von dem angestrengten Prozeß jedoch nichts. Gegen das Anfechtungsurteil erhob dieser daraufhin Verfassungsbeschwerde. Das Bundesverfassungsgericht gab der Verfassungsbeschwerde statt und hob das Anfechtungsurteil auf. Zur Begründung führte es an, der Beschwerdeführer sei durch die Entscheidung in seinem Grundrecht aus Art. I 03 Abs. 1 GG verletzt. Da die erfolgreiche Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes für 87 Vgl. BVerfGE 9, S. 89 (95); so auch KG Berlin, NJW 1954, S. 1410; zu dem Begriff des Traditionsvorbehalts siehe auch Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S.l79ff u. Schäfer, Drittinteressen im Zivilprozeß, S. 13f. 88 BVerfGE 9, S. 89 (95). 89 BVerfGE 9, S. 89 (96); 17, S. 356 (361). 90 BVerfG, NJW 1967, S.492f.
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und gegen alle wirke91 , beseitige sie die mit dem bisherigen Status des Kindes verbundenen Rechte des Vaters, vor allem sein durch die Verfassung geschütztes Recht auf Pflege und Erziehung des Kindes (Art. 6 Abs. 2 GG). Aufgrund dieser unmittelbaren Einwirkung des Urteils auf die Rechtsstellung des Vaters sei diesem in dem Verfahren rechtliches Gehör zu gewähren gewesen, denn der in Art. I 03 Abs. I GG verbürgte Anspruch stehe jedem zu, der durch eine gerichtliche Entscheidung in seinen Rechten unmittelbar beeinträchtigt werde. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, daß, sofern das einfache Recht Anhörungspflichten nicht genügend berücksichtige, solche aus Art. I 03 Abs. I GG abzuleiten seien, habe das entscheidende Gericht in diesem Fall dem Vater zumindest durch Übersendung der Klage und Ladung zur mündlichen Verhandlung Gelegenheit zur förmlichen Beteiligung am Verfahren geben müssen. Diese Sichtweise bestätigte das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1982 im Rahmen einer weiteren Verfassungsbeschwerde92 • In diesem Verfahren hoben die Richter ein untergerichtliches Urteil auf, mit dem eine GmbH aufgelöst wurde, weil das Prozeßgericht den einzigen Mitgesellschafter der Gesellschaft (den Beschwerdeführer) von der durch den geschäftsführenden anderen Gesellschafter erhobenen Klage zur Auflösung der GmbH nicht in Kenntnis gesetzt hatte93 • Das Bundesverfassungsgericht wiederholte dabei zunächst die Wendung aus der vorgenannten Entscheidung, daß der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs demjenigen zustehe, der durch die gerichtliche Entscheidung unmittelbar in seinen Rechten beeinträchtigt werde. Darüber hinaus heißt es in dem Beschluß ergänzend, dies könne außer den förmlich an dem Prozeß Beteiligten auch derjenige sein, demgegenüber die richterliche Entscheidung materiell-rechtlich wirke. Da nun das Auflösungsurteil (als Gestaltungsurteil)94 rechtsaufhebende Wirkung entfalte, greife es unmittelbar in die rechtliche Stellung der Mitgesellschafter ein. Wahrend das Bundesverfassungsgericht in seiner ersten Entscheidung zu dieser Problematik noch die besondere verfassungsrechtliche Situation des in seiner Rechtsstellung tangierten Vaters betonte, stellten die Richter in diesem Beschwerdeverfahren klar, daß auch dem in "nur" einfachen Rechten Drittbetroffenen der Schutz des Art. 103 Abs. I GG zustehe95 • Des weiteren betonten die Richter, daß möglicherweise etwas anderes zu gelten habe, wenn der Kreis der in Frage stehenden Personen nicht ersichtlich oder überschaubar sei oder wenn so viele Beteiligte gehört werden müßten, daß die Rechtspftege nicht mehr funktionieren könnte.
91 Die materielle Rechtskraft der Entscheidung wirkt gemäß § 640 h ZPO (vormals § 643 S. 1 ZPO) erga omnes. 92 BVerfG, NJW 1982, S. 1635f. 93 Vgl. dazu auch Joost, ZGR 1984, S. 71 ff. 94 Einschub des Verfassers. 95 Vgl. auch Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 127.
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
(2) Die herrschende Lehre
Auch nach ganz h. M. im Schrifttum beschränkt sich der personelle Schutzbereich des Art. 103 Abs. 1 GG nicht auf diejenigen Personen, die an einem anhängigen Verfahren bereits formell beteiligt sind. Anspruchsberechtigt im Rahmen der Vorschrift können danach vielmehr auch solche Personen sein, die von den Wirkungen eines zwischen anderen geführten Rechtsstreits betroffen werden96• Einigkeit besteht dabei zunächst darüber, daß die Wendung ,Jedermann" in Art. 103 Abs. 1 GG allerdings nicht wörtlich zu verstehen ist, denn eine Art Popularanhörungsrecht sollte durch die Norm nicht geschaffen werden97 • Abgesehen davon werden jedoch eine ganze Reihe von Positionen dazu vertreten, wer im Zivilprozeß neben den formell Beteiligten Träger des Gehörsanspruchs ist98 • So wird teilweise das von dem Bundesverfassungsgericht verwandte Kriterium der Unmittelbarkeit der Rechtsbeeinträchtigung übemommen99 • Zeuner100 und Grunsky 101 stellen dagegen beispielsweise darauf ab, ob der Dritte in einer Art "eigenen Zuständigkeit" an dem Verfahren beteiligt ist. Schlosser102, der sich mit dieser Problematik sehr eingehend befaßt hat, meint wiederum, der Kreis der Anhörungsberechtigten sei zunächst recht weit zu ziehen. Danach sei erst einmal jeder, der durch die gerichtliche Entscheidung in seinen materiellen Rechten betroffen sei, Träger des Gehörsanspruchs. Im Wege teleologischer Reduktion sei die Vorschrift des Art. 103 Abs. 1 GG dann einzuschränken, wenn der Teilnehmerkreis nicht überschaubar oder typischerweise unüberschaubar und dies im Interesse des Funktionierens der Rechtspflege unerläßlich sei 103 • Der hier bestehende Meinungsstreit soll vorliegend nicht vertieft werden. Dies würde einerseits dem gewollten Umfang der Untersuchung nicht gerecht; anderer96 Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art.l03 Abs.1, Rn. 38ff; Degenhardt in: Sachs, Grundgesetz, Art.103, Rn. 7; insbesondere in Fn.54; Rüping in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art.103 Abs. 1, Rn. 76ff; Leipold in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, vor § 128 B II, Rn. 26ff; Thomas!Putzo, Zivilprozeßordnung, Ein! I, Rn. 11; Schlosser, JZ 1967, S.431 (432); F. Baur, AcP 153 (1954), S.393 (407); Marotzke, ZZP 100 (1987), S.164 (165); K. Schmidt, JuS 1986, S. 35 (40t); Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 124ff; Calavros, Urteilswirkungen zu Lasten Dritter, S. 21 ff; Schäfer, Drittinteressen im Zivilprozeß, S. 17, 31; Schultes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 127 ff m. w. N.; Zeuner, Rechtliches Gehör, materielles Recht und Urtei1swirkungen, S. 12ff; Rosenberg!Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, S.456; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S.187. 97 Vgl. Bettermann, JZ 1962, S. 675 (676). 98 Siehe dazu ausführlich bei Schuftes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 127ff. 99 Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art.l03 Abs.1, Rn.41; Rüping in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art.l03 Abs.1, Rn. 76ff. 100 Zeuner, Rechtliches Gehör, materielles Recht und Urteilswirkungen, S. 17 ff. 10 1 Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 230ff. 102 Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 172 ff; ders., JZ 1967, S. 431 ff. 103 Im Ergebnis ebenso Schäfer, Drittinteressen im Zivilprozeß, S. 28ff; ähnlich Schuftes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S.137ff.
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seits stellt sich auch der zu erwartende Erkenntnisgewinn einer umfassenden Betrachtung der verschiedenen Auffassungen als gering dar, denn die erwogenen Lösungsansätze befassen sich im wesentlichen mit den Besonderheiten zivilrechtlicher Fallsituationen104• Im Verwaltungsprozeß ist hingegen die Frage, wessen Rechte von der gerichtlichen Entscheidung verändert werden können, wie noch zu zeigen sein wird, eine leichter lösbare, denn dort gibt es zunächst im Regelfall keine Rechtskrafterstreckung auf Dritte; außerdem stellt sich das Problem, wer genau von der Gestaltungswirkung einer gerichtlichen Entscheidung in Schützenswertern Maße erfaßt wird, kaum, da es im Normalfall um die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit konkretem Adressaten geht105• Da auch der Gerichtshof vorwiegend verwaltungsdenn zivilgerichtliche Tätigkeiten ausübt ist, dürfte einer eingehenderen Befassung mit den Schutzberechtigten im Zivilprozeß somit wenig Bedeutung zukommen. Sicher ist allerdings, daß sich die Suche nach dem Kreis derjenigen Betroffenen, denen der Anspruch auf Gehör zusteht, innerhalb der Personen bewegt, die im Falle ihres Beitritts streitgenössischer Nebenintervenient werden 106• Derjenige nämlich, der nur beitritt, weil er eine faktische Präjudizwirkung des Urteils fürchtet, würde ohne seine Verfahrensbeteiligung nicht in verfassungsrechtlich relevantem Ausmaß von den Wirkungen des Urteils erfaßt107• Denn die Betroffenheit in lediglich faktischer Hinsicht und die faktische Präjudizwirkung des Richterspruchs überschreiten allgemeiner Ansicht nach die Schwelle zum Eingriff in die Rechtsposition des Dritten nicht und dessen Gehörsanspruch wird infolgedessen nicht ausgelöstiOs. Da über das Recht des Dritten erst in einem sich anschließenden zweiten Prozeß entschieden wird, kann dieser in dem dortigen Verfahren seinen Gehörsanspruch geltend machen. Sofern er der Auffassung ist, der Richter des ersten Prozesses habe sein rechtliches Interesse falsch beurteilt, steht ihm immerhin die Möglichkeit offen, in dem Zweitprozeß eine gegenteilige Entscheidung zu erreichen. Stober spricht in diesem Zusammenhang zudem von der andernfalls gegebenen Gefahr einer Schutzbereichsüberdehnung der Vorschrift 109• Das Bundesverfassungsgericht entschied in den beschriebenen Beschwerdeverfahren wie angeführt, daß der Schutz des Dritten zu verwirklichen sei, indem das Prozeßgericht ihn unter Mitteilung der Klage zu dem Termin zur mündlichen VerVgl. dazu wiederum bei Schultes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 128 ff. ws Näheres dazu unter A. II. 106 Siehe hierzu auch Leipold in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, vor§ 128 B II, Rn. 26a. 107 Dies ist selbstredend anders im Falle der Streitverkündung, dort erfährt der Dritte aber ja von der Anhängigkeit des Rechtsstreits durch eben diese. 108 Vgl. Schiileen in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 66, Rn. 1 (Fn. 3); M. Wolf, JZ 1971, S.405 (Fn.4); Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 187; überzeugend zur mangelnden Eingriffsqualität der faktischen Betroffenheit und Präjudiziabilität außerdem Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 38, 82ff m.w.N. 109 Stober in: Erichsen/Hoppe/v. Mutius, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Festschrift für Christian Friedrich Menger, S.401 (418). 104
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handJung zu laden habe, um ihm so Gelegenheit zur förmlichen Verfahrensbeteiligung zu geben. In der zweiten hierzu ergangenen Entscheidung geschah dies zudem unter Hinweis auf die Vorschriften über die notwendige Beiladung in den verwaltungsgerichtlichen Prozeßordnungen (§ 65 Abs. 2 VwGO, § 75 Abs. 2 SGO, § 60 Abs. 3 FG0) 110• Danach hat das Gericht Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann; der beigeladene Dritte wird damit automatisch Verfahrensbeteiligter. Eine analoge Anwendung dieses Rechtsinstituts erwogen die Verfassungsrichter gleichwohl nicht 111 • Ein Teil der Lehre hält das Institut der notwendigen Beiladung dennoch für im Zivilprozeß entsprechend anwendbar112• Hiergegen bestehen indes Bedenken. Mit der Beiladung des Dritten wird diesem die Stellung eines Prozeßbeteiligten übergestülpt Im Zivilprozeß entscheiden die Rechtssubjekte hingegen selbst über ihre Prozeßbeteiligung113 • Etwas anderes gilt auch nicht im Rahmen der schon genannten Norm des §640e ZPO, denn auch hier obliegt dem benachrichtigten Dritten selbst die Entscheidung, ob er dem Verfahren beitreten will. Näher liegt insofern die im Schrifttum gleichfalls erwogene analoge Anwendung dieser Vorschrift 114• Auch die Terminsladung des§ 640e ZPO wird dabei verschiedentlich als Beiladung bezeichnet. Da diese aber, wie soeben erwähnt, im Gegensatz zur verwaltungsprozessualen Beiladung nicht zur automatischen Erlangung der Stellung eines Prozeßbeteiligten führt, erscheint der Begriff Zuladung hier passender115.
Näheres zur notwendigen Beiladung alsbald unter A. II. 2. b). Vgl. dazu auch Marotzke, ZZP 100 (1987), S.164 (170). 112 Grundlegend Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 212ff; ders., JZ 1967, S. 431 (435); Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 103 Abs. I, Rn. 43; Dimaras, Anspruch "Dritter" auf Verfahrensbeteiligung, S. 92; wohl auch Schäfer, Drittinteressen im Zivilprozeß. S.46ff. 113 Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 189; Schuftes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 109ff. 114 So auch Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 230; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 190; Leipold in: Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, vor § 128 B II, Rn. 29. Früher wurde gelegentlich vorgeschlagen, den Gehörsanspruch des Dritten über eine Relativierung der ihn eigentlich treffenden Urteilswirkungen auf die Parteien des Ausgangsrechtsstreits zu verwirklichen; so insbesondere Brox, FamRZ 1963, S. 392 ff; Grunsky, FamRZ 1966, S. 639 ff; dagegen zutreffend Schuftes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 103 ff. 115 So Schult es, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 110m. w. N. Auch das Spedetitionsrecht kennt den Begriff der Zuladung; diese hat mit der hier gemeinten natürlich nichts zu tun. 110
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cc) Die von Lerche begründete Sichtweise Eine auf Lerche zurückgehende Literaturauffassung lehnt dieses zuvor beschriebene, materielle Verständnis des Art. 103 Abs. 1 GG ab 116• Die Frage des Schutzes Dritter gegen die Wirkungen eines zwischen anderen geführten Prozesses sei nämlich in Wirklichkeit keine solche der Gehörsgewährung in einem laufenden Verfahren, sondern vielmehr dahingehend zu stellen, ob der Gesetzgeber gehalten sei, die betroffenen Außenstehenden in den Status der verfahrensmäßig Beteiligten hineinzuheben, um ihnen dann die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern 117 • Der Ansatzpunkt der Fragestellung liege insofern eine Stufe davor, und es gehe nicht um die Ausgestaltung eines laufenden Verfahrens, sondern darum, für den Dritten den Rechtsweg gegen die ihn treffende Entscheidung zu eröffnen, mithin um Art. 19 Abs. 4 GG 118• Dann sei es aber Sache des Gesetzgebers, auf welche Art und Weise er dem Dritten helfe 119• Dies könne beispielsweise durch Beiladung, aber auch etwa durch die Einführung eines völlig neuen, mit der schon bekannten Drittwiderspruchsklage vergleichbaren, nachträglichen Rechtsbehelfs erfolgen120• Nur solange der Gesetzgeber ein eigenständiges Rechtsschutzinstitut nicht bereitstelle, sei eine Beteiligung an dem laufenden Verfahren von Verfassungs wegen erforderlich 121 • Die vorangegangen Ausführungen legen den Schluß nahe, daß nach Ansicht der Vertreter dieser Sichtweise Dritte gegen sie belastende Urteilswirkungen zwar verfassungsrechtlichen Schutz genießen, dem Schutzanspruch jedoch immer bereits dann Genüge getan ist, wenn dem Dritten die Möglichkeit eingeräumt wird, gegen den seine Rechte beeinträchtigenden Richterspruch nachträglich, d. h. repressiv vorzugehen. Ein subjektives Recht des Dritten, seine Rechtsposition in jedem Falle schon präventiv in dem ersten Verfahren zu verteidigen, bestünde demnach- im Gegensatz zu der Ansicht der Verfechter einer weiten Deutung des Art. 103 Abs. 1 GG - nicht. Man kann sagen, der Gehörsanspruch Drittbetroffener wäre damit repressiv in der Verfassung verankert 122• Hierfür spricht auch, daß Art. 19 Abs. 4 GG 116 Lerche, ZZP 78 (1965), S. 1 (22ft); ebenso M. Wolf, JZ 1971, S.405 (406); Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 93 ff; Mauder, Der Anspruch auf rechtliches Gehör, seine Stellung im System der Grundrechte und seine Auswirkung auf die Abgrenzungsproblematik zwischen Verfassungsund Fachgerichtsbarkeit, S. 23 ff; Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S. 153 f; Koussoulis, Beiträge zur modernen Rechtskraftlehre, S.147 f; ähnlich Dimaras, Anspruch "Dritter" auf Verfahrensbeteiligung, S. 13. 117 Lerche, ZZP 78 (1965), S.l (23). 11s Lerche, ZZP 78 (1965), S. I (23). 119 Lerche, ZZP 78 (1965), S. I (23f); vgl. auch Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 94. 12o Lerche, ZZP 78 (1965), S.I (23). 121 M. Wolf, JZ 1971, S.405 (406). 122 Dazu insbesondere Calavros, Urteilswirkungen zu Lasten Dritter, S.l68; siehe zu dieser Unterscheidung zudem auch Ballon, ZZP I 0 I (1988), S.413 (415); Rechberger!Oberhammer, ZZP 106 (1993), S. 347 (352 f).
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anders als Art. 103 Abs. 1 GG auch in sonstigen Fällen überwiegend repressiven Rechtsschutz gewährt; vorbeugender Rechtsschutz wird hier im allgemeinen nur im Ausnahmefall als zulässig angesehen 123 . Gleichwohl sind die Anhänger der hier geschilderten Betrachtungsweise im Ergebnis zumeist anderer Auffassung 124. So heißt es zunächst bei M. Wolf1 25 , dem Schutzzweck des Art. 19 Abs. 4 GG könne auch durch die bloße Beteiligung am anhängigen Verfahren genügt sein. Auch Lerche126 äußert sich dahingehend, daß dem Dritten jedenfalls dann vorkehrender Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen sei, wenn ein nachträgliches Vorgehen für ihn zu spät käme. Stettner meint zudem, wenn feststehe, daß Rechte des Dritten unmittelbar und notwendigerweise den Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung bildeten, müsse diesem schon in dem laufenden Verfahren Gelegenheit gegeben werden, sich zu äußem127. Damit stellt sich also auch nach Ansicht der Befürworter des Art. 19 Abs. 4 GG der Rechtsschutz Drittbetroffener inhaltlich im wesentlichen doch als ein vorbeugender dari2s. Leitet man die Verpflichtung zur Drittbeteiligung aus Art. 19 Abs. 4 GG ab, so bedeutet dies allerdings, unter dem Begriff der "öffentlichen Gewalt" im Sinne dieser Norm auch Akte der Judikative zu verstehen129. Dem wird von der vorgenannten Meinung berechtigterweise entgegen gehalten, daß Art. 19 Abs. 4 GG jedoch auf Rechtsbeeinträchtigungen durch die rechtsprechende Gewalt keine Anwendung finden kann, denn Folge hiervon wäre, daß gerichtliche Entscheidungen, ohne in Rechtskraft zu erwachsen, immer wieder angefochten werden könnten 130. Durch die Norm würde damit gewissermaßen eine Art "Mobilisierung der Rechtsprechung ge123 Dazu Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 19, Rn. 273 ff. Zum präventiven Charakter des Art. 103 Abs. I GG vgl. BVerfGE 9, S. 89 (96); 57, S. 346 (359); 65, S. 227 (233); Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. l03 Abs. 1, Rn. 92 f; Calavros, Urteilswirkungen zu Lasten Dritter, S. 27. 124 Statt aller Koussoulis, Beiträge zur modernen Rechtskraftlehre, S.l48. 12s M. Wolf, JZ 1971, S.405 (406). 126 Lerche, ZZP78 (1965), S.1 (24); vgl. auch Mauder, Der Anspruch aufrechtliches Gehör, seine Stellung im System der Grundrechte und seine Auswirkung auf die Abgrenzungsproblematik zwischen Verfassungs- und Fachgerichtsbarkeit, S. 24. 127 Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 99. 128 Vgl. dazu auch Calavros, Urteilswirkungen zu Lasten Dritter, S. 27; Dimaras, Anspruch "Dritter" aufVerfahrensbeteiligung, S.12ff; Mauder, Der Anspruch aufrechtliches Gehör, seine Stellung im System der Grundrechte und seine Auswirkung auf die Abgrenzungsproblematik zwischen Verfassungs- und Fachgerichtsbarkeit, S. 24. 129 Vgl. nur Lerche, ZZP 78 (1965), S.l (24). 130 Dazu ausführlich BVerfGE 15, S. 275 (280); 49, S. 329 (340); 65, S. 76 (90); Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 19 Abs. 4, Rn. 96; Jarass!Pieroth, Grundgesetz, Art. 19, Rn. 26; Pieroth!Schlink, Grundrechte, Rn. 1009; lpsen, Staatsrecht II, Rn. 832; Siekmann/Duttge, Staatsrecht 1: Grundrechte, Rn. 674; Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 173; Schultes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 26 ff; Schäfer, Drittinteressen im Zivilprozeß, S. 16; Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß S.128; ähnlich Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 28 ff.
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gendie Rechtsprechung erreicht" 131 • Vor diesem Hintergrund fragt sich Calavros 132 wohl nicht zu Unrecht, ob nicht, da sich beide Lösungsansätze im Ergebnis kaum unterscheiden, der Weg über Art. 103 Abs. 1 GG einfach der bessere sei, vermeidet ein weites Verständnis dieser Vorschrift doch das soeben beschriebene Problem. Die Frage nach der normativen Grundlage des Schutzes Drittbetroffener bedarf jedoch letztlich keiner Entscheidung. Bedeutsam ist es hingegen festzuhalten, daß der grundgesetzlich verankerte Schutz Dritter gegen sie treffende Urteilswirkungen im wesentlichen präventiv ist. Das folgende Kapitel wird zeigen, daß auch im französischen Recht Dritte gegen sie belastende Urteilswirkungen geschützt werden. Im Gegensatz zum deutschen Recht ist der Gehörsanspruch dort allerdings repressiver Natur133 • Inwieweit Dritte auch im Gemeinschaftsrecht gegen etwaige Urteilswirkungen zu ihren Lasten durch Gehörsanspruch geschützt werden, soll im 4. Kapitel näher untersucht werden134.
2. Die Streitverkündung Ist eine Partei eines Rechtsstreits der Auffassung, daß sie im Falle des ihr ungünstigen Ausgangs des Prozesses gegen einen Dritten einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung erheben kann, oder besorgt die Partei einen Anspruch eines Dritten für diesen Fall, so kann sie bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden, § 72 Abs. 1 ZPO. Hierfür reicht die verkündende Partei bei dem Gericht gemäß § 73 S. 1 ZPO einen Schriftsatz ein, der den Grund der Streitverkündung und die Lage des Rechtsstreits angibt. Das Gericht stellt den Schriftsatz daraufhin an den Dritten zu, womit die Streitverkündung wirksam wird, § 73 S. 2 ZPO. Konsequenz der Streitverkündung ist gemäß § 74 Abs. 3 ZPO die Auslösung der schon aus den obigen Ausführungen bekannten Interventionswirkung des § 68 ZPO zwischen Streitverkünder und Streitverkündungsempfänger in einem etwaigen zwischen diesen geführten Folgeprozeß. Tritt der Empfänger der Streitverkündungsschrift dem Rechtsstreit als Nebenintervenient auf Seiten des Streitverkünders bei 135 , ergibt sich diese schon unmittelbar aus § 68 ZPO, mit der Maßgabe allerdings, daß es nach § 74 Abs. 3 ZPO für die in dem Zweitprozeß nach§ 68 2. Hs. ZPO 131 Vgl. nur BVerfGE 15; S. 275 (280); außerdem Schuttes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 27; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn.1009. 132 Calavros, Urteilswirkungen zu Lasten Dritter, S. 27. 133 Siehe dazu im 3. Kapitel unter A. III. 1. 134 Dazu im 4. Kapitel unter A. II I. 3. c) bb)(2). 135 Das für den Beitritt nach § 66 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse folgt dabei schon aus der Tatsache der Streitverkündung; vgl. nur Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 72, Rn. 3. Dem Streitverkündeten bleibt es dabei unbenommen, auch dem Gegner des Streitverkünders beizutreten, sofern erdaranein (anders begründetes) rechtliches Interesse hat; dazu BGHZ 85, S. 252 (255).
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vortragbaren Einwendungen nicht auf den Zeitpunkt des Beitritts, sondern auf den Zeitpunkt ankommt, ab welchem der Beitritt nach der Streitverkündung möglich war. Auch wenn der Dritte dem Streitverkünder jedoch nicht beitritt, trifft ihn, wenn in dem Erstprozeß die Voraussetzungen der Streitverkündung vorlagen 136, über§ 74 Abs. 3 ZPO trotzdessen die Interventionswirkung des § 68 ZP0 137, und zwar wiederum ab Beitrittsmöglichkeit Anders als die Vorschriften über die Nebenintervention dienen die§§ 72ff ZPO damit im wesentlichen den Interessen des Streitverkünders. Denn diesem wird die Möglichkeit an die Hand gegeben, den Dritten auch ohne dessen Mitwirkung an die Ergebnisse des Erstprozesses zu binden und sich so gegen den späteren Einwand zu schützen, der Rechtsstreit sei mangelhaft geführt oder unrichtig entschieden worden138. Darüber hinaus erhält der Dritte unter Umständen durch die Streitverkündung erstmalig überhaupt Kenntnis von dem anhängigen Prozeß und so auch tatsächlich die Möglichkeit, dem Verfahren beizutreten und den Streitverkünder zu unterstützen139. Auch das Institut der Streitverkündung fördert aus diesen beiden Gründen die Prozeßökonomie und die Rechtssicherheit, zugleich auch die Sachaufklärung140.
II. Verwaltungsprozeß 1. Überblick über die Beiladungsbestimmungen Obwohl nach § 173 VwGO die Vorschriften der ZPO grundsätzlich im Verwaltungsprozeß ergänzende Anwendung finden, sind deren Drittbeteiligungsinstitute allgemeiner Ansicht nach in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten nicht anwendbar141. Die Beteiligung Dritter erfolgt hier nur durch Beiladung gemäß § 65 VwGO. 136 Ob dies der Fall war, wird also erst in dem Folgeprozeß geprüft; vgl. BGH, NJW 1982, S. 281 (282); BGHZ 100, S. 257 (262). Tritt der Dritte bei, bleibt die Frage der Zulässigkeil der Streitverkündung in dem Zweitprozeß gänzlich unbeachtet; in dem Erstprozeß wird sie auf Rüge des Gegners geprüft. 137 Tritt der Streitverkündete dem Gegner des Verkünders bei, trifft ihn die Interventionswirkung dann gegenüber beiden Parteien. 138 Vgl. Hahn, Die gesamten Materialien zur Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetz zu derselben vom 30. Januar 1877, S. 179; Kittner, JuS 1985, S. 703 (704); Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 72, Rn. 1; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 8 f; Schuttes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 50; Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 37. 139 Vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwatd, Zivilprozeßrecht, S. 274; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 8. 140 Schilken in: Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 72, Rn. I; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 8; Schuttes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 50. 141 VGH Kassel, NJW 1965, S. 603; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 2; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 2; Bettermann, ZZP 90 (1977), S. 121 (l23f).
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Rechtstechnisches Mittel dafür ist der Beiladungsbeschluß (§ 65 Abs. 4 VwGO). Im Gegensatz zu den Formen der zivilprozessualen Drittbeteiligung wird der Dritte Verfahrensbeteiligter insofern durch eine Handlung des Gerichts. Nach § 65 Abs. l VwGO kann das Gericht, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag Dritte, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, zu dem Prozeß beiladen (einfache Beiladung). Das Verwaltungsgericht ist gemäß § 65 Abs. 2 VwGO verpflichtet, Dritte beizuladen, wenn diese an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch Ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (notwendige Beiladung). Einen Sonderfall der notwendigen Beiladung regelt dabei allerdings§ 65 Abs. 3 VwGO, wonach der entscheidenden Kammer die Möglichkeit gegeben wird, wenn eine notwendige Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht kommt, nur solche Personen beizuladen, die dies innerhalb einer bestimmten Frist nach der Veröffentlichung eines entsprechenden Beschlusses des Gerichts im Bundesanzeiger und bestimmten Tageszeitungen beantragen; Personen, die erkennbar von der Entscheidung der Richter in besonderem Maße betroffen werden, soll das Gericht dabei gemäß § 65 Abs. 3 S. 8 VwGO gleichwohl auch ohne ihren Antrag beiladen. Folge der Beiladung in beiden ihren Erscheinungsformen ist gemäߧ 121 Nr. 1 VwGO, daß der Dritte an die rechtskräftige Entscheidung gebunden ist. Diese Billdungswirkung ist nach h. M. ausschließlich eine Erstreckung der materiellen Rechtskraft des Urteils auf den Beigeladenen142; wie später noch zu zeigen sein wird, enthält die Vorschrift darüber hinaus jedoch auch eine der zivilprozessualen Interventionswirkung vergleichbare Bindungswirkung 143 • Im Falle des § 65 Abs. 3 VwGO sind gemäߧ 121 Nr. 2 VwGO außerdem auch solche Personen an die Entscheidung gebunden, die einen Beiladungsantrag nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben. Die prozeduralen Möglichkeiten des Beigeladenen sind nach dem Wortlaut des § 66 VwGO abhängig davon, ob ein Fall einfacher Beiladung vorliegt oder der Dritte notwendig Beigeladener ist. So kann der einfach Beigeladene gemäß § 66 S. 1 VwGO nur Anträge stellen und Verfahrenhandlungen vornehmen, die sich innerhalb der Anträge des Klägers und des Beklagten bewegen; der notwendig Beigeladene soll demgegenüber auch zur Stellung abweichender Sachanträge befugt sein, § 66 S. 2 VwGO.
142 Vgl. Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtordnung, § 66, Rn. 8; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 13. 143 Dazu unter A. II. 3. b).
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
2. Die Voraussetzungen und Zwecke beider Beiladungsformen
a) Die einfache Beiladung aa) Voraussetzungen Um beigeladen werden zu können, muß der Dritte durch die gerichtliche Entscheidung in seinen rechtlichen Interessen berührt werden. Der Begriff des rechtlichen Interesses entspricht dem des § 66 ZP0 144. Die Möglichkeit zur Verfahrensbeteiligung Dritter wird insofern vom Gesetz nur dann eingeräumt, wenn die Entscheidung unmittelbar oder mittelbar auf die Rechtsverhältnisse des Dritten einwirken kann. Wirtschaftliche, ideelle und soziale Interessen Dritter145 sind damit also auch aus dem Anwendungsbereich der Beiladung herausgenommen. Außerdem soll nur derjenige beigeladen werden können, dessen eigene rechtliche Interessen durch den Richterspruch berührt werden, d. h. nur derjenige, dessen öffentlich- und auch privatrechtliche146 Rechtssituation durch das Unterliegen eines Beteiligten verbessert, verschlechtert oder aufrechterhalten werden kann 147. Nicht ausreichend ist aufgrund dessen wiederum, daß der Dritte sich in einer lediglich gleichgelagerten Situation befinden mag 148. Unzulässig ist darüber hinaus auch die Beiladung eines Verbandes in einem Verfahren, in dem es nur um rechtliche Interessen seiner Mitglieder geht, nichtjedoch um den Verband als solchen149. Das Tatbestandsmerkmal der "Beteiligung an dem streitigen Rechtsverhältnis" in § 65 Abs. 2 VwGO zeigt, daß allerdings auch der notwendigen Beiladung die Be144 Vgl. nur Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. II und Bork in: Stein/Jonas, Zivilprozeßordnung, §66, Rn.l2. 145 Vgl. BVerwGE 31, S. 233 (235ff); 37, S. 43 (45); VGH Stuttgart, VerwRspr 8, S. 767 (768); VG Freiburg, NJW 1976, S.1765; sehr weitgehend OVG Münster, NJW 1981, S.l469; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 9; Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 11; Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 4, Bier in: Schoch/Schrnidt-Aßmann/Piertzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 11; Lüning, Die Entwicklung des Rechtsinstituts der Beiladung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, S. 140; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 65 m. w. N.; Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 468; Stettner, JA 1982, S. 394 (399); Würtenberger, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 225. 146 Ausführlich dazu Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 70ff; Mußgnug, NVwZ 1988, S. 33; statt aller Schmitt, NJW 1949, S. 611. 147 Vgl. BVerwG, NJW 1982, S. 951 (952); OVG Münster, OVGE 1, S. 21; OVG Münster, NVwZ-RR 1991, S.486; Redeker/v. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 4; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 51 f; Schmitt Glaeser, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 84. 148 Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 5, Rn. 9. 149 BVerwG, Buchholtz 310, § 65, Nr. 83; OVG Münster, DVBI. 1952, S. 84; VGH Kassel, DVBI. 1952, S.472f; VGH Baden-Würtemberg, NVwZ 1986, S. 320; Schunck/De Clerk, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Anm. 2 b; zur abweichenden Rechtslage im Gemeinschaftsrecht vgl. im 4. Kapitel unter A.II.l.c)bb)(4).
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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troffenheit der Rechtssituation des Beizuladenden immanent ist. Dort ist das Verwaltungsgericht jedoch antragsunabhängig zur Beiladung des Dritten verpflichtet, während die Verfahrensbeteiligung Dritter im Rahmen des § 65 Abs. 1 VwGO durch die Wendung ,,kann" hingegen im Ermessen der Richter steht150• Der Dritte selbst, Kläger und Beklagter und sogar ein anderer Beigeladener151 können zwar seine Beiladung beantragen, ein entsprechender Antrag ist hier gleichwohl nur eine Anregung an das Gericht zur Vornahme der Beiladung152• Einfache und notwendige Beiladung lassen sich indes nach dem Grad der rechtlichen Betroffenheit des Dritten voneinander abgrenzen 153. Gemeint sind hiermit die Beziehung des Beizuladenden zum Gegenstand des Verfahrens und die Wirkungen des Urteils 154• Schon im Rahmen der obigen Ausführungen zum Zivilprozeß war ja festgestellt worden, daß Personen, deren Rechte durch das gerichtliche Urteil aufgrund ihrer Einbindung in die Rechtskraft der Entscheidung oder durch die Gestaltungswirkung des Urteils unabhängig von ihrer Verfahrensbeteiligung verändert werden können, grundgesetzlich- sei es nach Art. 103 Abs. 1 GG oder nach Art. 19 Abs. 4 GG- insofern geschützt sind, als daß ihnen die Möglichkeit zukommen muß, ihre Rechtsposition in dem Verfahren zu verteidigen 155 • Die im Ermessen des Gerichts stehende einfache Beiladung kann insofern nur Fälle erfassen, in denen zwar eine Betroffenheit der Rechtssituation des Dritten vorliegt, diese aber wiederum nicht dergestalt ist, daß Rechte des Dritten auch ohne dessen Beiladung von der zu treffenden Entscheidung verändert werden könnten. Die einfache Beiladung muß sich daher auf Konstellationen beschränken, in denen die Beziehung des Dritten zum Gegenstand des Verfahrens eine entferntere ist und die Rechtslage des Dritten durch den anhängigen Prozeß nur in faktischer Hinsicht berührt werden kann 156 • Maßgebend ist also- der Situation der einfachen Nebenintervention vergleichbar -, ob das verwaltungsgerichtliche Urteil eine gewisse tatsächliche Vorgreifliehkeil für eine spätere Entscheidung über die Rechte des Dritten mit sich bringt. Denn in diesem Fall wird der verfassungsrechtliche Beteiligungsanspruch, wie oben schon ausgeführt, nicht aus150 A. A. Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 287 f; dazu noch weiter unten in Fn. 172 dieses Kapitels. 151 Vgl. Benkel, Die Verfahrensbeteiligung Dritter, S.47; Mußgnug, NVwZ 1988, S.33ff. 152 Schmidt in: Eyennann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 25; Bier in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 5; Bettermann, DVBI. 1951, S. 72 (74); zu den sich daraus für die mit der Vorschrift des § 65 Abs. 1 VwGO ergebenden Zwecke noch sogleich. 153 Vgl. auch Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 74; Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S.54ff. 154 Vgl. Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 66. 155 Siehe dazu schon unter A. I. l. b) aa). 156 Vgl. BVerwGE 77, S.102 (106); OVG Münster, NJW 1981, S.1469; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 9; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Rn. 11 ; ausführlich Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 69 mit zahlreichen Nachweisen; ähnlich Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn.ll.
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
gelöst157 • Die "Bertihrung" rechtlicher Interessen in § 65 Abs. 1 VwGO kann danach nur so verstanden werden, daß hiermit lediglich die faktische Bertihrung gemeint ist. Zwei Beispiele mit jeweils privatrechtlichem Interessenbezug mögen an dieser Stelle zur Veranschaulichung solch möglicher Präjudiziabilität im Verwaltungsprozeß dienen 158: Wird der Miteigentümer eines Grundstücks gemäߧ 134 Abs. 1 S. 4 1. Hs. BauGB auf den vollen Erschließungsbeitrag in Anspruch genommen und geht er hiergegen gerichtlich vor159, ändert die Abweisung der Klage an der subjektivrechtlichen Lage der übrigen Miteigentümer nichts. In einem späteren zivilgerichtliehen Ausgleichsrechtsstreit wären diese nicht daran gehindert, zu ihrer Verteidigung ihrerseits die Rechtmäßigkeit des Erschließungsbescheides anzugreifen. Der Zivilrichter wäre an die Entscheidung der Verwaltungsrichter nicht gebunden. Dennoch wäre der zweite Prozeß durch den ersten faktisch in gewissem Maße präjudiziabilisiert, denn mit der Angelegenheit hat sich ja bereits einmal ein Gericht befaßt. Vergleichbar sind Verfahren, in denen neben dem von dem Kläger vor dem Verwaltungsgericht angestrengten Prozeß auch privatrechtliche Schadensersatzanspruche im Raume stehen. So war etwa in einem einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1987 zugrundeliegenden Sachverhaltl 60 den einen Gemüseanbau betreibenden Klägern in weitem Maße das In-Verkehr-Bringen ihrer Erzeugnisse untersagt worden, weil diese von einem in der Nachbarschaft belegenen Pflanzenschutzmittel-Produktionsbetrieb verseucht worden waren. Ohne die Beiladung des Pflanzenschutzmittelherstellers hätte dieser gegen eine von den Gemüsebauern gegen ihn später erhobene Klage ohne weiteres vortragen können, die Untersagungsverfügungen seien rechtswidrig ergangeni61 162. bb) Die mit der Vorschrift des§ 65 Abs. 1 VwGO verfolgten Zwecke Die so beschriebenen Fallsituationen könnten zunächst für die Annahme sprechen, auch die Vorschrift des § 65 Abs. 1 VwGO verfolge wie Nebenintervention und Streitverkündung im wesentlichen Interessen der Beteiligten bzw. des Beizuladenden. So erscheinen in der Tat beispielsweise in dem zweiten soeben geschilderten Fall der etwaige Wunsch einerseits der Gemüsebauern, dem Pflanzenschutzmittelhersteller den Einwand zu nehmen, die Untersagungsverfügungen seien rechtsSiehe dazu schon unter A. I. l. b) bb)(2). Für weitere Beispiele aus der umfangreichen Kasuistik siehe vor allem Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. I 0 ff; Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtordnung, § 65, Rn. 6f; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn.13. 159 Siehe dazu BVerfG, BayVB11995, S. 592. 160 BVerwGE 77, S. I02ff. 161 BVerwGE 77, S. 102 (106). 162 Zu den Bindungswirkungen der richterlichen Entscheidung als Folge der Beiladung im einzelnen noch sogleich unter A. II. 3. 157 158
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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widrig gewesen, als auch derjenige des Pflanzenschutzmittelherstellers, sich gegen eine befürchtete Voreingenommenheit des Zweitrichters zu wehren, nachvollziehbar. Auch der Wortlaut des § 65 Abs. 1 VwGO weist mit der Berührung der rechtlichen Interessen Dritter in diese Richtung, und in der amtlichen Begründung zu § 65 VwGO heißt es u. a., die Beiladung sei das spezifische prozessuale Mittel im Verwaltungsgerichtsprozeß, eine Nichtpartei am Rechtsstreit zu beteiligen, wenn der Streit sie in Mitleidenschaft ziehen könne 163 . Die Zwecke der einfachen Beiladung wären damit also dieselben wie die einfacher Nebenintervention und Streitverkündung164. Dann fragt es sich jedoch, warum der VwGO-Gesetzgeber nicht gleich einfach diese beiden Institute übernahm. Dem entscheidend entgegen steht zudem die in§ 65 Abs. 1 VwGO niedergelegte Berechtigung des Gerichts, den Dritten auch bei Vorliegen eines Antrags nicht an dem Verfahren zu beteiligen 165 . Außerdem kann das Gericht Dritte auch dann zu dem Prozeß beiladen, wenn dies von keinem der Betroffenen begehrt wurde. Wesentlicher Zweck der einfachen Beiladung kann infolgedessen nicht der Schutz von Individualinteressen sein, denn andernfalls hätte der Gesetzgeber eine Verpflichtung des Gerichts zur Beiladung bei Beantragung festschreiben müssenl66, In den Vordergrund der ratio legis rücken damit die beiden weiteren in der Regierungsbegründung angeführten Beiladungszwecke167 . Danach soll die Beteiligung Dritter einerseits, entsprechend der den Verwaltungsprozeß nach § 86 VwGO beherrschenden Untersuchungsmaxime16s, dem Gericht eine bessere Sachaufklärung ermöglichen 169 - die Beiladung wird insofern als Gerichtshilfe verstanden 170 - und 163 BT-Drucksache 3/55, S. 37; dazu auch BVerwGE 77, S.102 (106); OVG Münster, NJW 1981, S. 1469; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 1; Bier in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn.4; Redeker/v. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. I; Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. l; Stober in: Erichsen/Hoppe/v. Mutius, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Festschrift für Christi an Friedrich Menger, S. 401 (406 f); zu den weiteren amtlichen Beiladungszwecken sogleich. 164 So in der Tat Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 287 f. 165 Vgl. Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 75; Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S.92. 166 So nachdrücklich insbesondere die in der vorherigen Fn. Genannten. 167 Siehe dazu wiederum BT-Drucksache 3/55, S. 37. 16 8 Siehe zum Begriff schon in Fn. 75 dieses Kapitels. 169 Dazu auch Stober in: Erichsen/Hoppe/v. Mutius, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Festschrift für Christian Friedrich Menger, S. 401 (407); Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 21 ff m. w. N.; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 184; Redeker/v. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 1; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 5; wohl auch OVG Münster, NJW 1981, S. 1469. 170 Bettermann, DVBI. 1951, S. 72 (74); Bauer, DÖV 1949, S. 189; Stober in: Erichsen/Hoppe/v. Mutius, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Festschrift für Christian Friedrich Menger, S.401 (407).
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
andererseits durch Erstreckung von Bindungswirkungen des Urteils auf diese die Möglichkeit geschaffen werden, größere Streitkomplexe in einer einzigen Entscheidung zu erledigen und so sich widersprechende Entscheidungen zu verhindern171 • Freilich ist auch die Nebenintervention des Zivilprozesses prozeßökonomisch; dadurch, daß dort die Initiative zur Beteiligung den betroffenen Rechtssubjekten selbst überlassen ist, tritt dieser Zweck des Rechtsinstituts gegenüber dem Rechtsschutzzweck indes in den Hintergrund. Nur vereinzelt wurde auch gefordert, die Vorschrift dahingehend zu ändern, daß bei Vorliegen eines Beiladungsantrags eine Verpflichtung des Gerichts zur Beiladung normiert werden solle, um so den Interessen der Betroffenen stärker Rechnung zu tragen172• Dem wurde jedoch entgegengehalten, eine solche Lösung könne in Einzelfällen zu langwierigen und komplizierten Verfahren mit entsprechenden zusätzlichen Kosten führen, welche in keinem Verhältnis mehr zu dem Interesse des Dritten stünden, seine möglicherweise nur entfernt berührten Interessen in dem Prozeß zu verteidigen 173 • Die Beurteilung und Abwägung der Interessen solle daher lieber auch weiterhin dem Gericht überlassen bleiben174•
b) Die notwendige Beiladung aa) Grundlagen Gemäß § 65 Abs. 2 VwGO ist das Verwaltungsgericht dazu verpflichtet, einen Dritten zu dem Prozeß beizuladen, wenn dieser an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt ist, daß die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. 171 So insbesondere auch BVerwGE 65, S. 131 (136); 77, S. 102 (106); VGH Mannheim, NJW 1977, S.1308 (1309); OVG Münster, NJW 1981, S.1469; BayVGH, BayVB11997, S.410 (411 ); Benkel, Die Verfahrensbeteiligung Dritter, S. 71; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S.49 m. w. N.; Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 77 ff; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 6; Stober in: Erichsen/Hoppe/v. Mutius, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Festschrift fUr Christian Friedrich Menger, S.401 (407, 409, 412ff). 172 Lammenett, Nebenintervention Streitverkündung und Beiladung, S. 26 ff. Entgegen aller ist Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 287 f, sogar der Ansicht, es bestünde gar kein Ermessen des Gerichts, die Beiladung eines Dritten auch dann abzulehnen, wenn diese von dem Beizuladenen bzw. den Beteiligten beantragt worden ist. Da die einfache Beiladung eben diejenigen Sachverhalte regeln wolle, für die die ZPO einfache Nebenintervention und Streitverkündung vorsehe, sei die Formulierung ,,kann" lediglich so zu verstehen, daß dem Gericht die Möglichkeit zukomme, die Beiladung auch ohne Antrag anzuordnen; bei Beantragung liege jedoch eine gebundene Entscheidung vor. Hiergegen hat Lammenett, S. 25, allerdings zu Recht eingewandt, daß Grunskys Verständnis der Norm deren unzweideutigem Satzbau widerspricht. Das ,,kann" steht vor den Wendungen "von Amts wegen" und "auf Antrag" und erfaßt insofern zwangsläufig beide Alternativen. 173 Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 93. 174 Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 93.
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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Das Gesetz verknüpft also die Notwendigkeit der Beiladung mit dem Erfordernis einer einheitlichen Entscheidung, dieses wird wiederum von dem Vorhandensein einer bestimmten Form der Beteiligung an dem im Streit befindlichen Rechtsverhältnis abhängig gemacht. Wann konkret allerdings die Beteiligung des Dritten an diesem Rechtsverhältnis eine solche ist, daß sie eine einheitliche Entscheidung erfordert, regelt die Vorschrift selbst nicht175• Diese von Konrad als Fragestellung hohen Abstraktionsgrades bezeichnete Problematik176 hat in Rechtsprechung und Literatur oftmals zu Schwierigkeiten im Umgang mit dem Tatbestand des § 65 Abs. 2 VwGO geführt177. Heute wird zur dogmatischen Erfassung des Bedeutungsgehalts der Norm jedoch deren grundgesetzliche Verwurzelung herausgestellt. Danach ist die Beiladung eines Dritten nur dann notwendig, wenn seine Beteiligung an dem Rechtsstreit von Verfassungs wegen geboten ist, d. h., wenn sich die gerichtliche Entscheidung auch ohne seine Beteiligung auf die Rechtsposition des Dritten regelnd - also nicht nur faktisch - auswirkt und ihm insofern der schon erörterte grundgesetzliche, auf Art. 103 Abs. I GG oder Art. 19 Abs. 4 GG zu stützende Beteiligungsanspruch zusteht178 179• Die hierbei zumeist verwandte Formel lautet, daß die Sachentscheidung dann eine einheitliche sein muß, wenn diese nicht getroffen werden kann, ohne daß dadurch gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Beizuladenden gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen gebracht werden180. In Situationen 175 Siehe Benkel, Die Verfahrensbeteiligung Dritter, S. 92; Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 34; ähnlich Bettermann, DVBI. 1951, S. 72 (73). 176 Konrad, BayVBll982, S.48l (482). 177 Dazu ausführlich Lüning, Die Entwicklung des Rechtsinstituts der Beiladung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, S. 4 ff; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 65 ff; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 85 ff; Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 34ff; vgl. außerdem Konrad, BayVBl 1982, S. 481 (482); Stober in: Erichsen/Hoppe/v. Mutius, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Festschrift für Christian Friedrich Menger, S. 401 (404). 178 Die ganz h. M. sieht die notwendige Beiladung dabei aufgrund des oben beschriebenen materiellen Verständnisses des Art. 103 Abs. I GG als Instrument zur Verwirklichung dieses Grundrechts; vgl. Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art.103 Abs. I, Rn.42; Rüping in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 103, Rn. 76ff; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 24ff; Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 51 ff; Bier in. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 4,7; Bettermann, ZZP 90 (1977), S. 121 (124,125); Marotzke, ZZP 100 (1987), S. 164 (165); K. Schmidt, JuS 1986, S. 35 (40f); Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 194f; ders., JZ 1967, S.431 (432). Befürworter des Art. 19 Abs. 4 GG als verfassungsrechtlicher Grundlage der notwendigen Beiladung sind zunächst die schon in Fn. 116 dieses Kapitels Genannten; außerdem Konrad, BayVBll982, S.481 (482f); Kopp, DVBl. 1980, S.320 (324, Fn.43); Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, S.217; BVerwG, NVwZ-RR 1996, S.299. 179 Trotz der Betonung der verfassungsrechtlichen Verankerung des§ 65 Abs. 2 VwGO werden hieraus, wie sogleich ersichtlich werden wird, für die praktische Anwendung der Bestimmung in den einzelnen Verfahrensarten nicht immer Konsequenzen gezogen. 180 Vgl. Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 8; BVerwGE 18, S. 124ff; 51, S. 268 (275); 80, S. 228ff; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 14; Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 8.
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
faktischer Vorgreifliehkeil kann der Gesetzgeber zwar ebenfalls einen Anspruch auf Verfahrensbeteiligung einräumen, verfassungsrechtlich gehalten ist er hierzu gleichwohl nicht, und, wie die zuvor behandelte ausdrückliche Ermessensregelung des § 65 Abs. 1 VwGO zeigt, hat er dies im Rahmen der verwaltungsprozessualen Drittbeteiligung auch gerade nicht getantst. Charakteristischer Zweck des § 65 Abs. 2 VwGO gegenüber der einfachen Beiladung ist es also, dem Dritten Rechtsschutz zu verschaffen 182 • Zwar hätte hierfür, wie weiter oben zu sehen war, auch die Möglichkeit einer Nebenintervention mit entsprechender Benachrichtigung vom Verfahren genügt; da das Institut der Beiladung aber zugleich auch ein Instrument der Sachaufklärung ist, ist diese Einrichtung für den Verwaltungsprozeß als passender angesehen worden 183• Soweit geltend gemacht wird, auch die notwendige Beiladung verfolge im wesentlichen prozeßökonomische Zwecke, da sie es einerseits erst ermögliche, einem Urteil, das ohne Beteiligung des in seinen Rechten betroffenen Dritten als unwirksam erachtet werden müsse, Wirksamkeit zu verleihen 184 und andererseits der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen vorbeuge, vermengt diese Sichtweise allerdings, wie noch zu zeigen sein wird 18S, zunächst materielle Rechtskraft und Gestaltungswirkung, des weiteren auch einfache und notwendige Beiladung. bb) Die Notwendigkeit der Beiladung in den einzelnen Verfahrensarten Ist die Beiladung damit eine notwendige, wenn durch die gerichtliche Entscheidung Rechte des Dritten auch ohne seine Beiladung verändert werden könnten, so heißt dies also, daß für die Anwendung des § 65 Abs. 2 VwGO grundsätzlich an die spezifischen Wirkungen der Urteile in den jeweiligen Verfahrensarten auf den Dritten anzuknüpfen ist 186• Eine Bindungswirkung des Urteils unabhängig von den klageartspezifischen Urteilswirkungen kommt demgegenüber nur im Rahmen der Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsnachfolger gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 325 ZPO in Betracht187 • Abgesehen hiervon ist die Einbindung in die Rechtskraft der geIn diesem Sinne insbesondere Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 82 ff. So insbesondere Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 27, 94; Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 50; Müller, NJW 1976, S. 460 (Fn. 5); wohl auch Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 7 u. OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB11991, S.241. 183 Vgl. Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 184; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 5, Rn. 3 ff m. w. N. 184 So vor allem BVerwGE 65, S. 131 (136). 185 Siehe dazu noch unter A. II. 2. b) bb)(2) sowie unter B. II. 1. 186 Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 95; Grunsky, FamRZ 1966, S. 642 (643). 187 Ob allerdings der nach dieser Norm an die Entscheidung gebundene Rechtsnachfolger tatsächlich in den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 VwGO fallt, ist streitig; dazu ausführlich Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 5, Rn. 27. 181
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A. Die Formen der Drittbeteiligung
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fichtliehen Entscheidung im Verwaltungsprozeß, wie die Vorschrift des § 121 VwGO belegt, jedoch lediglich Folge, nicht aber Voraussetzung der Drittbeteiligung188.
(1) Anfechtungsklagen Die Entscheidung über ein Recht des Dritten erfolgt im Anfechtungsrechtsstreit allgemeiner Ansicht nach zunächst in Verfahren, in denen von dem Kläger ein an den Dritten gerichteter, diesen begünstigender Verwaltungsakt angefochten wurde, denn wenn die Klage begründet ist, hebt das Verwaltungsgericht den Verwaltungsakt gemäߧ 113 Abs. I S. 1 VwGO auf und gestaltet insofern die Rechtslage neu 189 190. Ficht beispielsweise ein Nachbar die dem Bauherrn erteilte Bauerlaubnis an, so wird diesem bei Erfolg der Klage also eine ihn begünstigende Rechtsposition genommen. Genauso ist die Situation, wenn etwa von einem nicht berücksichtigten Mitbewerber die Vergabe einer Genehmigung an einen Konkurrenten angefochten wird 191 , oderein Unternehmer gegen die seinem Konkurrenten gewährte Subvention oder ein Beamter gegen die Besetzung einer ausgeschriebenen Stelle mit einem Kollegen klagt 192. Schon die Gestaltungswirkung des Urteils führt somit zu einem Rechtsentzug- weil Genehmigungsentzug- des Verwaltungsaktsempfängers. Aufgrund dessen ist seine Beiladung notwendig. Hieran ändert auch die Vorschrift des § 121 Nr. 1 VwGO nichts, nach deren Wortlaut rechtskräftige Urteile nur die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger binden, denn nach einhelliger Auffassung besagt diese Vorschrift nichts über die Gestaltungswirkung193 . Sie kann hierüber auch nichts besagen. Daß nämlich die Gestaltungswirkung im Verwaltungsprozeß immer eine absolute ist, ist einerseits wie grundsätzlich funktionsadäquat, folgt darüber hinaus indes auch aus dem Wortlaut des§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO und war insofern grundsätzlich auch nie streitig 194 . Indem nämlich das Verwaltungsgericht den Verwaltungsakt aufhebt, schafft es diesen aus der Welt. Folge hiervon ist, daß sich niemand mehr auf dessen Existenz berufen kannl95 1%. 188 Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 22; zu der Ausnahme des § 121 Nr. 2 VwGO noch einmal alsbald unter A. II. 3. b). 189 Konrad, BayVB11982, S. 481 (485 ff); Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, §65, Rn.l8f; Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, S.215f. 190 Zum Unterschied zwischen Rechtskraft und Gestaltungswirkung siehe schon in Fn. 12 dieses Kapitels. 191 Vgl. BVerwG, DVBI. 1984, S. 91 (92). 192 Vgl. hierzu auch Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 17; weitere Beispiele ebenda und bei Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, §65, Rn.19. 193 Vgl. nur Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 121, Rn. 16. 194 Vgl. Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 95 f. m. w. N. 195 Nachdrücklich Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 96. 196 Früher wurde zum Teil vertreten, das unter Außerachtlassung der notwendigen Beiladung ergangene Anfechtungsurteil sei gegenüber dem Beizuladenden relativ unwirksam, die Gestaltungswirkung trete also ihm gegenüber nicht ein; siehe hierzu die Nachweise bei Schä5 Nissen
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
Umstritten ist dagegen, inwieweit darüber hinaus ein Fall notwendiger Beiladung auch in der spiegelbildlichen Situation vorliegt, d. h. wenn der Kläger einen an ihn selbst gerichteten Verwaltungsakt anficht, der jedoch inhaltlich einen Dritten begünstigt. Beispielsfälle sind hier etwa der Bauherr, der sich gegen eine ihm erteilte Baugenehmigung wendet, die eine den Nachbarn begünstigende Auflage enthält 197 oder der Betreibereiner emittierenden Anlage, zu dessen Lasten eine nachbarschützende nachträgliche Anordnung ergangen ist, und der diese nun gerichtlich anficht 198 • Zum Teil wird in diesem Zusammenhang vertreten, daß nur derjenige Begünstigte beigeladen werden müsse, der wie der Kläger selbst Adressat des angefochtenen Verwaltungsaktes sei, denn nur in diesem Falle schlage die Drittbezogenheit der Angelegenheit sich auch im Gegenstand der Anfechtungsklage nieder199• Die Adressateneigenschaft sei dabei eine Frage im wesentlichen des Entscheidungstenors200 • Laute dieser beispielsweise dahingehend: "Auf Antrag des ... wird dem ... aufgegeben ...", so sei auch der Dritte, auf dessen Ersuchen hin die angefochtene Entscheidung ergangen war, Adressat dieser Verfügung201 • Diese Auffassung kann indes nicht überzeugen. Sie hat nämlich zur Folge, daß die Frage der Notwendigkeit der Beiladung an die von der Behörde verwandte Formulierung ihrer Entscheidung geknüpft wird. Hieran wird man den Anwendungsbereich des§ 65 Abs. 2 VwGO jedoch schwerlich festmachen können, denn dann würde dessen Festlegung zum Teil auf die verwaltungsbehördliche Ebene vorverlegt. Die von dem einzelnen Verwaltungsbeamten gewählte Tenorierung bestimmte gewissermaßen die gerichtliche Handhabung der Vorschrift. Kennzeichnend für die Notwendigkeit der Beiladung ist weiterhin wie gesehen die Frage, ob die richterliche Entscheidung sich auch ohne Beteiligung des Dritten regelnd auf seine Rechte auswirkt. Dies ist eine Frage der Urteilswirkungen, nicht dagegen des Wortlauts der behördlichen Verfügung. Ist der angefochtene Verwaltungsakt zum Schutze einer bestimmten Person ergangen, so wird dieser bei erfolgreicher Anfechtungsklage ebenso eine materielle Rechtsposition genommen wie dem Empfänger einer aufgehobenen Genehmigung. Inhaltlich besteht hier kein Unterschied. Voraussetzung solcher Vergleichbarkeit ist allerdings, daß die behördliche Entscheidung auch wirklich erkennbar dem Schutz bestimmter Dritter dient und nicht nur im Allgemeininteresse von der Behörde erlassen worden ist. Dies dürfte etwa unproblematisch der Fall sein, wenn der die emissionsbeschränkende Anordnung beantragende Nachbar der einzige weit und breit ist, oder er jedenfalls offenbar der einzige sein kann, der von der Anordnung in irgendeiner Form profif er, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 159. Wie aufgezeigt ist diese Sichtweise jedoch unhaltbar. Sie wird deshalb zu Recht nicht mehr vertreten; vgl. dazu zudem schon in Fn. 114 dieses Kapitels. 197 Dazu BVerwG, DÖV 1974, S.318. 198 Beispiel nach Konrad, BayVBI 1982, S. 481 (488). 199 Konrad, BayVBl 1982, S. 481 (488); Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 20. 200 Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 20. 2o1 Konrad, BayVB11982, S.481 (488).
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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tiert. Ist dem Verwaltungsgericht also ersichtlich, daß durch die Aufhebung des Verwaltungsaktes Dritte in ihren Rechten beeinträchtigt werden, so hat die Kammer diese zu dem Anfechtungsverfahren beizuladen, unabhängig davon, ob dies in dem behördlichen Ausspruch selbst zum Ausdruck kommt2o2. (2) Verpflichtungsklagen
Nach h. M. ist die Beiladung eines Dritten auch dann notwendig, wenn der Kläger die Verpflichtung einer Behörde zum Erlaß eines den Dritten belastenden Verwaltungsaktes begehrt203, so beispielsweise die Beiladung des Nachbarn des Klägers bei einer Klage auf Verurteilung der Bauaufsichtsbehörde zum Erlaß einer gegen den Nachbarn gerichteten Abrißverfügung204• Hiergegen bestehen jedoch Bedenken. Auch das stattgebende Verpflichtungsurteil entfaltet zunächst Gestaltungswirkung, denn durch den stattgebenden Richterspruch wird die ablehnende Entscheidung der Behörde aufgehoben. Mit der Aufhebung geht indes noch keine Belastung des Dritten einher. Diese entsteht vielmehr erst durch den späteren behördlichen Erlaß des begehrten Verwaltungsaktes. Da sich nun aber ohne Beiladung des potentiellen Adressaten der Verfügung die Rechtskraft des Verpflichtungsurteils nicht auf diesen erstreckt20S, kann er in der Folge gegen die gegen ihn ergangene Verfügung die Anfechtungsklage erheben. Das Verpflichtungsurteil führt insofern noch keine endgültige Klärung seiner Rechte herbei, sondern wirkt allenfalls mittelbar auf die Position des Dritten ein206. In diesem Falle ist seine Beiladung allerdings nicht von Verfassungs wegen erforderlich, denn wie gesehen ist es gerade die Verbindlichkeit der Entscheidung für die Rechtsposition des Dritten, die seine Verfahrensbeteiligung zu einem Gebot des Verfassungsrechts macht207 . Bleibt dem Dritten hingegen wie hier 2o2 In diesem Sinne auch Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 292; BVerwG, NVwZ-RR 1990, S. 242 f; VGH Mannheim, NJW 1970, S.2228; wohl auch Redeker/v. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 8; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn.l7. 203 BVerwG, NJW 1993, S. 79; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, S. 570; Würtenberger, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 227; Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S.lOO, (Fn. 163); Benkel, Die Verfahrensbeteiligung Dritter, S. 109; Konrad, BayVBl 1982, S. 517 ff; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 22; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 97 ff; Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 22; Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 16; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 14; wohl auch Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, Rn. 471. 204 Siehe hierzu Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 292; vgl. zudem auch BVerwG, DÖV 1975, S.99. 2os Vgl. dazu noch unter A.II. 3. 206 Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 292. 207 Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 98 ff; Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 69; Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S. 88 f; VGH Mannheim, NJW 1977, S. 1308f.
s•
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
die Möglichkeit, seinen Gehörsanspruch in einem späteren Verfahren geltend zu machen, so wird dieser Anspruch durch die Nichtbeteiligung im Erstprozeß nicht beeinträchtigt. Daß die h. M. hier trotzdem annimmt, der potentielle Adressat der erstrebten Verfügung müsse beigeladen werden, überrascht insofern; nicht zuletzt auch deshalb, weil dieselben Autoren zumeist selbst als Voraussetzung der notwendigen Beiladung einen unmittelbaren Rechtseingriff fordem 208 • Die Notwendigkeit der Beiladung läßt sich des weiterenjedoch auch nicht mit der Rechtskrafterstreckung auf den Dritten als Folge ihrer Vomahme begründen209 • Der Auffassung Biers210 , die Behörde werde ohne Beteiligung des Dritten zu einer "potentiell unmöglichen Leistung" verurteilt, ist dabei zunächst entgegenzuhalten, daß keineswegs sicher sein muß, daß die aufgrund des Verpflichtungsurteils ergangene Verfügung später tatsächlich angefochten wird. So mag es sein, daß der Verfügungsempfänger sich bereit findet, sich dem ihm auferlegten Verhaltensgebot zu beugen, oder daß er es schlicht vergiBt, innerhalb der Monatsfrist des § 70 VwGO gegen den Verwaltungsakt vorzugehen. Sofern der Dritte allerdings gegen den ihn belastenden Akt vorgeht, droht in der Tat eine dem Verpflichtungsurteil gegenüber widersprüchliche Entscheidung. Um dies zu vermeiden, genügt aber bereits, wie Schäfer211 zutreffend bemerkt hat, die einfache Beiladung.
(3) Feststellungs- und allgemeine Leistungsklagen Wie das Verpflichtungsurteil entfaltet auch das Feststellungsurteil Wirksamkeit lediglich inter partes. Nur die Beteiligten des Rechtsstreits sind durch die materielle Rechtskraft an die Feststellungswirkung der Entscheidung gebunden212 • Eine Rechtskrafterstreckung auf unbeteiligte Dritte kennt der Verwaltungsgerichtsprozeß wie schon gesagt im Regelfall nicht. Insbesondere von denjenigen, die im Rahmen der Verpflichtungsklage die Notwendigkeit der Beiladung eines Dritten mit seiner Einbindung in die Rechtskraft der Entscheidung begründen wollen, wird gleichwohl auch bei Feststellungsklagen der Tatbestand des § 65 Abs. 2 VwGO für anwendbar gehalten, wenn ein Dritter an dem Rechtsverhältnis, um dessen Feststellung gestritten wird, unmittelbar beteiligt sei. Andernfalls stehe das Feststellungsurteil unter dem Vorbehalt, daß in einem späteren Prozeß eine abweichende Ent208 So insbesondere von den schon in Fn. 203 dieses Kapitels Genannten Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 8; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn.14. 209 So aber Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 22; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 97 ff; ähnlich Konrad, BayVBI 1982, S. 517; dazu auch Bettermann, MDR 1967, S. 951 (952). 210 Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 22. 211 Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 70. 212 Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 100; Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 79.
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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scheidung ergehe213 • Hiergegen ist jedoch soeben bereits eingewandt worden, daß nur Gesichtspunkte der Prozeßökonomie die Beiladung nicht zu einer notwendigen machen können. Gleiches gilt für die allgemeine Leistungsklage. Auch hier ist die h. M. indes anderer Auffassung214 • So wurde von dem Bundesverwaltungsgericht in einem Fall, in dem der Kläger die Verurteilung des Beklagten begehrte, die Auszahlung einer Entschädigung an einen Dritten zu unterlassen, dieser Dritte als notwendig beizuladend erachtet215 • Die obige Argumentation greift jedoch in dieser Konstellation genauso wie in den Fällen der Drittverpflichtung: Wird der potentielle Empfanger der Geldleistung an dem Verfahren nicht beteiligt, so kann er gegebenenfalls weiterhin auf Auszahlung des beanspruchten Betrages klagen, ohne daß das Zweitgericht an die Entscheidung in dem ersten Prozeß gebunden wäre. Eine Entscheidung über seine Rechte erfolgt in dem ersten Verfahren nicht216 • Um einen zweiten Rechtsstreit zu verhindern, genügt die einfache Beiladung. cc) Die notwendige Beiladung in Massenverfahren gemäß § 65 Abs. 3 VwGO Seit dem Jahre 1991 besteht für das Gericht gemäß § 65 Abs. 3 S. 1 VwGO die Möglichkeit, wenn eine notwendige Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht kommt, durch Beschluß anzuordnen, daß nur solche Personen beizuladen sind, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß muß im Bundesanzeiger sowie in Tageszeitungen, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird, veröffentlicht werden (§ 65 Abs. 3 S. 2, 3 VwGO). Die Frist zur Antragstellung nach Veröffentlichung des Beschlusses im Bundesanzeiger darf dabei nicht kürzer bemessen sein als drei Monate (§ 65 Abs. 3 S. 5 VwGO). Nach Fristablauf gilt der Anspruch auf Beiladung als präkludiert217; über die Vorschrift des§ 121 Nr. 2 VwGO werden dennoch auch Personen, die ihre Beiladung nicht beantragt haben, an das Urteil gebunden. Als Ausnahme zu § 65 Abs. 3 S. I VwGO soll das Gericht gemäß § 65 Abs. 3 S. 8 VwGO Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen sind, jedoch auch ohne deren Antrag beiladen. 213 So vor allem Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 22; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 97ff; im Ergebnis überraschenderweise auch Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 100, obwohl dieser im Rahmen der Verpflichtungsklage die notwendige Beiladung verneint. 214 Siehe etwa Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 26; Konrad, BayVBl 1982, S. 517 (520); Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 97 ff. 21 s BVerwGE 16, S. 23ff. 216 So auch Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 79. 217 Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 34; Redeker/v. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 27.
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
Gegen die bislang in der Rechtsprechung ohne Bedeutung gebliebene218 Sonderregelung des§ 65 Abs. 3 S. 1 VwGO sind in der Literatur Bedenken geltend gemacht worden. So wurde von Kopp die Ansicht geäußert, es müsse bezweifelt werden, ob die Norm mit dem verfassungsrechtlichen Gebot, diejenigen, deren Rechte von der gerichtlichen Entscheidung betroffen seien, an dem Verfahren zu beteiligen, in Einklang stehe. Da die Erwartung, daß die Adressaten der Veröffentlichung von dieser tatsächlich Kenntnis erlangten, im allgemeinen unrealistisch und wenig mehr als eine Fiktion sei, bestehe hier die Gefahr einer unzulässigen Objektbehandlung219. Aufgrund der Existenz des § 65 Abs. 3 S. 8 VwGO hat diese Kritik an der Beiladungspräkludierung allerdings recht wenig Echo erzeugt220. So soll nämlich trotz des dahingehenden Wortlauts das Erfordernis der "Betroffenheit in besonderem Maße" nicht zu höheren Anforderungen an den Betroffenheitsgrad des Dritten als im Normalfall der notwendigen Beiladung führen; da bereits dort, wie gesehen, der grundgesetzliche Gehörsanspruch des Beizuladenden ausgelöst wird, könne im Rahmen des § 65 Abs. 3 VwGO nichts anderes gelten221 . Auch nach Auffassung des Gesetzgebers sind als Personen, die von der Entscheidung in besonderem Maße betroffen sind, in erster Linie diejenigen zu verstehen, die zu dem herkömmlichen Kreis der notwendig Beizuladenden zählen222. Lege man die Vorschrift nun, trotz ihrer Formulierung als lediglich eine intendierte Ermessensentscheidung, vor dem Hintergrund des Gehörsanspruchs derartig Betroffener als gebundene Entscheidung aus223, sei das Beteiligungsrecht zumindest aller erkennbar notwendig Beizuladenden in jedem Falle gewahrt. Ob der Norm darüber hinaus noch ein großer Anwendungsbereich für unerkennbar notwendig Beizuladende zukommt, wird für kaum wahrscheinlich gehalten224.
218 Vgl. hierzu nur Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 34, wo es heißt: "Angesichts der Tatsache, daß auch zu dieser Vorschrift keine gerichtlichen Entscheidungen bekanntgeworden sind, und daß sie offensichtlich in der Praxis der Verwaltungsgerichte keine Rolle spielt, wird auf eine erläuternde Darstellung verzichtet." 219 Kopp, DVBI. 1980, S. 320 (325), zum Vorläufer des jetzigen§ 65 Abs. 3 VwGO in§ 68 Abs. 4 VwPO-Entwurf; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 26; dahingehend auch Schmieszek, NVwZ 1991, S. 522 (524). 220 Zu dem diesbezüglich im Gemeinschaftsrecht bestehenden Problem siehe im 4. Kapitel unterB. 221 Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 32; Bier in: Schoch/SchmidtAßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 36; wohl auch Meyer-Ladewig, NVwZ 1982, S. 349 (351 ), ebenfalls zum Vorläufer des § 65 Abs. 3 VwGO. 222 BT-Drucksache 10/3437, S.97. 223 Nachdrücklich Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 36, der von einer "strikten Bindung" spricht; Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 27. 224 Vgl. Kopp, DVBI. 1980, S. 320 (325); Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 34.
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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3. Die Rechtswirkungen der Beiladung
a) Der Beigeladene als verfahrensbeteiligter Dritter Der Beigeladene wird durch den Beiladungsbeschluß automatisch Beteiligter des Rechtsstreits (§ 63 Nr. 3 VwGO). Nicht erforderlich ist insofern etwa, daß der Dritte seine Beiladung "annimmt"225 . Auch wenn er völlig untätig bleibt, so ändert dies an seiner Beteiligtenstellung doch nichts. Die im folgenden besprochenen, aus dieser Beteiligtenstellung resultierenden Bindungswirkungen des Urteils treffen ihn somit unabhängig von seinem Verhalten226. Der Beigeladene oder Kläger und Beklagter können sich gegen die Beiladung auch nicht wehren, denn der Beiladungsbeschluß ist gemäß § 65 Abs. 4 S. 3 VwGO unanfechtbar227 . Wie der Nebenintervenient wird allerdings auch der Beigeladene allgemeiner Ansicht nach nicht Prozeßpartei228, denn er hat weder selbst Klage erhoben noch ist er verklagt worden229 230. Auch er ist infolgedessen Dritter in einem fremden Verfahren231 . Dies gilt sowohl für den einfach wie für den notwendig Beigeladenen232 m .
b) Die Bindungswirkungen der Entscheidung Als Beteiligter ist der Beigeladene nach dem Wortlaut des§ 121 Nr. 1 VwGO an das rechtskräftige Urteil gebunden. Rechtsfolge der Verfahrensbeteiligung des Dritten ist es mithin nach dem Willen des Gesetzes, daß Bindungswirkungen des Richterspruchs auf den Beigeladenen erstreckt werden. Nicht ausdrücklich gesagt ist dabei indes, welcher Art diese Einbindung in die gerichtliche Entscheidung sein m Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 289.
226 Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 121, Rn. 40; Kopp/Schenke, Ver-
waltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 12. 227 Gegen den die beantragte Beiladung ablehnenden Beschluß kann hingegen Beschwerde gemäß §§ 146 ff V wGO eingelegt werden. 228 Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S. 97 ff; Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 42; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S.l20, 145; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 50; Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 3; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 1; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 289; Bettermann, DVBI. 1951, S.39 (40). 229 Siehe hierzu bereits unter A.l. l. a) cc) ( l ). 230 An vielen Stellen spricht die VwGO indes auch von Kläger und Beklagtem nicht als Parteien, sondern ebenfalls nur als Beteiligten, so etwa in §66 VwGO; andersjedoch z.B. in§ 162 Abs.3 VwGO. 231 Redeker!v. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. I; Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. l; Bettermann, DVBI. 1951, S. 39 (40). 232 Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66; Rn. 5. 233 Folge hiervon ist, daß der Beigeladene ebenso wie der Nebenintervenient Einschränkungen unterliegt in seinen Möglichkeiten, den Prozeß zu beeinflussen; dazu sogleich.
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
soll234 • Daß die Gestaltungswirkung des Anfechtungsurteils hiermit zunächst nicht gemeint sein kann, wurde bereits weiter oben dargelegt, denn diese erfaßt den Beigeladenen auch ohne seine Verfahrensbeteiligung. Da§ 121 Nr.l VwGO nicht zwischen Parteien und Beigeladenen unterscheidet, sondern nur generell davon spricht, daß die Beteiligten an das Urteil gebunden sind, die Vorschrift aber für Kläger und Beklagten unzweifelhaft eine materielle Rechtskraftbindung erreichen wi11235 , versteht die h. M. die Bestimmung nun dahingehend, daß durch sie auch der Beigeladene, unabhängig davon, ob er einfach oder notwendig Beigeladener ist, an die materielle Rechtskraft der Entscheidung gebunden wird236 • Schon durch eine Bindung des Drittbeteiligten an den Subsumtionsschluß des Gerichts wird in der Tat wohl auch in der Mehrzahl der Fälle- anders als dies wie gesehen im Zivilprozeß der Fall ist237 - eine wirkliche Einbindung des Beigeladenen in die richterliche Entscheidung erzielt238 239• So genügt es beispielsweise in dem obigen "Erschließungsbescheid"-FalP40 für spätere Ausgleichsverfahren des Inanspruchgenommenen gegenüber den Miteigentümern, wenn das Verwaltungsgericht für alle Seiten verbindlich den Rechtsschluß zieht, daß der ergangene Bescheid rechtmäßig ist. Mögen auch die Ausgleichsverpflichteten in dem Zweitprozeß vortragen, das Erstgericht habe in seiner Entscheidung falsche Tatsachen zugrundegelegt, solange das Zweitgericht an die Feststellung des Erstgerichts, der Verwaltungsakt sei rechtmäßig ergangen, gebunden ist, haben sie hiermit keinen Erfolg. Zuweilen würde sich die Beiladung bei Annahme, Inhalt der Bindungswirkung sei lediglich der Subsumtionsschluß des Gerichts, jedoch als fruchtlos erweisen. Das folgende Fallbeispiel Lammenetts241 mag dies verdeutlichen: Die Bauaufsichtsbehörde B erläßt gegen den Grundstückseigentümer E eine Verfügung, mit welcher diesem aufgegeben wird, das auf seinem Grundstück befindliche Gebäude abzubrechen, weil u. a. die Decken und Fundamente des Hauses nicht tragfähig seien. Das Gebäude hatte der Architekt A kurze Zeit zuvor im Auftrag des E errichtet. E erhebt gegen die Verfügung Anfechtungsklage. Da offensichtlich ist, daß E im Falle seines Unterliegens vor dem Verwaltungsgericht A auf Schadenersatz in Anspruch nehmen will, ist es sinnvoll, A bereits in das erste Verfahren miteinzubeziehen und dieses ihm gegenüber bindend zu ma234 Vgl. Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 79. 235 Vgl. nur Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 121, Rn.4, 37. 236 Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 12f; Bier in: Schoch/SchmidtAßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66; Rn. 8; Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung,§ 66, Rn. 20, § 121, Rn. 6; Bettermann, ZZP 90 (1977), S.l21 (1 27). 2 37 Siehe hierzu schon unter A.I. l.a)cc)(3). 238 Im Rahmen der notwendigen Beiladung treffen den Beigeladenen somit Gestaltungswirkung und materielle Rechtskraft des Aufhebungsurteils. Letztere dürfte Bedeutung vor allem für eventuelle spätere Amtshaftungsverfahren haben. 239 Zu der zum Teil vertretenen Ansicht, der Begriff der Rechtskraft umfasse gegenüber dem Beigeladenen nicht nur den Subsumtionsschluß des Gerichts sogleich. 240 Siehe hierzu schon unter A. II. 2. a) aa). 241 Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 163 f.
A. Die Formen der Drittbeteiligung
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chen. Mit einer Einfassung in den Subsumtionsschluß des Verwaltungsgerichts läßt sich in dieser Situation indes kein Erfolg erzielen. Da nämlich die Feststellung des Verwaltungsgerichts, daß das in Frage stehende Gebäude tatsächlich baufällig sei, zu den Urteilgründen gehört und insofern nach dem bisherigen Verständnis des Begriffs nicht an der Rechtskraft des Richterspruchs teilnimmt - rechtskräftig würde danach nur der Schluß des Gerichts, daß die angefochtene Abrißverfügung rechtmäßig sei-, könnte A in dem Schadensersatzprozeß weiterhin geltend machen, das von ihm errichtete Haus sei gar nicht baufällig gewesen. Auch eine Bindung auch an die tatsächlichen und inzident getroffenen rechtlichen Feststellungen des Gerichts wäre hier insofern erforderlich, m. a. W. eine der zivilprozessualen Interventionswirkung entsprechende Bindungswirkung. Um eine solche zu erreichen, vertreten Grunsky242 und Schmidt243 die Auffassung, der Begriff der Rechtskraft umfasse gegenüber dem Beigeladenen auch die Feststellungen rechtlicher und tatsächlicher Art des Erstgerichts. Konsequenz dieser Betrachtungsweise ist es allerdings, daß damit dem Institut der materiellen Rechtskraft unterschiedliche Inhalte zugeschrieben werden. Sinnvoller dürfe es demgegenüber sein, die Bindung an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen als eigenständige Bindungswirkung auch des verwaltungsgerichtlichen Urteils anzuerkennen und diese neben die Rechtskraft zu stellen. Dies ist auch durchaus mit dem Wortlaut des§ 121 Nr.1 VwGO vereinbar, denn dort ist nirgends die Rede davon, daß mit dem Gebundensein des Beigeladenen nur eine einzige Form der Bindungswirkung gemeint sein soll244 • Dadurch, daß § 121 VwGO eine uneingeschränkte Bindung des Beigeladenen zum Ausdruck bringt, wird jedoch deutlich, daß anders als der Nebenintervenient im Zivilprozeß der Beigeladene nicht von der Bestimmung des § 68 2. Hs. ZPO entsprechenden Bindungsbeschränkungen profitiert. Dem Beigeladenen bleibt also nicht die Möglichkeit, in dem zweiten Rechtsstreit die dort vorgesehenen Einreden zu erheben245 • Dies hat wie die sich anschließenden Ausführungen zeigen werden, gewisse Konsequenzen bezüglich der ihm einzuräumenden prozeduralen Rechte zur Folge. Außerdem gelten die § 121 VwGO entspringenden Urteilswirkungen sämtlichen Beteiligten des Vorprozesses gegenüber246 •
Grunsky, Grundlagen des Vetfahrensrechts, S. 290f. Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 8. 244 In diesem Sinne Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S. 130; Lamme nett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S.l65; Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 79; ders., JA 1982, s. 394 (400). 245 A. A. Grunsky, Grundlagen des Vetfahrensrechts, S. 291 u. Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 166. Diese Ansicht ist jedoch mit dem unzweideutigen Wortlaut der Bestimmung schwerlich vereinbar. Sich über den Wortlaut hinwegzusetzen, erscheint deshalb nicht etforderlich, weil die Vorschrift des § 66 VwGO - anders als § 67 ZPO - so verstanden werden kann, daß der Beigeladene bereits in dem ersten Prozeß alles das vortragen kann, was er für sinnvoll hält. Näheres dazu sogleich. 246 Dazu Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 166 ff. 242
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c) Die prozeduralen Möglichkeiten des Beigeladenen aa) Einfach Beigeladene Gemäߧ 66 S.l VwGO kann der einfach Beigeladene innerhalb der Anträge der Parteien selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen vornehmen. Zum Verständnis dieser Vorschrift kann zunächst auf die zur Nebenintervention gemachten Erörterungen zurückgegriffen werden. Angriffs- und Verteidigungsmittel sind danach jeder Vortrag, der der Durchsetzung oder der Abwehr des anhängigen Klagebegehrens dient247. Zu den sonstigen Verfahrenshandlungen gehören im wesentlichen die Möglichkeit, Anträge zu stellen und Rechtsmittel einzulegen. Als Dritter ist auch der einfach Beigeladene jedoch an der Disposition über den Prozeß nicht beteiligt248 . AbweichendeSachanträge kann er demzufolge nicht stellen249. Obwohl einfache Beiladung und einfache Nebenintervention in ihrer Ausgangslage wie gesehen vergleichbar sind, ist die prozessuale Stellung des einfach Beigeladenen indes eine freiere als die des einfachen Nebenintervenienten250, denn ersterer ist in seinem Handlungsspielraum nicht von dem Prozeßverhalten von Kläger oder Beklagtem abhängig, sondern er kann sich mit seinem eigenen Verhalten auch in Widerspruch zu dem der Parteien setzen251 und diese theoretisch sogar beide bekämpfen252. Rechtsmittel gegen die Entscheidung kann er auch gegen den Willen der Parteien einlegen253 • Die Wendung "innerhalb der Anträge" grenzt den Handlungsspielraum des Beigeladenen dabei lediglich dahingehend ein, als daß sich sein Prozessieren im Rahmen des von den Parteien gesetzten Verfahrensgegenstands bewegen muß254. Während nämlich§ 66 ZPO ausdrücklich von dem Beitritt auf Seiten einer Partei spricht, enthält die Beiladung keine entsprechende Vorschrift. Auch eine dem § 67 2. Hs. a. E. ZPO vergleichbare Unwirksarnkeitsregelung fehlt. Anders Siehe dazu schon unter A. I.l.a)cc)(2). Bettermann, ZZP 90 (1977), S.121 (124); ders., DVBI. 1951, S. 39 (40); Redekerlv.Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, §66, Rn. 7; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 5. 249 Bettermann, DVBI. 1951, S. 39 (40). Trotz des gegenläufigen Wortlauts des § 66 S. 2 VwGO gilt dies, wie die weiter unten folgenden Ausführungen zeigen werden, auch für den notwendig Beigeladenen. 250 Dazu schon unter A. I. 1. a) cc )(2). 251 BVerwG, VerwRspr 6, Nr.143; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 1; Redeker/v. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 1; Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 1; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 1; Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 106m. w. N. 252 Dies wird von Rechtsprechung und Literatur gern betont; vgl. nur Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 1. Regelmäßig stimmt das Interesse des Beigeladenen jedoch mit dem einer der Parteien überein; dazu sogleich. 253 Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 4. 254 Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 130m. w. N. 247 248
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als die Vorschrift des § 66 ZPO, die ein Interesse des Dritten an dem Obsiegen einer Partei fordert, setzt § 65 Abs. 1 VwGO des weiteren lediglich voraus, daß durch die Entscheidung Interessen des Dritten berührt werden. Die Norm ist insofern neutraler255. Als Begründung für diese Privilegierung des einfach Beigeladenen gegenüber dem einfachen Nebenintervenienten heißt es bei Redeker/v. Oertzen256, daß eine solche Stellung den Besonderheiten des Verwaltungsprozesses besser entspräche, da hier eigene, von den Interessen beider Parteien verschiedene Interessen des Dritten eine größere Rolle spielten. Worin diese Unterschiede allerdings in praxi liegen sollen, bleibt dabei jedoch im Unklaren. Vielmehr werden die Interessen des Beigeladenen regelmäßig mit denen einer der Parteien übereinstimmen und sich der Beigeladene insofern immer auf die eine oder andere Seite schlagen. So werden etwa in dem obigen "Erschließungsbescheid"-Fall die beigeladenen Miteigentümer unzweifelhaft auf der Seite des Klägers kämpfen, da ihnen an der Aufrechterhaltung des Gebührenbescheids natürlich genauso wenig gelegen ist, wie dem Kläger selbst. Ebenso wird der beigeladene pflanzenschutzmittelhersteller in dem anderen Beispielsfall die klagenden Gemüsebauern unterstützen, da die Aufhebung des angefochtenen Aktes ihn vor Schadensersatzansprüchen bewahren könnte257 • Die tatsächliche Begründung für das ungebundenere Prozedieren des einfach Beigeladenen findet sich vielmehr in § 121 VwGO. Danach ist der Beigeladene, wie zuvor dargelegt, an die richterliche Entscheidung in dem Erstprozeß gebunden, ohne daß ihm die Möglichkeit bliebe, sich in einem Zweitverfahren auf eine dem § 68 2. Hs. ZPO entsprechende Vorschrift zu berufen. Die Bindung ist mithin eine uneingeschränkte. Nun ist die Beteiligung des Dritten als solche zwar kein Postulat des Verfassungsrechts258. Wird der Dritte aber beigeladen und somit in die gerichtliche Entscheidung miteingebunden, kommt auch ihm der grundgesetzliche Gehörsanspruch zu259. Für die einfache Nebenintervention ist oben bereits erörtert worden, daß die Bindung des Intervenienten an das Prozeßverhalten der Parteien unbedenklich zulässig ist, denn aufgruod der Vorschrift des § 68 ZPO kann dieser jedenfalls im Zweitprozeß das vortragen, was ihm in dem ersten Rechtsstreit verwehrt blieb. Das Fehlen einer entsprechenden Bestimmung für den Verwaltungsprozeß macht es hingegen verfassungsrechtlich erforderlich, den Beigeladeneo von dem Prozeßverhalten der Parteien freizustellen; andernfalls würde sein Gehörsanspruch unzulässig verkürzt. Die Bedeutung dieses selbständigen Prozedierens sollte aus folgendem Grund gleichwohl nicht überbewertet werden: Das Verwaltungsgerichtsverfahren folgt wie gesehen gemäß § 86 VwGO dem Untersuchungsgrundsatz, d. h. das GeSchäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 106. Redeker!v. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 1. 257 Ausführlich dazu insgesamt Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 123ff; im Ergebnis so auch Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, §66, Rn. I. 258 Dazu schon unter A. II. 2. a) aa). 259 Vgl. Bettermann, ZZP 90 (1977), S. l21 (124); Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 2. 255
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
riebt ermittelt also den der Klage zugrundeliegenden Sachverhalt von Amts wegen, ohne dabei an die Vorträge der Beteiligten gebunden zu sein. Das Gericht kann mithin auch solche Tatsachen zum Gegenstand seiner Entscheidung machen, die die Parteien nicht in das Verfahren einbringen wollten. Das, was der Beigeladene zum Schutze seiner Rechtsposition vortragen möchte, kann das Gericht insofern auch von Amts wegen ermitteln. Die Zulässigkeil der Klage hat das Gericht ohnehin uneingeschränkt von sich aus zu prüfen260. Nach h. M. muß der einfach Beigeladene gleichwohl wie der einfache Nebenintervenient den Verfahrensstand im Zeitpunkt des Beginns seiner Beteiligung hinnehmen. Obwohl in der VwGO nicht geregelt, wird dieser Grundsatz unter Hinweis auf die Ähnlichkeiten beider Institute ohne weitere Begründung für letztere übernommen261. Wiederum vor dem Hintergrund des Anspruchs auf rechtliches Gehör betrachtet, erweist sich dies allerdings als genauso problematisch, als wollte man den Beigeladenen dem Prozeßverhalten der Parteien unterstellen. Die Bindung des Beigeladenen bedingt es vielmehr, daß er auch an den Stand des Verfahrens zur Zeit seiner Beiladung nicht gebunden sein darf262. Durch den Umstand, daß die Beiladung von dem Gericht ausgesprochen wird, hat der Dritte ja zudem nicht einmal Einfluß darauf, wann seine Verfahrensbeteiligung überhaupt beginnt. Durch die Untersuchungsmaxime ist diese Problematik jedoch nur von eingeschränkter Bedeutung. Da das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt, die Aufgabenverteilung zwischen Gericht und den Parteien also nicht wie im Rahmen des dem Verhandlungsgrundsalz folgenden Zivilprozesses dergestalt ist, daß die Parteien für die Beibringung sämtlichen Tatsachenstoffs verantwortlich sind, gibt es im Verwaltungsprozeß auch keine Präklusion verspäteten Vorbringens263 . Der Beigeladene läuft insofern nicht Gefahr, etwaigen Sachvortrag deshalb nicht in das Verfahren einbringen zu können, weil die Parteien hiermit bereits ausgeschlossen wären. Die Zulässigkeit der Klage kann er ebenfalls jederzeit bemängeln, weil diese wie soeben schon angeführt uneingeschränkt und in jedem Zeitpunkt des Verfahrens von dem Gericht - sofern hierzu Anlaß besteht- zu prüfen ist. Von Relevanz dürfte die Frage der Bindung des Beigeladenen danach nur bei Durchführung einer Beweisaufnahme vor Vomahme der Beiladung sein. Hier zwingt der Anspruch auf rechtliches Gehör dazu, diese gegebenenfalls zu wiederholen264. Vgl. nur Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Vorb §40, Rn.lO m. w. N. BVerwG, VerwRspr 6, Nr. 43; Redeker!v. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 4; Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 4; Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S. 112ff; Bettermann, DVBI. 1951, S. 39 (40); Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 290. 262 So auch Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung und Beiladung, S. 121 f; Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 113 ff; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 2; wohl auch Bettermann, ZZP 90 (1977), s. 121 (124). 263 Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 86, Rn. ll ff. Eine engumgrenzte Ausnahme hiervon besteht allerdings neuerdings in § 87 b Abs. 3 VwGO. 260
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A. Die Formen der Drittbeteiligung
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bb) Notwendig Beigeladene Dem notwendig Beigeladenen stehen im Prozeß zunächst die zuvor behandelten Rechte aus § 66 S. 1 VwGO zu. Danach kann er innerhalb der Anträge der Parteien selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle keine Disposition über das Verfahren beinhaltenden Verfahrenshandlungen vornehmen. Weder auf die Unterstützung von Kläger oder Beklagtem ist er dabei beschränkt, noch muß er die Lage des Rechtsstreits im Zeitpunkt des Beginns seiner Verfahrensbeteiligung hinnehmen. Anders als im Rahmen der einfachen Beiladung, bei der diese Befugnisse Konsequenz der Bindungswirkungen des Urteils auf den Beigeladenen sind, folgt das Erfordernis einer so ausgestalteten Rechtsstellung bei der notwendigen Beiladung jedoch auch schon- vergleichbar der streitgenössischen Nebenintervention - aus der den Dritten auch ohne seine Beteiligung treffenden Wirkung des Richterspruchs. Gemäß § 66 S. 2 VwGO soll dem notwendig Beigeladenen darüber hinaus die Möglichkeit zukommen, abweichende Sachanträge zu stellen265 266 • Der Wortsinn dieser Bestimmung kann nur so verstanden werden, daß es dem notwendig Beigeladenen damit gestattet sein soll, das von den Parteien gesetzte Streitprogramm zu verlassen und einen neuen Streitgegenstand in das Verfahren einzuführen267 • Um seine Rechte bezüglich des bis dato anhängigen Verfahrensgegenstandes verteidigen zu können, bedarf es eines von den Anträgen der Parteien verschiedenen Antrages nämlich nicht. Dementsprechend ist eine Möglichkeit abweichender Sachanträge des streitgenössischen Nebenintervenienten auch nicht vorgesehen. Die notwendige Beiladung wird wie gesehen nur im Rahmen der Anfechtungsklage relevant. Das Interesse des Beigeladenen ist hier regelmäßig darauf gerichtet, daß die von der Behörde erlassene, ihn begünstigende Entscheidung aufrechterhalten werde. Dasselbe Interesse verfolgt die beklagte Behörde. Diese wird daher Klagabweisung beantragen. Für den Rechtsschutz des notwendig Beigeladenen genügt es insofern, wenn er sich dem Antrag der Behörde anschließt. Die Befugnis, abweichende Sachanträge zu stellen, kann sich demzufolge nur auf einen neuen, bislang nicht anhängigen Streitgegenstand beziehen. Dies wiederum hält die ganz h. M. nun allerdings zu Recht mit der prozessualen Stellung des Beigeladenen als Drittbeteiligtem für unvereinbar268. Der Beigeladene hat nicht selbst geklagt. Deshalb wird man ihm bei264 So die schon in Fn. 262 dieses Kapitels Genannten. Sofern sich der Beigeladene mit den Ergebnissen der Beweisaufnahme einverstanden erklärt, ist eine Wiederholung selbstverständlich nicht erforderlich. Dann ist der Vorschrift des Art. I 03 Abs. 1 GG auch so Genüge getan. 265 Sachanträge sind solche, die den Inhalt der Entscheidung selbst betreffen; siehe dazu schon unter A. 1.1. a)cc)(2). 266 Siehe auch Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG. 267 Vgl. nur Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S.142ff. 268 Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 10; Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 8; Lammenett, Nebenintervention, Streitverkündung
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
spielsweise nicht zubilligen können, im Prozeß, in dem der Kläger die Aufhebung einer den Beigeladenen begünstigenden Auflage zu der ihm erteilten Baugenehmigung begehrt, die Aufhebung der Baugenehmigung überhaupt zu beantragen269. Hierfür hätte er selbst innerhalb der gesetzlichen Klagefristen Anfechtungsklage erheben müssen270 • Die Möglichkeit, die Bauerlaubnis als solche als Beigeladener anzufechten, könnte dazu führen, die längst abgelaufene Klagefrist gegen den Verwaltungsakt gewissermaßen wieder aufleben zu lassen. Bettermann meint insofern auch, die verfehlte Formulierung des § 66 S. 2 VwGO sei auch nur so zu verstehen, daß sie dem notwendig Beigeladenen nochmals ausdrücklich die Befugnis zur selbständigen Ausschöpfung aller prozessualen Möglichkeiten und zum Gebrauch aller prozessual zulässigen Angriffs- und Verteidigungsmittel einräume271 • Nichts anderes habe auch der Gesetzgeber gewollt. Diese Kompetenzen hat indes wie erläutert auch bereits der einfach Beigeladene aufgrund der mit der Verfahrensbeteiligung einhergehenden Bindungswirkungen. Letztlich bedeutet dies also, daß die Bestimmung des§ 66 S. 2 VwGO damit leerläuft272 •
B. Rechtsfolgen bei unterlassener Bei- und Zuladung I. Die unterlassene einfache Beiladung Eine Beiladung Dritter gemäß § 65 Abs. 1 VwGO kann von dem Gericht aus zweierlei Gründen unterlassen worden sein. Entweder hat das Gericht das ihm zustehende Ermessen pflichtgemäß ausgeübt, dann ist die Nichtvomahme der Beiladung ohne weiteres rechtmäßig. Die Beiladung kann aber auch deshalb unterblieben sein, weil das Gericht sein Ermessen gar nicht bzw. pflichtwidrig ausgeübt hat. Auch in diesem Falle stellt die unterlassene Drittbeteiligung nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch keinerlei Verfahrensfehler dar273 , und zwar selbst dann nicht, wenn die Beiladung aus objektiver Sicht wünschenswert gewesen wäre274 • Diese Betrachtungsweise wird im Schrifttum teilweise eingeschränkt. So soll ein Verfahrensmangel jedenfalls dann vorliegen, wenn ein Beiladungsantrag grob erund Beiladung, S.145; Schäfer, Die Beiladung im Sozia1gerichtsverfahren, S. l32f; Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 29; Bettermann, DVBI. 1951, S. 39 (40); ders., ZZP 90 (1977), S. 121 (125). 269 So aber Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 6. 270 Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 10. 271 Bettermann, ZZP 90 (1977), S.121 (125). 272 So wohl auch Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 66, Rn. 10 und Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 29. 273 BVerwGE 37, S.116; 67, S.341 (343); BVerwG, NJW 1982, S.299; ebenso Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 42; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 112. 274 BVerwG, NJW 1975, S. 70 (71).
B. Rechtsfolgen bei unterlassener Bei- und Zuladung
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messensfehlerhaft abgelehnt275 oder überhaupt nicht beschieden wurde276 • Auswirkungen können sich aus dem Fehlverhalten des Gerichts allerdings nur für das Berufungsverfahren ergeben, in welchem das Berufungsgericht, sofern es in der Sache selbst entscheidet, die Beiladung nachholen kann oder die Sache nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 VwGO möglicherweise an das erstinstanzliehe Gericht zurückverweisen könnte. Im Rahmen der Revisionsinstanz ist die einfache Beiladung hingegen gemäß § 142 Abs. 1 S.l VwGO nicht mehr nachholbar. Hier bleibt das Verhalten des Gerichts- so es als fehlerhaft angesehen werden kann- unbestrittenermaßen gänzlich folgenlos 277 •
II. Das Unterbleiben der notwendigen Beiladung im Verwaltungrechtsstreit und der zivilprozessualen Zuladung Schwieriger ist demgegenüber die Frage zu beantworten, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn das Verwaltungsgericht die notwendige Beiladung oder das Zivilgericht die Zuladung eines Dritten unterläßt Solange die Rechtsmittelfristen für die Beteiligten nicht abgelaufen sind, bleibt zunächst die notwendige Beiladung nachholbar, und zwar im Gegensatz zur einfachen Beiladung sogar noch in der Revisionsinstanz (§ 142 Abs. l S. 2 VwG0)278 • Erlangt der Beizuladende innerhalb der Rechtsmittelfristen Kenntnis von der Entscheidung, kann er bei dem Gericht, bei dem die Sache anhängig ist, einen Beiladungsantrag stellen. Mit dem seine Beiladung daraufhin aussprechenden Beschluß entsteht für ihn die Möglichkeit, gegen das Urteil ein Rechtsmittel einzulegen. Erfährt der zivilprozessual Zuzuladende innerhalb der für die Parteien geltenden Rechtsmittelfristen von der seine Rechte beeinträchtigenden Entscheidung, kann er gemäß § 66 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels seinen Beitritt erklären. Vergleichbar wenig Schwierigkeiten bereiten zudem noch die Folgen der Nichtvomahme der Drittbeteiligung, wenn das Gericht die Klage abweist. Dem übergangenen Dritten wird durch das abweisende Urteil nämlich kein Rechtsnachteil zugefügt, denn es wird ihm keine Rechtsposition entzogen. Insofern braucht über Maßnahmen zu seinem Schutze gegen das Urteil nicht nachgedacht zu werden, und die unterlassene Beteiligung kann, wie im Rahmen des § 65 Abs. 1 VwGO, folgenlos bleiben279 • 275 Redeker!v. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 21; Bier in: Schoch/SchmidtAßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 38. 276 So Benkel, Die Verfahrensbeteiligung Dritter, S. 145 f. 277 Vgl. Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn.38. 278 Dazu ausführlich Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 39; zur Vereinbarkeit der Möglichkeiten der Beiladung im Rechtsmittelverfahren mit Art.I03 Abs. l GG außerdem Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. l16ff. 279 So für den Verwaltungsprozeß BVerwGE 18, S. 124 (127); Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, §65, Rn.23; Ehlers, NJW 1975, S. 21 25 (2129f); a. A. Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 159, 163.
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
Streitig sind hingegen die Fälle klagestattgebender, letztinstanzlicher oder von den Beteiligten bzw. den Parteien nicht angefochtener Urteile. Zwei Fragen werden in diesem Zusammenhang aufgeworfen: So werden zum einen von der im Verwaltungsprozeß vorherrschenden Meinung Bedenken an der Wirksamkeit des Richterspruchs geäußert. Unterschiedliche Auffassungen bestehen weiterhin jedoch auch bei denjenigen, die das unter Außerachtlassung des Dritten ergangene Urteil als wirksam betrachten, auf welche Art und Weise sich dieser gegen die seine Rechte beeinträchtigende Entscheidung zur Wehr setzen kann. 1. Die Frage der Urteilswirksamkeit Nach überwiegender Auffassung im Schrifttum280 und der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts281 ist ein ohne Mitwirkung eines notwendig Beizuladenden ergangenes verwaltungsgerichtliches Anfechtungsurteil unwirksam282. Da das Urteil dem Dritten gegenüber ohne seine Beiladung zunächst keine materielle Rechtskraft entfalte(§ 121 Nr. 1 VwGO), könne, so wird angenommen, für ihn ebenfalls auch keine Gestaltungswirkung eintreten. Wenn die Gestaltungswirkung gegenüber dem Dritten jedoch entfalle, so sei ihr Eintritt auch für Kläger und Beklagten unmöglich, denn das Gericht könne nicht einerseits die dem Nichtbeigeladenen zustehende Begünstigung aufheben und andererseits bestehen lassen283. Der Schutz des Dritten vor der Absolutheit der Gestaltungswirkung284 mache 280 Grundlegend Bachof, MDR 1950, S. 375 (376); Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 43; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 40; Redeker/v. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 22; Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 19; Würtenberger, Vewaltungsprozeßrecht, Rn. 231; Benkel, Die Verfahrensbeteiligung Dritter, S. 148; wohl auch Lüning, Die Entwicklung des Rechtsinstituts der Beiladung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, S.158ff; ähnlich U/e, Verwaltungsprozeßrecht, S. 116; aus der Rechtsprechung auch VGH Baden-Württemberg, DÖV 1975, S.646; OVG Nordrhein-Westfalen, NWVB11991, S.241. 281 BVerwGE 16, S. 23 (25); in diese Richtung gehend auch BVerwGE 18, S. 124 (126f). 282 Hiermit ist jedoch nicht gemeint, das Urteil sei gänzlich inexistent, denn auch das nichtige bzw. unwirksame Urteil wird zumindest formell rechtskräftig; lediglich die materielle Rechtskraft soll entfallen, vgl. Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 26. Die h. M. hält wie oben ausgeführt auch bei Drittverpflichtungsklagen die Beiladung desjenigen, gegen den sich die zu erlassende behördliche Verfügung richten soll, für notwendig. Für diese Fälle wird indes zunehmend die Ansicht vertreten, auch das ohne Beteiligung des Dritten ergangene Verpflichtungsurteil sei wirksam, da dem Dritten die Möglichkeit bleibt, gegen den ihn belastenden Verwaltungsakt vorzugehen; vgl. Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 40; Schmidt in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 19. Richtiger Ansicht nach liegt hier jedoch bereits der Tatbestand des § 65 Abs. 2 VwGO nicht vor; siehe hierzu schon unter A. II. 2. b) bb)(2). Nach Hess. VGH, MDR 1950, S. 374 (375) soll der Dritte die Möglichkeit haben, die Nichtigkeit gegebenenfalls durch Erhebung der Feststellungsklage gemäߧ 43 VwGO geltend machen zu können. 283 Siehe dazu auch Bähr, JuS 1965, S. 115. 284 V gl. hierzu schon unter A. II. 2. b) bb) (1 ).
B. Rechtsfolgen bei unterlassener Bei- und Zuladung
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es insofern erforderlich, die Entscheidung als schlichtweg wirkungslos zu erachten2ss. Die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts286 und eine andere Literaturauffassung287 betrachten das unter Verletzung des § 65 Abs. 2 VwGO ausgesprochene Anfechtungsurteil hingegen als wirksam, mit der Folge, daß der Dritte durch die gerichtliche Aufbebung seiner Begünstigung dieser verlustig geht. Gleichsam als Ausgleich werden dem Beizuladenden dann, zumindest im Schrifttum, unterschiedliche Mittel an die Hand gegeben, gegen das Urteil vorgehen zu können288. Für den Zivilprozeß wird diese Sichtweise von Schrifttum289 und Rechtsprechung290 einhellig vertreten. Danach führt die unterlassene Zuladung in keinem Falle zur Unwirksamkeit des Urteils. Diese Ansicht verdient auch für die unterlassene notwendige Beiladung Zustimmung, denn die gegenteilige Betrachtungsweise vermengt unzulässig Rechtskraftund Gestaltungswirkung des Anfechtungsurteils. Beide Urteilswirkungen sind jedoch wie oben beschrieben wesensverschieden und treten voneinander unabhängig ein. Den Eintritt der Gestaltungswirkung von der materiellen Rechtskraft abhängig zu machen, würde nämlich bedeuten, daß die Rechtskraft der Entscheidung eine absolute sein müßte, denn andernfalls könnte die Gestaltungswirkung auch anderen Dritten gegenüber nicht eintreten291 . Dies wird jedoch in Anbetracht des § 121 Nr. 1 VwGO von niemandem angenommen292 . Wie nunmehr zu zeigen sein wird, erscheint die zweifelhafte Kopplung der Gestaltungswirkung an die materielle Rechtskraft - nicht zuletzt vor dem Hintergrund des grundsätzlich bestehenden In285 So nachdrücklich Nicklisch, Die Bindung der Gerichte an gestaltende Gerichtsentscheidungen und Verwaltungsakte, S. 95; Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 65, Rn. 40. 286 BVerwG, DVBI. 1974, S. 235; BVerwG, DVBI. 1986, S. 682. 287 Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 205; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S.296; Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S.147ff; Seile, Die Verfahrensbeteiligung des notwendigen Streitgenossen und des notwendig Beigeladenen, S. 212ff; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 121 ff; Bettermann, MDR 1967, S. 951 (952); Martens, VerwA 60 (1969), S. 195 (257ff); zum Kartellverfahren ebenso Bracher in: Frankfurter Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 66, Rn.13. 288 Näheres sogleich. Das BVerwG hat hierzu bislang, soweit ersichtlich, nicht Stellung genommen. 289 Vgl. Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 195ff; Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 84; Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S. 154; Schuftes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S.183f; Marotzke, ZZP 100 (1987), S. l64 (177). 290 BVerfG, NJW 1967, S. 492f; BVerfG, NJW 1982, S. 1635f; BGH, JR 1984, S.l56f. 29 1 Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 161; Nottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S. 122; Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S. 147; dazu weiterhin auch Lüke, Die Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 193. 292 Vgl. Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 161.
6 Nissen
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
teresses an dem Bestand staatlicher Entscheidungen293 und dessen Konsequenz, daß an sich nur sogenannte Schein- oder Nichturteile als völlig unwirksam angesehen werden294 - auch gar nicht zwingend erforderlich, um den in seinen Rechten beeinträchtigten Dritten zu schützen.
2. Rechtsbehelfe des übergangenen Dritten Gewiß zieht die soeben geschilderte Betrachtungsweise die Folge mit sich, daß der Dritte unter Umständen erst einmal einer für ihn negativen Entscheidung ausgesetzt wird, zu deren Entstehung er nicht Stellung nehmen konnte295 • Der Dritte ist damit aber nicht hilflos. Drei Lösungswege werden im wesentlichen erörtert, anhand derer dem übergangenen Zu beteiligenden die Möglichkeit eröffnet sein kann, gegen das ihn belastende Urteil vorzugehen. Der Dritte kann zunächst, wie die oben angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zeigen, Verfassungsbeschwerde gegen das ihn belastende Urteil erheben296 • Hieraufbeschränkt sein muß er allerdings nicht. Die herausragende Stellung des Bundesverfassungsgerichts innerhalb der judikativen Gewalt legt es vielmehr nahe, dem Dritten auch die Möglichkeit zu verschaffen, einfachgerichtlichen Rechtsschutz zu erhalten. Dies kann einmal geschehen, indem man ihmtrotzdes Ablaufs der Rechtsmittelfristen für die Beteiligten, respektive die Parteien, die Möglichkeit gibt, ein Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen. Diesen Weg ist etwa der Bundesgerichtshof in einer familienrechtlichen Entscheidung aus dem Jahre 1983 gegangen297 • In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte es das zuständige Gericht versäumt, die Kindesmutter zu dem von dem vermeintlichen Vater angestrengten Ehelichkeitsanfechtungsprozeß gemäߧ 640e ZPO zuzuladen. Das Urteil wurde von dem Vater als Kläger und dem Kind als Beklagtem innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 516 1. Hs. ZPO nicht angefochten. Anders als das Berufungsgericht vertrat der Bundesgerichtshof nun die Auffassung, die Entscheidung hätte auch der unbeteiligten Kindesmutter zugestellt werden müssen, mit der Folge, daß für diese eine ihr zukommende eigene Berufungsfrist noch nicht zu laufen begonnen habe. Da§ 640e 293 Vgl. Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, S. 197; ebenso Stettner, Das Verhältnis der notwendigen Beiladung zur notwendigen Streitgenossenschaft im Verwaltungsprozeß, S. 84f; wohl auch Schuttes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 185 f. 294 Dazu etwa Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, S. 341 f. 295 Daß der Dritte nicht in jedem Falle die mit Eintritt der formellen Rechtskraft des Urteils einhergehende Gestaltungswirkung erst einmal hinnehmen muß, werden die folgenden Ausführungen zeigen. 296 Siehe schon unter A.l. 1. b) bb) ( 1); weiterhin auch Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungs urteile, S.205; ders., JZ 1967, S.431 (36); Seeliger, DStR 1966, S.406 (412); Schäfer, Die Beiladung im Sozialgerichtsverfahren, S. 167; Schuttes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S.l91 ff. 297 BGH, JR 1984, S.156f.
B. Rechtsfolgen bei unterlassener Bei- und Zuladung
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ZPO gerade den Gehörsanspruch des als solchem nicht in dem Prozeß beteiligten Elternteils sichern wolle298 , folge dieses Ergebnis aus einer gebotenen verfassungskonformen Auslegung der Norm, denn so könne dem in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzten Elternteil jedenfalls auf diesem Wege die Möglichkeit erhalten werden, seine Rechte geltend zu machen. Auf die unterlassene notwendige Beiladung im verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsprozeß übertragen, erfordert dieser Lösungsweg allerdings zusätzlich eine analoge Anwendung des §63 VwGO auf den Dritten, denn gemäߧ§ 124 Abs. 1, 132 Abs. I VwGO steht das Recht, Berufung oder Revision einzulegen, nur den tatsächlich Beteiligten zu299. Andererseits ist dieser Weg nicht in allen Situationen hilfreich. Denn auch das nicht zugestellte Urteil ist nach Ablauf der Sechsmonatsfrist der §§ 516, 552 ZPO bzw. der Jahresfrist des§ 58 Abs. 2 VwGO- je nachdem, ob ein Zivil- oder Verwaltungsgerichtsurteil vorliegt300 - nicht mehr anfechtbar. Naturgemäß scheidet die Rechtsmittellösung weiterhin aus, wenn die Entscheidung bereits in letzter Instanz vorliegt und daher kein Rechtsmittel mehr gegeben ist. Hier könnte nunmehr die ebenfalls erwogene Wiederaufnahmeklage nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (für den Verwaltungsprozeß in entsprechender Anwendung über§ 153 VwGO) Bedeutung erlangen301 • Auch dieser Rechtsbehelf bedarf freilich einer gewissen Adaption: So muß man sich zunächst entgegen einer teilweise vertretenen Sichtweise302 dazu bereit erklären, das Recht zur Erhebung der Nichtigkeitsklage auch den Zubeteiligenden zuzugestehen. Des weiteren bedarf es des Vorliegens eines Nichtigkeitsgrundes. Daß die Befugnis zur Erhebung der Nichtigkeitsklage ausschließlich den Parteien des Vorprozesses zukommt, ist gesetzlich nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Vor dem Hintergrund der oben beschriebenen verfassungsrechtlichen Position des übergangenen Dritten spricht hier m. E. nichts dagegen, die Möglichkeit der Nichtigkeitsklage auch diesem einzuräumen303 • Ein wenig schwieriger ist hingegen das Kriterium des Nichtigkeitsgrundes. Die Wortlaute der jeweiligen Nummern des § 579 ZPO decken die hier in Frage stehende Situation nicht ab. Andererseits ist die Tatbestandsvariante der Nr. 4, der nicht ordnungsgemäßen Vertretung einer Partei, der Vgl. BVerfGE 21, S.l32 (137); 60, S. 7 (15). SoNottbusch, Die Beiladung im Verwaltungsprozeß, S.l26; Marotzke, ZZP 100 (1987), S.l64 (189ft). 300 Gemäß §§ 516, 552 ZPO beginnt die einmonatige Rechtsmittelfrist in jedem Falle, also auch bei mangelnder Zustellung, spätestens fünf Monate nach der Verkündung der Entscheidung zu laufen. Für den Verwaltungsprozeß gilt demgegenüber§ 58 Abs. 2 VwGO; die vorgenannten Vorschriften finden dort keine entsprechende Anwendung; vgl. Redekerlv. Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, § 124a, Rn.5. 301 So insbesondere Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, S. 296; Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S.155ff; Marotzke, ZZP 100 (1987), S.164 (202f). 302 Rosenberg/Schwab!Gotrwald, Zivilprozeßrecht, S. 974. 303 Stahl, Beiladung und Nebenintervention, S. 156, verweist zur Begründung zudem auf § 585 ZPO, wonach für das Wiederaufnahmeverfahren die allgemeinen Vorschriften zur Anwendung kommen; über § 153 VwGO seien damit auch die allgemeinen Vorschriften der VwGO, insofern auch diejenigen über die Beiladung, anwendbar. 298
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2. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im deutschen Recht
vollständigen Nichtbeteiligung ähnlich. Die Vorschrift im Lichte des Verfassungsrechts des falschlieherweise nicht Beteiligten betrachtet, liegt es insofern nahe, hier gleichermaßen einen Analogieschluß zu ziehen und diese Norm entsprechende Anwendung finden zu lassen304 • Hält man dieses Modell der Nichtigkeitsklage in modifizierter Form für zulässig, stellt sich die Klage als probates Mittel dar, dem übergangenen Dritten Rechtsschutz gegen ihn belastende letztinstanzliehe oder über mehr als ein Jahr bzw. sechs Monate alte Entscheidungen zu verschaffen. Analog § 586 Abs. 3 2. Hs. ZPO ist diese Klage dann bis zum Ablauf eines Monats nach tatsächlicher Zustellung des Erstprozeßurteils an den Dritten möglich305 •
304 Die verfassungsrechtliche Bedeutung dieser Analogie findet sich allerdings nur bei Marotzke, ZZP 100 (1987), S.l64 (203). 305 Marotzke, ZZP 100 (1987), S. 164 (204); Schultes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S.182.
Drittes Kapitel
Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht Anders als in Deutschland finden sich in Frankreich sowohl im Zivil- wie im Verwaltungsgerichtsverfahren die intervention accessoire und die intervention forcee. Eine detailliertere Kodifizierung hat die Intervention dabei allerdings nur im Zivilprozeßrecht, dort in den Art. 325ffN.C.P.C., erfahren. Im Verwaltungsprozeßrecht findet sich demgegenüber in Art. R. 187 C. T. A. C. A. A. für das Verfahren in den unteren Instanzen und in Art.61 der Ordonnance 1 vom 31 .7.1945 fürdas Verfahren vor dem Conseil d'Etat2 nur eine bruchstückhafte Regelung, in der jeweils generell von "I 'intervention" die Rede ist. Ansonsten wurde es dort weitgehend Lehre und Rechtsprechung- hier im wesentlichen dem Conseil d 'Etat- überlassen, das Rechtsinstitut mit Leben auszufüllen. Ergänzt wird die Beteiligung Dritter am Rechtsstreit zudem in beiden Gerichtszweigen, wie eingangs erwähnt, durch das auch im Gemeinschaftsrecht existente Institut der tierce opposition.
A. Die intervention accessoire I. Zivilprozeß 1. Das Beitrittsinteresse Zulässigkeilsvoraussetzung der intervention accessoire ist gemäß Art. 330 Abs. 2 N.C.P.C., daß der Intervenient "a interet pour Ia conservation de ses droits",
eine der Parteien zu unterstützen. Diese Formulierung legt die Annahme nahe, auch das französische Zivilprozeßrecht fordere als Beitrittsgrund zunächst das Vorhandensein eines rechtlichen Interesses auf Seiten des Intervenienten, wie es im Rahmen der Behandlung der Drittbe1 Diese entspricht in ihrer Rechtsnatur der Rechtsverordnung des deutschen Rechts, vgl. dazu Hübner!Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S. 7. 2 Anders als im deutschen Verwaltungsprozeßrecht finden sich in Frankreich die Rechtsquellen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens also in unterschiedlichen Regelungswerken; siehe hierzu auch Degen, DV 14 (1981), S. l57ff.
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
teiligung im deutschen Recht beschrieben wurde. Rechtsprechung und Literatur schenken dem Wortlaut der Bestimmung hier gleichwohl einhellig wenig Beachtung3. Auch ein lediglich wirtschaftliches oder gar ideelles Interesse des Dritten am Ausgang des Verfahrens soll vielmehr genügen können, um seinen Beitritt zu rechtfertigen4. So wurde beispielsweise in einem Verfahren um die Feststellung einer nichtehelichen Vaterschaft, das von dem zwischenzeitlich volljährigen Kind selbst geführt wurde, das von der Kindesmutter geltend gemachte Interesse an der Verteidigung ihrer Ehre als ausreichend für ihren Verfahrensbeitritt erachtet5 6 • In einem Rechtsstreit zwischen Vermieter und Mieter wegen der Einrichtung einer "maison de debauche" durch letzteren in der von ihm angernieteten Wohnung durfte ein Wohnungsnachbar, Arzt und Familienvater, aufgrund seines "interet moral" als Streithelfer auftreten7• Die Spruchpraxis der Gerichte bleibt dabei dennoch sehr an den Gegebenheiten des Einzelfalles ausgerichtet. Eine systematische Vorgehensweise läßt sich hier kaum ausmachen8• Unzureichend ist es indes allgemeiner Ansicht nach auch im Rahmen des Art. 330 N. C. P. C., wenn sich der Dritte nur an dem Verfahren beteiligen will, um eine ihm günstige Rechtsauffassung des Gerichts für einen späteren eigenen Prozeß zu erreichen, der Ausgang des Erstrechtsstreits selbst ihn aber ansonsten nicht berührt9 • Anders beurteilt als in Deutschland wird weiterhin die Frage der Zulässigkeit von Interventionen von Verbänden. Für das deutsche Recht war hierzu ja festgestellt worden, daß solche Vereinigungen sich nur dann als Streitgehilfe beteiligen dürfen, wenn ihnen selbst zustehende Rechte durch die gerichtliche Entscheidung berührt werden können, weil nur derjenige als Nebenintervenient beitreten kann, dessen eigene Rechtsstellung durch den Ausgang des Verfahrens möglicherweise beeinträchtigt wird 10• Im Gegensatz dazu gesteht die französische Rechtsprechung hingegen mit uneingeschränkter Billigung des Schrifttums in weitreichendem Umfang Interessenverbänden und berufsständischen Organisationen in Rechtsstreitigkeiten ihrer Mitglieder die Möglichkeit zur Intervention zu, sofern es den Streithelfern um die 3 Ausführlich zum Ganzen Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 127-1, Nr.l7ff. 4 Solus/Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr.l051; Wiederkehr in: Guide Juridique Dalloz, Nr. 309, Rn. 20; Vincent/Guinchard, Procedure Civile, S. 685; Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 127-1, Nr. 33; Herzog, Civil Procerlure in France, S. 291. 5 Cass. Req., 9.7.1934, Gaz. Pa!. 1934,2, S.475 (476). 6 Zur Frage, wann das Gericht das Vorliegen des Beitrittsinteresses prüfen kann, sogleich unter A.l. 2. 7 Nizza, 29.11.1950, D.1951 , 1, S.106ff; zu beiden Beispielen auch Spellenberg, ZZP 106 (1993), S.283 (296f). 8 Die Begündung hierfür wird darin gesehen, daß die Cour de Cassation die jeweilige Einschätzung der Instanzgerichte nicht nachprüfen darf, vgl. Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fasc.127-1 , Nr. l9. 9 Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 127-1, Nr. 22 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung; SoluslPerrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 1051. 10 Siehe dazu im 2. Kapitel unter A. l. I. a) aa) sowie unter A. li. 2. a) aa).
A. Die intervention accessoire
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Bewahrung ihres sog. "interet collectif' geht11 • Das interet collectif läßt sich wohl als das verbandschaftlieh organisierte Mitgliederinteresse bezeichnen 12• Steht beispielsweise in einem Rechtsstreit eine Frage zur Debatte, die bislang keiner Klärung zugeführt wurde, der Verband im Interesse der anderen Verbandsmitglieder diese aber ebenso wie sein Mitglied, das in dem konkreten Verfahren Partei ist, in einer bestimmten Richtung entschieden haben möchte, kann er dem Verfahren auf Seiten seines Mitgliedes beitreten. Obwohl auch in diesen Fällen das oben genannte Tatbestandsmerkmal des Interesses an der Bewahrung eigener Rechte an sich nicht erfüllt ist13, setzt sich die Rechtsprechung also in diesem Zusammenhang ebenfalls über den Wortlaut der Bestimmung hinweg. Insgesamt läßt sich damit feststellen, daß die der zivilprozessualen intervention accessoire zugeschriebenen Zwecke damit weitergehend sind als die der deutschen Nebenintervention. Das deutsche Zivilprozeßrecht berücksichtigt die Interessen Dritter nur dann, wenn diese einen rechtlichen Gehalt aufweisen. Nur sofern die rechtlichen Beziehungen Dritter zu Kläger oder Beklagtem durch das zwischen diesen anhängige Verfahren tangiert werden können, soll dem Dritten Gelegenheit gegeben werden, sich zu äußern. Der französische Zivilprozeß geht dagegen erheblich weiter. Auch moralische oder wirtschaftliche Interessen Dritter werden hier wie gesehen als ausreichend erachtet, um diese in das Verfahren miteinbeziehen zu können. Weiterhin spielen Interessenverbände und ähnliche Institutionen eine nicht unerhebliche Rolle. Deutlich wird damit, daß der französische Zivilprozeß weniger streng am Zwei-Parteien-System ausgerichtet ist als der deutsche. Nicht nur rein rechtliche Beziehungen sollen durch den Richter befriedet werden, im Rahmen der intervention accessoire wird vielmehr das Zivilgerichtsverfahren auch gleichzeitig dazu genutzt, andere Konfliktsituationen zu einem Ausgleich zu bringen. Durch die beschriebenen Möglichkeiten der Verfahrensbeteiligung für Organisationen und Verbände wird diesen zudem die Befugnis eingeräumt, nicht nur im Rahmen der Legislative, sondern auch am konkreten Fall auf die Rechtsbildung und -fortentwicklung durch die judikativeGewaltEinfluß zu nehmen 14 •
11 Vgl. etwaCass. Req., 25.7.1870, D.P. 1872, S. l ff; Cass. Civ., 3l.l.l956, 0.1956, 2, S.589 (590); Cass. Civ., 8.2.1978, Bull. Civ. l, Nr.50; C.A. Rouen, 10.6.1971, Gaz. Pa!. 1971 ,2, S.63l (632); dazu auch Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 127-l, Nr. 37 ff; Heron, Droit judiciare prive, Nr. 970; Vincent!Guinchard, Procedure Civile, Nr.l157; Solus!Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr.l05l; Herzog, Civil Procedure in France, Rn. 7.14. 12 Dahingehend auch Hübner!Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S. 103. 13 Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 127-l, Nr. 37. 14 Wie die deutsche Nebeninterve ntion ist die intervention accessoirezugleich auch prozeßökonomisch, denn sie führt zu einer Einbindung des Intervenienten in die Wirkungen des Urteils; dazu noch alsbald unter A.l. 3. a).
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
2. Der Verfahrensbeitritt Der Beitritt zum Rechtsstreit erfolgt wie·im deutschen Zivilprozeß durch Einreichung eines entsprechenden Schriftsatzes bei Gericht. Eines gesonderten Beteiligungsgesuchs bedarf es also auch hier nicht. Das Beitrittsinteresse des Intervenienten wird ebenfalls nur auf Rüge der Parteien geprüft15 • Sofern allerdings eine der Parteien die Zulässigkeit der Intervention bestreitet, entscheidet das Gericht hierüber nicht vorab durch Zwischenurteil, sondern erst in der Endentscheidung 16• Für die Betroffenen hat dies insofern zur Folge, daß sie bis dahin im Unklaren gelassen werden, ob die Streitbeteiligung des Dritten nun zulässig ist oder nicht. Erfolgt keine Rüge, so stellt der Richter im Urteil nur die Zulässigkeit der Intervention fest. Grundsätzlich ist die Intervention in jedem Stadium des Verfahrens möglich17 • Sie kann jedoch anders als im Rahmen des § 66 ZPO nicht mit der selbständigen Einlegung eines Rechtsmittels verbunden werden, denn nach bislang noch gefestigter Sichtweise steht das Recht zur Rechtsmitteleinlegung nur Kläger und Beklagtem, nicht aber dem Nebenintervenienten zu 18• Nach Abschluß einer Instanz ist der Beitritt infolgedessen erst dann wieder möglich, wenn der Richterspruch durch eine der Parteien angefochten wurde. Eine weitere zeitliche Einschränkung ergibt sich zudem aus der für alle Formen der Intervention geltenden Vorschrift des Art. 326 N.C.P.C. Danach soll der Richter, sofern die Intervention das Risiko einer übermäßigen Verzögerung des Rechtsstreits birgt, zuerst nur über die Hauptsache entscheiden und erst dann über die Intervention. Der Inhalt dieser Norm und insbesondere ihre Bedeutung für die intervention accessoire sind nicht leicht verständlich. Beides erschließt sich am besten durch einen Blick auf die hier ansonsten nicht weiter behandelte intervention principale. Macht der Dritte gegenüber den Parteien des Rechtsstreits ein eigenes Recht geltend, so soll diesen nicht zugemutet werden, durch die intervention in der Entscheidung ihres Rechtsstreits über Gebühr zeitlich beeinträchtigt zu werden. Über beide Verfahren wird insofern in diesem Fall nacheinander entschieden. Im Rahmen der intervention accessoire ist die Situation nun aber die, daß es nach der Entscheidung in der Hauptsache nichts mehr zu entscheiden gibt19• Über Hauptsache und Intervention muß vielmehr immer gleichzeitig ent15 Cass. Civ., 15.6.1976, Bull. Civ., III, Nr.267; Herzog, Civil Procerlure in France, S.291. Das Beitrittsinteresse gehört zu den Zulässigkeilsvoraussetzungen der Kategorie "fins de non recevoir" (dazu noch unter A. I. 3. b) aa)); es ist jedoch kein "finde non-recevoir d' ordre public" und daher nicht von Amts wegen überprüfbar; kritisch hierzu Martin in: Juris-Classeur Procerlure Civile, Fasc.l27-l, Nr.4. 16 Dazu Martin in: Juris-Classeur Procerlure Civile, Fase. 127- 1, Rn. 56. 17 Wiederkehr in: Guide Juridique Dalloz, Nr. 309, Rn. 12; Heron, Droit judiciare prive, Nr. 967; Solus/Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 1058. 18 Dies gilt zumindest für die Entscheidung in der Sache. Befindet das Urteil zugleich die Unzulässigkeil der Intervention, so ist gegen diesen Teil allerdings ein Rechtsmittel möglich; M artin in: J uris-Classeur Procerlure Civile, Fase. 127-1, Nr. 56; siehe hierzu weiterhin noch unter A. I. 3. b) bb). 19 Martin in: Juris-Ciasseur Procerlure Civile, Fasc.127-1, Nr. 93.
A. Die intervention accessoire
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schieden werden20. Dies hat für die Nebenintervention zur Folge, daß, wenn die Voraussetzungen einer erheblichen Verfahrensverzögerung vorliegen, die Intervention im Urteil zurückzuweisen ist21 . Ob eine entsprechende Verzögerung droht, hängt maßgebend von den sogleich noch zu erörternden Prozeßhandlungen des Intervenienten, insbesondere von seinen Beweisangeboten ab22. Dem Gericht steht hier wohl ein weiter Beurteilungsspielraum zu23.
3. Die Rechtswirkungen des Beitritts a) Die Parteistellung und die Bindungswirkungen der Entscheidung Anders als in Deutschland wird der Intervenient als Partei des Rechtsstreits bezeichnet24. Das französische Recht unterscheidet insofern nicht begrifflich zwischen Kläger und Beklagtem als Parteien und Drittbeteiligten; Kläger und Beklagter werden dabei allerdings parties principales, der Intervenient partie accessoire genannt. Kläger und Beklagter sind mithin Hauptparteien, der Intervenient NebenparteL Folge der Parteistellung ist, wie noch zu zeigen sein wird, gleichwohl nicht, daß der Intervenient damit sämtliche prozessualen Möglichkeiten der Hauptparteien erhält. Mit der Parteibezeichnung werden vielmehr nur Bindungswirkungen der richterlichen Entscheidung für den Dritten verbunden25. Wie das deutsche entfaltet auch das französische Zivilurteil Rechtskaftwirkung grundsätzlich nur inter partes (Art. 1351 C.C., l'autorite relative de la chose jugee)26. Konsequenz des Beitritts ist es nun, daß der Dritte an die Rechtskraft des Richterspruchs gebunden wird27. Im deutschen Recht würde dies wie weiter oben ausgeführt wenig Sinn machen28 • Da Gegenstand der Rechtskraft dort nämlich nur der Subsumtionsschluß des Gerichts ist, würde eine Einbindung in die materielle Rechtskraft der Entscheidung wie aufgezeigt keinen Nutzen bringen. Der Intervenient wäre zwar in subjektiver Hinsicht an den Urteilspruch gebunden, objektiv geSolus/Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr.1062. Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 127-1, Nr. 93. 22 Siehe hierzu unter A. I. 3. b) bb). 23 Vgl. Martin in: Juris-Classeur Procecture Civile, Fase. 127-1, Nr. 93. 24 Wiederkehr in: Guide Juridique Dalloz, Nr. 309, Rn. 24; Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fasc. 127-1, Nr. 54; Spellenberg, ZZP 106 (1993), S. 283 (311). 25 Dazu allgemein auch Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S.41, 133ff. 26 Dazu ausführlich Schweickert, Die subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft französischer Zivilurteile unter vergleichender Heranziehung des deutschen Rechts, S. 30 ff. 27 Solus/Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 1059; Martin in: Juris-Classeur Procecture Civile, Fase. 127-1, Nr. 54; Wiederkehr in: Guide Juridique Dalloz, Nr. 309, Rn. 24; Heron, Droit judiciare prive, Nr. 970 (Fn. 2); dazu auch Gutsche, Die Bindungswirkung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs, S.44. 28 Siehe dazu schon im 2. Kapitel unter A. I. 1. a) cc) (3) sowie unter A. li. 3. b ). 20 21
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
sehen liefe die Bindungswirkung indes leer. Das französische Recht definiert die materielle Rechtskraft dagegen anders. Neben dem Urteilstenor nehmen danach auch die tragenden Gründe der Entscheidung- die ratio decidendi - an der Rechtskraft des Urteils teiF9• Präjudizielle Rechtsverhältnisse und Tatsachenfeststellungen insofern können Bestandteil der Bindungswirkung sein. Schon durch die materielle Rechtskraft des Urteils wird in Frankreich also eine der deutschen Interventionswirkung vergleichbare Bindung des Streithelfers erzeugt, ohne daß es einer gesonderten Bindungsform bedürfte. Die französische Doktrin erkennt darüber hinaus ebenso wie die deutsche bestimmten Urteilen Rechtskraftwirkung erga omnes zu (1' autorite absolue de la chose jugee). Dies gilt wie im deutschen Recht insbesondere für Urteile in Statussachen, da vor allem bei diesen ein öffentliches Interesse an einer allgemeinverbindlichen Regelung besteht30. Zur absoluten Rechtskraft wird dabei weiterhin allerdings auch die von einem Gestaltungsurteil ausgehende Gestaltungswirkung gezählt31 . Obwohl Rechtskraft- und Gestaltungswirkung wie oben beschrieben eigentlich zwei verschiedene Urteilswirkungen sind32, wird also zwischen beiden nicht recht unterschieden33. Weiterhin besteht die Überzeugung, daß grundsätzlich von allen Urteilen schon allein aufgrundihrer Existenz negative Wirkungen gegenüber Dritten ausgehen können. Als rechtserheblicher Akt könne das Urteil jedem Dritten entgegengehalten werden und so, wie etwa ein zwischen anderen geschlossenes Rechtsgeschäft, seine Situation nachteilig beeintlussen34. Das Urteil wirke eben als Faktum, das sich nur durch die Berufung auf die im Normalfall bestehende relative Rechtskraft der Entscheidung nicht beseitigen lasse35. Um für den Dritten nachteilige Ur29 Vgl. dazu jeweils m. w. N. Dimaras, Anspruch "Dritter" auf Verfahrensbeteiligung, S. 113, und Tsikrikas, Die Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs im Vertragsverletzungsverfahren (Art. 169ff. EWGV), S. 58; außerdem Degen, DV 14 (1981), S. 157 (165). 30 Siehe hierzu die Beispiele bei Schweickert, Die subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft französischer Zivilurteile unter vergleichender Heranziehung des deutschen Rechts, S. 117 ff. 31 Martin in: Juris-Classeur Procerlure Civile, Fase. 738, Nr. 12; Debbasch!Ricci, Contentieux Administratif, Nr. 624; LeChatelier in: Juris-Classeur Administratif, Fase. 1110, Nr. 54 ff; Degen, DV 14 (1981), S. 157 (162f); dazu auch Schweickert, Die subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft französischer Zivilurteile unter vergleichender Heranziehung des deutschen Rechts, S. 121 f. 32 Siehe hierzu schon in Fn.12 des 2. Kapitels. 33 Vgl. hierzu auch Andre, EuR 1967, S. 97 (101). 34 So ausdrücklich Martin in: Juris-Classeur Procerlure Civile, Fase. 738, Nr. 12: "Le jugement dit Je droit comme verite entre !es parties, mais il contient egalement une decision assortie de l'imperium, il donneun ordre, et par Ia il peut atteindre !es tiers, parce que !es relations juridiques ne peuvent etre compartimentees en cerdes fermes qui isoleraient !es parties" ; außerdem Vincent!Guinchard, Procerlure Civile, Nr. 1485; Spellenberg, ZZP 106 (1993), S. 283 (295 f); Schober, Drittbeteiligung im Zivilprozeß, S. 101. 35 Vgl. Tsikrikas, Die Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs im Vertragsverletzungsverfahren (Art. 169 ff. EWGV), S. 85 (Fn. 18); Schweickert, Die subjektiven Gren-
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teiiswirkungen aus der Welt zu schaffen, kann dieser nun, sofern er an dem Erstverfahren nicht beteiligt war, die weiter unten noch näher besprochene tierce opposition gegen das Urteil erheben36. Dies gilt nach heute einhelliger Meinung auch in den Fällen absoluter Rechtskraft. Die Entscheidungswirkung ist hier insofern nur eine "provisorische"37 . Beteiligt sich der Dritte allerdings an dem Rechtsstreit, ist ihm die Möglichkeit der tierce opposition genommen.
b) Die Befugnisse des Intervenienten im Prozeß Die Regelungen des N.C.P.C. selbst treffen kaum eine Aussage über die prozessualen Befugnisse des Intervenienten. In Art. 330 Abs. I N. C. P. C. heißt es lediglich "l'intervention est accessoire lorsqu'elle appuie !es pretentions d'une partie".
Welche prozessualen Möglichkeiten dem Intervenienten dafür zustehen, regelt das Gesetz indes mit keinem Wort. Um hierüber Klarheit zu gewinnen, bedarf es zunächst eines Blicks auf die Aufgabenverteilung zwischen Gericht und Parteien im französischen Zivilprozeß und auf die den Hauptparteien selbst zukommenden Möglichkeiten, auf Inhalt und Verlauf des Verfahrens später noch einzuwirken, denn nur hieraus werden die prozeduralen Befugnisse des Streithelfers verständlich. aa) Überblick über die Aufgabenverteilung im französischen Zivilprozeß Der französische Zivilrechtsstreit unterliegt ebenso wie der deutsche dem Dispositionsgrundsatz38. Den Parteien steht es damit grundsätzlich frei, den begonnenen Prozeß- gegebenenfalls einvernehmlich- auch wieder zu beenden39. Das Gericht ermittelt den dem Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalt nicht von Amts wegen. Die Beibringung der entscheidungserheblichen Tatsachen obliegt vielmehr den Parteien; auf nicht vorgebrachte Tatsachen darf sich der Richter bei seiner Entscheidung nicht stützen (Art. 7 Abs. I N.C.P.C.)40 • Beweis über die behaupteten Tatsachen wird grundsätzlich nur dann erhoben, wenn die entsprechende Partei Beweis zen der materiellen Rechtskraft französischer Zivilurteile unter vergleichender Heranziehung des deutschen Rechts, S. 32f. 36 Dazu noch unter A. 111. 37 Vgl. zum Begriff Schweickert, Die subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft französischer Zivilurteile unter vergleichender Heranziehung des deutschen Rechts, S.137. 38 Vgl. dazu nur Möller, Die Klageänderung im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 21. 39 Zur Frage, ob die Dispositionsbefugnis der Hauptparteien durch die Beteiligung des Intervenienten eingeschränkt wird, sogleich. 40 Eine der richterlichen Aufklärungspflicht des§ 139 Abs. 1 ZPO vergleichbare Vorschrift besteht mit Art. 8 N.C.P.C.: ,,Le juge peut inviter !es parties a foumir !es explications de fait qu'il estime necessaires a Ia solution du litige".
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3. Kap.: Die ProzeRbeteiligung Dritter im französischen Recht
für ihren Vortrag anbietet, Art. 9 Abs. 1 N.C.P.C.41 • Das zivilprozessuale Verfahren folgt somit, wiederum in Übereinstimmung mit dem deutschen Recht, der Verhandlungsmaxime (le principe de la contradiction)42 • Vor der Reform des Zivilprozeßrechts Anfang der siebziger Jahre galten Substantiierungspflicht und die damit korrespondierende Kompetenzbeschränkung des Gerichts auch in rechtlicher Hinsicht43• Der Kläger hatte danach auch die seiner Klage zugrundeliegende rechtliche Grundlage, die sog. cause juridique des Verfahrens, zu benennen44 • Anders als der deutsche Zivilrichter45 war der französische insofern weder berechtigt noch verpflichtet, den vorgetragenen Sachverhalt ex officio unter jedem möglichen rechtlichen Gesichtspunkt zu beleuchten. Die genaue inhaltliche Bestimmung des Begriffs cause juridique war indes von jeher problembehaftet%. So war vor allem unklar, ob die cause eher als die konkrete anspruchsbegründende Norm oder aber als das der Norm zugrundeliegende allgemeinere Rechtsprinzip verstanden werden sollte47 • Die hier vormals geführten Streitigkeiten brauchen für die vorliegende Untersuchung nicht vertieft zu werden. Beispielhaft zur Verdeutlichung der rechtlichen Bindung des Gerichts sei lediglich genannt, daß die Rechtsprechung etwa Vertrag und Delikt als unterschiedliche causes juridiques betrachtete und der Beklagte insofern nicht aus deliktischer Haftung verurteilt werden durfte, wenn sich der Kläger zur Stützung seiner Klage nur auf eine vertragliche Haftung berufen hatte48 • Seit der Reformierung des N.C.P.C. besteht diese Beschränkung wie schon angeführt jedoch nicht mehr. Der Begriff der cause wurde hierbei aus dem Code herausgenommen und die Befugnisse und Verpflichtungen der Parteien und des Gerichts dediziert neu geregelt49 • Dem Kläger kommt danach nur noch die Verpflichtung zu, den klagebegründenden Sachverhalt vorzutragen; eine rechtliche Begründung braucht er nicht geltend zu machen50. Eine vollständige rechtliche Würdi41 Ausnahmsweise sind nach Art. 10 N. C. P. C. auch Beweiserhebungen von Amts wegen zulässig. 42 Ausführlich hierzu Normand in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 152, Nr. !Off. 43 Unmittelbar für den Zivilprozeß sind die hierzu folgenden Ausführungen zwar nur vom historischem Interesse, für das Verständnis des französischen Verwaltungsprozeßrechts und auch des Gemeinschaftsprozeßrechts sind sie, wie zu zeigen sein wird, gleichwohl von Bedeutung. 44 Dazu insbesondere Normand in: Juris-Classeur Procedure Civi!e, Fase. 152, Nr. 3 mit zahlreichen Nachweisen. 45 Dazu bereits im 2. Kapitel unter A.l. 1. a) cc)(2). 46 Vgl. Normand in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 152, Nr. 2: "Malheureusement Je concept de cause, qui constituait Ia pierre angulaire de I' edifice etait incertain et controverse."; anders hingegen im Verwaltungsprozeß, siehe dazu alsbald unter A. II. 1. 47 V gl hierzu Gi/li, La cause juridique de Ia demande en justice, S. 55 ff. 48 Weitere Beispiele bei Cornu!Foyer, Procedure Civile, S.405. 49 Ausführlich dazu Normand in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 152, Nr. 8 ff; außerdem Beardsley, A.J.C.L. 34 (1986), S.456. 50 Soweit der Begrif der cause in der zivilprozessualen Literatur noch Verwendung findet, wird damit heute der dem Verfahren zugrundeliegende Lebenssachverhalt beschrieben; vgl. Normand in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 152, Nr. 3m. w. N.
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gung der Angelegenheit hat nunmehr durch das Gericht von Amts wegen zu erfolgen (Art.l2 N.C.P.C.)51 • Der Kläger muß in seiner den Rechtsstreit einleitenden Klageschrift, der demande enjustice, das objet de la demande bezeichnen. Dies ist das sich in seinem Klagantrag (der conclusion) manifestierende begehrte Rechtsschutzziel, oder m. a. W., der Gegenstand der von ihm erhobenen Klage52• Die von Kläger und Beklagtem in dem Prozeß jeweils verfolgten Ziele bilden dann gemeinsam das objet de litige (Art.4 Abs.l N.C.P.C.). Die Klage muß darüber hinaus ein expose des moyens enthalten. Diese moyens stellen die Gründe des Klägers53 für die anhängig gemachte Klage dar. Vor dem Hintergrund der soeben beschriebenen, früher bestehenden Bindung des Gerichts an den rechtlichen Parteivortrag wird dabei auch heute noch unterschieden zwischen moyens de fait und moyens de droit. Erstere sind die einzelnen Tatsachenbehauptungen, die in ihrer Gesamtheit den dem Verfahren zugrundeliegenden Lebenssachverhalt ausmachen54• Moyens de droit sind die früher für die Benennung der cause juridique erforderlichen, heute fakultativ möglichen Rechtsausführungen 55. Allerdings wird als moyen nur jeweils solcher Vortrag bezeichnet, der ein gewisses Maß an Selbständigkeit der Argumentation aufweist56• Hiervon zu unterscheiden sind die einfachen arguments, die ein moyen lediglich näher darlegen und entwickeln. Eine systematische Abgrenzung beider Begrifflichkeiten läßt sich nach Ansicht Lasry/Georges indes kaum finden57• Die Differenzierung ist jedoch (jedenfalls im Zivilprozeß)58 auch nicht von allzu großer Bedeutung, denn sie erschöpft sich im wesentlichen darin, daß das entscheidende Gericht in seiner Urteilsbegründung nur zu den eigentlichen moyens Stellung nehmen muß59• Der Kläger kann im Verlauf des Verfahrens grundsätzlich noch neue moyens geltend machen60 • Für moyens de droit versteht sich dies aufgrund der nunmehr bestehenden VerSiehe hierzu Normand in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 152, Nr. 36ff. Solus/Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 64; dazu auch Möller, Die Klageänderung im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 22, und Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 17; wie sogleich ersichtlich werden wird, ist dies nicht der prozessuale Anspruch bzw. Streitgegenstand des deutschen Zivilprozeßrechts, dazu schon in Fn. 41 des 2. Kapitels. 53 Zu den moyens des Beklagten und des Intervenienten sogleich; zum Begriff der moyens im Gemeinschaftsrecht noch im 4. Kapitel unter D.III. 2. a) bb) ( 1). 54 Solus/Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 73. 55 Solus/Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 73. 56 Lasry/George, J. C. P. 1950, I, S. 843 ff. 57 Lasry/George, J.C.P. 1950, I, S. 843ff. 58 Zum Verwaltungsprozeß sogleich. 59 Lasry!George, J.C.P. 1950, I, S. 843 ff; dazu auch Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 19. 60 Zur abweichenden Rechtslage im Gemeinschaftsrecht siehe noch im 4. Kapitel unter D. III. 2. a) bb)( 1). 51
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pflichtung des Gerichts zur allumfassenden rechtlichen Würdigung des Sachverhalts von selbst. Auch neue moyens de fait und Beweisangebote hierfür sind im Gegensatz zum deutschen Zivilprozeß in weitem Maße zulässig. Von der Möglichkeit der Präkludierung verspäteten Parteivorbringens macht das französische Zivilprozeßrecht nämlich in weit geringerem Umfange als das deutsche Gebrauch61 . Die neu eingebrachten moyens dürfen nur nicht soweit gehen, daß mit ihnen der vormals vorgetragene Lebenssachverhalt ausgewechselt wird. Dies wäre eine Klageänderung (demande nouvelle); eine solche ist jedoch nur in Form der Antragserweiterung oder -beschränkung bei grundsätzlich gleichbleibendem Sachverhalt und auch nur in begrenztem Rahmen zulässig62 • Als moyens und arguments werden zunächst auch die materiellen Verteidigungen des Beklagten (les defenses au fond) bezeichnet (vgl. Art. 71 N.C.P.C.). Moyens de fait (moyens de droit ohnehin) kann der Beklagte gemäß Art. 72 N.C.P.C. genauso wie der Kläger grundsätzlich in jedem Zeitpunkt des Verfahrens geltend machen63 • Beweisangebote zur Stützung seiner moyens kann er uneingeschränkt in den Rechtsstreit einbringen64 • Ebenfalls als moyens bezeichnet werden darüber hinaus die prozessualen Verteidigungen des Beklagten. Für diese gilt das soeben Gesagte jedoch nur eingeschränkt. Die französische Doktrin unterscheidet im Rahmen der Zulässigkeit einer Klage zwischen sogenannten exceptions (Art. 73 ff N. C. P. C.) und fins de non-recevoir (Art. 122 ff N. C. P. C. )65 • Exceptions sind solche Verfahrenshindernisse, die die Klage nur zeitweilig unzulässig machen66 • Beipielsweise zählt hierzu die Unzuständigkeit des Gerichts. Die exceptions sind teilweise von Amts wegen zu prüfen; dies ist der Fall, wenn sie d' ordre public sind, d. h. wenn an ihrer Beachtung ein öffentliches Interesse besteht67• Teilweise werden sie nur auf Rüge beachtet68. Bei letzteren muß der Beklagte seine Rüge bei Prozeßbeginn und vor Eintritt in die materielle Verteidigung geltend machen. Andernfalls ist er hiermit ausgeschlossen (Art. 74 Abs. 1 N.C.P.C.)69 • Die Prüfung einer ohnehin von Amts wegen zu beachtenden exception kann er dagegen selbstredend jederzeit anregen. Die vorge61 Dazu ausführlich. Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 99ff; für das deutsche Recht siehe bereits im 2. Kapitel unter A.I. 1. a)cc)(2). 62 Siehe hierzu Möller, Die Klageänderung im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 27 ff m. w. N. 63 Vgl. hierzu auch Couchez, Procedure Civile, Nr. 161. 64 Vgl. Huerte, A.J. 1957, I, S.37 (38). 65 Beide Begriffe haben auch Eingang gefunden in die französischen Fassungen der Verfüen von Gerichtshof und Gericht erster Instanz. 66 Siehe hierzu auch Hübner/Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S. 230. 67 So etwa die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts in bestimmten Fällen, vgl. Art. 92, 93 N.C.P.C. 68 Ausführlich zu den einzelnen exceptions und der Frage ihrer Prüfung Couchez, Procedure Civile, Nr. 162 ff; außerdem Braun, Prozeßhindernde Einreden und Zwischenstreit im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 34 ff. 69 Couchez, Procedure Civile, Nr. 163.
A. Die intervention accessoire
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nannte Unterscheidung findet sich auch bei den fins de non-recevoir. Hierbei handelt es sich um solche Zulässigkeitsbedingungen, die das Klagebegehren aus prozessualen Gründen dauerhaft zu Fall bringen, z. B. die Nichteinhaltung einer etwaigen Klagefrist70. Fins de non-recevoir d'ordre public hat der Richter jederzeit von sich aus zu prüfen (Art. 125 Abs.l N.C.P.C.)1 1• Anders als die verzichtbaren exceptions können rügeabhängige fins de non-recevoir indes gemäß Art.l23 N.C.P.C. auch noch im Verlauf des Verfahrens geltend gemacht werden. Eine Präklusion tritt hier insofern nicht ein72 • bb) Die prozeduralen Möglichkeiten des Intervenienten im einzelnen Nach diesem Überblick über die Rechte und Pflichten der Hauptparteien respektive des Gerichts im französischen Zivilprozeß ist es nunmehr möglich, auch die Befugnisse des intervenant accessoire darzulegen. Obwohl der Intervenient wie erwähnt als partie de l'instance bezeichnet wird, ist hieraus allgemeiner Ansicht nach nicht zu schließen, daß ihm damit auch dieselben prozessualen Befugnisse wie Kläger und Beklagtem einzuräumen sind. Ein derartiges Kompetenzspektrum wird wie im deutschen Zivilprozeßrecht für mit der nur akzessorischen Qualität seiner Beteiligung unvereinbar gehalten73 . So hat der Streithelfer des französischen Zivilrechtsstreits aus diesem Grunde ebenso wie auch der Nebenintervenient im deutschen Zivilprozeß zunächst keinerlei Einfluß auf die Disposition über das Verfahren. Er kann insofern die Klage nicht ändern oder gar zurücknehmen74 . Dem Intervenienten steht zwar grundsätzlich das Recht zu, Anträge zu stellen. Dieses Recht hat jedoch selbständige Bedeutung wie im deutschen Recht lediglich in Bezug auf die Stellung das Verfahren betreffender Anträge, denn abweichende Sachanträge des Intervenienten sind aufgrund der vorgenannten Bemerkung unzulässig. Kläger und Beklagter erfahren des weiteren auch keine Einschränkung in ihrer eigenen Dispositionsbefugnis durch die Beteiligung des Streitgehilfen. Wollen sie den Prozeß anders als durch Urteil beenden, so muß der Intervenient dies hinnehmen75. Die prozeduralen Rechte des intervenant accessoire sind im wesentlichen gekennzeichnet durch seine Möglichkeiten, neue moyens und Beweismittel in das Verfahren einzuführen. Für moyens de droit gilt dies nach heutigem Recht uneingeVgl. Art.l22 N.C.P.C. Siehe hierzu auch Cass. Civ., 9.12.1986, Bull. Civ., I, Nr. 293. 72 Zur Begründung hierfür siehe Couchez, Procerlure Civile, Nr. 164. 73 Zum deutschen Recht siehe schon im 2. Kapitel unter A. I. I. a) cc )(2) sowie unter
1o
71
A. II. 3. c). 74 Wiederkehr in: Guide Juridique Dalloz, Nr. 309, Rn. 25. 75 Cass. Soc., 9.10.1986, Bull. Civ., V, Nr. 488; Cadiet, Droit Judiciaire Prive, Nr. 804; Solus!Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. I 061 ; Heron, Droit judiciare prive, Nr. 971 ; Martin in: Juris-Classeur Procerlure Civile, Fase. 127-I , Nr. 56.
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
schränkt, denn eine rechtliche Beurteilung des Falles nimmt das Gericht von Amts wegen ohne Bindung an den Vortrag der Beteiligten vor. Früher hätten demgegenüber moyens de droit des Intervenienten, die einer anderen, vom Kläger nicht geltend gemachten cause juridique unterfielen, eine unzulässige Klageänderung bedeutet. Weiterer Vortrag des Streithelfers unterliegt zunächst der Beschränkung, daß dieser allgemeiner Ansicht nach den Rechtsstreit in der Lage zur Zeit seines Beitritts annehmen muß76 • Anders als im deutschen Zivilprozeß hat dies jedoch im Rahmen der Begründetheil der Klage im wesentlichen lediglich zur Konsequenz, daß er bereits durchgeführte Beweisaufnahmen gegen sich gelten lassen muß, ohne eine Wiederholung verlangen zu können77, denn das Institut der Präklusion verspäteten Vorbringens hat im französischen Zivilprozeßrecht wie erwähnt nur geringe Ausprägung erlangt. Exceptions und fins de non-recevoir kann der zur Unterstützung des Beklagten beigetretene Intervenient geltend machen, wenn diese Rügen auch von dem Beklagten selbst noch erhoben werden können. Dies bedeutet, daß er rügeabhängige exceptions nur dann in das Verfahren einbringen kann, wenn er bereits im Anfangsstadium des Rechtsstreits beitritt. Eine folgenreichere Begrenzung der Möglichkeiten des Intervenienten, das Verfahren zu beeinflussen, ergibt sich aus der schon angeführten Vorschrift des Art. 326 N.C.P.C., wonach die Intervention die Erledigung des Rechtsstreits nicht übermäßig verzögern darf. Diese Bestimmung wirkt sich insbesondere dann aus, wenn der Streithelfer etwa die Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme beantragt. Eine solche kann das Gericht ablehnen und die Intervention dann in seinem Urteil als unzulässig erachten78 • Nach früher h. M. durfte sich der Intervenient mit seinem Verhalten nicht in Widerspruch zu der Prozeßführung der unterstützten Partei setzen79. Danach konnte er insofern moyens und Beweismittel nicht in den Rechtsstreit einführen, wenn die unterstützte Hauptpartei dem widersprach. Mit Blick auf die oben beschriebenen Bindungswirkungen der Intervention wurde diese Sichtweise mittlerweile jedoch aufgegeben. So heißt es zur Begründung etwa bei Solus/Perrot: "Enfin, Je jugement qui sera rendu aura autorite de chose jugee a son egard: il pourra en invoquer le benefice a son profit, mais s'illui est dCfavorable, il sera prive du droit de former tierce opposition"8o, 76 V gl. nur SoluslPerrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 1058. 77 Cass. Civ., 6.2.1958; Bull. Civ., II, Nr.I09. 78 V gl. hierzu schon unter A. I. 2. 79 So etwa Glasson!Tissier, Precis theorique et pratique de procedure civile, Bd. 1, S. 632f; dazu auch Speilenberg, ZZP 106 ( 1993), S. 283 (311 ), der unter fälschlichem Hinweis auf Solus!Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 1060, allerdings wohl meint, diese Sichtweise sei immer noch herrschend, Solus/Perrot stellen diese Ansicht indes lediglich dar, vertreten sie aber nicht. 80 Solus!Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 1059.
A. Die intervention accessoire
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Der Intervenient kann danach nunmehr auch solche moyens de fait vortragen, die die unterstützte Hauptpartei nicht in den Prozeß einbringen will81 • Auch Beweismittel kann er unabhängig von dem Willen der Hauptpartei geltend machens2 • Überraschend wirkt in diesem Zusammenhang allerdings, daß Rechtsprechung und Lehre nahezu einmütig dem Streitgehilfen die Möglichkeit verweigern, selbständig gegen den Richterspruch Rechtsmittel einzulegen83 • Gewiß sollte die weiträumige Gewährung der intervention accessoire durch die extensive Auslegung des Art. 330 Abs. 2 N. C. P. C. nicht dazu führen, die Rechtsmittelinstanzen der Zivilgerichtsbarkeit über Gebühr zu belasten. Insbesondere dürfte es kaum erforderlich sein, den als Intervenient auftretenden Interessenverbänden und Berufsorganisationen den Instanzenzug zuzubilligen, sofern diese in dem Rechtsstreit nur ihr interet collectif verfolgen. Der völlige Ausschluß der Möglichkeit, die Angelegenheit aus eigenem Recht in die nächste Instanz zu bringen, führt jedoch dazu, daß auch diejenigen, die dem Verfahren beigetreten sind, weil sie in eigenen Rechten betroffen sind, auf das Verhalten der Hauptparteien angewiesen sind. Diese Sichtweise überzeugt letztlich auch deshalb nicht, weil im Verwaltungsprozeßrecht eine entsprechende unterschiedliche Behandlung der Streithelfer durchaus praktiziert wird84•
II. VerwaltungsprozeR 1. Einleitungsbernerkungen; Überblick über die Klagearten und die Aufgabenverteilung im französischen Verwaltungsprozeß
Weniger als im Zivilprozeß hat die Intervention accessoire wie schon eingangs erwähnt im Verwaltungsgerichtsverfahren einen gesetzlichen Niederschlag gefunden. In Art. 65 1. Hs. der Ordonnance vom 31.7.1945 und in Art. R. 187 Abs. 1 C. T. A. C. A. A. heißt es lediglich unterschiedslos: "L'intervention est forrnee par requete distincte."
Weder Voraussetzungen noch Beitrittswirkungen sind damit in irgendeiner Form positiviert. Das Institut ist aufgrund dessen im Verwaltungsprozeß vor allem ein Produkt der Rechtsprechung des Conseil d'Etat und des Schrifttums. Staatsrat und Literatur beurteilen die Zulässigkeit und Wirkungen der Nebenintervention dabei 81 Heron, Droit judiciare prive, Nr. 971; Wiederkehr in: Guide Juridique Dalloz, Nr. 309, Rn. 25; Solus!Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 1060; Martin in: Juris-Ciasseur Procedure Civile, Fasc.127-1, Nr.55. 82 Wiederkehr in: Guide Juridique Dalloz, Nr. 309, Rn. 25; Solus!Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 1060; Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 127-1, Nr. 55. 83 Cass. Civ., 29.5.1984, Bull. Civ., IV, Nr. 179; Wiederkehr in: Guide Juridique Dalloz, Nr. 309, Rn. 25; Martin in: Juris-Ciasseur Procedure Civile, Fase. 127-1, Nr. 56; kritisch dazu soweit ersichtlich nur Heron, Droit judiciare prive, Nr. 971 (Fn. 2). 84 Dazu alsbald unter A.II.4.
7 Nissen
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
allerdings nicht verfahrensartübergreifend einheitlich. Vorab ist deshalb an dieser Stelle eine kurze Betrachtung der Klagearten vor den französischen Verwaltungsgerichten von Nöten. Diese ist, wie im weiteren Verlauf der Untersuchung ersichtlich werden wird, auch für die anderen Formen der Drittbeteiligung im französischen Verwaltungsprozeß von Bedeutung. Das französische Verwaltungsprozeßrecht orientiert sich bei Einteilung der Klageverfahren klassischerweise an dem Ausmaß der gerichtlichen Kontrollbefugnisse und unterscheidet zwischen solchen, die der Aufhebung eines Rechtsaktes dienen (contentieux de l'annulation) und solchen, mit denen die Verurteilung der Behörde zu einer Leistung erstrebt wird (contentieux de pleine jurisdiction)85 • Wichtigster Fall der Aufhebungsklagen ist der recours pour ecxes de pouvoir, der gern als das Kernstück des französischen Verwaltungsrechtsschutzes bezeichnet wird86 , und der auch als Vorbild der gemeinschaftsrechtlichen Nichtigkeitsklage gedient hat87 • Der recours pour exces de pouvoir ist gewissermaßen die allgemeine Aufhebungsklage, mit der Verwaltungsentscheidungen angegriffen werden, und er erfüllt damit zunächst die Funktion der deutschen Anfechtungsklage88 • Spezialgesetzlich vorgesehene weitere Aufhebungsklagen gibt es daneben etwa für die Anfechtung von Beschlüssen des Gemeinderats oder der Departmentkommission89• Der recours pour exces de pouvoir ist dabei auch in Situationen einschlägig, in denen in Deutschland die Verpflichtungsklage Anwendung findet, denn diese Rechtsschutzform ist dem französischen Verwaltungsprozeßrecht als eigenständige Klageart fremd. Lehnt die Verwaltung einen Antrag des Bürgers ab (nach viermonatiger Untätigkeit der Behörde gilt die Ablehnung als fingiert), so richtet sich seine Klage in Frankreich unmittelbar nur auf Aufhebung der ablehnenden Entscheidung. Eine Verpflichtung der Behörde geschieht bei Erfolg der Klage dennoch inzident, denn dem Gericht kommt die Möglichkeit zu, die von der Verwaltung zu treffende Maßnahme in seinem Urteil genau zu bezeichnen90 • Der Gesamtcharakter des Verfahrens bleibt gleichwohl vorwiegend kassatorisch91• Ein grundlegender Unterschied zwi85 Ausführlich zu den Klageverfahren in deutscher Sprache insbesondere Koch, Verwaltungsrechtsschutz in Frankreich; ders., VerwA 1998, S. 560ff; außerdem Degen, DV 14 (1981 ), S.l57ff; Woehrling, NVwZ 1985, S. 21 ff; Hübner/Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S. 101 ff; Sonnenberger/Schweinberger, Einführung in das französische Recht, S. 217 ff; Classen, Die Europäisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 21 f. 86 Hübner/Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S.l02; ähnlich Koch, VerwA 1998, S.560 (563). 87 P. Becker, Der Einfluß des französischen Verwaltungsrechts auf den Rechtsschutz in den Europäischen Gemeinschaften, S. 116ff, 141 ff; Rengeling/Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 159, 181; Koch, VerwA 1998, S. 560 (563) m. w. N. 88 Koch, Verw A 1998, S. 560 (562). 89 Dazu Degen, DV 14 (1981), S. 157 (160f). 90 Siehe Classen, Die Europäisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 21 (insb. in Fn. 65); Koch, VerwA 1998, S.560 (562). 91 Classen, Die Europäisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 21.
A. Die intervention accessoire
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sehen dem recours pour exces de pouvoir einerseits sowie Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des deutschen Rechts andererseits besteht in bezug auf das Zulässigkeitskriterium der Klagebefugnis. Der Grund hierfür findet sich in den differierenden, den gerichtlichen Verfahrensartenjeweils zugeschriebenen Zwecken. Während die deutschen Klagen deutlich an dem Schutz subjektiver Rechte ausgerichtet sind92 , wird der recours pour exces de pouvoir nämlich als ein im Allgemeininteresse liegendes Verfahren zur objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle der Verwaltung verstanden93 • Dieses Verständnis spiegelt sich nun in einer sehr weit gefaßten Klagebefugnis wider. Verlangt wird von dem Kläger nicht die Behauptung der Verletzung eines subjektiven Rechts, sondern nur- zur Ausschaltung der allerdings nicht mehr weit entfernt liegenden Popularklage- ein "interet direct et personnel" an der Aufhebung der gerügten Maßnahme94 • Dieses Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein95 • Persönlich ist es bereits dann, wenn der Kläger als Mitglied einer abgrenzbaren Gruppe klagt, die generell von dem angegriffenen Akt betroffen ist. So kann beispielsweise der von einer Erhöhung des Steuersatzes erfaßte Steuerzahler gegen diese Maßnahme als solche Klage erheben96 • Der genannten Einordnung des recours pour exces de pouvoir als objektives Rechtmäßigkeitskontrollverfahren entspricht es außerdem, daß das Erfordernis der Klagebefugnis bei Klagen von Berufsvereinigungen und anderen Interessenvertretungsverbänden noch weiter nivelliert wird. Diese können Klage erheben, ohne den Nachweis eines direkten und persönlichen Interesses erbringen zu müssen97 , vielmehr reicht schon das Vorhandensein eines "interet collectif', wie dies im Zivilprozeß für eine Beteiligung als Streithelfer genügt, aus, um die Klagebefugnis der Organisation zu begründen98 • Weiterhin korrespondiert mit dieser Sichtweise die allgemein vertretene Ansicht, daß den stattgebenden Urteilen im Verfahren des recours pour exces de pouvoir Rechtskraftwirkung erga omnes zukommt99 • Wie oben beschrieben wird der Siehe nur §42 Abs.2 VwGO. Kokott, DV 31 (1998), S. 335 (337); Degen, DV 14 (1981), S. 157 (162); Koch, VerwA 1998, S. 560 (563); Hübner/Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S. 104; R. Becker, Die Drittwiderspruchsklage im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S.195. 94 Dazu ausführlich Gerstner, Die Drittschutzdogmatik im Spiegel des französischen und britischen Verwaltungsgerichtsverfahrens, S. 65 ff; Schwarze, NVwZ 1996, S. 22 (23 t); Woehrling, NVwZ 1985, S. 21 (25). Der recours pour exces de pouvoir läßt sich damit als Interessenoder Interessentenklage bezeichnen; vgl. Koch, Verw A 1998, S. 560 (566). 95 Gerstner, Die Drittschutzdogmatik im Spiegel des französischen und britischen Verwaltungsgerichtsverfahrens, S.65ff; Koch, VerwA 1998, S.560 (567). 96 C.E., 16.3.1956, Garrigou, Rec., S. 121ff. 97 Siehe dazu Koch, Verw A 1998, S. 560 (567). 98 Vgl. nur Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 672; noch weitergehend Koch, VerwA 1998, S.560 (567); zu den Klagemöglichkeiten von Naturschutzverbänden außerdem Woehrling, DVBII992, S.884 (891). 99 LeChatelier in: Juris-Ciasseur Administratif, Fase. 1110, Nr. 59; Debbasch/Ricci, Contentieux Administratif, Nr. 624; Gutsche, Die Bindungswirkung der Urteile des Europäischen Gerichthofes, S. 74ff; allgemein zur Begründung für Rechtskraftwirkungen erga omnes siehe 92 93
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
Unterscheidung zwischen Gestaltungswirkung und Rechtskraft eines Urteils in der französischen Dogmatik keine Bedeutung geschenkt und beide Urteilswirkungen dem Begriff der chose jugee zugeordnet. Im Rahmen des recours pour exces de pouvoir ist allerdings erkennbar, daß neben der zwangsläufig absolut eintretenden Gestaltungswirkung des Aufhebungsurteils auch die Feststellungswirkung der Rechtskraft der Entscheidung, daß nämlich der angefochtene Akt rechtswidrig war, jedermann gegenüber Wirksamkeit entfalten soll 100• Bei klageabweisenden Urteilen wird nämlich davon ausgegangen, daß diesen lediglich Rechtskraft inter partes zukommt; Der Grund hierfür liegt darin, daß, wie sogleich ersichtlich werden wird, der Kläger sich im Rahmen seiner Klage darauf beschränken kann, dem Gericht die angefochtene Maßnahme nur teilweise in rechtlicher Hinsicht zur Überprüfung zu stellen. Mit der Abweisung der Klage steht insofern nicht immer fest, daß der angefochtene Akt wirklich rechtmäßig ist. Aufgrund dessen soll die gerichtliche Entscheidung auch nicht gegenüber allen wirken 101 • Während insofern in Deutschland zum Beispiel im Rahmen einer der Anfechtungsklage folgenden Amtshaftungsklage das Zweitgericht nur dann an die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts gebunden wäre, wenn der das Amtshaftungsverfahren anstrengende Kläger auch bereits an dem Erstprozeß beteiligt war, kann sich in Frankreich auch ein Dritter, der an dem recours pour exces de pouvoir nicht beteiligt war, später auf die Rechtswidrigkeit des zuvor angegriffenen Aktes berufen. Ein wichtiges Wesensmerkmal des recours pour exces de pouvoir ergibt sich überdies aus der historisch entstandenen Beschränktheit102 der zur Aufhebung des angefochtenen Aktes führenden Aufhebungsgründe und der diesbezüglichen Substantiierungslast des Klägers 103 • Danach führt zunächst der Rechtsbehelf nur dann zum Erfolg, wenn die handelnde Behörde für den Erlaß des Aktes nicht zuständig war, bei Erlaß ein Formfehler oder eine Gesetzesverletzung geschehen ist oder die Behörde ein ihr eingeräumtes Ermessen mißbraucht hat104• Diese vier Fehlerquellen bilden den sog. cas d'ouverture des recours pour ecxes de pouvoir105 • Anders R. Becker, Die Drittwiderspruchsklage im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 195. 100 Vgl. hierzu Degen, DV 14 (1981), S.l57 (162ft). 101 Vgl. nur LeChatelier in: Juris-Classeur Administratif, Fase. 1110, Nr. 57. 102 Dazu Degen, DV 14 (1981), S.157 (167); Koch, VerwA 1998, S.560 (569); Hübner!Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S. 105; Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S.16 m. w. N. 103 Insbesondere hieran ist die enge Verwandtschaft zwischen dem recours pour exces de pouvoir und der Nichtigkeitsklage des Gemeinschaftsrechts sichtbar; vgl. hierzu die schon in der vorangegangenen Fn. Genannten; zur gemeinschaftsrechtlichen Nichtigkeitsklage siehe noch im 4. Kapitel unter D. III. 2. a) bb) (2). 104 Siehe zu den Aufhebungsgründen insbesondere Koch, Verwaltungsrechtsschutz in Frankreich, S.l64ff; ein Überblick findet sich zudem bei Hübner!Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S. 105 ff. 105 Hübner/Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S.l05.
A. Die intervention accessoire
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als im Zivilprozeß, in dem der Kläger, wie weiter oben erläutert wurde, nach jetzigem Recht nur noch verpflichtet ist, den seiner Klage zugrundeliegenden Sachverhalt darzulegen, besteht dabei im Rahmen des recours pour ecxes de pouvoir eine Substantiierungspflicht in rechtlicher Hinsicht einhelliger Ansicht nach auch heute noch 106. Der Kläger muß danach im einzelnen darlegen, worin er den Rechtsfehler der angefochtenen Maßnahme sieht. Reine Tatsachenschilderungen reichen hierfür nicht aus 107. Die oben genannten Aufhebungsgründe sind insofern gleichzeitig auch rechtliche Klagegründe (moyens de droit) 108 , die der Kläger im Verwaltungsprozeß vortragen kann und- zumindest einen- auch muß. Der Conseil d'Etat unterscheidet dabei zwischen solchen Klagegründen, die die formelle Rechtmäßigkeit (legalite externe) des Aktes angreifen, dies sind die Unzuständigkeit und der Formfehler, und solchen, die sich gegen dessen materielle Rechtmäßigkeit (legalite interne) wenden, dies sind der Gesetzesverstoß und der Ermessensmißbrauch. Beide Gruppen bilden jeweils eine cause juridique. Dieser Begriff ist ja bereits aus dem Zivilprozeß bekannt, wo er allerdings seine Verwendung seit der Reformierung des N.C.P.C. im wesentlichen eingebüßt hat109. Nur innerhalb derselben cause kann der Kläger seine Klagebegründung nach Ablauf der zweimonatigen Klagefrist noch ändern 110. Ein Wechsel der cause bzw. die zusätzliche Geltendmachung von moyens der bis dato nicht in das Verfahren eingebrachten cause stellen nämlich eine Änderung der Klage als solche dar. Diese ist nach Fristablauf indes unzulässig111. Das Gericht ist bei Überprüfung des angegriffenen Aktes grundsätzlich auf die von dem Kläger in das Verfahren eingeführten moyens de droit beschränkt112. Innerhalb dieser untersucht es den Sachverhalt allerdings von Amts wegen. Das Verwaltungsgericht folgt damit im Rahmen des recours pour exces de pouvoir einer Mischung aus Untersuchungs- und Verhandlungsmaxime 113 . Den Zuständigkeitsmangel, bestimmte Verfahrensverstöße und grobe inhaltliche Mängel hat es jedoch ebenfalls von Amts wegen zu berücksichtigen. Diese materiell-rechtlichen 106 Vgl. nur Möller, Die Klageänderung im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 33 f mit Nachweisen aus der französischen Rechtsprechung und Literatur. 107 Dies widerspricht an sich dem Verständnis des recours pour exces de pouvoir als einem auf die objektive Kontrolle der Verwaltung zielenden Rechtsbehelfs. Näher läge danach eine von dem klägerischen Vorbringen weitgehend unabhängige richterliche Rechtrnäßigkeitsprüfung. Die Beschränkung auf die von dem Kläger angeführten Klagegründe ist, wie schon angesprochen, gleichwohl historisch bedingt, vgl. Degen, DV 14 (1981), S. 157 (167). 108Fromont, Rechtsschutz gegenüber der Verwaltung in Deutschland, Frankreich und den Europäischen Gemeinschaften, S. 236f; Degen, DV 14 (1981), S. 157 (166); Koch, VerwA 1998, S.560 (568). 109 Dazu schon unter A.l.3.b)aa). 110 Degen, DV 14 (1981), S. 157 (166); Koch, VerwA 1998, S. 560 (569). 111 Degen, DV 14 (1981), S. 157 (166); Fasselt-Romme, Parteiherrschaft im Verfahren vor dem EuGH und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S. 56. 11 2 Dies gilt auch für moyens derselben cause. 11 3 Dazu P. Becker, Der Einfluß des französischen Verwaltungsrechts auf den Rechtsschutz in den Europäischen Gemeinschaften, S.43f; Degen, DV 14 (1981), S.157 (174).
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
moyens sind nach Ansicht des Conseil d'Etat d'ordre public und infolgedessen nicht von einer Rüge des Klägers abhängigii 4 • Den Klagen der contentieux de pleine jurisdiction, den Verfahren also, mit denen der Bürger die Verurteilung der Verwaltung zu einer Leistung begehrt, ist ein solches System beschränkter Klagegründe fremd. Ohne an bestimmte moyens gebunden zu sein, prüft das Gericht die Angelegenheit hier umfassend in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht. Der Untersuchungsgrundsatz gilt insofern uneingeschränkt115 • Das Gericht ist dabei in seinen Entscheidungsmöglichkeiten nicht vergleichbar eingeschränkt wie innerhalb der contentieux de l'annulation. Ziel des Rechtsstreits kann vielmehr alles ein, was man von einer Behörde perGerichtsentscheid erhalten kann 116• Hauptanwendungsfalle sind dabei die Amtshaftung (contentieux de Ia responsabilite administrative) und Streitigkeiten aus Verwaltungsverträgen (contentieux contractuel) 117• Der Kläger muß jedoch jeweils eine Leistung für sich selbst geltend machen. Er darf insofern - wiederum in Abweichung zu den Aufhebungsverfahren - nicht nur ein Interesse an der Verurteilung des Verwaltungsträgers (möglicherweise gegenüber einem anderen) haben, sondern er muß die Verletzung eines eigenen Rechts behaupten können 118• Dies verdeutlicht, daß die Verfahren der pleine jurisdiction im Gegensatz zum recours pour exces de pouvoir nicht dem Allgemeininteresse, sondern nur dem Rechtsschutz des individuell betroffenen Bürgers zu dienen bestimmt sind. Aufgrund dessen wird den Urteilen auch nur Rechtskraft inter partes zugeschrieben 119• Soweit zu den Verfahrensarten im französischen Verwaltungsprozeß im allgemeinen; anband dieser Grundlagen lassen sich nunmehr Zulässigkeil und Wirkungen der intervention accessoire einer näheren Betrachtung unterziehen.
114 Zur Kompetenzbeschränkung des Gerichts und den moyens d'ordre public siehe die bereits in der vorangegangenen Fn. Genannten; zur Lage im Rahmen der Nichtigkeitsklage des Gemeinschaftsrechts siehe noch im 4. Kapitel unter D.III. 2. a) bb) (2). 115 Degen, DV 14 (1981), S.157 (159, 174). 116 So wörtlich Classen, Die Europäisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 22. Zumeist wird der Begriff contentieux de pleine jurisdiction mit "Verfahren umfassender richterlicher Entscheidungskompetenz" übersetzt; vgl. Woehrling, NVwZ 1985, S.21 (25); Müller, AöR 117 (1992), S. 337 (372); Koch, VerwA 1998, S. 560 (577). Im Gemeinschaftsrecht werden in Anlehnung an das französische Recht als Verfahren der "pleine jurisdiction" die Schadensersatzklagen und die Klagen zur Überprüfung von Zwangsmaßnahmen bezeichnet; vgl. Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften. Rn. 60ff. 117 Vgl. nur Koch, VerwA 1998, S.560 (577); Degen, DV 14 (1981), S.l57 (161). 11s Koch, VerwA 1998, S. 560 (580f) m. w. N. 119 Le Chatelier in: Juris-Classeur Administratif, Fase. 1110, Nr. 55 m. w. N.
A. Die intervention accessoire
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2. Das Beitrittsinteresse Auch die intervention accessoire im Verwaltungsprozeß ist ebenso wie die vorangegangenen Fälle der Streithilfe Dritter abhängig von dem Vorhandensein eines Reitrittsinteresses auf Seiten des Intervenienten 120• Wie oben schon erwähnt werden an dieses, je nachdem in was für einer Verfahrensart der Dritte seine Beteiligung begehrt, unterschiedliche Anforderungen geknüpft.
a) Contentieux de pleine jurisdiction In den contentieux de pleine jurisdiction zunächst wird die Nebenintervention seit der Entscheidung des Conseil d'Etat in der Sache Ville de Royan aus dem Jahre 1957 nur dann als zulässig erachtet, "si son auteur se prevaut d'un droit auquel Ia decision cier"l21.
a rendre est suceptible de prejudi-
Diese Formel hat der Staatsrat in den Fällen, in denen eine intervention accessoire in Verfahren der pleine jurisdiction seitdem begehrt wurde, ständig verwandt, ohne sie jedoch durch eine detailliertere Rechtsprechung sonderlich mit Leben aufzufüllen. Im Rahmen die Intervention zurückweisender Entscheidungen wurde vielmehr schlicht festgestellt, die so gesetzte Voraussetzung sei nicht erfüllt122, ohne daß sich den Veröffentlichungen indes jeweils entnehmen läßt, worauf die Beitrittswilligen ihr Beitrittsinteresse gestützt hatten 123 • Die Entscheidung in der Sache Assoc. Eurolat124 zeigt m. E. jedoch, daß der Staatsrat die selbst niedergelegte Beitrittsvoraussetzung anscheinend nicht vergleichbar dem Verständnis des Art. 330 Abs. 2 N. C. P. C. durch die zivilrechtliche Rechtsprechung und Literatur interpretiert, wo wie weiter oben gesehen trotz des Wortlauts der Vorschrift auch ideelle oder wirtschaftliche Interessen des Dritten als ausreichend für seinen Beitritt erachtet werden. In dem genannten Verfahren wurde nämlich deshalb ein Finanzunternehmen als Ioterveoientin zugelassen, weil dieses befürchtete, nach Ende des Prozesses von einer der Parteien in Regreß genommen zu werden. Hieraus läßt sich wohl schließen, daß die Entscheidung des Rechtsstreits danach insofern tatsächlich von Bedeutung sein muß für die eigene Rechtsstellung des Dritten. Dabei dürften in den Verfahren der 120 Zur Frage der Prüfungskompetenz bezüglich des Vorliegens des Beitrittsinteresses sogleich unter A.II. 3 .. 121 C.E.,l5.7.1957, Ville de Royan, Rec., S.499; dazu auch Bonifait, A.J.D.A.l969, S. 546 (549); Auby/Drago, Traite de Contentieux Administratif, Bd. 1, Nr. 843; Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 673; Gabolde, Procerlure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appe1, Nr. 539; Bergeres, Contentieux communautaire, Nr. 92. 122 So etwa in den Entscheidungen C.E., 15.7.1957, Ville de Royan, Rec., S. 499; C.E., 27.5.1983, Caisse prim. d' assurance maladie des Ardennes, Rec., S.408. 123 Vgl. auch Bonifait, A.J.D.A.1969, S. 546 (549). 124 C.E., 6.5.1986, Assoc. Eurolat; Rec., S.14l.
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
pleine jurisdiction Haftungsbefürchtungen oder -ansprüche des Dritten wie in der Sache Assoc. Eurolat in praxi allerdings auch die einzig mögliche Begründung des Beitrittsinteresses darstellen, denn das ergehende Leistungsurteil entfaltet weder Gestaltungswirkung noch Rechtskraft erga omnes. Hieraus entstehende Rechtsbeeinträchtigungen scheiden infolgedessen schon ipso jure aus. Feststellbar ist somit, daß die intervention accessoire insofern in den contentieux de pleine jurisdiction in erheblich eingeschränkterem Ausmaß gewährt wird als im französischen Zivilprozeß. Aus welchem Grunde dem jedoch so ist, ist nicht recht ersichtlich, denn die Unterschiede zwischen den Verfahren der pleine jurisdiction und dem Zivilgerichtsprozeß sind so gravierend nicht wie etwa zwischen Zivilprozeß und recours pour exces de pouvoir. Lediglich macht der eine Kläger private Rechte geltend, der andere hingegen öffentlich-rechtliche. b) Recours pour exces de pouvoir Gänzlich anders beurteilt wird dagegen das von dem Beitrittswilligen im Rahmen des recours pour ecxes de pouvoir zu fordernde Beitrittsinteresse. Anerkanntermaßen braucht dieses nämlich wie im Zivilprozeß nicht rechtlicher Natur zu sein. Unzweifelhaft haben dabei zwar zunächst der Adressat einer angefochtenen Verwaltungsentscheidung und solche Dritte, über deren Rechtsstellung durch die erga-omnes-Wirkung der Rechtskraft in der richterlichen Entscheidung mitentschieden wird, ein Interesse, dem Verfahren beizutreten 125 • Aber auch Dritte, die nur ein wirtschaftliches oder ideelles Interesse an der Aufrechterhaltung oder der Beseitigung des angegriffenen Aktes geltend machen, können sich an dem Verfahren als Streithelfer beteiligen 126• Das Beitrittsinteresse entspricht hier der oben schon angesprochenen, weiträumig eingeräumten Klagebefugnis 127• Noch darüber hinaus gehen die Beitrittsmöglichkeiten von Verbänden und Berufsorganisationen. Diese können wie private zunächst beitreten, wenn sie auch selbst hätten klagen können, weil ihr interet collectif von der angefochtenen Entscheidung tangiert ist, so z. B. in der Sache Choulet128, in der die Intervention einer Vereinigung zugelassen wurde .,en raison de l'interet que peut presenter pour certains de ses membres Ia solution de Ia question de droit posee". 125 Vgl. nur C.E., 7.7.1976, Centre inter-regional Provence-Cöte d'Azur, Rec., S. 353; außerdem Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appel, Nr. 1169 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 126 Siehe dazu die Entscheidungen C.E., 27.4.1934, Ligue antialcoolique, Rec., S.493; C.E., 7.3.1977, Ferreira, Rec., S. 929; weiterhin Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d 'appel, Nr. 539; Auby/Drago, Traite de Contentieux Administratif, Bd. 1, Nr. 843; Bergeres, Contentieux communautaire, Nr. 92. 127 Auby!Drago, Traite de Contentieux Administratif, Bd.l, Nr. 843. 128 C.E., Choulet, 27.5.1964, Rec., S.302.
A. Die intervention accessoire
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Selbst wenn das von dem Verband repräsentierte kollektive Mitgliederinteresse in dem Rechtsstreit jedoch nicht zur Debatte steht, und der Verband insofern nicht hätte klagen können, kann sich dieser trotzdem an dem Verfahren beteiligen, sofern eine irgendwie geartete Verbindung zu dem anhängigen Verfahren besteht. Beispielsweise wurde in der Sache Chambre syndicale des detaillants en articles de sport129 der Verband der kleinen und mittleren Industrien als Intervenient zugelassen, nur weil dieser "(a) interetafaire reconnaitre Je principe de Ia responsabilite de I'Etat du fait de certaines activites".
Allein das Interesse an der Etablierung bestimmter Staatshaftungskriterien wurde insofern schon als ausreichend für die Verfahrensbeteiligung erachtet. Das von Verbänden und Organisationen geforderte Beitrittsinteresse wird mithin denkbar weit ausgelegt130 und kommt einer Art ,,Popularintervention" wohl recht nahe131 • 3. Die Zulassung als Streithelfer Der Akt der Verfahrensbeteiligung als solcher folgt nur zum Teil den Regeln des Zivilrechtsstreits 132• Anders als die Nebenintervention im Zivilprozeß muß die Beteiligung als Streithelfer nämlich bei dem entscheidenden Gericht beantragt werden. Das Gericht beurteilt das Vorliegen des Beitrittsinteresses insofern von Amts wegen 133, und nicht nur dann, wenn eine der Parteien das Gericht durch seine Rüge hierzu ermächtigt. Die Entscheidung über die Zulassung als Streithelfer ergeht in Form eines eigenständigen Urteils 134• Grundsätzlich ist die intervention accessoire zu jedem Zeitpunkt des Rechtsstreits möglich135, zwischen den Instanzen kann sie jedoch nicht beantragt werden. Auch im Verwaltungsgerichtsverfahren darf sie zudem nicht zur einer Verzögerung der Entscheidung des Prozesses führen 136• 129 C.E., 29.2.1952, Chambre syndicale des detaillants en articles de sport, Rec., S.143; siehe weiterhin auch C.E., 9.11.1954, Syndicat du personnel civil, Rec. S.584. 130 Bonifait, A.J.D.A.1969, S. 546 (549); Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 672; Gabaide, Procerlure des tribunaux administratifs et des cours administratives d' appel, Nr. 539; Auby!Drago, Traite de Contentieux Administratif, Bd.1, Nr. 843; P. Becker, Der Einfluß des französischen Verwaltungsrechts auf den Rechtsschutz in den Europäischen Gemeinschaften, S. 51. 131 Siehe dazu auch Debbasch/Ricci, Contentieux Administratif, Nr. 413. 132 Siehe dazu bereits unter A. I. 2. 133 C.E., 17.4.1985, Confederation des Associations des sinistres, Rec., S. 733; Gabolde, Procerlure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appel, Nr. 543. 134 Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 672; anders als im Zivilprozeß ist mithin ein Zustand der Unklarheit über die Zulässigkeit der Verfahrensbeteiligung des Dritten im Verwaltungsprozeß nicht möglich. 135 C.E., Worloon dit Guetary, J.C.P. 1965, Nr. 14314; C.E., 20.10.1965, Gonidec, Rec., S. 538; Auby/Drago, Traite de Contentieux Administratif, Bd.1, Nr. 843. 136 Art.R.187 Abs.3 C.T.A.C.A.A.; Art.61 2.Hs. der Ordonnance vom 31.7.1945.
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3. Kap.: Die ProzeRbeteiligung Dritter im französischen Recht
4. Beitrittswirkungen Auch im Verwaltungsprozeß wird der intervenant accessoire Partei des Rechtsstreits137. Dies hat zur Folge, daß er, sofern der Beitritt zu einem Verfahren der contentieux de pleine jurisdiction erfolgt, an die inter-partes-Wirkung der Rechtskraft der Entscheidung gebunden wird; außerdem wird dem Streithelfer durch seine Verfahrensbeteiligungdie Möglichkeit der tierce opposition genommen 138• Da der Streitgehilfe indes nur eine partie accessoire ist, ist er wiederum an der Disposition über das Verfahren nicht beteiligt139• Abweichende Sachanträge kann er nicht stellen 140. Für den recours pour exces de pouvoir ergibt sich aus seiner Stellung als partie accessoirezudem auch eine inhaltliche Begrenzung der Möglichkeiten des Intervenienten, den Rechtsstreit zu beeinflussen: Wie erwähnt kann sich der Kläger im Rahmen des recours pour exces de pouvoir darauf beschränken, die angegriffene Entscheidung dem Gericht nur teilweise rechtlich zur Überprüfung zu stellen, indem er lediglich bestimmte Klagegründe zum Gegenstand seiner Klage macht. Tut er dies und beschränken sich seine moyens auf eine cause (beispielsweise die legalite interne), kann er moyens der anderen cause juridique (in diesen Fall der legalite externe) nur innerhalb der zweimonatigen Klagefrist noch zur Begründung seines Klagebegehrens in den Prozeß einführen, denn damit ändert er seine Klage 141 . Da jedoch der Streitgehilfe zu Klageänderungen von vomeherein nicht befugt ist, kann er- unabhängig vom Zeitpunkt- nur moyens derjenigen cause geltend machen, auf die sich auch der Kläger selbst berufen hat142. Hat sich der Kläger mithin etwa darauf beschränkt, die materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in Frage zu stellen, so kann sein Streithelfer nicht vortragen, der Akt sei verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Innerhalb derselben cause besteht für den Intervenienten indes die Möglichkeit, auch solche Klagegründe und Argumente vorzubringen, die der Kläger- auch bewußt - nicht in das Verfahren eingebracht hat143. Der Streithelfer darf sich hier also in Widerspruch zu der unterstützten Partei setzen. Gleiches gilt im Rahmen der contentieux de pleine ju137 Dazu Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appel, Nr. 1169; Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 667. 138 C.E., 11.4.1935, Monzat, Rec., S. 503; LeChatelier in: Juris-Ciasseur Administratif, Fase. 1108, Nr. 82ff; Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 1075; siehe hierzu auch schon unter A. I. 3. a). 139 Zur Klagerücknahme siehe Bonifait, A.J.D.A.1969, S. 546 (550). 140 Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appel, Nr. 540 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des Conseil d'Etat; außerdem Debbasch/Ricci, Contentieux Administratif, Nr.415. 141 Siehe dazu schon unter A. II. l. 142 Ständige Rechtsprechung; vgl. nur C.E., 4.7.1977, S.N.I. T.A., Rec., S. 306ff; weiterhin Debbasch/Ricci, Contentieux Administratif, Nr.415; Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d' appel, Nr. 540; Auby/Drago, Traite de Contentieux Administratif, Bd. 1, Nr. 844. 143 Vgl. Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 671.
A. Die intervention accessoire
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risdiction 144• Da dortjedoch uneingeschränkt der Untersuchungsgrundsatz herrscht, dürfte der Möglichkeit, Gegenläufiges vorzutragen, gleichwohl kaum Bedeutung zukommen 145 • Problemlos ist die Befugnis des Intervenienten, die Unzulässigkeit der erhobenen Klage geltend zu machen. Wie das deutsche hat auch das französische Verwaltungsgericht die Zulässigkeit einer Klage von Amts wegen umfassend und in jedem Zeitpunkt des Verfahrens zu prüfen 146• Hält der Intervenient die Klage also für unzulässig, kann er dies jederzeit vorbringen. Wie schon angedeutet, versagen Lehre und Rechtsprechung dem Streitgehilfen nicht grundsätzlich wie im Zivilprozeß das Recht, gegen die richterliche Entscheidung selbst ein Rechtsmittel einzulegen. Dieses wird jedoch an engere Voraussetzungen geknüpft als der Verfahrensbeitritt selbst. So kommt dem Streithelfer auf Klägerseite nur dann die Möglichkeit zu, die gerichtliche Entscheidung anzufechten, wenn er auch selbst in der Sache klagebefugt gewesen wäre 147 • Der Intervenient auf Seiten des Beklagten kann den Rechtsstreit nur in die nächste Instanz bringen, sofern er ohne seine Verfahrensbeteiligung berechtigt gewesen wäre, gegen das Urteil die im folgenden beschriebene tierce opposition zu erheben148 •
111. Ergänzender Drittschutz durch die tierce opposition 149 1. Tierce opposition und Anspruch auf rechtliches Gehör
Es mag aufgefallen sein, daß bislang nur jeweils davon gesprochen wurde, wann Dritte einem Prozeß als Nebenintervenient beitreten können, unerwähnt blieb dagegen die im deutschen Zivilprozeßrecht als so problematisch eingestufte Situation, daß ein Dritter von einem Rechtsstreit, dem er beitreten könnte, keine Kenntnis hat. Ebenso wie das deutsche sieht allerdings auch das französische Zivilprozeßrecht in den meisten Fällen keine Benachrichtigung Dritter durch das Gericht vor150, sondern 144 Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d' appel, Nr.540. 145 Vgl. hierzu auch die bereits im 2. Kapitel unter A. li. 3. c) beschriebene Stellung des Beigeladenen im deutschen Verwaltungsprozeß. 146 Dazu schon Braun, Prozeßhindemde Einreden und Zwischenstreit im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S.l42. 147 Le Chatelierin: Juris-Ciasseur Administratif, Fase. 1104, Nr.15 m. w. N.; außerdem Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 672; Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appel, Nr.l282 m. w. N. aus der Rechtsprechung des Conseil d'Etat. 148 C.E., 5.7.1985, Vassas et autres, Rec. tables, S. 747; Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 672; LeChatelier in: Juris-Ciasseur Administratif, Fase. 1104, Nr. 15. 149 Zur Geschichte der tierce oppositionsiehe nur R. Becker, Die Drittwiderspruchsklage im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 12 f. 150 Eine Ausnahme besteht nur in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit; vgl. Art. 332 Abs. 2 N.C.P.C.
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
überläßt es den Parteien, Dritte über die Anhängigkeil des Prozesses zu informieren und unter Umständen durch die intervention forcee 151 in das Verfahren miteinzubeziehen. Im Verwaltungsprozeß erkennt der Conseil d'Etat zwar im Rahmen des recours pour exces de pouvoir die Möglichkeit einer Beiladung an; diese steht gleichwohl im Ermessen des Gerichts. In den contentieux de pleine jurisdiction gilt dasselbe wie im Zivilprozeß. Aufgrund des Rechtsinstituts der tierce opposition wird die mögliche Unkenntnis Drittbetroffener in Frankreich indes nicht als Problem gesehen, da mit dieser Klage den Dritten die Möglichkeit an die Hand gegeben ist, gegen das sie belastende Urteil nachträglich vorzugehen 152• Sofern der Dritte von der Anhängigkeil des Prozesses weiß, hat er die Wahl, ob er dem Verfahren als Intervenient beitritt, oder ob er abwartet und gegen die richterliche Entscheidung gegebenenfalls tierce opposition erhebt153 • Weiß er von der Anhängigkeil des Rechtsstreits indes nichts, so ist- soweit ersichtlich - bislang noch von niemandem die Ansicht vertreten worden, daß das Gericht aus Gehörsgründen verpflichtet sei, ihn von dem Verfahren in Kenntnis zu setzen 154• Es ist vielmehr allgemein akzeptiert, daß der Anspruch auf rechtliches Gehör- auch in Frankreich ein mit Verfassungsrang ausgestatteter Programmsatz, der an dortiger Stelle selbst allerdings nicht ausdrücklich positiviert ist155 - für Dritte repressiver, also nachträglicher Natur ist 156• Weil für Dritte, solange sie nur an dem Erstverfahren nicht beteiligt waren, uneingeschränkt das Recht zur Erhebung der tierce opposition besteht, erweist sich zudem die Befugnis der Gerichte, eine beantragte Intervention wegen damit einhergehender Verzögerung der Rechtsstreiterledigung zurückzuweisen, als unbedenklich, denn, Dazu noch alsbald unter B. Ausführlich zur tierce opposition insbesondere Martin in: Juris-Ciasseur Procerlure Civile, Fase. 738,740 und 742 und LeChatelier in: Juris-Ciasseur Administratif, Fase. 1101, Nr. 31 bis 96. tsJ Vgl. auch Schober, Drittbeteiligung im Zivilprozeß, S. I 04; Schweickert, Die subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft französischer Zivilurteile unter vergleichender Heranziehung des deutschen Rechts, S. 32; Spellenberg, ZZP 106 (1993), S. 283 (310). 154 Die soeben genannte Beiladung in Verfahren des recours pour exces de pouvoir kann, da sie wie diejenige nach § 65 Abs. 1 VwGO im Ermessen steht, nicht dazu bestimmt sein, Dritten Gehör zu verschaffen. !ss Ausführlich dazu Oppetit, Les Garanties Fondamentales des Parties dans Je Proces Civil en Droit Fran~ais, in: Cappelletti(fallon, Fundamental Guaranties of the Parties in Civil Litigation, S. 497 ff; außerdem Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 95 f; R. Becker, Die Drittwiderspruchsklage im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S.44; Rüping, Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs und seine Verwirklichung im Strafverfahren, S. 104m. w. N. 156 Dazu auch Calavros, Urteilswirkungen zu Lasten Dritter, S. 167f; Dimaras, Anspruch "Dritter" auf Verfahrensbeteiligung, S. 5, 94ff; Koussoulis, Beiträge zur modernen Rechtskraftlehre, S.149ff; Ballon, ZZP 101 (1988), S.413 (415); vgl. zudem R. Becker, Die Drittwiderspruchsklage im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 46 f; Schwab/Gottwald, Verfassung und Zivilprozeß, S. 58, in: Habscheid, Effektiver Rechtsschutz und verfassungsmäßige Ordnung, Die Generalberichte zum VII. Internationalen Kongreß für Prozeßrecht, Würzburg 1983. tst
1S2
A. Die intervention accessoire
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wenn die Intervention zurückgewiesen wird, wird der Dritte ja eben nicht Partei des Prozesses und ihm bleibt insofern die Möglichkeit der tierce opposition erhalten. Auch die dem Intervenienten hinsichtlich seiner Möglichkeiten, den Gang des Verfahrens zu beeinflussen, auferlegten Beschränkungen, insbesondere die Bindung an den Stand des Prozesses, sind aufgrund der Parallelität von intervention accessoire und tierce oppositionkeine Verkürzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör157 •
2. Die Regelung der tierce Opposition in Zivilund Verwaltungsprozeßrecht Die tierce oppositionhat in der Zivil- und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit keine gleiche Ausgestaltung erfahren. Das Zivilprozeßrecht gewährt die Klage in Art. 583 Abs. 1 N.C.P.C. jedem, der ein "interet" an der Aufhebung bzw. Änderung158 des angefochtenen Urteils geltend machen kann. Dieses ist allgemeiner Ansicht nach bereits dann erfüllt, wenn der Dritte von den Wirkungen des Urteils in einem zwischen anderen geführten Rechtsstreit in irgendeiner Form, sei es rechtlich oder anderweitig, betroffen ist159• Der Grund hierfür besteht in der oben schon angeführten Überzeugung, daß von jedem Urteil schon allein aufgrundseiner Existenz negative Wirkungen gegenüber Dritten ausgehen können und sich Dritte gegen diese wehren können sollen. So wurde etwa in einer Entscheidung der Cour de Cassation aus dem Jahre 1958 die tierce oppositiondes Mieters einer Wohnung als zulässig angesehen gegen ein Urteil, welches seinen Vermieter dazu verpflichtete eine andere von diesem selbst gemietete Wohnung zu räumen 160, weil der tierce oppositions-Kläger befürchtete, der zur Räumung Verpflichtete würde sich nun möglicherweise gegen ihn selbst wenden, um dessen Wohnung beziehen zu können. In einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren im Jahre 1981 ließ die Cour de Cassation beispielsweise die tierce opposition eines vermeintlichen Großvaters zu, der aufgrunddes vorangegangenen Prozesses "nur" eben nicht mehr Großvater des fraglichen Kindes war16 1• Vor den Verwaltungsgerichten dagegen ist die tierce oppositionnur dann zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, daß die angefochtene Entscheidung "prejudicie ases droits". Dieses Erfordernis ist in Art. R. 225 C. T. A. C. A. A. für die unteren Instanzen ausdrücklich niedergelegt; für die Bestimmung des Art. 79 der Ordonnance vom 31.7.1945, die die tierce oppositionvor dem Conseil d'Etat regelt, gilt es Vgl. auch Solus!Perrot, Droit Judiciaire Prive, Bd. 3, Nr. 1058, 1059. Zu den Wirkungen der tierce opposition sogleich. 159 Vgl. nur Fricero in: Guide Juridique Dalloz, Nr. 506, Rn. 6, 7; Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 738, Nr. l23ff; Cadiet, Droit Judiciaire Prive, Nr. 1268; Spellenberg, ZZP 106 (1993), S.283 (296); Schober, Drittbeteiligung im Zivilprozeß, S.103; Herzog, Civil Procedure in France, Rn. 10.03. 160 Cass. Soc., 15.2.1958, Bull. Civ., IV, Nr. 266; dazu auch Spellenberg, ZZP 106 (1993), s. 283 (296). 16 1 Cass. Civ., 27.10.1981, Bull. Civ., I, Nr. 309. 157 158
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
nach ständiger Rechtsprechung des Staatsrats gleichermaßen. Wie im Rahmen der Zulässigkeit der intervention accessoire in Verfahren der pleine jurisdiction wird auch diese "Rechtsbeeinträchtigung" vom Conseil d'Etat nicht über den rechtlichen Bereich hinausgehend interpretiert. So wurden in den Sachen Bauman162 und Houilleres du basin des Cevennes 163 jeweils die Klagen zurückgewiesen, weil der Kläger nur ein "pn!judice moral" gehabt habe. In der Sache Vassas et autres 164 wurden die tierce oppositionsvon Konkurrenzunternehmen eines Steinbruchbetriebes gegen die gerichtliche Aufhebung einer Verfügung, mit der dem Steinbruchbetrieb die Ausbeutung einer Grube untersagt worden war, zurückgewiesen, weil die Kläger durch die weitere Tätigkeit des Steinbruchbetriebes nur wirtschaftlich betroffen waren. Wie sich anderen Entscheidungen entnehmen läßt, versteht der Conseil d 'Etat das obige Tatbestandsmerkmal vielmehr vergleichbar dem Inhalt des rechtlichen Interesses der § 66 Abs. 1 ZPO und § 65 Abs. 1 VwGO, wie dieses in dem vorangegangenen Kapitel erörtert wurde. Beispielsweise wurde in der Sache Ville de Bastia165 die tierce oppositionmehrerer Architekten gegen ein Urteil des tribunal administratif zugelassen, mit welchem ein Bauunternehmer gegenüber der Stadt Bastia zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt und in dem festgestellt worden war, daß der Bauunternehmer und die Architekten gemeinsam haftbar seien. Die Architekten waren an die Rechtskraft des Urteils als einer Entscheidung im Verfahren der pleine jurisdiction nicht gebunden 166• Schon die von dem Urteil ausgehende faktische Präjudizwirkung für einen möglichen Haftungsprozeß gegen die Architekten wurde jedoch als ausreichend angesehen, die Voraussetzung der Rechtsbeeinträchtigung zu erfüllen. In den meisten Fällen ergibt sich diese allerdings aus der autorite absolue de la chose jugee - und zwar schon der Gestaltungswirkung- in stattgebenden Verfahren des recours pour exces de pouvoir, in denen der Kläger einen drittbegünstigenden Verwaltungsakt angefochten hatte167 168 • Denn hier wird, wie auch schon im Rahmen C.E., 20.11.1929, Bauman, Rec., S. 375. C.E., 6.7.1960, Houilleres du basin des Cevennes, Rec., S.457. 164 C.E., 5.7.1985, Vassas et autres, Rec. tables, S. 749. 165 C.E., 2.4.1993, Ville de Bastia, J.C.P. 1993, IV, S.l72; dazu auch Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 1075. 166 Vgl. zur inter-panes-Wirkungder Rechtskraft in den contentieux de pleine jurisdiction schon unter A. II. I. 167 So z. B. in der Entscheidung C.E., 28.1.1970, S.C.I. Hawai', Rec., S.64; in der die tierce Opposition des Empfängers einer Baugenehmigung zugelassen wurde, die von dritter Seite zuvor erfolgreich angefochten worden war; weitere Beispiele bei LeChatelier in: Juris-Classeur Administratif, Fasc.1101, Nr.62ff; siehe hierzu außerdem Vivens, A.J.D.A. 1989, S.l67ff, für den Fall der Übertragung der Bauerlaubnis an einen Dritten. 168 Früher war streitig, ob die tierce oppositionauch gegen Zivilurteile mit absoluter Rechtskraft und gegen Urteile des recours pour exces de pouvoir erhoben werden konnte. Die h. M. des 19. Jahrhunderts venrat hierzu die Auffassung, gegen solche Entscheidungen sei das Institut im Interesse der Rechtssicherheit unstatthaft. Heute ist jedoch allgemein anerkannt, daß gerade im Rahmen dieser Urteile ein wesentlicher Anwendungsbereich der tierce opposition liegt, um Dritten adäquaten Rechtsschutz zu verschaffen; zu diesem früher geführten Meinungsstreit siehe insbesondere Dubouchet, R.D.P. 106 (1990), S. 7llff; Heurte, D.l955, S.67 (68f); 162 163
A. Die intervention accessoire
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des deutschen Rechts erörtert, dem Adressaten des angefochtenen Verwaltungsaktes durch dessen Aufhebung eine ihn begünstigende Rechtsposition genommen169 . War der recours pour exces de pouvoir dagegen zurückgewiesen worden, ist eine tierce opposition gegen die Erstentscheidung unzulässig, denn dem Adressaten des angegriffenen Aktes wird durch das klagabweisende Urteil kein Nachteil zugefügt170. Grundsätzlich ist die tierce opposition in der Zivilgerichtsbarkeit gemäß Art. 586 Abs.l N.C.P.C. innerhalb einer Frist von dreißig Jahren nach Erlaß des Ersturteils, in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zeitlich unbegrenzt möglich 171 • Erhält der Dritte indes eine Mitteilung des Urteils von den Parteien des Rechtsstreits, verkürzt sich die Frist auf jeweils zwei Monate 172 • Ist die tierce opposition begründet, so hängt der Inhalt des auf die Klage ergehenden Urteils von der richterlichen Entscheidung in dem Erstverfahren ab. Grundsätzlich soll das Ersturteil soweit als möglich erhalten bleiben und nur die den Dritten belastende Entscheidungswirkung beseitigt werden173 • Dies geschieht durch Aufhebung des den Dritten belastenden Urteilsteils 174. Ist das angefochtene Urteil indes unteilbar, wird das Ersturteil gänzlich aufgehoben. Bei Leistungsurteilen ist das beispielsweise der Fall in dem oben angeführten Räumungsprozeß175 . Auch bei Entscheidungen mit Gestaltungswirkung ist allgemeiner Ansicht nach das Ersturteil vollständig aufzuheben, da die Gestaltungswirkung (auch wenn sie dem Begriff der Rechtskraft zugeordnet wird) wie in Deutschland als absolute, unteilbare Urteilswirkung verstanden wirdl76. Schweickert, Die subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft französischer Zivilurteile unter vergleichender Heranziehung des deutschen Rechts, S. 135 ff. 169 Wie im deutschen Recht wird auch in Frankreich die Gestaltungswirkung für absolut gehalten; dazu noch sogleich. 170 Ständige Rechtsprechung; vgl. nur Le Chatelier in: Juris-Classeur Administratif, Fasc.1101, Nr. 70 mit Nachweisen zu Entscheidungen des Conseil d'Etat; weiterhin Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d ' appel, Nr. 1170; Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 1075. 171 Debbasch!Ricci, Contentieux Administratif, Nr. 706; Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appel, Nr. 1166. 172 Art.586 Abs.3 l.Hs. N.C.P.C.; Art.R.226 S.1 C.T.A.C.A.A.; gleiches gilt vor dem Conseil d'Etat, vgl. Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appel, Nr.1166. 173 Art.591 N.C.P.C.; siehe zudem Fricero in: GuideJuridique Dalloz, Nr.506, Rn. l6; Sonnenberger/Schweinberger, Einführung in das französische Recht, S. 183; P. Becker, Der Einfluß des französischen Verwaltungsrechts auf den Rechtsschutz in den Europäischen Gemeinschaften, S. 52. 174 Die tierce opposition ist mithin eine Gestaltungsklage; siehe dazu auch Bleckmann, Europarecht, Rn. 1007; Kirschner!Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 191; Rengeling!Middeke!Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 761. 17 5 Vgl. Spellenberg, ZZP 106 (1993), S. 283 (301) m. w. N. 176 Vgl. nur Debbasch/Ricci, Contentieux Administratif, Nr. 709; Le Chatelier in: JurisClasseur Administratif, Fase. 1101 , Nr. 91; Dimaras, Anspruch "Dritter" auf Verfahrensbeteiligung, S. 98.
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
B. Die intervention forcee zur Erstreckung von Bindungswirkungen I. Zivilprozeß Gemäß Art. 331 Abs. 2 N.C.P.C. kann eine der Parteien einem Dritten den Streit verkünden, wenn sie ein Interesse daran hat, "de lui rendre commun Je jugement".
Durch die Streitverkündung wird der Dritte automatisch Partei- wiederum partie accessoire-des Verfahrens 177 ; anders als im deutschen Recht bedarf es insofern keines weiteren Beitrittsaktes. Die Einbindung des Streitverkündeten in die gerichtliche Entscheidung erfolgt zudem durch eine unmittelbare Verfahrensbeteiligung und nicht wie im Rahmen des § 74 Abs. 3 ZPO durch Ausweitung von Bindungswirkungen des Richterspruchs auf einen Unbeteiligten178 . Das Interesse des Streitverkünders an der Einbindung des Dritten kann sich aus zweierlei Gesichtspunkten ergeben: Zum einen kann es darin bestehen, daß der streitverkündenden Partei daran gelegen ist, den Dritten an die Rechtskraft der Entscheidung zu binden, weil sie meint, im Falle ihres Unterliegens im Erstprozeß gegen diesen selbst Ansprüche zu haben oder solche des Dritten befürchtet179. Insoweit decken sich die deutsche und die französische Streitverkündung. Wie bereits angeführt umfaßt ja die materielle Rechtskraft im französischen Recht auch die tragenden Gründe des Urteils180, infolgedessen wirkt bereits die Bindung an die chose jugee der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen entgegen. Das Interesse der streitverkündenden Partei kann jedoch auch darin bestehen, dem verkündeten Dritten nur prophylaktisch die Möglichkeit der tierce opposition zu nehmen, die andernfalls, wie gesehen, in weitreichendem Ausmaß gewährt wirdtst. Als Partei des Rechtsstreits hat der intervenant forcee grundsätzlich dieselben Möglichkeiten, auf das Verfahren Einfluß zu nehmen wie der intervenant accessoire. Anders als dem freiwillig Beigetretenen wird dem intervenant forcee allerdings das Recht zugesprochen, gegen die gerichtliche Entscheidung selbst Rechtsmittel einzulegen182. Aus Gründen des rechtlichen Gehörs ist dies auch erforderlich. Der intervenant accessoirehatte die Wahl, ob er dem Prozeß beitreten oder dessen Ergebnis 177 Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 127-1, Nr.l35; Spellenberg, ZZP 106 (1993), S. 283 (311). 178 Dazu schon im 2. Kapitel unter A.l. 2. 179 Wiederkehr in: Guide Juridique Dalloz, Nr. 309, Rn. 30; Heron, Droit judiciare prive, Nr. 976; Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fase. 127-1, Nr. 107; Speilenberg, ZZP 106 (1993), S. 283 (306ft). 180 Siehe dazu schon die Nachweise in Fn. 29 dieses Kapitels. 181 Vgl. hierzu die schon in Fn.179 dieses Kapitels Genannten. 182 Martin in: Juris-Classeur Procedure Civile, Fasc.127-1, Nr.l37.
B. Die intervention forcee zur Erstreckung von Bindungswirkungen
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abwarten wollte, um dann gegebenenfalls gegen die Entscheidung tierce opposition zu erheben. Jedenfalls im Rahmen letzterer stünden ihm mehrere Instanzen zur Verfügung183. Wählt der Dritte gleichwohl den Beitritt im Erstverfahren, so ist es zumindest hinnehmbar- wenn auch nicht recht verständlich - 184, ihm die Möglichkeit zu versagen, die Sache aus eigenem Antrieb heraus in die übergeordnete Instanz zu bringen. Diese Freiheit der Entscheidung zwischen Beteiligung im Erstverfahren und tierce opposition hatte der intervenant forcee hingegen nicht, daher muß ihm jedenfalls die Möglichkeit gegeben sein, gegen den Richterspruch vorgehen zu können.
II. Verwaltungsprozen Die Ausgestaltung der intervention forcee aux fins de declaration de jugement commun in Verfahren der pleine jurisdiction entspricht der soeben für den Zivilprozeß beschriebenen. Rechtsprechung und Lehre haben hier das Institut für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ohne Änderungen übernommen 1ss. So kann beispielsweise der Kläger eines Amtshaftungsprozesses, wenn das Gericht zu der Auffassung gelangt, verantwortlich für den entstandenen Schaden sei nicht der verklagte Verwaltungsträger A, sondern Verwaltungsträger B, diesem den Streit verkünden. Auf diese Weise wird B an die gerichtliche Feststellung seiner Haftpflicht für ein zweites Verfahren gebunden und ihm gleichzeitig die Möglichkeit der tierce opposition genommenis6. Unterschiedlich gegenüber dem Zivilprozeß ist das Rechtsinstitut demgegenüber im Rahmen des recours pour exces de pouvoir. Angemerkt sei hier zunächst, daß die intervention forcee nur dazu führen kann, die tierce opposition auszuschalten, denn alternative Haftungsverhältnisse stehen naturgemäß nicht im Raum 187. Während zudem die intervention forcee aux fins de declaration de jugement commun in den bisher angesprochenen Zusammenhängen von den Parteien selbst ausgesprochen wurde und ausnahmslos in deren Belieben stand188, wird die intervention forcee im Verfahren des recours pour exces de pouvoir von dem Gericht vorgenommen189. Das Rechtsinstitut ist hier insofern keine Streitverkündung, sondern eine Beiladung 190. Die Begründung für die Übertragung der intervention forcee auf das Gericht liegt allerdings darin, daß der recours pour exces de pouvoir klassischerweise nicht als ein Vgl. Art.592 N.C.P.C. Siehe hierzu auch bereits unter A. I. 3. b) bb). 185 Ausführlich dazu insbesondere Savignat, R. D.P. 86 ( 1970), S. 5 ff; außerdem Debbaschl Ricci, Contentieux Administratif, Nr. 4l6ff. 186 Beispiel in Anlehnung an Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 679. 187 So wohl auch Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appel, Nr. 1169. 188 Vgl. aber Art. 332 Abs.1 N.C.P.C., wonach das Gericht gegenüber den Parteien die Vornahme einer Streitverkündung anregen kann. 189 Siehe nur C. E., 13.2.1963, Assoc. Les amis de Chiberta, Rec., S. 92. 190 Vgl. dazu auch Spellenberg, ZZP 106 (1993), S. 283 (315). 183 184
8 Nissen
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3. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im französischen Recht
Prozeß zwischen sich gegenüber stehenden Parteien betrachtet wurde, sondern als ein Verfahren gegen den angefochtenen Rechtsakt selbst191 . Eine die Streitverkündung durchführende Partei war demnach früherer Ansicht nach gar nicht vorhanden192. Zwischenzeitlich dürfte dieses Verständnis des recours pour exces de pouvoir indes aufgegeben worden sein und das Verfahren als Parteiprozeß gesehen werdent93. Die Entscheidung über das "Ob" der Beiladung trifft jedoch weiterhin alleinig das Gericht. Kläger und Beklagter können die Beiladung zwar anregen, letztlich steht die Beiladung aber im Ermessen des Gerichts 194. Beigeladen werden kann - soweit ersichtlich- nur der Adressat der angefochtenen Verwaltungsentscheidung195.
191 Dazu Koch, VerwA 1998, S. 560 (563) m. w. N.; Hübner/Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S.104. 192 Vgl. Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appel, Nr. 547. 193 Vgl. Degen, DV 14 (1981), S. 157 (159). 194 Chapus, Droit du contentieux administratif, Nr. 683; wohl auch Gabolde, Procedure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appel, Nr. 547. 195 Gabolde, Procerlure des tribunaux administratifs et des cours administratives d'appel, Nr.547, 1169.
Viertes Kapitel
Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht Nach der Erörterung der Drittbeteiligung im deutschen und französischen Recht kann der Streitbeitritt im Verfahren vor den Gemeinschaftsgerichten nunmehr einer eingehenden Untersuchung unterzogen werden. Wahrend in den beiden vorangegangenen Kapiteln von den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention nur jeweils das Beitrittsinteresse als das Spezifikum der Zulässigkeit betrachtet wurde, werden im folgenden zunächst die Zulässigkeilsmerkmale des Instituts, so wie es im Gemeinschaftsrecht besteht, umfassend betrachtet. Hieran anschließend wird der Frage nachgegangen, ob nach den Verfahrensregeln der Gemeinschaftsgerichte potentielle Streitgehilfen von erhobenen Klagen stets in hinreichendem Maße in Kenntnis gesetzt werden. Ausführungen über den Akt der Verfahrensbeteiligung als solchen und insbesondere über die Rechtswirkungen der Intervention bilden darauffolgend dann die beiden weiteren Abschnitte dieses Kapitels.
A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention Maßgebend für die Zulässigkeit einer Intervention können dreierlei Gesichtspunkte sein: So muß der Beitrittswillige die subjektiven Anforderungen erfüllen, die die Interventionsbestimmungen an ihn stellen. Weiterhin kann die Streitbeteiligung des Dritten von der Glaubhaftmachung eines Beitrittsinteresses abhängig sein. Schließlich darf die Intervention des Dritten nicht aufgrundder Art des Rechtsstreits oder der daran als Kläger und Beklagter Beteiligten ausgeschlossen sein.
I. Subjektive Anforderungen an den Intervenienten Das Prozeßrecht der Europäischen Gemeinschaften kennt, wie schon eingangs gesehen, mit den Art. 37 EG-Satzung, Art. 38 EAG-Satzung, Art. 34, 41 Abs. 2 EGKS-Satzung und Art. 134 § 1 VerfO-EuG eine Mehrzahl von Bestimmungen, die Dritten die Möglichkeit eröffnen, sich an Verfahren als Streithelfer zu beteiligen. Diese unterscheiden sich zunächst- wie sogleich ersichtlich werden wird, teilweise lediglich in ihrem Wortlaut - hinsichtlich ihres jeweiligen Normadressaten, d. h. desjenigen, von dem eine Nebenintervention aufgrund der jeweiligen Vorschrift ausgehen kann. Im folgenden soll daher darauf eingegangen werden, wem im einzelnen die Interventionsgrundlagen die Möglichkeit zur Streithilfe zuerkennen. 8*
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
1. Art. 37 EG-Satzung1 Art. 37 EG-Satzung bestimmt in Abs. 1, daß die Mitgliedstaaten und die Organe einem bei dem Gerichthof anhängigen Rechtsstreit beitreten können. Abs. 2 1. Hs. der Bestimmung gibt diese Möglichkeit zudem "allen anderen Personen", die ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft machen können. In Abs. 3 der Vorschrift ist niedergelegt, daß unbeschadet des zweiten Absatzes Vertragsstaatendes EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die in diesem Abkommen genannte EFfA-Überwachungsbehörde einem Prozeß beitreten können, wenn dieser einen der Anwendungsbereiche des Abkommens betrifft. a) Die Adressaten des Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung Anders als für die Mitgliedstaaten sind zu Begriff und Beitrittsrecht der Organen einige Bemerkungen notwendig. Der fünfte Teil des EG-Vertrages enthält unter der Überschrift "Die Organe der Gemeinschaft" in den Art.189ff (Art.137ff a.F.) Bestimmungen über das Europäische Parlament, den Rat, die Kommission, den Gerichtshof, den Rechnungshof, den Wirtschafts- und Sozialausschuß, den Ausschuß der Regionen und die Europäische Investitionsbank. Alle diese Einrichtungen müßten demnach Organe der Gemeinschaft sein. Andererseits sind jedoch der Wirtschafts- und Sozialausschuß, der Ausschuß der Regionen und die Europäische Investitionsbank im Gegensatz zu den weiteren genannten Einrichtungen nicht in dem ersten Kapitel des fünften Teils enthalten, welches mit "Die Organe" überschrieben ist, sondern jeweils Gegenstand eines eigenen Kapitels innerhalb des Teils, und außerdem sind sie nicht in Art. 7 Abs. 1 EG-Vertrag (Art. 4 Abs. 1 a. F.), der die Gemeinschaftsorgane aufzählt, aufgeführt. Allgemeiner Ansicht nach sind diese Einrichtungen daher keine Organe der Gemeinschaft2. Nach Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung - jedenfalls nach dessen Wort1 Die folgenden Ausführungen sollen, wie zu Beginn der Untersuchung angesprochen, aufgrund der im wesentlichen bestehenden Wortgleichheit grundsätzlich auch für Art. 38 EAGSatzung gelten. 2 Zum Wirtschafts- und Sozialausschuß: EuGH, Rs. 828n9 (Adam/Kommission), Urteil v. 4.2.1982, S1g. 1982, S. 269 (290); Schwaiger/Siebeke in: v. d. Groeben(Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Vorb. Art. 193-198 EG-Vertrag, Rn. 7; Hilf, Die Organisationsstruktur der Europäischen Gemeinschaften, S. 20ff; Oppermann, Europarecht, Rn. 400; Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 292; Vierlich-Jürcke, Der Wirtschafts- und Sozialausschuß der Europäischen Gemeinschaften, S. 212. Zum Ausschuß der Regionen: Theissen, Der Ausschuß der Regionen (Art. 198 a-c EG-Vertrag), S. 206f; Hasselbach, Der Ausschuß der Regionen in der Europäischen Union, S. 109; Kaiser in: v. d. Groeben{Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Vorb. Art. 198 a-c EG- Vertrag, Rn. 15; Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 305; Wiedmann, EuR 1999, S.49 (60). Zur Europäischen Investitionsbank: Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 314. Die Europäische Investitionsbank besitzt zudem gemäß Art. 266 Abs. 1 EG-Vertrag (Art. 198 d Abs. 1
A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention
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laut- können sie sich demgemäß nicht als Streithelfer beteiligen3 • Ob eine Interventionsmöglichkeit nach Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung oder in analoger Anwendung einer der beiden Absätze in Frage kommen kann, soll nach Klärung des Inhalts von Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung an späterer Stelle noch gesondert untersucht werden4 • Zwar zu den Organen gehörig, jedoch gleichwohl ohne Interventionsmöglichkeit ist der Gerichtshof selbst5• Da dieser den ihm vorgelegten Streit ja gerade entscheiden soll, versteht es sich wohl von selbst, daß eine Beteiligung auf seiten der Streitenden ausscheiden muß6. Trotz des insoweit eindeutigen Wortlauts des Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung war nicht stets unstreitig, ob sämtlichen anderen nunmehr in Art. 7 Abs. 1 EG-Vertrag genannten Gemeinschaftsorganen nach dieser Vorschrift tatsächlich ein Beitrittsrecht zustehe. So vertrat der Rat in der Rs. l38/79 (Roquette Freres/Rat) im Jahre 1980 die Auffassung, der Beitritt des Parlaments zu dem Rechtsstreit sei unzulässig, da die Befugnis zur Intervention einem Klagerecht nahe komme, das Parlament jedoch nicht zu den nach Art. 173 EWG-Vertrag Klageberechtigten gehöre7 • Gleiches hätte nach dieser Sichtweise für den Rechnungshof gelten müssen, der zu dieser Zeit ebenfalls nicht in Art. 173 EWG-Vertrag genannt war. Der Gerichtshof folgte der Ansicht des Rates allerdings nicht, sondern entschied, daß nach Art. 37 Abs. 1 EGSatzung allen Organen der Gemeinschaft dasselbe Recht zum Beitritt zustünde. Wolle man das Parlament in der Ausübung dieses Rechts einschränken, so würde man die vom Vertrag und insbesondere von Art. 4 Abs. 1 EWG-Vertrag gewollte institutionelle Stellung des Organs beeinträchtigens 9. Angesichts der durch die Verträge von Maastricht und Amsterdam eingeführten neuen Klagemöglichkeiten für Parlament und Rechnungshof in Art. 230 Abs. 3 EGVertrag (Art. 173 Abs. 3 a. F.) wäre die Auffassung des Rates in der Rs. 138/79 mit a. F.) und Art. 28 ihrer Satzung eigene Rechtspersönlichkeit Auch schon deshalb kann sie kein Gemeinschaftsorgan sein. Gleiches gilt im übrigen gemäß Art. 107 Abs. 2 EG-Vertrag (Art. 106 Abs. 2 a. F.) für die Europäische Zentralbank. 3 Ebenso Hackspiel in: v.d.Groeben(fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 5 (Fn. 21 ). 4 Siehe dazu alsbald unter A. I. 1. c) bb). 5 Ebenso Ehle, Klage- und Prozeßrecht des EWG-Vertrages, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 8. 6 Soweit daher im folgenden von den "Organen" die Rede ist, soll der Gerichtshof hiervon ausgenommen sein. 7 Siehe dazu EuGH, Urteil v. 29.10.1980, Slg. 1980, S. 3333 (3357); ebenso in EuGH, Rs.l39/79 (Maizena/Rat), Urteil v. 29.10.1980, Slg.1980, S. 3393 (3420). 8 lbid.; siehe hierzu auch Usher, European Court Practice, Rn. 11-04. 9 Wie er dies bei Interventionen von Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen nach Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung auch vorher bereits getan hatte, hatte der Gerichtshof das Parlament in dieser Sache zuvor mit unveröffentlichtem Beschluß v. 16 1.1980 als Streithelfer zugelassen, ohne die Parteien des Rechtsstreits zuvor anzuhören. Die Diskussion über die Zulässigkeit des Streitbeitritts erfolgte hier daher erst nach der Zulassung des Intervenienten.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
der dortigen Argumentation nach heutigem Recht in keinem Falle mehr haltbar. Denkbar könnte danach allenfalls sein - wie der Rat für das Parlament Hilfsweise geltend gemacht hatte -, die Interventionsmöglichkeiten von Parlament und Rechnungshof entsprechend ihrer nur eingeschränkten Klageberechtigungen zu beschränken, d. h. von der Darlegung eines Beitrittsinteresses abhängig zu machen10• b) Allgemeine Inhaltsbestimmung der Wendung "alle anderen Personen" in Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung
Im Anschluß an Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung erkennt Abs. 2 1. Hs. der Bestimmung "allen anderen Personen", die an dem Ausgang des Rechtsstreits ein berechtigtes Interesse geltend machen, die Möglichkeit zum Streitbeitritt zu. Es fallt auf, daß die Vorschrift anders als Art. 230 Abs. 4, 232 Abs. 3 EG-Vertrag (Art. 173 Abs. 4, 175 Abs. 3 a. F.) für die Nichtigkeits- bzw. die Untätigkeitsklage, Art. 39 EG-Satzung für die Drittwiderspruchsklage und Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung 11 insofern nicht von natürlichen und juristischen Personen spricht, sondern eine hiervon abweichende Terminologie verwendet. Zwei verschiedene Schlußfolgerungen könnten daraus zu ziehen sein12: So könnte der Wortlautunterschied einerseits bedeuten, daß mit den verschiedenen Formulierungen auch ein inhaltlicher Unterschied hinsichtlich der Qualität der möglichen Intervenienten bzw. Kläger zum Ausdruck gebracht wird. Diese Betrachtungsweise hat in der Literatur Befürworter gefunden 13, ohne daß hierauf allerdings näher eingegangen wird; für sie könnte auch ein Beschluß des Gerichtshofs aus dem Jahre 1962 sprechen, in dem dieser feststellte, der Ausdruck "alle anderen Personen" sei so weit wie nur irgendmöglich gefaßt14• Andererseits mag die Wendung "alle anderen Personen" jedoch möglicherweise auch so zu verstehen sein, daß hiermit gar kein inhaltlicher Gegensatz erzeugt werden soll, sondern die Begrifflichkeil vielmehr nur dazu bestimmt ist, festzuschreiben, daß die Intervention der nicht unter Abs. 1 der Vorschrift fallenden Intervenienten von der Glaubhaftmachung eines Beitrittsinteresses abhängig sein Siehe hierzu noch unter A. II. 2. a). Hierzu sogleich unter A. I. 2. 12 Da die travaux preparatoires der Verträge und damit auch der Satzungen nie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, besteht allgemeiner Ansicht nach keine Verpflichtung, diese Materialien bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen. Die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts werden daher nach ihrem Wortlaut, ihrem systematischen Zusammenhang und dem "Geist" der Verträge, mithin teleologisch interpretiert; dazu auch Weiler, ELRev 1989, S. 334 (344). 13 Insbesondere Plender in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn. 23-07; wohl auch Hackspiel in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 7; Rengeling!Middeke!Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 676; Toth, The Oxford Encyclopedia of European Community Law, Bd. 1, S. 330; Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S.195 (204). 14 EuGH, verb. Rs. 16 u. 17/62 (Confederation nationale des producteurs de fruits et 1egumes u. a./Rat), Beschluß v. 24.10.1962, Slg. 1962, S. 999 ( 1000). 10
II
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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soll, ohne dabei indes eigenständige subjektive Anforderungen an den Intervenienten aufstellen zu wollen15 • Der Gerichtshof äußerte sich zu der Textabweichung nie im einzelnen. Ein Vergleich seiner Rechtsprechung zu Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung und zu Art. 230 Abs. 4 EG-Vertrag (Art. 173 Abs. 4 a. F.) zeigt jedoch, daß er trotz des soeben angeführten Beschlusses aus dem Beginn der sechziger Jahre der letztgenannten Betrachtungsweise folgt und damit kein inhaltlicher Unterschied aus den verschiedenen Begriftlichkeiten abgeleitet wird16. Unproblematisch klage- und interventionsfahig sind zunächst natürliche Personen und privatrechtliche Rechtsgebilde, denen von der Rechtsordnung ihres Heimatlandes Rechtspersönlichkeit verliehen wurde17 18• Gleiches gilt für solche unterstaatlichen Verwaltungsträger, die nach innerstaatlichem Recht ebenfalls rechtsfähig sind19 und die Bundesländer Deutschlands und Österreichs sowie die autonomen 15 So vor allem GA Lagrange, Rs. 15/63 (Lasalle/Parlament), Schlußanträge v. 5.11.1963, Slg. 1963. S. 112 (117); wohl auch Klinke, Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 329; Dauses in: Dauses, Handbuch des EG-Wirtschaftsrechts, P. IV, Rn. 32; Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 170; Hakenberg/Stix-Hackl, Handbuch zum Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, S.163; Lasok, The European Court of Justice, S. 155; Vaughan, Law of the European Communities, Rn. 2.247; Vandersanden!Barav, Contentieux Communautaire, S.460; Bergeres, Contentieux Communautaire, Nr. 91; Schweitzer!Hummer, Europarecht, Rn. 554; Kovar in: Juris-Classeur Europe, Fase. 320, Nr. 103; Waelbroeck/Waelbroeck in: Commentaire Megret, Le Droit de la CEE, Art.188, Nr.69; Lenaerts!Arts, Europees Procesrecht, Rn.696; Berri, CMLRev 1971, S. 5 (9); Eh/e/Schiller, EuR 1982, S. 49 (52); Pastor!van Ginderachter, RTDE 1989, S. 561 (584). 16 Im Rahmen des Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung hat sich keine dedizierte Rechtsprechung zur inhaltlichen Bestimmung der Wendung "natürliche und juristische Personen" entwickelt. Daher wird vorliegend auf die hierzu von dem Gerichtshof im Zusammenhang mit Art. 230 Abs. 4 EG-Vertrag (Art. 173 Abs. 4 a. F.) getätigten Äußerungen zurückgegriffen. 17 Zu deren Klagefähigkeit siehe nur Krück in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, Art. 173 EG- Vertrag, Rn. 39m. w. N.; zu deren Interventionsfähigkeit vgl. beispielhaft die Beschlüsse des Gerichtshofs v. 10. u. 16.6.1965 in den verb. Rs. 56 u. 58/64 (Consten u.a./Komrnission), Slg.1965, S.450ffu. 453ff. 18 Unerheblich ist jeweils, ob der Heimatstaat Gemeinschaftsmitglied ist; vgl. nur die Entscheidungen EuGH, Rs. 172/87 (Mita Industrial/Rat), unveröffentlichter Beschluß v. 3.2.1988 (Urteil v. 10.3.1992, Slg.1992-I, S. 1301 ff) und EuGH, Rs. 156/87 (Gestetner Holdings/Rat u. Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 16.12.1987 (Urteil v. 14.3.1990, Slg. 1990-I, S. 781 ff), wo ein japanisches Unternehmen einmal als Kläger und einmal als Intervenient auftrat; gegen die Zulassung von Intervenienten mit Sitz außerhalb des Gemeinschaftsgebiets noch Bebr, Judicial Control in the European Communities, S.169. 19 Zur K1agefähigkeit: EuGH, Rs. 216/82 (Universität Harnburg/Hauptzollamt HamburgKehrwieder), Urteil v. 27.9.1983, Slg. 1982, S. 2771 ff; EuGH, Rs. 222/83 (Gemeinde Differdange u.a./Kommission), Urteil v. 11.7.1984, Slg.1984, S. 2889 (2896). Zur Interventionsfähigkeit EuG, Rs. T-36/92, unveröffentlichter Beschluß v. 1.10.1992: Zulassung der damals noch Deutschen Bundespost als Streithelfenn (Beschluß v. 30.11.1992, Slg.l992-II, S.2479ff).
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Regionen Belgiens und Spaniens20 • Auch für völkerrechtlich anerkannte Rechtssubjekte dürften hinsichtlich ihrer Klage- und Interventionsfähigkeit keine Bedenken bestehen21 • So ließ der Gerichtshof in den verb. Rs. 91 und 200/82 (Chris International Foods/Kommission)22 mehrere selbständige karibische Inselstaaten als Intervenienten zu; die Klage eines Drittstaats dürfte jedenfalls nicht an seiner mangelnden Klagefähigkeit scheitern23, zumal der Gerichtshof im Zusammenhang mit Art. 34 Abs. I EGKS-Satzung die Mitgliedstaaten zu Recht auch ohne weiteres als juristische Personen betrachtet24 • Auch im Rahmen des Art. 230 EG-Vertrag (Art. 173 a. F.) wird mit der gesondert ausgewiesenen Klageberechtigung der Mitgliedstaaten in Abs. 1 selbstredend nicht deren Qualität als juristische Personen in Abrede gestellt, sondern nur eine privilegierte Klagebefugnis geschaffen. Weitergehenden Inhalts könnte die Wendung "alle anderen Personen" danach nur dort sein, wo es um nicht mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Personenvereinigungen geht. Die insoweit zur Interpretation des Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung von dem Gerichtshof vertretene Sichtweise manifestierte sich im wesentlichen in zwei Entscheidungen: In der Rs. 15/63 (Lasalle/Parlament)25 hatte die Personalvertretung des Europäischen Parlaments ihre Zulassung als Streithelfer beantragt. Der Gerichtshof wies den Antrag jedoch zurück mit der Begründung, daß die Personalvertretung weder Rechtspersönlichkeit besitze, noch zumindest die Merkmale aufweise, an welche die Rechtspersönlichkeit anknüpfe, nämlich eine, wenn auch beschränkte, Autonomie und Verantwortlichkeit26 • In den verb. Rs.41, 43 bis 48, 50, 111, 113 und 114n3 (Generale Sucriere u. a./Komrnission) entschied der Gerichtshof dann auf den Streithilfeantrag der Unione Nazionale Consumatori, einem nichtrechtsfähigen Verein im Sinne des Art. 36 des italienischen Zivilgesetzbuchs, daß 20 Zur Klagefähigkeit: EuGH, verb. Rs. 62 u. 72/87 (Region Wallonien u. a./Kommission), Urteil v. 8.3.1988, Slg.l988, S.l573ff. Zur Interventionsfähigkeit: EuG, Rs. T-194/95 intv I (Area Cova u. a./Rat), Beschluß v. 25.6.1996, Slg. 1996-11, S. 591 ff: Zulassung der Region Galizien als lntervenientin; EuG, Rs. T-37/97 (Forges de Clabecq/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 25.7.1997: Zulassung der Region Wallonien als Streithelfenn (Urteil v. 25.3.1999, Slg. 1999-11, S. 859 ff); siehe hierzu außerdem Mulert, Die deutschen Bundesländer vor dem Europäischen Gerichtshof, S.l74, 254. 21 Vgl. hierzu auch Krück in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU -lEGVertrag, Art. 173 EG- Vertrag, Rn. 39. 22 Siehe nur EuGH, Beschluß v. 23.2.1983: Zulassung der Republik Dominica als Streithelferin, Slg. 1983, S. 417 ff. Mit unveröffentlichten Beschlüssen v. 9.3.1983 wurden in derselben Angelegenheit auch Grenada, Saint Lucia sowie St. Vincent und die Grenadinen als Streitgehilfen zugelassen (Rs. später gestrichen); zustimmend Plender, Comm. Law Bull. 9 (1983) S.l059 (1063). 23 A. A. noch Bebr, Judicial Control in the European Communities, S. 169; zweifelhaft dürfte hier eher das Vorliegen der Klagebefugnis sein. 24 Siehe dazu noch unter A.l. 2. 25 EuGH, Beschluß v.l4.ll.l963, Slg.l964, S.l09ff. 26 lbid., s. 110.
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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nach Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung Gebilde, die keine Rechtspersönlichkeit besitzen, als Streithelfer zugelassen werden können, wenn sie, sei es auch nur in beschränktem Umfange, Merkmale wie namentlich Selbständigkeit und Haftungsfähigkeit aufweisen, die die Grundlage einer derartigen Persönlichkeit ausmachen27 • Diesem Ansatz folgt der Gerichtshof seitdem in ständiger Rechtsprechung28 • Eine inhaltlich hiervon nicht verschiedene Sichtweise vertritt der Gerichtshof indes auch zum Begriff der juristischen Person. So betonte er in der Rs. 135/81 (Groupement des Agences de voyages/Kommission), dieser stimme nicht notwendigerweise mit den Begriffen überein, die in den verschiedenen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten verwendet würden, und er gestand in dem Verfahren einer nichtrechtsfcihigen Gelegenheitsvereinigung von Reiseagenturen, die sich zusammen getan hatten, um gemeinsam an einer Ausschreibung der Kommission teilzunehmen, die Möglichkeit zur Individualklage zu29 • Dieselbe Tendenz findet sich in weiteren Entscheidungen, in denen ebenfalls Gruppierungen, denen nach nationalem Recht keine Parteifcihigkeit zugekommen wäre, Klagefcihigkeit zuerkannt wurde, da die Vereinigungen aufgrund ihrer inneren Struktur die nötige Autonomie aufwiesen, um im Rechtsverkehr als verantwortliche Einheit aufzutreten30 • Eine inhaltliche Unterscheidung zwischen den Formulierungen "alle anderen Personen" und "natürliche und juristische Personen"31 bzw. "natürliche oder juristi27 EuGH, Beschluß v. 11.12.1973, Slg.1973, S. 1465 (1468); ebenso EuG, Rs. T-108/94 (Candiotte/Rat), Beschluß v. 10.10.1994, Slg. 1994-11, S. 863 (868). 28 Vgl. nur EuGH, Rs.155/79 (AM & S Europe/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 7.5.1980: Zulassung der Commission Consultative des Barreaux de Ia Communaute Europeenne (CCBCE) als Streithelfenn (Urteil v. 18.5.1982, Slg. 1982, S. 1575ff); EuGH, Rs. 188/85 (FEDIOL/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 29.1.1986: Zulassung der Vereinigung der brasilianischen Sojaproduzenten (ABIOVE) als Streithelfenn (Urteil v.14.7.1988, Slg. 1988, S.4193 ff); EuGH, verb. Rs.C-133 u. 150/87 (Nashua Corporation u.a./ Rat u. Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 26.11.1987: Zulassung des Comittee of European Copier Manufacturers (CECOM) als Intervenient (Urteil v.14.3.1990, Slg.1990-I, S. 719 ff); außerdem EuGH, verb. Rs. 197- 200, 243, 245 u. 247/80 (Ludwigshafener Walzmühle u. a./EWG), Beschluß v. 8.4.1981, wo der Interventionsantrag der (nichtrechtsfähigen) Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten zwar zurückgewiesen wurde, nicht allerdings weil dieser die Interventionsfähigkeit fehle, sondern weil der Gerichtshof das Vorliegen eines Beitrittsinteresses verneinte; zur Intervention von Gewerkschaften allgemein auch Usher, European Coun Practice, Rn. 11-06. 29 EuGH, Urteil v. 28.10.1982, Slg. 1982, S. 3799 (3808); vgl. hierzu auch Krück in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 173 EG-Vertrag, Rn. 39; Borchardt in: Lenz, EG-Vertrag, Art.230, Rn.28; Schwarze, RIW 1996, S. 893 (895). 30 EuGH, Rs. 175/73 (Union Syndicale, Massa & Kortner/Rat), Urteil v. 8.10.1974, Slg.1974, S. 917 (925); EuGH, Rs. 18/74 (Syndicat general du personnel des organismes europeens/Kommission), Urteil v. 8.10.1974, Slg. 1974, S. 933 (944); EuGH, Rs. 191/82 (FEDIOL/Kommission), Urteil v. 4.1 0.1983, Slg. 1983, S. 2913 (2935); dazu auch GA van Gerven, Rs. 70/88 (Parlament/Rat; "Tschernobyl"), Schlußanträge v. 30.11.1989; Slg. 1990-1, S. 2052 (2064); Theissen, Der Ausschuß der Regionen (Art. 198 a-c EG-Vertrag), S. 247 f; Dauses/ Henkel, EuZW 1999, S.325. 31 So der Wortlaut in An. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung u. Art. 39 EG-Satzung.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
sehe Personen"32 läßt sich danach also in der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht feststellen. Beide Wendungen werden vielmehr synomym verstanden.
c) Insbesondere: Die Beteiligungsmöglichkeit von Gemeinschaftseinrichtungen ohne Organstatus Weiter oben wurde ausgeführt, daß zu den Organen der Gemeinschaft nur diejenigen fünf Institutionen zählen, die in Art. 7 Abs. 1 EG-Vertrag (Art. 4 Abs. 1 a. F.) genannt sind33 . Nur diese können sich insofern gemäß dem Wortlaut des Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung nach dieser Bestimmung beteiligen. Damit muß jedoch, wie die folgenden Ausführungen zeigen sollen, nicht ausgeschlossen sein, daß für andere Gemeinschaftseinrichtungen nicht auch Beitrittsmöglichkeiten bestehen können. Anlaß, hierüber zu entscheiden, hatte der Gerichtshof bislang allerdings nicht. aa) Gemeinschaftseinrichtungen, denen Rechtspersönlichkeit verliehen wurde Jedenfalls für die Europäische Zentralbank, die Europäische Investitionsbank und die weiteren Einrichtungen des Gemeinschaftsrechts, denen ausdrücklich Rechtsfähigkeit zuerkannt wurde, dürfte eine Interventionsfähigkeit nach Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung nicht weiter zweifelhaft sein34. Wenn auch die Europäische Zentralbank im Rahmen der Nichtigkeitsklage in Art. 230 Abs. 3 EG-Vertrag (Art. 173 Abs. 3 a. F.) dem Parlament gleichgestellt ist, so ist dadurch doch selbstredend nicht die Rechtsnatur der Einrichtung als juristische Person tangiert, sondern lediglich eine ebenfalls (beschränkt) privilegierte Klagebefugnis festgeschrieben35 . bb) Der Wirtschafts- und Sozialausschuß und der Ausschuß der Regionen36 Ob auch der Wirtschafts- und Sozialausschuß und der Ausschuß der Regionen als interventionsfähig zu betrachten sind, ist hingegen fraglich. 32 So der Wortlaut in Art.230 Abs.4 EG-Vertrag (Art.l73 Abs.4 a.F.) u. Art.232 Abs.3 EGVertrag (Art.l75 Abs.3 a.F.). 33 Siehe dazu schon unter A. I. I. a). 34 Zur Rechtsfähigkeit der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Investitionsbank siehe die bereits in Fn. 2 dieses Kapitels Genannten; zur Klagefähigkeit der Europäischen Investitionsbank siehe auch Krück in: v. d. Groeben{fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 173 EG-Vertrag, Rn. 39. Eine nichtabschließende Außistung weiterer rechtsfähiger Gemeinschaftseinrichtungen - hierzu gehört etwa das Europäische Zentrum für Berufsbildung- findet sich bei Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 328. Js Vgl. dazu im übrigen auch Art. 232 Abs.4 EG-Vertrag (Art. l75 Abs.4 a. F.), wonach Parlament und Zentralbank wiederum unterschiedlich behandelt werden. 36 Die EAG kennt keinen Ausschuß der Regionen. Für Art. 38 EAG-Satzung sind die folgenden Ausführungen insofern nur hinsichtlich nur des Wirtschafts- und Sozialausschusses von Bedeutung.
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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(1) Beitrittsrecht nachArt.37 Abs.21.Hs. EG-Satzung
Unter Hinweis auf die zuvor beschriebene Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Begriff der juristischen Person in Art. 230 Abs. 4 EG-Vertrag (Art. 173 Abs. 4 a. F.) hat Theissen37 für den Ausschuß der Regionen die Auffassung vertreten, dieser könne aufgrundseiner schon im Gemeinschaftsrecht selbst angelegten Zusammensetzung und Strukturierung38 sowie der Kontinuität seiner Arbeit als juristische Person angesehen werden. Gleiches müßte nach dieser Sichtweise für den Wirtschafts- und Sozialausschuß gelten39 und beide dementsprechend als "andere Personen" im Sinne des Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung angesehen werden. Gegen eine solche Auffassung sprechen freilich gewichtige Gründe: So haben die Mitgliedstaaten in Art. 281, 107 Abs. 2 und 266 Abs. 1 EG-Vertrag (Art. 210, 106 Abs. 2 und 198d Abs. 1 a. F.) ausdrücklich festgeschrieben, daß der Gemeinschaft selbst, der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Investitionsbank Rechtspersönlichkeit zukommen soll. Damit wurde deutlich zum Ausdruck gebracht, daß eine hierüber hinausgehende Rechtsfähigkeit der durch den Vertrag weiterhin geschaffenen Einrichtungen nicht gewollt ist. Auch der Gerichtshof stellte dementsprechend in der Rs. 70/88 (Parlament/Rat; "Tschernobyl") in einem orbiterdieturn fest, daß das Parlament u. a. deshalb keine Individualklage erheben könne, weil es keine juristische Person sei40 • Auch mit der Verweisung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Wesensmerkmalen des gemeinschaftsrechtlichen Begriffs der juristischen Person und die unmittelbar primärgemeinschaftsrechtlich verankerten Eckpfeiler des Ausschusses der Regionen (bzw. des Wirtschafts- und Sozialausschusses) läßt sich Gegenteiliges nicht begründen. Der Gerichtshof hat nämlich- dies läßt Theissen außer Betracht- neben dem Kriterium einer gewissen strukturellen Autonomie in seinen Entscheidungen zu Art.230 Abs.4 EG-Vertrag (Art.173 Abs.4 a. F.) und Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung jeweils auch auf das Erfordernis einer zumindest in beschränktem Maße bestehenden Haftbarkeit abgestellt. Da der Wirtschafts- und Sozialausschuß und der Ausschuß der Regionen dieses Merkmal jedoch nicht erfüllen, können sie keine juristischen Personen sein4 1•
(2) Interventionsmöglichkeit analog Art. 37 Abs.l oder Abs.2 l.Hs. EG-Satzung Die Untersuchung hat bislang ergeben, daß der Wirtschafts- und Sozialausschuß und der Ausschuß der Regionen den bei dem Gerichtshof anhängigen Verfahren anTheissen, Der Ausschuß der Regionen (Art.198a--c EG-Vertrag), S. 247f. Vgl. Art. 263 und 264 EG-Vertrag (Art.198 a und 198 b a. F.). 39 Zu Zusammensetzung und Struktur des Wirtschafts- und Sozialausschusses siehe Art.257-261 EG-Vertrag (Art.193-197 a.F.). 40 EuGH, Urteil v.22.5.1990, Slg.1990-l, S.2041 (2071). 41 Im Ergebnis ebenso, sich dabei allerdings argumentativ auf Art. 281 EG-Vertrag (Art. 210 a. F.) beschränkend, Hasse/bach, Der Ausschuß der Regionen in der Europäischen Union, S.l98. 37
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
scheinend weder nach Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung noch nach Abs. 2 1. Hs. der Bestimmung beitreten können, da diese Einrichtungen keine Gemeinschaftsorgane sind und weiterhin auch nicht als juristische Personen qualifiziert werden können42 • Möglicherweise sind Interventionsbefugnisse beider aber dennoch, und zwar unter Heranziehung der vom Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Klagefähigkeit des Parlaments verwandten Wertungen, in entsprechender Anwendung einer der Normen zu begründen. Bis zu den durch den Vertrag von Maastricht vorgenommenen Änderungen sahen die Vertragsbestimmungen über den Gerichtshof bekanntlich eine aktive und passive Klagefähigkeit des Europäischen Parlaments im Rahmen des EWG-Vertrages nur in Art. 175 EWG-Vertrag für die Untätigkeitsklage vor. Von der Nichtigkeitsklage war das Parlament demgegenüber nach dem Wortlaut des Art. 173 EWG-Vertragin beiderlei Hinsicht ausgeschlossen. Der Gerichtshof setzte sich über den Vertragstext gleichwohl hinweg und erkannte in der Rs. 294/83 (Parti ecologiste ,,Les Verts"/Parlament)43 zunächst eine passive, in der Rs. 70/88 (Parlament/Rat; "Tschemobyl")44 dann auch eine aktive Klagefähigkeit des Parlaments an, die er zuvor im Rahmen der Rs. 302/87 (Parlament/Rat; "Comitologie")45 noch abgelehnt hatte. Interessant für die vorliegende Problematik ist im wesentlichen die Argumentation des Gerichtshofs in der Rs. C-70/88 (Parlament/Rat; "Tschernobyl"): Nachdem der Gerichtshof hier betont hatte, daß die Kompetenzen und Befugnisse der Gemeinschaftsinstitutionen Bestandteil des von den Verträgen gewollten institutionellen Gleichgewichts seien, stellte er fest, daß gerade die Wahrung dieses Gleichgewichts es erfordere, daß jedes Organ seine Befugnisse nur unter Beachtung der Befugnisse der anderen Organe ausübe und eventuelle Verstöße gegen diesen Grundsatz geahndet würden. Da die Wahrung des Gemeinschaftsrechts und folglich die Ahndung etwaiger Gemeinschaftsrechtsverstöße jedoch gemäß Art. 164 des Vertrages ausschließlich beim Gerichtshof läge, müsse dieser auch in der Lage sein, die Aufrechterhaltung des institutionellen Gleichgewichts durch einen Rechtsbehelf sicherzustellen46 • Die so beschriebene Argumentation könnte m. E. für die hier in Rede stehende Problematik ebenfalls Gültigkeit beanspruchen, wenn die beiden Situationen in 42 So im Ergebnis für den Ausschuß der Regionen in der Tat Theissen, Der Ausschuß der Regionen (Art. 198 a-c EG-Vertrag), S. 258, wenngleich er auch wie gesehen nicht die Qualifikation der Einrichtung als juristische Person verneint, sondern das Recht zum Streitbeitritt aufgrundder Bestimmung des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung ausschließt; zu demselben Ergebnis kommt für den Wirtschafts- und Sozialausschuß, allerdings mit anderer, gleich noch angesprochener Begründung, Vierlich-Jürcke, Der Wirtschafts- und Sozialausschuß der Europäischen Gemeinschaften, S. 244. 43 EuGH, Urteil v.23.4.1986, Slg. 1986, S.l339 (1365ff). 44 EuGH, Urteil v.22.5.1990, Slg.1990-I, S.2041 (2073). 45 EuGH, Urteil v.27.9.1988, Slg.1988, S.5615 (5640ff). 46 EuGH, Urteil v. 22.5.1990, Slg. 1990-1, S. 2041 (S. 2072f); ausführlich dazu Hilf, EuR 1990, S. 273 ff; vgi. außerdem Hasse/bach, Der Ausschuß der Regionen in der Europäischen Union, S.201.
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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zweierlei Hinsicht miteinander übereinstimmen: Zunächst müßten der Ausschuß der Regionen und der Wirtschafts- und Sozialausschuß im institutionellen Gefüge der Gemeinschaft eine dem Parlament jedenfalls ähnliche - und nicht im Vergleich zu diesem völlig untergeordnete - Rolle wahrnehmen. Angesichts der in Art. 262 Abs. 1 und Art. 265 Abs. 1 EG-Vertrag (Art. 198 und 198 c a. F.) beiden Einrichtungen zuerkannten Teilhaberechte am Rechtsetzungprozeß der Gemeinschaft, deren Nichtbeachtung im Rahmen der Nichtigkeitsklage als wesentlicher Formfehler gemäß Art. 230 Abs.2 EG-Vertrag (Art.173 Abs.2 a.F.) zur Aufhebung desjeweiligen Aktes führen kann47 , wird sich diese Frage bejahen lassen. Für den Ausschuß der Regionen hat Hassetbach sogar ausdrücklich festgestellt, daß dieser im institutionellen System der Europäischen Gemeinschaft eine überaus wichtige unterstützende Funktion habe, die der Stellung der fünf Gemeinschaftsorgane schon sehr nahe komme48 • Weiterhin müßte die Intervention wie die Nichtigkeitsklage ein Rechtsbehelf sein, der der Wahrung des institutionellen Gleichgewichts zu dienen bestimmt und geeignet ist. Aufgrund der den Organen in Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung uneingeschränkt gegebenen Möglichkeit, sich an Rechtsstreiten vor dem Gerichtshof, also auch an solchen, die zwischen anderen Organen wegen Meinungsverschiedenheiten über Kompetenzen und Befugnisse geführt werden, zu beteiligen, um dort ihren Standpunkt geltend machen zu können, ist auch dieses Kriterium erfüllt. Wie oben bereits angeführt entschied der Gerichtshof in der Rs. 138/79 (Roquette Freres/Rat) auch, daß man die institutionelle Stellung des Parlaments beeinträchtigen würde, wenn man es in der Ausübung des Interventionsrechts einschränke49 • Gegen eine solche Übertragung der Rechtsgedanken aus der Entscheidung in der Rs. 70/88 (Parlament/Rat; "Tschernobyl") läßt sich auch nicht vorbringen, die Einräumung eines Beitrittsrechts für den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen sei deshalb nicht erforderlich, weil die Rechte der Einrichtungen vom Gerichtshof justizförmig ohnehin kontrolliert würden und nicht zur Disposition anderer am Rechtsetzungsverfahren Beteiligter stünden50• Die gleiche Argumentation müßte dann nämlich auch für das Parlament gelten. Einer solchen Sichtweise ist der Gerichtshof jedoch in der Rs. 138/79 (Roquette Freres/Rat) ausdrücklich entgegengetreten, indem er zur Begründung des Beitrittsrechts des Parlaments nicht nur den Wortlaut des Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung heranzog, sondern auch dessen Stellung im institutionellen Gefüge der Gemeinschaften betonte. Es ist im übrigen auch ein anerkannter Rechtsgrundsatz, daß die Notwendigkeit zur Anhörung Betroffener nicht etwa deshalb entfällt, weil das Gericht deren Belange von Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 299, 308. Hasse/bach, Der Ausschuß der Regionen in der Europäischen Union, S.l09, 202; ähnlich Wiedmann, EuR 1999, S.49 (67). 49 EuGH, Urteil v.29.10.1980, Slg.l980, S.3333 (3357). 50 So für den Wirtschafts- und Sozialausschuß aber Vierlich-Jürcke, Der Wirtschafts- und Sozialausschuß der Europäischen Gemeinschaften, S. 244. 47
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Amts wegen zu berücksichtigen hat, denn nur hierdurch ist eine angemessene Interessenwahrnehmungnicht immer gewahrt51 • Trotz der Wortlaute von Art. 37 Abs. 1 und Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung ist im Gemeinschaftsrecht demnach für den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen ein Interventionsrecht verwurzelt52• Zu prüfen bleibt, welche der beiden Bestimmungen als Rechtsgrundlage hierfür in analoger Anwendung sinnvoller heranzuziehen ist. Von Bedeutung ist dabei zunächst, ob die Streitbeteiligungsmöglichkeiten der Einrichtungen von der Glaubhaftmachung eines Beitrittsinteresses im Einzelfall abhängig zu machen ist, so wie dies Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung verlangt, oder ob den Ausschüssen eher wie den Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen entsprechend Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung ein hiervon unabhängiges Beitrittsrecht eingeräumt werden sollte. Ohne der weiteren Untersuchung hier vorgreifen zu wollen53, sei dazu bereits an dieser Stelle gesagt, daß letzteres der Fall ist. Gegen eine Analogie zu Art. 37 Abs. 2 EG-Satzung spricht weiterhin auch der im 2. Hs. der Bestimmung niedergelegte Interventionsausschluß bei Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Organen oder zwischen Mitgliedstaaten und Organen. Inwieweit beide Einrichtungen infolgedessen zur Verteidigung ihrer Teilhaberechte am Rechtsetzungsverfahren tatsächlich beitreten könnten, wäre danach nämlich zweifelbehaftet54• Im Ergebnis erfaßt somit Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung in entsprechender Anwendung auch den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen.
cc) Andere Gemeinschaftseinrichtungen Neben den Organen und den beiden soeben behandelten Ausschüssen weist das Gemeinschaftsrecht eine Fülle weiterer, teilweise bereits im Primärrecht geregelter, teilweise auf primärrechtlicher Grundlage geschaffener Einrichtungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit auf55 • In ihrer verfassungsrechtlichen Bedeutung sind diese indes den Gemeinschaftsorganen und auch dem Wirtschafts- und Sozialausschuß sowie dem Ausschuß der Regionen nicht vergleichbar56. Insbesondere nehmen sie nicht mit vertraglich festgeschriebenen Rechten am Rechtsetzungsprozeß innerhalb der Gemeinschaft teil. Für das institutionelle Gleichgewicht der Gemeinschaft maßgebend sind insofern nicht diese Einrichtungen, sondern die ihnen jeweils Siehe hierzu BVerfGE 7, S. 53ff; Schuftes, Beteiligung Dritter am Zivilprozeß, S. 150. So ansatzweise auch Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S.195 (219). 53 Einzelheiten zum Beitrittsinteresse noch unter A. II. 54 Näheres zur Vorschrift des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung unter A. III. 3. 55 Siehe dazu etwa die Auflistung bei Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 325 ff. 56 Ebenso Wiedmann, EuR 1999, S.49 (60). Das kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß der Wirtschafts- und Sozialausschuß und der Ausschuß der Regionen neben den Gemeinschaftsorganen in die Bestimmung des Art. 7 EG-Vertrag (Art.4 a. F.) gesonderten Eingang gefunden haben. 51
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A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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übergeordneten Institutionen. Streitbeteiligungsmöglichkeiten zur Wahrung des institutionellen Gleichgewichts brauchen den Einrichtungen daher nicht eingeräumt zu werden.
d) Interventionsberechtigungen nach Art. 37 Abs. 3 EG-Satzung51 Art. 37 Abs. 3 EG-Satzung bestimmt, wie schon eingangs angesprochen, daß unbeschadet des vorherigen Absatzes Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die in dem Abkommen genannte EFI'A-Überwachungsbehörde einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten können, wenn dieser einen der Anwendungsbereiche des EWR-Abkommens betrifft. Jedenfalls für die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens wurde durch diese Norm allerdings kein originäres Beitrittsrecht geschaffen, denn als Staaten unterfallen sie, wie die obigen Ausführungen gezeigt haben, dem Begriff der juristischen Person und sind insofern auch bereits Adressat des Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung58. Art. 37 Abs. 3 EG-Satzung bezieht sich aufgrunddessen insoweit lediglich auf die Entbehrlichkeit der Glaubhaftmachung eines Beitrittsinteresses im Sinne des Abs. 259• Dies wird auch durch die Begrifflichkeit "unbeschadet" deutlich. Diese Formulierung könnte überdies bedeuten, daß auch die EFI'A-Überwachungsbehörde schon dem Anwendungsbereich des Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung unterfallt, und damit auch für sie lediglich die Erforderlichkeit der Glaubhaftmachung eines entsprechenden Beitrittsinteresses entfallen soll. Dieser Betrachtungsweise könnte möglicherweise Hackspiel folgen, indem sie feststellt, "sonstigen Rechtsstreitigkeiten können sie (offenbar die Vertragsstaaten des EWR-Abkommens und die EFI'A-Überwachungsbehörde)60 ••• nach Art. 37 Absatz 2 unter den gleichen Voraussetzungen beitreten wie andere Personen''6 1• Andererseits haben die vorangegangenen Ausführungen jedoch gezeigt, daß die Wendung "alle anderen Personen" inhaltsgleich mit der der natürlichen und juristischen Personen ist. Da die EFI'A-Überwachungsbehörde als Behörde indes keine juristische Person ist, kann sie nicht Normadressat des Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung sein. Für sie enthält infolgedessen Art. 37 Abs. 3 EG-Satzung ein erstmaliges Interventionsrecht
57 Wie zu Beginn der Untersuchung schon angeführt, findet sich zu dieser Bestimmung kein Äquivalent in der EAG-Satzung. In praxi bedeutsam geworden ist die Vorschrift bislang nicht. 58 Siehe hierzu schon unter A. I. 1. b ). 59 Ebenso Hackspiel in: v. d. Groeben!Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 6. 60 Einschub des Verfassers. 61 Hackspiel in: v. d. Groeben{Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 6.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
2. Die Beitrittsbestimmungen der EGKS
a) Allgemeines In der EGKS-Satzung finden sich Aussagen über die Interventionsmöglichkeiten Dritter in Art. 34 und Art. 41 Abs. 2. Gemäß Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung können sich natürliche und juristische Personen, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits haben, am Streit beteiligen. Nach Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung hat jeder andere Mitgliedstaat das Recht, sich an einem dem Gerichtshofaufgrund des Art. 89 EGKS-Vertrag unterbreiteten Streit unter Mitgliedstaaten zu beteiligen. Was der Gerichtshof unter dem Begriff der juristischen Person versteht, wurde bereits weiter oben erläutert62 • Daß im Rahmen des Art. 34 Abs.1 EGKS-Satzung etwas anderes gelten sollte, dürfte, wie weiter oben schon angesprochen, kaum anzunehmen sein63 • Anzumerken bleibt allerdings, daß in Art. 34 Abs. I EGKS-Satzung die Qualität auch der Mitgliedstaaten als juristische Personen von maßgebender Bedeutung ist, da für diese andernfalls nach der Bestimmung kein Beitrittsrecht bestünde. Daß jedoch nach Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung auch den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur Nebenintervention zukommt, obwohl diese in Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung gesondert aufgeführt sind, steht allgemeiner Ansicht nach nicht in Frage64 • Mit der Nennung der Mitgliedstaaten in Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung wurde bei Schaffung der Satzung für diese lediglich in Verfahren nach Art. 89 EGKS-Vertrag ein spezielles, von der Geltendmachung eines Beitrittsinteresses unabhängiges Interventionsrecht festgeschrieben65 66 • Der Gerichtshof hat das Bestehen eines Beitrittsrechts für Mitgliedstaaten im Rahmen des Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung dementsprechend auch nie angezweifelt67 • Siehe hierzu schon unter A. I. 1. b ). Zur Interventionsfähigkeit der deutschen Bundesländer nach Art. 34 Abs. I EGKS-Satzung siehe EuGH, verb. Rs. 3-18, 25 u. 26/58 (Barbara Erzbergbau u. a./Hohe Behörde), unveröffentlichte Beschlüsse v. 17.3.1959 (Urteil v. 10.5.1960, Slg.1960, S. 373ff); zur Interventionsfähigkeit eines rechtsfähigen Interessenverbandes vgl. EuG, Rs. T-367/94 (British Coal Corporation/Kommission) Beschluß v. 24.3.1997, Slg. 1997-II, S. 469 ff. 64 Vgl. nur Usher, European Court Practice, Rn.ll-03ff; Hackspiel in: v.d.Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 5; Bebr, Judicial Control in the European Communities, S. l69; Lasok, The European Court of Justice, S.lSS; Vandersanden/Barav, Contentieux Communautaire, S.456; Kovar in: Juris-Classeur Europe, Fase. 320, Nr. 101; Boulouis/Darmon, Contentieux Communautaire, Rn. 220; Vandersanden, RTDE 1969, S.1 (8); Plender, Comm. Law. Bull. 9 (1983), S. IOS9 (1063). 65 V gl. hierzu auch Lasok, The European Court of J ustice, S. 158; siehe zum Beitrittsinteresse zudem noch unter A. II. 66 Darüber hinaus führt die Vorschrift, wie noch ersichtlich werden wird, in Verfahren nach Art. 89 EGKS-Vertrag zu einem Ausschluß anderer Interventionen als der von Mitgliedstaaten, Gemeinschaftsorganen und des Beratenden Ausschusses. 62 63
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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b) Streitbeteiligungsmöglichkeiten für die Gemeinschaftsorgane und den Beratenden Ausschuß Problematischer ist hingegen schon, ob in Rechtsstreitigkeiten nach der EGKSSatzung den Organen der Gemeinschaft die Möglichkeit zukommen kann, sich an diesen als Streitgehilfe zu beteiligen. Der Wortlaut des Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung ohnehin, aber auch derjenige des Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung sprechen hiergegen. Die EGKS ist zwar als solche gemäß Art. 6 Abs. 1 des Gründungsvertrages Trägerio von Rechten und Pflichten, die Gemeinschaftsorgane selbst sind dies jedoch nicht68 • Eine Möglichkeit zum Verfahrensbeitritt als ,juristische Person" kann demnach nicht bestehen. Gegen eine Interventionsbefugnis spricht auch ein Vergleich mit der Satzungsbestimmung über die Drittwiderspruchsklage, für die in Art. 36 EGKS-Satzung ausdrücklich niedergelegt ist, in welchen Situationen "natürliche und juristische Personen sowie die Organe der Gemeinschaft" gegen die von dem Gerichtshof erlassenen Urteile diese Klage erheben können. Der Verzicht auf eine solche Parallelität der Normadressaten in Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung müßte somit an sich einen Ausschluß der Organe von der Intervention bedeuten. Trotz des eigentlich nicht zweifelbehafteten Wortlauts des Art. 34 Abs. 1 EGKSSatzung hat sich der Gerichtshof in der Rs. 20/68 (Pasetti Bombardella/Kommission), dem einzigen Fall, in dem die Frage soweit ersichtlich bislang relevant wurde, um die Formulierung der Nom allerdings nicht gekümmert und unter ausdrücklichem Hinweis auf Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung den Rat als Streithelfer zugelassen69. Auch die Literatur geht fast ausnahmslos ohne weiteres von einer Streithilfeberechtigung der Gemeinschaftsorgane auch im Bereich der EGKS aus70• Soweit er67 Vgl. nur EuGH, verb. Rs. 7 u. 9/54 (Groupement des Industries Siderurgiques Luxembourgeoises/Hohe Behörde), Beschluß v. 24.11.1955: Zulassung Luxemburgs als Streithelfer, Slg. 1955/56, S. 143 ff; EuGH, verb. Rs. 8 u. 10/54 (Association des Utilisateurs de Charbon du Grand-Duche de Luxembourg/Hohe Behörde), Beschluß v. 24.11.1955: Zulassung Luxemburgs als Streitgehilfe, Slg.l955/56, S. l55ff; EuGH, Rs. 34/58 (Chambre Syndicale de Ia Siderurgie de l'Est de Ia France u. a./Hohe Behörde), unveröffentlichter Beschluß v. 3.3.1959: Zulassung Frankreichs als Streithelfer (Urteil v.l5.7.1960, Slg.l960, S.589ff); EuGH, Rs.30/59 (Oe Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde), Beschluß v. 18.2.1960: Zulassung der Bundesrepublik Deutschland als Streithelferin, Slg. l961, S. 99ff. 68 Ausdrücklich EuGH, verb. Rs. 7/56 u. 3-7/57 (Algera u. a./Gemeinsame Versammlung), Urteil v. 10.7.1957, Slg. 1957, S. 83 ( 121 ); siehe außerdem Grünwald in: v. d. Groeben{fhiesing/ Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 211 EG-Vertrag, Rn. I, 3. 69 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 29.1.1969 (Urteil v. 2.7.1969, Slg.l969, S. 235ft). 70 Hackspiel in: v. d. Groeben{fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 5; Rengeling/Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 671; Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 170; Hakenberg/Stix-Hackl, Handbuch zum Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, S. 163; Wall, The Court of Justice of the European Communities, S. 277; Vaughan, Law of the European Communities, Rn. 2.247; Rideau/Charrier, Code de Procedures Europeennes, S. 265; van Reepinghen/Orianne, La Procedure devant Ia Cour de Justice des Communautes Europeennes, S. 51; Waelbroeck/Waelbroeck in: Commentaire Megret, Le Droit de Ia
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
sichtlich wurde lediglich von Bebr71 im Jahre 1962 einmal, ohne daß er hierauf indes näher einging, festgestellt, die Organe könnten Rechtsstreiten nach der EGKS-Satzung nicht beitreten. Aufgrund der im Zuge der Errichtung des Gerichts erster Instanz gleichlautend in alle drei Satzungen eingeführten Regelung des Art. 49 Abs. 2 S. 2 EGKS-Satzung bedarf die so aufgeworfene Frage heute jedoch keiner tiefgreifenderen Problematisierung mehr. Darin heißt es, daß "andere Streithelfer als Mitgliedstaaten oder Gemeinschaftsorgane" ein Rechtsmittel gegen die Urteile des Gerichts erster Instanz nur unter bestimmten, später noch näher zu erläuternden Voraussetzungen einlegen können. Auch nach den jetzt gegebenen Regelungen besteht damit zwar noch immer ein Wortlautwiderspruch zwischen Art. 34 Abs. 1 und Art. 36 EGKS-Satzung einerseits und der Vorschrift des Art. 49 Abs. 2 S. 2 EGKS-Satzung andererseits. Als spätere Regelung innerhalb desselben Rechtsakts setzt sich allerdings Art.49 Abs. 2 S. 2 EGKS-Satzung gegenüber den erstgenannten Vorschriften durch72 • Jedenfalls durch diese Bestimmung wurde insofern auch in das Satzungsrecht der EGKS eine Streitbeteiligungsmöglichkeit für die Organe der Gemeinschaft eingeführt, was zu einer zumindest grundsätzlich gegebenen analogen Anwendbarkeit des Interventionsrechts auf die Gemeinschaftsorgane führen muß. Fraglich ist nur, inwieweit eine solche Analogie anzunehmen ist, d. h., ob Art. 34 Abs. 1 und auch Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung entsprechend anzuwenden sind. In Anbetracht der den Organen vom Gerichtshof zugeschriebenen institutionellen Stellung und den auch in Art. 37 EG-Satzung weiträumig bestehenden Interventionsmöglichkeiten, dürfte hier allerdings kaum anzunehmen sein, daß der Gerichtshof die in einem Verfahren nach Art. 89 EGKS-Vertrag begehrte Streitbeteiligung mangels Interventionsbefugnis zurückweisen würde. Da aber, wie noch zu zeigen sein wird73, die Bestimmung des Art. 34 EGKS-Satzung in Verfahren nach Art. 89 EGKS-Vertrag keine Anwendung findet, sind infolgedessen wohl beide Vorschriften entsprechend anwendbar. In praxi bedeutsam geworden ist diese Situation wie erwähnt freilich bislang nicht. Die so für die Gemeinschaftsorgane beschriebenen Streitbeitrittsmöglichkeiten gelten m. E. zudem gleichermaßen für den Beratenden Ausschuß nach Art. 18, 19 EGKS-Vertrag. Wie der Wirtschafts- und Sozialausschuß und der Ausschuß der Regionen im Recht der EG nimmt auch der Beratende Ausschuß mit eigenen Kompetenzen am Rechtsetzungsprozeß der EGKS teiF4 und besitzt insofern eine Art "orCEE, Art. 188, Nr. 69; Dashwood, Law Soc. Gaz.1983, S. 147; Van Houtte, CDE 1983, S. 3 (17). Lasok, The European Court of Justice, S. 155, 158, spricht die Problematik zwar an, geht dann aber ebenfalls ohne Begründung von einem Beteiligungsrecht aus. 71 Bebr, Judicial Control in the European Communities, S.l69. 72 Zu den Voraussetzungen des Rechtsgrundsatzes Iex posterior derogat legi priori im Gemeinschaftsrecht im einzelnen Schmidt in: v. d. Groeben{fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art.189 EG-Vertrag, Rn.23. 73 V gl. noch unter A. III. 1. 74 Siehe Art. 19 Abs. 1 EGKS-Vertrag.
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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ganähnliche Stellung"75 • Auch er spielt somit eine eigenständige Rolle im institutionellen Gleichgewicht des Vertrages. 3. Art. 134 § 1 VerfO-EuG Am 1. September 1995 traten die Art. 130ff der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz in Kraft, mit denen, wie eingangs schon angesprochen, den im Anwendungsbereich der Gemeinschaftsmarkenverordnung und der Sortenschutzverordnung vermeintlich bestehenden besonderen verfahrensrechtlichen Bedürfnissen Rechnung getragen werden sollte. In Art.134 § 1 VerfO-EuG findet sich dabei eine neue Interventionsgrundlage, die bestimmt, daß sich mit Ausnahme des Klägers die Parteien des Verfahrens vor den Beschwerdekammern des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)76 und des Sortenamtes der Gemeinschaft77 als Streithelfer am Verfahren vor dem Gericht beteiligen können78 • Art. 134 § 1 VerfO-EuG stellt also keine eigenen inhaltlichen Anforderungen an den potentiellen Streitgehilfen, sondern verweist hierfür auf die Gemeinschaftsmarkenverordnung und die Sortenschutzverordnung. Um Aufklärung über den Bedeutungsgehalt der Vorschrift zu erhalten, bedarf es infolgedessen eines Blicks auf diese beiden Regelungswerke.
a) Die Gemeinschaftsmarkenverordnung Das Verfahren vor dem Harmonisierungsamt kann einseitig oder zweiseitig ausgestaltet sein79 • Begehrt derAnmeldereiner Gemeinschaftsmarke von dem Amt die Eintragung der Marke und verweigert das Harmonisierungsamt dies wegen Fehlens formeller Anmeldungserfordernisse oder des Bestehens absoluter Eintragungshindernisseso, stehen sich sowohl im Eintragungsverfahren wie auch in dem sich anschließenden Beschwerdeverfahren81 nur derAnmelderund das Amt gegenüber. Ist der Anmelder der Marke auch im Beschwerdeverfahren erfolglos und erhebt er gegen die ablehnende Entscheidung Nichtigkeitsklage82 , bleibt die Bestimmung des Art. 134 § 1 VerfO-EuG im folgenden ohne Relevanz, denn Partei vor der Beschwer7S Allgemein zum Beratenden Ausschuß Hilf, Die Organisationsstruktur der Europäischen Gemeinschaften, S. 23; Oppermann, Europarecht, Rn. 399 ff. 76 Nachstehend Harmonisierungsamt oder Amt. 77 Nachstehend Sortenamt oder Amt. 78 Zur Frage, ob daneben auch Art. 37 EG-Satzung Anwendung findet, siehe noch unter
A.III.2.
79 Siehe zum folgenden auchJung in: Due/Lutter/Schwarze, Festschrift für Ulrich Everling, Bd. I, S. 611 (619 ff); KirschnerlKlüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 186 ff. 80 Vgl. Art. 7, 36 bis 38 GemeinschaftsmarkenVO. 81 V gl. 57 ff GemeinschaftmarkenVO. 82 V gl. Art. 63 GemeinschaftsmarkenVO.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
dekammer war nur der Anmelder. Dieser ist jetzt Kläger. Anders ist die Situation dagegen, wenn das Harmonisierungsamt über den Widerspruch des Inhabers einer älteren identischen oder ähnlichen Marke gegen die Eintragung oder über dessen Antrag auf Erklärung des Verfalls bzw. der Nichtigkeit der Marke entscheidet83 . In diesem Fall stehen sich in den beiden Instanzen vor dem Harmonisierungsamt zwei Prätendenten als Parteien gegenüber84 • Das Amt entscheidet über ihren Streit gewissermaßen als neutraler Dritter. Die materielle Ausgangslage eines solchen Verfahrens gleicht einer zivilprozessualen Auseinandersetzung85 . In dieser Konstellation wird Art. 134 § 1 VerfO-EuG nunmehr einschlägig. Ist der Widerspruch oder der Nichtigkeits- bzw. Verfallsantrag des Inhabers der älteren Marke vor der Beschwerdekammerder Amtes erfolgreich und klagt der Anmelder bzw. Inhaber der neueren Marke hiergegen vor dem Gericht86, kann sich der Erstgenannte nach Art.134 VerfO-EuG an dem Prozeß beteiligen, denn er war ebenfalls Partei im Verfahren vor der Beschwerdekarnmer. Hat sich umgekehrt der Inhaber/Anmelder der neueren Marke durchgesetzt und erhebt nun der Widerspruchsführer/Antragsteller Nichtigkeitsklage, gestattet Art. 134 § 1 VerfO-EuG Ersterem, sich an dem Rechtsstreit zu beteiligen.
b) Die Sortenschutzverordnung Ganz ähnlich ist das Verfahren im Anwendungsbereich der Sortenschutzverordnung87. Begehrt der Züchter einer vermeintlich neuen botanischen Gattung oder Art von dem Sortenamt Sortenschutz für diese88 und lehnt das Amt dieses ab, weil nach dessen Auffassung die Sorte nicht den Schützbarkeitskriterien des Art. 6 SortenschutzVO genügt89, steht im Beschwerdeverfahren wiederum nur eine Partei vor dem Beschwerdegremium. Erhebt jedoch ein Dritter gemäß Art. 59 Abs. 1 SortenschutzVO Einwendungen gegen die Erteilung des Sortenschutzes und in der Folge gegen den erteilten Sortenschutz Beschwerde nach Art. 68 SortenschutzVO- dazu ist er berechtigt, wenn die Entscheidung des Amtes ihn unmittelbar und individuell Vgl. Art. 8, 42 u. 50ff GemeinschaftsmarkenVO. Die GemeinschaftsmarkenVO läßt in Art.41 Abs. 1 S. l zudem Bemerkungen Dritter, beispielsweise von Verbänden, zu. Den Status eines Verfahrensbeteiligten erlangen solche Dritten aber nach S. 2 der Bestimmung nicht. 85 Wörtlich Jung in: Due/Lutter/Schwarze, Festschrift für Ulrich Everling, Bd. I, S. 611 (620); dazu auch noch unter B.I.l. 86 Gemäß Art. 63 Abs. 4 GemeinschaftsmarkenVO steht die Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer den dort Beteiligten zu, soweit sie durch die Entscheidung beschwert sind. Dasselbe gilt nach Art. 58 GemeinschaftsmarkenVO für die Erhebung der Beschwerde. 87 Dazu auch Kirschnerl Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 187. 88 Vgl. Art. 11 u. 12 SortenschutzVO. 89 Gemeinschaftlicher Sortenschutz wird danach erteilt für Sorten, die unterscheidbar, homogen, beständig und neu sind. 83
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A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention
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betrifft - taucht auch hier die zuvor beschriebene Dreieckslage auf. Erklärt das Amt den Sortenschutz für nichtig90 und klagt der vermeintliche Sortenschutzinhaber hiergegen vor dem Gericht erster lnstanz91 , kann sich der Beschwerdeführer gemäß Art.134 § 1 VerfO-EuG an dem Prozeß beteiligen, denn er war Partei des Beschwerdeverfahrens92. Gleiches gilt für den Sortenschutzinhaber, wenn der Beschwerdeführer mit seinen Einwendungen auch vor der Beschwerdekammer unterliegt.
c) Die Bedeutung der neu geschaffenen Interventionsgrundlage Bislang mag fraglich geblieben sein, worin die Bedeutung des Art. 134 § 1 VerfO-EuG tatsächlich zu erblicken ist, denn die Intervention der jeweils durch die Entscheidung der Beschwerdekammer begünstigten Partei wäre, wie die sich anschließenden Ausführungen zum Beitrittsinteresse zeigen werden, jedenfalls auch nach Art. 37 EG-Satzung möglich gewesen. Die Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz knüpft jedoch an den Streitbeitritt nach Art. 134 § 1 VerfO-EuG, wie im weiteren Verlauf der Untersuchung an mehrfacher Stelle noch ersichtlich werden wird, eine Reihe prozeduraler Konsequenzen93 •
II. Das Beitrittsinteresse Die Zulässigkeil der Streithilfe kann von der Darlegung eines Beitrittsinteresses abhängig sein94 • So verlangt Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung das Bestehen eines "berechtigten Interesses am Ausgang des Rechtsstreits" von jedem Intervenienten. Art. 37 EG-Satzung schreibt die Glaubhaftmachung eines solchen in Abs. 2 1. Hs. für alle anderen Personen, d. h. für alle natürlichen und juristischen Personen95 , vor. Keine Erwähnung findet dieses Erfordernis demgegenüber in Art. 41 Abs. 2 EGKSSatzung, in Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung und in Art. 134 VerfO-EuG. Wie weiter oben schon angedeutet, wurde allerdings vom Rat bezüglich des Parlaments einmal die Ansicht vertreten, dessen Beitrittsrecht im Rahmen des Art. 37 EG-Satzung sei jedenfalls von dem Bestehen eines "berechtigten Interesses" abhängig. Entsprechendes könnte bei Richtigkeit dieser Sichtweise auch für den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen gelten. Wie die kommenden Ausführungen noch zeigen werden, finden sich in der Literatur des weiteren unterschiedliche Stimmen zu der Frage, ob die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsorgane im Vgl. Art.20 SortenschutzVO. Zur Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer siehe Art. 73 SortenschutzVO. 92 Vgl. Art. 68 S. 2 SortenschutzVO. 93 V gl. dazu etwa unter D.III. l. sowie unter D.III. 2. a) aa) (2). 94 Zur Frage der Prüfungskompetenz des Beitrittsinteresses noch unter C.l. 95 Siehe hierzu bereits unter A. I. 1. b ). 90
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Rahmen des Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung trotz des dahingehenden Wortlauts ein Beitrittsinteresse geltend machen müssen. In diesem Abschnitt soll daher folgenden zwei Fragenkreisen nachgegangen werden: Zunächst gilt es zu klären, was unter der Wendung "berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits" zu verstehen ist. Darauffolgend soll dann auf das Ausmaß der Ausnahmen von der Verpflichtung zur Darlegung eines Interventionsinteresses eingegangen werden. In diesem Zusammenhang wird zudem auf mögliche Gründe für die Unterschiedlichkeit der Interventionsgrundlagen von EG und EGKS eingegangen werden. Wie gesehen eröffnet weiterhin auch Art. 37 Abs. 3 EG-Satzung den EWR-Vertragsstaaten, die keine Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sind, und der EFfA-Überwachungsbehörde die Möglichkeit zum Streitbeitritt, wenn der Rechtsstreit "einen der Anwendungsbereiche dieses Abkommens betrifft". Auch hierbei handelt es sich um eine besondere Art des Beitrittsinteresses96. Anders als die vorgenannte Wendung wirft die Formulierung des Art. 37 Abs. 3 EG-Satzung freilich keine Probleme hinsichtlich ihres Inhalts auf, ist dieser doch ohne weiteres bestimmbar.
1. Das "berechtigte Interesse am Ausgang des Rechtsstreits" Zur Erfassung des Tatbestandsmerkmals "berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits" bedarf es wiederum der Unterteilung in zwei Einzelfragen. Zunächst ist zu klären, was unter einem "berechtigten Interesse" verstanden werden muß. Anschließend ist dann zu untersuchen, wann ein solches "am Ausgang des Rechtsstreits" besteht97.
a) Die Natur des Beitrittsinteresses Anders als § 66 ZPO und § 65 VwGO sprechen Art. 37 Abs. I 1. Hs. EG-Satzung und Art. 34 Abs. I EGKS-Satzung vom dem Beteiligungserfordernis eines "berechtigten" Interesses. Die französischen und englischen Fassungen der jeweiligen Bestimmungen verzichten gar gänzlich auf einen diesbezüglichen Zusatz und fordern lediglich "un interet a Ia Solution d'un litige soumis a Ia Cour" bzw. "an interest in the result of any case submitted to the Court", wobei für Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung die französische Textversion ja sogar die einzig amtliche ist98 . Gleichwohl finden sich in der deutschsprachigen Literatur Stimmen, die, ohne allerdings näher auszuführen warum, das "berechtigte Interesse" des Gemeinschaftsprozeßrechts 96 V gl. Hackspiel in: v. d. Groeben{fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU -/EG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 6. 97 Zur Methode vgl. auch Ehle/Schil/er, EuR 1982, S.48 (53). 98 Dies wird üblicherweise aus Art. 100 EGKS-Vertrag abgeleitet.
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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mit dem "rechtlichen Interesse", so wie dieses für das deutsche innerstaatliche Prozeßrecht im 2. Kapitel der Untersuchung erläutert wurde99 , gleichsetzen wollen 100• Nur der Wortlaut der Vorschriften bietet hierzu, insbesondere bei einem Blick auf die beiden gezeigten anderssprachigen Fassungen, jedoch keinen Anlaß. Keine der drei Textfassungen läßt danach aus sich selbst heraus Rückschlüsse auf die inhaltliche Ausgestaltung des Interventionsgrundes zu. Für die französischen und englischen Versionen gilt dies mangels attributiven Zusatzes zu den Begriffen "interet" bzw. "interest" ohnehin. Aber auch den deutschen Fassungen der Satzungen mit der dort vorgenommenen Beschränkung auf ein "berechtigtes" Interesse lassen sich Hinweise auf die Art des Beitrittsinteresses nicht entnehmen. Während bei Festschreibung eines "rechtlichen" Interesses schon aus dem Wortlaut des Merkmals zum Ausdruck kommt, daß nur die Betroffenheit der Rechtssphäre des Dritten von Belang sein kann, problematisch nur möglicherweise ist, wie weit diese zu ziehen ist, weist die hier in Frage stehende Tatbestandsvoraussetzung keinerlei deskriptiven Charakter auf, sondern ist ausschließlich normativer Natur. Ob ein Interesse berechtigt ist oder nicht, hängt nämlich einzig und allein von einer wertenden Entscheidung ab. Die Vertragsstaaten haben insofern dem Gerichtshof mit der gewählten Formulierung einen denkbar weiten Spielraum bei der Bestimmung des Interventionsgrundes gelassen101 • Klarheit über den Bedeutungsgehalt des "berechtigten Interesses" läßt sich aufgrund dessen nur durch eine Analyse seiner Rechtsprechung gewinnen. Der Weg einer axiomatisch-deduktiven Entfaltung des begrifflichen Gehalts der Vorschriften 102 scheidet demgegenüber mangels möglicher dogmatischer Bestimmbarkeit aus.
Siehe dazu schon im 2. Kapitel unter A. I. 1. a) aa) und unter A. II. 2. a) aa). Ule, Gutachten für den 46. Deutschen Juristentag, in: Verhandlungen des 46. Deutschen Juristentages, Bd. I, S. 90; Dauses, GutachtenD für den 60. Deutschen Juristentag, in: Verhandlungen des 60. Deutschen Juristentages, Bd. I, S. D 142; Münzberg in: Grunsky/Stürner/Walter/M. Wolf, Wege zu einem europäischen Zivilprozeßrecht, S. 69 (76); K. Wolf in: v. d. Groeben/v. Boeckh/Thiesing, Kommentar zum EWG-Vertrag, 2. Aufl., Art. 37 EG-Satzung, Anm. 3. Der ganz überwiegende Teil des Schrifttums lehnt eine solche Gleichsetzung unter Hinweis auf die sogleich erörterte Rechtsprechung des Gerichtshofs demgegenüber ab; vgl. nur Eh/e, Klage- und Prozeßrecht des EWG-Vertrages, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 2; Rengeling/Middeke/ Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 671; Koenig/Sander, Einführung in das EG-Prozeßrecht, Rn. 176; Hackspiel in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 10; Mulert, Die deutschen Bundesländer vor dem Europäischen Gerichtshof, S. 174; K. Schmidt, Akteneinsichtsrecht und Geheimnisschutz im Kartellverfahren, S. 106; Allkemper, EWS 1995, S. 336; Kekevordes, OB 1989, S. 2521 (2526); Hasse/bach, ZZP 109 (1996). S. 195 (205); Plender, EJIL 2 (1991), S. I (19). 101 Vgl. auch Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 170. 102 Zur axiomatisch-deduktiven Methode siehe Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. !55 ff. 99
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
aa) Rechtliche Interessen Der Gerichtshofbejaht zunächst ein lnterventionsinteresse, wenn der beitrittswillige Dritte ein rechtliches Interesse, so wie dies im Rahmen der Behandlung des deutschen Rechts beschrieben wurde, daran hat, sich an dem Verfahren zu beteiligen, d. h. wenn also die Entscheidung des Rechtsstreits von Einfluß auf seine Rechte und Pflichten sein kann. So kann der Adressat einer ihn begünstigenden Entscheidung, die von einem anderen angefochten wurde, dem Nichtigkeitsprozeß beitreten103. In einem solchen Verfahren wird über die Frage der Aufhebung oder des Bestehenbleibens einer dem Dritten zustehenden Rechtsposition entschieden. Der Richterspruch regelt mithin unmittelbar seine Rechte104 105 • Ein Beitrittsrecht haben darüber hinaus auch diejenigen Dritten, für deren Rechtslage der anhängige Rechtsstreit nur eine präjudizielle Wirkung hat106. Hierzu zählen zunächst Personen, gegenüber denen vor dem Gerichtshof von der Kommission ein Einschreiten begehrt wird 107 , und zwar auch im Wege einstweiliger Maßnahmen108 109. Gleichermaßen gilt 103 EuGH, Rs. 341/85 (van der Stijl/Kommission), unveröffentlichte Beschlüsse v. 18.3. u. 28.10.1987 (Urteil v. 28.2.1989, Slg. 1989, S. 511 ff); EuG, verb. Rs. T-29 u. 36/90 (Quantel/ Kommission}, unveröffentlichter Beschluß v. 23.1.1991(Rs. später gestrichen); EuG, Rs. T-16/91 (Rendo/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 8.10.1991 (Urteil v.18.11.1992, Slg.1992-II, S. 2417ff); EuG, Rs. T-88/92 (Groupement d'achat Edouard Leclerc/Kommission}, unveröffentlichter Beschluß v. 31.3.1993 (Urteil v. 12.12.1996, Slg. 1996-li. S. 1961 ff); EuG, Rs. T-87/92 (Kruidvat/Kommission), Beschluß v. 8.12.1993, Slg. 1993-11, S. 1383 ff; zu der Situation, in der der Kläger eine an ihn adressierte und ihn belastende Entscheidung, die für andere jedoch vorteilhaft ist, anficht, sogleich. 104 Im deutschen Verwaltungsprozeß würde der Begünstigungsadressat insofern, wie weiter oben im 2. Kapitel unter A. II. 2. b) aa) gesehen, notwendig beizuladen sein. Daß im Rahmen des Nichtigkeitsprozesses über eine Rechtsposition des Dritten entschieden wird, entfällt nicht etwa deshalb, weil das Gemeinschaftsrecht wie das französische Recht das Institut der Drittwiderspruchsklage kennt. Wie im weiteren Verlauf der Untersuchung noch deutlich werden wird, besteht im Gemeinschaftsrecht die für das französische Recht beschriebene Parallelität zwischen Intervention und Drittwiderspruchsklage nämlich nicht; siehe dazu noch näher unter B. I. 2. 105 Die Nichtigkeitsklage ist allgemeiner Ansicht nach keine Feststellungsklage, die die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Aktes- möglicherweise mit Wirkung nur inter partes -lediglich feststellt, sondern eine Gestaltungsklage, die bei Erfolg zur Aufhebung des angegriffenen Aktes führt. Die Aufhebung wirkt unstreitig erga omnes; zu Rechtskraft und Gestaltungswirkung der Nichtigkeitsurteile siehe noch unter A. III. 3. c) bb) (3); zur Rechtsnatur der Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage vgl. nur K. Schmidt in: J. Baur/Hopt/Mailänder, Festschrift für Ernst Steindorff, S. 1085 (1090) und Krück in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 174 EG-Vertrag, Rn. 2. 106 Zum Begriff der Präjudiziabilität siehe schon im l. Kapitel unter A. 107 EuGH, Rs. 156/84 (R. J. Reynolds Industries/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 28.11.1984: Zulassung von Philip Morris als Streitgehilfe (Urteil v. 17.11.1987, Slg. 1987, S. 4487ff); EuG, Rs. T-74/92 (Ladbroke Racing/Kommission, Beschluß v. 13.5.1993, Slg. 1993-11, S. 535 ff. 108 Dazu EuG, Rs. T-44/90 (La Cinq/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 31.1.1991 Urteil v. 24.1.1992, Slg.l992-II, S. 1 ff).
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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dies für den Empfänger einer mitgliedstaatliehen Beihilfe, deren Zulässigkeilsbestätigung durch die Kommission von einem Mitgliedstaat oder einem Mitbewerber angefochten wurde110, außerdem auch für Dritte, die mit dem Kläger des vor dem Gerichtshof anhängigen Verfahrens einen innerstaatlichen Rechtsstreit führen, für dessen Ausgang die vor dem Gerichtshof aufgeworfenen Rechtsfragen von maßgebender Bedeutung sind111 • Daß in diesen Situationen die Wrrkung des Urteils tatsächlich nur eine faktisch vorgreifliehe ist, endgültige Bindungswirkungen jedoch nicht erzeugt werden, soll im weiteren Verlauf der Untersuchung an passenderer Stelle noch eingehender behandelt werden 112• Einstweilen soll hier hingegen- gewissennaßen unter Vorwegnahme des dortigen Ergebnisses - die entsprechende Feststellung genügen.
109 Rechtstechnisch geschieht dies freilich bei Klagen natürlicher und juristischer Personen durch Anfechtung der Entscheidung, mit der es die Kommission abgelehnt hat, gegen den Dritten einzuschreiten bzw. durch Erhebung der Untätigkeitsklage auf Erlaß einer solchen erstmaligen Entscheidung, denn eine Drittverpflichtungsklage durch diese Kläger sieht das Gemeinschaftsrecht aufgrund des Wortlauts der Rechtsschutzbestimmungen nach h. M. bislang nicht vor; zum Stand der Meinungen in diesem StreitRengeling!Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 221 mit Hinweisen zu beiden Ansichten, vgl. außerdem K. Schmidt in: J. Baur/Hopt/Mailänder, Festschrift für Ernst Steindorff, S. 1085 (1092); Cremer in: Calliess/Ruffert, Kommentar des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 232 EG-Vertrag, Rn. 7; Hartley, The Foundations of European Community Law, S. 412 f. 110 EuGH, Rs. C-313/90 (CIRFS/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 20.3.1991 (Urteil v. 24.3.1993, Slg.l993-I, S. 1125 ff); EuGH, Rs. C-225/91 (Matra/Kommission), unveröffentlichte Beschlüsse v. 8.4.1992 (Urteil v. 15.6.1993, Slg. 1993-1, S. 3203 ff); EuG, Rs. T-154/94 (Comite des Salines de France/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 10.2.1995: Zulassung des Unternehmens Frima als Streithelfenn (Urteil v. 22.10.1996, Slg. 1996-II, S. 1379 ff); EuG, Rs. T-330/94 (Salt Union/Kommission), Beschluß v. 17.11.1995, Slg. 1995-Il, S. 2881 ff; EuG, Rs. T-14/96 (Societe Bretagne Angleterre Irlande/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 13.11.1996 (Urteil v. 28.1.1999, Slg. 1999-11, S. 139ft); EuG, Rs. T-89/96 (British Steel/Kommission), Beschluß v. 29.5.1997, Slg. 1997-11, S. 835 ff; zu Klagen von Wettbewerbern im Rahmen des Beihilfenrechts siehe Randelzhofer, Das Kontrollverfahren über staatliche Beihilfen im EG-Vertrag, S. 115ff; Schloh!Hoenike, EuZW 1997, s. 398ff. 111 EuGH, verb. Rs.56 u. 58/64 (Consten u. a./Kommission) Beschlüsse v. 10. u. 16.6.1965, Slg. 1965, S. 450 ff u. 453 ff: Zulassung zweier französischer Unternehmen, die von Consten auf jeweils Unterlassung des Verkaufs von Grundig-Geräten verklagt worden waren; EuG, Rs. T-35/91 (Eurosport Consortium/Kommission), Beschluß v. 28.11.1991, Slg. 1991-II, S. 1359ff; SPO u. a./Kommission), Beschluß v. 12.1.1993, Slg. 1993-11, S. 1 ff; EuG, Rs. T-66/94 (Auditel/Kommision), Beschluß v. 6.2.1995, Slg. 1995-11, S. 239 (248); vgl. zudem GA Roemer, Rs. 111/63 (Lemmerz-Werke/Hohe Behörde), Schlußanträge v. 25.11.1964, Slg. 1965, S. 943. 112 Siehe dazu unter A. 111. 3. c) bb)(3).
138
4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
bb) Wirtschaftliche Interessen Im Rahmen der Behandlung des deutschen Verwaltungsprozeßrechts wurde ermittelt, daß ein Fall notwendiger Beiladung auch dann gegeben ist, wenn der Kläger des Rechtsstreits einen Verwaltungsakt anficht, welcher erkennbar inhaltlich einen oder bestimmte andere Dritte begünstigt, die behördliche Entscheidung möglicherweise sogar auf dessen bzw. deren Antrag hin erst ergangen ist. Ist die Anfechtungsklage von Erfolg, wird dem Dritten eine ihm individuell zugeschriebene Rechtsposition genommen113. Im Gemeinschaftsrecht ist die Situation, daß Rat oder Kommissionaufgrund der Initiative Dritter belastende Maßnahmen gegen andere Marktteilnehmer114 ergreifen, von großer Häufigkeit. Oftmals werden der Kommission insbesondere Wettbewerbsverstöße oder Dumpinggeschehnisse ja überhaupt erst durch die Beschwerden Dritter bekannt. Der Gerichtshof läßt die Initiatoren solcher Beschwerden in Nichtigkeitsverfahren, die von den so Belasteten angestrengt werden, in ständiger Rechtsprechung als Intervenienten zu 115 • Von einer Betroffenheit rechtlicher Interessen der Beschwerdeführer kann in diesen Fällen gleichwohl nicht die Rede sein. Freilich wird der Beschwerdeführer durch die von ihm begehrte Maßnahme begünstigt. Die Maßnahme ist jedoch nicht dazu bestimmt, gerade ihm einen individualisierbaren Rechtsvorteil zu verschaffen. Bei Erlaß handeln die jeweiligen Organe vielmehr zur Durchsetzung der Gemeinschaftsrechtsordnung116• Der Beschwerdeführer ist durch die Maßnahme insofern nur als Teil dieser Rechtsordnung wie jeder andere Marktteilnehmer reflexartig betroffen. Das von dem Gerichtshof anerkannte Beitrittsinteresse des Beschwerdeführers kann daher nur als ein wirtschaftliches betrachtet werden. Der Beschwerdeführer hofft, durch die gerichtliche Aufrechterhaltung des Organaktes auf dem jeweiligen Markt eine erfolgreichere Position einnehmen zu können tl7. Siehe hierzu schon im 2. Kapitel unter A. ll. 2. b) bb)(l). Im Beihilfenaufsichtsrecht gilt dies freilich nur mittelbar, da die Kommissionsentscheidung jeweils an den die Beihilfe gewährenden Mitgliedsstaat gerichtet ist. 115 EuGH, Rs. 142/84 (British American Tobacco/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v.28.11.1984 (Urteil v. 17.11.1987, Slg.1987, S.4487ff); EuGH, Rs.C-100/91 (ltalgrani/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 26.11.1991 (Rs. später gestrichen); EuG, Rs. T-65/89 (BPB Industries u. a./Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 18.1.1990 (Urteil v. 1.4.1993, Slg. 1993-11, S. 389ff); EuG, Rs. T-35/91 (Eurosport Consortium/Kommission), Beschluß v. 28.11.1991, Slg.l99l-ll, S.1359ff; EuG, verb. Rs. T-7 u. 9/93 R (Langnese Iglo u. a./Kommission), Beschluß v. 19.2.1993, S1g. 1993-11, S. 131 ff; EuG, Rs. T-24/93 R (Compagnie Maritime Beige Transport/Kommission), Beschluß v. 13.5.1993, Slg. 1993-11, S. 543 ff; EuG, Rs. T-66/94 (Auditel/Kommission), Beschluß v. 6.2.1995, Slg. 1995-11, S. 239 ff. 116 Vgl. beispielsweise EuGH, verb. Rs. 142 u. 156/84 (British-American Tobacco u.a./Kommission), Urteil v. l7.1l.l987, Slg.1987, S.4487 (4572): "Eine solche Untersuchung ... istvielmehr ein Verfahren, das die Kommission von Amts wegen oder auf Antrag in Wahrnehmung ihrer Aufgabe einleitet."; siehe dazu auchJung in: Due/Lutter/Schwarze, Festschrift für Ulrich Everling, Bd. I, S. 611 (620); zu den Aufgaben von Rat und Kommission im Rahmen des Europäischen Gemeinschaft vgl. Art. 202 und Art.211 des Vertrages (Art.l45 und Art. 155 a. F.). 117 Zur Intervention von beschwerdeführenden Verbänden siehe weiterhin noch gesondert unter A.II.l.c)bb)(4). 11 3
114
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
139
Daß die Betroffenheit kommerzieller Interessen ausreicht, wird zudem durch weitere Beispiele deutlich: So läßt der Gerichtshof in Beihilfeverfahren auch Konkurrenten des begünstigten Unternehmens, die sich nicht zuvor an die Kommission gewandt hatten, als Streithelfer zu 118; ebenso können in Antidumpingverfahren Unternehmen beitreten, die Waren von außergemeinschaftlichen Herstellern in das Gemeinschaftsgebiet einführen, die mit Antidumpingzöllen belegt wurden 119• Besonders instruktiv für die Sichtweise des Gerichtshofs in diesem Zusammenhang sind zudem die verb. Rs. 228 und 229/82 (Ford Werke u. a./Kommission) 120• In diesem Verfahren wandten sich zwei Tochtergesellschaften des Ford-Konzerns gegen eine Entscheidung der Kommission, mit welcher den Klägerinnen aufgegeben worden war, rechtsgelenkte Ford-Fahrzeuge auch an Händler in Deutschland abzugeben, die die Wagen dann nach Großbritannien exportieren wollten. Zwei britische FordHändler durften dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Klägerinnen beitreten121 • Obwohl der Gerichtshof sich zur Frage, worin er das Beitrittsinteresse der FordHändler erblickte, nicht weiter äußerte, ist die nur wirtschaftliche Betroffenheit der Fahrzeug-Händler doch offensichtlich. Die beiden Ford-Händler befürchteten, etwaige billigere Importe aus Deutschland könnten den einheimischen Unternehmen Marktanteile abspenstig machen 122• cc) Politische Interessen Politische Interessen können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ebenfalls eine Streitbeteiligung rechtfertigen 123 • So wurden in den verb. Rs. 3 bis 18, 25 und 26/58 (Barbara Erzbergbau u. a./Hohe Behörde) 124 eine Reihe deutscher Bundesländer zur Unterstützung der Kläger, die in den jeweiligen Bundesländern ihren Sitz hatten, als Streithelfer zugelassen. Kurze Zeit später wurde in der Rs. 13/60 (Geit118 EuG, Rs. T-154/94 (Comite des Salines de France/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 10.2.1995 (Urteil v. 22.10.1996, Slg. 1996-11, S. 1379 ft); EuG, Rs. T-243/94 (British Steel/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 6.3.1995 (Urteil v. 24.10.1997, Slg. 1997-II, S. 1887 ft); EuG, Rs. T-89/96 (British Steel/Kommission), Beschluß v. 29.5.1997, Slg. 1997-II, S. 835ff; siehe hierzu auch Plender in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn.23-18. 119 EuGH, Rs. 260/85 (Tokyo Electric/Rat), unveröffentlichter Beschluß v. 19.2.1986 (Urteil V. 5.10.1988, Slg. 1988, s. 3467ft). 120 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 2.2.1983 (Urteil v. 28.2.1984, Slg. 1984, S. 1129 ft). 121 In dem dem Hauptprozeß vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hatte der Gerichtshof eine Beteiligung der beiden Ford-Händler allerdings noch abgelehnt; vgl. EuGH, verb. Rs. 228 u. 229/82 R (Ford Werke u. a./Kommission), unveröffentlichte Beschlüsse v. 21. u. 22.9.1982 (Beschluß über vorläufigen Rechtsschutz v. 29.9.1982, Slg. 1982, S. 3091 ff); kritisch dazu Leaver, Law Soc. Gaz. 1982, S. 1557. 122 Vgl. dazu auch Lasok, The European Court of Justice, 5.167 (Fn. 96). 123 A. A. Hasse/bach, ZZP 109 ( 1996), S. 195 (205), der die hierzu ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofs allerdings teilweise unbeachtet läßt. 124 EuGH, unveröffentlichterBeschluß v. 17.3.1959 (Urteil v.11.4.1960, Slg.l960, S.373ff).
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
ling Ruhrkohlenverkaufsgesellschaft u. a./Hohe Behörde) 125 das Land NordrheinWestfalen, dem es um den wirtschaftlichen Erfolg der im Lande ansässigen Klägerinnen ging, als Intervenient zugelassen. Eine Intervention eines mitgliedstaatliehen Teilgebiets aus neuerer Zeit findet sich zudem in der Rs. T-194/95 (Area Cova u. a./ Rat) 126, in der galizische Fischer die Nichtigerklärung einer Verordnung begehrten, mit der bestimmte Fangquoten für Schwarzen Heilbutt festgelegt worden waren. Das Gericht erster Instanz erkannte es hier als ein ausreichendes Beitrittsinteresse der Xunta de Galicia an, daß dieser nach der spanischen Verfassung das Recht zugeordnet sei, die Interessen der autonomen Gemeinschaft von Galizien, deren wirtschaftliche und soziale Struktur im wesentlichen durch die Fischerei geprägt sei, vor nationalen und internationalen Stellen zu verteidigen 127 • Aus den obigen Ausführungen schon bekannt sind weiterhin die verb. Rs. 91 und 200/82 (Chris International Foods/Kommission) 128, in denen der Gerichtshof mehreren karibische Staaten die Befugnis zuerkannte, sich an dem Verfahren zu beteiligen. Die Staaten wollten sich in dem Rechtsstreit für ihre jeweiligen Bananenproduzenten einsetzen 129• dd) Interessen ideeller Natur Uneinigkeit besteht in der Literatur darüber, ob auch ideelle Interessen Dritter diesen die Möglichkeit zum Streitbeitritt geben können 130• Ursprung der Meinungsverschiedenheit ist die Streithilfeentscheidung des Gerichtshofs in der Rs. 40n9 (P./ Kommission) 131 • In dem dortigen Verfahren klagte die geschiedene Frau eines verstorbenen Gemeinschaftsbeamten auf Zahlung einer Witwenpension an sie. Die Mutter des Verstorbenen begehrte ihre Zulassung als Intervenientin zu dem Prozeß. Zur Begründung führte sie zweierlei Gesichtspunkte an: Zum einen trete sie als Gegenvormund (subrogee-tutrice) der Kinder des verstorbenen Beamten auf, deren Waisenpensionen durch die Zahlung einer Witwenrente an die Klägerin halbiert würden, und zum anderen habe sie als Mutter des Verstorbenen selbst ein Interesse daran, daß die Klägerin nicht als Witwe ihres Sohnes anerkannt würde. Der Gerichtshof ließ die Antragstelletin in ihrer Eigenschaft als subrogee-tutrice für die Kinder als Nebenintervenientin zu, befand den Interventionsantrag jedoch insoweit EuGH, Beschluß v. 3.5.1961. Slg. 1962, S. 285ff. EuG, Beschluß v. 25.6.1996, Slg. l996-II, S.591 ff. 127 Ibid., s. 596. 128 EuGH, Beschluß v. 23.2.1983: Zulassung Dominicas als Streitgehilfe, Slg. 1983, S. 417 ff; Beschlüsse v. 9.3.1983: Zulassung von Grenada, Saint Lucia sowie St. Vincent und den Grenadinen als Streithelfer (Rs. später gestrichen). 129 Ausführlich dazu Plender, Comm. Law. Bull. 9 (1983), S.l059 (1062f). 130 Zu den ideellen Interessen im weiteren Sinne wird man wohl auch die soeben angesprochenen politischen Interessen zu zählen haben; so insbesondere Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S. 195 (205). Die nachfolgenden Ausführungen gelten insofern nur noch für die ideellen Interessen privater Dritter. 131 EuGH, Beschluß v.4.10.1979, Slg.l979, S.3299ff. 125
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A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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als unzulässig, als die Antragstellerin ein "eigenes ideelles Interesse" geltend mache, da in dem zu erlassenden Urteil nicht über eine Frage des Personenstandes entschieden werden könne 132• Aus dieser Entscheidung ist im Schrifttum nun teilweise abgeleitet worden, ein ideelles Interesse könne für eine Beteiligung als Streithelfer in keinem Falle ausreichend sein133 • Ein solches Verständnis des Beschlusses ist m. E. indes unzutreffend. Indem der Gerichtshof feststellte, in dem anhängigen Verfahren könne über den Personenstand der Klägerin nicht entschieden werden, machte er nämlich vielmehr deutlich, daß die Antragstellerin kein Interesse "am Ausgang des Rechtsstreits" 134 habe. Da der Personenstand der Klägerin in dem Prozeß nicht zur Beurteilung stand, konnte die zu treffende Entscheidung insofern für die geschilderte Interessenlage der Mutter des Verstorbenen weder in positiver noch in negativer Hinsicht von Einfluß sein. Der Gerichtshof stellte damit jedoch nicht fest, daß ideelle Interessen Dritter nicht grundsätzlich für einen Verfahrensbeitritt durchaus ausreichend sein können. Insbesondere in der französischen Literatur wurde die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rs. 40n9 (P./Kommission) denn auch richtigerweise genau umgekehrt bewertet 135• Der Grund hierfür mag auch darin zu sehen sein, daß den französischen Autoren das "interet moral" als Interventionsgrund ja schon aus der heimischen Rechtsordnung vertraut ist136• Daß ideelle Interessen Dritter tatsächlich in Verfahren vor dem Gerichtshof interventionsbefugend wirken können, zeigt weiterhin zudem auch einer der Streithilfebeschlüsse des Gerichtshof in der Rs. 143/84 (Vlachou/Rechnungshof) 137• In diesem Verfahren focht der Kläger die Entscheidung eines Auswahlausschusses an. Ein Mitglied des Ausschusses, dem der Kläger ein persönliches Fehlverhalten vorwarf, wurde als Intervenient zugelassen, um sich gegen die Tadelung seiner Person verteidigen zu können138 • Die Analyse der Rechtsprechung des Gerichtshof zeigt insofern, daß dieser den Begriff des "berechtigten Interesses" nicht im Sinne eines rechtlichen Interesses versteht. Das berechtigte Interesse kann zwar ein rechtliches sein, grundsätzlich kann jedoch auch jegliches andere Interesse Dritten die Möglichkeit eröffnen zu intervenieren. Wie die sich unter c.) anschließenden Ausführungen zeigen werden, belbid., s. 3300. Ehle/Schiller, EuR 1982, S.49 (53); K. Wolf in: v.d.Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, 4. Aufl., Art. 37 EG-Satzung, Rn. 4; RengelinglMiddeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn.677; Lasok, The European Court of Justice, S. 168; Plender in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn. 23-41; Vaughan, Law of the European Communities, Rn. 2.247; Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S. 195 (205). 134 Näheres zu diesem Erfordernis sogleich. 135 Waelbroeck/Waelbroeck in: Commentaire Megret, Le Droit de la CEE, Art. l88, Nr. 71; Boulouis/Darmon, Contentieux Communautaire, Rn.225; Rideau/Charrier, Code de Procedures Europennes, S. 266; ebenso Hackspiel in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 10 (Fn. 42). 136 Siehe dazu schon im 3. Kapitel unter A.l. I. sowie unter A. II. 2. 137 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 14.11.1984 (Urteil v. 6.2.1984, Slg. 1986, S. 459 ff). 138 Vgl. hierzu auch Hackspiel in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 10 (Fn. 42). 132
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
deutet dies freilich nicht, daß der Kreis der potentiellen Intervenienten damit jeweils praktisch uneingrenzbar würde. Bislang wurde lediglich erörtert, daß sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu dem Merkmal der berechtigten Interesses noch keine Einschränkungen des Streitbeitritts herleiten lassen. Grenzen des Instituts ergeben sich gleichwohl aus dem zusätzlichen Erfordernis, daß das Interesse des Beitrittswilligen "am Ausgang des Rechtsstreits" bestehen muß. b) Das Erfordernis eines eigenen Interesses In einem Falllehnte der Gerichtshof allerdings schon das geltend gemachte Interesse als solches ab. In der Rs. 358/85 (Frankreich/Parlament) 139, in der Frankreich eine Handlung des Parlaments anfocht, begehrten mehrere Mitglieder des Parlaments ihre Zulassung als Streitgehilfen auf Seiten des Beklagten. Zur Begründung führten die Antragsteller an, sie hätten sowohl als Verfasser des angefochtenen Aktes als auch als gewählte Mitglieder des Europäischen Parlaments ein unmittelbares140 und spezifisches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Der Gerichtshof trat dem indes entgegen und entschied, "da sich die Klage gegen eine Handlung eines Organs richtet, ist es nach dem Rechtsschutzsystem der Verträge Sache des betreffenden Organs, die Gültigkeit dieser Handlung vor dem Gerichtshof zu verteidigen und auch selbst über die Art und Weise, wie seine Interessen insoweit zu schützen seien, zu entscheiden. Es stünde im Widerspruch zu diesem System, würde man Personen, die nur als Mitglieder des betreffenden Organs handelten, ein Beitrittsrecht zugestehen"141.
Diese Argumentation des Gerichtshofs ist zu begrüßen. Da die Organe als solche ja naturgemäß nicht handlungsfähig sind, rühren die Handlungen der Gemeinschaftseinrichtungenfaktisch von den jeweiligen Organwaltern her. Der Organwaltee wird dabei gewissermaßen als "ausführender Arm" des Organs tätig. Zuordnungsobjekt der Handlungen bleibt indes das Organ selbst. Der Organwalter nimmt insoweit nur als eben dieser, nicht hingegen als eigenständiger Träger von Rechten und Pflichten am Rechtsgeschehen teil. Überspitzt ließe sich formulieren, der Organwalter fungiert hier nicht als Individuum, sondern als mechanisches Hilfsmittel. Fallen die Tätigkeiten des Organwalters nun aber ausschließlich auf das Organ zurück, so ist im Normalfall 142 kaum ersichtlich, warum ersterer ein Schützenswertes Interesse an einer eigenen Streitbeteiligung haben sollte143 144. Rechtstechnisch ließe 139 EuGH, Beschluß v. 3.7.1986, Slg.l986, S. 2149ff. 140 Siehe dazu noch sogleich. 141 EuGH, Beschluß v. 3.7.1986, Slg. 1986, S. 2149 (2152); zustimmend GA Mancini, Schlußanträge v. 21.6.1988 in dieser Sache, Slg. 1988, S.4834 (4837). 142 Anderes kann freilich in Fällen wie der Rs. 143/84 (Vlachou/Rechnungshof) gelten. 143 Vgl. aber GA Mancini, Rs. 358/85, Schlußanträge v.21.6.1988, Slg.l988, S.4834 (4836). 144 Im deutschen Verwaltungsprozeßrecht ist sogar umstritten, ob der OrganwalteT überhaupt unter den Begriff der "natürlichen Person" des § 61 Nr. 1 VwGO zu subsumieren ist; vgl. dazu
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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sich eine diesbezügliche Beitrittsbeschränkung möglicherweise zunächst dadurch erreichen, daß man die Berechtigung des Beitrittsinteresses verneint. Diese Lösung stößt indes auf die Schwierigkeit, daß die angeführten anderssprachigen Textfassungen das Merkmal des "berechtigten" Interesses nicht kennen. Sinnvoller erscheint es daher, von dem Beitrittswilligen ein "eigenes" Interesse zu verlangen 14S, welches sich darin manifestiert, daß er geltend machen kann, daß das Ergebnis des Rechtsstreits ihm gegenüber eigenständige Wirkungen entfaltet146• Das Gericht erster Instanz äußerte sich hierzu allerdings bislang nur wie folgt: "Ohne daß die grundsätzliche Frage beantwortet zu werden bräuchte, ob ein Streithelfer stets ein eigenes Interesse nachweisen muß, das sich von demjenigen der Partei unterscheidet, deren Anträge er unterstützt, ist festzustellen, daß im vorliegenden Fall die Antragsteller ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen, das sich von dem der Klägerin unterscheidet."I47
Dennoch findet eine solche Lösung eine gewisse Stütze auch in der Streithilfeentscheidung des Gerichtshofs in der Rs. 323/82 (lntermills/Kommission) 148• Dort wurde gegen das Beitrittsgesuch von Tochtergesellschaften der Klägerin argumentiert, diese könnten aufgrund ihrer Tochtereigenschaft kein hinreichendes Beitrittsinteresse geltend machen. Mit dem Argument, daß die Klägerin nur Mitgesellschafterin der Antragsteller sei, wies der Gerichtshof diesen Vortrag indes zurück 149•
c) Die Zielrichtung des Beitrittsinteresses Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs grundsätzlich jede Art von Interesse die Möglichkeit zum Streitbeitritt eröffnen kann. Eine Kanalisierung erfährt das Beitrittsinteresse nach dem Wortlaut der Beitrittsbestimmungen jedoch dadurch, daß das "berechtigte Interesse" "am Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits" bestehen muß. Im folgenden soll der Frage nachgegangen werden, was hierunter zu verstehen ist. Dabei wird zunächst das Verständnis des Tatbestandsmerkmals durch Gerichtshof und Gericht erster Instanz im allgemeinen behandelt. Im Anschluß daran wird dann auf einige spezielle Fälle gesondert einzugehen sein150• nur Dolde in: Erichsen/Hoppe/v. Mutius, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Festschrift für Christian Friedeich Menger, S. 423 (427 0; BayVGH, DÖV 1998, S. 1066f. 145 In diesem Sinne auch Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 170. 146 Zum Interesse "am Ausgang des Rechtsstreits" wie gesagt sogleich. 147 EuG, Rs.l35/96 (UEAPME/Rat), Beschluß v. 18.3.1997, Slg.1997-II, S. 373 (378). 148 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 22.6.1983 (Urteil v. 14.11.1984, Slg. 1984, S. 3809ff); dazu auch Lasok, The European Court of Justice, S.l62. 149 Siehe in diesem Zusammenhang weiterhin auch die Entscheidung EuGH, Rs. C-245/95 P (Kommission/NTN u. a.), Beschluß v. 14.2.1996, Slg. 1996-I, S. 559ff. 150 Namentlich handelt es sich hierbei um Verfahren, die sich gegen die Aufhebung des Schutzes vor Geldbußen nach Art. 15 Abs. 6 VO 17/62 richten, um Interventionen von Dritten,
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
aa) Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals durch die Gemeinschaftsgerichte Der Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits kann für Dritte denkbarerweise aus zweierlei Gesichtspunkten heraus Bedeutung erlangen: Möglich ist zum einen, daß der Tenor der gemeinschaftsgerichtlichen Entscheidung, d. h. die von den Richtern ausgesprochene Rechtsfolge, Auswirkungen auf die Position des Dritten mit sich bringt. Dies ist im negativen Sinne etwa der Fall, wenn der Dritte durch die gerichtliche Aufhebung einer ihm zuvor erteilten Begünstigung dieser verlustig geht. Positive Wirkungen entfaltet der Ausspruch beispielsweise, wenn bei erfolgreicher Anfechtung einer Anti-Dumping-Verordnung für den Dritten als Einführer einer mit Strafzoll belegten Ware die Verpflichtung zur Zahlung eben dieser Importabgabe entflillt. Interessant mag es für Außenstehende aber auch sein, wie Gerichtshof oder Gericht erster Instanz in einem zwischen anderen geführten Prozeß Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts interpretieren. Unterhält zum Beispiel der Dritte ein inhaltsgleiches exklusives oder selektives Vertriebssystem wie dasjenige, dessen Vereinbarkeit mit den Wettbewerbsvorschriften des Gemeinschaftsrechts in dem Verfahren zur Überprüfung steht, so wird dem Dritten - allein schon aufgrund der monopolisierten Zuständigkeit des Gerichtshofs, die diesem ein viel größeres Gewicht gibt als es etwa einem nationalen Gericht zuerkannt würde, welches einem System zahlreicher gleich- und übergeordneter Gerichte angehört, und der damit einhergehenden Neigung, den Entscheidungen des Gerichtshofs Präzedenzwirkung zuzusprechen151 - darangelegen sein, eine ihm günstige Interpretation des Gemeinschaftsrechts zu erreichen. Das Interesse des Dritten manifestiert sich in diesem Fall mithin an den rechtlichen Erwägungen der Parteien und des zu erwartenden Urteils. Worin sich das Interesse eines Beitrittswilligen tatsächlich niederschlagen darf bzw. muß, läßt sich Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung und Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung selbst zunächst nicht entnehmen. Die Betrachtung der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt folgendes inhomogenes Bild: Erstmalig relevant wurde die Frage in der Rs. 111/63 (Lemmerz-Werke/Hohe Behörde)152. In diesem Verfahren begehrte die Klägerin die Aufhebung einer an siegerichteten Entscheidung, mit der ihr aufgegeben worden war, zum Preisausgleich für Einfuhrschrott eine bestimmte Summe zu zahlen. Das Unternehmen KloecknerWerke beantragte, dem Verfahren zur Unterstützung der Klägerin beitreten zu dürfen. Zur Begründung führten die Kloeckner-Werke an, daß ein Teil der klägerischen Argumente auch für sie Bedeutung erhalten könne, wenn die Hohe Behörde, was zu die gegen den angefochteten Akt selbst hätten klagen können bzw. auch geklagt haben und um die Streitbeteiligungsmöglichkeiten von Verbänden. 151 Vgl. Matthies in: v. Caemmerer/Schlochauer/Steindorff, Probleme des Europäischen Rechts, Festschrift für Walter Hallstein, S. 304 (305). 152 EuGH, Beschluß v. 25.11.1964, Slg. 1964, S. 941 ff.
A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention
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erwarten sei, demnächst ihr gegenüber den Umfang der finanziellen Verpflichtungen im Schrottausgleich feststelle. Der Gerichtshof wies den Interventionsantrag mit folgender Begründung zurück: "Unter dem ,Ausgang' ist die von den Parteien begehrte Endentscheidung des Gerichtshofes zu verstehen, wie sie sich im Entscheidungssatz des Urteils niederschlagen würde. Wenn Artikel 34 Absatz 2 EGKS-Satzung bestimmt, daß mit den Anträgen der Beitrittserklärung nur die Anträge einer Partei unterstützt oder deren Abweisung verlangt werden können, so ist daraus zu entnehmen, daß das berechtigte Interesse gerade an diesen Anträgen, nicht aber an den geltend gemachten Angriffs- und Verteidigungsmitteln153 bestehen muß. Das ist vorliegend nicht der Fall."l54
Der Gerichtshof sah also einen engen Zusammenhang zwischen den beiden Absätzen der Bestimmung des Art. 34 EGKS-Satzung und lehnte die Möglichkeit einer Intervention aufgrund gleichgelagerter Situation ab. Diesem Ansatz folgte der Gerichtshof kurze Zeit später auch in den verb. Rs. 56 und 58/64 (Consten u. a./Kommission)155. Genau umgekehrt herum entschied er dann jedoch im Rahmen seines Streithilfebeschlusses in der Rs. 113/77 R (NTN Toyo Bearing Co./Rat) 156. In dem dortigen Verfahren erstrebten die Klägerinnen, die zuvor gegen eine Anti-Dumping-Verordnung bereits die Nichtigkeitsklage erhoben hatten, von dem Gerichtshof zusätzlich die einstweilige Aussetzung der Wirksamkeit dieser Verordnung 157 • Ebenfalls Nichtigkeitsklage gegen die Verordnung erhoben und deren vorläufige Aussetzung beantragt hatten mehrere Gesellschaften der NSK-Unternehmensgruppe, die in dem ersten Aussetzungsprozeß nunmehr als Streithelfer der Klägerinnen auftreten wollten. Der Gerichtshof entschied: "Die NSK-Gruppe hat ihr berechtigtes Interesse am Ausgang der Rechtssache Il3n7 R glaubhaft gemacht. Nach dem gegenwärtigen Stand ist nicht auszuschließen, daß die Gründe, die für die Entscheidung in dieser Rechtssache maßgeblich sind, auch für die Entscheidung in der Rechtssache 119n7 R (dem Aussetzungsverfahren der Streithelfer)158 Bedeutung erlangen werden."l59
Dieselbe Sichtweise vertrat der Gerichtshof in der Rs. 45/81 (Moksel/Kommission), wo er einem Streithilfeantrag mit der Begründung stattgab, daß die Antragstellerin, auch wenn sie kein unmittelbares 16o Interesse am Ergebnis des zu erlassen153 Zum Inhalt des Begriffs Angriffs- und Verteidigungsmittel im Gemeinschaftsrecht noch unter D. III. 2. a) bb)(1). 154 Ibid., S. 942; siehe hierzu auch Kovar in: Juris-Classeur Europe, Fase. 320, Nr. 108. 155 EuGH, Beschlüsse v.l6.6.1965, Slg. 1965, S.450ff u. 453ff. 156 EuGH, Beschluß v.l4.10.1977, Slg.1977, S.l721 ff. 157 Vgl. Art.242 EG-Vertrag (Art.l85 a.F.). 158 Einschub des Verfassers. 159 EuGH, Beschluß v.l4.l0.1977, Slg.l977, S.l721 (1724f). 160 Zu diesem Begriff nochmals sogleich. 10 Nissen
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
den Urteils glaubhaft machen könne, doch ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits zumindest im Hinblick auf die das Urteil tragenden Gründe haben könne 161 • Die beschriebene Ambivalenz findet sich auch im Bereich der Schadensersatzklagen. So stellte der Gerichtshof in den verb. Rs.l16, 124 und 143/77 (Amylum u. a./ Rat u. Kommission) fest: Wenn Artikel 37 Absatz 3 die aufgrund des Beitritts gestellten Anträge auf die Unterstützung der Anträge einer Partei im Hauptverfahren beschränkt, so folgt daraus, daß das fragliche Interesse hinsichtlich dieser Anträge und nicht hinsichtlich der vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel bestehen muß. Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Antragsteller haben kein unmittelbares, gegenwärtiges Interesse daran glaubhaft gemacht, daß den genannten Anträgen stattgegeben werde. Das einzige Interesse, das sie geltend machen, besteht im Erfolg bestimmter Auffassungen der Beklagten." 162 In der Rs. 253/84 (GAEC de la Segaude/Rat u. Kommission) ließ der Gerichtshof hingegen wiederum das Interesse des beitrittswilligen Unternehmens an einer ihm günstigen Beantwortung der relevanten Rechtsfragen ausreichen163 • Das Gericht erster Instanz hat eine Beitrittsmöglichkeit für Dritte, die geltend machen, sie befanden sich in einer dem anhängigen Verfahren gleichgelagerten Situation, stets abgelehnt. Erstmals zu entscheiden hatten die Richter hierüber in den verb. Rs. T-97 und 111/92 (Rijnoudt u. a./Kommission) 164• In dem dortigen Rechtsstreit klagten zwei Gemeinschaftsbeamte auf Aufhebung ihrer Gehaltsmitteilungen. Ein weiterer Beamter beantragte, da seine eigene Lage der des Klägers Rijnoudt entspreche, in der Rs. T-97/92 als Intervenient zur Unterstützung des Klägers zugelassen zu werden. Das Gericht erster Instanz wies in seiner Entscheidung über den Interventionsantrag zunächst auf die Unterschiedlichkeil der Rechtsprechung des Gerichtshofs in den Rs. 111/63 (Lemmerz-Werke/Hohe Behörde) einerseits und 45/81 (Moksel/Kommission) andererseits hin und stellte dann fest: "Angesichts dieser anscheinend voneinander abweichenden Auffassungen, die in zwei Rechtssachen mit unterschiedlichem Kontext vertreten wurden, ist das Gericht der Ansicht, daß es die Grundsätze festzulegen hat, die in einem Kontext wie dem vorliegenden anzuwenden sind, in dem der Streithilfeantrag von einem Beamten gestellt wird, der erklärt, er befinde sich in der gleichen Situation wie ein anderer Beamter, der seinerseits im Rahmen 161 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 15.7.1981 (Urteil v. 25.3.1982, Slg. 1982, S. !129ft). 162 EuGH, Beschluß v. 12.4.1978, Slg. 1978, S. 893 (894); ebenso EuGH, Rs. 114/83 (Societe d'initiatives et de cooperation agricoles/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v.l9.10.1983 (Urteil v.5.7.1984, Slg.l984, S.2589ff). 163 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 20.3.1985 (Urteil v. 15.1.1987, Slg. 1987, S.123ff); siehe in diesem Zusammenhang auch die Entscheidung EuGH, verb. Rs. 197, 200, 243, 245 u. 247/80 (Ludwigshafener Walzmühle Erling u. a./EWG), Beschluß v. 8.4.1981, Slg. 1981, S.1041 ff. 164 EuG, Beschluß v.l5.6.1993, Slg. l993-II, S.587ff.
A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention
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des Artikels 179 EWG-Vertrag und der Artikel90 und 91 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften ... Klage gegen eine Gemeinschaftshandlung erhoben hat. Nach Auffassung des Gerichts ist in einem solchen Kontext der Begriff des berechtigten Interesses am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne von Artikel 37 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes als berechtigtes Interesse am Schicksal der Anträge zu verstehen, die sich spezifisch auf die Handlung beziehen, deren Aufhebung beantragt wird. Nach Auffassung des Gerichts ist deswegen im vorliegenden Fall, wie es der Gerichtshof im vorgenannten Beschluß Lemmerz-Werke/Hohe Behörde getan hat, streng zu unterscheiden zwischen Antragstellern, die ein unmittelbares Interesse am Schicksal der spezifischen Handlung, deren Aufhebung beantragt wird, glaubhaft machen, und Antragstellern, die nur ein mittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits aufgrund von Ähnlichkeiten zwischen ihrer Situation und der einer Partei glaubhaft machen." 165
Begründend führten die Richter aus: ..Andernfalls könnte jeder Beamte, der nachweisen kann, daß seine Situation auf irgendeine Weise von der Entscheidung des Gerichts über eine inzidenter erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit ... berührt werden könnte, ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft machen. Ein solches Ergebnis wäre nicht mit den Erfordernissen der Prozeßökonomie und- insbesondere im Hinblick auf die darin vorgesehenen Fristen- auch mit dem Rechtsbehelfssystem der Artikel90 und 91 des Statuts (der Beamten) 166 vereinbar. 167
Diese Sichtweise vertritt das Gericht erster Instanz seitdem in ständiger Rechtsprechung. So wurde etwa kurze Zeit nach der eben angeführten Entscheidung der Streitbeitritt eines Parfum-Herstellers abgelehnt, der geltend machte, er habe ein mit dem System der Klägerin vergleichbares selektives Vertriebssystem eingeführt168 • In seiner den Interventionsantrag zurückweisenden Entscheidung argumentierte das Gericht: ..Außerdem wäre es schwierig, ja unmöglich, eine klare Unterscheidung zwischen Antragstellern, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits geltend machen, und Antragstellern, bei denen dies nicht gegeben ist, zu treffen, wennjeder Wirtschaftsteilnehmer als Streithelfer in jedem Rechtsstreit zugelassen werden müßte, in dem einer seiner Konkurrenten Partei ist und in dem ein Urteil ergehen kann, dessen Gründe Einfluß daraufhaben könnten, wie die Kommission seine eigene, im übrigen unterschiedliche Situation behandelt."169
Auch im Rahmen einer Schadensersatzklage wurde die Intervention eines Dritten - wiederum unter Hinweis auf die verschiedengearteten Beschlüsse des Gerichtshofs- aus den vorgenannten Gründen als unzulässig erachtet170 m . Ibid., S. 593 f. Einschub des Verfassers. 167 Ibid., s. 594. 168 EuG, Rs. T-87/92 (Kruidvat/Kommission), Beschluß v. 8.12.1993, Slg. 1993-11, S.l375ff. 169 lbid., s. 1380. 170 EuG, Rs. T-184/95 (Dorsch Consult Ingenieursgesellschaft/Rat u. Kommission), Beschluß v. 7.3.1997, Slg.l997-II, S. 351 (358f). 165
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
In Entscheidungen aus jüngerer Zeit hat es auch der Gerichtshof ausnahmslos abgelehnt, die Situationsparallelität Dritter als Beitrittsgrund anzuerkennen. In zwei im wesentlichen wortgleichen Beschlüssen in der Rs. C-76/93 P (Scaramuzza/Kommission) stellte er fest: "Unter einem berechtigten Interesse am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne von Artikel 37 Absatz 2 der EWG-Satzung ist im vorliegenden Zusammenhang ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung über die Anträge zu verstehen, die speziell die Handlung betreffen, deren Aufhebung beantragt wird. Andernfalls hätte jeder Beamte, der dartut, daß seine Situation irgendwie durch die Entscheidung über die von dem Kläger gerügte Rechtsverletzung beeinflußt werden könnte, ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Das wäre mit dem Rechtsschutzsystem der Artikel 90 und 91 des Statuts, insbesondere mit den dort geregelten Fristen, nicht vereinbar. Es ist daher zwischen Antragstellern, die ein unmittelbares Interesse speziell an der Entscheidung über die Handlung besitzen, deren Aufhebung beantragt ist, und solchen Antragstellern zu unterscheiden, die nur wegen der Ähnlichkeit ihrer Situation mit der Situation einer der Parteien ein mittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits besitzen." 172 Der Rückgriff des Gerichtshofs auf die Entscheidung des Gerichts erster Instanz in den verb. Rs. T-97 und 111/92 (Rijnoudt u. a./Kommission) ist unverkennbar. Auch in dem Rechtsmittelverfahren verb. Rs. C-151 und 157/97 P, in dem sich die Unternehmen National Power und PowerGen gegen die Zurückweisung ihrer Interventionsanträge durch das Gericht erster Instanz in der Rs. T-367/94 (British Coal/ Kommission) 173 wandten 174, hob der Gerichtshof unter Verweisung auf die Entscheidung des Gerichts erster Instanz in der Rs. T-87/92 (Kruidvat/Kommission) hervor, der Begriff des berechtigten Interesses sei als Interesse speziell an der Entscheidung über diejenige Handlung zu verstehen, deren Nichtigerklärung begehrt würde 175 • Von einer der Rechtsmittelführerinnen mit seiner Entscheidung in der Rs. 45/81 (Moksel/Kommission) konfrontiert, äußerte der Gerichtshof zudem folgendes: 171 Weitere Beispiele: EuG, Rs. T-367/94 (British Coal/Kommission), Beschluß v. 24.3.1997, Slg. 1997-II, S. 469ff (dazu sogleich noch die Rechtsmittelentscheidung des Gerichtshofs); EuG, Rs. T-191/96 (CAS Succhi di Frutta/Kommission, Beschluß v. 20.3.1998, Slg. 1998-11, S. 573 ff; EuG, Rs. T-18/97 (Atlantic Container Line u. a./Kommission), Beschluß v. 23.3.1998, Slg.1998-II, S. 589ff. 172 EuGH, Beschlüsse v. 15.11.1993, Slg. 1993-1, S. 5715ff u. 5721 ff; ebenso EuGH, Rs. C-155/98 P (Alexopoulou/Kommission), Beschluß v. 23.7.1998, Slg. 1998-I, S. 4935 (4940f). 173 Dazu bereits in Fn. 171 dieses Kapitels. 174 Wie in der Einführung unter C. schon gesehen ist gemäß Art. 50 Abs. 1 EG-Satzung, Art. 51 Abs. 1 EAG-Satzung und Art. 50 Abs. 1 EGKS-Satzung gegen die Zurückweisung eines Streithilfeantrags durch das Gericht erster Instanz die Einlegung eines Rechtsmittels zum Gerichtshof zulässig. 11s EuGH, Beschluß v.l7.6.1997, Slg. 1997-I, S.3491 (3510).
A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention
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Zwar geht aus diesem im übrigen nicht veröffentlichten Beschluß hervor, daß einem Streithilfeantrag mit der Begründung stattgegeben wurde, daß die Antragstelleein zumindest im Hinblick auf die das Urteil tragenden Gründe ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben könne. Diese besonders knappe Begründung gestattet es jedoch nicht, daraus über den Einzelfall hinausgehende Konsequenzen zu ziehen und eine gefestigte Rechtsprechung in Frage zu stellen." 176
Spätestens hiermit dürfte der Gerichtshof seiner früheren Rechtsprechung, soweit diese eine Zulässigkeil von Interventionen bei parallelgelagerten Situationen bejahte, endgültig den Rücken gekehrt haben. Um als Streithelfer zugelassen werden zu können, ist nunmehr erforderlich, daß der Dritte geltend machen kann, durch die Entscheidung gerade dieses Rechtsstreits in seiner Interessensphäre tangiert zu sein. Die Befürchtung eines Dritten, der Gerichtshof könne in einem späteren eigenen Prozeß aufgrund des vorangegangenen Rechtsstreits schon auf die eine oder andere Rechtsmeinung festgelegt sein, genügt nicht. Rechtspositiver Ansatzpunkt ist dabei die In-Beziehung-Setzung des Beitrittsinteresses zu den Anträgen von Kläger bzw. Beklagtem. Gerichtshof und Gericht erster Instanz bringen dieses Verständnis der Satzungen zudem dadurch zum Ausdruck, daß von ihnen ein "unmittelbares" Interesse am Ausgang des Rechtsstreits gefordert wird. Dem Dritten, der sich in gleichgelagerter Situation befindet, wird hingegen nur ein "mittelbares" und deshalb ungenügendes Interesse zugeschrieben. Zwar bezogen sich letztgenannten Entscheidungen des Gerichtshofs ausschließlich auf Verfahren der Nichtigkeitsklage, Grund zu der Annahme, für andere Verfahrensarten möge etwas anderes gelten, besteht gleichwohl nicht. bb) Spezielle Fälle (1) Nichtigkeitsklagen gegen den Entzug des Schutzes vor Geldbußen nach Art.15 Abs. 6 VO 17162 171
Vor kurzem trat vor dem Gericht erster Instanz erstmalig die Frage auf, ob Dritte einem Verfahren beitreten können, in welchem der Kläger die Aufhebung einer Kommissionsentscheidung begehrt, mit der ihm gemäß Art. 15 Abs. 6 der VO 17/62 lbid., s. 3514. Gemäß Art. 15 Abs. 2(a) VO 17/62 kann die Kommission Geldbußen gegen Unternehmen verhängen, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag (Art. 85 Abs. 1a. F.) oder gegen Art. 82 EG-Vertrag Art. 86 a. F.) verstoßen. Für Handlungen, die nach der Beantragung einer Freistellung gemäß Art. 81 Abs. 3 EG-Vertrag (Art. 85 Abs. 3 a. F.) geschehen, soll die Belegung mit einer Geldbuße jedoch nach Art. 15 Abs. 5 VO 17/62 unterbleiben. Wenn allerdings die Kommission die betroffenen Unternehmen nach einer anfänglichen Untersuchung davon informiert, daß eine Freistellung vom Kartellverbot nicht gerechtfertigt erscheint, können gemäß Art.l5 Abs. 6 VO 17/62 auch solche Handlungen mit einer Geldbuße geahndet werden. 176
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
der Schutz vor der Auferlegung von Geldbußen entzogen wurde 178• Das Gericht lehnte eine solche Möglichkeit in Anwendung der soeben beschriebenen Rechtsprechung ab. Zwar könnten Dritte je nach ihrer Interessenlage den Eintritt oder den Nichteintritt der Aufhebung bevorzugen, da jedoch der Entzug des Schutzes vor Geldbußen Dritten nämlich nicht unmittelbar zugute komme, handele es sich hier nur um ein mittelbares hypothetisches Interesse, das für die Feststellung nicht ausreiche, daß ihre Rechtslage durch den Ausgang des Rechtsstreits zwischen den Adressaten der Entscheidung und der Kommission betiihrt würde 179 • (2) Dritte, die selbst hätten klagen können Gerichtshof und Gericht erster Instanz erkennen dagegen ein Beitrittsinteresse von Dritten an, die selbst Adressat der von dem Kläger angefochtenen Entscheidung waren, ihrerseits indes keine Klage erhoben haben 180, und solchen, die ebenfalls zur Erhebung der Nichtigkeitsklage gegen die von dem Kläger angegriffene Verordnung berechtigt gewesen wären, selbst wiederum jedoch den Gerichtshof nicht angerufen haben181 • Soweit es zunächst die Adressaten von Entscheidungen betrifft, scheint allerdings fraglich, ob diese Praxis nicht zu den oben genannten Grundsätzen im Widerspruch steht. Zwar gestaltet das auf die erfolgreiche Nichtigkeitsklage ergehende Urteil die Rechtslage unbestritten für alle Rechtsgenossen neu, das Nichtigkeitsurteil wirkt insoweit erga omnes 182• Gegenstand des Nichtigkeitsprozesses ist gleichwohl, wie der Gerichtshof erst unlängst betont hat, nur derjenige Teil der Entscheidung, der den Kläger selbst betrifft183 • Richtet sich eine Entscheidung an mehrere Adressaten, so ist die Entscheidung gewissermaßen nur als eine Art Bündel von Einzelentscheidun178 EuG, Rs. T-18/97 (Atlantic Container Line u. a./Kommission), Beschluß v. 23.3.1998, Slg. 1998-11, S. 591 ff; vgl. dazu auch EuG, Rs. T-3/90 (Prodifarma/Kommisson), Beschluß v.23.1.1991, Slg. I991-II, S.l (16), wo das Gerichterster Instanz die Klage eines Dritten gegen die ein anderes Unternehmen betreffende Aufhebung des Schutzes vor Geldbußen als unzulässig zurückwies. 179 Ibid., S.597. 180 EuGH, Rs.150/86 (Usinor u. a./Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 28.1.1987 (R. später gestrichen); EuG, Rs. T-35/91 (Eurosport Consortium/Kommission), Beschluß v. 28.11.1991, Slg. 1991-11, S.1359 (1363); zu letzterer Entscheidung siehe auch EuG, verb. Rs. T-97 u. 111/92 (Rijnoudt u. a./Kommission), Beschluß v. 15.6.1993, Slg. 1993-11, S. 587 (594f). 181 EuGH, Rs. C-245/95 P (Kommission/NTN Corporation u. a.), Beschluß v. 14.2.1996, Slg.1996-I, S.559 (565); diese Sichtweise bestätigend EuGH, verb. Rs.151 u. 157/97 P (National Power u. a./Kommission), Beschluß v. 17.6.1997, Slg. 1997-11, S. 3491 (3516). 182 Siehe dazu schon in Fn. I 05 dieses Kapitels; zur Rechtskraft des Nichtigkeitsurteils siehe weiterhin auch noch unter A. 111. 3. c) bb)(3). 183 EuGH,Rs.C-310/97P(Kommission/AssiDomänKraftProducts u.a.), Urteil v. 14.9.1999, EuZW 1999, 660ff; siehe zudem auch Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 134.
A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention
151
gen zu verstehen. Die übrigen nicht angefochtenen Teile der Entscheidung werden infolgedessen nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens und bei Begründetheit der Klage auch nicht mitaufgehoben 184• Das Interesse des Dritten kann danach insofern an sich nur präventiver Natur sein, d. h. darin bestehen, einer möglichen neuen, an den Dritten gerichteten Entscheidung entgegenzuwirken. Dies bedeutet aber, daß in dem vorliegenden Zusammenhang Interventionen bei gleichartiger Situation von den Gemeinschaftsgerichten nun doch als zulässig erachtet werden. In den verb. Rs. T-97 und 111/92 (Rijnoudt u. a./Kommission) trat das Gericht erster Instanz dieser Rechtsprechung allerdings ansatzweise entgegen, indem es bemerkte: "Das Gericht ist darüber hinaus der Auffassung, daß, wenn ein Antragsteller die Möglichkeit gehabt hat, innerhalb einer bestimmten Frist selbst Klage zu erheben, die Tatsache, daß er nicht in einem anderen Rechtsstreit, in dem es um eine ähnliche Situation wie seine eigene geht, als Streithelfer zugelassen wird, keine Beeinträchtigung seiner eigenen Möglichkeiten, von dem ihm eingeräumten Rechtshelfen Gebrauch zu machen, darstellen kann. Diese Auffassung steht zu der vom Gericht in der vorgenannten Rechtssache Eurosport/ Kommission vertretenen nicht im Widerspruch. In jener Rechtssache ist ein Unternehmen, das Adressat einer Kommissionsentscheidung war, mit der ein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrages festgestellt wurde, tatsächlich als Streithelfer zugelassen worden, obwohl es selbst nicht fristgerecht Klage erhoben hatte. Aus dem Beschluß geht jedoch hervor, daß insbesondere die Tatsache berücksichtigt wurde, daß gegen das Unternehmen bei einem nationalen Gericht eine auf Feststellung des Vertragsverstoßes in der Kornmissionsentscheidung gestützte Schadensersatzklage erhoben worden war." 185 In der Tat hatte das Gericht erster Instanz in der Rs. T-35/91 (Eurosport Consortiurn/Kornrnisision) zur Begründung der Zulässigkeit der Streithilfe die gegen die Intervenientin Sky Television von der Klägerin vor dem englischen High Court of Justice erhobene Klage angeführt186 • Gleichermaßen hatte das Gericht die Zulässigkeit der Intervention jedoch unabhängig hiervon mit der Adressateneigenschaft von Sky Television begründet187 • Auch in den Streithilfebeschluß in den verb. Rs. T-97 und 111/92 (Rijnoudt u. a./Kommission) fand diese Begründung trotzder eben genannten Erwägungen nun allerdings erneut Eingang: "Außerdem ist hervorzuheben, daß in jener Rechtssache die Entscheidung mit Namen an die Antragstellerin gerichtet gewesen war, die somit ein unmittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft machte."l88 Eine Neuorientierung erfolgte somit auch in dieser Entscheidung letztlich nicht. 184 In diesem Sinne auch EuGH, Rs. C-188/92 (Textilwerke Deggendorf/Deutsch1and), Urteil v. 9.3.1994, Slg.1994-I, S. 833ff. 185 EuG, Beschluß v. 15.6.1993, S1g. 1993-11, S. 587 (594 f). 186 EuG, Beschluß v. 28.11.1991, Slg.1991 -II, S. 1359 (1362). 187 Ibid., S. 1363. 188 EuG, Beschluß v. 15.6.1993, S1g. 1993-II, S. 587 (595).
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Bei Nichtigkeitsklagen gegen Verordnungen sind zweierlei Typen von Dritten denkbar, denen ihrerseits ein Klagerecht gegen den angegriffenen Rechtsakt zustand. Ficht beispielsweise der Fabrikant einer in einer Anti-Dumping-Verordnung mit Einfuhrzoll belegten Ware die Verordnung an 189, stehen- ungeachtet der weiträumig gewährten Klagemöglichkeiten für Wirtschaftszweigverbände 190 - auf der einen Seite zunächst die anderen Produzenten mit Einfuhrabgaben belegter Güter. Ebenfalls hätten die im Gemeinschaftsgebiet befindlichen Importeure der Waren gegen die Verordnung vorgehen können 191 • Daß zunächst die Importeure der von dem Kläger produzierten Güter von dem Erfolg der Klage profitieren, ist evident, fällt für sie doch der Anti-Dumping-Zoll auf die eingeführten Waren weg. Indem der Gerichtshof allerdings auch andere von der Verordnung erfaßte Exporteure als Intervenienten zuläßt, ermöglicht er diesen wiederum ein Beitrittsrecht aufgrund gleichgelagerter Situation, denn deren Produkte werden von der gerichtlichen Aufhebung des Anti-Dumping-Zolls, da sie nicht geklagt haben, nicht betroffen 192•
(3) Dritte, die selbst Klage erhoben haben Der Gerichtshof hat darüber hinaus auch Dritte als Intervenienten zugelassen, die gegen den von dem Kläger angefochtenen Rechtsakt auch eine eigene Klage erhoben hatten. So in den Rs. 156 (Gestetner Holdings/Rat und Kommission) 193 und 172/87 (Mita Industrial Co./Rat) 194: In diesen beiden Prozessen war eine AntiDumping-Verordnung einerseits von dem japanischen Unternehmen Mita Industrial Co., deren Waren durch die Norm mit einem Anti-Dumping-Zoll belegt worden waren, weiterhin auch von der britischen Gesellschaft Gestetner Holdings, die von Mita hergestellte Waren in das Gemeinschaftsgebiet importierte, angegriffen worden. Beide Unternehmen begehrten in dem jeweils anderen Rechtsstreit als Streitgehilfe des Klägers zugelassen zu werden. Der Gerichtshof gab dem Antrag Mitas mit der lapidaren Aussage statt, dessen Beitrittsinteresse könne nicht deshalb verneint werden, weil Mita ebenfalls Klage erhoben hatte. Das Beteiligungsgesuch Gestetners beschied der Gerichtshof positiv, ohne auf die Frage des Beitrittsinteresses einzugehen. Beide Entscheidungen scheinen auf den ersten Blick mit der oben beschriebenen jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs und der des Ge189 Zur Zulässigkeit vgl. nur EuGH, Rs. C-174/87 (Ricoh/Rat), Urteil v. 10.3.1992, Slg.1992-I, S. 1335ff. 190 Siehe dazu Rengeling!Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn.163 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs. 191 Vgl. EuGH, Rs. 156/87 (Gestetner Holdings/Rat u. Kommission), Urteil v. 14.3.1990, Slg.1990-I, S. 781 ff. 192 Siehe dazu nur Müller!Khan/Neumann, EC Anti-Dumping-Law, Rn. 25.62. 193 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 16.12.1987 (Urteil v. 14.3.1990, Slg. 1990-I, s. 781 ff). 194 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 3.2.1988 (Urteil v. 10.3.1992, Slg. 1992-I, s. 1301 ff).
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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richts erster Instanz kaum in Einklang zu stehen, wenn man darauf abstellt, daß das Interesse von Mita und Gestetner an der Aufhebung der streitigen Verordnung sich bereits in den Anträgen des jeweils eigenen Verfahrens manifestierte. Der jeweils andere Rechtsstreit könnte demnach nur ein Verfahren gleichgelagerter Situation sein. Rat und Kommission hatten gegen den Streitbeitritt Mitas, das früher zur Beurteilung stehende Interventionsgesuch, dementsprechend auch eingewandt, angesichts der von Mita angestrengten Klage sei nicht ersichtlich, welchem sinnvollem Zweck die Intervention Mitas dienen könne. Erkennt man jedoch, daß das Schicksal beider Klagen trotz Anfechtung einunddesselben Rechtsakts nicht dasselbe sein mußte, so wird deutlich, daß durchaus ein Interesse der Streitgehilfen an der Aufhebung der Vorschrift auch aufgrund des jeweils anderen Verfahrens bestand. Wäre etwa eine der Klagen - beispielsweise wegen Verfristung - unzulässig gewesen, wäre dem Kläger durch den Erfolg der anderen Klage immer noch gedient gewesen. Der Anti-Dumping-Zoll auf von Mita produzierte Waren entfiele in jedem Falle. (4) Der Streitbeitritt von Verbänden Für Unternehmensvereinigungen, Gewerkschaften und andere mit der Wahrnehmung von Kollektivinteressen betraute Verbände hat der Gerichtshof stets ein berechtigtes Interesse arn Ausgang des Rechtsstreits bejaht, wenn in dem Verfahren Fragen des Gemeinschaftsrechts von Bedeutung sind, die die von dem Verband verfolgten Zwecke berühren 195 • Anders als - jedenfalls grundsätzlich - bei Interventionsanträgen von Individuen und Unternehmen finden in diesem Zusammenhang insofern etwaige gleichgeartete Situationen Berücksichtigung im Rahmen des Streitbeitritts196• So ließ der Gerichtshof zum Beispiel in den verb. Rs. 41, 43 bis 48, 50, 111, 113 und 114(73 (Generale Sucriere u. a./Kommission) eine italienische Verbraucherschutzunion mit der Begründung als Intervenientin zu dem Rechtsstreit zu, da die Union insbesondere den Zweck verfolge, die Verbraucher zu vertreten und zu schützen, könne sie durchaus ein Interesse an der fehlerfreien Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsvorschriften haben, zumal diese nicht allein darauf abzielten, das einwandfreie Funktionieren des Gemeinsamen 195 Siehe aus der Literatur dazu insbesondere auch Klinke, Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 331; Dauses in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, P. IV, Rn. 33; Hackspiel in: v. d. Groeben/fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 9; Waelbroeck/Waelbroeck in: Commentaire Megret, Le Droit de Ia CEE, Art. 188, Nr. 71; Boulouis/Darmon, Contentieux Communautaire, Rn. 224; Lenaertsl Arts, Europees Procesrecht, Rn.699; Dashwood, Law Soc. Gaz. 1983, S. 147 (148). 196 Daß für Verbände ein Interesse an einer bestimmten Lösung der in dem Prozeß behandelten Rechtsfragen genügt, verkennt also Bernhardt, Verfassungsprinzipien-Verfassungsgerichtsfunktionen-Verfassungsprozeßrecht im EWG-Vertrag, S. 375 f, wenner - unter Berufung auf die Rechtsprechung zu anderen Interventionen - feststellt, auch der als Streithelfer auftretende Verband müsse ein Interesse an den Anträgen des Rechtsstreits geltend machen.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Marktes zu ermöglichen, sondern auch darauf, den Verbrauchern Vorteile zu bringen197. In der Rs. 155/79 (AM & S Europe/K.ommission) 198 konnte sich die Commission Consultative des Barreaux de Ia Communaute Europeenne am Streit beteiligen, weil der Gerichtshof über Fragen der Vertraulichkeit des Schriftwechsels zwischen Anwalt und Mandant zu entscheiden hatte199. Gewerkschaften gesteht der Gerichtshof die Möglichkeit zum Verfahrensbeitritt zu, wenn die in dem Rechtsstreit behandelten Probleme ihr Kollektivinteresse berühren und zuvor keiner Klärung zugeführt worden sind200 • Für Unternehmensvereinigungen hat das Gericht erster Instanz in der Rs. T-87/92 (Kruidvat/K.ommission)201 mit zwischenzeitlicher Bestätigung durch den Gerichtshof in den verb. Rs. C-151 und 157/97 P (National Power u. a./K.ommission)202 die Zulassungspraxis wie folgt dokumentiert: Danach muß 1.) die Unternehmensvereinigung eine beträchtliche Anzahl in dem Bereich tätiger Unternehmen vertreten, 2.) ihre Ziele den Schutz der Interessen ihrer Mitglieder einschließen, 3.) die Rechtssache Grundsatzfragen aufwerfen können, die das Funktionieren des betreffenden Sektors berühren und 4.) die Interessen ihrer Mitglieder durch das zu erlassende Urteil in erheblichem Maße beeinträchtigt werden können.2m 204
Der Gerichtshof gewährt insofern Streitbeitrittsmöglichkeiten für Verbände in weitreichendem Umfang205 • Abgelehnt werden vom Gericht erster Instanz aller197 EuGH, Beschluß v. 11.12.1973, Slg. 1973, S. 1465 (1469). Mehrfach als Streitgehilfe aufgetreten ist seitdem auch das Bureau Europeen des Unions de Consommateurs (BEUC); vgl. EuGH, verb. Rs. 228 u. 229/82 R (Ford-Werke u. a./Kommission), unveröffentlichte Beschlüsse v. 21. u. 22.9.1982 (Beschluß über vorläufigen Rechtsschutz v. 29.9.1982, Slg. 1982, S. 3091 ff); EuG, Rs. T-23/90 R (Automobiles Peugeot u. a./Kommission), unveröffentlichter Beschluß v.11.5.1990 (Beschluß über vorläufigen Rechtsschutz v.21.5.1990, Slg.1990-II, s. 195ff). 198 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 7.5.1980, (Urteil v. 18.5.1982, Slg. 1982, 1575ff). 199 Vgl. dazu auch Hackspiel in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 9; a. A. anscheinend Lasok, The European Court of Justice, S . 165. 200 EuG, Rs. T-84/91 (Meskens/Parlament), Beschluß v. 12.3.1992, Slg. 1992-11, S. 1565 (1568) mit zahlreichen Nachweisen zu früheren Entscheidungen. 201 EuG, Beschluß v. 8.12.1993, Slg. 1993-11, S. 1369 ff; ebenso EuG, Rs. T-120/96 (Lilly Industries/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 28.5.1997 (Urteil v. 25.6.1998, Slg. 1998-11, S. 2571 ff). 202 EuGH, Beschluß v. 17.6.1997, Slg. 1997-I, S. 3491 (3513 f). 203 EuG, Beschluß v. 8.12.1993, Slg. 1993-11, S. 1369 (1380). 204 Eine Interessenbeeinträchtigung in diesem Sinne ist, wie sich aus dem zuvor Gesagten ergibt, hier allerdings die erwartete Präzedenzwirkung der Entscheidung für spätere Fälle. 205 In der Rs. 72/74 (Union Syndicale/Rat), Urteil v.18.3.1975, Slg.1975, S.401 (410) hat der Gerichtshof auch selbst geäußert, Art. 37 EWG-Satzung sei "großzügig"; vgl. weiterhin
s.
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
155
dings Verbandsinterventionen bei Schadensersatzklagen206 und bei Verfahren, die sich gegen die Aufbebung des Schutzes vor Geldbußen nach Art. 15 Abs. 6 VO 17/62 richten207 •
d) Ergebnis und Bewertung Die vorangegangenen Ausführungen haben aufgezeigt, welchen begrifflichen Gehalt die Gemeinschaftsrichter dem "berechtigten Interesse am Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits" zuschreiben. Das Interesse als solches kann danach grundsätzlich jeglicher Natur sein. Das Beitrittsinteresse sollte indes ein eigenes des Antragstellers sein. Ein rein rechtliches Interesse des Intervenienten ist nicht erforderlich. Der Gerichtshof ist damit dem Vorbild des französischen Zivilprozesses und des recours pour exces de pouvoir gefolgt und nutzt das Institut als Instrument zu einem nicht auf rechtliche Belange beschränkten Ausgleich. Ob im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Verfahren der "pleine jurisdiction"208 , insbesondere im Rahmen der Schadensersatzklage, ebenfalls in Anlehnung an die Rechtsprechung des Conseil d'Etat jedoch eine Beschränkung auf rechtliche Interessen des Beitrittswiligen anzunehmen ist, etwa auf die Behauptung, der Intervenient habe bei Mißerfolg der Klage für den finanziellen Ausfall der Klägerin zu haften, ist bislang nicht feststellbar, da die Beitrittsgesuche hier jeweils mit dem Argument begründet wurden, der Intervenient befinde sich in einer gleichgelagerten Situation209 • Die Situationsparallelität Dritter läßt der Gerichtshof nach nunmehr einhelliger Rechtsprechung allerdings wie gesehen grundsätzlich nicht als Interventionsgrund ausreichen. Hierin befindet er sich in Übereinstimmung mit den Gerichten in Deutschland und Frankreich. Rechtstechnisch erfolgt diese Einschränkung dadurch, daß der Gerichtshof verlangt, daß sich das Interesse des Dritten in den Anträgen der Parteien des Rechtsstreits und nicht den rechtlichen Erwägungen manifestiert. Wie die französischen Gerichte erkennt der Gerichtshof Verbänden weiträumige Streitbeteiligungsmöglichkeiten zu. Während sich die französischen Zivilgerichte hierfür über den Wortlaut des Art. 330 Abs. 2 N.C.P.C. hinwegsetzen müssen, erreicht der Gerichtshof dies, indem er das Erfordernis des Interesses "am Ausgang auch Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 170; Allkemper, EWS 1995, S. 336. 206 EuG, Rs. T-330/94 (Salt Union/Kommission), Beschluß v. 17.11.1995, Slg. 1995-II, S. 2881 (2888) m. w. N. 207 EuG, Rs. 18/97 (Atlantic Container Line u. a./Kommission), Beschluß v. 23.3.1998, Slg.l998-II, S.589ff. 208 Siehe dazu bereits in Fn. 116 des 3. Kapitels. 209 Gelegentlich wurde gleichwohl geäußert, gerade die Möglichkeit, für die Einbußen des Klägers einstehen zu müssen, sei eine ganz "typische Interventionslage"; so GA Roemer, Rs. 111/63 (Lemmerz-Werke/Hohe Behörde), Schlußanträge v. 4.11.1964, Slg. 1964, S. 943; Ehle/Schiller, EuR 1982, S.48 (49).
156
4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
des Rechtsstreits", je nach der Qualität des Intervenienten, unterschiedlich interpretiert210. Bei Verbänden genügt wie gesehen die Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfragen für den Verbandszweck. Anders als im Rahmen des französischen recours pour exces de pouvoir, bei dem Klage- und Interventionsbefugnis beide auf niedriger Schwelle angesiedelt sind, besteht damit im Gemeinschaftsrecht aber eine deutliche Diskrepanz zwischen den Klage- und den Interventionsmöglichkeiten für Verbände, schreiben doch die Individualklagebestimmungen der Verträge die ausschließliche Geltendmachung eigener Rechte vor, was die Klage eines Verbandes, der die kollektiven Interessen seiner Mitglieder bedroht sieht, allgemeiner Ansicht nach regelmäßig unzulässig macht211 . Daß der Gerichtshof die Interventionsvorschriften indes "verbandsfreundlich" auslegt und er so einen gewissen Ausgleich für die nicht gegebene Verbandsklage schafft212, ist zu begrüßen. Wie früher schon betont wurde, erscheint die Präzedenzwirkung der Entscheidungen von Gerichtshof und Gericht erster Instanz aufgrund ihrer monopolisierten Zuständigkeit noch ungleich größer als die der Entscheidungen eines nationalen Gerichts, welches nur eines unter vielen ist213 • Koopmans meint sogar, die Praxis des Gerichtshofs zur Beibehaltung seiner Grundsätze komme der "stare-decisis-doctrine" des Common Law nahe214. Die Sorge Dritter, sich in einem späteren eigenen Prozeß "vollendeten Tatsachen" gegenüber zu sehen, scheint daher nur allzu verständlich. Will man dieser Besorgnis Rechnung tragen, könnte man die Beitrittsbestimmungen zunächst, so wie es der Gerichtshof früher häufiger getan hat, rechtsschutzfreundlich so auslegen, daß man unter "Ausgang des Rechtsstreits" die von dem Urteil ausgehende Präzedenzwirkung versteht. Ein solches Verständnis der Vorschriften kann freilich, wie insbesondere das Gericht erster Instanz zutreffend mehrfach herausgestellt hat, schwierige Probleme mit sich bringen. So wird sich zumeist schwerlich eine klare Grenze finden lassen zwischen Dritten, die sich in einer noch gleichartigen Situation befinden und solchen, bei denen 210 Vgl auch EuG, Rs. T-87/92 (Kruidvat/Kommission), Beschluß v. 8.12.1993, Slg. 1993-11, S. 1375 (1380): " ... eine solche weite Auslegung im Hinblick auf Vereinigungen ..."; kritisch zu dieser Rechtsprechung Leaver, Law Soc. Gaz. 1982, S. 1557, dazu noch sogleich. 211 Vgl. nur EuGH, Rs. nn4 (Union Syndicale/Rat), Urteil v. l8.3.1975, Slg.1975, S.401 (410): "So läßt sich nicht die Ansicht halten, daß eine zur Verteidigung von Kollektivinteressen einer Personengruppe gegründete Vereinigung von einer die allgemeinen Interessen dieser Gruppe berührenden Maßnahme unmittelbar und individuell betroffen wird"; außerdem Bernhardt, Verfassungsprinzipien - Verfassungsgerichtsfunktionen - Verfassungsprozeßrecht im EWG-Vertrag, S. 377 ff m. w. N .; Weidinger, Der Rechtsschutz betroffener Dritter im Karteilverwaltungsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, S. 18ff; Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S.195 (199ft). 212 In diesem Sinne auch Ehle!Schiller, EuR 1982, S.48 (49). 213 Allgemein zur Präzedenzwirkung der Entscheidungen internationaler Gerichte auch Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S. 28, 166. 214 Koopmans in: Essays in European Law and Integration, S. 11 ff; ähnlich Dauses!Henkel, EuZW 1999, S. 325 (326).
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
157
dies nicht mehr der Fall ist215 • Ist etwa ein selektives Vertriebssystem eines Dritten mit dem des Klägers noch vergleichbar, wenn es sich trotz im wesentlichen gleicher Auswahlkriterien der Händler auf eine andere Branche bezieht oder trotz identischer Branche eine bestimmte Händlerkategorie von den möglichen Vertriebspartnern ausnimmt? Eine vorhersehbare Handhabung der Interv'entionsvorschriften wäre danach praktisch unmöglich. Ist weiterhin beispielsweise die von dem Kläger verwandte und von der Kommission bemängelte Vertriebsmethode in der Branche von großer Verbreitung, könnte der Gerichtshof in Extremfällen zudem mit Interventionen von Wettbewerbern überhäuft werden; ein zeitlich annehmbarer Verlauf des gerichtlichen Verfahrens wäre kaum noch gewährleistet216• Diese Schwierigkeiten lassen sich nun jedoch umgehen, indem man anstatt jedem einzelnen die Möglichkeit zum Streitbeitritt zuzuerkennen, das Recht, unmittelbar auf den Willensbildungsprozeß der Gemeinschaftsrichter einzuwirken, auf die Interessenvertretungsverbände der Betroffenen überträgt. Den individuellen Dritten geschieht hierdurch kein merklicher Nachteil, denn über den Verband können sie ihre Position immer noch indirekt in dem Prozeß zur Geltung bringen2 17 • Die Zulassung des Interessenvertretungsverbandes als Streithelfer kann zudem für die Rechtsfindung der Gemeinschaftsrichter auch effektiver sein. So verfügt der Verband vielleicht - anders als wohlmöglich die zusammengeschlossenen Unternehmen selbst- über ökonomische Daten, die ein von der Kommission als wettbewerbsbeschränkend eingestuftes Verhalten als wettbewerbsfördernd erscheinen lassen. Umfangreiche Kenntnisse über einen relevanten Markt dürften eher von Seiten des Verbandes als von seinen Mitgliedern zu erwarten sein. Hassetbach hat überdies zu Recht betont, daß der als Streithelfer auftretende Verband am ehesten in der Lage sein wird, dem Gerichtshof über die über den konkreten Rechtsstreit hinausgehenden Auswirkungen einer bevorstehenden oder als möglich erscheinenden Entscheidung Aufklärung zu verschaffen, und er so unter Umständen ein abgewogeneresoder zumindest verständlicher begründetes Urteil erreichen wird218 , wasangesichtsder Tatsache, daß die Entscheidungen der Gemeinschaftsrichter in den Mitgliedstaaten und den betroffenen Wirtschaftskreisen bekanntlich nicht immer mit Begeisterung aufgenommen worden sind, für deren Akzeptanz nicht ohne Bedeutung sein dürfte. Eine solche Kanalisierung der Intervention auf Verbände wirkt letztlich auch prozeßökonomisch219 • Siehe dazu schon die Rechtsprechungszitate unter A. II. 1. c) aa). Zu dieser Befürchtung siehe auch EuG, verb. Rs. T-97 u. 111/92 (Rijnoudt u.a./Kommission), Beschluß v.15.6.1993, Slg.l993-II, S.587 (595); EuG, Rs. T-87/92 (Kruidvat/Kommission), Beschluß v. 8.12.1993, Slg.l993-II, S.1375 (1380); EuGH, verb. Rs. C-151 u. 157/97 P (National Power u.a./Kommssion), Beschluß v.17.6.1997, Slg.1997-II, S. 3491 (3513f); dagegen GA Roemer, R. 111/63 (Lemmerz-Werke/Hohe Behörde), Schlußanträge v. 4.11.1964, Slg. 1964, S. 943 (947). 217 Einzelheiten zu den prozessualen Möglichkeiten des Streithelfers noch unter D.III. 21s Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S. 195 (204). 219 So ebenfalls Hackspiel in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEGVertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 8; ansatzweise auch EuG, verb. Rs. T-97 u. 111/92 (Rijnoudt u. a./Kommission), Beschluß v. 15.6.1993, Slg. 1993-Il, S. 587 (594). 215
216
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Macht der Gerichtshof etwa deutlich, daß er bestimmte Vereinbarungen in modifizierter Form für mit den Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft vereinbar hält, dürfte eher gewährleistet sein, daß andere Unternehmen hiervon erfahren und ihre eigenen Vereinbarungen entsprechend anpassen, wenn der Verband, zu dem sich die Unternehmen zusammengeschlossen haben, an dem Verfahren teilgenommen hat, als wenn nur ein einziges oder einige Unternehmen sich an dem Streit beteiligt hätten. Die mit dem Argument, der Wortlaut der Interventionsbestimmungen gäbe für eine Differenzierung zwischen Interventionen von Individuen und Unternehmen einerseits und Verbänden andererseits nichts her, geführte Kritik Leavers 220 an der Rechtsprechung des Gerichtshofs erscheint nach alledem haltlos. Denn gewichtige Gründe sprechen gerade für eine unterschiedliche Behandlung. Im Widerspruch mit seiner sonstigen Rechtsprechung befindet sich der Gerichtshof wie aufgezeigt, indem er Dritte als Streithelfer zuläßt, die gegen die angefochtene Entscheidung selbst hätten klagen können, dies aber - aus welchen Gründen auch immer - nicht getan haben. Da der Rechtsakt, soweit dieser den Dritten betrifft, auch bei Erfolg der Klage bestehen bleibt, unterscheiden sich ein solcher Dritter inhaltlich indes in keiner Weise von anderen Dritten, die geltend machen, sie befanden sich in einer gleichgelagerten Situation. Eine sachliche Begründung für diese Ungleichbehandlung liefert denn auch der Gerichtshof nicht. Aus der Tatsache, daß ein Dritter in der angefochtenen Entscheidung ebenfalls namentlich genannt sein mag, läßt sich eine solche jedenfalls nicht herleiten221 , denn die Entscheidung bleibt zu seinen Lasten ja bestehen. Es erscheint vielmehr unlogisch, einerseits Dritten mit dem Argument die Streithilfe zu verweigern, das Rechtsbehelfssystem der Gemeinschaften, vor allem die vorgesehenen Klagefristen, würde durch ihre Streitbeteiligung in Frage gestellt222, andererseits aber gewisse Dritte, deren eigene Klage verfristet wäre, dann doch intervenieren zu lassen. Weshalb das Gericht erster Instanz insofern, nachdem es ansatzweise von seiner Rechtsprechung und der des Gerichtshofs abgerückt war, dann doch wieder auf die frühere Linie zurückgekehrt ist, bleibt somit unerfindlich.
2. Ausnahmen von der Verpflichtung zur Darlegung eines Interventionsinteresses a) Art. 37 Abs.l EG-Satzung Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung eröffnet seinem Wortlaut nach den Mitgliedstaaten und den Organen der Gemeinschaft das Recht zum Streitbeitritt, ohne dieses an die Leaver, Law Soc. Gaz. 1982, S.l557. So aber insbesondere EuG, verb. Rs. T-97 u. 111/92 (Rijnoudt u. a./Kommission), Beschluß v.l5.6.1993, Slg.1993-II, S.587 (595). 222 Siehe schon die Rechtsprechungsnachweise unter A.II.l.c)aa). 220
221
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
159
Darlegung eines Beitrittsinteresses zu knüpfen. Für die Mitgliedstaaten und für Rat und Kommission ist die so niedergelegte Berechtigung nie in Zweifel gezogen worden. Die herausragende Stellung der Mitgliedstaaten als den "Herren der Verträge"223 und beider Organe im institutionellen Gefüge der Gemeinschaft lassen es allgemeiner Ansicht nach auch als völlig gerechtfertigt erscheinen, den Genannten uneingeschränkt die Möglichkeit zum Verfahrensbeitritt zuzuerkennen224 • In der Literatur findet sich in diesem Zusammenhang gelegentlich die Aussage, ihr Beitrittsinteresse werde daher gewissermaßen unwiderleglich vermutet225 . Fraglich ist, ob gleiches auch für Parlament und Rechnungshof Geltung findet. Wie weiter oben schon angeführt, wurde vom Rat in der Rs. 138/79 (Roquette Freres/Rat) unter Hinweis auf die mangelnde aktive und passive Klagefähigkeit des Parlaments die Ansicht vertreten, diesem könne, da die Intervention einem Klagerecht nahe käme, nicht die Möglichkeit zur Nebenintervention zustehen. Der Gerichtshof lehnte diese Betrachtungsweise aufgrunddes Wortlauts des Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung und der vom Vertrag gewollten institutionellen Stellung des Organs ab226. Hilfsweise machte der Rat in dem Verfahren geltend, wenn dem Parlament indes ein Interventionsrecht zustände, so setze dieses doch jedenfalls ein berechtigtes Interesse voraus. Ein solches Interesse werde zwar sicher vermutet, das hindere den Gerichtshof aber nicht daran, sein Vorliegen gegebenenfalls zu überprüfen. Im gegebenen Falle werde der Gerichtshof zudem aufgrund einer solchen Überprüfung das Fehlen eines Interesses des Parlaments am Ausgang des Rechtsstreits feststellen müssen227 • Da das Parlament auch nach jetzigem Recht bei der Nichtigkeitsklage - gleiches gilt für den Rechnungshof- keine uneingeschränkte Klageberechtigung besitzt228 , wäre das Bestehen eines derartigen Zulässigkeitserfordemisses danach auch heute noch immerhin denkbar. Der Gerichtshof hat es allerdings damals bereits mit den folgenden Worten abgelehnt, den Streitbeitritt des Parlaments von der Darlegung eines Beitrittsinteresses abhängig zu machen: "Diese Rüge ist mit dem Aufbau des Artikels 37 der Satzung des Gerichtshofes unvereinbar und deshalb zurückzuweisen. Nach Artikel 37 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes können andere Personen als die Staaten und die Organe einem bei dem Gerichtshof anhängigem Rechtsstreit nur beitreten, wenn sie ein berechtigtes Interesse am Ausgang dieses RechtsVgl. Koenig!Sander, Einführung in das EG-Prozeßrecht, Rn. 6. Vgl. nur Bebr, Judicial Control in the European Communities, S. 171; Rengeling!Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union; Rn. 677; ähnlich Hackspiel in: v. d. Groeben/fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn.5. 225 Ehle, Klage- und Prozeßrecht des EWG-Vertrages, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 12; Quack in: J. Baur, Festschrift für Ralph Vieregge, S. 747 (749); Wall, The Court of Justice ofthe European Communities, S. 277; Kerse, E. C. Antitrust Procedure, Nr. 9.36 (Fn. 62); Brown!Kennedy, The Court of Justice of the European Communities, S. 266 f. 226 Siehe dazu schon unter A. I. I. a). 227 EuGH, Urteil v. 29.10.1980, Slg. 3333 (3357). 22s Siehe Art. 230 Abs. 3 EG-Vertrag (Art. 173 Abs. 3 a. F.). 223
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
streitsglaubhaft machen; das den Organen und damit auch dem Parlament in Artikel 37 Absatz 1 zuerkannte Recht ist hingegen von keiner solchen Voraussetzung abhängig." 229
Sämtliche Gemeinschaftsorgane genießen insofern im Anwendungsbereich des Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung uneingeschränkt das Recht, sich an Rechtsstreiten vor dem Gerichtshof zu beteiligen. Das Gemeinschaftsrecht definiert also die Möglichkeiten der Organe zum Streitbeitritt weitergehend als die der aktiven und passiven Klageberechtigung im Rahmen der Nichtigkeits- und der Untätigkeitsklage230• Da die Intervention einer Gemeinschaftseinrichtung ebenso wie die Klage einer solchen jedoch ein Rechtsbehelf zur Wahrung des institutionellen Gleichgewichts ist, dürfte gleichwohl, wie weiter oben schon ausgeführt, die Argumentation des Gerichtshofs zur Begründung eines ungeschriebenen Klagerechts für das Parlament in der Rs. 70/88 (Parlament/Rat; "Tschernobyl") für die Statuierung von Interventionsmöglichkeiten für den Wirtschafts- und Sozialausschuß sowie für den Ausschuß der Regionen gleichermaßen Anwendung :fi.nden231 • Nach der Verwendung dieser Entscheidung des Gerichtshofs als "Grundlage" für die Begründung des Streitbeitritts für beide Einrichtungen, ist es m. E. indes vertretbar, den dortigen Weg wieder zu verlassen und deren Intervention nicht etwa analog der von dem Gerichtshof für das Parlament herausgearbeiteten nur eingeschränkten Klageberechtigung ebenfalls von der Darlegung eines Beitrittsinteresses abhängig zu machen, sondern den Ausschüssen uneingeschränkt die Möglichkeit zum Streitbeitritt zuzuerkennen232• Dem im Zusammenspiel der am Rechtsetzungsprozeß der Gemeinschaft Beteiligten auf ähnlicher Ebene platzierten Parlament, ist ja ebenfalls das Recht zum Verfahrensbeitritt uneingeschränkt eröffnet.
b) Das Interventionsrecht der EGKS Bereits aus den vorangegangenen Ausführungen wurde mehrfach schon deutlich, daß sich die Streitbeitrittsgrundlagen der EGKS in ihrem Wortlaut auch hinsichtlich des Erfordernisses der Darlegung eines Interventionsinteresses von denen der EG unterscheiden. Art. 37 EG-Satzung stellt, wie gerade eben aufgezeigt, die Mitgliedstaaten und die Organe in sämtlichen Rechtsstreiten hiervon frei. Die EGKS-Satzung verzichtet demgegenüber auf ein derartiges Zulässigkeitsmerkmal nur in Art. 41 Abs. 2 bei Streitigkeiten zwischen anderen Mitgliedstaaten nach Art. 89 des Vertrages, differenziert im Rahmen des Art. 34 Abs. 1 aber offenbar nicht zwischen den einzelnen Beitrittswilligen. Obwohl die so bestehende Unterschiedlichkeit der Satzungstexte auf den ersten Blick vor dem Hintergrund des eben zur Stellung der EuGH, Urteil v.29.10.1980, Slg.3333 (3358). Vgl. hierzu auch GA Reischl, Rs. 138n9 (Roquette Freres/Rat), Schlußanträge v.18.9.1980, Slg. l980, S. 3362 (3366). 231 Dazu bereits unter A.l.l.c)bb). 232 A. A. anscheinend Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S. 195 (219), der von einer nur eingeschränkten Interventionsbefugnis spricht, ohne seine Meinung allerdings weiter zu begründen. 229
230
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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Mitgliedstaaten und der Organe Gesagten schwerlich einleuchtend erscheint, hat die Literatur diesem Aspekt des Streitbeitritts soweit ersichtlich bislang keinerlei Beachtung geschenkt. Soweit das EGKS-Recht überhaupt genannt wird, findet sich oft lediglich der schlichte Hinweis, anders als Art. 37 EG-Satzung verlange Art. 34 EGKS-Satzung auch von den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen den Nachweis eines besonderen Interesses233 • Im folgenden soll daher zur systematischen Erfassung der Unterschiede zwischen den Satzungen zunächst der Versuch unternommen werden, mögliche Gründe für die hier bestehenden Wortlautdivergenzen aufzuzeigen. Eine sich anschließende Betrachtung der Rechtsprechung des Gerichtshofs wird dann ersichtlich machen, daß in praxi indes die Mitgliedstaaten und vermutlich auch die Gemeinschaftsorgane im Anwendungsbereich der EGKS-Satzung verfahrensartunabhängig von der Verpflichtung zur Darlegung eines Beitrittsinteresses befreit sind.
aa) Gründe für die Unterschiedlichkeil der Satzungstexte Wenngleich die travaux preparatoires der Verträge und damit auch der Satzungen nie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, und Äußerungen zu den vertragsgebensehen Hintergründen der Beitrittsbestimmungen insofern in gewisser Hinsicht spekulativ bleiben müssen, läßt sich doch, ohne daß dies allzu kühn erscheinen dürfte, die Behauptung aufstellen, daß bei Schaffung der EGKS-Satzung die Interventionsbestimmungen teilweise dem Statut des Internationalen Gerichtshofs und teilweise dem französischen Recht nachgebildet wurden234• Vergleicht man zunächst die französische Version235 des Art. 63 lOH-Statut, welche lautet: "1. Losqu' il s 'agit de I'interpretation d 'une convention alaquelle ont participe d' autres Etats que !es parties en litige, le Greflier les avertit sans delai. 2. Chacun d'eux a Je droit d'intervenir au prod:s, et s'il exerce cette faculte,l'interpretation contenue dans Ia sentence est egalement obligatoire a son egard."236
mit denen der Art. 41 und 42 EGKS-Satzung, die bestimmen: 23 3 P. Becker, Der Einfluß des französischen Verwaltungsrechts auf den Rechtsschutz in den Europäischen Gemeinschaften, S. 90; Degenhardt, Die Auslegung und Berichtigung von Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, S. 45; Lasok/Vaughan, Butterworth European Court Practice, S. 233 (Fn. 1); Brown/Kennedy, The Court of Justice of the European Communities, S. 266; Vaughan, Law of the European Communities, Rn. 2.247; Toth, The Oxford Encyclopedia of European Community Law, Bd. 1, S. 329; Millet, The Court ofFirst lnstance ofthe European Communities, S.52 (Fn.19); Van Houtte, CDE 1983, S.3 (17). 234 Allgemein zur Verwandtschaft der Verfahrensregeln des Gerichtshofs mit denen des Internationalen Gerichtshofs Plender, EJIL 2 (1991), S. 1 ff. 235 Offizielle Versionen des lOH-Statuts sind die englisch- und die französischsprachigen Fassungen. 236 I.C.J. Acts and Documents conceming the Organisation the Court, Nr. 4 (1978), S. 84.
II Nissen
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
"Lorsqu'un differend entre Etats membres est soumis lila Cour, en vertu de l'article 89 du traite, Ies autres Etats membres sont avertis sans delai par Je Greffier de I' objet du litige. Chacun de ces Etats a Je droit d'intervenir au proces. (Art. 41 EGKS-Satzung) Si unEtat intervient dans les conditions prevues ill'article precedent dans une affaire soumise a Ia Cour, l'interpretation donnee par I'arret s'impose a lui." (Art. 42 EGKS-Satzung)
so wird rasch deutlich, daß sich die Vertragsstaaten bei der Formulierung dieser Satzungsbestimmungen an der erstgenannten Vorschrift orientierten. Nun war es aber für Art. 63 lOH-Statut, ebenso wie für dessen Vorläufer in Art. 63 StiGH-Statut, stets allgemeine Ansicht, daß die Mitgliedstaaten einer Konvention generell ein Interesse an der Deutung von deren begrifflichen Gehalt durch den Internationalen Gerichtshof haben237 • In Anlehnung hieran wird man insofern der Auffassung gewesen sein, daß bei "jedem Streit unter Mitgliedstaaten über die Anwendung dieses Vertrages" (Art. 89 Abs. 1 1. Hs. EGKS-Vertrag) den Mitgliedstaaten ein uneingeschränktes Beitrittsrecht eingeräumt werden sollte238 • Dem Vorbild des Art. 62 lOHStatut, der bestimmt: "1. Lorsqu 'un Etat estime que, dans un differend, un interet d 'ordre juridique est pour lui en cause, il peut adresser a Ia Courune requete a fin d'intervention. 2. La Cour decide."239
folgten die Vertragsstaaten bei Niederlegung der Bestimmung des Art. 34 EGKSSatzung hingegen nicht, denn von dem Bestehen eines rechtlichen Interesses auf seiten des Intervenienten wurde dessen Möglichkeit zur Streitbeteiligung ja wie gesehen nicht abhängig gemacht240 • Hier stützte man sich hinsichtlich des Zulässigkeitserfordernis des Beitrittsinteresses allem Anschein nach auf das französische innerstaatliche Recht241 , ohne dabei allerdings tatsächlich zunächst zwischen den einzelnen Intervenienten zu unterscheiden. In der EG-Satzung findet sich diese Kombination aus IGH-Recht und französischem Recht nicht mehr. Das Interventionserfordernis des "interet" folgt zwar weiterhin französischem Recht, den Art. 41 und 42 der EGKS-Satzung entsprechende 237 Vgl. dazu nur Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S.158 m.w.N. 238 Praktisch bedeutsam geworden ist die Vorschrift des Art. 89 EGKS-Vertrag soweit ersichtlich bis dato allerdings nicht. 239 I.C.J. Acts and Documents concerning the Organisation the Court, Nr. 4 (1978), S. 85. 240 Im Rahmen des Art. 62 lOH-Statutist es dagegen allgemeine Meinung, daß der Intervenient die Betroffenheit seiner rechtlichen Interessen dartun muß; dazu Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S. 112 ff. 241 Vgl. hierzu auch P. Becker, Der Einfluß des französischen Verwaltungsrechts auf den Rechtsschutz in den Europäischen Gemeinschaften, S. 90.
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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Vorschriften haben die Vertragsstaaten in das neuere Regelungswerk indes nicht mehr aufgenommen. Anstau die Vertragsstaaten nur in einer speziellen Verfahrensart von der Darlegung eines Interventionsinteresses zu befreien, wurde hier der Stellung der Mitgliedstaaten, zugleich auch der Organe, innerhalb der Rechtsgemeinschaft stärker Rechnung getragen und für diese ein gänzlich unbeschränktes Beitrittsrecht geschaffen.
bb) Die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung Die Intervention von Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen nach Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung hat in der Praxis nur wenig Bedeutung erlangt. Streitbeitritte von Mitgliedstaaten sind soweit ersichtlich insgesamt fünf zu verzeichnen242. Von den Gemeinschaftsorganen ist nur der Rat einmal in der bereits bekannten Rs. 20/68 (Pasetti Bombardella/Kommission)243 als Streithelfer aufgetreten. In den früheren Jahren seiner Rechtsprechung machte der Gerichtshof mit der Notwendigkeit der Darlegung eines Beitrittsinteresses noch ernst. So stellte der Gerichtshof in den verb. Rs. 7/54 und 9/54 (Groupement des lndustries Siderurgiques Luxernbourgeoises/Hohe Behörde)244 und in den verb. Rs. 8/54 und 10/54 (Association des Utilisateurs de Charbon du Grand-Duche de Luxembourg/Hohe Behörde)245 hinsichtlich der Beitrittsanträge Luxemburgs fest, das Interesse Luxemburgs, sich an den Streitigkeiten zu beteiligen, sei nicht bestritten worden und könne auch nicht bestritten werden. In den beiden Verfahren ging es um die Frage, ob ein von der Iuxemburgischen Regierung eingeführtes System zur Subventionierung von Hausbrandkohle mit den Vorschriften des EGKS-Vertrages in Einklang stand, so daß das Interesse Luxemburgs, sich am Streit zu beteiligen, in der Tat, wie Generalanwalt Roemer es ausdrückte, "offensichtlich ein berechtigtes" war246. Eine wörtlich identische Entscheidung traf der Gerichtshof in der Rs. 34/58 (Chambre Syndicale de Ia Siderurgie de I'Est de la France u. a./Hohe Behörde)247 auf das Beitrittsgesuch Frankreichs hin. In diesem Verfahren wandten sich mehrere französische Klägerinnen gegen die Feststellung der Hohen Behörde, daß bestimmte in Deutschland verwandte Frachttarife für den Transport von Kohle mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang standen. Hierüber hatte es zuvor zwischen Deutschland und Frankreich Meinungsverschiedenheiten gegeben. Den Interventionsantrag Deutschlands in der Rs. 30/59 (De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe BeNäheres hierzu sogleich im Rahmen der folgenden Ausführungen. EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 29.1.1969 (Urteil v. 2.7.1969, Slg. 1969, S. 235 ff). 244 EuGH, Beschluß v. 24.11.1955; Slg. 1955/56, S. 143 ff. 245 EuGH, Beschluß v. 24.11 .1955, Slg. 1955/56, S. 155 ff. 246 GA Roemer, Schlußanträge (ohne Datumsangabe), Slg.l955/66, S.147 (150). 247 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 3.3.1959 (Urteil v.15.7.1960, Slg. 1960, S.589ff). 242 243
II*
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
hörde) 248 beschied der Gerichtshof mit der knappen Bemerkung positiv, die deutsche Regierung habe ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits geltend gemacht. Gegenstand des Rechtsstreits war das Begehren der Klägerin, der Gerichtshof möge aussprechen, daß die Hohe Behörde verpflichtet sei, in einer Entscheidung festzustellen, daß Deutschland durch die Gewährung steuerfreier Prämien aus öffentlichen Mitteln für Untertagearbeiter gegen seine Verpflichtungen aus dem EGKS-Vertrag verstoßen habe. Insbesondere die Streithilfeentscheidung des Gerichtshofs in der Rs. 34/58 (Chambre Syndicale de Ia Siderurgie de l'Est de Ia France u. a./Hohe Behörde) mag den Eindruck erwecken, der Gerichtshof habe das Zulässigkeitserfordemis der Darlegung eines Beitrittsinteresse bei Mitgliedsstaaten stets recht liberal interpretiert249 • Verzichtet wurde jedoch auf die Notwendigkeit eines solchen nicht, wie die folgende Äußerung der Gemeinschaftsrichter im Rahmen einer Drittwiderspruchsklage Belgiens im Jahre 1962 verdeutlicht: "Sicherlich ist jeder Mitgliedstaat an der Beachtung des Grundsatzes des freien Warenverkehrs interessiert, und zwar deswegen, weil er als Unterzeichner des Vertrages für dessen Anwendung verantwortlich ist; ein solch allgemeines Interesse an der Beachtung des Vertrages berechtigt aber gewiß nicht dazu, beliebigen Prozessen als Streithelfer beizutreten. Das Interesse daran, einem vor dem Gerichtshof anhängigen Prozeß als Streithelfer beizutreten, muß vielmehr im Hinblick auf die Art des Prozesses berechtigt erscheinen, zu dem der Intervenient zugelassen werden will, als auch im Hinblick auf die Anträge einer Partei, deren Unterstützung oder Abweisung der Intervenient anstreben muß."250
In der eben genannten Rs. 20/68 (Pasetti Bombardella/Kommission)251 begehrte der Kläger von dem Gerichtshof die Feststellung, die VO 259/68 des Rates sei auf seine Person nicht anwendbar. Der Rat beantragte, dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beitreten zu dürfen. Der Gerichtshof ließ den Verfahrensbeitritt mit der Begründung zu, der Rat habe ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, da er der Autor der VO 259/68 sei. In dem Bericht des juge rapporteur heißt es zudem: "II semble, tout d'abord, que Je Conseil, auteur du Reglement 259/68, a Je meme interet a s'opposer a une demande en declaration d'inapplicabilite qu'a une demande en annulation d'une disposition de ce reglement."252
248 EuGH, Beschluß v. 18.2.1960, S1g. 1961, S. 99 ff. 249 In diesem Sinne etwa Boulouis/Darmon, Contentieux Communautaire, Rn. 222, Picod in: Encyclopedie Dalloz, Repertoire de Droit communautaire, Nr. 75. 250 EuGH, verb. Rs. 9 u. 12/60 D.W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u.a.), Urteil v.12.7.1962, Slg.1962, S.347 (372). 251 Siehe schon in Fn. 243 dieses Kapitels. 252 Bericht des juge rapporteurinder Rs. 20/68 (Passetti Bombardella/Kommission) Mertens de Wilmars v. 28.1.1969, unveröffentlicht.
A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention
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Der Sichtweise, daß die Darlegung eines Interventionsinteresses auch von den Mitgliedstaaten zu verlangen sei, folgt der Gerichtshof seit dem Jahre 1983 nicht mehr. Im Rahmen einer seiner Verwaltungssitzungen entschied er hierzu, fortan bräuchten die Mitgliedstaaten ein Beitrittsinteresse nicht mehr darzutun253 • Von Relevanz gewesen ist diese Auffassungsänderung bis dato allerdings offenbar nur einmal, und zwar in der Rs. T-89/97 (British Steel/Kommission)254. Während das Gericht erster Instanz in seinem dortigen Streithilfebeschluß das Beitrittsinteresse der weiteren Intervenienten recht ausführlich erörterte, stellte es hinsichtlich des Beteiligungsgesuchs Irlands lediglich fest: "Der von Irland gestellte Antrag auf Zulassung als Streithelfer entspricht den Voraussetzungen von Artikel 115 der Verfahrensordnung des Gerichts; ihm ist ... gemäß Artikel 34 EGKS-Satzung, ... , stattzugeben."255
Ob diese Bevorzugung auch den Gemeinschaftsorganen zugute kommt, hat der Gerichtshof bislang nicht entschieden, dürfte jedoch anzunehmen sein. Jedenfalls vor dem Hintergrund der Vorschrift des Art.49 Abs. 3 S. 1 EGKS-Satzung, wonach die Mitgliedstaaten und die Organe grundsätzlich ein Rechtsmittel zum Gerichtshof auch dann einlegen können, wenn sie dem Verfahren in erster Instanz nicht beigetreten sind, scheint eine Befreiung der Mitgliedstaaten und auch der Organe der Gemeinschaft von der Verpflichtung, ein Interventionsinteresse darzulegen, indes auch gerechtfertigt. Können diese nämlich gegen die Entscheidungen des Gerichts erster Instanz ohnehin uneingeschränkt vorgehen, ist kaum ersichtlich, warum eine Verfahrensbeteiligung bereits in erster Instanz unter Umständen verwehrt sein sollte.
c) Art. 134 § 1 VerfO-EuG Von der Darlegung eines Beitrittsinteresses entbunden sind weiterhin diejenigen Streithelfer, die sich gemäß Art. 134 § 1 VerfO-EuG in Verfahren nach den Art. 130ff VerfO-EuG beteiligen. Dies ist nicht verwunderlich da hier, wie weiter oben schon deutlich wurde, Rechtspositionen des Intervenienten zur Debatte stehen256. Die so Betroffenen haben naturgemäß stets ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits2s7. 253 Persönliche Auskunft des früheren Beamten des Gerichtshofs K . Wolf im Dezember 1998; siehe hierzu außerdem dens. in: v. d. Groeben{fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, 4. Aufl., Art. 37 EG-Satzung, Rn. 2. 254 EuG, Beschluß v.29.5.1997, Slg.1997-II, S. 835ff. 255 lbid., s. 842. 2s6 Dazu schon unter A.l. 3. 257 So auch Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 192; vgl. zudem Jung in: Due/Lutter/Schwarze, Festschrift für Ulrich Everling, Bd. I, S.611 (622f); ders. in: v.d.Groeben{fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 168 a EG-Vertrag, Rn. 129; Hakenberg!Stix-Hackl, Handbuch zum Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, S. 163.
166
4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
111. Prozeßart- und beteiligtenabhängige Beschränkungen der Intervention 1. Das Verhältnis zwischen Art. 34 und Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung sieht, wie bereits ausgeführt wurde, in Verfahren nach Art. 89 des EGKS-Vertrages ein gesondertes Interventionsrecht für die "anderen" Mitgliedstaaten - m. E. außerdem auch für die Gemeinschaftsorgane und den Beratenden Ausschuß - vor. Fraglich ist, ob in diesen Verfahren daneben auch die Vorschrift des Art. 34 EGKS-Satzung Anwendung findet. Bejahte man dies, hätte sich der Bedeutungsgehalt des Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung von Beginn an darauf beschränkt, für die Mitgliedstaaten eine von der Darlegung eines Beitrittsinteresses unabhängige Streitbeteiligungsmöglichkeit zu schaffen258 259 • Folge hiervon wäre, daß durch die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Interventionen von Mitgliedstaaten nach Art. 34 EGKS-Satzung die Bestimmung des Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung obsolet geworden wäre. Ein solches Verständnis des Verhältnisses von Art. 34 und 41 Abs. 2 EGKS-Satzung ist m. E. allerdings ohnehin unzutreffend. Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung steht unter der Überschrift "Sondervorschriften für Streitigkeiten unter Mitgliedstaaten". Hieraus läßt sich entnehmen, daß die davor plazierte Vorschrift des Art. 34 EGKS-Satzung in solchen Verfahren keine Anwendung finden sollte. Andernfalls hätte man eine andere Form der Überschrift wählen müssen, beispielsweise "Zusätzliche Vorschriften für Streitigkeiten unter Mitgliedstaaten"260• 2. Anwendbarkeit von Art. 37 EG-Satzung in Verfahren nach den Art.130ff VerfO-EuG Art. 134 § 1 VerfO-EuG bestimmt, daß sich die Parteien des Verfahrens vor den Beschwerdekammern des Harmonisierungsamtes und des Sortenamtes an Rechtsstreitigkeiten nach den Art. 130ff VerfO-EuG als Streithelfer beteiligen können. Fraglich ist, ob dies bedeutet, daß damit andere potentielle Intervenienten, die dem Rechtsstreit auf der Grundlage des Art. 37 EG-Satzung beitreten wollen, von einer Streitbeteiligung ausgeschlossen sind, m. a. W., ob die Vorschrift des Art. 134 § 1 VerfO-EuG die Anwendbarkeit der allgemeinen Beitrittsnorm des Art. 37 EG-Satzung verdrängt261 • Aufgrund der Plazierung der Regelung des Art. 134 § 1 VerfOEuG auf der Ebene der Verfahrensordnung und der Formulierung des Art. 46 Abs. 2 Dieser Ansicht ist Lasok, The European Court of Justice, S. 158. Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung enthält, wie eingangs bereits erwähnt wurde, nicht etwa einen Anwendungsfall der intervention principale; siehe dazu auch noch unter D. III. 2. a) aa) (I). 260 Im Ergebnis ebenso Plender in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn.23-16. 261 So anscheinend Hakenberg/Stix-Hackl, Handbuch zum Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, S. 164. 258 259
A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention
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S. 2 EG-Satzung ist das jedoch nicht der Fall. Art. 134 § 1 VerfO-EuG steht im Normengefüge des Gemeinschaftsrechts unterhalb von Art. 37 EG-Satzung262 und ist von daher von sich aus nicht in der Lage, den begrifflichen Gehalt der Satzungsnorm zu begrenzen263 • Auch die in Art. 46 Abs. 2 S. 2 EG-Satzung niedergelegte Ermächtigungsgrundlage, nach der die Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, um den Besonderheiten der Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des geistigen Eigentums Rechnung zu tragen, in bestimmter Hinsicht von der Satzung abweichen kann, rechtfertigt eine dahingehende Anwendungsbeschränkung des Art. 37 EG-Satzung indes nicht. Neben Art. 38 EG-Satzung darf die Verfahrensordnung des Gerichts danach auch von Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung abweichen. Das heißt, nur in Bezug auf die prozeduralen Befugnisse des Intervenienten sind also Abweichungen von der allgemeinen Beitrittsregelung des Art. 37 EG-Satzung zulässig. Die Anwendbarkeit der Vorschrift gänzlich auszuschließen, wurde in Art. 46 Abs. 2 S. 2 EG-Satzung hingegen nicht ermöglicht. Die in Art. 37 EG-Satzung enthaltenen Interventionsgrundlagen bleiben insofern einschlägig.
3. Der Interventionsausschluß in Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung a) Die Problematik Art. 37 EG-Satzung bestimmt in Abs. 2 2. Hs., daß anderen Dritten als Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen in Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Organen der Gemeinschaft oder zwischen Mitgliedstaaten und Organen der Gemeinschaft nicht das Recht zustehen soll, sich an dem Verfahren als Streithelfer zu beteiligen. Die EGKS-Satzung, die ja einige Jahre älter ist als die EG- und die EAG-Satzung, weist eine derartige Interventionsbeschränkung demge262 Gemäß Art. 245, 311 EG-Vertrag (Art. 188, 239 a. F.), Art. 160, 207 EAG-Vertrag u. Art. 45, 84 EGKS-Vertrag sind die Satzungen Bestandteil der Verträge. Sie stehen somit den unmittelbaren Vertragstexten im Range gleich. Die VerfOen besitzen dagegen keinen solchen Vertragsstatus. Als "Gemeinschaftsorganprodukte" sind diese Bestandteil des sekundären Gemeinschaftsrechts und in dessen Normenhierachie deshalb unterhalb der Verträge und der Satzungen angesiedelt; vgl. dazu auch EuGH, verb. Rs. 42 u. 49/59 D. W. (Breedband/Societe des Acieries du Temple u. a.), Urteil v.12.7.1962, Slg.J962, S.289 (318); EuGH, verb. Rs.9 u. 12/60 D. W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u. a.), Urteil v. 12.7.1962, Slg. 1962, S. 347 (370); vgl. auch Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 6, 8; Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S.44; Krück in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 188, Rn. 2, 10; Hackspiel in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Vorbem. zur EG-Satzung, Rn. 2; Borchardt/Klinke in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Art. 188, Rn. 2; Waelbroeck/Waelbroeck in: Commentaire-Megret, Art. 188, Rn. 3; statt aller, allerdings ohne weitere Begründung, nunmehr Wegener in: Calliess/Ruffert, Kommentar des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 245 EG-Vertrag, Rn. 5. 263 Vgl. auch Jung in: Due/Lutter/Schwarze, Festschrift für Ulrich Everling, Bd. I, S. 611 (623).
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
genüber nicht auf. Nun müssen zwar, wie schon angeführt, Äußerungen zu den gesetzgeberischen Motiven der Vertragsbestimmungen mangels Zugänglichkeil der travaux pn!paratoires ohne belegbare Grundlage bleiben. Hinsichtlich des Interventionsausschlusses in Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung ist es indes - wohl zu Recht - in der Literatur gängige Praxis zu betonen, daß hierdurch erreicht werden sollte, Private aus Verfassungs-264 bzw. institutionellen Streitigkeiten femzuhalten265. In vielen Fällen wird der so niedergelegte Ausschluß privater Dritter von der Streithilfe auch als zweifelsfrei annehmbar erscheinen. So dürfte beispielsweise nichts dagegen sprechen, privaten Dritten etwa in einem Prozeß, in dem das Parlament zur Wahrung seiner Teilhaberechte am Rechtsetzungsprozeß gegen den Rat kämpft, generell die Möglichkeit zur Streitbeteiligung zu versagen. Begehrt die Kommission von dem Gerichtshof nach Art. 226 EG-Vertrag (Art. 169 a. F.) die Feststellung, ein Mitgliedstaat habe aufgrund seiner innerstaatlichen Gesetze gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen, wird es dem Gerechtigkeitsempfinden kaum zuwider laufen, wenn Dritten, die sich durch die nationalen Regelungen betroffen meinen, von den Bestimmungen tatsächlich jedoch nur reflexartig als Teil der Allgemeinheit betroffen sind, keine Gelegenheit zur Äußerung in dem Vertragsverletzungsverfahren eingeräumt wird266. Der in Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung festgeschriebene ausnahmslose Ausschluß privater Dritter von der Nebenintervention kann allerdings auch Folgen haben, die mit dem Gedanken eines angemessenen Rechtsschutzes indes nur schwerlich in Einklang zu bringen erscheinen. Dies wird durch die Rs. C-68/94 (Frankreich/Kommission) verdeutlicht: In dem dortigen Verfahren focht die französische 264 Usher, European Court Practice, Rn. 11-11; Matthies in: v. Caemmerer/Schlochauer/ Steindorff, Probleme des Europäischen Rechts, Festschrift für Walter Hallstein, S. 304 (315 f); ähnlich Hackspiel in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. I; Allkemper, EWS 1995, S. 336 f. 265 Klinke, Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 329; Rengeling!Middeke/Gel/ermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn.671; Dauses in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, P. IV, Rn. 32; Quack in: J. Baur, Festschrift für Ralph Vieregge, s. 747 (749). 266 Siehe dazu insbesondere die Entscheidung EuGH, Rs. 154/85 R (Kommission/Italien), Beschluß v. 7.6.1985, Slg. 1985, S. 1753ff, in der der Gerichtshof den Interventionsantrag mehrerer italienischer Automobilimporteure zurückwies, die die Kommission, welche von dem Gerichtshof die Feststellung erwirken wollte, Italien habe durch die Erschwerung von Parallelimporten von Kraftfahrzeugen gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen, unterstützen wollten. In diesen Zusammenhang gehören weiterhin auch fünf unveröffentlichte Streithilfebeschlüsse des Gerichtshofs vom 9.6. u. 13.7.1993 in der Rs. C-280/93 (Deutschland/Rat). In dem dortigen Verfahren hatte die Bundesrepublik Klage auf teilweise Nichtigerklärung der V0404/93 des Rates über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen erhoben. Mehrere karibische Staaten begehrten, zu dem Prozeß als Intervenienten zu gelassen zu werden. Der Gerichtshof lehnte dies jedoch unter Hinweis auf Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung ab.
A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention
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Regierung eine Entscheidung der Kommission an, mit der diese den Zusammenschluß zwischen der Kali und Salz AG und der Mitteldeutschen Kali AG267 für mit dem gemeinsamen Markt vereinbar erklärt hatte268 • Neben der Bundesrepublik Deutschland, deren Beitrittsgesuch der Gerichtshof positiv beschied269 , begehrten auch die an der Fusion beteiligten Unternehmen, zu dem Rechtsstreit als Streithelfer der Kommission zugelassen zu werden270• Den ersten Interventionsantrag sandte die Kanzlei des Gerichtshofs den Antragstellern auf Veranlassung des Präsidenten und unter Hinweis auf Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung zurück, ohne daß dieser überhaupt beschieden worden war. Nachdem die Antragsteller ihr Beitrittsgesuch daraufhin noch einmal wiederholt hatten, wies der Gerichtshof einige Zeit später das Interventionsbegehren dann formell zurück. Zur Begründung führte er an: "L'article 37, premier et deuxieme alineas, du statut CE de Ia Cour dipose que !es Etats membres et !es institutions de Ia Communaute peuvent intervenir aux litiges soumis a Ia Cour; Je meme droit appartient atoute autre personne justifiant d'un interet aIa Solution d'un litige soumis aIa Cour, al'exclusion des litiges entre Etats membres, entre institutions de Ia Communaute, ou entre Etats membres, d'une part, et institutions de Ia Communaute, d'autre pArt. A cet egard, il convient de relever que la requete en intervention, presentee par !es societes Kali und Salz vise une intervention dans un litige opposant un Etat membre aune institution de Ia Communaute, hypothese qui est expresserneut exclue par I' article 37, deuxieme alinea, du statut CE de Ia Cour. II s'ensuit que Ia requete en intervention est manisterneut irrecevable."27I
Der Gerichtshof verwehrte den an dem Unternehmenszusammenschluß beteiligten Gesellschaften also mit der Verweisung auf den Wortlaut der Satzung die Möglichkeit, sich an dem Prozeß, in dem es ja um Bestand oder Beendigung einer diese Gesellschaften begünstigenden individuellen Rechtsposition ging, zu beteiligen und sich dort rechtliches Gehör zu verschaffen. Später wurde den fusionsbeteiligten Unternehmen dann allerdings dennoch Gelegenheit gegeben, ihren Standpunkt in dem Verfahren zur Geltung zu bringen, und zwar auf folgendem Wege: Die den Zusammenschluß gestattende Entscheidung der Kommission war nämlich nicht nur von der Regierung Frankreichs vor dem Gerichtshof, sondern auch von zwei französischen Konkurrenzunternehmen vor dem Gericht erster Instanz angefochten worden. In diesem Prozeß ließen die Gemeinschaftsrichter die Kali und Salz AG und die 267 Später umbenannt bzw. umgewandelt in Kali und Salz Beteiligungs-Aktiengesellschaft und Kali und Salz GmbH. 268 Vgl. dazu Art. 8 Abs. 2 VO 4064/89 (sog. FusionskontroiiVO). 269 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 9.9.1994 (Urteil v. 31.3.1998, Slg. 1998-I, s. 1375ff). 270 Siehe hierzu auch Quack in: J. Baur, Festschrift für Ralph Vieregge, S. 747ff; von dem die Antragsteller im übrigen in dem Verfahren anwaltlieh vertreten wurden, und Sedemund, Referat, in: Verhandlungen des 60. Deutschen Juristentages. Bd. II/1, S. N 41(N 50f). 271 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 5.10.1994 (Urteil v. 31.3.1998, Slg. 1998-I, s. 1375ff).
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Mitteldeutsche Kali AG als Streithelfer zu272 • Da es sich um kein Verfahren im Sinne des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung handelte, war dies unproblematisch. In der Folge verwies dann das Gericht erster Instanz den Rechtsstreit gemäß Art.47 Abs. 3 S. 2 EG-Satzung an den Gerichtshof273 274. Wenn die den Zusammenschluß genehmigende Entscheidung der Kommission nur von der französischen Regierung allein angegriffen worden wäre, hätte sich gleichwohl die Konsequenz ergeben, daß die fusionsbeteiligten Gesellschaften in dem Prozeß nicht zu Wort gekommen wären. Angesichts der Existenz des Instituts der Drittwiderspruchsklage könnte dies nun indes nicht weiter bedenkenbehaftet sein. Art. 39 EG-Satzung legt, wie schon eingangs angeführt, fest, daß die Mitgliedstaaten, die Gemeinschaftsorgane und alle sonstigen natürlichen und juristischen Personen nach Maßgabe der Verfahrensordnung in den dort genannten Fällen Drittwiderspruch gegen ein Urteil erheben können, wenn dieses sie in ihren Rechten beeinträchtigt und in einem Rechtsstreit erlassen worden ist, an dem sie nicht teilgenommen haben. Art. 97 § 1 2. Hs. lit. c) VerfO-EuGH und Art. 123 § 1 2. Hs. lit. c) VerfO-EuG275 bestimmen überdies, daß der Drittwiderspruchskläger in seiner Klageschrift die Gründe, aus denen er nicht in der Lage war, sich am Hauptverfahren zu beteiligen, darlegen muß. Diese Vorschriften scheinen auf den ersten Blick geradezu prädestiniert dafür, den Interventionsausschluß des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EGSatzung auszugleichen und Dritten in diesem Zusammenhang nachträglich rechtliches Gehör zu verschaffen. Kali und Salz und die Mitteldeutsche Kali wären an dem Hauptverfahren nicht beteiligt gewesen, das die Fusionsgenehmigung aufhebende Urteil beeinträchtigte zweifelsohne ihre Rechte276, und der Grund mangelnder Beteiligung am Hauptverfahren folgte eben aus Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung. Insbesondere in der älteren Literatur finden sich dementsprechend auch tatsächlich eine Reihe von Stimmen, die einen wichtigen Anwendungsbereich der Drittwiderspruchsklage gerade in diesen Fällen sehen, in denen eine Beteiligung am Erstverfahren aufgrund von Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung ausgeschlossen 272 EuG, Rs. T-88/94 (Societe commerciale des potasses et de I'azote u. a./Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 19.1.1995. 273 EuG, Beschluß v.l.2.1995, Slg.1995-II, S.22lff. Das Verfahren wurde bei dem Gerichtshof unter der Rs. C-30/95 eingetragen und mit der Rs. C-68/94 verbunden; zu Datum und Fundstelle des Urteils siehe schon in Fn. 271 dieses Kapitels. 274 Nach Art. 47 Abs. 3 S. 2 EG-Satzung kann das Gericht erster Instanz, sofern bei Gericht und Gerichtshof Klagen auf Nichtigerklärung desselben Rechtsaktes anhängig sind, den bei ihm anhängigen Rechtsstreit bzw. die bei ihm anhängigen Rechtsstreite an den Gerichtshof abgeben, damit dieser über sämtliche Klagen entscheidet. Gemäß S. 3 der Bestimmung kann auch der Gerichtshof so verfahren und die bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen an das Gericht abgeben; ausführlich hierzu Dauses/Henkel, EuZW 1999, S. 325ff; Möschel, NVwZ 1999, s. 1045ff. 275 Näheres zu diesen Bestimmungen noch unter B. l. 2. 276 Dazu noch einmal unter A.III.3.c)bb)(3). Mit Urteil v. 31.3.1998, Slg. 1998-1, S. 1375ff, hat der Gerichtshof die von der Kommission erteilte Genehmigung in der Tat aufgehoben.
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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war277 • Zwei Urteile des Gerichtshofs aus dem Jahre 1962 über Drittwiderspruchsklagen scheinen sich ebenfalls für die Möglichkeit eines solchen Vorgehens auszusprechen. Darin heißt es jeweils, daß Art. 97 § 1 2. Hs.lit. c) VerfO-EuGH "zum Drittwiderspruch einerseits diejenigen Dritten zuläßt, die zwar zur Teilnahme am Hauptprozeß berufen waren, jedoch aus stichhaltigen Gründen nicht teilnehmen konnten, andererseits alle diejenigen, die nicht in der Lage waren, dem Hauptprozeß ... als Streithelfer beizutreten." 278
Der Ausschluß von der Nebenintervention durch Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung müßte danach also den Weg für die Drittwiderspruchsklage frei machen279. Der Gerichtshofhat seine Rechtsprechung zu den Voraussetzungen dieser Rechtsschutzform jedoch später in das Gegenteil verkehrt, und zwar in den Rs. C-147/86 TO 1 (POIFXG u. a./Griechenland u. a.)280, C-147/86 TO 2 (PALSO u. a./Griechenland u. a.)281 und C-147/86 TO 3 (PSIITENSM/Griechenland u. a.)282 • In den dortigen Drittwiderspruchsverfahren wandten sich die Kläger gegen ein Urteil des Gerichtshofs, in dem dieser festgestellt hatte, die Republik Griechenland habe dadurch, daß sie es Angehörigen anderer Mitgliedstaaten nicht gestatte, private Unterrichtsanstalten u. ä. zu gründen, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 52 und 59 EWG-Vertrag (nunmehr Art. 43 und 49 EG-Vertrag) verstoßen283 • Die Richter entschieden im Rahmen der Drittwiderspruchsverfahren jeweils, da natürliche und juristische Personen gemäß Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung nicht berechtigt seien, Verfahren nach Art. 169 und Art. 170 EWG-Vertrag (nunmehr Art. 226 und 227 EG-Vertrag) beizutreten, nähme dieselbe Vorschrift die genannten Personen auch aus dem Anwendungsbereich des Art. 39 EG-Satzung heraus, denn sie erfüllten nicht die Voraussetzungen dieses Artikels, der den Drittwiderspruch solchen Personen vorbehalte, die sich, wie durch Art. 97 VerfO-EuGH klargestellt werde, an dem Verfahren hätten beteiligen können284 • Es sei widersinnig, wenn Personen, denen Art. 37 der Satzung 277 Brände/, AWD 1965, S. 301 (304), Däubler, AWD 1966, S. 172 (174f); Gleiss/Kleinmann, NJW 1966, S. 278 (280); Vandersanden, CDE 1969, S. 666 (672); Matthies, Referat, in: Verhandlungen des 46. Deutschen Juristentages, Bd. II, S. G 53 (G 88); aus jüngerer Zeit noch K. Wolf in: v. d. Groeben{fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, 4. Aufl., Art. 39 EG-Satzung, Rn. 2, dieser allerdings unter Außerachtlassung der neueren Rechtsprechung des Gerichthofs, dazu noch sogleich; siehe hierzu zudem auch Mulert, Die deutschen Bundesländer vor dem Europäischen Gerichtshof, S. 181. 278 EuGH, verb. Rs. 42 u. 49/59 D. W. (Breedband/Societe des Acieries du Temple u. a.), Urteil v. 12.7.1962, Slg. 1962, S. 289 (318); EuGH, verb. Rs. 9 u. 12/60 D. W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u. a.), Urteil v.l2.7.1962, Slg. l962, S.347 (371). 279 Vgl. auch Mulert, Die deutschen Bundesländer vor dem Europäischen Gerichtshof, S. 182 und Ule, Gutachten für den 46. Deutschen Juristentag, in: Verhandlungen des 46. Deutschen Juristentages, Bd. I, S. 92. 280 EuGH, Urteil v.6.12.1989, Slg. 1989, S.4103ff. 281 EuGH, Urteil v. 6.12.1989, Slg. 1989, S. 4111 ff. 282 EuGH, Urteil v.6.12.1989, Slg. l989, S.4119ff. 283 EuGH, Rs.147/86 (Kommission/Griechenland), Urteil v. 15.3.1988, Slg.1988, S.1637 ff. 284 EuGH, Rs.147/86 TO 1 (POIFXG u.a./Griechenland u.a.), Urteil v. 6.12.1989, Slg.1989, S.4103 (4107); EuGH, Rs.l47/86 T02 (PALSO u. a./Griechenland u. a.), Urteil v. 6.12.1989,
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
untersage, einem Rechtsstreit beizutreten, das in dem Rechtsstreit ergangene Urteil wieder in Frage stellen könnten; eine Drittwiderspruchsklage solcher Personen sei daher offensichtlich unzulässig285 • Die so von dem Gerichtshof verfolgte Linie entstammt nun zwar wie gesehen Drittwiderspruchsklagen gegen ein im Vertragsverletzungsverfahren ergangenes Urteil, die verwandte Argumentation läßt sichjedoch gleichermaßen auf Prozesse anderer Verfahrensart, in denen Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung einschlägig ist, anwenden286• Es muß daher angenommen werden, daß die an dem Zusammenschluß beteiligten Unternehmen zu keinem Zeitpunkt zu Wort gekommen wären, wenn die der Kali und Salz und der Mitteldeutschen Kali erteilte Fusionsgenehmigung tatsächlich ausschließlich von der französischen Regierung angegriffen worden wäre. Weder hätten diese an dem Streit als Intervenienten teilnehmen können, noch hätte eine Möglichkeit zur nachträglichen Bekämpfung der gerichtlichen Entscheidung durch Drittwiderspruchsklage bestanden287 • Die betroffenen Gesellschaften hätten sich insofern darauf verlassen müssen, daß ihre Interessen durch die beklagte Kommission und die an dem Rechtsstreit beteiligte deutsche Regierung in hinreichendem Maße wahrgenommen würden. Der beschriebenen Rechtsprechung des Gerichtshofs mangelt es zweifellos nicht an Konsequenz. Es drängt sichjedoch die Frage auf, ob die von den Gemeinschaftsrichtern eingenommene Position nicht möglicherweise - auch in anderen Situationen- in Konflikt geraten könnte mit dem grundrechtliehen Anspruch auf rechtliches Gehör. Im folgenden soll daher das Verhältnis dieses Grundrechts zu dem Ausschluß von Nebenintervention und Drittwiderspruchsklage in den Fällen des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung näher betrachtet werden. Dabei gilt es die Reichweite des Gehörsanspruchs in objektiver wie in subjektiver Hinsicht zu konkretisieren. Außerdem wird sich die Frage stellen, ob der Anspruch Dritter auf rechtliches Gehör im Gemeinschaftsrecht präventiver oder repressiver Natur ist288 • Slg. 1989, S.4lll (4115); EuGH, Rs.147/86 TO 3 (PSIITENSM/Griechenland u. a.), Urteil v.6.12.1989, Slg. 1989, S.4119 (4123). 285 Ibid., S.4108, 4116 u. 4124; zustimmendRengeling!Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 767; Kirschner!Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 180; Mulert, Die deutschen Bundesländer vor dem Europäischen Gerichtshof, S.183; Hackspiel in: v.d.Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 39 EG-Satzung, Rn. 4. 286 Allgemeine Ansicht; siehe nur Plender in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn. 27-12; Rengeling!Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 767; Hackspiel in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 39 EG-Satzung, Rn.4; Kirschner!Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 180. 287 Letzteres verkennt Quack in: J. Baur, Festschrift für Ralph Vieregge, S. 747 (751 ff), indem er lediglich feststellt, daß die Drittwiderspruchsklage keinen adäquaten Rechtsschutz ermögliche, er dabei indes die neuere Rechtsprechung des Gerichtshof zu den Voraussetzungen dieses Rechtsinstituts außer Acht läßt. 288 Der Gehörsgrundsatz wird im weiteren Verlauf der Untersuchung auch noch von Bedeutung sein für die Frage der Inkenntnissetzung Dritter von Verfahrenseinleitungen; dazu noch unter B.l. 1.
A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention
173
Vorweg soll allerdings noch geprüft werden, ob sich eine Geltungsreduktion des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung nicht unter Umständen schon aus der Kohärenz des gemeinschaftlichen Rechtssystems ergeben könnte.
b) Die Kohärenz des gemeinschaftlichen Rechtssystems Wie bereits erwähnt weist die EGKS-Satzung keinen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung entsprechenden Interventionsausschluß auf. Private Dritte können danach dort insofern auch solchen Rechtsstreitigkeiten beitreten, bei denen weder auf Kläger- noch auf Beklagtenseite andere Beteiligte als Mitgliedstaaten oder Gemeinschaftsorgane stehen. Im Rahmen der Rs. 25/59 (Niederlande/Hohe Behörde) ist dies auch geschehen. In dem dortigen Verfahren, in welchem die niederländische Regierung gemäß Art. 88 Abs. 2 EGKS-Vertrag eine Entscheidung der Hohen Behörde anfocht289, ließ der Gerichtshof mehrere niederländische Unternehmen als Streithelfer zu dem Prozeß zu290• Betrachtet man nun die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rs. C-221/88 (Busseni), könnte man möglicherweise der Auffassung sein, das dort von den Gemeinschaftsrichtem verwandte Argument der Kohärenz der Verträge könnte auch im vorliegenden Zusammenhang dazu führen, daß ein Rechtsbehelf, der in einem Vertrag gewährleistet wird, nicht in einem anderen ausgeschlossen sein kann. In der Rs. C-221/88 (Busseni) war es um die Frage gegangen, ob Art. 41 EGKS-Vertrag trotz des insoweit von Art. 177 EWG-Vertrag (nunmehr Art. 234 EG-Vertrag) und Art. 150 EAG-Vertrag abweichenden Wortlauts dem Gerichtshof auch die Zuständigkeit zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts übertrage291 . Die Gemeinschaftsrichter betonten hier, es widerspräche der Kohärenz des Rechtssystems der Gemeinschaftsverträge, wolle man eine solche Zuständigkeit vemeinen292. Der Gerichtshof nutzt den Kohärenzgedanken gleichwohl nicht zu einer umfassenden Nivellierung der zwischen den Verträgen bestehenden Unterschiede293 . Dies wird bereits aus der 289 Anders als innerhalb der EG und der EAG erfolgt im Rahmen des EGKS-Vertrages die verbindliche Feststellung, daß ein Mitgliedstaat gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen hat, zunächst durch die Kommission (Art. 88 Abs. 1 EGKS-Vertrag). Hiergegen kann der betroffene Staat dann nach Art. 88 Abs. 2 des Vertrages vor dem Gerichtshof Klage erheben. 290 EuGH, Beschluß v. 16.2.1960, Slg. 1960, S. 811 ff. 29 1 Anders als die Vorlagebestimmungen von EG und EAG sieht das Vorabentscheidungsverfahren der EGKS ausdrücklich nur eine Kompetenz des Gerichtshofs zur Entscheidung über die Gültigkeit gemeinschaftlichen Sekundärrechts vor. 292 EuGH, Urteil v. 22.2.1990, Slg.l990-l, S.495 (524); siehe hierzu auch die Diskussion zwischen Hartley, LQR 112 (1996), S. 95 (100) und Arnull, LQR 112 (1996), S.411 (417). Zur Kohärenz der Rechtsschutzbestimmungen innerhalb eines Vertrages vgl. auch EuGH, Rs. 314/85 (Foto-Frost/Hauptzollamt Lübeck-Ost), Urteil v. 22.10.1987, Slg. 1987, S. 4199 (4231); Schmidt-Aßmann, JZ 1994, S. 832 (836f); allgemein zur Kohärenz der Verträge siehe zudem Art. 3 EU-Vertrag (Art. C a. F.) sowie Siems, Das Kohärenzgebot in der Europäischen Union und seine Justiziabilität. 293 V gl. auch Ahrweiler, Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, S.182f.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
soeben besprochenen Rs. C-68/94 (Frankreich/Kommission) selbst deutlich. In den verb. Rs. C-151 und 157/97 P (National Power u. a./K.ommission) lehnte es der Gerichtshof überdies ab, die von einer der Rechtsmittelführerinnen angeführte Unterschiedlichkeit der Klageberechtigungen in Art. 230 Abs. 4 EG-Vertrag (Art. 173 Abs. 4 a. F.) und Art. 33 Abs. 2 EGKS-Vertrag überhaupt nur zu erörtem294. Die Kohärenz der Verträge als Wesenmerkmal des Gemeinschaftsrechts erscheint infolgedessen dann doch kaum geeignet, dem Interventionsausschluß des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung entgegenzutreten.
c) Der Anspruch auf rechtliches Gehör295 aa) Allgemeines zum Gehörsanspruch Die Geltung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs in Verfahren vor dem Gerichtshof ist an keiner Stelle in den Gemeinschaftsverträgen ausdrücklich kodifiziert296. Art. 18 EG-Satzung, Art. 18 EAG-Satzung und Art. 21 EGKS-Satzung bestimmen allerdings, daß sich das Verfahren jeweils in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil untergliedert. Eine nähere Ausgestaltung erfahren diese Bestimmungen weiterhin durch die Art. 37 ff VerfO-EuGH und Art. 43 ff VerfO-EuG. Zumindest inzident scheint das geschriebene Prozeßrecht des Gerichtshofs insofern selbst von dem Vorhandensein des Anspruchs auf rechtliches Gehör auszugehen297 . Der Gerichtshof bekannte sich demgemäß bereits in seiner frühen Rechtsprechung zur Geltung des Gehörsanspruchs und zu dessen elementarer Rechtsqualität So stellte er in den verb. Rs. 42 und 49/59 (SNUPAT/Hohe Behörde) fest, daß es "gegen elementare Rechtsgrundsätze verstoßen (würde), eine gerichtliche Entscheidung auf Tatsachen und Urkunden zu gründen, von denen die Parteien selbst oder auch nur eine der Parteien keine Kenntnis nehmen und zu denen sie daher auch nicht Stellung nehmen konnten."29s
Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird seitdem zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechts gerechnet299, deren Auftindung und HerausEuGH, Beschluß v. 17.6.1997, Slg. 1997-1, S. 3491 (3503, 3514). Die folgenden Ausführungen sind nicht dazu bestimmt, den gemeinschaftsrechtlichen Gehörsanspruch im einem umfassenden Sinne zu erörtern; siehe hierfür etwa Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 89 ff. Schwerpunkt der sich anschließenden Betrachtungen ist vielmehr die Behandlung möglicher Gehörsberechtigungen Dritter. 296 V gl. nur Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gerneinschaftsrecht, S. 97. 297 Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 97; Wetter, Die Grundrechtscharta des Europäischen Gerichtshofs, S. 180. 298 EuGH, Urteil v. 22.3.1961, Slg.1961 , S.109 (169). 299 Ständige Rechtsprechung; siehe dazu die zahlreichen Nachweise bei Wetter, Die Grundrechtscharta des Europäischen Gerichtshofs, S. 180ff; Bast, RIW 1992, S. 742ff; zur Rechtsnatur des Gehörsanspruchs außerdem Beutler in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommen29 4
295
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
175
arbeitung dem Gerichtshof gemäß Art. 220 EG-Vertrag (Art. 164 a. F.); Art. 136 EAG-Vertrag und Art. 31 EGKS-Vertrag als Aufgabe zugewiesen ist300. Innerhalb der allgemeinen Rechtsgrundsätze gehört der Gehörsanspruch zu den gemeinschaftsrechtlichen Grundrechten301 . Sein Anwendungsbereich erlaßt, wie der Gerichtshof in den verb. Rs. 100 bis 103/80 (Musique Diffusion Fran~aise u. a./Kommission) nochmals ausdrücklich betonte, sowohl das Gerichts- als auch das Verwaltungsverfahren302.
bb) Der Kreis der Anhörungsberechtigten
(1) Dritte als Gehörsberechtigte Steht somit fest, daß der Anspruch auf rechtliches Gehör vor dem Gerichtshof grundsätzlich gewährleistet ist, stellt sich als nächstes die Frage, ob Adressaten dieser Berechtigung nur die an dem Verfahren bereits Beteiligten sein können oder der gemeinschaftliche Gehörsanspruch auch anderen, an dem Rechtsstreit bislang nicht beteiligten Personen zugute kommen kann. In der Literatur findet sich in diesem Zusammenhang zuweilen die Bemerkung, auf den Grundsatz des rechtlichen Gehörs könnten sich alle am gerichtlichen Verfahren Beteiligten berufen303 . Sollte diese Aussage zutreffen, wäre die Prüfung eines etwaigen Widerstreits zwischen dem Ausschluß der Intervention in Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung und der von dem Gerichtshof daraus gezogenen Konsequenz der Vemeinung der Drittwiderspruchsklage an dieser Stelle zu Ende, denn eine Beeinträchtigung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wäre danach schon per definitionem unmöglich. Der grundrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör wäre im Vergleich zu den innerstaatlichen Rechtsordnungen Deutschlands und Frankreichs in subjektiver Hinsicht erheblich begrenzter304. tar zum EU-lEG-Vertrag, Art. F EU-Vertrag, Rn. 64 ff; Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 98; Rengeling!Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn.599; Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 791. 300 Zur Grundlage der allgemeinen Rechtsgrundsätze im Gemeinschaftsrecht und der Methodik des Gerichtshofs bei deren Herausarbeitung siehe insbesondere Lecheler, Der Europäische Gerichtshof und die allgemeinen Rechtsgrundsätze. 301 H. M.; vgl. Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 214; Weiler/Lockhardt, CMLRev 1995, S. 51 (87ft); a.A. Schweitzer!Hummer, Europarecht, Rn. 791. 302 EuGH, Urteil v. 7.6.1983, Slg. 1983, S. 1825 (1880f); vgl. zudem Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 117 m. w. N.; Jung, Anhörungsund Verteidigungsrechte in der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz, in: Schwerpunkte des Kartellrechts 1998, S. 95 ff. 303 Rengeling!Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn.599; ähnlich Rengeling, Grundrechtsschutz in der Europäischen Gemeinschaft, S.154. 304 Siehe dazu bereits im 2. Kapitel unter A.l. 1. b) sowie im 3. Kapitel unter A.lll.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Aus der Entscheidung in der Rs. 234/84 (Belgien/Kommission) läßt sich jedoch meiner Ansicht nach entnehmen, daß der Gerichtshof eine solch eingeschränkte Sichtweise zum personalen Bedeutungsgehalt des Gehörsanspruchs nicht vertritt305 • Dort urteilten die Gemeinschaftsrichter: "(D)ie Gewährung rechtlichen Gehörs (ist) in einem Verfahren, das zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen kann, ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts und selbst dann sicherzustellen, wenn es keine einschlägigen Verfahrensregeln gibt."306
Zwar bezog sich die so getätigte Äußerung auf die Gewährung rechtlichen Gehörs im Verwaltungsverfahren, Anhaltspunkte für eine Eingrenzung einer materiellen Deutung des Gehörsgrundsatzes auf eben dieses lassen sich hieraus indes nicht herleiten. Die Worte der Richter dürften vielmehr so zu verstehen sein, daß in jeglichem Verfahren, das zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen kann - also auch dann, wenn die beschwerende Maßnahme in einer Entscheidung des Gerichtshofs selbst bestehen mag-, der oder den von der Maßnahme betroffenen Personen rechtliches Gehör einzuräumen ist. (2) Die Auslösung des Gehörsanspruchs Fraglich ist allerdings, wann anzunehmen ist, daß ein Dritter von einer Maßnahme des Gerichtshofs als ihn beschwerend betroffen werden kann, m. a. W., bei welcher Form der Drittbetroffenheit konkret der gemeinschaftsrechtliche Gehörsanspruch ausgelöst wird. Hinsichtlich des deutschen Rechts sei an dieser Stelle nochmals in Erinnerung gerufen, daß dort Träger des Anspruchs auf rechtliches Gehör in einem zwischen anderen geführten Prozeß nur derjenige ist, über dessen Rechte in dem Verfahren eine verbindliche Entscheidung getroffen wird. Dies kann wie gesehen aus zweierlei Gründen der Fall sein: Einmal weil der Richterspruch eine Rechtsposition des Dritten neu zu gestalten vermag, zum anderen, weil die richterliche Entscheidung gegenüber dem Dritten Rechtskraft entfaltet307• ZPO und VwGO erkennen zwar Beteiligungsmöglichkeiten Dritter auch dann an, wenn der erste Prozeß eine faktische Vorgreifl.ichkeit für ein zweites Verfahren äußern kann, in welchem der Dritte auf Kläger- oder Beklagtenseite beteiligt sein wird, eine verfassungsrechtliche Gebotenheit der Beteiligung des Dritten am Erstprozeß wird jedoch abgelehnt. Dies hat zur Folge, daß das Verwaltungsgericht die Beiladung eines Dritten, der nur in diesem Sinne betroffen ist, unterlassen kann und das Zivilgericht nicht verpflichtet ist, solche Dritten von der Ingangsetzung des Erstverfahrens in Kenntnis zu setzen. Im 305 EuGH, Urteil v. 10.7 .1986, Slg. 1986, S. 2263 ff; ebenso EuGH, Rs. C-142/87 (Belgien/ Kommission), Urteil v. 21.3.1990, Slg. 1990-1, S. 959 (1016). 306 lbid., s. 2289. 307 Dazu bereits im 2. Kapitel unter A. I. 1. b ).
A. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Intervention
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französischen Recht scheint der Gehörsanspruch Dritter demgegenüber weitergehend zu sein. Dies folgt allerdings nicht schon daraus, daß Streitbeteiligungsmöglichkeiten in erheblich umfangreicherem Maße als in Deutschland gewährt werden, sondern vielmehr aus den Zulässigkeilsvoraussetzungen der tierce opposition. Würde nämlich jedem potentiellen Streithelfer ein Anspruch auf Gehör zustehen, müßten entweder alle möglichen Intervenienten von der Anhängigkeil des Verfahrens in Kenntnis gesetzt308 oder aber durch eine weiträumige Zulassung der tierce opposition dafür Sorge getragen werden, daß das Urteil für alle diese in jedem Falle nachträglich anfechtbar bliebe. Andernfalls wäre der Gehörsanspruch kaum verwirklicht. Da aber zumindest im Verwaltungsprozeß unstreitig keine Kongruenz zwischen Intervention und tierce opposition besteht309, kann der Gehörsanspruch Dritter wohl nur so weit gehen, wie er von der Rechtsprechung im Rahmen der verwaltungsprozessualen Drittwiderspruchsklage niedergelegt ist. Denn nur insoweit ist Dritten uneingeschränkt und in jedem Falle die Möglichkeit zur Äußerung zuerkannt. Im Verwaltungsrechtsstreit ist die tierce oppositionnun wie gesehen zunächst zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, daß der Richterspruch eine Entscheidung über seine Rechte beinhaltet. Insofern besteht also zwischen deutschem und französischem Recht Inhaltsgleichheit. Darüber hinaus ist es indes auch ausreichend, wenn der Dritte dartun kann, daß die richterliche Entscheidung seine Rechtslage in faktischer Hinsicht beeinträchtigt310• Diesbezüglich geht der französische Gehörsanspruch mithin offenbar weiter als der deutsche. Für das Gemeinschaftsrecht ist bislang nur sehr am Rande der Frage nachgegangen worden, wer neben den an dem Prozeß Beteiligten Träger des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist. So läßt es Grzybek dabei bewenden festzustellen, im Einzelfall könnten sich Probleme bei der Bestimmung des Kreises der Anspruchsberechtigten ergeben311 • Quack beschränkt sich in seinen Ausführungen auf die von ihm beschriebene Situation in der Rs. C-68/94312• Hackspiel hält allerdings den Ausschluß von der Intervention in Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung aus Gehörsgründen immer dann für fragwürdig, wenn ein Rechtsstreit zwischen Mitgliedstaaten und Organen in der Sache die Rechte einzelner betreffe313 , wohingegen Bast meint, anspruchsberechtigt könnten auch solche Personen sein, die ein wirtschaftliches Interesse an der zu treffenden Maßnahme geltend machen könnten314• 308 Zur Art und Weise möglicher Inkenntnissetzung noch kurz sogleich, ausführlicher außerdem unter B. 309 Siehe hierzu schon im 3. Kapitel unter A. III. 2. 310 Siehe hierzu schon im 3. Kapitel unter A. III. 2. 311 Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 92; ähnlich R. Becker, Die Drittwiderspruchsklage im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 46. 3 12 Quack in: J. Baur, Festschrift für Ralph Vieregge, S. 747 ff. 313 Hackspiel in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. l. 314 Bast, RIW 1992, S. 742 (744).
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Die Interpretation des "berechtigten Interesses" durch den Gerichtshof in Verbindung mit der in Art. 16 § 6 VerfO-EuGH und Art. 24 § 6 VerfO-EuG vorgesehenen Veröffentlichung aller Klagen in Teil C des Amtsblatts scheinen zunächst für eine sehr weitgehende Gewährung des Gehörsanspruchs für Dritte zu sprechen. Der Gehörsanspruch könnte damit noch deutlich über das französische Recht hinausgehen und Dritte anspruchsauslösend von der zu treffenden Entscheidung des Gerichtshofs auch dann betroffen sein, wenn die gerichtliche Entscheidung den Dritten nicht einmal in seinen rechtlichen Interessen, so wie diese im 2. Kapitel der Untersuchung beschrieben wurden315, berührt. Wie noch zu zeigen sein wird, erweist sich die Inkenntnissetzung Dritter durch Veröffentlichung aller Klagen im Amtsblatt bei näherem Hinsehen indes ohnehin als kaum geeignet, einen etwaigen Gehörsanspruch zu befriedigen316. Einem solchen Zweck können die Bestimmungen der Art. 16 § 6 VerfO-EuGH und Art. 24 § 6 VerfO-EuG infolgedessen nicht erfolgreich dienen. Eine persönliche Verfahrensbenachrichtigung sämtlicher potentieller Streitgehilfen erscheint dagegen angesichts der Weitläufigkeit der vom Gerichtshof anerkannten Interessen Dritter schon praktisch unmöglich. In diesem Zusammenhang dürfte wohl im übrigen auch der von Stober geprägte Begriff der "Gefahr einer Schutzbereichsüberdehnung" des Anspruchs durchaus in das Blickfeld rücken317 • Betrachtet man nun, um zu ermitteln, welche Dritten durch den Gehörsanspruch gegen Urteile zu ihren Lasten geschützt werden sollen, das Institut der Drittwiderspruchsklage in seiner gemeinschaftsrechtlichen Regelung und die dazu einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs, so zeigt sich, daß Dritte sich dieser Verfahrensart nur dann bedienen können, wenn das Ersturteil eine Entscheidung über ihre Rechte, nicht hingegen lediglich über ihre rechtlichen Interessen enthält. Dies ergibt sich einerseits zunächst bei Art. 39 EG-Satzung und Art. 40 EAG-Satzung aus dem Text der Satzungsnonnen selbst, die fordern, daß der Kläger eine Beeinträchtigung seiner Rechte geltend machen kann. Auch für Art. 36 EGKS-Satzung, dessen Wortlaut ein solches Tatbestandsmerkmal nicht aufweist, hat der Gerichtshof aufgrundder Vorschrift des Art. 97 § 1 lit. b) VerfO-EuGH das Bestehen selbigen Erfordernisses bereits frühzeitig festgestellt318. Aus der Entscheidung des Gerichtshofs in der Rs. 267/80 TO (Birra Dreher/Riseria Modenese u. a.)3 19 läßt sich außerdem entnehmen, daß die Richter dieses ZuläsSiehe hierzu im 2. Kapitel unter A. I. 1. a) aa) sowie unter A. II. 2. a) aa). Einzelheiten dazu unter B. 317 Stober in: Erichsen/Hoppe/v. Mutius, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Festschrift für Christian Friedrich Menger zum 70. Geburtstag, S.401 (418). 318 EuGH, verb. Rs. 9 u. 12/60 D. W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u. a.), Urteil v. 12.7.1962, Slg. 1962, S. 347 (373). 319 EuGH, Urteil v. 10.12.1986, Slg. 1986, S. 390 I ff; ähnlich EuGH, R. 292/84 TO (Bolognese/Scharf u. a.), Beschluß v. 22.9.1987, Slg.l987, S. 3563 (3567); vgl. dazu auch Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 179; di Bucci in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn. 27 -19; a. A. zur Voraussetzung der 315 316
A. Die ZulässigkeilSvoraussetzungen der Intervention
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sigkeitskriterium nicht als gewahrt ansehen, wenn sich aus der Erstentscheidung eine nur faktische Beeinträchtigung der Rechtsposition des Drittwiderspruchsklägers ergeben könnte. In dem dortigen Verfahren wandte sich die Drittwiderspruchsklägerin gegen ein Urteil des Gerichtshofs, in dem dieser u. a. festgestellt hatte, der von der Klägerin des Erstverfahrens anhängig gemachte Entschädigungsanspruch sei deshalb unbegründet, weil die Klägerin einen solchen Anspruch an eine Firma Birra Peroni abgetreten habe320• Die Drittwiderspruchsklägerin machte geltend, die Klägerin des Hauptverfahrens habe ihre Ansprüche nicht nur an die Firma Birra Peroni, sondern teilweise auch an sie selbst abgetreten. Das angefochtene Urteil hindere sie allerdings daran, die ihr abgetretenen Ansprüche gegenüber der Zedentin und der Kommission zu verfolgen321 • Die Gemeinschaftsrichter ließen dieses Argument jedoch nicht gelten, sondern entschieden, daß eine Rechtsbeeinträchtigung der Drittwiderspruchsklägerin nicht gegeben sein könne, denn die Nennung der Birra Peroni als Zessionarin in dem Ersturteil hindere die Drittwiderspruchsklägerin keineswegs daran, ihre vermeintlichen Ansprüche weiterhin durchzusetzen322• Aus diesen Worten folgt ein zweifaches: Da im Gemeinschaftsrecht ebenso wie im französischen Recht nicht nur der Subsumtionsschluß, sondern auch die wesentlichen Gründe der Entscheidung in Rechtskraft erwachsen323 , ergibt sich hieraus einerseits, daß der Gerichtshof den Amtshaftungsklagen keine Rechtskraftwirkung erga omnes zuschreibt, andernfalls hätte sich eine Bindungswirkung anderer Gerichte an die Entscheidung der Gemeinschaftsrichter doch ergeben können. Andererseits folgt aus den Ausführungen der Richter, daß lediglich faktische Präjudizwirkungen des Ersturteils - die allein sich aufgrund des soeben Gesagten aus der Erstentscheidung ergeben konnten- für die Möglichkeit einer Rechtsbeeinträchtigung nicht ausreichen. In Übereinstimmung mit Hackspielläßt sich m. E. infolgedessen wohl feststellen, daß der gemeinschaftsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör nur solchen Dritten zusteht, deren Rechte durch die richterliche Entscheidung geregelt werden. Im Rechtsbeeinträchtigung noch GA Roemer, verb. Rs. 9 u. 12/60 D. W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u. a.), Schlußanträge v. 29.5.1962, Slg. 1962, S. 377 (389). 320 EuGH, verb. Rs. 256, 257, 265, 267/80, 5 u. 51/81 u. 282/82 (Birra Wührer u. a./Rat u. Kommission), Urteil v. 13.11.1984, Slg. 1984, S. 3693ff. 321 lbid., s. 3913. 322 Ibid., S. 3914. 323 Siehe dazu insbesondere EuGH, Rs. 292/84 TO (Bolognese/Scharf u. a.), Beschluß v. 22.9.1987, Slg. 1987, S. 3563 (3567): "Die Auslegung des Artikels 45 Absatz 2 des Beamtenstatuts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils kann Rechtskraft nur gegenüber den Parteien des Hauptverfahrens entfalten, ..."; zum objektiven Umfang der Rechtskraft im Gemeinschaftsrecht vgl. auch Tsikrikas, Die Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs im Vertragsverletzungsverfahren (Art.l69ff. EWGV), S.56ff; Gutsche, Die Billdungswirkung der Urteile des Europäischen Gerichthofes, S.35 ff u. 74 ff; Fasselt-Romme, Parteiherrschaft im Verfahren vor dem EuGH und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S.57; Lasok, The European Court of Justice, S. 219f; siehe hierzu weiterhin auch noch unter D. II. 3. 12*
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
folgenden soll daher untersucht werden, wann Rechte Dritter Gegenstand der gemeinschaftsgerichtlichen Entscheidungen sind. (3) Situationen, in denen über Rechte Dritter entschieden werden könnte324 (a) Nichtigkeitsklagen Die Nichtigkeitsklage ist wie schon angeführt eine Gestaltungsklage325 • Ist die Klage begründet, hebt der Gerichtshof die angefochtene Handlung auf und schafft den angegriffenen Akt mit Wirkung erga omnes aus der Welt326 • Rechtsbeeinträchtigungen Dritter können daher zunächst aus der von dem Urteil ausgehenden Gestaltungswirkung entstehen. Möglich könnte des weiteren sein, daß ein Nichtigkeitsurteil zudem deshalb die Rechte Dritter regelt, weil das Urteil materielle Rechtskraft etwa auch über die Parteien des Verfahrens hinausgehend entfaltet. (aa) Klagen gegen drittadressierte begünstigende Entscheidungen327 (a) Gestaltungswirkung Ficht der Kläger vor dem Gerichtshof eine an einen Dritten gerichtete, diesen begünstigende Entscheidung an, wie dies z. B. in der beschriebenen Rs. 68/94 (Frankreich/Kommission) der Fall war und insbesondere im Beamten- und im Wettbewerbsrecht oft vorkommt328 , wird dem Empfänger der Entscheidung bei Erfolg der 324 Die folgenden Ausführungen können keine detaillierte Untersuchung der Wirkungen der Urteile des Gerichtshofs bieten. Ein solches Ansinnen würde den Umfang der Arbeit bei weitem sprengen. Da die Beamtenklagen nach Art. 91 Beamtenstatut keine von den anderen Direktverfahren wesensverschiedenen Rechtsbehelfe sind, sondern im wesentlichen nur eine rechtstechnische besondere Ausgestaltung erfahren haben, soll im folgenden auf eine gesonderte Darstellung dieser Verfahren verzichtet werden. m Siehe dazu bereits in Fn.105 dieses Kapitels. 326 Allgemeine Ansicht; vgl. nur EuGH, Rs. 3/54 (Assider/Hohe Behörde), Urteil v. 11.2.1955, Slg. 1954/55, S. 133 (147); Wenig in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Art.174, Rn. 4; Krück in: v.d. Groeben{fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEGVertrag, Art. 174 EG-Vertrag, Rn. 3; Borchardt in: Lenz, EG-Vertrag, Art. 231, Rn. 3; Cremer in: Calliess/Ruffert, Kommentar des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 232 EG-Vertrag, Rn. 2; Andre, EuR 1967, s. 97 (103 f). 327 Da die Anfechtung einer an den Kläger selbst gerichteten und diesen belastenden Entscheidung, die inhaltlich Dritte begünstigt, im Gemeinschaftsrecht wie gesehen lediglich die wirtschaftlichen Interessen der Dritten betrifft, bleiben derartige Klagen im folgenden außer Betracht. 328 Man denke hier nur an die klassische Konkurrentenklage, bei der ein nichtberücksichtigter Bewerber um eine ausgeschriebene Stelle deren Besetzung mit einem anderen Bewerber an-
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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Klage schon aufgrund der Gestaltungswirkung des Richterspruchs eine ihm zustehende individuelle Rechtsposition genommen. Gegenstand des Verfahrens sind insofern unmittelbar und zwangsläufig Rechte des Dritten329. (ß) Rechtskraft
Eines Rückgriffs auf mögliche aus der Rechtskraft des Urteils entstehende Billdungswirkungen desselben bedarf es insoweit nicht. Die Rechtskraft der richterlichen Entscheidung könnte jedoch für andere Dritte von Relevanz sein. Da diese nicht Adressaten der angefochtenen Entscheidung sind, wird ihnen durch den Aufhebungsakt als solchen zwar keine Rechtsposition aberkannt. Sollten aber die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Schlüsse der Gemeinschaftsrichter nicht nur für die Verfahrensbeteiligten, sondern auch für Dritte Bindungswirkung äußern, könnten sich Nichtigkeitsurteile nämlich möglicherweise auch hierdurch regelnd auf die Rechte anderer auswirken. Folgende zwei Beispiele mögen dies verdeutlichen: Die Gesellschaften A, B, C und D sind die einzigen auf einem Markt tätigen Unternehmen. Die Kommission gestattet A und B, sich zusammenzuschließen. C erhebt gegen die Fusionsgenehmigung die Nichtigkeitsklage, diese wird in der Folge abgewiesen, weil nach Auffassung der Richter der Zusammenschluß nicht zu eio. ner marktbeherrschenden Stellung330 der A & B Gesellschaft führt. Die Gesellschaft D, die ebenfalls meint, die Kommission habe durch den Erlaß der Zusammenschlußgenehmigung in eklatanter Weise gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft verstoßen, klagt später gemäß Art.235, 288 Abs.2 EG-Vertrag (178, 215 Abs. 2 a. F.) auf Ersatz des ihr durch die Fusion entstandenen Schadens. Eine solche Klage wäre zwar, obwohl D die Kommissionsentscheidung selbst nicht angefochten hatte, zulässig und nicht schon mangels Anfechtung der Entscheidung unbegründet331 • Sollte die materielle Rechtskraft des Nichtigkeitsverfahrens auch D binden, wäre die Amtshaftungsklage allerdings von vorneherein bereits wegen eben dieser unbegründet. Gleiches würde im Rahmen des Beihilfenrechts gelten, wenn ein Wettbewerber vor dem Gerichtshof erfolgreich die Unbedenklichkeitserklärung der Kommission anficht332, mit der diese die Zulässigkeil einer mitgliedstaatliehen Beihilfe bestätigt hatte. Erläßt die Kommission im Anschluß an das Nichtigkeitsurteil eine Entscheigreift, ausführlich dazu beispielsweise Hatje, Der Rechtsschutz der Stellenbewerber im europäischen Beamtenrecht, S. 232 ff, oder an die einem Unternehmen gewährte Freistellung vom Kartellverbot, die von einem anderen Marktteilnehmer angefochten wird, siehe hierzu etwa v. Dietze, Verfahrensbeteiligung und Klagebefugnis im EG-Recht u. K. Schmidt in: J. Baur/ Hopt/Mailänder, Festschrift für Ernst Steindorff, S. 1085 ff. 329 Dazu bereits ausführlich unter A. II. 1. a) aa). 33o Vgl. Art. 2 der VO 4064/89. 331 Vgl. dazuEuGH,Rs.4/69 (Lütticke/Kommission), Urteil v.28.4.1971, Slg. 1971,S.325ff; andersnochEuGH, Rs.25/62 (Plaumann/Kommission), Urteil v.15.7.1963, Slg.1963, S.211 ff; außerdem auch Hartley, The Foundations ofEuropean Community Law, S.484ff. 332 Dazu Schloh/Hoenike, EuZW 1997, S. 398 ff.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
dung, mit der sie die Beihilfegewährung untersagt, wären der gegen die Untersagung klagende Mitgliedstaat oder das klagende begünstigte Unternehmen an die Feststellungen des Ersturteils bereits gebunden. Es stellt sich somit die Frage nach den subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft der Urteile des Gerichtshofs im Rahmen der Nichtigkeitsklage. Die lediglich bruchstückhaften Regelungen über Wirksamkeit und Rechtskraft der Urteile von Gerichtshof und Gericht erster Instanz in Art. 65 VerfO-EuGH und Art. 83 VerfO-EuG treffen hierüber keine Aussage333 • Äußerungen in der Literatur gibt es hierzu ebenfalls nur wenige. Soweit im Schrifttum von den Wirkungen des Urteile im Nichtigkeitsprozeß die Rede ist, findet sich zwar regelmäßig der Satz, die Aufhebung des angegriffenen Aktes wirke erga omnes334. Wie schon Andre zutreffend bemerkt hat, gilt dies zumeist gleichwohl lediglich für die von dem Urteil ausgehende Gestaltungswirkung335 • Die weiter oben bereits angeführte Ähnlichkeit der Nichtigkeitsklage mit dem recours pour exces de pouvoir könnte nun zunächst dafür sprechen, den Nichtigkeitsurteilen ebenso wie den Entscheidungen in der französischen Verfahrensart Rechtskraft erga ornnes zuzusprechen. Dieser Ansicht sind Andre336 und im wesentlichen auch Bleckmann337• Der Gerichtshof hat sich indes für eine gegenteilige Betrachtungsweise entschieden. So urteilte er in den verb. Rs. 15 bis 33, 52, 53, 57 bis 109, 116, 117, 123, 132 und 135 bis 137/73 (Schots-Kortner u. a./Rat, Kommission und Parlament), das Nichtigkeitsurteil, welches die Kläger zur Begründung ihrer Klage heranzogen, entfalte Rechtskraft nur zwischen den Parteien des dortigen Verfahrens338 • Dieselbe Auffassung zum subjektiven Geltungsumfang der materiellen Rechtskraft vertraten die Gemeinschaftsrichter später in der Rs. 292/84 TO (Bolognese u. a./Scharf u. a.) 339 und in 333 Vgl. Gutsche, Die Bindungswirkung der Urteile des Europäischen Gerichtshofes, S.66ff; Rengeling!Middeke!Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 736; Andre, EuR 1967, S. 97 (99). 334 Vgl. nur Wenig in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Art. 174, Rn. 4; Krück in: v. d. Groeben(fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, Art. 174 EGVertrag, Rn. 3; Borchardt in: Lenz, EG-Vertrag, Art. 231, Rn. 3; Rengeling!Middeke!Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 194; Schweitzer!Hummer, Europarecht, Rn. 482; Nicolaysen, Europarecht I, S. 193; Constantinesco, Das Recht der Europäischen Gemeinschaften, S. 869; Beutler!Bieber!Pipkorn/Streil, Die Europäische Union, S. 272; Bockey, Die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, S. 177. 335 Andre, EuR 1967, S. 97 (102); Ausführungen zur Rechtskraft des Nichtigkeitsurteils finden sich hingegen bei Matthies in: v. Caemmerer/Schlochauer/Steindorff, Probleme des Europäischen Rechts, Festschrift für Walter Hallstein, S. 304 ff, Die Bindungswirkung der Urteile des Europäischen Gerichtshofes, S. 63 ff; Bleckmann, Europarecht, Rn. 992 ff; Lasok, The European Court of Justice, S.219ff; ansatzweise auch bei Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 133. 336 Andre, EuR 1967, S.97 (103). 337 Bleckmann, Europarecht, Rn. 996, 1002. 338 EuGH, Urteil v.21.2.1974, Slg.1974, S.177 (191). 339 Siehe dazu schon den Entscheidungsauszug in Fn. 323 dieses Kapitels.
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jüngerer Zeit auch in den verb. Rs. C-151 und 157/97 (National Power u. a./Kommission)340. Im Ergebnis sind verfahrensunbeteiligte Dritte also in Verfahren der Nichtigkeitsklage an die Rechtskraft des Richterspruchs nicht gebunden341 . Das Urteil regelt Rechte Dritter damit insofern lediglich soweit es den Empfänger der angefochtenen Entscheidung betrifft. Nur diesem steht deshalb ein Anspruch darauf zu, im dem Prozeß zu Wort zukommen. (bb) Klagen gegen Entscheidungen, mit denen ein Einschreiten gegenüber Dritten abgelehnt wurde Wie weiter oben schon angesprochen wurde, sieht das Gemeinschaftsrecht nach h. M. derzeit für natürliche und juristische Personen keine Möglichkeit vor, vor den Gemeinschaftsgerichten die unmittelbare Verpflichtung eines Organs zum Erlaß einer belastenden Maßnahme an einen Dritten zu erreichen342. Der Initiator eines solchen Begehrens kann die Einleitung drittbelastender Akte vor dem Gerichtshof nur mittelbar dadurch erwirken, daß er auf Aufhebung der ein Einschreiten ablehnenden Entscheidung klagt, oder er, sofern eine diesbezügliche Entscheidung unterbleibt, die Untätigkeitsklage gerichtet auf die Feststellung der Verpflichtung des angerufenen Organs zum erstmaligen Erlaß einer solchen Entscheidung erhebt. Im Recht der EGKS ist dabei allerdings auch die Untätigkeitsklage als Unterfall der Nichtigkeitsklage konstruiert, denn eine ablehnende Entscheidung gilt dort gemäß Art. 35 Abs. 3 des Vertrages zwei Monate nach Beginn derBefassungder Kommission mit der Angelegenheit als fingiert(" ... so kann wegen der diesem Schweigen zu entnehmendem Ablehnung ... ")343 . Bescheidet das angerufene Gemeinschaftsorgan den Antrag des Klägers abschlägig und erreicht dieser vor Gericht die Aufhebung der Entscheidung344, ist fraglich, ob mit dem Richterspruch zugleich eine Regelung über die Rechte des 340 EuGH, Beschluß v.17.6.1997, Slg. 1997-l, S.3491 (3515): "Im übrigen ist daran zu erinnern, daß ein Urteil, wie die Kommission zu Recht geltend macht, nur zwischen den Parteien des betreffenden Rechtsstreits Rechtskraft äußert ...". 341 Dazu mit ausführlicher Begründung auch Gutsche, Die Bindungswirkung der Urteile des Europäischen Gerichtshofes, S. 92 ff. 342 Siehe hierzu schon in Fn. 109 dieses Kapitels. 343 Vgl. nur EuGH, verb. Rs. 7 u. 9/54 (Groupement des Industries Siderurgiques Luxembourgeoises/Hohe Behörde), Urteil v. 23.4.1956, Slg. 1955/56, S. 53 (85): "Die vom Kläger gemäß Art. 35 Abs. 3 des Vertrages erhobene Klage ist daher eine Nichtigkeitsklage ..."; zur Untätigkeitsklage der EGKS als Sonderfall der Nichtigkeitsklage siehe weiterhin auch Czasche, Die Untätigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof, S. 30 ff; Krück in: v. d. Groeben{fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 175 EG-Vertrag, Rn. 35; Schweitzerl Hummer, Europarecht, Rn.508. 344 Zur Untätigkeitsklage sogleich.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
potentiellen Adressaten der belastenden Maßnahme ergeht. Die Rechtskraft des Urteils bindet den Empfänger des Aktes -jedenfalls solange er an dem Nichtigkeitsverfahren nicht beteiligt war - 345 wie soeben gesehen nicht. Auch durch die Gestaltungswirkung des Aufhebungsurteils erfährt der Entscheidungsadressat indes keine Regelung seiner Rechte. Aus diesem ergibt sich nämlich noch keine Beschwer des Dritten. Eine solche folgt erst aus dem späteren Erlaß der begehrten Maßnahme durch das zuständige Gemeinschaftsorgan. Hiergegen kann aber der Belastete seinerseits wiederum die Nichtigkeitsklage erheben. Die im ersten Urteil getroffenen Feststellungen sind mithin für den Empfänger der Entscheidung nicht bindend. Ein Anspruch auf Gehör schon in dem ersten Prozeß steht ihm aufgrund dessen nicht zu. Die Situation ist insoweit mit der Verpflichtungsklage des deutschen Verwaltungsprozeßrechts vergleichbar, bei der nach der hier vertretenen Ansicht ja ebenfalls kein Gehörsanspruch des Verfügungsadressaten besteht346• (cc) Klagen gegen Normativakte Klagen Mitgliedstaaten oder Organe gegen einen Normativakt der Gemeinschaft, werden Rechte privater Dritter unabhängig von den Wirkungen des Urteils in dem Verfahren347 nicht geregelt. Da der angefochtene Akt nämlich anders als eine begünstigende Entscheidung nicht dazu bestimmt ist, individualisierte Rechtsvorteile zu verschaffen, können hier private Rechtspositionen nicht beeinträchtigt werden. (b) U ntätigkeitsklagen; Amtshaftungsklagen Denkbar könnte weiterhin sein, daß Rechte Dritter Gegenstand eines vor dem Gerichtshof oder dem Gericht erster Instanz anhängigen Rechtsstreits sind, wenn ein privater Kläger auf Feststellung klagt, daß das angerufene Organ zum erstmaligen Erlaß einer Entscheidung über den gestellten Antrag verpflichtet ist. Gleiches könnte zudem gelten, wenn ein Mitgliedstaat oder ein Gemeinschaftsorgan von den Richtern die Feststellung begehrt, daß das betreffende Organ die beantragte drittbelastende Entscheidung zu erlassen hat348 • Das Untätigkeitsurteil als Feststellungsurteil entfaltet naturgemäß keine Gestaltungswirkung. Eine Regelung der Rechte des Entscheidungsadressaten könnte schon von daher nur dann angenommen werden, wenn der Richterspruch RechtsZu den Bindungswirkungen des Urteils für den Streitgehilfen siehe noch unter D.II. Siehe dazu schon im 2. Kapitel unter A. II. 2. b) bb) (2). 347 Bleckmann, Europarecht, Rn. 998, tritt dafür ein, daß insbesondere bei Erhebung der Nichtigkeitsklage durch solche Kläger von einer erga-omnes-Wirkung der Rechtskraft des Anfechtungsurteils ausgegangen werden sollte. 348 Anders als für private Kläger ist bei Untätigkeitsklagen von Mitgliedstaaten und Organen im Rahmen von EG und EAG ein solcher Antrag möglich; vgl. Art. 232 Abs. 1 EG-Vertrag (Art. 175 Abs. 1 a. F.), Art. 148 Abs. 1 EAG-Vertrag. 345
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A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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kraft nicht nur inter partes, sondern auch gegenüber dem Dritten äußert. Der Gerichtshof hat soweit ersichtlich zu den subjektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft des Untätigkeitsurteils noch nicht ausdrücklich Stellung genommen. Angesichts dessen, daß er wie angeführt den Urteilen in Verfahren der Nichtigkeitsklage und in Amtshaftungssachen nur Rechtskraft inter partes zuschreibt, dürfte allerdings davon auszugehen sein, daß auch Entscheidungen über Untätigkeitsklagen nur die an dem Verfahren Beteiligten binden349• Eine Entscheidung über Rechte Dritter in Amtshaftungsverfahren scheidet insofern zugleich ebenfalls aus. (c) Vertragsverletzungsverfahren In Vertragsverletzungsverfahren können private Rechtspositionen im Rahmen des Beihilfenaufsichtsrechts von Bedeutung sein. Stellt ein Mitgliedstaat trotz des Vorliegens einer entsprechenden Entscheidung der Kommission die Zahlung einer Beihilfe nicht ein bzw. fordert diese nicht zurück, können gemäß Art. 88 Abs. 2 UnterAbs. 2 EG-Vertrag (Art. 93 Abs. 2 Unterabs. 2 a. F.) die Kommission und die betroffenen Mitgliedstaaten den Gerichtshof auf Feststellung anrufen, daß der subventionsgewährende Vertragsstaat gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen hat350• Ist die Klage begründet, gehen der oder die Subventionsempfänger einer ihnen eingeräumten Rechtsposition verlustig, denn der gewährende Staat muß die weitere Zahlung von Beihilfen einstellen und schon gewährte Zuwendungen zurückfordern. Dies gilt unabhängig von der im Schrifttum umstrittenen personalen Reichweite der materiellen Rechtskraft des Richterspruchs im Vertragsverletzungsverfahren351 , weil zumindest die Organe des verletzenden Staates unstreitig an das Urteil des Gerichtshofs gebunden sind352• Die begünstigten Unternehmen werden deshalb nicht in der Lage sein, durch die Inanspruchnahme innerstaatlicher Rechtsbehelfe eine dem Urteil des Gerichtshofs widersprechende Entscheidung zu erreichen353• Gleichwohl darf nicht übersehen werden, daß die betroffenen Unternehmen vor Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens immerhin Gelegenheit hatten, gegen die die Unzulässigkeil der Beihilfe feststellende Kommissionsentscheidung die Nichtigkeitsklage zu erheben354• Das Absehen hiervon dürfte als Verzicht auf die A. A. wiederum Bleckmann, Europarecht, Rn. 998. Vgl. dazu auch M ederer in: v. d. Groeben!fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEGVertrag, Art. 93 EG-Vertrag/VO 659/99, Rn. 68 ff. 351 Zu dem hier bestehenden Streit siehe Tsikrikas, Die Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs im Vertragsverletzungsverfahren (Art.l69ff. EWGV), S. 82ff. 352 Allgemeine Ansicht; vgl. nur Tsikrikas, Die Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs im Vertragsverletzungsverfahren (Art. 169 ff. EWGV), S. 86 ff. 353 So nachdrücklich Tsikrikas, Die Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs im Vertragsverletzungsverfahren (Art. 169ff. EWGV), S. 93. 354 Vgl. Randelzhofer, Das Kontrollverfahren über staatliche Beihilfen im EG-Vertrag, S. 117; Mederer in: v. d. Groeben{fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 93 EG-Vertrag/VO 659/99, Rn. 59. l 49
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Gewährung rechtlichen Gehörs bewertbar sein. Eine Beteiligung an dem späteren Vertragsverletzungsprozeß kann infolgedessen unterbleiben. cc) Der Zeitpunkt der Gehörsgewährung Steht somit fest, daß verfahrensunbeteiligten Dritten letztlich insofern nur dann rechtliches Gehör einzuräumen ist, wenn in dem Rechtsstreit von dem Kläger eine den Dritten begünstigende Entscheidung angefochten wurde, stellt sich darauffolgend die Frage nach dem Zeitpunkt der Gehörsgewährung. Anders ausgedrückt bedeutet dies, daß danach zu fragen ist, ob der gemeinschaftsrechtliche Gehörsanspruch präventiver Natur ist, d. h. durch eine Beteiligung am laufenden Verfahren verwirklicht werden soll, oder ob dem Dritten die Möglichkeit zu eröffnen ist, nachträglich - also repressiv - gegen die ihn belastende Entscheidung vorzugehen. Von der Antwort auf diese Frage ist es abhängig, ob ein Widerstreit zwischen dem Gehörsgrundsatz und der Vorschrift des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung angenommen werden muß, oder ob möglicherweise nur die zuvor beschriebene Rechtsprechung des Gerichtshofs sich als grundrechtsunverträglich erweist. Allein die Existenz des Instituts der Drittwiderspruchsklage im Gemeinschaftsrecht spricht an sich zunächst für einen repressiven Gehörsanspruch. Dagegen spricht gleichwohl, daß die für das französische Recht beschriebene Parallelität zwischen Intervention und tierce opposition im Gemeinschaftsrecht aufgrund der Art. 97 § llit. c) VerfO-EuGH und Art.123 § llit. c) VerfO-EuG nicht besteht. Diese Vorschriften, die bestimmen, daß der Drittwiderspruchskläger die Gründe für seine mangelnde Beteiligung am Hauptverfahren angeben muß, bringen deutlich zum Ausdruck, daß ein Verhältnis der Gleichordnung zwischen Drittbeteiligung am laufenden Verfahren und Drittwiderspruchsklage im Gemeinschaftsrecht nicht gewollt ist355 • Die gemeinschaftsrechtliche Rechtslage entspricht damit derjenigen des belgischen Verwaltungsprozeßrechts, welches in Art. 48 des Arrete du Regent vom 23.8.1948 vorsieht: 355 Ausführlich dazu R. Becker, Die Drittwiderspruchsklage im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 127 ff. Gegen die Festschreibung eines solchen Zulässigkeilserfordernisses auf Verfahrensordnungsebene wurde im Rahmen der Drittwiderspruchsverfahren EuGH, verb. Rs. 42 u. 49/59 D. W. (Breedband/Societe des Acieries du Temple u. a.), Urteil v.l2.7.1962, Slg. 1962, S. 289ff, u. EuGH, verb. Rs. 9 u. 12/60 D. W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u.a.), Urteil v.12.7.1962, Slg. 1962, S. 347ff, vonden Klägerinnen geltend gemacht, da die Satzungsbestimmungen selbst nur festlegten, daß der Drittwiderspruchskläger nicht am Erstverfahren beteiligt gewesen sein dürfe, sei die Vorschrift des Art. 97 § llit.c) VerfO-EuGH mit dem Satzungsrecht unvereinbar und deshalb nichtig. Der Gerichtshof folgte dieser Sichtweise zu Recht nicht. Da nämlich die Satzungsnormen über die Drittwiderspruchsklage für die Einzelheiten der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs ausdrücklich auf die Verfahrensordnung verweisen, bestand hier eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß der in Frage stehenden Regelung; ausführlich dazu auch die Schlußanträge GA Roemers in beiden Verfahren v. 29.5. u. 19.6.1962, Slg.1962, S.323 (329), u. 377 (383ff).
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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"N'est pas recevable a forrner tierce opposition, celui qui s'est abstenu d'intervenir volontairement dans l'affaire, alors qu'il en avait connaissance."356
Der Gerichtshof stellte auch dementsprechend bereits in seiner frühen Rechtsprechung fest: "Im Interesse einer geordneten Rechtspflege und der Rechtssicherheit muß nach Möglichkeit vermieden werden, daß die am Ausgang eines vor dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits interessierten Personen die Möglichkeit haben, ihre Rechte noch nach Erlaß des Urteils geltend zu machen, durch das die Streitfrage entschieden worden ist."357
Wenngleich auch diese Äußerung nichts über eine etwaige grundrechtliche Gebotenheit, Dritte anzuhören, selbst besagt- die Grundrechtsrechtsprechung des Gerichtshofs stand zu diesem Zeitpunkt ( 1962) ohnehin noch kaum in den Kinderschuhen-, läßt sich ihr doch, ebenso wie den davor erfolgten Ausführungen, entnehmen, daß, wenn Dritte angehört werden, dies grundsätzlich im Rahmen des Erstverfahrens geschehen soll. Hieraus dürfte sich schließen zu lassen, daß damit im Gegenzug auch ein Anspruch Dritter auf präventives rechtliches Gehör korrespondiert358• dd) Konsequenzen Folge der Vorherigkeit des Gehörsgrundsatzes ist nun, daß, sofern eine einen Dritten begünstigende Entscheidung von Seiten eines Mitgliedstaats oder eines Gemeinschaftsorgans angefochten wird, in der Tat ein Konflikt aufkommt zwischen dem Wortlaut des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung und dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Dieser könnte auf zwei Arten zu lösen sein: Möglich könnte zunächst sein, daß Gehörsanspruch und Satzung im Normengefüge des Gemeinschaftsrechts unterschiedliche Ränge einnehmen und eine der Konfliktpositionen infolgedessen 356 Vgl. hierzu GA Roemer, verb. Rs. 9 u. 12/60 D. W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u. a.), Schlußanträge v. 29.5.1962, Slg. 1962, S. 377 (385). 357 EuGH, verb. Rs. 42 u. 49/59 D. W. (Breedband/Societe des Aderies du Temple u. a.), Urteil v.12.7.1962, Slg.1962, S.289 (318); ebenso EuGH, verb. Rs.9 u. 12/60 D.W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u. a.), Urteil v. 12.7.1962, Slg. 1962, S. 347 (371); EuGH, Rs. 147/86 TO 1 (POIFXG u. a./Griechenland u. a.), Urteil v. 6.12.1989, Slg. 1989, S. 4103 (4108); EuGH, Rs. 147/86 T02 (PALSO u. a./Griechenland u. a.), Urteil v. 6.12.1989, Slg. 1989, S.4111 (4116); EuGH, Rs. 147/86 TO 3 (PSIITENSM/Griechenland u. a.), Urteil v. 6.12.1989, Slg. 1989, S. 4119 (4124); EuG, Rs. 35/89 TO (Zubizarreta u. a./Albani u. a.), Beschluß v. 26.3.1992, Slg.1992-II, S. 1599 (1610); GA Mischo, Rs.267/80 TO (Birra Dreher/Riseria Modenese u. a.); Schlußanträge v. 22.10.1986, Slg. 1986, S. 3906 (3908). 358 Ohne Aufschlüsse muß in diesem Zusammenhang ein Blick auf Art.6 Abs. I EMRK bleiben, denn über den Zeitpunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs besagt diese Bestimmung nichts; vgl. dazu auch die jeweiligen Ausführungen von Ballon, ZZP 10 I (1988), S. 413 ff u. Rechberger/Oberhammer, ZZP 106 (1993), S. 347 (353), zum Österreichischen Recht, in dem Art. 6 EMRK unmittelbar in der Verfassung, die ansonsten einen eigenständigen Gehörsanspruch nicht kennt, verankert ist.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
schon deshalb hinter die andere zurücktritt. Erweisen sich der Grundsatz des rechtlichen Gehörs und Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung indes als gleichrangig, muß ein Ausgleich im Wege "praktischer Konkordanz" gefunden werden.
(1) Kollisionslösung durch Über- bzw. Unterordnung Art. 37 Abs. 2. 2. Hs. EG-Satzung ist, wie weiter oben bereits angesprochen, gemäß Art. 245 Abs. 1, 311 EG-Vertrag (188 Abs. 1, 239 a. F.) Bestandteil des Gründungsvertrages und somit Teil der Verfassung der Gemeinschaft359• Fraglich ist, welchen Rang in der Nonnenhierachie des Gemeinschaftsrechts das unkodifizierte Grundrecht auf rechtliches Gehör einnimmt. In jüngerer Zeit ist im Schrifttum gelegentlich die Auffassung vertreten worden, die vom Gerichtshof in den vergangenen dreißig Jahren herausgearbeiteten Grundrechte nähmen in der Systematik des Gemeinschaftsrechts einen Standort ein, der den Vertragsbestimmungenjedenfalls zum Teil übergeordnet sei360. So meint vor allem Wetter, man müsse innerhalb des Primärrechts unterscheiden zwischen einfachen Vertragsbestimmungen und den obersten Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts. Mit dem in Art. 6 Abs. 2 EU-Vertrag (Art. F Abs. 2 a. F.) normierten Bekenntnis zur Achtung der Grundrechte gehörten diese zu den obersten Verfassungsprinzipien und gingen deshalb im Range dem einfachen Vertragsrecht vor361 • Da die Bestimmung des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung kaum ebenfalls den obersten Verfassungsgrundsätzen zuzuordnen sein dürfte, ginge nach dieser Sichtweise insofern der Gehörsanspruch dem Interventionsausschluß vor. Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung wäre in sämtlichen Fällen, in denen einem Dritten der Anspruch auf rechtliches Gehör zukommt, schon aufgrund seiner niedrigeren Positionierung im Rechtsgefüge der Gemeinschaft unanwendbar. Nach überwiegender Ansicht stehen die Grundrechte dagegen den Vorschriften des Gründungsvertrages generell im Range gleich362 • Inhaltliche Gegensätze können danach nicht schon allein durch die Über- oder Unterordnung einer der Rechtsquellen überwunden werden, sondern sind auf interpretative Art und Weise zu klären363 • Siehe dazu bereits in Fn. 262 dieses Kapitels. Wetter, Die Grundrechtscharta des Europäischen Gerichtshofes, S. 98; ähnlich Mancinil Keeling, MLR 57 (1994), S. 175 (186); Hartley, LQR 112 (1996), S. 95 (107ft); zu einer etwaigen Vorrangigkeil der Bestimmungen der EMRK siehe zudem Giegerich, ZaöRV 50 (1990), s. 836 (852 ff). 361 Wetter, Die Grundrechtscharta des Europäischen Gerichtshofes, S. 98. 362 Beutler in: v. d. Groeben{Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. F EU-Vertrag, Rn. 73; Streinz in: Schweitzer, Der Einfluß der Europäischen Verwaltungsrechts auf das Verwaltungsrecht der Mitgliedstaaten, S. 241 (281 ); Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S.IOO; Quack in: J. Baur, Festschrift für Ralph Vieregge, S. 747 (750); Kutscher, EuGRZ 1978, S. 503 (504); Pernice, EuR 1979, S.410 (415). 363 Vgl. Mohn, Der Gleichheitssatz im Gemeinschaftsrecht, S.46; Jarass, EuR 1995, S. 202 (226). 359
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A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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Dieser Weg scheint mir methodisch der gangbarere zu sein. Ist der Gründungsvertrag als solcher bereits die Verfassung der Gemeinschaft, ist zunächst schon schwerlich vorstellbar, daß über dieser noch eine Art "higher law", wie Hartley es nennt364, thront, an dem sich wiederum die Verfassungsbestimmungen selbst messen lassen müssen. Dem Gerichtshof käme damit die Möglichkeit zu, Vertragsnormen wegen Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht für teilweise oder vollständig nichtig zu erklären365 • Den Mitgliedstaaten als den "Herren der Verträge" und der selbst geschaffenen Rechtsordnung wäre insofern quasi die Stellung als Verfassungsgeber genommen; ein Ergebnis, das angesichts der dem Gerichtshof ja immerhin von den Mitgliedstaaten übertragenen ausdrücklichen Kompetenzen lediglich zur Überprüfung von Sekundärrecht366 kaum annehmbar erscheint.
(2) Praktische Konkordanz Ausgangspunkt der Konfliktbewältigung muß daher die prinzipielle Gleichrangigkeil von Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung und dem grundrechtliehen Gehörsanspruch sein. Dies bedeutet andererseits allerdings auch nicht, daß der Anspruch auf rechtliches Gehör damit automatisch dort endet, wo der Text des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung einsetzt und eine Drittbeteiligung schon allein aufgrund einer hier bestehenden Wortlautbarriere scheitert367• Verfassungsrechtssätze, die in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen, sind vielmehr zu harmonisieren, d. h. in ein Verhältnis praktischer Konkordanz zueinander zu bringen368• Auch der Gerichtshof hat dementsprechend Vertragsvorschriften bereits im Lichte ungeschriebener Rechtsgrundsätze ausgelegt369• Zwar kann es auch bei einem solchen Vorgehen geschehen, daß ein Verfassungsrechtssatz gegenüber einem anderen in den Hintergrund gerät. Um den in der Verfassung zum Ausdruck gebrachten Grundwerten bestmögliche Geltung zu verschaffen, wird sich dies nicht immer vermeiden lassen. Im Vergleich zu dem zuvor dargestellten Lösungsweg ist der dogmatische Ansatzpunkt hier freilich ein anderer. So hat es das Bundesverfassungsgericht pointiert folgendermaßen ausgedrückt: Hartley, LQR 112 (1996), S. 95 (108). So in der Tat Wetter, Die Grundrechtscharta des Europäischen Gerichtshofes, S. 98. 366 Vgl. Art. 234lit. b) EG-Vertrag (Art.l77lit. b) a.F.); Art. ISO lit. b) EAG-Vertrag; Art.41 EGKS-Vertrag. 367 In diesem Sinne aber di Bucci in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn. 27-12; wohl auch Ehle!Schiller, EuR 1982, S.48 (51). 368 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. l, S. 133; zur Verfassungsinterpretation; siehe weiterhin auch Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 360ff. 369 So in der Rs. 48n2 (Brasserie De Haecht), Urteil v. 6.2.1973; Slg. 1973, S. 77 (87), wo die Richter betonten, daß bei Anwendung des Art.81 Abs. 2 EG-Vertrag (Art. 85 Abs. 2 a.F.), wonach die aufgrund von Abs. 1 der Bestimmung verbotenen Rechtsgeschäfte nichtig sind, die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes zu beachten seien; siehe dazu auch Ahrweiler, Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, S. 184f. 364 365
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
"Die schwächere Norm darf nur so weit zurück gedrängt werden, wie das logisch und systematisch zwingend erscheint; ihr sachlicher Grundwertgehalt muß in jedem Fall respektiert werden. " 370
Im Gegensatz zu einem reinen Überordnungs-/Unterordnungsverhältnis scheidet bei Konkordanzbildung also die theoretische Möglichkeit der Nichtigkeit einer der betroffenen Normen aus. Daß die gemeinschaftlichen Grundrechte, wie Wetter betont hat, in der Tat den obersten Verfassungsprinzipien zugehörig sind, wird sich kaum ernstlich bezweifeln lassen. Hinsichtlich des Anspruchs auf rechtliches Gehör hat der Gerichtshof zudem wie angeführt schon in den verb. Rs. 42 und 49/59 (SNUPAT/Hohe Behörde) dessen elementare Bedeutung für das Gemeinschaftsrecht festgestellt371 • Schon dieser Gesichtspunkt scheint insofern dafür zu sprechen, dem Gehörsanspruch gegenüber der Satzungsbestimmung des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung ein größeres Gewicht einzuräumen372• Hinzu kommt, daß sich die Grundrechte und Grundrechtsdogmatik des Gemeinschaftsrechts erst allmählich anband der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelt haben und insofern bei lokrafttreten der Römischen Verträge die hier in Rede stehende Konfliktsituation letztlich noch gar nicht bestand. Deshalb wird sich auch nicht geltend machen lassen, die Vertragsstaaten hätten sich durch die ausnahmslose Fassung des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung ausdrücklich für eine höhere Gewichtung dieser Norm entschieden. M. E. dürfte eher das Gegenteil einschlägig sein: Wäre den Vertragsschaffenden bei Aufsetzung des Satzungstexts bewußt gewesen, daß angesichts des in der Folge entstehenden Bedeutungsumfangs des Gemeinschaftsrechts für die Gemeinschaftsbürger sich eine gemeinschaftliche Grundrechtsordnung als notwendig erweisen würde, und daß auch bei Klagen von Mitgliedstaaten oder Organen Rechte privater Dritter Gegenstand des Rechtsstreits sein können (die Problematik tauchte immerhin erst fast vierzig Jahre später erstmals auf!), hätten sie kaum einen derartig umfassenden Interventionsausschluß vereinbart. Vielmehr dürfte davon auszugehen sein, daß dem Anspruch auf rechtliches Gehör bei der Formulierung der Texte Rechnung getragen worden wäre. ee) Ergebnis; Rechtspolitische Erwägungen Nach alledem scheint es gerechtfertigt, die Vorschrift des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung hinter den Grundsatz des rechtlichen Gehörs zurücktreten zu lassen und die Norm immer dort keine Anwendung finden zu lassen, wo es andernfalls zu einer Grundrechtsverkürzung käme. Der Gerichtshof hat allerdings wie gesehen eine solche Anwendungsreduktion bislang abgelehnt. Die Tatsache, daß er in der BVerfGE 28, S.243 (261). Vgl. schon unter A. 111. 3. c) aa). 372 Ebenso wohl Quack in: J. Baur, Festschrift für Ralph Vieregge, S. 747 (750). 37o 371
A. Die Zulässigkeilsvoraussetzungen der Intervention
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Rs. C-68/94 (Frankreich/Kommission) den den Interventionsantrag der Kali und Salz und der Mitteldeutschen Kali zurückweisenden Beschluß vom 5.10.1994 nicht zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung gab, vermag gleichwohl Anlaß zu der Hoffnung geben, daß der Gerichtshof hier noch keine endgültige Position eingenommen hat und künftig möglicherweise anders entscheiden wird. Dies gilt auch deshalb, weil er den Interventionsantrag nur mit dem knappen Hinweis auf den Wortlaut des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung zurückwies, obwohl der anwaltliehe Vertreter der betroffenen Unternehmen in seinem Beitrittsgesuch Ausführungen zum Gehörsanspruch gemacht hatte. De lege ferenda ist zu erwägen, ob die Vorschrift des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung nicht gänzlich aufgehoben werden sollte. Dies ist zwar nicht schon deshalb notwendig, um gehörsberechtigten Dritten überhaupt erst die Möglichkeit zum Beitritt zu verschaffen und so der Gefahr zu begegnen, daß Konkurrenten ihre Regierungen zur Erhebung der Nichtigkeitsklage bewegen könnten, um eine Beteiligung der betroffenen Dritten auszuschalten, wie dies Sedemund und Quack meinen373, denn beitrittsberechtigt sind solche Dritte, wie die vorangegangenen Ausführungen gezeigt haben, schon de lege lata. Es ist jedoch nicht recht einzusehen, warum andere Dritte, die bei Erhebung der Nichtigkeitsklage durch einen nicht privilegierten Kläger ohne weiteres intervenieren könnten, in dem vorliegenden Zusammenhang vom Streitbeitritt ausgeschlossen sein sollen, denn inhaltlich macht es keinen Unterschied, ob eine Entscheidung nun von einem Konkurrenzunternehmen oder von einem Mitgliedstaat oder einem Gemeinschaftsorgan angefochten wird. Die Zulassung der Intervention privater Dritter in solchen Verfahren der Legalitätskontrolle könnte zudem verfahrensreduzierende Wirkungen entfalten, sich also prozeßökonomisch auswirken. So erscheint es zunächst fraglich, ob die der Kali und Salz und der Mitteldeutschen Kali erteilte Zusammenschlußgenehmigung tatsächlich auch dann von den beiden französischen Konkurrenzunternehmen noch angefochten worden wäre, wenn für diese die Möglichkeit bestanden hätte, sich an dem zuvor von der französischen Regierung anhängig gemachten Klageverfahren zu beteiligen. Daß der Interventionsausschluß des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung insofern zur Einleitung von Rechtsstreiten führen kann, die ohne die Bestimmung möglicherweise unterblieben wären, erkannte auch das Gericht erster Instanz in seiner Entscheidung, mit der es die Klagen der Unternehmen an den Gerichtshof abgab, an: "Da nach Artikel 37 Absatz 2 der Satzung natürliche und juristische Personen den Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten und Organen der Gemeinschaft nicht beitreten kön373 Sedemund, Referat, in: Verhandlungen des 60. Deutschen Juristentages. Bd. 11/1, S. N 41 (N 50f); Quack in: J. Baur, Festschrift für Ralph Vieregge, S. 747 (752f). Im Anschluß an das Referat Sedemunds hat auch der Deutsche Juristentag 1994 selbst in: Beschlüsse, Verhandlungen des 60. Deutschen Juristentages. Bd. 11/1, S. N 41 (N 59), mit einem Stimmenverhältnis von 40:14:2 beschlossen, daß Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung gestrichen werden sollte.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
nen, besteht für sie die einzige Möglichkeit, in den sie betreffenden Rechtsstreitigkeiten ihre Argumente geltend zu machen, darin, daß sie in den Fallen, in denen dies zulässig ist, selbst eine Klage beim zuständigen Gericht erheben."374
Unter Verwendung im wesentlichen desselben Wortlauts verwies das Gericht zudem kurze Zeit später die Klagenzweier deutscher Unternehmen an den Gerichtshof, mit denen diese eine Entscheidung der Kommission angriffen, durch die eine den Klägerinnen von der deutschen Regierung gewährte Beihilfe für unzulässig erklärt worden war, da die Kommissionsentscheidung vor Erhebung der Klagen von der deutschen Regierung vor dem Gerichtshof ebenfalls angefochten worden war375 • Die Kommission äußerte in diesem Zusammenhang im übrigen die Auffassung, die Klagen der Beihilfeempfänger besäßen in Wirklichkeit den Charakter einer Streithilfe, während die Klage der Bundesrepublik als die "zentrale" Klage zu betrachten sei376• In "echten" Verfassungsstreitigkeiten könnten private Dritte auch bei Streichung des Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung problemlos weiterhin außen vor gehalten werden, indem man dort das "berechtigte Interesse" an einer Verfahrensbeteiligung verneint. Eine Flut von dennoch in letzteren Verfahren eingehenden Interventionsanträgen dürfte auch ohne die Existenz der Vorschrift - spätestens nach entsprechender Rechtsprechung des Gerichtshofs - nicht zu erwarten sein. Zumindest denkbar wäre aber sogar, daß die Streitbeteiligung eines privaten Dritten- insbesondere eines Verbandes - in dem einen oder anderen Verfassungsrechtsstreit durchaus einmal erkenntnisfördernd für die Gemeinschaftsrichter wirken könnte377 •
B. Die Informierung Dritter über erhobene Klagen I. Unzulänglichkeit der lnformierung gehörsberechtigter Dritter im positivierten Recht Das Prozeßrecht der Europäischen Gemeinschaften kennt wie eingangs schon gesehen de lege lata weder eine Beiladung zum Verfahren noch das Institut der Streitverkündung378 • Eine Inkenntnissetzung Dritter von vor den Gemeinschaftsge374 EuG, Rs. T-88/94 (Societe commerciale des potasses et de I 'azote u.a./Kommission}, Beschluß v. 1.2.1995, Slg. 1995-11, S. 221 (227). 375 EuG, Rs. T-488/93 (Hanseatische Industriebeteiligungen/Kommission), Beschluß v. 23.2.1995, Slg.l995-II, S.469ff; EuG, Rs. T-490/93 (Bremer Vulkan Verbund/Kommission), Beschluß v. 23.2.1995, Slg. 1995-11, S. 477ff; siehe dazu auch Plender in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn. 23-15; ebenso kürzlich EuG, Rs. T-41/97 (Antillean Rice Mills/Rat), Beschluß v. 16.11.1998, EuZW 1999, S. 352. 376 lbid., S. 472 u. 480; die Anführungszeichen stammen vom Verfasser. 377 Ähnlich Ule, Gutachten für den 46. Deutschen Juristentag, in: Verhandlungen des 46. Deutschen Juristentages, Bd. I, S. 89; a. A. anscheinend Matthies, Referat, in: Verhandlungen des 46. Deutschen Juristentages, Bd. II, S. G 53 (G 88, G 95). 378 Siehe dazu bereits im I . Kapitel unter C.
B. Die Infonnierung Dritter über erhobene Klagen
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richten anhängigen Rechtsstreitigkeiten auf diesem Wege scheidet insofern aus. Die Bestimmungen der Verfahrensordnungen sehen jedoch zwei Formen der Verfahrenskundgabe vor: So wird zunächst gemäß Art.16 § 6 VerfO-EuGH und Art. 24 § 6 VerfO-EuG über jede bei Gerichtshof und Gericht erster Instanz anhängig gemachte Klage eine Mitteilung in Teil C des Amtsblatts veröffentlicht, die den Tag der Eintragung in das Register, Namen und Wohnsitz der Parteien, den Streitgegenstand und den Klagantrag sowie eine Angabe der geltend gemachten Klagegründe und die wesentlichen Argumente enthält. Nach Art. 16 § 7 VerfO-EuGH und Art. 24 § 7 VerfO-EuG erhalten Rat und Kommission zudem in jeder Rechtssache, in der sie nicht Partei sind, eine Abschrift der Klage und der Klagebeantwortung, und bei Streitigkeiten nach Art. 89 EGKS-Vertrag informiert der Kanzler alle Mitgliedstaaten unverzüglich von der Verfahrenseinleitung (Art. 41 Abs. 1 EGKS-Satzung). Bei Klagen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums nach den Art. 130ff VerfO-EuG legt Art.l33 § 1, 2 VerfO-EuG außerdem fest, daß die Klageschrift den neben dem Kläger am Verfahren vor der Beschwerdekammern des Ämter beteiligten Parteien zuzustellen ist. Über diese Vorschriften hinaus sieht das geschriebene Recht des Gerichtshofs eine persönliche Verfahrensbenachrichtigung Dritter allerdings nicht vor. 1. Veröffentlichung im Amtsblatt und rechtliches Gehör Dies bedeutet also, daß abgesehen von Rat, Kommission, im Anwendungsbereich des Art. 41 EGKS-Satzung den Mitgliedstaaten und den in Art. 133 § 1, 2 VerfOEuG Genannten alle potentiellen Streitgehilfen, also auch solche, denen ein Anspruch darauf zukommt, in dem Verfahren gehört zu werden, danach anscheinend darauf angewiesen sind, sich Kenntnis von anhängigen Prozessen anband der Lektüre des Amtsblatts zu verschaffen. Hinzu kommt, daß Anträge auf Zulassung als Streithelfer gemäß Art. 93 § 1 S. 1 VerfO-EuGH und Art. 115 § 1 VerfO-EuG nur innerhalb von drei Monaten nach Klageveröffentlichung gestellt werden können379 • Gegen diese Frist bestehen keine Bedenken. Die Beteiligung Dritter am Streit kann immerhin zu einer verzögerten Erledigung des Prozesses führen. Da das Funktionieren der Rechtspflege ein dem Gehörsanspruch sicherlich gleichwertiges Rechtsgut ist, spricht nichts dagegen, die Möglichkeit zur Verfahrensbeteiligung zeitlich zu begrenzen. Die Gewährung rechtlichen Gehörs bedeutet zudem nicht, daß der Dritte vor Gericht zwingend angehört werden muß, sondern nur, daß ihm die Gelegenheit des Gehörs gegeben wurde3so. Allein die Veröffentlichung der Klage im Amtsblatt kann jedoch in denjenigen Rechtsstreitigkeiten, in denen über Rechte Dritter entschieden wird, meiner Ansicht 379 Vor Änderung der Verfahrensordnung des Gerichtshofs im Jahre 1979 galt hierfür eine Frist bis zur Beendigung des schriftlichen Verfahrens. 380 R. Becker, Die Drittwiderspruchsklage im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 44.
13 Nissen
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
nach nicht genügen, um den Gehörsanspruch der betroffenen Dritten Genüge zu tun. Freilich wird es zumeist der Fall sein, daß der gehörsberechtigte Dritte innerhalb der Beitrittsfrist von der Anhängigmachung des Verfahrens tatsächlich Kenntnis erlangt, sei es weil er die Mitteilung im Amtsblatt gelesen hat oder weil er von anderer Seite, möglicherweise auch aus der Presse, hierüber informiert worden ist. Im Einzelfall besteht aber dennoch die Gefahr, daß es einmal dazu kommt, daß der Dritte innerhalb der Drei-Monats-Frist nichts von der Klage erfährt381 • Angesichts der Fülle der jährlich erscheinenden Amtsblätter dürfte es sogar für Bezieher des Amtsblatts nicht unmöglich sein, die entsprechende Mitteilung zu übersehen. Ob man insofern die Veröffentlichung im Amtsblatt als ein ausreichendes Mittel zur Befriedigung des Gehörsanspruchs betrachten kann, erweist sich als zweifelhaft. Hiergegen läßt sich auch nicht geltend machen, eine aufmerksame Lektüre des Amtsblatts könne stets von Dritten verlangt werden382, denn wirklich Gelegenheit zur Gehörsgewährung besteht nur dann, wenn sichergestellt ist, daß der Gehörsberechtigte von dem Verfahren zumindest auch weiß. Man stelle sich etwa vor, das Prozeßrecht des Gerichtshofs würde dahingehend geändert, daß fortan Klagen dem Beklagten nicht mehr persönlich zugestellt383 , sondern nur noch im Amtsblatt veröffentlicht zu werden brauchten. Kaum jemand käme in diesem Zusammenhang auf die Idee, hierdurch könne dem Gehörsanspruch des Beklagten angemessen Rechnung getragen werden. Nun macht es inhaltlich aber keinen Unterschied, ob Rechte einer Person dadurch beeinträchtigt werden können, daß diese selbst verklagt wird, oder ob, bedingt durch die Konstellation der Rechtsbeziehungen, ein anderer die Beklagtenstellung einnimmt, materiell indes eine Rechtsposition des Dritten zur Diskussion steht. Die möglichen Folgen für den Träger des Rechts sind allemal dieselben. Im Rahmen der Verfahren nach den Art. 130ft VerfO-EuG wurde dies ja auch berücksichtigt. Gerade weil in den dortigen Rechtsstreitenjeweils über eine, die nicht klagende Partei begünstigende Entscheidung einer der Beschwerdekammern verhandelt wird, wurde es aus Gehörsgründen für notwendig erachtet, die Klage neben dem beklagten Amt auch dieser Partei zuzustellen384• Anders aber als der Verfahrensordnungsgeber offenbar meint, sind Klagen nach den Art. 130ft VerfO-EuG von anderen Nichtigkeitsklagen, mit denen eine drittbegünstigende Entscheidung angegriffen 381 Diese Gefahr sehen auch Lasok, The European Court of Justice, S.497; R. Becker, Die Drittwiderspruchsklage im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S.l30. In EuG, Rs. T-35/89 TO (Zubizarreta u. a./Albani u. a.), Urteil v. 26.3.1992, Slg. 1992-11, S. 1599ff, vertrat neben den Drittwiderspruchsklägern auch die Kommission die Auffassung, es sei wirklichkeitsfremd zu erwarten, daß jeder, der von einer Klage betroffen sein könne, täglich die Ausgabe C des Amtsblatts lese, um von der Erhebung einer solchen Klage Kenntnis zu nehmen. l 82 In diese Richtung gehend aber GA Roemer, verb. Rs. 42 u. 49/59 D. W. (Breedband/Societe des Acieries du Temple u. a.), Schlußanträge v. 19.6.1962, Slg. 1962, S. 323 (330). 383 Siehe Art. 39 S. 1 VerfO-EuGH; Art. 45 S. 1 VerfO-EuG. 384 Nachdrücklich Jung in: Due/Lutter/Schwarze, Festschrift für Ulrich Everling, Bd. I, S. 611 (620f).
B. Die Infonnierung Dritter über erhobene Klagen
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wird, nicht so verschieden, daß dies eine Ungleichbehandlung der jeweils Begünstigten rechtfertigte. Zwar nehmen Harmonisierungs- und Sortenamt bei Beteiligung mehrerer Parteien am Beschwerdeverfahren, wie weiter oben gesehen, weitgehend die Funktion eines Streitentscheidungsorgans in einer inhaltlich zivilprozessualen Streitigkeit wahr. Die Stellung der Ämter als Beklagte im Gerichtsverfahren ist insoweit noch formaler, als wenn ein Unternehmen die Kommission wegen der Erteilung einer Fusionsgenehmigung vor Gericht bringt, da hier die Kommission im Rahmen ihrer Aufgabe zur Durchsetzung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsordnung gehandelt hat385 • Der mit dem Erfolg der Klage einhergehende Rechtsentzug für den Begünstigten ist jedoch in beiden Fällen gleich schwerwiegend. Man wird kaum die Auffassung vertreten können, die Aufhebung zuvor bestandenen Markenschutzes treffe den Markeninhaber empfindlicher als die gerichtliche Beseitigung einer vordem existenten Zusammenschlußerlaubnis die fusionswilligen Unternehmen. Nur hierauf kann es aber im Rahmen des Gehörsgrundsatzes ankommen, denn dieser will ja die Verteidigung von Rechtspositionen sichern helfen. Völlig zu Recht hat daher auch das Bundesverfassungsgericht schon in seiner frühen Rechtsprechung entschieden, daß auch die Geltung der Untersuchungsmaxime, d. h. die Tatsache, daß das entscheidende Gericht den dem Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalt ohnehin von Amts wegen zu ermitteln hat, keinesfalls dazu führen darf, die Betroffenen nicht mehr anzuhören386• Schließlich ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die von den Entscheidungen der Beschwerdekammern Begünstigten durch Zustellung der Klage an sie besser gegen etwaige Nachlässigkeiten des Amtes in der Prozeßführung gefeit sein sollten als die Adressaten begünstigender Entscheidungen von Rat oder Kommission, die von dem Rechtsstreit unter Umständen keine Kenntnis erlangt haben, bei deren Prozeßführung. Nur weil die Kommission im Rahmen des Wettbewerbsrechts in Wahrnehmung einer ihrer vertraglichen Aufgaben handelt, muß dies nicht ausnahmslos bedeuten, daß sie deshalb vor dem Gerichtshof engagierter auftritt als das Harmonisierungs- oder das Sortenamt Für das gemeinschaftsrechtliche Verwaltungsverfahren läßt sich überdies aus der Rs. 323/82 (lntermills/Kommission) und den verb. Rs. T-371 und 394/94 (British Airways u. a./Kommission) entnehmen, daß die Gemeinschaftsrichter dort ebenfalls eine Inkenntnissetzung Gehörsberechtigter durch Veröffentlichung im Amtsblatt als unzureichend erachten. So stellte der Gerichtshof in der erstgenannten Rechtssache fest: "Beteiligte im Sinne dieser Vorschrift (Art. 93 Abs. 2 EWG-Vertrag, nunmehr Art. 88 Abs. 2 EG-Vertrag)387 sind nicht nur das oder die Unternehmen, die durch die Beihilfe begünstigt 385 Genau darauf stellen aber Jung in: Due/Lutter/Schwarze, Festschrift für Ulrich Everling, Bd. I, S. 611 (620), der im übrigen als Kanzler des Gerichts erster Instanz vermutlich an der Fonnulierung der Art. 130 ff VerfO-EuG maßgeblich beteiligt gewesen sein wird, u. Kirschnerl Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 188, ab. 386 BVerfGE 7, S. 53 (56). 387 Einschub des Verfassers.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
werden, sondern ... auch die durch die Gewährung der Beihilfe eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen, insbesondere die konkurrierenden Unternehmen und die Berufsverbände. Es handelt sich mit anderen Worten um eine unbestimmte Vielzahl von Adressen. Daraus ergibt sich, daß Art. 93 Abs. 2 keine individuelle Fristsetzung für die einzelnen Beteiligten verlangt. ... Die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt ist demnach ein angemessenes Mittel zur Unterrichtung aller Beteiligten über die Einleitung eines Verfahrens."388
Mag diese Entscheidung noch den Eindruck erwecken, die Informierung sämtlicher "Beteiligter" könne ausschließlich und ausnahmslos durch Veröffentlichung im Amtsblatt geschehen, ergibt sich bei näherer Betrachtung der Entscheidung des Gerichts erster Instanz in den verb. Rs. T-371 und 394/94 (British Airways u. a./Kommission) doch ein anderes Bild. Dort urteilten die Richter: "Was insbesondere die Verpflichtung der Kommission zur Unterrichtung der Beteiligten betrifft, hat der Gerichtshof entschieden, daß die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ein angemessenes Mittel zur Unterrichtung aller Beteiligten darstellt, .... Daraus folgt, daß die Beteiligten einen Anspruch auf rechtliches Gehör, wie er denjenigen zusteht, gegen die ein Verfahren eingeleitet worden ist, keineswegs geltend machen können."389
Aus diesen Worten folgt im Umkehrschluß, daß gegenüber Personen oder Unternehmen, gegen die ein behördliches Verfahren in Gang gesetzt worden ist, eine Bekanntgabe durch Veröffentlichung im Amtsblatt also nicht ausreicht. Um deren Anspruch auf rechtliches Gehör zu befriedigen, bedarf es vielmehr einer individuellen Inkenntnissetzung. Im Gerichtsverfahren kann dann schwerlich ein geringerer Maßstab Anwendung finden. Durch die Mitteilung über jede erhobene Klage im Amtsblatt kann infolgedessen dem Gehörsanspruch Dritter jedenfalls nicht hinreichend Rechnung getragen werden. Unproblematisch erscheint hingegen die Informierung aller anderen potentiellen Streitgehilfen auf diese Art und Weise, da diesen eben kein grundrechtlicher Anspruch darauf zusteht, in dem Verfahren zu Wort zu kommen. In Erinnerung gerufen sei in dem vorliegenden Kontext zudem letztlich nochmals die im 2. Kapitel der Untersuchung angeführte Vorschrift des § 65 Abs. 3 S. 1 VwG0390, wonach das Verwaltungsgericht, wenn eine notwendige Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht kommt, durch veröffentlichten Beschluß anordnen kann, daß nur solche Personen beizuladen sind, die dies innerhalb einer beEuGH, Urteil v. 14.11.1984, Slg. 1984, S. 3809 (3826f). EuG, Urteil v. 25.6.1998, Slg. 1998-11, S. 2405 (2434f); ähnlich auch schon EuGH, verb. Rs. 142 u. 156/84 (British-American Tobacco u. a./Kommission), Urteil v. 17.11.1987, Slg.l987, S. 4487 (4573). 390 Dazu bereits im 2. Kapitel unter A. II. 2. b) cc). 388
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B. Die Infonnierung Dritter über erhobene Klagen
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stimmten Frist beantragen. Obwohl hier dem Gericht durch S. 3 der Vorschrift aufgegeben wird, Personen, die in besonderem Maße von der Entscheidung betroffen werden, auch ohne deren Antrag beizuladen, wurde die Verfassungsmäßigkeit der Norm angezweifelt, weil die Erwartung, daß die Adressaten der Veröffentlichung von dieser tatsächlich Kenntnis erlangten, im allgemeinen unrealistisch und wenig mehr als eine Fiktion sein. Die Tatsache, daß solche kritischen Stimmen nur vereinzelt geblieben sind, dürfte darauf zurückführbar sein, daß die Bestimmung des § 65 Abs. 3 VwGO in praxi keine Relevanz erlangt hat.
2. Kein alternativer Rechtsschutz in der Drittwiderspruchsklage Denkbar könnte nun sein, dem Gehörsanspruch Dritter, die von dem sie betreffenden Verfahren innerhalb der Beitrittsfrist keine Kenntnis erlangt haben, dadurch Geltung zu verschaffen, daß man sagt, für diese bestünde immerhin noch die Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage. Das Verhältnis von Intervention und Drittwiderspruchsklage ist wie ausgeführt im Europäischen Prozeßrecht nach dem Wortlaut der einschlägigen Verfahrensordnungsbestimmungen und dem erklärten Willen des Gerichtshofs ein anderes als in Frankreich. Während im französischen Recht Parallelität zwischen beiden Instituten herrscht, der Dritte sich also entscheiden kann, welche Form des Rechtsschutzes er wählt391 , bringen die Bestimmungen der Art. 97 § llit. c) VerfO-EuGH und Art.l23 § llit. c) VerfO-EuG für das Gemeinschaftsrecht zum Ausdruck, daß die Drittwiderspruchsklage nur dann möglich sein soll, wenn der Kläger darlegen kann, aus welchem Grunde er an einer Beteiligung am Erstverfahren verhindert war. Die Drittwiderspruchsklage soll damit insofern subsidiär sein gegenüber der Intervention, was Gerichtshof und Gericht erster Instanz im Rahmen ihrer Rechtsprechung auch mehrfach betont haben392 • Gegen die Festschreibung eines solchen Verhältnisses innerhalb der Verfahrensordnungen bestehen wie ebenfalls schon gesehen zumindest aus Kompetenzgesichtspunkten auch keine Bedenken, denn diese findet in den Satzungen eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage393• Die Drittwiderspruchsklage scheint zunächst geeignet, solchen gehörsberechtigten Dritten, die vom Erstverfahren innerhalb der Beitrittsfrist keine Kenntnis erlangt haben, repressiven Rechtsschutz zu verschaffen. Da der Dritte eben von der Anhängigkeit des Prozesses nichts wußte, konnte er diesem auch nicht beitreten. Die Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte zu dem Zulässigkeitserfordemis der Unmöglichkeit der Teilnahme am Hauptverfahren führt gleichwohl nicht zu diesem Ergebnis. Danach soll Unkenntnis vom Hauptverfahren nur dann zulässigkeitsbegründend für die Drittwiderspruchsklage wirken, wenn sich aus der VeröffentliVgl. schon im 3. Kapitel unter A. III. Siehe schon die Fn. 359 dieses Kapitels angeführten Entscheidungen. 39 3 Dazu ebenfalls bereits Fn. 359 dieses Kapitels. 391
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
chung der Klage im Amtsblatt nicht hatte entnehmen lassen, daß sich für den Dritten ein Interesse ergeben könnte, dem Rechtsstreit beizutreten394. Dies bedeutet also zunächst, daß der Kläger einer Drittwiderspruchsklage für die Zulässigkeit seines Rechtsbehelfs nicht das Argument ins Feld führen kann, er habe von der Einleitung des Erstverfahrens schlicht nichts gewußt, weil er das Amtsblatt nicht gelesen habe395 • Ein solches Ergebnis ist nur folgerichtig, denn die Bestimmungen der Art. 97 § 1 lit. c) VerfO-EuGH und Art. 123 § 1 lit. c) VerfO-EuG liefen andernfalls leer, da diese Behauptung immer möglich wäre. Das Verständnis des Merkmals der Rechtsbeeinträchtigung im Rahmen der Drittwiderspruchsklage durch den Gerichtshof bringt es allerdings mit sich, daß der Dritte auch nicht in der Lage sein wird, geltend machen zu können, aus der veröffentlichten Klagemitteilung sei eine mögliche Beeinträchtigung seiner Rechte nicht ersichtlich gewesen. Da der Gerichtshof, wie weiter oben schon angeführt, rechtliche Interessen nicht als Rechte in diesem Sinne anerkennt396, wird eine etwaige Rechtsbeeinträchtigung nämlich stets der Klageveröffentlichung entnehmbar sein. Wird von dem Kläger eine den Dritten begünstigende Entscheidung angefochten, ergibt sich die mit dem Erfolg der Klage einhergehende Beeinträchtigung der Rechte des Entscheidungsempflingers ausnahmslos schon aus dem Klagegegenstand und -antrag. Nur bei faktischen Präjudizwirkungen, d. h. bei der Betroffenheit rechtlicher Interessen im weiteren Sinne, kann hingegen denkbar sein, daß sich der Mitteilung im Amtsblatt eben solche nicht entnehmen lassen397. 394 EuGH, verb. Rs.42 u. 49/59 D. W. (Breedband/Societe des Acieries du Temple u. a.), Urteil v. 12.7.1962, Slg. 1962, S. 289 (319); EuGH, verb. Rs. 9 u. 12/60 D. W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u. a.), Urteil v. 12.7.1962, Slg.l962, S. 347 (371 ff); EuG, Rs. T-35/89 TO (Zubizarreta u. a./Albani u. a.), Urteil v. 26.3.1992, Slg. 1992-II, S. 1599 (l6l0t). 395 So insbesondere EuG, Rs. T-l/90 (Perez-Minguez Casariego/Kommission), Urteil v. 20.3.1991, Slg. 1991-II, S. 143 (159); vgl. auch Hackspiel in: v. d. Groeben(Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 39 EG-Satzung, Rn. 5; di Bucci in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn.27-l5. 3% Dazu bereits unter A.III.3.c)bb)(2). 397 Folge der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Merkmal der Rechtsbeeinträchtigung ist damit m. E., daß der Drittwiderspruchsklage keinerlei Anwendungsbereich dergestalt zukommen kann, daß mit dem Rechtsinstitut ein Ausgleich für mangelnde Kenntnis von Existenz und Inhalt des Hauptverfahrens geschaffen wird. Nur sofern die Gemeinschaftsrichter ihre Rechtsprechung dahingehend ändern sollten, daß auch eine mögliche Beeinträchtigung rechtlicher Interessen zulässigkeilsbegründend für die Drittwiderspruchsklage sein kann, wird ein Drittwiderspruchskläger mit Erfolg geltend machen können, aus der Veröffentlichung im Amtsblatt habe sich für ihn kein Beitrittsinteresse ergeben und er auch die Zulässigkeil seiner Klage erreichen können. In den verb. Rs. 9 u. 12/60 D. W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u. a.), Urteil v. 12.7.1962, Slg. 1962, S. 347 (371 ff) entschieden die Richter zwar, aus der Klageveröffentlichung sei ein Beitrittsinteresse für die Drittwiderspruchsklägerin nicht ersichtlich gewesen, die Möglichkeit einer Rechtsbeeinträchtigung verneinten sie dann allerdings. Ansonsten ist es bislang noch keinem Kläger gelungen, diese Klippe zu überwinden. Gerichtshof und Gericht erster Instanz haben im übrigen bis dato alle Drittwiderspruchsklagen, über die sie entschieden haben (siehe hierzu die schon in Fn. 21 des 1. Kapitels genannten Entscheidungen), als unzulässig erachtet.
B. Die Informierung Dritter über erhobene Klagen
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3. Konsequenzen Die kurz zuvor beschriebene Unzulänglichkeit der Mitteilung über alle erhobenen Klagen in Teil C des Amtsblatts zur Befriedigung des Gehörsanspruchs Dritter könnte nun Veranlassung dazu geben, die Verfassungsmäßigkeit der Art. 97 § 1lit. c) VerfO-EuGH und Art.123 § 1lit. c) VerfO-EuG doch anzuzweifeln, und zwar gerade wegen eines Konflikts mit dem Grundsatz des rechtliches Gehörs, der wie gesehen innerhalb der Normenhierachie des Gemeinschaftsrechts an höherer Stelle als die Verfahrensordnungen angesiedelt ist. Es ließe sich die Auffassung vertreten, weil die Veröffentlichung im Amtsblatt als Mittel der Verfahrensbenachrichtigung nicht ausreicht, könnten gehörsberechtigte Dritte nur aufgrund der Veröffentlichung eben nicht von der Drittwiderspruchsklage ausgeschlossen sein. Eine solche Sichtweise würde freilich außer Acht lassen, daß es den Vertragsstaaten - auch durch Delegation von legislativen Kompetenzen auf den Gerichtshof- selbstverständlich frei stand, zwischen Intervention und Drittwiderspruchsklage ein Verhältnis der Vorund Nachrangigkeit zu begründen. Dieses würde vorliegend jedoch auf den Kopf gestellt. Betrachtet man des weiteren die Bestimmungen der Art. 16 § 7 VerfOEuGH und Art. 24 § 7, 133 § 1, 2 VerfO-EuG, die ja eine individuelle Verfahrensbenachrichtigung tatsächlich vorsehen, scheint dies darauf schließen zu lassen, daß es dem Willen des Prozeßrechtsgebers eher gerecht werden dürfte, hier eine Regelungslücke in den Verfahrensvorschriften anzunehmen. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs macht es danach also erforderlich, gehörsberechtigten Dritten individuell Kenntnis von dem sie betreffenden Verfahren zu verschaffen398, nicht dagegen die Rechtmäßigkeit der Art. 97 § 1 lit. c) VerfO-EuGH und Art.123 § 1 lit. c) VerfOEuG in Frage zu stellen. Eine solche Auffassung hat im übrigen auch die Kommission in der Rs. T-1/90 (Perez-Minguez Casariego/Kommission) vertreten. In dem dortigen Verfahren focht die Klägerin die Besetzung einer ausgeschriebenen Stelle mit einer Konkurrenzbewerberin, einer Frau Gutierrez Diaz, an. Die Kommission machte geltend, Frau Gutierrez Diaz habe ein Grundrecht auf Zugang zu den Gerichten, und es sei erforderlich gewesen, sie zu laden und ihr alle Verfahrensunterlagen zu übermitteln399 •
Zum möglichen Anwendungsbereich der Drittwiderspruchsklage nach derzeitigem Recht siehe noch sogleich unter B. 111. 398 Zu den rechtstechnischen Aspekten der Inkenntnissetzung sogleich. 399 Siehe EuG, Urteil v.20.3.1991, Slg. l991-II, S. l43 (159).
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
II. Rechtstechnische Aspekte einer ungeschriebenen individuellen Verfahrensbenachrichtigung 1. Bedenken des Gerichts erster Instanz Das Gericht erster Instanz lehnte dies indes - unzutreffenderweise - ab. Zur Begründung verwiesen die Richter zunächst auf das Urteil des Gerichtshofs in der Rs. 12/69 (Wonnerth/Kommission), in dem dieser festgestellt hatte, daß das Prozeßrecht der Gemeinschaften eine Beiladung Dritter nicht vorsehe400• Soweit ist gegen die Argumentation des Gerichts auch nichts einzuwenden. Die Kommission hatte in der mündlichen Verhandlung allerdings deutlich gemacht, daß es ihr nicht nur um die Frage einer Beiladung von Frau Gutierrez Dfaz im Sinne einer automatischen Verfahrensbeteiligung ging, sondern auch darum, ob .,die Klage neben ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften dem Beamten, dessen Ernennung in Frage gestellt werde, mitzuteilen sei."401
Hiergegen wandten sich die Gemeinschaftsrichter mit folgenden Worten: .,Ferner werden die Rechte nicht am Verfahren beteiligter Dritter durch die Verfahrensordnung des Gerichtshofes gewährleistet, die zum einen das Streithilfeverfahren, von dem Frau Gutierrez Dfaz, die von der Klage aufgrund der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlichten Zusammenfassung wissen mußte, hätte Gebrauch machen können, und zum anderen die Drittwiderspruchsklage vorsieht. Zudem können sich die Bürger jedenfalls nur auf Verfahrensregeln berufen, die ausdrücklich in einer Rechtsvorschrift festgelegt sind; das Gericht darf solche Verfahrensregeln nicht deduzieren, zumal der Rechtsschutz der Bürger schon angemessen gesichert ist."402
Wie gesehen ist nun aber der Rechtsschutz gehörsberechtigter Dritter durch das positivierte Verfahrensrecht des Gerichtshofs gerade nicht ausreichend gesichert. Die Klageveröffentlichung im Amtsblatt erweist sich zur Gewährung rechtlichen Gehörs als unzureichend, und die Drittwiderspruchsklage schafft hierfür keinen Ausgleich. Fehl gehen zudem insbesondere die Ausführungen des Gerichts, weil eine individuelle Verfahrensbenachrichtung nicht schriftlich niedergelegt sei, könne es eine solche auch nicht vornehmen, denn der Gerichtshof hatte in der schon angeführten Rs. 234/86 (Belgien/Kommission) bereits knapp fünf Jahre zuvor entschieden, daß Siehe dazu auch schon im 1. Kapitel unter C. EuG, Urteil v.20.3.1991, Slg.1991-II, S.143 (159). 402 lbid., S. 159; ganz ähnlich EuG, Rs. T-35/89 TO (Zubizarreta u. a./Albani u. a.), Urteil v. 26.3.1992, Slg. 1992-11, S. 1599 (1612): .,Jedoch sieht die Verfahrensordnung, die nur den Beitritt als Streithelfer und nicht die Beiladung kennt ... , nicht die Zustellung der Klage an jeden möglicherweise interessierten Dritten vor, sondern nur die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt, um Dritten die Möglichkeit zur Kenntnisnahme von den bei den Gemeinschaftsgerichten eingeleiteten Verfahren zu geben." 400
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B. Die Informierung Dritter über erhobene Klagen
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"die Gewährung rechtlichen Gehörs ... ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts (ist) und selbst dann sicherzustellen (ist), wenn es keine einschlägigen Verfahrensregeln gibt."403
Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verbietet insofern ein starres Berufen auf das geschriebene Verfahrensrecht und zwingt die Gemeinschaftsorgane dazu, diesem gegebenenfalls auch ohne Heranziehung schriftlicher Grundlagen Rechnung zu tragen.
2. Rechtstechnische Absicherung und Ausgestaltung Will man die Verpflichtung der Gemeinschaftsgerichte, gehörsberechtigte Dritte von der Einleitung sie betreffender Verfahren persönlich in Kenntnis zu setzen, methodisch noch absichern, bietet sich der Weg einer Rechtsanalogie404 zu Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung, Art. 16 § 7 VerfO-EuGH, Art. 24 § 7, VerfO-EuG und zu Art. 133 § 1, 2 VerfO-EuG an. Keine der Vorschriften scheint für sich allein analogiegeeignet: So nennen die Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung, Art. 16 § 7 VerfO-EuGH und Art. 24 § 7 VerfO-EuG als Adressaten ausschließlich die Mitgliedstaaten bzw. Rat und Kommission; die Bestimmungen grenzen also allesamt private Dritte aus ihrem Anwendungsbereich aus. Art.133 § 1, 2 VerfO-EuG stellt dagegen auf die Beteiligung an einem behördlichen Vorverfahren ab; ein solches muß jedoch nicht stets stattgefunden haben. Gemeinsam ist den Regelungen aber eben jedoch der Gedanke, daß Dritte, um ihre Rechte geltend machen zu können, individuell von anhängig gemachten Verfahren Kenntnis erhalten sollen. Problemlos dürfte die Adresse, an die die Verfahrensbenachrichtigung erfolgen kann, auffindbar sein, ergibt sich diese doch jedenfalls jeweils aus der angefochtenen Entscheidung selbst. Ausreichend müßte es überdies sein, dem Dritten eine Abschrift der Klageschrift auf dem Postweg zukommen zu lassen, denn hieraus wird bereits hinreichend die dem Dritten drohende Rechtsbeeinträchtigung deutlich405 • Angebracht scheint dabei allerdings ein Hinweis auf die Möglichkeit der Streithilfe406 407.
EuGH, Urteil v.I0.7.1986, Slg. l986, S.2263 (2289). Allgemein zur Rechtsanalogie, bei der der Analogieschluß mehreren Bestimmungen, denen ein gleicher Rechtsgedanke immanent ist, entnommen wird und der Gesetzesanalogie, bei der die Analogie zu einer einzigen Vorschrift gezogen wird, Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 381 ff. 405 Wie später noch ersichtlich werden wird, dürfen dabei nicht etwa vertrauliche Unterlagen des Klägers von der Übermittlung ausgenommen werden; hierzu unter D.III.l.a)bb)(l). 406 Siehe hierzu auch bereits in Fn. 84 des 2. Kapitels zur entsprechenden Lage im deutschen Recht. 407 Zur Frage, ob de lege ferenda die Pflicht zur Verfahrensbenachrichtigung in den Verfahrensordnungen von Gerichtshof und Gericht erster Instanz festgeschrieben werden, oder aber nicht ohnehin das Institut der Intervention durch die Beiladung ersetzt werden sollte, siehe noch im 5. Kapitel unter B. 403
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
111. Folgen unterlassener Inkenntnissetzung In Deutschland sind die Folgen der unterlassenen Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO und der unterbliebenen zivilprozessualen Zuladung, wie weiter oben beschrieben wurde, Gegenstand einer regen Diskussion408 • So ist in der Verwaltungsrechtsliteratur die Auffassung vorherrschend, das unter Außerachtlassung des notwendig Beizuladenden ergangene Anfechtungsurteil sei unwirksam. Sofern die richterliche Entscheidung hingegen für wirksam gehalten wird- für den Verwaltungsprozeß wird diese Betrachtungsweise von einem Teil des Schrifttums und in neuerer Rechtsprechung auch vom Bundesverwaltungsgericht vertreten, im Zivilprozeß entspricht ein solches Ergebnis der allgemeinen Meinung - ist nicht unproblematisch, auf welche Art und Weise der von den Urteilswirkungen erfaßte Dritte sich gegen den ihn belastenden Richterspruch zur Wehr setzen kann. Vorgeschlagen werden hier die Verfassungsbeschwerde, die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsmitteln mit verlängerter Frist und die Erhebung der Nichtigkeitsklage. Die Vorschläge lassen sich zu einem sinnvollen Zusammenspiel kombinieren; einen auf den Fall der unterlassenen Drittbeteiligung richtiggehend zugeschneiderten Rechtsbehelf kennt das deutsche Prozeßrecht gleichwohl nicht. Die Stellung des Bundesverfassungsgerichts läßt es zunächst fraglich erscheinen, ob tatsächlich jeglicher Fall der unterlassenen notwendigen Verfahrensbeteiligung Dritter dort anhängig machbar sein sollte. Rechtsmittellösung und Nichtigkeitsklage kommen zudem nicht ohne Analogieschlüsse aus. Der Fall einer unterlassenen Verfahrensbenachrichtigung Dritter durch Gerichtshof oder Gericht erster Instanz dürfte dagegen weniger problembehaftet sein. Anders als das deutsche Recht enthält das Europäische Prozeßrecht mit der Drittwiderspruchsklage eine Rechtsschutzform, die an sich denkbar gut dafür geeignet ist, einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Beteiligung bzw. wie vorliegend zur Inkenntnissetzung Dritter zu beheben. Hält man die im Rahmen der vorangegangenen Ausführungen erfolgten Schlüsse für richtig, daß nämlich die Veröffentlichung aller Klagen im Amtsblatt kein probates Mittel der Gehörsgewährung ist, und insofern, um ein Verhältnis der Über- und Unterordnung zwischen Streithilfe und Drittwiderspruchsklage aufrechterhalten zu können, gehörsberechtigte Dritte von sie betreffenden Verfahren persönlich in Kenntnis zu setzen sind, ist der Schritt ein leichter zu sagen, in der unterlassenen Verfahrensbenachrichtigung liegt gerade der Grund für die mangelnde Teilnahme am Hauptverfahren. Auch in der deutschen Prozeßrechtsliteratur ist im übrigen erwogen worden, das Institut der Drittwiderspruchsklage für die Fälle unterbliebener Drittbeteiligung einzuführen409 • Gemäß Art. 97 § 1 S. 3 VerfO-EuGH und Art. 123 § 1 S. 3 VerfO-EuG soll die Drittwiderspruchsklage gegen im Amtsblatt veröffentlichte Urteile allerdings nur Siehe bereits im 2. Kapitel unter B. So Benkel, Die Verfahrensbeteiligung Dritter, S. 149; Dimaras, Anpruch .,Dritter" auf Verfahrensbeteiligung, S. 115. 408 409
C. Aspekte des Zulassungsverfahrens
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binnen zwei Monaten nach der Veröffentlichung zulässig sein. Hier müssen diese Vorschriften verfassungskonform dahingehend interpretiert werden, daß sie auf die Situationen unterbliebener Verfahrensbenachrichtigung nicht anwendbar sind.
C. Aspekte des Zulassungsverfahrens Bereits im Rahmen der Einführung wurde dargestellt, wie der Streitgehilfe die Stellung eines solchen erlangt-4 10• Die verfahrenstechnischen Einzelheiten des Reitrittsaktes brauchen an dieser Stelle nicht noch einmal wiederholt zu werden. Nachstehend sollen daher nur noch einige besondere Aspekte des Beitrittsverfahrens angesprochen werden.
I. Die Prüfung des Beitrittsinteresses Ist die Intervention von der Darlegung eines Beitrittsinteresses abhängig, so hat der Beitrittswillige in seinem Interventionsantrag Ausführungen hierzu zu machen411. Damit ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, wem in der Folge die Berechtigung zukommt, das vorgetragene Interventionsinteresse zu hinterfragen. Die vorangegangenen Ausführungen haben allerdings schon gezeigt, daß Gerichtshof und Gericht das Beitrittsinteresse von Amts wegen überprüfen. Sie liegen hiermit auf der Linie der deutschen und französischen Verwaltungsgerichte, bei denen, wie gesehen, ebenfalls eine Prüfung der Drittbeteiligungsvoraussetzungen ex officio erfolgt. Daß eine amtswegige Überprüfung des Interventionsinteresses auch im Gemeinschaftsrecht stattfinden soll, ergibt sich überdies mittelbar auch aus der Vorschrift des Art.123 S. 2 VerfO-EuGH, die bestimmt, daß der Gerichtshofvor seiner Entscheidung über ein für das Rechtsmittelverfahren eingereichtes Beitrittsgesuch den Generalanwalt anzuhören hat. Kläger und Beklagter erhalten hier also gar nicht erst eine Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Gerichtshof behält sich zudem das Recht vor, das Vorhandensein des Reitrittsinteresses des Intervenienten auch nach dessen Zulassung weiterhin zu überprüfen. Ausdrücklich stellte er vor kurzem im Rahmen der Rs. C-199/92 P (Hüls/ Kommission) fest: "In Bezug auf die gegen die Streithilfe insgesamt erhobene Einrede der Unzulässigkeil ist vorab zu bemerken, daß der Beschluß vom 30. September 1992, durch den der Gerichtshof DSM als Streithelfenn zur Unterstützung der Anträge der RechtsmittelführeTin zugelassen hat, einer erneuten Prüfung der Zulässigkeil der Streithilfe von DSM nicht entgegensteht. .."412 Siehe hierzu im 1. Kapitel unter C. Vgl. Art. 93 § 5 Abs. 2lit. f) VerfO-EuGH; Art.116 § 4 Abs. 2lit. f) VerfO-EuG. 41 2 EuGH, Urteil v. 8.7.1999, Slg. 1999-1, S. 4287 (4358); ähnlich zuvor schon EuGH, Rs. 138/79 (Roquette Freres/Rat), Urteil v. 29.10.1980, Slg. 1980, S. 3333 (3357). 410
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Ob dies allerdings zur Konsequenz hat, daß der Streithelfer damit im Nachhinein wieder aus dem Verfahren gänzlich herausgedrängt wird, oder aber nur seine aktive Beteiligung innerhalb des Prozesses unbeachtet bleibt, ist bislang nicht entschieden.
II. Fristversäumnis Für den Fall, daß ein Beitrittswilliger die Interventionsfrist versäumt, wurde von K. Wolf angeregt, daß dieser nun möglicherweise im Anschluß an das Verfahren Drittwiderspruchsklage gegen das Urteil erheben könne413 • Einem solchem Vorschlag kann jedoch nur widersprochen werden. Die Zulassung der Drittwiderspruchsklage bei Versäumung der Beitrittsfrist würde das im Gemeinschaftsrecht gewollte Verhältnis der Subsidiarität von Intervention und Drittwiderspruchsklage aus den Angeln heben414 • Berechtigte nämlich das allein unabsichtliche Verstreichenlassen der Interventionsfrist zur Erhebung der Drittwiderspruchsklage, so liefe das Erfordernis der mangelnden Möglichkeit der Beteiligung am Erstverfahren-wie auch schon gesehen - in praxi leer. Das Gericht erster Instanz hat gleichwohl im Rahmen der Rs. T-194/94 (Area Cova u. a.) die schon im Schrifttum zuvor ebenfalls geäußerte Auffassung bestätigt, daß unter Umständen dem Interventionswilligen eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand415 gewährt werden kann41 6. Hieran sind allerdings, wie die Worte der Richter zeigen, strenge Voraussetzungen zu knüpfen: Ein Zufall oder ein Fall höherer Gewalt im Sinne des Artikels 42 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes setzt voraus, daß ungewöhnliche, vom Willen des Klägers417 unabhängige Schwierigkeiten vorliegen, die selbst bei Beachtung aller erforderlichen Sorgfalt unvermeidbar erscheinen. Weder die Kompliziertheit der Verfahren noch die Langsamkeit des internen Kommunikationsablaufs stellen solche Umstände dar. Insbesondere kann sich eine Partei nicht auf das schlechte Funktionieren ihrer Dienststellen berufen ...." 41 8
111. Instanzwechsel Die Vorschriften des Gemeinschaftsprozeßrechts treffen keine ausdrückliche Aussage darüber, was aus dem Streithelfer wird, wenn der Rechtsstreit vom Gericht erster Instanz im zweiten Rechtszug auf den Gerichtshof übergeht oder der Ge413 K. Wolf in: v. Boeckh/v. d. Groeben(Thiesing, Handbuch des Europäischen Rechts, Art. 93 VerfO-EuGH, Anm. 1; vgl. auch Rengeling!Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn.681. 4 14 Hierzu bereits unter B. I. 2. 41 s V gl. Art. 42 Abs. 2 EG-Satzung; Art. 43 Abs. 2 EAG-Satzung; Art. 39 Abs. 3 EGKS-Satzung. 4 16 Aus der Literatur Jung, EuR 1980, S. 372 (378); Ehle/Schiller, EuR 1982, S. 48 (57). 417 Hier hätte es anstatt Kläger Beitrittswilliger heißen müssen. 418 EuG, Beschluß v.l4.5.1996, Slg.l996-II, S.343 (349f).
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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richtshof das Verfahren an das Gericht zurückverweist419 • Daß der Streithelfer erster Instanz für das Rechtsmittelverfahren keinen neuen Streithilfeantrag zu stellen braucht, werden die sich sogleich anschließenden Ausführungen zeigen. In der Rs. T-43/89 RV (GiB/Kommission) hat das Gericht erster Instanz zudem entschieden, daß auch auf dem ·umgekehrten Weg kein zweiter Interventionsantrag notwendig ist420 • Auch in diesem Fall bleibt die zuvor gewährte Zulassung erhalten421 •
D. Die Rechtswirkungen der Intervention I. Die Einordnung des Streitgehilfen in die Beteiligtenstruktur des Rechtsstreits Wie im 2. Kapitel der Untersuchung beschrieben wurde, werden im deutschen Recht weder der Nebenintervenient noch der Beigeladene als Partei des Rechtsstreits bezeichnet. Beide sind vielmehr Verfahrensbeteiligte sui generis422 • Wohl in Anlehnung hieran findet sich in der deutschsprachigen Europarechtsliteratur, soweit zu der Einordnung des Intervenienten in die Struktur des Rechtsstreits Stellung genommen wird, fast ausnahmslos die Aussage, auch der Intervenient der Europäischen Prozeßrechts werde nicht Partei des Verfahrens423 • Näher eingegangen wird darauf allerdings nicht. Eine genau entgegengesetzte Sichtweise zum Status des Intervenienten vertritt hingegen das französischsprachige Schrifttum. Dort wird der Streitgehilfe allgemeiner Ansicht nach als Partei des Rechtsstreits (partie intervenante) angesehen424 425 • Da das Verfahrensrecht von Gerichtshof und Gericht erster Instanz an den Begriff der Partei, wie sogleich und auch weiter unten noch ersichtlich werden wird, bestimmte Folgen knüpft, kann die Frage nach der prozessualen Bezeichnung des Intervenienten nicht dahingestellt bleiben. Der Gerichtshof hat sie in der Vgl. Art. 54 EG-Satzung; Art. 55 EAG-Satzung; Art. 54 EGKS-Satzung. EuG, Urteil v.23.3.1993, Slg.1993-II, S.303 (313). 421 Siehe dazu auch Art.119 § 1 lit. c) VerfO-EuG. 422 Siehe dazu schon im 2. Kapitel unter A. I. 1. a) cc )( 1) sowie unter A. II. 3. a). 423 Rengeling/Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 686; Degenhardt, Die Auslegung und Berichtigung von Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, S.45; Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 35; Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 188; Ehle/Schiller, EuR 1982, S.48 (55); Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S.l95 (208); anders soweit ersichtlich nur Hakenberg/Stix-Hackl, Handbuch zum Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, S.l63, dazu sogleich. 424 Vgl. nur Vandersanden/Barav, Contentieux Communautaire, S.472; Waelbroeck/Waelbroeck in: Commentaire Megret, Le Droit de Ia CEE, Art.l88, Nr. 73. 425 Aus der einschlägigen englischsprachigen Literatur ließen sich Hinweise zur dortigen Sichtweise nicht entnehmen. 4 19 420
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Rs. C-244/91 P (Pincherle/Kommission)426 vor einigen Jahren auch entschieden, und zwar dahingehend, daß der Streithelfer von ihm als Partei des Rechtsstreits betrachtet wird. In diesem Verfahren, einer Dienstrechtssache, hatte das Gericht erster Instanz, während der Rechtsstreit bei ihm anhängig war, mehrere Gewerkschaften zur Unterstützung des Klägers als Intervenienten zugelassen. In der Rechtsmittelinstanz vor dem Gerichtshof reichten die Gewerkschaften erneut einen Schriftsatz zur Stützung des Klagebegehrens ein, ohne daß sie zuvor indes eine Zulassung als Streithelfer für das Rechtsmittelverfahren beantragt bzw. erhalten hatten. Die beklagte Kommission und Generalanwalt Darmon hielten die Streitbeteiligung der Gewerkschaften infolgedessen für unzulässig427 • Der Gerichtshof folgte dieser Auffassung jedoch nicht und entschied: "Gemäß Artikel 49 Absätze 1 und 2 der EWG-Satzung des Gerichtshofes kann ein Rechtsmittel beim Gerichtshof von einer Partei, die vor dem Gericht mit ihren Anträgen ganz oder teilweise unterlegen ist, innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung der angefochtenen Entscheidung eingelegt werden. Artikel 49 Absatz 2 Satz 2 lautet: ,Andere Streithelfer als Mitgliedstaaten oder Gemeinschaftsorgane können dieses Rechtsmittel jedoch nur dann einlegen, wenn die Entscheidung des Gerichts sie unmittelbar berührt. ' 428 Die Einschränkung in Artikel49 Absatz 2 Satz 2 ist nur deshalb erforderlich, weil der Begriff ,Partei' in Absatz 2 Satz I auch die Streithelfer vor dem Gericht umfaßt. Somit ergibt sich aus Artikel 49 der EWG-Satzung des Gerichtshofes, daß auch die Streithelfer vor dem Gericht als Parteien vor dem Gericht angesehen werden. Folglich ist Artikel 115 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes auf sie anwendbar, so daß sie beim Gerichtshof keinen neuen Streithilfeantrag gemäß den Artikeln 93 und 123 der Verfahrensordnung einreichen müssen."429
Diese Sichtweise bestätigte der Gerichtshof später in der Rs. C-245/95 P (Kommission/NTN Corporation u. a.), in der die Gemeinschaftsrichter den Antrag der Federation of European Bearing Manufacturers' Association auf Zulassung als Streithelferin zu dem Rechtsmittelverfahren als unzulässig zurückwiesen, weil die Organisation schon in erster Instanz als lntervenientin aufgetreten war und deshalb als Partei des Verfahrens keinen neuen Streithilfeantrag zu stellen brauche430• Der Streitgehilfe im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bildet somit wie im französischen Recht keine eigenständige Beteiligtenkategorie, sondern unterfällt dem Begriff der Partei. Für eine solche Einordnung spricht im übrigen auch eine Betrachtung der französischen Fassungen der Art. 93 § 1 S. 2lit. b) VerfO-EuGH und Art. 115 § 2lit. b) VerfO-EuG, die von dem Beitritts426 EuGH, Urteil v. 22.12.1993, Slg. 1993-I, S. 6965ff; siehe hierzu auch Hakenberg/StixHackl, Handbuch zum Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, S.163. 427 Ibid., S. 7000f; GA Darmon, Schlußanträge v. 30.6.1993, Slg. 1993-1, S. 6983 (6984ft). 428 Näheres dazu noch unter D. III. 4. a). 429 EuGH, Urteil v.22.12.1993, Slg.1993-I, S.6965 (7001). 430 EuGH, Beschluß v.14.2.1996, Slg. 1996-I, S.553 (557); ebensoEuGH, Rs.390/95 P (Antillean Rice Mills u. a./Kommission), Urteil v. 11.2.1999, Slg. 1999-I, S. 769 (809).
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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willigen die Angabe der "parties principales" in seinem Interventionsantrag fordern. Demzufolge ist der Beigetretene eine "partie accessoire". Den Intervenienten so zu bezeichnen, macht überdies gut deutlich, daß dem Streithelfer, wie im weiteren Verlauf der Untersuchung noch zu zeigen sein wird, trotz seiner Parteistellung nicht dieselben Rechte zur Einflußnahme auf das Verfahren zukommen wie Kläger und Beklagtem, die im folgenden auch als Hauptparteien bezeichnet werden.
II. Die Bindungswirkung des Urteils 1. Einleitungsbemerkungen
Art. 42 EGKS-Satzung bestimmt, daß, wenn sich ein Mitgliedstaat gemäß Art. 41 der Satzung an einem vor dem Gerichtshof nach Art. 89 EGKS-Vertrag anhängig gemachten Verfahren als Streithelfer beteiligt, die in dem Urteil gegebene Auslegung des Gemeinschaftsrechts auch gegen den Intervenienten wirkt. Darüber hinaus enthalten die Vorschriften des Prozeßrechts des Gerichtshofs jedoch keinerlei Aussage über mit der Streithilfe einhergehende Bindungswirkungen der gerichtlichen Entscheidung für den Beigetretenen. Auch die weiter oben schon genannten Bestimmungen der Art. 65 VerfO-EuGH und Art. 83 VerfO-EuG besagen zudem nichts über die subjektive Reichweite der materiellen Rechtskraft der gemeinschaftsgerichtlichen Urteile. Der Gerichtshofhat sich bislang mit der Frage, ob die Streitbeteiligung Dritter insofern auch außerhalb des Art. 42 EGKS-Satzung zur Erstreckung von Bindungswirkungen der Entscheidung auf diese führt, nicht auseinandersetzen müssen. Auch die Literatur schweigt hierzu in nicht unerheblichen Teilen431 • Gleichwohl kann ihre Beantwortung sowohl auf europäischer als auch aufnationaler Ebene Bedeutung erlangen: So kann z. B. der Adressat einer belastenden Kommissionsentscheidung auch dann gegen diese vorgehen, wenn der Erlaß der Entscheidung zuvor von einem Konkurrenten über die Nichtigkeitsklage mittelbar erstritten worden war. Die Rechtskraft des Nichtigkeitsurteils bindet den Entscheidungsadressaten wie gesehen nicht. Hatte sich dieser jedoch an dem ersten Rechtsstreit beteiligt, wird die Frage aufkommen, ob er nicht als Kläger des zweiten Verfahrens an die Feststellungen der Richter aus dem ersten Prozeß bereits gebunden ist. Entsprechendes wird auf nationaler Ebene gelten, wenn beispielsweise Kläger und Beklagter über die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung von Schadensersatz wegen Verstoßes gegen das Kartellverbot des EG-Vertrages streiten, und beide Parteien an dem vorherigen Nichtigkeitsprozeß vor dem Gerichtshof beteiligt waren, in dem der Beklagte des 43 1 So enthalten die Ausführungen zur Intervention von Lasok, The European Court of Justice, S. 153 ff; Plender in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn. 23-01 ff; Hackspiel in: v. d. Groeben!Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 1 ff; Vandersanden!Barav, Contentieux Communautaire, S. 446ff, allesamt keine Aussagen zu etwaigen Bindungswirkungen des Urteils für den Intervenienten.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
nationalen Verfahrens sich erfolglos gegen eine den Kartellverstoß feststellende Entscheidung der Kommission gewandt hatte432 • Im folgenden soll daher untersucht werden, ob sich aus der Verfahrensbeteiligung des Streithelfers Bindungswirkungen des Urteils für diesen ergeben. Sollte das der Fall sein, werden hieraus möglicherweise zudem im weiteren Verlauf der Arbeit Konsequenzen für die dem Streitgehilfen im Verfahren einzuräumende Rechtsstellung zu ziehen sein. 2. Die grundsätzliche Existenz einer Bindungswirkung des Urteils gegenüber dem Streithelfer Die ausdrückliche Festschreibung einer Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung in Art. 42 EGKS-Satzung für Verfahren nach Art. 89 EGKS-Vertrag könnte zunächst im Umkehrschluß dafür sprechen, eine Bindung des Streitgehilfen außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Norm abzulehnen. Eine solche Sichtweise hat Breitner in der Frühzeit des EGKS-Rechts für Art. 34 der Satzung vertreten, indem er feststellte, die Statuierung einer Bindungswirkung in Art. 42 EGKS-Satzung ließe immerhin den Schluß zu, daß dort eine Bindung des Intervenienten nicht gewollt sei433 • Nun lehnt sich allerdings, wie weiter oben schon deutlich zu sehen war, der Wortlaut des Streithilferechts der EGKS an die Vorschriften der Art. 62 und 63 IGH-Statut an434 • Wie die EGKS-Satzung weist dabei auch das Statut des Internationalen Gerichtshofs eine ausdrückliche Einbindung des Streithelfers in die gerichtliche Entscheidung nur zum Teil auf. Lediglich für die sog. Interpretationsintervention nach Art. 63 Abs. 2 1. Hs. IGH-Statut ist danach im 2. Hs. der Bestimmung eine Bindungswirkung positiviert. Für die Intervention in streitigen Verfahren nach Art. 62 IGH-Statut ist eine Bindungswirkung hingegen nicht niedergelegt. Gleichwohl wird einhelliger Auffassung nach auch der nach Art. 62 IGH-Statut beigetretene Intervenient an das in dem Rechtsstreit ergangene Urteil gebunden, und zwar durch Erstreckung der materiellen Rechtskraft der Entscheidung auf ihn435 • Der Streithelfer wird nämlich als Partei des Rechtsstreits betrachtet436; und infolgedessen unterfallt Dazu auch Whish, Competition Law, S. 324 ff; ders., EBLRev 1994, S. 3 (7 f). Breitner, Der Gerichtshof der Montangemeinschaft und seine Anrufung bei fehlerhaften Organakten, S. 36; vgl. dazu auch Degenhardt, Die Auslegung und Berichtigung von Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, S.46. 434 Siehe zum Wortlaut dieser Bestimmungen schon unter A. II. 2. b ). m Vgl. Mosler in: Bemhardt, Encyclopedia of Public International Law, Bd. III, S. 31 (36); Oellers-Frahm, ZaöRV 41 ( 1981 ), S. 579 (580, 586); Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S. l46ff m. w. N. 436 IGH (Tunesia/Libyan Arab Jamahiriya), Application to intervene, Judgment, I.C.J. Reports 1981, S. 2 ( 15, 18 f); außerdem Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S. 133 f m. w. N. 432
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D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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er der in Art. 59 IGH-Statut festgeschriebenen inter-partes-Wirkung der materiellen Rechtskraft des Richterspruchs. Letztere umfaßt dabei den Subsumtionschluß des Gerichts und die tragenden Gründe des Urteils437 • Außerdem wird für eine Bindungswirkungdes Urteils auch gegenüber dem Intervenienten des Art. 62 IGH-Statut auch noch vorgetragen, daß Art. 63 in Wirklichkeit gar keine Erweiterung der Rechtskraft vorsehe, sondern vielmehr gerade eine Einschränkung des Grundsatzes einer generellen Bindungswirkung des Intervenienten bedeute, da nicht die gesamte Entscheidung, sondern eben nur derjenige Teil, der die Auslegung der Konvention betreffe, für den Intervenienten bindend sein solle438 • Jedenfalls im Verfahrensrecht des Internationalen Gerichtshofs würde somit der Einwand, eine Bindungswirkung des Urteils gegenüber dem nach Art. 62 IGH-Statut beigetretenen Intervenienten scheide deshalb aus, weil eine solche in dem Regelungswerk nicht vorgesehen sei, nicht durchschlagen. Da auch der Europäische Gerichtshof allerdings, wie soeben beschrieben wurde, den Intervenienten als Partei des Verfahrens ansieht, spricht schon dies dafür, ihn wie Kläger und Beklagten ebenfalls an die materielle Rechtskraft der Entscheidung zu binden. Die Existenz einer Bindungswirkung des Urteils als Folge der Streitbeteiligung läßt sich überdies auch als allgemeiner Rechtsgrundsatz bezeichnen439 • So geht, soweit der Drittbeteiligte als Partei betrachtet wird, mit der Parteistellung stets eine Rechtskrafterstreckung auf den Dritten einher. Hinsichtlich des Internationalen Gerichtshofs wurde das gerade, für das französische Recht im 3. Kapitel der Untersuchung440 deutlich. In anderen internationalen Gerichtsverfahrensrechten und nationalen Rechtsordnungen ist die Rechtslage hier nicht anders441 • Wird der Drittbeteiligte dagegen, weil das nationale Recht wie beispielsweise in Deutschland den Parteibegriff und die materielle Rechtskraft enger definiert, als Prozeßbeteiligter sui generis eingeordnet442, weisen die Verfahrensregelungen wie etwa mit § 68 ZPO gesonderte Bestimmungen zur Begründung einer für den Dritten geltenden Bindungswirkung auf443 • Je nachdem, ob eine Einbindung des Dritten an den Subsumtionsschluß oder an die tatsächlichen Feststellungen der Richter und die inzident erfolgten Rechtsschlüsse erforderlich ist, erfolgt dabei entweder eine Rechtskraftausweitung oder eine "lnterventionswirkung". Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S.149. So etwa Oellers-Frahm, ZaöRV 41 (1981), S. 579 (586); vgl. auch Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S. 147 f. 439 So auch Gutsche, Die Bindungswirkung der Urteile des Europäischen Gerichthofes, S.45. 440 Siehe hierzu bereits im 3. Kapitel unter A. I. 3. a) sowie unter A. II. 4. 441 Dazu Fritzemeyer, Die Intervention vor dem Internationalen Gerichtshof, S. 82, 148; zum englischen Recht auch Spellenberg, ZZP 106 (1993), S. 283 (327, 338); zum italienischen Recht außerdemBerri, CMLRev 1971, S. S (6). 442 Siehe zum deutschen Recht schon im 2. Kapitel unter A.l.l.a)cc)(l) sowie unter A. II. 3. a); gleiches gilt für das griechische Recht, vgl. Yessiou-Faltsi, Civil Procedure in Hellas, S.228. 443 V gl auch Art. 85 des Griechischen Zivilprozeß-Gesetzbuchs, dessen Wortlaut dem des § 68 ZPO entspricht; dazu wiederum Yessiou-Faltsi, Civil Procedure in Hellas, S. 228. 437 438
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Die vorstehenden Ausführungen rechtfertigen insofern die Annahme, daß auch der Streitbeitritt vor Gerichtshof und Gericht erster Instanz grundsätzlich zu einer Bindung des Streitgehilfen an die richterliche Entscheidung führt. Daß eine Bindungswirkungnur in Art. 42 EGKS-Satzung schriftlich fixiert ist, ist somit ohne Belang. Will man im übrigen über die Streitbeteiligung von Verbänden hinaus der Intervention eine verfahrensreduzierende Wirkung zuschreiben, ist eine solche Annahme letztlich auch funktionsnotwendig. Eine Bindung des Streitgehilfen kann dabei durch seine Einbindung in die materielle Rechtskraft des Urteils geschehen444 • Diese bewirkt, wie die nachstehenden Bemerkungen noch zeigen werden, eine Gebundenheit des Intervenienten an Subsumtionsschluß und Urteilsgründe.
3. Umfang der Bindungswirkung In der deutschen Literatur findet sich zuweilen- auch von Autoren, die von einer Rechtskrafterstreckung des Urteils auf den Streithelfer ausgehen - die Äußerung, anders als die Nebenintervention nach §§ 66ff ZPO kenne die Streithilfe im Gemeinschaftsrecht keinerlei lnterventionswirkungen445 • Der Intervenient könne daher auf europäischer wie auf nationaler Ebene weiterhin geltend machen, der erste Prozeß sei unrichtig entschieden worden446 • Betrachtet man allerdings den begrifflichen Gehalt der materiellen Rechtskraft im Gemeinschaftsrecht und im deutschen Recht, zeigt sich, daß diese Sichtweise falsch ist. In der deutschen Prozeßrechtslehre werden nur solche Personen als Parteien bezeichnet, die selbst geklagt haben oder verklagt worden sind; Nebenintervenient und Beigeladener sind daher keine Parteien des Rechtsstreits. Mit dem engen Parteibegriff korrespondiert eine restriktive Interpretation der materiellen Rechtskraft. Da es für Kläger und Beklagten genügt, diese an den Subsumtionschluß des Gerichts zu binden, und nur diese Parteien des Verfahrens sind, umfaßt die materielle Rechtskraft lediglich den Rechtsfolgeschluß der Richter. Für die Einbindung der Drittbeteiligten in die gerichtliche Entscheidung bedarf es jedoch, wie im 2. Kapitel beschrieben, in diesem Fall der Statuierung einer 444 Von einer Bindung des Streitgehilfen an die Rechtskraft der Entscheidung gehen ohne nähere Begründung auch Rengeling!Middeke!Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 689; K . Wolf in: v. d. Groeben{Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, 4. Aufl., Art. 37 EG-Satzung, Rn. 10; Tsikrikas, Die Wirkungen der Urteile des Europäischen Gerichtshofs im Vertragsverletzungsverfahren (Art. 169 ff EWGV), S. 91 ; Bebr, Judicial Control in the European Communities, S. 176 f; Riese, NJW 1953, S. 521 (524); Ehle/Schiller, EuR 1982, S. 49 (50) aus. Gutsche, Die Bindungswirkung der Urteile des Europäischen Gerichthofes, S. 44 f, hält die Erstreckung der Rechtskraft auf den Streithelfer ebenfalls für einen allgemeinen Grundsatz der Intervention. 445 Erstmalig Ehle/Schiller, EuR 1982, S. 49 (50); ebenso RengelingtMiddeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn.673; Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S.l95 (203). 446 Rengeling!Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 673; Hasse/bach, ZZP 109 (1996), S.l95 (203f).
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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gesonderten Bindungswirkung, die auch die Gründe des Richterspruchs umfaßt. Werden die Drittbeteiligten dagegen wie im französischen Recht, im Prozeßrecht des Internationalen Gerichtshofs und, wie zuvor gesehen, auch im Verfahrensrecht des Gerichtshofs als Parteien bezeichnet, beinhaltet die materielle Rechtskraft der Entscheidung jeweils auch deren Gründe. Der weite Parteibegriff impliziert also gewissermaßen ein extensives Rechtskraftverständnis. Schon durch die materielle Rechtskraft des Urteils wird in diesen Rechtsordnungen insofern erreicht, daß der Drittbeteiligte die Richtigkeit der Entscheidung später nicht mehr in Frage stellen kann.
111. Die Stellung des Streithelfers innerhalb des Verfahrensablaufs Im folgenden soll die Stellung des Intervenienten innerhalb des Verfahrensverlaufs analysiert werden. Auch weil die gerichtliche Entscheidung eine Bindungswirkung gegenüber dem Streithelfer entfaltet, wird es für diesen von einigem Interesse sein, den Gang des Verfahrens hinreichend in seinem Sinne beeinflussen zu können. Das beginnt zunächst bei der Frage des Zugangs der einzelnen Verfahrensbeteiligten zu Unterlagen, die für den Inhalt der richterlichen Entscheidung von Relevanz sein könnten. So mag etwa dem Kläger daran gelegen sein, daß vertrauliche Geschäftsinformationen nicht in die Hände eines Wettbewerbers gelangen. Andererseits kann auch der als Streithelfer der Kommission auftretende Konkurrent des Klägers ein Interesse daran haben, bestimmte Geschäftsgeheimnisse seines Unternehmens zwar den Gemeinschaftsrichtern für ihre Entscheidungstindung zugänglich zu machen, diese jedoch dem Kläger selbst vorzuenthalten. Von wesentlicher Bedeutung für die Einflußnahmemöglichkeiten des Intervenienten auf den Rechtsstreit ist überdies, was der Streitgehilfe im dem Verfahren vorbringen kann, d. h. inwieweit er frei prozedieren kann oder ob er an das Verhalten von Kläger und Beklagtem gebunden ist. Nachdem diese Fragen geklärt sind, wird dann zu untersuchen sein, ob das Verfahrensrecht von Gerichtshof und Gericht erster Instanz zudem den Bedürfnissen von Kläger und Beklagtem, sich mit dem Vortrag des Intervenienten ihrerseits auseinanderzusetzen, in genügendem Maße Rechnung trägt. Abschließend ist auf die Befugnisse des Streithelfers, gegen den Richterspruch vorzugehen, und auf die Stellung des Intervenienten, wenn Kläger und Beklagter Dispositionen über den Rechtsstreit treffen, einzugehen.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
1. Der Zugang zu Prozeßdokumenten
a) Unterlagen der Hauptparteien aa) Der Grundsatz der Art. 93 § 3 S. 1 VerfO-EuGH und Art. 116 § 2 S. 1, Art. 133 § 1, 2 VerfO-EuG Art. 93 § 3 S. 1 VerfO-EuGH und Art. 116 § 2 S. 2 VerfO-EuG bestimmen, daß dem Streithelfer nach Zulassung seiner Intervention alle dem Kläger und dem Beklagtem zugestellten Schriftstücke zu übermitteln sind. Im Falle der Anfechtung einer drittbegünstigenden Entscheidung war dem Entscheidungsadressaten zudem nach der hier vertretenen Ansicht die Klageschrift schon zuvor zuzustellen. Auch der nach Art. 134 § 1 VerfO-EuG beigetretene Intervenient hatte die Klageschrift schon vor seiner Verfahrensbeteiligung gemäß Art. 133 § 1, 2 VerfO-EuG erhalten. Weitere Prozeßunterlagen erhält dieser ebenso wie die Hauptparteien447 • Da- anders als etwa im Verfahren vor deutschen Verwaltungsgerichten- die Verwaltungsakten eines an dem Rechtsstreit aktiv oder passiv beteiligten Organs nicht automatisch an den Gerichtshof übergehen, sondern die für das Verfahren maßgeblichen Unterlagen den Schriftsätzen der Parteien beigefügt werden448, wird hierdurch eine umfassende Informierung des Streithelfers über den Prozeßstoff gewährleistet, ohne daß es daneben noch einer gesonderten Möglichkeit des Intervenienten zur Einsicht in die Akten des jeweils betroffenen Organs bedürfte449 • bb) Die Behandlung geheimer oder vertraulicher Unterlagen
(1) Der Regelungsgehalt der Art. 93 § 3 S. 2 VerfO-EuGH undArt.ll6 §2 S.2 VerfO-EuG Im Rahmen der Art. 93 § 3 VerfO-EuGH und Art. ll6 § 2 VerfO-EuG kann der Präsident der zuständigen Kammer jedoch nach S. 2 der Vorschriften auf Antrag einer Partei geheime oder vertrauliche Unterlagen von der Übermittlung ausnehmen. Für den Richtern vor Zulassung der Intervention bereits vorliegende Unterlagen kann ein solcher Antrag im Rahmen der den Hauptparteien eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme zu dem Interventionsantrag gestellt werden450 45 1• Für später 447 Dies ist zwar ausdrücklich nicht geregelt, ergibt sich jedoch aus Art. 134 § 2 Abs. 1 VerfO-EuG. 448 Vgl. K. Schmidt, Drittschutz, Akteneinsicht und Geheimnisschutz im Kartellverfahren, S.106; Lieberknecht, WuW 1988, S. 833 (847); Kekevordes, DB 1989, S. 2521 (2525). 449 Lieberknecht, WuW 1988, S. 833 (847); vgl. allerdings auch Art. 5 Abs. 3 DienstA-EuG. 450 Vgl. EuGH, verb. Rs. C-133 u. 150/87 (Nashua Corporation u. a./Rat u. Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 16.3.1988 (Urteil v. 14.3.1990, Slg. 1990-1, S. 719ff); Lasok, The European Court of Justice, S. 179; LasokNaughan, Butterworth European Court Practice, S.236.
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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eingereichte Schriftsätze kann die Stellung eines Zurückhaltungsantrags natürlich erst mit der Einreichung der Unterlagen erfolgen. Obwohl die Verfahrensordnungen die Entscheidung über die Zurückhaltung von Prozeßunterlagen dem Kammerpräsidenten aufgeben, übertragen diese die Entscheidung allerdings häufig auf die gesamte Kammer. Eine bestimmte Form der Entscheidung über den Antrag sehen die Verfahrensordnungen nicht vor; in der Praxis ergeht sie regelmäßig durch Beschluß. Handelt es sich um schon vorliegende Prozeßdokumente, wird dabei zumeist über Interventions- und Zurückhaltungsantrag gemeinsam entschieden; es kommt jedoch auch vor, daß sich die Richter die Entscheidung über den Zurückhaltungsantrag zunächst noch vorbehalten, um den Parteien weitere Gelegenheit zur Begründung ihres Geheimhaltungsinteresses zu geben452 • Bei der Bescheidung von Anträgen nach Art. 93 § 3 S. 2 VerfO-EuGH und Art.116 § 2 S. 2 VerfO-EuG entstehen zwei, im folgenden erörterte Fragen: So gilt es zu klären, was unter "geheimen oder vertraulichen Unterlagen" zu verstehen ist. Außerdem ist zu untersuchen, wann konkret von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden darf, dem Streithelfer einen Teil der Verfahrensdokumente vorzuenthalten. (a) Inhaltsbestimmung der Wendung "geheime oder vertrauliche Unterlagen" Art. 93 § 3 S. 2 VerfO-EuGH und Art. 116 § 2 S. 2 VerfO-EuG enthalten keine Definition der Wendung "geheime oder vertrauliche Unterlagen". Soweit ersichtlich werden diese auch an keiner sonstigen Stelle im Gemeinschaftsrecht definiert. Von Geheimnissen unterschiedlicher Art ist innerhalb der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften gleichwohl mehrfach die Rede. So verpflichtet Art. 287 1. Hs. EG-Vertrag (Art. 214 1. Hs. a. F.) die Mitglieder der Organe der Gemeinschaft, die Mitglieder der Ausschüsse sowie die Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft, während und nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit Auskünfte, die unter das "Berufsgeheimnis" fallen, nicht preiszugeben. Dies soll nach dem 2. Hs. der Regelung insbesondere für Auskünfte über Unternehmen sowie deren Geschäftsbeziehungen oder Kostenelemente gelten. Die Bestimmungen der Art.19 Abs. 3 S. 2 und 20 Abs. 2 der VO 17/62 sprechen zudem- wie eine Reihe weiterer Vorschriften- vom Schutz des 451 Da die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsorgane im Falle ihrer Intervention wiegesehen kein Beitrittsinteresse darzutun brauchen, und sich die Verfahrensbeteiligten insofern grundsätzlich gegen deren Streitbeteiligung ohnehin nicht wehren können, erfolgt die Zustellung des Beitrittsantrages von Mitgliedstaaten und Organen an die Parteien des Rechtsstreits tatsächlich im wesentlichen, um diesen die Möglichkeit zu geben, Anträge nach Art. 93 § 3 S. 2 VerfO-EuGH und Art. 116 § 2 S. 2 VerfO-EuG zu stellen. 452 So in der Rs. T-30/89 (Hilti/Kommission), in der das Gericht erster Instanz mit unveröffentlichtem Beschluß v. 4.12.1989 zwei Konkurrenzunternehmen der Klägerin als Intervenienten zuließ, über den von Hilti gestellten Zurückhaltungsantrag aber erst mit Beschluß v.4.4.1990, Slg.1990-II, S.l63ff, entschied.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
"Geschäftsgeheimnisses"453 . Hierunter fallen allgemeiner Ansicht nach jegliche Formen geschäftlicher Informationen, die nicht offenkundig sind und von einem Geheimhaltungsinteresse getragen werden454. Dies sind zum Beispiel normalerweise Zahlen über Marktverhältnisse und -anteile, Umsätze, Finanzierungsfragen u. ä. Selbst wenn eine Information dabei einem größeren Kreis von Unternehmen bekannt ist, kann sie immer noch ein Geschäftsgeheimnis sein, vorausgesetzt der Kreis ist abgegrenzt und gegenüber Dritten zur Verschwiegenheit verpflichtet455 . Die Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte übernimmt beide diese Geheimnisarten für den Tatbestand der Art. 93 § 3 S. 2 VerfO-EuGH und Art. 116 § 2 S. 2 VerfO-EuG, wobei die Richter zwischen geheimen und vertraulichen Unterlagen zu Recht keinen Unterschied machen. Ist eine Unterlage nämlich vertraulich, dann wird sie ausnahmslos auch geheim sein und umgekehrt. Die letztgenannten Geschäftsgeheimnisse bilden hierbei den wesentlichen Anwendungsbereich der Bestimmungen456. So erachtete der Gerichtshof beispielsweise in der Rs. 188/85 (FEDIOL/Kommission) einen von der Klägerin vorgelegten Bericht über die brasilianische Rizinusöl-Industriefür vertraulich457 . Das Gericht erster Instanz sah etwa in der Rs. T-66/94 (Auditel/Kommission) bestimmte von der Klägerin mit Geschäftspartnern geschlossene Verträge458, in der Rs. T-395/94 R (Atlantic Container Line u. a./ Kommission) Informationen der Klägerinnen über ihre Geschäftsergebnisse als vertrauliche Unterlagen an459. Im Rahmen der Rs. T-30/89 (Hilti/Kommission) entschied das Gericht erster Instanz zudem, daß auch der Schriftverkehr zwischen Anwalt und Mandanten, falls dieser zu den Gerichtsunterlagen gelangt ist, als vertraulich zu betrachten ist460 • Dokumente, die unter die berufliche Verschwiegenheitspflicht fallen, gehören somit ebenfalls in den Anwendungsbereich der Art. 93 § 3 S. 2 VerfO-EuGH und Art.116 § 2 S. 2 VerfO-EuG. (b) Die Entscheidung über die Zurückhaltung Die Vorschriften über die Zurückhaltung vertraulicher Unterlagen bestimmen nicht, daß diese dem Streithelfer in keinem Falle zuzuleiten sein dürften, sondern räumen durch die Benutzung des Wortes ,,kann" den Gemeinschaftsrichtern ein ErEbenso beispielsweise Art. 2 Abs. 2 V099/63; Art. 17 Abs.2 u. 18 Abs. 3 VO 4064/89. Lieberknecht, WuW 1988, S. 833 (845); dazu auch Whish, Competition Law, S. 294. 455 Lieberknecht, WuW 1988, S. 833 (845) m. w. N. zur Rechtsprechung des Gerichtshofs. 456 Vgl. auch Kirschner!Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 173; Klinke, Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 338. 457 EuGH, unveröffentlichter Beschluß v. 18.6.1986 (Urteil v. 14.7.1988, Slg. 1988, S.4155ft). 458 EuG, Beschluß v. 6.2.1995, Slg. 1995-11, S. 239 (249ft). 459 EuG, Beschluß v. 10.3.1995, Slg. 1995-11, S. 595 (602, 607 f); weitere Beispiele bei Hackspiel in: v. d. Groeben(Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU -lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 20. 460 EuG, Beschluß v.4.4.1990, Slg.l990-ll, S.163 (168). 453
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D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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messen darüber ein, ob dem Intervenienten als vertraulich eingestufte Prozeßdokumente übermittelt werden sollen oder nicht. Dies bedeutet freilich nicht, daß damit der richterlichen Willkür Tür und Tor geöffnet ist. Wie jede Ermessensentscheidung hat sich auch die hier in Frage stehende vielmehr an bestimmten vorhersehbaren und sachgerechten Kriterien zu orientieren. Worin diese vorliegend bestehen, soll nachstehend behandelt werden. (aa) Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte Wenig aussagekräftig über die in das Ermessen einzufließenden Erwägungen sind zunächst die bisherigen Entscheidungen des Gerichtshofs über die Zurückhaltung vertraulicher Unterlagen. Ohne im einzelnen zu erläutern, wovon sich die Richter bei der Entscheidungstindung leiten ließen, beschränkte sich der Gerichtshof hier soweit ersichtlich regelmäßig darauf, festzustellen, die von ihm getroffene Regelung beruhe auf einer Bewertung der Interessen der Beteiligten, wobei diese in den untersuchten Fällen regelmäßig zugunsten des Antragstellers ausfiel461 • Das Gericht äußerte sich dagegen bereits alsbald nach Aufnahme seiner Tätigkeit detaillierter zu der Frage der Zurückhaltung vertraulicher Unterlagen gegenüber dem Streithelfer. In der schon mehrfach genannten Rs. T-30/89 (Hilti/Kommission) stellten die Gemeinschaftsrichter zu Art. 93 § 3 VerfO-EuGH (damals noch Art. 93 § 4)462 fest: "Diese Vorschrift der Verfahrensordnung (S. 1 der Bestimmung)463 stellt somit den Grundsatz auf, daß alle den Parteien zugestellten Schriftstücke den Streithelfern zu übermitteln sind. Nur als Ausnahme von diesem Grundsatz gestattet es Artikel 93 § 4 Satz 2, bestimmte Unterlagen vertraulich zu behandeln und sie deshalb von der Verpflichtung zur Übermittlung an die Streithelfer auszunehmen. Zur Beurteilung der Voraussetzungen, unter denen von dieser Ausnahme Gebrauch gemacht werden kann, muß für die einzelnen Unterlagen, deren vertrauliche Behandlung beantragt wird, festgestellt werden, inwieweit das berechtigte Bestreben der Klägerin, zu verhindern, daß ihre geschäftlichen Interessen wesentlich beeinträchtigt werden, und das- ebenso berechtigte - Bestreben der Streithelferinnen, über die notwendigen Informationen zu verfügen, um voll in der Lage zu sein, vor dem Gericht ihre Rechte geltend zu machen und ihre Auffassung zu vertreten, tatsächlich miteinander in Einklang gebracht sind. Schließlich sind im Rahmen dieser Prüfung auch bestimmte allgemeine Rechtsgrundsätze oder bestimmte 461 So EuGH, Rs. 188/85 (FEDIOL/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 18.6.1986 (Urteil v.14.7.1988, Slg.1988, S.4193ff); EuGH, Rs.156/87 (Gestetner Holdings/Rat u. Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 16.12.1987 (Urteil v.14.3.1990, Slg. 1990-1, S. 781 ff); EuGH, Rs. 172/87 (Mita Industriai/Rat), unveröffentlichter Beschluß v. 3.2.1988 (Urteil v.10.3.1992, Slg.1992-l, S.l301 ff). 462 Vor Erlaß seiner eigenen Verfahrensordnung im Jahre 1991 richtete sich auch das Verfahren vor dem Gericht erster Instanz nach der Verfahrensordnung des Gerichtshofs. 463 Einschub des Verfassers.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
wesentliche Grundsätze, wie der des Schutzes der Vertraulichkeit des Schriftverkehrs zwischen Rechtsanwälten und Mandanten, zu berücksichtigen."464
Die Richter legten also fest, daß für jedes Prozeßdokument, dessen Zurückhaltung gegenüber dem Intervenienten begehrt wird, im einzelnen das Interesse der Hauptparteien an der Geheimhaltung der Unterlage gegen das Interesse des Streitgehilfen, sich in dem Verfahren zu allen in Frage stehenden Punkten äußern zu können, abgewogen werden muß465 . Diese Formel hat das Gericht erster Instanz seitdem in ständiger Rechtsprechung verwandt466. Betrachtet man die Entscheidungen dabei jedoch genauer, ergibt sich, daß die Richter in der Folge in den Beschlußgründen tatsächlich jedoch kaum die Belange der Parteien gegeneinander abwogen, sondern sich jeweils nur mit der Frage auseinandersetzten, ob die in Rede stehenden Prozeßdokumente ihrer Natur nach als vertrauliche Unterlagen einzustufen seien. Sofern dies bejaht wurde, gewährten die Richter stets eine vertrauliche Behandlung, ohne eine weitere Abwägung vorzunehmen467. In Wahrheit ist insofern zweifelhaft, ob die Richter von dem ihnen eingeräumten Ermessen wirklich Gebrauch machten, oder ob sie gewissermaßen eine Stufe davor - nämlich bei der Beurteilung der Einordnung des fraglichen Dokuments - stehen blieben. (bb) Eigene Überlegungen zur Vomahme der Abwägung Dennoch haben die Ausführungen des Gerichts erster Instanz zweifelsohne Aufklärung darüber gebracht, anband welcher Kriterien grundsätzlich zu entscheiden EuG, Beschluß v.4.4.1990, Slg.1990-ll, S.163 (168). Vgl. auch Hackspiel in: v. d. Groeben,ffhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEGVertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 21; Klinke, Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 338; Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 190; in diesem Sinne zuvor auch schon Kekevordes, DB 1989, S. 2521 (2525). 466 EuG, Rs. T-66/94 (Auditel/Kommision), Beschluß v. 6.2.1995, Slg. 1995-11, S. 239 (249); EuG, Rs. T-154/94 (Comite des Salines de France/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v.10.2.1995 (Urteil v.22.10.1996, Slg.1996-ll, S.1379ff); EuG, Rs. T-14/96 (Societe Bretagne Angleterre Irlande/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 13.11.1996 (Urteil v. 28.1.1999, Slg. 1999-11, S. 139ff); EuG, Rs. T-322/94 (Union Carbide/Kommission), unveröffentlichter Beschluß v. 6.2.1997 (Rs. später gestrichen); EuG, Rs. T-89/96 (British Steel/ Kommission), Beschluß v. 29.5.1997, Slg. 1997-11, S. 835 (843); EuG, Rs. T-102/96 (Gencor/ Kommission), Beschluß v. 3.6.1997, Slg. 1997-11, S. 879 (892). 467 Insbesondere wird dies deutlich aus den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes EuG, verb. Rs. T-7 u. 9/93 R (Langnese Iglo u. a./Kommission), Beschluß v.19.2.1993, Slg. 1993-ll, S.l31 (138); EuG, Rs. T-24/93 R (Compagnie Maritime Beige Transport/Kommission), Beschluß v. 13.5.1993, Slg. 1993-11, S. 543 (548) u. EuG, Rs. 395/94 R (Atlantic Container Line u. a./Kommission), Beschluß v. 10.3.1995, Slg. 1995-11, S. 597 (607 f), in denen die GemeinschaftsrichteT jeweils ausdrücklich feststellten, da die in den Anträgen auf vertrauliche Behandlung genannten Dokumente (teilweise dem ersten Anschein nach) Geschäftsgeheimnisse enthielten, sei diesen Anträgen stattzugeben. 464
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D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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ist, ob vertrauliche Unterlagen dem Streithelfer nun zu übermitteln sind oder nicht. Das Geheimhaltungsinteresse der Hauptparteien tritt dem Gehörsanspruch des Streithelfers gegenüber. Die Wertungsgrundlagen sind damit geschaffen. Darüber hinaus lassen sich Anhaltspunkte für die Vomahme der Abwägung im Einzelfall aus den Äußerungen der Richter indes nicht gewinnen. Eine vorsehbare Handhabung der Zurückhaltungsvorschriften ist somit also noch kaum gewährleistet. Diese läßt sich gleichwohl erzielen, wenn man sich vergegenwärtigt, welch unterschiedliche Formen des Beitrittsinteresses die Verfahrensbeteiligung des Dritten ausgelöst haben können- sofern ein solches überhaupt erforderlich war-, und welche Bindungswirkung die gerichtliche Entscheidung für den Intervenienten mit sich bringt. Hauptparteien wie Streithelfer besitzen im Verfahren vor Gerichtshof und Gericht erster Instanz einen Anspruch auf rechtliches Gehötl68 • Für die Hauptparteien bedingt dies, daß sie in der Lage sein müssen, den Richtern alles das vorzulegen, was sie für die Entscheidung des Rechtsstreits als wesentlich erachten469 • Die begründete Befürchtung, seine Geschäftsgeheimnisse durch Offenlegung vor Gericht auch an Wettbewerber preisgeben zu müssen, stellt infolgedessen eine Beeinträchtigung des Gehörsanspruchs dar470• Genauso hat aber der Intervenient Anspruch auf rechtliches Gehör, der es wiederum erfordert, daß der Streitgehilfe sich zu allen entscheidungsrelevanten Aspekten des Verfahrens äußern kann. Damit stehen sich also zwei entgegengesetzte, im Grunde gleichrangige Positionen gegenüber. Wie weiter oben beschrieben, müssen diese in ein Verhältnis praktischer Konkordanz gebracht, d. h. harmonisiert werden. Hierfür bietet es sich zunächst an, einen Blick auf die Motivation des Streithelfers zur Verfahrensbeteiligung zu werfen. Diese kann wie gesehen mannigfaltig gewesen sein. So mag es sein, daß in dem Prozeß ein Recht des Intervenienten zur Beurteilung steht, weil der Kläger eine den Streithelfer begünstigende Entscheidung angefochten hat, oder daß von der Entscheidung des Rechtsstreits rechtliche oder andere Interessen des Intervenienten berührt werden. Beim Streitbeitritt eines Verbandes wird der Grund für die Verfahrensbeteiligung zumeist in der von den Entscheidungen der Gemeinschaftsgerichte ausgehenden Präzedenzwirkung bestehen. Interventionen von Organen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen und von Mitgliedstaaten werden zur Wahrung der Gemeinschaftsrechtsordnung, die von Mitgliedstaaten darüber hinaus auch aus nationalen politischen Interessen erfolgen. Betrachtet man nun von diesen Motivationslagen die erstgenannte Situation, daß nämlich der Kläger eine drittbegünstigende Entscheidung anficht, läßt es sich m. E. nicht rechtfertigen, dem Empfänger der Entscheidung die Einsicht in von den HauptSiehe dazu schon unter A. III. 3. c) bb). Vgl. hierzu auch K. Schmidt, Drittschutz, Akteneinsicht und Geheimnisschutz im Kartellverfahren, S. 76. 470 Teilweise a. A. wohl Werner in: v. Gamm/Raisch{fiedemann, Strafrecht, Unternehmensrecht, Anwaltsrecht, Festschrift für Gerd Pfeiffer, S. 821 (830). 468
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
parteienvorgelegte Unterlagen zu verweigem471 • Gegenstand eines solchen Prozesses ist, wie schon mehrfach erwähnt, eine dem Adressaten der Entscheidung zustehende Rechtsposition. Daß dieser in dem Rechtsstreit nicht die Rolle eines Beklagten einnimmt, ist dabei lediglich eine verfahrenstechnische Frage. Von dem Ausgang des Streits ist er jedoch mindestens genauso betroffen wie das beklagte Organ. Es dürfte nicht übertrieben sein zu behaupten, im Grunde genommen ist der Empfänger der Entscheidung bei Erfolg der Nichtigkeitsklage sogar der eigentlich Leidtragende. Ihm dann aber die Möglichkeit zu versagen, zu allen Aspekten des Rechtsstreits Stellung zu nehmen, ist ein Gedanke, der nur schwer erträglich erscheint. Gesichtspunkte der Billigkeit sprechen hier vielmehr dafür, das Geheimhaltungsinteresse der Hauptparteien- in praxi wohl ausnahmslos des Klägers- hinter den Gehörsanspruch des Streitgehilfen zurücktreten zu lassen. Will der Kläger mit Hilfe des Gerichtshofs eine dem Streithelfer eingeräumte Rechtsposition aus der Welt schaffen, wird man meiner Auffassung nach insofern von ihm verlangen können, gegenüber dem Angegriffenen jedenfalls mit offenen Karten zu spielen. Dementsprechend ist im Rahmen der Art. 130 ffVerfO-EuG eine Möglichkeit der Zurückhaltung vertraulicher Unterlagen gegenüber dem nach Art. 134 § 1 VerfO-EuG Beigetretenen auch gar nicht vorgesehen. Daß die dortigen Situationen mit der der Anfechtung anderer drittbegünstigender Entscheidungen vergleichbar sind, wurde bereits früher aufgezeigt472 • Nichts anderes sollte gelten, wenn der Intervenient dem Verfahren beigetreten ist, weil die Entscheidung des Rechtsstreits seine rechtlichen Interessen berührt, d. h. der Ausgang des Prozesses eine faktische Präjudizwirkung für ein den Streithelfer betreffendes zweites Verfahren zu entfalten vermag. Durch seine Streitbeteiligung wird der Intervenient, wie soeben aufgezeigt wurde, in umfassender Hinsicht an die Entscheidung des Erstprozesses gebunden. Die entgegenstehende Rechtskraft hindert ihn daran, in dem Folgeprozeß uneingeschränkt vorzutragen. Wie im deutschen Verwaltungsprozeßrecht und im französischen Zivil- und Verwaltungsprozeßrecht kann der Intervenient in dem Zweitverfahren nicht geltend machen, der erste Rechtsstreit sei unrichtig entschieden oder von der unterstützten Hauptpartei mangelhaft geführt worden473 • Da aufgrund des Verfahrensbeitritts eine Entscheidung 471 So wohl auch K. Schmidt, Drittschutz, Akteneinsicht und Geheimnisschutz im Kartellverfahren, S. 107. Im deutschen Kartellrecht steht es gemäß § 70 Abs. 3 GWB im Ermessen des mit der Sache befaßten Beschwerdegerichts, ob es Beigeladenen Akteneinsicht gewährt. Nach dem Wortlaut der Bestimmung gilt dies sowohl für einfach wie für notwendig Beigeladene. Die Vorschrift wird jedoch verfassungskonform dahingehend ausgelegt, daß notwendig Beigeladene - das sind auch im Kartellverfahrensrecht solche Dritte, deren Rechte die richterliche Entscheidung regelt - nicht anders behandelt werden dürfen als die Hauptbeteiligten des Prozesses; dazu K. Schmidt, Drittschutz, Akteneinsicht und Geheimnisschutz im Kartellverfahren, S. 77; ders. in: Immenga/Mestmäcker, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 71, Rn. 11. 472 Siehe dazu schon unter B. I. I. 473 Siehe hierzu schon im 2. Kapitel unter A. II. 3. b) sowie im 3. Kapitel unter A. I. 3. a) u. unter A. 11.4.
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insofern auch über die Rechte des Streithelfers ergeht, erscheint es gerechtfertigt, auch in diesem Zusammenhang den Gehörsanspruch des Drittbeteiligten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Hauptbeteiligten in den Vordergrund treten zu lassen. Anders ist die Situation dagegen soweit die Satzungsbestimmungen- auch aufgrund ihrer weitherzigen Interpretation durch Gerichtshof und Gericht erster Instanz - auch solchen Dritten gestatten, sich an dem Verfahren zu beteiligen, deren eigene Rechtslage durch den Richterspruch nicht tangiert wird. In allen diesen Fällen scheint es angemessen, den Anspruch des Streithelfers, sich Gehör zu verschaffen, demjenigen der Hauptparteien, entscheidungsrelevante Tatsachen den Gemeinschaftsrichtern vortragen zu können, ohne dabei Markteinbußen befürchten zu müssen, unterzuordnen474• Ficht beispielsweise eine Klägerin vor dem Gericht erster Instanz eine Entscheidung der Kommission an, in der ihr ein Mißbrauch einer vermeintlichen marktbeherrschenden Stellung vorgeworfen wird, und beteiligt sich an dem Streit ein Konkurrenzunternehmen der Klägerin auf Seiten der Kommission, ist der Streithelfer durch den Ausgang des Prozesses nur in seinen wirtschaftlichen Interessen betroffen. Für die Klägerin geht es dagegen um die Verteidigung ihrer Rechte. Dies dürfte ihren Gehörsanspruch stärker machen. Entsprechendes sollte gelten, wenn sich Verbände, Mitgliedstaaten oder Gemeinschaftseinrichtungen aus den genannten Gründen am Verfahren beteiligen.
(2) Die Frage des Verwertungsverbots In der Literatur ist darüber gesprochen worden, ob aus der Zurückhaltung von vertraulichen Unterlagen gegenüber dem Streithelfer ein Verwertungsverbot folgt, d. h. ob die zurückgehaltenen Dokumente der gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden dürfen. Kirschner/Klüpfel nehmen das Bestehen eines solchen Verwertungsverbotes an. Zur Begründung berufen sie sich darauf, daß andernfalls der Gehörsanspruch des Streithelfers verletzt würde475• K. Wolf hat dagegen- ohne auszuführen, weshalb - die Auffassung vertreten, der Gerichtshof sei nicht daran gehindert, die dem Intervenienten nicht übermittelten Unterlagen trotzdem zur Grundlage seines Urteils zu machen476 • Dieser Sichtweise ist im Ergebnis zuzustimmen. Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, daß immer dann, wenn die Bestimmungen der Art. 93 § 3 S. 2 VerfO-EuGH und Art. 116 § 2 S. 2 VerfO-EuG Anwendung finden, die Schutzbedürftigkeit der Hauptparteien höher einzustufen ist als 474 Ebenso wiederum wohl K. Schmidt, Drittschutz, Akteneinsicht und Geheimnisschutz im Kartellverfahren, S.107. 475 Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 173; dazu auch Hackspiel in: v. d. Groeben{fhiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEGVertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 22. 476 K. Wolf in: v. Boeckh/v. d. Groeben!fhiesing, Handbuch des Europäischen Rechts, Art. 93 VerfO-EuGH, Anm. 6.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
die des Streitgehilfen. Kämpft der Kläger in dem von ihm anhängig gemachten Verfahren um seine Rechte, der Streithelfer dagegen nur für seine Marktstellung, muß es dem Kläger möglich sein, alles das unbefangen vorbringen zu können, was ihm zum Vorteil gereichen kann. Diese Schutzbedürftigkeit würde nun jedoch konterkariert, wenn der Kläger zwar den Richtern umfassend und ohne die Befürchtung der Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen vortragen kann, die Richter in der Folge allerdings daran gehindert wären, seinen Vortrag auch zu berücksichtigen. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör ist nämlich nur dann Genüge getan, wenn die Richter auch verpflichtet sind, die erfolgten Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen477 • Durch die Verwertung des Vortrages werden deshalb auch nicht, wie Kirschner/Klüpfel meinen, die Rechte des Intervenienten verletzt, denn dessen Gehörsanspruch ist in diesen Fällen ja gerade der schwächere478 • (3) Der Alternativvorschlag Jungs
Von Jung wurde vorgeschlagen, um den im Rahmen der Zurückhaltungsvorschriften auftauchenden Interessenkonflikt zu vermeiden, könne ein Ausgleich möglicherweise vielfach dadurch gefunden werden, daß der Streithelfer oder sein Prozeßbevollmächtigter die Verpflichtung übernehme, die Vertraulichkeit bestimmter Angaben oder Unterlagen zu wahren479. Soweit diese Idee zunächst den Intervenienten selbst betrifft, erscheint schon ihre Effektivität, darüber hinaus auch ihre Durchsetzbarkeit zweifelhaft. Ist der Streithelfer ein Wettbewerber des Klägers, ist mit der Weitergabe der Geschäftsinformationen an ihn das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Fraglich ist zudem, wie in praxi verhindert werden sollte, daß die erhaltenen Informationen nicht doch anderen zugänglich gemacht werden. Die tatsächliche Weitergabe dürfte auch in den meisten Fällen nur schwer beweisbar sein4so. 477 Vgl. Kingreen in: Calliess/Ruffert, Kommentar des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art.6 EU-Vertrag, Rn.168; so für Art.103 Abs.1 GG außerdem ausdrücklich BVerfGE 64, S. 135 (143f). 478 Auch im deutschen Kartellverfahrensrecht ist es so, daß einfach Beigeladenen gegenüber auch solche Unterlagen verwertet werden dürfen, zu denen nur die Hauptparteien Zugang hatten. Notwendig Beigeladene werden dagegen bei der Akteneinsicht und auch bei der Aktenverwertung den Hauptparteien gleichgestellt; vgl. § 70 Abs. 1 GWB; dazu ausführlich K . Schmidt, Drittschutz, Akteneinsicht und Geheimnisschutz im Kartellverfahren, S. 73 ff; ders. in: Immenga/Mestmäcker, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 70, Rn. 2 ff; Quack in: Frankfurter Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 70, Rn. 7 ff. 479 Jung, EuR 1980, S. 372 (379); sich anschließend Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S.190. 480 In der Rs. T-30/89 (Hilti/Kommission) beantragte die Klägerin tatsächlich, das Gericht erster Instanz möge den Streithelfern aufgeben, die Vertraulichkeit der ihnen zugänglich gemachten Unterlagen zu wahren. Die Richter wiesen diesen Antrag jedoch mit dem knappen
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Den Anwalt des Streithelfers zur Verschwiegenheit gegenüber seinem Mandanten zu verpflichten, erweist sich m. E. ebenfalls nicht als tragfähige Lösung. So haben Langebeine und Middeke darauf hingewiesen, daß die anwaltliehen Standesrechte der Mitgliedstaaten die Rechtsanwälte zum Teil sogar ausdrücklich dazu verpflichten, Informationen an ihre Mandanten weiterzugeben481 . Als Folge der unterlassenen Weitergabe könnten daher Regreßverpflichtungen entstehen. Weiterhin stellt sich hier ebenso wie im Rahmen des Vorgesagten die Frage nach der Beweisbarkeit der Weitergabe von Informationen. Kommt der Anwalt der ihm auferlegten Verschwiegenheitspflicht allerdings nach, und ist dies auch standesrechtllich zulässig, führt die Zurückhaltung von Informationen gegenüber dem Mandanten gleichwohl immer noch zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zwischen Mandant und Rechtsanwalt. Gerade aus diesem Grund ist im übrigen auch im deutschen Recht diese "Anwaltslösung" , die dort ebenfalls diskutiert wurde, abgelehnt worden4s2. Nach alledem muß es insofern dabei bleiben, daß die Gemeinschaftsrichter gegebenenfalls darüber entscheiden müssen, ob bestimmte als vertraulich geltend gemachte Unterlagen dem Streitgehilfen zu übermitteln sind, ohne daß ihnen eine Möglichkeit bliebe, die hier notwendige Abwägung zu vermeiden.
b) Unterlagen des Streithelfers Die Art. 93 § 3 S. 2 VerfO-EuGH und Art. 116 § 2 S. 2 VerfO-EuG treffen keine Aussage darüber, ob auch der Streithelfer beantragen kann, bestimmte von ihm eingereichte Unterlagen nicht den Hauptparteien zugänglich zu machen483 . Für eine solche Regelung besteht jedoch auch kein Bedürfnis. Insbesondere fordert der Gehörsanspruch des Intervenienten es nicht, diesem die Möglichkeit zu geben, Verfahrensunterlagen den Hauptparteien vorzuenthalten. Beteiligt sich der Streitgehilfe an dem Prozeß, weil dort eine ihm eingeräumte Rechtsposition auf dem Prüfstand steht, hat er, wie soeben beschrieben, einen Anspruch darauf, sämtliche Prozeßdokumente zu sehen. In den Fällen, in denen gerade aufgrundder Verfahrensbeteiligung über Rechte des Streithelfers mitentschieden wird, gilt dasselbe. Der Geheimhaltungsanspruch der Hauptparteien tritt in diesen Situationen hinter den Gehörsanspruch des Streithelfers zurück. Damit muß m. E. gleichwohl nicht die Möglichkeit Hinweis zurück, eine dies ermöglichende Regelung weise das Verfahrensrecht nicht auf; siehe EuG, Beschluß v. 4.4.1990, Slg. 1990-Il, S. 163 (171). 481 Dazu, auch zu den AusführungenLangeheines, Middeke, DVBI. 1991, S.149 (151); außerdem Rengeling/Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 689. 482 Siehe K. Schmidt, Drittschutz, Akteneinsicht und Geheimnisschutz im Kartellverfahren, S. 73; Werner in: v. Gamm/Raisch{fiedemann, Strafrecht, Untemehmensrecht, Anwa1tsrecht, Festschrift für Gerd Pfeiffer, S. 821 (834); Krieger in: J. Baur/Hopt/Mailänder, Festschrift für Ernst Steindorff, S. 989 (999). 483 Vgl. auch Usher, European Court Practice, Rn. 11-22; Plender, Comm. Law Bull. 9 (1983) S.1059 (1068).
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einhergehen, den Hauptparteien wiederum die Einsicht in als vertraulich eingestufte Unterlagen zu verweigern. Dabei bliebe zu Unrecht unberücksichtigt, daß die Hauptparteien, wie alsbald noch deutlicher werden wird, immerhin die "Herren des Verfahrens"484 sind. So wie es dem Streithelfer gestattet sein muß, sämtliche Prozeßunterlagen einzusehen, wenn in dem Rechtsstreit über seine Rechte entschieden wird, muß auch der Kläger die Möglichkeit haben, in "seinem" Verfahren zu allen Aspekten des Prozesses Stellung zu nehmen. Andernfalls würde ein angemessener Rechtsschutz kaum verwirklicht. Dieser Gesichtspunkt wiegt um so stärker, wenn der Intervenient dem Verfahren beigetreten ist, ohne in eigenen rechtlichen Interessen betroffen zu sein. So wird man etwa dem Kläger, der eine ihn belastende Entscheidung anficht, schwerlich zumuten dürfen, daß das richterliche Urteil, welches die ihm auferlegte Beschwer bestätigt, auf Tatsachen gestützt wird, die ein Wettbewerber den Richtern vorgelegt hatte, und zu denen sich der Kläger nicht äußern konnte.
2. Vorbringen des Streithelfers Nach der Zulassung zum Verfahren erhält der Streithelfer gemäß Art. 93 § 5 VerfO-EuGH bzw. Art.116 §4 VerfO-EuG die Gelegenheit, binnen einer ihm von dem Präsidenten gesetzten Frist einen Schriftsatz einzureichen. Handelt es sich um eine Rechtsstreitigkeit nach Art. 130ff VerfO-EuG, gilt hierfür automatisch eine Frist von zwei Monaten ab Klagezustellung (Art. 135 § 1 VerfO-EuG). Mit diesem Schriftsatz greift der Intervenient in den Prozeß selbst ein. Was er hierin vorbringen kann, d. h. welche Anträge er stellen kann und welcher inhaltliche Vortrag ihm gestattet ist, soll im folgenden analysiert werden. Von Bedeutung ist dabei auch, daß gemäß Art. 93 § 4 VerfO-EuGH/Art. 116 § 3 VerfO-EuG der Intervenient den Rechtsstreit in der Lage zur Zeit seines Beitritts annehmen soll. a) Die grundsätzlichen prozeduralen Befugnisse des Intervenienten
aa) Anträge Anders als in den behandelten nationalen Rechten- soweit dort erforderlich- ist es im Verfahren vor Gerichtshof und Gericht erster Instanz üblich, daß der Beklagte, sofern er die Zulässigkeit der Klage in Abrede stellen will, dies durch einen gesonderten Antrag zum Ausdruck bringt. Der Beklagte beantragt dann ausdrücklich die Klage als unzulässig, darüber hinaus in der Regel zusätzlich Hilfsweise als unbegründet abzuweisen. Er kann sich aber auch darauf beschränken, geltend zu machen, das von dem Kläger anhängig gemachte Rechtsschutzbegehren sei unbegründet. Zweierlei Formen von Anträgen der Hauptparteien sind damit denkbar: Zum 484 So schon GA Lagrange, Rs. 30/59 (De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde), Schlußanträge v. 5.11.1960, Slg. l961, S. 63 (70).
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einen deren in jedem Fall gestellte Sachanträge, d. h. der Antrag des Klägers, mit dem er sein Rechtsschutzziel darstellt, und der des Beklagten, mit welchem dieser sich gegen die Substanz der Klage richtet, zum anderen der eventuelle Antrag des Beklagten auf Abweisung der Klage wegen vermeintlicher Unzulässigkeit. Fraglich ist, welche Anträge der Intervenient stellen kann.
(1) Sachanträge (a) Die Regelung der Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung und Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung bestimmt, daß mit den Anträgen des Beitritts nur die Anträge einer Partei unterstützt oder deren Abweisung verlangt werden kann. Der später erlassene Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung sieht in Abweichung hierzu vor, daß mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden können4ss. Worin der Grund für diese U nterschiedlichkeit der Satzungstexte liegen mag, ist wegen der schon erwähnten mangelnden Zugänglichkeil zu den travaux preparatoires der Verträge nicht ersichtlich. Wie in den kommenden Ausführungen noch ersichtlich werden wird, erweist sich der Wortlaut des Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung allerdings als besser geeignet, dem Gehörsanspruch des Intervenienten, wenn es um die Möglichkeit geht, Zulässigkeitsrügen zu erheben oder den Erlaß eines Versäumnisurteils abzuwenden486, Rechnung zu tragen. Gleichwohl kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Vertragsstaaten bei der Ausarbeitung der EG-Satzung ganz bewußt eine Verkürzung von dessen Position herbeiführen wollten. Wie weiter oben schon angesprochen, bestand auch im Jahre 1957 noch in keiner Weise eine Grundrechtsordnung der Gemeinschaften. Daß mit der andersgewählten Formulierung insofern eine Gehörsbeschränkung des Intervenienten erreicht werden sollte, ist deshalb kaum möglich. Wenn somit auch im Unklaren bleibt, wovon sich die an der Aufsetzung der Satzungstexte Beteiligten tatsächlich leiten ließen, als sie für den damaligen Art. 37 Abs. 3 EG-Satzung (nunmehr Art. 37 Abs. 4) einen von Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung abweichenden Wortlaut wählten, so bringen beide Vorschriften doch unzweifelhaft zum Ausdruck, daß es sich bei der in den Bestimmungen vorgesehenen Intervention um eine Nebenintervention, nicht dagegen um eine Hauptintervention handelt487 • Der Intervenient kann danach keine von den Anträgen der Hauptparteien Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung entspricht wie eingangs erwähnt Art. 38 Abs. 3 EAG-Satzung. Dazu noch unter D. III. 2. a) aa) (2) sowie unter D. III. 2. a) aa) (3). 487 Allgemeine Meinung; vgl. nur GA Roemer, verb. Rs. 7 u. 9/54 (Groupement des Industries Siderurgiques Luxernbourgeoises/Hohe Behörde), Schlußanträge (ohne Datumsangabe), Slg.l955/66, S.l47 (150); ders., verb. Rs. 9 u. 12/60 D. W. (Belgien/Societe Commerciale Antoine Vloeberghs u. a.), Schlußanträge v. 29.5.1962, Slg. 1962, S. 377 (386); GA Jacobs, 485
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
abweichenden Sachanträge stellen, m. a. W. er darf das von Kläger und Beklagtem aufgestellte Streitprogramm nicht verlassen und nicht etwa mit der Vorlegung eines völlig neuen Antrags eigene Ansprüche geltend machen. Dies wird noch bestätigt durch Art. 93 § 5 S. 2lit. a) VerfO-EuGH und Art. 116 § 4 lit. a) VerfO-EuG, die fordern, daß der Schriftsatz des Streithelfers seine Anträge enthalten, die wiederum der vollständigen oder teilweisen Unterstützung oder Bekämpfung der Anträge einer Partei zu dienen bestimmt sein müssen. Der Intervenient muß sich außerdem, wie auch im nationalen Recht, auf eine Seite schlagen, er muß sich also entscheiden, in wessen Lager er steht. Dies ergibt sich daraus, daß sowohl Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung als auch Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung ausdrücklich von der Unterstützung bzw. Bekämpfung der Anträge einer Partei, nicht dagegen von den Anträgen der Parteien sprechen. Für private Streitgehilfen wird sich die Frage nach der Möglichkeit zur Unterstützung beider Hauptparteien ohnehin nie stellen, denn das Interesse des Streithelfers besteht regelmäßig an Sieg oder Niederlage einer Partei. Schon im Rahmen der Erörterung der Beiladung des deutschen Verwaltungsprozeßrechts, bei der eine Verpflichtung zur Unterstützung von entweder Kläger oder Beklagtem gesetzlich nicht niedergelegt ist, wurde ja aufgezeigt, daß auch dort der Beigeladene ausnahmslos Position zugunsten einer Partei beziehen wird. Ein Interesse, beide Parteien jeweils partiell zu unterstützen, könnte in Verfahren vor Gerichtshof und Gericht erster Instanz allenfalls dann bestehen, wenn Mitgliedstaaten oder Gemeinschaftseinrichtungen dem Rechtsstreit zur Wahrung des Gemeinschaftsrechts beitreten. So beantragte in der Rs. C-70/88 (Parlament/Rat; "Tschernobyl") die Kommission zwar, der Gerichtshof möge die Klage des Parlaments als unbegründet abweisen; gleichzeitig stellte sie aber den Antrag, die von dem beklagten Rat erhobene Rüge der Unzulässigkeil der Klage zurückzuweisen488. Der Gerichtshof brauchte in der Folge zu der ambivalenten Position der Kommission aufgrund der Gegebenheiten des Verfahrens nicht Stellung zu nehmen. Hätte er das tun müssen, so wäre m. E. indes kein Weg daran vorbeigegangen, der Kommission aufgrund des beschriebenen Satzungswortlauts aufzugeben, sich für eine Seite zu entscheiden und insofern auf einen ihrer Anträge zu verzichten489. Rs. C-53/92 P (Hilti/Kommission), Schlußanträge v. 10.11.1993, Slg. 1993-1, S. 669 (691); Plender in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn. 23-07; Waelbroeck/Waelbroeck in: Commentaire Megret, Le Droit de Ia CEE, Art. 188, Nr. 68; Kovar in: Juris-Classeur Europe, Fase. 320, Nr. 99; Vandersanden/Barav, Contentieux Communautaire, S.451; Bergeres, Contentieux Communautaire, Nr. 90; Berri, CMLRev 1971 , S. 5 (7). 488 EuGH, Urteil v. 22.5.1990, Slg. 1990-1, S. 2041 (2070). 489 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Entscheidung des Gerichts erster Instanz in den verb. Rs. T-68, 77 u. 78/89 (Societa Italiana Vetro u. a./Kommission), Urteil v. 10.3.1992, Slg. 1992-11, S. 1403 (1426f). Dort ging es allerdings nicht um die Stellung von Anträgen zugunsten beider Hauptparteien, sondern um inhaltlichen Vortrag. Das Vereinigte Königreich hatte in dem Rechtsstreit zunächst geltend gemacht, es unterstütze die Klägerin, soweit diese sich in ihrer Klage gegen einen vermeintlichen Verstoß gegen Art. 86 EWG-Vertrag (nunmehr Art. 82 EG-Vertrag) wandte; hinsichtlich des ebenfalls in Frage stehenden Verstoßes gegen Art. 85 EWG-Vertrag (jetzt Art. 81 EG-Vertrag) unterstütze man jedoch die Kommission. Von
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(b) Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung Von Richemont wurde in der Anfangszeit des Gemeinschaftsrechts die Auffassung vertreten, da die Vorschriften der Art. 41 Abs. 2, 42 EGKS-Satzung eine dem Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung entsprechende Regelung nicht vorsähen, handele es sich hier um einen Anwendungsfall sowohl der intervention accessoire als auch der intervention principale490• Dem sind jedoch schon Vandersanden/Barav zu Recht entgegen getreten491 • Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung enthält eine gesonderte Interventionsberechtigungfür Mitgliedstaaten, nach der hier vertretenen Ansicht darüber hinaus auch für die Gemeinschaftsorgane und den Beratenden Ausschuß. Weitergehende Regelungen trifft die Bestimmung nicht. Hieraus nun allerdings zu schließen, Art.41 Abs. 2 EGKS-Satzung eröffne deshalb dem Intervenienten die Möglichkeit, von den Sachanträgen der Hauptparteien abweichende Anträge zu stellen, erscheint kaum gerechtfertigt. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß, wenn die Satzungsgeber in Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung neben der Nebenintervention auch eine Befugnis zur Hauptintervention hätten schaffen wollen, sie dies auch in irgendeiner Form zum Ausdruck gebracht hätten. Art. 93 § 5 S. 2 lit. a) VerfO-EuGH (vormals Art. 93 § 2 S. I lit. e)) spricht ebenfalls für ein solches Verständnis der Vorschrift. Wenn auch diese Bestimmung im Normengefüge des Gemeinschaftsrechts an niedrigerer Stelle als Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung angesiedelt ist und infolgedessen letztlich für den Bedeutungsgehalt der Satzungsnorm nicht maßgebend sein kann, so macht die Vorschrift doch deutlich, daß auch die Gemeinschaftsrichter bei der Formulierung der Vorschrift nicht davon ausgingen, Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung beinhalte die Berechtigung zur Hauptintervention. (c) Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG eröffnet dagegen Streithelfem, die sich nach § I der Vorschrift an dem Verfahren beteiligt haben, ausdrücklich die Möglichkeit, Anträge zu stellen, die gegenüber denen der Parteien eigenständig sind. Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG könnte somit auf den ersten Blick in der Tat das Institut der intervention principale in das Gemeinschaftsrecht einzuführen492 • Betrachtet man indes die dahinterliegende Bestimmung des Art. 135 § 4 VerfO-EuG, wird deutlich, letzterem nahm das Vereinigte Königreich dann später allerdings Abstand, so daß auch hier eine Entscheidung der Gemeinschaftsrichter zur Stellung des Streithelfers nicht erforderlich wurde. 490 Richemont, La cour de justice, code annote, guide pratique, S. 221. Gefolgschaft gefungen hat Richemont mit dieser Ansicht nicht. 49 1 Vandersanden!Barav, Contentieux Communautaire, S. 451 ; dazu auch Kovar in: JurisClasseur Europe, Fase. 320, Nr. 99. 492 Dieser Auffassung sind, wie eingangs schon erwähnt, Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn.192; erstmals dazu schonJung in: Due/Lutter/Schwarze, Festschrift für Ulrich Everling, Bd. I, S. 611 (622). 15 Nissen
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daß dies in Wirklichkeit nicht der Fall ist. Danach können nämlich die in dem Verfahren eingereichten Schriftsätze den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand4 93 nicht ändern. Die in dem Prozeß verfolgbaren Rechtsschutzziele werden mithin vorherbestimmt durch das vorangegangene Beschwerdeverfahren494 495 • Diese Regelung würde jedoch ausgehebelt, wolle man dem Streithelfer gestatten, in dem Verfahren Sachanträge zu stellen, die sich von denen der Hauptparteien, welche wiederum durch das Beschwerdeverfahren vordefiniert werden, unterscheiden. Für eine Berechtigung des Intervenienten, abweichende Sachanträge zu stellen, besteht im übrigen auch gar keine Notwendigkeit. Die in Art. 134 § 1 VerfO-EuG Genannten werden dem Rechtsstreit regelmäßig auf Seiten des beklagten Amtes beitreten, denn diesen Streitgehilfen geht es stets um die Aufrechterhaltung der behördlichen Entscheidung. Hat beispielsweise das Harmonisierungsamt aufgrund des Widerspruchs eines Dritten die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke abgelehnt oder auf dessen Antrag hin die eingetragene Marke für verfallen oder nichtig erklärt, und klagt der Inhaber der Marke hiergegen vor dem Gericht, reicht es für den Rechtsschutz des Dritten völlig aus, wenn er sich dem Klagabweisungsantrag des Amtes anschließt. Waren Widerspruch oder Verfalls- bzw. Nichtigkeitsantrag des Dritten dagegen ohne Erfolg, und klagt der Dritte gegen das Amt, genügt es genauso auch dem Markeninhaber, sich dem Abweisungsantrag des Amtes anzuschließen. Die Situation ist in beiden Fällen identisch mit der des notwendig Beigeladenen des deutschen Verwaltungsprozesses496 • Anders als § 66 S. 2 VwGO muß Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG damit aber nicht leerlaufen497 • Die Befugnis zur Stellung eigener Anträge ermöglicht dem Intervenienten nämlich, wie im folgenden noch zu zeigen sein wird, uneingeschränkt die Unzulässigkeil der Klage geltend zu machen.
493 Unter dem Begriff des Streitgegenstandes wird im Europäischen Prozeßrecht in Anlehnung an das französische Recht nur das Rechtsschutzziel der Parteien, das "objet du litige", verstanden. Der Streitgegenstandsbegriff des deutschen Rechts ist insofern umfassender; siehe dazu schon in Fn. 41 des 2. Kapitels; außerdem auch Möller, Die Klageänderung im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 37 ff; Fasse/t-Romme, Parteiherrschaft im Verfahren vor dem EuGH und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S.55. 494 Vgl. auch EuG, Rs. T-163/98 (The Procter & Gamble Company/Harmonisierungsamt), Urteil v. 8.7.1999, Slg.l999-Il, S. 2383ff. 495 Im Schrifttum findet sich deshalb der Hinweis, das Verfahren nach den Art. 130ff VerfO-EuG sei inhaltlich eine Art Berufungsverfahren, so Jung in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 168a, Rn.l29; Kirschner!Klüpfe/, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 186. 4% Den Vergleich zwischen notwendiger Beiladung und der Intervention nach Art.134 VerfO-EuG ziehen auch v. Mühlendahl/Ohlgart, Die Gemeinschaftsmarke, S. 204. 497 Zu§ 66 S. 2 VwGO siehe bereits im 2. Kapitel unter A. li. 3.c) bb).
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(2) Zulässigkeilsrügen
Im deutschen wie im französischen Prozeßrecht ist nicht sonderlich problematisch, inwieweit der Streitgehilfe bzw. der Beigeladene die Unzulässigkeil des klägerischen Rechtsschutzbegehrens unabhängig von dem Willen des Beklagten geltend machen kann. Vor den Verwaltungsgerichten hat das entscheidende Gericht die Zulässigkeit der Klage ohnehin vollständig und in jedem Zeitpunkt des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen498 • Hält der Drittbeteiligte die Klage daher für unzulässig, kann es dies insofern jederzeit vorbringen. Gleiches gilt vor den Zivilgerichten hinsichtlich der jeweils ex officio zu berücksichtigenden Zulässigkeitsmängel499 • Der intervenant accessoirekann zudem rügeabhängige fins de non-recevoir nach eigenem Gutdünken ebenfalls in jedem Stand des Rechtsstreits vorbringen, rügeabhängige exceptions dagegen nur, wenn er bereits zu Beginn des Verfahrens beitritt. Dennoch bleibt dem Dritten hier dann aber die Wahl, ob er überhaupt noch beitritt, oder ob er das Urteil gegebenenfalls lieber später durch Erhebung der tierce Opposition bekämpft. Der streitgenössische Nebenintervenient kann ebenso wie der intervenant accessoire Zulässigkeitsmängel, die nicht von Amts wegen aufgegriffen werden, unabhängig von dem Willen der unterstützten Hauptpartei und nach der hier vertretenen Ansicht auch ungeachtet des Prozeßstandes bei seinem Beitritt in den Rechtsstreit einführen. Über diese Möglichkeit verfügt der einfache Nebenintervenient zwar nicht; ist ihm aufgrund der Vorschrift des § 67 2. Hs. ZPO entsprechender Vortrag aber versagt geblieben, kann er die Unzulässigkeil der ersten Klage in einem Zweitverfahren allerdings gemäß § 68 ZPO immer noch geltend machen. Wegen der Zweigeteiltheil der Anträge im Verfahren vor Gerichtshof und Gericht erster Instanz ist die Rechtslage im Gemeinschaftsrecht - zumindest im Anwendungsbereich des Art. 37 EG-Satzung- hingegen ungleich komplizierter. Beantragt der Beklagte, die Klage als unzulässig abzuweisen, kann der Intervenient eigene Zulässigkeitsrügen ungehindert erheben, denn mit ihnen unterstützt er ja einen Antrag einer der Hauptparteien500• Mißlich ist die Situation indes für den nach Art. 37 EGSatzung Beigetretenen, wenn der Beklagte sich darauf beschränkt, zu beantragen, die Richter mögen die Klage als unbegründet abweisen. Bei Verfahren auf der Grundlage der EGKS-Satzung und nach Art. 130ff VerfO-EuG entsteht hier kein Problem für den Intervenienten, denn Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung eröffnet ihm ausdrücklich die Möglichkeit, die Zurückweisung der klägerischen Anträge zu beSiehe hierzu schon im 2. Kapitel unter A. II. 3. c) sowie im 3. Kapitel unter A. Il.4. Zur Lage vorden Zivilgerichten vgl. bereits im 2. Kapitel unter A.l.l.a)cc)(2) sowie im 3. Kapitel unter A.l.3.b)bb). 500 EuGH, Rs. 11/82 (Piraiki-Patraiki u. a./Kommission), Urteil v. 17 .1.1985, Slg. 1985, S. 207 (241); EuGH, Rs.l47/83 (Münchener Import-Weinkellerei Herold Binderer/Kommission), Urteil v. 29.1.1985, Slg. l985, S. 257 (270); EuGH, verb. Rs.142 u. 156/84 (British-American Tobacco u. a./Kommission), Urteil v. 17.11.1987, S1g. 1987, S. 4487 (4570 t); EuGH, Rs. 253/86 (Sociedade Agro-Pecuraria Vicente Nobre/Rat), Urteil v. 31.5.1988, S1g. 1988, S. 2725 (2743). 498
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
antragen5°' 502, und nach Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG kann der Streithelfer, wie soeben angesprochen, Anträge eigenständigen Inhalts stellen, also die Unzulässigkeil der Klage per Antrag geltend machen. Bei Rechtsstreitigkeiten auf der Grundlage der EG-Satzung, bei denen der Intervenient nach Art. 37 Abs. 4 des Regelungswerks auf die Unterstützung der Anträge einer der Hauptparteien beschränkt ist, bestehen solche Möglichkeiten jedoch gerade nicht. Andererseits sind die Gemeinschaftsrichter nach dem Wortlaut der Art. 92 § 2 VerfO-EuGH und Art.113 VerfO-EuG allerdings auch nicht zur Prüfung der Zulässigkeit der Klage von Amts wegen verpflichtet, sondern nur berechtigt. Nach diesen Bestimmungen kann von den Gerichten das Vorliegen unverzichtbarer Prozeßvoraussetzungen jederzeit von Amts wegen geprüft werden. Obwohl die Verfahrensordnungen eigentlich zwischen prozeßhindernden Einreden503 und unverzichtbaren Prozeßvoraussetzungen unterscheiden und nur letztere nach dem Wortlaut der Vorschriften offenbar von Amts wegen untersucht werden dürfen, leiten Gerichtshof und Gericht erster Instanz hieraus eine umfassende Kompetenz zur Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage ex officio ab504• Von dieser Befugnis haben Gerichtshof und Gericht erster Instanz bislang in den allermeisten Fallen, in denen der Streithelfer die Unzulässigkeil der Klage geltend machen wollte, der Beklagte einen entsprechenden Antrag aber nicht gestellt hatte, Gebrauch gemacht. Dabei stellten die Richter zunächst stets fest, daß der Intervenient selbst zwar aus den genannten Gründen nicht berechtigt sei, die Unzulässigkeil der Klage zu rügen, die Zulässigkeil des Rechtsschutzbegehrens könne jedoch von den Gemeinschaftsrichtern auch unabhängig von dem Vorbringen der Beteiligten überprüft werden505 • In 501 So geschehen in dem Verfahren EuGH, verb. Rs.42 u. 49/59 (SNUPAT/Hohe Behörde), Urteil v. 22.3.1961, Slg.l961, S.lll (157). 502 Da Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung diesbezüglich keine eigene Regelung trifft, dürfte davon auszugehen sein, daß die in Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung eröffneten Befugnisse auch dem Intervenienten nach Art.41 Abs.2 EGKS-Satzung zukommen. 503 Vgl. Art. 91 §I Abs.l VerfO-EuGH; Art.ll4 §I Abs. l VerfO-EuG. 504 V gl. dazu K irschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 142 m. w. N.; Klinke, Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 307 ff; Dauses in: Dauses, Handbuch des EG-Wirtschaftsrechts, P. IV, Rn. 27; Lasok, The European Court of Justice, S. 222ff; Dauses/Henkel, EuZW 1999, S. 325 (326); außerdem die in der folgenden Fn. genannten Entscheidungen. 505 EuGH, verb. Rs. C-305/86 u. 160/87 (Neotype Techmashexport/Rat u. Kommission), Urteil v. 11.7.1990, Slg.l990-I, S. 2945 (2998); EuGH, Rs.C-313/90 (CIRFS u.a./Kommission), Urteil v.24.3.1992, Slg.l993-I, S.ll25 (1183f) EuGH, Rs.C-225/91 (Matra/Kommission), Urteil v.15.7.1993, Slg.l993-I, S.3203 (3253f); EuG, Rs. T-266/94 (Foreningen af Jernskibs- og Maskinbyggerier i Danmark, Skibsvrerftsforeningen u. a./Kommission), Urteil v. 22.10.1996, Slg. 1996-11, S.1399 (1417); EuG, Rs. T-19/92 (Groupement d'achat Edouard Leclerc/Kommission), Urteil v.l2.12.1996, Slg.l996-II, S.l851 (1878); EuG, Rs. T-88/92 (Groupement d' achat Edouard Leclerc/Kommission), Urteil v. 12.12.1996, Slg. 1996-II, S. 1961 (1986); EuG, Rs. T-239/94 (EISA/Kommission), Urteil v. 24.10.1997, Slg. 1997-11, S. 1839 (1852f); EuG, Rs. T-174/95 (Svenska Journalistförbundet/Rat), Urteil v. 17.6.1998, Slg. 1998-11, S. 2289 (2313).
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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der Rs. T-290/94 (Kayserberg/Kommission) hat das Gericht erster Instanz hiervon jedoch im November 1997 erstmalig abgesehen. Dort entschieden die Richter: "Das Gericht stellt fest, daß die Beklagte nicht beantragt hat, die Klage für unzulässig zu erklären, sondern sich auf den Antrag beschränkt hat, die Klage als unbegründet abzuweisen. Nach Artikel 37 Absatz 4 der Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel46 Absatz 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, können mit den Streithilfeanträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden .... Daraus folgt, daß die Streithelferio nicht zur Erhebung einer Unzulässigkeitseinrede befugt ist und das Gericht die von ihr hierzu vorgebrachten Angriffsmittel nicht zu prüfen braucht ( ...).
Somit besteht keine Veranlassung, die Zulässigkeil der vorliegenden Klage von Amts wegen zu prüfen." 506 Soweit der Streitbeitritt von Seiten eines Mitgliedstaates oder Gemeinschaftsorgans erfolgt ist, oder der Dritte sich an dem Verfahren nur zum Schutze außerrechtlicher Belange oder als Verband beteiligt hat, bestehen gegen eine dahingehende Ermessensausübung sicherlich keine Einwände. Wird im dem Prozeß aber über Rechte des Intervenienten entschieden, erscheint der Verzicht auf eine Zulässigkeitsprüfung dagegen- genauso wie eine Zurückhaltung vertraulicher Unterlagen gegenüber dem Streitgehilfen507 - im Hinblick auf den Grundsatz des rechtlichen Gehörs bedenklich. So war in dem Verfahren der Rs. T-290/94 (Kayserberg/Kommission) von der Klägerin eine Entscheidung der Kommission angefochten worden, mit der diese den Erwerb eines Unternehmens durch die Streithelfenn für mit dem gemeinsamen Markt vereinbar erklärt hatte508• Weil die Entscheidungsadressatin aus den weiter oben schon angeführten Gründen nicht gegen die etwaige gerichtliche Aufhebung des Rechtsaktes die Drittwiderspruchsklage hätte erheben können509, bestand für sie nur die Möglichkeit, die von ihr angenommene Unzulässigkeil der Klage innerhalb des Nichtigkeitsprozesses zu rügen. :Öa dem nun jedoch wiederum der Wortlaut des Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung entgegen stand, machte es der Gehörsanspruch der Intervenientin indes m. E. erforderlich, hier eine Ermessensreduzierung im Rahmen des Art.l13 VerfO-EuG zu ihren Gunsten anzunehmen und dadurch die Wortlautbarriere der Satzungsnorm auszugleichen. Das gegenteilige Vorgehen des Gerichts erster Instanz trug dem Grundrecht des von der Kommissionsentscheidung begünstigten Unternehmens darauf, in dem Rechtsstreit zu Wort zu kommen, kaum hinreichend 506 EuG, Urteil v. 27.11.1997, Slg. l997-II, S. 2137 (2172); ebenso vor kurzem EuG, verb. Rs. T-185, 189 u. 190/96 (Riviera auto Service etABI.issements Dalmasso u.a./Kommission), Urteil v. 21.1.1999, Slg. 1999-11, S. 93 (105). 507 Näheres dazu bereits unter D. III. 1. 5os Vgl. Art. 2 VO 4064/89. 509 Dazu bereits unter B. I. 2. Hinzu kommt, daß unter Umständen im Zeitpunkt der Intervention die Klagebeantwortung des Beklagten noch gar nicht vorliegt, und insofern möglicherweise noch unklar ist, ob sich dieser überhaupt gegen die Zulässigkeil der Klage wehren will. Ist der Dritte aber erst einmal beigetreten, ist ihm die Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage jedoch auch schon allein aufgrund seiner Beteiligung im Erstverfahren genommen.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Rechnung. Gleiches muß darüber hinaus auch dann gelten, wenn über eine Rechtsposition des Intervenienten gerade wegen seiner Verfahrensbeteiligung aufgrundder materiellen Rechtskraft des Richterspruchs mitentschieden wird. Auch hier bedingt der Gehörsanspruch des Streithelfers eine Ermessensreduzierung zu seinen Gunsten. Andernfalls würde seine Grundrechtsposition unangemessen verkürzt. Durch die so beschriebene Ermessensreduzierung läßt sich somit dem Anspruch auf rechtliches Gehör ausreichend Geltung verschaffen. Bei einer Änderung der Satzung sollte aus Gründen der Rechtssicherheit jedoch gleichwohl eine Anpassung des Wortlauts des Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung an die Bestimmung des Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung erfolgen. (3) Versäumnisverfahren
Eine ganz ähnliche Problematik taucht für den nach Art. 37 EG-Satzung Beigetretenen im Versäumnisverfahren auf5 10• Weil es hier der Beklagte unterläßt, überhaupt einen Antrag zu stellen, scheint eine Streitbeteiligung auf dessen Seite leer laufen zu müssen. Besser stehen erneut Intervenienten nach Art. 34, 41 Abs. 2 EGKS-Satzung und Art. 134 § 1 VerfO-EuG. Da Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung die Möglichkeit eröffnet zu beantragen, die Anträge des Klägers abzuweisen, kann der Streitgehilfe den Erlaß eines Versäumnisurteils abwenden5 11 • Ausdrücklich vorgesehen ist eine solche Befugnis überdies in Art. 134 § 4 VerfO-EuG, wonach die Bestimmungen über das Versäumnisverfahren keine Anwendung finden, wenn ein nach Art. 134 § 1 beigetretener Streithelfer die Klageschrift form- und fristgerecht beantwortet hat. Im Rahmen von Verfahren gegen die Entscheidungen der Beschwerdekammern des Harmonisierungs- und des Sortenamtes wurde also wiederum dem Gehörsanspruch der durch das Beschwerdeergebnis begünstigten Partei Rechnung getragen512, nicht dagegen im übrigen Verfahrensrecht demjenigen der Begünstigten anderer Entscheidungen. Nach dem Wortlaut des Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung ist es möglich, daß eine Fusionsgenehmigung den sich zusammenschließenden Unternehmen genommen wird, weil die Kommission es unterlassen hat, fristgemäß eine Klagebeantwortung einzureichen. Anders als innerhalb der gerade vorangegangenen Ausführungen läßt sich das hier bestehende Spannungsverhältnis jedoch nicht, etwa durch Annahme einer Ermessensreduzierung oder auf anderem Wege, umgehen, 510 Siehe An. 94 VerfO-EuGH; An. 122 VerfO-EuG; näheres dazu bei Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn.l44. 511 Ebenso Lasok, The European Court of Justice, S. 173f; Vandersanden/Barav, Contentieux Communautaire, S. 481. 512 Vgl. An. 46 Abs. 2 S. 2 EG-Satzung; außerdem Jung in: v. d. Groeben{Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, An.168a, Rn. 129; ders. in: Due/Lutter/Schwarze, Festschrift für Ulrich Everling, Bd. I, S. 611 (621); Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 192.
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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sondern es taucht wieder der schon bekannte Konflikt zwischen dem Wortlaut des Art. 37 EG-Satzung, diesmal Abs. 4, und dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs au~ 13 . Auch in diesem Zusammenhang rechtfertigt es der Stellenwert des Grundrechts auf rechtliches Gehör im Gemeinschaftsrecht, die Satzungsbestimmung hinter den Gehörsanspruch zurücktreten zu lassen, und insofern den Empfängern von dritter Seite angefochtener Entscheidungen ebenfalls - entsprechend Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung und Art.134 § 4 VerfO-EuG- die Möglichkeit zu eröffnen, dem Erlaß eines Versäumnisurteils sofern erforderlich entgegenzuwirken. Eine dem Wortlaut des Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung entsprechende Formulierung des Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung würde indes auch hier zusätzliche Rechtssicherheit schaffen. bb) Inhaltlicher Vortrag
(1) Überblick über die Aufgabenverteilung vor den Gemeinschaftsgerichten514 Um Aufklärung darüber zu gewinnen, was der Streithelfer inhaltlich in den Prozeß einbringen kann, bedarf es zunächst eines Überblicks über die von den Verfahrensordnungen den Hauptparteien aufgegebenen Aufgaben. Denn nur insoweit wie die Prozeßgestaltung Kläger und Beklagtem übertragen ist, ist letztlich von Bedeutung, welche Möglichkeiten wiederum dem Intervenienten zukommen, das Verfahren zu beeinflussen. Gemäß Art. 38 § 1lit. a) bis d) VerfO-EuGH/Art. 44 § 1 a) bis d) VerfO-EuG hat der Kläger in seiner Klageschrift Angaben über seine Person und die des Beklagten zu machen, den Streitgegenstand zu bezeichnen515 und eine kurze Darstellung der Klagegründe zu geben sowie seine Klageanträge zu formulieren. Der Beklagte ist nach Art. 40 § 1 lit. a) bis c) VerfO-EuGH/Art. 46 § 1 lit. a) bis c) VerfO-EuG verpflichtet, in der von ihm eingereichten Klagebeantwortung ebenfalls Angaben zu seiner Person zu machen, außerdem seine Anträge zu bezeichnen und deren rechtliche und tatsächliche Begründung zu nennen. In den sich anschließenden Schriftsätzen, der Erwiderung des Klägers und der darauf folgenden Gegenerwiderung des Beklagten5 16, dürfen dann, wie es in den deutschen Fassungen der Vorschriften heißt, neue Angriffs- und Verteidigungsmittel grundsätzlich nicht mehr vorgebracht werden (Art. 42 § 2 VerfO-EuGH/Art. 48 § 2 Näher dazu schon unter A. 111. 3. Im folgenden soll nur die Aufgabenverteilung zwischen Gericht und Parteien im Verfahren vor Gerichtshof und Gericht im allgemeinen dargestellt werden. Besonderheiten der jeweiligen Verfahrensarten erfolgen bei deren späteren Behandlung. Zu Dispositionen über das Verfahren siehe zudem noch gesondert unter D. III. 5. 515 Zum Begriff des Streitgegenstands im Gemeinschaftsprozeßrecht schon in Fn.493 dieses Kapitels. 516 Vgl. Art.41 § 1 VerfO-EuGH; Art.47 § 1 VerfO-EuG. 513
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
VerfO-EuG). Dies bedeutet indes nur, daß darnitjedwedes tatsächliche oder rechtliche Vorbringen, das selbständig zur Begründung des Parteivortrags dient, von der Geltendmachung im Verfahren ausgeschlossen ist. Klagegründe und Angriffs- und Verteidigungsmittel verstehen Gerichtshof und Gericht erster Instanz nämlich im Sinne des Begriffs der moyens des französischen Rechts517518• Dasselbe gilt für selbständigen Verteidigungsvortrag519 • Sofern ein Angriffs- oder Verteidigungsvorbringen nur der Unterstützung selbständigen Vortrags dient, handelt es sich dagegen- ebenfalls wie im französischen Recht -lediglich um ein Argument520. Argumente zur Stützung ihrer moyens können die Parteien in Erwiderung und Gegenerwiderung weiterhin uneingeschränkt vorbringen521 . Anders im deutschen Prozeßrecht zählt zu den Angriffs- und Verteidigungsmitteln im Gemeinschaftsrecht zudem nicht die Benennung von Beweismitteln522. Beweismittel für ihren Vortrag können Kläger und Beklagter in der Klageschrift bzw. der Klagebeantwortung angeben, wenn sie dies für erforderlich erachten523 • In Erwiderung und Gegenerwiderung ist dies zulässig, wenn die Verspätung begründet wird524. Diese Vorschriften scheinen darauf schließen zu lassen, daß im Verfahren vor den Gemeinschaftsgerichten der Verhandlungsgrundsatz herrscht, d. h. die Parteien also ihren tatsächlichen Vortrag gegebenenfalls beweisen müssen. Tatsächlich 517 Ausführlich dazu Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 20ff; P. Becker, Der Einfluß des französischen Verwaltungsrechts auf den Rechtsschutz in den Europäischen Gemeinschaften, S. 85; Möller, Die Klageänderung im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 43 ff; Fasselt-Romme, Parteiherrschaft im Verfahren vor dem EuGH und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S. 55 ff; Bleckmann, Europarecht, Rn. 984; Kirschner!Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 94, 102 m. w. N .; zu den moyens der französischen Prozeßrechtslehre siehe bereits im 3. Kapitel unter A. I. 3. b) sowie unter A. II. 1. 51 8 V gl. dazu auch die französischen Fassungen der VerfOen, in denen sowohl in Art. 38 § 1 lit.c) Verf0-EuGH/Art.44 § 1lit.c) VerfO-EuG als auch in Art.42 § 1 VerfO-EuGH/Art.48 §2 VerfO-EuG jeweils von moyens die Rede ist. 519 Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 25. 520 Eine ausdrückliche Unterscheidung zwischen Angriffs- und Verteidigungsmitteln und Argumenten findet sich in Art. 93 § 5lit. b) VerfO-EuGH u. Art. 116 § 4lit. b) VerfO-EuG; vgl. hierzu zudem auch GA Roemer, verb. Rs. 7 u. 9/54 (Groupement des Industries Siderurgiques Luxernbourgeoises/Hohe Behörde), Schlußanträge (ohne Datumsangabe), Slg.l955/66, S.l47 (150f); Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 36 ff. 521 Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 36; Bleckmann, Europarecht, Rn.985. s22 Fasselt-Romme, Parteiherrschaft im Verfahren vor dem EuGH und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S. 55. 523 Vgl. Art.38 § 1lit.e) Verf0-EuGH/Art.44 § 1lit.e) VerfO-EuG; Art.40 § llit.d) VerfOEuGH/Art.46 § llit.d) VerfO-EuG. 524 Vgl. Art. 42 §I VerfO-EuGH; Art.48 § 1 VerfO-EuG.
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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können Gerichtshof und Gericht erster Instanz jedoch auch von Amts wegen in weitem Maße Beweis erheben525 • Es hat sich daher die Auffassung durchgesetzt, daß das Verfahren vor den Gemeinschaftsgerichten einem Nebeneinander von Verhandlungs- und Untersuchungsmaxime unterliegt526•
(2) Rechts- und Tatsachenvortrag des Streitgehilfen (a) Nichtigkeitsklagen Entsprechend dem recours pour exces de pouvoir sehen die Vorschriften über die Nichtigkeitsklage bekanntlich nur eine begrenzte Anzahl von Gründen vor, aus denen der angefochtene Akt rechtswidrig sein kann527 • Diese Nichtigkeitsgründe sind zugleich die Anfechtungsgründe, auf die der Kläger sein Rechtsschutzbegehren stützen kann und in gewissem Maße auch stützen muß. Denn wie im Rahmen des recours pour exces de pouvoir ist auch der Kläger der Nichtigkeitsklage verpflichtet, mindestens einen der genannten Anfechtungsgründe geltend zu machen, andernfalls ist seine Klage (schon) unzulässig528 • Diese möglichen Anfechtungsgründe bilden wiederum die möglichen Klagegründe bzw. Angriffsmittel, also die potentiellen moyens des Klägers. Auf Seiten des Beklagten kommt dem Begriff der moyens bei der Nichtigkeitsklage dagegen keine eigenständige Bedeutung zu529• Diesem geht es nur um die Verteidigung des von ihm erlassenen Rechtsaktes, hierfür wird es in aller Regel ausreichen, wenn er die schon in dem angefochtenen Akt gegebene Begründung durch eventuelle neue Argumente untermauert5Jo. Während der Streitgehilfe allgemeiner Ansicht nach unabhängig von dem Willen der unterstützten Hauptpartei alle Argumente, die er für angebracht hält, in den 525 Vgl. Art.47 §I Verf0-EuGH/Art.68 §I VerfO-EuG; Art.49 §I VerfO-EuGH/Art. 70 §I VerfO-EuG. 526 Andre, Beweisführung und Beweislast im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, S. I9 ff; Rengeling!Middeke!Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 590 ff; Bleckmann, Europarecht, Rn. 982; Schweitzer!Hummer, Europarecht, Rn. 576; Kirschner! Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn.II4; Baumhof, Die Beweislast im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, S. 26 f; Riese, NJW 1953, S. 52 I (522); Dauses!Henkel, EuZW 1999, S. 325 (326). 527 Vgl. 230 Abs.2 EG-Vertrag (Art.l73 Abs. 2 a.F.); Art. 146 Abs. 2 EAG-Vertrag; Art. 33 Abs. I EGKS-Vertrag. 528 Rengeling!Middeke!Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. l71. 529 Gemeint ist in dem vorliegenden Zusammenhang nur noch Verteidigungsvortrag, der sich gegen die Begründetheit der Klage wendet. Soweit der Beklagte die Zulässigkeit der Klage rügt, sind die einzelnen von ihm aufgeworfenen Unzulässigkeitsgründe schon als moyens zu verstehen; vgl. dazu Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 25. 530 Vgl. auch Kirschner!Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 103.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Rechtsstreit einführen kann531 , herrscht in der Literatur und unter den Generalanwälten des Gerichtshofs Uneinigkeit darüber, ob der Intervenient genauso berechtigt ist, in seinem Schriftsatz auch neue moyens zum Gegenstand des Verfahrens zu machen532• Hierfür spricht zunächst, daß gemäß Art. 93 § 5 lit. b) VerfO-EuGH und Art. 116 § 3 lit. b) VerfO-EuG der von dem Intervenienten eingereichte Schriftsatz die Angriffsund Verteidigungsmittel und die Argumente des Streithelfers enthalten soll. Diese Formulierung scheint darauf schließen zu lassen, daß dem Streitgehilfen also die Geltendmachung eigener moyens gestattet ist533• Ausdrücklich soll zudem dem nach Art. 134 § 1 VerfO-EuG beigetretenen Intervenienten die Geltendmachung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln erlaubt sein, die gegenüber denen von Kläger und Beklagtem eigenständig sind (Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG). In dieselbe Richtung geht auf den ersten Blick auch die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rs. 30/59 (De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde), in der die Richter ein Vorbringen der auf Seiten der Beklagten beigetretenen Bundesrepublik Deutschland zuließen, von dem sie zunächst feststellten, es handele sich um Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im Widerspruch zum Vorbringen der Beklagten stünden534• 531 Siehe dazu EuGH, Rs. 30/59 (De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde), Urteil v. 23.2.1961, Slg. 1961, S. 3 (41), zu dieser Entscheidung nochmals sogleich; EuGH, Rs. C-150/94 (Vereinigtes Königreich/Rat), Urteil v. 19.11.1998, Slg. 1998-1, S. 7235 (7289); EuG, Rs. T-459/93 (Siemens/Kommission), Urteil v. 8.6.1995; Slg. 1995-II, S. 1675 (l687f); GA Gulmann, verb. Rs. C-241 u. 242/91 P (RTE u. a./Kommission), Schlußanträge v. 1.6.1994, Slg. 1995-I, S. 747 (754 f); K. Wolf in: v. Boeckh/v.d. Groeben/Thiesing, Handbuch des Europäischen Rechts, Art. 93 VerfO-EuGH, Anm. 8; Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 174; Plender in: Plender, European Courts Practice and Precedents, Rn. 23-43; Millet, The Court of First Instance of the European Communities, S. 53; Vandersanden/Barav, Contentieux Communautaire, S. 472; Berri, CMLRev 1971, S. 5 (13 f). Dies gilt auch für die im folgenden erörterten Verfahrensarten. 532 Dafür Ehle, Klage- und Prozeßrecht des EWG-Vertrages, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 16; Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 189; K. Wolf in: v. d. Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, 4. Aufl., Art. 37 EG-Satzung, Rn. 9; Rengeling/Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 687; Günther, Die Präklusion neuer Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 36; Röder in: Rengeling/ v. Borries, Aktuelle Entwicklungen in der Europäischen Gemeinschaft, S.45 (50); Lasok, The European Court of Justice, S. 171; Rideau/Charrier, Code de ProeMures Europeennes, S. 266; Boulouis/Darmon, Contentieux Communautaire, Rn. 227; Molinier, Droit du contentieux europeen, S. 56; Ehle/Schiller, EuR 1982, S. 49 (56); GA Slynn, Rs. 253/84 (GAEC de la Segaude/Rat u. Kommission), Schlußanträge v. 18.9.1986, Slg.l987, S. 143 (153f). Dagegen Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 174; Wae/broeck/Waelbroeck in: Commentaire Megret, Le Droit de la CEE, Art. 188, Nr. 73; Berri, CMLRev 1971, S. 5 (13); GA Lagrange, Rs. 30/59 (De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde), Schlußanträge v. 5.11.1960, Slg. 1961, S. 63 (70); GA Darmon, Rs. 233/85 (Bonino/Kommission), Schlußanträge v. 22.1.1987, Slg.1987, S. 748 (753f). 533 So insbesondere Lasok, The European Court of Justice, S. 171. 534 EuGH, Urteil v. 23.2.1961, Slg. 1961, S. 3 (40f). Auf diese Worte stützt sich in weiten Teilen das Schrifttum, soweit eigene moyens des Streithelfers für zulässig erachtet werden.
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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Wie die sich anschließenden Ausführungen des Gerichtshofs aufzeigen, ging es jedoch tatsächlich gar nicht um die Einführung neuer moyens in den Prozeß535 , sondern nur um neue Argumente: "Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland unterstützt mit ihrer Intervention die Anträge der Beklagten; ihr Vorbringen zielt auf die Abweisung der Anträge der Klägerin, mag es sich auch im übrigen von dem der Beklagten unterscheiden. Das Streithilfeverfahren würde aber seines Inhalts völlig entleert werden, wenn dem Streithelfer die Geltendmachung aller der Argumente verwehrt würde, auf die sich die von ihm unterstützte Partei nicht berufen hat. Demnach sind die von der Regierung der Bundesrepublik Deutschland im Streithilfeverfahren vorgebrachten Argumente zu berücksichtigen."536
Zu Recht gegen die Zulässigkeit eigener moyens des Intervenienten entschied der Gerichtshof dann in der Rs. C-155/91 (Kommission/Rat). Dort heißt es: "Nach Artikel 37 Absatz 3 der Satzung des Gerichtshofes können mit den aufgrunddes Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden. Während der Antrag der Kommission auf die Nichtigerklärung der Richtlinie 91/156 gerichtet ist, begehrt das Parlament mit seinem Antrag die Nichtigerklärung von Artikel 18 der Richtlinie aus völlig anderen Gründen, als die Kommission für ihren Antrag anführt. Damit unterstützt das Parlament nicht den Antrag der Kommission; sein Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen."537
Die Zulassung eigenständiger moyens des Intervenienten würde nämlich bedeuten, diesem eine Änderung der Klage zu gestatten. Anders als im Rahmen des recours pour exces de pouvoir, bei dem eine Klageänderung nur dann vorliegt, wenn moyens einer bislang nicht geltend gemachten cause in den Prozeß eingeführt werden538, stellt bei der Nichtigkeitsklage vor den Gemeinschaftsgerichten die Einführung neuer moyens stets eine Änderung der Klage dar, denn der Gerichtshof unterscheidet insoweit nicht zwei causes juridiques539• Die Möglichkeit einer Klageänderung durch den Streitgehilfen scheint jedoch zunächst schon mit seiner Stellung als partie accessoire nur schwerlich vereinbar. In den untersuchten Vergleichsrechtsordnungen ist sie, wie gesehen, dementsprechend auch ausnahmslos ausgeschlossen540• Dem Intervenienten die Befugnis einzuräumen, die Klage durch das Vorbringen neuer Angriffsmittel zu ändern, führte überdies dazu, dem Streithelfer ein Recht an die Hand 535 Die Geltendmachung selbständigen Verteidigungsvortrags ist, wie soeben schon angeführt wurde, im Nichtigkeitsprozeß auch gar nicht erforderlich. 536 EuGH, Rs. 30/59 (De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde), Urteil v.23.2.1961, Slg.1961, S.3 (41). 537 EuGH, Urteil v. 17.3.1993, Slg. 1993-I, S. 939 (969). 538 Dazu schon im 3. Kapitel unter A. II. 1. 539 Möller, Die Klageänderung im Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, S. 64 f. 540 Siehe bereits im 2. Kapitel unter A. I. I. a) cc) (2) u. unter A. II. 3. c) sowie im 3. Kapitel unter A. I. 3. b) bb) u. unter A. II. 4.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
zu geben, welches nicht einmal dem Kläger selbst zukommt, denn dieser ist durch die Art. 42 § 2 VerfO-EuGH/Art. 48 § 2 VerfO-EuG an die moyens seiner Klageschrift gebunden. Wie Generalanwalt Darmon zutreffend betont hat, wäre damit dem Mißbrauch der Intervention Tür und Tor geöffnet541 , denn der Kläger könnte sich nunmehr, um die Klage doch noch zu ändern, gewissermaßen der Hilfe von dritter Seite bedienen. Aus Gehörsgesichtspunkten besteht für eine Zulassung eigener moyens des Streithelfers auch keine Notwendigkeit. So wird der Begünstigte der Entscheidung eines Gemeinschaftsorgans oder des Harmonisierungs- bzw. Sortenamtes dem Rechtsstreit stets auf Seiten des Beklagten beitreten; für seinen Rechtsschutz reicht es insofern aus, die schon existente Begründung des Rechtsaktes unter Umständen mit eigenen Argumenten zu verstärken. Aufgrund der Einbindung des Intervenienten in die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung ist die Eröffnung eigener moyens ebenfalls nicht erforderlich, denn wird ein möglicher Klagegrund nicht Bestandteil des Verfahrens, so besteht diesbezüglich auch keine Rechtskraftbindung542 • Die Nennung der Angriffs- und Verteidigungsmittel in Art. 93 § 5 lit. b) VerfOEuGH und Art.116 § 3lit. b) VerfO-EuG bezieht sich infolgedessen im Rahmen der Nichtigkeitsklage nur darauf, daß der Intervenient aufgefordert wird, diejenigen moyens des Klägers anzugeben, die er unterstützen will543 • Soweit die Vorschrift des Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG den Streithelfer berechtigt, eigenständige Angriffsund Verteidigungsmittel geltend zu machen, muß diese Bestimmung dagegen inhaltslos bleiben. Da aber, wie gerade beschrieben, die in Art. 134 § 1 VerfO-EuG genannten Streithelfer dem Rechtsstreit ohnehin immer auf Seiten des jeweils beklagten Amtes beitreten werden, wird die Frage nach der Möglichkeit eigener moyens dort kaum jemals relevant werden. Die Streithilfe muß damit keineswegs leerlaufen, wie Allkernper allerdings meint544• So ermöglicht zunächst bereits das Vorbringen eigener Argumente einen adäquaten Rechtsschutz. Des weiteren findet sich zunehmend die Auffassung, daß auch wenn sich der Kläger im Rahmen seiner Klage auf einen Anfechtungsgrund oder einen Teil der möglichen Anfechtungsgründe beschränkt, Gerichtshof und Gericht dennoch zu einer umfassenden Rechtmäßigkeitsprüfung des angegriffenen Aktes befugt sind545 • Der Streithelfer könnte danach insofern die Prüfung von nicht geltend gemachten Anfechtungsgründen zumindest wohl anregen. 541
GA Darmon, Rs. 233/85 (Bonino/Kommission), Schlußanträge v. 22.1.1987, Slg. 1987,
s. 748 (753).
542 Fasselt-Romme, Parteiherrschaft im Verfahren vor dem EuGH und dem Europäischen Gerichtshoffür Menschenrechte, S.59. 543 Ebenso Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn.l74. 544 Allkemper, EWS 1995, S. 336 (338 f). 545 So Bleckmann, Europarecht, Rn. 851 ff; Rengeling/Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 182; Bockey, Die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, S. 173; Erichsen/Weiß, Jura 1990, S. 528 (533); vgl. auch EuGH, Rs. C-62/88 (Griechenland/Rat), Urteil v.29.3.1990, Slg.1990-I, S.1527 (1548).
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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(b) Untätigkeitsklagen In gewisser Hinsicht spiegelbildlich ist die Lage im Bereich der Untätigkeitsklagen. Hier kann der Kläger von vomeherein nur einen Klagegrund, die Verletzung des Vertrages, geltend machen546 • Die Frage nach der Möglichkeit eigener moyens des auf Seiten des Klägers beigetretenen Intervenienten stellt sich mithin nicht. Der Beklagte kann dagegen über die Widerlegung dieses Klagegrundes hinaus auch vorbringen, daß er aus anderen Gründen nicht zum Erlaß des begehrten Aktes verpflichtet sei547. Fraglich ist, ob auch der den Beklagten unterstützende Streitgehilfe solche Gründe darlegen darf. M. E. sollte dies zulässig sein. Der Intervenient ändert hiermit nicht das von dem Kläger anhängig gemachte Rechtsschutzbegehren. Die Einführung eigenständiger Verteidigungsgründe führt zudem dazu, daß auch diese Gegenstand der materiellen Rechtskraft des Richterspruchs werden, und der Intervenient sich hierauf nicht mehr in einem etwaigen späteren Verfahren berufen kann. Die Zulassung eigener moyens wirkt insofern prozeßökonomisch. (c) Vertragsverletzungs- und Amtshaftungsverfahren Das Vertragsverletzungs- und das Schadensersatzverfahren kennen kein System der begrenzten Klage- bzw. Verteidigungsgründe. Angriffs- und Verteidigungsmittel sind hier mithin jedes Vorbringen, das selbständig zur Begründung des in dem Prozeß verfolgten Ziels dient548. Inwieweit der Streithelfer eigene moyens in den Rechtsstreit einführen darf, könnte dabei wiederum davon abhängen, ob er mit seinem Vortrag dem Gegenstand des Verfahrens ein anderes Gesicht geben würde549. Tritt er auf Seiten des Beklagten bei, wird dies wie bei der Untätigkeitsklage nicht der Fall sein. Hat der Streithelfer dagegen auf Seiten des Klägers interveniert, würde es jeweils von einer Bewertung seines Vortrags im Einzelfall abhängen, ob hierin eine Klageänderung zu erblicken ist oder nicht. Handelt es sich um ersteres, wäre das Vorbringen danach unzulässig. Tatsächlich führt das Verfahrensrecht der Gemeinschaftsgerichte indes nicht zu diesem Ergebnis. Da nämlich, wie sogleich noch näher zu beschreiben sein wird, der Streitgehilfe den Rechtsstreit in der Lage zur Zeit seines Beitritts annehmen muß, die Klageschrift aber in diesem Zeitpunkt naturgemäß immer bereits vorliegt, und der Kläger in seiner Erwiderung keine neuen moyens mehr in den Prozeß einführen darf, kann auch der den Kläger unterstützende Intervenient neue Angriffsmittel, auch wenn diese nicht zu einer Klageänderung führen würden, in seinem Schriftsatz nicht vorbringen. Für den auf Seiten des Beklagten auftretenden StreitVgl. Art. 232 Abs.l EG-Vertrag (Art.l75 Abs. l a. F.); Art. 148 EAG-Vertrag. Dazu Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn.lOO. 548 Siehe auch schon unter D.III. 2.a)bb)(l). 549 So wohl Vandersanden/Barav, Contentieux Communautaire, S.474. 546 547
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
helfer hängt die Befugnis, neue moyens einführen zu können, dagegen von dem Zeitpunkt seines Beitritts ab.
(3) Die Benennung von Beweismitteln Anders als im deutschen Recht umfaßt der Begriff der Angriffs- und Verteidigungsmittel auf europäischer Ebene nicht die Benennung von Beweismitteln550. So geben die Verfahrensordnungen zunächst Kläger und Beklagtem auf, neben ihren moyens und Argumenten gegebenenfalls ihre Beweismittel zu bezeichnen551 • Gemäß Art. 93 § 5 lit. c) VerfO-EuGH und Art. 116 § 4 lit. c) VerfO-EuG steht dieses Recht ausdrücklich ebenso dem Intervenienten zu. Für den nach Art. 134 § 1 VerfOEuG beigetretenen Streitgehilfen ergibt sich eine solche Berechtigung zudem mittelbar aus Art. 134 § 2 Abs. 1 des Regelungswerks. Auch der Streithelfer kann also grundsätzlich552 selbständig für die vom ihm vorgetragenen moyens - soweit zulässig - und Argumente Beweis anbieten.
b) Gebundenheit an die Lage des Rechtsstreits Nach Art. 93 § 4 VerfO-EuGH und Art. 116 § 3 VerfO-EuG muß er jedoch den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zur Zeit seines Beitritts befindet. Der Streithelfer soll danach in seinem Schriftsatz also nur das vortragen dürfen, was auch den Hauptparteien noch gestattet wäre. Dies bedeutet zunächst, daß er Argumente und Beweismittel uneingeschränkt geltend machen kann, denn beides ist auch den Hauptparteien nach Einreichung ihres ersten Schriftsatzes weiterhin erlaubt553. Der Anwendungsbereich der genannten Vorschriften beschränkt sich somit auf das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, weil das Gemeinschaftsrecht nur diese einer Präklusion unterwirft. Im Rahmen der Nichtigkeitsklage sind die Art. 93 § 5 VerfO-EuGH und Art. 116 § 3 VerfO-EuG infolgedessen ohne Bedeutung. Der Streithelfer des Klägers ist ohnehin nicht zur Geltendmachung eigener moyens befugt, denn hiermit würde er ausnahmslos die Klage ändern. Der Streitgehilfe des Beklagten braucht, um der Begründetheit der Klage entgegenzutreten, keine moyens vorzubringen. Soweit allein dieser die Zulässigkeil der Klage rügen will, führen Gerichtshof und Gericht allerdings regelmäßig an, daß neben den Bestimmungen der Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung bzw. Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung auch aus Art. 93 § 5 VerfO-EuGH und Art. 116 550 Dazu auch Fasselt-Romme, Parteiherrschaft im Verfahren vor dem EuGH und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, S. 55. 551 Vgl. Art. 38 § llit.e) VerfO-EuGH/Art.44 § llit.e) VerfO-EuG; Art.40 § llit.d) VerfOEuGH/Art.46 § llit.d) VerfO-EuG. 552 Zu etwaigen Ausnahmen sogleich. 553 Zur Möglichkeit Argumente vorzutragen siehe schon unter D. III. 2. a) bb) (2); zur Benennung von Beweismitteln vgl. Art.42 § 1 VerfO-EuGH; Art.48 § 1 VerfO-EuG.
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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§ 3 VerfO-EuG folge, daß der Intervenient hierzu nicht berechtigt sei554 • Notwendig erscheint dieser Hinweis aufgrund des Wortlauts der Satzungsnormen gleichwohl nicht.
Im Rahmen von Untätigkeits-, Vertragsverletzungs- und Schadensersatzklagen sind die hier in Rede stehenden Vorschriften hingegen nicht ohne Folgen. Wie soeben schon angeführt wurde, führt die Gebundenheit des Streithelfers an die Lage des Rechtsstreits zur Zeit seines Beitritts dazu, daß in Vertragsverletzungs- und Amtshaftungsverfahren der auf Seiten des Klägers beigetretene Intervenient auch solche Angriffsmittel nicht vorbringen darf, mit denen er die Klage nicht ändern würde. Für den den Beklagten unterstützenden Streitgehilfen ist zudem in allen drei Rechtsstreitarten von wesentlicher Bedeutung, wann er sich an dem Verfahren beteiligt hat. Liegt die Klagebeantwortung bereits vor, kann der Intervenient in seinem Schriftsatz keine neuen moyens darlegen, denn auch der Beklagte wäre hiermit ausgeschlossen. Hat der Beklagte hingegen noch keine Klagebeantwortung eingereicht, ist dem Streithelfer der Vortrag eigener Verteidigungsmittel möglich. Dies führt freilich zu Zufalligkeiten hinsichtlich der prozeduralen Befugnisse des Intervenienten. Dessen Möglichkeiten, auf den Gang des Verfahrens Einfluß nehmen zu können, hängen damit letztlich auch davon ab, wann die Gemeinschaftsrichter sein Interventionsgesuch bescheiden. De lege ferenda sollte daher überlegt werden, die Bestimmungen der Art. 93 § 5 VerfO-EuGH und Art. 116 § 3 VerfO-EuG aufzuheben. Wesentliche Verfahrensverzögerungen dürften hiervon nicht zu erwarten sein. Die Einführung neuer moyens kann sich zudem, wie schon erwähnt, prozeßökonomisch auswirken.
3. Reaktionsmöglichkeiten der Hauptparteien auf den Streithelferschriftsatz Trägt der Streithelfer in seinem Schriftsatz umfassend vor und reichert er den Rechtsstreit um neue Aspekte an, mag bei den Hauptparteien, insbesondere wohl bei der nicht unterstützten Partei, das Bedürfnis aufkommen, auf das Vorbringen des Intervenienten nochmals schriftsätzlich zu erwidern. Die Verfahrensordnungen des Gerichtshofs der Jahre 1959 und 1974 trugen dem Rechnung und bestimmten, daß gleichzeitig mit der Fristsetzung für den Streithelferschriftsatz auch die Frist festzulegen sei, binnen derer die Hauptparteien auf den Schriftsatz des Streithelfers antworten könnten555 • Die 1979 neu erlassene Verfahrensordnung schaffte diese Regelung jedoch - zweifellos im Interesse der Verfahrensbeschleunigung556 - ab. Dagegen wurde in der Literatur geltend gemacht, ein solcher Ausschluß sei mit dem Siehe dazu schon die in Fn. 505 dieses Kapitels angeführten Entscheidungen. Vgl. jeweils Art. 93 §5 Abs. 2 VerfO-EuGH 1959 u.1974. 556 Vgl. Jung, EuR 1980, S. 372 (379); Hackspiel in: v. d. Groeben(Thiesing/Eh1errnann, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 26 (Fn. 110). 554 555
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
Grundsatz des rechtlichen Gehörs unvereinbar557 • Auch aufgrund der nur begrenzten Vortragszeiten im Rahmen der mündlichen Verhandlung sei es keinesfalls ausreichend, den Hauptparteien nur dort die Möglichkeit zu geben, auf das Vorbringen des Streitgehilfen einzugehen558• Zum Teil wurde zudem vertreten, auch wenn die Befugnis zu einer schriftlichen Erwiderung nicht mehr ausdrücklich vorgesehen sei, schließe das Verfahrensrecht eine solche Möglichkeit doch jedenfalls nicht aus559• Die Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz und kurze Zeit später auch die Neufassung der Verfahrensordnung des Gerichtshofs legten dann 1991 erneut die grundsätzliche Möglichkeit eines schriftlichen Eingehens der Hauptparteien auf den Streithelferschriftsatz fest560• Art. 93 § 6 VerfO-EuGH und Art. l16 § 5 VerfO-EuG bestimmen allerdings, daß der Präsident den Parteien gegebenenfalls eine Frist setzt, innerhalb derer sich diese zu dem Schriftsatz des Intervenienten äußern können. Eine vergleichbare Regelung trifft Art. 135 § 2 VerfO-EuG für Verfahren nach den Art.130ff VerfO-EuQ561• Ob die Hauptparteien auf das Vorbringen des Streitgehilfen noch einmal schriftsätzlich eingehen können, steht danach nunmehr insofern im Ermessen der Gemeinschaftsrichter562 563 • Diese Regelung ist soweit ersichtlich nur noch von Lasok kritisiert worden, der meint, es sei Sache der Hauptparteien zu entscheiden, ob sie einen weiteren Schriftsatz für erforderlich hielten564• Die Berechtigung dieser Kritik erscheint jedoch zweifelhaft. So liegt es zunächst durchaus auf der Linie des nationalen Rechts, dem Richter die Entscheidung aufzugeben, ob er weitere Schriftsätze zuläßt oder im Interesse des Fortgangs des Prozesses hiervon absieht565 • Außerdem dürfte kaum davon auszugehen sein, daß bei bedeutsamen neuem Vortrag des Intervenienten eine erneute Schriftsatzfrist- jedenfalls wenn die 557 v. Simson, Nutzen und Kosten des Rechtsschutzes in der Europäischen Gemeinschaft, in: Schwarze, Fortentwicklung des Rechtsschutzes in der Europäischen Gemeinschaft, S. 23 (36); Millet, The Court ofFirst Instance ofthe European Communities, S.54; Jung, EuR 1980, S. 372 (379); Ehle!Schiller, EuR 1982, S. 48 (58); Jacobs, ELRev 1980, S. 52 (55); unter Verkennung der zwischenzeitlich erfolgten erneuten Änderung (dazu sogleich) auch Grzybek, Prozessuale Grundrechte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S.l90ff. 558 Jung, EuR 1980, S. 372 (379); Rabe, NJW 1989, S. 3041 (3046); Jacobs, ELRev 1980, S. 52 (55). 559 Jung, EuR 1980, S.372 (379); Eh/e/Schiller, EuR 1982, S.48 (58). 560 Dazu Picod, D. 1991, S. 274 (279); Poilvache, JdT 1992, S. 337 (340). 56 1 Da es sich bei diesen Verfahren, wie schon erwähnt, um eine Art Berufungsinstanz gegen die Entscheidungen der Beschwerdekammern des jeweils zuständigen Amtes handelt, ist der Austausch von Schriftsätzen hier insgesamt eine Runde kürzer. 562 Vgl. auch Hackspiel in: v. d. Groeben{Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEGVertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 26; Kirschner/Klüpfe/, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn.l74. 563 Art. 135 § 3 VerfO-EuG bestimmt, daß den Hauptparteien in jedem Falle das Recht zur schriftlichen Erwiderung zustehen soll, wenn ein nach Art. 134 § 1 VerfO-EuG beigetretener Streithelfer in seinem Schriftsatz neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht hat. Da dies jedoch, wie weiter oben beschrieben, nicht der Fall sein wird, dürfte der Vorschrift in praxi keine Bedeutung zukommen. 564 Lasok, The European Court of Justice, S.182. 565 Vgl. §§275, 276 ZPO.
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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Hauptparteien eine solche beantragen- nicht gewährt würde. Bekannt geworden ist eine dahingehende Entscheidung bislang zumindest nicht. 4. Die Eintegong von Rechtsbehelfen gegen das Urteil
a) Rechtsmittel Gegen die Entscheidungen des Gerichts erster Instanz können Kläger oder Beklagter, wenn sie mit ihren Anträgen ganz oder teilweise unterlegen sind, ein Rechtsmittel zum Gerichtshof einlegen566 • Dasselbe Recht steht den dem Rechtsstreit beigetretenen Mitgliedstaaten und den Organen- genauso wohl anderen interventionsfähigen Gemeinschaftseinrichtungen567 - zu568• Mit Ausnahme von Entscheidungen in Dienstrechtssachen können diese gegen den Richterspruch sogar dann ein Rechtsmittel einlegen, wenn sie an dem Verfahren vor dem Gericht gar nicht beteiligt warens69. Für andere Streithelfer in Rechtsstreitigkeiten vor dem Gericht erster Instanz ist die Möglichkeit, gegen die gerichtliche Entscheidung ein Rechtsmittel einlegen zu können, dagegen nach dem Wortlaut der drei Satzungen davon abhängig, daß die Entscheidung des Gerichts sie unmittelbar berührt510• Was hierunter zu verstehen ist, hat der Gerichtshof bislang nicht entschieden. Unzutreffend dürfte sicherlich die Annahme Lasoks sein, wonach das in den Satzungsbestimmungen niedergelegte Erfordernis mit dem des berechtigten Interesses gleichzusetzen ist571 • Die Rechtsmittelberechtigung folgte dann bereits aus der lnterventionsberechtigung. Gerade das kann jedoch aufgrund der unterschiedlichen Wortwahl nicht gewollt gewesen sein. In diesem Falle wären die Vorschriften nämlich überflüssig. Wegen der engen Anlehnung der Formulierung der Satzungsnormen an die Klagebefugnis natürlicher und juristischer Personen im Rahmen der Nichtigkeitsklage findet sich ansonsten im Schrifttum zu Recht die Auffassung, daß die dort von den Gemeinschaftsgerichten entwickelten Kriterien für die Beurteilung der Rechtsmittelbefugnis des Intervenienten entsprechend heranziehbar sind572• Dies bedeutet 566 V gl. Art. 49 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 EG-Satzung; Art. 50 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 EAG-Satzung; Art. 49 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 EGKS-Satzung. 567 Siehe hierzu auch schon unter A.l. l.c)bb). 568 Vgl. Jung in: v. d. Groeben!Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art.168a, Rn. 164. 569 Art. 49 Abs. 3 EG-Satzung; Art. 50 Abs. 3 EAG-Satzung; Art. 49 Abs. 3 EGKS-Satzung. 570 Art. 49 Abs. 2 S. 2 EG-Satzung; Art. 50 Abs. 2 S. 2 EAG-Satzung; Art. 49 Abs. 2 S. 2 EGKS-Satzung. 571 Lasok, The European Court of Justice, S. 473. 572 Jung in: v. d. Groeben{Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 168 a, Rn. 165; Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 175; Hackspiel in: v. d. Groeben!Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. 37 EG-Satzung, Rn. 29; wohl auch Rengeling/Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
freilich nicht, daß ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts erster Instanz nur dann eingelegt werden darf, wenn der Streithelfer auch selbst hätte klagen können. Nur Streithelfer des Klägers könnten dann den Rechtsstreit in die zweite Instanz bringen. Der Vergleich mit der Klagebefugnis ist vielmehr so zu verstehen, daß die Entscheidung des Gerichts den Intervenienten unmittelbar berührt, wenn Gegenstand des Richterspruchs eigene Rechte des Streitgehilfen sind573 • In diesem Fall gebietet es der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dem Streithelfer die Befugnis zu eröffnen, den Sachverhalt nochmals zur Überprüfung zu stellen574. Anders als der intervenant accessoire des französischen Rechts hatte der Streithelfer auf europäischer Ebene zudem, wie gesehen, nicht die Möglichkeit, zwischen Intervention und Drittwiderspruchsklage zu wählen575,
b) Auslegungsverfahren Bestehen Zweifel über Sinn und Tragweite eines Urteils kann bei den Gemeinschaftsgerichtenein Antrag auf Urteilsauslegung gestellt werden576. Antragsberechtigt sind hierzu nach dem Wortlaut der Bestimmungen der Satzungen die Gemeinschaftsorgane und die Parteien. Schon bevor der Gerichtshof feststellte, daß Partei des Rechtsstreits auch der Intervenient ist, entschied er in den verb. Rs. 146 und 431/85 (Maindiaux u. a./Wirtschafts- und Sozialausschuß u. a.), daß der Streitgehilfe zumindest eine Partei im weiteren Sinne sei und auch er deshalb ein Auslegungsverfahren einleiten kannm.
c) Wiederaufnahmeverfahren Nicht bedeutsam geworden ist bislang, ob der Streithelfer auch die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen darf'S78 . Im Schrifttum wird dies zum Teil mit dem Argument abgelehnt, eine derartige Befugnis bedürfe, so wie es für die Einlegung eines Rechtsmittels geregelt worden sei, einer ausdrücklichen normativen GrundlaEuropäischen Union, Rn. 714; Gündisch, Rechtsschutz in der Europäischen Gemeinschaft, S.148. 573 So auch Jung in: v. d. Groeben(Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, Art. l68a, Rn. 165. 574 Siehe zur Rechtslage in Deutschland auch schon im 2. Kapitel unter A.l. a)cc)(2) sowie unter A.II.3.c). 575 Dazu bereits im 3. Kapitel unter A.III. 576 Vgl. Art. 40 EG-Satzung; Art.41 EAG-Satzung; leicht abweichend Art. 37 EGKS-Satzung. 577 EuGH, Beschluß v. 20.4.1988, Slg. 1988, S. 2003 (2005); ebenso vor kurzem EuGH, Rs. C-245/95 P-INT (NSK u. a./Kommission), Urteil v. 19.1.1999, Slg. 1999-1, S. 1 (7); in diesem Sinne auch schon Degenhardt, Die Auslegung und Berichtigung von Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, S.45. 57s Vgl. Art. 41 EG-Satzung; Art. 42 EAG-Satzung; Art. 38 EGKS-Satzung.
D. Die Rechtswirkungen der Intervention
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ge579. Hiergegen spricht jedoch, daß die einschlägigen Satzungsnormen die Berechtigung zur Beantragung der Wiederaufnahme des Verfahrens alleinig an den Begriff der Partei knüpfen. Da hierzu auch der Streithelfer gehört, ist auch dieser damit Teil der Antragsberechtigten580. Für ein anderes Ergebnis hätte es hingegen eines gesonderten Ausschlusses des Intervenienten von dem Kreis der Antragsberechtigten bedurft. Der Gerichtshof hat zudem in der weiter oben schon angeführten Rs. C-244/91 P (Pincherle/Kommission) festgestellt, daß Art. 49 Abs. 2 S. 2 EG-Satzung581gerade nicht die Befugnis zur Rechtsmitteleinlegung begründet, sondern ganz im Gegenteil das ansonsten aus dem Parteibegriff folgende Recht zur Rechtsmitteleinlegung vielmehr auf von der Entscheidung des Gerichts unmittelbar berührte Streithelfer beschränkt582.
5. Dispositionen über den Rechtsstreit Im Verfahren vor Gerichtshof und Gericht erster Instanz gilt grundsätzlich der Dispositionsgrundsatz. Der Kläger kann seine Klage zurücknehmen583, ebenso der Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel584. In anderen Verfahren als Nichtigkeits- und Untätigkeitsklagen können sich Kläger und Beklagter außerdem vergleichen585 . Ob dem Intervenienten ein Teilhaberecht an diesen Dispositionshandlungen zukommt, ist ungewiß. Der in den Vergleichsrechtsordnungen praktizierte Ausschluß eines solchen legt allerdings die Annahme nahe, daß auch im Gemeinschaftsprozeßrecht eine Berechtigung des Streitgehilfen, an den Dispositionen der Hauptparteien zu partizipieren, nicht besteht. Dies wird auch seiner Stellung als partie accessoire gerecht.
IV. Kosten586 Wird der Antrag auf Zulassung als Streithelfer zurückgewiesen, legen die Gemeinschaftsrichter in ihrer zurückweisenden Entscheidung zugleich fest, daß der Beitrittswillige die ihm aufgrund seines Interventionsgesuchs entstandenen Kosten 579 Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn. 183; ähnlich schon K. Wolf in: v. d. Groeben{Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWGVertrag, 4. Aufl., Art. 41 EG-Satzung, Rn. 3; vgl. auch Rengeling!Middeke/Gellermann, Rechtsschutz in der Europäischen Union, Rn. 774. 580 Ebenso Lasok, The European Court of Justice, S. 506. 581 Gleiches wird für Art. 50 Abs. 2 S. 2 EAG-Satzung u. Art. 49 Abs. 2 S. 2 EGKS-Satzung gelten. 582 Siehe dazu schon unter D.l. 583 Vgl. Art. 78 VerfO-EuGH; Art. 99 VerfO-EuG. 584 Vgl. Art.122 Abs.2 VerfO-EuGH. 585 Vgl. Art. 77 VerfO-EuGH; Art. 98 VerfO-EuG. 586 Die nachstehenden Ausführungen beziehen sich im wesentlichen auf die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten. Gerichtskosten werden im Verfahren vor Gerichtshof und Gericht grundsätzlich nicht erhoben, vgl. Art. 72 VerfO-EuGH/Art. 90 VerfO-EuG.
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4. Kap.: Die Prozeßbeteiligung Dritter im Gemeinschaftsrecht
selbst zu tragen hat587• Stellen die Hauptparteien einen Kostenantrag588, muß er zudem auch die diesen durch den Streithilfeantrag entstandenen Kosten ersetzen. Das gilt jedoch nicht in Dienstrechtssachen für die Organe der Gemeinschaft, denn dort tragen diese ihre Kosten stets selbst589 • Wird dem Interventionsantrag stattgegeben, behalten die Richter die Kostenentscheidung dem Endurteil vor. Hier gilt für andere Streithelfer als Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorgane sowie die Vertragsstaaten des EWR und die EFfA-Überwachungsbehörde, die ihre Kosten, wenn sie intervenieren, immer selbst tragen590, in der Regel, daß den unterlegenen Parteien die Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Das heißt, gewinnt die unterstützte Partei, hat der Verlierer auch dem Streithelfer dessen Kosten zu ersetzen; unterliegt die unterstützte Hauptpartei dagegen, müssen Verlierer und Streitgehilfe gemeinsam die dem Obsiegenden entstandenen Kosten übernehmen591 • Gemäß Art. 69 § 4 Abs. 3 VerfOEuGH/Art. 87 § 4 Abs. 2 VerfO-EuG können die Gemeinschaftsrichter jedoch auch Streithelfern der obsiegenden Partei aufbürden, ihre eigenen Kosten selbst zu tragen. Den Richtern steht hier ein uneingeschränktes Ermessen zu592 • Gebrauch gemacht wurde hiervon indes bislang soweit ersieht nur einmal, und zwar in den verb. Rs.40 bis 48, 50, 54 bis 56, 111, 113 und 114/73 (Coöperatieve Vereniging Suiker Unie u. a./Kommission). Obwohl die Kommission, auf deren Seite ein italienischer Verbraucherschutzverein dem Prozeß beigetreten war, in dem Rechtsstreit unterlegen war, entschied der Gerichtshof in dem dortigen Verfahren, daß die durch die Streithilfe entstandenen Kosten gegeneinander aufzuheben seien, weil es der Zweck des Intervenienten sei, den Verbraucherinteressen zu dienen, und die Streithilfe der obsiegenden Partei keine erheblichen Kosten verursacht hatte593 •
Vgl. Art.69 §2 VerfO-EuGH; Art.87 §2 VerfO-EuG. Geschieht dies nicht, trägt jeder gemäß Art. 69 § 5 Abs. 3 VerfO-EuGH bzw. Art. 87 § 5 Abs. 3 VerfO-EuG automatisch seine eigenen Kosten. 589 Vgl. Art. 70 VerfO-EuGH; Art. 88 VerfO-EuG. 590 Vgl. Art. 69 § 4 Abs. 1, 2 VerfO-EuGH; Art. 87 § 4 Abs. 1 VerfO-EuGH; dazu auch Kirschner!K/üpfe/, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Rn.l38. 591 Vgl. allerdings auch Art.l36 VerfO-EuG. 592 Schermers/Waelbroeck, Judicial Protection in the European Communities, § 863. 593 EuGH, Urteil v.l6.12.1975; Slg.l975, S. l663 (2042). 587 588
Fünftes Kapitel
Zur Einführung der intervention forcee in das Gemeinschaftsrecht Das Fehlen der intervention forcee in den Verfahrensregeln von Gerichtshof und Gericht erster Instanz wurde, wie im Rahmen der Einführung ja schon erwähnt worden ist, in der Literatur verschiedentlich als bedauerliche Lücke ("lacune regrettable") bezeichnet'. Zum Abschluß der Untersuchung soll daher jetzt noch danach gefragt werden, ob es tatsächlich sinnvoll erscheint, das Institut der intervention forcee in das Prozeßrecht der Gemeinschaftsgerichte einzuführen und wem gegebenenfalls die Initiative zur Einbeziehung Dritter überlassen werden sollte. Die folgenden Ausführungen beschränken sich dabei allerdings auf diejenige Form der intervention forcee, die nur zur Erstreckung von Bindungswirkungen des Urteils führt, denn für den appel en garantie dürfte es im Gemeinschaftsprozeßrecht schon auf den ersten Blick wenig Anwendungsraum geben2 •
A. Die Möglichkeit zur Erstreckung von Bindungswirkungen Die Einführung der intervention forcee kann nur dann in Betracht kommen, wenn es möglich ist, durch die Einbeziehung eines Dritten Bindungswirkungen des Urteils auf diesen zu erstrecken. Andernfalls liefe die Einrichtung von vorneherein leer. Die Untersuchung hat gezeigt, daß im Gemeinschaftsrecht das Verhältnis von Intervention und Drittwiderspruchsklage ein gänzlich anderes ist als in Frankreich. Während dort der Dritte wählen kann, ob er sich an dem laufenden Verfahren als Intervenient beteiligt, oder er sich lieber gegebenenfalls durch Erhebung der tierce opposition nachträglich gegen das ihn belastende Urteil zur Wehr setzt, ist im Gemeinschaftsrecht schon nach dem Wortlaut der Verfahrensordnungen die Drittwiderspruchsklage überhaupt nur dann zulässig, wenn eine Intervention nicht erfolgen konnte. Die Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte zum Merkmal der Rechtsbeeinträchtigung führt zudem dazu, daß der Drittwiderspruchsklage im Gemeinschaftsprozeßrecht praktisch kein originärer Anwendungsbereich zukommt3• Nur 1 Vandersanden/Barav, Contentieux Communautaire, S. 454; Waelbroeck!Waelbroeck in: Commentaire Megret, Le Droit de Ia CEE, Art.188, Nr. 68; Kovar in: Juris-Ciasseur Europe, Fase. 320, Nr. 100; K. Wolf, EuR 1978, S. 186 (188); van Houtte, CDE 1983, S. 3 (17). 2 Siehe dazu auch schon im l. Kapitel unter D. 3 Hierzu bereits im 4. Kapitel unter B. I. 2.
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5. Kap.: Zur Einführung der interventionforceein das Gemeinschaftsrecht
eine fehlerhaft unterlassene Verfahrensbenachrichtigung könnte mit ihr ausgeglichen werden4 • Wenn somit aber Drittwiderspruchsklagen im Normalfall ohnehin kaum je zulässig sein werden, erweist sich die Einführung der intervention forcee zumindest in diesem Zusammenhang jedoch als wenig fruchtbar. Anders als im französischen Recht besteht die Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage nämlich faktisch auch ohne Einbeziehung des Dritten nicht. Im Laufe der Untersuchung ist allerdings ebenfalls deutlich geworden, daß die Intervention Dritter zu einer Erstreckung der materiellen Rechtskraft des Richterspruchs auf diese führt5 • Da den Entscheidungen des Gerichtshofs keine Rechtskraftwirkung erga omnes zukommt, wäre es insofern möglich, Dritte durch eine auch zwangsweise Verfahrensbeteiligung an den Subsumtionsschluß der Richter und die tragenden Gründe des Urteils zu binden. Hier läßt sich also in der Tat ein möglicher Anwendungsbereich für die intervention forcee erkennen. Auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene gilt dies zunächst für die Untätigkeitsklage, mit der ein Einschreiten gegen Dritte begehrt wird. Durch die Einbeziehung des potentiellen Adressaten des belastenden Rechtsaktes könnte diesem schon prophylaktisch die Möglichkeit genommen werden, gegen den Akt später erfolgreich die Nichtigkeitsklage zu erheben. Auch innerhalb des Vertragsverletzungsverfahrens wäre es möglich, mit der intervention forcee Mitgliedstaaten, die dem verklagten Staat entsprechende innerstaatliche Regelungen besitzen, die die Kommission für gemeinschaftsrechtswidrig hält, zusätzlich an die Entscheidung der Gemeinschaftsrichter zu binden6 • Auf nationaler Ebene könnte eine zwangsweise Einbeziehung Dritter in Verfahren vor Gerichtshof und Gericht erster Instanz vor allem für sich anschließende Schadensersatzprozesse von Bedeutung sein. Beispielsweise wäre es denkbar, daß hiermit der von dem zuständigen Gemeinschaftsgericht festgestellte Verstoß gegen das Kartellverbot schon zwischen dem späteren Kläger und dem Beklagtem des innerstaatlichen Prozesses bindend gemacht wird7 •
B. Beiladung oder Streitverkündung Steht somit fest, daß die Einführung der intervention forcee in das Verfahrensrecht der Gemeinschaftsgerichte grundsätzlich sinnvoll ist, bleibt abschließend die Frage, ob diese als Beiladung oder als Streitverkündung ausgestaltet sein sollte, m. a. W., ob die Einbeziehung Dritter dem Gericht oder den Parteien überantwortet Siehe schon im 4. Kapitel unter B.Ill. Näher dazu im 4. Kapitel unter D. II. 6 Ähnlich Matthies in: Festschrift für Walter Hallstein, S. 304 (316 f); Mulert, Die deutschen Bundesländer vor dem Europäischen Gerichtshof, S. 186f. 7 Ausführlich zur Bindung der mitgliedstaatliehen Gerichte an die Entscheidungen des Gerichtshofs Basse, Das Verhältnis der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften und der deutschen Zivilgerichtsbarkeit, S. 351 ff; zur Bindung im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens auch K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht, S.1957; Heß, ZZP 108 (1995), S.59 (67ff). 4
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B. Beiladung oder Streitverkündung
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sein sollte. Ist ersteres der Fall, wäre sogar zu überlegen, ob nicht wie im deutschen Verwaltungsprozeßrecht auch die Nebenintervention durch einfache und notwendige Beiladung ersetzt werden sollte8 • Die Struktur des Verfahrensrechts der Gemeinschaftsgerichte spricht jedoch eher für die zusätzliche Übernahme der intervention forcee in Form der Streitverkündung. Die Beiladung ist, wie gesehen, ein Spezifikum des Untersuchungsgrundsatzes9 • Neben ihren Funktionen als Mittel des Rechtsschutzes und der Prozeßökonomie ist sie außerdem dazu bestimmt, dem Gericht bei der ihm obliegenden Sachverhaltsaufklärung Hilfe zu leisten. Gerade hierzu ist der Gerichtshof allerdings allgemeiner Ansicht nach von sich aus nicht verpflichtet. Er kann zwar auch von Amts wegen Beweise erheben 10, grundsätzlich obliegt es gleichwohl den Parteien, den ProzeSstoff beizubringen und zu beweisen 11 • Da insofern der Sachaufklärungsgedanke im Gemeinschaftsprozeßrecht eher in den Hintergrund tritt, dürfte ausreichend sein, zusätzlich zur Nebenintervention die Streitverkündung in die Verfahrensregeln von Gerichtshof und Gericht erster lnstanz aufzunehmen.
8 Dahingehend Ule, Gutachten für den zum 46. Deutschen Juristentag, in: Verhandlungen des 46. Deutschen Juristentages, Bd. I, S. 93. 9 Dazu schon 2. Kapitel unter A. li. 2. a) bb). 10 Vgl. Art.47ffVerfO-EuGH; Art.68ffVerf0-EuG. 11 Zu dieser Mischung aus Verhandlungs- und Untersuchungsmaxime siehe schon im 4. Kapitel unter D. III. 2. a) bb)(l).
Sechstes Kapitel
Zusammenfassung Von den verschiedenen in der Einführung genannten Interventionsformen kennt das Gemeinschaftsprozeßrecht nur die Nebenintervention. Trotz des insoweit nicht unzweifelhaften Wortlauts gilt dies auch für die Beteiligung nach Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung und nach Art.134 § 1 VerfO-EuG. De lege ferenda ist allerdings zu erwägen, ob nicht zusätzlich die Möglichkeit einer Streitverkündung in die Verfahrensregeln der Gemeinschaftsgerichte aufgenommen werden sollte. Berechtigt zur Intervention sind zunächst nach Art. 37 Abs. 1 EG-Satzung und Art. 38 EAG-Satzung die Mitgliedstaaten und sämtliche in Art. 7 Abs. 1 EG-Vertrag (Art. 4 Abs. 1 a. F.) und Art. 3 Abs. 1 EAG-Vertrag aufgezählten Gemeinschaftsorgane, in analoger Anwendung der Bestimmungen darüber hinaus auch der Wirtschafts- und Sozialausschuß und im Rahmen der EG-Satzung außerdem der Ausschuß der Regionen. Unter der Formulierung "alle anderen Personen" in Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung und Art. 38 Abs. 2 1. Hs. EAG-Satzung verstehen Gerichtshof und Gericht erster Instanz inhaltlich nichts anderes als die an anderer Stelle im Gemeinschaftsrecht häufig anzutreffende Wendung der "natürlichen und juristischen Personen". Neben den natürlichen Personen können demzufolge alle nach innerstaatlichem oder internationalem Recht rechtsfähigen Personenvereinigungen sich nach diesen Vorschriften an Verfahren beteiligen, vorausgesetzt die weiteren Zulässigkeitserfordernisse der Intervention werden erfüllt. Für nichtrechtsfähige Personengebilde gilt dasselbe, wenn diese zumindest in beschränktem Maße Merkmale der Rechtspersönlichkeit, wie insbesondere Selbständigkeit und Haftungsfähigkeit, besitzen. Eine weitere Interventionsgrundlage besteht innerhalb der EG-Satzung zudem mit Art. 37 Ab. 3 des Regelungswerks, wonach die Möglichkeit zur Intervention in bestimmten Fällen auch der EFTA-Überwachungsbehörde eingeräumt ist. Bei Prozessen, die auf der Basis des EGKS-Vertrages geführt werden, können sich gemäß Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung grundsätzlich wiederum alle natürlichen und juristischen Personen am Verfahren beteiligen. Hierunter fallen in diesem Zusammenhang auch die Mitgliedstaaten, für die Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung des weiteren für Rechtsstreitigkeiten nach Art. 89 EGKS-Vertrag eine zusätzliche Beitrittsgrundtage bereit hält. Beide diese Bestimmungen sind überdies entsprechend auf die Gemeinschaftsorgane und den Beratenden Ausschuß anwendbar. Eine weitere Interventionsmöglichkeit besteht letztlich mit Art. 134 § 1 VerfOEuG für die Parteien des Verfahrens vor den Beschwerdekammern des Harmonisie-
6. Kap.: Zusammenfassung
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rungsamtes und des Sortenamtes. Die Bedeutung dieser Vorschrift liegt allerdings nicht in einer erstmaligen Eröffnung der Intervention - die Möglichkeit zur Intervention hätte auch nach Art. 37 Abs. 2 1. Hs. EG-Satzung bestanden -, sondern in den Konsequenzen, die die Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz an die Streitbeteiligung nach Art. 134 § 1 VerfO-EuG knüpft. Streithelfer nach Art. 134 § I VerfO-EuG, die Mitgliedstaaten und die Gemeinschaftsorgane brauchen kein Beitrittsinteresse darzulegen. Trotz des entgegenstehenden Wortlauts gilt dies für die beiden Letztgenannten nach der gerechtfertigten Rechtsprechung des Gerichtshofs auch im Anwendungsbereich des Art. 34 Abs. 1 EGKS-Satzung. Ebenfalls von der Geltendmachung eines Interventionsgrundes befreit sind nach der hier vertretenen Auffassung überdies der Wirtschafts- und Sozialausschuß, der Ausschuß der Regionen und der Beratende Ausschuß. Für alle anderen Streithelfer ist Zulässigkeitserfordernis ihrer Verfahrensbeteiligung die Glaubhaftmachung eines "berechtigten Interessesam Ausgang des Rechtsstreits". Hierunter ist nicht ein rechtliches Interesse, so wie dieses im deutschen Zivil- und Verwaltungsprozeßrecht für die Beteiligung Dritter notwendig ist, zu verstehen. Ausreichend kann vielmehr grundsätzlich jede Interessenform sein. Das Beitrittsinteresse sollte jedoch ein eigenes des Antragstellers sein. Im Normalfall muß es zudem am Tenor, d. h. an der ausgesprochenen Rechtsfolge, des Richterspruchs bestehen. Ein Interesse an einer bestimmten Auslegung des Gemeinschaftsrechts und der Schaffung einer bestimmtgearteten Präzedenz für etwaige spätere, gleichgelagerte Fälle genügt dagegen grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme hiervon machen Gerichtshof und Gericht erster Instanz allerdings zu Recht zunächst bei Interventionsanträgen von Verbänden. Diese können einem Verfahren beitreten, wenn der Rechtsstreit Grundsatzfragen aufwirft, die das Funktionieren des Sektors berühren, in dem der Verband tätig ist. Da die von den Entscheidungen der Gemeinschaftsgeeichte ausgehende Präzedenzwirkung deutlich stärker ist als die eines nationalen Gerichts, mögen Dritte, die sich in einer gleich- oder ähnlichgelagerten Situation befinden, berechtigterweise die Befürchtung hegen, in ihrem eigenen späteren Prozeß sei die Entscheidung gewissermaßen schon vor Rechtsstreitbeginn gefallen. Anstatt alle diese Dritten einzeln zu dem Erstprozeß zuzulassen, ist es jedoch effektiver und auch prozeßökonomischer, die Möglichkeit zur Streitbeteiligung auf die Interessenvertretungsverbände der Betroffenen zu übertragen. Eine weitere Ausnahme von dem obigen Grundsatz gilt, wenn von dem Kläger eine in einem Entscheidungsbündel ergangene Teilentscheidung angefochten wurde, hinsichtlich der Adressaten der übrigen Teilentscheidungen. Obwohl der Erfolg der Klage für den Bestand der anderen Teilentscheidungen ohne Einfluß ist, erkennen die Gemeinschaftsgerlebte in diesem Zusammenhang ein Beitrittsinteresse von deren Adressaten an. Ein Grund hierfür ist nicht ersichtlich. In Verfahren nach Art. 89 des EGKS-Vertrages führt die Sondervorschrift des Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung dazu, daß Interventionen nach Art. 34 Abs. 1 EGKSSatzung ausscheiden. Über den Wortlaut hinaus findet Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung
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6. Kap.: Zusammenfassung
dabei jedoch auch für die Gemeinschaftsorgane und den Beratenden Ausschuß Anwendung. Keinen Beteiligungsausschluß für andere Streithelfer bringt dagegen Art.134 § 1 VerfO-EuG mit sich. Dies wäre im Rahmen der Verfahrensordnung nur mit ausdrücklicher Ermächtigung auf Satzungsebene möglich gewesen. Art. 46 Abs. 2 S. 2 EG-Satzung enthält eine dahingehende Regelung jedoch nicht. Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung und Art. 38 Abs. 2 2. Hs. EAG-Satzung verbieten natürlichen und juristischen Personen grundsätzlich, in Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Gemeinschaftsorganen oder zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorganen zu intervenieren. Wenn in einem solchen Prozeß über die Rechtsposition eines privaten Dritten entschieden wird, entsteht zwischen diesen Vorschriften und dem Gemeinschaftsgrundrecht auf rechtliches Gehör, das wie im deutschen Recht präventiver Natur ist, jedoch ein Widerspruch, der dazu führt, die Satzungsnormen keine Anwendung finden zu lassen. Zwar ist grundsätzlich von der Gleichrangigkeil der Gemeinschaftsgrundrechte mit den Vertragsbestimmungen, und damit auch mit den Gerichtshofsatzungen, auszugehen, in diesem Fall treten die geschriebenen Regelungen indes im Wege praktischer Konkordanz hinter den Gehörsanspruch zurück. Über Rechte Dritter entschieden dabei wird im Gemeinschaftsprozeßrecht immer dann, wenn gegen eine drittbegünstigende Entscheidung geklagt wird. Bei einer künftigen Änderung der Satzungen sollten die Art. 37 Abs. 2 2. Hs. EG-Satzung und Art. 38 Abs. 2 2. Hs. EAG-Satzung zudem abgeschafft werden. Dies könnte dazu beitragen, die Erhebung paralleler Klagen in verwandten Angelegenheiten zu vermeiden. Die Informierung potentieller Streitgehilfen über vor Gerichtshof und Gericht erster Instanz anhängig gemachte Klagen ist im positivierten Gemeinschaftsrecht unzureichend ausgestaltet. So genügt es nicht, Dritte, über deren Rechte in einem Verfahren entschieden wird, lediglich durch eine Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften von der Klageerhebung in Kenntnis zu setzen. Hierbei besteht das Risiko, daß eine tatsächliche Kenntnisnahme unterbleibt. Da Unkenntnis von einem Rechtsstreit allerdings nicht dazu verhilft, das für die Drittwiderspruchsklage niedergelegte Zulässigkeilserfordernis der mangelnden Möglichkeit der Teilnahme am Hauptverfahren zu überwinden, zwingt vielmehr der Anspruch auf rechtliches Gehör dazu, gehörsberechtigte Dritte von dem ihre Rechte betreffenden Prozeß persönlich zu benachrichtigen. In Art. I33 §I, 2 VerfO-EuG ist dies durch eine ausdrücklich vorgesehene Zustellung der Klage an alle Beteiligten des Verfahrens vor den Beschwerdekammern des Harmonisierungs- und des Sortenamtes auch hinreichend berücksichtigt worden, nicht dagegen in allen anderen Fällen der Anfechtung drittbegünstigender Entscheidungen. Bei letzteren ist deshalb eine im Grundsatz des rechtlichen Gehörs verwurzelte, ungeschriebene Verpflichtung der Gemeinschaftsgerichte zu einer individuellen Benachrichtigung der Entscheidungsempfänger anzunehmen. Rechtstechnisch kann diese auf eine analoge Anwendung der Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung, Art. I6 § 7 VerfO-EuGH, Art. 24 § 7 VerfO-EuG und Art. l33 §I, 2 VerfO-EuG gestützt werden. De lege ferenda sollten gleichwohl auch
6. Kap.: Zusammenfassung
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in diesem Zusammenhang aus Gründen der Rechtssicherheit entsprechende Regelungen in die Verfahrensordnungen von Gerichtshof und Gericht erster Instanz aufgenommen werden. Unterbleibt die Prozeßbenachrichtigung, so kann der übergangene Dritte nach der hier vertretenen Auffassung gegen das ihn belastende Urteil dann Drittwiderspruchsklage erheben. Der Grund für die mangelnde Teilnahme am Hauptverfahren liegt in diesem Fall gerade in der unterlassenen Inkenntnissetzung. Anders als der Nebenintervenient und der Beigeladene des deutschen Prozeßrechts und ebenso wie der französische Intervenient wird der Streithelfer Partei des Rechtsstreits. Das führt dazu, daß er an die materielle Rechtskraft der richterlichen Entscheidung gebunden wird. Diese umfaßt neben dem Subsumtionsschluß der Richter auch die tragenden Gründe der Entscheidung. Obwohl eine Einbindung des Streithelfers in das Urteil ausdrücklich nur in Art. 42 EGKS-Satzung erwähnt ist, besteht insofern auch außerhalb von dessen Anwendungsbereich eine Bindungswirkung des Richterspruchs gegenüber dem Streitgehilfen. Der Streithelfer erhält grundsätzlich alle dem Kläger und dem Beklagten zugestellten Schriftstücke. Für Intervenienten, die auf der Grundlage einer der Satzungsvorschriften beigetreten sind, bestimmen Art. 93 § 3 S. 2 VerfO-EuGH und Art. 116 § 2 S. 2 VerfO-EuG allerdings, daß diesen gegenüber auf Antrag des Klägers oder des Beklagten geheime oder vertrauliche Unterlagen zurückgehalten werden können. Das in diesen Regelungen den Gemeinschaftsrichtern eingeräumte Ermessen ist dahingehend auszuüben, daß ein Zurückhaltungsantrag immer dann negativ zu bescheiden ist, wenn in dem Rechtsstreit über Rechte oder rechtliche Interessen des Intervenienten entschieden wird. Werden Dokumente zurückgehalten, dürfen diese trotzdem zum Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gemacht werden. Der Streithelfer selbst kann keine vertrauliche Behandlung von ihm eingereichter Unterlagen beantragen. Der Intervenient ist zur Stellung abweichender Sachanträge nicht befugt. Für den nach Art. 37 EG-Satzung, Art. 38 EAG-Satzung oder Art. 34 EGKS-Satzung Beigetretenen ergibt sich dies schon aus dem Wortlaut der Satzungsbestimmungen selbst. Nichts anderes gilt indes auch für Interventionen auf der Grundlage des Art. 41 Abs. 2 EGKS-Satzung und des Art. 134 § 1 VerfO-EuG. So läßt sich hinsichtlich Art.41 EGKS-Satzung allein dem diesbezüglichen Schweigen der Norm nicht entnehmen, daß mit der Vorschrift die intervention principale in das Gemeinschaftsrecht eingeführt werden sollte. Obwohl Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG ausdrücklich bestimmt, daß der nach Art. 134 § 1 VerfO-EuG beigetretene Streithelfer Anträge stellen darf, die gegenüber denen von Kläger und Beklagtem eigenständig sind, folgt aus Art. 135 § 4 VerfO-EuG, daß auch in dem dortigen Zusammenhang nicht eine Möglichkeit zur Hauptintervention begründet wird, denn gemäß dieser Norm können die vor dem Gericht gewechselten Schriftsätze den vor der jeweiligen Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern. Für die Einführung der Hauptintervention im Rahmen der Art. l30ff VerfO-EuG besteht zudem auch gar kein Bedürfnis, denn für den Rechtsschutz des nach Art. 134 § 1 VerfO-EuG
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6. Kap.: Zusammenfassung
beigetretenen Streithelfers reicht es regelmäßig aus, wenn er sich dem Klagabweisungsantrag des beklagten Amtes anschließt. Art. 134 § 2 Abs. 2 VerfO-EuG ermöglicht dem Intervenienten allerdings, unabhängig von dem Willen des Amtes die Unzulässigkeit der Klage geltend zu machen (anders als im deutschen und französischen Recht erfolgt die Zulässigkeitsrüge im Gemeinschaftsrecht in Form eines gesonderten Antrages). Gleiches gilt in Anwendungsbereich der Art. 34 und 41 Abs. 2 EGKS-Satzung, da dort dem Intervenienten die Befugnis zukommt, auch die Abweisung der Anträge einer der Hauptparteien zu beantragen. Bei Interventionen nach Art. 37 EG-Satzung und Art. 38 EAG-Satzung, bei denen der Streitgehilfe nach dem Wortlaut der Vorschriften nur die Anträge einer Hauptpartei unterstützen kann, besteht dagegen nur für solche Intervenienten, über deren Rechte oder rechtliche Interessen in dem Verfahren entschieden wird, die Möglichkeit, die Zulässigkeit der Klage zu rügen. Hier reduziert sich nämlich das den Gemeinschaftsrichtern bei der Prüfung der Zulässigkeit der Klage zustehende Ermessen aus Gründen des rechtlichen Gehörs zu einer Überprüfungsverpflichtung. Kein vergleichbarer Ausweg findet sich allerdings im Rahmen der gleichgearteten Problematik des Versäurnnisverfahrens. Hier zwingt der Anspruch auf rechtliches Gehör gegebenenfalls dazu, dem Streithelfer analog Art. 34 Abs. 2 EGKS-Satzung und Art. 134 § 4 VerfO-EuG die Berechtigung zu geben, trotzdes entgegenstehenden Wortlauts der Art. 37 Abs. 4 EG-Satzung und Art. 38 Abs. 3 EAG-Satzung den Erlaß eines Versäurnnisurteils durch Stellung eines eigenen Abweisungsantrages abzuwenden. In beiden diesen Fällen scheint gleichwohl einmal mehr eine positiv-rechtliche Regelung gefragt. Der Streithelfer kann in seinem Schriftsatz Argumente vortragen und Beweismittel benennen. Die Einführung eigener Angriffs- und Verteidigungsmittel (moyens) ist ihm dagegen nur in sehr beschränktem Maße gestattet. Der auf Seiten des Klägers beigetretene Streitgehilfe kann ausnahmslos keine eigenen moyens geltend machen. Im Rahmen der Nichtigkeitsklage ergibt sich dies schon daraus, daß er hiermit die Klage ändern würde, was nicht einmal dem Kläger selbst gestattet ist. In allen anderen Verfahren folgt ein solches Ergebnis aus der Gebundenheit des Streithelfers an die Lage des Rechtsstreits zur Zeit seines Beitritts. Für den auf Seiten des Beklagten beigetretenen Intervenienten hängt die Möglichkeit eigener moyens von dem Zeitpunkt des Beginns seiner Streitbeteiligung ab. Liegt die Klagebeantwortung des Beklagten schon vor, kann auch er keine neuen moyens mehr in den Prozeß einführen. Erfolgt der Verfahrensbeitritt hingegen vor dem Eingehen der Klagebeantwortung, ist die Geltendmachung eigener moyens zulässig. Die hierdurch entstehenden Zufalligkeiten könnten allerdings durch Abschaffung der Art. 93 § 5 VerfOEuGH und Art. 116 § 3 VerfO-EuG beseitigt werden. Soweit die Satzungen von dem Streithelfer für die Einlegung eines Rechtsmittels fordern, daß die Entscheidung des Gerichts ihn unmittelbar berührt, ist hierunter zu verstehen, daß Gegenstand des Richterspruchs eigene Rechte des Intervenienten sind. Urteilsauslegungs- und Wiederaufnahmeverfahren kann der Streitgehilfe als
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Partei des Erstrechtsstreits unter den gleichen Voraussetzungen wie Kläger und Beklagter betreiben. An Dispositionen über den Prozeß ist er jedoch nicht beteiligt. Wenn die Mitgliedstaaten, die Gemeinschaftsorgane, die Vertragsstaaten des EWR oder die EFTA-Überwachungsbehörde intervenieren, tragen diese ihre Kosten stets selbst. Andernfalls ist es grundsätzlich so, daß der Streithelfer mit der unterstützten Hauptpartei gemeinsam die Kosten des Gegners trägt, wenn dieser den Prozeß gewinnt, gewinnt dagegen die unterstützte Hauptpartei erhält der Streitgehilfe seine Kosten von dem Verlierer erstattet. Hiervon können die Gemeinschaftsgerichte jedoch nach ihrem Ermessen Ausnahmen machen. In Dienstrechtssachen tragen die Gemeinschaftsorgane ihre Kosten zudem immer selbst. Abschließend sei nochmals herausgestellt, daß die prozessuale Situation des Empfangers einer von dritter Seite angefochtenen Gemeinschaftsorganentscheidung mit der des Begünstigten einer angegriffenen Entscheidung des Harmonisierungs- oder des Sortenamtes völlig identisch ist. In beiden Fällen bedarf es zunächst einer individuellen Verfahrensbenachrichtigung. Im Prozeß steht beiden Streithelfern ein Anspruch auf Erhalt sämtlicher Unterlagen zu. Außerdem ist es dem einen wie dem anderen Streitgehilfen gestattet, unabhängig vom Verhalten der Hauptpartei die Zulässigkeil der Klage in Abrede zu stellen und den Erlaß eines Versäumnisurteils abzuwenden. Die so bestehende Gleichgelagertheil rechtfertigt nun allerdings auch eine einheitliche Regelung innerhalb der Verfahrensvorschriften der Gemeinschaftsgerichte. Überlegt werden sollte dabei insbesondere auch, ob nicht entsprechend den in den Art.130ff VerfO-EuG niedergelegten Bestimmungen in diesem Zusammenhang das Zulassungsverfahren zu vereinfachen ist.
Vorschriftenverzeichnis A. Gemeinschaftsprozeßrecht I. Intervention 1. Satzungen Art. 34 EGKS-Satzung Natürliche und juristische Personen, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits haben, können sich am Streit beteiligen. Mit den Anträgen der Beitrittserklärung können nur die Anträge einer Partei unterstützt oder deren Abweisung verlangt werden.
Art. 41 EGKS-Satzung Wird auf Grund des Art. 89 des Vertrages ein Streit zwischen Mitgliedstaaten dem Gerichtshof unterbreitet, so werden die anderen Mitgliedstaaten unverzüglich von dem Kanzler über den Gegenstand des Streits unterrichtet. Jeder dieser Staaten hat das Recht, sich an dem Verfahren zu beteiligen.
Art. 42 EGKS-Satzung Beteiligt sich ein Staat nach Maßgabe des vorstehenden Artikels an einer dem Gericht unterbreiteten Streitsache, so wirkt die in dem Urteil gegebene Auslegung gegen ihn.
Art. 37 EG-Satzung Die Mitgliedstaaten und die Organe der Gemeinschaft können einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten. Dasselbe gilt für alle anderen Personen, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits glaubhaft machen; ausgenommen davon sind Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Organen der Gemeinschaft oder zwischen Mitgliedstaaten und Organen der Gemeinschaft. Unbeschadet des Absatzes 2 können die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die nicht Mitgliedstaaten sind, und die in diesem Abkommen genannte
Vorschriftenverzeichnis
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EFTA-Überwachungsbehörde einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, wenn dieser einen der Anwendungsbereiche dieses Abkommens betrifft. Mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen können nur die Anträge einer Partei unterstützt werden
Art. 38 EAG-Satzung Die Mitgliedstaaten und die Organe der Gemeinschaft können einem bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten. Dasselbe gilt für alle anderen Personen, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang eines bei dem Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits glaubhaft machen; ausgenommen davon sind Rechtsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Organen der Gemeinschaft oder zwischen Mitgliedstaaten und Organen der Gemeinschaft. Mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen können nur die Anträge einer Partei unterstützt werden.
Art.49 EGKS-Satzung; Art.49 EG-Satzung; Art. 50 EAG-Satzung
... Andere Streithelfer als Mitgliedstaaten oder Gemeinschaftsorgane können dieses Rechtsmittel jedoch nur dann einlegen, wenn die Entscheidung des Gerichts sie unmittelbar berülut.
Art. 50 EGKS~Satzung; Art. 50 EG-Satzung; Art. 51 EAG-Satzung Wird ein Antrag auf Zulassung als Streithelfer von dem Gericht abgelehnt, so kann der Antragsteller binnen zwei Wochen nach Zustellung der ablehnenden Entscheidung ein Rechtsmittel beim Gerichtshof einlegen.
2.
Ve~ahrensordnungen
a) VerfO-EuGH
Art. 93 VerfO-EuGH § 1 Anträge auf Zulassung als Streithelfer können nur innerhalb von drei Monaten nach der in Artikel 16 § 6 bezeichneten Veröffentlichung gestellt werden. Der Antrag muß enthalten: a) die Bezeichnung der Rechtssache; b) die Bezeichnung der Parteien; c) Namen und Wohnsitz des Antragstellers;
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Vorschriftenverzeichnis
d) die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten am Ort des Gerichtssitzes; e) die Anträge, die der Antragsteller unterstützen will; f) für den Fall, daß der Antrag gemäß Artikel 37 Absatz 2 oder 3 der EG-Satzung, Artikel 34 der EGKS-Satzung oder Artikel 38 der EAG-Satzung gestellt wird, die Darstellung der Umstände, aus denen sich das Recht zum Streitbeitritt ergibt. Für die Vertretung des Streithelfers gelten die Artikel 17 der EG-Satzung, 20 der EGKS-Satzung und 17 der EAG-Satzung. Die Artikel 37 und 38 dieser Verfahrensordnung finden entsprechende Anwendung. § 2 Der Antrag wird den Parteien zugestellt. Vor einer Entscheidung über den Antrag gibt der Präsident den Parteien Gelegenheit zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme. Der Präsident entscheidet über den Antrag durch Beschluß oder überträgt die Entscheidung dem Gerichtshof. § 3 Gibt der Präsident dem Antrag statt, so sind dem Streithelfer alle den Parteien zugestellten Schriftstücke zu übermitteln. Der Präsident kann jedoch auf Antrag einer Partei geheime oder vertrauliche Unterlagen von der Übermittlung ausnehmen. § 4 Der Streithelfer muß den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zur Zeit des Beitritts befindet.
§ 5 Der Präsident setzt dem Streithelfer eine Frist, innerhalb deren dieser einen Streithilfeschriftsatz einreichen kann. Der Streithilfeschriftsatz muß enthalten: a) die Anträge des Streithelfers, die der vollständigen oder teilweisen Unterstützung oder Bekämpfung der Anträge einer Partei zu dienen bestimmt sind; b) die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie die Argumente des Streithelfers; c) gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel. § 6 Nach Einreichung des Streithilfeschriftsatzes setzt der Präsident den Parteien gegebenenfalls eine Frist, innerhalb deren sie sich zu diesem Schriftsatz äußern können.
Art. 123 VerfO-EuGH Anträge auf Zulassung als Streithelfer in einem Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof sind binnen eines Monats nach der in Artikel 16 § bezeichneten Veröffentlichung zu stellen. Der Gerichtshof entscheidet nach Anhörung des Generalanwalts durch Beschluß über die Zulassung.
b) VerfO-EuG
Art.115 VerfO-EuG § 1 Anträge auf Zulassung als Streithelfer können nur innerhalb von drei Monaten nach der in Artikel 24 § 6 bezeichneten Veröffentlichung gestellt werden. § 2 Der Antrag muß enthalten: a) die Bezeichnung der Rechtssache;
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b) die Bezeichnung der Parteien; c) Namen und Wohnsitz des Antragstellers; d) die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten am Ort des Gerichtssitzes; e) die Anträge, die der Antragsteller unterstützen will; f) für den Fall, daß der Antrag gemäß Artikel 37 Absatz 2 oder 3 der EG-Satzung, Artikel 34 der EGKS-Satzung oder Artikel 38 der EAG-Satzung gestellt wird, die Darstellung der Umstände, aus denen sich das Recht zum Streitbeitritt ergibt. § 3 Für die Vertretung des Streithelfers gelten die Artikel 20 Absätze 1 und 2 der EGKS-Satzung sowie 17 der EG- und der EAG-Satzung.
Art.ll6 VerfO-EuG § 1 Der Antrag wird den Parteien zugestellt. Vor einer Entscheidung über den Antrag gibt der Präsident den Parteien Gelegenheit zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme. Der Präsident entscheidet über den Antrag durch Beschluß oder überträgt die Entscheidung dem Gericht. Im Fall einer Abweisung des Antrags ist der Beschluß mit Gründen zu versehen. § 2 Gibt der Präsident dem Antrag statt, so sind dem Streithelfer alle den Parteien zugestellten Schriftstücke zu übermitteln. Der Präsident kann jedoch auf Antrag einer Partei geheime oder vertrauliche Unterlagen von der Übermittlung ausnehmen.
§ 3 Der Streithelfer muß den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der dieser sich zur Zeit des Beitritts befindet. § 4 Der Präsident setzt dem Streithelfer eine Frist, innerhalb deren dieser einen Streithilfeschriftsatz einreichen kann. Der Streithilfeschriftsatz muß enthalten: a) die Anträge des Streithelfers, die der vollständigen oder teilweisen Unterstützung oder Bekämpfung der Anträge einer Partei zu dienen bestimmt sind; b) die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie die Argumente des Streithelfers; c) gegebenenfalls die Bezeichnung der Beweismittel. § 5 Nach Einreichung des Streithilfeschriftsatzes setzt der Präsident den Parteien gegebenenfalls eine Frist, innerhalb deren sie sich zu diesem Schriftsatz äußern können.
Art.l34 VerfO-EuG § 1 Die Parteien des Verfahrens vor der BeschwerdekaromeT mit Ausnahme des Klägers können sich als Streithelfer am Verfahren vor dem Gericht beteiligen.
§ 2 Die in § I bezeichneten Streithelfer verfügen über dieselben prozessualen Rechte wie die Parteien. Sie können die Anträge einer Partei unterstützen, und sie können Anträge stellen und Angriffsund Verteidigungsmittel vorbringen, die gegenüber denen der Parteien eigenständig sind. § 3 Ein in § 1 bezeichneter Streithelfer kann in seiner gemäß Artikel 135 § 1 eingereichten Klagebeantwortung Anträge stellen, die auf die Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung der Beschwerdekammer in einem in der Klageschrift nicht geltend gemachten Punkt gerichtet 17 Nissen
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sind, und Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen, die in der Klageschrift nicht geltend gemacht worden sind. Derartige in der Klagebeantwortung gestellte Anträge oder vorgebrachte Angriffs- und Verteidigungsmittel werden gegenstandslos, wenn die Klage zurückgenommen wird. § 4 Abweichend von Artikel122 gelten die Bestimmungen über das Versäumnisverfahren nicht, wenn ein in §bezeichneter Streithelfer die Klageschrift form- und fristgerecht beantwortet hat.
Art. 135 VeifO-EuG § 1 Das Amt und die in Artikel 134 § 1 bezeichneten Streithelfer können innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Klage Klagebeantwortungen einreichen. Artikel 46 findet auf die Klagebeantwortungen entsprechende Anwendung. § 2 Die Klageschrift und die Klagebeantwortungen können durch Erwiderungen und Gegenerwiderungen der Parteien, einschließlich der in Artikel134 § 1 bezeichneten Streithelfer, ergänzt werden, wenn der Präsident dies auf einen begründeten Antrag hin, der binnen zwei Wochen nach Zustellung der Klagebeantwortungen oder der Gegenerwiderungen gestellt wird, für erforderlich hält und gestattet, um es der betroffenen Partei zu ermöglichen, ihren Standpunkt zu Gehör zu bringen. Der Präsident bestimmt die Frist für die Einreichung dieser Schriftsätze. § 3 Unbeschadet der vorstehenden Bestimmungen können in den Fällen des Artikels 134 § die anderen Parteien innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Klagebeantwortung an sie einen Schriftsatz einreichen, der auf die Beantwortung der Anträge und Angriffsund Verteidigungsmittel beschränkt ist, die erstmals in der Klagebeantwortung eines Streithelfers gestellt und vorgebracht worden sind. Die Frist kann vom Präsidenten auf begründeten Antrag der betreffenden Partei hin verlängert werden. § 4 Die Schriftsätze der Parteien können den vor der Beschwerdekammer verhandelten Streitgegenstand nicht ändern.
II. Drittwiderspruchsklage 1. Satzungen Art. 36 EGKS-Satzung Natürliche und juristische Personen sowie Organe der Gemeinschaft können in den von der Verfahrensordnung bestimmten Flillen und unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen Einspruch gegen die erlassenen Urteile erheben, auch wenn sie nicht am Streit beteiligt waren.
Art. 39 EG-Satzung; Art. 40 EAG-Satzung Mitgliedstaaten, Organe der Gemeinschaft und alle sonstigen natürlichen und juristischen Personen können nach Maßgabe der Verfahrensordnung in den dort genannten Fällen Drittwider-
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spruchgegen ein Urteil erheben, wenn dieses ihre Rechte beeinträchtigt und in einem Rechtsstreit erlassen worden ist, an dem sie nicht teilgenommen haben.
2. Verfahrensordnungen a) VerfO-EuGH
Art. 97 VerfO-EuGH § l Auf den Drittwiderspruch finden die Artikel 37 und 38 entsprechende Anwendung; der Antrag muß ferner enthalten: a) die Bezeichnung des angefochtenen Urteils; b) die Angabe, in welchen Punkten dieses Urteil die Rechte des Dritten beeinträchtigt: c) die Gründe, aus denen der Dritte nicht in der Lage war, sich am Hauptverfahren zu beteiligen. Der Antrag ist gegen sämtliche Parteien des Hauptverfahrens zu richten. Ist das Urteil im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht, so muß der Antrag binnen zwei Monaten nach dieser Veröffentlichung eingereicht werden.
§ 2 Auf Antrag des Dritten kann die Vollstreckung des angefochtenen Urteils ausgesetzt werden. Die Bestimmungen des Ersten Kapitels des Dritten Titels finden entsprechende Anwendung. § 3 Wird dem Drittwiderspruch stattgegeben, so ist das angefochtene Urteil entsprechend zu ändern. Die Urschrift des auf den Drittwiderspruch ergangenen Urteils ist mit der Urschrift des angefochtenen Urteils zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rand des angefochtenen Urteils anzubringen.
b) VerfO-EuG
Art.l23 VerfO-EuG § l Auf den Drittwiderspruch finden die Artikel 43 und 44 entsprechende Anwendung; der Antrag muß ferner enthalten: a) die Bezeichnung des angefochtenen Urteils; b) die Angabe, in welchen Punkten dieses Urteil die Rechte des Dritten beeinträchtigt: c) die Gründe, aus denen der Dritte nicht in der Lage war, sich am Hauptverfahren zu beteiligen. Der Antrag ist gegen sämtliche Parteien des Hauptverfahrens zu richten. Ist das Urteil im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht, so muß der Antrag binnen zwei Monaten nach dieser Veröffentlichung eingereicht werden. § 2 Auf Antrag des Dritten kann die Vollstreckung des angefochtenen Urteils ausgesetzt werden. Die Bestimmungen des Ersten Kapitels des Dritten Titels finden entsprechende Anwendung. 17*
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§ 3 Die Urschrift des auf den Drittwiderspruch ergangenen Urteils ist mit der Urschrift des angefochtenen Urteils zu verbinden. Ein Hinweis auf das Urteil ist am Rande des angefochtenen Urteils anzubringen. § 4 Wird ein Urteil des Gerichts durch Rechtsmittel vor dem Gerichtshof und durch Drittwiderspruch vor dem Gericht angefochten, so kann das Gericht nach Anhörung der Parteien das Verfahren bis zum Erlaß des Urteils des Gerichtshofs aussetzen.
Art. 124 VeifO-EuG Der Drittwiderspruch wird der Kammer zugewiesen, die das angefochtene Urteil erlassen hat; er wird dem Plenum des Gerichts zugewiesen, wenn dieses das Urteil erlassen hat.
B. Deutsches Prozeßrecht I. Zivilprozeß §66ZPO (I) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, daß in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten. (2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.
§67ZPO Der Nebenintervenient muß den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet; er ist berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozeßhandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch stehen.
§68ZPO Der Nebenintervenient wird im Verhältnis zu der Hauptpartei mit der Behauptung nicht gehört, daß der Rechtsstreit, wie er dem Richter vorgelegen habe, unrichtig entschieden sei; er wird mit der Behauptung, daß die Hauptpartei den Rechtsstreit mangelhaft geführt habe, nur insoweit gehört, als er durch die Lage des Rechtsstreits zur Zeit seines Beitritts oder durch Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei verhindert worden ist, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen, oder als Angriffs- und Verteidigungsmittel, die ihm unbekannt waren, von der Hauptpartei absichtlich oder durch grobes Verschulden nicht geltend gemacht sind.
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§69ZPO Insofern nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Rechtskraft der in dem Hauptprozeß erlassenen Entscheidung auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zu dem Gegner von Wirkung ist, gilt der Nebenintervenient im Sinne des § 1 als Streitgenosse der Hauptpartei.
§70ZPO (1) Der Beitritt des Nebenintervenienten erfolgt durch Eimeichung eines Schriftsatzes bei dem Prozeßgericht und, wenn er mit der Einlegung eines Rechtsmittels verbunden wird, durch Eimeichung eines Schriftsatzes bei dem Rechtsmittelgericht Der Schriftsatz ist beiden Parteien zuzustellen und muß enthalten: 1. die Bezeichnung der Parteien und des Rechtsstreits; 2. die bestimmte Angabe des Interesses, das der Nebenintervenient hat; 3. die Erklärung des Beitritts.
(2) Außerdem gelten die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze.
§71 ZPO (1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.
(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt. (3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.
§72 ZPO (1) Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden. (2) Der Dritte ist zu einer weiteren Streitverkündung berechtigt.
§73 ZPO Zum Zwecke der Streitverkündung hat die Partei einen Schriftsatz einzureichen, in dem der Grund der Streitverkündung und die Lage des Rechtsstreits anzugeben ist. Der Schriftsatz ist dem Dritten zuzustellen und dem Gegner des Streitverkünders in Abschrift mitzuteilen. Die Streitverkündung wird erst mit der Zustellung an den Dritten wirksam.
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§74ZPO ( 1) Wenn der Dritte dem Streitverkünder beitritt, so bestimmt sich sein Verhältnis zu den Parteien nach den Grundsätzen über die Nebenintervention. (2) Lehnt der Dritte den Beitritt ab oder erklärt er sich nicht, so wird der Rechtsstreit ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt. (3) In allen Fällen dieses Paragraphen sind gegen den Dritten die Vorschriften des § 68 mit der Abweichung anzuwenden, daß statt der Zeit des Beitritts die Zeit entscheidet, zu welcher der Beitritt infolge der Streitverkündung möglich war.
II. Verwaltungsprozeß §65 VwGO (1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. (2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung). (3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt §60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen. (4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.
§66 VwGO Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge eines Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur stellen, wenn eine notwendige Beiladung vorliegt.
§121 VwGO Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, 1. die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
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2. im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.
C. Französisches Prozeßrecht I. Zivilprozeß
1. Intervention
Art.325 N.C.P.C. L'intervention n'est recevable que siellese rattache aux pretentions despartiespar un Iien suffisant.
Art.326 N.C.P.C. Si 1'intervention risque de retarder aI' exces Je jugement sur Je tout, Je juge statue d ' abord sur Ia cause principale, sauf a statuer ensuite sur l'intervention.
Art.327 N.C.P.C. L'intervention en premiere instance ou en cause d'appel est volontaire ou forcee. Seule est admise devant Ia Cour de cassation l'intervention volontaire formee atitre accessoire.
Art.328 N.C.P.C. L'intervention volontaire est principale ou accessoire.
Art.329 N.C.P.C. L'intervention est principale lorsqu'elle eleve une pn!tention au profit de celui qui la forme. Elle n'est recevable que si son auteur a Je droit d'agir relativement a cette pretention.
Art.330 N.C.P.C. L'intervention est accessoire lorsqu'elle appuie les pretentions d'une partie. Elle est recevable si son auteur a interet, pour la conservation de ses droits, a soutenir cette partie. L'intervenant a titre accessoire peut se desister unilateralement de son intervention.
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Art.331 N.C.P.C. Un tiers peut etre mis en cause aux fins de condamnation par toute partie qui est en droit d 'agir contre lui atitre principal. Il peut egalement etre mis en cause par la partie qui y a interetafinde lui rendre commun le jugement. Le tiers doit etre appele en temps utile pour faire valoir se defense.
Art.332 N.C.P.C. Le juge peut inviter les parties amettre en cause tous les interesses dont la presence lui paralt necessaire a la solution du litige. En matiere gracieuse, il peut ordonner la mise en cause des personnes dont les droits ou les charges risquent d'etre affectes par la decision aprendre.
Art.333 N.C.P.C. Le tiers mis en cause est tenu de proceder devant la jurisdiction saisie de Ia demande originaire, sans qu 'il puisse decliner la competence territoriale de cette jurisdiction, meme en invoquant une clause attributive de competence.
2. Tierce opposition Art.582 N.C.P.C. La tierce Opposition tend afaire retracter ou reformer unjugement au profit du tiers qui l'attaque. Elle remet en question relativement a son auteur les points juges qu 'elle critique, pour qu 'il soit a nouveau statue en fait et en droit.
Art.583 N.C.P.C. Est recevable aformer tierce Opposition toute personne qui y a interet, ala condition qu'elle n' ait ete ni partie ni representee ou jugement qu 'elle attaque. Les creanciers et autres ayants cause d'une partie peuvent toutefois former tierce opposition au jugement rendu en fraude de leurs droits ou s 'ils invoquent des moyens qui leur sont propres. En matiere gracieuse, la tierce opposition n 'est ouverte qu 'aux tiers auxquels la decision n' a pas ete notifiee.
Art.584 N.C.P.C. En cas d' indivisibilite al' egard de plusieurs parties au jugement attaque, la tierce Opposition n' est recevable que si toutes ces parties sont appelees al' instance.
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Art.585 N.C.P.C. Toutjugement est susceptible de tierce opposition si Ia loi n'en dispose autrement.
Art.586 N.C.P.C. La tierce Opposition est ouverte a titre principal pendant trente ans a compter du jugement a moins que Ia loi nen dispose autrement. Elle peut etre formee sans Iimitation de temps contre un jugement produit au cours d 'une autre instance par celui auquel on l'oppose. En matiere contentieuse, elle n'est cependant recevable, deIapart du tiersauquelle jugement a ete notifie, que dans les deux moins de cette notification, sous Ia reserve que celle-ci indique de maniere tres apparente le delai dont il dispose ainsi que !es modalites selon lesquelles le recours peut etre exerce.
Art. 587 N. C.P. C. La tierce Opposition formee a titre principal est portee devant Ia jurisdiction dont emane le jugement attaque. La decision peut etre rendue par !es memes magistrats. Lorsque Ia tierce opposition est dirigee contre un jugement rendu en matiere gracieuse, elle est formee, instruite et jugee selon !es regles de Ia procedure contentieuse.
Art.588 N.C.P.C. La tierce Opposition incidente aune contestation dont est saisie une jurisdiction est tranchee par cette demiere si elle est de degre superieur acelle qui a rendu Je jugement ou si, etant d'egal degre, aucune regle de competence d'ordre public n'y fait obstacle. La tierce opposition est alors formee de Ia meme maniere que le demandes incidentes. Dans !es autres cas, Ia tierce opposition incidente est portee, par voie de demande principale, devant Ia jurisdiction qui a rendu le jugement.
Art.589 N.C.P.C. La jurisdiction devant laquelle le jugement attaque est produit peut, suivant !es circonstances, passer outre ou surseoir.
Art.590 N.C.P.C. Le juge saisi de Ia tierce opposition a titre principal ou incident peut suspendre l'execution du jugement attaque.
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Art.591 N.C.P.C. La decision qui fait droit aIa tierce Opposition ne retracte ou ne reforme le jugement attaque que sur !es chefs prejudiciables au tiers opposant. Le jugement primitif conserve ses effets entre !es parties, meme sur !es chefs annules.
Toutefois Ia chose jugee sur tierce opposition I' est a I' egard de toutes les parties appeles a l'instance en application de l'article 584.
Art.591 N.C.P.C. Le jugement rendu sur tierce opposition est susceptible des memes recours que les decisions de Ia jurisdiction dont emane.
II. Verwaltungsprozeß
1. Intervention Art.R.l87 C.T.A.C.A.A. L'intervention est formee par requete distincte. Le president de Ia formation de jugement ordonne, s'il y a lieu, que cette requete en intervention soit communiquee aux parties et fixe Ia delai imparti a celles-ci pour y repondre. Neanmoins, Je jugement de I' affaire principale qui est instruite ne pourra etre retarde par une intervention.
Art. 61 der Ordonnance vom 31.7.1945 L'intervention est formee par requete distincte; le president de Ia section ou Ia sous-section saisie ordonne, s'il y a lieu, que cette requete soit communiquee aux parties, pour repondre dans le delai fixe par l'ordonnance; neanmoins, Ia decision de l'affaire principale qui est instruite ne pourra etre retardee par une intervention.
2. Tierce Opposition Art.R.225 C.T.A.C.A.A. Toute personne peut former tierce opposition aune ordonnance, un jugement ou un arret qui precudicie a ses droits, des lors que ni elle ni ceux qu 'elle represente n' ont ete presents ou regulierement appeles dans l'instance ayant abouti acette decision.
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Art.R.226 C.T.A.C.A.A. Si Ia decision lui a ete notifiee ou signifiee dans !es conditions prevues aI' article R. 221, elle peut fonner tierce opposition que dans Jedelai de deux moins adater de cette notification ou signification....
Art.R.227 C.T.A.C.A.A. II est procede a l'instruction de Ia tierce Oppositiondans !es fonnes etablies pour Ia requete.
Art. 79 der Ordonnance vom 31.7.1945 Ceux qui veulent s'opposer a des decisions du Conseil d'Etat rendues en matiere contentieuse et lors desquelles ni eux ni ceux qu'ils representent n'ont ete appeles, ne peuvent fonner leur tierce opposition que par requete en Ia forme ordinaire et sur Je depöt qui en est fait au secretariat du Conseil, il est procede confonnement aux dispositions du present chapitre. La partie qui succombe dans sa tierce opposition peut etre condarnnee aune mende sans prejudice des dommages et interets de Ia partie s'il y a lieu.
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Sachverzeichnis Abwägung 62, 216-217, 221 AbweichendeSachanträge 42, 74, 77, 106,226 Abweisungsantrag 226 Allgemeine Rechtsgrundsätze 30, 174-175,215 Amicus-Curiae-Brief 18 Amtshaftungsklage 29, 113, 179, 184 Amtssprachen 26 Anfechtungsgründe 233, 236 Anfechtungsklage 66, 77-78, 98, 100 Angriffs- und Verteidigungsmittel39, 229, 233-234,236,239,257-258 Anwaltslösung 221, 232, 242 Argumente 106, 144, 192-193, 232-236, 238,252,256-257 Aufhebungsgründe 100-101 Aufhebungsklage 98 Aufhebungsurteil 72, 100, 184 Ausgangsrechtsstreit 46, 52 Ausgleichsrechtsstreit 60 Auslegungsverfahren 242 Beamtenklagen 180 Beamtenstatut 180 Begünstigungsadressat 136 Beibringungsgrundsatz 45 Beihilfe 137-138, 181, 185, 192, 195-196 Beihilfeempfänger 192 Beihilfeverfahren 139 Beiladungsantrag 25 Beiladungsbeschluß 57, 71, 262 Beiladungszwecke 61 Beitrittserklärung 145, 254 Beitrittsfrist 194, 197, 204 Beitrittsgrund 85, 148 Beitrittsinteresse 33, 88, 103-105, 115, 126, 133-134, 138-140, 143, 150, 152, 155,164-165,198,203, 213, 249 Beitrittswirkungen 37, 97
Berufsgeheimnis 213 Berufsorganisationen 33, 97 Berufsverbände 196 Berufsvereinigungen 99 Beschwer 131, 222 Beschwerdekammer 24, 131, 133, 145-146, 151, 158-159, 162, 166, 176, 178,193-195,197,215,217,219, 224, 228-230,240,242,248,250 Beteiligungsanspruch 59, 63 Beweislast 233 Beweismittel 27-28, 30, 93, 95-96, 100, 205,232,234,238,256-257 Bindungswirkungen 17, 20, 22, 27-29, 57,60,62, 71,77-78,89,96,113, 137, 179,181,184,207-208,245 DienstA-EuG 25, 212 Dienstrechtssachen 241, 244, 253 Dispositionsgrundsatz 40, 91, 243 Drittschutz 48,212,217-221 Drittverpflichtungsklage 137 Drittwiderspruchsklage 18, 20-21, 23, 30, 118,129,164,170-172,186,197- 200, 202,204,229,242,245-246,251 EFfA-Überwachungsbehörde 24, 116, 127, 134,244,248,253,255 Eidesstattliche Versicherung 25 Einreden 39-40,44,73,94,107, 147, 203, 228 Einwendungen 56, 132-133 Entfernungsfristen 25 Entschädigungsanspruch 179 Ermächtigungsgrundlage 167, 186, 197 Ermessen 25, 59, 62, 70, 78, 100-101, 108,114, 215-216,218,229-230,240, 244, 251-253 Erstprozeß 44, 47, 56, 68, 75, 100, 112, 176, 218,249
Sachverzeichnis Erstrechtsstreit 86, 253 Erstverfahren 17, 22, 91, 108, 111, 113, 170,176,179,186-187,197-198,204, 229 Erwiderung 231-232, 237, 240, 258 Europäische Investitionsbank 116, 122 Europäische Zentralbank 117, 122 EWR-Abkommen 24, 116, 127 Fehlverhalten 79, 141 Feststellungsklage 68, 80, 136 Feststellungsurteil 68, 184 Feststellungswirkung 68, 100 Folgeprozeß 43, 46, 55-56, 218 Folgerechtsstreit 47 Frist 26,57,69, 111,151,193,197,202, 222,239- 240,256-258,262 Fristablauf 69, 101 Fusionsgenehmigung 17, 170, 172, 181, 195,230 FusionskontrollVO 169 Gebundenheit 210, 238-239, 252 Gegenerwiderung 231- 232 Geheimhaltungsinteresse 214, 217- 219 Geheimnisschutz 212, 217-221 Gehörsanspruch 48, 51-53, 55, 68, 70, 75, 83, 174-175, 177-178, 184, 186-188, 190-191,193-194,196-197,217-221, 223,229-231,250 Gehörsberechtigte 175, 194, 199, 201-202,250 Geldbußen 143, 149-150, 155 Gelegenheitsvereinigung 121 Gemeinschaftlicher Sortenschutz 132 Gemeinschaftsbeamte 146 Gemeinschaftsgrundrechte 250 GemeinschaftsmarkenVO 131 Gerichtskosten 243 Geschäftsbeziehungen 213 Geschäftsgeheimnisse 211, 214, 216-217,220 Gestaltungsklage 47- 48, 50, 52, 54, 63, 81- 82, 111, 136, 180 Gestaltungsurteil 34- 35, 49, 54, 90
281
Gestaltungswirkung 34-35, 38, 44, 46, 59,64-65,67,72,80-82,90, 100,104, 110-111' 180-182, 184 Glaubhaftmachung 25, 115, 118, 126-127, 133,249 Gleichrangigkeit 250 Grundrechte 53-55, 108, 167, 174-175, 177,188,190,205,216,220,234,240 Grundrechtsordnung 190 Grundrechtsposition 230 Grundrechtsrechtsprechung 187 Grundrechtsschutz 175 Grundrechtsverkürzung 190 Gutachtenverfahren 18, 21 Haftungsprozeß 110 Harmonisierungsamt 131-132, 226 Hauptintervention 22, 27, 29- 30, 223, 225,251 Hauptparteien 41-42,89,91,95, 97,207, 212,216-217,219-228,231,238-241, 243-244, 252 Hauptprozeß 139, 171 Hauptverfahren 146, 170, 186, 197, 202, 250-251,259,261 IGH-Statut 161-162, 208-209 Inanspruchnahme 185 Inhaltlicher Vortrag 231 lnkenntnissetzung Dritter 172, 192, 195 Interessenkonflikt 220 Interessentenklage 99 Interessenverbände 87 Internationaler Gerichtshof 29, 31, 89, 156,162,209 Interventionsantrag 25, 121, 140, 145, 147-148, 163, 168-169, 191, 203,205, 207,212,244 Interventionsausschluß 126, 168, 170, 173-174, 188, 191 Interventionsbefugnis 124, 129- 130, 156, 160 Interventionsberechtigung 241 Interventionsfähigkeit 119-122, 128 Interventionsformen 19, 22, 29, 248 Interventionsfrist 204 Interventionsgrund 22, 141, 155
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Sachverzeichnis
Interventionswirkung 43-44,55-57,73, 90,201,209 Jahresfrist 83 Justiziabilität 173 Kammerentscheidung 26 Kammerpräsident 25, 213 Kartellverfahren 81, 135,212, 218-221 Klagabweisungsantrag 40, 226, 252 Klagantrag 39-40, 93, 193 Klageänderung 30, 39, 41, 91,93-94,96, 101,226,232,235,237 Klagebeantwortung 26, 193, 229, 230-232,239,257-258 Klagebefugnis 19, 99, 104, 120, 122, 181, 241-242 Klagefahigkeit 119-122, 124, 159 Klagefrist 78, 101, 106, 158 Klagegründe 101-102,106,193,231-233, 236-237 Klageveröffentlichung 193, 198, 200 Klagezustellung 222 Kohärenz 173 Kollektivinteressen 153-154, 156 Kollidierende Privatinteressen 67 Kollisionslösung 188 Konkordanz 188-189, 217, 250 Kosten 28, 37, 62, 240, 243-244, 253 Kostenantrag 244 Kostenentscheidung 244 Lebenssachverhalt 39, 92-94 Legalitätskontrolle 191 Leistungsklage 69 Leistungsurteil 104 Massenverfahren 69 Menschenrechte 40, 101, 179, 226,232, 236,238 Menschenwürde 46 Monatsfrist 68 Naturschutzverbände Nebenpartei 37,89 Nebenverfahren 18, 99 Nichtigerklärung 140, 148, 168, 170,235
Nichtigkeitsklage 19, 83-84, 98, 100, 102, 122, 125, 131-133, 136, 145, 149-150,159,180-185,191,202,207, 218,233,235- 236,238,241,246,252 Nichtigkeitsurteil 136, 150, 181-182 Nichturteil 82 Normadressaten 115, 129 Normenhierachie 24, 167, 188, 199 Notwendig Beigeladene 77,218,220 Objektbehandlung 70 Objektformel 46 Öffentlichkeit 118, 161 Offizialmaxime 40 Organwalter 142 Parteiherrschaft 101, 226,232, 236, 238 Parteiprozeß 114 Parteistellung 89, 207, 209 Parteivortrag 45, 93 Partizipationsrecht 42 Personenvereinigungen 248 Plenum 260 Politische Interessen 139 Popularintervention 105 Popularklage 99 Präjudiziabilität 18, 36, 51, 60, 136 Präklusion 28, 30, 76, 93-96, 100, 205, 232-234,238 Praktische Konkordanz 189 Präzedenzwirkung 18, 36, 154, 156,217, 249 Prozeßanträge 40 Prozeßbenachrichtigung 251 Prozeßbevollmächtigter 220 Prozeßdokumente 213, 216 Prozeßhindernde Einreden 94, 107 Prozeßunterlagen 212-213, 222 Prozeßvoraussetzungen 228 Prüfungskompetenz 103, 133 Rechtliche Interessen 33, 57-58, 136, 155,198,251 Rechtliches Gehör 28, 42, 45-46, 48-50, 53-54,76, 108- 109,169,172,174- 177, 179,186-190,196,217,220, 230- 231, 250,252
Sachverzeichnis Rechtmäßigkeitskontrolle 99 Rechtsausführungen 40 Rechtsbeeinträchtigung 50,110,179,198, 201 Rechtskraft 17, 34-35, 37-38, 43-44, 46, 49,54,57,59,64-65,67-68,72-73, 80-82, 89-91, 100, 102, 104, 106, 108, 110-112, 136,150,176,179-185, 207-211,218,230,236-237,246,251, 261 Rechtskraftausweitung 209 Rechtskraftbindung 72, 236 Rechtskrafterstreckung 38, 64, 68, 209-210 Rechtsmittel 26,40-42,74,79, 83, 88,97, 107,112,130,165,206,241-243,255, 260 Rechtsnachfolge 35, 64-65, 262 Rechtsweggarantie 48 Regreßanspruch 34, 36 Rückgriff 17, 148 Sachanträge 40-42, 57, 74, 77, 106, 223- 224,225- 226,251,262 Sachaufklärung 45, 56, 61, 64, 247 Sachvortrag 41- 42, 76 Schadensersatzklage 102, 146-147, 151, 155,239 Schadloshaltung 55, 261 Schriftsatzfrist 240 Situationsparallelität Dritter 148, 155 SortenschutzVO 131- 133 Statussachen 90 Stellungnahmeschriftsatz 18, 21 Streitgegenstand 39-42,77,93, 193,226, 231,251,262 Streitgenossenschaft 53, 62, 67, 73, 78, 81-82 Streithelferschriftsatz 239-240, 256-257 Streithilfeantrag 120, 145-146, 148, 205-206,244 Streitverkündung 23, 29, 32-34, 37-38, 41-43,45,47, 50-52,55-56,58,60, 62-64,67-69, 71-73,75-77,112-113, 192,246-249,251,253,261- 262 Subventionsempfänger 185
283
Tatsachenbehauptungen 93 Tatsachenvortrag 233 Terminsladung 52 Tierce Opposition 30, 85, 91, 96, 106-113,177,186-187,227,245, 264-267 Traditionsvorbehalt 48 Untätigkeitsklage 18, 118, 124, 137, 160, 183-185,237,243,246 Untätigkeitsurteil 185 Unterlagen 201, 211-222, 229, 251, 253, 256-257 Unternehmensvereinigung 33, 154 Unternehmenszusammenschluß 169 Untersagungsverfügungen 60 Untersuchungsgrundsatz 45, 75, 102, 107, 247 Untersuchungsmaxime 61, 195, 233,247 Unzulässigkeitseinrede 229 Unzulässigkeitsgründe 233 Urkunden 174 Urteilsauslegungsverfahren 18 Verband 33, 58, 87, 105, 153, 157- 158, 229,249 Verbandsinterventionen 155 Verbandsklage 156 Verbraucherinteressen 244 Verfahrensbeitritt 33,36,43,86, 107, 129, 141,154, 159, 164,252 Verfahrensbenachrichtigung 28, 178, 193, 199,200- 203,246,253 Verfahrenssprache 26-27 Verfassungsbeschwerde 48-49, 82, 202 Verfassungsrechtsstreit 192 Verfristung 153 Verhandlungsgrundsatz 45, 76, 232 Verhandlungsmaxime 45, 101 Verpflichtungsklage 67-69, 98, 184 Verpflichtungsurteil 67-68, 80 Versäumnisverfahren 230, 258 Verspätung 232 Verteidigungsmittel 20,26-27,39, 42, 44, 46-47,74, 77-78, 145-146, 231-232, 234,236,238-240,252,256-258, 260, 262
284
Sachverzeichnis
Vertragsverletzungsverfahren 18, 35, 46, 90, 79, 185, 210 Vertrauensschutz 30, 189 Vertraulichkeit 154, 216, 220 Verwertungsverbot 219 Verzögerung 88-89, 105, 108 Vorabentscheidungsverfahren 21 Vorgreiflichkeit 18, 46, 59, 64, 176 Wettbewerber 181, 217, 211, 220, 222 Wettbewerbsbeschränkungen 81, 218, 220
Wiederaufnahmeverfahren 83, 242, 252 Wirtschaftliche Interessen 87, 138 Zugang 20, 199, 211-212, 220 Zulässigkeitsrügen 223, 227, 252 Zurückhaltungsantrag 213,251 Zustellungsbevollmächtigter 25, 256-257 Zwei-Parteien-System 87 Zweitprozeß 35,46-47,51,55-56,72,75 Zweitrechtsstreit 43 Zwischenstreit 94, 107