Die Religion nach ihrer Quelle, ihren Gestalten und ihren Entwicklungen: Band 2 [Reprint 2020 ed.] 9783111425887, 9783111061054


136 96 30MB

German Pages 535 [534] Year 1827

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Die Religion nach ihrer Quelle, ihren Gestalten und ihren Entwicklungen: Band 2 [Reprint 2020 ed.]
 9783111425887, 9783111061054

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Die Religion, nach

ihrer Quelle, ihren Gestalten und

ihren Entwickelungen. Von

Benjamin Constant. Mlt Vorwissen des Verfassers aus dem Französischen übersetzt, und mit einigen Anmerkungen

Deutsch herausgegeben von

Dr. Philipp August Petri, Prediger zu Lüethorst int Königreiche Hannover.

Ms Liv^mi&vov cv$ 6 Xd'/x'v, vllsTg ts 6l upiroiL Hk OCT Cü V.

Zweiter

Band.

Berlin, bei

G.

Reimer.

1827.

Inhalt des

zweiten

Drittes

Bandes.

Buch.

Von den Ursachen, welche die Vergrö­ ßerung der Priestergewalt begünstigen, sobald das menschliche Geschlecht, zu der Gesittung überzugehcn beginnt. Erstes

Capitel.

Seite Inhalt diese« Buche«....................................................... 7

Zweites

Capitel.

Von dem gesellschaftlichen Zustande, der zunächst an den Zustand der Wildtz.it gränzt.

Drittes

10

Capitel.

Von den Ursachen, die nur zufällig zur Vergröße­ rung der Priestergewalt beitragen konnten. -

(']

Seite

Viertes

Capitel.

Bon derjenigen Ursache, die, so oft sie vorhanden ist, dem Priesterthume große Gewalt verleiht.

Fünftes

33

Capi tel.

Thatsachen zu'r Begründung der obigen Behaup­ tungen. ...................................................................44

Sechstes

Capitel. 59

Von zwei scheinbaren oder wirklichen Ausnahmen.

Siebtes

Capitel.

Bon der verschiedenen Einrichtung und Form der Priestergewalt. -

Achtes

Capitel.

Von der Ekntheilung in Kasten.

Neuntes

-

-'

-

-

68

Capitel.

Bon den Priesterschaften, welche die Stelle der Kasten vertreten. -

Zehntes

67

97

Capitel.

Bon den Vorrechten, die dem Priesterthume bei den Völkern, die es unterjocht hat, zustehen.

103

Viertes

Buch.

Von dem Einflüsse der Nebenursachen

auf die Ausdehnung

der Priester,

gemalt. Erstes

Capitel.

@eite

Aufzahlung dieser Ursachen........................................... 15l

Zweites Vom Himmelsstriche.

------

Drittes Von

Capitel.

Capitel.

be~ Fruchtbarkeit ober Unfruchtbarkeit des Bodens. -

Viertes

183

Capitel.

Von ben Erscheinungen, welche Staunen ober Schrekken erregen können. -----

Sechstes

179

Capitel.

Von ber Nothwendigkeit körperlicher Atzbeiten für bas physische Bestehen ber Gesellschaften. -

Fünftes

153

185

Capitel.

Von bem Einflüsse ber Stimmung unb der gewöhn­ lichen Beschäftigungen der Volker. -

188

Siebtes Capitel. Von ber Wirkung der großen Sraatsbedrängniffe.

192

Achtes

Capitel.

Von- der Wirkung der Auswanderungen.

Neuntes

197

Capitel.

Fortsetzung. --------

(Stiftes

194

Capitel.

Von fccm Kampfe der politischen und kriegerischen Gewalt gegen die Gewalt des Priesterthums. -

Zehntes

Seite

221

Capitel.

Nöthige Erklärung über das von den Juden Gesagte.

Zwölftes

Capitel.

Daß der Kampf des Priesterthums mit dec zeitlichen Gemalt sich zum Vortheile des ersteren endtgen n-.mp, sobald der Grundsatz der Priestergewalt anerkannt ist. -

Dreizehntes

233

Capitel.

Rechtfertigung des Vorhergehenden.

279

Fünftes

Buch.

Von der geringen Gewalt des Priesterthums bei den Völkern, welche weder die Gestirne noch die Elemente v erehrten. Erstes

Capitel.

Die beringe Gewalt der Priester bei den Völkern, denen die Verehrung der Gestirne fremd war, beweist die Geschichte der ersten Zeiten Griechenland'6. Zweites

317

Capitel.

ES ist gleichwohl möglich, daß die Griechen vor der Heldenzeit Körperschaften von Priestern unter­ worfen waren................................................... 338

Drittes Capitel. Von der Religion und dem Priesterthume der ersten Zeiten Griechenlands, nach dem Zeugnisse der Griechischen Geschichtschreiber. -

358

Viertes Capitel. Von dem Einflüsse der Niederlassungen auf den Ge­ sellschaftszustand und die Religion Griechenland's.

373

Fün ftes Capitel. Von den Abänderungen, welchen der unabhängige Geist Griechenland's alles, was vom Auslande zu ihm kam, unterwarf. -

403

Seite

Wahre Grundbestandtheile des Griechischen Polytheismß............................................................ 485



Siebtes

Capitel.

Ergebniß..................................................................... 497

Die Religion, nach

ihrer Quelle, ihren Gestalten und

ihren Entwickelungen.

Drittes B u ch. Von den Ursachen, welche die Vergrö­ ßerung der PriestergewalL begünstigen, sobald das menschliche Geschlecht zu der Gesittung überzugehen beginnt.

Erstes Inhalt

habe km

Capitel.

dieses

vorhergehenden Buche

religiösen Vorstellungen Meine

Leser

Buches.

der Wilden

haben sich

überzeugen können,

von

von den gehandelt.

zwei Wahrheiten

wie nähmlich jene Vorstel­

lungen zwar der Rohheit und Unwissenheit dieser elenden Völkerschaften

entsprechen,

das religiöse

Gefühl aber aus der unförmlichen und widrigen Hülle allzeit hervorleuchtet.

.3

Jetzt nun gehe ich zu der Untersuchung über, was Religion auf der niedrigsten Stufe des gesell­ schaftlichen Zustandes seyn muß. Der Uebergang vom wilden zum gesellschaft­ lichen Zustande ist ein Räthsel, das nicht Eine geschichtliche Thatsache uns losen lehrt. Auch lasse ich die Art dieses Ueberganges dahin gestellt seyn. Wir haben bereits gesehen, daß der Zustand des Wilden, statt der Urzustand des Menschen zu seyn, auch gar wohl ein durch irgend ein Leiden des Stoffes (calamite materielle) verursachter Rück­ schritt, oder ein durch sittliches Derderbniß erzeugter Fall seyn könne. Es geht dieß jedoch meine Untersuchung nicht im geringsten an. Ich habe nur die einzige Wahrheit hervorzuheben, daß sobald der Zustand deS menschlichen Geschlechts eine Umwälzung erlei­ det, die Religion einer gleichmäßigen Veränderung unterliegt. Ich suche nur solche Thatsachen zu deuten, und Folgerungen daraus zu ziehen, die mir erwiesen zu seyn scheinen, und übergehe gern diejenigen, über die uns die Geschichte im völli­ gen Dunkel läßt. Ich habe es mir zum aus­ drücklichen Gesetze gemacht, nie von dem zu reden,



9



was ich nicht weiß, und wenn diese Regel die Unbequemlichkeit hat, nothwendig mehr als Eine

bedaurenswürdige Lücke veranlassen zu müssen, so hat sie dagegen auch das Gute,- mehr als Eine

grundlose Hypothese zu entfernen.

lo

3 w e it es

Capitel.

Von dem gesellschaftlichen Zustande, der zunächst an den Zustand der Wildheit gränzt. A» erste Stufe des

gesellschaftlichen Zustandes

betrachten wir die Lage jener Völkerschaften, die, zahlreicher als die Tartarischen, Afticanischen und

Americanischen Horden, ihren Unterhalt nicht mehr von den Zufälligkeiten der Jagd erwarten, son­

dern das Land bauen; sich nicht mit dem kümmer­ lichen Obdache einer einsamen Hütte begnügen,

sondern sich dauerhafte Wohnungen bauen,

diese einander näher rücken;

und

die zum Angriffe,

wie zu ihrer Vertheidigung, nicht bloß nach dem

scharfen Steine, dem zum Pfeile gespitzten, oder zur Keule gestalteten Baumzweige greifen, sondern die Metalle

zu verarbeiten wissen;

mit Einem

Worte, diejenigen, welche durch eine größere oder

11 geringere Beherrschung der physischen- Natur ihre geistigen Kräfte zu entwickeln beginnen, Begriffe

von Eigenthum erlangen, sich bestimmten Gesetzen

unterwerfen, und, je nach den Umständen, Häupt­ linge erwählen oder anerkennen, deren obwohl oft noch bestrittenes Ansehn Gehorsam gebiethet oder

Achtung einflößt.

Dieser Zustand des Menschengeschlechts,

der

mit dem Nahmen der Barbarei

be­

gewöhnlich

zeichnet zu werden pflegt, ist der Uebergang von dem im vorigen Buche geschilderten Zustande der Wildheit zu dem der Gesittung, zu welchem wir

erst

später

gelangen

werden.

In diesem Zeit­

puncte stehen die Völker unmittelbar über den

Wilden, und unmittelbar unter einer geregelten Verfassung.

Dhngefähr ein gleicher Raum schei­

det den Samojeden oder den Irokesen von dem

Griechen, der zu Theseus Zeit lebte, und diesen von dem Bürger Athen's unter Perikles. Unstreitig sind die allgemeinen Kennzeichen der barbarischen Jahrhunderte nicht überall und immer

dieselben,

sondern erleiden

stände manche Veränderung.

durch Ort und Um­ Aber wie zahlreich

und bedeutend auch die Verschiedenheiten im Ein«

12

seinen seyn mögen, aus dem religiösen Gesichts­ punkte betrachtet bleibt der Zeitraum allzeit einer allgemeinen Regel unterworfen. Die Begriffe, welche die beschränkten Auffassungen der Selbst­ sucht dem Wilden zuführten, genügen dem Men­ schen nicht, der einem besseren Zustande entgegen zu gehen beginnt. Obwohl mit den Gesetzen der physischen Natur noch wenig bekannt, hat er gleich­ wohl einen Theil ihrer inneren Einrichtung ent­ deckt: die Religion muß sich aus diesem Theile entfernen. Er hat seine Herrschaft über die leblose Natur, wie über den größten Theil der lebendigen Gattungen fester gegründet, und kann nun Baum­ stücke, Thiere, Steine, nicht mehr allein anbethen. Zu gleicher Zeit verlangt die unbestimmte, aber mäch­ tige Regung des religiösen Gefühls, die sogar dem Wilden Erhabenere und geheimsinnigere Begriffe zuführte, um so gebieterischer, diesen Begriffen eine bestimmtere Gestalt, mehr Haltbarkeit und gleichsam mehr Wirklichkeit zu geben, und so sucht der Mensch, der dem Zustande der Gesittung ent­ gegen geht, durch ein gedoppeltes, ihm selbst unbewußtes Streben zu Zeit das zu erha­ bene zu sich herabzuziehen, und das zu niedrige zu erheben.

13 Die Einsamkeit, in welcher die Fetische lebten,

wird für Völkerschaften, die in Gesellschaft leben,

ebenfalls unpassend.

Zusammenlebende bedürfen

gemeinsamer Aeußerungen ihrer Gefühle; es ist ihnen Genuß, diese Gefühle getheilt zu sehen. Sie stellen ihre Götter zusammen, und diese Ver­

einigung der Götter erfolgt nothwendig, sobald

die Menschen sich vereinigt haben.

Wenn sich

die menschliche Gesellschaft bildet, bildet sich auch

eine himmlische. Die Gegenstände der Anbethung

werden ein Olymp, sobald die Anbethenden ein Volk werden. In Folge einer gleichen Nothwendigkeit theilen

sich die Götter in der Macht.

So lange der

Fetisch der Gott eines isolirt lebenden Menschen war, hatte er 'alle Bedürfnisse seines Anbethers

zu befriedigen. Alle Fetische hatten folglich gleiche

Verrichtungen; die Götter haben nun bestimmte Geschäfte. Diese Veränderung in den Vorstellungen ist

auf gewisse Weise das Seltenstück zur Theilung der Arbeit, welche aus der Entwickelung des gesell­

schaftlichen Zustandes des Menschen folgt.

Im

Zustande der Wildheit sorgt jeder allein für alle

14 feine Bedürfnisse;

im gesittkgten Gefellschastsleben

weihet sich jeder einer besonderen Beschäftigung,

und versorgt in diesem Zweige nicht nur sich, son­

Eben so übernimmt im

dern auch die klebrigen.

Fetisch-Dienste der Fetisch Alles für einen Ein­

zelnen, während beim Uebergange vom FetischDienste zur Vielgötterei jedn Gott Eins,

aber

für Alle, übernimmt.

Aus

demselben Grunde nehmen sodann die

Götter bestimmte Nahmen an,

während die Fe­

tische keine besondere Nahmen führten.

In dem

Augenblicke als die Griechen, Dank der Ankunft

vom Fetisch-Dienste zur

Aegyptischer Ansiedler,

Vielgötterei

übergingen,

legten sie

jeder

ihrer

Gottheiten einen bestimmten Nahmen bei. x)

Erst beim Erscheinen dieser neuen Form ver­

schwindet der Fetisch-Dienst gänzlich.

Ich habe

bereits nachgewiesen, daß er noch in einer weit späteren Zeit

unter

verschiedenen Hüllen einen

wesentlichen Theil der religiösen Begriffe ausmacht;

wie viel mehr muß er nicht bei Völkern vorhan­

den seyn, deren dürftige Erkenntnisse das Eigen­ thum einer Menschenclasse sind, deren Vortheil es 1) Herodot.

15 erheischt, jene in der Unwissenheit zu erhalten; oder auch bei Völkern, die, nur auf Krieg und

Raub erpicht,

ihre zügellose Begierde und ihr

keimendes .Erkenntniß lediglich auf Kampf und

Streit, und auf das Thun und Treiben der sicht­ baren Welt richten.

Auch treffen wir sowohl im

Heldenzeitaltcr der Griechen, auf welches das Prke-

sterthum keinen Einfluß hatte, als bei den Aegyptern, die von ihren Priestern unter einem eisernen Joche gehalten wurden, auf Spuren von Fetisch-

Dienst;

nur treffen diese Spuren

eines Glau­

bens, über welchen der menschliche Geist sich erho­

ben hat,

mit dem Cultus zusammen,

der an

seine Stelle treten soll, und die wohlerzogenen und unterthänigen Fetische stellen sich den großen Na­

tional-Gottheiten gelehrig zu Füßen. J) Von

solcher Art sind

die

ersten Schritte,

1) Der Fetisch-Dienst überlebt sogar den Lheism, wen» diese Glaubensweise sich unter wenig gesittigten Bölker-

schaften verbreitet. Die Mahometanischen Neger bleiben gleichwohl bei ihrem Mumbo Jumbo, einem ihrer, den widerspenstigen Weibern, die sie vor den Götzen schlep­ pen, um sie seinem Zorne zu übergeben, furchtbaren

Fetische. Parallele des religions. (Vergleichende Dar­ stellung der Religionen)

I, 175.

16 welche die beginnende Gesittung die religiösen Be­ griffe thun läßt, und diese Schritte sind dieselben,

wie auch immer die Gewalt der Priester beschaffen

ftyn mag.

Sobald wir aber weiter gehen wollen,

biethen sich uns zwei Wege dar,

die zwar von

Einem Puncte ausgehen, sich aber in demselben

Grade

von einander entfernen, in welchem sie

weiter führen; der eine von ihnen ist derjenige, welchen der seinen eigenen Geisteskräften und sei­

ner eigenen Ahndung überlassene Mensch verfolgt,

der andere aber derjenige, auf welchem das Priesterthum den Menschen fortschleppt,

den es zum

SrlaveN macht.

Hier ist demnach der L>rt, den Unterschied zu erklären,

den

ich gleich

Priester-Religionen,

anfangs' zwischen den

und denjenigen Religionen

aufstellte, die kein Priesterthum unter seine Both-

mäßigkeit zu bringen vermag; und es muß mein erstes Geschäft seyn, die Ursachen anzugebcn, wel­

che die Priestergewalt begünstigen, so wie dieje­

nigen, welche sie einschränken. x) 1) Ein ausgezeichneter Deutscher Schriftsteller (Rhode, Ueber Alter und Werth einiger morgenländkscher Urkun­ den) hat den Unterschied, von dem ich hier rede, erkannt,



17



ater, wie es mir scheint, den Grund desselben nicht hinlänglich aufgesucht. „Bei den ältesten Völkern," sagt er, „in einer Zeit vor aller als solche uns vor„liegenden Geschichte, treffen zwei einander schnurstracks „entgegengesetzte Neligions - Systeme zusammen. DaS „erste, unstreitig älter als das andere, bestanS in einer „bloßen Anbethung der Natur. Die physische Welt „war alles; von ihr ging alles aus, war alles abhän„gig. Die wirkenden Kräfte und die Körper, durch „welche sie wirkten, wurden als göttlich verehrt, und „man dachte sich diese Götter immer körperlich und den „Menschen ähnlich. Man drückte ihre gegenseitigen Ver„hältmsse in Mythen aus, die gar bald in die Ge„schichte ihrer ersten Verehrer übergingen. — DaS zweite „System ist von ganz verschiedener Art. Auf eine alte „und für heilig gehaltene Offenbarung gebaut, tritt „darin das Uebernatürliche rein und erhaben hervor. „ES zieht jenen Naturdienst an sich, und nimmt ihn „so zu sagen in sich auf. Zn diesem Systeme geht „alles von einem schaffenden, geistigen, ewigen, unend„lichen, unermeßlich über die Geschöpfe erhabenen Wesen „aus. Die physische Welt ist nur ein willkührlich zu „einem sittlichen Zwecke erwähltes Mittel, und hat nur „darum einen Werth, und ist nur darum vorhanden, „weil sie zur Erreichung dieses Zweckes geschickt ist. „Sobald er erreicht worden, das heißt, sobald die Un„ordnung, welche die geistige Welt stört, aufgehört „haben wird, wird die körperliche Welt vergehen, und „die Herrschaft des reinen Geistes ihre ewige Dauer „beginnen. Dieß zweite System hat seit undenklichen „Zeiten in Ober-Asien, jenseit des Euphrats und de„Tigris, in Persien, Medien und Dactrien, in Tibet, Zweiter Band.

2

18 „Indien und China, und vielleicht in Aegypten geherrscht. „Das erstere ward, mit Ausnahme der Hebräer, von „den Völkern diesseits jener Flüsse angenommen. Es „ging mit seinen vielgestaltigen Mythen nach Griechen­ irland und Italien über, aber die Griechische Philosophie „gestaltete es nach ihrer Weise, und nachdem Bruch„stücke des zweiten Systems sich eingemischt hatten, „gingen daraus die Eleusinischen und Samothrazischen „Mysterien hervor." — Es ist in dem Allen viel Wahres, aber der Ver­ fasser hat nicht bemerkt, daß er zwei große Lücken ließ: 1) Was war denn der Grund, warum sich die religiösen Begriffe in zwei von einander verschiedene Denkweisen .theilten? 2) Ist das metaphysische System, das ich in diesem Werke für das System der Priester ausgebe, bis zum Volke gelangt? Ich glaube eS nicht. Das erste System hat sich diesem zweiten stets untergeordnet. DaS Volk hat seine Huldigungen den sichtbaren Gegen­ ständen, dargebracht, und die abgezogenen Vorstellungen der Priester haben nie einen Einfluß auf es gehabt.

Drittes Von

den

Capitel.

Ursachen,

die

nur

zufällig

zur Vergrößerung der Priestergewalt

beitragen

konnten.

Äv iewohl die Religion der Wilden und die Eigen­

thümlichkeit der Horden, die sich zu dieser Reli­

gion bekennen, dem zufälligen Einflüsse einzelner Gaukler günstig sind; so sind sie doch nichts desto weniger dem Aufkommen einer geregelten Priester­

gewalt entgegen.

Bei allem Aberglauben jener

stumpfsinnigen Stämme nähren sie doch im Grunde ihres Herzens einen geheimen Widerwillen gegen

diese Menschengattung. Die Chiquiten Paraguays

brachten Alle auf Ein Mahl um, indem sie behaup­

teten, daß sie eher schädlich als nützlich wären, *)

und die Kalmücken und Lappländer sagen oft das­

selbe von ihren Wahrsagern und Zauberern. 1 2) 1) Lettres cdifiantes (Erbauliche Briefe). VIII, 339;345. 2) Pallas's Reisen. I, 359. XIII. Hogström, S. 15.

Georgi's Beschreibung.

20

Wie geht es demnach zu, daß der Mensch, wenn er den Zustand der Rohheit verläßt, den

angeblichen Werkzeugen des Himmels oft eine so

ausgedehnte Gewalt einräumt? Müßte er sich nicht vielmehr in dem Maße, in welchem er aufgeklärter

ward,

von einer Herrschaft losmachen, die nur

auf seiner Unwissenheit beruhte? Um diese Aufgabe, welche alle Aufgaben der Geschichte in sich faßt, zu lösen,

muß man eine

Ursache aufsinden, deren Wirkung gleichmäßig ist, das heißt,

in deren Ermangelung das Priester-

thum nur mit einer unsicheren und eingeschränkten

Gewalt bekleidet seyn würde, deren Vorhanden­ seyn ihm hingegen furchtbare, unendliche und un­ beschränkte Eigenschaften verliehe. Sollen wir diese Ursache in der Entwickelung

der religiösen Anlage suchen, die,

wenn si» sich

der Seele bemächtigt, bald über alles Gegenwär­ tige und Sichtbare den Sieg davon trägt? Aber dann hätte ja das Priesterthum überall einen un-

begränzten Einfluß gewinnen müssen.

Oder sollen wir die Schranken,

die jenem

Einflüsse in einigen Ländern Gränzen gesetzt haben, in der Mitwerbung der politischen Gewalt,

m

21





dem Ucbcrgewichte der Kaste der Krieger suchen?

Aber der Kampf zwischen den Dolmetschern des Himmels und den Herrschern der Erde hat bei

allen Völkern Statt gefunden.

Alle haben in

ihrem Schoße eine Kaste von Kriegern sich erheben

Dieselbe Ursache hatte dieselbe Wirkung

sehen.

hervorbringen müssen.

Sollen

wir

den Grund endlich im Klima

suchen? Man begreift leicht, daß in Erdstrichen, worin

das Klima den Menschen zur Betrachtung führt, und seine Einbildungskraft zu derselben Zeit an­ regt,

wo es ihn durch den Reichthum des Bo­

dens fast aller körperlichen Anstrengungen überhebt,

diejenige Classe

schnell

eine unbegränzte Macht

erlangt, die es über sich genommen hat, diese

auf Fabeln und Schrecknisse erpichte Einbildungs­

kraft zu befriedigen. Dennoch

würde

das

Klima

nicht

als der

erste Grund betrachtet werden können, warum das

menschliche Geschlecht Körperschaften von Priestern dienstbar geworden sey.

Das Priesterthum ist in

allen Klimaten mit einer unbegränzten Gewalt bekleidet worden.

Gallien'S Druiden im Dunkel

22

ihrer Wälder, die Magier auf Persien's Hochlanden und die Priester Aegypten's in ihren Morasten

haben nicht nur eine gleiche Gewalt geübt, son­ dern verdankten diese Gewalt auch einer fast glei­

chen Organisation.

Die Brammen Jndien's und

Scandinavien's Drottare, jene in

einem bren­

nenden Himmelsstriche, diese in Schnee und Eis zu Hause, scheinen Brüder zu seyn, die nur nach

Verhältniß der Hitze und Kälte ein verschiedenes

Gewand tragen, in ihren Zügen aber eine unver­ kennbare Familien-Ähnlichkeit haben.

Anderer Seits finden wir guch wieder sehr heiße Himmelsstriche, in denen es kein mächtiges Priesterthum gegeben hat. stämme haben

Die Gaukler mehrer Neger­

durchaus

keine größere Gewalt,

als die Schamanen der Tartarei.

So hatte das

Priesterthum auch bei den Griechen immer nur eine sehr geringe Macht, während sein Einfluß

bei den Galliern stets fast unbegränzt war. Soll nun aber eine Ursache als

zureichend

gelten; so ist es, wenn nicht unbedingt nothwen­

dig , daß die Wirkung nur mit der Ursache zugleich vorhanden war, weil sie. ja auch anderswoher hätte

kommen können, doch wenigstens unerläßlich, daß



25



überall, wo die Ursache vorhanden war, auch die Wirkung angetroffen werde, und nach dieser Vor­

aussetzung können wir das Klima nur für eine mitwirkende Nebenursache halten. Eben so verhält es sich mit den Schrecknissen,

die durch unglückliche Naturbegebenheiten einge­ flößt werden.

Es leidet keinen Zweifel, daß solche

Begebenheiten, deren Andenken in den Ueberliefe­ rungen fast aller Völker des Erdbodens verewigt worden ist, zu den Grundstoffen der gesellschaft­

lichen und vorzüglich der religiösen Einrichtungen

gezählt werden müssen. Wenn der Mensch unter gewöhnlichen Um­

ständen und nur von solchen Gefahren bedroht*, die

aus

den

ihm

bekannten Kräften

umgebenden Gegenstände entspringen, Schrecken,

durch den

welche diese Gefahren ihm einflößen,

dahin gebracht wird,

wendet,

der ihn

daß er sich an diejenigen

die sich die" Vertrauten des Himmels,

Werkzeuge und Lieblinge der Götter, nennen, wie

viel mehr muß sich der Mensch dann, wenn alle

Elemente gegen ihn entfesselt sind, der Donner

über seinem Haupte rollt, seinen Füßen spaltet,

die Erde sich unter

die Gewässer in tausend

24 Strömen von den zitternden Bergen herabstürzen,

und ungeheure Felsklüfte und uralte Wälder mit

sich fortreißen — sich

dann

nicht

wie viel mehr, sag' ich,

muß

der unter solchen Schrecknissen

erzitternde Mensch dem ausschweifendsten Aberglau­

ben in die Arme werfen,

und jedem zu Füßen

sinken, der ihm bei den feindseligen Wesen, die ihn verfolgen, einigen Einfluß zu haben scheint?

In solchem Falle ist

es nicht der Betrug,

der

den Schrecken eknzuflößen sucht; es ist der Schrekken, welcher den Betrug auffordert, indem er ihm eine leichte Eroberung zeigt, dem Joche entgegen­

eilt, und gegen die ihm unerklärbaren Schrecknisse mit lautem Geschreie geheimnißvollen Beistand und übernatürliche Hülse begehrt.

Wir

sehen

indessen,

daß auch Völker, bei

denen große Naturerschütterungen Statt fanden, den Priestern nicht unterworfen sind.

Die Jahr­

bücher Griechenlands sind voll von Ueberlieferungen,

die sich auf die Sündfluth beziehen.

Diese Ge­

gend ward überall von furchtbaren Umwälzungen heimgesucht, und dennoch sind die Griechen, wenig­ stens seit dem Heldenzeitalter, wegen ihrer Unab­

hängigkeit von der Priestergewalt merkwürdig.

25 Dieselbe Wirkung gewahren wir auch bei den

Niederlassungen.

Alle Völker schreiben ihren Austritt aus dem Zustande der Wildheit der Ankunft irgend einer fremden Niederlassung zu.

Die Indier erzählen

uns von den Samanaern, die, wie sie sagen, von

Mitternacht kamen,

und ihnen aus einem Zu­

stande herauöhalfen, der von dem der wilden Thiere wenig verschieden war. x) 1) Bei Erwähnung dieser Indischen Ueberlieferung fällt es mir nicht ein, hier irgend eine von den Fragen auf­

werfen zu wollen, die sich auf den Ursprung und das

Daseyn der Samanäer als Volk oder als Secte beziehen. Es gilt mir gleich,

ob man die Samanäer für eine

in einen Theil Jndken's vorgedrungene Chinesische Nie­ derlassung, oder für eine Secte eingeborener Philosophen

hält, welche religiöse Reformatoren, Schüler des Bouddha, der Kasten-Verfassung entgegen, aus ihrem Vater­ lande vertrieben, aber in andern Gegenden Sieger wa­ ren.

Jede dieser Meinungen hat ihre Wahrscheinlich­

keiten, und die letztere hat sehr viel für sich. Der Nahme Samanäer kann von dem Sanscrit'schen Worte Summen hergeleitet werden, welches Menschen bedeutet, die ihre

Leidenschaften überwunden haben, und es ist merkwür­

dig, daß Clemens von Alexandrien und der heilige Hie­ ronymus, welche die Gymnosophisten und sotpxvctToi nennen, zu gleicher Zeit des Bouddha Erwäh­

nung thun, während Porphyrus von den Samanäern

26 Die Entwitderung Aegypten's wird, nach sehr wahrscheinlichen Hypothesen, Äthiopischen *) und

Indischen Niederlassungen zugcschrieben, wie die Sittigung Griechenlands das Werk der Phönizier

behauptet, daß sie, Ähnlich den Bouddha - Priestern, ein klösterliches Leben führen. Wie es aber auch um diese Muthmaßungen sey. Eins bleibt ausgemacht. Die In­ dier behaupten, ihre Kenntnisse von den Samanäern zu haben;, die Brammen sagen, daß sie das Volk dec Samanäer ersetzt haben, (Lacroze, Christ, des Indes) und die älteste und allgemeinste Ueberliefe­ rung Jndien'S lautet, daß die Vorfahren der Braminen von Mitternacht kamen, und sich die Ureinwohner dieser Gegend unterwarfen, (Legentil, I, 90, 91.) ein Be­ weis, daß selbst die Indier, ungeachtet der von ihnen auf ein hohes Alterthum gemachten Ansprüche, der gemeinen Meinung aller Völker huldigen, kraft deren Alle ihre Entwitderung Niederlassungen zuschreiben. (Siehe, was die Hauptfrage betrifft, Klaproth's Asia polyglotta, S. 42 und ff.) 1) Seit den neuesten Entdeckungen des jüngeren Champollion, Entdeckungen, durch welche die Forschungen gelehrter Deutschen bestätigt werden, hätte ich, statt wahrscheinlich, gewiß sagen können, wenn ich zuvor die Vorsicht gebraucht hätte, zu bemerken, daß die Entwilderung Aegypten's durch die Aethiopier noch keines Weges für die Ureigenheit der Aethiopischen Gesittung spricht, die ja von Indien nach Aethiopien gebracht seyn konnte, um darauf von Aethiopien nach Aegypten verpflanzt zu werden.

27 und Aegypter war.

Hetrurien war von Wilden

bevölkert, als die Lydier und darauf die Pelasger

dort ankamen.

Es scheint, daß Phönizien Gal­

lien entwilderte, und Gallien einigen Gegenden Deutschlands denselben Dienst leistete.

Die Be­

wohner Scandinavien's kannten keinen gesellschaft­

lichen Zustand, als die siegreichen Getcn ejndrangen. Aber wir müssen im Alterthume vier Gattun­

gen von Niederlassungen unterscheiden;

eine, die

bloß aus Eroberern, eine andere, die aus Erobe­

rern und Priestern zugleich, eine dritte, die bloß aus Priestern, und eine vierte endlich, die weder aus Priestern noch Eroberern bestand. Ich brauche meinen Lesern nicht erst zu be­ merken, daß ich unter erobernden Niederlassungen keine andere verstehe, als solche, die sich dxr Länder,

in welche sie eindrangen, ganz und gar bemäch­

tigten.

Einige einzelne Gefechte reichen nicht hin,

um Ansiedlern den Nahmen von Eroberern beilegen zu können. Nie hat sich eine Niederlassung in irgend einer Gegend festgesetzt, ohne vorher irgend ein

Haupttreffen geliefert zu haben; war aber der Er­

folg desselben die Mischung zweiex Völker; so hat in dem Sinne, welchen wir dem Worte beilegen, keine Eroberung Statt gefunden.

28 Niederlassungen,

welche bloß aus Eroberern

bestehen, begünstigen das Aufkommen der Priester­ gewalt nicht; die Folge der Eroberung ist nicht eine theokratische,

sondern eine

kriegerische oder

Feudal-Verfassung, wenn ich, indem vom Alter­

thume die Rede ist, einen Ausdruck der neuern Zeit gebrauchen darf.

Die Eroberung macht so­

gar zuweilen der Priesterherrschaft ein Ende, oder

schränkt sie wenigstens ein.

Diese Herrschaft war

überhaupt in den neugegründeten Staaten weit

geringer, als in dem alten Vaterlande der Bar­ baren, die das Römische Reich unter sich theilten. Niederlassungen, die aus nichterobernden Prie­

stern bestehen, führen in den Gegenden, in wel­ chen sie sich

niederlassen,

ein Priesterthum ein,

das nur stufenweise allmächtig wird.

Von solcher

Art war wahrscheinlich der Einfluß der Phönizier

auf die Gallier.

Niederlassungen, die weder aus Eroberern noch

aus Priestern bestehen, kommen nur dadurch zum Zwecke, mischen.

daß sie sich mit den Eingeborenen ver­ Die Gesittung

schreitet

dadurch

fort,

allein als Körperschaft vermögen sich die Priester in solchen Niederlassungen nicht zu entwickeln.

29 Wir werden in der Folge sehen, wie die Griechen

durch Niederlassungen gebildet wurden, welche aus einem der Priesterherrschaft völlig unterworfenen Lande ausgingen, und dennoch von dem Einflüsse

dieser Herrschaft frei blieben, weil jene Nieder­

lassungen keine Priester zu Führern gehabt hatten. Diejenigen Niederlassungen endlich,

die aus

Priestern und Eroberern zugleich bestehen, gründen ein Priesterthum, das,

wenn

nicht die einzige,

doch wenigstens die erste Gewalt bildet.

Dieß

war, als die Aethiopier J) nach Aegypten kamen, der Fall.

1) Ueber die Ähnlichkeiten zwischen Acthkopern und Aegyptern, wie über ihre gegenseitigen Verbindungen und Einfälle, vergleiche man Heeren's Ideen (über Handel und Politik der alten Welt, 1805. 2t. d. H.) 1,431 = 434. Die erste Entwilderung Aegypten's erfolgte offenbar durch Niederlassungen von Priestern, die den Nomaden - Stämmen feste Wohnungen gaben und sie unterwarfen. Daselbst, S. 175. Die Priester von Meroö in Aethiopien pflegten überall, wo sie Zulassung erwarten konnten, Ansiedler hinzuschicken, die, bald mit Einwilligung der Bewohner, bald mit Gewalt, in ihren neuen Staat den Dienst ihrer Götter, und eine Verfas­ sung einführten und herrschend machten, die der Ver­ fassung ihrer Vaterstadt ähnlich war. Ammonium, in der Wüste, war, nach dem ausdrücklichen Zeugnisse

50 Es ist folglich gewiß,

daß Niederlassungen

die Herrschaft des Priesterthums über Länder verHerodot's (II, 42.) eine Niederlassung dieser 2Crt. Man fand daselbst nicht bloß einen Tempel und ein

Orakel nach Äthiopischer Weise, sondern die Kaste der

Priester wählte sich auch einen König auS ihrer Mitte, der', wie der zu Meroe, nur ihr Werkzeug oder viel­

mehr ihr Sclave war.

(Diodorus, II.)

Theben

und Elephantis in Ober-Aegypten waren zwei ähnliche

Niederlassungen;

aber die zahlreichen politischen Um­

wälzungen Aegypten's hinderten sie, der Weise ihres

ursprünglichen Vaterlandes eben so getreu zu bleiben, als das von der übrigen Welt durch die Wüste, die es umgab, geschiedene Ammonium.

(Heeren, am ange­

führten Orte, II, 441 s 518. 567.) DaS Andenken mehrer

solcher Niederlassungen mußte sich verlieren.

Zuweilen

zeugen Denkmähler gegen das Stillschweigen der Ge­ schichte.

Zur Zeit der Zerstörung von Persepolis durch

die Mahometaner entdeckte man in den Grundlagen eines

der vorzüglichsten Tempel jener Stadt einen köstlichen Stein, Tutya genannt,

der nur in Indien gefunden

wird, ohne irgend eine Spur finden zu können, wie er hingekommen seyn mochte.

(Görres, Mythen-Ge-

schichte der Asiatischen Welt. I, 261.)

Die Chaldäer,

sagtAbulfarage, (hist. Dyn. p. 184) lehrten die Abend­

länder , den Gestirnen Tempel zu bauen.

Sonderbar!

die Einrichtung des Indischen Priesterwesens kömmt auf

einigen Inseln des Südmeers wieder zum Vorscheine. (Forster, Voyage round the World, (Reise um die

Welt) II, 153, 154.

Freville, I, 458)

Auch ist

wahrscheinlich, daß diese Inseln durch Indische Nieder-



31



breiten konnten, in denen sie auf dem natürlichen Wege nicht entstanden seyn würde; aber es liegt

auch am Tage,

betrachtet

Grundursache

daß diese oder

Lande diese

daß ihr Einfluß nicht als

jene

werden

kann.

Niederlassung

eine

Sagen,

irgend einem

oder jene Verfassung« gebracht habe,

laffungen bevölkert wurden.

Die Gallier lernten den

Gebrauch der Bildsäulen erst durch ihren Handel mit den Phöniziern kennen.

(Memoires de l’Academie

des Inscriptions, XXIV, 359, 360.) Justin, als abkürzender Herausgeber

der

des TroguS Pompejus,

eines geborenen Galliers, in dem, was er uns über Gal­ lien sagt, einigen Glauben verdient, versichert, daß die

Gallier, bevor sie durch Niederlassungen gesittigt wurden, Steine, Bäume und Waffen anbetheten, also, mit andern

Worten, um jene Zeit einen Gottesdienst hatten, der dem der Wilden gleich war. deten.

Phönizische Ansiedler lan­

Phönizien war zu allen Zeiten Körperschaften

von Priestern unterworfen, deren Niederlassungen ihre

gestimmten Lehren und Gebräuche nach Gallien brachten. Man bemerkt in den Einrichtungen und sogar in den

Glaubenslehren beider Völker die vollkommenste Ueber­

einstimmung.

(Vergl.: Ueber den Handel der alten

Völker mit den Galliern: Bo chart in Chanaan. Me­ moires de PAcad. des Inscriptions, VII;

über den

Zsis-Dftnst, der sich bis nach Thüringen und Schlesien

ausbreitete:

Meiners, Allgemeine kritische Geschichte

der Religion, (Hannover 1806.) Lau re au, histoire

de France avant Clovis.)

heißt erklären, warum das unterjochte Land sie empfangen hat; aber es muß erst noch untersucht

werden, warum sie in dem alten Vaterlands der

Niederlassung, die sie dem Auslande brachte, ein­ geführt war und bestand. Die Ursache, die ich aufzusuchen bemüht bin, liegt also

weder in

noch im Klima,

noch

der Natur

des Menschen,

in Naturerschütterungen,

noch in den Völkerwanderungen.

Sie liegt in

einem Umstande, der mit den Vorstellungen, welche

der Äensch von den Wesen faßt, die er anbethet, in sehr naher Verbindung steht,

und daher zur

Lösung der Aufgabe eben so unumgänglich noth­

wendig, als hinlänglich dazu ist.

35

BierteS Capitel.

Bon derjenigen Ursache, die, so oft sie vorhanden ist, dem Priesterthume große Gewalt verleiht.

Vs giebt Völker, deren ganzes Daseyn von der Beobachtung der Gestirne abhängt, weil entweder ihre örtliche Lage sie zur Schiffahrt einlädt oder

nöthigt, oder weil die Natur ihres Bodens ihnen die

Genauigkeit

astronomischer Berechnung

zur

Bedingung ihres Unterhalts oder ihrer Sicherheit macht.

Es giebt andere Völker, bei denen vielfältige

Naturerscheinungen aller Art Statt finden, deren Voraussicht nützlich, oder deren aufmerksame, neu­

gierige Beobachtung wenigstens natürlich ist. Nach der Weise, womit der vom religiösen

Gefühle

bewegte Mensch seine Verehrung allen

Gegenständen darbringt, die ihm auffallen, muß er, wenn er sich in solchen Verhältnissen befindet, Zweiter Band.

3

54 diese Verehrung unfehlbar entweder an die Lichter

des Himmels oder an die unbekannten Mächte rich­ von denen er glaubt,, daß sie die Erschei­

ten,

nungen auf der Erde regieren. Noch einmahl, nicht seine Dankbarkeit gegen

jene, nicht der Schrecken, den ihm diese verur­ sachen, flößen ihm den ersten Gedanken, das erste Bedürfniß einer Verehrung ein.

Da aber jener

ihn erfüllende Gedanke, dieses ihn quälende Be­

dürfniß ihn anreitzen, Gegenstände für diese Ver­ ehrung zu suchen; so nimmt er natürlich dieje­

nigen dazu, und weist ihnen den ersten Platz an, die auf sein Daseyn den unbezweifeltsten Einfluß

haben.

Es giebt also Völker, die an die Stelle

des rohen Götzendienstes, den ich oben beschrieben

habe, die Anbethuug der Gestirne treten zu lassem aufgefordcrt werden; cs giebt andere,

die eine

nicht minder gebietherische Nothwendigkeit zur An-

bethung der Elemente zwingt. x)

1) Ich gebe es für keine mir eigenthümlich angehörende Meinung aus, daß die Anbethung der Gestirne eine von den beiden ursprünglichen Gestalten der Religion sey. Sie nähert sich der Lehre, welche die Sternkunde zur Grundlage aller Gottesverehrungen macht. Nur scheinen mir die Gelehrten, welche diese Meinung ange-

55 Lft werden beide Gattungen von Göttern nommen, sich eines doppelten Irrthums schuldig gemacht

zu haben. Ein Mahl haben sie dieselbe ohne.Unterschied tüv alle Völker deß Erdbodens angenommen, da doch mehre derselben einen ganz andern Weg einschlagen konn­

ten, und dann haben sie nicht hinlänglich erkannt, daß selbst bei denjenigen Völkern, deren Religion einzig und

allein auf der Sternkunde beruhte, unter dem wissen­ schaftlichen Dienste noch ein reiner Volksdienst verborgen

war, dessen Deutung man nicht in der Wissenschaft, viel­ mehr eines Theils in Leidenschaften, und andern Theils

in Zwecken suchen mußte, die überall und immer die­ selben sind.

Man wird weiterhin sehen, daß dieser Volksdienst noth­

wendig ein mehr oder weniger verhüllter Fetisch-Dienst war, der sich jedoch, von den Priestern verarbeitet, an

den wissenschaftlichen Dienst anschloß und sich mit ihm

vermischte.

Es folgt daraus, daß jede von einer ein­

zigen Vorstellung ausgehende

Erklärung

nothwendig

mehr oder weniger falsch ist.

Die Anbethung der Gestirne und der Elemente mischt sich in den Fetisch-Dienst, und umgekehrt mischt sich

der Fetisch-Dienst wieder in die Anbethung der Ele­ mente und Gestirne; Ein Mahl, weil die Völker, die

mit der Anbethung der Gestirne beginnen, sich für den täglichen Gebrauch nach besonderen, persönlicheren Göt­

tern sehnen, und zweitens, weil diejenigen, welche vom Fetisch-Dienste ausgehen, die Gestirne und Elemente unter ihre Fetische setzen.

(Georgi's Beschreibung

Russischer Völkerschaften, S. 289.

Adam, history of

the american Indians, p, 217.)

Die Horden, welche

3.



zugleich angerufen.

56



Die Sonne, die zu gleicher

Fensch - Diene .' sfrb, und, in Afrika (Des marchais, Voyage en Guinee , I, 100), in Amerika ( Ulloa r Voyage en Amenque) und auf Kamtschatka (Stel­ ler, description du Kamtschatka, p. 281) den Ge­ stirnen nicht die geringste Verehrung erweisen, sind die rohesten von allen. Die weniger wilden und zugleich zahlreichsten zählen sie wenigstens zu den Göttern, wenn sie sie auch nicht zu Hren einzigen machen. (Acos ta, histoire des Indes occidentales; Laet, Beschryving van West- Indies , p. 164. Torti, Relation de la Louisiane.) Aber ein Hauptunterschied bleibt immer. Bei den Völkern, die mit der Anbethung der Gestirne beginnen, nehmen die Erdgötter allzeit nur einen untergeordneten Platz ein, und die Elemente und Gestirne bin ersten. Nach Diodor (in dem von Euse­ bius, praeparatio evangelica, II. angeführtem Bruch­ stücke) unterschieden die Aegypter zwei Classen von Göttern; die erstere bestand aus den ewigen und unsterblichen, wie die Sonne, der Mond und die Pla­ neten, denen sie die Winde, und alles, was diesen ähnlich war, zugesellten. Die auf der Erde geborenen Götter bildeten die zweite Classe. Diejenigen Völker * hingegen, welche ursprünglich Fetisch-Diener waren, und nachmahls den Sternbildern als sichtbaren Gegen­ ständen, oder den Elementen als gcheimnißvollen Mäch­ ten, göttliche Verehrung erweisen, stellen diese nicht an die Spitze der himmlischen Gewalten. Der Apoll und die Diana der Griechischen Götterlehre sind zum Bei­ spiele nur Götter vom zweiten Range, und etwas ganz andere-, al- die Sonne und der Äond, welche die



57

Zeit die Feuerkugel und die Königinn der Pla­

neten ist,

ist der Mittelpunct oder daS gemein­

schaftliche Band der beiden Religions-Systeme.

Nun

diese

erzeugen aber

sofort ein Priesterthum,

beiden

Systeme

das mit einer Gewalt

bekleidet ist, welche die Gaukler der Wilden nicht haben und nicht haben können.

Es ist unmöglich, die Elemente oder die Ge­ stirne in persönliche Fetische umzuschaffen.

Nie­

mand kann ihren ausschließlichen Besitz fordern;

sie werden nothwendig Gesammtgötter, und diese Gesammtgötter bedürfen Priester, die das ganze Volk bei ihnen vertreten. Um übrigens den Lauf der Gestirne kennen

zu lernen, um die Naturerscheinungen zu beobGriechen Helios und Selene nennen. Erst in einer weit

späteren Zeit des Griechischen Polytheism'S unterschieden Zur Zeit der Tragiker hatte

sie die Dichter nicht mehr.

man den Unterschied Aeschylus

noch sehr bestimmt fcstgehalten.

unterscheidet

die

den Strahlen der Sonne;

Strahlen

Apoll'S

von

(Schutzgenossinnen, 198.)

Euripides betrachtet Diane'n nicht als den Mond, son­

dern als den Schutzgeist dieses Planeten.

(Iphigenie

in Aulis, 1570.) Es folgt daraus, daß die beiden Arten

der Verehrung höherer Wesen ihre ursprüngliche Rich­ tung behalten.



achten,

38



bedarf es eines gewissen Grades von Auf­

merksamkeit und Fleiß.

Diese Nothwendigkeit bildet dann, vom An­ fänge der Gesellschaft an, und während der große

Haufe des Volks noch in völliger Wildheit lebt, Bereinigungen von solchen Personen, welche die

Kenntniß der Gestirne zu ihrer Beschäftigung,

die Beobachtung der Natur zu ihrem Zwecke, und

ihre Entdeckungen zu ihrem Eigenthume machen.x)

1) ,,Die periodischen Überschwemmungen des Nil's, von Lenen die Wohlfahrt der Aegypter abhing, lehrte diese messen und rechnen. Das Jahr und die Jahrszeiten mußten doch endlich einer Nation geläufig werden, deren Leben und Wohlseyn von einer einzigen Naturverän­ derung abhing, die, jährlich wiederkehrend, ihnen einen ewigen Landkalender machte." „Also auch die Natur- und Hkmmelsgeschichte, die man an diesem alten Volke rühmt; sie war ein eben so natürliches Erzeugniß ihrer Erd - und Himmelsgegend. Eingeschlossen zwischen Bergen, Meeren und Wüsten, in einem engen, fruchtbaren Thale, wo alles von Einer Naturbegebenheit abhing und auf dieselbe zurückführte, wo Jahrszeiten und Ernte, Krankheiten und Winde, Jnsecten und Vögel sich nach Einer und derselben Re­ volution, der Ueberschwemmung des Nil's, fügten, hier sollte der ernste Aegypter und sein zahlreicher, müssiger Priesterorden nicht endlich eine Art von Natur-und Himmelsgeschichte sammeln?". (Herder, Ideen zur Philosophie der,Geschichte der Menschheit, III, 117.)

59

Nun kann es aber nicht fehlen,

daß diese

Vereinigungen oder Körperschaften, die sich aus­ schließlich zu Bewahrern der keimenden Wissenschaft

machen,

nicht einen

größeren Einfluß erhalten

sollten, als dem Priesterthume in Religionen, de­ ren Götter kein Gegenstand einer wissenschaftlichen

Beobachtung sind, und in Stämmen, die nur kleiner tragbarer Gottheiten bedürfen, die jeder

Einzelne wie seinen Bogen und seine Pfeile leicht

mitnehmen kann, wenn er einsam die tiefen Wal­

der durchstreift, sonst eigenthümlich ist. Noch mehr: mit der Erforschung der regel­ mäßigen Bewegung der Gestirne

verbindet sich

bald die Erforschung ihres vermeintlichen Verhält­

nisses. zu den Menschen,

wie sich gleicher Weise

an die Beobachtung der Erscheinungen auf der

Erde die Deutung dieser Erscheinungen knüpft,

die zu dem Geschlechte der Menschen eine heilige Sprache reden. T)

körper,

Die Anbethung der Himmels­

welche zur Sternkunde führt, führt zu

1) Die Kunst, aus dem Feuer zu wahrsage», (Pyromaiitic) machte einen Theil der Religion der Perser aus. Das Feuer, heißt es im Zend-Avesta, (Jzrschne II, 67,) lehrt die Zukunft wie die Wissenschaft kennen, und flößt liebliche Gespräche ein.

40 gleicher Zeit zyr Sterndeutung. *)

Die Anbe-

thung der Elemente führt zum Wahrsagen, 1 2) zwei Mittel, die dem Priesterthume einen viel

ausgebreitetcrn und unmittelbarern Einfluß ver­

schaffen. 3)

1) „Die Aegyptischen Priester", sagt Diodor, I, 2, 23., „waren im Besitze astronomischer Tafeln, die vor un­ denklichen Zeiten entworfen waren, und die Liebe zu dieser Wissenschaft war bei ihnen erblich. Sie suchten den Einfluß der Planeten auf die sublunarischen Ge­ schöpfe zu erforschen, und verkündigten das Wohl und Wehe, welches die verschiedenen Aspecten ♦) jener Wan­ delsterne den Menschen andeuteten." ES gab in Aegyp­ ten eine Priesterclaffe, die sich vorzugsweise der Stern­ deutung widmete. An Festen trug sie die Sinnbilder die­ ser Wissenschaft. (Clemens von Alexandrien,' Strom. VI. Schmidt, de sacerdotihus et sacrificiis Aegypt., 152-156) *) Aspecte heißen in der Sternkunde die verschiedenen Stel­ lungen der Senne, des Mondes und der Planeten im Thierkreise gegen einander. A. d. H.

2) Für die Völker, welche die Elemente verehren, sind die Naturerscheinungen gleichsam eben so viele Zeichen, durch welche die Natur selbst zu allen Menschen eine Sprache redet, die nur die Kundigen verstehen können. (Creutzer, übersetzt von Guigniaud, S. 4.)

3) „Eine Menschenclasse, die sich vorzugsweise der Beob­ achtung der Gestirne widmete", sagt Volney, „hatte es dahin gebracht, daß sie die Ursachen der Finsternisse

41 Man findet demnach, daß wahrend die Priester

entdeckte, und

ihre

Wiederkehr Vorhersagen konnte.

Voll Staunen über dieß Vermögen der Vorhersagung,

bildete das Volk sich ein, daß dasselbe eine Gabe des Himmels sey,

die sich über Alles

verbreiten könne.

Da nun die leichtgläubige und unruhige Neugierde, welche beständig die Zukunft kennen lernen will, und die sinnliche Begierde, die ihre Genüsse, wie ihren Besitz,

unaufhörlich zu vermehren

trachtet, Hand in Hand

gingen; so entstand daraus eine förmlich geregelte Kunst des Betrugs und der Marktschreierei, die man Stern­

deutung (Astrologie) genannt hat, das ist, die Kunst,

alle Ereignisse des Lebens aus der Betrachtung der Ge­

stirne und aus der Kenntniß ihrer Einwirkungen und ihrer Aspekten vorherzusagen.

Da die eigentliche Stern­

kunde die Grundlage dieser Kunst bildete; so war sie durch die mit jener verbundenen Schwierigkeiten auf

eine kleine Zahl Eingeweihter beschränkt, die unter den verschiedenen Benennungen von Sehern, Wahrsagern, Propheten, Magiern rc. bei allen Völkern des Alterthums

eine gar mächtige Priesterschaft bildeten." (Recherches sur l’histoire ancienne, I, 172,173.) Vielleicht schreibt

der Verfasser in dieser Stelle der Arglist und dem Be­ trüge zu viel Einfluß zu.

Vielleicht entsprang diese

Sterndeutung aus einer andern Quelle, als dem Be­

trüge.

In einer Zeit, wo die Gesittung und die Ent­

deckungen, die eine Folge derselben sind, den Menschen

noch nicht wie mit einem Bollwerke umgeben hatten, das ihn gegen äußere Eindrücke schützte, konnten die

Gestirne und die Niturerscheinungen

im allgemeinen

eine viel bestimmtere und größere Wirkung auf ihn

42 bei Völkerschaften,

durch

den

machen.

die Fetisch-Diener sind,

Fetisch - Dienst

oder

zur Vielgötterei über-

Dieser Wirkung sind noch jetzt die Thiere unter­

worfen; die Kranken empfinden sie, und die Wilden nicht minder.

In der Kindheit d§s menschlichen Ge­

schlechts konnte zwischen der physischen Natur und dem

Menschen eine größere Wechselwirkung Statt

finden.

Diese Wechselwirkung verlieh dem Menschen unstreitig niemahls das Vermögen, die Ereignisse vorhersagen zu

können, die sich im Bereiche der sittlichen Welt zutragen,

ras ist, die von dem Verstände und dem Willen des Menschew abhängen; aber sie konnte Naturerscheinungen,

wie Stürme, Erdbeben, große Unglücksfälle und derSleichen, auf eine Weise vorempfinden lassen, die wir nicht mehr begreifen.

Zn diesem Sinne sagt ein Dichter:

„Indem wir die Natur unterwarfen, haben wir zwi­ schen ihr und uns eine Schranke errichtet, und um sich

für ihre Sclaverei zu rächen, ist sie stumm geworden." — Nicht daß der Mensch übel gethan hätte, auf solche Weise

zu verfahren; durch die Besiegung der sichtbaren Welt

erfüllte /r seine Bestimmung, verfolgte er seine Bahn; aber er braucht, weil er jetzt demjenigen gebiethet, das ihm sonst geboth,

die Möglichkeit eines andern Zu­

standes nicht eben gerade zu läugnen; eines Zustandes

nähmlich, in welchem der Mensch, unfähig, den Ein­

drücken der Außenwelt zu widerstehen, und threr da­

mahls unwiderstehlichen Einwirkung unterworfen, Mit­ tel suchte, wie sie seine hülflose Lage erforderte, und jene

Eindrücke selbst befragte, statt sie zu beherrschen und zu besiegen.

43 gehen, sehr wenig Ansehn haben, die Priester der­ jenigen Völker,

die der Verehrung der Gestirne

und der Elemente ergeben sind, in einem unbegranzten Anschn stehen.

Die Religion des Wilden fordert und duldet ihrer Natur nach keine andere Priester als einzelne

Gaukler;

die Anbethung

der Gestirne verlangt

Sternkundige, die Verehrung der Elemente Natur­

forscher, oder wenigstens Menschen, welche die ver­ borgenen Kräfte des Weltalls zu entdecken und

zu beherrschen vermeinen.

Daher dann ein unend­

licher Zuwachs von Gewalt.

Befragen wir jetzt die Thatsachen; sie werden die vorstehende Erörterung begründen helfen.

4+

Fünftes Capitel. Thatsachen zur Begründung der obi­ gen Behauptungen. Mehren wir zuvörderst auf einige Augenblicke zu

den wilden Stämmen zurück,

und wir werden

uns von dieser Wahrheit überzeugen.

In Amerika betheten die Bewohner Florida's vorzugsweise die Sonne und den Mond an; *) allmächtige Priester hielten sie unterjocht, und die grausamsten und zügellosesten geistlichen Uebungen

zeichneten ihren Gottesdienst aus. e)

1) Lafiteau, Moeurs des Sauvages. — Allgemeine Geschichte der Länder und Völker von Amerika.

2) Rochefort, Histoire naturelle et morale des Antilles. Co real, Voyage aux Indes occidentales. Allgemeine Hlftorie der Reisen, XVII. Les carbo t in Purchass Pilgrim. GarciL de la Vega, Hist. Flor.

45 In Afrika ist die Sonne die höchste Gottheit der Giagen; x) dje Gestirne leiten sie auf ihren

kriegerischen Zügen, und die weltliche sowohl, wie die geistliche Gewalt ist in den Händen des Calan-

dola oder Lberpriesters. 1 2) Ich läugne nicht, daß einige Völkerschaften,

bei denen keine

Anbethung der Gestirne Statt

gefunden zu haben scheint,

dieser theokratischen

Gewalt nicht durch zufällige Umstände könnten un­ terworfen worden seyn.

So bildet zum Beispiele

bei den Negern von Juidah, deren National-Gott eine Schlange von einer besonderen Art ist, das Priesterthum eine furchtbare Körperschaft. der Grund ist,

Aber

daß jene Schlange vor Zeiten

in dem Augenblicke eines entscheidenden Kampfes

vom Feinde sich fortgemacht und zu ihrem Verbün­ deten erklärt hatte, und gewandte Gaukler nun

den Umstand

benutzten,

um

sich

dem Dienste

1) Es ist zweifelhaft, ob die Giagen ein Stamm sind; vielleicht machen sie nur eine Secte aus; aber meine Behauptung würde dadurch nur um so viel gründlicher erwiesen seyn, weil sodann die Anbethung der Gestirne, durch Vereinigung der Wilden mehrer Stämme, eine, ihren besonderen Cultus habende, und von den Priestern dieses neuen Cultus unterjochte Horde in's Daseyn ge­ rufen hätte^ 2) Parallele des Religion s, I, 70.

4-6 dieses wundersamen Bundsgenossen zu weihn. x) Diese Ausnahme schwächt also die Regel nicht. Die in der Nachbarschaft des Königreichs Juidah

wohnenden Horden sind von diesem Beispiele nicht

verführt worden, und da kein besonderes Ereigniß

sie von ihrem natürlichen Wege abgebracht hat, und sie zu gleicher Zeit nicht ausschließlich die

Sonne verehren; so hat ihre Priesterschaft keinen besonderen Einfluß und kein geregeltes Ansehn

erlangt.

Gehen wir von den wilden Stämmen zu den gesitteten Völkern über; so werden wir offenbar ganz dieselbe Erscheinung gewahren. 1 2) 1) Culte des dieux f^tiches, p. 31.

2) Ich muß meinen Lesern hier bemerklich mache»/ baß,

wenn gleich jetzt überhaupt nur von dem gesellschaft­ lichen Zustande die Rede seyn soll, der zunächst an den Zustand der Wildheit gränzt, die Unterscheidung der

Zeiträume bei den von Priestern unterjochten Völkern dennoch unmöglich ist, während sie in den Jahrbüchern

der unabhängigen Völker jedermann in die Augen fällt.

Dieß rührt nicht bloß von dem Mangel geschichtlicher Denkmähler her, wie Görrcs (Mythen - Geschichte der

Asiatischen Wett, II, 445$447.) bei Aegypten bemerkt, das einen Zeitraum von mehr als zwei tausend Jahren durchlief, von welchem wir nur das letzte Fünftel ken­

nen,

daS von allen am wenigsten volkstümlich war,

47 Die Religion der Acgypker war auf die Stern­ kunde gebaut; T) die Gewalt des Aegyptischen vielmehr die auffallendsten Spuren fremder Einwanderung trug — es kömmt zum Theil auch davon, daß die Priester', wenn sie die Gewalt in Händen haben, daS menschliche Geschlecht sofort zu der Stufe von Gesittung führen, die für sein Bestehen und für ihre Macht erfor­ derlich ist. Dann aber lassen sie es Halt machen, ohne ihm nur auch noch einen einzigen Schritt zu erlauben. Ganz anders verhält es sich mit den Völkern, die ihre Freiheit haben. Vergleichen wir nur die Griechen Homer's mit den Griechen zu Perikles Zeiten, nnd wir werden bei dem ganzen Volke einen gleichmäßigen und offenbaren Fortschritt wahrnehmen. Vergleichen wir dagegen die Aegypter, wie man sie uns unter ManeS und Technatis schildert, mit den Aegyptern aus Psammetich's Zeiten, von denen wir einige bestimmtere Kunde haben; so werden wir bei dem Volke dieselbe Unwis­ senheit gewahren; nur die Priester sind fortgeschritten. Es folgt daraus, daß wenn ich in diesem Capitel von der Gewalt der Priester auf der ersten Bildungsstufe handle, ich meine Belege bei den Priestervölkern auS dem ganzen Verfolge ihrer Geschichte nehmen muß, wäh­ rend ich bei den Griechen nie über ihr Heldenzeitalter werde hinausgehen dürfen. 1) In Aegypten, bemerkt Herr von Pauw, deutet alles auf die Sternkunde hin. Der Harnisch des Pharao Amasis, der Minerva auf der Insel Rhodus geweiht, war durch sein Gewebe merkwürdig, in welchem, um auf die Dauer des Jahrs anzuspielen, jeder Faden mit

48

Priesterthums war unbegränzt. Aethiopien,

welches

gleichfalls

Das benachbarte von

Stämrqen

bewohnt ward,

die die Gestirne anbetheten, ist

berühmt wegen

der

Priester Meros's.

unbeschränkten

Gewalt der

Die Syrer betheten die Sonne

und den Mond unter den Nahmen Aglibolos und Malachbul *) an.

Von den lärmenden Orgien,

-er fanatischen Wuth, den schamlosen Verstüm­

melungen des Syrischen Priesterthums hallte einst die Welt wieder.

Die Verehrung der Elemente,

welche die Religion der Perser empfahl,

ist zu

365 anderen verschlungen war. Herodot beschreibt die­ sen Panzer (Recherches sur les Egyptiens et les Chinois, II, 319. Paris 1795). Die denkwürdigsten Ger bäude Aegypten's, das Labyrinth, das Memnonium u. a. hatten feine andere Bestimmung, als den Blicken Sinnbilder astronomischer Zeitkreise darzubiethen, und die Kenntniß derselben zu erhalten. Zu gleicher Zeit wurden, aus der Ursache, die ich oben angedeutet habe, mit den Gestirnen auch die Elemente göttlich verehrt. Auf einem Obelisk las man die Nahmen von acht gro­ ßen Aegyptischen Gottheiten. Diese Gottheiten waren das Feuer, das Wasser, der Himmel, die Erde, die Sonne, der Mond, der Tag und die Nacht. (Theo Smyrn. de Mus. c. 17. Zcnobius cent. Prov. c. 78.) 1) Seiden, de Diis Syr. Montfaucon, Antiquite expliqude, II, 2, 389.

49 bekannt, als daß eS nöthig wäre. Beweise dar­ über bekzubringen.x) Diese Völker bestraften jeden, der das Feuer oder die Flüsse verunreinigte, mit dem Tode.2) Die Verehrung dieser Elemente vereinigte sich bei ihnen mit der Anbethung der Gestirne. 3) 1) Die Perser, erzählt Herodot, bringen der Sonne, dem Monde, der Erde, dem Feuer, dem Wasser und den Winden Opfer. Dieß sind die einzigen Götter, denen sie seit den ältesten Zeiten dienen. Die ganze Wölbung des HimmelS nennen sie Jupiter (I, 131.) Siehe auch Diogenes Laert. (Prooem.) Die Elemente, sagt Cle­ mens von Alexandrien, waren für die Perser, was die Bildsäulen den Griechen und die Thiere den Aegyptern waren. Die Gueber, Abkömmlinge der Perser, haben noch jetzt eine so große Ehrfurcht für das Feuer und das Wasser, daß sie es nicht wagen, sich des letzteren zum Auslöschen des ersteren zu bedienen. Zwei gehei­ ligte Elemente mit einander in Kampf zu bringen, würden sie für em Verbrechen halten.

2) Firmicus, Herodot, Strabo, XV. Avesta a. m. O.

Zenb-

3) Die Chinesischen Geschichtschreiber, welche von der Reli­ gion der Perser unter der Regierung der Sassaniden erzählen, drücken sich darüber eben so ane, wie Herodot. Die meisten Gebethe im Zend-Avesta sind an die Ele­ mente und an die Gestirne gerichtet. Die Höhle, welche nach PorphyruS (de antro Nymph. 6.) Zoroaster an der Gränze Persien'S bewohnte, stellte eine Nachbildung der Erdgürtel und der Elemente vor. (Clemens

Zweiter Band.

4



5o



Auch di- Magier, wiewohl oft von den Königen bedroht, und zu Zeiten den grausamsten Verfol­ gungen ausgesetzt,

ihre Feinde,

kämpften mit Vortheil gegen

und erlangten am Ende die Herr-

Alexandr. Strom. V, 5.) Ich habe weiter oben be­ merkt, daß der Dienst der Gestirne zuletzt immer mit dem Dienste der Elemente zusammenschmolz. Aus Herrn von Hammers Forschungen (S. die Wiener und Hei­ delberger Jahrbücher der Literatur und die Fundgruben des Orients) erhellt, wie diese Verschmelzung in Persien vor sich ging. „Die Bücher Zend", sagt Creutzer (I, 352 nach der Französischen Uebersetzung) „im Einklänge mit allen Denkmählern und den Zeugnissen Griechischer Schriftsteller, beweisen, daß Mithras die Sonne ist. Der Zend-Avesta nennt dieses Gestirn das Auge des Ormuzd, den glänzenden und seine Laufbahn mit Zu­ versicht durchwandelnden Helden, den, der die Wüsten befruchtet, den erhabensten Ized, der nie schläft, den Beschützer des Landes." Daselbst, S. 355. Die im Desatir genannten sieben Propheten-Könige unterscheiden sich jeder durch den Dienst eines besonderen Planeten. Als sich späterhin, — wie ich, wenn ich von dem angeb­ lichen Theism der Perser handle, zu beweisen Gelegen­ heit haben werde, — viele fremdartige Begriffe in ihre Religion eingemischt hatten, beschränkte sich die Vereh­ rung der Elemente auf einige Secten der Magier. (Gassiodor. Hist. Tripart. X, 30.) Eine der vorzüglichsten leitete den Ursprung der Dinge von den drei Elementen des Feuers, der Erde und des Wassers her. (Hammer's Auszüge aus dem Burhani-Katii.)

5i schäft immer wieder.

Die Beobachtung der Ge­

stirne war ein wesentlicher Theil der Religion der

Indier. x)

Indien hat die Herrschaft der Bra-

1) Es giebt noch jetzt in Indien eine, freilich nicht zahlreiche, Secte, die außer der Sonne keine andere Gott­ heit anerkennt. Me Indische Mythen hängen offenbar mit der Sternkunde zusammen. Hier eine derselben, wie sie der Zufall biethet. Als sich der Gott Agni in die, in der Indischen Götterlehre so berühmten, Weiber der sieben Rischis verliebt hatte, nahm seine Gemah­ linn, aus Besorgniß, daß ihn die Rache jener heiligen Männer treffen würde, wenn er ihre Weiber verführte, die Gestalt einer jeden von ihnen an, und leistete darin dem Willen ihres Mannes, indem sie ihn täuschte. Genüge. Die erbitterten Rischis trennten sich jedoch von ihren Weibern, die, in den Lhierkreis versetzt, die Planeten wurden. (Asiat. Res. IX, 86-87.) So sind auch die zwölf Adityas, oder Söhne der Aditi, der Tochter Dakcha'S, eines Sohns Brama's, die die zwölf Zeichen des Lhierkreises durchlaufende Sonne, und neben ihnen befinden sich zwölf Genien, die den zwölf Monathen des Jahres vorstehen. — Der Anbethung der Gestirne steht die Anbethung der Elemente zur Seite. Die Brammen rufen die Erde, die Luft, das Feuer, das Wasser und den Himmel an, und erweisen vorzugsweise der Erde eine göttliche Verehrung. In den Gebethen des Gajourveda werden die Elemente angerufen, zuweilen allein, zuweilen gemeinschaftlich mit den Göttern, die den Elementen, welche man an­ ruft, vorstehen. Der Bethende spricht ein um's andere: 4-

52 mitten

zu allen Zeiten anerkannt.

uns glauben,

Alles laßt

daß das gegenwärtig atheistische,

in den allerrohesten Aberglauben versunkene China

sich in den ältesten Zeiten zu einer Religion be­ kannte, die es den Priestern unterwarf. x)

Bei

jedem Schritte stoßen wir in seinen Denkmählern auf die Sternkunde, 2)

und finden

in seinen

O Feuer, verleihe mir die Klugheit für meine Opfer; und einen Augenblick darauf: Könnten doch das Feuer und Prajapati mir die Weisheit verleihen! Könnten Loch die Luft und Indra mir Wissenschaft geben! (Asiat. Res. VIII, 433 s 434.) In einer Unterredung im Samaveda sind mehre Werse im Begriffe, einen in göttlichen Dingen erfahrenen König, Aswapaly, den Sohn Cecaya's, über das Wesen der Gottheit zu befragen. Er befrägt einen jeden über den Gegenstand seiner Verehrung. Einer antwortet, daß er den Himmel, ein anderer, daß er die Sonne, ein dritter, daß er die Luft verehre. Der vierte bethet den Aether, der fünfte das Wasser und der sechste die Erde an. Der König antwortet ihnen, darin bestehe gerade die Anbethung des höchsten Wesens, der allgemeinen Seele in ihren einzelnen Thei­ len, und daß man es als den Inbegriff aller jener Dinge anbethen müsse. (Asiat. Res. VIII, 463-467.) 1) S. das letzte Capitel im VI. Buche. 2) „Von ihrem ersten Beginne an redet die Geschichte China's von der Sternkunde, und seine ersten Könige sind Astronomen. Ueberall treffen wir auf gewaltige Sternwarten, auf Thürme, die sich bis zum Himmel

heiligen Gebrauchen Spuren von einem Dienste der Elemente.x) Die Mexikanischen Priester übten eine furchtbare Gewalt aus; die Sonne aber war

die vorzüglichste Gottheit Mexiko's. 2 * )1

Die blu-

erheben, auf ungeheure, sichtbar zu Zwecken der Stern­ kunde erbaute Palläste, auf Tempel und Pyramiden, die nach den Weltgegenden erbaut sind, auf Städte mit sieben Thoren, zu Ehren der sieben Planeten, auf Reiche, gleich dem Himmel in sieben Provinzen getheilt, und mit dem Nahmen des Vorstehers, oder des Zei­ chens, das sie regiert; auf die Zahlen 3, 7, 12, 23, 36, 52, 360, die Gesellschaften und Städte ordnen, und mit den gemeinsten Dingen des Lebens verknüpft sind. Der König (Kaiser) von China ist in die der Sonne geheiligte Farbe gekleidet. Mehre Kaiser stam­ men von diesem Gestirne, vom Monde, von dem Hunde oder dem großen Bären ab." (R ab aut, Lettres sur riustoire primitif de la Grfcce, p. 242.) 1) Die Chinesen richteten ihre religiösen Huldigungen vor Zeiten an die Luft und an die Erde. (Notice de l’Yking, p. 428. Memoircs de l’Academie des Inscriptions, V. 118.) Ihre Lehre von der Musik ist noch jetzt auf die nach ihrer Meinung zwischen jenen beiden Elementen vorhandenen Beziehungen gebaut. Die barbarische Sitte, ihre Kinder in den Fluß zu werfen, ist vielleicht eine Spur von der Verehrung der Flüsse. (Memoires sur les Chinois, II, 40.) 2) Die Götter der Mexikaner waren, wie die Götter Ae­ gyptens, in drei Classen getheilt. Zu der ersten Classe gehörten die Sonne, der Mond, die Planeten, das

54 tige Gewaltherrschaft des Carthagischen Priester-

thums wird uns von allen Geschichtschreibern be­ zeugt. *)

Die Carthaginenser waren dem Dienste

Wasser, das Feuer, die Erde, mit Einem Worte also, die Elemente und die Gestirne.

Bei der Geburt ihrer

die Mexikaner vorzüglich das Wasser,

Kinder riefen

den Mond und die Sonne an.

Die ältesten und merk­

würdigsten Denkmähler Mexiko's, die Pyramiden von Laoti-Huacom, waren der Sonne und dem Monde

geweiht.

Sie dienten zu gleicher Zeit zu Grabmählern

ihrer Könige und zu Sternwarten.

Humboldt.) Eifer auf

(Glavigero,

Die Könige Mexiko's legten sich mit

die Stcrndeutung.

Ihr Sonnenjahr war

genauer berechnet, als es das der Griechen und Römer je gewesen war. zual-Palli,

Der König von Allco-Huacom

Re-

der zur Zeit des Einfalls der Spanier

regierte, war wegen seiner Fortschritte in dieser Wissen­ schaft so berühmt, daß Montezuma, durch unglückliche

Vorzeichen erschreckt, sich an ihn wandte, um sie sich

deuten zu lassen.

Die Zahl der Priester,

war in Mexiko übermäßig groß. Tempel der Hauptstadt waren

Lopitzqui,

In einem einzigen

ihrer

sechs

tausend.

(Gomara, Cronica della Nueve Espana, cap. 80.) Man hat die Zahl der Priester im ganzen Reiche auf

vier Millionen angeschlagen.

Zwei, wahrscheinlich von

der gesammten Geistlichkeit gewählte, Oberpriester stan­ den an ihrer Spitze. 1) Das Priesterthum scheint bei den Carthaginensern keine

solche Körperschaft, wie die Braminen oder Druiden,

gebildet zu haben.

Indessen ist doch von einer Gesandt-

der Gestirne ergeben. *)

Die Völker, welche die

schäft der Geistlichkeit die Rede, die mit den vornehmsten Bürgern zur Zeit der letzten Belagerung Carthago'S in das Lager der Römer bei Utica geschickt ward, um von dem Consul Censorinus den Willen des Senatzu erfahren. (Appianus, de bello punico.) Bei allen Gelegenheiten erschienen die Priester in jener Republik als sehr mächtig. Mehre von ihnen trugen den Purpur, das Sinnbild der Herrschaft. Die Heer­ führer waren Wahrsagern unterworfen, denen sie sich nicht zu widersetzen wagten. (Diodorus, II.) Ohne Widerstand gaben sie ihre Kinder dem heiligen Messer hin, und ihre Colonien waren gezwungen, den Dienst des Mutterlandes unverändert zu üben und zu erhalten, (D i o d. am a. O.) eine Verpflichtung, die, wie man weiter unten sehen wird, eine wesentliche Eigenthüm­ lichkeit des Priester-Polytheisms ist, der sich dadurch von dem freien auf das bestimmteste unterscheidet.

1) Der Beweis, daß die Carthaginenser die Gestirne anbetheten, und dem Dienste der Elemente ergeben waren, findet sich in dem Vertrage, den Hannibal in ihrem Nahmen mit XenophaneS, dem Gesandten Philipps von Macedonien, schloß. Die Götter der Carthaginenser werden darin von den Göttern der Macedonier und denen deS übrigen Griechenlands unterschieden, und die vor» nehmsten jener Götter sind die Sonne, der Mond, die Erde, das Meer und die Flüsse. (Polybius, VII, 2.) Die Sonne ward unter den Nahmen Baal, Belsamen, Moloch und Melkarth, der Mond unter den Nahmen Astarte und Urania angebethet. Der Elephant war die

56

Hebräer umwohnten, waren größten Theils einem

herrschwüthigen Priesterstande unterworfen, und die wozu sie das

Anbcthung der Gestirne war es, Volk Gottes zu verleiten suchten.

Wenn Ezechiel

seinen sündlichen Abfall schildern

will; so weist

er auf die Leviten, die der Stiftshütt« den Rücken zukehren, um der aufgehenden Sonne ihre Ver­ ehrung zu bezeigen, und wenn Josia dem Götzen­

dienste einen Krieg auf Leben und Tod erklärt; so

bemächtigt

er

sich

der Rosse und läßt die

Wagen verbrennen, die jenem glänzenden Abgotte

geheiligt sind. (2. Könige 23.)

Verlassen wir den Morgen und Mittag, um uns nach Abend

und Mitternacht

zu

wenden,

so werden wir finden, daß der Dienst der Ele­ mente in Germanien und Gallien dieselben Wir­

sen Gottheiten besonder- geheiligt, weil man ihm einen religiösen Sinn zuschrieb, der ihn antrieb, sie zu ver­

ehren. (Aelianus, Hist. Animal., VII, 44. nius, Hist. nat., VIII, 1.)

Pli­

Himilco oder Hamilcar

brachte, nach seiner Niederlage in Sicilien, dem Meere Opfer, die er in die Wellen warf (Diodorus, XII,

86.) und Polybiu- erz!hlt, (XV, 1.) daß die Carthagischen Gesandten vor ihrer Zusammenkunft mit Scipio

zur Erde betheten.

57 Jungen hervorgebracht hatte,

als in Indien und

Aegypten die Sternkunde gethan. *) Wir werden sehen, wie die Wälder dieses Theils der Erde noch jetzt die gräßlichen Denkmähler der

unumschränkten und blutigen Gewalt der Druiden verbergen. Unter den von Canut geächteten Gegen­ ständen der Abgötterei stehen die Sonne, das Feuer, der Mond und die Erde oben an. 1 2)

Diese letzte

Gottheit ward von den Stämmen, die uns Tacitus beschreibt, 3) unter dem Nahmen Hertha

1)

Pelloutier, Histoire des Geltes, und das Zeug­ niß Gregor'« von Tours, das um so glaubwür­ diger ist, da eine Chronik in Hinsicht der Unpartheilichkeit mehr Glauben-verdient, als ein System. „Haec generatio fanaticis semper cultibus visa est obsequium praebuisse, nec prorsus agnovere Deum, sibique silvarum atque agnarum ... et aliorum quoque alimentorum finxisse formas, ipsasque ut Deum colere, eisque sacrificia delibare consueti.“ (Lib. 11, c. 19. apud Bouquet, B.ecueil, II.) Es ist wahrscheinlich, daß die Johannes-Feuer ein Ueberbleibsel von der Anbethung der Elemente sind.

2) Unter heidnischer Abgötterei verstehe ich, wenn man Abgötter, als die Sonne, den Mond, das Feuer u. f. w. anbethet. L. L. Politic Canuti regis, cap. 5, Apud Lindenbr. in Glossar., p. 1473.

3) Tacitjus, de situ et morib. Germ. c. 40,

58

angerufen. Luft an.

Die Slaven betheten den Gott der

Der Tchen-Uk brachte mit seinen Tar-

taren dem Himmel Opfer,

dessen Sohn er sich

nannte, x) und als ein neuer Odin, der Krieger

und Priester in Einer Person war, die Scandi-

navker unterwerfen wollte, sagte er ihnen, daß

ihr höchster Gott und das Gestirn des Tages ein und dasselbe seyen. So verdankte also in den ungleichartigsten

Ländern, und bei Völkern von ganz entgegen­

gesetzten Sitten, das Priesterthum dem Dienste der

Elemente und der Gestirne eine Gewalt, von der

wir uns jetzt kaum eine Vorstellung machen können. 1) D’Herbelot, Biblioth^que Orientale, VI, 96. 144 -148.

59

Sechstes

Capitel.

Von zwei scheinbaren 'oder wirklichen Ausnahmen. Die Geschichte scheint jedoch von dem oben auf­ gestellten Grundsätze zwei Ausnahmen darzubiethen. Diese beiden in zwei verschiedenen Himmelsstrichen und fast an den beiden Enden der Erde vorhan­

denen Ausnahmen sind die Araber und die Ger­ manen. Die Germanen, sagt uns Casar, *) erkennen

nur sichtbare Götter, die Sonne, den Mond, den Vulcan, an.

Hier wird also der Dienst der Ge­

stirne deutlich bezeichnet.

Aber Cäsar setzt hinzu,

daß die Germanen keine Druiden haben, welche

die heiligen Geschäfte verwalten;

daß sie keine

Tempel bauen, und nur höchst selten Opfer bringen. So hätten also diese Völker die Gestirne ange­

bethet, ohne der Priestergewalt unterworfen zu seyn. 1) De bello gallico, VI.

Go Aber dem Zeugnisse Cäsar's wird von Taci-

tus widersprochen. *)

Die Germanen, sagt dieser,

hatten Priester, die allmächtig waren, und opfer-

ten unter der Verwaltung dieser Priester nicht bloß Thiere, sondern auch Menschen. Man hat diese beiden wichtigen Zeugnisse da­

durch vereinigen wollen, daß man eine gezwun­ gene Auswanderung Gallischer Druiden nach Ger­

manien annahm.

Diese Auswanderung habe unter

den Regierungen Tiber's und Clandius's Statt

gefunden, welche die Druiden in der That mit unversöhnlichem Eifer verfolgten. 1 2)

Die flüch­

tigen Priester würden die Weise ihres Vaterlandes in dem Lande ihrer Zuflucht

eingeführt haben,

und diese Umwälzung könne gerade in dem Zeit­ raume zwischen Casar und Tacitus erfolgt seyn. 3)

Diese Annahme wird jedoch durch mehre unbe­ streitbare Thatsachen entkräftet.

Der unbegränzte

Einfluß der Germanischen Priester ist weit alter, als der Zeitraum, in welchem, jener Annahme

zu Folge, die Priestergewalt Wurzel gefaßt haben 1) Um angeführten Orte, 2. 7. 9.

2) Sustulit (Tiberius) druidas eorum.

3) Fenelon, Academie des InscripUons, XXIV.

61 soll.

Die Germanischen Gottheiten haben ein­

heimische Nahmen,, die ihnen

Ursprung zuschreiben lassen.

keinen Gallischen

Die Germanischen

Priester sangen ihre eigenen, in ihrer Landessprache verfaßten Hymnen und Gesänge,

und behielten

diese auch nach der Ankunft der Gallischen Flücht­

linge ohne alle Veränderung bei;

und. wurden

diese auch von ihnen ausgenommen, so wurden sie

als Brüder,

keines Weges aber als. Gesetzgeber

von ihnen ausgenommen.T) Cäsar kannte durchaus

nur die Gränzen Germanien's; Tacitus, der ein ganzes Jahrhundert später schrieb, als das Innere dieses Landes, wenn nicht von den Römern unter­ worfen, doch von ihnen überzogen war, eine viel genauere Kunde haben.

mußte

Sein Zeugniß

ist demnach vorzuziehen, und so machen die Ger­

manen keine Ausnahme von der allgemeinen Regel. Von den Arabern möchte ich nicht dasselbe behaupten.

Es

isi gewiß,

daß,

obwohl

Gestirne mit zu ihren Gottheiten gehörten,

die

das

Ansehn des Priesterthums doch bei ihnen fast, so gut wie nicht vorhanden war.

Bis auf Mahomet

1) Fr e r et, Academie des Inscriptions, XXIV.

62 schuf und veränderte jeder Stamm, jede Familie ihre heiligen Gebrauche und die Gegenstände ihres Gottesdienstes nach eigenem Gefallen. x)

Der

Grund war kein anderer, als weil die Araber ein

Zägervolk bildeten, dessen Beute der Mensch war. Sie lauerten dem Reisenden auf ihrem Gebiethe

Als Jager waren die

auf, um ihn zu berauben.

Araber Fetisch -Anbether.

Sie betheten Löwen,

Adler, Gazellen, mit Einem Worte, alle Thiere

ihrer sandigen Ebenen an. 1 2)

Die Gestirne hatten

sich ihren Fetischen 3) zugesellt, wie ich dieß frü­ her als nothwendig eintretenden Fall gezeigt habe. 1) Gibbon, cb. 50. 2) sbrosses, Culte des Dieux fetiches, p. 111,

aus Alsharistani gezogen.

Ueber den alten Götzendienst

der Araber' ist übrigens nachzulesen: Pococke, Specimen Hist, arabic.; Sale, Preliminary discourse

to the Koran; Ass emanni , Bibliotheque orien­ tale.

3) Die Hamyariten betheten die Sonne, und der Stamm Takis den Mond an. Mahomet vernichtete seinen Götzen, dem sie so sehr anhingen, daß sie mehre Versuche mach­ ten, ihn zu erhalten. (Abülfeda, vita Moham­ meds. Pococke, Specimen Hist, arabic. p. 90.)

ES ist wahrscheinlich, daß der Halbmond der Türken von jener vormahligen Anbethung des Mondes herrührt. (Seiden, de Diis Syriac. p. 189.)



65



Aber die göttliche Verehrung der Steine, dieß deut­

liche Zeichen des Fetisch-Dienstes, stand bei ihnen oben an. *)

Wein,

Sie besprengten sie mit Lehl und

ein Gebrauch,

den wir bei den Griechen

1) Ihre drei berühmtesten Götzenbilder, Allat, Alazza und Mana, waren, jener ein Götze von Stein, der zweite ein Stück Holz, und der dritte ein unförmlicher Stein. (Maximus von TyruS, Dissertatio 8. Clemens von Alexandrien, in Prorept. Arnobius, advers. Gentiles, VI. —) Das Götzenbild von Thusare war ein schwarzer, vierkantiger, sechs Fuß hoher und zwei Fuß breiter Stein auf einer vergoldeten Unter­ lage. Die Araber, sagt Suidas, bezeugen diesem Götzen­ bilde ihre Verehrung durch Opfer, Libationen und Feste; und Porphyrins setzt hinzu, daß die Dumatier in Ara­ bien ihm alljährlich einen jungen Burschen opferten, den ste unter den Altar begruben. So betheten die Araber auch einen Baum, wahrscheinlich die Acazie, an, und hatten ihm sogar einen Tempel erbaut, den Mahomet durch seinen Heerführer Khaled - ben-Valid zerstören ließ. Der Stamm der Muda'tten bethete den Löwen, der Stamm Morad das Pferd, der Stamm Hamyar den Adler an. (Pococke, am a. O., S. 3. Hy de, de religione Persarum, p. 133. Sale, Preliminary Discourse, S. 24.) Jeder Hausvater hatte seinen Gott, oder Fetisch, von dem er Abschied nahm, wenn er ausging, und den er begrüßte, wenn er wiederkam. (Pococke, ibid. p.65.) Gewisse Götzen waren dem Einflüsse der Gestirne unterworfen; man nannte sie Therapinr,

64

wiederfinden, und ihre Anhänglichkeit an Einen jener Götzen war stets so groß, daß wir diesen

Stein den Bestrebungen des Jslam's Hohn spre­ chen, und im Tempel zu Kaaba wiedererscheinen sehen,

um darin, trotz des Propheten, die Ver­

ehrung der Moslemim zu empfangen. x)

Die

1) Die Verehrung des schwarzen Steins wird, nach dem was die Schriftsteller des Landes uns darüber berichten, in Arabien, und vorzüglich in Mecca, von Alters her angetroffen. Als Mahomct den Tempel zu Kaaba wie­ der aufbauen ließ, ließ er diesen Stein, der der Gegen­ stand der Verehrung des Volks war, und den er den Blicken entziehen wollte, in die Mauer setzen, um dem Dienste desselben ein Ende zu machen. Aber die Neubekehrten, die an ihrer alten Gewohnheit hingen, zwangen die Diener des Jslam's, einen Vorwand ihrer Nachgiebigkeit in Betreff des,Steins zu ersinnen, und so erfanden sie mehre Sagen, welche die Verehrung des schwarzen Steins erklären sollten. (Asiatical Resear­ ches IV, 3, 88.) Die Moslemim gaben ihm den Nah­ men Hagiar-Alassovad. Abdallah, der Sohn Zobeir's, ließ ihn wegnehmen, und in das Heiligthurn zu Kaaba bringen. Hedschadsch brachte ihn wieder an seine alte Stelle. Als unter dem Kalifat Moctader'S die Car­ mathen Mecca plünderten, nahmen sie den Stein aberrnahls*weg, indem sie richtig vermutheten, daß er ein alter Götze sey. Erst über zwanzig Jahre darauf ward er zurückgebracht. Die Kalifen lleßek ein Stück dessel­ ben in eine der Säulen des Portals ihres Pallastrs



65



Sinnesart der Araber siegte allzeit über die Um­ stände, die sie der Priestergewalt hätte unterwerfen

können. J)

Die nach Alexanders Eroberungen

zerstreuten Magier flohen in die Wüste, und misch­ ten sich unter die wilden Bewohner derselben.?)

Aber ihr Einfluß folgte ihnen dahin nicht,

und

zu Bagdad setzen, und alle Ein - und Ausgehenden hiel­ ten sich verpflichtet, es zu küssen. Kein Moslem würde der Wallfahrt nach Mecca Genüge geleistet zu haben glauben, wenn er den wunderbaren Stein nicht mehr­ mahls geküßt hätte. Man schreibt ihm die Kraft zu, im Wasser zu schwimmen, daö Kameel, welches ihn trägt, fett zu machen, und zuweilen so schwer zu werden, daß ihn mehre Ochsen oder Kame/te nicht auS der Stelle bringen können. Die alte Geschichte der Araber erzählt, daß dieser, zu allen Zeiten verehrte, und, um seine Ent­ weihung zu verhüthen, in den Brunnen Zenzem verbor­ gene Stein, von Abdul Mothaleb, dem Großvater Mahomet's, wiedergefunden ward, nachdem ihm darüber eine wundervolle Offenbarung geworden. Diese Anecdote beweist, wie alt die Verehrung der Steine bei den Ara­ bern war, und welche Spuren sie hinterlassen hat. 1) Strabo, lib. XVI, schreibt den Arabern, auf Treu und Glauben einiger unbekannten Schriftsteller, eine Art Kasten-Eintheilung zu. Aber Strabo hatte über Ara­ bien viel offenbar Falsches eingesammelt.

2) Gagnier, Vie de Mahomet, III, 114. Pocoqkc am a. O. S. 146-150. Zweiter V.ind.



6(>



sie führte» in den Arabischen Fetisch-Dienst höch­ stens einige einzelne und entstellte heilige Gebräuche

ihres Dienstes der Gestirne ein. *)

Eben diese

Gebräuche, von denen ich anderswo reden werde, werden mir dazu dienen, mehre meiner Behaup­

tungen von der Eigenthümlichkeit, welche das Priesterthum der Religion giebt, zu beweisen.

1) Die Menschenopfer gehörten wahrscheinlich dazu.

Siebtes

Capitel.

Don der verschiedenen Einrichtung und Form der Priestergewalt.

Die Einrichtung des Priesterthums war bei den

verschiedenen Völkern,

welche die Anbethung der

Gestirne, oder die göttliche Verehrung der verbor­

genen Kräfte der physischen Natur,

der Priester unterworfen hatten, dieselbe.

der Gewalt

nicht ein und

Wie verschieden indessen auch die For­

men zu seyn scheinen; so können sie doch unter zwei Hauptgattungen gebracht werden, unter erbliche Kasten oder Stämme,

nähmlich

und unter

Körperschaften, die durch Wahl gebildet worden zu seyn scheinen.

68

Achtes Von

Capitel.

der Eintheilung in Kasten.

Die Eintheilung in Kasten kann ursprünglich

nur einen religiösen Begrijf zum Grunde gehabt hgben.

Alle sonstige Ursachen,

die man ange­

führt hat, die größere Schönheit der bevorrechteten

Geschlechter, den Willen der Gesetzgeber, die Macht der Eroberung, oder die wohlerwogene Unterwer­

fung der Völker,

sind oberflächliche und unzu­

längliche Erklärungen. Die Schönheit der Geschlechter, die man mit

dieser Art von Oberherrschaft hat aussteuern wol­

len,

würde selbst erst einer Erklärung bedürfen.

Die Schwierigkeit wäre dadurch entfernt,

ohne

gelöst zu seyn. Wollten wir mit neueren Gelehrten *) anneh­

men, daß die zwei oder gar drei höheren Kasten, 1) Klaproth, Asia Po:v-Iotta, p. 42.

— er­ weiche in Indien herrschten, ursprünglich nur ein einziges Volk bildeten; daß dieses vom Hochlande

herabgekommene und über die Eingeborenen sie­

gende Volk sich durch die Weiße seiner Haut und

die Regelmäßigkeit seiner Züge von diesen Einge­ borenen unterschied,

und daß es durch unverän­

derliche, mit dem Ansehn der Religion bekleidete Einrichtungen

seine

eigene

Herrschaft

und

die

Knechtschaft der Besiegten gründete und heiligte;

so würden wir wenigstens auch einraumen müs­

sen, daß jene unveränderlichen Einrichtungen schon auf den Höhen des Himalaya und des Caucasus

bestanden,

bevor sie die Ebenen von Hindostan

überzogen.

Denn man kann sich unmöglich vor­

stellen,

daß die zweite Kaste,

die'der Krieger,

gerade in dem Augenblicke, in welchem die Erobe­ rung sie kühner machte und ihren Stolz verdop­

pelte, als Lohn ihrer Gefahren und ihrer Siege

eine Neuerung zugelassen haben würde,

ganz zu ihrem Nachtheile gereichte.

die so

Krieger, die

von Priestern geführt werden, können bei allen

ihren kriegerischen Erfolgen eige abergläubische Ehr­

furcht für die gehcimnißvolle Theokratie behalten, der sie diese Erfolge zuschreiben.

Aber diese Theo-

7o kratie muß auf früheren Gewohnheiten beruhen.

Die Altäre können wohl über den Lägern schwe­

ben,

aber sie können sich nicht zuerst und von

selbst aus der Mitte der Läger erheben, und so lange wir die Ursache der Erhebung der Priester,

deren Eintheilung in Kasten nur die Entwickelung

ist, nicht entdeckt haben, kommen wir der Lösung der Aufgabe nicht im geringsten näher.

So wür­

den also die Schönheit der Sieger und die Häß­

lichkeit der Besiegten, gesetzt auch, daß beide in

ihren höchsten Graden eingeräumt würden, merk­ würdiger Ausnahmen ungeachtet, dennoch die Ka­

sten - Eintheilung

keines Weges erklären.

Der

Grund derselben würde allzeit bei den Siegern selbst ausgesucht werden müssen. Wenn Aristoteles x) sie von Sesostris herleitet,

so richtet er sich darin nach der Gewohnheit der Griechen,

die alle Einrichtungen, deren Quelle

sie nicht kannten,

diesem Eroberer

zuschrieben.

Kein Gesetzgeber kränkt auf solche Weise die natür­

liche Gleichheit, wenn er nicht in einer früheren Meinung eine Stütze findet.

1) Politica , VIII, 10.

Die Indier,

welche heut zu Tage von der

Erfahrung der Gesetzlosigkeit reden, und von dem Gefühle,

das die Völker vermocht haben werde,

sie eben dadurch um jeden Preis zu entfernen,

daß sie feste und unüberstekgliche Schranken gegen die Unordnung errichteten, sind gesittigte und gebil­ dete Menschen, wie wir, welche bei ihren Muth­ maßungen über längst verflossene Zeitalter die ge­

wandte Schlußweise ihrer eigenen Bildung auch auf jene Völker übertragen.

Herabwürdigung

Es liegt in

der niedrigeren Kasten

der

und in

ihrer Ergebung in diese Herabwürdigung etwas,

das weder durch

eine ermüdende Gesetzlosigkeit,

noch durch das Verlangen nach einer festen Ord­ nung erklärt zu werden vermag; das auch nicht

die Frucht einer gewöhnlichen staatsklugen Berech­ nung seyn kann, sondern in einem Gesellschafts­

zustande gesucht

werden

muß,

in welchem die

große Mehrheit des menschlichen Geschlechts noch zur Zeit weder die Kenntniß ihrer Rechte,

noch

das Gefühl ihrer Kräfte besaß. x)

1) „Die natürliche Pflicht Brama'S ist der Friede, die Enthaltsamkeit, der Eifer, die Reinheit, die Geduld, die Rechtschaffenheit, di« Weisheit, die Wissenschaft der

72 Die Folge der Eroberung ist,

wie ich oben

bemerkt habe, keines Weges die Priesterherrschaft. Nichts gleicht den geheimnißvollen Scheidungen,

die

unter

Landes

den Bewohnern eines und desselben

in's Werk gerichtet werden.

Der Un­

gleichheit des Ranges liegt in kriegerischen Re­

gierungsverfassungen

der der Macht,

ein

wirklicher

zum Grunde;

Unterschied,

der Grund der

Ungleichheit der Kasten hingegen beruht auf der Meinung eines angeborenen Schandflecks, unauslöschlichen Verunreinigung,

einer

die kein Miß-

verhaltniß der Macht verwischen kann.

Die Bra-

minen Zndien's haben die politische Gewalt nicht

von Rechts wegen erlangt.

Sie sind nicht die

Kaste der Krieger, aus deren Mitte am öftersten die Könige genommen Gottesgelahrthrit.

werden. *)

Wir sehen

Die natürliche Pflicht Cuttery's ist

die Tapferkeit, der Ruhm, die Großmuth und der Adel.

Die natürliche Pflicht Vaisya's ist die Arbeit, die Sorge für seine Felder und für seinen Handel.

Die natürliche

Pflicht Soudra's ist die Knechtschaft." Bhaguat-Gita,

S. 130. 1) Herder, Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, III, eilftes Buch, 4.

,, Daß die Brammen

die Herrschaft durch leibliche Unterjochung erlangt hät­ ten, ist nicht wahrscheinlich; sie sind nicht der kriege-

75 jedoch, wie diese Könige, diese Krieger, sich ver­ gebens bemühen, in die heilige Kaste zu gelangen,

und mit dem Schwerte in der Hand vor der

Schranke, die sie von den waffenlosen Braminen

trennt,

Niebuhr x) bemerkt es

zurückweichen.

als etwas Auffallendes, daß es, wahrend seines

Aufenthaltes in Indien,

einem Fürsten durch

Geschenke und Höflichkeiten gelungen sey, in den Orden der Braminen ausgenommen zu werden. 2 * )1 rische Stamm des Volks, der, den König selbst ein­

geschloffen, nur zunächst auf sie folgt; auch gründen sie

ihr Ansehn auf keine dergleichen Mittel, selbst in der Sage."

A. d. H.

1) Reisebeschreibung nach Arabien und andern umliegenden Ländern, (Kopenhagen, 1774 und 1778. 4. A. d. H.) II.

2) Ein Deutscher Schriftsteller (Mein er s, de Origine

castarum, in Commentationibus Societatis regiae

Goettingensis.) hat über die Eintheilung in Kasten eine

scharfsinnige Hypothese vorgeschlagen, die aber nur auf

eins der Länder, deren Eintheilung in Kasten die Ge­ schichte deutlich nachweist, ich meine Aegypten, Indien

und Aethiopien, paßt.

Er nimmt zwei Einwanderungen

an, deren erste von der zweiten unterjocht worden sey,

und betrachtet die zwischen beiden befindliche dritte Classe als die Frucht der Vermischung der beiden ersten und

ursprünglichen.

Diese Annahme wird wahrscheinlich,

wenn man sie auf Aegypten beschränkt.

Aegypten ward,

74 Nicht,

daß ich die Eintheilung in Kasten

ausdrücklich für eine Erfindung der Priester hielte;

wie ich bereits Gelegenheit gehabt, zu bemerken, durch Aethiopische und Indische Ansiedler bevölkert, (Mei­ ner s, Historia gcneris humani, p. 29. Kämpfer, Geschichte und Beschreibung von Japan, (Lemgo 1774. A. d. H.) II. R o o k e, p. 23. Heeren, Ideen über Handel und Politik der alten Welt, (1805. A. d. H.) II, 565-568, und vorzüglich Anmerkung 7.) und die in Indien und Aegypten bestehende Eintheilung in Kasten kann durch die Ansiedler in ihre neuen Niederlassungen verpflanzt worden seyn. Sie mußte sich darin um so eher erhalten, als ihr die Verschiedenheit der Gattun­ gen zu Hülfe kam. Herodot erklärt die Aegypter für ein schwarzes Volk mit krausen Haaren. (Herod. II, 104.) Gewiß ist, daß es in Aegypten mehre Menschen­ gattungen gab, die heftige Kämpfe mit einander bestan­ den; denn auf einigen erst neuerdings entdeckten Denk­ mählern sieht man rothe Menschen schwarze schlagen oder tödten, (Ddnon, Voyage en Egypte, II, 228. Heeren, a. a. O , II, 544-551.) während es auf einer weit größeren Anzahl, zum Beispiele, auf den halberhobenen Bildwerken des Tempels Osiris's auf der Insel Philä, Schwarze sind, welche die Rothen tödten, die Gelehrte, nicht ohne Wahrscheinlichkeit, für Hycsos, Hirten oder Juden gehalten haben. (Görres, MythenGeschichte der Asiatischen Welt, Vorrede,XXXII-XXXIII.) Wenn aber der Aussteller dieser Hypothese, welche die Verpflanzung der Eintheilung in Kasten von einem Lande zum andern auf diese Weise befriedigend erklären wurde,

75 sie hat auch aus einer

natürlichen Anlage des

Menschen entstehen können, der gar sehr geneigt

ist,

seine Anordnungen

durch eine

mehr

oder

weniger regelmäßige Wertheilung der mancherlei

des

Beschäftigungen

unter

Lebens

Classen dauerhafter zu machen.

verschiedene

Diese Neigung,

die zuweilen mitten unter gesitteten Völkern vor­

herrscht, läßt sich schon bei den wilden Stämmen

wahrnehmen.

Die Irokesen und Algonquins ha­

ben sich vor wenigen Jahrhunderten unter der Bedingung vereinigt, daß jene den Acker bauen,

diese der Jagd obliegen sollten. *)

Bei einigen

dieselbe auf den Ursprung dieser Einrichtung anwenden

will; so schließt er fehl.

Keine Niederlassung, deren

ursprüngliches Vaterland nicht selbst in Kasten getheilt

war, würde diese Cintheilung in einem andern Lande eingeführt haben.

der Aegypter

Man kann demnach die Eintheilung

in Kasten Indischen oder Aethiopischen

Niederlassungen zuschreiben, aber man wird immer erst

in Indien oder Äthiopien

den Ursprung dieser Ein-

theilung aufsuchen und erklären müssen, und wenn man,

nach einer vorhandenen Sage, (Voyage de Legentil,

I, 90 - 91.) behaupten wollte,

daß die Vorfahren ber

Drammen selbst Fremdlinge waren; so hätte man den Einwurf abermahls nur um einen Grad weiter hinauf verwiesen.

1) Journal de Cliarlevoix.

76

Afrikanischen Horden giebt cö erbliche Fischer und

Jäger, *) und bei den Türken ist die Gerechtig­ keitspflege das Eigenthum gewisser Familien, wel­ che jene Verwaltung

erblich ausüben. 1 2)

Die

Lappländer haben Geschlechter von Zauberern, 3)

so wie man unter den Schottischen Hochländern bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts Ge­

schlechter

von

Aerzten

und

Dichtern

antreffen

würde. 4) Ohne eigennützige Berechnung

irgend

von Seiten

einer Classe konnte demnach der Mensch

die Kinder derer, die er von den Göttern für begünstigt

hielt,

gleichsam

Gunst berufen glauben.

zur Erbschaft

dieser

Aber das Priesterthum

hat, wie Alles in der Natur, so auch diese Nei­

gung des Menschen zu seinem Vortheile benutzt; und um dieß um so besser zu können,

hat es

sie mit einem eben so natürlichen Begriffe, dem Begriffe von Reinheit und Unreinheit, in Ver­ bindung gebracht.

1) Isert, Voyages p. 224. 2) Porter, sur les Tures.

3) Voyages d’Acer bi.

4) Pennant, a Tour in Scotland.

die gewisse Nah­

Es giebt Himmelsstriche,

rungsmittel schädlich, gewisse Krankheiten gewöhn­

lich oder ansteckend machen.

Sehr heiße Lander

nöthigen ihre Bewohner zu häufigem Baden und

Waschen.

Daraus entstehen dann manche, von

der Nothwendigkeit angedeutete, und bald durch

Gewohnheit

geheiligte

sichtsmaßregeln.

Die

Enthaltungen und Vor­

fanden

Priester

nun

in

solchen Vorsichtsmaßregeln oder Enthaltungen den

Keim

eines

geheimnißvollen Begriffs,

erweiterten und entwickelten.

den

sie

Tausend gleichgül­

tige Umstände, tausend zufällige Begegnisse wur­ den nun in ihrer Lehre Ursachen der Unreinheit.

Nichts wird natürlicher scheinen,

wenn man an

die Menge von Gebräuchen, von Büßungen und

Reinigungen denkt, welche jener Begriff nach sich

zieht,

und wobei die Vermittelung des Priester-

thums immer als unerläßlich vorgestellt ward. Auch nehmen die Vorstellungen von Verun­

reinigung in den Religionen,

die den Priestern

unterworfen sind, eine wichtige Stelle ein.

den

von

Stobäus J) aufbewahrten

In

angeblichen



78



Auszügen aus Hermes liest man,

wie sich die

Elemente über erlittene Verunreinigung beklagen. Man kennt die Ehrfurcht, welche die nach Abend und

Mitternacht

hegen;

wohnenden

Völker

gegen

sie

ihre Furcht, sie durch das Hineinwerfen

unreiner Sachen zu entweihen, und die Meinung,

welche alles, was von dem Menschen kam, seinen

Athem,

sein Haar

und

seine sterbliche Hülle,

dazu zählte.

daß diese

Der Beweis, Gegenstand

eigennütziger

Vorstellungen der

Berechnung

geworden

waren, liegt in dem Umstande, daß sich in das

Verboth der Nahrungsmittel gar bald die Willkühr

mischte.

Ob

sie

gesund

oder

ungesund

waren, hörte bald auf, oben an zu stehen.

die Vorschrift Einmahl bestand,

Als

wollte man sie

durch Gründe dieser Art erklären, aber das meiste Mahl haben sich diese Gründe falsch erwiesen. *) Auch das religiöse Gefühl kann an der Kasten­

verfassung seinen Theil gehabt haben.

Die Vor­

stellung der Reinheit ist eine von denen, am meisten liebt,

die es

und begierig mußte es also

1) Meiners, Allgemeine kritische Geschichte der Religion,

(Hannover, 1806. A. d. H.) I, 229*251.

79 dasjenige ergreifen,

was ihm in dieser Hinsicht

/von bevorrechteten Sterblichen, welche abwechselnd Achtung oder Furcht gebothen, erzählt ward.

Standen nun die Begriffe von Reinheit und

Unreinheit Einmahl fest; so mußte es geschehen,

daß von den mancherlei zum Leben nothwendigen Beschäftigungen mehre diejenigen verdammten, die

sich hergaben, um sich mancherlei Verunreinigungen zu unterziehen; und da diese Beschäftigungen sehr

natürlich vom Vater auf den Sohn übergingen; so entstand unter den Classen eine Art Abstufung.

Es gab einige, die sich den anderen ohne vorher­

gegangene Reinigung gar nicht näheren konnten, und

bald setzte

ein

jeder

seinen Stolz

darin,

wenn sich ihm nur die möglichst kleinste Anzahl von Personen näheren durfte, weil alle diejenigen, deren Berührung er vermied, ihm Geschöpfe einer

untergeordneten Gattung zu seyn schienen. T)

1) Die Vorstellungen von Unreinheit, die, ohne alle Bezie­ hung auf Kastenverfassung, bei den Hebräern ein heiliges Ansehn erlangt hatten, führten gleichwohl bei gewissen Jüdischen Secten etwas ähnliches ein. Die Essäer waren in vier Classen getheilt, die fast eben so sehr, als die Indischen Kasten, von einander getrennt waren. War ein Mitglied der höchsten Classe von einem Mitgliede

So Das Priesterthum,

welches in der hierarchi­

schen Gesellschastsverfaffung oben an stand, nährte diese, seinen Zwecken um so günstigeren Vorstel­

lungen,

als sie,

weil er erblich war, auf dem

Willen der Götter beruhte, und Formen vorschrieb, die in den allergewöhnlichsten Lebensverhältnissen

beobachtet werden mußten, zu gleicher Zeit einen bleibenden,

unbestreitbaren

und für

passenden Unterschied begründeten. die Aegyptischen Priester,

alle Fälle

So nöthigten

nicht zufrieden damit,

die Fremden, welche sich von unreinen Nahrungs­ mitteln nährten,

zu entfernen,

jeden,

der vor

ihnen erschien, zu wiederhohlten Reinigungen und Waschungen. x) Auf diese Weise wurden Scheidungen, welche anfangs Natur und Sitte unter den verschiedenen

Classen

eingeführt

hatten,

die aber der Wille

derselben und die Fortschritte der Gesittung wieder aufheben konnten,

und wieder aufgehoben haben

einer der drei übrigen berührt worden; so reinigte es

sich so, als wäre es durch die Berührung eines Fremden verunreinigt worden.

1) Porphyrins. Aegypt. , p. 57.

Schmidt, de Sacerd. et Sacr.

81 würden, durch die Einmischung des PriesterthumS

unübersteigliche

Schranken.

In

dieser Hinsicht

kann die Kastenverfassung als sein Werk betrach­ tet werden.

Als Dolmetscher des göttlichen Ge­

setzes unterstützte es diese Verfassung durch sein

Ansehn. war,

Wie zufällig und unbestimmt sie auch

es machte sie unverletzlich und heilig.

sonderte das menschliche Geschlecht, diesen Ausdruck gebrauchen darf,

Es

wenn man

theilte es dann

nochmahls in mehre Wruchtheile, und verhinderte

es dadurch, sich gegen seine Tyrannen, die sich seine Führer nannten, zu vereinigen.

in denen die Kastenversassung

Die Länder, am

entschiedensten

ausgebildet und am festesten

begründet ist, sind gerade diejenigen, in denen die Anbethung der Gestirne mit der Hitze des Him­

melsstrichs zusammentrifft.

Letzteres ist zwar, wie

schon bemerkt, nur eine mitwirkende Ursache, aber

der Priestergewalt sehr günstig. Auch lassen sie die Eintheilung des mensch­

lichen Geschlechts in Classen allzeit von den Göt­ tern ausgehen.

Bei den Indiern ist Brama der

Urheber derselben; x)

bei

den

Aegyptern Isis.

1) Als Bram» die Erde ohne Bewohner sah, schuf er aus Zweiter Banb. 6

82 Diemschid theilte, unter der Leitung eines Helden, der unmittelbar von Oroniazes inspirirt ward, die

Einwohner Wactrien's in vier Classen, z) ,unb in dem alten Assyrien ist's wiederum Mahabad, 2) seinem Munde einen Sohn, den er Brahman nannte, und der der Stammvater der Kaste der Braminen ward.

Er offenbarte ihm die aus seinem vierfachen Munde her­ vorgegangenen Veda's.

Brahman, dessen Sendung den

Zweck hatte, zdas göttliche Wort zu erklären und zu ver­ breiten, zog sich in die Dunkelheit der Wälder zurück. Hier sah er sich unaufhörlich, von den wilden Thieren

bedroht. Hülfe an.

Er rief gegen diese Gefahren seinen Vater um Darauf ging aus dem rechten Arme Brama'6

ein Cuttery (Krieger) hervor, der durch Verheirathung mit seiner Schwester, die der Schöpfer aus seinem linken

Arme hervorgezogen hatte, der Stammvater der zweiten Kaste ward. Da er sich aber gänzlich der Vertheidigung

seines älteren Bruders weihte; so konnte er weder das

Land bauen, noch für seine Bedürfnisse sorgen.

Aus

Brama's rechtem Schenkel ward Vaisya geboren, dem die Kaste der Ackerbauer und der Kaufleute ihre Ent­

stehung verdankte.

Da endlich auch noch die knechtischen

Arbeiten geschehen mußten; so gebar der rechte Fuß Bra­ ma's einen Sohn, Soudra, der, wie seine Nachkommen,

für die Knechtschaft bestimmt ward. (Polier, Mytlies des Indiens.)

)) Strabo, XVI.

2) Dabistan, übersetzt von Dalberg, S. 35