Die deutsch-protestantische Kriegspredigt der Gegenwart: dargestellt in ihren religiös-sittlichen Problemen und in ihrer homiletischen Eigenart [Reprint 2021 ed.] 9783112434581, 9783112434574


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German Pages 99 [111] Year 1916

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Die deutsch-protestantische Kriegspredigt der Gegenwart: dargestellt in ihren religiös-sittlichen Problemen und in ihrer homiletischen Eigenart [Reprint 2021 ed.]
 9783112434581, 9783112434574

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Studien zur praktischen Theologie in Verbindung mit

D. Dr. Carl deinen

D. gränz Rendtorsf

D. Dr. Martin Schian

ao. Prof. a. d. Universität Bonn

o. Prof. a. d. Universität Leipzig

o. Prof. a. d. Universität Gießen

herausgegeben von

7. Band

D. Karl Eger o. Prof, an der Universität Halle

q-ft 2

Vie deutsch-protestantische Kriegspreöigt

der Gegenwart dargestellt in ihren religiös-sittlichen Problemen

und in ihrer homiletischen Eigenart

Lic. gränz Koehler Pfarrer in Berlin

Gießen 1915 Verlag von Alfred Töpelmann (vormals ). Ricker)

Dem $elb« und Marinepropst unserer siegereichen Armee

Herrn Dr. theol. Wölfing dem unermüdlichen Förderer der evangelischen Seelsorgetätigkeit in Heer und Flotte

in dankbarer Verbundenheit zugeeignet

vom Verfasser.

V

Inhaltsübersicht.

Inhaltsübersicht. Übersicht über die Kriegspredigt-Literatur........................................ VII-XI Einleitung ........................................................................................ 1-6 1. Hauptteil: Die religiSr-fittlichen Probleme der Kriegsprebigt

. -

7-57

A. Gott und der Krieg........................................... •........................ 7-14 I. Wie denken wir göttlich vom Kriege?.................... 7 II. Nimmt Gott Stellung im Kriege?............................ 9 III. Der durch den Krieg leidende Gott........................... 10 IV. welches Endziel verfolgt Gott mit dem Kriege? .... 11 V. Ist mit dem Weltkriege das Ende der Weltherbeigekommen ? 13 B. Der Krieg als Schicksal und als Schuld..............................14-20 I. Der Krieg als natürliches Verhängnisund Übel.... 15 II. Der Krieg als Duelle der Dualund desverzagens... 17 III. Der Krieg als Schuld.................................................. 17 C. Der Krieg als Erzieher.............................................. 20-30 I. Der Krieg als Notwehr und Pflicht der Selbsterhaltung . 21 II. Der Krieg als Weckmittel zur Buße und Wegbereiter einer sittlichen Neugeburt.................................................. 22 III. Der Krieg als Gesetzerauswirkung......................................... 24 IV. Der Krieg bringt das Böse zur Erscheinung und zur Bekämpfung....................................................................... 25 V. Der Krieg als Gericht................................................................. 26 VI. Der Krieg als Heilmittel gegen übertriebenen Individualismus 28 VII. Der Krieg als höchste sittliche Kraftprobe......................... 29 D. Ist der Krieg Zerstörer oder verklärer christlicher Ideen?........................................................................................30-45 I. Der Krieg als Bankerott der Christenheit......................... 31 II. Ist der Krieg ein Moratorium des Christentums? ... 32 III. Die besondere Schuld der Christen am Kriege...... 32 IV. Der Krieg als Gelegenheit, christliche Tugenden zuüben. 34 V. Jesus Christus und der Krieg................................... 36 VI. Gibt es neben dem gerechten auch den heiligenKrieg? . 39 VII. Der Krieg als Erreger heiliger Begeisterung.......... 41 VIII. Der Krieg als Führer durch Tod zum Leben.......... 42 IX. Der Krieg, getragen vom protestantischen Idealismus . . 43 E. Der Krieg und die deutsche Christenheit ..................... 45-57 I. Der Krieg, des deutschen Volkes Schicksalsstunde .... 45

VI

Inhaltsübersicht.

II. welchen Einsatz hat Deutschland zu bieten zur Gewinnung des Krieges ?............................................................... III. Der Krieg als Gottesdienst der Deutschen........................ IV. Der Krieg als Heimsuchung einer für die Deutschen heil­ samen Gnade............................................................... V. Der Krieg als Friede zur inneren Einigung Deutschlands VI. Deutschland kann und darf nicht untergehn.................... VII. Der Krieg, die Vollendung des Sinnes deutscher Geschichte VIII. Deutschland, ein leidender Gottesknecht............................ IX. Die Rebe vom deutschen Gott...........................................

46 49 50 51 52 53 54 55

2. Hauptteil: Die Kriegspredigt als homiletisches Problem und ihre Eingliederung in das homiletische System .... 58-76 F. Die formellen Eigentümlichkeiten der modernen Kriegspredigt ...............................................................59-65 I. Die Bevorzugung alttestamentlicher Texte und Stoffe . . 59 II. Theozentrische oder christozentrische Orientierung der Kriegspredigt?........................................................... 61 III. Zurücktreten des Konfessionellen und Dogmatischen ... 61 IV. Die Kriegspredigt als protestantisches Zeugnis..... 62 G. Die Eingliederung der Kriegspredigt in das homi­ letische System.................................................... 65-76 I. Die Kriegspredigt und die Verlegenheit der Homiletiker. 66 II. Die Kriegspredigt als prophetisches Zeugnis......... 68 III. Die Kriegspredigt als Rrt der patriotisch-politischen predigt 69 IV. Die Kriegspredigt als sachliche Kasualpredigt....................... 70 V. Das Prinzip der Grthotomie, angewandt auf die Kriegs­ predigt .......................................................................... 71 a) Kriegspredigt und sonntägliche Gemeindepredigt ... 72 b) Kriegsbetstunde...................................................................... 73 c) Spezielle Kriegskasualrede . . Schluß............................................................................................ 76-77 Nachweis der angeführten Stellen................................................... 78-86

74

Übersicht über die Uriegspredigt-Literatur.

VII

Übersicht über die Kriegspredigt-Literatur. A. wissenschaftliche Abhandlungen und Vorträge.

I. Rein wissenschaftliche Vorträge: a) H. Stephan, Religion und Gott im modernen Geistesleben. Tübingen, Mohr 1914. b) Die Religion im Krieg. Frankfurter Vorträge 8. Reihe (mit Beiträgen von Manz, Veit, Foerster, Bornemann), Frankfurt a. Main, M. viesterweg 1914. c) vaterländische evangelische Kriegsvorträge (mit Bei­ trägen von Tolzien, Romberg, Stubemunt) u. a.) 2. Ruflage, Schwerin, Fr. Bahn 1915. d) Dietr. Vorwerk, Was sagt der Weltkrieg den deutschen Christen? Schwerin, Fr. Bahn 1915. e) Häring, Das Rätsel des Krieges. Eine ethische Gegenwarts­ betrachtung. Stuttgart, Cvangel. Gesellsch. 1914. f) L. Ihmels, Der Krieg im Lichte der christlichen Cthik. Leipzig, Deichert 1915. g) Br. Döhring, Gott, das Leben und der Tod. Berlin 1915.

II. Zeitschriften: a) Der Geisteskampf der Gegenwart, Monatsschrift für christl. Bildung und Weltanschauung, hersg. von C. Pfennigsdorf: Die Kriegsnummern des 9.-12. Heftes 1914 und des 1. u. 2. Heftes 1915. Gütersloh, C. Bertelsmann. b) Cvangel. Freiheit, hersg. von (D. Baumgarten, 14. u. 15. Jahr­ gang, 1.-7. Kriegsheft, Tübingen, Mohr 1914/15. c) Monatsschrift für Pastoraltheologie, hersg. von Wurster u. Schoell, 11. Jahrg., 1.-5. Kriegsheft. Berlin, Reuther u. Reichard 1914/15. d) Pastoralblätter für predigt, Seelsorge u. kirchl.Unterweisung, hersg. von Neuberg, 56. Jahrg. Heft 12. Dresden, Ungelenk 1914.

III. Vorträge mit populärem Einschlag: a) M. Glage, Der Krieg und der Christ. Glaubensworte in ernster Zeit. 4. u. 5. Taus. Hamburg, Rauhes Haus 1914. b) M. Hennig, Der Krieg und wir. 5.-7. Taus. Hamburg, Rauhes Haus 1914.

VIII

Übersicht über die Hriegspredigt-Literatur. c) Rus der großen Gegenwart. Zwei Hriegsvorträge von Sr. Hittelmeyer und Chr. Geyer. Ulm, Herler 1914. d) Sam. Heller, 3ft Gott neutral? Freiburg, Mornber.

B. Linzelpredigten und Predigtsammlungen.

I. Mehr für Prediger selbst bestimmt: a) Hriegspredigten aus dem Jahre 1914 von verschiedenen Ver­ fassern hersg. von Wurster. Lief. I-XII. Stuttgart, Cvangel. Gesellschaft. b) Mit Gott wollen wir Taten tun! Kriegspredigten, -An­ dachten und -Gebete; unter Mitwirkung mehrerer Geistlicher hersg. von Risch. Kaiserslautern, Cvangel. verein. Lfg. 1-4. c) Für Hirche und Vaterland! Hriegspredigten für die festliche Hälfte des Hirchenjahres unter Mitwirkung erster (!) Homileten, hersg. von Joh. Hump. Leipzig, Hrüger 1914. d) Berliner Hrieg>bet stund en und Gedächtnisfeiern zu Chren Gefallener von Joh. Hump. 3 Hefte: Jesu hilf siegen - Unter den ewigen Armen - Gott ist unsre Zuversicht. Leipzig, Hrüger 1914/15. e) Hriegsb etstunden v on (V. Brüssau in 4 Folgen: wir Deutsche fürchten Gott — sonst nichts! — vorwärts mit Gott! — Vater, ich rufe dich! — Herr, erbarme dich! - Leipzig und Hamburg, Schloeßmann (Fick) 1914/15.

II. Für gebildete Gemeindeglieder: a) b) c) d) e) f) g) h)

i) k)

H. Honig, Sechs Hriegspredigten. Jena, Diederichs 1914. H. Honig, Neue Hriegspredigten. Jena, Diederichs 1914. F. Hohde, Hriegspredigten. Harlsruhe, Braun 1914. A.Schowalter, Drei Hriegspredigten. Halberstadt, Helm 1914. A. Schowalter, Hriegspredigten, Neue Folge. Halberstadt, Helm 1915. G. Goens, Gott mit uns! Feldpredigten im Großen Haupt­ quartier gehalten. Berlin, C. S. Mittler & Sohn 1914. Ein feste Burg, predigten und Heden aus eherner Zeit, hersg. von Br. Do ehr in g. 1. Lief. Berlin, H. Hobbing 1914. 3. Heßler, 4 Sammlungen von predigten und Ansprachen in den Kriegslagen 1914: 1) Furchtlos und treu. 2) Durch Gott zum Sieg! 3) (Emst, aber getrost. 4) Kreuz und Schwert. Dresden, Ungelenk 1914/15. Du bist mein Hammer, meine Kriegswaffe! Kriegsandachten von p. Klein. Mannheim, Hahn 1914. (Ein feste Burg ist unser Gott. Sammlung von Kriegs­ predigten, hersg. von Chr. Bürckstümmer. München, Beck 1915.

III. Mit besonderer Betonung des Deutschtums. a) Dom deutschen Gott. 14 predigten von walt. Lehmann. Ulm, Herler 1914. b) Mit Gott für König und Vaterland! 12 relig.-patriot. Betrachtungen aus der Hriegsbetstunde von H. von Jhering. Ulm, Herler 1914. c) Gott mit uns. 12 predigten u. Ansprachen von H. Dieterich. Ulm, Herler 1914.

Übersicht über die Kriegspredigt-Literatur.

IX

IV. Einzelpredigten: a) predigten aus der Großstadt: 1. Norddeutschland: Berlin: C. Dryander, Evangel. Heben in schwerer Zeit. 1.-3. heft. Berlin, C. S. Mittler & 5ohn 1914/15. $. Lahusen, Rus der Tiefe - Ist Gott für uns Wir fürchten nichts als Gott — Unter den Wettern des Krieges in des Vaters Hand - Hus der Unruhe der Zeit zur Stille in Gott — Das Leben lassen für die Freunde Liebet eure Feinde — Immanuel: Gott mit uns. Berlin, M. Warneck 1914/15. p. Kirmß, Kriegspredigten. Berlin, Protest. Schriftenvertrieb 1914. Hamburg: Hunzinger, Kriegspredigten I—XXV. Hamburg, Herold. Greifswald: v.d. Goltz,Kriegspredigten. Greifswald, Bruncken & To. 1914. 2. West- und Süddeutschland: L. Schneller (Cöln), Drei Kriegspredigten. Töln, Palästinahaus 1914. Hittelmeyer (Nürnberg), Krieg! 10. Rufi. Nürnberg, Innere Mission 1914. Hittelmeyer, Luthergeist im Krieg. Nürnberg 1914 Chr. Geyer, Im Kriegsdienst Gottes. Nürn­ berg 1914. C. Lehmann (Mannheim), Des deutschen Lebens tiefster Sinn. Mannheim, Vereinsdruckerei 1914. Sam. Keller (Freiburg i. Dr.), Mars consolator. Freiburg, Momber. Grünberg (Straßburg), Wie gar unbegreiflich. Stuttgart, Cv. Gesellsch. 1914. b) Universitätspredigten: R. Titius (Göttingen), vaterländische und göttliche Begeisterung. Göttingen, vandenhoeck & Huprecht 1914. Simons (Marburg),Der Krieg und Christi Kommen. Mar­ burg, Clwert 1915. L. Ihmels, Ich werde nicht sterben, sondern leben. Leipzig, Hinrichs 1914. c) Vaterunser-Predigten: Dunkmann, Das Gebet des deutschen Volkes. Rkad. Heben über das Vaterunser. Dresden, Ungelenk 1915. Hunzinger, Kriegspredigten (Vaterunser) X—XIX. Ham­ burg, Herold. Grünberg, Das Vaterunser im Kriege. Kriegsandachten. Straßburg, Ev. Gesellsch. 1914. C. Cremer, Dein Heich komme! Kriegspredigten über das Vaterunser. Gütersloh, Bertelsmann 1915.

X

Übersicht über die Ariegspredigt.Literatur.

C. Andachten und Ansprachen.

I. Für die heimatliche Hausgemeinde: a) Allgemein: P- Conrad, Andachten für die Rriegszeit: 1) Stille zu Gott. 2) Stark in dem Herrn. 3) Reich des Heils. Berlin, War­ neck 1914/15. w. Nithack-Stahn, Rriegsandachten. Halle, Fricke 1914. C. Gros, Gottes Stunde. 1. Folge. Stuttgart, Kohlhammer 1914. 50 Rriegsandachten, hersg. von evangel. Geistlichen Breslaus (D. Decke). Breslau, Hummerei 28. 1914. 3um großen Rriege. Andachten aus dem Rirchl. Wochenblatt Breslaus 1915. Dibelius, Hausandacht während der Rriegszeit. 1. u. 2 heft. Dresden, Ungelenk. Tägliche Andachten für die Rriegszeit, hersg. von den Gen.-Sup. der prov. Sachsen, heft 1. Magdeburg, holtermann. Hausandachten für die Rriegszeit. 1.—3.Teil.IN. Schian. Berlin, Cvangel. Bund 1914/15, aus „Dolksschristen zum großen Krieg". Gott geht durchs Land. Rriegsandachten fürs deutsche Haus von IN. Braun. Berlin, Stadtmission 1914. b) Kasuell: Heldentod - seliger Tod! Trostpredigt von L. Foerster. Heidelberg, Tv. Verlag. Trostbüchlein für die Trauer um die fürs Vaterland Ge­ fallenen, von Wurster. Stuttgart, Cv. Gesellsch. 1914.

II. Für die Feldgemeinde: a) Allgemein: G. Fuchs, vom rechten Rümpfen. Leipzig, Jansa 1914. So ziehn wir aus zur hermannschlacht, mit Beiträgen von Dryander, Vits, Braun, v. hassell, Flemming, le Seur. 130. Tausend. Berlin, vaterl. Verlagsanstalt 1914. Gott mit uns! 150. Taus. Cassel, Lometsch 1914. H. Falke, Vater ich rufe dich! Soldatenpredigten, im Felde vorzulesen. Barmen, Viermann 1915. h. Stuhrmann, wir sind die Kraft! Parolebuch für unser Volk in Waffen. 50. Taus. Barmen, Viermann 1914. b) Unter Berücksichtigung besonderer Zeiten: C. vryander, Weihnachtsgedanken in der Rriegszeit. Leipzig, hirzel 1914. Fr. Lahusen, Euch ist heute der Heiland geboren! Berlin, m. Warneck 1914. p. Conrad, Aus der Heimat. Berlin, IN. Warneck. G. Cverling, weihnachtsgruß für Deutschlands Krieger. Berlin W. 35, Evang. Bund. A. Saathoff, Rriegsweihnacht 1914. Göttingen, vandenhoeck & Ruprecht.

Übersicht über die Kriegspredigt-Literatur.

XI

c) Unter Berücksichtigung besonderer Verufsklassen: wenn es gilt fürs Vaterland! (Ein Kriegsbüchlein für Studenten, mit Beiträgen von Gunkel, Deißmann, Stolte, Roehler, Cißfeldt, Hein u. a. Berlin, C. S. Mittler u. Sohn 1914. Deutsche Weihnacht. Eine Liebesgabe deutscher Hochschüler, mit Beiträgen von Deißmann, v. Wilamowitz-Moellendorff, w. Zoerster, Blau, Schlatter, Seeberg, Jhmels u. a. Berlin C. 2.

III. Für die Lazarettgemeinde: Lazarett-Büchlein, hersg. vom Lv. Preßverband für West­ falen. 40. Taus. Witten (Ruhr). Kraft und Trost für verwundete, hersg. von Lehfeldt. Hamburg 26. Lin Gruß an unsere verwundeten von Wurster. Stutt­ gart, Cv. Gesellsch.

(Einleitung.

1

Einleitung.

Die Entwicklungstendenz der neueren homiletischen Literatur in Deutschland zeigt eine unverkennbare Neigung zu sublimer vifferenzierung des homelitischen Stoffs. Seitdem die Religiöse Volkskunde uns den Blick für die Unterschiede des Gbjekts, dem gepredigt wird, geschärft hat, und das machtvoll sich entwickelnde Geistesleben der Ge­ genwart, zumal dasjenige, welches außerhalb der Sphäre des Christentums und der Kirche auf Eigenwertung drängt, uns vor eine Zulle neuer Probleme gestellt hat, ist auch die Verkündigung des Evangeliums bemüht gewesen, das konkrete Leben in seiner Vielgestaltigkeit und jeweiligen Eigenart eingehender als bisher zu berücksichtigen. Die homiletischen Probleme auf dem Gebiet der Stoffindung und der Stoffge­ staltung haben sich heute erweitert und vertieft. Gewiß muß und wird die Bibel für alle Zeiten die primäre und unentbehrliche Stoff­ findungsquelle für die evangelische predigt bleiben. Die versuche, die Burggraf einerseits mit seinen Schiller-, Goethe- und Carolathpredigten,Zriedr. Naumann und G.Traub andrerseits in ihren „Hilfe"-Andachten unternommen haben, dem biblischen Stoffe als The­ maquelle gleichwertig Zitate aus Klassikern des deutschen Geisteslebens an die Seite zu stellen, werden als eine Abirrung vom protestantischen Schriftprinzip zu beurteilen sein. Andrerseits werden wir es aber als eine organische Erweiterung und wesentliche Bereicherung für Stoff­ findung und Stoffdarstellung zu werten haben, wenn in Predigtwerken der Neuzeit der aus der Bibel geschöpfte und wesentlich an ihr orien­ tierte Stoff durch die Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse der Großstadt einerseits, der Kleinstadt (Züllkrug) und des Dorfes andrerseits (Zrenssen, Hesselbacher, Eckert) eine Differen­ zierung und Spezialisierung erfahren hat, die einer psychologisch vertieften Anwendung der Predigtgedanken auf die Zuhörer nur durchaus Koehler, Kriegsprebigt der Gegenwart.



2

(Einleitung.

günstig sein können. Ebenso ist es als ein Fortschritt zu begrüßen, daß gewisse Gebiete des konkreten Lebens sowie die Verteidigung der christ­ lichen Wahrheit vor den Gebildeten, welche ihr zweifelnd oder abgeneigt oder gar feindlich gegenüberstehn, höher als bisher in der Wertschätzung der Homileten stehn. In diesem Bezüge dürfen wir dankbar die „Na­ turpredigten" von Taube und die „Alltagspredigten" von 5 chulle rus begrüßen ebenso wie das durch Falke und Winter verhei­ ßungsvoll bearbeitete Gebiet der „Apologetischen predigten". Waren aber diese letzteren wesentlich durch die sogenannte Kirchenaustrittsbewegung hervorgerufen und bestimmt, so wurden auch sie wiederum abgelöst infolge einer Art Kircheneintrittsbewegung durch die mit dem Kriegsausbruch gegebenen Kriegspredigten. Sie traten wie der große Weltkrieg selbst völlig unvermutet und überraschend auf den plan; weder hatten die Homileten Vorbilder noch waren die Homile­ tiker darauf eingestellt, vergebens suchen wir bei den Männern der Praxis und ebenso vergebens bei den wissenschaftlichen Vertretern der Predigttheorie bis zur Zeit des Ausbruchs des großen Weltkrieges nach einer grundlegenden und gründlichen Erörterung der religiös­ sittlichen Probleme, vor die der Krieg die evangelische Gemeinde stellt, weder Achelis noch Knoke, weder Steinmeqer noch Klei­ nert, weder Sachße noch Niebergall erwägen oder erwähnen grundsätzlich die Anregungen, Aufgaben und Ziele, die der predigt durch die Tatsache des Krieges gegeben sind. Sie reden höchsten ganz allge­ mein von predigten bei großen Unglücksfällen (Kleinert) und Landesbußtagen. Es mag hierbei auch auf die interessante Tat­ sache hingewiesen werden, daß die Feier zum Gedächtnis der verstor­ benen 1816 unter ausdrücklichem Bezug auf die Gefallenen der Frei­ heitskriege ihre Einführung in Preußen fand. 3n Wahrheit bleibt Gottschick der einzige, der in seiner 1908 erschienenen Homiletik im Zusammenhang der für die Beziehungen des konkreten Lebens zur predigt aufgestellten Grundsätze dort, wo er aus die patriotisch-poli­ tische predigt zu sprechen kommt, auch die predigt in Kriegszeiten er­ wähnt (§ 13 sub 4aa), ohne jedoch näher auf ihre wesensbestimmnng einzugehn. Dies erweist sich aber heute um so notwendiger, als mit dem ungewöhnlichen Geschehnis des gegenwärtigen Weltkrieges eine ungewöhnliche Erschütterung des religiösen Bewußtseins zu beobachten ist. Es hat sich hier einmal wieder gezeigt, daß die Ereignisse stärker sind als die Theorie, und die Verhältnisse anders als die Zurüstungen der Wissenschaft. Andrerseits aber ist es ein hocherfreuliches Zeichen für die Regsamkeit und Entwicklungskraft des protestantischen Geister, daß er selbst auf einem dem Evangelium so weitab liegenden Gebiete, wie der Krieg es darstellt, in der Gegenwart eine so überwältigende

Einleitung.

3

Fülle fesselnder Probleme und Fragestellungen, von weitausschauenden Gedankenneubildungen und Lösungsansätzen ins Dasein rief, daß man sich des Eindrucks nicht erwehren kann: hier entwickelt und gestaltet sich ein Neues und Eigenartiges sowohl für die Sphäre des religiös­ sittlichen Lebens der evangelischen Gemeinde wie für den berufenen Verkündiger des Evangeliums. Mit zwingender Gewalt brechen über den Prediger Weltanschauungsfragen und Theodicee-Probleme, ethi­ sche Neuforderungen und eschatologische Erwartungen herein, datz er sich gegenüber der Sturmflut neuer Gedanken weder auf den Fels einer überlieferten Theorie noch in die Schlupfwinkel eines bequemen Schemas zu retten vermag. Und das ist gut so. Venn die Hauptfrage für die Praxis wie für die Theorie der predigt bleibt letztlich das quid — was soll ich predigen, woher nehme ich und wie gestalte ich den Predigtstoff? Bevor der Prediger über den Krieg zu predigen sich anschickt, mutz er den Krieg sich selber predigen lassen. Und wie gewaltig predigt dieser Krieg! welch ein lautes, vielstimmiges Echo weckte er in den empfänglichen Herzen berufener Deuter seiner Geheimnisse! In schier unübersehbarer Fülle liegen davon Zeugnisse in Kriegspredigten vor uns; sie zeigen uns, datz eine neue grotze Zeit unter den deutsch­ protestantischen Predigern kein kleines Geschlecht fand. Und es erscheint als eine dankenswerte Hufgabe, den Inhalt jener vielstimmigen Zeug­ nisse so zu sichten, datz ihr auf das Problem „Krieg und predigt" ein­ heitlich bezogener Gehalt offenbar und deutlich werde. Ls gilt, die typischen Gedanken, die der Krieg im Geist der ihn innerlich miterle­ benden Prediger hervorrief, in einer solchen Hnordnung und Übersicht zu bieten, datz einmal die verschiedenen religiös-sittlichen Probleme, die das Grundproblem „Krieg und Evangeliumsverkündigung" aus sich heraus erzeugt, in ihrer Eigenart und inneren Bezogenheit auf einander klar hervortreten, andrerseits die entscheidende Zielfrage einer befriedigenden Lösung entgegengeführt wird: gelingt es dem Verkündiger des Evangeliums, dem Krieg im Bewutztsein der Gemeinde eine positive Würdigung abzugewinnen? Diese Zielfrage soll als Leit­ motiv durch die ganze Hbhandlung hindurchklingen und bei jedem Einzelabschnitt irgendwie zur Darstellung kommen. Husgegangen aber soll von der einleitenden Frage in dem ersten „Gott und der Krieg" überschriebenen Hbschnitt (A) werden: „wie denken wir göttlich vom Kriege?" Diese Frage beschäftigt die Homileten immer zuerst, und erst von ihr aus vermögen sie zu der anderen nicht minder wichtigen die rechte Stellung zu gewinnen: Der Krieg als Schicksal und Schuld, als Übel und Verhängnis, also wesentlich als Widerfahrnis der Men­ schen (B). Bietet dieser Teil den dunklen hinter- und Untergrund zu einer tiefen und wahren Wertung des Krieges, gewissermatzen die 1*

4

Einleitung.

Naturbasis und den Rohstoff, so bringt der dritte Teil (C) uns dem lichtvollen Ziel einer positiven Würdigung des Krieges insofern näher, als wir hier von ihm als einem Erzieher der Menschen reden können (ethische Betrachtung). Huf die höhe der christlichen Wertung des Krieges aber werden wir (D) unter der Fragestellung geführt: „Ist der Krieg ein Zerstörer oder verklärer christlicher Ideen?" Ins­ besondere wird hier auf die Stellung Christi zum Kriege einzugehen sein und der Nachweis erbracht werden, datz eine teleologische Be­ urteilung des Krieges aussichtsreich nur ist unter dem beherrschenden Gesichtspunkt des protestantischen Idealismus. — Da nun aber dieser Weltkrieg uns nicht bloß als Gottgläubige und Christen, sondern we­ sentlich auch als Deutsche angeht, so werden in Hbschnitt E die Ge­ danken der Prediger gesammelt und beurteilt werden müssen, die den Krieg in engste Beziehung setzen zur deutschen Christenheit, zu einem christlichen Deutschtum.

Mit dieser auf die angegebenen fünf Einzelthemen sich beziehenden Darstellung ist der materielle Teil unserer Untersuchung wesentlich umschrieben. Mit Hbsicht beschränkt sich dieselbe auf die Darstellung und Erörterung der durch den Krieg innerhalb des deutschen Protestan­ tismus angeregten und diesem zur Lösung aufgegebenen religiös-sitt­ lichen Probleme. Denn wenn auch, wie hernach nachgewiesen werden wird, in den Kriegspredigten der evangelisch-konfessionelle Standpunkt zurücktritt, und sich auch katholische Homileten in beachtenswerten Leistungen aus die allgemeine christliche Position zurückziehen, so soll -och, wie angekündigt, Zweck und Ziel gerade dieser Untersuchung sein, darzutun, wie allein vom Standpunkt der genuin protestantischen Position aus eine innere Konvergenz der Begriffe „Krieg" und „reli­ giös-sittliche Lebenswertung" erreicht werden kann. Da nun aber die ganze vorliegende Hbhandlung keine speziell dog­ matisch-ethische sein soll, sondern sich innerhalb der Sphäre homileti­ scher Werke und Wertungen vollzieht, so wird die Untersuchung darauf hinauslaufen müssen, wie und wo sich die homiletische Gesamtleistung der modernen Kriegspredigt in das Gefüge der wissenschaftlichen Pre­ digtlehre, in das System der Homiletik einordnet, und auf welche predigtgattungen ihr Stoff sich in rechter weise verteilt. Doch bevor in diesem letzten Teil (G) die homiletische Untersuchung kulminiert, müssen noch als Übergang vom materiellen (A—E) zu diesem rein formellen Teil einige Eigentümlichkeiten erörtert wer­ den, die den Charakter der gegenwärtigen Kriegspredigt selbst formell bestimmen und kennzeichnen (Teil F). Dieser Teil ist unent­ behrlich, weil er uns die organische Verbindung zwischen der Darstellung

Einleitung.

5

der Materie und der Erörterung ihrer zweckmäßigen Formbestimmung sichert. Stoffindung, Stoffordnung, Stoffeinordnung: diese Gesichtspunkte sollen und müssen den Kreis unsrer wissenschaftlichen Unter­ suchung bestimmen. — Bis Stoffquelle liegt vor uns das Material von etwa 800 predigten, Ansprachen, Andachten, die aus Anlaß und mit in­ nerem Bezug auf den gegenwärtigen Krieg in der evangelischen Ge­ meinde oder für besondere Teile derselben gehalten sind. Indem wir eingehend das Material selbst zu Worte kommen lassen, wollen wir dadurch die Möglichkeit bieten, daß es nachgeprüft und festgestellt wer­ den kann, ob seine Gruppierung und Verwertung eine durch die Sache selbst gebotene war. Und wenn wir den Rahmen der spezifisch homi­ letischen Leistungen durch Heranziehung einiger allgemein wissenschaft­ licher Werke und Vorträge erweitern, so mag dies darin seine Rechtfertigung finden, daß diese Werke von protestantischen Theo­ logen herrühren, die fast durchweg auch homiletische Leistungen auf­ zuweisen haben. Und auch das soll den einheitlichen Gang unserer Untersuchung nicht beeinflussen, daß die Subjekte der Kriegspredigt ver­ schiedene sind (Feldprediger und Gemeindepfarrer), ebenso wie die Db» jekte derselben: die im Felde stehenden Kämpfer und die Gemeinde der vaheimgebliebenen bezw. Teile derselben. Endlich aber ist zur Rechtfertigung und Begründung unseres The­ mas, das sich mit der homiletischen Literatur der Kriegspredigt in der Gegenwart beschäftigt, darauf hinzuweisen, daß gerade die heute im Blick auf den Weltkrieg vorliegende homiletische Literatur als Eigen­ erscheinung gewertet werden muß. Venn in der gesamten homiletischen Tradition ist es weder über das Wesen noch über die Ausgestaltung der Kriegspredigt zu entscheidenden und erschöpfenden Bestimmungen ge­ kommen. weder die anläßlich der Freiheitskriege noch die während des Krieges 1870/71 gehaltenen predigten können den Anspruch er­ heben, eigentliche „Kriegspredigten" zu sein, was jene boten, war kaum etwas anderes als Bußpredigten oder Siegesfeierreden. Bei dem einzigen Schleiermacher finden wir Ansätze zur Ausbildung einer beson­ deren Art „Kriegspredigt". Aber was selbst er bietet, ist doch we­ sentlich nur eine allgemeine patriotische Grundstimmung, die das na­ tionale Ethos zum Ausgangs- und Zielpunkt hat, sind andrerseits mo­ ralisierende Gedankengruppen, die die Tugenden der Enthaltsamkeit und Sparsamkeit, der Geduld und der Treue anempfehlen. Zu einer wirklichen Auseinandersetzung mit den Problemen, die sich aus der Spannung der Begriffe Krieg und Thristentum ergeben, kommt es selbst bei Schleiermacher nicht. Er hat allerdings durch die Tat seines opferfreudigen Vaterlandsdienstes bewiesen, daß dieser ihm Gottes­ dienst war. Und was sonst selbst bei Predigern wie E. F r o m m e l und

6

(Einleitung.

K.